Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [62]

Table of contents :
Christoph Frhr. v. I m h o f f, Die Imhoff — Handelsherren und Kunstliebhaber
.......................................................................................... 1
Christa S c h a p e r , Peter Steinberger, Kaufmann und Finanzier
(f 1445), seine Familie und Geschäftspartner.......................................43
Ludwig Grote (f), Kaiser Maximilian in der Schedelschen Weltchronik
...................................................................................................60
Birgitta M o g g e , Studien zum Nürnberger Reichstag von 1524 84
Kurt Pilz, Egidius Arnold, seine Familie und seine Geldstiftungen
für Nürnberger Handwerke.................................................................... 102
Hartmut K u g 1 e r, Magister Ambrosius Metzger und der Nürnberger
Singschulstreit von 1624 ................................................................... 161
Bärbel R u d i n , Der Prinzipal Heinrich Wilhelm Benecke und seine
„Wienerische“ und „Hochfürstlich Bayreuthische“ Schauspielergesellschaft
.................................................................................................179
Theo H ö 1 c k e , Der Thomastag und die Studenten im Spiegel der
Nürnberger Geschichte..........................................................................234
Albert Bartelmeß, Drei Nürnberger Eisenhandlungen im 19. Jahrhundert
— Vorläufer der süddeutschen Eisengesellschaft . . . 256
Kleine Beiträge
Wilhelm Schwemmer, Albrecht Dürers Grab auf dem Johannisfriedhof
............................................................................................... 279
Friedrich Wilhelm Kantzenbach, Zur Geschichte der Collegia
Pietatis in Nürnberg . . 285
Rolf Pohle, Die Stadtgaserzeugung in Nürnberg.....................................290
Gerhard Hirschmann, Dr. Richard Klier zum Gedächtnis . 300
Buchbesprechungen (im einzelnen siehe Rückseite) . . . 305
Neue Aufsätze zur Nürnberger Geschichte....................................................357
Jahresbericht über das 97. Vereinsjahr 1974 359
V
BUCHBESPRECHUNGEN
Die Nürnberger Bürgerbücher, I. Die Pergamentenen Neubürgerlisten 1302—1448, hrsg.
vom Stadtarchiv Nürnberg, Nürnberg 1974. (Fritz Sdmelbögl).............................. 305
Tore N y b e r g (Bearb.), Dokumente und Untersuchungen zur inneren Geschichte der
drei Birgittenklöster Bayerns 1420—1570, München 1972 u. 1974. (Karl-Engelhardt
Klaar) .................................................................................................................305
Oskar P a u s c h, Das älteste italienisch-deutsche Sprachbuch, Wien 1972. (Wolfgang
Frhr. v. Stromer) .................................................................................................................307
Peter Zahn, Neue Funde zur Entstehungsgeschichte der Schedelschen Weltchronik
1493, Nürnberg 1975. (Elisabeth Rücker).......................................................................... 309
Klaus Leder, Kirche und Jugend in Nürnberg und seinem Landgebiet 1400 bis
1800, Neustadt a. d. Aisch 1973. (Dieter Wölfel) . . .............................. 310
Bernd B a 1 z e r, Bürgerliche Reformationspropaganda. Die Flugschriften des Hans
Sachs in den Jahren 1523—1525, Stuttgart 1973. (Beraward Deneke) .... 312
Herbert Cysarz, Hans Sachs. Begegnungen von Bürgerwelt, Renaissance und Reformation,
Nürnberg 1975. (Niklas Holzberg)...................................................................313
Evangelium und Geist der Zeiten. 450 Jahre Reformation in Nürnberg, München 1975.
(Bernhard Schneider)............................................................................................................... 314
Andreas O s i a n d e r d. Ä., Gesamtausgabe, Bd. 1, hrsg. von Gerhard Müller,
Gütersloh 1975. (Gerhard Pfeiffer)......................................................................................... 315
Jörg Rasmussen, Die Nürnberger Altarbaukunst der Dürerzeit, Hamburg 1974.
(Heinz Stafski)....................................................................................................................... 317
Johannes K. Wilhelm W i 11 e r s , Die Nürnberger Handfeuerwaffe bis zur Mitte des
16. Jahrhunderts, Nürnberg 1973. (Rudolf Endres)........................................................... 318
Wenzel Jamnitzer, Perspectiva corporum regularium, Graz 1973. (Klaus Pechstein) 320
Josef Ofner, Zur Geschichte des Stahlhandels der Steyrer Eisenkompanie nach
Regensburg und Nürnberg, Steyr 1975. (Fritz Schnelbögl)............................................ 321
Werner Jaeger, Das Peiler-Modell von 1603, Rostock 1973. (Klaus Pechstein) . 322
Sammlung August Neresheimer, bearb. von Rolf Fritz, Hamburg 1974, und:
Goldschmiedearbeiten. Renaissance und Barock, bearb. von Renate Scholz, Hamburg
1974. (Günther Schiedlausky)......................................................................................... 323
Die Tagebücher des Sigmund von Birken, Teil 2, bearb. von Joachim K r ö 11, Würzburg
1974. (Otto Schröder).................................................................................................324
Wilhelm Schwemmer, Nürnberger Kunst im 18. Jahrhundert, Nürnberg 1974.
(Monika Heffels).......................................................................................................................324
Harald Rehm, Die Nürnberger Handelsgerichtsbarkeit, Nürnberg 1974. (Bernd Zinner) 325
Gerard Schwarz, „Nahrungsstand" und „Erzwungener Gesellenstand", Berlin
1974. (Bernd Zinner) ........................................................................................................ 328
Evelyn Lacina, Johann Sigmund Schuckert, Leben und Werk, Nürnberg 1973.
(Richard Kölbel).......................................................................................................................330
Hermann Fischer und Theodor Wohnhaas, Süddeutsche Orgeln aus der Zeit
vor 1900. Eine Bestandsaufnahme auf Grund der Aufzeichnungen der Orgelbauer
Strebei in Nürnberg, Frank furt/Main 1973. (John Henry van der Meer) . . 331
Hermann Schirmer, Das andere Nürnberg. Antifaschistischer Widerstand in der
Utho Grieser, Himmlers Mann in Nürnberg, Nürnberg 1974. (Hermann Hanschel) 333
Stadt der Reichsparteitage, Frankfurt/Main 1974. (Hanns Hubert Hofmann) . 33 5
Nürnberg in Sammelwerken. (Gerhard Pfeiffer).......................................................................... 336
Nürnberger Erinnerungen, Nürnberg 1974. (Gerhard Hirschmann).....................................337
Karl Borromäus G 1 o c k , Das Wagnis — Rechtfertigung eines Einzelgängers, Gerabronn
1975. (Helmut Häußler)......................................................................................... 337
Georg Kolbmann, Betzensteiner Geschichtsbilder, Nürnberg 1973. (Albert Bartelmeß)
......................................................................................................................................338
Hans Ackermann, Gräfenberg in Vergangenheit und Gegenwart, Gräfenberg
1973. (Helmut Frhr. Haller von Hallerstein)...................................................................339
Werner Sprung, Die Gerasmühle an der Rednitz, Zetel 1975. (Albert Bartelmeß) 340
VI
600 Jahre Glockengießerspital Lauf a. d. Pegnitz, hrsg. von Fritz Schnelbögl,
Lauf 1974. (Friedrich Merzbacher)......................................................................................... 341
Heinrich Schlüpfinger, Die Stadtpfarrei Schwabach vom Mittelalter bis zur
Neuzeit, Schwabach 1975. (Wilhelm Schwemmer)........................................................... 342
Die Rechtsreformation des Stadtschreibers Johann Greffinger für die Reichsstadt Windsheim
(1521), bearb. von Hans Hünefeld, Bad Windsheim 1974. (Wolfgang
Leiser) .......................................................................................................................................... 344
Das älteste Lehenbuch des Hochstifts Würzburg. 1303—1345, bearb. von Hermann
Hoffmann, Würzburg 1972. (Wolfgang Wießner)....................................................347
Karl Firsching, Die deutschen Bearbeitungen der Kilianslegenden, Würzburg
1973. (Friedrich Merzbacher)................................................................................................ 348
Gerhard Schlesinger, Die Hussiten in Franken, Kulmbach 1974. (Alfred Eckert) 349
Fränkische Bibliographie, hrsg. von Gerhard Pfeiffer, Würzburg 1965—1974.
(Rudolf Frankenberger)........................................................................................................350
Helgard Ulmschneider, Götz von Berlichingen, Sigmaringen 1974. (Rudolf Endres) 352
Georg Barth und Georg Bernreuther, Land um Stauf, Nürnberg 1972.
(Albert Bartelmeß)............................................................................................................... 353
Hans Nikol, Die Herren von Sauerzapf, Regensburg 1974. (Helmut Frhr. Haller
von Hallerstein)......................................................................................................................353

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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

62. Band 1975

Nürnberg 1975 Selbstverlag des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

Schriftleitung: Dr. Gerhard Hirschmann, Dr. Fritz Schnelbögl Für Form und Inhalt der Aufsätze und Rezensionen sind die Verfasser verantwortlich

Für Druckzusdiüsse dankt der Ver ein der Stadt Nürnberg, der Stadtsparkasse Nürnberg, dem Bezirkstag von Mittelfranken und dem Industrie- und Kulturverein Nürnberg

Gesamtherstellung: Buchdruckerei Ph. C. W. Schmidt, Neustadt/Aisch Klischees: Firma Döss, Nürnberg Alle Rechte, auch des Abdrucks im Auszug, Vorbehalten. Copyright by Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg (Geschäftsstelle: 85 Nürnberg, Egidienplatz 23)

INHALT Christoph Frhr. v. I m h o f f, Die Imhoff — Handelsherren und Kunst­ liebhaber ..........................................................................................

1

Christa S c h a p e r , Peter Steinberger, Kaufmann und Finanzier (f 1445), seine Familieund Geschäftspartner.......................................43 Ludwig Grote (f), Kaiser Maximilian in der Schedelschen Welt­ chronik ...................................................................................................60 Birgitta M o g g e , Studien zum Nürnberger Reichstag von 1524

84

Kurt Pilz, Egidius Arnold, seine Familie und seine Geldstiftungen für NürnbergerHandwerke.................................................................... 102 Hartmut K u g 1 e r, Magister Ambrosius Metzger und der Nürnberger Singschulstreit von 1624 ...................................................................

161

Bärbel R u d i n , Der Prinzipal Heinrich Wilhelm Benecke und seine „Wienerische“ und „Hochfürstlich Bayreuthische“ Schauspieler­ gesellschaft .................................................................................................179 Theo H ö 1 c k e , Der Thomastag und die Studenten im Spiegel der Nürnberger Geschichte..........................................................................234 Albert Bartelmeß, Drei Nürnberger Eisenhandlungen im 19. Jahr­ hundert — Vorläufer der süddeutschen Eisengesellschaft . . .

256

Kleine Beiträge Wilhelm Schwemmer, Albrecht Dürers Grab auf dem Johannis­ friedhof ............................................................................................... 279 Friedrich Wilhelm Kantzenbach, Zur Geschichte der Collegia Pietatis in Nürnberg . .

285

Rolf Pohle, Die Stadtgaserzeugung in Nürnberg.....................................290 Gerhard Hirschmann, Dr. Richard Klier zum Gedächtnis Buchbesprechungen (im einzelnen siehe Rückseite) .

. .

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300 305

Neue Aufsätze zur Nürnberger Geschichte....................................................357 Jahresbericht über das 97. Vereinsjahr 1974

359

V

BUCHBESPRECHUNGEN Die Nürnberger Bürgerbücher, I. Die Pergamentenen Neubürgerlisten 1302—1448, hrsg. vom Stadtarchiv Nürnberg, Nürnberg 1974. (Fritz Sdmelbögl).............................. 305 Tore N y b e r g (Bearb.), Dokumente und Untersuchungen zur inneren Geschichte der drei Birgittenklöster Bayerns 1420—1570, München 1972 u. 1974. (Karl-Engelhardt Klaar) .................................................................................................................305 Oskar P a u s c h, Das älteste italienisch-deutsche Sprachbuch, Wien 1972. (Wolfgang Frhr. v. Stromer) .................................................................................................................307 Peter Zahn, Neue Funde zur Entstehungsgeschichte der Schedelschen Weltchronik 1493, Nürnberg 1975. (Elisabeth Rücker).......................................................................... 309 Klaus Leder, Kirche und Jugend in Nürnberg und seinem Landgebiet 1400 bis 1800, Neustadt a. d. Aisch 1973. (Dieter Wölfel) . . .............................. 310 Bernd B a 1 z e r, Bürgerliche Reformationspropaganda. Die Flugschriften des Hans Sachs in den Jahren 1523—1525, Stuttgart 1973. (Beraward Deneke) .... 312 Herbert Cysarz, Hans Sachs. Begegnungen von Bürgerwelt, Renaissance und Re­ formation, Nürnberg 1975. (Niklas Holzberg)................................................................... 313 Evangelium und Geist der Zeiten. 450 Jahre Reformation in Nürnberg, München 1975. (Bernhard Schneider)............................................................................................................... 314 Andreas O s i a n d e r d. Ä., Gesamtausgabe, Bd. 1, hrsg. von Gerhard Müller, Gütersloh 1975. (Gerhard Pfeiffer)......................................................................................... 315 Jörg Rasmussen, Die Nürnberger Altarbaukunst der Dürerzeit, Hamburg 1974. (Heinz Stafski)....................................................................................................................... 317 Johannes K. Wilhelm W i 11 e r s , Die Nürnberger Handfeuerwaffe bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, Nürnberg 1973. (Rudolf Endres)........................................................... 318 Wenzel Jamnitzer, Perspectiva corporum regularium, Graz 1973. (Klaus Pechstein) 320 Josef Ofner, Zur Geschichte des Stahlhandels der Steyrer Eisenkompanie nach Regensburg und Nürnberg, Steyr 1975. (Fritz Schnelbögl)............................................ 321 Werner Jaeger, Das Peiler-Modell von 1603, Rostock 1973. (Klaus Pechstein) . 322 Sammlung August Neresheimer, bearb. von Rolf Fritz, Hamburg 1974, und: Goldschmiedearbeiten. Renaissance und Barock, bearb. von Renate Scholz, Ham­ burg 1974. (Günther Schiedlausky)......................................................................................... 323 Die Tagebücher des Sigmund von Birken, Teil 2, bearb. von Joachim K r ö 11, Würz­ burg 1974. (Otto Schröder).................................................................................................324 Wilhelm Schwemmer, Nürnberger Kunst im 18. Jahrhundert, Nürnberg 1974. (Monika Heffels).......................................................................................................................324 Harald Rehm, Die Nürnberger Handelsgerichtsbarkeit, Nürnberg 1974. (Bernd Zinner) 325 Gerard Schwarz, „Nahrungsstand" und „Erzwungener Gesellenstand", Berlin 1974. (Bernd Zinner) ........................................................................................................ 328 Evelyn Lacina, Johann Sigmund Schuckert, Leben und Werk, Nürnberg 1973. (Richard Kölbel).......................................................................................................................330 Hermann Fischer und Theodor Wohnhaas, Süddeutsche Orgeln aus der Zeit vor 1900. Eine Bestandsaufnahme auf Grund der Aufzeichnungen der Orgelbauer Strebei in Nürnberg, Frank furt/Main 1973. (John Henry van der Meer) . . 331 Hermann Schirmer, Das andere Nürnberg. Antifaschistischer Widerstand in der Utho Grieser, Himmlers Mann in Nürnberg, Nürnberg 1974. (Hermann Hanschel) 333 Stadt der Reichsparteitage, Frankfurt/Main 1974. (Hanns Hubert Hofmann) . 33 5 Nürnberg in Sammelwerken. (Gerhard Pfeiffer).......................................................................... 336 Nürnberger Erinnerungen, Nürnberg 1974. (Gerhard Hirschmann)..................................... 337 Karl Borromäus G 1 o c k , Das Wagnis — Rechtfertigung eines Einzelgängers, Gerabronn 1975. (Helmut Häußler)......................................................................................... 337 Georg Kolbmann, Betzensteiner Geschichtsbilder, Nürnberg 1973. (Albert Bartel­ meß) .......................................................................................................................................338 Hans Ackermann, Gräfenberg in Vergangenheit und Gegenwart, Gräfenberg 1973. (Helmut Frhr. Haller von Hallerstein)................................................................... 339 Werner Sprung, Die Gerasmühle an der Rednitz, Zetel 1975. (Albert Bartelmeß) 340

VI

600 Jahre Glockengießerspital Lauf a. d. Pegnitz, hrsg. von Fritz Schnelbögl, Lauf 1974. (Friedrich Merzbacher)......................................................................................... 341

Heinrich Schlüpfinger, Die Stadtpfarrei Schwabach vom Mittelalter bis zur Neuzeit, Schwabach 1975. (Wilhelm Schwemmer)........................................................... 342 Die Rechtsreformation des Stadtschreibers Johann Greffinger für die Reichsstadt Winds­ heim (1521), bearb. von Hans Hünefeld, Bad Windsheim 1974. (Wolfgang Leiser)

........................................................................................................................................... 344

Das älteste Lehenbuch des Hochstifts Würzburg. 1303—1345, bearb. von Hermann Hoffmann, Würzburg 1972. (Wolfgang Wießner).................................................... 347 Karl Firsching, Die deutschen Bearbeitungen der Kilianslegenden, Würzburg 1973. (Friedrich Merzbacher)................................................................................................ 348 Gerhard Schlesinger, Die Hussiten in Franken, Kulmbach 1974. (Alfred Eckert) 349 Fränkische Bibliographie, hrsg. von Gerhard Pfeiffer, Würzburg 1965—1974. (Rudolf Frankenberger)........................................................................................................ 350 Helgard Ulmschneider, Götz von Berlichingen, Sigmaringen 1974. (Rudolf Endres) 352 Georg Barth und Georg Bernreuther, Land um Stauf, Nürnberg 1972. (Albert Bartelmeß)............................................................................................................... 353 Hans Nikol, Die Herren von Sauerzapf, Regensburg 1974. (Helmut Frhr. Haller von Hallerstein)....................................................................................................................... 353

VII

VERZEICHNIS DER MITARBEITER Bartelmeß, Albert, Archivoberamtsrat, 85 Nürnberg, Stadtarchiv, Egidienplatz 23 Deneke, Bernward, Dr., Oberkonservator, 85 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum Eckert, Alfred, Dr., Studienrat, 85 Nürnberg, Tuchergartenstraße 6 Endres, Rudolf, Dr., Priv.-Doz., 852 Erlangen, An den Hornwiesen 10 f Grote, Ludwig, Direktor des Germanischen Nationalmuseums i. R. Häußler, Helmut, Dr., Archivangestellter, 85 Nürnberg, Stadtarchiv, Egidienplatz 23 Haller von Hallerstein, Helmut Frhr., Dipl.-Ing., 85 Nürnberg-Großgründlach, Schloß H a n s c h e 1, Hermann, Dr., Studienrat z. A., 8 521 Bubenreuth, Am Sandberg 21 He ff eis, Monika, Dr., Curatorin, 8 5 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum Hirschmann, Gerhard, Dr., Archivdirektor, 8 5 Nürnberg, Stadtarchiv, Egidienplatz 23 Hölcke, Theodor, Dr., Oberregierungsrat i. R., 8 5 Nürnberg, Campestraße 21 H o f m a n n , Hanns Hubert, Dr., Univ.-Prof., 87 Würzburg, Sonnenstraße 6 Holzberg, Niklas, Dr., Wiss. Assistent, 852 Erlangen, St. Johann 6 Imhoff, Christoph Frhr. von, Dr. jur., 85 Nürnberg, Frommannstraße 8 Kantzenbach, Friedrich Wilhelm, Dr., Hochschulprof., 8806 Neuendettelsau, Meisen­ weg 14 Klaar, Karl-Engelhardt, Dr., Oberarchivrat, 8 5 Nürnberg, Staatsarchiv, Archivstraße 17 Kölbel, Richard, Oberstudienrat, 8501 Stein, Neuwerker Weg 66 K u g 1 e r , Hartmut, Dr., Wiss. Assistent, 1 Berlin, Suarezstraße 27 Leiser, Wolfgang, Dr., Univ.-Prof., 8 52 Erlangen, Nachtigallenweg 4 Meer, John H. van der, Dr., Oberkonservator, 8 5 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum Merzbacher, Friedrich, Dr. Dr., Univ.-Prof., 87 Würzburg, Neubergstraße 9 Mogge, Birgitta, Wiss. Assistentin, 66 Saarbrücken, Universität, Fachr. 8.1 Pechstein, Klaus, Dr., Oberkonservator, 85 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum Pfeiffer, Gerhard, D. Dr., Univ.-Prof., 85 Nürnberg, Schnepfenreuther Weg 15 Pilz, Kurt, Dr., Konservator i. R., 85 Nürnberg, Gabrielistraße 9 Pohle, Rolf, Dr.-Ing., Obering. u. Betriebsleiter des Gaswerkes, 8 5 Nürnberg, Sandreuth­ straße 17 R u d i n , Bärbel, M. A., 68 Mannheim, 0 7, 26 S c h a p e r , Christa, 85 Nürnberg, Schöpfstraße 27 Schiedlausky, Günther, Dr., Oberkonservator i. R., 8 5 Nürnberg, Gabrielistraße 5 Schneider, Bernhard, M. A., Wiss. Assistent, 852 Erlangen, Holzschuherring 46 Schnelbögl, Fritz, Dr., Archivdirektor i. R., 85 Nürnberg, Blumröderstraße 9 Schröder, Otto, Redakteur, 8 5 Nürnberg, Siegfriedstraße 31 Schwemmer, Wilhelm, Dr., Direktor der städt. Kunstsammlungen i. R., 85 Nürnberg, Lindenaststraße 63 Stafski, Heinz, Dr., Landeskonservator, 8 5 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum Stromer, Wolfgang Frhr. von, Dr., Univ.-Prof., 8 503 Altdorf, Schloß Grünsberg Wießner, Wolfgang, Dr., Oberstudiendirektor i. R., 852 Erlangen, Luitpoldstraße 2 Wölfel, Dieter, Dr., Studienrat, 851 Fürth, Wolfringstraße 1 Wuttke, Dieter, Dr., Univ.-Prof., 34 Göttingen, Nikolausbergerallee 36 Z inner, Bernd, Dr., Studienreferendar, 8 52 Erlangen, Elise-Späth-Straße 8

VIII

DIE IMHOFF - HANDELSHERREN UND KUNSTLIEBHABER

Überblick über eine 750 Jahre alte Nürnberger Ratsfamilie 1 Von Christoph Frhr. v. Imhoff

Die Imhof(f)sche 2 Familienchronik des Jahres 1974 gibt für den Familienver­ band 158 Mitglieder an, darunter die Namen der „hereingeheirateten" Frauen, der wenigen „hinausgeheirateten" Töchter mit ihren Familien und der insge­ samt 56 männlichen Namensträger. Sie alle, verstreut über drei Erdteile (Eu­ ropa, Nordamerika und Afrika), gliedern sich in fünf große Familienzweige ein, von denen zwei in Franken, einer in den Niederlanden, einer in Südbayem und einer in Österreich beheimatet sind. Ihr gemeinsamer Ursprungsort ist Lauingen und das rings herum gelegene Donauried. Dort wird die Familie zum ersten Mal im 13. Jahrhundert genannt3. Seither allerdings rankten sich um die Geschichte der Imhoff zum Teil sehr barocke Märchen, die die „uralte und altadeliche" Abkunft beweisen sollten, sich aber nur selten als stichhaltig erwiesen haben. Der Nürnberger Rechts­ gelehrte Leonhart Wurffbain, in den aktuellen Angaben seiner Zeit präzise und genau, leitet die Frühgeschichte der Familie gleich mit den Curialen und der „familia de Curatorum" des alten Römerreiches ein. Er bringt, wie viele Genea­ logen und Geschichtsforscher nach ihm, die Stadt Kaufbeuren und deren Ent­ wicklung zur Reichsstadt mit den Imhoff in Verbindung, wobei er die von Hoff und die im Hoff als die gleiche Familie behandelt oder sie miteinander verwechselt. Auch die oberfränkische Stadt Hof wird von ihm mit der Familie in Zusammenhang gebracht. In ähnlichen Bahnen bewegt sich auch der Regens­ burger Genealoge Johann Seifert, der zwar das Verdienst für sich in Anspruch 1 Der vorliegende Aufsatz ist entstanden aus einem Vortrag des Verfassers, der zur Eröffnung der Ausstellung „Die Imhoff" im Pellerhaus am 18. Juni 1971 gehalten wurde, ferner aus einem Vortrag im Rahmen des Vereins der Geschichte der Stadt Nürnberg am 7. Mai 1974 und aus einer familiengeschichtlichen Kurzstudie für die Neue Deutsche Biographie (NDB), Band X, 1974. Vgl. Die Imhoff, Ausstellungskatalog der Stadtbibliothek Nürnberg 75/1971. 2 Die Schreibweise des Familiennamens ist durch die Jahrhunderte sehr verschiedenartig, oft sehr willkürlich gehandhabt worden: im Hof, im Hoff, Im-Hof, Im Hoff, Imhoff, Imhof etc. Erst in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einigte man sich auf eine relativ einheitliche Schreibweise: Imhoff im wesentlichen für die drei evangelischen Familienzweige, Imhof für die beiden katholischen Äste. Deshalb hier: Imhof(f). 3 Siehe Johann Nepomuk v. Raiser, Urkundl. Geschichte der Stadt Lauingen, Augsburg 1822. Dort ist auf S. 51 das älteste Urbar von Lauingen von 1278 abgedruckt, in dem eine „huba Heinrici von Curia" und eine „media huba puerorum in Curia" erwähnt wird; Friedr. Zoepfl, Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe im Mittelalter, München-Augs­ burg 195 5, S. 261, 282; Walther E. Vock, Die Urkunden des Hochstifts Augsburg 769 bis 1420 (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft Reihe 2a, Band 7) Augsburg 1959, S. 151, 285; Albert Haemmerle, Die Chroniken des Hohen Domstifts zu Augsburg, 1935, S. 107. 2

1

Christoph Frhr. v. Imhoff

nehmen darf, vom 14. Jahrhundert an einen sehr exakten Stammbaum in 19 Ta­ feln aufzuzeigen. In seiner Einleitung dazu aber baut er die utopische Vorge­ schichte noch weiter aus 4. 5Er läßt die in Curia oder im Hof unter der Regierung Kaiser Lothars um 842 nach Kaufbeuren und von dort nach Lauingen kommen. Es sind nur zwei Beispiele für viele Genealogen, die an diesen altadeligen Verzierungen noch bis ins 20. Jahrhundert hinein festhalten, ohne sie belegen zu können. In zwei Aussagen aber decken sich alle diese Forscher und Historienschreiber mit der urkundlich belegbaren Wirklichkeit der lmhoffsehen Frühgeschichte: Einmal die Fixierung des Herkunftsortes Lauingen im 13. Jahrhundert, zum anderen die ungemein große Fruchtbarkeit, die Wurffbain in die Worte kleidet: Die „von dem einen und dem anderen an 10, 15, 20 erzeugten ehelichen Kin­ der . . . machen ein weitläufftig Werk, also auff etlich 100 Personen bestehet", notwendig. Erst 1973 wurde, einem Zufall zufolge, die Zeichnung eines Grab­ steins aus dem Jahr 1482 auf gefunden, der bis ins 18. Jahrhundert hinein in der Pfarrkirche zu Lauingen gestanden hat. Auf ihm ist der „Ehrbar und Vöst Jörg im Hof von Guntringen" in Ritterrüstung abgebildet, wie ihm „seine ehe­ lich Haußfrauw Barbara Walterin" aus alter Augsburger Familie den Helm auf­ setzt. Darunter schrieben der kurpfälzisch-neuburgische Kanzlei-Direktor, Rat und Lehenpropst Christian Ising und der kurpfälzisch-neuburgische Rat und Lauinger Stadtsyndikus Christoph Vensterer am 17. Februar 1702 handschrift­ lich folgenden Text: „Dieses Epitaphium gibt die Nachricht, daß Herr im Hof sich von Gundringen geschrieben habe, welches eine schöne Dorfschaft ist, so gegen die zwei Stund von Lauingen über der Thonau ligt und dermalen dem Hochstift Augsburg zugehört; nicht weit unterhalb dieser Dorf Schaft gegen Lauingen ist der Ort, so noch auf heutigen Tag zu oder Im Höfe genannt, allwo ehemal eine Kirch und Schloß gestanden und der Herren im Hof Stammhaus gewesen. Nachdem aber von vielfältigem Ergiesen der Thonau diesem Ort grosser Schaden geschehen, zu und in Lauingen häuslich niedergelassen und die Stadt mitregieren helfen 4 Leonhart Wurffbain, Drey unterschiedliche Summarische Bericht von den Nürnbergischen, Augspurgischen und anderen fürnehmen Orten Rathsfähigen Geschlechtern deren Herrn Im Hof in gemein; Nürnberg, Gedruckt bey Wolffgang Endter 1637; Johann Seifert, Stammtafel des adelichen Geschlechts von Im Hoff, Regensburg 1723. 5 Album des Imhoffsehen Familienarchivs im Germanischen Nationalmuseum (künftig GNM) zu Nürnberg. Vgl. auch Allgemeine Deutsche Biographie (ADB) 14. Band, Leipzig 1881, S. 37. Der Grabstein Jörg im Hof/Barbara Walter wird noch bei Bernhard Mayer, Geschichte der Stadt Lauingen, Dillingen 1866, auf S. 215 genannt. Die Inschrift war damals bereits teilweise zerstört. In dem 1912 erschienenen „Führer durch Lauingen und die städtischen Sammlungen" wird er auf S. 37 als Sandsteinmonument benannt, das „beim südlichen Eingang in der Pfarrkirche rechts" gestanden habe. In Werner Meyer, Kunstdenkmäler von Schwaben, Landkreis Dillingen an der Donau, München 1972, Bd. 7 der „Kunst­ denkmäler von Bayern", wird die Grabplatte nicht mehr genannt. Barbara Walter war seit 1484 in zweiter Ehe mit einem Hans Marschall von Bieberbach verheiratet.

2

MVGN 62 (1975)

Die Imhoff

Nur eines haben die beiden herzoglichen Beamten niederzuschreiben ver­ gessen: Wann hat dieses Donauwasser die Imhoff aus Gundringen vertrieben? Waren sie dort ansässig, ehe sie nach Lauingen zogen oder erwarben sie sich ihre Güter, während sie in Lauingen ansässig waren? Denn soviel ist sicher: Die Imhoff trugen den Beinamen „von Gundringen" (auch Guntringen, heute Gundremmingen) und haben sich in eigenen Niederschriften als die Herrn dieser Dorfschaft bezeichnet6. Wie sie aber in die Donauauen an eben jenen Ort ge­ kommen sind, an dem heute — einer modernen Moschee gleich — eines der größten Atomkraftwerke der Bundesrepublik steht, ist noch weidlich mit Rät­ seln umgeben oder mit Widersprüchen durchsetzt; denn darüber hat es Jahr­ hunderte hindurch keine systematische Forschung gegeben, da bis ins 18. Jahr­ hundert die Nürnberger Imhoff im Vordergrund der Forschung standen 7. Aber schon im 13. Jahrhundert lebten — urkundlich verbürgt — acht Imhoff, die in der Augsburger, Lauinger und herzoglich bayerischen Geschichte relativ früh eine gewisse Rolle gespielt haben: Sigmund und Rudolf, offenbar ein Brü­ derpaar, werden in der Lauinger Stadtgeschichte genannt, Rudolf als Bürger, Sigmund als Bürgermeister während der Regierungszeit König Rudolfs I. von Habsburg 8. Ein Ritter Ulrich Imhof (auch ,in curtilF genannt) taucht am 7. 11. 1289 bei einer Grundstücksübertragung in Augsburg auf und wird 1314 noch einmal als Ehemann der Frau Hille und als Ministerialer des Edlen Spät6 Dazu Florian Mayr, Aus der Orts- und Kirchengeschichte der Gemeinden Gundremmingen und Schnuttenbach, Gundremmingen 1973, S. 15 f. „Der nach Gundremmingen sich be­ nennende Ortsadel stand zu den Grafen von Dillingen im Verhältnis der Ministerialität." Für das 12. und 13. Jahrhundert werden u. a. ein „Hainricus de Gountramingen und Johan von Guntremingen" genannt. 1360 wurde der Ort in der Fehde Heinrichs von Wester­ stetten mit der Reichsstadt Ulm niedergebrannt. Nach dem Tode Heinrichs verkaufte „seine Tochter Anna am 19. 3. 1371 das väterliche Erbe zu und um Gundremmingen an die BnideT Heinrich und Hans Imhof aus Lauingen", deren Nachkommen Peter (f 1482) und Georg (1 1482) sich ebenfalls Herr zu Gundringen nannten. Dazu auch A. Haemmerle in einer unveröffentlichten Niederschrift über die Genealogie der Imhoff S. 130—132 unter Bezug auf Mon. Boica Bd. 33 und H. Vietzen u. A. Weitnauer, Das Lehenbuch des Hochstifts Augsburg von 1424, Kempten 1939, Reihe Allgäuer Heimatbücher, 11. Bd. Vgl. dazu v. Steichele-Schröder, Das Bistum Augsburg Bd. IV. 7 Erst in jüngster Zeit hat hier ein sichtbarer Interessenwandel eingesetzt. Vergleiche dazu Haemmerles Imhoff-Genealogie a. a. O.; Raimund Eirich, Memmingens Wirtschaft und Pa­ triziat von 1347 bis 1551, Memmingen 1971, S. 150, 155 ff.; Eirichs sehr viel weiter­ reichende Forschungen sind noch nicht abgeschlossen, tragen aber schon jetzt zur Aufhel­ lung der Frühgeschichte bei. Dazu kommen zwei historische Studien von Adolf Layer (Dillingen) über „Die Imhof aus Lauingen im späten Mittelalter", in: Blätter des Baye­ rischen Landesvereins für Familienkunde, 36. Jg. Bd. XII. (1973), Heft l/2, S. 25 ff. und „Die Imhof in Lauingen und Donauwörth", in: Nordschwaben/Der Daniel, Zeitschrift f. Land­ schaft, Geschichte, Kultur und Zeitgeschehen 1/1973, S. 17 ff. Besonders wertvoll Forschungs­ ergebnisse von Oberarchivrat i. R. Gerhard Nebinger, Neuburg a. D., die sich nur im Schriftwechsel mit dem Autor niedergeschlagen haben. 8 Verhandlungen d. Vereins von Oberschwaben und Neuburg 1822, s. Anmerkung 3) mit dem Hinweis, daß „sie alle am Markt gewöhnet" zu Lauingen 1267 laut „Lauinger Verkünd­ brief" von 1538, Abschrift im Staatsarchiv Nürnberg, Nürnberger Handschriften 283, BL 1; ADB a. a. O.; Helga Jahnel, Die Imhoff, Phil. Diss. (Maschinenschrift) Würzburg 1951, S. 14. 2

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von Faimingen und dessen Bruders Friedrich, Bischofs von Augsburg, genannt9. Möglicherweise war er ein Bruder Heinrich Imhofs des Älteren, der Anfang des 14. Jahrhunderts mit seiner Frau Haylwig aus dem Geschlecht der Sürg oder Güßen bereits „in dem alten Stammhaus in den Donau-Auen bei Lauingen" gesessen habe 10. Daneben finden wir — nur schwer einzugliedern — einen „Fridericus dictus in curia" im Augsburg des Jahres 1295 11 und einen Zeitgenossen des Ulrich, Wigulejus im Hof, der als Johanniter im Jahr 1315 von Kaiser Lud­ wig dem Bayern mit einer Gabe in das Heilige Land gesandt worden war, „wo­ von das liber miraculorum in Altötting berichtet" 12. Neben einem etwas später auftauchenden Ludwig Imhof13 wird schließlich noch Johann (oder Hans) Imhof als Zeuge eines vom Lauinger Rat abgeschlos­ senen Vertrags mit den dortigen Augustinern im Jahr 1292 erwähnt14. Dieser Hans — mit Sicherheit der Sohn Heinrichs des Älteren — wurde etwa 1260 ge­ boren und gilt als Hans I. und „Stammvater aller noch lebenden Imhoffs" 15, Er lebte auf „seinen Gütern unweit Lauingen zu Guntremmingen" 16 und hatte Anna von Gundelfingen (in zweiter Ehe) zur Frau. Die urkundlichen Unterlagen, besonders die des Hochstiftes Augsburg samt dem „Lauinger Verkündbrief" 17 von 1538, zwingen zu folgender Feststellung: 9 Christian Mayer, Urkundenregesten aus dem Necrologium des St. Moritzstifts (zu Augsburg), Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg, Jg. IX., S. 160; Mon. Boic. 33/1, S. 406 und II, S. 12, 14, 88; Wilhelm v. Imhoff, Farn.-Buch Bd. I und Anh. I., Imhoffsches Familienarchiv GNM (künftig IFA/GNM); Layer a. a. O. S. 26. 10 Wilhelm v. Imhoff a. a. O. und Layer a. a. O. S. 27. 11 Mon. Boica 33/1, S. 234. 12 Wilh. v. Imhoff a. a. O., s. auch Biedermann, Geschlechtsregister des hochadligen Patriziats zu Nürnberg, Bayreuth 1784, Tabula CCXI—CCLXVII. Es ist denkbar, daß eben dieser Wigu­ lejus im Hof das Wappentier der Familie, den Seelöwen, mit aus dem Orient gebracht hat. Die Kunsthistoriker (s. Ursula Mende im Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, 1974, S. 8 ff.) reihen das Fabeltier besonders wegen seines Flammenschweifs in die Gruppe der Aquamanilien ein, die durchgängig aus dem 14. Jahrhundert stammen. Das älteste bekannte Imhoff-Wappen wurde 1846 bei Ausgrabungen um die Martinskirche in Lauingen gefunden (Führer durch Lauingen und die Städtischen Sammlungen Lauingen a. D. 1912). U. Mende weist nach, daß das von einer steinernen Grabplatte stammende bronzegegossene Epi­ taph (ohne Inschrift) „um 1400 in Nürnberg gefertigt sein könnte", also etwa zu der Zeit, da die Reise von Wigulejus abgeschlossen und die ersten Imhoff (1340) nach Nürn­ berg gekommen waren. Mit Sicherheit ist anhand von Vergleichen mit persischen Symbol­ tieren, besonders flammengeschweiften Greifen, anzunehmen, daß dieses Tier aus dem Orient stammt. Vgl. Funde im Museum zu Acco/Israel. 13 Ludwig wird in dem unter 8) genannten Verkündbrief erwähnt. Von ihm wird das Ver­ zeichnis eines Geschäfts zu Prag im Jahr 1367 vorgelegt. In die Nürnberger Imhoff-Genealogie ist Ludwig nach den gegebenen Unterlagen nicht einzureihen. Er ist dem Lauinger Stammhaus zuzurechnen. 14 Vgl. dazu Stetten „Geschichte der adeligen Geschlechter", S. 173; Stadtarchiv Nürnberg, Imhoff-Select 47/1; Staatsarchiv Nürnberg, Nürnberger Handschriften 283 Bl. 2 und 28 5 Bl. 3; ferner Wilhelm v. Imhoff, ADB und Layer a. a. O. 15 Vgl. Statuten des Familienverbandes der Freiherr von Imhof(f)schen Gesamtfamilie § 2. 18 Wilhelm v. Imhoff a. a. O. 17 IFA Fase. 4 Nr. 1 u. Wilh. v. Imhoff a. a. O. Detailliertere Angaben zu dieser Feststellung des Verkündbriefes fehlen. Dazu auch Layer a. a. O., S. 26: 1267 zahlt Sigmund Steuern

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Rudolph, Sigmund, Heinrich und Hans waren um die Wende des 13. zum 14. Jahrhundert Pächter, Lehensträger oder Grundbesitzer einmal in der Augsbur­ ger Gegend, zum anderen in und um Lauingen. Eine in diesem Verkündbrief bestätigte über dreihundertjährige Anwesenheit der Familie im Donauried be­ gründet den Reichtum der Familie und damit auch den aus den Ländereien er­ klärbaren Rückhalt für ihre Großhandelstätigkeit. Der Umfang des Rückhaltes wird aus den Steuerleistungen von Rudolph, Sigmund und beider vermutlicher Schwägerin Katharina 18 ersichtlich. Insgesamt 284 Pfund Heller in einem Jahr — das war für die damalige Zeit eine mehr als beträchtliche Summe 19. Sie läßt zugleich auf den Umfang des Grundbesitzes in der Stadt Lauingen selbst schließen. Dort waren sie vermutlich auf dem nach der Familie benannten (im Hoff) „Hofmarkt“ ansässig. Die Straße, die an diesem Marktplatz in die Haupt­ straße (Herzog-Georg-Straße) einmündet, trägt bis heute den Namen Imhof­ straße. In ihr stand das Wohn- und Handelshaus der Familie, wohl an der Stelle des heutigen Hotels Drei Mohren, erbaut durch Jacob Herbert 15 54 als Salzhandelshaus. Nur wenige Schritte davon hat der Ratsherr Georg Imhof 1457 den Grundstein zum Schimmelturm, dem Wahrzeichen der Stadt und lange Zeit dem höchsten Bauwerk Schwabens, gelegt. Er heißt noch heute gelegentlich Hof- oder Imhof-Turm. Im Heimatmuseum hängt die bislang älteste Gußform des Familienwappens 20, samt einigen Portrait-Stichen der frühen Imhof, die auf die dreihundertjährige Mitarbeit der Familie am Geschehen der Stadt hinweisen 21. Schlüsselfigur für die Lauinger Geschichte der frühen Imhoff und ihrer späte­ ren Verzweigung ist und bleibt nach wie vor der erste Hans, auch wenn sich durch die jüngste Forschung manches am genealogischen Bild der Familie ge­ ändert haben mag. Das gilt einmal für Hans selbst, von dessen Person man relativ wenig weiß, und für seine zweite Ehe mit Anna Gundelfingen, vermut­ lich dem Geschlecht der Edelherrn von Gundelfingen-Hellenstein entstam­ mend 22. Von ihm ist im Jahre 1292 verzeichnet, daß er den Augustiner-Mön-

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in Höhe von 42 Pfd. Heller, Rudolph 122 und Katharina 120 Pfd. Heller, 1277 bezahlen Sigmund und Rudolph 142 Pfd. Heller. Zum Grundbesitz vergleiche Walther E. Vock, Die Urkunden des Hochstifts Augsburg 769—1420 (Veröffentlichungen der Schwäbischen For­ schungsgemeinschaft Reihe 2a, Band 7) Augsburg 1959, S. 151, 28 5. Katharina war die Frau eines Heinz Imhof, der in der unter 17) genannten Urkunde er­ wähnt ist. Er darf nicht verwechselt werden mit Heinrich I., dem Älteren, der Haylwig Sürg zur Frau hatte. Heinz war wahrscheinlich ein sonst nicht näher erwähnter Bruder von Sig­ mund und Rudolph. Die Steuersumme von 284 Pfd. Heller entspricht ungefähr der Kaufsumme des Dürerhauses im Jahr 1509 mit 275 Gulden. Vgl. Anmerkung 12. Layer in beiden angegebenen Quellen, ADB a. a. O. und Werner Meyer, „Die Kunstdenk­ mäler der Stadt Lauingen a. D.“, München 1972, S. 598 ff. u. 661 ff.; Adolf Arnold, Der Imhofturm zu Lauingen, Dillingen 1921. Das spät nachempfundene Portrait-Bild des ersten Hans wurde mit dem Todesdatum 1341 von Johann Eckstein gestochen (IFA) und mit dem Gundelfinger-Wappen versehen. Das

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dien die Erlaubnis erteilt habe, in seinem Haus zu wohnen. Er muß bereits 30jährig im Rat der Stadt eine gewisse Rolle gespielt haben. Aus seiner ersten Ehe mit Margareth (Familienname unbekannt) stammen Peter, Conrad und Hans, die aber in die durch die Generationenabfolge not­ wendig gewordene Numerierung der Vornamen nicht einbezogen werden. Peter, schon l|97 geboren, dürfte wohl Lehensmann im Dienste der Oettingen gewesen sein und wird in Nördlingen und, nach der Schwarz’schen Bibliothek in Amberg zu schließen, auch in Nürnberg (1371) genannt. Mit Sicherheit hat sein Bruder Conrad im Jahre 1340 das Nürnberger Bürgerrecht erworben. Er dürfte wohl der eigentliche Pionier für die Übersiedlung eines Teils der Familie an die Pegnitz gewesen sein. Der jüngste dieser drei Brüder — Hans — wird als Kanzler des Herzogs Heinrich von Niederbayern genannt. Heiraten und Nachkommen dieser drei Brüder sind nicht übermittelt. Aus der zweiten Ehe Hans’ I. (mit der Gundelfingerin) stammen ebenfalls drei Kinder: Margaretha, wohl nach ihrer Stiefgroßmutter genannt, Hans II., der der Stammvater aller aus Nürnberg stammenden Imhoff wurde — diese beiden Geschwister heirateten sehr bald nach ihrer Übersiedlung an die Pegnitz in alte Ratsfamilien ein — und Heinrich, der in Lauingen verblieben war und als „Heinrich der Ältere“ 28

gleiche Portrait findet sich auf der sog. Dürer’schen Stiftungstafel in St. Rochus zu Nürn­ berg und auf einer ähnlichen genealogischen Tafel in St. Sebald zu Nürnberg. Dazu auch Stadtarchiv Nbg. Imhof-Select 47/1, Staatsarchiv Nbg. a. a. O. 283 Bl. 2, 285 Bl. 3. Mit den Gundelfingern befaßt sich eingehend Heinz Bühler: „Die Edelherren von GundelfingenHellenstein. Ein Beitrag zur Geschichte des ostschwäbischen Adels im hohen Mittelalter", im Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen a. D. LXXIII Jahrgang 1971, S. 13 ff. Die im Stammbaum dort am Ende angegebene „Anna, f 13 86“, verheiratet mit Hans Pirckheimer (f 1375), muß identisch sein mit der Frau des Hans Imhoff (f 1341). Auch sie ist (vgl. Wilh. v. Imhoff a. a. O.) im Jahr 1386 gestorben. Die Ehe mit Hans 1. und später die mit Hans P. würde auch das sehr enge Verhältnis beider Familien zueinander und beider mit den Gundelfingen im 14. und 15. Jahrhundert erklären. Vgl. dazu W. P. Eckert u. Christoph v. Imhoff, Willibald Pirckheimer, Dürers Freund, Köln, 1971, S. 42 und 5 5 ff. Wahrscheinlich hat der im Alter von gut 80 Jahren verstorbene Hans lmhof sehr spät in zweiter Ehe eine noch sehr junge Frau geehelicht, die — laut Briefaussage von Gerhard Nebinger, Neuburg a. D. — als Gundelfingerin einer Ministerialen-Familie entstammte. Die Gundelfinger sind, nach dieser Aussage, ein unebenbürtiger Zweig der Grafen von Dillingen. Die Ehe des Hans Imhof mit der Anna G. kehrt durchlaufend in allen Ge­ schlechterbüchern der Imhoff wieder (IFA/GNM). Das schließt eine erste Ehe des Hans in jüngeren Jahren nicht aus. Eine gewisse Bestätigung dafür findet sich in dem von dem Sohn dieses ersten Hans, Hans II., gestifteten „ewigen Seelgerät“ für das Spital von Lauingen, in dem 1372 Seelenmessen für den verstorbenen „Hainrich Ymhoff und Haylwigen“ — also für die Großeltern des zweiten Hans — und ebenso „für Hansen Ymhoff und Margarethen, dessen Hausfrau“, also für den Vater und seine erste Frau, festgelegt werden. Zur Zeit der Stiftung lebte des ersten Hans zweite Ehefrau Anna Gundelfingen noch als Frau des erst 1375 verstorbenen Hans Pirckheimer. Vgl. dazu Layer a. a. O. S. 27 und Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen 1906, S. 70 u. 71. Zur Stadt Gundelfingen vgl. Die Stadt Gundelfingen, Ihre Geschichte und ihre Denkmäler, Dillingen 1923 (Hist. Verein Dillingen a. D.). 28 Die unter Anmerkung 22) vermerkten Tatsachen und die Einführung eines Sohnes Hein­ rich in die unmittelbare Nachkommenschaft des ersten Hans verändern das bisherige

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in den Jahren 1372, 1411 und 1412 in Lauingen Ratsherr und Bürgermeister gewesen ist. Ihm muß, nach der vorhandenen schmalen Korrespondenz zu schließen, die Pflege des Zusammenhalts mit den Nürnberger Geschwistern be­ sonders am Herzen gelegen haben. Damit werden Hans II. und Heinrich zu Begründern der für das ausklingende Mittelalter entscheidenden beiden Imhoffschen Familienzweige in Lauingen und Nürnberg. Beide Brüder Unterzeichneten noch den Nördlinger Vertrag von 1372, in dem Höfe, Huben, Sölden, Lehen, Vogtei, Gewaltsame und Dorfrechte (in und um Gundringen), dazu die Mühle zu Brühl, die Höfe zu Kaltenbrunnen (heute nur noch als Flurnamen um Gundremmingen bekannt) und fünf Holzmarken zu Wischhofen den beiden Brüdern von den Westerstetten über­ tragen werden. Hier handelt es sich aber wahrscheinlich nicht um ein Erster­ werbsrecht in den Donauauen, wie bisher oft behauptet, sondern um eine Ab­ rundung des Imhoffsehen Grundbesitzes in den Donauauen; denn der Name Guntringen (Gundringen oder Gundremmingen) taucht schon in früheren Generationen — z. B. bei Ulrich und dem ersten Heinrich dem Älteren, auch beim ersten Hans — als Ort des Imhoffschen Grundbesitzes auf. Hans II. und sein Bruder Heinrich, beide im Fernhandel tätig, wollten hier wohl ihr im Ge­ schäft erworbenes Kapital anlegen, um damit den Rückhalt des in offenbarer gegenseitiger Übereinkunft betriebenen Unternehmens weiter auszubauen.

genealogische Bild. Wilh. v. Imhoff vermerkt a. a. O. als legitime Kinder des Hans Im­ hof und der Anna Gundelfinger: Peter (f 1397),, Lehensträger der Grafen v. Oettingen, ab 1371 Nürnberger Bürger; Conrad, Nürnberger Bürger 1340 und auch da verstorben; Hans, Kanzler des Herzogs Heinrich, geboren etwa 1308, gest. 1368; Margarete, gest. 26. 12. 1433; Hans, geb. 1330, gest. 1389. Haemmerle übernimmt zwar a. a. O. genau diese Reihenfolge (außer Heinrich), versieht aber Peter und den Kanzler von Niederbayern mit einem Fragezeichen. Layer vermerkt zwar auch die Sohnschaft des Kanzlers Hans für den ersten Hans, verweist aber (S. 27) auf W. E. Vock, in dessen Buch ausdrücklich der zweite Hans, Bürger zu Nürnberg, und ein Heinrich, Bürger zu Lauingen, als Brüder vermerkt sind und zwar in dem Nördlinger Vertrag über Gundremminger Grundstücke vom 13. März 1371 mit der Tochter des Ritters von Westerstetten. Die Geburtsdaten der Kinder des ersten Hans Imhof — zwischen ca. 1293 und 13 30 gelegen — machen, verglichen auch mit dem Todesdatum der Anna Gundelfinger (13 86), die Mutterschaft der Gundelfingerin für alle sechs Kinder biologisch unmöglich. Wahrscheinlich stammen die drei ersten Kinder des ersten Hans also doch aus einer ersten Ehe mit Margareth, deren Herkunftsnamen bisher keine Urkunde entschlüsselt. Die Kinder Margaretha, Hans und Heinrich sind danach Kinder der Gundelfingerin, wobei man (s. Haemmerle) nur das Geburtsdatum des Sohnes Hans einigermaßen zu fixieren in der Lage ist, nicht aber die von Margaretha und Heinrich. Die zweimalige Eheschließung des ersten Hans macht auch das zweimalige Vorkommen des Vor­ namens Hans unter den sechs Kindern erklärbar. Die Einführung des in Lauingen ver­ bliebenen Heinrich Imhof als Bruder des ca. 1330 geborenen Hans II. in die Imhof-Genealogie läßt auch die engen Bindungen zwischen den Nürnberger und den Lauinger Imhof verstehen. Dieser Heinrich darf nicht mit dem gleichnamigen Imhoff aus dem 13. Jahrhun­ dert verwechselt werden, der ebenfalls „der Ältere“ genannt wird, aber der Vater Hans’ I. gewesen ist. Über die Bedeutung der Imhoff in Lauingen berichtet auch Stanislaus Mayr, Stadtbenefiziat und Stadtkaplan zu L. in einer „Urschriftlichen Chronik“ ca. 1794, Stadt­ archiv Lauingen.

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Wahrscheinlich spielten dabei in Lauingen der Salzhandel und in Nürnberg das Lauinger Linnen eine gewisse Rolle 24. Während nun die Nachkommen Heinrichs zunächst in Lauingen verblieben und später in Memmingen, Ravensburg und Ulm anzutreffen sind, sich dort auch in den Kirchen und Epitaphien als Bürger dieser Städte ausweisen, festigt sich der durch Hans II. begründete Nürnberger Familienzweig, der genau wie der Imhoffzweig in Lauingen immer wieder nach Augsburg und Donau­ wörth hineingreift:. Freilich hatte dieses „Ausschwärmen" der Familie in alle Richtungen der Windrose nicht nur ideelle, sondern auch sehr tiefgehende politische und wirtschaftliche Ursachen. Lauingen konnte in seiner mittelalter­ lichen Geschichte trotz allen Bemühens niemals den Status der Reichsstadt voll erreichen. Es hatte reichsstadtähnliche Rechte, die solange als stabil gelten konnten, als die Hohenstaufen-Kaiser regierten. Immerhin wird das älteste Lauinger Stadtsiegel vom Portrait eines Hohenstaufenkaisers geschmückt. Die Hohenstaufen hatten hier einen ihrer „Reichshöfe" stehen (vermutlich am Standort des späteren herzoglichen Schlosses und jetzigen Rathauses). Unter solchem sicheren Schutz haben sich die Imhoff, Petz, Baumgärtner, Scheurl, Teufel, Roßhaupter, Gruber, Ayslinger, Podmer und Oelhafen z. T. wohl als kaiserliche Ministeriale und als Kaufleute betätigt, deren Verdienst durch den Schiffsverkehr auf der Donau gesichert war. Mit dem Tod des letzten Hohen­ staufen in Neapel wurde die Stadt 1269 zum Wittelsbacher Besitz geschlagen, weil Konradins Mutter eine Wittelsbacherin gewesen war. Damit wurden auch die Rechte der Ratsherren reduziert, erst recht aber die der Ministerialität. Histo­ riker machen dem damaligen Herzog Ludwig den gravierenden Vorwurf, er habe „Lauingen dem Reich entfremdet" 25. Zudem hat dieser Bayemherzog die Steuerkraft: der besitzenden Familien für seine Hofhaltung derart ausgeschöpft, daß ein Femhandel von hier aus uninteressant wurde. Genau in diese historische Epoche fällt die durch die staufische Städtepolitik eingeleitete Umstellung des Verkehrs vom Fluß auf die Straße. Die Wasserwege wurden mehr und mehr von den Trassenführungen überquert. Und diese Trassen liefen zumeist durch Reichsstädte. Mit dem Handel per Schiff war also nicht mehr allzuviel zu verdienen. Das spürten die Lauinger. Die größte der neuen Trassen lief vom Brennerpaß über Augsburg und Donauwörth nach Nürn­ berg und von da nach Norden. Sie ließ — entgegen aller bisheriger Praxis — Lauingen und Nördlingen buchstäblich links liegen. Den Staufern lag nun 24 Urkunden im Stadtarchiv zu Lauingen und Schriftwechsel des Autors mit Direktor Josef Seitz in Lauingen vom Juli 1970. Vgl. Anm. 6. 25 Dazu Sigmund Meisterlin, Deutsche Städtechronik, Teil III, S. 137, wo auf die Familie Im­ hof im Zusammenhang mit dem Niedergang Lauingens direkt verwiesen wird. Außerdem Layer a. a. O. Vgl. auch Lore Sporhan-Krempel, Die Roßhaupter-Fehde 1433—1439, in Nürnberger Mitteilungen 61/1974, S. 4 ff. Herkommen der Roßhaupter aus Lauingen. Fer­ ner: Wolfg. v. Stromer, Die Nürnberger Handelsgesellschaft Gruber-Podmer-Stromer im 15. Jahrhundert, Nürnberger Forschungen, Bd. VII, Nürnberg 1963.

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daran, die Rechte der Reichsstädte auszubauen und damit neue wirtschaftliche Möglichkeiten zu erschließen. Dazu aber waren erfahrene Fachleute nötig. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß die Lauinger Handelsfamilien und die Mi­ nisterialen rechtzeitig von den Boten der Staufenkaiser auf die damit zusam­ menhängenden Chancen und Möglichkeiten hingewiesen wurden 26. Unter solchen Voraussetzungen ist es zu verstehen, daß die Imhoff mehr und mehr in den verschiedensten Reichsstädten Süddeutschlands mit ihren weit­ gehenden kaiserlichen Handelsprivilegien angetroffen werden. Ausnahmen fin­ den wir nur unter denen geistlichen Standes — Klosterpröpste, Äbtissinnen, Schwestern — und unter denen, die direkt in herzogliche Dienste traten. Die anderen versuchten, die Positionen des Lauinger Herkunftszweiges der Familie durch ihre Aktivität in den Reichsstädten einigermaßen — auch über die Zeit und die Folgen des Interregnums und besonders über die innerbayerischen Her­ zogsrivalitäten hinaus — aufrechtzuerhalten. Darauf deuten die vielfältigen en­ gen Beziehungen und Stiftungen zwischen den einzelnen Familienzweigen und die direkt für Lauinger Institutionen ausgeworfenen Stiftungen hin 27. Die Ausgangsposition für die Reichsstädte in Schwaben schuf eben jener Sohn Heinrich aus der zweiten Ehe des ersten Hans Imhof. Seine unmittelbaren Nach­ kommen — Peter und Konrad — halten als Bürger oder Ratsherrn in Lauingen, als Grundherrn in Gundremmingen oder als Lehensträger des Hochstifts Augs­ burg die Stellung am alten Stammsitz 28. Seine Neffen, die drei Brüder Hein­ rich, Conrad (Cuntz) und Hans 29, und deren Erben treffen wir nicht mehr aus26 Wolfgang von Stromer, Reichtum und Ratswürde in „Führungskräfte der Wirtschaft“, Teil 1/ 1350 bis 1850, Limburg 1972; ders. Oberdeutsche Hochfinanz 1350—1450, Wiesbaden 1970; Gerhard Pfeiffer, Nürnberg — Geschichte einer europäischen Stadt, München 1971; Chri­ stoph v. Imhoff, Nürnberg — Magnet des späten Mittelalters, Vortrag zur 10. Charterfeier des Rotary-Clubs Nürnberg-Sebald, 5. Oktober 1972. Über die einstige Ministerialität dieser Patrizierfamilien ist ein klares Urteil noch nicht zu gewinnen. Für einige Familien — darunter die Welser und Tücher — ist sie nachgewiesen, für die Imhoff nur beschränkt als Ministeriale der Bischöfe von Augsburg, der Oettingen und vielleicht der Grafen v. Dillingen. 27 Vgl. die Imhoff'sehen Jahrtage in Memmingen HStA München, Rst. Memmingen, Literalien Nr. 22, Jahrtagbuch von St. Martin; ferner die Stiftung des Nürnberger Hans Imhoff für das Lauinger Spital (Anm. 22). Diese Stiftungen und die der Pirckheimer an Imhoffs in Lauingen zeigen zugleich die innere Verbundenheit der „auswärtigen“ Imhoff mit der Herkunftsstadt und der dort noch tätigen Verwandtschaft. 28 Vgl. Vock a. a. O., Anton v. Steichele, Das Bistum Augsburg III. Band, Augsburg 1872, S. 222 und Layer a. a. O., S 28 ff. 29 Die Herkunft dieser drei Brüder ist unklar. Eirich nimmt a. a. O. und in seinen bisher un­ veröffentlichten Studien über die I-Familiengenealogie an, daß der älteste Sohn Konrad des ersten Hans, der als erster Imhoff'scher Bürger 1340 in Nürnberg genannt wird, nicht in Nürnberg verblieben ist. Nach den Angaben von Wilh. v. Imhoff und A. Haemmerle a. a. O. soll er zwar in Nürnberg unverheiratet verstorben sein. Die Belege dafür fehlen. Wohl aber findet sich ein Konrad — vermutlich dieser Stiefbruder von Hans II., dem Nürnberger, und Heinrich, dem Lauinger — als Bürger von Augsburg im Jahr 1395, der dort „um 1397“ — — so Eirich — verstorben ist. Er war in 2. Ehe mit einer Cramerin von Werd verheiratet und könnte zeitlich durchaus der Vater der oben erwähnten drei Brüder sein. Der eine der drei Brüder, nämlich Hans, war nach Angaben von Layer und Eirich mit einer Frau Agnes

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schließlich als Mitglieder des Lauinger Rats an, sondern auch oder nur noch als Bürger von Ulm 30, von Augsburg (Conrad!) und — wahrscheinlich auf dem Um­ weg über Augsburg — auch von Donauwörth 31. Dennoch nennen sie sich auch dann immer noch Lehensträger von Gundremmingen 32, halten also an ihren Besitzrechten in den Donauniederungen bei Lauingen fest. Nächst dem Nürnberger Familienzweig wäre nach letzten Forschungen der erste Augsburger Zweig der älteste am sehr weitausgreifenden Lauinger Stammbaum33. Eine der wichtigsten Verbindungen in dieser Augsburger Linie ist die Ehe des im Jahr 1463 verstorbenen Conrad, der mehrfach als Kaufmann in Venedig gearbeitet hat und dort auch genannt ist, mit Veronika Wahraus. Dieser Conrad gilt bei den Wahraus, einer angesehenen Augsburger Handelsfirma, seit 1432 als Schwiegersohn, der am Geschäft teilhatte34. Diese Ehe und die nachfolgende von Conrads und Veronikas ältestem Sohn Peter (mit Regina Walter) — beide Ehen mit zwölf Kindern gesegnet — verbürgen für mehrere Generationen die Blüte des Augsburger Zweigs und zugleich dessen verwandtschaftliche Verzahnung mit den wichtigsten Rats- und Handelsge­ schlechtern im donau-schwäbischen Raum. Hier findet man u. a. die Namen Walter, Vöhlin, Besserer, Fugger, Welser, Meuting und den Namen der Ulmer Arztfamilie Jung35. Enge Verbindungen mit der Welser-Vöhlin-Gesellschaft.

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verheiratet, die durch Schenkung einer jährlichen Gilt 1402 zur Hauptstifterin einer ewigen Messe auf dem Birgitta-Altar der Pfarrkirche zu Lauingen wurde. Dazu Georg Rückert, Die Meßpfründenstiftungen der Stadt Lauingen im Mittelalter, in Jahrbuch des Hist. Ver­ eins Dillingen, 45746. Jhg., 1932/3 3, S. 19. Darunter auch Heinrich, der älteste der drei unter 29) vermerkten Brüder (vermutlich in 2. Ehe mit Elisabeth Grashew verheiratet), dessen Bürgeraufnahme in Ulm 1428 verzeichnet wird, dazu auch dessen Söhne Konrad, Heinrich, Hans und Jörg und die Tochter Margaretha. Sie alle haben in den Jahren 1428 bis 1433 — vgl. die Studien von Eirich und die Unter­ lagen im Ulmer Stadtarchiv — das Ulmer Bürgerrecht erworben. Vgl. Layer a. a. O. S. 29. Der als erster Nürnberger Imhoff registrierte Konrad (s. Anm. 29) kann identisch sein mit jenem Konrad, der 1396 mit seinem gleichnamigen Sohn erstmals mit bescheidenem Vermögen in den Augsburger Steuerbüchern auftritt. Zum Thema Donau­ wörth s. Eirich a. a. O., S. 15 5 f. Layer a. a. O. S. 29. Hier beschäftigt sich Layer auch mit den vielfachen familiären Ver­ flechtungen zwischen den einzelnen Handelsfamilien, die den eigentlichen Unterbau auch für die kurze Blüte des Imhoff-Handels in Memmingen abgeben, wie Eirich a. a. O. S. 155/ 156 nachweist. Über die Abstammung des Augsburger Zweiges herrschen unter den Genealogen ver­ schiedene Ansichten. Wilh. v. Imhoff und A. Haemmerle nehmen es als verbindlich an, daß ihr Gründer Balthasar Imhoff das jüngste Kind aus der Ehe Hans’ II. aus Nürnberg mit Lucie Groß sei. Von ihm weiß die Forschung nur, daß er 1410 gestorben ist und daß er mit Elisabeth Schröderin, Tochter eines alten Augsburger Geschlechts, verheiratet gewesen sei. Von seiner Übersiedlung nach Augsburg ist nichts vermerkt. In den Augsburger Steuer­ büchern dieser Zeit ist er nicht registriert, während Conrad (vgl. Anm. 31) dort verbucht ist. Die Wahrscheinlichkeit neigt also mehr zu den Forschungsergebnissen Layers und Eirichs. Unveröffentlichte Studien von Eirich. Ursula Imhoff, die Schwester des ebengenannten Peter und Schwägerin der Anna Wahraus, heiratet Johann Vöhlin d. Ä. (f 1463); zu fast gleicher Zeit war Barbara Imhof, Tochter des Heinrich I. und der Elisabeth Grashew (s. Anm. 30), mit Erhard Vöhlin d. Ä. (f 1884) verheiratet; von den Kindern des Conrad I. (nicht zu verwechseln mit dem unter Anm. 29

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mit dem Handelshaus der Fugger, der Besserer-Gesellschaft und der Ravensburger Handelsgesellschaft 36 waren die Folgen solcher Heiratspolitik. Eine Generation später begegnen wir dem im Osthandels- wie im Italiengeschäft ungemein versierten Balthasar Imhoff (1420—ca. 1483) in Mem­ mingen. Er ist der einzige Imhoff, der dort das Bürgerrecht genoß und wird als eine hochgeachtete Persönlichkeit genannt, die spätestens ab 1441 der Groß­ zunft und später der „Gesellschaft zum Goldenen Löwen" angehörte. Sein Ver­ mögen wurde 1450 mit 7118 fl beziffert. 1479 wurde er mit seiner Frau (Anna, geb. Suiter) in die Heiligenbruderschaft in Rom aufgenommen. Wahrscheinlich vertrat er damals — vielleicht sogar innerhalb der Welser-Vöhlin-Gesellschaft — die Interessen der Imhoffischen Handelspartner in Lauingen, Nürnberg und Augsburg 37, wie ein Heinrich Imhoff 1429 die gleichen Interessen im Bereich der Ravensburger Handelsgesellschaft 38 und ein Georg wenig später die der genannten Conrad = Cuntz!) und der Anna Wahraus heiratete Veronica den Kaufmann Ludwig Meuting, Peter und Georg heirateten ein Schwesternpaar aus der Familie Walter, Felicitas Erhard Vöhlin d. J. (f 1484, ein Sohn des Hans V. und der Ursula Imhoff, Stifter­ bildnis mit dem Wappen des Hans V. und der Ursula Imhoff im Chor der Memminger Frauenkirche) und Anna den damals recht namhaften Ulmer Arzt Johann Jung; von den Kindern des Peter Imhoff und der Regina Walter heiratet Barbara den Johannes Besserer in Memmingen (1503), Regina den Georg Fugger (Bruder des Jakob Fugger) und wird die Stamm-Mutter aller heute noch lebenden Fugger; Anna (f 1495) den Sohn Johann des berühmten Bartholomäus Welser. Dichter konnte die Versippung der Handelsgeschlechter kaum sein. Dazu Wilh. v. Imhoff und A. Haemmerle a. a. O., Layer a. a. O. S. 29 und Eirich a. a. O. S. 104, 154 ff., 174, 222 und 285. 36 Imhoff werden in der Ravensburger Geschichte erstmals 1279 genannt. Sie tauchen dann 1297, 1324, 1327—1340, 13 50 (einer als Ammann v. Ravensburg) und schließlich 1429 (Heinrich Imhoff, nicht als eingeschworener Bürger), gelegentlich in Zusammenhängen mit Lauingen genannt, als Bürger immer wieder auf. Vgl. dazu Alfons Dreher, Das Patriziat der Reichsstadt Ravensburg, Stuttgart 1966, und gl. Verfasser, Geschichte der Reichsstadt Ravensburg- Weißenhorn/Ravensburg 1972. Die Imhoff haben in Ravensburg auch einen Jahrestag begründet. Die ersten Imhoff in R. werden als Konrad, dessen Söhne als Berthold und Konrad genannt, 1324 tauchten in der Ravenburger Bürgerliste — zum Teil als Brüder — die Namen Nikolaus, Konrad, Berthold, Ulrich, Benz Imhoff auf. Genauere Zusammen­ hänge mit den verschiedenen donauschwäbischen Zweigen, besonders auch mit Ulm, sind noch nicht erforscht. 37 Balthasars Herkunft scheint noch nicht völlig geklärt. Man weiß nicht, ob er etwas mit jenem Balthasar zu tun hat, der in Eirichs Buch, Memmingens Patriziat und Wirtschaft (S. 156), als Sohn dem Heinrich und der Elisabeth geb. Grashew (Anm. 30) zugeordnet wird. Eirich spricht a. a. O. S. 155 bewußt von Stammbaumfragmenten. Die Nicht­ beachtung der Kindschaft (Barbaras und) Balthasars spricht noch nicht gegen eine Zuord­ nung, weil unter Anm. 30 nur die in Ulm als Bürger angenommenen Kinder des Heinrich und der Elisabeth Grashew verzeichnet sind. Wahrscheinlicher jedoch ist es, daß dieser Balthasar identisch ist mit dem Sohn des Sebald Imhoff (f ca. 1456) und der Anna Schnöd, vgl. Anm. 65. Sebald ist Sohn des im Osthandel stark tätigen Hans III. u. d. Anna Pirckheimer. Sebalds drei Söhne sind auf die Namen Caspar, Melchior und Balthasar getauft. Von Balthasar wissen wir auch nach den aus Memmingen stammenden Unterlagen, daß er stark im Ostgeschäft engagiert war. Eirich bestätigt das. Es könnte also sein, daß eben dieser Balthasar Imhoff vom Nürnberger Familienzweig nach Memmingen abgestellt worden ist. 38 Vgl. die o. a. Werke von Alfons Dreher. Nach Layer a. a. O. S. 30 (vgl. Anm. 30) ist dieser Heinrich u. U. identisch mit dem gleichnamigen Kaufmann, der 1433 das Bürgerrecht in Ulm erwarb.

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Nürnberger in Rothenburg vertreten hatte. Georg, ein Enkel jenes Nürnberger Conrad Imhoff (f 1396), der, als Conrad I. in die Geschichte eingegangen, die Nürnberger Handelspositionen in Venedig absicherte, war nachweislich an der Rothenburger Handelsgesellschaft: beteiligt und hatte — seit 1486 dort Bürger — in der Reichsstadt oberhalb der Tauber das Amt eines „äußeren Bürger­ meisters" wahrgenommen. Auch seine Söhne Georg, Sebastian und Ludwig sind noch in der gleichen Firma tätig, der Sohn Georg als derjenige, der sich im Indiengeschäft als einer der ersten deutschen Kaufleute seine Sporen verdient hat39. Als letzter Familienzweig außerhalb Nürnbergs bleibt jener, der um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert in Donauwörth einsetzt. Fast ein Jahr­ hundert lang beherrschen dort drei Michael Imhoff die Szene als Bürgermeister und Großkaufleute eines eigenen Handelshauses. 1404 errichteten sie direkt neben der Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau eine eigene Familiengrab­ stätte, die Leonhardskapelle, die im 18. Jahrhundert barockisiert und bei den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg zusammen mit den wahrscheinlich ältesten Imhoff sehen Wappengrabsteinen vernichtet wurde 40. Weit mehr als in Lauingen, Ulm und Memmingen sehen wir in Donauwörth schon erste Ansätze zum künstlerischen Mäzenatentum. Jedenfalls müssen gesellschaftlicher und po­ litischer Einfluß dieser drei Michael Imhoff gewichtig gewesen sein. Die engen verwandtschaftlichen Beziehungen mit den alten Donauwörther Familien haben sich schon bald eingestellt. Die Erfahrungen des ersten Michael, der allem An­ schein nach ein Dutzend Jahre in den Nürnberger Handelshäusern gelernt hatte, kamen ihm in Donauwörth zugute. Damals, in der Elevenzeit, wurde er — selbst aktiv in den Nürnberger Überlandhandel eingeschaltet — auf dem Weg durch die Oberpfalz nach Böhmen überfallen. Der Nürnberger Rat mußte sich ein­ schalten, um die abhandengekommene Ware samt ihrem Behüter wieder frei­ zubekommen 41. Michael hatte also Erfahrungen genug gesammelt, um auch von Donauwörth aus dem Nürnberger Handelshaus dienlich und behilflich zu sein und hat seine eigenen Handelsgeschäfte wohl auch mit denen der Nürnberger Verwandtschaft koordiniert. Donauwörth, an der Gabelung der Reidisstraße von Nürnberg nach Augsburg und von Nürnberg nach Lauingen gelegen, bot diesem Imhoff-Zweig offenbar große Möglichkeiten. 39 Christa Schaper, Die Hirschvogel von Nürnberg und ihr Handelshaus, Nürnberger For­ schungen, Bd. 18, S. 167. 40 Ygl. Daniel Keßler, Stadtpfarrkirche Donauwörth, München und Zürich 1966; Hugo Schnell, Kleiner Kirchenführer Nr. 53, München 1934; Adam Horn, Die Kunstdenkmäler von Schwa­ ben III. Landkr. Donauwörth 1951. Zur Imhoffsehen Hauskapelle St. Michael macht Layer Angaben in „Nordschwaben“, 1/1973, S. 20. Vgl. auch das alte Wandelbuch von Nürnberg, in dem 1414 ein Michel Imhoff als Bürger verzeichnet ist. Möglicherweise ist er identisch mit dem späteren ersten Bürgermeister von D., Michel Imhoff, in seiner Elevenzeit 41 Vgl. dazu Layer, Nordschwaben a. a. O. Er verweist, genau wie Wilh. v. Imhoff a. a. O. auf Hadamar v. Laaber, den Pfleger zu Hemau, als Schuldigen. Der erste Michel I. wurde übrigens von einem Feind, Hans Keyferling aus Augsburg, ermordet. S. Layer a. a. O.

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Der erste Michael, dessen Abstammung auf Lauingen hinweist42, erhielt schon bald nach seinem Zuzug (1432) das Amt eines Heiligenpflegers im Donauwörther Spital und firmierte schließlich — seit dem Jahr 1435 — als Bürger­ meister und Vogt der Reichspflege. 1449 fungierte er kraft seiner Ämter in der Rolle eines „Mediators“, eines Vermittlers, offenbar in höherem Auftrag, um in Ingolstadt die Dauerstreitigkeiten zwischen Markgraf Albrecht und der Stadt Nürnberg beizulegen. Das geschah in Gegenwart von Herzog Heinrich von Bayern und anderen Fürsten und Reichsständen, die diese Friedensaktion ein­ geleitet haben dürften. Sein Sohn Michael wird in den Jahren seit 1466 als Bürgermeister genannt und holte sich 148 5 als Repräsentant der Reichsstadt Donauwörth während des Städtetags in Speyer seine Meriten. Er hat sich — wiederum Beweis für die enge Bindung dieses Familienzweiges an Lauingen und Nürnberg — eines aus Lauingen stammenden weiteren Midiel Imhoffs angenom­ men, er adoptierte ihn im Jahre 1510 und empfahl ihn seinen Nürnberger Ver­ wandten 43. Diesem Michel begegnen wir 1519 als Imhoff-Faktor in Lissabon und 1525 als Faktor der Herwarth in Venedig. Der dritte der drei Bürger­ meister gleichen Namens leitete das Amt seit 1499 mit Unterbrechungen und wird als Gastgeber Kaiser Maximilians genannt. Sein Erbe geht im Jahr 1534 auf Martha Jung über, die Mutter des Augsburger Arztes Dr. med. Ulrich Jung, die dem Ulmer Imhoff-Zweig entstammte (vgl. Anm. 35). Damit schließt sich der Kreis auch der schwäbisch-bayerischen Familienzweige 44. Es bleibt ein seltsames Phänomen, daß alle diese Linien um die Wende des 15. zum 16. Jahrhundert ihre Kraft verlieren und langsam erlöschen. Die viel­ fältigen Nachkommen des Heinrich Imhoff, Sohn des Hans und der Anna Gundelfingen, versiegen in Lauingen um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Bürgermeister Andreas Imhoff, genannt auch im „Mirakelbuch der Wallfahrt zum hl. Leonhard in Lauingen“ 45, taucht letztmalig 1494 in den Urkunden auf, ein Bürger Hans Imhoff, ebenfalls letztmalig, 1517. Dennoch muß es bis in die Jahrhundertmitte noch einige Imhoff in Lauingen gegeben haben, weil 42 Die Datenangaben zu diesem ersten Michel sind nicht einheitlich. Wilh. v. Imhoff schreibt a. a. O., daß „seines Vaters Mutter eine Groland gewesen sein soll", nennt weder Ge­ burtsort noch Geburtstag, wohl aber „als Ehefrau eine Rembold“. Eirich vermutet a. a. O. S. 156, daß er ein Bruder des in Memmingen tätigen und von Heinrich Imhoff und der Elisabeth, geb. Grashew, stammenden Balthasar sei; so auch in Eirichs unveröffentlichten Privatstudien. Layer hingegen stellt in seinem Aufsatz in „Nordschwaben" fest, daß er aus Lauingen stamme. 43 Des zweiten Michel Imhoff Ehefrauen werden von Wilh. v. Imhoff a. a. O. mit Beatrix Vetter und Elisabeth Merckholz aus Augsburg — beide ohne Lebensdaten — angeführt. Die Geschichte der Adoption des Lauinger Michael wird ausführlich von Christa Schaper a. a. O. S. 225 f. dargestellt. Danach war er ein Sohn Georg Imhoffs von Lauingen, der den Grundstein zum Imhoff- oder Schimmelturm in Lauingen gelegt haben soll. Vgl. auch Arnold Reimann, Die älteren Pirckheimer, Leipzig 1944, S. 112. 44 Layer a. a. O. S. 20. 45 Max Springer, Das Mirakelbuch der Wallfahrt zum hl. Leonhard in Lauingen, Beiträge zur Geschichte der Stadt Lauingen-Donau, 77. und 78. Jahrgang, S. 18 ff. und S. 25 und Karl Puchner, Die Urkunden des Klosters Oberschönenfeld, Augsburg 1953.

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ihnen mit anderen Familien im „Verkündbrief“ des Jahres 1538 die Würde als Patrizierfamilie gleichsam amtlich zugesprochen wird 48. Ein Bürger Paul Im­ hoff beschließt die Geschichte der Imhoff in Ulm im Jahr 1477. Der gleich­ namige Sohn des in Memmingen ansässigen Balthasar (oder Bakus, f 148 3) hinterläßt keine Spuren. Der kurzlebige Rothenburger Zweig des Georg Imhoff (f 1508), der 148 5 Veronica Wernitzer heiratete — der Ehe entstammten vier Söhne und drei Töchter —, erlischt, da keiner der Söhne heiratete. Der Sohn Georg starb auf seiner zweiten Indienreise 15 37 in Narsingen 47, Sebastian führte, offenbar unbefriedigend, das väterliche Geschäft noch eine Weile fort und starb gleich seinen Brüdern Ludwig und Wolfgang ohne Erben, ersterer in Rothenburg, letzterer 1526 in Venedig 48. Der Augsburger Zweig versickerte in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts mit dem Tod der letzten Nach­ kommen des Conrad und der Veronica Wahraus 4Ö. Damit erlischt zwangs­ läufig auch das Gundremminger Erbe. Die Nürnberger haben vermutlich ihr Interesse am Landbesitz in den Donauauen verloren, weil sie wohl selbst in­ zwischen einigen Grund und Boden in und um Nürnberg erworben hatten und weil Lauingen zu Beginn des 16. Jahrhunderts mehr und mehr an die Peripherie des Welthandels gerückt war 50. Nicht einmal auf dem Wege von Augsburg nach Spanien und Portugal spielte es in späteren Jahren noch eine Rolle. Damit konzentriert sich die Imhoffsche Familiengeschichte auf den noch übrig gebliebenen Nürnberger Zweig, der nun zum Hauptzweig wird. Er beginnt mit 46 Vgl. Anmerkung 8. 47 Christa Schaper a. a. O. S. 167 und Theodor Gustav Werner, Repräsentanten der Augs­ burger Fugger und Nürnberger Imhoff als Urheber der wichtigsten Handschriften des Paumgartner Archivs über Welthandelsbräuche im Spätmittelalter und zu Beginn der Neuzeit, Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 52. April 1965, Wiesbaden, Heft 1, S. 1—41. Darin weist Werner eben diesem Georg Imhoff auf dem Umweg über den ersten Andreas Imhoff eine gewichtige Rolle als Übermittler indischer Nachrichten aus Lissabon zu, S. 20—31. 48 Vgl. Wilh. v. Imhoff a.a. O. 49 Wilh. v. Imhoff nennt a. a. O. als letzten Sproßen dieser ersten Augsburger Linie die Kin­ der aus der Ehe des Georg Imhoff (Sohn des Peter und der Regina Walter) und der Wal­ burga Roußin aus Antwerpen ohne nähere Angaben. Von den zwölf Kindern aus dieser Ehe sind sieben Söhne offenbar jung und unverheiratet gestorben, von fünf Töchtern wer­ den vier als verheiratet gemeldet: Regina 1527 mit Christoph Pöhler, 153 5 mit Jakob Goldner; Ursula 1533 mit Matthias Mülich; Sabine 15. 6. 1530 mit Leonhard Spitzdraht; Anna 8. 7. 1544 mit Leonhard Ritter zu Ulm. Die rapide Entkräftung, die in diesen Jahr­ zehnten bei vielen Familien festzustellen ist, kann u. U. auf die damals grassierende Syphilis-Seuche zurückzuführen sein, die wahrscheinlich aus den mittelmeerischen Hafen­ städten eingeschleppt worden ist, wie Prof. Wolfgang Frhr. v. Stromer verschiedenen Ver­ gleichen entnimmt. 50 Das Besitztum in Gundremmingen geht — wie Layer, Blätter des Bayerischen Landes­ vereins, S. 27, Vock a. a. O. S. 233, v. Steichele und Schröder, Das Bistum Augsburg, 5. Bd. 1895, S. 641 nachweisen — in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an die Marschalken von Pappenheim zu Druisheim über. Kleine Teile davon werden noch bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts in Imhoffschem Besitz geblieben sein, weil sich auch Georg Imhoff (mit seiner Ehefrau aus Antwerpen), vgl. Anm. 49, noch „zu Gundringen" nennt, es sei denn, dies sei auch nach vollem Territorialverlust noch aus Gewohnheit geschehen.

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Hans II. Imhoff und seiner Mutter, der Anna Gundelfingen. Alles deutet darauf hin, daß neben den Teufel, Ayslinger und Gruber (vgl. Anm. 25) in erster Linie die Pirckheimer den Vorreiter für die aus Lauingen abwandernden Familien ge­ macht haben. Sie müssen schon frühzeitig aus der Donaulandschaft zwischen Lauingen und Neuburg in das um Nürnberg liegende Frankenland zugezogen sein, haben wohl auch das gesamte Terrain der Reichsstadt mit ihren sehr attraktiven Privilegien zum eigenen Nutzen erkundet und läuteten zu Beginn des 14. Jahrhunderts die Alarmglocke für die donau-schwäbischen Verwandten und Freunde. Des ersten Hans Imhoff ältester Sohn tat das seine dazu, dem Stiefbruder und der noch jungen, seit 1341 verwitweten Stiefmutter in der Pegnitzstadt den Weg zu bereiten 51. Allzu schwer dürfte ihm das nicht gefallen sein; denn die beiden 1340 und 13 51 zugereisten Neubürger Nürnbergs waren als Erben Hans’ I. vermögende Leute. Die gebürtige Gundelfingerin hatte dar­ über hinaus den nicht mit Geld aufzuwiegenden Vorteil, als Angehörige eines unebenbürtigen Zweiges der Grafen von Dillingen den Augsburger Stadtheiligen Ulrich im Stammbaum vorweisen zu können. Das tat damals — wie aus den ehrfürchtigen genealogischen Beschreibungen zu entnehmen ist52 — seine Wir­ kung. Anna war wahrscheinlich in dem Lauingen benachbarten Reichsstädtchen Gundelfingen geboren worden, aus dem nicht nur die Scheurl nach Schlesien, sondern auch die Kesinger nach Prag, Krakau, Breslau und Köln gewandert waren, um dort ihrem Gewerbe als Kaufleute und Handelsherrn nachzugehen. Gundelfingen selbst war also schon so etwas wie ein Qualitätsausweis. Zudem fanden Anna und ihr Sohn Hans in Nürnberg offenkundig gute Conditionen vor. Sie scheint in zweiter Ehe den ersten, uns urkundlich überlieferten Pirckheimer geheiratet zu haben und war nun durch ihre beiden Ehen Stamm­ mutter aller bis heute lebenden Imhoff und aller Nürnberger Pirckheimer ge­ worden 53. Auf der „Dürer’schen Stiftertafel“ in St. Rochus zu Nürnberg, auf der die Sterbestunde der Creszentia Pirckheimer, der Frau des Nürnberger Humanisten Willibald Pirckheimer, nach einer Dürer-Skizze wiedergegeben ist, wird diese seltsame verwandtschaftliche Verflechtung zwischen den Familien Imhoff und Pirckheimer durch die Anlage der Wappen dargestellt. Die eine wie die andere Ehe der Anna Gundelfingen ist darauf — leider nicht durch Portraits — festgehalten. Mag auch ein letzter Nachweis für Annas beide Ehen mit Hans Imhoff und Hans Pirckheimer bis heute noch nicht möglich sein — es gibt 51 Die Nürnberger Bürgerbücher I, Die Pergamentenen Neubürgerlisten 1303—1448, Nürnberg 1974, Nr. 912: C. Indemhof; fid[eiusserunt] C. de Sweinfurt et Hanse de Lauging; in die Ulrici [1340 Juli 4]; a. a. O., Nr. 1004: Hans Imhof de Lauging; fid[eiusserunt] Gramlib Esler et Ch(unradus) Imhof frater predicti Johannis; feria 3 post Agatha [1351 Februar 8]. 52 Vgl. Anmerkung 4 zu Wurffbain und Schröder und dazu in gleichem Duktus die Darstellung der Imhoffschen Frühgeschichte durch Johann Gottfried Biedermann, Geschlechtsregister des hochadeligen Patriciats zu Nürnberg, Tabula CCXI. 53 Christoph v. Imhoff, Birkenbaum und Seelöwe, in Eckart/Imhoff: Willibald Pirckheimer, Freund Albrecht Dürers, Köln 1971, S. 53 ff., und Arnold Reimann, Die Älteren Pirck­ heimer, Leipzig 1944, S. 23 ff., sowie Anhang über Stammbäume.

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ein starkes Indiz für diese Familienverbindung: Die Pirckheimersche Handels­ gesellschaft, die zum Zeitpunkt der Übersiedlung des Hans II. Imhoff und seiner Mutter nach Nürnberg — also 1350/51 — schon in voller Blüte stand, um­ schloß die längste Zeit außer dem eigenen nur noch die zwei Familiennamen Imhoff und Gundelfinger als Gesellschafter, später u. a. auch die Mendel. Dazu kommen die verwandtschaftlichen Gaben und Erbschaften zwischen diesen Fa­ milien in Nürnberg wie gegenüber denen an der Donau 54. Außerdem hatte es Anna wohl verstanden, ihre Kinder durch Heirat standes­ gemäß in die noch junge republikanische Reichsstadt Nürnberg einzuordnen. Die Ehe ihres Sohnes Hans mit Lucie Groß, der Urenkelin des schon vom My­ thos umgebenen Konrad Groß — Stifters des Heilig-Geist-Spitals — und die ehe­ liche Verbindung ihrer Tochter Margarethe mit dem Patriziersohn Jakob Teufel (auch diese Familie stammte z. T. aus Lauingen) haben gleichen Rang. Für die Urahne Anna schien damit die Zukunft der Familie Imhoff in Nürnberg ge­ sichert. Freilich nahm man schon damals in Nürnberg nicht unbesehen und nicht nur auf den Geldbeutel begründet Neubürger in den Rat der Stadt auf. Zum Geld mußte die Bewährung kommen. Der zweite Hans Imhoff (1330—1389), der nun zum Begründer aller aus Nürnberg stammenden Familienzweige wurde — und das sind ab 1350 (also die vorhergehenden in Donauschwaben nicht einge­ rechnet) knapp gerechnet 21 Linien, die sich in 600 Jahren mindestens sechs Generationen jeweils halten und von denen bis heute fünf überlebt haben —, hat diese Grundsätze hart zu spüren bekommen, obwohl Nürnberg in der Zeit, da Hans II. den Handel begann, in ihrer Vollblüte als Reichsstadt stand und sich der vollen Gunst Kaiser Karls IV. erfreute. Zwar erwarb Hans II. als Wohnsitz das Reichslehen Schwarzenbruck — heute noch in der Hand der Herrn v. Petz —, aber er mußte dennoch mit den eigenen Planwagen die vielen großen und kleinen Märkte zwischen Prag, Straßburg, Frankfurt und Köln besuchen, mußte die Geschäfte an Ort und Stelle selbst tätigen und sich dabei mancher Überfälle landadliger Ritter erwehren, die die Straßen noch immer, ähnlich der Interregnumszeit, unsicher machten. Mit einer Mischung von Textilien, Ge­ würzen, Nürnberger Fertigwaren, Rohstoffen, besonders Baumwolle, und den für die Rüstungswirtschaft besonders beliebten Nürnberger Blechen betrieb er recht zufriedenstellende Geschäfte. Seine sehr qualifizierte Lebenshaltung läßt darauf schließen, ebenso die Verbreiterung des Familienbesitzes in Gundrin­ gen 55, die er zusammen mit seinem in Lauingen verbliebenen Bruder Heinrich 54 Arnold Reimann a. a. O. S. 28, 36, 38 f., 43, 112. Darin werden die verwandtschaftlichen und geschäftlichen Bande zwischen beiden Familien geschildert. In Lochners Hausbriefen Bd. VII. S. 330 ist ein Geschäftsbrief von Catharina, Hans II. Pirckheimers Ehefrau, geb. Graser (Lauingen), enthalten mit Stiftungen und Geldgeschenken an „Adelheid Graser, Conz (Konrad) Imhoff und Hansen Imhof, seinen Bruder, Hansen Imhof von Lauingen Sohn" und an Agnes Pirckheimer. 65 Vgl. Anm. 23 und ADB a. a. O.

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vomahm. Seine sechs Söhne und seine einzige Tochter konnte er mit Kindern aus Ratsfamilien in Nürnberg und Augsburg verehelichen und die ImhoffFamilie auf diesem Wege stärker als bisher seßhaft machen. Zu den Groß in der ersten Nürnberger Imhoff-Generation kamen in der darauffolgenden — wieder­ um! — die Pirckheimer und dazu neu die Pfinzing, Stromer, Schürstab und Schröder56. Erst die sechs Söhne Hans’ II. erfüllten schließlich seine Träume und Hoff­ nungen. Der Älteste — der dritte Hans (f 1398), mit Anna Pirckheimer ver­ heiratet und deshalb in der Pirckheimer-Gesellschaft mit vertreten — war lange Zeit in der Imhoff-Genealogie als ein relativ unbedeutender, kinderloser Kauf­ mann geführt worden. Deshalb lag das Schwergewicht der Nürnberger ImhoffForschung auf dem 4. und 5. Kind des zweiten Hans, dem recht bedeutenden Sohn Konrad und dessen jüngerem Bruder Niklas, dem ersten Imhoffschen Rats­ herrn und Bürgermeister in Nürnberg, dem bisher die Kinder Hans’ III. zuge­ schrieben worden waren. Die jüngste Forschung jedoch hat ergeben, daß Hans III. in der Handelsgeschichte der Familie nicht weniger gewichtig ist als sein Vater. Auf dessen Erbe auf bauend, wurde er zum Initiator des Imhoffschen Osthandelsgeschäfts und schließlich der Gründer der ersten Imhoffschen Han­ delsgesellschaft, die dann seine eigenen Söhne sehr intensiv fortzuführen ver­ standen 57. 58 Wilh. v. Imhoff a. a. O. 57 Die genealogischen Zusammenhänge dieser Anna Pirckheimer sind noch unklar. Ihre und Hans’ III. Imhoff fünf Söhne — Erhard, Sebald, Johannes, Paulus und Pankratius — waren bisher, wenn auch mit Fragezeichen (vgl. Wilh. v. Imhoff a. a. O.), dem Niklas Imhoff, dem vierten Sohn Hans' II., zugeschrieben worden. Ein Brief des Nürnberger Rats an die venetianisdie Regierung vom 4. Juni 1406 — veröffentlicht von Dr. Henry Simonsfeld in: „Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig" Bd. 1, Stuttgart 1887, S. 141 ff. — beweist jedoch eindeutig die durch den Rat bestätigte Vaterschaft Hans’ III. Imhoff. Das Dokument wurde acht Jahre nach Hans’III. Tod niedergeschrieben. Damit gewinnt auch die Tätigkeit Hans’III. als Begründers des Imhoffschen Osthandels Gewicht; denn bisher war diese Rolle den an­ geblichen Söhnen des Bürgermeisters Niklas I. zugesprochen worden. Die durch Hans III. begründete eigene Linie verweist zunächst über Sebalds (und der Anna Schnöd) Kinder Caspar, Melchior und Balthasar nach Breslau (Wilh. v. Imhoff a. a. O.). Balthasar ist möglicherweise identisch mit dem in Memmingen auftretenden Balthasar Imhoff (vgl. Anm. 27, 32, 37). Der Sohn Johannes, auf den und dessen Nachkommen besonders Wolfg. Frhr. v. Stromer hinweist (Oberdeutsche Hochfinanz, 13 50—1450, Wiesbaden 1970, S. 290 u. 412), öffnet den Blick nach Kulmbach und Bayreuth in die oberfränkischen Bergwerke. Die Kinder des Pankratius (und der Helma Pfinzing) führen zum zweiten Pankratius als Dom­ herrn in Passau (f 1492), zu den beiden Söhnen Andreas (f 1492) und Anton (f 1496), die in Altötting lebten, und zu Georg, dem späteren Bürgermeister von Lauingen (1446— 1526), der Fortunata Ehinger zur Frau hatte, von deren Söhnen vier als Offiziere in kaiser­ lichen Diensten stehen (Sebald fällt 1527 vor Rom, Christoph 1526 vor Mailand, Wolfgang 1527 ebenfalls vor Rom, Georg jr. stirbt als Landedelmann und Kriegskommissär von König Ferdinand in Ungarn 1540). Nur zwei Söhne widmen sich dem Beruf als Handelsherrn: Michael (vgl. Anm. 43, Chr. Schaper a. a. O.), der in Venedig lebte und in Augsburg ge­ storben sein soll, und Servatius, der 1526 als Kaufmann der Herwarth in Indien starb. Zu Pankratius: Vater Pankr. tritt, nach noch unveröffentlichten Forschungsergebnissen W. v. Stromers, auch als Kaufmann in SO-Europa auf, u. a. im Pferdehandel in Ungarn. Der Sohn Pankr. wird im späten 15. Jhdt. als Domherr zu Passau und als Propst zu Innichen 3

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Es war eine ideale Kombination: Hans III. steuerte die Ostgeschäfte. Bruder Conrad erschloß die Nürnberger Handelsroute nach Süden58, besonders die Handelsposition in Venedig. Bruder Ulrich 59 besuchte als Genannter im Großen Rat und Handelsmann Köln und Venedig. Bruder Niklas machte sich als Bür­ germeister zum Sprecher für die sehr weitreichende Aktivität und die für Nürn­ berg wichtigen handelspolitischen Akzente seiner drei Brüder. Das vierblättrige Kleeblatt fügte sich sehr geschickt in die breit angelegte Entwicklungspolitik, die Kaiser Karl IV. für Böhmen, Mähren und Schlesien entworfen hatte. Der Monarch aus dem luxemburgisch-böhmischen Herrscherhaus, dem Nürnberg seine Vorzugsstellung im Reichsgrundgesetz (Goldene Bulle, 13 56) zu danken hat, erkannte der Stadt eine Mittlerstellung zwischen Venedig und dem euro­ päischen Osten — von Prag über Breslau bis Warschau — zu, da Österreichs Herzoge den Direktweg von Venedig über Prag nach Osteuropa versperrten. Übereinstimmend mit den in den Karpathen und in Ungarn stark engagierten Pirckheimer, Scheurl und Stromer richteten sich die Ziele des Imhoffschen Ost­ handels vorwiegend auf Bergbaugegenden, die das wachsende Nürnberger Mon­ tangeschäft zu nähren hatten. Damit war das Fundament für die erste Imhoffsche Handelsgesellschaft gelegt: 1381, knapp acht Jahre vor dem Tod ihres Vaters, wurde sie von den beiden Brüdern Hans III. und Konrad I. errichtet. Es ist wahrscheinlich, daß die Schwierigkeiten, in die sich die Handelsgesellschaft Stromeier (Stromer)-Ortlieb politisch und in der Folge auch wirtschaftlich verstrickt hatte 60, gerade der jungen Imhoffschen Handelsgesellschaft Auftrieb gegeben hat, ja daß sie davon profitierte. Dieses seltsam glückliche Zusammenspiel zwischen dem Osthandel des drit­ ten Hans und dem Südhandel des ersten Conrad mit dem Aktionszentrum (Südtirol) genannt. Er unterschrieb auch die erste Matrikel der Univ. Ingolstadt. I. N. Mederer, Annales Ingolstadiensis, Ingolstadt 1782, nennt ihn als Ratsmitglied, Praepositus und Fensterstifter in Inchhofen. Dazu Gottfried Frenzel/Eva Ulrich, Die Farbverglasung des Münsters zu Ingolstadt, Festschrift zur 500-Jahrfeier der Univ. Ingolstadt, Ingolstadt — die herzogl. Stadt — die Universitätsstadt — die Festung, Ingolstadt 1974, S. 374. 58 Darauf ist auch die zumindest anfänglich sehr starke Position der Imhoff in Venedig zurück­ zuführen. Vgl. Simonsfeld a. a. O. Band 2, S. 205 ff. und Leo Schuster, die Rolle der Nürn­ berger Kaufherrn am Fondaco dei Tedeschi in Venedig, Mitteilungen aus der Stadtbibliothek Nürnberg, Mai 1962, S. 44 ff. und S. 48 f. 1387 finden wir dort Rudolf Gundelfinger als Geschäftspartner der Pirckheimer und Imhoff, 1396 Konrad Imhoff, 1404 Konrad Pirck­ heimer und Heinrich Imhoff, 1406 die fünf Söhne Hans’ III. Imhoff und Rudolf Gundel­ finger, 1440 wieder einen Conrad Imhoff usw. Die Konsulnliste in der Selbstverwaltung füh­ ren an: 1492 Guido (Veit) Imhoff, 1493 Sebastian Imhoff, 1494 Jeremias Imhoff, 1495 Guido Imhoff, 1498 Franz Imhoff, 1499 Peter Imhoff, 1594 noch einmal Michael Imhoff. 59 Ulrich (f 1413), in erster Ehe mit einer Margaretha v. Rayn, in zweiter — laut Andreas’ I. Geschlechterbuch — mit einer Agnes v. Kornburg verheiratet, nennt in einer Urkunde von 1396 (Hauptstaatsarchiv München K. 81 L 3, Regesta Boica, XI. S. 67) die Gesellschaft des Cuntzen Imhof, hat die im Johannesaltar von St. Lorenz verschlossenen Gebeine von Mit­ streitern des hl. Gereon aus Köln nach Nürnberg gebracht, kommt 1381 als Genannter in den Größeren Rat und ist 1404 als Pilger in Jerusalem gewesen. Er ist der Stammvater der späteren Linie von St. Johannis und Trebgast (Oberfranken). 60 W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 457 ff. Dort werden die verschiedenen politi­ schen und wirtschaftlichen Gründe für das Scheitern der Firma angegeben.

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Nürnberg begründete einen neuen Abschnitt in der Familiengeschichte. Nicht daß Hans III. als Folge seiner vielen Arbeit ein reicher Mann wurde, dem da­ mals Schwarzenbruck und Lohe gehörten, war von Bedeutung; es war auch nicht entscheidend, daß Konrad, der vergleichsweise bescheiden im späteren Ungeldhaus hinter dem alten Rathaus wohnte (1823 abgerissen), bei seinem Tode in Venedig 1396 als großer Nürnberger gefeiert wurde, auf dessen Grab­ stein die Worte standen „NOBILI VIRO IN CURIA“. Um vieles bedeutsamer war es, daß mit Hilfe des neuen, von Hans III. und seinem Bruder Conrad I. erstellten stattlichen Wirtschaftsfundaments das erste große Handelshaus für die neue Imhoff-Firma erworben werden konnte. Es stand gegenüber der Turmfront von St. Lorenz (zwischen Brunnengasse und Karolinenstraße, wo nach dem Abbruch des gotischen Gebäudekomplexes im Jahr 1912 das Bank­ haus Cohn und die Firma Leykauf standen, heute die Firmen Kleider-Arendt und Duda-Eck), war berühmt wegen seiner schönen Innenhöfe und der später von Adam Kraft gearbeiteten Reliefs an der Außenfront. Früher gehörte es wohl den Mendel, die ähnlich wie die Stromer und die Kreß in dieser Zeit in politische und wirtschaftliche Bedrängnis gekommen waren und dadurch ihre führende Position im oberdeutschen Handel mit Orientwaren verloren hatten. Mit dem Aufblühen der Imhoff als späte und potente Handelsherren verstärkte sich auch zusehends das Gewicht der Familie im Rat der Stadt, denn man kam zu dem — wohl zu rechtfertigenden — Urteil, daß durch die Aktivität der beiden Brüder Hans III. und Conrad I. die wirtschaftliche Situation der Stadt und die des gesamten deutschen Fernhandels der damaligen Zeit entscheidend beeinflußt worden war. Resümiert man einmal diese wichtige Epoche in der Imhoffschen Familien­ historie für die Nürnberger Stadtgeschichte, so kommt man zu folgendem Urteil: 1. Im Augenblick, da andere große Handelshäuser von bisher internationalem Rang wie die Mendel, Kreß, Stromer und Pirckheimer ihre Blütezeit über­ schreiten oder gar durch internationale Wirrnisse in Konkurs gehen müssen, blüht die Imhoffsche trotz der erheblichen Rezessionen im Osthandelsge­ schäft erst auf. Sie dient quasi als Auffangposition für den Handel Nürn­ bergs. 2. Die straffe Führung im Lorenzer Handelshaus schließt alle kleineren Im­ hoffschen Geschäftshäuser in Donauwörth, Lauingen, Rothenburg und die „Einzelgänger" in Ulm, Memmingen, Ravensburg, Nördlingen und Augs­ burg, die zumeist im Verbund mit der Welser-Vöhlin-Gesellschaft oder der Ravensburger Handelsgesellschaft arbeiten, mit ein. Ziel war es, in einer sich wandelnden Gesellschaft am Ende der gotischen Epoche Schritt zu halten mit den neuen, sich langsam westwärts orientierenden Handelslinien. 3. Das Nachrichtennetz quer über Europa wurde von den Handelsherren um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert nach modernsten italienischen Er­ fahrungen ebenso modernisiert wie die Buchführung. Auf diese Weise wurde 3

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das Handelshaus an der Lorenzkirche schnellstens über politische Ereignisse und die damit zusammenhängenden Handelschancen unterrichtet. 4. Das Nürnberger Territorium wurde zur damaligen Zeit durch den Erwerb kleinerer oder größerer „Außenposten“ erweitert. Diese kleinen Herren­ sitze waren zumeist befestigt. Die Imhoff saßen nachweislich in Gleißham­ mer, Glockenhof, Muggenhof, Hummelstein, Schübelsberg, Veilhof und Mögeldorf. Sie alle waren, ähnlich dem erst den Pirckheimern, später den Weisem gehörigen Neunhof (bei Lauf) oder Gründlach und Ziegelstein — beide in Hallerschem Besitz —, vorgeschobene Stützpunkte gegen die aggres­ sionslustigen Markgrafen, die den Nürnbergern so viele Kriege lieferten. Einer der Imhoff, ein Enkel des 1396 verstorbenen Conrad, ist im ersten Markgrafenkrieg 1449 an der alten Veste bei Fürth gefallen 61. 5. Die nun durch den Handel eintretende Geldschwemme machte im Imhoff schen Handelshaus zum ersten Mal in größerem Stil Mittel frei für die Kunst und die damit verbundene Public Relation, deren alle Handelshäuser zu ihrer Zeit bedurften — genau wie heute —, nur daß eben damals, in einem von der Kirche bestimmten Zeitalter, alle Werbung auch über die Kirche laufen mußte. Das Familienwappen muß in diesem Zusammenhang auch wie eine Qualitätsmarke gewertet werden, die neben und mit dem Firmen­ zeichen gelaufen ist. Dieser relativ steile Aufstieg des Imhoffschen Handels ist allerdings nach dem kurz aufeinanderfolgenden Tod Conrads I. (1396) und Hans III. (1398) mit einem erheblichen, nahezu beängstigenden Schrumpfungsprozeß der Familie in Nürnberg selbst verbunden. Die Kinder, Enkel und Urenkel Hans* III. schlagen ihren Standort im Kulmbachischen, in Breslau und Lauingen auf und kommen nur fallweise nach Nürnberg zurück62; die des Ulrich werden bei Bayreuth an­ sässig und wechseln auf Trebgast in den Landadel über63, ehe diese Linie 1624 61 Das Bild des gefallenen Anton, von seiner Mutter gestiftet, ist Teil des mit Glassteinen geschmückten Imhoffschen Madonnenbildes böhmischer Herkunft oder Einflusses in St. Lo­ renz gewesen. Die Predella dazu, auf der er abgebildet ist, befindet sich im Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. W. Schwemmer, Herrensitze um Nürnberg, Sonderheft 2, Jg. 8 der Mitt. der Altnürnberger Landschaft 1959, S. 5. 62 Vgl. Wilh. v. Imhoff a. a. O. und W. v. Stromer, Hochfinanz, S. 290 und 412. Die bei Stromer angeführten beiden Johannes I. wurden bisher in der Imhoff-Genealogie nicht ge­ führt. Johannes, der Sohn Hans III. war Kästner bei Markgraf Friedrich I. in Bayreuth, sein Sohn Schreiber bei dem gleichen und zugleich Bergunternehmer. Die Kinder Sebalds sind im Ostgeschäft bis nach Breslau tätig, zu Pankratius vgl. Anm. 57 u. W. v. Stromer, NürnbergBreslauer Wirtschaftsbeziehungen im Spätmittelalter, Jahrb. f. Fränkische Landesforschung 1974/75, Bd. 34/35, S. 1079 ff.; G. Pfeiffer, Das Breslauer Patriziat im Mittelalter, Dar­ stellungen und Quellen zur schlesischen Geschichte Bd. 30, Breslau 1929. 63 Die Nachkommen des Ulrich nehmen den Beinamen „zu St. Johannis und Trebgast" an und waren — laut Bavaria III. Band, Oberfranken, Seite 554 — Kulmbacher Patrizier, waren zumeist in Kulmbach Amtmänner und brandenburgische Räte, wurden später in den Ritter­ stand erhoben. Ihre Begräbnisstätte war die Kirche St. Johannis bei Bayreuth. Im Jahr 1973 wurde bei Renovierungsarbeiten in St. Johannis der Grabstein des Ritters Georg v. Imhoff (t 1492) aufgefunden. Nordbayerischer Kurier, Bayreuth, 22. Oktober 1793. Georg war

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dort erlischt. Der einzige Sohn des Niklas in Nürnberg stirbt kinderlos. Der anfänglich so breit gefächerte Nürnberger Zweig hängt praktisch nur von Con­ rads I. gleichnamigem (dritten) Sohn ab 84, der alle kaufmännischen Impulse seines Vaters geerbt und auch dessen Konzeption systematisch weiter ent­ wickelt hat. Er verdichtete das Handelsnetz in Übereinstimmung mit seinen Vettern in Schlesien, erweiterte selbst das Geschäft in Venedig, indem er 1441 von den Gebrüdern Mendel erst die eine, später die andere Hälfte ihrer Kammer im Fondaco dei Tedeschi erwirbt und zugleich dem jungen Nürnberger Zentralhaus entsprechende Lagerhallen — ebenfalls einst Mendelscher Besitz — angliederte. Wahrscheinlich konnte dieser Conrad II. sagen, er sei der Imhoff erster selbständiger Großunternehmer, der nicht mehr wie seine Vorfahren von den Bindungen an andere große Nürnberger Häuser abhängig ist. Damit hat er auch als erster die Möglichkeit, in größerem Umfang als seine Vorgänger — wieder mit den in Schlesien arbeitenden Vettern Melchior und Balthasar — zum Kunst­ mäzen zu werden, ohne daß er deshalb schon über besonders umfangreiche Geldreserven verfügt hätte 85. Ausdruck für diese Epoche der Imhoffschen Familiengeschichte sind vier Altartafeln von kunstgeschichtlichem Rang, allesamt fränkischer Herkunft: Ein­ mal der von Conrad II. gestiftete Imhoff-Altar mit dem Motiv der Marien­ krönung in St. Lorenz zu Nürnberg (nördliche Seitennische neben dem Auf­ gang zum Imhoffschen Kirchensitz gegenüber der Kanzel) samt den im Ger­ manischen Nationalmuseum auf bewahrten Rückseiten mit dem „Schmerzens­ mann" ; ein zweites aus dem Umkreis des Meisters des Marienaltars stammen­ des Tafelbild zu Ehren der Heiligen Catharina, Anna Selbdritt und Nikolaus, ebenfalls von Conrad II. gestiftet, in St. Sebald zu Nürnberg; ein dritter ImhoffAltar mit der gleichen Thematik wie bei dem ersten (Marienkrönung) in der Breslauer Elisabeth-Kirche, jetzt im Polnischen Nationalmuseum in Warschau, gestiftet wahrscheinlich von dem 1457 unverehelicht in Breslau verstorbenen Melchior Imhoff (Sohn des Sebald, Enkel Hans’ III.), und als viertes Tafelbild mit einer Magdalena v. Schaumburg (deren Mutter eine Agnes v. Hutten) verheiratet. Die Ehepartner stammen fast durchgängig aus dem fränkischen Landadel: Egloffstein, Eyb, Guttenberg, Groß v. Trockau etc.; Bayerische Kunstdenkmale, Stadt- und Landkreis Bay­ reuth, München 1959, S. 75 ff. 64 Es ist seltsam, daß dieser Schrumpfungsprozeß zeitlich zusammenfällt mit dem gleichen Vor­ gang in den donauschwäbischen Familienzweigen. Vgl. Anm. 49. Die Ehe Conrads II. mit der Anna Schürstab war mit mindestens 9, wahrscheinlich sogar mit 12 Kindern gesegnet, darunter mit Sicherheit vier Söhne, von denen Heinrich (f 1450) offenbar viel auf kauf­ männischen Reisen und ohne männliche Erben war; seine Figur ist in der bisherigen Genea­ logie ungeklärt. Er wurde bislang zumeist mit seinem gleichnamigen Verwandten in Lauingen für identisch gehalten, wodurch sich vielerlei Widerspüche erklären. Von Georg (f ca. 1452) wissen wir nicht viel. Von Conrads II. jüngerem Bruder Christian (f 1466) wissen wir nur, daß er sich am Neubau des Chors von St. Lorenz stark beteiligte. Die Kinder aus seiner zweiten Ehe finden wir zumeist in Donauschwaben wieder (vgl. Anm. 49 u. 50). Nur Con­ rads II. Kinder setzen de facto den Nürnberger Familienzweig fort. 65 Jahnel a. a. O. S. 46 ff.

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der Sebaldus-Altar in der Bartholomäus-Kirche zu Venedig, der noch von Con­ rad II. zusammen mit Heinrich Rummel, Erkenbrecht Koler und Fritz Kreß zwischen 1430 und 1445 geplant war und in der zweiten Hälfte des 15. Jahr­ hunderts, unterstützt durch die „Einnahmen für die Stiftung der Losungstube in Nürnberg“, seinen venezianischen Standort gefunden hat68. Zwei wertvolle Erkenntnisse lassen sich aus diesen vier Tafelbildern heraus­ lesen. Die Altäre in Breslau und in Nürnberg offenbaren eine spezifisch frän­ kische oder oberdeutsche Stilart innerhalb der europäischen Gotik. Zu einer Zeit, da in Italien und in Westeuropa der Goldhintergrund der Bilder von der naturalistischen Raumwiedergabe und die Verkörperung eines gotischen Schön­ heitsideals vom organisch Körperhaften überwunden sind, legen die fränkischen Maler noch über die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts hinaus den entscheiden­ den Akzent auf die Darstellung der seelischen Kräfte. Die Wiedergabe der menschlichen und sterblichen Hülle tritt — verglichen mit den Darstellungen niederländischer und italienischer Meister aus der gleichen Epoche — in den 66 Zum Nürnberger Imhoff-Altar in St. Lorenz vgl. u. a. Alfred Stange, Kritisches Verzeichnis der deutschen Tafelbilder vor Dürer, III. Band, Franken, bearbeitet von Peter Strieder und Johanna Hertle, 1975, und Max Dvorak, Kunstgeschichte als Geistesgeschichte, München 1924, S. 12 ff. — Aus der gleichen Zeit stammt das Tafelbild in St. Sebald Pfeiler VII, die hl. Anna Selbdritt zwischen hl. Nikolaus u. hl. Katharina, das, ebenfalls von Conrad II. gestiftet, in der Wappenwiedergabe des Stifterehepaars nur die zweite Ehe des Conrad mit der Anna Rothflaschin (f 1413) erwähnt, während der Imhoffaltar zu Lorenz Conrads drei erste Ehen mit der Täflerin (oder Hömlin), der Anna Rothflaschin und der Elisabeth Schätz durch Wappen Wiedergabe erwähnt. Der Altar in Lorenz muß also vor 1422 (Elisa­ beth Schätz f 1421, vierter Eheschluß des Conrad mit Clara Volckamer 1422) geschaffen worden sein. — Der Breslauer Altar stand bis zum Ausgang des zweiten Weltkrieges auf einem mit dem Imhoffschen Firmenschild versehenen Sockel (s. Abb. 16) in der Breslauer Eli­ sabethkirche. Der Sockel ist dort noch erhalten. Das Firmenzeichen wird im Staatsarchiv Nürnberg, Briefbuch des Nürnberger Rats VII. 150/151 dem Kunz (Conrad) Imhof unter Datum vom 11. III. 1427 zugeschrieben. Das Firmenzeichen mit der Initiale „A“ (= Aislinger oder Ayslinger) wurde bis dahin von der Gesellschaft Stromeier (Stromer) — Ort­ lieb — Aislinger von Nürnberg/Lauingen geführt. Von der Imhoffschen Handelsfirma in Lyon wird es noch 1668 benutzt. Peter Strieder hat in dem o. a. Werk den Breslauer Marienaltar eingehend dokumentiert (Meister des Wolfgangaltars). Dazu noch Stadtarchiv Breslau, Libri excessum et signatarum, G. 5, 35, S. 102 vom 22. 9. 1445; G 5, 36, S. 82 vom 10. Juni 1446 (in beiden ist Melchior I. erwähnt); in G 5, 3 8, S. 117 des Jahres 1450 wird sein Bruder Balthasar genannt, der laut IFA im GNM Fase. V., Urkunde 20 vom 26. 8. 1449 das Firmenzeichen etwas abgewandelt benutzt (s. Abb. 16). — Ebenfalls im IFA die Aufschreibebüchlein zur „Stiftung der Nürnberger Kaufleute für den St. Sebald-Altar in der St. Bartholomäus-Kirche zu Venedig“, verarbeitet in einer eigenen Studie von Georg Frhr. v. Kreß zum gleichen Thema in Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (MVGN) 11/1895. Das Altarbild existiert nicht mehr. Unterlagen sind nicht vor­ handen. Der Künstler ist nicht genannt. Trat Dürers Rosenkranzaltar an seine Stelle? Erwähnt wird der offenbar noch auf Goldgrund gemalte Altar in Simonsfeld a. a. O. 1. Bd. S. 406 und Ludwig Grote, Hier bin ich Herr, Dürer in Venedig, München 1956, S. 19 f., mit der Jahreszahl 1478. Vgl. auch Ludwig Veit, Handel und Wandel mit aller Welt, München 1960, S. 15 f. und Abb. 13; Christa Schaper a. a. O. S. 67 f.; Schwemmer, Albrecht Dürer und Nürnberg, Die Marginalie 60/1969; F. Schnelbögl, Herrensitze und Wirkungs­ stätten der Imhoff im Landgebiet der Reichsstadt Nürnberg, Vortrag vor dem 8. Imhoffschen Familientag 1975, Kurzfassung, Nürnberger Zeitung, 12. Juli 1975, Wortlaut in Mitteilun­ gen der Alt-Nümberger Landschaft 3/1975; G. Frenzei, Die Farbverglasung aus St. Loren« (Nürnberg), Augsburg 1968.

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Hintergrund. Zum anderen läßt die örtliche Disposition dieser Altäre die großen Handelslinien von Venedig über Nürnberg nach dem Osten erkennen, wie sie von Hans III. und Conrad I. entworfen und von Melchior, Balthasar und Conrad II. ausgebaut worden waren. Melchior, der Unverheiratete, ließ sich als Stifter auf dem Breslauer Altar, Conrad II. als Stifter mit seinen Frauen auf den beiden Nürnberger Altären und auf den Aposteltafeln (Imhoff-Empore) ver­ ewigen. Der dritte Conrad, der zusammen mit seinen Brüdern Hans IV., Paulus und Ludwig die zweite Handelsgesellschaft der Imhoff — möglicherweise auch nur eine Umwandlung der ersten — begründet hat, kann endlich für die Firma und für die Familie einigermaßen aus dem Vollen schöpfen 67. Ihn — erst mit Anna Fütterer, später mit Catharina Cammermeister verheiratet — trifft man sowohl in Venedig wie im Osten an. Mit den Wolf und den Welser kauft er sich in die Silberminen von Schneeberg im Erzgebirge ein 68 und erzielt zusammen mit sei­ nen Brüdern in Venedig das erste Mal den Durchbruch zur Welthandelsfirma. Bester Beweis dafür ist wohl die auf Conrads III. und seiner Vorgänger Aktivi­ tät zurückführende Wahl von sechs Imhoff zu den ersten Konsuln der deut­ schen Kaufmannschaft in Venedig. Daher auch die Aufstellung des Sebaldusaltars in St. Bartholomäus zu Venedig unter Conrad III. und seinen Kollegen aus den anderen Nürnberger Handelsfamilien 69. Erst seit dieser Zeit zeigt sich eine gewisse Kapitalanhäufung in den Händen der Gesellschaften der zweiten Imhoff-Firma. Conrad III., der übrigens in der Nähe von Heilig Kreuz (westlich des Neutors) ein größeres Gartengrundstück besessen hat, hinterließ bei seinem Tode (1486) 4300 fl., sein Bruder Hans IV. verzeichnete zu dieser Zeit einen Anteil von 28 669 fl70. Der sich langsam mehrende Reichtum der Familie ließ sich auch daran erkennen, daß beide Brüder das Handelshaus an der Lorenzkirche von Adam Kraft mit Reliefs zieren ließen, die allerdings seit dem Abbruch des Hauses zu Beginn des 20. Jahrhunderts verschollen sind. 87 Jahnel a. a. O. S. 56 ff. zeigt den rapiden Aufstieg des III. Conrad, tituliert aber leider seinen Bruder Hans falsch. In der Genealogie ist er nicht der dritte, sondern der vierte Hans, Stifter des Sakramenthäuschens zu St. Lorenz. Vgl. auch NDB a. a. O. und zur Um­ wandlung der ersten in eine zweite Imhoffsche Handelsgesellschaft IFA Fase. 44 Nr. 1 und Fase. 28 Nr. 6. Zu Hans IV. auch Paul Wescher, Großkaufleute der Renaissance, Frank­ furt 1937; Horst Wagenführ, Handelsfürsten der Renaissance, Stuttgart 1957, S. 123; G. Hirschmann, Nürnbergs Handelsprivilegien, Zollfreiheiten und Zoll vertrage bis 1399, in Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs Bd. I, S. 1—48; Ludwig Veit, Das Handels­ haus der Nürnberger Imhoff im ausgehenden Mittelalter, Vortrag vor dem Imhoffschen Familientag 1961, IFA/GNM, S. 115 ff. 88 Theodor Gustav Werner, Regesten und Urkunden über Beteiligungen von Nümbergem an der Zeche Rappolt und anderen Schneeberger Bergwerks- und Metalluntemehmungen, in; MVGN 59/1972, S. 53, 58 ff. und 68. Auf S. 59 ist auch von einer Zeche mit Namen St. Sebald die Rede, vermutlich von Nürnbergem gegründet. 89 Vgl. Anm. 66. 70 Jahnel a. a. O. S. 56—62 berichtet eingehend über die damaligen Imhoffschen Vermögens­ anteile an der Gesellschaft und die Handelspraktiken in der zweiten Hälfte des 15. Jahr­ hunderts.

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Aber nicht der reisebeflissene Conrad III., sondern der sehr viel stärker an Nürnberg gebundene Hans IV. setzte die Familie und die Handelsgesellschaft: fort. Von Conrads elf Kindern — zwei Töchter aus der ersten Ehe mit Anna Fütterer (f 1466), fünf Söhne und vier Töchter aus zweiter Ehe mit Catharina Cammermeister (f 1494) — gibt es keine Imhoffschen Nachkommen. Drei Söhne sterben unverheiratet z. T. als Handelsleute, einer als Prälat in Augs­ burg. Noch einmal hängt der Bestand des Nürnberger Familienzweiges — und damit der der ganzen Familie — weithin von der Nachkommenschaft eines ein­ zigen Mannes, Hans IV. Imhoff, ab. Er ist selbst Vater von 19 Kindern aus zwei Ehen (mit Margarete Neudung f 1459 und Ursula Lemmel f 1494) und übernimmt zugleich noch nach seines Bruders Tod die Vormundschaft über die z. T. noch unmündigen Kinder seines Bruders. Zwei Töchter aus Conrads III. zweiter Ehe — die Schwestern Catharina und Barbara — verheiratet er mit zwei Brüdern Hirschvogel und gewinnt dadurch Anschluß an das in Nürnberg gewichtige, weil weit ausstrahlende Handelshaus der Hirschvogel, deren Ak­ tivität über Venedig bis nach Rom reicht und die ihre festen Niederlassungen in Antwerpen, Lissabon und Sevilla begründet hatten. Mag diese Familie auch in der Mitte des 16. Jahrhunderts überraschend schnell mit Endres Hirschvogel erloschen sein — man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß eben diese Ver­ bindung zwischen dem jungen Imhoffschen und dem um einiges älteren und deshalb etablierteren Handelshaus der Hirschvogel einen recht deutlichen Ein­ fluß auf die Handelspolitik und Handelsstrategie Hans’ IV. Imhoff genommen hat71. Umgekehrt waren natürlich auch die Hirschvogel an dieser Geschäftsver­ bindung äußerst interessiert; denn Hans IV., der in seinem Todesjahr über ein ausgewiesenes Vermögen von 90 000 fl. verfügte, war inzwischen eine unbe­ strittene Größe in der Nürnberger Stadtverwaltung geworden, den keiner mehr übergehen konnte72. Als jüngerer Bürgermeister war er bis 1475 bereits an der Geschäftsführung der Reichsstadt beteiligt, war mehrfach Bote zum kaiser­ lichen Hof und einer der beiden großen Reformer des Zollwesens mit dem Ziel, dem Handel ein Höchstmaß an Freizügigkeit zu sichern. 24 Jahre fungierte er bis zu seinem Tode als älterer Bürgermeister und war damit einer der 26 ver­ antwortlichen Männer des Stadtregiments, der dem Rat in erster Linie als Berater in allen Fragen des Handels diente. Als Pfleger von St. Lorenz seit 1470, als Sakramentsverwalter der gleichen Kirche seit 1477, baute er den Chor von St. Lorenz mit aus und stiftete schließlich das von Adam Kraft errichtete Sakramentshaus, das — mit dem Tucherschen Engelsgruß an Schönheit wett­ eifernd — drei Jahre vor Hans* IV. Tod vollendet wurde. Er kostete für die Arbeit des Meisters und seiner Gesellen — laut der von Adam Kraft ausge71 Christa Schaper a. a. O. S. 68, 113 f., 118, 136. 72 Wilh. v. Imhoff a. a. O.; Johannes Müller, Die Handelspolitik Nürnbergs im Spätmittel­ alter, Jahrb. f. Nationalökonomie und Statistik Bd. 93/1909, S. 605; Helga Jahnel a. a. O. S. 98 ff.; Hans IV. wirkte auch beim Urteil 1469 gegen Niklas Muffel mit, s. Müller a. a. O.

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stellten Rechnung — 700 fl. und dazu noch 70 fl. für die „Recompense“, für die laufende Instandhaltung; im ganzen ein Betrag, der heute nicht mehr meßbar ist, aber etwa der dreifachen Kauf summe des Dürerhauses (1509) entspricht73. Sehen wir einmal von dem recht beachtlichen Grundbesitz Hans Imhoffs ab, der sich rings um Nürnberg erstreckte und erhebliche Grundrenten abgeworfen haben muß 74, so liegt die eigentliche Bedeutung dieses Mannes für die Handels­ familie Imhoff wohl in der Neuorientierung des Handelsgeschäfts. Er war der erste, der den Blick auch über die Weltmeere lenken mußte; denn 1492 wurde Amerika entdeckt. Noch vorher hatte sein Vetter Martin Behaim seine Fahrten entlang der afrikanischen Westküste bis zur Skelettküste (heute: Südwest­ afrika) unternommen. Der Gedanke an ein eigenes indisches Handelsgeschäft: der reichsstädtischen Familien in Nürnberg und Augsburg gewann noch zu Hans' IV. Lebzeiten an Boden. Er selbst war aufs äußerste daran interessiert und sah wohl in seinem Ziehsohn Ulrich, dem zweiten Sohn seines Bruders Conrad, dem er eine gute Ausbildung in Antwerpen und Venedig angedeihen ließ, eine jener Figuren, die unter der Hirschvogelschen Handelsmarke solchem Ziele dienen könnte 75. Hans Imhoff mußte — schon anhand des Pirckheimerschen Konkurses im Jahr, da Columbus gen Amerika fuhr — erkennen, daß das Ostgeschäft: keine großen Zukunffschancen mehr barg und daß mit der Ent­ deckung Amerikas die Mittelmeerhäfen, besonders Venedig als Brückenpfeiler zum Orient, an Bedeutung verloren. Sein Neffe Ulrich Imhoff war wahrschein­ lich schon seit 1494 in Lissabon tätig, ehe er schließlich der erste Hirschvogel­ faktor in Indien, ja der erste Nürnberger Privatkaufmann und Firmenvertreter auf indischem Boden wurde. Im März 1505 war er unter der Leitung des portu­ giesischen Vizekönigs für ein gutes Jahr auf der „St. Hieronymus“ zusammen mit Vertretern der Fugger, Welser, Imhoff, Höchstetter u. a. nach Indien ge­ startet. Die Imhoff hatten 3000 Dukaten zur Reise beigetragen 78.

73 IFA Fase. 31, N 3; Herbert Bauer, Georg Stolz, Engelsgruß und Sakramentshaus in St. Lo­ renz zu Nürnberg, Königstein i. T. 1974 mit einer langen Bilderreihe und dem vollen Text des Werkvertrags zwischen Hans Imhoff und Adam Kraft; W. Schwemmer, Adam Kraft, in Fränkische Lebensbilder 1/1967. 74 Hans hatte Eigengelder in der Stadt und Gülten und Zehnten u. a. zu Affalterthal, Spardorf, Boxdorf, Harm, Hüll, Herzogenwind, Käswasser, Kersbach, Leinburg, Lonnerstadt, Mailach, Niederndorf, Unterfarrnbach, Brünst. Rittersbach, Zweifelsheim, Ernsbach und Haundorf. Seine Eigengelder brachten ihm jährlich 631 fl ein. S. Wilh. v. Imhoff a. a. O. Gerhard Hirschmann, Das Landgebiet der ehern. Reichsstadt Nürnberg, Berchtesgaden 1951; F. Schnelbögl, 950 Jahre Mögeldorf, Festvortrag 5. 5. 1975. 75 Christa Schaper schildert a. a. O. diese Zusammenhänge ausführlich im Kapitel „Lissabon, Sevilla und der Indienhandel“, S. 218—233 und 240 ft. 76 Christa Schaper, s. Anm. 75, und Hans Burgkmairs Holzschnittdarstellung der Indienreise, Leihgabe der Farn. v. Welser in GNM. Dazu der Vortrag von Wilhelm v. Imhoff vom Jahr 1895 im Verein f. Geschichte der Stadt Nürnberg zum Thema „Nürnbergs Handel mit Be­ nutzung des urkundlichen Materials einer alten Nürnberger Handelsgesellschaft** (zwei Teile), 18. Jahresbericht der MVGN 1895, S. 8—11. Orig. IFA/GNM; Ausstellungskatalog der Stadtbibliothek Nürnberg, 82/1972, Nürnberger entdecken die Welt.

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Dieses Unternehmen war sozusagen die Vollstreckung der von Hans IV. (unterlassenen Handelskonzeption. Die Sachwalter dieses Erbes waren die Söhne Hans’ IV. und später auch die Enkel, auf die sich von nun an alle Familien­ zweige bis hinunter nach Süditalien, bis nach Großbritannien und Holland gründen. Mit Ulrich war tatsächlich ein neues Element in die Handelsgeschichte der Familie eingetreten, zudem eines, das auch von den Nachkommen Hans’ IV. bewußt gepflegt wurde; denn auf Ulrich folgten in relativ kurzen Abständen zwei weitere Imhoff im Indienhandel: Einmal Servatius aus Lauingen in den zwanziger und der jüngere Georg aus Rothenburg mit Indienreisen in den dreißi­ ger Jahren des 16. Jahrhunderts 77. Es scheint also dem Imhoffsehen Handels­ haus daran gelegen gewesen zu sein, möglichst viele originale Nachrichten aus Übersee zu bekommen, um die Handelsmöglichkeiten auszuschöpfen und sich auf die Usancen in anderen Ländern entsprechend einzuspielen. Eine neue Wirt­ schaftsordnung zeichnete sich um diese Jahrhundertwende ab. Die Ratsfamilien in den Reichsstädten und besonders die in Nürnberg und Augsburg hatten dar­ an keinen geringen Anteil. Das Imhoffsche Firmenzeichen und mehr noch das Wappen mit dem goldenen Seelöwen auf rotem Grund sind in diesen „Frühkapitalismus“ sozusagen ein­ gebunden. Mit beiden Emblemen samt den Stifterportraits in den Kirchen und mit den Insignien auf frommen Geräten diente man zugleich der Kirche und der eigenen Aura. Um der Zeit gerecht zu werden: Das irdische Dasein war damals — trotz der von Konrad Peutinger, dem Augsburger, neu entworfenen Wirt­ schaftspolitik — noch total sacralisiert. Ob Kirche, Kunst, Kaufmannschaft, ge­ stufte Gessellschaftsordnung oder Privatdasein — das alles stand als sog. ge­ wollte Ordnung Gottes im höheren Dienst der Dreieinigkeit, in deren Namen Verträge geschlossen und Rechnungen wie Briefe geschrieben wurden. Es konnte also gar nicht so sein, wie Kritiker des Nürnberger Frühkapitalismus aus un­ serer Sicht heraus vermuten oder sagen: Die Handels- und Ratsherrn hätten wegen ihrer harten Praktiken ihr schlechtes Gewissen mit sakralen Kunst­ werken, sozusagen als Tribut an die Kirche zur höheren Ehre Gottes, ab­ reagiert. Auf eine solche Idee wären die Handelsherren von damals gar nicht gekommen. Denn sie lebten in dieser, für uns Heutige unerklärbaren, aber eben auch in sich geschlossenen und für die Damaligen „natürlichen“ Welt hier­ archischer Ordnung. Sie waren damals nicht weniger lebenslustig als wir. Das erarbeitete Geld brachte auch ihnen die Möglichkeiten zur Entspannung. Was unter Conrad III. mit dem eigenen Garten bei Heilig Kreuz begonnen hatte, setzte sich entlang der heutigen Johannisstraße und der Hallerwiese fort. In diesen Gartenhäuschen und Gärten, von denen die Imhoff drei besaßen,

77 S. Anm. 47 und 57.

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machten die Ratsfamilien „Wochenende". Nur noch wenige davon sind bis heute erhalten 77a. Der neugewonnene Reichtum des Handelshauses brachte einen großen Vor­ teil mit sich: Söhne brauchten nicht mehr wie in der frühen Ära der Nürn­ berger Imhoff auszuwandern, um sich anderwärts entsprechende Verdienst­ möglichkeiten an verschiedenen fürstlichen Höfen zu suchen; sie konnten nun, da zu den bisherigen Niederlassungen in Venedig, Salzburg, Linz, Prag, Brünn, Olmütz noch im Süden — vorwiegend wegen des Safranhandels — Neapel, Aquila, Bari und Messina und im Westen Lyon, Saragossa, Lissabon und im Nordwesten später noch Antwerpen und Amsterdam hinzukamen, unter dem eigenen Dach arbeiten und zum Teil durch Beteiligungen an befreundeten Firmen mit entsprechenden Einblicksmöglichkeiten die Zusammenarbeit im internationalen Handel fördern. Da aber seit längerem das Lorenzer Handels­ haus zu eng geworden war, verlegte man das Handelszentrum auf den Egidienberg an jenen Ort, an dem heute Stadtarchiv und Stadtbibliothek beheimatet sind. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde an dieser Stelle schon der Safranhandel abgewickelt, für den es besondere Verpflichtungen und Ritua­ lien gab. Falsche oder verfälschte Waren — und das gab es nicht selten — wur­ den feierlich vor dem Schönen Brunnen auf dem heutigen Hauptmarkt, also unter einem Hoheitszeichen, verbrannt. Da die Gewürzschau in Nürnberg schon immer einen Boden hatte, setzten die Imhoff — nun als Safranmonopolisten — diese Tradition im eigenen neuen Handelshaus nur fort. Dennoch blieb die Grundkonzeption des Warenangebots der Imhoff-Firma die gleiche wie vor 150 Jahren. Gewürze, Edelmetalle, Lauinger Linnen, Wein vom Main, der Schlesiens Grünberger Sauerampfer im Gebiet der Hanse aus dem Feld schlug78, Bergwerksprodukte, Lederwaren, Waffen verschiedenster Größen­ ordnungen und eine reiche Auswahl von Fertigungen des Nürnberger Hand­ werks, die in aller Welt gefragt waren — das waren die wesentlichsten Handels­ güter. Freilich waren sie nun den gehobenen städtischen und höfischen Luxus­ bedürfnissen und der modernen Kriegstechnik angepaßt. Man handelte noch immer nach dem Prinzip: Rohstoffe gegen Fertigwarenfabrikate. Von den neun lebenden Söhnen Hans’ IV. war Peter, der Älteste, einziger Sohn aus der Ehe mit Margarete Neudung, nach dem Tod des Vaters offiziell der Leiter der Firma. Er gab ihr für diese Generation auch den Titel „Peter Imhoff und Gebrüder". Seine eigentliche Liebe aber galt der Kunst, der huma­ nistischen und religiösen Auseinandersetzung an der Schwelle einer neuen, von 77a G. P. Fehring und A. Ress, Die Stadt Nürnberg = Bayerische Kunstdenkmale — Kurz­ inventar, München 1961. 78 Über das Verhältnis zwischen Hanse, Nürnberg und den Oberdeutschen Städten s. Wolfgang v. Stromer, Konkurrenten der Hanse: Die Oberdeutschen, in „Hanse in Europa*, Ausstel­ lungskatalog der Kunsthalle Köln 1973, S. 331 ff. Zum oberdeutschen Handel und dem Westen vgl. Ingomar Bog, Oberdeutsche Kaufleute zu Lyon, 1650—1700, Jahrbuch für fränkische Landesforschung Bd. 22/1962, Neustadt a. d. A.

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der Reformation gekennzeichneten Epoche. Peter, mit Magdalena Holzschuher verheiratet, stiftete nach St. Lorenz in der eben anhebenden Pestzeit einen dem Heiligen Rochus gewidmeten Altar (heute in der Taufkapelle von St. Lorenz), einen ähnlichen, mit Flügeln von Wolf Traut versehenen und später ausgebil­ deten Imhoff-Altar in St. Johannis (nördliches Seitenschiff) erwarb außerdem aus dem burgundischen Kronschatz die Standuhr des Herzogs Philipp des Gu­ ten (um 1430, heute im Germanischen Nationalmuseum) und ließ den sog. Johannis-Altar in St. Lorenz 80, dem Renaissance-Zeitalter entsprechend, als Hauptaltar renovieren. Peter wohnte auf dem Herrensitz Sündersbühl, mit dem er vom Hochstift: Bamberg belehnt worden war, führte sehr korrekt die Kor­ respondenz des Handelshauses und hielt das väterliche Geld zusammen. Gegen Ende seines Lebens baute er die von seinem Stiefbruder Conrad IV.81 gestiftete Rochuskapelle, eines der seltenen Bauwerke Nürnbergs auf dem Schnittpunkt von Gotik und Renaissance. Wolf Traut, Hans Burgkmair, Sebastian Löscher, Jörg Gärtner, Wolgemut und die Gebrüder Hirschvogel (als Glasmaler wohl in Zusammenarbeit mit Hans v. Kulmbach und Albrecht Dürer) haben bei der Ausgestaltung kooperiert82. Ursprünglich war die Kapelle von St. Rochus als Aussegnungsraum in der Pestzeit gedadit, die Conrad IV.83 auf Geheiß von Kaiser Maximilian gestiftet hatte, weil der Pestfriedhof an der Rothenburger Straße keine Aussegnungsmöglichkeiten hatte. Erst später, als die Pestseuche zu Ende war, vor der übrigens viele Imhoff in andere Reichsstädte auswichen, ging die kleine Kirche in Familienbesitz über. Es ist das heute noch einzige Eigentum der Imhoffschen Gesamtfamilie. Der eigentliche Leiter des Geschäfts aber war der jüngere Stiefbruder Hans V., der zu Ende des 15. Jahrhunderts vor der Pest nach Ulm ausgewichen war, dort als 22jähriger die ersten engeren Kontakte mit Memmingen, Ravensburg, Eßlingen und Reutlingen geknüpft hatte und sich in Frankfurt, später auch an der Ravensburger Handelsgesellschaft mit Einlagen und im Mansfelder Kupfer 79 G. P. Fehring und A. Ress, Die Stadt Nürnberg, München 1931, S. 286 f. 80 Vgl. Anm. 59. 81 Sein von Jakob Elsner gemaltes Portrait, eines der ersten, vom sakralen Hintergrund los­ gelösten Portraitbilder, ist im Bayerischen Nationalmuseum in Form eines Triptychons ein­ zusehen. Vgl. Hans Buchheit, Katalog der Gemälde des Bayerischen Nationalmuseums, München 1908. Ein anderes Portraitbild ist auf der „Dürerschen Stiftertafel“ zu St. Rochus, wahrscheinlich von Wolgemut, dem Lehrer Dürers. 82 Fehring und Rees a. a. O. 226 ff.; Hans Stegmann, Die Rochuskapelle zu Nürnberg und ihr künstlerischer Schmuck, Dissert. München 1885; IFA Fase. 31 Nr. 4 und Fase. 34, Nr. 2a ff. 83 Das Tagebuch von Goethes Schreiber, Geist, weist für den 12. 11. 1797 den Besuch des Dichters in der St. Rochuskapelle aus. Besonders die „Dürersche Stiftertafel“ zum Ge­ dächtnis von Crescentia, der Frau Willibald Pirckheimers, hatte es Goethe angetan, der allerdings in dem Glauben lebte, es handle sich bei dem Tafelbild mit der Geburt Christi um ein Dürersches Original, während es in Wirklichkeit eine von 1624 stammende Arbeit Jörg Gärtners (aus der Düremachfolge) ist. Die Tafel selbst zeigt wiederum die enge Verbin­ dung zwischen den Pirckheimer und den Imhoff. Vgl. auch Georg Hetzelein, Goethe reist durch Franken, Nürnberg 1968, S. 71 f. Vgl. Schnelbögl, Goethe u. Nürnberg, in Bayern, Staat u. Kirche, Land u. Reich, München 1961, S. 396 ff.

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revier engagierte. Seine Verbindungen mit den oberdeutschen Reichsstädten und dem westdeutschen Städtebund hoben seine Rolle als Zweiter Bürgermeister von Nürnberg. Er hatte eine Schönheit seiner Zeit, Katharina Muffel von Eschenau, zur Frau, war eng befreundet mit Veit Stoß, Adam Krafft, dem Ratsschreiber Lazarus Spengler, besonders aber mit Willibald Pirckheimer und mit Albrecht Dürer, deren Bankier er gewesen war. Die Urkunden weisen neben großer Geselligkeit im eigenen Haus relativ teure „Arbeitsessen" mit Pirekheimer und Dürer in Cadolzburg, Eschenau und Engelthal aus. Mag sein, daß auf einem dieser Ausritte auch die Ehe zwischen dem ältesten Sohn des fünften Hans mit der ältesten Tochter Felicitas des Willibald Pirckheimer gestiftet wurde 84, wiederum als ein Ausdruck der generationenlangen Verbindung beider Familien. Die von Hans V. gestifteten Tafelbilder in St. Rochus (Abendmahl), die Balustrade der Imhoff-Empore, das Relief der hl. Beatrix, beide zu St. Lo­ renz (mit dem Alli anz-Wappen Imhoff/Muffel), und die mehrfachen Kredite und Spenden, mit denen er Dürers Arbeit und seine Reisen nach Holland und Vene­ dig unterstützte, zeigen die enge Verbindung auch dieses Mannes zur Kunst seiner Zeit. Es ist oft und viel darüber geschrieben worden, ob das im Madrider Prado heimische Dürergemälde nun den Ratsherrn, Kaufmann und Dürerbankier Hans Imhoff zeigt oder ob es eine mit der Familie nicht zusammenhängende Figur ist. In der Gemäldeunterschrift des Prado ist der Name „Hans In Hof" mit Fragezeichen versehen 85. In der Familie ist die Idendität seit Jahrhunderten un84 Vgl. Eckert/v. Imhoff a. a. O., Birkenbaum und Seelöwe; Die Imhoff, Ausstellungskatalog der Stadtbibliothek Nürnberg 75/1971; Franz Xaver Pröll, Willibald Pirckheimer 1470 bis 1970, Nürnberg 1970; K. B. Glock und Inge Meidinger-Geise, 1470 — Willibald Pirck­ heimer — 1970, Nürnberg 1970; Hans Imhoff, Theatrum virtutis et honoris, oder Tugend­ büchlein, Nürnberg 1606. 85 Ausstellungskatalog des GNM, 1471 — Albrecht Dürer — 1971, München 1971, S. 296 mit einer sehr hypothetischen und unbewiesenen neuen These Peter Strieders. Dazu: R. Wurstmann, Albrecht Dürer, Leipzig 1906, S. 88; Winkler, Albrecht Dürer, Des Meisters Gemälde, Kupferstiche und Holzschnitte, Klassiker der Kunst, 4. Aufl. Berlin-Leipzig 1928, S. 75 und 418; E. Panofsky, Albrecht Dürer, Princeton 1948, Bd. 1, S. 240; E. Flechsig, Albrecht Dürer, Sein Leben und seine künstlerische Entwicklung, Berlin 1928—31, Bd. 1, S. 422—427, Bd. 2, S. 314; F. Anzelewsky, A. Dürer, Das malerische Werk, Nürnberg 1971; Ludwig Grote hatte sich intensiv mit diesem Bild befaßt und wollte noch gegen Lebensende eine Identifikationsstudie schreiben, konnte aber das Vorhaben nicht mehr verwirklichen. In mehrfachen Unterhaltungen mit dem Verfasser dieses Aufsatzes sprach er sich für Hans V. Imhoff, den Dürerbankier, als Dargestellten aus. Dabei verwies er auf die persönlich sehr engen Beziehungen und auch auf die offenbar vielfachen Begegnungen auf der zum Imhoffschen Besitz gehörigen Kleinweidenmühle, die er fünf Mal zeichnete; vgl. Fritz Schnelbögl in seinem Aufsatz „Das Nürnberg Albrecht Dürers", in: Albrecht Dürers Umwelt (Nürnberger Forschungen Bd. 15), Nürnberg 1971, S. 56. Im IFA/GNM fehlen leider die — früher offen­ bar vorhandenen — Rechnungsbelege. Auch Werner Schultheiß hat sich kurz vor seinem Tode intensiv mit den Problemen dieses Bildes abgegeben (vgl. Nürnberger Nachrichten 1971 Nr. 176, S. 23). Ein Rätsel birgt das Bild in jedem Fall. Es ist das einzige mit einem nahezu schwarzen, bisher nicht durchleuchteten Hintergrund, den andere Dürerportraits nicht kennen. Darauf verwies besonders L. Grote. Zudem trägt das Bild — im Gegensatz zu Dürers Gepflogenheiten — nicht den Namen des Porträtierten.

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bestritten. Für die Kunstgeschichtler ist dieses Portraitbild Dürers seit 150 Jahren zum Problem geworden, weil das Bild erst drei Jahre nach dem Tod Hans’ V. Imhoff gemalt sei. Vielleicht ist es auch nur — vergleicht man es mit dem zeitgenössischen Stich, der die gleiche Pose mit Barett, Urkundenrolle und Pelzkragen zeigt — die post mortem vollzogene Stilisierung eines Nürnberger Ratsherrn seiner Zeit, der aber mit Sicherheit eines mit dem Imhoff gemeinsam hat: Entschlossenheit und Energie eines Kaufherrn, der die Zügel der Gesamt­ familie im Interesse des Handelshauses fest in seinen Händen hält. Tatsächlich verstand es Hans V., seine Brüder, Vettern und Neffen nach einem gleichsam strategischen Plan zu postieren und ihre Positionen für die Firma nutzbar zu machen. Er verband das, zusammen mit einigen Ratskollegen, mit einer inneren Reform und einer Ergänzung des Nürnberger Handwerks, um so auch dem Handel neue Impulse zu geben 86. Sein Stiefbruder Peter wurde, durch die Abwanderung seines Enkels Hieronymus nach Augsburg, der Be­ gründer eines zweiten bis heute blühenden — später in vier Linien aufgespalte­ nen — Augsburger Familienzweigs, der dem römischen Glauben treu blieb, wäh­ rend sich die Nürnberger Imhoff der Reformation zuwandten. Zwei dieser Familienzweige — der von Untermeitingen und der von Spielberg und Oberschwammbach — leben bis heute. Wegbahner dieses neuen Augsburger Zweiges waren die beiden Brüder Hans V., Simon (1476—15 57) und Hieronymus (1467—1539). Beide saßen im Augsburger Rat und bereiteten dem Enkel ihres Stiefbruders Peter, wiederum einem Hieronymus (1512—1577), den Weg. An­ gesichts der wachsenden Bedeutung von Augsburg unter der Regierungszeit Kaiser Maximilians (mit Augsburg als Straßengabel nadi Italien und der Pyrenäen-Halbinsel) war diese Neuetablierung für das Nürnberger Handelshaus von großem Gewicht. Die drei Bürgermeister Michel Imhoff in Donauwörth taten dazu als Vermittler das Ihre. (Bedeutendste Figuren dieses Augsburger Zweiges: der zweite Hieronymus, der als Ratsherr und Baumeister, Mitglied auch des Geheimen Kriegsrats, ein Vermögen von 200 000 fl. hinterließ, für Augsburg und in eigener Person als Geldgeber der französischen Könige Franz I., Hein­ rich II. und Franz II. auftrat; dessen Schwiegertochter Regina geb. Bimmel (15 54—1624), die auf dem Lechfeld die von Andreas Holl erbaute Maria-HilfKirche stiftete87; der Sohn dieses Hieronymus, Hieronymus III. (1573—1635), als Bürgermeister von den Schweden wegen seines Glaubens eingesperrt und Bauherr des von Elias Holl geschaffenen Rathauses88; Johann Joseph (1667— 1738), der nach der Schlacht bei Höchstädt und Blindheim (nahe Lauingen) 1704 Statthalter des britischen Herzogs von Marlbourough in dessen Reichs86 Sein Kurzportrait in NDB 10/1974, S. 150. S. auch W. v. Stromer, Oberdeutsche Hoch­ finanz, S. 317; Gerhard Pfeiffer, Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, S. 230. 87 NDB a. a. O. und Wilh. v. Imhoff, Familienbuch I. S. 173 im IFA. 88 Wilh. v. Imhoff a. a. O. S. 177; zum neuen Augsburger Familienzweig vgl. auch die zu­ ständigen Fase, im Teil II des Imhoffsehen Gesamtarchivs, derzeit im Stadtarchiv Schwabmünchen.

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fürstentum Mindelheim wird. Namhaftester Vertreter der Spielberger Linie: Alexander von Imhoff, erst in kaiserlichen, später in württembergischen Post­ diensten und erster deutscher Postschriftsteller 89. Ein gleichnamiger Sohn des Firmenchefs Peter in Nürnberg wurde zum Be­ gründer eines aus Sündersbühl nach Kirchentellinsfurt (bei Tübingen) über­ gesiedelten Familienzweiges, der erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts erlischt90. Ebenso bedeutsam wie der neubegründete Augsburger Zweig wurde für die Imhoffsche Handelsfirma schließlich der italienische Familienzweig, der von Hans’ V. Bruder Ludwig in Bari begründet wurde, dort den Safranhandel kon­ trolliert, die Imhoffschen Interessen wahrnimmt. Diese Linie geht später im ita­ lienischen Adel auf und erlischt erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts91. Die Brü­ der Hans, Ludwig, Hieronymus, Franz und Simon sollen einen besonders engen Zusammenhang gepflogen haben. Äußerer Ausdruck: Die gemeinsame Stiftung des Rosenkranz- oder Burgkmair-Altars in St. Rochus zu Nürnberg92. Besonde­ res Augenmerk aber legten Hans V. und sein hochbegabter und schon in früher Jugend auf Auslandsfahrt tätiger Sohn Andreas auf jenen Vetter Ulrich, der in Lissabon als Faktor der verschwägerten Hirschvogel tätig war. Erze aus der Oberpfalz, aus Oberfranken sowie „par gelt", d. h. Silber aus den Minen im Erzgebirge und im Mansfeldischen, wurden auf jenen drei Schiffen der Nürn­ berger mitgenommen, die mit Ulrich Imhoff 1504 nach Indien in See stachen und im Jahr 1506 mit reicher Ernte (175 °/° Gewinn) nach Portugal zurück­ kamen 9S. Freilich waren seine und seiner Nachfolger (Georg und Servatius) Entdeckungen mit der bitteren, schon bei Hans IV. Imhoff laut werdenden Er­ kenntnis verbunden, daß die große Zeit der Adriastadt zu Ende gehen und sich nun der Gesamthandel an den Tejo nach Lissabon verlagern werde. Es tut dem keinen Abbruch, daß gerade in dieser Zeit sowohl Venedig wie Nürnberg ihre Hochblüte erlebten. Hans V., seine Söhne und Enkel haben — die Fahrt nach Indien beweist es — diese Umstellung im europäischen Handel systematisch und in aller Ruhe voll­ zogen. Sie sind nicht nur die Begründer der sechs, heute noch drei protestan­ tischen Familienzweige, sondern zugleich Promotoren einer neuen Nürnberger Handels- und Wirtschaftsepoche, die unter schwierigeren Verhältnissen als in früheren Generationen mit der Umorientierung der Stadt nach Westen, den religiösen Auseinandersetzungen und den in ihrem Gefolge aufbrechenden poli89 90

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Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 14, Leipzig 1881, S. 42. In der Kirche von Kirchentellinsfurt stehen bis heute die Imhoffschen Grabmonumente, ebenso eines in der Stadtpfarrkirche zu Urach. Vgl. Tübinger Tagblatt, 24. Mai 1958, Vom Edelsitz zum Bürgerhaus. Annemarie Markert-Auer (Tailfingen), phil. Jahresbericht 1956/57, Kirchentellinsfurt, Die Imhoffs von Kirchentellinsfurt. Wilh. v. Imhoff a. a. O. Das Kunstwerk zeigt die Augsburger Einflüsse von Simon und Hieronymus, die wohl die beiden Augsburger Künstler Burgkmair und Löscher für diesen Altar empfohlen hatten. Vgl. auch Wilh. v. Imhoff a. a. O., S. 83. Christa Schaper a. a. O., wie in den Anm. 71 und 73 vermerkt.

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tischen Folgen der Reformation fertig zu werden hatten. Andreas Imhoff, der in der Geschichte „der Ältere" genannt wird, scheint, nach dem Tode seines Vaters im Jahr 1522 praktisch Chef der Firma, diese Aufgaben gemeistert zu haben. Von den Geschichtsschreibern erhielt er bisher in der „Imhoffsehen Rangliste" den ersten Platz 94. Nachdem sein Onkel Peter als Chef der nach ihm benannten Firma im Jahr 1528 gestorben war, gab Andreas dem Handels­ geschäft den Namen „Andreas Imhoff und Mitverwandte". Der vierte Firmen­ titel. Das Kapital der Firma hatte sich gegenüber dem Ende des vergange­ nen Jahrhunderts etwa verdoppelt. Bis zu seinem Tode im 87. Lebensjahr geschah in den 56 Jahren, da er im Rate saß, in Nürnberg nichts ohne sein Mitwissen. Schon sehr bald gehörten die drei Indien-reisenden Imhoff zu sei­ nen internationalen Informanten. Mit 14 Jahren schon wußte er seinem Hause von seinen Reisen nach Portugal, Spanien, Frankreich und Italien erstaunlich detaillierte Berichte über die wirtschaftliche Lage in Übersee zu geben. Mit 32 Jahren begann sein Aufstieg, wobei er drei entscheidende Aufgaben zu be­ wältigen hatte: Nürnbergs Neutralität im Schmalkaldischen Krieg; den Abzug des Markgrafen Albrecht Alcibiades; die taktvolle Einführung der Reformation. Das alles hatte Andreas auch Geld gekostet. Aber es war im Interesse der Stadt „gut angelegt". Über die Einführung der Reformation scheint er viel mit Willibald Pirckheimer debattiert zu haben. Pirckheimers erster Biograph, Hans VII. Imhoff, veröffentlicht davon einige Kostproben in seinem „Tugendbüchlein". Mit den Gesandten der Religionsparteien führte er einen sehr gewandten, aber auch sehr deutlichen Schriftwechsel. Er wurde Landpfleger in Hilpoltstein, Allersberg und Heideck, war in Gleißhammer und auf der Weidenmühle eingesessen und verbesserte zusammen mit seinen Vettern in Augsburg das Postwesen. Als Vorderster Losunger und Oberster Reichsschultheiß — er war der erste Imhoff, der diese Doppelwürde bekleidete — leistete er Kaiser Karl V. Hilfe gegen die Türken, wurde zugleich aber auch Geldgeber des deutschen Kaisers und der Könige in Spanien und Portugal, während die Augsburger Verwandtschaft, 94 Ein sehr umfassendes Portrait des ersten Andreas, auch Andreas d. Ältere genannt, zeichnete Werner Schultheiß in einem Vortrag vor dem Imhoffschen Familientag in Nürnberg, ver­ öffentlicht in den Mitteilungen der Stadtbibliothek Nürnberg 6/1957, Der Nürnberger Großkaufmann und Diplomat Andreas I. Imhoff und seine Zeit; ADB, Bd 14, Leipzig 1881, S. 37; NDB 10/1974, S. 148; Helga Jahnel mit vorwiegend wirtschaftskritischen Akzenten a. a. O. S. 156 ff.; G. Pfeiffer a. a. O., S. 113 und 115; vgl. auch den Stich von Strauch nach dem später durch Brand vernichteten Ölportrait von Georg Pencz, dazu die drei Stiche von J. F. Leonart. In der Bamberger Staatsbibliothek wird eine Silberstiftzeichnung Dürers verwahrt, die A. in seiner Jugend zeigt. Außerdem gibt es in der Imhoffschen Familien­ stiftung ein zeitgenössisches Portrait, Tafelmalerei rund, Durchmesser 20 cm, das vermutlich die Unterlage für vier Schaumünzen ist, darunter einige von V. Maler, auch erwähnt in der „Sammlung Nürnberger Münzen“ von Chr. Andr. Imhoff IV. Mit einer eingehenderen Schilderung von Leben und Werk des Andreas und seiner beiden Andreas-Nachfolger be­ schäftigt sich zur Zeit Ursula Schmidt-Fölkersamb, der an dieser Stelle für die Neuordnung des Imhoff-Archivs im GNM gedankt sei.

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Hans I. (mit Margaretha... und Anna Gundelfingen) *) (1255—1341)

STAMMTAFEL

wird in die ratsfähigen Geschlechter Nürnbergs aufgenommen

Conrad (um 1340 in Nürnberg, f 1394 in Augsburg?) Hans II. (1335—1389) (wahrscheinlich Stammvater des ersten Augsburger Zweiges, der um 1530 erlischt)

Hans III. (oo Anna Pirckheimer) f 1

Ulrich (f 1413) 1

Linie erlischt im späten 16. Jhdt.

Linie f 1624 St. Johann u. Trebgast

Conrad I. (f 1396 zu Venedig)

Heinrich (Stammvater der im 16. Jahrhundert erloschenen donau-schwäbischen Zweige)

Balthasar (f 1410)

Niklas 1

|

2. Zweig Augsburg (?) f 17. Jhdt.

11476

Conrad II. (f 1449)

Hans IV. (1419—1499) (stiftet Sakramentshäuschen St. Lorenz)

Conrad III. (f 1486)

I

Linie stirbt 1537 Hans V. (1461-1522)

Peter I. (1444—1528)

Sebastian I. (f 1534) | Hieronymus I. 1512—1577)

Peter II. (f 1533) I Württemb. Linie f 1707

Untermeitinger Linie

Andreas I. (1491—1579)

Ulrich-Karl (1657—1722)

Franz (1615—1679) ____________________________ |________

Wilhelm I. (1558—1630)

Andreas III. (1562—1637)

Gust. Willem

AndreasAlbertinische Linie f 1708

Ostfriesisdie Linie Holland

I Josef Adrian (1655-1717)

Italienische Linie f 1719

Willibald

Hieronymus II. (1573—1635)

Johann Jakob 1644-1714) Linie Spielberg u. Obersdiwammbadt

Ludovicus (1466—1533)

Hans VI. (1488—1526)

Andreas Lazarus (1656—1704) Raymund (1548—1591)

Conrad IV. (1463—1519)

Braunschweiger Linie f 1784

Wilhelminische Linie f 1864

I

Jeremias I. (1566—1632)

Andreas-Jeremias’sdte Linie Nürnberg

|--------------------------— Augsburger Zweig f 1856

Mainzer Zweig f 1894

Hans-Willibaldsdte Linie Mörladi-Meiningen-Hohenstein/Coburg *)

Die Eltern Hans I. waren Heinrich Imhof d. Ä. und Haylwig, geb. Sürg (Anfang 14. Jhdt.)

Abb. 1: Die Rechnung des Adam Kraft an Hans IV. Imhoff über das Sakra­ mentshäuschen in St. Lorenz, 1493. Ori­ ginal im Imhoffschen Familienarchiv, Germ. Nat.-Museum.

Abb. 2: Pokal des Andreas III. Imhoff, Nürnberg um 1625, zeigt Bilder aus den Mansfeldischen Silberbergwerken; heute im Besitz der Sammlung ThyssenBornemisca, Lugano.

Abb. 3: Hans I. Imhoff, Stammvater aller Imhoff (ca. 13 58—1441), und sein Sohn, Hans II., Begründer aller aus Nürnberg stammenden Familienzweige. Dar­ stellung auf der sog. Dürerschen Stiffungstafel zu St. Rochus in Nürnberg.

Abb. 4; Grabstein des Jörg im Hof von Gund­ ringen und seiner Frau Barbara Walter aus dem Jahr 1482. Der Stein stand bis zur Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts nachweislich in der Pfarrkirche zu Lauingen, dem Ursprungs­ sitz der Imhoff.

Abb. 5: Der Imhoffsdie Marienaltar stand bis zum Kriegsende 1945 in der St. Elisabeth-Kirche zu Breslau, unweit dem Sockel mit dem Firmenzeichen (Abb. 16). Das Tafelbild befindet sich heute im Polnischen Nationalmuseum, Warschau. Gestiftet ist es wahrscheinlich von dem unverheirateten, 1457 in Breslau verstorbenen Melchior Imhoff, Enkel Hans’ III.

Abb. 6: Erster Imhoffscher Besitz in Nürnberg, das Haus des Conrad I. Imhoff (f 1396), hinter dem heutigen Rathaus (Wolfscher Bau) gelegen, später als Ungeldhaus (Steuerhaus) verwandt; 1896 wurde es beim Neubau des Rathauses am Fünferplatz abgerissen.

Abb. 7: Das Handelshaus am Lorenzerplatz, gegenüber der Westfront der Lorenzkirche ge­ legen, was das erste Zentrum eigenständigen Imhoffschen Handels. Es wurde von Conrad I. Imhoff (f 1396) im Einvernehmen mit seinem Bruder Hans III. (f 1398) von den Mendel er­ worben und ausgebaut. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die letzten Reste dieses Hauses abgerissen.

Abb. 8: Das Handelshaus am Egidienberg — hier der Innenhof — war seit der Hochblüte der Handelsgesellschaft des Andreas I. Imhoff rund 200 Jahre im Familienbesitz. Das Geschäfts­ haus am Lorenzer Platz reichte nicht mehr aus. Auf dem Grundstück am Egidienberg stehen nach der Zerstörung des Hauses im 2. Weltkrieg heute Stadtarchiv und Stadtbibliothek.

Abb. 9: Die westliche Seite der Wolfsgasse — heute Mummenhoffstraße — gehörte zum Imhoffschen Handelshaus am Egidienberg bis hinauf zum Paniersplatz. Dieser Teil des Ge­ bäudekomplexes barg den Wohntrakt,

Abb. 10: Der Imhoff-Altar in der Lorenzkirche, direkt neben dem Aufgang zur Imhoff-Empore. Der Meister ist unbekannt. Gestiftet wurde das Tafel-Bild von Conrad II. Imhoff (f 1449). Es gehört zu den kunstgeschichtlich wertvollsten Bildern des ausklingenden Mittelalters.

Abb. 11: Die Rochuskapelle, die mitten im gleichnamigen Friedhof (anfänglich Pest­ friedhof) steht, ist bis heute im Familienbesitz. Sie wurde von Conrad IV. Imhoff (1463—1519) gestiftet und von seinen Brüdern bis 1521 zu Ende gebaut.

Abb. 12: Rochusaltar in St. Lorenz (heute Taufkapelle), den Peter Imhoff (fl528) stiftete. Er war der ältere Stiefbruder Hans’ V. Imhoff und war mit Magdalena Holzschuher verheiratet. Peter gab der Imhoffschen Handelsgesellschaft eine Zeit lang seinen Namen und verwaltete sie.

Abb. 13: Der neue Chor der St. Lorenzkirche wurde u. a. von Hans IV. (f 1499) und von seinem Onkel Christian (f 1466) gestiftet. Der Triumph­ bogen ist als erste Stiftung der Familie in die Kirche auf Bürgermeister Niklas Imhoff (f 1418) oder seinen Bruder Sigmund (1432), der Jo­ hannesaltar (unter dem Triumphbogen) auf Ulrich Imhoff (f 1398) zu­ rückzuführen.

Abb. 14: Die meisten der frühen Imhoff sind durch eine große Anzahl von Toten­ schilden neben dem Aufgang zur Imhoff-Empore in der Lorenzkirche verewigt wor­ den. An ihnen lassen sich auch die Wandlungen in der Auffassung des Familien­ wappens erkennen. Sie hängen direkt über dem Imhoff-Altar (Abb. 10).

Abb. 15: Ein Ausschnitt aus dem von Hans IV. Imhoff als Sakramentsverwalter von St. Lorenz gestifteten Sakramentshaus des Adam Kraft zeigt den Gekreuzigten.

Abb. 16: Das durch die Imhoffsche Handelsgesellschaft übernommene Handelszeichen der Ayslinger-Stromeier(Stromer)-Ortlieb-Gesellschaft ist bis heute an einem leeren Sockel in der St. Elisabethkirche in Breslau zu sehen.

Abb. 17: Die sog. Dürersche Stiftungstafel zeigt als Hauptbild die Anbetung Jesu durch die Hirten von Jörg Gärtner, einem Dürerschüler, das Stifterportrait des Conrad IV. Imhoff (wahr­ scheinlich von Wohlgemut), den Tod der Creszentia Pirckheimer — ein Bild, das ebenso wie die Predella von der engen Verbindung der Imhoff und der Pirckheimer zu berichten weiß — und eine selten gesehene Darstellung der Dreifaltigkeit.

Abb. 18: Gustaaf Willem Baron van Imhoff, Generalgouverneur von Niederländisch-Indien und Begründer des blühen­ den niederländischen Familienzweiges, stand in den Diensten der Niederlän­ disch-Ostindischen Kompanie (f 1750).

Abb. 19. Johann-Christoph Reichsfreiherr von Imhoff, Herr auf Mörlach, Solar und Stephans­ mühlen, der letzte Reichsschultheiß und Vor­ derste Losunger aus den Reihen der Familie (f 1736). Er deutet hier auf seine Vorgänger im gleichen Amt.

Abb. 20: Andreas I. Imhoff (f 1579), der erste Reichsschultheiß und Vor­ derste Losunger aus der Familie, Großhandelsherr zu Nürnberg, dar­ gestellt in einem zeitgenössischen Tafelbild.

Abb. 21: Einer der vielen vor dem Festungsgürtel gelegenen Imhoffschen Gärten war der Barockgarten nördlich der Kaiserburg.

Abb. 22 Das Gut Mörlach, das gut 150 Jahre (etwa bis 1760) im Besitz der Nachkommen des Hans VI. Imhoff und der Felizitas Pirckheimer (Linie Mörlach-Meiningen-Hohenstein) gewesen ist.

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die ja nun mit in die große Nürnberger Handelsgesellschaft gehörte, die Sub­ ventionierung der französischen Monarchen übernahm. Die nach dem Staats­ bankrott in diesen Staaten wertlos gewordenen Schuldscheine liegen noch im Familienarchiv. Diese Konkurse haben der Wirtschaft in allen Reichsstädten bitter zugesetzt. Andreas wird nachgesagt, daß er die damit verbundenen Kri­ sen geradezu als Finanzgenie für die Stadt und die eigene Firma überwunden habe. Dazu erreichte er ein nicht zu unterschätzendes Plus: Das Nürnberger Geld wurde an der gesamten Atlantikküste und im italienischen Süden als Zah­ lungsmittel anerkannt. Andreas setzte die Aufführungen der kritischen Komödien des Hans Sachs durch, trug zur Errichtung der Altdorfer Akademie bei, schrieb zweimal die Bibel ab, verfaßte Gebetbücher und las kritisch mit Randbemerkungen Luthers Schriften. Selbst die Rats- und Polizeiverordnungen aus seiner Feder sind bis heute eine lesenswerte Lektüre. Sein Briefwechsel mit den Potentaten dieser Erde zeigt keine Minderwertigkeitskomplexe. Von seinem 72. Lebensjahr an versah er drei große Nürnberger Ämter: das des Vordersten Losungers (etwa einem Staatsoberhaupt vergleichbar), das des Reichsschultheißen, das — wenn auch mehr und mehr zum Ehrenamt abgesunken — ihm als Vertreter der kaiser­ lichen Gewalt das Mitspracherecht bei schweren Gerichtsentscheidungen sicherte, und schließlich das Amt des Reichsinsignienbewahrers. Daß daneben noch zwei Handelshäuser in Nürnberg, deren Arme mit windschnellen Nachrichtendien­ sten über ganz Europa reichten, und die Kasse einer Großstadt — anfänglich mit erheblichem Gewinn — florieren konnten; daß das Gesamtgeschäft der Fa­ milie vom Waren- auf den Geldhandel umgestellt wurde; daß das Vermögen des Hauses unter dem alten Firmenzeichen aus der Lauinger Vergangenheit jenes der Fugger längst erreicht hatte, grenzt selbst im Urteil ausgekochter Handelspolitiker an Wunder. Auf dem Weg der Spekulation mit internatio­ nalen Wertpapieren hat er dabei nicht wenig erreicht95. Erst sein Sohn Andreas (1529—1597), dem in einem nicht ganz so langen Leben die gleichen Ehren zuteil wurden, siedelte endgültig ins Haus auf dem Egidienberg um, das von nun an das eigentliche Wohn- und Handelszentrum — auch für den dritten Andreas, den Enkel (1562—1637) — wird. Freilich muß er auch die als späte Folge des 30jährigen Krieges aufgelaufenen Stadtschulden auf sich nehmen, die bis zum Ende Nürnbergs als Reichsstadt auch nicht mehr weichen wollen. Andreas II. und Andreas III. weiten den Rohstoffhandel er-

95 Vgl die Vermögensaufstellung der damaligen patrizischen Familien besonders in der Ära vor Andreas I. in: Wolfg. v. Stromer, Führungskräfte der Wirtschaft, S. 14 ff. und gleicher Autor in: Hochfinanz Bd. III. Dazu Hubert v. Welser, Die Augsburger Welser in Nürnberg,, Vortrag 1956, Staatsarchiv Nürnberg, und H. Jahnel a. a. O. S. 158—174. Man kann die Vermögenslage der Firma in der Mitte des 16. Jahrhunderts mit ungefähr 150 000 bis 200 000 fl. angeben. Helmut v. Haller, Größe und Quellen des Vermögens von hundert Nürnberger Bürgern um 1500, in Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Bd. I, S. 117. 4

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klecklich aus und greifen, alter Tradition entsprechend, ins Mansfeldische, wo sie sich gleich den Vorfahren intensiv an den Erz- und Silberminen beteiligen 9ß. Mit Glacehandschuhen war die sorgenvolle Zeit vor und nach dem 30jährigen Krieg mit schwindenden Geldreserven in Europa nicht zu meistern. Die drei Andreas Imhoff waren also gehalten, in ihren Positionen alle nur denkbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um den staatlichen und den handels­ politischen Pflichten nachkommen zu können. Dabei war die enge Verbindung mit dem kaiserlichen Haus und die mit den Fürsten der Zeit eine Notwendig­ keit. Diese Gäste wohnten denn auch während ihrer Nürnberger Besuche immer im großen Imhoffschen Handelshaus auf dem Egidienberg. So wie der dritte Andreas Gustav Adolf von Schweden beherbergte, hat sein Bruder Wilhelm als Nachfolger seines Bruders Andreas im Bürgermeisteramt — Begründer der Wilhelmischen, der Raphaelischen, der Sächsischen und der Ostfriesischen (hol­ ländischen) Linien — Kaiser Matthias eingeholt und in seinem Haus unterge­ bracht. Solche Konnexionen haben der Stadt manchen Vorteil eingebracht. Ein viertes Mal wurden die Andreas I. zuteil gewordenen Würden in den fol­ genden Generationen an einen Vertreter der Familie Imhoff gegeben: Georg Paul (1603—1689), der gerade als Sozialpolitiker nach den Wirren des Dreißig­ jährigen Krieges für Nürnberg einiges bedeutet und manches Unheil von der Stadt abgewendet hat97. Die Stadt hat ihn mit einem Löhnerschen Lobgesang zu Grabe getragen, der — von Kirchenmusikdirektor Hermann Harassowitz am 14. 10. 1972 neu aufgeführt — nur aus der Stimmungslage an der Wende von der Renaissance zum Barock zu verstehen ist. Was Georg Pauls Lebenswerk für Nürnberg kennzeichnet, ist wohl im wesentlichen der Versuch, diese Stadt ohne innere Brüdie in eine neue Zeit hinüberzuführen, in der das Reich nicht mehr die erste Macht in Europa war, sondern nun gleichrangig, vom inneren Zerfall bedroht, neben den neu aufkommenden Imperien der Spanier, der Holländer und der Engländer stand. Die neuen Übersee-Imperien entstanden also gerade dort, wo der Nürnberger Handel seine Schlüsselpositionen bezogen hatte: Entlang der europäischen Atlantikküste bis hinauf zur Zuidersee. Auch dafür gibt es in dieser inzwischen so großen und weitverzweigten Familie fünf Gruppen von Symbolfiguren, welche die Ära bis zum Ende der Freien Reichs­ stadt Nürnberg kennzeichnen. Zum Abschluß dieses ersten, keineswegs er­ schöpfenden Versuchs, über diese in Vergangenheit und Gegenwart in mehreren Kontinenten angesiedelte Familie mit ihren Stärken und mit ihren Schwächen skizzenhaft zu berichten, seien diese fünf Gruppen gleichsam gebündelt und mehr als Symbolik genannt. 98 1973 wurde bei Sotheby in London ein Pokal Andreas’ III. für ca. 300 000 DM ange-

boten, auf dem die Silberschmiede im Mansfeldischen zusammen mit dem Portrait An­ dreas’ III. und dem Seelöwen als Deckelzier und Standbein sehr eindrucksvoll wiedergegeben sind. Genaue Angaben Sotheby-Katalog 1973 mit Abbildung. Der Pokal wurde von der Sammlung Thyssen-Bornemisca in Lugano erworben. 97 Wilh. v. Imhoff a. a. O. S. 247 f. und Konzertprogramm von St. Lorenz, 14.10.1972.

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Die erste große Symbolfigur, bis heute Gegenstand intensiver kunstwissen­ schaftlicher Forschungen, ist Willibald, der große Kunstsammler, der als Enkel des Dürerbankiers Hans V. Imhoff und des Willibald Pirckheimer die welt­ bekannte Bibliothek und die Reichtümer aus Dürers Hinterlassenschaft von seinem Pirckheimerschen Großvater geerbt und im Laufe seines Lebens (1519 bis 1580) zur größten privaten Kunstsammlung seiner Zeit ausgeweitet hat98. Eine eigene Münzsammlung und kostbare Archivalien sind in seinen eigen­ händig geschriebenen Inventaren vermerkt, darunter die Registratur einer Fülle von Dürerbildern, auch das Hans Kleebergers, des „Guten Deutschen von Lyon“, der als Imhoff-Faktor für das südliche Frankreich zu Zeiten Hans’ V. und seines Sohnes Andreas eine gewichtige Rolle gespielt hat. Er hat die ihm angetraute Pirckheimer-Tochter Felicitas — in erster Ehe als sehr lebenslustige Dame mit dem älteren, sehr frommen und wohl etwas schwächlichen Bruder des ersten Andreas, Hans VI. Imhoff (1488 bis 1526), verheiratet — in der Hochzeitsnacht schmählich und zum maßlosen Ärger Pirckheimers verlassen. Alle bei Willibald angesammelten Schätze wurden von ihm „im Namen Gottes, des Herrn“ als „Antiquitäten und andere Künst samt dem, was mich solche kosten“, aufgezeichnet. Von alledem ist außer dem Inventar in der Familie nichts mehr vorhanden. Wer die Dürerbilder des Willibald Imhoff heute sehen will, findet sie nicht in Nürnberg, sondern in der Albertina in Wien, die Pirckheimerschen und Dürerschen Buchmanuskripte und seine Handzeichnungen liegen in der Bibliothek des Britischen Museums in London, in Dresden, in Braunschweig oder in Amsterdam und nur Restbestände in der Stadt­ bibliothek und im Germanischen Nationalmuseum. Denn schon kurz nach Willibalds Tod verkauften erst die Frau, später die Kinder und die Enkel bis hinein in die Mitte des Dreißijährigen Krieges all die „Bilder und Gemäl“, teils an den Dürerliebhaber, Kaiser Rudolf II., oder an den nicht minder Dürer-be­ sessenen Kurfürsten Maximilian von Bayern, teils an den britischen Herzog von Arundel, die Holländer und die Braunschweiger ". Wahrscheinlich mußten damals die nicht lebensnotwendigen, wenn auch rechtlich durch einen Fidei-Kommiß-Vertrag abgesicherten Kunstwerke ver­ kauft werden, um die mancherlei Imhoffschen Ländereien rings um Nürnberg zu bewahren. So profitierten die aufsteigenden Mächte Holland und England und das späte Reichszentrum Wien von den Wirtschaftsnöten der Nürnberger.

98 Christoph v. Imhoff in „Willibald Pirckheimer“ a. a. O. S. 42—68; Wolfg. v. Stromer (Die wirtschaftliche Umwelt Willibald Pirckheimers) und Kurt Pilz (Willibald Pirckheimers Kunst­ sammlung und Bibliothek) in K. B. Glock und I. Meidinger-Geise, Willibald Pirckheimer 1470/1970, Nürnberg 1971; Walter Koschatzky/Alice Strobl, Die Dürerzeichnungen der Albertina, Salzburg 1971, S. 5—110. 99 NDB 10/1974, S. 150 und Wilh. v. Imhoff a. a. O., dazu die Inventarien des Willibald Im* hoff in IFA/GNM; Der Groß- und Außenhandel, Kaufleute als Förderer des sozialen und kulturellen Fortschritts, Liefg. 63/64, Dezbr. 1942. 4*

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Und doch ist Willibald Imhoffs musische Veranlagung, die sich mit einer sehr intensiven Ausbildung im Femhandel in Frankreich, Spanien und den Niederlanden verbindet, dem von ihm begründeten Familienzweig von Mörlach, Meiningen und Hohenstein ebenso erhalten geblieben wie gelegentliches poli­ tisches Engagement. Nur am Rande sei vermerkt: Sogar Karl Liebknecht kann seine Genealogie lückenlos auf diesen Familienzweig einschließlich Willibald Pirckheimer zurückführen. Wahrscheinlich nahm er Pirckheimers Ausruf: „Wir brauchen ein ander Regiment“ allzu wörtlich. Der zweite Imhoffsdie Kronzeuge für den Niedergang Nürnbergs ist Gustaaf Willem Baron van Imhoff (1705—1750), der Begründer des bis heute stärksten Familienzweiges in den Niederlanden. Der Großvater ist noch gebürtiger Nürn­ berger, tritt in Braunschweiger Dienste und wird ein offenkundig angesehener Diplomat, der durch Europas Höfe reist. Dieser Hieronymus (1606—1668) wird von Königin Christine von Schweden zur Vorbereitung ihrer Flucht ver­ wandt 10°. Seine Söhne werden ebenfalls sehr aktive Diplomaten. Der eine als kursächsischer Geheimrat am Hof Augusts II. von Polen, der nach dem Frieden von Altranstädt wegen dieses Vertrages Festungshaft auf Königsstein zu ver­ büßen hatte (Anton Albrecht 1653—1715) und der andere — Rudolf Chri­ stian (1660—1717) — der, Diplomat quer über den Kontinent, u. a. die Ver­ handlungen für die Eheschließung des späteren Kaisers Karl VI. mit der Prin­ zessin Elisabeth-Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel zu führen hatte. Der dritte, Wilhelm Heinrich (1665—1725), Landdrost von Leer, bekommt als Diplomat Aufträge aus Polen, Großbritannien, Holland und Preußen m. Es ist der Vater jenes „Großen Imhoff“102, der sich in der Niederländisch-Ostindischen i°owilh. v. Imhoff a. a. O. S. 238 und ADB a. a. O. S. 44. Hieronymus war 1633 mit

Herzog Friedrich III. von Holstein-Gottorp in Moskau und in Isfahan/Persien. Dazu Adam Olearius, Vermehrte Moscowitische und Persianische Reisebeschreibung, Facs. Dr. Tübingen 1971, S. 57; Will, Gelehrten-Lexikon II, S. 733; I. Fr. Pfeffinger, Historie des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses, Hamburg 1734, S. 617 ff. Zu Anton-Albrecht: ADB, a. a. O. S. 44; zu Rudolph Christian ADB, a. a. O. S. 46. 101 Wilh. v. Imhoff a. a. O. S. 291, seine Kinder S. 348—351. 102 ADB, a a. O. S. 50; NDB a. a. O. S. 149, dort wird allerdings wider die Wirklichkeit festgestellt, daß nur die zwei überlebenden Kinder aus der Ehe mit Helena Pieters legiti­ miert worden seien. In Wirklichkeit war die Ehe zwischen GW und der Javanerin Pieters legal in der luth. Kirche in Batavia geschlossen worden. Als solche wurde sie auch vom König der Niederlande post mortem auf testamentarischen Wunsch von GW anerkannt. Dazu noch; Jose Burman, The Cape of Good Intent, Pretoria 1969, S. 38 ff. Gottl. Aug. Franke, Der Kgl. Dänischen Missionarien aus Ostindien eingesandte Berichte, Trankebar Mission, Halle 1742; A. R. Kleyn, Gen. Gouv. GW v. Imhoff, in „Ewig Volk" Nr. 2 mit ausführlicher Bibliographie; van Malsen, Briefwechsel des Gen. Gouv. GW Baron van Im­ hoff mit dem Fiscal-Advokaten der Amsterdamer Admiralität, Jakob Boreel, Hist. Gen. Utrecht 50, 1929; Schardt, GW van Imhoff, Sonderdruck aus der Heimatzeitschrift „Das Bayerland" 1940. Noch unausgewertete Archivalien und Handschriften von GW befinden sich in der Staatsbibliothek der Republik Südafrika, Parlamentsgebäude Kapstadt. GW ist der Erbauer der Festungen in Kapstadt, Batavia (Dokumente in der Stadtbibi, zu Dschakarta) und Galle an der Südspitze von Ceylon. S. auch „Sibbe", Zeitschrift Amsterdam 6/1943. Felix Wilhelm Beieistein, Der Große Imhoff, Roman, Darmstadt 1939.

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Kompanie hochdient, Gouverneur von Ceylon und Generalgouverneur von Batavia wird und als solcher auch die niederländische Kap-Kolonie reformiert. Ihm fällt die Gründung des Hafens und der Festung Simonstown nahe dem Kap zu. Er stand im Dienst eines werdenden Weltreiches, das sowohl Nürn­ bergs Chancen minderte wie auch die alte Initiativkraft der Familie in einem neuen Licht zeigt. Das alte Unternehmerblut der Ulrich, Georg, Servatius ver­ schaffte sich hier plötzlich wieder unter fremder Fahne Geltung. Man sagt Gustaaf Willem wohl nach, er sei ein Kolonialist gewesen, wird aber nach wie vor in Kapstadt, Ceylon und Dschjakarta hoch geachtet und hatte in zweiter Ehe Helene Pieters, eine javanische Eingeborne, zur Frau, die post mortem als Ehefrau legitimiert wurde und Stammutter der niederländischen Linie ist. Zum dritten erleben wir in dieser Reihe recht namhafte Wissenschaftler, deren Schwergewicht nicht mehr innerhalb, sondern außerhalb der Noris liegt: Andreas Lazarus v. Imhoff, geboren 1656 noch zu Nürnberg, gestorben 1704 am Sulzbacher Hof; ein Historiker, dessen 17bändiger „Historischer Bildersaal“ — eine Weltgeschichte, von der er die ersten fünf Bände selbst schrieb und in Nürn­ berg verlegte — in fünf Sprachen übersetzt wurde, von Beruf ebenfalls Diplomat, dessen Kinder Montanpolitiker und Offiziere im Mansfeldischen wurden. — Der zweite war ein Genealoge, Jakob Wilhelm v. Imhoff (1651—1728), der aus der Wilhelminischen Linie stammte, durch die europäische Staatenwelt reiste und dort als gebürtiger Nürnberger Unterlagen für seine „Genealogica Opera“ sammelte; ein umfangreiches Opus, das bis heute zitiert wird. — Der dritte war Christoph Andreas IV. v. Imhoff, der Verfasser des „Nürnberger Münzkabi­ netts“, das der Geschichtsschreibung der alten Noris viel zugetragen hat. Audi wenn dieser Numismatiker viele Ämter im Nürnberger Rat zu versehen hatte und viel Gutes für diese Stadt wirkte — sein eigentlicher Standort war Helm­ stadt bei Würzburg. Dementsprechend nannte er sich auch, gleich seinen drei direkten Vorfahren, „von und zu Helmstadt“, war also bereits in die Aristo­ kratie abgewandert, nicht mehr Nürnberger im herkömmlichen Sinn, und trug eine erhebliche Vermehrung im Familienwappen, wie auch manche seiner Verwandten in der weiten Welt. Man kann sogar sagen: Je größer die Wappen­ vermehrung, desto kleiner wurde der direkt auf die Nürnberger Linie abge­ stellte Seelöwe, das Wappentier 10S. Alle drei waren — ähnlich den Familien-

103 Zu Andreas Lazarus v. I. s. Wilh. v. Imhoff a. a. O. S. 336; der Historische Bildersaal er­ schien mit dem ersten der 17 Bände 1733 in Nürnberg. Seine genaue Biographie in ADB Leipzig 1881, S. 42. Besonders erwähnt sei hier der Sohn Philipp Ernst Joachim (1702— 1768), der als General in braunschweigischen Diensten während des 7jährigen Krieges Bedeutung erlangte u. später Schloß Hohenstein erwarb (ADB, 1881). — Jakob Wilhelm v. I. wurde berühmt durch sein Hauptwerk: Notitia S. R. G. Imperii Procerum, tarn Ecclesiasticorum quam secularium, historico-heraldico-genealogica (2 Bände), ähnliche Werke schrieb er noch über französische, britische, spanische und italienische Adelsfamilien; eine Medaillenprägung von Vestner 1728 und ein Ölportrait von P. Strubel im Nürnberger

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angehörigen der Untermeitinger Linie — entweder Grundherrn auf dem eigenen Landsitz oder Hofbeamte in einem der kleinen oder größeren Fürstentümer ihrer Zeit. Weder die Imhoffsche Handelsfirma noch die Stadt Nürnberg ver­ mochten sie zu halten. Es war die genaue Umkehrung dessen, was die Imhoff von Hans IV. bis zu Andreas II. angestrebt hatten, als sie alle Imhoff in irgendeiner inneren oder äußeren Funktion der Firma oder der Stadt dienstbar zu machen wußten. Die Magnetkraft des „geheimen Zentrums des Reichs" hatte nachgelassen. Viertens: Christoph Adam Carl (1734—178 8). Sein Vater (Christoph Albrecht Karl, 1692—1766) war noch Nürnberger Bürger. Der Sohn diente in drei Ar­ meen als Offizier, erst in Hessen, dann in Württemberg und schließlich in Großbritannien, wo man ihn nach dem Siebenjährigen Krieg entließ. Er hei­ ratete dann Marianne Charlotte Chapusette de Valentin, suchte als recht ge­ schickter Miniaturmaler in England Geld zu verdienen und kam auf diese Weise samt seiner Frau nach Indien. Hauptziel war es, als ein Angehöriger des musischen Familienzweiges, der vom Kunstsammler Willibald Imhoff begründet worden war, als reicher Mann nach Deutschland zurückzukehren. Daß Chri­ stoph Adam Carl künstlerische Qualitäten besaß, ist nicht anzuzweifeln, seine Zeichnungen, Radierungen und Portraits — auch sein Selbstportrait und die Portraits seiner Kinder — zeigen es104. Aber es reichte in einer ärmer werden­ den Zeit wahrscheinlich nicht aus, um darauf den Lebensunterhalt zu gründen. Auf der Schiffsreise, die er mit 42 Jahren antrat, begegnete seine mittellose Frau, aus einer französischen Hugenottenfamilie stammend, dem zur Amts­ übernahme nach Indien ausfahrenden Vizekönig Warren Hastings. Die rasch entbrannte Liebe zwischen den beiden zerbrach die ohnehin nicht sehr glück­ liche Ehe mit dem pensionierten Major, der schließlich in die Scheidung vor fränkischen Gerichten einwilligte. Dafür sorgte Hastings vier Jahre — bis zum Eintreffen des Scheidungsurteils —für den Lebensunterhalt von Christoph Adam Carl in Kalkutta, der, dort Zeuge des aufdämmemden großen Empire der Eng­ länder, 1773 mit einer reichen künstlerischen Ernte und einer großen Ab­ findungssumme nach Deutschland zurückkehrte. Seine erste Frau muß dem Vizekönig in Indien noch viel Kummer bereitet haben, während sich Christoph

Stadtmuseum, dazu fünf Portraitstiche verschiedener Meister. Wilh. v. Imhoff a. a. O. S. 341. — Zu Christoph Andreas IV.: Eigene genealogische Niederschrift über die Familie Imhoff (Handschrift zum Geburtstag seines Vaters Christoph Andreas III.) IFA/GNM; ADB a. a. O. S. 48. Das „Nümbergische Münzkabinett“ ist eine zuverlässige Quelle f. d. Nürnberger Lokal- und Patriziergeschichte und wird bis heute im Münzhandel verwandt. 104 Wilh. v. Imhoff a. a. O., S. 415; Georg Hetzelein, Rokoko-Kleinod an der Autobahn — Mörlach, Nürnberger Nachrichten (NN), 8. März 1960; Im Stiftungsbesitz der ImhoffFamilie das Selbstportrait, im IFA eine Reihe eigener Zeichnungen und Radierungen, dar­ unter auch das Portrait seiner zweiten Frau, geb. v. Schardt. Der Stich seiner ersten Frau Chapusette de Valentin in IFA-Album. Den beiden Ehen entstammen acht Kinder, zwei aus erster, sechs aus zweiter Ehe. Letztere starben z. T. in jungen Jahren.

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Adam Carl am Weimarer Hof umsah105. Schon kurze Zeit später (1775) hei­ ratete er die von ihm portraitierte Schwester der Goethefreundin Charlotte von Stein, Louise Franziska von Schardt, und kaufte für sie beide das seinen Im­ hoff-Verwandten gehörige Schlößchen Mörlach bei Hilpoltstein, das er dem Zeitgeist entsprechend umbauen ließ, verkaufte es aber zehn Jahre später wie­ der, um Weimar als endgültigen Standort zu wählen. Eine kleine Skandalge­ schichte eines ruhelosen, begabten Mannes, die er selbst mit den Worten ab­ geschlossen haben soll: „Furcht bedrückt mich; die Macht der Inseln (gemeint war Großbritannien) wächst mit Hastings Glück“. Eine Tochter aus dieser zweiten Ehe, die übrigens zu dem wahrscheinlich einzigen Kind aus Christoph Adam Carls erster Ehe, dem von Hastings adoptierten späteren britischen Generalleutnant Charles Christian August (1766 geboren) Baronet Imhoff, persönlich sehr herzliche Beziehungen unterhielt, war Amalie, später verhei­ ratet mit dem schwedischen Offizier von Helvig. Sie wurde Hofdame und mehr als eine Verseschmiedin am Weimarer Hof, erfreute sich der Freundschaft von Goethe, Schiller und Herder und wurde nach ihrer Heirat zur ersten Übersetze­ rin schwedischer Literatur (u. a. Frithjof-Sage) in die deutsche Sprache. Durch ihre eigenen Dichtungen, darunter „Die Schwestern von Corcyra“, klingt die Furcht des von ihr sehr geliebten Vaters vor der Gewalt des Neuen: „In dunk­ ler Ahnung scheu ich diese Macht“. Aber sie bezieht es schon auf Europa106. Audi der letzte historische Zeuge in der Fünfergruppe stammt aus dem Mörlacher Familienzweig. Seinen Wohnsitz hatte er in Stephansmühlen gewählt: Johann Christoph Reichsfreiherr von Imhoff (1659—1736), später Vorderster Losunger und Reichsschutheiß, gleich Andreas und seinen Nachkommen. Er hatte viel Ähnlichkeiten mit seinem aus der Ziegelsteiner Linie stammenden Onkel Georg (1601—1659), der Nürnberg noch als ein recht geachteter Diplo105 Die offizielle Scheidung der ersten Ehe erfolgte durch deutsche Gerichte 1773. Im Februar 1775 heiratete er — nach seiner Rückkehr aus Indien — L. F. v. Schardt. Zur Scheidungs­ affäre schreibt Thomas Macaulay in seinen „kritischen und historischen Aufsätzen“, 5.Bd., Warren Hastings, Leipzig 1917, S. 68 ff. (übersetzt von J. Möllendorf); Emil Reicke, Marian­ nens Bild, Sonntagskurier, Beilage zum Fränkischen Kurier, Nr. 8/1925. 106 Henriette v. Bissing, Das Leben der Dichterin Amalie von Helvig, Berlin 1889; Wilhelm Bode, der Weimarische Musenhof, Berlin 1918, S. 427 und 449; Ruth Schirmer-Imhoff, Die Dichterin Amalie von Imhoff, Gedenkblatt für die Nichte der Frau von Stein, Neue Züricher Zeitung, Fernausgaben Nr. 87 und 92, 29. März und 4. April 1964; NDB VIII; eigene Werke der talentierten Dichterin, die in Weimar, Berlin und Stockholm ein oft ge­ sehener Gast in den Zirkeln von Dichtem und Wissenschaftlern ihrer Zeit gewesen ist und ein traurig-unstetes Leben mit vielen familiären Sorgen führen mußte, sind u. a. folgende: Die Schwestern von Lesbos, Musenalmanach für das Jahr 1800 und 1801, Frankfurt; Das Grab der Liebenden, Taschenbuch, Frankfurt 1803; Dei Schwestern von Corcyra, Amster­ dam und Leipzig 1812; Die Sage vom Wolfsbrunnen, Heidelberg 1814; Taschenbuch der Sagen und Legenden, Hsgb. Amalie v. Helvig u. Fr. Baron de la Motte-Fouque, zwei Bände 1817; Frithjofs-Sage, ins Deutsche übersetzt von A. v. Helvig, Stuttgart-Tübingen 1832 u. 1858; in einigen dieser Bände auch eigene Zeichnungen, Stahlstiche und Radierungen der Autorin, von der in Schwedisch eine Ausgabe ihres Briefwechsels mit Erik Gustaf Geijer, Historiker in Uppsala, erschienen ist. Wilh. v. Imhof a. a. O. S. 449.

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mat diente, bei dem Friedensschluß in Münster und Osnabrück eine für Nürn­ berg bedeutende Rolle spielte und als beredter und sprachkundiger Ratsherr der Stadt während des „Friedens-Exekutions-Tags“ in Nürnberg vom 16—26. Juni 1650 wirkte. Audi er war, gleich Johann Christoph, als Oberkurator der Universität Alt­ dorf tätig und in diplomatischen und höfischen Sitten zuhause, aber, anders als Johann Christoph, noch nicht Landaristokrat, sondern noch fest im Nürn­ berger Boden verwurzelt. Daß Johann Christoph, in seiner Kleidung dem ba­ rocken Stil huldigend, sein Amtszimmer als Oberster Reidisschultheiß auf der Burg, das der Stadt aber im Rathaus unterhielt; daß er trotz Adelstitel Chef der Republik Nürnberg werden konnte und, mit einem halben Dutzend Geheimratsehren europäischer Fürstenhöfe ausgestattet, die Politik Nürnbergs leiten konnte — das war etwas Neues für Nürnberg. Dieser Mann, der auch noch das in Nürnberg letzte alte, nun verblassende Handelshaus führte, tat alles, um die Kräfte seiner Familie in den Dienst dieser Reichsstadt bis zu ihrem bitteren Ende zu stellen. Und das Ende konnte er, der auf schuldenschweren Stadtfunda­ menten zu regieren hatte, absehen. Dennoch versuchte er noch einmal als Stadt­ oberhaupt wie als Vertreter des Kaisers, die schweren politischen und wirt­ schaftlichen Klippen des spürbaren und sichtbaren Reichsverfalls — Konsequen­ zen des Spanischen Erbfolgekrieges und der Türkenkriege — zu umschiffen 107. Die Stammsitze dieser beiden Vertreter, Georg und Johann Christoph, sind nahezu symbolisch für das Geschick der Stadt. Das Ziegelstein des Georg Im­ hoff war im 15. Jahrhundert unter den Haller noch eine Festung im Nürnberger Vorfeld, ähnlich dem einst mit Mauern umgebenen gotisdien Schloß Mörlach. Nach dem ersten Markgrafenkrieg wurde aus Ziegelstein nur noch ein hübsches Vorstadtschlößchen, Mörlach ein Landedelhaus. Heute steht auf dem Ziegel­ steiner Grund noch etwas wie ein vor sich hindämmerndes und verfallendes Gartenhaus, während Mörlach als alter Landsitz, notdürftig restauriert, am Rande Mittelfrankens liegt. In Johann Christophs und seiner wenigen Nachfolger Macht war es nicht gelegen, das aufzuhalten, was siebzig Jahre nach seinem Tod im großen poli­ tischen Duell zwischen Bayern und Preußen durch Napoleon schließlich ent­ schieden wurde: Das Ende der Reichsstadt und ihre künftige Zugehörigkeit zur Krone Bayerns. 600 Jahre zuvor wollten die Imhoff diesem damals durch die Bayemherzöge bestimmten Schicksal in einer schwachen Stunde des Reiches — durch ihren Umzug von Lauingen nach Nürnberg — entfliehen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat dieses Schicksal sie in Nürnberg doch noch erreicht. So absehbar dieses Schicksal schon wegen der immer größer werdenden Schuldenlast der Stadt Nürnberg und auch wegen der inneren Erstarrung der 107 Wilh. v. Imhoff a. a. O. S. 338 f., S. 383—385: zu Georg Imhoff ADB a. a. O. S. 49, Wilh. v. Imhoff a. a. O. S. 244 f. 40

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Patrizierherrschaft im ausklingenden 18. Jahrhundert gewesen sein mag — die einzelnen Familien traf es dann doch überraschend und hart. Die Formen der Übernahme durch das Königreich Bayern verhaften den Betroffenen nicht eben dazu, sich leichten Herzens der neuen, größeren Heimat, dem Königreich Bayern, zu verschreiben, obwohl sie sich der Einsicht gegenüber den Forderun­ gen einer neuen Ära nicht verschlossen haben. Auf der einen Seite war mit dieser Übernahme weithin eine entschädigungslose Enteignung des von den Patriziern erworbenen und gehüteten Reichsstadteigentums verbunden. Auf der anderen Seite ging es nicht ohne entwürdigende Szenen ab. Als der letzte katholische Stadtpfleger von Augsburg, Joseph Adrian Imhoff (16. 3. 1758— 14. 8. 18 31) aus der Linie Spielberg und Oberschwambach (Augsburger Seiten­ linie), die später die österreichische Linie wurde, die Stadt am 4. März 1806 den Bayern übergab, versicherte er dem Vertreter der bayerischen Krone, Di­ rektor von Merz, der Treue und des Gehorsams gegenüber der neuen staat­ lichen Autorität. Er mußte es aber erleben, daß wenig später der Reichsadler, das Symbol der Reichsstadt, vom Westgiebel des Augsburger Rathauses her­ untergerissen und zertrümmert wurde. Das Augsburger Stadtbuch wanderte damals nach München ins Hauptstaatsarchiv 108. Schließlich war und blieb es in Nürnberg genau wie in Augsburg: Die Ver­ sicherung der Treue gegenüber dem neuen Hoheitsträger war den Imhoffs, so­ weit sie auf bayerischem Territorium lebten, Richtschnur ihres Handelns. Jo­ hann Adrian hat im Jahr 1814 für sich und seine Nachkommen das FreiherrnDiplom erhalten. Er wurde 1821 Königlicher Geheimer Rat. Ähnlich war es in Nürnberg. Damit rücken die Imhoff aus den Reichsstädten nun auch formal in den Uradel ein, der all denen durch die Zugehörigkeit zur Reichsritterschaft schon bestätigt worden war, die lange vorher die Territorien der Reichsstädte verlassen und unter den Kaisern, der Krone Österreichs, Bayerns, Hollands, Braunschweigs, Sachsens, Meiningens, Weimars etc. Dienst getan hatten 109 Wolfg. Zorn, Augsburg, Geschichte einer deutschen Stadt, Augsburg 1972, S. 240; Gerhard Hirschmann hat sich mit dieser Ära am Wendepunkt zwischen Patriziat und Königreich Bayern in dankenswerter Weise als bisher einziger Autor mit drei wichtigen und dokumen­ tarisch wertvollen Publikationen besonders befaßt: 1.) Beiträge zur Geschichte des Nürnber­ ger Patriziats am Ende der Reichsstadtzeit (MVGN 52, 1963/64, S. 269 ff.). 2.) Das Nürn­ berger Patriziat im Königreich Bayern 1806—1918, Nürnberger Forschungen Bd. 16. 3.) Fortleben reichsstädtischen Bewußtseins in Franken nach 1806?, in: Jahrbuch f. fränk. Landesforschung, Bd. 34/3 5, Jahrg. 1974/75. 109 Linie Unttermeitingen: Reichsfreihermstand durch Kaiser Leopold I. am 14. 6. 1685, Salzburg. Ausschreibung 12. 8. 1686, kurbayer. Anerkennung 29. 8. 1686 für Johann Baptist und dessen Erben; 9. 11. 1814 immatr. i. Kgr. Bayern b. d. Frhrn. Klasse; Reichs­ ritterschaft (Bezirk Hegau) 1734 für Johann Joseph und 1784 (?) für Franz Xaver. Linie Spielberg und Oberschwammbach: Reichsfrhm. Stand durch Kaiser Joseph II. am 25. 1. 1781 für Leopold Alois, immatr. i. Kgr. Bayern b. d. Frhr. Kl. 23. 8. 1813, Reichsrittersch. (Canton Oberrhein und Pfalzbayern) für Leopold Alois Dominicus Joseph Nico­ laus 1781; Fränkischer Zweig (Hans Willibald’sche Linie zu Mörlach und Hohenstein): Reichsfrhm. Std. durch Kaiser Leopold I. am 31. 12. 1703 in Wien für Johann Hieronymus, immatr. im Kgr. Bayern b. d. Adelskl. 18. 7. 1815, b. d. Frhrn. KL 14. 1. 1877, Reichs108

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teils als Offiziere, teils als Juristen, Diplomaten oder hohe Beamte. Auch die aus der letzten Ära der Reichsstädte stammenden Imhoff mündeten in diese Berufe, wurden aber späterhin als Künstler, Genealogen, Schriftsteller oder Kaufleute auch Angehörige der freien Berufe. Die wenigsten von ihnen blie­ ben seither noch in Nürnberg ansässig. Und doch sind sie bis heute dieser Stadt als der Stätte ihres Ursprungs verbunden. Die St. Rochuskapelle zu Nürnberg ist für sie geistiges Zentrum, im Germanischen Nationalmuseum ruhen als Leihgaben die Dokumente ihrer Vergangenheit.

ritterschaft (Bezirk Franken, Convent zu Thurnau) für die Söhne des Johann Hieronymus: Andreas Lazarus, Ulrich Carl und Johann Christoph am 22. 1. 1706; Ostfriesische (Nieder­ ländische) Linie: Reichsfreiherrnstd. durch Kaiser Leopold I. am 27. 10. 1697 in Wien für Rudolf Christian und seine Brüder Anton Albrecht und Wilhelm Heinrich, i. d. Groningsche Rittersch. aufgen. 1814, kgl. niederl. Anerkenng. des Baronstitels mit Erlaß vom 10. 3. 1822. Andreas Jeremias’sche Stammlinie Nürnberg: Immatrikuliert im Kgr. Bayern b. d. Adels­ klasse 21. 7. 1815; b. d. Frhm. Klasse aufgrund nachgew. Reichsritterschaftlichkeit am 26.7.1871.

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PETER STEINBERGER, KAUFMANN UND FINANZIER (f 1445), SEINE FAMILIE UND GESCHÄFTSPARTNER

Von Christa Schaper

Den Forschungen Wolfgang von Stromers ist es zu verdanken, daß die Per­ sönlichkeit des Kaufmanns Peter Steinberger und seine Leistung als bedeuten­ der Finanzier zum erstenmal in einer vielbeachteten Darstellung bekannt wurde \ Durch spezielle genealogische Feststellungen und besitzgeschichtliche Untersuchungen gelang es mir, weitere Einzelheiten über ihn und seine Familie zu finden, die das Bild dieses ungewöhnlichen Kaufmanns abrunden helfen. In Nürnberger Archivalien vom 14. bis 16. Jahrhundert sind nur wenige Träger des Familiennamens Steinberger festzustellen. In den für uns ältesten noch erhaltenen Bürgerbüchern der Reichsstadt trifft man im 14. Jahrhundert fünfmal auf den Namen und zwar in den Jahren 1312—13 36. Es wird sich um zwei Männer handeln. Der eine ist 1312 schon Bürger, der andere wird im gleichen Jahr als Neubürger aufgenommen. Der Eintrag vom 12. Juni 1336 erweckt besonderes Interesse. Ein Bürger Steinberger tritt als Bürge für den Neubürger Hermann Vorhster von Weißenburg auf, zusammen mit dem Bür­ ger Rigler 12. Dieser Steinberger hatte den Weißenburger gekannt, was als ein Beweis seiner Verbindung zu jener Stadt zu werten ist. In der ältesten Bürger­ liste von Weißenburg kommt der Name Steinberger nicht vor, dagegen ein Ulrich Rigler3. Die Rigler sind auch 1397 dort nachzuweisen, dagegen kein Steinberger 4. Ob Anna Steinbergerin, die einer Überlieferung nach die Frau von Heinrich Harsdorfer (Horsdorfer) war, der 1377 Bürger wurde und 1380 gestorben sein soll, aus der Familie der vorgenannten Steinberger stammte oder aus der Um­ gebung von Weißenburg, läßt sich nicht nachweisen 5. Zu beachten ist ihre Ein1 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 13 50—1450, Beihefte 55—57 zur VSWG, Wiesbaden 1969/70 (künftig zit.: W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz). In Teil II, Kap. X. S. 3 87—43 5 Peter Steinberger aus Weißenburg als Finanzmakler (künftig zit.: W. v. Stromer, Peter Steinberger). - Die Nürnberger Bürgerbücher. Quell, z. Gesch. u. Kult. d. Stadt Nürnberg 9, Nürnberg 1974, 865 (1336) (künftig zit.: Nbg. Bürgerbücher). 3 Stadtarchiv Weißenburg, Die älteste Bürgerliste der Reichsstadt Weißenburg vom 18. XII. 1360 einschließlich der frühesten Bürgeraufnahmen 13 59/61 und der Vergleidisurkunde vom 21. April 1361, bearbeitet von Klaus Raab (Ms.), Nr. 39. Nach B 123, St. Andreas Pflege, Zinsregister 1400, hat der selige Hans Rigler einen Jahrtag für Ulrich Rigler den Alten und Katharina seine Frau, seinen Ahnherrn erkauft zugleich für sich selbst, seine Frau Anna und seinen Bruder Ulrich. 4 Stadtarchiv Weißenburg, B 44/1, 1397, Steuerliste S. 9. Peter Rigler. Für Beratung und Auskunft wird Frau Dr. Lore Grohsmann und Frau Ada Gundel vielmals gedankt. 5 Staatsarchiv Nürnberg (künftig zit.: StAN) Hs 252, Harsdorfer S. 9. Nbg. Bürgerbücher 11276]. Heinrich Horstorfer, A. 1377.

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heirat im 14. Jahrhundert in diese Ratsfamilie. Im Umland von Weißenburg lebten im 14. Jahrhundert Mitglieder einer Familie Steinberger, die zu Gräfensteinberg und Kalbensteinberg saßen. Frühestens bekannt ist Heinrich Steinberger zu Gräfensteinberg, der in Urkunden von 13 38—1347 erscheint. Seine Ehefrau hieß Adelheid. Sie und seine drei Töchter Adelheid, Gerhaus und Anna werden 1338 genannt, sein Bruder Wolfram im Jahr 1347 8.6 7Ein zweiter Heinrich Steinberger, der mit der Familie in Gräfensteinberg verwandt war und dessen Ehefrau Agnes hieß, saß zu Kalbensteinberg. Er wird 1374 ur­ kundlich genannt und 138 5 als verstorben bezeichnet. Neben Elsbeth Ulrich von Sluttenhowens Frau steht ihre Schwester Margaret Steinberger als Hein­ richs hinterlassene Tochter7. Margaret, 138 5 noch ledig, ist mit Sicherheit 1410 Margarete Steinberger, Ulrich Possens Witwe8. Diese unter sich ver­ wandten Steinberger führten vor 13 50 im Wappen einen schreitenden Hund, danach einen sich aufrichtenden Hund. Auf Grund des gleichen Wappentieres, der Herkunft aus der gleichen Gegend ist die Zugehörigkeit von Peter Stein­ berger zu dieser Familie höchst wahrscheinlich, wenn es auch urkundlich nicht zu beweisen ist9. Die Eltern von Peter Steinberger sind nicht bekannt. Einen authentischen Hinweis auf die Persönlichkeit seiner Mutter enthält die Tatsache, daß Peter Steinberger 1444 in seinem Testament62 Hans Bünikin seinen Bruder nennt. Das weist auf eine zweite Ehe seiner Mutter hin. Eine Familie mit ähnlich klingendem Namen war bisher in Weißenburg nicht festzustellen. Dagegen lebte in Gunzenhausen 1446 Hans Punygkein als Inhaber von Lehen des Eichstätter Bischofs10. Für die Jahre 1379 und 1381 ist ein Steinberger in Gunzenhausen nachzuweisen, der einmal zugleich mit seinem Knecht genannt 6 Hauptstaatsarchiv München (künftig zit.: HSTAMü) Brandenburg-Ansbach 971, 20. 8. 13 38; Hochstift Eichstätt 307, 13. 8. 1347. Beide Urkunden tragen Siegel der Steinberger. Herrn Archivrat Dr. Leidei vielen Dank für Hinweise und Auskünfte. 7 HSTAMü, Brandenburg-Ansbach 1701, 15. 5. 1374; Brandenburg-Ansbach 1730, 25. 7. 138 5. Urkunden mit Steinberger Wappensiegel. 8 W. v. Stromer, Peter Steinberger S. 388. 9 Wappensiegel des Peter Steinberger an Nürnberger Urkunden wurden in Fotos mit denen der vorgenannten Steinberger-Familien im HSTAMü verglichen. Nach dem dankenswerten Urteil von Frau Archivoberinspektorin Christa Schmeissner-München ist auf Zusammen­ gehörigkeit zu schließen. 10 StAN, Eichstätter Lehenbuch 6, f. 38r. Hans Punygkein z. G. hatte 2 Teile des Zehnten zu Aue b. Gnotzheim als Lehen, Freitag v. Egidii 1446. Das gleiche Lehen hatte Lehen­ buch 3, f. 26r Seitz Puniken z. G. in der Hand, 1415. War das der Stiefvater v. Peter Steinberger? Nach frdl. Mitteilung der Stadt Gunzenhausen findet sich in Heft 6 „Alt-Gunzenhausen“ 1460, 1465 u. 1474 ein Bürger Hans Bonigein auch Bunigkam geschrieben. — Es fällt auf, daß Hans Tracht in seinem Testament Hans Pöniken v. Gunzenhausen als verstorbenen Schwiegervater 1. Ehe nennt. Stadtbibl. Nbg., Amb. 173°, Test. 34c (o. J.). Der Vater dieses Tracht kann Mitglied der von Prof. v. Stromer oft zitierten Handelsgesellschaft Kraft-v. Lochheim-Starck-Tracht sein. Die Beziehung zu der Steinberger verwandten Familie ist zu beachten.

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ist n. Peter Steinberger hatte Besitz in Gunzenhausen, was Beziehungen dahin aufzeigt. Peter Steinberger mag um 13 80 geboren sein. Da er 1403 ohne Herkunfts­ bezeichnung zum erstenmal Bürger in Nürnberg wurde, ist anzunehmen, daß er sich schon vorher hier aufgehalten hatte. Eine Kaufmannslehre in Nürnberg ist wahrscheinlich. 1406 wird er als „des Flexdorfers Diener" bezeichnet12. Sollte er in dessen Kontor gelernt haben und dann in seinem Handelshaus verantwortlich eingesetzt worden sein? Unter dem „Flexdorfer" kann nur Eberhard d. J. gemeint sein. Von seinem Vater Eberhard d. Ä., der mit Peter Stromeir 1377 gemeinsam zum Handel die Straße durch das Engadin zog, ist bekannt, daß er am Milchmarkt wohnte. Sein Totenschild von 1395 hat sich als einzig siditbare Erinnerung an diese Familie in der Frauenkirche erhalten. Das Todesjahr kann stimmen. Eber­ hard d. Ä. und Eberhard d. J. steuern 1392 noch zusammen 13. Eberhard Flexdorf er d. J. (f 1425) hatte sich vor 1375 mit Anna Sneberger, der Toditer des Bertold Sneberger von Nürnberg vermählt14. Sein Sohn Peter — der Bruder Hans war schon 143 5 verstorben — starb als Letzter dieser Rats­ familie 1449 15. Er ist der einzige Flexdorf er im ältesten Totengeläutbuch. Die Familie hatte Reichslehen und Lehen der Würzburger und Eichstätter Bi­ schöfe 16. Anna Flexdorfer besaß 1423 ein Ewiggeld von Weißenburg17.

11 Werner Schultheiß, Die Acht-, Verbots- und Fehdebücher Nürnbergs von 1285—1400, Nürnberg 1960. Nr. 1024, 1104b, (13 81). 12 Nbg. Bürgerbücher [1523], A. 1403, StAN, Ratsbuch 1, f. 139. 13 W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 72. StAN, ASTB 271, f. 33v. Hs 413, Toten­ kalender der Dominikaner, f. 28r. Anniversarium Eberhard Flexdorffers et Katharinae uxoris eius et suorum. Das war wohl die Stiftung von Eberhard d. Ä. Fl. — Im RB 4, f. 28r, 41 ist 1484 von der Flexdorffer-Stiftung die Rede. 14 Stadtarchiv Nürnberg (künftig zit. Stadt AN) Löffelholzarchiv Nr. 7. In der Urkunde vom 14. 2. 1375 werden die Geschwister Sneberger genannt. Die Brüder Hermann, Bertholt und Franz, der Flexdorferin Schwester Clara verheiratet mit Sebolt Seybot. Stadtbibi. Nbg. Amb. 173°, f. 169r Bertold Sneberger vkft. seinen Hof zu Aurach a. d. Aurach und nennt 1371 Sebolt Seybot seinen Schwiegersohn. Nbg. Bürgerbücher, Bertold Sneberger unter 1058 (13 58) als Bg. genannt. Charl. Scheffler-Erhard, Alt-Nürnberger Namenbuch, Nbg. For­ schungen 5, 1959, S. 292. B. Sneberger im Ämterbüchlein Nr. 258 unter den geschworenen Baumeistern St. Lorenz. StadtAN, Urk. 13 53 Okt. 24. B. Sneberger in einer Geldangelegen­ heit. 15 Andreas Würfel, Lebensbeschreibung der Herrn Prediger. . . Nürnberg 1757, Dominikanerod. Predigerkloster S. 73, Die Todesjahre von Hans und Peter Flexdorfer. Helene Burger, Nürnberger Totengeläutbucher I St. Sebald 1439—1517, 1961, Nr. 666 (künftig zit.: Burger, Totengeläut I Sebald). 16 Wilhelm Altmann, Die Urkunden Kaiser Sigmunds (1410—1437), Innsbruck 1896 u. 1900. Nr. 6519, 1426 März 3 Wien, Peter und Hans Flexdorfer, Der Zehnt zu Dedcersberg. Staatsarchiv Würzburg, Lehenbuch 8, f. 73r. Eberhard Flexdorfer, Hof zu Wendischenerpach b. Ansbach (1395?), StAN, Eichstätter Lehenbuch 3, f. 38r Peter Flexdorfer Zehnt zu Schupf b. Reicheneck 1425. Peter Flexdorfer ist mit Phil. Groß Vormund der Kinder des 1404 ver­ storbenen Heinrich Grabner 1411, Dez. 1. (Hallerarchiv, Hauptarchiv Haller — Farn. Arch. Abt. Besitz 7). Frdl. Mitteilung von Herrn Dipl.-Ing. Helmut Freiherr Haller von Haller-

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Peter Steinberger sammelte wichtige, berufliche Erfahrungen als junger Kaufmann im Flexdorfer-Handel. Eberhard d. J. ist Hauptherr der Gesell­ schaft Flexdorfer-Kegler-Kromer-Zenner, die mit Buntmetallen zwischen den Karpathenländern und dem westlichen Oberitalien handelte 18. Sein Sohn Peter hatte 1425 23 Stück Blei in Zittau liegen und zudem noch 80 Stück Blei in Breslau eingekauft. Mit der Veranlagung zu 5 Salzscheiben gehörten die Flexdorfer 1423 zu den reichsten Nürnberger Kaufleuten19. Bertold Kegler (Chageler) als Handelspartner erregt durdi seine weiten Handelsreisen be­ sondere Aufmerksamkeit. Es ist zu beachten, daß er 1400 im Hause der Flex­ dorfer wohnte 20. Hatte er eine Flexdorferin zur Frau gehabt? Peter Steinberger hat ihn und seine vielfältigen Erfahrungen kennenlernen können. Peter, der 1404 in Freiburg im Üchtland Wolle verkauft hatte 21, trat bis 1406 in Han­ delsorten der Flexdorfer auf. — Ihnen verbunden ist er noch 1441 74a. Vor März 1406 hat Peter Steinberger in Weißenburg geheiratet und zwar die Witwe Anna Gredingerin, deren Mann einer alten Weißenburger Fa­ milie angehört hatte 22. Sie brachte Kinder aus der ersten Ehe in ihre zweite ein. Bekannt wurden Caspar Gredinger (1417) und Niklas Gredinger (1457) als ihre Söhne 23. Zunächst hatte der Nürnberger Rat Verständnis für den Aufenthalt Stein­ bergers in Weißenburg gezeigt und auch den dortigen Rat um Beistand für seinen Bürger und dessen Frau bei Auseinandersetzungen gebeten. Vielleicht handelte es sich um Besitz der Gredingerin? Steinberger, der mehrfach zur Rückkehr nach Nürnberg gemahnt wurde, gab 1407 sein Nürnberger Bürger­ recht auf24. Als Weißenburger Bürger kaufte Steinberger zusammen mit seiner Frau Anna 1408 den Weiler Haardt bei Weißenburg25. Anna gebar ihm den Sohn

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stein, Großgründlach. Margarete Peter Flexdorfin war eine Tochter von Philipp Groß und Schwester von Anna, Heinrich Grabners Witwe. Zu Flexdorfer-Lehen s. auch Anm. 74a. Stadtarchiv Weißenburg, Reihe der Ewiggelder, Quittung mit beschädigtem Siegel. W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 134 f. Weitere Nachweise s. Register. StAN, BB 7, f. 14r. ASTB 109, f. 16v. StAN, ASTB 273, f. 3 5r, 1400. W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, s. Register. Viele und interessante Nachweise zur Tätigkeit Keglers. W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 389. StAN, Ratsbuch 1, f. 144. „Peter Steinberger, der die Frawen zu Weyssenpurg nahm.“ In den Genealog. Papieren im StadtAN ist überliefert, daß die erste Frau (a) eine geb. Schleicher gewesen sein soll. Stadtarchiv Weißenburg, B 44/1 Jahr 1397, S. 16. Ulrich Gre­ dinger. Er könnte Annas Ehemann gewesen sein, da er 1414 nicht mehr genannt ist. Stadtarchiv Weißenburg, B 148/1. In einer Urkundenabschrift zum Karmelitenkloster wird 1417 Peter Steinberger, Bg. z. Nbg., zusammen mit seinem Stiefsohn Claus Gredinger, Bg. zu Weißenburg, bei der Stiftung für eine Seelenmesse erwähnt. StAN, Kaiserl. Landgericht 225b, f. 231. Katharina, Peter d. J. Steinbergers Witwe zu Nördlingen gibt an, daß ihr Mann und Niklaus Gredinger Brüder gewesen sind, 1457. StAN, R B 1 . . „hab man tag geben biz uf martini schirst und man wil im fürbaz kheinen tag mehr geben ..". ASTB 303, f. 197v. W. v. Stromer, Peter Steinberger S. 390. Verkauf ebenda.

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Peter und die Tochter Anna. Vor 1413 scheint Anna in Weißenburg verstorben zu sein. Peter Steinberger hatte im Raum um Weißenburg lebend den Bruder Hans Steinberger. Seine Persönlichkeit ist fünfmal in Urkunden faßbar: 1402, 1418, 1419, 1420 und 1426. 1402 erhielt Hans Steinberger als königliches Lehen eine Hut auf dem Weißenburger Wald. Als freies Eigen verkaufte er 1419 seinen Hof Wengen bei Bechthal (LK Weißenburg), von 1418 bis 1426 hatte er als königliches Lehen eine Forsthube auf dem Weißenburger Wald 26. Nach dem Tode seiner Frau Anna kam es wohl mit dem Rat zu Weißen bürg erneut zu Schwierigkeiten. Er siedelte nach Nürnberg über und erwarb nun als Peter Steinberger von Weißenburg 1413 erneut das Nürnberger Bürger­ recht 27. Am 31. Oktober 1414 verkaufte er zusammen mit seiner zweiten Frau Kunigunde den 1408 erkauften Weiler Haardt. Als Bürge und Siegler wirkte Steinberger mit anderen am 10. März 1414 bei dem Verkauf mit, den Ulrich d. Ä. Rigler zu Weißenburg, seine Frau Kathrein und ihre Enkel Hans Rigler zu Nürnberg und dessen Bruder Niklas vollzogen. Für 18 58 Gulden ging das Dorf Raitenbuch (LK Weißenburg) mit dem Burg­ stall nebst den Vogteirechten an das Kloster Rebdorf über 27a. Peter Steinberger hatte Stiefkinder Gredinger und eigene Kinder erster Ehe. Dazu brachte ihm Kunigunde aus ihrer Ehe mit Hans Rummel zwei Söhne, Hans und Niklas Rummel, mit und wurde in der zweiten Ehe Mutter eines Sohnes Hans Steinberger. Es galt für die Eheleute Peter und Kunigunde Kinder aus vier Verbindungen zu vereinen. In einem Falle kam es zu einer ehelichen Verbindung unter ihnen. Peters zweite Frau könnte eine geborene Schlüssel­ felder gewesen sein. Es gibt zwei Indizien dafür. Hans Rummel steuerte 1400 im Haus der Schlüsselfelder28. Wahrscheinlich ist Hans Rummel 1411 ge­ storben. Steinberger wünschte in seinem Testament im Grab der alten Schlüsselfelderin (seiner Schwiegermutter?) bei den Predigern beigesetzt zu werden 62. Kunigundens Schwager erster Ehe war der bekannte Fernkaufmann Niklas Rummel29. Nichts kann klarer die nahe Verwandtschaft ihrer Söhne zu Hein26 J. Chmel, Reg. Ruperti, Frankfurt 1834, 1400—1410, Nr. 1312, 1402 Sept. 1. StAN, Rep. 18. 1419 I 14. Kaiserl. Landgericht 212, f. 78v, 1420. Es geht um eine Hintersassin von ihm. W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 388. Die Forthube auf dem Weißenburger Wald 1418—1426.

27 Nbg. Bürgerbücher [1636], Peter Steinberger von Weißenburg erwarb 1413 das Nürnberger Bürgerrecht. StAN BB 4. f. 32r, 34v. Es handelt sich um ein Geleit, das Weißenburg dem Nbg. Bürger gewähren möge. 27aStAN, Hochstift Eichstätt, Urk. 1414 März 10. Mit Steinberger siegelten Peter Rayß, Heinrich Spalter zu Weißenburg, Hermann Grundherr, Peter Beheim, Hans v. Locheim und Ulrich d. Ä. Rigler. Das Siegel Steinbergers ist gut erhalten. Ein Siegel fehlt. S. auch Anm. 3. Vor den Rigler hatte Raitenbuch den Morspeken gehört. Herrn Oberarchivrat Dr. Klaar für frdl. Unterstützung vielen Dank. 28 StAN, ASTB 273, f. 5r. 1400. 29 Christa Schaper, Die Hirschvogel von Nürnberg und ihr Handelshaus. Nbg. Forschungen 18. 1973, S. 35.

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rieh I. Rummel dem Reichen beweisen wie die Verleihung des gebesserten Wap­ pens 1433 in Rom30. Ritter Franz Rummel brachte die kaiserliche Verleihung für sich und seine vier Brüder Johann, Heinrich, Georg und Wilhelm mit. Alle fünf Brüder waren Söhne Heinrichs I. Rummel (f 1417). Sodann galt die Ver­ leihung für die Vettern Lorenz Rummel (Sohn des Wilhelm I. R. f 1425 und Neffen Heinrichs I. R.) sowie Hans und Niklas Rummel (die Söhne des Hans und der Kunigunde). Niklas d. Ä. Rummel blieb den Söhnen seines verstorbe­ nen Bruders nachweisbar mit Fürsorge verbunden 31. So ergaben sich zwischen diesem übernationalen Kaufmann und Steinberger nicht allein menschliche Be­ ziehungen, sondern fraglos auch Gespräche mit staats- und handelspolitischen Informationen. Peter Steinberger hatte als Weißenburger Bürger 1412 einen Zehnten von Auernheim vom Eichstätter Bischof bestätigt bekommen 32. Als Bürger von Nürnberg empfing er wiederum das Sechstel des Groß- und Kleinzehnten zu Auernheim. Ein zweites Sechstel hatte er 1418 von Heinrich Spalter zu Weißenburg gekauft. Dazu erwarb er einen Hof zu Bubenheim von Anton Spalter zu Nürnberg33. Der Bischof von Eichstätt bestätigte 1432 Steinberger erneut als Inhaber des Drittels des Auernheimer Zehnten. Bei der vorgenannten Familie Spalter handelt es sich um ein angesehenes Geschlecht in Weißenburg, das dort auch im 14. Jahrhundert nachzuweisen ist. Angehörige dieses Hauses waren in Nürnberg als Kaufleute tätig 34. Zu dem schon bekannten Kreis von Weißenburgern in Nürnberg ist auch die Familie Starck zu zählen35. Vom Jahr 1414/15 bis 1440 besaß Peter Steinberger den Groß- und Klein­ zehnten zu Trommetsheim bei Gunzenhausen 3e. Im Jahr 1417 hat er den Hof

30 Stadt AN, LL 100, f. 69r—70r. 31 SiadtAN, Genealog. Papiere Rummel, Niklas d. Ä. Rummel hatte für Klas, den Sohn seines verstorb. Bruders Hans, 1421 in Mainz ein Ewiggeld gekauft. StAN, Losungsbuch 69. f. 42v. Hans Rummel, sein Neffe, erhielt die Hauptsumme, 1000 g., eines Ewiggeldes, als Erbe nach ihm ausgezahlt. 32 W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 390. 33 Herr Brun Appel, Diözesanarchiv Eichstätt, machte mich freundlicherweise darauf aufmerk­ sam, daß sich in den Eichstätter Sammelblättern Material zu den Steinberger und Hans Rummel befände. Adam Hirschmann, Regesten d. Kl. St. Walburg zu Eichstätt. Sammelblatt 5, 1891. Nr. 271, 306. StAN, Eichstätter Lehenbuch 3, f. 36v, f. 38r. Lehenbuch 4. f. 3 5v. So gelang es, die Besitzgeschichte des Zehnten zu Auernheim zu klären. Schon 1384 waren 2 Dritteile in der Hand des Abtes und des Gotteshauses von Walderbach. Nur ein Dritteil war in bürgerlicher Hand. Peter Steinberger bekam 1407 ein Sechstel auf dem Erb­ wege oder durch die 1. Ehefrau? Das 2. Sechstel war in der Hand der Spalter zu Weißen­ burg. 34 StAN, Hs 249, Die Spalter. Zwischen ihnen und Steinberger bestand vielleicht eine familiäre Verbindung. 35 Wilhelm G. Neukam, Ulrich Starck, ein Nürnberger Handelsherr und Unternehmer (f 1478), S. 177 f. In: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs I, 1967. 38 W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 389.

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zu Trommetsheim empfangen, darauf derSpensezer gewesen war, und auch eine Hofstatt37. Wann hat Peter Steinberger das Haus Burgstraße 10 (alte Nr. S 606) er­ worben 38? Im Brunnenbuch von 1419 wird Steinberger neben Rudolf Sachs bei der „Schiltrore vor dem Sachsen" aufgeführt. Die Lage dieses Hauses am Berg unter der Veste wird wiederholt mit der „Schiltrore" in Verbindung gebracht. Neben einem Anrecht an dem in einer Röhre zugeleiteten Wasser besaß Stein­ berger noch Rechte an Schöpfbrunnen 39. So erscheinen beim „Brunnen bei den Predigern vor Bertold Maler" Steinberger und die Heintz Beheimin gemein­ sam. Hier wird eine Hausgemeinschaft erkennbar, die sich auch bei der Angabe im Salzbüchlein von 1423 und in den Losungslisten beobachten läßt. Stein­ berger und die Beheimin wurden 1423 zu sechs Salzscheiben veranlagt, was sie in die Reihe der Nürnberger „Spitzenvermögen" einfügt40. War Katharina Beheim eine nahe Verwandte des Peter Steinberger? Sie wurde vor Frühjahr 1418 die Witwe von Heintz Beheim. Wenn er nicht in die Ratsfamilie Behaim einzuordnen ist, könnte er der Heintz Beheim von Haslach sein, der 1404, ein Jahr nach Steinberger, Bürger von Nürnberg wurde 41. Viel­ leicht hat er hier auch als Kaufmann gewirkt. Katharinas Tochter Ursula nahm vor 1430 Georg Lengenfelder zur Ehe, der sodann oft an der Seite von Stein­ berger auftritt42. In Steinbergers unmittelbarer Nachbarschaft erregt Rudolf Sachs Interesse, der bis zu seinem Tode das Haus Burgstraße 8 (alte Nr. S 605) besaß. Er ent­ stammte einer bedeutenden Kaufmannsfamilie und war selbst im Geldgeschäft tätig. Als Partner von Steinberger ist er erwiesen. Es ist überliefert, daß er mit Elisabeth Grabner verheiratet war. Kunigunde, die Tochter dieser Ehe, wurde 1447 die Frau von Bertold d. J. Nützel. Die Frauenkirche birgt den Toten­ schild des Sachs. Das angegebene Todesjahr 1432 ist irrig. Überliefert ist als Todesdatum des „Rudolf Sachsen unter der Vesten" der Apollonientag 1435 (9. Februar)43. 37 HSTAMü, Graisbach Gericht Nr. 3, p. 19. (Aus einem alten Salbuch von Graisbach von 1417.)

38 Franz von Soden, Christoph Scheurl der Zweite und sein Wohnhaus in Nürnberg. Nürnberg 1837, S. 100. Dort auch die Familie Lengenfelder genannt. 39 StadtAN, Rst. Bauamt. Amtsbücher Nr. 6. Das Brunnenbuch von 1419. f. 39r Schiltrore vor dem Sachsen; f. 37r im Abschnitt zum Brunnen bei den Predigern vor Bertold Maler. — Dann sind beim Brunnen bei dem Rosenbad Heintz Beheim und Peter Steinberger in einer Zeile nebeneinander genannt f. 49v. Ebenso erscheint Steinberger beim Brunnen oben an der Schampachin Haus f. 42r. Interessant ist, daß bei der „Schiltrore" f. 39r als Steinbergers zweiter Nachbar Hans Trostberger, der große Viehhändler, erscheint, der nach BB 10, f. 243r (1433) als kürzlich gestorben bezeichnet wird. Zu ihm auch Brunnenbuch f. 49v. 40 W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 433. 41 St AN, Kaiserl. Landgericht 202, f. 208v. Nbg. Bürgerbücher [1531], Heintz Beheim von Haslach 1404. 42 W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 430, 432 f. 43 StadtAN, Lochners Norica VI, S. 567. W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 316 5

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Nach Wolfgang von Stromer beginnen mit dem Jahre 1416 Steinbergers große Geldgeschäfte. Hier können nur wenige Beispiele gebracht werden 44. So war Steinberger um 1420 zur Hälfte an einem Darlehen von 28 000 0 an Markgraf Friedrich von Brandenburg beteiligt. Die andere Hälfte erlegte Thomas Vischer für die Lochheim-Starck-Gesellschaft. Zusammen mit Vischer war Steinberger an der Regelung von Darlehen aktiv beteiligt, die König Sigmund von Nürnberger Kaufleuten, darunter Wilhelm d. Ä. Rummel, er­ halten hatte. Im Zusammenhang mit diesen geglückten finanztechnischen Aktionen, bei denen auch die Belehnung des Herzogs von Savoyen mit der Grafschaft: Genf eine Rolle spielte, verlieh der König 1422 Steinberger ein ver­ ändertes Wappen, das das alte Wappentier — den Hund — in neuer Zeichnung zeigte 45. Wilhelm d. Ä. Rummel starb 1425. Mit dem Abtreten dieses großen Ban­ kiers, der Geldgeber an königliche und fürstliche Schuldner gewesen war, mag sich der Einfluß Steinbergers im Geldgeschäft noch verstärkt haben. Es ist durchaus möglich, daß durch die nahe Bindung an die Familie Rummel ihre Gelder nun durch Steinberger zu einer ähnlichen Anlage kamen. Mit dem Jahr 1431 wurde Steinberger zum Genannten der Reichsstadt er­ wählt 45a. Neben der Partnerschaft mit Nachbarn und Hausgenossen sind für Steinbergers Wirken auch Vormundschaften und sein Eintreten als Zeuge zu beachten. Am 26. Juli 1420 wirkte er als Vormund für die Brüder Hans und Heinz Eichler (Aichler), die ihr Haus bei den Predigern verkauften. Da Hans sich außer Landes befand, kann es ein junger Kaufmann gewesen sein, zumal anzunehmen ist, daß es sich um die Söhne des Kaufmannes und Wechslers Hans Aichler handeln könnte 46. Einer der am frühesten erhaltenen Testamentsauszüge aus dem wichtigen Testamentenband führt in das Jahr 1429 zurück. Conrad Erck, gen. Molitor, der im Stadtteil Sebald nachweisbar ist, erwähnte namentlich seine Frau, seine fünf Kinder und seine Geschwister. Peter Steinberger war neben Heinrich Fronhofer Testamentsvollstrecker. Aus einem Bamberger Lehenbuch war zu er­ sehen, daß Fronhofer der Schwiegersohn gewesen ist47. f. S. 423 Anm. 130. Hektor Ammann, Die Diesbach-Watt-Gesellschaft, St. Gallen 1928, Urk. S. 10, Nr. 3. 1406. StAN, Hs 249. Die Sachs. StadtAN, Genealog. Papiere Nützel. 44 W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 398, S. 417/18. 45 Das Österreichische Hauptstaatsarchiv verbesserte das bei Altmann gebrachte Datum der Wappenverleihung im Reichsreg. G. f. 136r auf den 4. 9. 1422. Leider ergab die Nach­ frage nach dem Wappenbrief, daß nur die Tatsache der Verleihung vermerkt ist. Eine Be­ schreibung des Wappens, aus der auf die Herkunft geschlossen werden könnte, ist nicht beigegeben. Für die Auskunft verbindlichen Dank. Zu den Steinberger-Wappen s. W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 418, Anm. 109. 45aJ. F. Roth, Verzeichnis aller Genannten des größeren Rats, Nürnberg, 1802, S. 25. 46 StadtAN, Lochners Norica VI, S. 621. W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 350, 3 54. 47 Stadtbibi. Nbg. Ämb. 173, 2° (künftig zit.: Nbg. Testamente), Testament 117d. Staatsarchiv Bamberg, StB 5 (1432—1439), f. 210r. Niklas Erck v. Nbg. Molitor genannt, Conrads sei.

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Im gleichen Jahr 1429 war in Nürnberg Burkhard Mufflinger Bürger gewor­ den. Er wird kaum einer Nürnberger Familie entstammen, trotzdem wurde er ohne Herkunftsbezeichnung gebracht. Wahrscheinlich wird er vorher schon länger hier in kaufmännischer Ausbildung und Verantwortung gestanden haben. Es ist möglich, daß Mufflinger aus der Gegend um Scheinfeld stammte. In höherem Lebensalter mag er dort wieder gelebt haben, 145 5 wird er als Burkard Mufflinger zu Oberleimbach bezeidinet48. Vor 1431 hat er in Nürn­ berg geheiratet und zwar Margareth, die Tochter des verstorbenen Cuntz Hemmerlein, eines „sarwurk“ (Panzerhemdenschmied). Ihre Mutter Margareth hatte in zweiter Ehe Conrad Sidel geheiratet und starb 1445 49. Es war das Haus Obere Krämersgasse Nr. 12 (alt Nr. S 501), das an Mufflinger über seine Frau aus dem Erbe seines Schwiegervaters Hemmerlein gelangte 50. Für Steinberger wurde Mufflinger zu einer Persönlichkeit besonderen Ver­ trauens, die er 1444 zum Vollstrecker seines Testaments einsetzte 62. Muff­ linger, den Hektor Ammann zu den bekannten Kaufleuten rechnete, hat auf seinen zahlreichen Handelsreisen vielfach die Zollgelder Nürnbergs in der Schweiz erlegt. Er ist als Mitglied der Watt-Diesbach-Gesellschaft erwiesen. Sein Lebenserfolg ist an seinem Vermögen abzulesen, er wurde 1443 zu vier Salzscheiben veranlagt51. Die Untersuchung der Umstände der Gefangennahme Mufflingers am 9. Oktober 1434 durch Werner Roßhaupter ist Lore Sporhan-

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Sohn. Seine Brüder Cuntz d. Ä., der nicht zu Lande ist, Wilhelm d. J., der noch nicht zu seinen Jahren kommen ist. Heinrich Fronhofer Ayden des Conrad (um 1433). Nbg. Bürgerbücher [1772], Muflinger Purkard, NB (A. 1429). StAN, Rep. 8. Nr. 90, 1455 III. 19, Burkart Mufflinger zu Oberleimbach Verkäufer eines Hofes. Kaiserl. Landgericht 118, f. 156 Mufflingers Güter zu Ober- und Niederleimbach. f. 192 wird ein Cuntz Muff­ linger zu Scheinfeld genannt. Das Haus von Mufflingers Frau wurde 1453 verlassen (StadtAN, Urk. Reihe Nr. 2514 o. D.). Ab diesem Jahr kann vermutet werden, daß Muff­ lingers sich oft außerhalb aufgehalten haben. StAN, BB 31, f. 227v, 1464 Hans v. Waldenfels nennt Sebald Mufflinger seinen Schwager. Kann er zur Familie des Burkard M. ge­ hören? StAN, Losungsbuch 69, f. 23v, Cuntz Hemmerlein, Sarwurk, hatte 1428 64 g. Ewiggeld erkauft. Davon gab 1431 Margareth, seine Tochter, verheiratet mit Burkard Mufflinger, an seine Witwe Margareth, die in zweiter Ehe mit C. Sidel verheiratet war, 28 g. ab. Weitere Einträge zum Ehepaar Mufflinger darin f. 24r u. v. Stiftungen 1454 und 1458. Rep. 8, 1444 VII 8. Stiftungen. Nur einmal kommt der Name Mufflinger im ältesten Totengeläutbuch vor. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 398. Siglin, der Mufflinger Mutter 1445. Herr Karl Kohn hat den Besitz der Familien Hemmerlein-Mufflinger an diesem Haus, das heute seiner Familie gehört, identifiziert. Diese Feststellung war für midi wertvoll. Die genauen und umfassenden Kenntnisse Nürnberger Topographie, die Herr Kohn besitzt, gaben den Gesprächen über das Brunnenbuch (Anm. 39) und die Lage der dem Steinberger benachbarten Brunnen aufSchluß reichen Inhalt. Vielen Dank! Henry Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi. . Stuttgart, 1887. Bd. I. Nr. 379, Nr. 384, 1432. Mufflinger waren Waren aufgehalten worden. Paul Sander, Die reichsstädtische Haushaltung, 1431—1440, Leipzig 1902, S. 501, 514, 517. Hektor Ammann, Die WattDiesbach-Gesellschaft, St. Gallen 1928. S. 54 f. u. a. O. Urk.-Nachweise. StAN, ASTB 110, f. lOv, 1443, 4 Salzscheiben.

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Krempel zu danken52. Peter Steinberger war einmal Schuldner des Roßhaupters gewesen. Er gehörte zu den Bürgen der 1000 fl Lösegeld für Mufflinger. Im Jahr 1437 sind Steinberger und Mufflinger zusammen Zeugen im Testa­ ment von Anna Fritz Schürstabin, einer Tochter des Ott Heiden, mit dem Stein­ berger 1416 Bürgschaft für Burggraf Johann übernommen hatte53. Auch beim Testament von Ulrich d. Ä. Erckel sehen wir 143 8 wieder gemeinsam als Zeu­ gen Steinberger und Mufflinger 54. In Steinbergers unmittelbarer Nachbarschaft hatte sich 1435 ein Wechsel vollzogen. Hans Siegwein hatte das Haus erworben, das dem verstorbenen Rudolf Sachs gehört hatte 55. Bei den Siegwein fällt es schwer, die einzelnen Persönlichkeiten abzugrenzen. Die Familie bevorzugte den Vornamen Hans in dem Maße, daß es, wie es scheint, Hans d. Ä., Hans den Mittleren und Hans d. J. gleichzeitig gab. Es handelte sich um eine Kaufmannsfamilie, die schon 1420 im Venedig-Handel tätig war und 1437 im Handelsverkehr mit Böhmen nachzuweisen ist56. Die Siegwein hatten sich u. a. im 15. Jahrhundert mit den Nützel und den Fütterer verschwägert. An Peter Steinbergers anderer Hausseite war Sebald Imhoff der Nachbar, der als Kaufmann im Fernhandel wirkte und bis zu seinem Tode in diesem Hause wohnte56a. Vor dem Neuen Tor hatte Steinberger eine Reihe von Jahren einen Garten inne, der ihm „aus Gnaden“ verliehen worden war. Diesen Gnadenbeweis seines seligen Vaters (Markgraf Friedrich) überlieferte Markgraf Albrecht 1446 bei der Neuverleihung des Gartens an Steinbergers Söhne Peter d. J. und Hans57. Der Garten war dem von Jacob Auer benachbart. Der älteste Sohn Steinbergers, Peter d. J. Steinberger, muß schon eine Zeit­ lang, ehe er am 27. November 1433 Paktbürger von Nördlingen wurde, mit Katharina, der Tochter des vorerwähnten Geschäftspartners seines Vaters Tho­ mas Vischer und dessen Frau Margarethe, die Ehe geschlossen haben. Das ist aus dem Hochzeitsjahr 1445 seiner Tochter Katharina zu schließen87. Stein­ bergers d. Ä. Tochter Anna hatte an seinem Stiefsohn Hans Rummel Gefallen gefunden. Diese Eheschließung wird sich in den Jahren vor 1440 vollzogen haben 57a. 52 Lore Sporhan-Krempel, Die Roßhaupter-Fehde 1433—1439. In: MVGN 61, 1974, S. 19, 20 f., 24. 53 Nbg. Testamente, Test. 115e. W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 398. 54 Nbg. Testamente, Test. 12 lb. 55 StadtAN, Lochners Norica VI, S. 567. 56 Christa Schaper, Die Hirschvogel von Nürnberg und ihr Handelshaus, Nbg. Forschungen 18, 1973, S. 47, S. 52. 56aStAN, ASTB 274, f. 36. 1427. Nbg. Testamente, Test. 65e. 57 StAN, Ansbacher Lehenbücher 7, f. 87v, 1446; f. 93r, 1453. Peter Steinberger zu Nörd­ lingen und Hans Steinberger verkaufen 1453 den Garten an Conrad Paumgartner d. J. und Sebalt, seinen Bruder. 57aStAN, ASTB 304, f. 200v. Hans Rummel gab quinta p. Martini 1436 sein Bürgerrecht auf. „Der Rat will ihm gönnen im Eichstätter Hofe zu sitzen auf des Rats widerrufen.“ BB 13,

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Peter Steinberger

Peter Steinberger hat durch seine großen finanziellen Transaktionen unter den Nürnberger Kaufleuten der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine be­ sondere Stellung eingenommen, die ihm Achtung und Einfluß eingetragen hatte. Haben jedoch die risikoreichen Darlehen mehr von der Substanz seines Vermögens verzehrt, als er vor den Seinen verantworten konnte? Auch Thomas Vischer, der an den ungewöhnlichen Geldgeschäften beteiligt gewesen ist, kann dabei keine Reichtümer gesammelt haben. Es fällt auf, daß Peter d. J. Stein­ berger, der Sohn und Schwiegersohn der Finanzkaufleute, in Nördlingen ein bescheidenes Vermögen versteuerte58. Anna, seiner Tochter, waren wohl Liegenschaften in Eichstätt und Umgebung zugefallen, die zu ihrer und ihres Mannes Übersiedlung nach Eichstätt führten. Burg Flüglingen bei Weimersheim und Rechte in Gunzenhausen waren Peter Steinberger und Thomas Vischer am 1. Januar 1437 von Markgraf Friedrich verpfändet worden. Peter Steinberger übte Vogteirechte in Gunzenhausen aus; das tritt in Nürnberger Briefbüchern zutage 59. In den letzten Lebensjahren arbeitet Steinberger bei der Gewährung von Darlehen mit Konrad Paumgartner zusammen. Es handelte sich um Gelder und Pulverlieferungen zur Führung des Krieges von Markgraf Albrecht Achilles und Herzog Ludwig dem Höckrigen gegen dessen Vater Ludwig den Ge­ barteten von Bayern-Ingolstadt von 1439 bis Ende 1444 60. Noch einmal zeigt sich die Verbundenheit zu den Rummel neben der wieder­ holten geschäftlichen Partnerschaft mit Franz Rummel in der Zeugenschaft beim Testament der Veronika Ulrich Rumblin 1444 61. Veronika war die Tochter von Ulrich d. Ä. Arzt und die erste Frau von Ulrich Rummel gewesen. Sie starb 1445. Im Jahr 1444 entschloß sich auch Peter Steinberger dazu, ein Testament ab­ zufassen. Zu Vollstreckern seines letzten Willens hatte er seinen Bruder Hans Bünikin, dessen Sohn Weigand und Burkard Mufflinger gebeten. Dieses Testa­ ment war bisher nicht zu verifizieren, weil es einen Hans Steinberger irrtümlich als Erblasser in dem Auszug nennt62. Aus Akten des Kaiserlichen Landgerichts

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f. 163, 283r, 295r. Hans Rummel 1438 und 1439 als Kästner bzw. Amtmann des Bischofs Albert v. Eichstätt auf dessen Hof zu Nürnberg. Zum Eichstätter Hof s. Nbg. Chronik II, S. 191. Zu Bischof Albert s. Monumenta Germaniae Historica SS 25, 1880 S. 607—609. Der Bischof hat den Eichstätter Hof zu Nbg. renovieren und erweitern lassen. Frdl. Hin­ weis von Herrn B. Appel, Diözesanarchiv Eichstätt. „den schön kostenlichen Hoff wol durchbaut“ ließ der Nbg. Rat 1449 während des Krieges abbrechen. Rummel wird ab 1436 Kästner gewesen sein. Er ist der erste Kästner, der bisher auf dem bischöflichen Hof zu Nbg., der bei St. Egidien lag, bekannt wurde. W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 424. W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 427. StAN, BB 12, f. 232r u. v. BB 13, f. 52r, 58r. W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 429/30. Nbg. Testamente, Test. 42c. Burger, Totengeläut I Sebald Nr. 436. Nbg. Testamente, Test. 38b. „Hanß Steinberger burger testiert, will zum Predigern vnter der alten Schlüss elfeiderin Stein begraben werden, Kunigund uxor, Peter und Hans seine sohn und Anna Rumblin sein Tochter, Flügling mit seiner Zugehör sampt dem schäfhof

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Nürnberg geht jedoch einwandfrei hervor, daß die in dem Testament ge­ nannten drei Geschwister Kinder von Peter d. Ä. Steinberger gewesen sind 63. Flüglingen mit dem Schafhof ging an den jüngsten Sohn Hans und Anna Rum­ mel, geb. Steinberger, Rohrach mit Zubehör fiel an Peter d. J., den ältesten Sohn, dazu noch die Vogtei Gunzenhausen, von deren Leistungen er an seine Geschwister etwas abtreten sollte. Über die genannten Erbteile hinaus haben aber die Geschwister noch weitere Grundrechte und Vermögens teile gehabt, was aus späteren Archivalien hervorgeht. Die Testamentszeugen unterstreichen seine geschäftlichen Beziehungen, Ulrich Starck und Hans Ulstatt siegelten das Dokument. Ulrich Starck64, dessen Familie Bindungen zu Weißenburg hatte, war der Hauptherr der Handels­ gesellschaft Lochheim-Starck und ein bedeutender Kaufmann gewesen. Sein Faktor und Teilhaber war der oft genannte Thomas Vischer (f vor 1443) ge­ wesen. Hans Ulstatt war Teilhaber der Augsburg-Nürnberger Handelsgesell­ schaft Arzt-Paumgartner-Gossembrot65. Seine Frau Justine Arzt war die Schwester der vorgenannten Veronika Rummel. Am 27. Januar 1445 tritt Peter d. Ä. Steinberger noch einmal als Zeuge auf 68. Wann ist er gestorben? Das Sebalder Totengeläutbuch bringt seinen Namen im Zeitraum 19. 5.—15. 9. 1445 an zweiter Stelle in der Namen­ reihe. Es ist überliefert, daß die Dominikanerkirche einen Totenschild besessen hat, der Peters d. Ä. Steinberger Todestag mit „1442Pfintztag von St. Veitstag“ angab 67. Das angegebene Todesjahr ist irrig. Sein Sterbetag wäre danach der 10. Juni 1445 gewesen. Die ihm nahverbundene Katharina Beheim, Witwe des Heintz Beheim, hat ihn um wenige Jahre überlebt. Ihr, der „Beheimin [des] Langenfelder Schwie­ ger“ wurde im Sommer 1449 geläutet68. Aus den Händen ihrer Tochter, der Witwe Ursula Lengenfelder, und deren Sohns Franz Lengenfelder ging das Haus, das später das Eigentum der Scheurl wurde, 1479 zunächst in die des Jobst Tetzel über.

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verschafft er Hanßen u. d. Anna, den Rorach mit seiner zugehör dem Peter, hat die Vogtei zu Gunzenhausen, davon er 60 Hüner den andern herausgeben soll. Sein Bruder Hanß Bünikin, Weigand deßen Sohn u. Burkard Muflinger Executores. Testes: Ulrich Stark, Hans Ulstatt 1444“. StAN, Kaiserl. Landgericht 117, f. 225. Anna, Hans Rumeis Hausfrau, klagt gegen Cuntz Possen zu Flachslanden um 135 Gulden, die er ihrem verstorbenen Vater Peter Stein­ berger schuldig ist. Dieser Betrag ist ihr in der Teilung mit ihren Brüdern Peter und Hans den Steinbergern zu ihrem Teil gefallen (fer. sec. ante festum St. Laurenti 1447). Könnte der Schuldner in einem Zusammenhang stehen mit der Familie des Ulrich Possen, Anm. 8? W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz. Im Register viele Hinweise zu Ulrich Starck. S. auch hier Anm. 3 5. W. v. Stromer, Peter Steinberger, S. 431. StadtAN, Lochners Norica VII, S. 534. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 370. A. Würfel, Lebensbeschreibung d. Herren Pre­ diger ..., Dominikanerkloster S. 73. Burger, Totengeläut I Sebald Nr. 700. S. auch Anm. 38.

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Peter Steinberger

Bald nach dem Tode des Vaters kam es zum Streit zwischen den Brüdern Hans und Peter Steinberger; das wird am 6. Oktober 1445 offenbar. Markgraf Albrecht von Brandenburg hatte den Brüdern vordem einen gütlichen Tag zu Cadolzburg gesetzt. Die Brüder haben sich jedoch nicht einigen können; das teilte Hans dem Nürnberger Rat mit69. Hans war der Meinung gewesen, daß der Vater seinem Bruder zu Nördlingen „etwas vast mer hab geschickt", und fühlte sich deshalb benachteiligt. Er kam aber zugleich auch in Streit mit Hans Rummel und Frau Anna, seiner Schwester, um Rechte zu Gunzenhausen, zu Rohrach und zu Eichstätt. Nachgewiesen ist, daß Hans Steinberger als Kaufmann tätig war. Er wurde gemeinsam mit Peter Kötzler, dem seit 1445 mit seiner Nördlinger Nichte Katharina Steinberger verheirateten Nürnberger, 1447 gefangen genommen 70. Mutter Kunigund hat ihrem Sohn Hans Steinberger schon zu ihren Leb­ zeiten am Donnerstag nach St. Martinsabend (16. XI.) 1447 ihr halbes ober­ halb Hans Siegwein gelegenes Haus, das in „ir ainshand" stünde und all ihren Hausrat, Trinkgefäß und Kleinod „itzund" in seine „ainshand" über­ geben 71. War es allein ein Dank dafür, daß Hans sich bemüht hatte, Schuldner seines Vaters zur Zahlung zu bewegen, wie es aus Akten des Kaiserlichen Landgerichts Nürnberg hervorgeht, oder war es vielmehr die Fürsorge der Mut­ ter für ihren jüngsten, in wirtschaftliche Bedrängnis geratenen Sohn? Die Mutter wies 1447 noch drei Salzscheiben nach, was einem guten Ver­ mögensstand entsprach. 1448 setzte sie ihr Testament auf und hatte dazu als Zeugen Sebald Kreß und Wilhelm Hirschvogel gebeten. Dabei wurde sicher die erwähnte Übertragung an den Sohn Hans Steinberger wiederholt, aber auch die Söhne erster Ehe Hans und Clas Rummel waren mit Erbanteilen be­ dacht worden, wie später sichtbar wird 79. Kunigund Steinberger starb im Som­ mer 1448 72 und fand fraglos ihre letzte Ruhe, wie auch ihr Mann, bei den Predigern unter der alten Schlüsselfelderin Stein. Der ganze Streit der Steinberger-Geschwister um das Erbe kann nicht bis ins einzelne verfolgt werden. Wichtig ist dabei, daß dadurch Ortsnamen auf­ tauchen, in denen alter Steinberger-Besitz gesichert scheint. Die Kenntnis er­ gibt sich z. T. aus Anträgen auf Beschlagnahmen, die die Gläubiger des Hans Steinberger durchführten, um Orte, die vor und nach dem Tode von Peter d. J. Steinberger zu Nördlingen aus Verkäufen sichtbar werden. 69 StAN, RB 1, f. 157r, 6. Oktober 1445. Hat Markgraf Albrecht nur als Landesvater ge­ handelt oder auch, weil er der Familie des Peter d. Ä. Steinberger verpflichtet war? 70 Roth. Nbg. Handelsgeschichte I, S. 208. StAN, BB 19, f. 25 spricht auch von Gefangen­ nahme des Steinberger. 71 Familienarchiv der Freiherren von Scheurl, Nürnberg. Herrn Lic. theol. Siegfried Frei­ herrn von Scheurl vielen Dank für die freundliche Auskunft und die Übergabe von Wieder­ gaben der zwei Urkunden. Hier Urk. 89, 1447. 72 StAN, ASTB 111, f. 20r. Nbg. Testamente, Test. 94d. Chr. Schaper, Die Hirschvogel v. Nürnberg und ihr Handelshaus, Nbg. Forschungen, Bd. 18, 1973, S. 35, 76. Burger, Toten­ geläut I Sebald, Nr. 579.

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Zu dem zeitweisen Besitz des Weilers Haardt bei Weißenburg 25, des Hofes Wengen bei Bechthal (LK Weißenburg) in der Hand von Hans d. Ä. Stein­ berger26 treten im Landkreis Weißenburg 3 Höfe zu Alesheim, 4 Tagwerk Wiese „die Heckwiese“ 72a frei lauter eigen bei Alesheim (Hans d. J. Stein­ berger), der Groß- und Kleinzehnt zu Auernheim (ein Drittel), ein Hof zu Biburg, ein Hof zu Bubenheim, Besitz zu Emetzheim, Flüglingen mit dem Schafhof, in Gunzenhausen die Vogtei, eine Behausung und ein Ewiggeld, ein Hof zu Holzingen, der Zehnt zu Langenaltheim, Besitz zu Obenbrunn 73, Be­ sitz zu Rohrach (bei Degersheim), Besitz zu Treuchtlingen, der Groß- und Kleinzehnt zu Trommetsheim (1414/15—1440), ein Hof zu Trommetsheim, eine Wiese zu Trommetsheim, Dorfrecht und Ehehaft zu Wachenhofen, ein Hof zu Wachenhofen, eine Wiese in dem Brül zu Wachenhofen, Besitz zu Wach­ stein, zu Wurmbach und zu Windsfeld 74. Gemeinsam mit Peter Flexdorfer er­ hielt Peter Steinberger 1441 als Lehen ein Gütlein zu Horlein (?), dazu je ein Seldengütlein zu Veitsaurach, zu Watzendorf und zu Windsbach vor der Stadt (LK Ansbach)74a. Was Peter Steinberger in Eichstätt besaß, kam in die Hand seiner Tochter Anna Rummel; um was es sich da gehandelt hatte, ist nicht feststellbar. Hans Steinberger muß in harte Bedrängnis gekommen sein, daß er seinen Erbteil, den Halbteil am väterlichen Haus unter der Veste zwischen Sebald Imhoff und Hans Siegwein Häusern gelegen, am Donnerstag vor St. Leonharts­ tag (4. XII.) 1451 dem Juden Jacob Zyttadel übergab mit Wort und Willen des Eigenherren Jorg Lengenfelder 75. Hans Steinberger scheint sich danach mehr­ fach von Nürnberg entfernt zu haben. Er hielt sich in Treuchtlingen auf, wo er 1453 mit seiner Frau Magdalena eine Wiese in dem Brül zu Wachenhofen verkaufte76. Hans Steinberger „an der Zeit zu Treuchtlingen geseßen“ und Magdalene verkauften ihren frei lauter eignen Besitz, Dorfrecht und Ehe­ haft des Dorfes zu Wachenhofen, an Ulrich Hertwig, Bürger zu Weißenburg, 72a StAN, Kaiserl. Landgericht 225b, f. 54. 73 Lazarus Karl v. Wölkern, Historica Norimbergensis Diplomatica, Nürnberg 173 8, n. 338, 1443.

74 Zu den schon genannten Archivalien über Besitz der Steinberger treten noch Nachweise in: StAN, Kaiserl. Landgericht 212, f. 71v, Wachenhofen (1420); 206, f. 30r; 117, f. 32v; 113, f. 224; 118, f. 22, 28, 37, 66, 92, 107, 110, 121, 162. 74aStAN, Ansbacher Lehenbücher 7, f. 77v. 1441. Nach Peter Steinbergers Tod verkaufte Peter Flexdorfer das Gütlein zu Horlein f. 14 3 r. 1446. Die drei Seldengütlein erhielten Peter Steinberger v. Nördlingen und Jorg Lengenfelder verliehen, f. 88r. 1447. Jorg Lengenfelder verkauft die Seldengütlein f. 159r. 1454. Diese Tatsachen wurden nachträglich gefunden. Sie weisen auf geschäftliche Verbindung von Peter Steinberger zu Peter Flexdorfer hin und unterstreichen die mit Jorg Lengenfelder. Nachtrag zu den Flexdorfer Lehen in Anm. 16. StAN, Ansbacher Lehenbücher 2, f. 21r. Der Flexdorfer hat ein Gut zu „Horben bei Swant“ und einen Garten gelegen zu Nürnberg auf dem Tiergarten (beim Tiergärtner Tor) als Lehen. 1395. 75 Familienarchiv der Freiherren von Scheurl, Nürnberg, Urk. 98, 1451. 78 StAN, Rep. 165, Wülzburg, S. 342.

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Peter Steinberger

am 1. Januar 1457 77. Der Weißenburger Bürger Hertwig verkaufte das Recht zu Wachenhofen am 21. August 1464. Dabei wird erwähnt, daß Hans Stein­ berger vordem verstorben sei. Das ist die letzte Nachricht vom jüngsten Sohn des Peter d. Ä. Steinberger. Es könnte sein, daß es seine Frau ist, die „Steinpergerin, zwei Töchter, ein Sohn", die 1469 in einem Testament genannt sind 78. Im Frühsommer 1449 wurde Hans Rummel einer Rechtsfrage wegen der Stadt verwiesen. Die Familie mußte am 31. Juli folgen. Am 6. September 1452 erwarb er, „gesessen" zu Eichstätt, den Dritteil des Zehnten zu Auernheim von seinem Schwager Peter Steinberger, Bürger zu Nördlingen. Er quittierte 1455 zusammen mit seinem Bruder, dem Nürnberger Bürger Niklas Rummel, als Hans Rummel von Eichstätt Conrad d. Ä. Baumgartner den Betrag von 155 Gulden, die aus dem Erbe seiner Mutter aus dem Hause neben Hans Sieg­ wein stammten79. Den 1452 gekauften Anteil am Auernheimer Zehnten gab Hans Rummel mit Frau Anna am 19. August 1458 an das Frauenkloster St. Walburg in Eichstätt, wohin sie ihre Tochter Brigitte getan haben. Über fünfzig Jahre war der Zehntanteil in der Hand Steinbergers und seiner Erben gewesen und wurde nun durch die junge Benediktinerin diesem Kloster ein­ gebracht, in dem sie noch 1502 lebte 79a. — Beide Nürnberger Pfarrkirchen stimmten am 15. Mai 1462 das große Trauergeläut für „Hans Rumei von Eich­ stätt" an 80. Mit Eichstätt war er als früherer bischöflicher Kästner zu Nürn­ berg 57a und durch Besitz seiner Frau verbunden. Zu Peter Steinbergers Enkeln aus dieser Rummel-Ehe gehörte auch Elsbeth Rummel, die zunächst in erster Ehe mit Hans Voit am Weinmarkt in Nürnberg vermählt war, der 1461 starb. Urkundlich ist Elsbeth Voit geb. Rummel im Jahr 1464 als Frau von Andreas V. Haller erwiesen, der 1481 starb. Elsbeths Tod ist mit 148 5 überliefert. Interessant ist die Mitteilung, daß noch 1509 ihr Sohn Georg V. Haller in Burgund lebte. Daß diese Ehe Nachkommen hatte, war kaum bekannt81. Die Vornamen, ihr Wohnort und ihr Besitz machen es sehr wahrscheinlich, daß es sich um Brüder der Nonne Brigitte Rummel im Kloster St. Walburg zu Eichstätt und der Elsbeth Haller, geb. Rummel, handelte, die in Verkaufs­ urkunden auftreten. Claus Rummel, Bürger zu Eichstätt, und seine Frau Wal­ burga verkauften 1478 einen Hof zu Biburg (LK Weißenburg). Hans Rummel,

77 HSTAMü, Ritterorden U 2128, 1457 Jan. 1; U 2140, 1464 Aug. 21. 78 Nbg. Testamente, Test. 38e, 1469. Barbara Peter Führer’s Witwe testiert. 79 Nbg. Chronik II, S. 481. StadtAN, Genealog. Pap. Rummel, Urkundenauszüge. 79a Adam Hirschmann, Regesten d. Klosters St. Walburg in Eichstätt, Sammelblatt des Hist. Vereins Eichstätt II (1893), Nr. 414, 497. 80 Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 1711, Lorenz Nr. 527. 81 Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 1513, Lorenz Nr. 432. Herrn Dipl.-Ing. Helmut Freiherr Haller von Hallerstein, Großgründlach, wird für frdl. Auskunft aufrichtiger Dank gesagt.

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Bürger zu Eichstätt, verkaufte 1483 den Hof zu Trommetsheim82. Das könnte schon in dritter Generation ein Bruderpaar Hans und Klaus Rummel sein! Peter d. J. Steinberger zu Nördlingen war von seinen Gläubigem und seinem Bruder Hans bedrängt worden. Wie schon berichtet, verkaufte er den von seinem Vater ererbten Anteil am Zehnt in Auernheim an seinen Schwager Rummel im Jahr 1452. Auch das Gut Bubenheim bei Treuchtlingen, das sein Vater um 1418 gekauft hatte, wechselte noch zu seinen Lebzeiten den Besitzer. Hans Aberdar zu Möhren erkaufte es, das Datum der Übergabe ist mit St. Matheustag 1455 überliefert. Der Käufer war Hans sen. Freiherr von Secken­ dorf! [genannt Aberdar], der 1463 starb. Bald nach dem 21. September 1455 muß Peter Steinberger gestorben sein. 1456 wird seine Frau als Witwe be­ zeichnet 83. Seine Witwe Katharina, geb. Vischer, handelte für ihre Kinder, die „etlich außer Landes" und zu einem Teil noch nicht mündig waren, im Jahr 1457. Es ging um die Hinterlassenschaft von Niklaus Gredinger, der ein Bruder ihres Mannes gewesen ist. Katharina klagte sodann 1458 mit ihrem Sohn Peter und Anna Rummel von Eichstätt um ein Ewiggeld, das Kunigunde Gredinger von Weißenburg hätte und besonders um ihre Behausung. Es geht um Erbe ihres verstorbenen Mannes Niklas, Stiefbruders der Steinberger-Geschwister. Den Steinberger und Anna Rumlin stünden je 270 Gulden zu. — Am 1. April 1459 verkaufte Katharina Steinbergerin zu Nördlingen zwei Hofstätten zu Alesheim an den Reichsmarschall Sigmund von Pappenheim. Am 3. November 1460 gaben Ulrich Mülich von Trommetsheim, Hans Kraft von Kattenhochstatt. Heinz Appel von Stocken (?) und Konz Zurrel von Graben die Hofstatt zu Alesheim, die sie von der Steinbergerin und ihrem Sohn gekauft haben, Sig­ mund von Pappenheim zu Lehen 84. Katharina Steinberger, geb. Vischer, ist vor dem 6. Oktober 1459 in zweiter Ehe die Frau von Engelbert Sleyn in Weißenburg geworden. Nun klagten Peter, ihr Sohn, mit seinen Brüdern Paul und Thomas gegen Mutter und Stiefvater. Katharina hätte nach dem Tod des Vaters keine gleiche Teilung vollzogen. Sie hätte sich vom verkauften Hof zu Alesheim 170 Gulden, von der Gredingerin 70 Gulden, von der Rumlin 50 Gulden, dazu noch 28 Gulden anderen Ur­ sprunges zurückbehalten 85. Von diesen drei Nördlinger Enkelsöhnen Steinbergers d. Ä. ist danach nichts mehr bekannt geworden. Das Leben von zwei Schwestern läßt sich verfolgen. 82 StAN, Rep. 165, Wülzburg, S. 271, 1478; S. 339, 1483. 83 StAN, Eichstätter Lehenbuch 5, f. 37r. 1446. Die Erbschaft des Anteiles am Zehnten von Auernheim, des Gutes zu Bubenheim. Der Zehnt galt 100 Metzen Getreide, das Gut zu Bubenheim galt jährlich 6 Metzen Korn, 6 Metzen Hafer, 12 Weisat-Käs, 30 Pfennige und ein Fastnachtshuhn. StAN, Eichstätter Lehenbuch 6, f. 34v. W. v. Stromer, Peter Stein­ berger, S. 432, Anm. 157. 84 StAN. Kaiserl. Landgericht 225b, f. 231v, 1457; 209, f. 12v, 1458. HSTAMü, Ritterorden, Kommende Ellingen Nr. 2132, 1459 April 1; Nr. 2135, 1460 Nov. 3. 85 StAN, Kaiserl. Landgericht 209, f. 167v, 1459.

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Peter Steinberger

Barbara Steinberger lebte noch 1500 als Nonne in einem Augsburger Kloster86. Katharina Steinberger, ihre ältere Schwester, hatte am 19. Oktober 1445 Peter Kötzler aus der Nürnberger Kaufmannsfamilie geheiratet. Sie gebar ihrem Mann zwölf Söhne und fünf Töchter. Es fällt unter den überlieferten Lebens­ daten dieser jungen Kaufleute auf, daß im Hause Kötzler besonders Fern- und Auslandshandel gepflegt wurde 87. Neben Niklas Kötzler, der als Kaufmann in Leipzig wirkte, stand Franz, der in Paris lebte und dort 1514 starb. Lienhard beschloß sein Leben mit 29 Jahren 1478 in Breslau. Der 19 Jahre alte Gabriel fand 1480 sein Grab in Venedig. Der Bruder Hans stand im Dienste des Königs von Polen und starb jung im Jahr 1484. Jorg Kötzler (1471—1529) führte als einziger der Söhne durch drei Ehen die Familie in Nürnberg fort88. Katharina Kötzler, geb. Steinberger, verlor ihren Ehemann 1478. Ihr Pflichtenkreis als Mutter einer großen Familie erweiterte sich noch dadurch, daß nach dem Tode des Vaters auch Verantwortung für unmündige Kinder zu tragen war. Sie testierte 1490. Ihr wurde am 14. September 1490 geläutet89. Sie hatte den Großvater und sein Wirken als Geschäftsmann noch gut in Er­ innerung gehabt, als sie in seinem Todesjahr 1445 in die Kötzler-Familie ein­ heiratete und damit die Tradition dieser bedeutenden Kaufmannspersönlichkeit auf eine lebenstüchtige Generation von Nachkommen übertrug.

86 Nbg. Testamente. Test. 78b u. 15d. 87 StadtAN, Genealog. Papiere Kötzler Nr. 1. 88 Der Sohn Heinrich starb in Nbg. in kinderloser Ehe 1478. Peter ledig (1462—1503). Jeronymus (1468—1521) war Domherr zu Eichstätt, Endris (1474—1531) Chorherr in Herrieden, zwei Söhne starben als Kleinkinder. Eine Tochter starb als Kleinkind. Ursula schloß die Ehe mit Pankratz Sigensdorffer und dann mit Hans Schiakenwerder von Brüx, Margarethe (?) mit Conrad Marstaller, Brigitte mit Hans Link, Katharina mit Hans Unbehauen. 89 Nbg. Testamente, Test. 33e, Peter Kötzler 1478; Test. 15d, Katharina Kötzler, geb. Stein­ berger, 1490. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 3850, Lorenz, Nr. 2683.

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KAISER MAXIMILIAN IN DER SCHEDELSCHEN WELTCHRONIK

Von Ludwig Grote (f), mit einem Anhang von Dieter Wuttke

Leider war es Professor Grote nicht mehr vergönnt, den Aufsatz, dessen Erscheinen bereits mit ihm vereinbart war, noch selbst abzuschließen. Sein Sohn Dr. Andreas Grote hat dankenswerterweise die Schlußredaktion übernommen. Mit dem Abdruck verbindet der Verein ein dankbares Gedenken an sein früheres Vorstandsmitglied. Die Schriftleitung

Hartmann Schedel und Sebald Schreyer, Autoren und Verleger der Weltchronik, waren bestrebt, ihrem Werk größtmögliche Aktualität zu geben und führten es bis zur Stunde der Drucklegung im Jahre 1493, in dem die beiden Ausgaben erschienen. Der Redaktionsschluß der lateinischen Ausgabe ist der 25. Mai, am 12. Juni war sie ausgedruckt. Die deutsche Übersetzung wird von Georg Alt am 5. Oktober beendet, ihr Druck kommt am 23. Dezember heraus (Abb. l/2). Hier konnte die Nachricht vom Tode Kaiser Friedrichs III. am 19. August 1493 noch in dessen Biographie berücksichtigt werden. Nach einem früheren Plan sollte die Weltchronik mit Maximilian ihr Ende finden, wie aus der lateinischen Ausgabe hervorgeht, in der sich, frei über­ setzt, folgende Bemerkung findet: Am Ende des sechsten Weltalters hält der Chronist ein wenig erschöpft inne und leitet den Leser auf das Schluß­ kapitel hin, indem er so geschickt wie treuherzig seine wie jedes Chronisten Unzulänglichkeit entschuldigt. „Einige Bogen sollten hier frei bleiben, falls es etwas zu verbessern oder zu ergänzen gäbe über zukünftige Taten der Fürsten und Bürger. Denn wir alle können schließlich nicht alles. Und selbst der gute Homer hat einmal Ruhe gesucht. Noch wird der Goldreichtum der Flüsse ge­ rühmt, indes das Gold schon aus der Erde geschürft: wurde, und der Pactolus (goldreicher Fluß in Lydien) gar führt inzwischen mehr Schlamm als Wasser. So ereigneten sich auch täglich in der Welt verwunderliche Wandlungen, die immer neue Bücher erfordern. Um aber dieses Buch vollständig zu machen, sei noch einiges über die Erdzeit angefügt." Über diesem Text weist ein großes Monogramm Hartmann Schedel Doktor als Herausgeber der Weltchronik aus. In der deutschen Ausgabe fehlt das Monogramm und heißt es kurz und sach­ lich: „Zu beschreibung mer gschihten oder künftiger ding’ sinn hernach ettliche pletter lere gelassen" (Abb. 2). Schedel kommt hier dem Nürnberger Brauch des Patriziats entgegen, Chroniken zu führen oder Familiennachrichten in Bibeln zu verzeichnen. Die Ankündigung des siebten Weltalters folgt auf dem nächsten Blatt (Blatt 259 r). Es handelt sich dabei um die Vision des Endes der Welt im christ60

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liehen Sinne, wodurch parallel zum weltlichen Geschehen die Chronik von der Genesis bis zum Jüngsten Gericht geführt wird. Dieses Kapitel ist durch beson­ ders große und eindrucksvolle Holzschnitte ausgezeichnet, darunter der be­ rühmte makabre Tanz der auferstehenden Toten. Ihm schließt sich ein umfangreicher Nachtrag an, der inhaltlich dem sechsten Weltalter angehört und im wesentlichen Enea Silvio Piccolomini gewidmet ist. Hier schlägt sich die Bewunderung nieder, die die nürnbergischen Humanisten dem langjährigen politischen Berater Friedrichs III. als Orator, Schriftsteller und Förderer der neuen Bildung entgegenbrachten. Die Zusammenfassung von Enea Silvios „Tractatus de ortu et auctoritate imperii Romani“, die von der Berufung der Deutschen zum Kaisertum spricht, macht den Anfang. Ihm folgt der Holzschnitt mit Pius II. und Friedrich III. auf dem Heiligen Stuhl — als Sinnbild der Einigkeit der Philosophen unter der Tiara und der Kaiserkrone (Abb. 4). Die Veröffentlichung eines Briefwechsels von Enea Silivo schließt sich an, und dann folgt ein Nachdruck der „Europa“ dieses Autors, der von Hieronymus Münzer ergänzt und verbessert ist, ferner die verspätet fertig gewordenen Veduten von Lübeck, Neisse und Krakau. Das Ende bildet das Kolophon und die erste gedruckte Deutschlandkarte mit einer geographischen Beschreibung \ Die Biographie Maximilians befindet sich auf Blatt 258 recto und verso (Abb. l/2). Ihr ist nicht wie sonst in der Weltchronik irgendein gekrönter König als Repräsentant beigegeben, vielmehr sieht man dem Holzschnitt an, daß bei den Gesichtszügen Ähnlichkeit mit dem Modell angestrebt worden ist12. Auch die Kette des Goldenen Vlieses dient zu seiner Kennzeichnung. Er setzt zwar die „linea der Kaiser“ fort, tritt aber den damaligen Tatsachen entsprechend als römischer König auf und wird von Hartmann Schedel auch immer so ge­ nannt. Bekanntlich ließ sich Maximilian erst 1508 zum Kaiser ausrufen, nahm aber seit dem Tode des Vaters die kaiserlichen Obliegenheiten wahr. Der Holzschnitt des Vaters, Blatt 247 r (Abb. 3), hat ebenfalls individuellen Charakter und dürfte dem Aussehen Friedrichs III. in den letzten Monaten seines Lebens entsprechen. Die beiden einzigen Porträts der Weltchronik sind nur einmal verwendet worden. Nachstehend wird der Text unter Verweis auf seine Reproduktion (Abb. 1/2) betrachtet.

1 Haitz, H. S.: Weltchronik. Diss. München 1895. — Sprengler, H. S.: Weltchronik. Diss. Würzburg 1905. — Stäuber, Richard: Die Schedelsche Weltchronik. Freiburg 1908. — Rücker, Elisabeth: Die Schedelsche Weltchronik. Das größte Buchunternehmen der Dürerzeit. München 1973. — Zahn, Peter: Neue Funde zur Entstehung der Schedelschen Weltchronik 1493, Nürnberg o. J. [1974]. (= Stadt Nürnberg, Museum: Renaissancevorträge 2/3). 2 Ulmann, Heinrich: Kaiser Maximilian I. Stuttgart 1884. 1891. — Wiesflecker, Hermann: Kaiser Maximilian I. Bd. 1, München 1971. — Kat. Ausst. Maximilian I. Wien 1959. — Kat. Ausst. Maximilian I. Innsbruck 1969.

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Die Schilderung des Lebens und der Taten Maximilians 3 beginnt mit der Erwähnung der siebenjährigen Doppelregierung von Vater und Sohn 1486 bis 1493, des Sohnes einstimmiger Wahl zum römischen König 1486 in Frankfurt sowie seiner Krönung in Aachen mit der Krone Karls des Großen. Dabei ver­ gißt Schedel als Nürnberger nicht zu bemerken, daß diese von einer patrizischen Delegation der Reichsstadt, welche die Kroninsignien bewahrte, überbracht wurde. Es werden dabei ausgiebig die Tugenden gerühmt, mit denen Maxi­ milian „höchst gezieret ist: körperliche Tüchtigkeit, ritterliches Wesen, in Wehr und Waffen geübt, Holdseligkeit, Güte, Sanftmut und Milde — ein aller Ehren würdiger, im Kriege glücklicher König, starken Muts, von keinem Laster be­ fleckt“. Von den herrscherlichen Eigenschaften werden Kunst und Weisheit her­ vorgehoben, entschlossenes Denken, schnelles Handeln, Bemühen um Gerechtig­ keit, aber auch Bescheidenheit und Güte, die von lobenswerter Lebensführung und guten Sitten begleitet sind (vgl. auch das zweite und dritte Gedicht des An­ hanges). Durch die burgundische Heirat Maximilians kam das Geschlecht Habsburg in den Besitz der reichen Niederlande, wodurch seine Hausmacht eine alle Reichsfürsten weit übertreffende Größe erhielt. Kosmographen wie Hartmann Schedel haben die Vorliebe, ihre geographischen Kenntnisse zu demonstieren. So versäumt er nicht, die Namen all der Länder und Gebiete aufzuzählen, welche Maximilian durch die Heirat zufielen: Herzogtum und Freigrafschaft Burgund, Limburg, Luxemburg, Geldern, Flandern, Namur, Hennegau, Hol­ land, Seeland, Mecheln, Friesland. An den ersten glücklichen Ehejahren, in denen Philipp und Margarethe ge­ boren wurden, nahm die Bevölkerung Burgunds lebhaften Anteil und jubelte dem Paare zu. Nach dem tödlichen Unfall der Königin Maria von Burgund be­ gannen Aufstände des Adels und der Städte, die von Frankreich geschürt und unterstützt wurden. Ludwig XI. und Karl VIII. forderten Burgund als erledigtes französisches Lehen zurück. Die großen Städte kämpften um ihre politische Selbständigkeit, wobei es 148 8 zur Gefangensetzung Maximilians in Brügge kam. Über fünfzehn Jahre währte der niederländische Erbfolgekrieg, erst 1493 war Maximilians Macht im Westen gefestigt. Hartmann Schedel kommt dann auf den Reichstag in Nürnberg zu sprechen, der 1491 stattfand, mit fünf Monaten einer der längsten war und von Maxi­ milian im Auftrag seines abwesenden kranken Vaters geleitet wurde. Zu Ehren der „römischen königlichen Majestät“ kamen Fürsten, Prälaten und Kommunen mit ihren Räten und Botschaftern in großer Zahl aus welschen und gallischen Nationen und vielen anderen Orten, auch aus Weißrußland, in die Reichsstadt. Bei letzteren handelt es sich um eine Delegation des Großfürsten Iwan III., den Maximilian für seine böhmisch-ungarische Politik gewonnen hatte. 3 Fontes Rerum Austriacarum: Bd. 1 Johann Tichtels Tagebuch S. 60, Anm. 1.

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Nach dem Tode des Ungarnkönigs Matthias Corvinus hatte Maximilian in einem raschen Feldzuge die österreichischen Erblande zurückerobert und an­ schließend 1490 einen Krieg gegen Ungarn begonnen, um dessen Krone zu er­ langen. Aber wegen Meuterei seiner Truppe konnte er nur die westlichen Komitate besetzen; er beabsichtigte nach dem Winter 1491 den Krieg bis zur Unterwerfung des Landes fortzuführen. Zu dem Zwecke dieses Krieges war der Nürnberger Reichstag von Friedrich III. ausgeschrieben worden. Aber die Für­ sten und Städte versagten ihm ihre Unterstützung. Sie hielten das Unternehmen für eine Angelegenheit des Hauses Habsburg und nicht des Reiches. Als letzte Nachricht von der Ostfront berichtet die Weltchronik über ein im Frühjahr 1493 auf Befehl des todkranken Kaisers durchgeführtes militä­ risches Unternehmen zur endgültigen Befriedung der Erblande. Von den Elite­ truppen des Königs Matthias Corvinus, das Schwarze Heer genannt, waren etwa 2000 Mann in Niederösterreich zurückgeblieben, die „aus Verdruß über den langen Frieden", ohne Sold und Nachschub gelassen, verwildert waren und die Bevölkerung drangsalierten. Sie hatten sich im Thayatal bei Waldhofen in einem Taber (Erdbefestigung) verschanzt, der von Feldhauptmann A(E)ytzinger erstürmt wurde. Alle Marodeure verloren mehr oder weniger gausam ihr Leben. Die Wiener allein henkten dreihundert von ihnen 4. Maximilian wollte seinem niederländischen Besitz noch die Bretagne hinzu­ fügen und hatte sich im Dezember 1490 mit der Erbin Herzogin Anna per procuram vermählt. Zu den erwähnten Vertretern der gallischen Nation bei dem Nürnberger Reichstag gehörten Gesandte des Königs Karl VIII. von Frankreich, die Maxi­ milian dringend vor der Vollziehung dieser Ehe und der Besitznahme der Bre­ tagne warnten, in welcher sie einen casus belli sahen. Gleichzeitig war auch eine bretonische Gesandtschaft von der Herzogin Anna nach Nürnberg ge­ schickt worden, die deren bedrängte Lage schilderte und Maximilian aufforderte, mit einem großen Reichsheer die eingedrungenen französischen Truppen zu vertreiben und die Herrschaft in der Bretagne anzutreten. Maximilian hielt an seinem Entschluß fest und ließ den Fürsten nach einem Gottesdienst in St. Sebald feierlich seine Vermählung mit der Herzogin Anna verkünden. Maximilian wandte nun seine Tatkraft dem Westen zu. Er vertagte gegen den Willen seines Vaters den Krieg gegen Ungarn und schloß mit König Wladislaw Frieden, in welchem er sich zur Räumung der besetzten Gebiete be­ reiterklärte, doch zukünftige Erbansprüche zugesichert erhielt. Es gelang ihm aber nicht, die Reichsstände für eine nennenswerte finanzielle und militärische Hilfe zu gewinnen. Er versuchte aus eigenen Mitteln ein Heer gegen Frankreich aufzustellen, konnte aber nicht verhindern, daß die Herzogin Anna, in Rennes von den Franzosen belagert, es vorzog, den Antrag Karls VIII. 4 Ulmann, a. a. O. Bd. 1, S. 204.

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anzunehmen und Königin von Frankreich zu werden. Der „bretonische Braut­ raub“ erregte großes europäisches Aufsehen und beschäftigte auch sehr das deutsche Volk. Hartmann Schedel spricht von der „unglückselig Coplerey“ des französischen Königs. Maximilian empfand mit Recht den Vorgang als persönliche Schmach, mit welcher die zweite schwere Beleidigung verbunden war, daß ihm Karl VIII. seine Tochter Margarethe zurückschickte, welche als seine Verlobte am fran­ zösischen Hof aufgewachsen war. Hartmann Schedel erwähnt diese aktullen politischen Fragen, aber sie treten bei ihm zurück gegenüber dem Projekt eines Kreuzzuges gegen die Türken. Ihm zufolge ist — nicht wegen der ungarischen, sondern wegen der türkischen Frage — der Nürnberger Reichstag von 1491 einberufen worden, und Maximilian hätte die Fürsten mit „hohem Ernst und Eifer ermahnt, ihre Zwietracht und ihre Kriege zu beenden und einen christlichen Heerzug gegen die Ungläubigen zu unterstützen“. Soweit die Quellen bekannt sind, findet sich in ihnen kein Hinweis, daß ein Kreuzzug Gegenstand der Verhandlungen auf dem Nürn­ berger Reichstag war. Auf der Tagesordnung standen nur ungarische und fran­ zösische Kriegsobjekte sowie die Reichsreform. Immerhin ist es möglich, daß Maximilian auf den Kreuzzug zu sprechen gekommen ist und ihn als hinter den aktuellen Angelegenheiten stehend und durch diese gehindert bezeichnet hat. Daß ein europäischer Kreuzzug über allen anderen kriegerischen Unternehmun­ gen stand, und daß dieser seine Lebensaufgabe war, hat Maximilian von Jugend auf vertreten. Als die Türken 1453 Konstantinopel eroberten, hatte Friedrich III. sich so­ fort mit einem von Enea Silvio Piccolomini verfaßten Brief an Papst Niko­ laus VI. gewandt und ihm einen Kreuzzug zur Rückeroberung von Byzanz vor­ geschlagen. Zu dem gleichen Zweck berief er einen Reichstag nach Regensburg. Beide Schritte hatten keinen Erfolg, doch wurde seitdem der Gedanke immer drängender, als die Türken über das alte Griechenland und den Balkan hin­ weg zur ständigen Bedrohung des Reiches wurden. Die Päpste drängten als trei­ bende Kraft die europäischen Fürsten zum Kampf gegen den Islam. Unter ihnen vertrat Enea Silvio als Papst Pius II. höchst leidenschaftlich das Projekt, ver­ mochte aber auf dem Kongreß in Mantua trotz einer Ansprache, die als rhe­ torisches Meisterwerk bewundert wurde, weder den Kaiser, noch andere Könige und Fürsten zu Taten zu ermutigen. In dieser Zeit wuchs Maximilian auf, erlebte die türkischen Einfälle in die Erblande und vertrat der zögernden Haltung seines Vaters gegenüber immer den Kreuzzugsgedanken. Vielleicht war es Enea Silvios Mantuaner Rede, die den jungen Maximilian gewonnen hatte und ihn davon überzeugte, daß sein zukünftiger Ruhm von dem großen imperialen und christlichen Kreuzzug abhängen würde. So sah er hierin die ihm von Gott zugewiesene Lebensaufgabe und erhob ihn zum höchsten Leitgedanken seiner Politik: Als Nachfolger Karls 64

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des Großen, der Ottonen und Hohenstaufen würde er sich durch einen Kreuz­ zug an die Spitze aller europäischen Fürsten stellen und das römische Reich er­ neuern. Papst Alexander VI. berief 1490 eigens einen Kongreß nach Rom, um einen Türkenfeldzug zu planen; hier ließ Maximilian einen strategischen Plan vorlegen, der drei getrennt voneinander operierende Heere vorsah. Er selbst würde die Truppen anführen, die über den Balkan Konstantinopel zurück­ erobern sollten, wobei ihm als Siegespreis die österreichische Kaiserkrone und die Wiederherstellung des alten römischen Weltreiches vorschwebten. Alle seine sonstigen kriegerischen Unternehmungen sah Maximilian nur als Beseitigung von Widerständen, die sich dieser seiner Leitidee entgegenstellten. Auch Hartmann Schedel bezeichnet die ungarische und bretonische Frage als Hindernisse des großen, heiligen Vorhabens. Mit Gottes Hilfe wird der Sieg und die Überwindung der Türken König Maximilian sicher sein, vorausgesetzt, daß die anderen Fürsten ihm als dem „besten Heerführer“ Nachfolge leisten und das „reiche“ Welschland, das „edle“ Gallien, das „starke“ Spanien und das „kriegerische und volkreiche“ Deutschland ihm Hilfe und Beistand gewähren. Seine Macht an Waffen, Reisigen, Reiterei, Geld und Kräften müsse die der Türken übertreffen, deren Stärke weit geringer sei, als gemeinhin angenommen werde. Beim Betreten orientalischer Gebiete werden sich um so mehr Völker Maximilian anschließen, je stärker sein Heer ist. Schedel schildert die gegenwärtigen politischen Verhältnisse zwischen dem Christentum und den Ungläubigen als eine Überlegung des „allersieghaftigsten und allerchristlichsten“ Königs, was wohl heißen soll, daß Schedel darin den Intentionen Maximilians folgt. Die Christen, ehemals die mächtigsten Herren und Besitzer der Erde, seien von den Ungläubigen in einen Winkel gedrängt, des griechischen Kaisertums sowie edler Städte und reicher Länder beraubt. Schier ganz Asien, von den Phöniziern und Medern bis zum Hellespont, ganz Thrazien und Griechenland, Aetolia, Epirus, die Windische Mark (Slovenien), Dalmatien und fast alle Inseln von dem adriatischen bis zum pontischen Meer, haben die Türken verwüstet, verheert und unterworfen. Es werden weiter die Gebiete angeführt, die von den Türken erobert wurden und besondere Bedeutung für die Christen haben, wie das „edle und heilige Land Judäa“, in dem zuerst die „Blumen des christlichen Glaubens erschienen“, Alexandria und Kairo und ganz Ägypten und Antiochia, „wo der christliche Name zuerst gehört“ wurde, Jerusalem, Mutter des Alten und Neuen Testa­ ments, „Brunnen und Ursprung unseres Heils“, fielen ebenso wie Konstanti­ nopel, Haupt des griechischen Reiches, in die Hände der Ungläubigen. Dann wird auf geschichtliche Beispiele für langwährende und blutige Kriege um ent­ rissene Gebiete oder Objekte hingewiesen. So haben die Juden für die Wieder­ erlangung der Bundeslade immer wieder Kriege geführt. Die Griechen kämpf­ ten zehn Jahre lang um die geraubte und entführte Helena. Um eine kleine Erweiterung ihres Gebietes haben die Karthager mit den Einwohnern der Cyre6

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naica viele blutige Feldzüge unternommen. Und die Römer haben zum Schutze ihrer Bundesgenossen oft zu den Waffen greifen müssen. Die Verluste der Christenheit hat sich Maximilian zu Herzen genommen und den Entschluß gefaßt, gegen die ungläubigen Beherrscher „christlicher Städte und Länder die Waffen zu erheben und die Schmach, die sie unserem Glauben angetan, zu rächen und den christlichen Namen wieder zu erheben und auszu­ breiten". Hartmann Schedel schildert dann panegyrisch die Heimkehr Maximilians als des „unüberwindlichsten Königs" nach Befreiung Thraziens und Griechenlands und der Wiedereroberung des Heiligen Landes, für die ihm die deutschen und europäischen Fürsten ewigen Dank schulden werden. Auch die Kirche wird ihm ihre Dankbarkeit erweisen, und „hochzeitliches Frohlocken" wird die ganze Christenheit erfüllen. Die Könige des Westens und Nordens — Frankreich, Spanien und England — werden den römischen König als Erhalter der Christen­ heit begrüßen. Alle Kardinäle und Bischöfe der Kirche sowie der römische Rat werden ihm bis weit vor die Stadt entgegengehen, ihm Purpur auf den Weg breiten und Blumen streuen. Edle Frauen und Jungfrauen werden ihm Rosen und Lilien zuwerfen und Blumenkränze auf sein gesalbtes Haupt setzen. So wird Maximilian hoch auf einem Wagen thronend goldene Pfennige unter das Volk werfen, und an allen Straßenecken und Plätzen werden ihm jeweils andere Spiele dargeboten. Alles Volk wird den Überwinder hochleben lassen und ihm Gloria zurufen. Der Triumphator wird aber nicht zum Kapitol und zum Tempel des falschen Jupiter geleitet, sondern zu St. Peter, der Kirche des Apostelfürsten, wo er von Papst Alexander VI., dem höchsten Priester und wahren Statthalter Christi, gütig empfangen und gesegnet wird. Danach wird er in das Innere des Vatikans geführt, wo beide, Papst und König, über den Sieg, über deutsche und italienische Angelegenheiten, Gespräche führen. Bei der Schilderung des Einzugs in Rom denkt Schedel an den Triumph Ju­ lius Caesars, der zum Kapitol und zum Tempel Jupiters führte. Maximilian, der „allerchristlichste König", wird dagegen zur Kirche des Apostelfürsten und zu Papst Alexander VI. geleitet. Die imperiale christliche Idee findet ihre Krönung in dem anschließenden Gespräch zwischen Papst und Kaiser. Wie sich Hartmann Schedel die repräsentativen Verhandlungen vorstellt, ist dem Holzschnitt zu entnehmen, der Pius II. und Friedrich III. (Abb. 4) in vollem Ornat nebeneinander auf einem Throne sitzend zeigt. Die Darstellung ist ein Doppeldenkmal für den großen Humanisten Enea Silvio und sein nahes Ver­ hältnis zu dem Kaiser, dessen politischer Berater er fast zwanzig Jahre lang war. Zugleich repräsentiert der Holzschnitt das Beispiel für die Einheit von geistlicher und weltlicher Macht, wie sie in der Geschichte nur höchst selten bestanden hat. Bei Einritten der Kaiser in die Reichsstadt, vor allem wenn es sich um den ersten Besuch handelte, wurde im 15. Jahrhundert ein wesentlich bescheidenerer 66

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Aufwand als in Italien getrieben5. Delegierte des Rates erwarteten den Mon­ archen vor der Stadt, vom Tor an wurde ein Baldachin über ihn gehalten. Be­ gleitet von einer Prozession der gesamten Geistlichkeit mit den Schulkindern, wobei die Heiltümer mitgetragen wurden, ging der Zug nach St. Sebald, wo ein Gottesdienst stattfand. Für etwas Glanz sorgten die Reliquien, die, auf einem Tisch am Wege aufgestellt, vom Kaiser verehrt wurden. Bei dem römischen Triumphzug Maximilians, wie Schedel sich ihn erträumt, wird viel mehr Aufwand entfaltet. Von Triumphpforten wird nicht gesprochen, wohl aber von Schaubühnen mit Spielen, worunter lebende Bilder oder Hand­ lungen zu verstehen sind, die, christlichen und humanistischen Inhalts, sich auf die Tugenden des Gefeierten beziehen. Feste und fahrende Schaubühnen gab es in den Niederlanden und im Rheinland im 15. Jahrhundert, nicht aber im kar­ gen Nürnberg. Albrecht Dürer hat solche Festbauten 1520 in Antwerpen bei der Prozession zu Mariae Himmelfahrt und dem Eintritt Karls V. bewundert und beschrieben 6. Im italienischen Festwesen des 15. Jahrhunderts bildete den Höhepunkt eines Triumphes „all ’antica“ der Wagen für den Sieger und Herrscher7. Hartmann Schedel hat einen solchen im Sinn. Es ist ein reich dekoriertes, fahrbares, nach allen Seiten offenes Podium, auf welchem ein Thron errichtet ist — so daß der König hoch über der Menge schwebt und von oben seine Gaben ausstreut. Es ist möglich, daß Hartmann Schedel Wagen dieser Art während seiner Studien­ jahre in Italien gesehen hat. Sie finden sich auf Holzschnitten, die Michael Wolgemut für Peter Danhausers Archetypus triumphantis Romae — der nicht zum Druck kam — geschaffen hat (Abb. 5). Sie sind zwischen 1493 und 1497 nach Illustrationen von Petrarcas Trionfi in venezianischen Drucken entstanden, wobei Wolgemut diese in seinen altfränkischen Stil übersetzte 8. Der Triumph­ wagen Schedels wird von Frauen begleitet. Die Beschreibung erinnert an den großen Triumphzug, mit dem sich Dürer seit 1514 beschäftigt, dessen letzte

5 Kircher, Albrecht: Deutsche Kaiser in Nürnberg. (Freie Schriftenfolge der Ges. f. Familien­ forschung in Franken, Bd. 7). Nürnberg 195 5. — Wie wenig repräsentativ für den Gefeierten ein gotischer Prunkwagen gegenüber dem Triumphwagen antiker Art war, zeigt der vergol­ dete und überreich mit goldenen Schnitzereien versehene Kobelwagen im Grazer Museum für Kulturgeschichte und Kunstgewerbe, den vermutlich Eleonore von Portugal bei ihrer Hoch­ zeit benutzt hat. Es ist ein aufgeputzter Troßwagen, der die Personen mehr verdeckt als präsentiert. 6 Rupprich, Hans: Dürers Schriftlicher Nachlaß. Bd. 1. Berlin 1956, S. 151, 153, 157 ft. 7 Weissbach, Werner: Trionfi. Berlin 1929. 8 v. Loga, V.: Beiträge zum Holzschnittwerk M. Wolgemuts. ln: Jahrb. d. Königl. Preuß. Kunstslg. Bd. 16. Berlin 1895, S. 224 ff. — Nach dem Vertrag des Jahres 1496 von Sebald Schreyer und Peter Danhauser ist der Autor verpflichtet, die Illustrationen dem Maler „an­ zugeben". Daraus folgt, daß Peter Danhauser mit Wolgemuts Interpretation der italienischen Holzschnitte übereinstimmte. Der Humanist war der Renaissance nicht näher als der Maler. Es liegt demnach die Annahme näher, daß Dürer die Tarocchi aus Italien mitgebracht und sie Danhauser überlassen hat, als umgekehrt, wie bisher angenommen wurde.

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Fassung 1518 mit Hilfe Pirckheimers entworfen und 1522 in Holz geschnitten wurde (Abb. 6). Auf diesem begleiten ebenfalls Frauen das Prunkgefährt, mit Lorbeerkränzen in den Händen preisen sie die Tugenden Maximilians. Von Maximilians Plan eines Triumphes hören wir erstmalig, als Jörg Kölderer und Stabius 1507 den Auftrag erhalten. In der Weltchronik tritt der Ge­ danke einer solchen Ehrung als Huldigung der Nürnberger Humanisten zum ersten Male auf und findet dann in Nürnberg durch Dürer und Pirckheimer seine vollendete Gestaltung. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mehren sich die Darstellungen von trionfi auf Gemälden, Miniaturen und in Büchern. Die großartigste Gestal­ tung des Triumphes Julius Caesars von Mantegna war erst 1494 fertiggestellt. Maximilian sah das Fresko 1496 auf seinem Italienzug. Eine Siegesfeier in Form eines Triumphzuges antiker Art hat erstmalig 1443 stattgefunden, als König Alfons I. von Aragon nach der Wiedereroberung beider Sizilien auf einem goldenen Wagen in Neapel einzog. Der Vorgang wurde später auf einer steinernen Triumphpforte dargestellt. Maximilian war dies sicher bekannt, da Alfons I. der Onkel seiner Mutter war; sie hatte mit Friedrich III. ihre Flitterwochen an seinem Hofe verbracht. Im Norden zog Matthias Corvinus, bereits aufgeschlossen für die italienische Renaissance, auf einem goldenen Triumphwagen in die eroberten niederöster­ reichischen Städte ein. Bei der 1493 vollzogenen Vermählung per procuram mit Maximilian ist Bianca Maria Sforza auf einem von vier Zeltern gezogenen Prunkwagen zum Dom gefahren9. Für Fürsten und Adel wurden während des Reichstages von 1491 in Nürn­ berg große Turniere, Mummenschanz, Fastnachtspiele und Tänze veranstaltet, an denen der junge Maximilian aktiv teilnahm. Der Meistersinger und Balbierer Hans Folz hat einen gedruckten Versbericht „von Collacion König Maxi­ milians" herausgegeben. Mit dem Reichstag kamen außer Maximilian viele für den Humanismus auf­ geschlossene Persönlichkeiten nach Nürnberg: die Kurfürsten Friedrich von Sachsen, sein Bruder Erzbischof Ernst von Magdeburg und Friedrich von der Pfalz. Unter den politischen Beratern des Königs und der Reichsstände, den Juristen und Sekretären der Kanzleien dürften sich viele Anhänger der neuen Bildung befunden haben, so daß es in Nürnberg zu einem Humanistentreffen kam. Es war die große Zeit der Nürnberger Humanisten, die sich ihrer Zu­ sammengehörigkeit bewußt wurden und mit den Gästen, die in den Bürger­ häusern untergebracht waren, zusammenkamen, Gedankenaustausch pflegten und Symposien veranstalteten. Der Doktor der Künste und der Medizin Hie­ ronymus Münzer veranstaltete im Predigerkloster eine öffentliche Diskussion. 9 Weissbach, a. a. O. nennt noch den Einzug des Herzogs Borso d’Este in Reggio 1453 und den Triumph für Herzog Federigo d'Urbino in Florenz 1472.

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Das Einladungsschreiben ist erhalten und führt aus10: „Da sozusagen durch einen glücklichen Umstand so viele überragende Geister aus dem Westen und aus anderen Gegenden der Erde sich zusammenfinden werden, glaubte ich, es sei gut, ihnen Gelegenheit zur Übung zu verschaffen, die Geheimnisse der Philosophie zu ergründen/' Die These lautete: ob man durch Beschwörungen, Wahrsagen, Aberglauben und andere äußerst gefährliche Verwirrungen der magischen Kunst und andere durch die christliche Religion zurückgewiesene Eitelkeiten oder viel mehr aus den natürlichen Wurzeln der Philosophie (die Gewalt) Menschen und Tiere zu binden und zu lösen erlangen könne? Die Editoren der Weltchronik waren 1491 bereits am Werk: die beiden Stadtärzte, Kosmographen und Historiker Hartmann Schedel und Hieronymus Münzer, der Verleger Sebald Schreyer, ein bis zum Bakkalaureat studierter, wohlhabender Kaufmann, dem städtische Ehrenämter, wie das eines Kirchen­ pflegers von St. Sebald, anvertraut wurden und der zugleich ein großzügiger Mäzen und Stifter war. Alle drei besaßen große Bibliotheken. Ferner die Ju­ risten Dr. Johannes Löffelholz und Dr. Johannes Pirckheimer, der Vater Willi­ balds und der Onkel Georg, Prior das Kartäuserklosters, der Gelehrte Peter Danhauser, eifriger Editor theologischer Literatur. Um 1492 kam als dritter Stadtarzt Dietrich Ulsen nach Nürnberg, dem Humanismus ergeben, Dichter und Astrologe — nachmals Leibarzt Maximilians. Gegen Ende des Reichstages im August 1491 war Konrad Celtis, von Krakau über Breslau nach Prag kommend, in Nürnberg eingetroffenn. Rechtzeitig genug, um noch seinen Mäzen Kurfürst Friedrich von Sachsen sprechen zu kön­ nen, der ihm wohl eine Zusammenkunft mit Maximilian vermittelte. Celtis hatte 1487, als er von Friedrich III. mit dem apollinischen Lorbeer gekrönt wurde, bei Hieronymus Münzer gewohnt. Jetzt wurde er zum Katalysator der Humanisten, die ihn als Schriftsteller und Poeten bewunderten und seine Ge­ sellschaft suchten. Es entstand eine Art von Sodalitas Celtica, ohne den Aka­ demiecharakter, den die Heidelberger Gründung des Celtis von 1495 hatte. Sie bemühten sich, Celtis in Nürnberg festzuhalten, was aber nicht gelang. Der nachmalige Propst von St. Lorenz, Dr. Sixtus Tücher, konnte den Erzpoeten aus wirtschaftlicher Not befreien, indem er ihm einen Lehrauftrag an der Universität Ingolstadt verschaffte. Als dieser nach einem Jahr nicht verlängert wurde, holte 10 Goldschmidt, E. P.: Hieronymus Münzer und seine Bibliothek, Warburg Studies. London 1938, S. 41, 42. 11 Rupprich, Hans (Hrg.): Der Briefwechsel des Konrad Celtis. (Veröffentlichung der Komm, zur Erforschung d. Gesch. d. Reformation u. Gegenreformation 3). München 1934. — Es ist eine Frage, wann Celtis 1491 nach Nürnberg gekommen ist. Nach Rupprich a. a. O. hielt sich C. noch im September d. J. in Prag auf. Ein Brief des Jacobus Argyrius vom 7. Sept. 1491 (Rupprich Nr. 11) antwortet Celtis, der nach seinen in Prag zurückgelassenen Gedichten fragt und von ungünstigen Reiseverhältnissen spricht, macht seine Ankunft in Nürnberg im Lauf des August gewiß. Bei dem sonstigen Verhalten des Erzpoeten ist nicht anzunehmen, daß er eine solche Versammlung seiner Freunde und Mäzene nicht ausgenutzt haben sollte. Maximilian verließ Nürnberg am 14. August 1491.

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der eng mit ihm befreundete Regensburger Domherr Johann Tolhopf Celtis zur dortigen Domschule. Tolhopf gehörte wie Celtis als häufiger Besuch zum Kreise der Nürnberger Humanisten. Seine astrologischen, astronomischen, mathe­ matischen, kosmographischen und dichterischen Werke wurden sehr geschätzt. Konrad Celtis, der 1494 wieder nach Ingolstadt berufen wurde, pendelte zwischen der Universität Ingolstadt und Nürnberg hin und her, wenn er nicht längere Reisen ins Rheinland und nach Wien unternahm. In der Reichsstadt fand er immer Quartier bei Sebald Schreyer. Für diesen Freund schrieb er eine Vita Sebaldi, die 1495 mit einem Holzschnitt Wolgemuts als Einblattdruck ver­ öffentlicht wurde. Im gleichen Jahr stellte Celtis das Programm für die Wand­ malerei in Schreyers Studio auf und schrieb 1493—95 die Norimberga, eine Lobschrift auf die Reichsstadt. Schreyer verpflichtete 1493 Celtis auf Vorschlag von Dr. Löffelholz mit der Überarbeitung der Weltchronik, falls es zu einer zweiten Auflage kommen sollte, sie in eine andere Form zu bringen und eine neue „Europa“ zu schreiben. Die Freunde waren stolz auf den Erzpoeten und nahmen seinen Namen in der Weltchronik auf: „Als denn wirdt das getichte Conradi Celtis des gekrön­ ten poeten als von den todten auffersteen und M. Antonius sabellicus davon hystorien schreiben und den tödlichen könig in die vntödlichkeit angeben.“ In der lateinischen Fassung heißt es ins Deutsche übersetzt: daß die Muse von Celtis gleichsam aus der Unterwelt auferstehen und den glorreichen Sieg Maxi­ milians in einem Gedicht feiern werde. Der mit ihm genannte Antonius Sa­ bellicus war Bibliothekar von S. Marco in Venedig und Verfasser einer ge­ schätzten Geschichte der Stadt Venedig, die Hartmann Schedel benutzte. Er würde eine Geschichte des geplanten Kreuzzuges schreiben und damit den Taten des sterblichen Königs Ewigkeit verleihen. Konrad Celtis bemühte sich eifrig um die Gunst Maximilians. Um ihn auf seine humanistische Bildungsreform aufmerksam zu machen, widmete er ihm 1492 das Lehrbuch für seine Studenten, das sie in die Rhetorik Ciceros, in Epistolographie und Mnemotechnik einführte. Celtis hatte bereits Freunde in der nächsten Umgebung Maximilians in Fuchsmagen und Krachenberger von der Linzer Kanzlei12. Beide wurden später Regenten von Niederösterreich und mit der Reform der Wiener Universität betraut. Ihre Beziehungen zu Celtis sind schon 1492 vertraute. Cuspinian aus Schweinfurt gesellte sich zu ihnen und Johann Stabius, der Lieblingsschüler von Celtis und sein Nachfolger in 12 Die Anwesenheit von Fuchsmagen und Krachenberger in Nürnberg während des Reichstages von 1491 scheint mir durch einen Brief Krachenbergers an Celtis vom 13. April 1492 (Rupprich Nr. 28) erwiesen zu sein, da er freundschaftlich abgefaßt ist und ein früheres Zu­ sammentreffen erwähnt; er enthält ferner Grüße an Stiborius, der zur Zeit des Briefes Pro­ fessor in Ingolstadt war, sowie von Reuchlin, der sich 1492/93 am kaiserlichen Hof in Linz aufhielt. Es ist erwähnt Petrus Bononius, der seit 1490 Sekretär der österreichischen Kanzlei in Wien und in dieser Eigenschaft wohl 1491 nach Nürnberg delegiert war. Celtis kam erst nach Schluß des Semesters 1492 nach Linz und Wien.

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Schedelsche Weltchronik

Ingolstadt. Stabius wurde später der ständige Begleiter Maximilians und von ihm mit dem Entwurf der Triumphpforte betraut. Es ist wahrscheinlich, daß Fuchsmagen und Krachenberger als Räte Maximilians 1491 am Nürnberger Reichstag teilgenommen haben. Im Spätsommer 1492 reiste Celtis nach Wien, um seine Berufung zu betreiben, doch vergingen noch fünf Jahre, ehe sie er­ folgte. In der Widmungsepistel des Lehrbuches zählt Celtis die Verdienste Maxi­ milians um Philosophie und Wissenschaft auf und nennt ihn „alter Hercules". Die antike Herkulesmythologie war von den Humanisten als Tugendlehre interpretiert worden 13. Die zwölf Arbeiten galten als siegreiche Kämpfe gegen das Laster. Im Besitz vollkommener Tugend beherrschte Herkules den Erdkreis, Maximilian sah in ihm das Vorbild für sein Kaisertum und verehrte ihn als Stammvater seines Geschlechtes 14. In den Briefen von Tolhopf an Celtis er­ scheint Herkules wiederholt mit oder ohne Beziehung auf Maximilian 15. Beide Freunde gaben ihrer Bewunderung für den römischen König Ausdruck in einem Einblattdruck (Abb. 7), wo sie ihn Hercules Germanicus nannten 16. Das Blatt zeigt ihn in antikischer Nacktheit mit seinen Waffen. Der Holzschnitt dürfte von Tolhopf erfunden sein, doch mag Celtis bei der Gestaltung mitgewirkt haben, für dessen didaktischen Eifer die zahlreichen xylographierten Inschriften sprechen. Aus den dargestellten Feldzügen läßt sich das Datum 1499 ent­ nehmen. Im Umbruchexemplar der lateinischen Ausgabe fol. 291 verso befindet sich ein längeres dichterisches Bittgebet für Maximilian, geschrieben von der Hand Hartmann Schedels und datiert 1493, das nicht zum Abdruck kam. Im Anhang wird es von Dieter Wuttke mit zwei anderen Maximilian gewidmeten Gedichten nochmals veröffentlicht. In der Weltchronik ist Portugal als letztes europäisches Land behandelt. Der von Hieronymus Münzer verfaßte Text bringt keine Beschreibung des Landes, sondern die Geschichte der portugiesischen Forschungsreisen im 15. Jahrhun­ dert, welche Prinz Heinrich der Seefahrer einleitete. Seine Informationen er­ hielt Münzer von Martin Behaim, der 1490 für etwa drei Jahre von Portugal in seine Heimat zurückgekehrt war 17. Er war der Sohn einer nürnbergischen 13 Wuttke, Dieter: Die Histori Herculis des Nürnberger Humanisten und Freundes der Ge­ brüder Vischer Pangratz Bemhaubt gen. Schwenter. Materialien zur Erforschung des deut­ schen Humanismus um 1500. Köln/Graz 1964. 14 Im März 1497 wird ein von Joseph Grünpack verfaßtes Schauspiel in Augsburg aufgeführt, in welchem Maximilian die Rolle des Herkules spielt und zwischen Tugend und Laster die Entscheidung trifft; vgl. dazu Wuttke a. a. O., S. 207 f. 15 Rupprich, a. a. O.: Nr. 41, 51, 63, 66, 101, 221. 18 Dodgson, Campell: Catalogue of Early German and Flemish Woodcuts. Vol. I London 1903, S. 136 ff. A 140, 141. — Kat. Max. I., Ausst. Wien 1959, Nr. 431. — Kat. Max. I., Inns­ bruck 1969, Nr. 108. 17 Schultheiß, Werner: Die Entdeckung Amerikas u. Nürnberg. In: Jahrb. f. fränkische Landesforschg. 15, 1955, S. 171 ff. — Martin Behaim u. d. Nürnberger Kosmographen, Kat. d.

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Patrizierfamilie und hatte an einer Expedition nach der afrikanischen West­ küste südlich der Kongobucht teilgenommen, war von König Juan II. zum Ritter geschlagen und in die Junta der Mathematiker berufen worden, die die See­ fahrt wissenschaftlich zu beraten hatte. Als Schwiegersohn des Gouverneurs von Fayal und Pico wohnte Behaim abwechselnd auf den Azoren oder in Lissabon. Ein so ausgezeichneter Kenner portugiesischer Seefahrt und Kolonialpolitik, die ganz Europa mit großer Spannung verfolgte, war den nürnbergischen Kosmographen höchst willkommen. Er brachte ihnen eine außergewöhnliche Er­ weiterung ihres Weltbildes. Der in Gang gekommene Import von Kolonial­ waren interessierte die patrizischen Fernhändler der Reichsstadt. Münzer er­ wähnt, daß von den Portugiesen auf Madeira Zuckerplantagen angelegt worden seien, deren Produktion für ganz Europa ausreichen könnte. Es kündigte sich an, daß Venedig im Gewürzhandel sein Monopol verlieren würde. Der Rat hat 1492 Martin Behaim mit der Anfertigung des Erdapfels — des ältesten er­ haltenen Globus — beauftragt, auf dem man sehr anschaulich die Fortschritte der portugiesischen und spanischen Expeditionen und die Lieferungen ihrer Kolonien verfolgen konnte. Bei der allseitigen regen Teilnahme Maximilians am Weltgeschehen ist ge­ wiß, daß er 1491 während seines langen Aufenthaltes in Nürnberg Martin Be­ haim mehrmals gesprochen hat. Anders läßt sich der bekannte Brief nicht er­ klären, den Hieronymus Münzer in seinem Auftrag 1493 an König Juan II. von Portugal geschrieben und Martin Behaim bei dessen Rückreise mitgegeben hat18. Maximilian hatte für die portugiesische Seefahrt nicht nur geographisches Interesse, sondern auch dynastisches. Mit Juan II. war er durch seine Mutter verwandt und nennt sich in dem Briefe selbst einen Portugiesen. Die außer­ ordentliche Vergrößerung des portugiesischen Herrschaftsbereiches und die rasche Vermehrung des königlichen Reichtums waren ihm wichtig. In dem Briefe, den Münzer geschrieben hat, finden sich Wendungen und Sätze von maximilianischer Prägung. Er schlägt König Juan eine von den Azoren nach Westen gerichtete Expedition vor, um Indien auf kürzestem Wege zu erreichen, wobei er auf Beobachtungen hinweist, die nur von Martin Behaim stammen können. Martin Behaim wird ihm dieses Projekt vorgetragen haben, um Maxi­ milians Beteiligung dafür zu gewinnen; dieser war aber nur zu der Empfehlung an den portugiesischen König bereit. Dasselbe hatte Behaim offenbar mit Hilfe des Globus beim Rat versucht, aber ebenfalls vergeblich. „Wenn Du diese Ex­ pedition durchführst", heißt es in dem Briefe Maximilians an Juan II., „wird man Dich wie Gott erheben und wie einen zweiten Herkules". Er lobte Martin Behaims seemännische Erfahrungen und Kenntnisse in der Handhabung nauAusst. im Germ. Nat.-Mus. 1957. — Kellenbenz, Hermann: Portugiesische Forschungen u. Quellen zur Behaimfrage. In: MVGN 48. Bd., 1958, S. 79 ff. 18 Grauert, H.: Die Entdeckung eines Verstorbenen z. Gesch. d. großen Länderentdeckungen. In: Hist. Jahrbuch Bd. XXIX, Heft 2.

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Stadtverwaltung durchzusetzen. Mit königlichem Reskript vom 12. Mai 1825 wurde Dr. Lorsch die zum Betrieb erforderliche Konzession erteilt und die Fabrikation konnte nun wieder aufgenommen werden 65.

b) Ernst Georg Christoph Sdtmidmers Eintritt in die Kuhnscke Drahtfabrik Der spätere Inhaber der Kuhnschen Drahtfabrik, Ernst Georg Christoph Schmidmer, verheiratete sich am 31. August 1826 mit der Tochter des Dr. Lorsch, Magdalena Rosina Christiana66. Weil Dr. Lorsch ohne männlichen Erben blieb, ging die Kuhnsche Drahtfabrik nach seinem Tod an den Schwieger­ sohn über. Als Sohn des Bürgers und Goldspinners Georg Christian Gottlieb Schmidmer wurde Ernst G. Ch. Schmidmer am 31. August 1792 in Nürnberg geboren 67. Obwohl in einfachen Verhältnissen auf gewachsen und ohne be­ sondere Schulbildung, brachte er bei seiner Verheiratung doch alle erforder­ lichen Voraussetzungen für einen guten Kaufmann mit. Nach vierjähriger Lehr­ zeit im Manufakturwarengeschäft des Eduard Rausch in Nürnberg war er zunächst 5 V2 Jahre lang bei dem Nürnberger Manufakturhändler Johann Wil­ helm Werther tätig. Dann ging er als Handlungscommis nach München zur J. G. Zellerischen Kunst- und Papierhandlung. Im Dienst dieser Firma hielt er sich längere Zeit in Leipzig und Berlin auf und konnte dabei, wie er selbst sagte, sein kaufmännisches Wissen und seine allgemeine Bildung sehr fördern. Nach dem Tod des Inhabers führte er noch zwei Jahre lang als Geschäftsführer die in Liquidation befindliche Münchener Firma und war in der Lage, in un­ eigennütziger Weise, einen Teil ihres Vermögens zu retten. Dr. Lorsch setzte seinen Schwiegersohn, der am 28. Oktober 1826 das Nürn­ berger Bürgerrecht erworben hatte, als Geschäftsführer seiner Gold- und Silber­ drahtfabrik am Egidienberg ein und beteiligte ihn mit 3000 Gulden als Ge­ sellschafter 68.

c) Die Gründung der Eisenhandlung Ernst Schmidmer (1829) In seinem Bestreben, den Betrieb auszuweiten, gelang es Dr. Lorsdi 1825 die Drahtfabrik des Melchior Haas in Lauf a. d. Pegnitz zu erwerben. Diese Firma besaß in Nürnberg eine Verkaufsniederlage für den Vertrieb ihres produzierten Stahl- und Eisendrahtes. Die angesuchte Konzession für den Betrieb dieser Fabrik wurde Dr. Lorsdi, wie zu erwarten war, verweigert. Dies­ mal blieben alle Eingaben an die Kreisregierung in Ansbach und alle noch so 88 Stadtav., Niederlassungsakten Nr. 4429. 67 Freundl. Auskunft des LKAN und Stadtchronik vom 18. 2.1868. 68 Wie Anm. 66.

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dringlichen Vorstellungen erfolglos. Mit der Verweigerung der Konzession wurde Dr. Lorsch auch der von der Firma Haas mit übernommene Drahthandel in Nürnberg nicht gestattet69. Am 3. März war Emst Georg Christoph Schmidmer vom Nürnberger Han­ delsvorstand bestätigt worden, daß er die erforderliche Qualifikation zu einem „Etablissement" auf eine hiesige Manufakturhandlung besitze, denn alle da­ mals dafür nötigen Voraussetzungen — ordentliche Lehrzeit, Tätigkeit als Com­ mis, auswärtige Tätigkeit, genügend Vermögen — waren gegeben70. Als nun 1829 dem Dr. Lorsch der Verkauf von Eisendraht und Eisenwaren in Nürnberg verboten worden war, beauftragte er seinen Schwiegersohn mit der Fühung des von der Firma Haas übernommenen Handelsgeschäfts. Auch Schmidmer konnte natürlich keine Konzession zum Betrieb der Drahtfabrik Haas in Lauf erhalten, gegen seine Tätigkeit als Draht- und Eisenhändler war jedoch nichts einzu­ wenden. Um aber überhaupt nicht weiter auf die so viel Ärger bereitende Konzession der Drahtfabrik Haas angewiesen zu sein, gelang es Schmidmer 1829, die Kon­ zession der Eisenhändlerswitwe Katharina Dietsch, die auf den Fortbetrieb ihrer Eisenhandlung verzichtet hatte, an sich zu ziehen. Damit stand der Ausübung des Eisenhandels durch Ernst Schmidmer in Nürnberg nichts mehr im Wege und am 13. November 1829 wurde ihm die Konzession zum Detailhandel mit Eisenund Stahlwaren erteilt71. Die Eisenhandlung wurde also im gleichen Jahr wie die des Johann Leonhard Ramspeck in Schweinau gegründet. Der Schwieger­ vater Dr. Lorsch stellte Schmidmer für die neue Handlung sein Haus L 16 in der Bankgasse (= Bankgasse Nr. 6) zur Verfügung72. In diesem Gebäude blieb die Eisenhandlung Schmidmer bis zu ihrem Übergang an die Süddeutsche Eisen­ gesellschaft 1907.

d) Die Kuknscke Drahtfabrik und die Eisenhandlung Sdhmidmer 1830—1859 Als am 19. Februar 1830 Dr. Lorsch verstarb73, übernahm Ernst Schmidmer auch die weiter unter dem Namen Ernst Kuhn bestehende Gold- und Silber­ drahtfabrik am Egidienberg. Die Drahtzieher und Drahtfabrikanten Nürnbergs haben aber ansdieinend Schmidmer, ähnlich wie seinem verstorbenen Schwie­ gervater, Schwierigkeiten bereitet, weil er als gelernter Kaufmann nicht aus der Branche stammte. Um seinen Kritikern endgültig den Mund zu schließen, 69 Beschluß des Magistrats der Stadt Nürnberg vom 29. 3.1829, bestätigt durch die Regierung des Rezatkreises am 28.10.1829, vgl. Stadtav., ÄMR II. 9. 2. Nr. 5. 70 Stadtav., Handelsvorstand Nr. 3324. 71 Stadtav., ÄMR II. 9. 2. Nr. 5 und Niederlassungsakt Nr. 4429. 72 Stadtav., Niederlassungsakt Nr. 4429. 78 Stadtav., Stadtchronik.

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beantragte Schmidmer im November 18 33 die Zulassung zur Meisterprüfung als Drahtzieher mit dem Hinweis, daß er jetzt bereits acht Jahre lang in dieser Branche tätig sei. Sein Antrag wurde genehmigt und er legte sein unter Auf­ sicht gefertigtes Probestück einer Prüfungskommission vor. Dieses Meister­ stück, eine versilberte Kupferstange, erachteten die Mitglieder der Prüfungs­ kommission für Gold- und Silberdrahtzieher als gut und brauchbar und am 11. März 1834 erhielt Schmidmer den Meistertitel als Drahtzieher zu­ gesprochen 74. Mit diesem nachträglichen Erwerb der Meisterschaft waren nun alle Einwände der Nürnberger Konkurrenten gegenstandslos. Die außerordentliche Tatkraft Schmidmers, verbunden mit den profunden Kenntnissen eines gewiegten Kaufmanns, führte bald zu einer Produktionsaus­ weitung, Verbesserung und Spezialisierung der Drahtfabrik. Die Erzeugnisse des Unternehmens, das u. a. ganz dünnen Aluminiumdraht hersteilen konnte, erregten im In- und Ausland Aufsehen. Auf verschiedenen Welt- und anderen Ausstellungen wie z. B. in New York 18 52, Paris 18 55, London 1862 und 1873 war die Kuhnsche Drahtfabrik vertreten. Als eines der ersten Nürnberger Unternehmen führte sie Exporte im großen durch, vor allem nach England und in den Nahen Osten 75. Schmidmers unternehmender und planender Geist beschränkte sich aber keineswegs nur auf den Betrieb der Drahtfabrik. Die 1829 erteilte Eisen­ handelskonzession bot, bei den damaligen scharfen Gewerbebestimmungen, noch nicht die Möglichkeit zu einer wesentlichen Ausweitung des Handels. Da­ rum bemühte sich Schmidmer mit Erfolg um die Vertretung und den Vertrieb zweier bayerischer Stahl- und Eisendrahtfabriken (es war nicht zu ermitteln welcher). Einen entscheidenden Vorstoß zur Vergrößerung der Handlung unter­ nahm er 1834. Schmidmer wies nach, daß damals in Bayern nicht alle gewünsch­ ten und gebrauchten Drahtarten hergestellt werden konnten und daß, seit Be­ stehen des Zollvereins (1. Januar 1834), die aus dem „Ausland", vor allem aus den preußischen Landen, kommenden feinen Drähte billiger als die einhei­ mischen zu beziehen waren. Die dort schon vielfach auf Aktienbasis arbeiten­ den, mit modernen Maschinen ausgestatteten Fabriken konnten die in Frage kommenden Drähte sehr billig herstellen und trotz der hohen anfallenden Transportkosten war, nach Schmidmer, kein „inländischer" Fabrikant in der Lage, Drähte zu einem derart günstigen Preis anzubieten. Mit seinem Antrag auf Erteilung der Konzession zum Verkauf ausländischer Drähte stach Schmidmer geradezu in ein Wespennest. Die Scheibenzieher und Drahtzieher, die mit Recht eine Beeinträchtigung ihres Gewerbes befürchteten, protestierten lautstark. Aber auch die sonst immer recht aufgeschlossenen Vor­ steher des Handelsvorstands plädierten für eine Ablehnung des Antrags. Nach 74 Wie Anm. 72. 75 August Jegcl a. a. O., S. 189.

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langwieriger Kontroverse einigte man sich schließlich auf einen Kompromiß: Am 26. September 1834 wurde Ernst Schmidmer die Konzession zum Detail­ handel mit Eisen- und Stahldraht, wie dieser in auswärtigen Fabriken gefertigt wird, erteilt. Verboten wurde ihm, solche feinen Stahl- und Eisendrähte zu ver­ kaufen, wie sie die hiesigen Scheibenzieher herstellen konnten 76. Schmidmer besaß also jetzt die Erlaubnis zum Detailhandel mit Eisen- und Stahlwaren und zum Handel mit Stahl- und Eisendraht. Außerdem vertrieb er, als Besitzer der Kubischen Drahtfabrik, Gold-, Silber- und Kupferdrähte, spä­ ter auch Aluminiumdrähte. Obwohl er als Kaufmann damit schon zum Handel mit allen rohen und halbrohen Metallen sowie allen Metallwaren berechtigt war, bat er doch 1853, daß diese Befugnisse ausdrücklich seiner Konzession bei­ gefügt werden möge. Diese, an sich unnötige Eingabe zeigt, ähnlich wie seine selbstlose Geschäftsführung in München und die Erwerbung des Meisterrechts 18 34, die grundehrliche Haltung Schmidmers. Man ging auch ohne Zögern und Einwand daran, Schmidmer am 20. Mai 1854 eine neue Konzession für den Handel mit allen rohen und halbrohen Metallen und Metallwaren auszu­ stellen 77. Diese Befugnis enthielt jetzt auch ausdrücklich die Berechtigung zum Groß­ handel. Sicher hatte sich Schmidmer schon vorher als Großhändler betätigt, da der Detailhändler in Nürnberg, nach einer Auskunft des Handelsvorstands (18 50), auch Großhandel betreiben durfte, wenn er ein Kapital von mindestens 10 000 Gulden nachweisen konnte78. Neben den verschiedensten Sorten von Draht vertrieb die Schmidmersche Handlung um 18 50 vor allem Kleineisen, Schmiedeeisen, Grob- und Stabeisen, Ofengehäuse, Ofenröhren, Bratröhren und Kochöfen. Im Großhandel wurde dabei das Stabeisen in Bünden zu 100 Pfund, das Schmiedeeisen in Bünden zu 50 Pfund abgegeben. Insgesamt be­ standen um 18 50 zwölf Eisen- und Drahthandlungen in Nürnberg79.

e) Trennung der Eisenhandlung von der Drahtfabrik und Fortführung der Firma bis 1907 18 57 nahm Emst Schmidmer seinen älteren Sohn Christian als Teilhaber auf80. Am 1. März 1859 wurde eine vollkommene Trennung zwischen der Draht­ fabrik und der Eisen- und Metallhandlung vorgenommen. Von diesem Zeit­ punkt an firmierte die Eisenhandlung als offene Handelsgesellschaft unter der Bezeichnung E. Schmidmer und die Drahtfabrik, ebenfalls als offene Handels­ gesellschaft, unter der Bezeichnung E. Kuhns Drahtfabrik. Die Gesellschafter 78, 77 Anm. 72. 78 Stadtav., Handelsvorstand Nr. 2748. 79 Stadtav., Handelsvorstand Nr. 2748 und Hauptreg. VI b 2 Nr. 12 b. 80 Stadtav., Niederlassungsakt Nr. 15 044.

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waren in beiden Fällen Emst Sdimidmer und seine Söhne Christian und Fried­ rich Ludwig Ernst81. Nach einem Unfall, den er 1865 in der Schweiz erlitt, blieb Ernst Schmidmer kränklich und ist am 18. Februar 1868 in Nürnberg verstorben. Ohne beson­ dere Schulbildung hatte er sich im Selbststudium ein beachtliches Wissen und Können angeeignet, das er mit viel Geschick zum Nutzen seiner beiden Betriebe anwandte. Unreelle Praktiken waren ihm fremd. Von Ernst Schmidmer hat man den Eindruck eines tüchtigen und erfolgreichen, aber zugleich eines soliden und ehrlichen Kaufmanns. Sein Verantwortungsgefühl der Allgemeinheit gegen­ über zeigte sich in seiner öffentlichen Tätigkeit. Lange Jahre hat er dem Armen­ pflegschaftsrat und dem Kollegium der Gemeindebevollmächtigten angehört. 1840 wählte man ihn zum Magistratsrat. Durch seine Erkrankung veranlaßt, trat er 1865 von diesem Ehrenamt zurück. Während seiner Tätigkeit im Stadt­ parlament hat er sich, zugleich in seiner Eigenschaft als Armenpflegschaftsrat, sehr um die gerechte Verteilung der Getreidevorräte gekümmert. Sein beson­ deres Augenmerk galt dem Kämmereiwesen, der Finanzverwaltung der Stadt82. Nach Ernst Schmidmers Tod wurde die Eisenhandlung von seinen beiden Söhnen Christian (geb. 25. 12. 1828) und Friedrich Ludwig Ernst (geb. 17. 10. 183 3) 83 weiter in der Bankgasse Nr. 6 betrieben. Sie besaßen dieses Haus zu­ nächst gemeinsam mit ihrer älteren Schwester, der Kaufmannswitwe Maria Helena Rosalie Wiß, deren Anteil am 13. Mai 1868 an sie überging 84. Chri­ stian Schmidmer hatte, ehe er ins väterliche Geschäft eintrat, drei Jahre lang in London volontiert85. Am 3. Mai 1887 erhielt Georg Schmidmer, Sohn des Friedrich Ludwig Ernst, Prokura86. Während 1850 nur zwölf Eisen- und Drahthandlungen in Nürnberg gezählt wurden, gab es zu Ende des Bestehens der Eisenhandlung Schmidmer nicht weniger als 93 Eisen-, Stahl- und Metallhandlungen87. Zu den bedeutendsten und angesehensten unter ihnen gehörte die Firma E. Schmidmer. Neben allen Arten von Eisen führte sie speziell Kleineisen und Drähte. Ihr Absatzmarkt lag, mit Schwerpunkt um Nürnberg, im ganzen nordbayerischen Raum. Am 27. März 1907 löste sich die Firma durch Beschluß der Gesellschafter auf und trat in Liquidation, da sie in der neu gegründeten Süddeutschen Eisen­ gesellschaft aufgegangen war88. Als Liquidator fungierte Kommerzienrat Chri­ stian Schmidmer, der am 8. Juni 1921 im Alter von 92 Jahren verstorben ist89. 81 Amtsgericht Nürnberg, Registerakten Bd. II, Ziff. 50 und Gesellschaftsreg. Bd. II, Ziffern 76 und 77. 82 Stadtav., Stadtchronik vom 18. 2.1868. 83 Geburtsdaten aus den Kirchenbuchzweitschriften der Stadtarchivs. 84 St AN, Rentamt Nürnberg Nr. 321. 86 Wie Anm. 80. 86 Amtsgericht Nürnberg, Gesellschaftsreg. Bd. I, Ziff. 77 Nr. 4. 87 Adreßbuch der Stadt Nürnberg von 1906. 88 Amtsgericht Nürnberg, Gesellschaftsreg. Bd. I, Ziff. 77, Nr. 5. 89 Standesamt Nürnberg, Sterbereg. Sebald 1921 Nr. 1036.

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f) Das Ende der Kuhnsdten Drahtfabrik Die Kuhnsche Drahtfabrik, seit 1899 unter der Leitung der Söhne des Kom­ merzienrats Christian Schmidmer, Georg Eduard und Dr. Eduard, wurde in diesem Jahr vom Egidienplatz 31 nach Schweinau in die Geisseestraße 89 ver­ legt90. Sie bestand noch bis zum 1. April 1908. Die Abwicklung der Liqui­ dation zog sich aber bis 1937 hin 91. 1893 gründeten die Brüder Georg Eduard und Dr. Eduard Schmidmer die Firma Schmidmer und Co., die sich mit der Röhrenfabrikation und mit der Her­ stellung von Metallpreßteilen befaßte. Der am 5. April geborene spätere Ge­ heime Kommerzienrat Georg Eduard Schmidmer war von 1924 bis zu seinem Tod (31. 1. 1933) Präsident der Industrie- und Handelskammer Nürnberg. Die Universität Erlangen hat ihn durch die Verleihung des Ehrendoktorats der juristischen Fakultät geehrt92. Lange Jahre hindurch war Georg Eduard Schmid­ mer Aufsichtsrat der Süddeutschen Eisengesellschaft.

3. Die Eisen- und Metallwarengroßhandlung Salomon Guldmann (1872—1907) a) Herkunft Salomon Guldmanns und seine Niederlassung in Nürnberg Der Gründer der dritten, 1907 mit zur Süddeutschen Eisengesellschaft vereinig­ ten Firmen, Salomon Guldmann, stammte aus Harburg im Ries. Er wurde dort als Sohn des Eisenhändlers Urias Löw Guldmann und seiner Frau Rosa am 4. November 18 31 geboren. Die Eisenhandlung Guldmann in Harburg ist ca. 1780 gegründet worden. Fest steht, daß Israel Guldmann in Harburg 18 30 seinen Sohn Urias Löw durch Rundschreiben bei der Kundschaft einführte. Die Firma bezog vor allem Schmiedeeisen von den Hüttenwerken in Wasser­ alfingen. Der Betrieb besaß jedoch nur örtliche Bedeutung9S. Salomon Guldmann ging zunächst im väterlichen Geschäft und dann bei den Gebrüdern Heim in Würzburg in die Lehre. Er kam wahrscheinlich 1862 nach Nürnberg. Am 30. November 1862 meldete er einen allgemeinen Detail­ handel im Haus S 101 (= Karlstraße Nr. 17) an 94. Diesen Handel hat er nur kurze Zeit betrieben. Er ruhte zwischen April 1863 und Januar 1868 und wurde am 17. Juni 1868 abgemeldet95. Ebenfalls im Jahr 1862 trat Guldmann 90 Festschrift zur 40. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure in Nürnberg 1899, S. 520, und Adreßbuch der Stadt Nürnberg von 1903. 91 Amtsgericht Nürnberg, Gesellschaftsreg. Bd. X, Ziff. 52. 92 Festschrift zur 40. Hauptversammlung ... 1899, S. 542 und Fränkischer Kurier vom 1.2. 1933.

98 Stadtav., Kirchenbuchzweitschriften Nr. 361 und nach Mitteilung Dr. Oscar Guldmann. New York. 94, 95 Stadtav., Gewerbekataster Nr. 14, S. 227.

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als Kompagnon in die am 1. Juli 1862 durch Martin Fechheimer in der Karl­ straße 17 eröffnete Eisen-, Stahl- und Metallwarenhandlung ein96. Am 2. No­ vember 1866 erwarben Salomon Guldmann und Martin Fechheimer gemein­ sam das Anwesen L 305 (= Adlerstraße 27) um 54 000 Gulden 97. Hierher ver­ legten sie ihre bisher in der Karlstraße betriebene Eisenhandlung. Am 23. Dezember 1863 hat sich Salomon Guldmann in Nürnberg mit Rosa Tuchmann, Tochter des Kaufmanns Philipp Tuchmann aus Dresden (geb. 21. 12. 1844) verheiratet98. Als Wohnung Guldmanns wurde damals das Haus L 425 (= Breite Gasse Nr. 93) angegeben.

b) Die Gründung einer eigenen Eisenhandlung 1872 trennte sich Salomon Guldmann von Martin Fechheimer. Für das Grün­ dungsdatum der Firma Salomon Guldmann fanden sich in den vorliegenden Quellen widersprüchliche Angaben. Der Gewerbekataster nennt als Gründungs­ tag den 15. Juni 1873 ", während die Registerakten des Amtsgerichts Nürn­ berg den 1. August 1872 angeben. Wegen des ausführlicheren Eintrags ist der Meldung in den Registerakten der Vorrang zu geben. Dort heißt es unter dem 16. Oktober 1872: „Herr Kaufmann S. Guldmann meldet seine Firma S. Guldmann, unter welcher er dahier seit 1. August des Jahres ein Eisen- und Metallwarengeschäft en gros betreibt, zum Eintrag in das Handelsregister an" 10°. Guldmann führte die Eisenhandlung im bisherigen Geschäftshaus in der Adlerstraße 27 fort. Dieses Haus, das 1866 erneuert und ausgebaut worden war, kam am 25. Januar 1872 in seinen alleinigen Besitz, da er Martin Fechheimers hälftigen Anteil um 45 250 Gulden erwarb 101. Die weiter bestehende Eisenhandlung Martin Fechheimer wurde in die Adlerstraße 9 verlegt10*.

c) Die Firma Salomon Guldmann bis 1907 Zusammen mit dem Prokuristen Carl Heimbrecht führte Guldmann seinen Be­ trieb bis 1884. In diesem Jahr erfolgte die Umwandlung in eine offene Han­ delsgesellschaft. Teilhaber waren Salomon Guldmann und sein Schwiegersohn

96 97 98 99 100

Stadtav., Gewerbekataster Nr. 22, S. 332 und Mitteilung Dr. Oscar Guldmann, New York. StAN, Finanzamt Nürnberg Nr. 321. Stadtav., Kirchenbuchzweitschriften Nr. 361. Stadtav., Gewerbekataster Nr. 22, S. 332. Amtsgericht Nbg., Registerakten und Firmenreg. Bd. III Nr. 229, sowie Rundschreiben vom 1. 8.1872 bei Stadtav., Nbger. Wirtschaftsarchive Nr. 171/92. 101 Wie Anm. 97. 102 Anm. 99.

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MVGN 62 (1975)

Eisenhandlungen

Ludwig Metzger. Prokurist blieb weiterhin Carl Heimbrecht108. Am 14. Mai 1891 trat der Sohn Arthur Guldmann (geb. 19. 8. 1866) als weiterer voll­ berechtigter Teilhaber in die Gesellschaft ein104. Ähnlich wie bei der Firma Johann Adam Ramspeck, war es auch hier der Schwiegersohn, der die eigentliche Leitung übernahm. Ludwig Metzger wurde am 14. April 18 52 in Mainz geboren. Nach längerer Tätigkeit bei einer Metall­ handelsfirma in Frankfurt am Main kam er nach Nürnberg und heiratete hier die einzige Tochter Salomon Guldmanns, Gretchen (geb. 19. 10. 1864). Mit Metzgers Blick für das Wesentliche und durch seine tatkräftige Leitung nahm das Geschäft einen erheblichen Aufschwung. Größere Verkäufe nach Österreich, nach Ungarn und nach den Balkanländern konnten getätigt werden. Ende der 80er Jahre übernahm die Firma den Alleinverkauf der Roheisenerzeugnisse der staatlichen Luitpoldhütte in Amberg, den sie bis 1908 — also nahezu 25 Jahre lang — innehatte. Das Roheisen der Luitpoldhütte fand guten Absatz, denn der Verkauf von Roheisen in Bayern, Sachsen und Württemberg war damals so gut wie konkurrenzlos. Durch den Vertrieb dieses Roheisens konnten weit höhere Umsätze und Gewinne erzielt werden als durch den Verkauf von Schmiede­ eisen 105. Am 13. April 1892 ist Salomon Guldmann verstorben 106. Für ihn trat seine Witwe und alleinige Erbin, Rosa Guldmann, als vollberechtigte Teilhaberin in die Gesellschaft ein 107. Seniorchef der Firma wurde Ludwig Metzger. Ihm ver­ lieh Prinzregent Luitpold 1894 den Titel eines bayerischen Kommerzienrats, als Anerkennung für seine, dem staatlichen Hüttenamt geleisteten Dienste. 1924 erhielt er von der bayerischen Staatsregierung den Titel eines Geheimen Kommerzienrats. Ludwig Metzger wurde 1904 zum Handelsrichter bei der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Nürnberg ernannt und hatte die­ ses Ehrenamt bis 1925 inne. Die Reichsbankhauptstelle Nürnberg berief ihn in ihren Beirat, die Darmstädter- und Nationalbank in ihren Nürnberger und bayerischen Landesausschuß. Die Isrealitische Kultusgemeinde Nürnberg wählte ihn zum Vorsteher ihres Gotteshauses und zu ihrem zweiten Vorsitzenden. An der Zusammenlegung der Firmen Ramspeck, Schmidmer und Guldmann war Kommerzienrat Metzger maßgeblich beteiligt. Dem Aufsichtsrat der neuen Ge­ sellschaft gehörte er bis zu seinem Tod am 24. November 1951 an. Bescheiden­ heit, tief innerliche Religiosität, Mitgefühl und werktätige Hilfe für seine Näch­ sten wurden in Nachrufen als die hervorstechenden Züge seines Wesens ge­ rühmt 108. 103 Amtsgericht Nürnberg, Gesellschaftsreg. Bd. VI, Ziff. 64/1. 104 Amtsgericht Nürnberg, Gesellschaftsreg. Bd. VI, Ziff. 64/2. 106 Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg 1931/32 und Mitteilung Dr. Guldmann, New York. 106 Standesamt Nürnberg, Sterbereg. Nr. 1273/1892. 107 Amtsgericht Nürnberg, Gesellschaftsreg. Bd. VI, Ziff. 64/3. i°8 Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg 1931/32 S. 86/87 und Fränkischer Kurier vom 26. 11. 1931.

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Albert Bartelmeß

Durch die Vergrößerung der Stadtpost in der Adlerstraße mußte 1900 das Haus Adlerstraße 27 an den bayerischen Staat verkauft werden. Die Firma erwarb daher das erst ein Jahr zuvor von dem Bildhauer Christian Böckler er­ baute Anwesen Treustraße 11 109, wo ein umfangreiches Eisenlager eingerichtet wurde uo. Die Firma Salomon Guldmann bestand auch nach der Gründung der Süd­ deutschen Eisengesellschaft: fort, denn es wurde nur die Eisenhandlung, ein­ schließlich der Lagerräume in der Treustraße, in das neue Unternehmen einge­ bracht. Die Eisenhandlung Guldmann hat ähnliche Waren wie die Firmen Ramspeck und Schmidmer geführt, doch scheint sie sich in den letzten Jahren ihres Bestehens mehr auf den Verkauf von Blechen spezialisiert zu haben. Kommer­ zienrat Ludwig Metzger und Arthur Guldmann betrieben unter der Firmen­ bezeichnung S. Guldmann weiter den Verkauf von Roheisen, Erzen, Schlacken und verwandten Produkten111. Am 8. Januar 1931 wurde die offene Handels­ gesellschaft: aufgelöst. Den Betrieb übernahm der Chemiker Dr. Oscar Guld­ mann und führte ihn unter unverändertem Firmennamen fort112. Dr. Oscar Guldmann mußte 1938 nach den USA emigrieren. Die Firma erlosch daher am 21. September 1938 113.

4. Die Süddeutsche Eisengesellschaft (ab 1907)

Wenn man, aufgrund der vorhandenen Unterlagen, überhaupt gewisse Schwer­ punkte im Warenvertrieb der drei vereinigten Unternehmen feststellen kann, so hat bei J. A. Ramspeck der Verkauf von Eisenträgern, Rollbahnschienen, Flacheisen, Winkeleisen und Fa