Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [68]

Table of contents :
Christa Schaper, Die Ratsfamilie Rummel — Kaufleute, Finanziers
und Unternehmer ........................................................................ 1
Svetozar Sprusansky, Das Haupt des hl. Sebald. Zur Geschichte des
Nürnberger Stadtheiligen und seiner Verehrung ..........................109
Franz Krautwurst, Anmerkungen zu den Chorales des Nürnberger
Heiliggeistspitals im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts ... 122
Rudolf Eckstein, Der Klausurkirchhof des Klarissenklosters zu Nürnberg
und seine Gräber nach dem Totenbüchlein der Anna Ketzel 130
Gerhard S e i b o 1 d, Die Blommart und ihr Handelshaus. Ein Beitrag zur
Geschichte der niederländischen Kaufleute im Nürnberg des
17. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Familien
de Brasserie, Buirette und von Lierdt........................................ 164
Hans R. Purschke, Puppenspiel und verwandte Künste in der Reichsstadt
Nürnberg ................................................................................. 221
Peter Koch, Nürnberger Versicherungswesen in Vergangenheit und
Gegenwart .........................................................................................260
Wilhelm Schwemmer, Aus der Geschichte des Gartenanwesens Johannisstraße
19 279
Kleinere Beiträge
Lotte Kurras, Ein Bildzeugnis der Reformtätigkeit des Nürnberger
Katharinenklosters für Regensburg .................................................. 293
Karl Kohn, Der Starck’sche Kruzifixus — Ein Werk des Veit Stoß 297
Hermann-Josef Müller, Hector Schöffler und seine Nürnberger
Drucke ................................................................................................ 303
Franz Willax, Zum Problem der Nürnberger Mittelschichten im
15. Jahrhundert. Anmerkungen zu einer Neuerscheinung . . . 309
Gerhard Pfeiffer, Neue Forschungen über Leonhard Culmann . . 322
Karl Schindler, Ein unbekannter Hymnus auf Hans Sachs. Albert
Emil Brachvogels Gedicht „Der Meister-Sänger“............................331
Gerhard Hirschmann, Nürnberger Urkunden in der Universitätsbibliothek
Bonn 1824—1980 335
Günther Schuhmann, Der Reichskleinodienforscher Albert Bühler
(1896—1980) und sein Nachlaß ...................................................... 342
Buchbesprechungen (im einzelnen siehe Rückseite) ............................... 346
Neue Arbeiten zur Nürnberger Geschichte ...........................................398
Jahresbericht über das 103. Vereinsjahr 1980 .................................. 402
VII
BUCHBESPRECHUNGEN
Gerhard Pfeiffer, Die ältesten Urbare der Deutschordenskommende Nürnberg, Neustad
t/Aisch 1981. (Karl-Engelhardt Klaar) .................................................................. 346
Günther Schuhmann, Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, Ansbach 1980.
(Walter Hubatsch) .......................................................................................................... 348
Thomas Michael Martin, Die Städtepolitik Rudolfs von Habsburg, Göttingen 1976.
(Ernst Schubert) .............................................................................................................. 351
Siegfried Ringler, Viten- und Offenbarungsliteratur in Frauenklöstern des Mittelalters,
München 1980. (Franz Machilek).................................................................................. 352
Klaus Arnold, Niklashausen 1476, Baden-Baden 1980. (Rudolf Endres) ................... 354
Hildegard Weiß, Lebenshaltung und Vermögensbildung des „mittleren“ Bürgertums,
München 1980. (Rudolf Endres) .................................................................................. 355
Friedhelm Brusniak, Conrad Rein (ca. 1475—1522) — Schulmeister und Komponist,
Wiesbaden 1980. (Franz Krautwurst) .......................................................................... 356
Bernhard Saran, Eobanus Hesse, Melanchthon und Dürer. (Gerhard Pfeiffer) . . . 358
Alfred Eckert und Helmut Süß, Nikolaus Seinecker 1530—1592, Hersbruck 1980.
(Jürgen Lorz) .................................................................................................................. 358
Meister Franntzn Schmidts Nachrichters inn Nürmberg all sein Richten, hrsg. von
Albrecht Keller, Neustad t/Aisch 1979. (Heinz Lieberich) ................................... 359
Wolfgang Ruppert, Bürgerlicher Wandel, Frankfurt/M. 1981. (Dieter Rossmeissl) . 360
Karlheinz Goldmann, Nürnberger und Altdorfer Stammbücher aus vier Jahrhunderten,
Nürnberg 1981. (Wilhelm Schwemmer) ................................................................ 362
Emblemata Politica. Die Sinnbilder im Nürnberger Rathaussaal, hrsg. von Karl Heinz
Schreyl, Nürnberg 1980. (Konrad Lengenfelder) .................................................. 363
Andreas Grießinger, Das symbolische Kapital der Ehre, Frankfurt 1981. (Rudolf
Endres) .............................................................................................................................. 365
Michael Brix, Nürnberg und Lübeck im 19. Jahrhundert, München 1981. (Erich
Mulzer)............................................................................................................................. 366
Claus Pese, Das Nürnberger Kunsthandwerk des Jugendstils, Nürnberg 1980. (Wilhelm
Schwemmer)..................................................................................................................... 369
Hans Gründl, Nürnberg, Stadtmauer und Stadtgraben, Nürnberg 1981. (Helmut
Häußler) .......................................................................................................................... 370
Karl Stritzke, Es war einmal. Nürnberger Sagen und Geschichten, Nürnberg 1980.
(Walter Lehnert).............................................................................................................. 371
Industriekultur in Nürnberg, hrsg. von Hermann Glaser, Wolfgang Ruppert und
Norbert Neudecker, München 1980. (Horst Brunner) ....................................... 372
Von der Pferdebahn zum Pegnitzpfeil, 100 Jahre Stadtverkehr in Nürnberg und Fürth,
hrsg. von Robert Binder und Ernst Wenzel, Düsseldorf 1981. (Helmut Häußler). 374
Als ich 9 Jahre alt war, kam der Krieg. Schüleraufsätze 1946, hrsg. von Hannes Heer und
Hermann Glaser, Köln 1980 (Hans-Ulrich Thamer) ........................................... 375
Klaus Schwabe, Oberbürgermeister, Boppard am Rhein 1981. (Rainer Hambrecht) . 377
Jahrbuch für fränkische Landesforschung, Bd. 40, hrsg. vom Zentralinstitut für fränkische
Landeskunde und allgemeine Regionalforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg,
Neustadt/Aisch 1980. (Gerhard Hirschmann).................................................. 378
Fränkische Lebensbilder, Bd. 9, hrsg. von Alfred Wendehorst und Gerhard Pfeiffer,
Neustadt/Aisch 1980. (Richard Kölbel) ...................................................................... 379
Friedhelm Wilhelm Kantzenbach, Evangelischer Geist und Glaube im neuzeitlichen
Bayern, München 1980. (Jürgen Lorz) ...................................................................... 381
Reinhard Worschech, Bildstöcke — Wahrzeichen der Landschaft, Rosenheim 1980.
(Helmut Häußler) .......................................................................................................... 382
Erich Strassner, Fränkischer Volkshumor, Neustadt/Aisch 1979. (Horst Brunner) . 383
Heinrich Strauß, Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung,
Nürnberg 1980. (Rainer Hambrecht) ...................................................... 384
Hartmut Beck/Günther Beck, Die Altnürnberger Landschaft. Gefährdung einer alten
Kulturlandschaft, Nürnberg 1981. (Barbara Heller).................................................. 386
VIII
Wilhelm Schwemmer, Alt-Lichtenau, Nürnberg 1980. (Walter Lehnert) ............... 386
Helmut Schulenburg, Allersberg, Allersberg 1981. (Wolfgang Wießner) ............... 388
Gerhard Rechter, Das Land zwischen Aisch und Rezat, Neustadt/Aisch 1981. (Robert
Schuh) ............................................................................................................................. 389
Melchior Adam Pastorius, Kurze Beschreibung der Reichsstadt Windsheim 1692,
München 1980. (Gerhard Hirschmann) ...................................................................... 391
Uffenheimer Bilderbogen, Uffenheim 1980. (Albert Bartelmeß)....................................... 392
Helmut Mahr, Wallensteins Lager. Die Schlacht an der Alten Veste, Nürnberg 1980.
(Albert Bartelmeß) .......................................................................................................... 392
Martin Treu, Stammreihe Treu aus Franken und angrenzenden Gebieten Württembergs,
Neustadt/Aisch 1980. (Gerhard Hirschmann) ................................................... 392
Hans Kreßel, Bischof Martin von Tours und seine geschichtliche Sendung, Erlangen
1980. (Gerhard Hirschmann) ...................................................................................... 393
Bibliographie zur Geschichte von Stadt und Hochstift Bamberg 1945—1975 mit Bamberger
Zeitschriftenbeiträgen 1919—1964, New York 1980. (Günther Thomann) . . 394
Friedhelm Golücke, Schweinfurt und der strategische Luftkrieg 1943, Paderborn 1980.
(Erich Mulzer)................................................................................................................. 395
Moderne Preußische Geschichte 1648—1947, bearb. und hrsg. von Otto Büsch und
Wolfgang Neugebauer, Berlin 1981 (Gerhard Pfeiffer) ........................................ 395

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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

68. Band 1981

Nürnberg 1981 Selbstverlag des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnherg

Diesen Band widmet der Verein seinem hochverdienten Ehrenmitglied

Dr. Wilhelm Schwemmer dem Nestor der Nürnberger Kunstgeschichtsforschung

in Dankbarkeit zum 80. Geburtstag am 20. November 1981

Schriftleitung: Dr. Gerhard Hirschmann, Dr. Franz Machilek Für Form und Inhalt der Aufsätze und Rezensionen sind die Verfasser verantwortlich

Für Druckzuschüsse dankt der Verein der Stadt Nürnberg, der Stadtsparkasse, dem Bezirk Mittelfranken, dem Industrie- und Kulturverein und der Nürnberger Lebensversicherung AG

Gesamtherstellung: Verlagsdruckerei Schmidt GmbH, Neustadt/Aisch Alle Rechte, auch des Abdrucks im Auszug, Vorbehalten Copyright by Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg (Geschäftsstelle: Egidienplatz 23, 8500 Nürnberg 1) ISSN 008-5579

INHALT Christa Schaper, Die Ratsfamilie Rummel — Kaufleute, Finanziers und Unternehmer ........................................................................ 1 Svetozar Sprusansky, Das Haupt des hl. Sebald. Zur Geschichte des Nürnberger Stadtheiligen und seiner Verehrung ..........................109 Franz Krautwurst, Anmerkungen zu den Chorales des Nürnberger Heiliggeistspitals im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts ... 122 Rudolf Eckstein, Der Klausurkirchhof des Klarissenklosters zu Nürn­ berg und seine Gräber nach dem Totenbüchlein der Anna Ketzel 130 Gerhard S e i b o 1 d, Die Blommart und ihr Handelshaus. Ein Beitrag zur Geschichte der niederländischen Kaufleute im Nürnberg des 17. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Familien de Brasserie, Buirette und von Lierdt........................................ 164 Hans R. Purschke, Puppenspiel und verwandte Künste in der Reichs­ stadt Nürnberg ................................................................................. 221 Peter Koch, Nürnberger Versicherungswesen in Vergangenheit und Gegenwart .........................................................................................260 Wilhelm Schwemmer, Aus der Geschichte des Gartenanwesens Jo­ hannisstraße 19 279 Kleinere Beiträge Lotte Kurras, Ein Bildzeugnis der Reformtätigkeit des Nürnberger Katharinenklosters für Regensburg .................................................. 293 Karl Kohn, Der Starck’sche Kruzifixus — Ein Werk des Veit Stoß 297 Hermann-Josef Müller, Hector Schöffler und seine Nürnberger Drucke ................................................................................................ 303 Franz Willax, Zum Problem der Nürnberger Mittelschichten im 15. Jahrhundert. Anmerkungen zu einer Neuerscheinung . . . 309 Gerhard Pfeiffer, Neue Forschungen über Leonhard Culmann . . 322 Karl Schindler, Ein unbekannter Hymnus auf Hans Sachs. Albert Emil Brachvogels Gedicht „Der Meister-Sänger“............................331 Gerhard Hirschmann, Nürnberger Urkunden in der Universitäts­ bibliothek Bonn 1824—1980 335 Günther Schuhmann, Der Reichskleinodienforscher Albert Bühler (1896—1980) und sein Nachlaß ...................................................... 342 Buchbesprechungen (im einzelnen siehe Rückseite) ............................... 346 Neue Arbeiten zur Nürnberger Geschichte ...........................................398 Jahresbericht über das 103. Vereinsjahr 1980 .................................. 402 VII

BUCHBESPRECHUNGEN Gerhard Pfeiffer, Die ältesten Urbare der Deutschordenskommende Nürnberg, Neu­ stad t/Aisch 1981. (Karl-Engelhardt Klaar) .................................................................. Günther Schuhmann, Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, Ansbach 1980. (Walter Hubatsch) .......................................................................................................... Thomas Michael Martin, Die Städtepolitik Rudolfs von Habsburg, Göttingen 1976. (Ernst Schubert) .............................................................................................................. Siegfried Ringler, Viten- und Offenbarungsliteratur in Frauenklöstern des Mittelalters, München 1980. (Franz Machilek).................................................................................. Klaus Arnold, Niklashausen 1476, Baden-Baden 1980. (Rudolf Endres) ................... Hildegard Weiß, Lebenshaltung und Vermögensbildung des „mittleren“ Bürgertums, München 1980. (Rudolf Endres) .................................................................................. Friedhelm Brusniak, Conrad Rein (ca. 1475—1522) — Schulmeister und Komponist, Wiesbaden 1980. (Franz Krautwurst) .......................................................................... Bernhard Saran, Eobanus Hesse, Melanchthon und Dürer. (Gerhard Pfeiffer) . . . Alfred Eckert und Helmut Süß, Nikolaus Seinecker 1530—1592, Hersbruck 1980. (Jürgen Lorz) .................................................................................................................. Meister Franntzn Schmidts Nachrichters inn Nürmberg all sein Richten, hrsg. von Albrecht Keller, Neustad t/Aisch 1979. (HeinzLieberich) ................................... Wolfgang Ruppert, Bürgerlicher Wandel, Frankfurt/M. 1981. (Dieter Rossmeissl) . Karlheinz Goldmann, Nürnberger und Altdorfer Stammbücher aus vier Jahrhunderten, Nürnberg 1981. (Wilhelm Schwemmer) ................................................................ Emblemata Politica. Die Sinnbilder im Nürnberger Rathaussaal, hrsg. von Karl Heinz Schreyl, Nürnberg 1980. (Konrad Lengenfelder) .................................................. Andreas Grießinger, Das symbolische Kapital der Ehre, Frankfurt 1981. (Rudolf Endres) .............................................................................................................................. Michael Brix, Nürnberg und Lübeck im 19. Jahrhundert, München 1981. (Erich Mulzer).............................................................................................................................. Claus Pese, Das Nürnberger Kunsthandwerk des Jugendstils, Nürnberg 1980. (Wilhelm Schwemmer)...................................................................................................................... Hans Gründl, Nürnberg, Stadtmauer und Stadtgraben, Nürnberg 1981. (Helmut Häußler) .......................................................................................................................... Karl Stritzke, Es war einmal. Nürnberger Sagen und Geschichten, Nürnberg 1980. (Walter Lehnert).............................................................................................................. Industriekultur in Nürnberg, hrsg. von Hermann Glaser, Wolfgang Ruppert und Norbert Neudecker, München 1980. (Horst Brunner) ....................................... Von der Pferdebahn zum Pegnitzpfeil, 100 Jahre Stadtverkehr in Nürnberg und Fürth, hrsg. von Robert Binder und Ernst Wenzel, Düsseldorf 1981. (Helmut Häußler). Als ich 9 Jahre alt war, kam der Krieg. Schüleraufsätze 1946, hrsg. von Hannes Heer und Hermann Glaser, Köln 1980 (Hans-Ulrich Thamer) ........................................... Klaus Schwabe, Oberbürgermeister, Boppard am Rhein 1981. (Rainer Hambrecht) . Jahrbuch für fränkische Landesforschung, Bd. 40, hrsg. vom Zentralinstitut für fränkische Landeskunde und allgemeine Regionalforschung an der Universität Erlangen-Nürn­ berg, Neustadt/Aisch 1980. (Gerhard Hirschmann).................................................. Fränkische Lebensbilder, Bd. 9, hrsg. von Alfred Wendehorst und Gerhard Pfeiffer, Neustadt/Aisch 1980. (Richard Kölbel) ...................................................................... Friedhelm Wilhelm Kantzenbach, Evangelischer Geist und Glaube im neuzeitlichen Bayern, München 1980. (Jürgen Lorz) ...................................................................... Reinhard Worschech, Bildstöcke — Wahrzeichen der Landschaft, Rosenheim 1980. (Helmut Häußler) .......................................................................................................... Erich Strassner, Fränkischer Volkshumor, Neustadt/Aisch 1979. (Horst Brunner) . Heinrich Strauß, Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Macht­ ergreifung, Nürnberg 1980. (Rainer Hambrecht) ...................................................... Hartmut Beck/Günther Beck, Die Altnürnberger Landschaft. Gefährdung einer alten Kulturlandschaft, Nürnberg 1981. (Barbara Heller)..................................................

VIII

346 348 351 352 354 355 356 358 358 359 360 362 363 365 366 369 370 371 372 374 375 377 378 379 381 382 383 384 386

Wilhelm Schwemmer, Alt-Lichtenau, Nürnberg 1980. (Walter Lehnert) ............... Helmut Schulenburg, Allersberg, Allersberg 1981. (Wolfgang Wießner) ............... Gerhard Rechter, Das Land zwischen Aisch und Rezat, Neustadt/Aisch 1981. (Robert Schuh) ............................................................................................................................. Melchior Adam Pastorius, Kurze Beschreibung der Reichsstadt Windsheim 1692, München 1980. (Gerhard Hirschmann) ...................................................................... Uffenheimer Bilderbogen, Uffenheim 1980. (Albert Bartelmeß)....................................... Helmut Mahr, Wallensteins Lager. Die Schlacht an der Alten Veste, Nürnberg 1980. (Albert Bartelmeß) .......................................................................................................... Martin Treu, Stammreihe Treu aus Franken und angrenzenden Gebieten Württembergs, Neustadt/Aisch 1980. (Gerhard Hirschmann) ................................................... Hans Kreßel, Bischof Martin von Tours und seine geschichtliche Sendung, Erlangen 1980. (Gerhard Hirschmann) ...................................................................................... Bibliographie zur Geschichte von Stadt und Hochstift Bamberg 1945—1975 mit Bamberger Zeitschriftenbeiträgen 1919—1964, New York 1980. (Günther Thomann) . . Friedhelm Golücke, Schweinfurt und der strategische Luftkrieg 1943, Paderborn 1980. (Erich Mulzer)................................................................................................................. Moderne Preußische Geschichte 1648—1947, bearb. und hrsg. von Otto Büsch und Wolfgang Neugebauer, Berlin 1981 (GerhardPfeiffer) ........................................

386 388 389 391 392 392 392 393 394 395 395

IX

VERZEICHNIS DER MITARBEITER Bartelmeß, Albert, Archivoberamtsrat, Stadtarchiv, Egidienplatz 23, 8500 Nürnberg 1 Brunner, Horst, Dr., Univ.-Prof., Esperstraße 29, 8521 Uttenreuth Eckstein, Rudolf, Pfarrer, Studiendirektor i. R., Jochensteinstraße 34, 8500 Nürnberg 30 Endres, Rudolf, Dr., Univ.-Prof., An den Homwiesen 10, 8520 Erlangen-Buckenhof Häußler, Helmut, Dr., Stadtarchiv, Egidienplatz 23, 8500 Nürnberg 1 Hambrecht, Rainer, Dr., Archivrat, Weitlstraße 141/IX, 8000 München 50 Heller, Barbara, Archivarin, Komotauer Straße 47, 8501 Schwarzenbruck Hirschmann, Gerhard, Dr., Ltd. Archivdirektor, Stadtarchiv, Egidienplatz 23, 8500 Nürnberg 1 Hubatsch, Walther, Dr. Dr. h. c., Professor, Hist. Seminar der Rhein. Friedr.-Wilh.Universität, Konviktstraße 11, 5300 Bonn 1 Klaar, Karl-Engelhardt, Dr., Archivdirektor, Staatsarchiv, Archivstraße 17, 8500 Nürnberg 10 Kölbel, Richard, Studiendirektor, Neuwerker Weg 66, 8501 Stein-Deutenbach Koch, Peter, Dr. jur., Professor, Erzbergerallee 50, 5100 Aachen Kohn, Karl, Obere Krämersgasse 12, 8500 Nürnberg 1 Krautwurst, Franz, Dr., Univ.-Prof., Im Herrengarten 18, 8520 Buckenhof Kurras, Lotte, Dr., Germanisches Nationalmuseum, Kartäusergasse 1, 8500 Nürnberg 1 Lehnert, Walter, Dr., Archivoberrat, Stadtarchiv, Egidienplatz 23, 8500 Nürnberg 1 Lengenfelder, Konrad, Studiendirektor, Jägerstraße 66, 8500 Nürnberg 60 Liebe rieh, Heinz, Dr. jur., Professor, Adalbertstraße 44, 8000 München 40 Lorz, Jürgen, Dr., Pfarrer, Am Kirchenbuck 1, 8544 Georgensgmünd Machilek, Franz, Dr., Archivoberrat, Staatsarchiv, Archivstraße 17, 8500 Nürnberg 10 Müller, Hermann-Josef, Dr., Universität Trier, Schneidershof, 5500 Trier Mulzer, Erich, Dr., Studiendirektor, Viatisstraße 242, 8500 Nürnberg30 Pfeiffer, Gerhard, D. Dr., Univ.-Prof., Schnepfenreuther Weg 15, 8500 Nürnberg 90 Purschke, Hans Richard, Dr., Postfach 550135, 6000 Frankfurt a. M. 55 Rossmeissl, Dieter, Dr., Studienrat, Baaderstraße 20, 8500 Nürnberg 40 Schaper, Christa, Schöpfstraße 27, 8500 Nürnberg 30 Schindler, Karl, Dr., Säbenerstraße 194, 8000 München 90 Schubert, Emst, Dr., Univ.-Prof., Werner-Sombart-Straße 30, 7750Konstanz Schuh, Robert, Dr., Schleifweg 56, 8500 Nürnberg 10 Schuhmann, Günther, Dr., Ltd. Archivdirektor, Staatsarchiv, Archivstraße 17, 8500 Nürnberg 10 Schwemmer, Wilhelm, Dr., Direktor der städt. Kunstsammlungen i. R., Lindenast­ straße 63, 8500 Nürnberg 10 Seibold, Gerhard, Dr., An den Hecken 39, 7180 Crailsheim Sprusansky, Svetozar, Dr., Landeskirchliches Archiv, Veilhofstraße 28, 8500 Nürnberg 20 Thamer, Hans-Ulrich, Dr., Universität Erlangen-Nürnberg, Seminar für mittlere u. neuere Geschichte, Kochstraße 4, 8520 Erlangen Thomann, Günther, Dr., Oberbibliotheksrat, Stadtbibliothek, Egidienplatz 23, 8500 Nürnberg 1 Wießner, Wolfgang, Dr., Oberstudiendirektor i. R., Luitpoldstraße 2, 8520 Erlangen Willax, Franz, Oberbaurat, Rollnerstraße 46, 8500 Nürnberg 10

X

DIE RATSFAMILIE RUMMEL — KAUFLEUTE, FINANZIERS UND UNTERNEHMER Von Christa Schaper

Inhalt I. Frühe Träger des Namens

................................................. ....

II. Die Gründer des Handelshauses 1. Heinrich I. Rummel (f 1417) ................................................... 2. Wilhelm I. Rummel (f 1425) ................................................... 3. Niklas Rummel (f um 1434), Mitarbeiter des Handelshauses III. Das Handelshaus: 1370—1480. Drei Unternehmer Rummel . . 1. Heinrich III. Rummel (*j* 1476) ............................................... 2. Die Brüder Peter (f 1519) und Anton Rummel (t 1538) von Lichtenau, ihr Wirkenin Tirol

1 3 16 21 24 54 59

IV. Die fünf Söhne von Heinrich I. Rummel (f 1417) und ihre Nach­ kommen 1. Hans I. Rummel (t 1434) ....................................................... 2. Heinrich II. Rummel (t 1446)................................................... 3. Georg Rummel (t 1434) 4. Wilhelm II. Rummel (t vor Oktober 1443)............................ 5. Franz Rummel, Ritter (f 1460) ................................................

65 73 76 78 84

V. Joseph Rummel (f 1525), der letzte Kaufmann und seine Nach­ kommen* ...........................................................................................

92

VI. Stammtafeln I bis VI............................................................................ 101

I. Frühe Träger des Namens Der erste Rummel, der bislang in Franken bekannt wurde, ist Cunradus Rumei, der am 18. Januar 1281 bei dem Verkauf der Vogtei Urach durch Wolfram, Vogt von Dornberg, an das Kloster Heilsbronn als Zeuge auftritt. Ein zweites Mal begegnen wir ihm am 2. Februar 1291. Die Grafen von Öttingen und ihr Schwager Gotfrid, Edler von Heideck, richten das Testa­ ment ihres Schwiegervaters, des Vogtes Wolfram Edler von Dornberg aus. Sie * Seine Nachkommen verlassen um 1580 Nürnberg und Franken. Die Freiherm von Rummel auf Lonnerstadt, Inhaber von Zant und Zell, starben 1807 aus.

1

Christa Schaper

übergaben als eine ewige Stiftung an das Kloster Heilsbronn Einkünfte u. a. in Imelendorf. Dabei wird neben anderen „C. genannt Rumei“ aufgeführt, dessen Abgabe die höchste unter den acht namentlich aufgeführten Inhabern ist, was auf einen ansehnlichen Hof schließen läßt \ Zu dem heutigen Immeldorf (LK Ansbach) fügen sich im 14. Jahrhundert weitere Orte im Umkreis von Ans­ bach, zu denen Angehörige der Familie Rummel Beziehungen hatten. In Nürnberg lebte schon vor 1300 Merchild der Rumei, der Webermeister war. Er ist 1302 in der Lorenzer Pfarrei als Lodenschauer beweisbar12. Das gleiche Amt bekleidete 1310 und später Götz Rumei. Im 14. Jahrhundert wurde in der Reichsstadt eine Reihe von Namensträgern Neubürger. Im Jahre 1303 ist es Heinrich de Wolansdorf (Wollersdorf, LK Ansbach). 1305 ist er Bürge für einen Neubürger aus Tetelsau, das bei Ansbach lag, ebenso im Jahre 1327 ein Rumei (leider ohne Vorname) und sein Sohn für einen Neubürger aus Onolspach (Ansbach)3. Es gab früher im Weichbild von Ansbach bei Lichtenau einen Ort Rumoltsdorf, der mit dem heutigen Ram­ mersdorf (Ober), Gemeinde Ratzenwinden (LK Ansbach) gleichzusetzen ist4. Bei den anderen Einbürgerungen von Trägern des Namens Rumei sind keine Herkunftsorte genannt, auch aus weiteren Bürgschaften kann keine Bindung an eine bestimmte Gegend erschlossen werden. Ein Sifrit Rumei wird 1311 Neubürger in Nürnberg, ein weiterer S. Rumei 13265. In Zusammenhang mit ihnen könnten Seitz Rumei und seine Frau Kunigunde gebracht werden, die 1360 aus ihrem Erbgut zu Odensoß (Ottensoos, LK Lauf) ein Simmer Korn an das Kloster Engelthal verkauften6. Während in Bamberg im Mittelalter der Familienname Rumei nicht vertre­ ten ist7, gab es in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts in oder bei Würzburg Heinrich Rumei und dessen Frau Mechthild, deren Sohn Johannes nach einem Universitätsbesuch als Meister und Chorherr zu Neumünster 1394 genannt ist. Er stiftete 1395 zum Seelenheil seiner verstorbenen Eltern seinen bei Neumünster gelegenen Hof8. Es ist nicht feststellbar, wer von den Neubürgern im 14. Jahrhundert der Stammvater der Kaufmannsfamilie der Reichsstadt wurde. Wahrscheinlich ist, 1 Günther Schuhmann und Gerhard Hirschmann, Urkundenregesten des Zisterzienserklosters Heilsbronn, 1. Teil 1132—1321, Würzburg 1937, Nr. 153, Nr. 198. 2 G. W. K. Lochner, Nbg. Jahrbücher, 2. Heft, 1291—1313, 1835, S. 126/127. Werner Schultheiß, Satzungsbücher u. Satzungen d. Reichsstadt Nürnberg aus dem 14. Jahrhundert, Nürnberg, 1965, S. 41. 3 Die Nürnberger Bürgerbücher I, Die Pergamentenen Bürgerlisten 1302—1448, Nürnberg, 1974, Nr. 38, 91, 726. 4 Rumoltsdorf, Regesta Boica. 5 Die Nürnberger Bürgerbücher I, wie Anm. 3. Nr. 323, 695. 6 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. Sie enthalten vielseitiges Material zur Familie. Der Zusammenhang der Generationen wurde überprüft und auf Grund von Urkunden richtigge­ stellt. 7 Bernhard Schimmelpfennig, Bamberg im Mittelalter, Lübeck u. Hamburg 1964. 8 Urkundenregesten z. Gesch. d. Stadt Würzburg, 1201—1401, Würzburg 1952, Urk. 513,1395 Okt. 2.

2

MVGN 68 (1981)

Die Ratsfamilie Rummel

daß er aus dem Raum um Ansbach kam. Denkbar wäre, daß es Heinrich Rumei aus Wolansdorf, der sich 1303 einbürgern ließ, gewesen ist. Es könnte sein, daß er 1327 einen Sohn hatte, der zum Vater des 1417 gestorbenen Heinrich Rummel wurde, der mit seinem Bruder Wilhelm diese Familie ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückte.

II. Die Gründer des Handelshauses 1. Heinrich

/.

Rummel (f 1417)

Der Vater der Gebrüder Heinrich und Wilhelm Rummel hat noch mindestens zwei weitere Söhne gehabt, darunter möglicherweise einen Hans. Mit Sicher­ heit gehört zu seinen Söhnen Peter Rummel, der 1383 eine Buße von sechs Heller bezahlte9. Er muß früh gestorben sein, denn „pueri Peter Rumeis“ beschwören ihre Losung 1392, 1397 und 1400 in St. Sebald in räumlicher Nähe zu den vorgenannten Brüdern Heinrich und Wilhelm nebst Clas (Niklas) Rummel. Niklas wohnte zugleich mit den anderen Rummel in dem großen Familienanwesen am Neuen Spital, von dem noch die Rede sein wird26. Eine Schwester der Brüder Rummel mag Alheid (oder Heila) Rummel gewesen sein, die authentisch 1385 als Frau von Marquard Kopf, dem Sohn von Fritz Kopf, festzustellen ist10. Leider sind die Vornamen der Kinder von Peter Rummel nicht bekannt. Zu ihnen mag Hans Rummel gehören, der als Diener der Muffel vor 1425 erwiesen ist1L Auch eine Felizitas Rummel könnte dazu gerechnet werden, die als Frau von Franz Waldstromer überliefert ist. Heinrich I. Rummel wird um 1340 in Nürnberg geboren sein. Als er uns zum erstenmal am 6. Juli 1370 begegnet, hatte er seine erste Frau schon verloren, die aus dem Geschlecht der „edlen Beheim von Weißenburg“ stammte. Diese Beheim waren im 14. Jahrhundert in Nürnberg mit den Baumgartner verschwägert ebenso in Weißenburg mit den Stark und den Spalter. Die Wahl der ersten Ehefrau aus dieser Familie ist ein Hinweis auf die soziale Stellung des Heinrich. Das Wappen der Beheim von Weißenburg zeigt zwei weiße, gekreuzte Bischofsstäbe auf rotem Grund12. Da diese Familie in Lehenbüchern bisher nicht festzustellen war, muß sie vor allem Eigenbesitz gehabt haben, der jedoch erst Anfang des 15. Jahrhunderts beweisbar wird. 9 Staatsarchiv Nürnberg (künftig zitiert: StAN), Rep. 54, Stadtrechnungen 177 (1381—1397) f. 95r. Zu den Losungslisten: StAN, ASTB 271, Sebald 1392, f. 13‘ u. 15‘ als Beispiel. 10 Christa Schaper, Die Hirschvogel von Nürnberg und ihr Handelshaus, Nbg. Forschungen Bd. 18, Nbg. 1973. S. 19. (Künftig zitiert: Chr. Schaper, Die Hirschvogel.) 11 StAN, Rep. 80/80a, Muffel-Archiv, Urk. 127, Jahrtag f. Hans Rummel sei. etwan d. Niklas Muffel d.A. u. Niklas Muffel s. Sohns sei. Knecht u. Diener, für ihn u. s. Vorfahren b. Barfüsser-Kloster, 30 Gulden Stiftung am Walpurgistag 1424. 12 Herrn Dipl.-Ing. Helmut Freiherr Haller von Hallerstein, Schloß Großgründlach, wird die Zeichnung dieses Wappens verdankt.

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Christa Schaper

Es handelte sich um die Beheim-Mühle im Amt Sandsee13 und Wiesen nebst Burgstall bei Amersdorf83. Es könnte sich um Einersdorf, Gern. Trauts­ kirchen (LK Ansbach) handeln. Die Beziehungen von Heinrich Rummel zu dieser Beheim-Familie bestanden über den Tod der ersten Frau hinaus. Er war zugleich mit Conrad Baumgartner, der gleich ihm den Beheim von Weißen­ burg verbunden war, Vormund von Peter Beheim und Magdalene, geb. Riegler H. Zur zweiten Ehefrau wählte sich Heinrich Rummel vor 1370 Kunigunde Kopf (auch Kepf geschrieben). Ihr Vater Friedrich Kopf entstammte einer Nürnberger Unternehmer-Familie, die dem Handwerkerstand zuzurechnen ist. Er hatte sich kraft seiner Persönlichkeit und Tüchtigkeit eine besondere Stellung geschaffen. Die Reichsstadt berief ihn 1370 zum Ratsherren der Handwerker. Sein Einfluß ließ ihn zum Frager (zum Bürgermeister) werden und sogar zum Losunger der Reichsstadt. Grundbesitz innerhalb der Stadt, Lehengüter und Eigenbesitz konnten seinen Töchtern eine ansehnliche Mitgift sichern15. Aus der Urkunde vom 6. Juli 1370 geht hervor16, daß auch Fritz Kreß aus der angesehenen Nürnberger Familie zu seinen Schwiegersöhnen gehörte. Gemeinsam erwarben Fritz Kreß mit Margarete und sein Schwager Heinrich Rummel mit „Kuli“ (Kunigunde), seiner Frau, das Eigen am Zoten­ berg. Aus diesem gemeinsamen Erwerb kann geschlossen werden, daß Geld­ mittel ihres Schwiegervaters dabei zur Verwendung kamen. Das Anwesen war groß genug, beiden jungen Familien Raum zu bieten. Der Handel, den die Kaufleute Rummel und Kreß zusammen betrieben, kommt in der Betrachtung des Handelshauses zur Darstellung. Rummel wurde durch den Fernhandel vielfach von seiner Familie getrennt. Der Handel trug gute Früchte. Am 6. November 1378 erwarb Heinrich Rummel — Zeuge war u. a. sein Schwiegervater Friedrich Kopf — ein Gut in Niedern-Eschenbach17. Im Jahr 1379 wurde Heinrich zum Genannten des Größeren Rates gewählt. Das gute Verhältnis der verschwägerten Familien kommt auch in einer gemeinsamen Stiftung an das 1380 gegründete Karthäu­ serkloster zum Ausdruck. 1380 (bzw. 1381) stifteten Heinrich Rummel und die Kressen zusammen ein ganzes Meßgewand „mit einem weißen gülden ballackt“ (?)18. 13 E. Straßner, Hist. Ortsnamenbuch von Bayern, Teil Mittelfranken, LK Weißenburg, München 1966, Nr. 77 Heinzenmühle. 1407 gehörte sie Peter Beheim, 1787 Beheim- oder Hainzenmühle genannt. Heinz scheint ein Sohn von Peter Beheim gewesen zu sein. 14 StAN, Rep. 2b, Urk. des 7farb. Alph., Nr. 358, 1404 Jan. 30. 15 Chr. Schaper, Die Hirschvogel. S. 17f. Zur Persönlichkeit von Friedrich Kopf f 1385. GNM, Kreß-Archiv, Rep. II, 76d, S. 681. Fritz Kopf kft. einen Hof zu Großen Buch v. d. Egloffstein 1378. 16 Germ. Nationalmuseum (künftig zitiert: GNM), Kreß-Archiv VI, Neunhof, 1370 Juli 6. 17 Stadtarchiv Nürnberg (künftig zitiert: StadtAN), Urk. 1378 Nov. 6. 18 J. F. Roth, Verzeichnis aller Genannten d. größeren Rats, Nürnberg, 1802, S. 10. J. F. Roth, Geschichte und Beschreibung der Nürnbergischen Karthause, Nürnberg 1790. S. 73.

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Die Ratsfamilie Rummel

Führte die wachsende Kinderschar die beiden Ehepaare zu dem Entschluß eine genaue Teilung des Anwesens vorzunehmen? Sie wurde in beiderseitigem Einverständnis am 31. Mai 1381 durchgeführt. Heinrich Rummel bekam den westlichen Teil des großen Eigens am Zotenberg, der später die Bezeichnung Obstmarkt 18 führte19. Bis in unsere Tage blieb dies ehemalige Haus der Rummel erhalten und wurde erst im Zweiten Weltkrieg zerstört. Es besaß vier Fensterachsen und war dreistöckig. Als besonderes Kennzeichen trug es an der einen Hausgrenze unter einem Fenster des ersten Stockwerkes das Steinbild des „Goldenen Adlers“20. Heinrich Rummel und Conrad Baumgartner, die in nahem menschlichen Kontakt standen durch die Verknüpfung mit den Beheim von Weißenburg, traten am 18. Juni 1381 gemeinsam als Käufer auf. Es handelte sich um Rechte in Zaulkendorf (Zautendorf, LK Fürth), Ameldorf (Ammerndorf, LK Fürth), Hadmansdorf (Großhabersdorf, LK Fürth), Gaulenhoffen (Gaulenhofen, LK. Schwabach) und Roor (Rohr ebenda)21. Der Besitz wurde noch weiter vermehrt. Heinrich Rummel erwarb am 11. April 1383 einen Hof in Pechhofen (Bechhofen, LK Ansbach) von Leonrod von Seckendorf22. Dicht bei seinem Wohnsitz am Zotenberg gelegen erkaufte Heinrich am 15. Dezember 1382 die Hälfte des Erbes an der Badstube an dem Zotenberg von Berthold Nützel. Als Eigenherr wird Hermann Ebner genannt. Am 14. Mai 1384 gelangte in den Besitz von Heinrich Rummel aus der Hand von Hermann Ebner d. Jg. und dessen Frau Margarete deren Teil des Eigens an der Badstube am Zotenberg und die drei Häuser, die dabei gelegen mitsamt dem Garten23. Berthold Beheim verkaufte am 15. Oktober 1387 an Heinrich Rummel den eigenen Hof zu Alhardshofen (?), das eigene Gut zu Krondorff (?) und das Reichslehen, das Conrad Baumgartner aufsandte, einen Hof zu Birnthon (LK Nürnberg)24. Das Jahr 1388 brachte Heinrich Rummel und seiner Familie zwei Entschei­ dungen von weitreichender Bedeutung. Am 11. Mai 1388 vollzog sich ein Ereignis, dem mit Sicherheit lange Verhandlungen und Berechnungen voraus­ gegangen sind. Fritz Kreß und Heinrich Rummel lösten ihre Handelsgesell­ schaft auf. Kreß zahlte seinem Schwager die enorme Summe von 19.664 Gulden aus25. Die Trennung erfolgte in gegenseitigem und gutem Einver­ ständnis. Einer der Gründe könnte gewesen sein, daß beide Familienväter heranwachsende Söhne hatten, die sich auf den Kaufmannsberuf vorbereiteten. 19 StadtAN, Lochner Norica I, Nr. 318. 20 Karl Kohn, Das hochmittelalterliche Judenviertel Nürnbergs. Eine topographische Rekon­ struktion. S. 89. Anm. 2. Haus zum Goldenen Adler. In: MVGN, Bd. 65, 1978. Herrn Kohn wird für freundliche Beratung gedankt. Abb. 1. 21 StAN, Rep. 500, Urk. 139, 1381 Juni 18. 22 StadtAN, Behaim-Archiv, Urk. Nr. 500. 23 StadtAN, Vorarbeiten Nürnberger Urkundenbuch (künftig zitiert: Vorarbeiten NUB) Urk. 1382 Dez. 15 und Urk. 1385 Mai 14. 24 StadtAN, Lochner Norica IV, S. 425. 25 GNM, Kreß-Archiv, XXVIII/A. 5.

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Bei Heinrich Rummel hieß der älteste Sohn Hans, was auf den Vornamen des Großvaters zurückgehen könnte, den wir authentisch nicht kennen. Mit diesem großen Barkapital in der Hand fiel es Heinrich nicht schwer, einen Grundbesitz zu erwerben, der unweit seines bisherigen Wohnsitzes lag. Es ist wahrscheinlich, daß der Erwerb des ihm wohl schon vordem angebotenen Besitzes auch ein Grund war, die Handelsgesellschaft mit dem Haus Kreß zu lösen, weil dieses Objekt besonders günstig war. Der Reichsschultheiß Conrad Groß, der 1339 das „Neue Spital zum Heiligen Geist“ in Nürnberg stiftete, besaß am Nordufer der Pegnitz Grund und Boden von der Heubrücke bis zur Fleischbrücke. Conrad Groß wird sich das große Haus aus Stein auf diesem Grund selbst erbaut haben, das 1341 schon stand. In Urkunden wurde es „castrum“ genannt, was dem Eindruck seiner nüchternen Größe entsprach. Nach Conrads Tod im Jahr 1356 kam dieses Haus, in dem auch Kaiser Ludwig zu Gast gewesen ist, in die Hand seines Sohnes, des Reichsmünzmeisters Leupold Groß. Seiner Schulden halber mußte Leupold Groß das Erbhaus 1377 an Hans Hessel verkaufen. Aus dessen Hand erwarb Heinrich Rummel am 25. September 1388 das große Grund­ stück, das sich zwischen Spitalgasse, der heutigen Plobenhofstraße und der Engelsgasse erstreckte26. Es trug in alter Zeit die Bezeichnung Sebald Nr. 823. Das Haupthaus lag an der südöstlichen Ecke des Marktplatzes. Ein großes Einfahrtstor führte in einen viereckigen Hof. An der Hofseite liefen in zwei Stockwerken hölzerne Gänge an den Gebäuden entlang. An der Ostseite des Hofes war ein schmaler Gang als Zugang zu einem geräumigen Garten. In dem schmalen Gang befanden sich vor allem Stallungen. Im Erdgeschoß des Kauffahrteihofes waren alle Räume gewölbt. Eine Wendeltreppe, die sich in einem turmartigen Anbau befand, führte in die oberen Stockwerke. Im ersten Stockwerk waren die Prachträume gewesen — darunter ein großer Saal. Noch in unserem Jahrhundert war das aus dem Grundriß zu ersehen. In den Prunkräumen haben der Kaiser und die Fürsten einstens gewohnt. Im Zweiten Weltkrieg erst wurde dieses über 600 Jahre alte, ehrwürdige Haus zerstört, das unter dem Beinamen der „Plobenhof“ — den Nachbesitzem der Rummel — in die Geschichte einging. Abb. 2. In diesem monumentalen Haus fanden Heinrich Rummel und die Seinen, seine Brüder und deren Familien ihren Erbsitz in der Nähe des „Neuen Hospitals“. Vier Söhne von Heinrich zogen mit Sicherheit in das neue Besitztum ein: Hans, Heinrich, Georg und Wilhelm, dazu die älteste Tochter Kunigunde. Von den bekannten weiteren Nachkommen könnten noch der jüngste Sohn Franz und die Tochter Else im neuen Wohnsitz geboren worden sein. 26 StadtAN, Genealogische Papiere von Ploben. Darin liegt ein Manuscript „Der Plobenhof und die von Ploben“, geschrieben 1907 von Dr. med. Friedrich Lochner (f 1912), dem Neffen des verdienten Stadtarchivars G. W. K. Lochner. Aus diesem Bericht werden Einzelheiten ge­ bracht. Lochner, Norica II, S. 42. Dort ist in einem Zusatz v. Stadtarchivar Lochner das Datum eingesetzt.

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Seiner Jugend hatte Heinrich schon vordem seit längerem als Tummelplatz einen Garten vor dem Äußeren Laufertor gekauft, den er noch vor Erwerb des Erbsitzes am 26. April 1387 durch den Kauf eines Hauses mit Stadel und Garten vor dem äußeren Laufertor erweiterte. Die Lage des neuen Grundstükkes wird bezeichnet „zunechts an desselben Rumeis Garten gelegen“27. Im Zusammenhang mit dem ungewöhnlichen Kapital, das Heinrich Rum­ mel seit der Auflösung des Handelshauses von Fritz Kress am 11. Mai 1388 in der Hand hatte, ist auch der Erwerb von 100 Gulden Leibgeding der Stadt Nürnberg am 22. Mai 1388 zu sehen. Rummel bekam von der Reichsstadt über die Hergabe von 900 Gulden einen Brief28. Bisher fand sich kein Kaufbrief von Heinrich Rummel für den Burgstall in Vach, der den Beinamen „unter der Loe“ (Burgstall Lohe, ca. 500 m nördlich von Vach, abgegangen) führte und ein Lehen der von Brauneck war. Es ist zu vermuten, daß der Kauf zur Zeit der außerordentlichen Liquidität von Heinrich Rummel erfolgt sein kann. Im Jahre 1447 wird der Besitz genau beschrieben, wie ihn Anna, die Witwe von Wilhelm II. Rummel, verkaufte 33°. Dies feste Haus mit einer Kapelle, Mauern, Torhaus und Graben war der erste Herrschaftssitz vor den Mauern der Stadt, den diese Familie innehatte. Im Jahr 1408 wird in einem Briefbuch der Reichsstadt erwähnt, daß Heinrich Rummel zu Vach einen Hintersassen hatte29. Zum erstenmal erhielt sich vom 8. Oktober 1389 ein gemeinsames Auftreten der Brüder Heinrich und Wilhelm Rummel als Zeugen bei einem Verkauf von Paulus Mendels Witwe und Kathrey Heinrich Geuders ehelicher Wirtin an Heinrich Riemer 30. Am Freitag nach Allerheiligen 1390 erweiterte Heinrich Rummel seinen Hausbesitz aus dem Familiengut der Groß. Er erwarb von Prant Groß, dem Sohn des Ratsbaumeisters Philipp Groß, der der Bruder des Reichsschulthei­ ßen und Spitalstifters Conrad Groß gewesen ist, dessen Eigen an seiner Behausung „gen der Fleischbrücke über“. Das Erbe daran behielt Prant Groß in der Hand. Sein Bruder Wilhelm Rummel war Salbürge des Kaufes31. Der Beweis, daß Heinrich Rummel Lehen der Würzburger Bischöfe inne­ hatte, stellt sich mit dem Jahr 139032 ein. Zunächst handelt es sich 1390 um den Zehnten von Fressendorf (Fröschendorf, LK Uffenheim), dazu treten 1395 der Kornzehnt zu Neuseß (?), es gab verschiedene Orte des Namens, und 1398 der Zehnte zu Heinrichsdorf (Heinersdorf a. d.Zenn), zu Stöckach (Gern. Trautskirchen) und zu Trautskirchen (an der Zenn). Bis zum Jahr 1401 traten dann noch hinzu ein Zehnt zu Mülhausen (b. Höchstadt/A.) und ein halber Zehnt zu Swarzenbach (b. Höchstadt/A.). 27 28 29 30 31 32

StadtAN, Vorarbeiten NUB, Urk. 1387 April 26. Chronik deutscher Städte, Nürnberg I, Leipzig 1862. S. 266, 29. St AN, BB 2, f. 12 v. St AN, Fr. 35, Aus dem Rep. d. Erzbischöfl. Archivs zu Bamberg Nr. 385, 1389 8. Oktober. Stadt AN, Hausarchiv Hauptmarkt 4, f. 54 v. Staatsarchiv Würzburg, Lehenbuch 8, f. 56v. 1390; f. 72v. 1395; f. 79r 1398.

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Auf einem Papierbogen sind all die vorgenannten Zehnten zusammengefaßt: „Di zehnt hab ich Heinrich Romei von Nomberg zu lehen von meinem gnedigen Herrn von Wirtzburg und hat mir di verlihen an Sand Aggnetentag 1401.“ Diese Zeilen von seiner Hand zeigen einen angenehmen Duktus. Sie sind das einzige eigenhändige Zeugnis, das uns erhalten blieb33. Leider ist das Siegel abgefallen. Abb. 3. Im Jahr 1408 liest man auf Pergament in Würzburg geschrieben von der Hand eines Schreibers: „Ich Heinrich Romei der eher, purger von Nurenberg ...“ kaufte von Herrn Friedrich von Haydeck die Güter zu Slauersbach an der Bognitz (?) gelegen (Schlauersbach, LK Ansbach?) zwei Güter, die zu Lehen von Johannes Bischof von Würzburg gehen. Auf dieser Urkunde erhielt sich das Siegel von Heinrich Rummel mit den Hähnen und der Umschrift. Bemerkenswert ist, daß er er sich hier als der ältere Heinrich bezeichnet, so war sein zweiter Sohn Heinrich voll ins Geschäftsleben eingetreten34. Nun noch einmal zurück ins 14. Jahrhundert nach dieser Zusammenfassung Würzburger Lehen! Wahrscheinlich ist, daß Wilhelm I. vor der Jahrhundert­ wende noch stärker als vordem — vielleicht unterstützt von Hans Rummel, dem ältesten Sohn von Heinrich I. Rummel — dem Fernhandel diente. So war es Heinrich Rummel, dem Oberhaupt der Familie, möglich Pflichten innerhalb der Reichsstadt wahrzunehmen. Er ist von 1396 bis 1401 unter den Bauleuten von St. Sebald nachzuweisen36. Innerhalb des Kreises seiner Kinder kommt es in diesem letzten Jahrzehnt vor 1400 zu den ersten Hochzeiten. Nach dem Heiratsbrief von Freitag vor Antoni 1396 nahm Andreas Haller, der Sohn von Martin Haller und Kunigun­ de, geb. Weigel, die Tochter Kunigunde von Heinrich Rummel und Kunigun­ de, geb. Kopf, zur Frau37. Es ist dies die erste Hochzeit der jungen Generation der Familie. Welch schönen Rahmen werden die Prunkräume des ersten Stockes abgegeben haben! Von den Fenstern aus ging der Blick über den weiten Marktplatz mit der Frauenkirche, über den eben errichteten „Schönen Brunnen“ hin zur Sebalduskirche. Der junge Ehemann Haller bestätigte sich auch als Kaufmann und tritt in der Umgebung seiner neuen Verwandten im Fernhandel in Köln131 und Venedig auf. Hans, der älteste Sohn von Heinrich I. Rummel, nahm sich 1397 zur Frau Katharina, die Tochter von Hans Pirckheimer38. Damit verbanden sich zwei erfolgreiche Kaufmannsfamilien. Ihr zum Teil gemeinsames Wirken tritt in der Darstellung des Handelshauses zutage. Bei der Rückschau auf die Rummel33 Staatsarchiv Würzburg, WU, 193/133. Herrn Ltd. Archivdirektor Professor Dr. Scherzer aufrichtigen Dank für die freundliche Unterstützung. 34 Staatsarchiv Würzburg, WU, 193/134. 36 St AN, Rep. 62, Ämterbuch 1, 1396—1400, Paumeister Sebaldi, f. 20v. f. 46v., (1398 sind die Baumeister nicht aufgeführt) f. 94., f. 121r. 37 Freundliche Mitteilung von Herrn Dipl.-Ing. Helmut Freiherr Haller von Hallerstein, Groß­ gründlach. 38 StadtAN, Genealogische Papiere Rummel.

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Familie will es scheinen, als ob dieser Sohn vor allem die Fähigkeiten seines Vaters und dessen Bruders geerbt hatte. In die Jahre von 1398 und 1399 fallen weitere Käufe. Am 12. Juni 1398 kaufte Fieinrich von Contz Weigel einen Flof zu Kreppendorf, der von den Herrn von Berg zu Lehen ging. Kreppendorf (LK Fürth) muß nach Heinrichs Tod an seinen ältesten Sohn Hans gekommen sein, weil dessen Sohn Ulrich, Heinrichs Enkel, das Gut 1443 an Michel Weigel zurückverkaufte39. Ob das schlimme Los einer Gefangenschaft Heinrich I. oder seinen Sohn Heinrich betraf, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Wohin wohl Heinrich Rummel ritt, als er 1398 an der „Geislinger Steige“ vom Grafen Johann von Helfenstein festgenommen wurde40? Mit dem neuen Jahrhundert setzte sich die Reihe der persönlichen und wirtschaftlichen Erfolge von Heinrich I. Rummel fort. Er kaufte am 17. Januar 1400 mit den Zeugen Heinz Beheim, des Dornhauser Eidam, und seinem Bruder Wilhelm von Margret, Ulrich Wechsler’s eheliche Wittib (?), ihr Gut zu Wetzendorf bei Lauf und den Zehnten zu Röthenbach oberhalb Wendel­ stein, beides Lehen des Reiches. An diesem Lehen hing die Verpflichtung für die Schlösser und das Eisenwerk der inneren Burg zu Nürnberg Sorge zu tragen41. Am 6. Juli 1400 erwarb Heinrich von Peter Mendel das Gut zu Eynersdorf (Einersdorf b. Trautskirchen). Es war auch ein Lehen des Reiches. Hermann Otnant war der Lehensträger42. Mit dem 18. Juni H04 wiieh König Ruprecht dem Nürnberger Bürger Heinrich Rummel einen halben Zehnten zu Bronnamberg-Cadolzburg43. Im Jahr 1401 kam noch der Große und Kleine Zehnt zu Unternesselbach (LK Neustadt/A.) hinzu, erworben von Peter Stehler zu Windsbach, ein Lehen der Hohenzollern43a. Mit dem Jahr 1400 werden auch Lehen Bamberger Bischöfe an Heinrich Rummel nachweisbar. Es handelt sich um einen Hof in Zeultendorf (Zaukendorf, LK Fürth) und einen Hof zu Reytersal (?) und 1405 um ein Gut in Kremdorf (bei Bamberg?)44. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts lassen sich Bamberger Lehen der Familie in großem Umfang verfolgen, die danach aber in Abnahme geraten. Die gute Beziehung der Rummel zu den Hirschvogel beweist sich in der Zeugenschaft von Heinrich Rummel bei dem Kauf von Ulrich Hirschvogel am 7. März 1402, wo es sich um die zweite Hälfte des Erbes an seinem Vaterhause (Königstraße 2) handelte. Rummel wie Hirschvogel hatten Ehefrauen aus der Familie Kopf44a. 39 40 41 42 43

GNM, Urk. 1398 Juni 12. GNM, Kreß-Archiv, Fasz. IX, A. Näheres zu dem Vorgang siehe Anm. 130. Hauptstaatsarchiv München, Urk. 2821, 1400. StadtAN, Lochner Norica IV, S. 521. Werner Sprung, Zehnten und Zehntrechte um Nürnberg. In: MVGN 55, Nürnberg 1968. S. 60, Bronnamberg. Böhmer, Regesta imperii X, Nr. 894, 1401 Mai 18. 43a StadtAN, Genealog. Pap. Rummel. 44 Staatsarchiv Bamberg, STB 1, f. 8r, f. 51v. 443 Chr. Schaper, Die Hirschvogel, S. 20.

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Inzwischen war Heinrich Rummel als erster seines Geschlechtes 1402 in den Inneren Rat der Stadt gekommen45. Es könnte mit seinen Verdiensten und denen seines Bruders Wilhelm um König Ruprecht Zusammenhängen, wohl war es aber auch die persönliche Wertschätzung für den erfolgreichen Kauf­ mann und geachteten Bürger der Reichsstadt, die darin zum Ausdruck kommt. Er ist von diesem Jahr laufend bis hin in seine letzten Lebensjahre als Jüngerer Bürgermeister festzustellen. Auch als einer der Pfleger der Siechenhäuser ist er mit Stefan Schüler und Heinrich Kreutzer am 7. Juli 1405 genannt. Am 27. Oktober 1403 gelang Heinrich Rummel ein Kauf von besonderer Bedeutung aus der Hand des Ritters Hans von Vestenberg d.A. Es waren dies drei Höfe zu Lonnerstadt bei Höchstadt/A. mit allen Seidengütern und Häusern, die zu den Höfen gehörten und 12 Tagwerk Wiese. Das alles ging zu Lehen vom Bischof zu Würzburg. Weiter verkaufte Vestenberg ihm „ein wale“ mit Hofstatt und Graben zu Lonnerstadt, das ein Lehen der Krone von Böhmen war. Dazu kam der Brückenzoll und der rechte Zoll zu Lonnerstadt, auch zwei weitere Seidengüter zu Lonnerstadt, Lehen der Herren von Berg46. Der Burgstall erhielt sich mit den Höfen bis 1581 in der Hand der Rummel, bis zu den Urururenkeln des Käufers. Der Zusatz „von Lonnerstadt“ diente seitdem einem Zweig der Familie als Bezeichnung und steht noch auf dem Grabstein des letzten Rummel im Jahr 1807. Die Beweise für Erwerb von Grundbesitz reißen nicht ab. Für das Jahr 1404 liegen gleich drei vor. Hans Winterroth hat die Chronik von Veldershof bei Lauf an der Pegnitz geschrieben, der früher und auch längere Zeit noch Leublingshof hieß. Dieser Hof ist 1344 schon freies Eigen in der Hand der Familie Groß, aus deren Besitz Heinrich Rummel 1388 in Nürnberg das große Haus erwarb. Heinrich kaufte mit dem Zeugnis seines Bruders Wilhelm und Hans Swarz am 4. November 1404 den halben Leublingshof von Philipp Groß d. Jg. Die zweite Hälfte des Hofes wurde von dem Vormund der Kinder des verstorbenen Peter Groß auch 1404 an ihn verkauft47. Der Eigenhof kam sicher durch das Testament des 1417 verstorbenen Heinrich Rummel an seinen vierten Sohn Wilhelm, der mit Frau Anna diesen Hof am 8. Februar 1434 verkaufte. Am 9. November 1404 verlieh König Ruprecht dem Bürger von Nürnberg Heinrich Rummel einen Weiher, „der da liegt bei dem Zerzagelshof vorne im Walde bei Nürnberg“, den er von Hans Rieter d. Alt. gekauft hat. Am 30. Dezember 1404 kaufte Heinrich alle Rechte der Gauchsmühle von Conrad

45 StadtAN, Genealog. Pap. Rummel, Auszüge aus dem Ratsmanual. Hauptstaatsarchiv Mün­ chen, Ritterorden, Nr. 1490, Kommende Ellingen, 1405 Juli 7. 46 StadtAN, Urk. 1403 Okt. 27. 6 Siegel der 7 Bürgen haben sich erhalten. Es bürgten vier Angehörige der Familie v. Vestenberg. Fridrich v. Aufseß, Ritter, Friedrich v. Laufenholz, Schultheiß u. Seibold Ortei (?) von Haslach. Der Brückenzoll über die Aisch an dieser wichtigen Straße brachte Einnahmen. 47 Hans Winterroth, Veldershof, Chronik eines Bauernhofs, 1973. S. 2, 3.

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Utenreuter und seiner Frau Alheid48. Die Gauchsmühle nahe Mosbach bei Feucht (LK Nürnberg) gelegen blieb bis 1483 in der Hand der Familie Rummel. Für das Jahr 1405 ist bisher nur der Erwerb des halben Dörfleins Reutles mit den Weihern, die Weiher nur halb und auch das Weiherhaus (eine Wasserburg?) halb, durch die Verleihung am 26. Juli zu beweisen49. Einige Tatsachen aus seinen menschlichen Beziehungen werden zusammen­ gezogen, die von seinem persönlichen Leben berichten. Wie schon anfangs erwähnt, pflegte Rummel die Beziehungen zur Familie Beheim von Weißen­ burg weiter, aus der seine erste Frau stammte12. Peter Beheim und seine Frau Magdalene, geb. Riegler, hatten damals in Nürnberg den Sohn Sebald, der 1433 zum Ritter in Rom geschlagen ins Blickfeld der Öffentlichkeit trat. Peter und Magdalene Beheim und sein Bruder Hans Beheim und Anna besaßen vor dem 10. September 1416 ein Eigen am Weinmarkt in Nürnberg50. Ebenso blieb Heinrich Rummel d. A., der Familie Kreß verbunden durch die Verschwäge­ rung über die Familie Kopf. Er war zusammen mit seinem Bruder Wilhelm am 18. April 1407 Bürge bei dem Heiratsvertrag von Konrad Kreß mit Walburg Waldstromer, der Tochter von Hans und Anna, geb. von Gravenreuth51. Sein ältester Sohn Hans hatte die erste Frau aus der Familie Pirckheimer verloren und um 1405 mit Gerhaus Haller, der Tochter von Ulrich Haller und der Forstmeisterin, seine zweite Ehe geschlossen. So traten die Rummel mit dieser alten und hervorragenden Familie zum zweiten Mal in Verbindung. Im Jahr 1408 ließ die Reichsstadt die Panzer zählen, die ihre Bürger besaßen. Heinrich Rummel konnte deren vier nachweisen. Er stand damit nicht an erster Stelle in Nürnberg, gehörte aber in die Reihe der 54 Bürger von besonderer Wohlhabenheit52. Mit dem Jahr 1409 hatte Heinrich Rummel einen besonderen Höhepunkt in seinem Leben erreicht. Von der Reichsstadt Nürnberg ging am 18. Oktober die vormals Heideck‘sche Herrschaft Lichtenau (LK Ansbach) durch Kauf in seine Hände über mit dem Halsgericht und vielen Rechten und den Dörfern Malmsdorf, Butzendorf und Langenlo53. Nach diesem Besitz nannten sich noch Urenkel von ihm in Nordtirol „Rumei von Lichtenau“. Abb. 4. Heinrich Rummel wußte um die Pflichten, die er mit diesem für Nürnberg offenen Schloß mit Amtleuten, Wächtern, Türmern und Torwarten über48 J. Chmel, Regesta Ruperti, Frankfurt, 1834, Nr. 1905, 1404. StadtAN, Grundherr-Archiv, Urk. 48, 1404, Urk. 49, 1405, Urk. 101, 1483. 49 J. Chmel, Regesta wie Anm. 48, Nr. 2017, 1405. 50 StadtAN, Behaim-Archiv, Urk. Nr. 41. 1416 Sept. 10. Die zwei Brüder können in Stammbü­ chern der Ratsfamilien Behaim nicht gefunden werden. Diese Brüder waren Angehörige des Geschlechts der „edlen Beheim von Weißenburg“. 51 StadtAN, Genealog. Papiere Waldstromer, Documenta, f. 21 v. Dieser Band NF Nr. 1. enthält U rkunden-Abschriften. 52 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1350—1450, Beihefte 55—57 zur VSWG, Wiesbaden 1970 (künftig zitiert: W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, III, S. 520. Heinz und Wilhelm Rummel besaßen zusammen mit Hans I. Rummel als Familie 12 Panzer, eine beachtliche Zahl.

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nahm. Am Samstag nach St. Galli (19. Oktober) 1409 siegelte er einen Revers, daß er alles getreulich halten wolle. Als Siegler hatte er dazu gebeten Ulrich und Martin Haller, seine „Schweger“. Es waren die Schwiegerväter des Sohnes Hans und der Tochter Kunigunde, dazu Wilhelm Rummel und seinen Sohn Hans. Wenn Heinrich Rummel, wie vermutet werden kann, auf frühe Vorfahren auf einem Hof in Immeldorf bei Lichtenau zurückschauen darf, saß er nun in diesem Gebiet auf einem Schloßsitz mit Graben, Weingarten, Ackern, Wiesen, Hölzern und Weihern, ein reiches Umland, auf das er von der Veste aus schauen konnte. Nach seinem Tod fiel dieser Besitz zunächst an den ältesten Sohn Hans, nach dessen Tod 1434 an den fünften Sohn, den Ritter Franz, der auch mit einer Hallerin vermählt war. Franz d. J., Heinrichs Enkel, verkaufte schuldenhalber den stolzen Besitz im Jahr 1472375. Heinrich I. Rummel war exorbitant reich54. Zum erstenmal tritt durch diese Darstellung das Beweismaterial an Grundbesitz in und außerhalb der Stadt Nürnberg vor Augen und legt dar, warum seine Zeitgenossen Heinrich Rummel den Beinamen „der Reiche“ gaben. Am 15. September 1410 kaufte Heinrich von Jacob Kreutzer dessen Eigen an den neuen „hultzen Hause“ mitsamt dem Höflein, das an Jacob Kreutzers Hof grenzt. Zeugen waren sein Schwiegersohn Andreas Haller und sein Bruder Wilhelm55. Im Jahr 1411 am Montag vor Walburgi (27. April) starb Andreas Haller, sein Schwiegersohn56. Seine Witwe Kunigunde, geb. Rummel, wurde danach die Frau von Lienhard Groland 563. Heinrich Rummel legte sein Bargeld nicht allein im Grundbesitz an. Für einen unbekannten Betrag kaufte er am 5. September 1411 von der Reichsstadt 110 Gulden Ewiggeld. Später wird bekannt, daß davon seinen Söhnen Wilhelm 53 StAN, Ansbacher Oberamtsakten Nr. 917, Lichtenau. Die Abschriften der alten Urkunden haben uns die Vorgänge im Wortlaut erhalten. Wilhelm Schwemmer, Lichtenau, Aus der Geschichte der Ortschaft und der Festung, Nürnberg 1980. Durch diese Darstellung und die beigegebenen Pläne der Veste Lichtenau ist eine gründliche Unterrichtung möglich. 54 W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 328, 331. 55 Tucherarchiv Altere Linie, Rep. E 29/1, B6, Hausarchiv, Hauptmarkt 4. f. 62r. 56 Herrn Dipl.-Ing. Helmut Haller von Hallerstein, Großgründlach wird die Angabe des Todestages verdankt. 56a Georg Freiherr von Kreß, Das Schenkbüchlein einer Nürnberger Patriziersfrau von 1416— 1438. In: Anzeiger f. Kunde d. dtsch. Vorzeit NF., Bd. 23, 1876. Walburg Kreß, geb. Waldstromer bringt zu der Kunigund Groland, geb. Rummel auf Sp. 52 einen interessanten Eintrag: „An linhart Gralantin einen Leuchter, do zoh sy sich zu den flaischpenken in ir newes haus, daz het sy selber gepauwet“ (1423). Das neue Haus war das Eckhaus an der Pegnitz auf der Sebalder Seite gegenüber dem Fleischhaus, Hs. Sebald 806. Stadtbibi. Nbg. Amberger 173,2°. Testament Kunigund Groland, geb. Rummel, S. 97b, 1448. Ihre drei Kinder: Anna verheiratet mit Sebald Pfinzing, die verstorbene Clara verheiratet mit Hans Volkamer d. Jg. und ihr Sohn Lienhard. — Clara Volkamer war nach Amberg 173, S. 162/65 Mtg. v. Martini 1434 die Frau von Hans Volkamer geworden. Sie starb in Sulzbach u. hinterließ zwei Töchter, Kunigund und Otilia.

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und Franz, dazu der Tochter Else Hans Schürstabin je 20 Gulden zustehen, der Tochter Kunigunde Lienhard Grolandin 50 Gulden57. Diese Verteilung wird auf sein verloren gegangenes Testament zurückgehen. Georg Haller verkaufte Heinrich Rummel im Jahr 1413 drei Zehnte, den zu Gräfenberg, zu Hüll bei Gräfenberg und zu Erlastrut. Das wird im Bamberger Lehenbuch unter dem Datum 2. September 1413 bekannt. Im Jahr 1414 erwarb Heinrich von dem Nürnberger Bürger Bernold Cremer zwei Höfe zu Herzogenaurach und einen Hof zu Niederndorf, deren Abgaben genau aufgezeichnet sind. Das wurde am 13. Februar 1414 zu Bamberg eingetragen58. An Hochzeiten dreier Söhne von der Köpfin konnte sich Heinrich freuen. Sein dritter Sohn Georg schloß 1413 die Ehe mit Martha Schürstab, der Tochter von Erhard Schürstab und der Clara Pfinzing, die 1412 ihren ersten Ehemann Franz Rieter verloren hatte. Vor 1415 nahm sich Heinrich, der zweite Sohn, Martha Pfinzing zur Frau59, die Tochter von Andreas Pfinzing und der Waldstromerin. Um 1415 mag auch Wilhelm Rummel, der vierte Sohn, seine erste Ehe mit Clara Groland geschlossen haben, deren Eltern bisher nicht festzustellen waren. Der Überlieferung nach ist sie 1419 ge­ storben 60. Die jüngere Tochter Elsbeth von Heinrich Rummel (f 1450) wurde die Frau von Hans Schürstab. Das Datum hat sich bislang nicht finden lassen61. Er gehört zu den Geldkaufleuten, die 1422 vor dem Rat ihre Geschäfte darlegten. Im Inneren Rat wirkte er von 1422—1449. Er testierte 1449 und starb danach. Sein Testament gibt im Auszug ein authentisches Bild dieser Familie. Wir kennen aus den erhaltenen Lehenbüchern der Bischöfe von Würzburg und Bamberg Lehen von Heinrich Rummel. Er hat auch Lehen der Grafen von Leuchtenberg in der Hand. Im ältesten Leuchtenberger Lehenbuch ist ver­ zeichnet: „Item Heincz Runkel (!) von Nürnberg hat von uns zu lehen: 48 morgen Akkers und achthalben morgen holcz, drei hofstet, newn tagwerk wismats als gelegen zu Winnar und einen Hof zu Weymar, der Friczen von Egelofstain gewesen“62. Die genannten, örtlichen Bezeichnungen sind mit 57 58 59 60

St AN, Losungsamt Bd. 65, f. Ir. Dort sind die genauen Todesdaten der Geschwister notiert. Staatsarchiv Bamberg, STB 1, f. 78r. 1413: f. 82r. 1414. StadtAN, Genealog. Papiere Rummel und Ergänzungen aus Urkunden. Trotz mühsamer Suche ließ sich eine urkundliche Bestätigung für die Ehe mit der geb. Groland bisher nicht finden. 61 Hans Schürstab aus der bedeutenden Ratsfamilie stammend hatte in erster Ehe die Schwester des alten Hans von Lochheim zur Frau, mit ihr hatte er 6 Kinder. Danach nahm er des reichen Heintz Rummel Tochter Eis. In dieser Ehe kamen 12 Kinder zur Welt. Fr. v. Weech, Erasmus Schürstab Geschlechtsbuch, in: 31. Jbr. d. hist. Vereins v. Mittelfranken, Ansbach, 1863. S. 53, 54. Zu seinen Geldgeschäften: W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz. Bd. III, S. 502. Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 173, 2°, Testamentsauszug S. 86d. Hans Schürstab d. eher testiert. Elsbeth uxor. Er hinterließ vier Söhne — Hans, Heinz, Jorg und Leipold. Die Tochter Dorothea Schürstabin, deren Ahnherr Heinz Rummel selig war, zu St. Katharina. 1449. 62 Georg Völkl, Das älteste Leuchtenberger Lehenbuch. In: Verhandlungen des Hist. Vereins f. Oberpfalz und Regensburg, 96. Bd. Regensburg, 1955. S. 313, 315.

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Pommer bei Gräfenberg gleichzusetzen, das geht aus späteren Belehnungen hervor. Heinrich Rummel hinterließ noch weitere Lehen der Grafen von Leuchtenberg und zwar bei dem Regensberg (Regensberg bei Forchheim) zehn Morgen Acker, zehn Morgen Holz, zwei Tagwerk Wißmat und zwei Hof­ stätten. Am 18. Februar 1417 kaufte Heinrich Rumei den Hof und vier Güter zu Eylsbach (Ailsbach), ein Gut zu Winterbach und ein Gut zu Buchfeld samt dem Schaftrieb und zwei Hölzern von Hans von Egloffstein zu Mülhausen. Die genannten Orte liegen westlich von Höchstadt/A.63. Südlich von Höchstadt in Lonnerstadt a. d. Aisch besaß er seit 1403 den Burgstall und verschiede­ ne Höfe. Sein Besitz in diesem Landstrich wurde arrondiert. Am 22. Juli 1417 gab Heinrich Rummel die Einwilligung zum Verkauf eines Hauses, daran er die Eigenschaft besaß64, gelegen am Hauptmarkt 4. Der letzte Kauf von Heinrich Rummel d. A. wird durch eine Lehensurkunde bekannt. Er hatte von Arnold Hyltmar und seinen Geschwistern den halben Zehnten mit Nutzung und Zugehörung zu Lenckersheim bei Windsheim gelegen in seinen Besitz gebracht. Das Lehen wurde ihm vom Komtur des Deutschen Ordens zu Nürnberg Graf Ludwig von Wertheim im Namen des Bischofs Johann von Würzburg übertragen. Diese Pergamenturkunde wurde am Montag vor St. Michelstag 1417 geschrieben, gesiegelt von Heinrich Rummel mit seinem Insiegel, auf dem die Hähne gut zu erkennen sind65. Dieser 27. September 1417 ist das letzte Datum dieses Lebens, das uns zur Kenntnis gekommen ist. Heinrich Rummel d. Ä. ist im Herbst dieses Jahres gestorben. Ein Testa­ ment von ihm hat sich bisher nicht gefunden. Wir wissen nicht, wann seine Frau Kunigunde, geb. Kopf, verschied. Bis auf seinen jüngsten Sohn Franz waren 1417 alle Söhne verheiratet. Zu einem Teil lassen sich die Bestimmungen des Testaments rekonstruieren. Es ist zu vermuten, daß er sein Grab in der Sebalduskirche fand. Sigmund Heidt hat am 6. April 1622 den Text von neun Rummelischen Totenschilden abschreiben lassen, „welche zu St. Sebaldts Pfarrkirchen bey dem Taufstein hencken“. Heinrichs Totenschild findet sich nicht darunter dagegen die seiner Söhne Georg (J 1434) und Ritter Franz (f 1460), dann noch sieben weitere von männlichen Nachkommen Rummel von Heinrich d. A. bis hin zum Jahr 154766. So ist an eine Grablege der Rummel in der Sebalduskirche zu glauben. Der Erbsitz in der Nähe des Heiliggeistspitals ging an den ältesten Sohn Hans, das ist zweifelsfrei. Die Lehen des Bischofs von Bamberg gingen geschlossen an die fünf Brüder Hans, Heinz, Jorg, Wilhelm und Franz: Hof zu Weyterssal (?), 5 Höfe oder Güter zu den Fiofen b. Münchaurach, 1 Hof zu 63 StAN, Rep. 10, Heiliggeistspital — Urk. Nr. 95. 64 StadtAN, Lochner, Norica IV, S. 545. Heinrich Rummel besaß das Eigen an dem Haus, dessen Erb Cristan Creuzer und seine Frau Christein an Heinz Hutten d. Jg. verkauften. 65 Staatsarchiv Würzburg, WU 193/135. 66 StAdtAN, Genealogische Papiere Rummel.

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Zaugendorf (Zautendorf, LK Fürth), 1 Zehntlein zu Höchst, 1 Gütlein zu Nydernhochstet (= Höchstadt), 1 Hof zu Krewendorf (?), und Acker, Felds und ein Gütlein zu Hohstet (Höchstadt). l/2 Zehntlein zu Krumpach (b. Höchstadt) und bei 30 Morgen Holz. x/2 Zehntlein zu Gräfenberg, 1 Zehnt zu Hüll, y3 Zehnt zu Erlastrud, 2 Güter zu Herzogenaurach, 1 Gut zu Niedern­ dorf bei Herzogenaurach gelegen — alle von ihrem Vater Heintz Rummel auf sie kommen67. x/2 Hof zu Neuseß, 1 Hof zu Großenneuseß und 1 Gut daselbst haben sie gekauft von Heinz Groland. Für die Lehen von Würzburg fand sich eine derartige Zusammenstellung erst für das Jahr 1441 364a. Dagegen blieb sie für die Lehen der Grafen von Leuchtenberg schon im Jahr 1420 erhalten68. Neben Reichslehen, einem Lehen der Krone von Böhmen, den vielen Lehen der Bischöfe von Bamberg und Würzburg, der Hohenzollern, der Grafen von Leuchtenberg, der Herrn von Berg und der von Brauneck hat Heinrich Rummel der Reiche auch mehrfach Eigengüter besessen, dazu Ewiggelder. Neben dem großen Erbhaus am Markt hatte er auch eine Anzahl Häuser in der Stadt in seiner Hand. Durch eine Aufstellung im Jahr 1419 wird bekannt, daß Heintz Rumei senior an die Deutschen Herren Zins für einen Weingarten an der Pegnitz bei den Schossgattern gezahlt hatte69. Als 1431 der Nürnberger Rat die wehrfähigen Hintersassen von seinen Bürgern zählen ließ, so wiesen drei Söhne von Heinrich — und zwar Hans, Heinrich und Jorg Rummel — 236 Bauern und Knechte nach70. Allein Hans I. hat Grundbesitz von den vorgenannten drei Brüdern hinzu erworben. So gehen auf das Erbe des Vaters davon sicher 200 Bauern und Knechte zurück. Da hier die Hintersassen der Söhne Wilhelm und Franz fehlen, die ja auch Erbgut vom Vater in ihrer Hand hatten, wäre die Zahl der Hintersassen von Heinrich Rummel dem Reichen mit 300 nicht zu hoch angegeben. Das Testament von Heinrich I. hat die Verfügung mit Gewißheit enthalten, daß nach seinem Tode eine geeignete Persönlichkeit nach Rom zu entsenden sei, um dort vollkommenen Ablaß für sein Seelenheil an den Gräbern der Apostel zu erwirken, wie es auch sein Sohn Hans 1434 für sich erbeten hatte. — Unter dem 9. Dezember 1417 hat sich der Eintrag in Rom erhalten, daß Henricus Romei de Nuremberg diese Gnade gewährt wurde71. Viel später wird eine Verfügung seines Testaments bekannt. Heinrich I. Rummel hatte seinen Enkelinnen Barbara Rummel, Hans d. I. Tochter, Clara, der Kunigund Groland und Dorothea, der Else Schürstab Tochter jeder 200 67 Staatsarchiv Bamberg, STB 3, f. 44v. 68 Nachweis wie Anm. 62. 69 StAN, AStB 290, f. 34v. Die Reichsstadt Nürnberg hatte von den Deutschen Herrn deren Zinse innerhalb des Stadtgebietes abgekauft. Zu dem Kaufgeld hatte Hans Rummel auch 4000 fl. dargeliehen. 70 W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz III, S. 528. 71 Vatikanisches Archiv, Rep. Suppl. 106, f. 225v. Msgr. Dr. h. c. Dr. Hermann Hoberg, Vizepräfekt des Archivs i. R. aufrichtigen Dank.

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Gulden hinterlassen713. Sie waren also vor 1417 geboren. Weitere Vermächt­ nisse an Enkel oder Enkelinnen, die bestanden haben können, sind leider nicht bekannt. Bis auf seine Handschrift und seine Siegel ist uns nichts Persönliches überkommen. Er muß ein taktisch und wirtschaftlich kluger Mann gewesen sein, dem es gelang, in dem großen Familienkreis Gemeinschaft und Ordnung zu erhalten. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts verging fast alles, was er an materiellen Gütern hinterließ. Sein Urenkel Joseph Rummel wurde zum Stammvater der Freiherren von Rummel, die 1807 ausstarben. 2. Wilhelm /. Rummel (f 1425) Für Wilhelm Rummel ist ein Geburtsjahr nach 1350 anzunehmen. Sein Bruder Heinrich befand sich seit spätestens 1370 in einer Handelsgesellschaft mit Fritz Kreß, als Kaufmann ist er im Fernhandel 1373 nachzuweisen. Wilhelm als jüngerer Bruder wird sich zu dieser Zeit in Ausbildung als Kaufmann befunden haben und zwar bevorzugt im Ausland. Seine späteren engen Bindungen an Venedig machen wahrscheinlich, daß er sich als junger Kaufmann vor allem in Italien aufhielt. Die Auslandskaufleute kamen spät zu einer Heirat. Wilhelm ist zum erstenmal urkundlich faßbar, als er 1387 zum Genannten des Größeren Rates gewählt wurde72, dem Gremium, dem sein Bruder seit 1379 angehörte. Wilhelm war also verheiratet; das war eine Voraussetzung für diese Wahl. Als erste Ehefrau hatte er sich der Überlieferung nach Barbara Pfinzing aus der ältesten und führenden Ratsfamilie mit dem Adler (Geier) im Wappen gewählt73. Sie könnte zur Mutter der Tochter Agathe und des Sohnes Peter geworden sein. Der früh als junger Kaufmann verstorbene Peter begegnet uns nur einmal. Wilhelm Rummel setzt 1425 in seinem Testament Mathes, dem Knecht seines seligen Sohnes Peter, 50 Gulden als Legat aus84. Barbara Rummel, geb. Pfinzing, muß früh gestorben sein. Sie fand ihre Ruhestätte im Chor des Katherinenklosters im Grabe ihres Bruders Michael Pfinzing74. Wir wissen, daß Wilhelm sich 1389 als Kaufmann im Mainz aufhielt124. Nach der Auflösung der Handelsgesellschaft Kreß-Rummel 1388 wird er vermehrt im Handelshaus Rummel zusammen mit seinem Bruder Verantwor­ tung getragen haben. Als Zeuge neben seinem Bruder Heinrich ist er am 8. Oktober 1389 ein erstes Mal festzustellen30. Als Salbürge bei einem Kauf seines Bruders tritt Wilhelm am Freitag nach Allerheiligen 1390 auf 31. Ein gutes Zeichen für Harmonie und Familiensinn der Rummel sind die Sebalder Losungslisten von 1392, 1397 und 1400, aus denen zu schließen ist, 71 a Dazu Anm. 285, Testament von Gerhaus Rummel, geb. Haller. Anm. 56a. Die Enkelin Clara Groland. Anm. 61. Die Enkelin Dorothea Schürstab. 72 J. F. Roth, Verzeichnis aller Genannten des größeren Raths, Nürnberg, 1802. S. 11. 73 Das Wappen der alten Pfinzing-Familie zeigte oben im goldenen Schild den schwarzen Adler, unten im roten Feld den silbernen Ring. Wilhelm Rummel wie auch sein Neffe Heinrich vermählt mit Martha Pfinzing hatten Frauen aus der Familie, die dieses Wappen führte. 74 StadtAN, Familienpap. Pfinzing.

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daß Heinrich und Wilhelm Rummel mit ihren Familien in den Gebäuden des großen Kauffarteihofes in räumlicher Nähe wohnten. Wilhelm hatte seinen ersten Sohn nach dem verstorbenen Bruder Peter genannt, dessen Kinder auch im gleichen Anwesen lebten. Wilhelm ist 1392 allein, 1397 und 1400 mit seiner Ehefrau aufgeführt75, die demnach eignes Vermögen zu versteuern hatte. War die erste Ehefrau vor 1392 gestorben? Wilhelm könnte dreimal verheiratet gewesen sein. 1416 gibt er bei einer Stiftung an das Frauenbrüderkloster Ursula und Christine als seine Frauen an81, die in dem Grabe dort ruhten. Eine von ihnen stammte aus der Familie Reich. Im Jahr 1401 mag Wilhelm in Nürnberg König Ruprecht nach dessem ersten Eintritt als König begegnet sein, dessen Familiär er am 14. Oktober 1401 wurde 133a. Im Spätsommer und Herbst dieses Jahres war Wilhelm wieder in Italien und zwar bevorzugt in Venedig, wo er im Fondaco dei Tedeschi an der Rialtobrücke seinen Geschäften nachging, die ihn mit Florentiner Kaufleuten und auch den Gozzadini in Bologna in Verbindung brachten. Er nahm unter den Geldkaufleuten, die König Ruprecht Darlehen gaben, einen besonderen Rang ein. Durch die häufige Abwesenheit von Wilhelm im Ausland trat er weniger in Nürnberg in Erscheinung, was sich in einem fühlbaren Mangel an Urkunden zeigt, die ihn in irgendeinem Zusammenhang nennen. Aus der Liste, mit der 1408 die Panzer der Bürger erfaßt werden, geht hervor, daß Wilhelm nicht mehr im Stadtteil Sebald wohnte, sondern im Stadtteil Lorenz. Als Kapitän im Viertel an der alten Marktbrücke wohnend besaß er vier Panzer76. Er hatte vor 1408 den großen Hof an der östlichen Ecke des Marktes in St. Sebald verlassen und besaß Grundbesitz am Roßmarkt, was überliefert ist. Vor 1414 hatte seine älteste Tochter Agathe ihre Hochzeit mit Jacob Waldstromer, dem Sohn von Jacob d. Ä. und der Gerhaus von Streitberg gefeiert, die vordem des Leupold Schürstab’s Frau gewesen ist. Des Jacob Schwester Margarete war die Frau des Reichsmünzmeisters Herdegen Valzner geworden, des damals reichsten Nürnbergers. Aus dieser Ehe hatte Wilhelm Rummel drei Enkeltöchter, denen seine Liebe galt: Agathe, Christine und Apollonia. Jacob Waldstromer war Kaufmann, sein Handel ist in Wien, Köln und Venedig bezeugt77. Was die Strafe von 14 Tagen im Turm für Jacob 75 StAN, AStB 271, f. 13v, 15v (1392); AStB 272, f. 15 (1397) AStB 273, f. 14v (1400). 76 W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz III, S. 520. 77 Richard Perger, Nürnberger im mittelalterlichen Wien. In: MVGN 63/1976, S. 19. Jacob Waldstromer ist 1418 unter den Konkursgläubigem des verstorbenen Wiener Bürgers Michel Menschein zu finden. Waldstromers Diener Ulrich kann mit der Anfechtung eines Verbotes, das der Kölner Bürger Hans v. Haimbach auf eines der Menschein-Häuser legen ließ, nicht durchdringen. So waren andere Kreditoren im Rang vor ihm. Benno Kuske, Quellen zur Gesch. des Kölner Handels u. Verkehrs im Mittelalter, Bd. I. Bonn 1923. S. 167. Im Jahr 1421 Juni 20 wird in Wien beurkundet, daß Ulrich, ein Diener Jacob Waldstromers von Nürnberg, Forderungen hat. H. Sieveking, Aus venetianischen Handelsbüchern. In: Schmollers Jahrbuch f. Gesetzgebung, Bd. 26/1902. S. 219 Jac. Stromer kaufte 1419 bei den Soranzo Bochasini (ein feines Leinengewebe). S. 220 im Jahr 1420 ist Jac. Valstomer (?) wieder in den Büchern der Soranzo verzeichnet.

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Waldstromer 1414 auslöste, ist bisher nicht genau festzustellen77a. Sie ging wohl aus seinem Handel hervor. Für uns innerhalb der Familie ist wichtig, daß seine Frau ihn auf dem Turm besuchen durfte, um ihn mit Essen zu versorgen. Vor 1418 zog Jacob Waldstromer in das Haus seines Schwiegervaters „beim Lankhamer“. Walburg Kress, geb. Waldstromer, seine Base, schenkte ihm einen großen Leuchter aus Messing, der 1 x/2 Gulden kostete, zum Einzug78. Dem Brunnenbuch nach wohnte Wilhelm I. Rummel in der Nähe des Brun­ nens vor des Rudolf Gundelfingers Haus über am Roßmarkt. Er hatte dort mehrfachen Grundbesitz79. Mit Rudolf Gundelfinger verband Wilhelm Rum­ mel ein gutes Vertrauensverhältnis. Wilhelm Rummel scheint jedoch weit weniger Grundbesitz erworben zu haben wie sein Bruder Heinrich. Wahrscheinlich steckte sein Geld im Femhandel und in seinen wohl sehr riskanten Geldgeschäften. Am 25. September 1414 hatte er das Eigen an zwei Häusern erworben; das eine lag an der Fleischgasse, das andere bei den Karthäusem am Eck. Neben anderen diente ihm Hans Rummel, sein Neffe, als Zeuge. Im gleichen Jahr — am 25. Oktober — kaufte Wilhelm Rummel von Fritz Penniger, des alten Seitz Penniger seligen Sohn, dessen „aygen“ Häuser, Hof und Garten aneinander hinter den Barfüssern gelegen. Zeugen waren Peter Haller d. J. und Conrad Baumgartner80. Im Jahr 1416 hatte Wilhelm Rummel dem Frauenbrüderkloster, den Karmelitern, 240 Gulden gestiftet. Mit der Hälfte des Geldes haben die Brüder ihre Bibliothek gebessert. Sie versprachen über sein und seiner Wirtin Grab zu gehen und darüber in der Antoniuskapelle eine ewige Lampe brennen zu lassen. Wilhelms Jahrtag wurde am 20. Juni gefeiert; er galt auch für seine Frauen Christine und Ursula. Sein Grab sollte täglich besucht, dabei gebetet und Weihwasser darauf gegeben werden81. Nach dem Tode seines Bruders Heinrich im Herbst 1417 kam Wilhelm d.Ä. Rummel in den Inneren Rat der Stadt und fungierte bis zu seinem Tode 1425 immer wieder als Jüngerer Bürgermeister der Reichsstadt82. Einen Kauf, der Aufmerksamkeit erregt, vollzog Wilhelm Rummel am 23. März 1425. Er kaufte von Hans Beheim und Anna, Angehörigen des 77a J. F. Roth, Gesch. d. Nbg. Handels I., Leipzig 1900, S. 135/136. Nach der Strafe sollte er ein Jahr über den Rhein oder die Donau ziehen und in solcher Zeit keine Handelschaft treiben. Doch wurde ihm solches auf 12 Meilen gemildert, darum daß er Veit Pfinzing in der immunitate auf der Brücke über das Friedgebot in den Hals geschlagen. 78 Walburg Kreß wie Anm. 56a. Sp. 37, 4. 79 StadtAN, Bauamt, Ämterbücher 6, Brunnenbuch 1419—1459, f. 126r. 80 StadtAN, Urk. 1414 Sept. 25 und Urk. 1414 Okt. 25. StadtAN, Genealogische Papiere Rummel. — Karl Koler und Anna verkaufen ihr Haus am 21. März 1415 an Wilhelm Rummel an der Kotgasse zw. d. Bodeneck’s u. des Kargen Häusern gelegen. Das Erb daran ist der Metzen Grewlin. 81 StadtAN, Genealogische Papiere Rummel. Darin ist die Stiftung über 240 Gulden überliefert. — Karl Ulrich, Das ehemalige Karmelitenkloster zu Nürnberg. In: MVGN, Bd. 66, 1979. Zu Wilhelm Rummel S. 42, 43. 82 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. Auszüge aus dem Ratsmanual.

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Geschlechtes der „edlen Beheim von Weißenburg“, ihr Eigen an der Wiesen zu „Amerstorff“, das bei sechs Tagwerk ist und Kraft Hasen Erb um jährlichen 9 Simmer Korn und vier Fastnachtshühner mit dem Burgstall daselbst, als das alles umfangen und begriffen83. Hier begegnen wir einem Sitz der Beheim von Weißenburg, der durch den Burgstall Tradition besitzt. Wilhelm Rummel’s älteste Tochter Agathe, Jacob Waldstromers Frau, war vor 1425 gestorben. Es kann angenommen werden, daß der zweite Sohn Lorenz und die zweite Tochter Barbara aus der Ehe mit der geborenen Reich stammen. Sie werden in seinem Testament erwähnt, das für uns ein wichtiges Zeugnis seiner Persönlichkeit ist. Es erhielt sich deshalb in Abschrift für uns, weil sein Schwiegersohn Jacob Waldstromer mit seinem Schwager Lorenz Rummel um das Erbe seiner drei Töchter in Streit geraten war: „Ich Wilhelm Rumei der Elter, Bürger zu Nürenberg . . . (mit den) Vormündern mein lieb Vettern mit Namen Hannsen, Heintzen, Görgen, Wilhelm und Frantzen die Rumei. Des sind zewgen die Ersamen mannen Her Rudolff Gundelfinger und Her Hans Tewffel. . .“ geben an St. Veytstag (15. Juni) 142584. Wilhelm vererbte der Familiengesellschaft Rummel 100 Gulden, den Frau­ enbrüdern 25 Gulden, den Predigern und gen St. Egidien je 15 Gulden, den Augustinern und den Barfüßern je 15 Gulden, in den Siechgraben 15 Gulden, den drei Siechenhäusern je fünf Gulden, den „12 armen Männern bei den Kartheusern“ (= Mendelstiftung) 10 Gulden, den Klöstern Pillenreuth, Gründ­ lach, St. Katharina, St. Klara in Nürnberg je 10 Gulden, den Karthäusern 10 Gulden, der Messe zu Vach 10 Gulden und der Kirche Lichtenau 10 Gulden, also rund 250 Gulden „ad pias causas“. Das Vermächtnis von 50 Gulden an den Knecht Mathes seines seligen Sohnes Peter wurde schon erwähnt. Was es mit dem Sohn des Fritz Humel auf sich hat, der 10 Gulden zum Eintritt bei den Frauenbrüdern erhielt, wird nicht deutlich. „Darnach schick ich meinen dreyen enycklein mit Namen Agatha, Christein und Apolonia, des Jacob Waldstromeyers tochter, yeder zehenhundert gülden rh.“ Die obgeschrieben 3000 Gulden sollen seine Vormünder innehaben und „bestatten“. Seiner Tochter Barbara im Kloster Katharina fallen 20 Gulden Leibgeding der Stadt Nürnberg zu. In welchem Verhältnis stand Wilhelm Rummel zu Conrad Scheurer dem Jungen, dem er seinen Hof zu Amersdorf mit allen Zugehörungen83 und dazu 1000 Gulden vererbte? Des Schultheiß von Bernheim85 drei Kinder von seiner vorderen Wirtin und Schwester des vorgenannten Cunrad Scheurer erhalten jedes 33 Gulden. Waren Cunrad Scheurer und die selige Schultheißin vielleicht 81 StadtAN, Urk. 1425 März 23. Zur Person des Verkäufers Hans Beheim s. Anm. 50. 84 GNM, Kreß-Archiv, Rep. S. 2034/4. 85 St AN, BB 3, f. 222r. Es gab um 1410 den Nürnberger Bürger H. Schultheiß, der zu Mainbernheim Weingärten besaß. Er kann durchaus identisch sein mit dem im Testament genannten „Schultheiß von Bernheim“.

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Nachkommen einer namentlich nicht bekannten Schwester des Wilhelm Rummel? Jedenfalls gehören sie in die nächste Verwandtschaft86. „Auch so schick ich meinen swegern Hannsen und Thoman Reichen ir yeden 25 Gulden“87. Und alles was dann bleibt, Barschaft, Häuser, Höfe, Erb, Eigen­ zinse, Leibgeding dazu die Gült „in prestadi“ zu Venedig, Hausrat, Kleinod erhält sein Sohn Lorenz. Wilhelm Rummel d. A., hatte Staatspapiere (imprestita) von Venedig besessen, was eine außergewöhnliche Vergünstigung der Serenissima für einen Ausländer war. Diese Papiere können einen hohen Wert dargestellt haben88. Das Testament war am 15. Juni 1425 verfaßt worden. Jacob Waldstromer hatte es in Abschrift am 26. Oktober 1425 präsentiert. In diese Zeitspanne im Sommer 1425 fällt der Todestag von Wilhelm Rummel. Der Erbstreit war am Samstag vor St. Johannistag zu Sunwenden 1426 entschieden. Lorenz Rummel soll den drei Töchtern seiner seligen Schwester je 400 Gulden rh. geben, wenn man sie ausstattet. Acht gut erhaltene Siegel bestätigen das, darunter vier Rummel-Siegel89. Die Töchter des Jacob Waldstromer kamen nach dem Tode ihres Vaters 1429 in die verwandschaftliche Obhut ihrer Tante, der verwitweten Margarete Herdegen Valznerin, geb. Waldstromer. 1431 gaben die Valznerin und Jacob Waldstromer zwei Töchter an, 46 wehrfähige Hintersassen zu besitzen90. Die Enkelinnen heirateten in die Ratsfamilien Geuder, Grundherr und Mendel ein91. Walburg Kress beschenkt«die ihr verwandten, jungen Ehefrauen. Ihre Tante, die Valznerin, hinterließ ihnen bei ihrem Tode 1449 ein reiches Erbe. Lorenz Rummel am Roßmarkt, Wilhelms I. Haupterbe, heiratet nach dem Tode des Vaters vor 1429 Clara, die Tochter des bedeutenden Nürnberger Bürgers Stefan Koler, eines Obersten Hauptmanns der Reichsstadt. Er war aktiv im Fernhandel tätig und ein hervorragender Vertreter im Dienste der 86 StAN, BB 9, f. 187r. Cuntz Schewrer 1431 als Nürnberger Bürger genannt könnte der Erbe von Wilhelm Rummel sein. StAN, Fremdrep. 51, Harsdorfer. Nr. 188, 1382 Juli 28. Conrad Schewrer (sein Vater?) hat Besitz in Malmhof. 87 Die Schwäger Hans und Thoma Reich sind zum erstenmal als Femkaufleute nachgewiesen! Professor Dr. Wolfgang von Stromer fand beide im Archiv der Fürsten Borromei auf der Isola Bella im Buch von 1428 in einem Wechsel genannt, der zwischen Venedig und Brügge getätigt wurde. W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz III, S. 527. H. u. Th. Reich weisen 1431 11 wehrfähige Hintersassen nach. 88 Bisher sind m. W. nur zwei Nürnberger im Besitz von venetianischen Staatsanleihen urkund­ lich festgestellt, neben Wilhelm Rummel der nicht identifizierte Johannes Daga 1422 mit 10000 Dukaten davon, s. Anm. 166. 89 GNM, Kreß-Archiv, Fase. F. Nr. 2. 90 W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz III, S. 524. 91 Hatte Michel Grundherr Agathe Waldstromer schon 1428 geheiratet? Christein Waldstromer wurde die Frau von Heinz Geuder. Apollonia, die jüngste der drei Schwestern, vermählte sich mit Peter Mendel. Walburg Kreß (Anm. 56a) schenkte Christein Heinz Geuderin 1433 sechs silberne Gäbelin (Sp. 74). Michel Grundherrs Wirtin, des Jacob Waldstromers sei. Tochter bekam 1434 einen schönen Leuchter, „do sy sich zogen in ir vater haus pey frauentor“. (Sp. 77). Das Testament von Margarete Valzner, geb. Waldstromer 1448, StAN, Hs 250, Genealog. Papiere Valzner.

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Nürnberger Reichspolitik (f 1435). Lorenz Rummel war mit seinem Schwie­ gervater in der Bürger Dienst 1434 zu Basel, wo das Konzil stattfand92. In der Ehe Rummel/Koler kam ein Sohn Lorenz zur Welt, der mit drei Vettern Rummel recht jung an der Universität Leipzig festzustellen ist299. Lorenz Rumei dem jungen läuteten die Glocken der Sebalduskirche Anfang 1443 zu seinem frühem Tod92a. Klara Lorenz Rummel starb um die Jahreswende 1462, Lorenz Rummel folgte ihr im Jahr 146293. Er wurde dem Testament seines Sohnes Wilhelm nach in einer Kapelle des Frauenbrüderklosters begraben — demnach in der Ruhestätte seines 1425 gestorbenen Vaters Wilhelm I. Rummel. Es scheint, als ob dieser Zweig der Rummel — die Nachfahren des bedeutenden Mitgründers des Handelshauses Wilhelm I. Rummel — mit seinem Enkel Wilhelm III. am Roßmarkt im Frühjahr 1476 ausstarb94. Es ist überliefert, daß Wilhelm III. Rummel eine erste Ehe geschlossen hatte mit einer Tochter von Gabriel Tetzel und der Hallerin. Vielleicht hatte er einen Sohn gehabt, d€r als Kind starb? Sicher ist die am 8. Januar 1452 geschlossene Ehe von Wilhelm III. Rummel mit Helene Pirckheimer, der Tochter des Lorenz und der Anna, geb. Langmantel, die beide schon verstor­ ben waren. Sie war die letzte Erbin dieses Zweiges der Pirckheimer-Familie gewesen. Sie testierte 1492 und starb 1499. Sie wurde im Grab ihrer Eltern in St. Lorenz begraben95. 3. Niklas Rummel (f um 1434), Mitarbeiter des Handelshauses Clas Rummel, dessen Vorname Niklas in Nürnberg stets in der abgekürzten Form gebraucht wurde, tritt zum ersten Mal urkundlich in seiner Vaterstadt 1392 in den Losungslisten von St. Sebald auf. Er beschwor sein Vermögen in räumlicher Nähe zu den Brüdern Heinrich und Wilhelm Rummel im großen Haus in der Ostecke des Marktes, das Heinrich seit 1388 sein eigen nannte. Er blieb dort auch nachweisbar bis zum Jahr 1400 %. Über „Nicholaio Romolo da Noribergho“ und seine Zugehörigkeit zu dieser Ratsfamilie, seine Angehöri­ gen wissen wir heute viel mehr als in der Arbeit, die über ihn 1956 gebracht 92 Paul Sander, Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs 1431—1440. Leipzig 1902. S. 557. 92aH. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 233. 93 Helene Burger, Das Totengeläutbuch von St. Lorenz in Nürnberg 1454—1517. Neustadt/A., 1967, Nr. 471. Die Lorencz Rumlin am Roßmarkt starb an der Jahreswende 1461/62. Ebenda Nr. 537. Am Sonntag nach Fronleichnam (20. Juni) 1462 stimmten die Glocken beider Hauptkirchen das Totengeläut für Lorenz Rumei am Roßmarkt an. (Künftig zitiert: Burger, Totengeläut Lorenz.) 94 Stadtbibliothek Nbg., Amb. 173, 2°. Testament S. 84e. Wilhelm Rummel, Lorenz R. sei. Sohn, testiert 1476. Burger, Totengeläut I Sebald, 1439—1517. Nr. 2751, Frühjahr 1476. StadtAN, Genealog. Papiere Rummel, Hochzeitsdatum. 95 Stadtbibi. Nbg. Amb. 173, Test. S. 16e. 1492. Helene Rummel, geb. Pirckheimer Testament. Burger Totengeläut I Sebald, Nr. 4558. Frühjahr 1499. 96 StAN, AStB 271, f. 15v (1392); AStB 272, f. 15 (1397); AStB 273, f. 14v (1400).

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werden konnte97. Wir kennen zwar noch nicht authentisch den Vornamen seines Vaters. Ich vermute, daß er Hans hieß und ein älterer, früh verstorbener Bruder von Heinrich und Wilhelm Rummel gewesen sein könnte. Der Vorname Hans kommt bei den Rummel in den Losungslisten um 1400 und auch noch danach so oft vor, daß es schwer möglich ist, sie richtig einzuord­ nen. Klas, das wissen wir, hatte auch einen Bruder Hans, der mit Kunigunde Schlüsselfelder (oder Schlüsselauer?) verheiratet gewesen ist und der seinerseits auch wieder einen Sohn Hans und Niklas gehabt hat98. Mit Klas beschwor 1392 sein Vermögen in räumlicher Nähe ein Hans, den ich für seinen Bruder halten möchte99. Clas Rummel, dessen Tätigkeit als Fernkaufmann im Handelshaus zur Betrachtung kommt, hielt sich viel außerhalb der Reichsstadt auf. Ab 1398 bis 1401 ist er in Köln nachzuweisen. Er war in Italien bekannt wie auch in Brügge und begab sich 1408 oder 1409 von Brügge aus über Avignon nach Barcelona, von wo er zu einer Pilgerfahrt nach Santiago di Compostela aufbrach. Sein Bruder Hans mag auch im Ausland gewesen und 1411 gestorben sein. Hans hinterließ seine Witwe Kunigunde mit zwei Söhnen, Hans und Niklas, für die sich der ledig gebliebene Onkel Clas verantwortlich fühlte. Jedenfalls geht das daraus hervor, daß er zugunsten seiner Neffen Ewiggelder erwarb. So kaufte er Sabbato post Urbani (31. Mai) 1421 als Nürnberger Bürger zu Mainz 26 Gulden Zinsen um ein namhaftes Geld „uff Klasen, Hans Rumei seines Bruders Sohn, so er mit Kunigunde seiner Frau hatte“ 10°. Inzwischen war die Witwe seines Bruders Kunigunde in zweiter Ehe die zweite Frau von Peter Steinberger in den Jahren 1413 oder 1414 geworden. Ihr Schicksal und das ihrer Söhne kommt in der Arbeit über Peter Steinberger zur Kenntnis101. Wenn Clas sich im Frühling 1421 beweisbar in Mainz aufgehalten hat, so hatte das sicher einen beruflichen Grund. Mainz war für die Rummel ein wichtiger Handelsplatz und Umladehafen auf Rheinschiffe. In Nürnberg hielt Klas sich nur zeitweise auf, so kam es auch zu keiner Eheschließung mit einer Landsmännin. Er hatte, weil er auf seinen vielen Reisen sein Seelenheil gewahrt wissen wollte, in Rom eine Bitte Vorbringen lassen. Am 16. Januar 1422 gewährte Papst Martin V. Nikolaus Rumei, Laien der Diözese Bamberg, das Recht, sich von jedem Priester die Sakramente spenden zu lassen102. Besonders nahe scheint die menschliche Beziehung von Clas zu Wilhelm Rummel d. Ä. gewesen zu sein. Gleich ihm siedelte er vom Sebalder Stadtteil 97 Karlfriedrich Gruber, Nicholaio Romolo da Noribergho, In: MVGN Bd. 47/1956. S. 416— 425. 98 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. 99 StAN, AStB 271, f. 15v (1392). 100 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. 101 Christa Schaper, Peter Steinberger, Kaufmann und Finanziers (f 1445), seine Familie und Geschäftspartner. In: MVGN Bd. 62/1975. S. 47f. 102 Vatikanisches Archiv, Reg. Lat. 222, f. 200v.

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nach dem Stadtteil von St. Lorenz über. Während wir Wilhelm d. Ä. schon 1408 im südlichen Stadtteil jenseits der Pegnitz am Roßmarkt urkundlich nachweisen können, gelingt für Clas erst 1423 der Beweis der Übersiedlung, wo er als Bürger mit zwei Salzscheiben genannt wird103. Er ist nie reich geworden, hat aber ein Haus besessen, einen Knecht Seitz gehabt. Sein Haus muß in der Nähe des Heilsbronner Hofes gelegen haben. Aus den Stadtrechnungen nach 1419 geht hervor, wie Zinsen, die er von der Stadt zu erhalten hatte, einmal von Seitz Sitich, dem Famulus von Wilhelm Rummel, dann von Hans, dem Sohn von Heinrich Rummel, oder gar von Wilhelm Rummel d. Ä. selbst eingezogen und quittiert wurden, wenn Clas nicht in Nürnberg war104. Auch hier zeigt sich das fortlaufend gute Verhältnis der Familienmitglieder untereinander, denn Clas nahm Zinsen auch manchmal für Wilhelm d. Ä. ein. Eine besondere Bindung von Klas Rummel an das Katharinenkloster zeigt sich, daß er dort 1422 für den Betrag von 30 Gulden einen Jahrtag stiftete, der vermutlich dem Andenken seiner Eltern und seines Bruders galt105. In welchen Ländern Clas in diesen Jahren wirkte, läßt sich nicht beweisen. Wäre er jahrelang in Nürnberg gewesen, müßte doch irgendwann einmal sein Name in Urkunden auftauchen! Noch dreimal kommt sein Name in Archivalien vor. So ist er im Index des Grabenbuches von 1430 zu finden, dann meldet er als wehrfähigen Hintersas­ sen 1431 einen Knecht. Im Jahr 1433 wird sein Knecht Seitz gestraft106. Sein Todesjahr ist unbekannt. So wie er im Leben in der Gemeinschaft der Familie Rummel gelebt hat, erscheint er im Totenkalender des Katharinenklosters im Kreis der Verwandten107: Anniversarium Nycolai Rumei et Heinrich Rumei et uxoris et Hans Schürstab et Elysabeth et suorum. Das Ewiggeld, das Clas einmal von der Stadt Nürnberg mit 50 Gulden Zinsen für 1000 Gulden erworben hatte, ging an seinen Neffen Hans Rummel über. Die Stadt zahlte 1000 Gulden gegen den Hauptbrief an Clasen Rumeis seligen Bruders Sohn feria 6 post Laurenti (16. August) 1441 aus107a. Die Neffen des weitgereisten Vertreters des Handelshauses Niklas Rummel wurden durch die WappenVerleihung 1433 fest in die Familie eingereiht. Neben den fünf Brüdern Rummel werden drei Vettern genannt. 103 StAN, AStB 109, f. 43. 104 StAN, Stadtrechnung 179, f. 55v., f. 57v., 59v., 61, 199r. 105 Stadtbibliothek Nürnberg, Karin Schneider, Cent VII, 95. S. 411/412. Jahrzeitbüchlein des Katharinen-Klosters, Pergament, 37 Blatt. Auf Blatt 12 die Jahrtags-Stiftung von Klaß Rumei. 106 StAN, Rep. 52b Grabenbuch, Namensindex f. 94b, Akt. d. 7 färb. Alph. Nr. 90, Stadtrech­ nung 180, f. 112. 107 A. Würfel, Toten-Calender von St. Katharina, 1769. S. 38. 107a StAN, Losungsbuch 69, f. 42v.

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Neben Lorenz, dem Sohn von Wilhelm I. Rummel, erscheinen als weitere Vettern Hans und Clas 357. Zum Abschluß dieses Familienzweiges werfen wir einen Blick auf ihr Schicksal. Ich behandle den jüngeren Bruder Niklas Rummel zuerst, weil er keine Nachkommen hinterließ. Er nahm zur Ehe Barbara Tracht, die Tochter von Hans Tracht, einem Montanunternehmer, und der Anna Ammanin, die eine Enkelin von Ulman Stromer war. Er starb zu Nürnberg 1463, sie folgte ihm in den Tod 1487108. Hans, der ältere der Brüder, hatte zur Ehefrau Anna, die Tochter seines Stiefvaters Peter Steinberger109. Er wurde zunächst Kästner des Hochstifts Eichstätt in Nürnberg. Im Jahr 1449 verließ er die Reichsstadt und lebte dann mit seiner Familie in Eichstätt. Für Hans Rumei von Eichstätt wurde am 15. Mai 1462 in Nürnberg das Totengeläut angestimmt. Seine Tochter Brigitte wurde Nonne im Kloster St. Walburg in Eichstätt. Die Tochter Elsbeth hatte in ihrer zweiten Ehe mit Andreas V. Haller den Sohn Georg V. Haller, der in Burgund lebte. Es gab 1478 in Eichstätt den Bürger Claus Rummel mit der Ehefrau Walburg und 1483 den Eichstätter Hans Rummel. Das sind mit Sicherheit Söhne des Kästners Hans Rummel. Uber diesen schon gebrachten Hinweis wurde mir dann noch durch den Inhalt eines Reichskammergerichtsprozesses bekannt110, daß es nach 1500 in Eichstätt den Bürger Hieronymus Rummel gegeben hat. Er hatte zur Frau Ursula, die Tochter des Clement Weikmann, Chorherrn am Eichstätter Domstift. Die Ehe verlief unglücklich. Aus dem 1525—1530 laufenden Rechtsstreit wird offenbar, daß der Bruder des Eichstät­ ter Hieronymus der Ratsschreiber Johannes Rummel in Gunzenhausen war, der dort von 1518—1544 nachweisbar ist111. Von Gunzenhausen studierte 1517 an der Universität Ingolstadt Hieronymus Rummel, der ein Sohn des Ratsschreibers Johannes Rummel gewesen sein dürfte. Damit verliert sich der Eichstätter Zweig der Nürnberger Rummel ins Dunkel der Vergangenheit.

III. Das Handelshaus: 1370—1480. Drei Unternehmer Rummel Fähige und wagemutige Kaufleute der Reichsstadt Nürnberg fanden früh den Weg in ferne Länder. Sie mußten außer guten Sachkenntnissen fremde Sprachen beherrschen, zum mindesten die lateinische. Bis dato ist Conrad Vorchtel d. Jg. als erster zeitlich und namentlich genau faßbar. Er war der Sohn von Conrad Vorchtel d.A. und der Gesel, geb. Teufel, und junger Ehemann 108 Christa Schaper, Die Familie Tracht-Kaufleute und Unternehmer. In: MVGN, Bd. 64/1977. S. 74—76. Niklas Rummel und Barbara Rummel, geb. Tracht. 109 Christa Schaper, Peter Steinberger (wie Anm. 101), S. 57. 110 Bayer. Hauptstaatsarchiv München, Reichskammergerichtsprozeß Nr. 11150. 111 Das Stadtarchiv Gunzenhausen schickte Unterlagen über die Tätigkeit des Ratsschreibers Johannes Rummel, wofür aufrichtig gedankt wird. — Götz Frhr. v. Pölnitz, Matrikel der Ludwig-Maximilian-Universität Ingolstadt-Landshut-München, München 1937, I, 1517.

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der Anna, Tochter des Berthold Türbrecht112. Im Jahr 1320 befand er sich auf einer Handelsreise von einigen Monaten in „Lamparten“, somit jenseits der Alpen. Mailand könnte eines seiner Ziele gewesen sein. Er starb vor September 1328. In Venedig ist 1331 als erster Nürnberger Marquard Tockler nachweis­ bar113. Der Vater von Heinrich und Wilhelm Rummel lebte um 1340 in Nürnberg. Die Eltern haben den Söhnen eine gediegene Ausbildung zuteil werden lassen. Die Handschrift von Heinrich vom Jahr 1401 blieb uns auf einem Briefblatt erhalten114. Sie ist ein wichtiges Indiz für seine Persönlichkeit. Ob Heinrich eine Ausbildung jenseits der Alpen zum Kaufmann erfuhr, ist nicht festzustel­ len. Sein jüngerer Bruder Wilhelm mag jedoch zur Ausbildung in Venedig gewesen sein. Seine späteren Verbindungen machen das deutlich. Als Zeitraum dafür ist bei ihm an die Jahre um 1375 zu denken. Der bedeutenden Kaufmannsfamilie di Amadi in Venedig, den Brüdern Amado und Franzesco war Wilhelm Rummel persönlich bekannt. Amado di Amadi erwähnt in zwei Briefen von ihm am 12. September und 5. Oktober 1392 in Venedig an Hilpolt Kreß in Nürnberg geschrieben „vielmo Rumei“ gleich dreimal. Das spricht für die persönliche Begegnung in Venedig vor 1392. Philipp Braunstein ist die Veröffentlichung der Briefe zu danken115. Die kaufmännische Tätigkeit von Heinrich Rummel wurde durch seine zweite Ehe mit Kunigunde Kopf, deren Schwester Margarete die Frau von Fritz Kreß war, gefördert. Der gemeinsame Hausbesitz mit dem Ehepaar Kreß ist oben erwähnt. Die Familienverbindungen und das Vermögen der Frauen ergaben eine gute Grundlage für die Handelsgesellschaft Kreß-Rummel, die frühzeitig Handel bis Venedig trieb. Einige Beraubungen deuten frühe Handelswege an. In einer alten Quelle heißt es, daß H. Rumei 1373 mit anderen Nürnbergern wie Philipp Groß, Fritz Peltz, den beiden C. Prünster senior und junior, Albrecht Schopper und Leupolt Altmann von dem Ritter Rüdiger Erlingshofer und Hans Parsberger beraubt wurden 116. Der Name des Hans Parsbergerweist auf eine Handelsreise im Donauraum hin. Für das Jahr 1375 liegt wieder eine Nachricht zum Handel vor. Heinrich Rummel klagte vor dem Landfriedensgericht gegen Albrecht von Redwitz zu 112 StadtAN, Vorarbeiten zum Urkundenbuch, Regest 18. I. 1320. Conrad Vorchtel d. J. Witwe Anna verkaufte das Eckhaus am Markt (Hauptmarkt 24) am 27. 9. 1323. Zur Familie Vorchtel: Christa Schaper, Bürger in der Verantwortung, Die Kirchenpfleger von St. Sebald, S. 160ff. In: 600 Jahre Ostchor St. Sebald 1379—1979, Neustadt/Aisch, 1979. 113 Henry Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die deutsch-venezianischen Handelsbeziehungen. Bd. 1. 2. Stuttgart 1887. (Künftig zitiert: Simonsfeld, Fondaco.) 114 Staatsarchiv Würzburg, WU 193/133. Herrn Ltd. Archivdirektor Prof. Dr. Scherzer aufrichti­ gen Dank für freundliche Unterstützung und Beratung. 1.5 Philippe Braunstein, Relations d’affaires entre Nurembergeois et Venitiens ä la fin du XIVe siede. — Melanges d’Archeologie et d’Histoire publies par l’Ecole de Frangaise, de Rome, Paris, 1964. S. 267, 268. (Künftig zitiert: Phil. Braunstein, Relations.) 1.6 StAN, AStB 38 (1366—1383) f. 35v—36r. In vigilia Michachel 1373.

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Kronach und Hans von Truchseß auf Obersinn, die ihm räuberisch 90 (Ballen?) Barchent und 2 % Zentner Pfeffer abgenommen hätten. Er verlangte 100 Mark Silber als Entschädigung. Das wurde ihm am 27. Dezember 1375 von Ritter Friedrich von Seideneck und den zehn Beisitzern zugesprochen117. Es ist interessant zwei Handelsgüter benannt zu bekommen, die sicher über den Raum Kronach nach Mitteldeutschland — vielleicht Leipzig — geführt werden sollten. Clas Rummel verkaufte 1400 Barchent aus Memmingen — die erste Erwähnung dieses Herkunftsortes im Handel — in Köln. Der Barchent wird aus dem Schwabenland gestammt haben. Der Pfeffer kam ausschließlich über Venedig. Daran gibt es kaum Zweifel. Hatte ihn Heinrich dort selbst eingekauft oder ließ er ihn importieren? Das Handelshaus Kreß-Rummel hatte prominente Kunden. Das wird aus dem Schuldbekenntnis des Burggrafen Friedrich von Nürnberg vom 7. Januar 1375 sichtbar. Für gelieferte Waren war der Burggraf 427fl. schuldig. Leider wissen wir nicht, um welche Art von Waren es sich gehandelt hatte118. Für 1379 gibt es einen Nachweis, der Hektor Ammann (*f* 1967) zu verdanken ist. Er hat aus der einzigartigen Serie der Frankfurter Schöffengerichtsbücher, die 1333 einsetzten, noch Auszüge erstellen können, ehe sie zu Ende des Zweiten Weltkriegs zugrunde gingen. Meist hat er damals nur Namen notiert. Es ist von Belang, daß ein Rummel von Nürnberg 1379 in der Messestadt Frankfurt/ Main nachgewiesen werden konnte119. Von Bedeutung ist auch eine kurze Notiz in den Nürnberger Stadtrechnungen. Heinrich Rummel bekam 1382 von der Stadt 194 lb und 9 ß um vier Zentner, 47 Pfd und ein vierdunk Salpeter zurück120. Salpeter wurde in Venedig eingekauft. Nach 1444 sind die Rummel zusammen mit den Hirschvogel dort als Einkäufer von Salpeter genannt. Bis zur Trennung vom gemeinsamen Handel ist dann nach Lage der Quellen leider über die Rummel nichts mehr zu finden. — Heinrichs jüngerer Bruder Wilhelm hatte reiche Erfahrung im Fernhandel gesammelt. Beiden Familienvä­ tern waren Söhne herangewachsen, die zur Betätigung drängten. Besonders im Haus Kreß warteten um 1390 schon fähige Kaufleute auf den Einsatz. Der im gegenseitigen und freundschaftlichen Einverständnis vollzogenen Trennung werden umfangreiche Feststellungen über Warenlager, Guthaben und Schul­ den der Gesellschaft vorausgegangen sein. Die Teilung zwischen Fritz Kreß und Heinrich Rummel vollzog sich urkundlich am 11. Mai 1388 121. Die von den Handelspartnern gewählten Zeugen waren Burkhard Sayler122, Conrad 1,7 GNM, Kreß-Archiv, Fase. F, Nr. 1. 118 Monumenta Zollerana IV, Nr. 271. 119 Hektor Ammann, Die wirtschaftliche Stellung der Reichsstadt Nürnberg im Spätmittelalter. In: Nbg. Forschungen, Bd. 13, 1970, S. 95. 120 StAN, Rep. 54, Stadtrechnungen 177 (1381—1397), f. 57v. 121 GNM, Kreß-Archiv, XXVIII, Fase. A, Nr. 5. 122 Burkhart Seiler, ein angesehener und reicher Nürnberger, stiftete bald danach am St. Veitstag (15. Juni) 1388 das „Reiche Almosen“. Die Mitstifterin war seine erste Ehefrau Christine Fürleger, die Tochter von Conrad Fürleger und Schwester eines gleichnamigen Bruders.

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Baumgartner und Kraft Kreß. Die außerordentliche Abfindungssumme von 19.664 Gulden war bis zu diesem Tage schon entrichtet. Das Gesellschaftska­ pital muß also rund 40.000 fl. betragen haben, damals ein exorbitanter Betrag. Wir wissen von dem Kauf des großen Kauffahrtei-Hofes um Michaelis 1388 zwischen Markt und Pegnitz gelegen aus dem Besitz der Familie Groß durch Heinrich Rummel26, dessen unbekannter, wohl hoher Wert aus der Abfin­ dungssumme erlegt wurde. Die Gewölbe im Erdgeschoß gaben Raum für die Lagerung der Waren. Die Buchhaltung konnte geräumig untergebracht wer­ den. Zum Zeitpunkt der Teilung der Handelsgesellschaft soll auf die Handelszei­ chen hingewiesen werden, zu denen noch die ihnen gleichfalls über die Kopf verwandte Kaufmannsfamilie Ulrich Hirschvogel tritt. Die Ähnlichkeit der Handelszeichen fällt ins Auge. Sie ist sicher nicht zufällig! Das Handelszeichen der Rummel erhielt sich erst aus dem Jahr 1422123. Es wird aber zweifelsfrei schon im 14. Jahrhundert gebraucht worden sein.

Kreß

Rummel

Hirschvogel

Wilhelm, der jüngere Bruder von Heinrich, der vordem längere Zeit in Venedig gewesen sein dürfte, tritt nach der Teilung im deutschen Raum in den Vordergrund. Er übergab den Nürnberger Stadtrechnungen zufolge nach 1389 die „Zollrechte“ in Mainz 124, die aus der Ehrengabe von einem Pfund Pfeffer und zwei weißen Handschuhen seit 6. Juni 1264 bestanden. Mainz war für den Handelsverkehr von besonderer Wichtigkeit! In dieser alten Stadt wurden neben dem Verkauf die auf Schiffen den Main herab aus Franken gebrachten Waren auf Rheinschiffe verladen in Richtung Köln und Mosel oder den Rhein aufwärts für Orte am Oberrhein. Hatte Heinrich die große Barabfindung von Kreß zur Hergabe von Darle­ hen genutzt und zwar hier an Burkard von Seckendorf? Heinrich Rummel bekam unter dem 2. Mai 1392 wegen einer Forderung von 1000 Mark an diesen Seckendorf die Güter zu Menheim (heute in Kaubenheim aufgegangen) und Christine, geb. Fürleger starb 1388. Seiler heiratete in 2. Ehe Agnes Haller, Tochter von Conrad Haller und Anna Großin, die Witwe von Sebadd Derrer im Jahr 1390. Er starb 1391. Sie nahm danach Jobst Tetzel und starb als dessen Witwe 1419. Mit diesem Hinweis soll die Erinnerung an Christine Seiler, geb. Fürleger als einer Wohltäterin im spätmittelalterlichen Nürnberg erneuert werden. Die Bedeutung der Fürleger als Kaufleute bedarf einer Würdigung. 123 St AN, D-Akt, Nr. 253. Herrn Dr. Otto Puchner, Oberarchivdirektor i. R. wird der interes­ sante Fund des Handelszeichens der Rummel verdankt. Siehe auch Anm. 163. 124 StAN, Stadtrechnungen 177 (1381—1397) f. 381r.

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Kaubenheim (LK Uffenheim) zugesprochen125. Die hohe Liquidität des Hauses führte die Gebrüder Rummel ins Geldgeschäft. Die schon vordem erwähnten zwei Briefe von Amado di Amadi von Venedig 1392 an Hilpolt Kreß in Nürnberg geschriebenen Briefe115, sind in verschiede­ ner Hinsicht für Wilhelm Rummel bedeutsam. Nicht allein, daß durch die Verbindung zur Familie Amadi ein Aufenthalt von Wilhelm in Venedig vor 1392 sehr wahrscheinlich ist, gibt die Auslegung des schwer lesbaren wie auch deutbaren Textes durch Philipp Braunstein einige wesentliche Fakten. Nach dem Brief vom 12. September 1392 kannte Amado die Amadi gut den Zwischenhändler der Rummel in Venedig, den wir als ihren Faktor dort ansehen können „rigo da norenbergo“ 126. Er war im Begriff Waren des Wilhelm Rummel nach Nürnberg zu führen. Ihm vertraute Amado di Amadi einen großen Posten Seide und einen kostbaren, ungefaßten Diamanten für Hilpolt Kreß an. Im gleichen Brief bat Amado den Hilpolt mit Wilhelm (Rummel) das Mittel zu suchen, um nicht die 100 Dukaten zu verlieren, die „Madame Isabetta de Anhalt“ (ou de Hainaut?) dem Amado schuldet. Wilhelm Rummel sollte sich mit Kreß bemühen, auf irgendwelche Weise zum Ausgleich dieser Schuld beizutragen. Wer aber war diese noch unbekannte Dame des hohen Adels? Ob es noch glücken wird, sie zu identifizieren? Sie muß ja sowohl den Amadi in Venedig wie auch diesen Nürnberger Kaufleuten bekannt gewesen sein. Im Brief vom 4. Oktober 1392 — vielleicht war inzwischen zur Schuld dieser Dame ein Zwischenbericht von Nürnberg nach Venedig gelangt — wandte sich Amado di Amadi ausschließlich an Wilhelm Rummel, dem Hilpolt Kreß sagen solle, Rummel möge sich aus Zuneigung zu ihnen (par amour de nous) mit Isabetta de Anhalt (?) um das Mittel bemühen, in den Besitz ihres (der Amadi) Geldes zu gelangen. Hatte es sich bei der Höhe der Summe vielleicht um einen besonderen Edelstein oder kostbare, venetianische Seide gehandelt, wie die Amadi solche Waren ja auch im September an die Kreß nach Nürnberg übersandten? Den zwei Briefen des Amado di Amadi läßt Philipp Braunstein noch einen dritten aus Venedig an Hilpolt Kreß vom 4. November 1392 folgen. Ihn schrieb der Venetianer Piero Picharano (Picorano). In diesem Brief mit vielfachen, interessanten Geschäftsnachrichten wird zwar Wilhelm Rummel nicht erwähnt; es handelt sich bei dem Schreiber aber um einen venetianischen Kaufmann, der zu dem Rummel Beziehungen hatte, wie sich 1394 beweisen läßt. Piero Picorano kannte die Mitglieder des Hauses Rummel schon gut im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts! Wolfgang von Stromer glückte in Mailand ein besonderer Fund in den Büchern der Mayno-Bank, die er auf die Beziehungen deutscher Kaufleute über 125 Werner Schultheiß, Urkundenbuch der Reichsstadt Windsheim von 741—1400, Würzburg 1963. Nr. 573, 578, 581. 1392. Menheim ist heut mit Kaubenheim verbunden. 126 Phil. Braunstein, Relations wie Anm. 115. Der dritte hier anschließende Brief vom 4. November 1392 darin S. 269.

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die Mailänder Bank Gasparollo del Mayno zu italienischen Firmen und Banken hin untersuchte. So treffen wir auf den Nürnberger Siffredus Herber (Erber, Agent der Rummel?) de Noriberga, der mit einer Zahlung im Jahr 1396 vertreten ist. Was besonders interessiert, ist die Tatsache, daß hier bei der Einlösung eines Wechsels in Venedig der vorgenannte Petro Picherano und Johann Romei im Juli 1394 gemeinsam genannt sind127. Dieser Hans Rummel ist der älteste Sohn von Heinrich Rummel, der demnach in Venedig als Kaufmann gelernt hatte. Er war ein fähiger Kaufmann, der dann 1397 seine erste Frau Katharina Pirckheimer aus einer Familie gewählt hatte, die im Handel mit Venedig eine führende Rolle spielte, die über Venedig hinaus in Bologna und Rom bekannt war. Zurück zu den Nachrichten, die den Handel in Deutschland betreffen! Für das Jahr 1393 ist eine Beraubung überliefert, die Wilhelm Rummel betroffen hatte. „Auf Donnerstag nach Exaltionis sancte Cruxis 1393 (18. September) haben herr Hartmut von Cronenberg der Junge und Henne von Cronenberg einem ehrbaren Kaufmann von Nürnberg genannt Wilhelm Romei, der des Reiches Freiheit und Messe gesucht hatte mit seiner Kaufmannschaft und die eines Teils gen Mentze in einem Schiffe schicken sollte, genommen Zucker, Baumwolle, Ingwer und Negelein (Nelken). Die Stadt Frankfurt, der Wilhelm den Raub von diesem Schiffe und seinen Schaden und den seiner Gesellschaft zur Kenntnis gebracht hatte, wandte sich an den Vater des Hartmut, an Herrn Johann von Kronberg, der den Brief von Frankfurt „mit zome von der brücken in den graben“ von Kronberg geworfen hatte. Schließlich war Wilhelm für den Schaden bis wohl auf 90 oder 80 Gulden, die ihm vorenthalten wurden, entschädigt worden128. Wilhelm hätte das Leben dabei verlieren können. Bei einem Überfall der gleichen Ritter zur selben Zeit auf das Schiff von Kaufleuten aus Bingen, kamen zwei Kaufleute um. Es war eben ein gefährlicher Beruf! — Diese Waren aus Venedig sollten nach dem Verkauf eines Anteiles auf der Frankfurter Messe in die Städte am Rhein gelangen. Im Jahre 1398 hat Georg Schmair noch folgenden Bürgern als Cunrad Mendl, Stefan Coler, Heintzen Rumei, Fritz Kress, Niklas Imhof und Cunrad Pirckheimer jedem ein Pellein mit Kaufmannswaren aufgehalten. Die Ballen scheinen aus einer gemeinsamen Wagenladung geraubt worden zu sein. Noch steht die Gegend nicht fest, wo das geschah129. Im gleichen Jahr hat Graf Johann von Helfenstein Heinrich Rummel gefangen, der ist vermittels des Rates zu Ulm wieder ledig geworden130. Das 127 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz III, S. 498, 6. 128 Stadtarchiv Frankfurt/Main. RS 1407. Herrn Stadtarchivdirektor Dr. Andernacht vielen Dank für die freundliche Unterstützung. 129 J. F. Roth, Geschichte des Nürnberger Handels I, Leipzig, 1800, S. 81/82. Ob es zu Bemeck geschah? 130 Werner Schultheiß, Acht-, Verbots- und Fehdebücher Nürnbergs von 1285—1400, Nürnberg, 1960 S. 171. Dr. Schultheiß vermutete, daß die Nachricht der Gefangennahme von Heinrich

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Stammschloß Helfenstein lag äußerst günstig am Beginn des wichtigen Alpauf­ stieges, der „Geislinger Steige“, der bedeutenden Reichs- und Handelsstraße von Rhein zur Donau und dann nach dem Süden. Kam Rummel aus dem Südwesten oder wollte er in den Südwesten des Reiches? Die Reichsstadt Ulm besaß das Schloß seit 1396. Hier also konnte Rummel nicht einsitzen. Es ist an Blaubeuren zu denken, weil Graf Johann VI. von Helfenstein dieser Linie zuzurechnen ist. Ulm hatte auf der obigen Straße den Geleitschutz. Es gelang dieser Reichsstadt den Nürnberger Bürger frei zu bekommen 13°. Am 1. Juni 1398 treffen wir in Köln auf einen Rummel, der dem Fernhandel seines Hauses besonders am Rhein in Mainz und Köln, in Brügge und in Oberitalien diente. Es ist dies Niklas Rummel, der in Nürnberg Clas und in Köln Clais hieß. Von den Angehörigen des Hauses Datini aus Prato (Toscana) in Brügge wurde er der „Nicholaio Romolo da Noribergho“ genannt. Er kaufte und verkaufte in Köln. „Clais hait gegoulden weder Hans Kres 5 fardel (= Barchent) von Meilon, dat fardel 100 Gulden“ (Juni 1398). Am 4. Dezember 1399 hat Clais 4 Fardel von Memmingen für 83 Gulden dem Peter Gyseler (Faktor der Pirckheimer) verkauft. Auch Fardel von Ulm hat Clais umgesetzt. Zu seinen Handelsgütern in Köln gehörten auch Ingwer, Pfeffer und Safran. Clais Rummel erhielt zu einem Teil über den Schiffsverkehr Main-Rhein diese Gewürze. Er hat Johann Winter „86 punt balyers, dat punt 16 mark“ verkauft. Unter der Bezeichnung ist eine besondere Art Safran aus Katalonien zu verstehen. Auch Andreas Haller, der Schwiegersohn von Heinrich Rummel, hat in diesen Jahren um 1400 Barchent aus Mailand und Ravensburg (das hier zum ersten Mal damit im Femhandel erwähnt wird) in Köln gekauft und andere Stoffe in Köln verkauft13 *. Niklas Rummel ist nicht allein in Köln im Handel gewesen, vor 1408 ist er auch in Brügge wohl bekannt und geschätzt worden. Dort schrieben nämlich am 1. März 1408 (1409?) die Orlandini-Korespondenten des Handelshauses Datini, das seinen Sitz in Prato in der Toscana hatte, an die Leitung des Fondaco des Hauses Datini in Barcelona einen interessanten Brief. Es handelt sich um einen Empfehlungsbrief, den sie daneben auch noch nach Avignon an die dortige Vertretung der Datini und an alle anderen, die allerorten mit ihnen in Verbindung standen, gerichtet haben. „Nicholaio Romolo aus Nürnberg und Goino de Bono aus Brügge sind große Freunde von uns und zuverlässige Leute, die sich auf Pilgerfahrt nach St. Jacob und andere Orte begeben.“ Diesen Kaufleuten soll mit Geld ausgeholfen werden. „Weil es unsre lieben Rummel aus dem heute verschwundenen Fehdebuch F aus jenen Jahren stammt. Stadtarchiv Ulm, Herrn Stadtarchivdirektor Dr. Specker wird für die Übermittlung von Tatsachen zur Persönlichkeit dieses Grafen von Helfenstein, zum gleichnamigen Schloß und seiner Lage vielmals gedankt. In Ulm war von dieser Gefangennahme und der Hilfe der Reichsstadt Ulm für Heinrich Rummel nichts bekannt. 131 Stadtarchiv Köln, Handel v. Nbg. mit Köln, H 13. Dort fand ich unter Nr. 148 die genauen Daten als Ergänzung zum Druck. Bruno Kuske, Quell, z. Gesch. d. Kölner Handels, Bd. 1. Bonn 1923. S. 141—144. Dort ist auch ein Gespräch v. Clais Rommel aufgezeichnet.

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Freunde sind, mit denen wir alle Tage viele Geschäfte haben, helft ihnen um unserer Liebe willen und seid so gut zu ihnen, daß Ihr es ihnen an nichts fehlen laßt“131a. Welch ein hervorragendes Zeugnis für den Menschen und den Kaufmann Claß Rummel aus Nürnberg! Welch eine authentische Unterlage für den Umfang des Handels der Rummel in Brügge ist diese Aussage! Die Beziehungen, die Claß mit den Datini-Faktoreien in Avignon und Barcelona gewann und verdichtete, werden hier sichtbar. Sein religiöses Ziel als Pilger nach St. Jacob de Compostela in Spanien zu gelangen, verband erfraglos auch mit Zielen, die dem Handel seines Hauses in Spanien dienten. Nun zurück in die Jahre um 1400 in die Zeit von König Ruprecht im Zusammenhang mit Geldgeschäften von Heinrich und Wilhelm Rummel, die beide diesem König finanzielle Hilfe boten. — Wo war Wilhelm diesem Fürsten zum erstenmal begegnet? Ruprecht ritt als König erstmals in Nürn­ berg im Februar 1401 ein. Er war aber vordem schon oftmals als Pfalzgraf Gast von Ulman Stromer (1329—1407) gewesen, dessen großes Haus „bei unser Frawen capeilen gelegen“ in Nachbarschaft zum monumentalen Anwesen der Rummel am Markt lag, das nur durch ein Grundstück von der Frauenkirche getrennt war. Ulman Stromer erwähnt in seinem bekannten Nekrolog von 1390132 keinen Rummel. Die Söhne der eingewanderten Familie Rummel rückten erst nach 1370 ins Blickfeld der Öffentlichkeit und starben nach Ulman Stromer. In den benachbarten Häusern wuchs jedoch schon die Jugend heran, die beide Familien verbinden sollte. Noch zu Lebzeiten von Ulman wurde dessen Enkelin Agnes Stromer geboren, während Hans d.Jg. Rummel seinen Großvater Heinrich Rummel den Reichen schon als erster Enkelsohn seit einigen Jahren erfreute. Er war der Sohn von Hans I. Rummel und der Katharina Pirckheimer, die jung verstarb. Bisher ist nicht bekannt, wann die Ehe zwischen Hans Rummel und Agnes Stromer geschlossen wurde. Da Ulman Stromer die Liquidität des Hauses Rummel kannte, könnte er König Ruprecht auf die Brüder Rummel aufmerksam gemacht haben, die als mögliche Geldgeber dem König begegnet sind. Es fällt später auf, wie tatkräftig sich Wilhelm Rummel der finanziellen Sorgen des Königs annahm. Wolfgang von Stromer gibt in „Das Zusammenspiel Oberdeutscher und Florentiner Geldleute bei der Finanzierung von König Ruprechts Italienzug 1401/02“ eine eindrucksvolle und instruktive Darstellung der Situation133, in der Wilhelm Rummel neben anderen Geldleuten als Finanzier dem König nach dessen Aufenthalt in Nürnberg beigestanden hat, Buonaccorso Pitti, der von Florenz als Gesandter nach Deutschland zu König Ruprecht entsandt worden 131 a Karlfriedrich Gruber, Nicholao Romolo da Noribergho. In: MVGN, Bd. 47, 1956. S. 416f. 132 Die Chroniken frank. Städte, Nürnberg I, Leipzig 1862, Ulman Stromer, Püchel von mein gesiecht vnd Abentewr. S. 83 f. 133 Wolfgang von Stromer, Das Zusammenspiel Oberdeutscher und Florentiner Geldleute bei der Finanzierung von König Ruprechts Italienzug 1401/02. In: Forschungen zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 16. 1971.

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war, um ihm diplomatische und finanzielle Hilfe anzubieten, war im ersten Halbjahr 1401 auch in Nürnberg. Pitti hat hier Mitte Mai die Erwartung ausgedrückt, daß dem König auch von deutschen Kaufleuten Hilfsgelder in beträchtlicher Höhe zufließen würden. Der Florentiner Gesandte wird in der Reichsstadt Kontakt zu Kaufleuten gehabt haben, die als Geldgeber in Frage kamen. Es ist sicher, daß Pitti das Haus Rummel und seine Bonität kannte. König Ruprecht erhob zu Trient am 14. Oktober 1401 Wilhelm Rummel zu seinem Familiären mit dem Privileg mit seinen Dienern und drei Packpferden im ganzen Reich zoll- und steuerfrei zu reisen. Die Gunst, sich zur königlichen Familie rechnen zu dürfen, wurde Wilhelm Rummel wohl als erstem Nürnber­ ger zuteil. Dieser königliche Dank verband ihn dem König. Zugleich wurde diese Gunst auch dem Florentiner Buonaccorso Pitti gewährt133a. Pitti und Rummel arbeiteten Hand in Hand bei der schwierigen Finanzierung. Wilhelm Rummel war mit Sicherheit seit dem späten Sommer 1401 in Venedig und blieb dort bis ins Jahr 1402. Es gelang Wilhelm im Herbst 1401 die dem König von deutschen Geldleuten gewährten Vorschüsse von 50.000 fl. für den Italienfeldzug flüssig zu machen. Die Darstellung von Wolfgang von Stromer wird wörtlich übernommen, weil hier die Verbindung von Wilhelm Rummel zu den Medici authentisch belegt ist: „Die Hauptlast der Finanzie­ rung trugen jedenfalls auf Seite der Deutschen einige Nürnberger Bank- und Handelshäuser. Das bestätigt ein Schreiben der Florentiner Signorien vom 20. November 1401 an ihren ,amice karissime Guillelme Römer de Nurimbergh‘“. Man dankt ihm, der laut der Berichte des Florentiner Gesandten in Venedig, Giovanni di Bicci de Medici, der Sache von Florenz und des römischen Königs Ruprecht (Roperti) so trefflich gedient habe, und man versichert Wilhelm Rummel, zu Gegendiensten bei jeder Gelegenheit bereit zu sein134. König Ruprecht hielt sich nach dem unglücklich verlaufenen Italienfeldzug Anfang Januar 1402 von Geldnot betroffen in Venedig auf. Wilhelm Rummel und elf andere Nürnberger Kaufleute, die zu dieser Zeit im Deutschen Haus am Rialto waren, gewährten ihm schnelle Hilfe am 7. Januar 1402 mit einen Darlehen von 2200 Dukaten. Unter den Geldgebern fallen den Rummel verwandte Kaufleute wie Andreas Haller, Hilpolt Kreß und Hans Pirckheimer auf135. Am 23. Januar 1402 erscheint der Name Wilhelm Rummel in der Zeugen­ reihe der Quittung einer Abschlagszahlung Florentiner Hilfsgelder, die dem König von Buonaccorso Pitti und Giovanni Averadi di Medici verabfolgt wurden. Wilhelm Rummel von Nürnberg war den Medici bekannt. Sein Name bot Gewähr136. 133a J. Chmel, Regesta chronologico-dipl. Ruperti regis Rom. Frankfurt 1834. Nr. 1006, 1010. 134 W. v. Stromer wie Anm. 133. Abschnitt IV, 3. 135 Simonsfeld, Fondaco, II, S. 75. 136 W. von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz. S. 209.

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Zusammen teils mit Andreas Haller, dem Ehemann von Wilhelms Nichte Kunigunde Rummel, und mit dem Venetianer Franzisco di Amadi, der mit seinem Bruder Amado di Amadi schon seit Jahren Geschäftsfreund von Wilhelm war, gab Wilhelm Rummel dem bedrängten König noch andere Darlehen gegen Verpfändung seiner Krone und 18 Dukaten monatlichen Zinses. Sechs Tage später erhielt der König von Amadi und Rummel nochmals 3000 fl. gegen Verpfändung von Tafelsilber. Am 26. Februar lieh Wilhelm Rummel 4600 fl. gegen nochmalige Verpfändung von Tafelsilber des Königs und der Königin137. Wann die Beziehungen der Rummel zur Kurie in Rom eingeleitet wurden, kann nur gefolgert werden. Den italienischen Geldleuten von Mailand, Vene­ dig und Florenz war der Name Rummel um 1400 als kreditwürdig bekannt. Wilhelm Rummel hat auch um 1400 sichere Beziehungen zu Bologna gehabt. In den Papieren des Archivs der Gozzadini zu Bologna fand Arnold Esch eine bedeutsame Tatsache138. Ein Mitglied der Familie Gozzadini Gabione, Sohn des Nane Gozzadini in Bologna, leitete seit etwa 1397 in Rom die wahrscheinlich erst damals dort eröffnete Außenstelle der Bologneser Han­ delsgesellschaft, die in Bologna von seinem Vater Nane geleitet wurde. Die Zweigstelle in Venedig betrieb der Bruder des Vaters Bonifazio. Gabione Gozzadini wurde überraschend 1401 in Rom Depositar der apostolischen Kammer. Seine Geschäfte erweiterten sich durch sein Amt über Italien hinaus zu den großen Wechselplätzen Europas. Die Gozzadini hatten vordem Zweigstellen ihrer Gesellschaft in Köln und Mainz. Am 31. Mai 1403 schrieb Gabione Gozzadini eine Weisung nieder, ein „ricordo“, das für die Dauer seiner Abwesenheit für seine Angestellten galt. Danach durften Wechsel der Gozzadini-Firmen in Venedig und Genua, aber auch von Giovanni die Maganza (Mainz) und Simone de Cologna und Filippo dei Ricci in Florenz in unbegrenzter Höhe angenommen werden, Wechsel von Giovanni e Corado Pirchimer e Vielmo Romei de Norimbergo jedoch nur bis zu der Höhe, für die von der Gozzadini-Filiale in Venedig gutgesagt werde; dann folgen Firmen mit Grenzen bis zu 2000 fl. und hinunter bis zu 300 fl. „und für andere keinen Pfennig“. Das ist schon eine außerordentliche Tatsache, die die finanziellen Beziehun­ gen von Wilhelm Rummel und den ihm verwandten Hans und Conrad Pirckheimer 1403 nach Rom bezeugt. Die Nürnberger Kaufleute werden vom Generaldepositar Gabione Gozzadini an die Spitze jener Finanziers gestellt, die außerhalb ihrer eignen Vertrauensleute in ihren Außenstellen im In- und Ausland standen. Sie waren also bevorzugt kreditwürdig. Die Gozzadini137 Werner Schultheiß, Geld- und Finanzgeschäfte Nürnberger Bürger vom 13.—17. Jahrhundert. In: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, Bd. I. Nürnberg, 1967. S. 79. 138 Arnold Esch, Das Archiv eines Lucchesischen Kaufmanns an der Kurie 1376—1387 (mit Beobachtungen und Zahlungsverkehr zwischen Deutschland und Rom um 1400). In: Zeit­ schrift f. Historische Forschung. Bd. 1, Berlin 1974, S. 134, 135, 138, 139.

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Zweigstelle in Venedig kannte spätestens seit der Finanzierung von König Ruprechts Italienfeldzug 1401 die Bonität von Wilhelm Rummel139. Ehe wir von Italien nach Franken zurückkehren, werden noch interessante Fakten gebracht, deren Feststellung Philipp Braunstein verdankt wird H0. Er fand in Venedig im Staatsarchiv Unterlagen zum Silberhandel der Rummel. Wilhelm Rummel erscheint als Lieferant von Silber auf den Konten des venetianischen Gold- und Silberhändlers G. Condulmer. Im Jahr 1400 waren von Wilhelm Rummel 71 Mark verbucht, im Jahr 1403 kommen zur Kenntnis 66 und 67 schließlich zweimal 47 Mark (223 Mark), endlich im Jahr 1403 sind es 51 und dann 20 Mark Silber. Der Handel der Rummel mit Edelmetall wird hier ein erstes Mal beweisbar und ist als Beleg von großem Wert. Guglielmo Condulmer belieferte die Zecca, die Münze von Venedig mit Silber. Wilhelm Rummel ist diesem Venetianer vielfach begegnet. Wann mögen die Rummel im Deutschen Haus in Venedig eine eigne Kammer bezogen haben? Es liegt nahe, daß sie sich nach Trennung von dem Haus Kreß nach 1388 darum bemüht haben. Beweisbar werden sie als Inhaber einer Kammer im Fondaco dei Tedeschi erst mit dem Jahr 1412 H1. Im Laufe des Jahres 1402 scheint Wilhelm Rummel wieder einmal aus Venedig heimgekehrt zu sein. Bevor wir den erfolgreichen Finanzier im heimischen Handelsverkehr verfolgen, wird der Beweis gebracht, daß auch Heinrich Rummel, Wilhelms Bruder, zu den Geldgebern von König Ruprecht gehört hatte. Diese Tatsache wird erst 1407 beweisbar, sie wird des Zusam­ menhanges wegen vorgezogen. König Ruprecht erließ in Heidelberg am 24. Mai 1407 die Anweisung an die Reichsstadt Schweinfurt, daß die Hälfte des ihm von der Stadt zustehenden Betrages und zwar die Summe von 500 Gulden ihm „Heinrich Rumeln, unsrem Bürger zu Nurenberg, als dann von unsirn wegin geben und richten sollent, dem wir die schuldig sin, vnd einen quidbrieff darvme von yme nemen“ 142. In Böhmen waren 1402 Wilhelm Rummel zusammen mit Fritz Kreß, Conrad Baumgartner (dem Schwiegersohn des Fritz Kreß) Kaufmannsgüter aufgehalten worden. Der Nürnberger Rat hat an Parsifal von Wynek geschrie­ ben, daß es nicht bayerische, sondern Nürnberger Güter wären143.

139 Die Beziehungen zu Gabbione Gozzadini in Rom und zu seinem Onkel Bonifazio in Venedig fanden ein grausiges Ende. Sie fanden den Tod auf dem Schafott, gerichtet durch den neuen Kardinallegaten von Bologna Baldassare Cossa. Siehe Arnold Esch, wie oben S. 140. 140 Herrn Dr. Philippe Braunstein, Paris wird aufrichtig gedankt für die freundliche Übermittlung seiner Funde zu Wilhelm Rummel in Venedig. 141 Simonsfeld, Fondaco, Nr. 307, 1412. 142 Stadtarchiv Schweinfurt, Herrn Stadtarchivar Dr. Saffert aufrichtigen Dank für die Ablich­ tung aus den Monumenta Suinfurtensia historica zu Heinrich Rummel als Geldgeber für König Ruprecht. 143 Roth, I, S. 140. Noch ein zweites Mal erscheint Parsifal von Wynek auf „Fragenstein“, diesmal mit dieser Ortsbezeichnung, in Archivalien. Der Nürnberger Rat schrieb ihn an in BB 1, f. 219r., weil Wilhelm Rummel, Hans Kreß und Kuntz Riegler beraubt worden waren.

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Mit dem Einsetzen der erhaltenen Ratsbücher ab 1400 und der Brief­ bücher1433 ab 1404 der Reichstadt Nürnberg stehen zusätzliche Quellen zum Leben und Wirken der Rummel-Familie zur Verfügung. Heinrich Rummel war wie erwähnt 1402 in den Inneren Rat der Stadt gekommen. Es ist anzunehmen, daß die Verantwortung und die Ausübung des Amtes eines Jüngeren Bürgermeisters, die in den Büchern zu verfolgen ist, ihn nun in der Reichsstadt festhielt. Neben seinen öffentlichen Pflichten blieb er dennoch Chef des Handelshauses. Heinrich Rummel hat Handel mit Schlesien gehabt. 1406 schickte er seinen Diener Michael Pantzer zum Herzog von Liegnitz wegen Schulden, die Steffan Preusse zu Breslau gegen ihn hatte. Im Jahr 1407 schrieb der Nürnberger Rat an Herzog Ruprecht von Liegnitz wegen Schulden, die Heinrich Rummel und seiner Gesellschaft zustehen144. Michael Pantzer ist der erste Diener der Rummel, der namentlich bekannt wird. Henry Simonsfeld erwähnt 1407 den Sohn von Kraft Kreß Johannes Kreß und Ulrich Imhof und Heinrich Rummel, Söhne gleichnamiger Väter in Venedig, ohne daß klar wird im welchen Zusammenhang 145. Hans Rummel, der älteste Sohn des Heinrich, hatte sich, wie vorher erwähnt, Katharina Pirckheimer, die Tochter des hervorragenden Kaufmannes Hans Pirckheimer 1397 zur Frau gewählt. Durch die Erwähnung zweier Pirckheimer durch den päpstlichen Depositar 1403 in ihrer besonderen Kredit­ würdigkeit wird die Bedeutung des Handelshauses Pirckheimer erneut unter­ strichen. Katharina Rummel, geb. Pirckheimer, starb in jungen Jahren. Hans I. Rummel wurde danach um 1405 der Ehemann von Gerhaus Haller, der Tochter des Ulrich Haller und der Forstmeisterin. Ein junger, unterneh­ mungsfreudiger Kaufmann verband sich mit der Tradition einer alten Rats­ familie. Er, der schon vor 1400 in Italien wirksam war, ist am 18. April 1406 im Handel mit Frankfurt am Main nachzuweisen, dem er dort mit Ulrich Semler, Niklas Mendel und Heinz Armbauer nebst, ihren Dienern nachging146. Wilhelm Rummel und Konrad Pirckheimer werden in Brügge die 64 Säcke mit englischer Wolle erworben haben. Davon hatte Hans Slatter von Konstanz 48 Säcke durch Straßburg geführt, Cunz Prager 16 Säcke. Der Rat schrieb am 24. Mai nach Straßburg, daß dort zu unrecht Zoll abverlangt worden sei. Die Wolle gehörte den beiden Kaufleuten 1410 je zur Hälfte 147. Vielleicht war die Wolle für italienische Kunden bestimmt. Der Rat hatte 1409 vorfühlen lassen, wann Wilhelm Rummel sich wieder einmal nach Venedig begeben würde. Er wird 1410 dabei die Erfahrung gemacht haben, daß in Verona Durchgangszölle erhoben wurden. Gemeinsam 143a Leider sind von der alten Namenkartei zu den Briefbüchern ausgerechnet die Zettel „Rum­ mel“ im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen. 144 StAN, BB 1 (1404—1408), f. 95, f. 175r. 143 Simonsfeld, Fondaco, II. S. 76. 146 StAN, BB 1, f. 107v. 147 StAN, BB 3 (1410—1412), f. 60r.

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mit Konrad Pirckheimer und Rudolf Gundelfinger setzte er den Nürnberger Rat davon in Kenntnis, denn die Reichsstadt schrieb am 16. November 1410 an die venetianische Regierung und ersuchte um deren Abschaffung in einem lateinischen Brief148. In Köln hatte Wilhelm Rummel vor 1411 den Wechsler Johann von Monheim als Geschäftspartner gehabt, der 1411 als verstorben gemeldet wird. Er war Wilhelm Rummel 500 Gulden schuldig geblieben und hatte auch Philipp Groß, Fritz Pirckheimer und Conrad Kreß als Gläubiger hinter­ lassen 149. Im Jahr 1410 erscheint der vierte Sohn von Heinrich I. in Nürnberger Archivalien. Wilhelm d.J. Rummel war zusammen mit Hans Prünster in Thüringen unterwegs gewesen. Die jungen Kaufleute hatten sich nur aus Interesse „ohne alle Arglist“, wie sie geschworen hatten, dem Schloß „Hoechste“ (?) genähert. Dreimal schrieb deswegen Johann Adolf von Nassau, Propst von Jechaburg (bei Sondershausen) unwillig an den Nürnberger Rat 15°. Interessante Belege zum Handel haben uns Nachrichten über Beraubungen hinterlassen. Es war im markgräflichen Geleit, daß Caspar von Waldenfels die Güter des Wilhelm Rummel und des Ulrich Hirschvogel 1414 aufgehalten und nach Waldenfels geführt hatte. Jacob Granetl war auch geschädigt worden. Sie werden auf dem Weg nach Sachsen gewesen sein. — Der Rat beschwerte sich in einem Brief an Burggraf Johann 5. Oktober 1415, daß einige Ritter aus dem Geschlecht von Aufseß und der von Waldenfels bei Kemnitz Heinrich Rummel, Christian Haller und Conrad Zutsch von ihrer „beed“ Gesellschaf­ ten wegen Kaufmannschaft aufgeschlagen und genommen hätten. Dem Kauf­ mann Zutsch wurde schwarzer Mailänder Barchent geraubt, Christian Haller Ingwer und Safran dazu 12 Paar Hosen, alles genau mit Preisen aufgeführt. H. Rumeil wurde bei ein Zentner Muskat zu 50 Gulden entwendet151. Diese Handelsfahrt mit Importwaren sollte, das ist aus den Namen oberfränkischer Ritter zu schließen, nach Mitteldeutschland gehen. Heinrich Rummel d.J. waren zusammen mit anderen Nürnberger Kaufleu­ ten zu Kostheim (bei Wiesbaden) von dem Jungherr Eberhard von Eppenstein im Februar 1416 Warenballen und Habe aufgehalten worden, die zu einem Teil gen Eppstein gekommen waren. Der Rat von Nürnberg schrieb am Sonnabend vor Invocavit (7. März) 1416 an Eberhard von Eppenstein für seine Bürger mit Namen „Heintze Romei von des alten Romei wegen, Wilhelm Ebener von des Cristan Colers wegen, Itel Jacob von des Hubeners wegen und Hans Kerner von des Ulrich Futrer’s wegen“. Im Stadtarchiv Frankfurt haben sich vier Schriftstücke zu diesem Vorgang erhalten. Darunter befindet sich auch der auf Pergament geschriebene Dank des Nürnberger Rates an den Rat von Frank1.8 1.9 150 151

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StAN, BB 3, f. 92v, f. 120r. Simonsfeld, Fondaco, Nr. 204, 1410. StAN, BB 3, f. 160r. StAN, BB 3, f. 263v. Roth, Nbg. Handel I, S. 154. 1414. StAN, BB 4, f. 113v. 1415.

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furt unter dem Datum Montag nach Oculi (23. März) 1416 für die Hilfe für die geschädigten Nürnberger Kaufleute152. Heinrich Rummel waren drei Ballen, Wilhelm Ebner und Hans Kemer je elf Säume, Eitel Jacob ein Saum entwendet worden. Im Jahre 1417 befanden sich in Brügge zum mindesten drei Nürnberger Kaufleute. Niklas Rummel war schon zehn Jahre zuvor dort festzustellen. Von Anton Riegler und Jacob Teufel und ihrem Handel in Flandern ist kaum etwas bekannt. Wir verdanken diese Kenntnis Eberhart Windecke (ca. 1380 bis 1442), dem Mainzer Kaufmann, der zum ersten Mal 1394 und danach noch einige Male in Nürnberg war. Er durchquerte in seinem unruhigen Leben mehrfach unseren Kontinent. Seine für ihn bedeutendste Aufgabe nahm er als kaufmännischer und finanzieller Berater von Kaiser Sigmund ab 1410 ein, den er danach mehrfach auf Reisen begleitete153. So war er auch 1417 in Brügge für den Kaiser tätig. Er hatte die Aufgabe Kostbarkeiten, die der Kaiser teils vom König von England bekommen hatte, teils Windecke in Brügge für den Kaiser gekauft hatte wie Seiden und Pelzwerk (Niklas Rummel käme als Lieferant wohl in Frage!) auf einem gesicherten Weg nach Köln führen zu lassen. Windecke berichtet, was er alles Anton Riegler von Nürnberg anvertraute, goldene Kannen, eine goldne Flasche mit Perlen und Gestein, von Edelsteinen: Saphire, dann dreihundert Perlen, ein kostbares Halsband mit einem Diaman­ ten und anderes mehr im Werte von vielen Tausenden Gulden. „Die andern cleinoter bevalch ich Clausen Rummel und Jocop Teufel koufluten von Nürnberg und wol zehentusent gülden wert.“ Dazu hatte Windecke kostbare Seiden, Hermelin und Schwarzfüchse dem Fürsten gekauft. „Das slügen sie mir in ir kaufmannschatz und schicketen mir das gon Colle.“ Windecke war mit den Nümbergem gut bekannt. Diese ungewöhnliche Ladung kam gut in Köln an, sicher begleitet von Niklas Rummel etwa im September 1417. Gehen wir nun wieder zurück zum Handel der Rummel in der Markusrepu­ blik, wo sie Gewürze, Baumwolle und Gewebe nachweislich einkauften. Im Jahr 1412 ließen sie in ihrer Kammer auf eigene Kosten den Kamin erneuern141. Zu der Kammer, die sie wohl wohnlich eingerichtet hatten, gehörte, wie anzunehmen ist, ein Gewölbe zum Aufbewahren der Waren. Das Staatsarchiv von Venedig verwahrt zwei Geschäftsbücher der Brüder Soranzo. Vom älteren Buch („libro real vecchio“) sind allein 50 Blätter mit Eintragungen von 1410—1416 erhalten, dagegen umfaßt das zweite Buch („libro real nuovo“) 168 Doppelseiten mit Eintragungen von 1406 bis 1434. Die Schrift ist schwer lesbar und schwierig zu deuten durch die vielen 152 StAN, BB 4, f. 133r, 1416, Stadtarchiv Frankfurt/M. RS I 407. 153 Wilhelm Altmann, Eberhart Windeckes Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Zeitalters Kaiser Sigmunds, Berlin 1893. S. 82—83. Eberhart Windecke hatte verschiedene Beziehungen zu Nürnberg. Er nannte (S. 1) seinen „diener genant Heinrich von Nüremberg“, der maßgeblich an den „Denkwürdigkeiten“ als Schreiber und Maler beteiligt war. Windecke war ca. 1402—1406 in Wien für den Nürnberger Kaufmann Lorenz Groland tätig. Für ihn und Ulrich Vorchtel von Nürnberg brachte er einen hohen Geldbetrag nach Venedig (S. 8f., S. 9.)

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Abkürzungen. In diesen Büchern finden sich von 1411 bis 1429 Eintragungen zum Handel der Rummel. Zunächst traten Wilhelm und sein Neffe Hans als „Ser Vielmo und Ser Zan Romei“ als die Verantwortlichen des Hauses auf, bis dann nach Wilhelm des Alteren Tod im Jahr 1425 seine Neffen hinter „Zan und Rigo Rumei“ als Vertreter des Handelshauses stehen154. Wie schon beim Handelshaus der Nürnberger Hirschvogel zu beobachten war, wickelten die Rummel ihre Zahlungen 1417 über die venetianisehen Bankiers Nichollo Chocho und Antonio Miorati ab. Es handelte sich um drei Einkäufe von Bochasini, jenem feinen Leinenstoff aus dem Orient, deren Ausgleich im „Über real nuovo“ niedergeschrieben wurde155. Von hohem Interesse ist, was Heinrich Sieveking vor 1899 fand. Daraus ist ersichtlich, daß das Haus Rumei immer weiter mit Brügge im Handel stand. Die Barbarigo in Venedig betrieben, so schreibt Sieveking, neben dem Levan­ tehandel vor allem das Geschäft mit Brügge und London. So übergab Barbari­ go in Venedig dem Stefano, Faktor von Wilhelm und Johann Rummel und dem Ser Zan Eicup, Faktor von Ser Zan Degeler, Schachteln mit Goldfäden mit dem Auftrag sie in Brügge dem Haus Capello zu überbringen156. Der Faktor Stefan, der den Rummel diente, begegnet uns nur dieses eine Mal. Er mag ein Kaufmann von Format gewesen sein. Unter den Kunden des Hauses Soranzo erscheint auch der Nürnberger Hermann Reck, der auf eigne Kosten Handel in der Markusrepublik trieb. Daneben übernahm er Aufträge. So empfing er am 7. März 1418 die Vollmacht von Marquard Mendel für dessen Geschäfte und auch für die von Lorenz Pirckheimer und seine Gesellschaft. Zugleich ist er aber auch 1419 im Zusam­ menhang mit Wilhelm Rummel genannt. Konrad Reck vertrat die Kreß in Venedig. Marquart Reck wirkte als Faktor der Rummel157. Die Familie Reck besaß fähige und gut ausgebildete Söhne, die den großen Handelshäusern im Ausland dienten. Wenig ist über diese Familie in Erfahrung zu bringen. Bisher wurde Andreas Rummel, Sohn von Heinrich II. und Enkel von Heinrich dem Reichen, 1441 zu den frühesten Nürnberger Studenten in Padua gezählt. Vor ihm war schon Conrad Reck dort, der als Sohn von Heinrich Reck zu Nürnberg, vor 1429 sein Studium in Padua begann. Er wollte dort Licentiat der geistlichen Rechte werden. Hermann Reck’s Frau Anna wird 1436 im Testament von Anna Sebald VorchtePs Witwe, geb. Stromer, als ihre Enkelin

154 Staatsarchiv Venedig, Reg. Commerciale, Msc. Gregolin b. 14. Soranzo Libro nuovo real 1406—1437, Libro real vecchio 1410—1417. Für meine Arbeit „Die Hirschvogel von Nürnberg und ihr Handelshaus“ (Anm. 10) habe ich die Bücher durchgesehen und neben den Hirschvogel vor allem die ihnen verwandten Rummel und viele andere Nürnberger Kaufleute ausgezogen. 155 Staatsarchiv Venedig,Reg. Commerciale, Msc. Gregolin, b. 14, Soranzo, Libro nuovo real, f. 57r. linke Spalte 1416/17. 156 Henry Sieveking, Aus venetianischen Handlungsbüchern. In: Schmollers Jahrbuch f. Gesetz­ gebung, Verwaltung und Volkswirtschaft, Bd. 26. 1902. S. 209. 157 W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 198.

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bezeichnet. Sie war eine Tochter von Albrecht Ebner aus dessen dritter Ehe mit Anna Vorchtel158. Hermann Reck, der wie berichtet, für die Nürnberger Handelshäuser Geschäfte und Zahlungen regelte, rückt weiter in den Vordergrund. Er verfaßte in venetianischem Dialekt am 19. Februar 1419 einen Wechselbrief für Wilhelm und Hans Rummel in Nürnberg, deren Bevollmächtigter er in Venedig war. Die Rummel sollten im Auftrag von Bartolomeo de Bardis in Florenz 35.000 Gulden an den Pfalzgrafen Ludwig bei Rhein für die Übergabe des von ihm gefangen gehaltenen und vom Konzil zu Konstanz abgesetzten Papstes Johannes XXIII. an den Bischof von Lübeck, den Bevollmächtigten des Papstes Martin V., zahlen159. Wilhelm Rummel d.Ä. und Hans Rummel, der älteste Sohn des 1417 verstorbenen Heinrich Rummel, waren die Repräsententen des Handelshauses. Zu diesem Vorgang gehört noch eine zweite Urkunde, die in Heidelberg am 16. April 1419 erstellt wurde. Bartholomeus de Bardis, Beauftragter des Nikolaus de Uzzano und des Johannes de Medici in Florenz, weist Wilhelm Rummel d. J. und seine Gesellschaft an, auf Grund des Venediger Wechsels vom 19. Februar 1419 an dem Pfalzgrafen Ludwig bei Rhein 35.000 Kammergulden (= 38.500 fl. rh.) auszuzahlen, sobald dieser Papst Johannes XXIII. Baldassare Cossa freigelassen haben wird. Die Urkunde trägt die Unterschrift von Wilhelm d. J. Rummel, der sich zu diesem Zeitpunkt in Heidelberg befunden hatte. Die Übermittlung dieses riesigen Betrages nach Heidelberg war das spekta­ kulärste Geldgeschäft, das Wilhelm d. Ä. Rummel, dieser vielerfahrene Finazier, durchführen ließ. Es ist geglückt. Zu seinen eignen Erfahrungen in Geldangelegenheiten war immer wieder der Gedankenaustausch mit Herdegen Valzner (f 1423) getreten, der durch seine Ehe mit Margarete Waldstromer der Schwager seiner eignen Tochter Agathe Rummel, der Jacob Waldstromerin, geworden war. Hermann Reck, der in dem Transfer eine Rolle gespielt hatte, wurde von Kurfürst Ludwig zu seinem Rat ernannt. Die Rummel standen zu dieser Zeit auf einem Höhepunkt des Ansehens. Sie hatten langjährige Beziehungen zu den Medici. Es ist daran zu erinnern, daß der Generaldepositar des Papstes Gabbione Gozzadini 1403 die Bonität von Wechseln von Wilhelm Rummel anerkannt hatte. Der vorgenannte Bartolo­ meo de Bardis, dieser im Umgang mit Geldkaufleuten und Geldmitteln gewandte Florentiner Kaufmann und neuer Leiter der Medici-Bankfiliale in Rom von 1420, war an der Kurie aufgefallen. Ich fand im „Introitus camere apostolice de mense martii MCCCCXXI Rome“ Bartolomeo de Bardis als „pecuniarum dicte Camere“ Depositar aufgeführt160. Der Florentiner in Rom 158 StAN, BB 8 (1428—1430) f. 175 v. 1429. (Zum Studium in Padua.) Stadtbibliothek Nbg. Amberg 173, 2°, Testament S. 43d, 1436. 159 Stadt AN, Genealog. Papiere Rummel, Urkunden-Fotos und Übersetzungen. Die Ernennung Hermann Recks zum kurfürstlichen Rat s. W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 198. 160 Vatikanisches Archiv, Intr. et Ex. 379, fol. 31.

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in der Finanzverwaltung der Kurie in einer einträglichen und wichtigen Stellung kannte die Liquidität der Rummel. Er war ihnen in Heidelberg persönlich begegnet. Diese Beziehung zum Hof des Papstes ist von Bedeutung. Der gute Nachrichtendienst, den die Rummel durch ihre internationalen Beziehungen besaßen, wird durch den Erhalt einer hochpolitischen Nachricht unterstrichen. Wolfgang von Stromer fand, daß die Rummel in Venedig einen Tag früher als alle anderen venetianischen Banken und Instanzen von der Ermordung des Herzog Johann Ohnefurcht von Burgund auf der Brücke über die Yonne bei Montereau am 10. September 1419 erfahren hatten161. Einen Vorsprung von einem Tag bei einer so wichtigen Information zu haben, ermöglichte enorme Geschäftsvorteile. Es fanden sich Beweise für die fortgeführte Verbindung zwischen den Rummel und den Medici in den Aufzeichnungen der Genfer Medici-Filiale für die Jahre 1421/22162. Die Verbindung zu ihnen wurde wie schon dargelegt, spätestens bei der Finanzhilfe für König Ruprecht 1401 eingeleitet. Durch Heinrich des Reichen Tod war sein ältester Sohn Hans, wie schon berichtet, neben Wilhelm d. A. Juniorchef des Hauses. Er hatte durch seinen Onkel Interesse und Kenntnisse im Geldgeschäft gewonnen. Der Handel des Hauses im Westen des Reiches und am Rhein wurde fortgeführt. So übergab der Diener der Rummel in Köln 1420 das Zollrecht162a. Niklas Rummel, der Mitarbeiter des Hauses, ist 1421 in Mainz gewesen und hat dort ein Ewiggeld der Stadt für seinen Neffen Clas gekauft, den zweiten Sohn seines verstorbe­ nen Bruders Hans 10°. Mit dem Aufenthalt dort wurden vermutlich auch Handelsgeschäfte verbunden. Die Verbindung der Rummel zu Mainz bestand schon lange. Interessante Einträge, die finanzielle Beziehungen zwischen Wilhelm Rum­ mel und Augsburg beweisen, fanden sich im dortigen Stadtarchiv. Der Faktor Friedrich Vichperger167, der bisher nur in der Zusammenarbeit später mit Hans I. Rummel erwiesen war, stand schon vor 1420 im Dienst des Hauses. Er kommt also für den Handel der Rummel bereits zu der Zeit um 1419 in Frage, wenn nur von ihrem Diener ohne Namensnennung wie oben in Köln die Rede ist. Stadtarchiv Augsburg, Leibgedingbuch II (1419—1431) f. 9r: „400 gld. rh. haben wir bezalt fridrichen Vehberger von der schuldig wegen die die stat Wilhalmen dem Rummel von Nürnberg schuldig belaibe, rec. an Samstag vor Lucie“

161 Wolfgang von Stromer, Regiomontan und Nürnberg (1471—1475). In: RegiomontanusStudien, Wien 1980, S. 261, Anm. 4. 162 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz. S. 198. 162aStAN, Stadtrechnung 179, f. 88v. 1420. Leider ist der Name des Dieners nicht genannt.

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f. 9v: „400 gld. rh. haben wir bezalt aber dem Vichberger von Nürnberg an der schulde die die stat schuldig belaibe dem Rummel, in vigila nativ, domini“ I62b. Im Staatsarchiv Nürnberg haben sich Schriftstücke von 1422 erhalten, die die Fehde der Reichsstadt gegen Fi ans von Rosenberg zu Schupf (heute: 6971 Unterschüpf an der Umpfer kurz vor dem Einfluß in die Tauber) enthalten. Nahebei lag die Stammburg der Rosenberg zu Boxberg. Unter den geschädig­ ten Bürgern sind auch die Rummel, denen ein Faß mit 7770 Bälgen von FehPelzwerk genommen wurde. Die Rummel handelten auch mit Pelzen, die mit Sicherheit aus dem Osten kamen — vielleicht aus Breslau. Auch Breslauer Kaufleute waren bei dem Überfall neben den Rummel geschädigt worden. Was uns diese Archivalien aber so einzigartig macht, ist darin die Überlieferung des Handelszeichen der Rummel-Gesellschaft, das bisher allein hier aufzufinden war163. Auf die auffallende Ähnlichkeit des Handelszeichens Rummel mit dem der Kreß und danach dem Handelszeichen der Hirschvogel war schon eingangs hingewiesen worden. Die Ähnlichkeit ist ein Indiz für die Gemeinsamkeit, für die gute Harmonie unter den drei Handelsgesellschaften, die durch die Verwandtschaft über den früheren Ratsherren und Losunger Friedrich Kopf (t 1385) sich verbunden fühlten. Wolfgang von Stromer bringt einen interessanten Vorgang. Dem Rat der Stadt Nürnberg war im November 1422 zu Ohren gekommen, daß etliche Bürger „für außleut“ und besonders für Fürsten, Herren oder andere Bürger um eine merkliche Summe Bürgen geworden waren. Unter den 31 genannten Bürgern war auch Hans Rummel gewesen. Mit dem 6. Januar 1423 ist eine persönliche Aussage der Bürger belegt. „Item Hans Rumeil dixit: [a] do unser herr, der marggraf nechst hie war, da würd er sein pürg umb 2000.— guidein gen den Hohenfelser auf leistung mit anderen pürgen; daz sol also besteen biz auf Pfingsten nu schirst (1423 Mai 23); [b] item dixit, daz er für Eberharten von Perg pürg würd umb 100.— guidein gen dem Heinczen Strobel auf laistung und daz sol besteen biz auf Petri kathedre (1423 Feb. 22); [c] (andere Hand) item dixit, des lantgrafen vom Leuchtenberg pürg wurd er gein Hübner für 50.— guidein; da sei die frist auß“ 164. Aus einer anderen Aussage erfahren wir von der Schuld eines geistlichen Fürsten an Rummel. „Sigmund Stromer dixit, daz er mit vier grafen und herren selpschol sey worden umb 1000 guidein gen dem Rumeil und dem Cressen für unsern herren von Maincz, die solten bezahlt sein worden auf 162b Herrn Peter Geffcken, München, verdanke ich diesen Auszug, der mich kurz vor Abgabe der Arbeit erreichte. Nach seiner Meinung kam die Zahlung im Jahr 1419 zustande. Es handelt sich nicht um eine normale Rentenzahlung, sondern um eine Tilgung andersartiger Schulden, da sie unter der Rubrik „Minor distributo stiure“ gebucht sind. 163 StAN, D-Akt, Nr. 253, 1422. Siehe auch Anm. 123. 164 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz III, Beilage 11, S. 502, 8; S. 501, 2. S. 503, 11.

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Mauricy nechst vergangen (Sept. 22) und daz ist geschehen, der egen, unser herre von Meincz hie was.“ Hier zeigen sich persönliche Beziehungen zum Markgrafen Friedrich I. Rummel hatte Lehen der Herren von Berg. Lehen der Grafen zu Leuchtenberg hatte schon sein Vater Heinrich in den Händen, die nach 1417 auf die Söhne übergingen. Wahrscheinlich war der Bischof von Mainz Kunde bei Rummel und Kreß gewesen. So eine Summe für Waren kann bei einem geistlichen Fürsten schon Zusammenkommen. Bei der gleichen Befragung gab Rudolf Sachs an, er sei „pürg und selpschol für die von Wirtemberg 200 guidein gen Wilhelm Rumei den jüngeren“. So waren die Rummel im In- und Ausland in Geldgeschäften engagiert. Wie sie auf politische Entscheidungen Einfluß zu nehmen versuchten, zeigt der folgende Abschnitt. Der Libro nuovo real der Soranzo in Venedig ermöglicht heutzutage eine doppelseitige Rolle der Rummel aufzudecken, die den Zeitgenossen verschlos­ sen blieb. Im Wirtschaftskrieg Kaiser Sigmunds gegen Venedig durchbrachen sie nämlich das Embargo, das Handelsverbot, wobei sie sich des Kaufmanns Erhard Keller in Schongau als Strohmann bedienten. Vorher hatten sie sich allerdings mehrfach bemüht zwischen dem Kaiser und Venedig zu vermitteln. Venedig versuchte gegen Kaiser Sigmund eine zweite Front aufzubauen und König Waldislaw Jagiello von Polen zum Kriegseintritt zu bewegen. Der Gesandte der Markusrepublik, der diese Pläne übermittelte, war der uns als Geschäftsfreund bekannte Piero Picorano. Die Kosten wurden ihm von den Rummel vorgeschossen, die sich danach um die Erstattung durch den venezia­ nischen Rat bemühten. Dieses hochpolitische Unternehmen handelte hier gegen die Interessen des Reiches165. Wilhelm Rummel d.Ä., einer der Gründer des Handelshauses und Senior­ chef, starb im Frühherbst 1425. Gemessen an der Hinterlassenschaft von Bruder Heinrich war sein Reichtum nicht ganz so groß. Das könnte aus seinem Testament geschlossen werden. Bei Wilhelm Rummel konnten weder Lehen in Bamberg noch Würzburg festgestellt werden. Sein Legat an die Familiengesell­ schaft von 100 fl. zeigt die Verbundenheit an. Der Besitz venetianischer Staatspapiere unterstreicht noch einmal die Wertschätzung, die er in der Markusrepublik genossen hatte. Ihr Erwerb war Ausländem nur mit besonde­ rem Privileg möglich166. Nun war Hans I. Rummel das Haupt der Gesellschaft. Er wurde anstelle seines Onkels Wilhelm d. A. jüngerer Bürgermeister der Reichsstadt, nun 165 Diese bedeutsame Darstellung über politische Aktivitäten der Rummel wird Herrn Universi­ tätsprofessor Dr. Wolfgang von Stromer verdankt. 166 Es kann sich bei dem Wert dieser venezianischen Staatspapiere um einen hohen Betrag gehandelt haben, besaß doch nach Simonsfeld, Fondaco, Nr. 329 der Nürnberger Johannes Daga 1422 für 10000 Dukaten imprestita. Dieser Nürnberger Bürger konnte noch nicht identifiziert werden.

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schon der dritte seines Hauses. Hans I. trafen wir erstmals 1394 im Handel. Er kann 1425 etwa 55 Jahre gewesen sein. Eine besondere Unterstützung hatte er an seinem Faktor Fritz Viehberger, der Nürnberger Bürger war167. Durch glückliche Umstände blieben uns bis zum heutigen Tage Aufzeich­ nungen von Marquart II. Mendel (t 1438) erhalten, die er als Senior des Hauses für die Handelsgesellschaft in Nürnberg von 1425—1438 niederschrieb168. In den Konten und Buchungen für den Wechsler Scheuenpflug in Marquart Mendels-Buch der Hantierung 1425—1427 erscheint gleich zu Anfang 1426 eine Zahlung von „Romei“. Hier kann es sich nur um Hans I. Rummel handeln, weil in der Gegenbuchung unter dem gleichen Datum eingetragen ist „it. ich macht ein Wechsel mit dem Fritz Fichperger von dem Romei wegen“. „Unter dem Einnemen Venedig 1426 (20. Febr.)“ ist von der Rumelgesellschaft die Rede, für die Hermann Reck eine Zahlung leistet, „und der resto leyt pye der Romei Gesellschaft zu Venedig“. Fichperger war bei der Frankfur­ ter Frühjahrsmesse 1427 und nahm für Marquart Mendel einen Betrag ein. Wie oben zu lesen ist, wirkte Hermann Reck weiterhin in Venedig für die Rummel-Gesellschaft. Im Jahr 1426 wickelten die Rummel mit dem Haus Soranzo in Venedig ein interessantes Geschäft ab169. Sie lieferten nach Venedig Sarsche, den sie dort in Baumwolle tauschten. Ein zweites Mal beglichen die Rummel den Einkauf von Baumwolle und Bochasini (Leinentuch) mit Woll­ tuch. Dadurch kennen wir authentisch ihre Einfuhr in die Markusrepublik. Die Handelsgesellschaft Soranzo führte den durch die Rummel importierten Sorsche (Sarsche), eine Mischung aus Seide und Baumwolle, in den Orient aus. Bleiben wir noch in Italien. Raymond de Roover bringt in „Aufstieg und Niedergang der Bank der Medici“ die Tatsache, daß die Medici-Bank in Rom ein Guthaben von 704 lb. für Guglielmo und Arrigo (Heinrich) Rumol im Jahr 1427 buchte. Zu der Zeit war noch der Medici-Teilhaber Bartolomeus de Bardis Generaldepositar der päpstlichen Kammer. Erst 1429 trat er ab. Professor de Roover fand auch, daß Michael de Ferro, ein Genueser Kauf­ mann, der mit Textilien aller Art, z.B. venezianischen Samt und Florentiner Stoffen handelte, die Rummel in Nürnberg zu Korrespondenten hatte. So haben die Rummel auch mit Genua Handelsverkehr gehabt170.

167 Fritz (oder Friedrich) Vihperger gab im Sebalder Stadtteil wohnend, lt. StAN, AStB 108, 14v an im Jahr 1408 einen Panzer zu besitzen, AStB 109, 5v wies er nach im Jahr 1423 zwei Salzscheiben eingelagert zu haben. Stadtbibi. Nbg., Amb. 173, 2°, Bleistiftfolierung 164v. Fritz Viehberger mit Kunigund (?) kft. v. H. Voikamer ein Eigen am Vischbach im Jahr 1404. H. Burger, Totengeläut I Sebald 1439—1517, Nr. 182, Friz Fichtpergerin 1442. 168 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 364, S. 371, S. 370. 169 Sieveking wie Anm. 156. II, S. 220. Zan e Rigo Rummel, 1426. Staatsarchiv Venedig wie Anm. 155. Soranzo, libro nuovo real, f. 130r, 1426. Es ist eine lange, fünf Posten umfassende Abrechnung, die ich sah. 170 Raymond de Roover, The Rise and Decline of the Medici-Bank, 1397—1494, Cambridge/ Mass. 1963, S. 209, 282.

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Für das Jahr 1426 wird eine besondere Tatsache im deutschen Handelsraum bekannt. Die Rummel klagten vor dem Augsburger Stadtvogt Schuldforde­ rungen gegen Ulrich Arzt ein171. Auf Heinrich Rummel und Gesellschaft lautete ein Schuldbrief von Herrn Raban, Bischof zu Speier, der sich 1430 im Besitz von Hans I. Rummel befand. Der Bischof hatte, als er zum Bischof von Trier erkoren worden war, den Rat von Nürnberg um finanzielle Hilfe gebeten. Der Rat hatte Hans Rummel vorgeschoben. Die Beantwortung des Briefes erfolgte feria quinta ante Egidy (31. 8.) 1430. Von diesen 2000 Gulden Schulden zog Hans Rummel 1108 Gulden in Villach ein. Dieser Betrag kam aus der Schuld, die Herzog Johann von Bayern an die Stadt Nürnberg hatte. Die Stadt will den dort eingehobenen Betrag der Schuld des Herzogs abziehen. Zum Ausgleich hat dann der Rat Hans Rummel bar 892 Gulden gegeben (27. November 1430). Letztes Schrei­ ben in dieser Angelegenheit am 27. Januar 1431 172. So erfahren wir, daß Hans Rummel Beziehungen zu Villach hatte, einem Zentrum des Handels zwischen der Adria, dem Balkan und Mitteleuropa. Die finanziellen Hilfen, die neben Heinrich I. Rummel vor allem sein Bruder Wilhelm ab 1401 König Ruprecht leistete, setzt Hans I. Rummel nun bei König Sigmund fort. Vom 30. Juli 1431 ist der Schuldbrief des König Sigmund über 6000 fl. datiert, der auf Hans Rumei, Ulrich Ortlieb und Baumgartner mit der Zusage der Rückzahlung bis Weihnachten lautete173. Im Jahr 1431 erreicht den Nürnberger Rat eine dringende Bitte des Königs für ihn ein geheimes Darlehen aufzubringen. Es handelte sich um 8000 Dukaten, die zu Venedig wieder bezahlt werden sollten. Der Rat hatte Ulrich Ortlieb, Hans Rummel und Conrad Baumgartner vorgeschoben und ihnen befohlen, das Geld für den König aufzubringen. Die haben das getan und ihm 10.000 Gulden Lw. minder 40 Gulden gezahlt. Selbschuldner waren dafür: Bischof Johann von Agram, Herzog Wilhelm von Bayern, Graf Ludwig von Ottingen und Haupt Marschall von Pappenheim. Die 8000 Dukaten wurden ausgerichtet. Die drei Bürger und Ratsgesellen haben den Brief zugestellt. Hans Rummel war zu Venedig in den Besitz der großen Summe gelangt. Die Bürger haben an dem Geld verloren 112 Gulden Lw., die der Rat Hans Rummel bezahlt hat174. Im Jahr 1432 kaufte Fritz Vihberger, der Faktor von Hans Rummel zu Frankfurt auf der Herbstmesse, im Auftrag des Nürnberger Rates Silber ein. Hans Rummel erhielt darauf einen Wechsel von Nürnberg über 3900 Dukaten: „Die sullen wir bezahlen auf Weihnachten schirst zu Venedig“. Bezahlt wurden dann 4953 Gulden Lw. und „auf die selben Dukaten gebürt sich zu 171 Herrn Dr. Friedrich Biendinger, Stadtarchivdirektor i. R., Augsburg aufrichtigen Dank für die interessante Mitteilung. — Der reiche Augsburger Kaufmann siedelte bald darauf nach Nürnberg über. 172 StAN, AStB 269, f. 13v. 173 Ebenda, AStB 269, f. 44v. 174 St AN, AStB 269, f. 41v.

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Wechsel 27ff p. C.“ Der Vorgang trägt das Datum 13. November 1432175. Dieser Einkauf von Silber durch den Rummel-Faktor ist ein Hinweis, daß Silber nicht allein in Venedig zum Handelsobjekt des Hauses gehörte140. Der Ritterschlag 354, den der jüngste der fünf Brüder, Franz Rummel, am 31. Mai 1433 zu Rom auf der Tiberbrücke von Kaiser Sigmund empfing, wird die Familie und das ganze Haus mit Freude erfüllt haben. Ob er auf der Hin- und Heimreise Handelsfreunde besucht und Briefe überbracht hatte? Das ist durchaus wahrscheinlich. Hans I. Rummel hatte seinen ältesten Sohn Hans am 10. August 1431 verloren. Er hinterließ seine junge Frau Agnes, Georg Stromers Tochter, mit zwei kleinen Mädchen. Das mag ein harter Schlag für den tatkräftigen Mann gewesen sein. Sein zweiter Sohn Ulrich war noch zu jung, um ihm zur Seite zu stehen. In der Reihe der Kaufleute des Hauses nimmt dieser Hans I. Rummel einen hervorragenden Platz ein, ein würdiger Nachfolger der Gründer des Handelshauses. Hans I. Rummel folgte dem hoffnungsvollen Sohn im Tode am 20. Juli 1434 nach und wurde im Barfüßerkloster vor dem Altar Johannis Baptistae im Grab des Sohnes beigesetzt176. Stefan Schüler als Kirchenpfleger der Frauenkirche schrieb 1442 im Salbuch ein, daß die Frauenkirche sehr wertvolle Ornate des nun seligen Kaiser Sigmund (*j* 1437) besäße, die ihm Friedrich Vihberger zur Verwahrung übergeben hätte. Die konnten als Sicherheit einst an Hans Rummel gegeben worden sein. Sie wurden danach nicht eingelöst177. Durch den Tod von Hans I. Rummel wechselte die Leitung des Handels­ hauses in die Hände des zweiten Sohnes von Heinrich dem Reichen, in die von Heinrich II. Rummel. Mit Sicherheit wurde er in Venedig ausgebildet, seine spätere Verbindung zur Markusrepublik weist darauf hin. Fassen wir kurz zusammen, was wir über seine Aktivität vordem wissen. Im Jahr 1407 ist er zum ersten Mal in Venedig genannt145. Ein Zentner Muskat wurde ihm 1415 geraubt, den er vielleicht selbst am Rialto eingekauft hatte151. Im Jahr 1416 war bei ihm bei Wiesbaden Ware genommen worden. In der Klage vertrat er seinen alten Vater152. In Venedig taucht sein Name 1425 wieder auf, wo er als 175 StAN, AStB 269, f. 55 v. Im gleichen AStB 269 findet sich auf f. 78v (1434) eine interessante Liste Nürnberger Bürger, denen Hans Rummel insgesamt 2470 Gulden ausrichten sollte wegen Linnhart Noffer, der ein Rat Kaiser Sigmunds war. Es handelte sich um kaiserliche Schulden bei Nürnberger Kaufleuten und Handwerkern aus dem Jahr 1431. Genannt werden als Gläubiger der Goldschmied Hans Weiß, markus Maler, Hans Stieber, Lucas Kemnater, Ott Beheim (er war Kürschner und hatte 680 Gulden zu bekommen), Ulrich Glockengießer, H. Ketzel, Kramer (hatte 389 Gulden zu fordern), schließlich H. Büchsenmeister und Seitz Groland, der Metallurge war und mit Edelmetallen zu tun hatte. Das waren wohl Warenschul­ den für die verschiedensten Bedürfnisse. Bei ihnen kaufte man im damaligen Nürnberg ein! Nach W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz II, S. 269 war Noffer Linhard Nofferus, ein Sproß des Florentiner Bankhauses Bardi, der zum ungarischen Magnaten aufgestiegen war. 176 Staatliche Bibliothek Bamberg, J. H. Msc. hist. 49. Memoriale des Begrebnis des Barfüsserklosters zu Nürnberg, f. 23v. 177 StAN, Salbuch 5, f. 30.

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Käufer bei den Soranzo erscheint154. Arrigo = Heinz Rummel ist 1427 neben Wilhelm Rummel als Inhaber eines Guthabens von 704 lb. bei der Filiale der Medici-Bank in Rom genannt177a. Heinrich II. Rummel war seit 1415/16 mit Martha Pfinzing, der Tochter von Andreas Pfinzing aus der alten Familie mit dem Adler-Wappen und der Waldstromerin, verheiratet. Die Rummel hatten 1431 durch den Bankrott von Hermann Reck in Venedig, der sie dort oft vertreten hatte, einen Rückschlag erlebt178. Vielleicht haben sie dadurch auch finanzielle Verluste gehabt. Als ein Schuldner wird der aus Nürnberg dorthin geflohene Seitz Schmeltzing genannt, der in Konkurs geraten war179. 1432 sind Hans I. Rummel und Heinrich II. Rummel als seine Gläubiger genannt. Es mag sein, daß Heinrich II. sich zu Anfang der dreißiger Jahre selbst nach Venedig begeben hatte, um dort für sein Haus Ordnung zu schaffen. Im Zusammenhang mit der genauen Kenntnis der Situation der deutschen Kaufleute am Rialto mag diese Stiftung stehen: „Die Nürnbergischen Kauf­ leute, so gen Venedig gehandelt, haben dieß Jahr (1434) 20 fl. ewiger Zinß zu einer Meß auf Skt. Sebalds-Altar in Skt. Bartholmeß-Kirche zu Venedig gestiftet. Heinrich Rummel, Kunz Imhof, Erkenbrecht Koler und Fritz Kreß sein die ersten Verwalter gewesen und haben die Hauptsumme in die Losungs­ tube zu Nürnberg gelegt“. Die Hauptsumme betrug 500 Gulden. Es folgten 1436 und 1437 und späterhin noch weitere Stiftungen180. Wie schon die Söhne der Hirschvogel meist Universitäten besuchten, wo sich Faktoreien ihres Hauses befanden, so läßt sich das auch für die Rummel sagen. So studieren zusammen mit Bartholomeus Hirschvogel in Köln 1431 Leonhard und Georg Rummel, Söhne von Georg Rummel, Neffen von Heinrich II.181. Im Jahr 1437 gab Ulrich Rummel, der zweite Sohn von Hans I. Rummel (f 1434) am 25. März eine Beisteuer zum Ablaß für die Vereinigung der griechischen Kirche mit Rom in Köln und bezeugte mit der Gabe ein Interesse an einer Frage der Kirchenpolitik182. Heinrich II. Rummel ältester Sohn Endres läßt sich 1441—1447 als Student in Padua an der venetianischen Universität nachweisen 300. Der Studiosus fand Unterstützung durch die Diener des Hauses im Fondaco dei Tedeschi in Venedig. In seinem Brief vom 22. Oktober 1442 schrieb der Nürnberger Rat, daß er Stefan Grübel von St. Gallen in seinen Forderungen gegen den Nürnberger

,77a W. v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 199. 178 Simonsfeld, Fondaco, II. S. 38. Hermann Reck entfernte sich mit 25000 Dukaten Schulden 1432 aus Venedig. 179 Simonsfeld, Fondaco, Nr. 388, 1432. Johannes und Heinrich Rummel, Gläubiger des Schmelzing mit 1923 fl. Zu diesem Schuldner auch Nr. 353, 1428. 180 Chr. Schaper, Die Hirschvogel und ihr Handelshaus. S. 50. 181 Chr. Schaper, ebenda S. 80. 182 StAN, Rep. 18, D-Laden Urkunden, 1437 März 25.

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Bürger Ulrich Rumei nach Stadtrecht geholfen habe und das auch weiter tun wolle. — Die Rummel hatten Handelsverkehr mit St. Gallen gehabt183. Am 5. Oktober 1444 hatte der Nürnberger Rat an die venetianische Regierung geschrieben, sie möge ihren Bürgern Lienhard Hirschvogel und Heinrich Rummel beim Einkauf von Salpeter an die Hand gehen. Es war in dem Brief von „dictis nostris mercatoribus“ und auch von „factoribus eorundem“ die Rede 184. Dieser Brief wurde nicht abgesandt. Er ist jedoch aufschluß­ reich, weil hier von einer geplanten Handelsreise der genannten Kaufleute dem Rat zu Ohren gekommen war. Lienhard Hirschvogel war seit 1435 mit der (zum Zeitpunkt der Hochzeit 13jährigen) Brigitta Schürstab, der Tochter von Sebald Schürstab, verheiratet, einer Enkelin des Bürgermeisters Heinrich Toppier von Rothenburg. Heinrich II. Rummel zweiter Sohn Sebald I. Rummel wählte sich die 1430 geborene Clara Schürstab, die jüngere Schwester der Hirschvogelin, um 1445 zur Ehe. So ergab sich durch die Verschwägerung von Lienhard Hirschvogel zu Sebalt I. Rummel eine Zusammenarbeit der Hirschvogel mit diesem Zweig der Rummel-Familie. Heinrich II. Rummel, dessen Tochter Barbara um 1444 in zweiter Ehe sich mit dem Ritter Friedrich von Künßberg zu Schnabelwaid vermählt hatte, starb am 10. September 1446 185. Da Endres, der älteste Sohn, studierte, stand allein sein vorgenannter Sohn Sebald für die Mitarbeit im Handelshaus der Rummel zur Verfügung. Georg I. Rummel, der dritte Sohn des Gründers Heinrich I., war schon 1434 vor den älteren Brüdern verstorben. Von seinen Söhnen wurde im Handel bisher keiner festgestellt. Der vierte Sohn des Gründers Wilhelm II. Rummel war auch nicht mehr am Leben. Sein Tod muß vor 28. Oktober 1443 erfolgt sein. Der fünfte und letzte Sohn von Heinrich dem Reichen, der Ritter Franz Rummel, mag einzelne Handelsaufträge bei Gelegenheit erledigt haben. Auch beteiligte er sich an einigen Finanzierungen gemeinsam mit Peter Steinberger, so 1441 für Markgraf Johann Alchimista in Kulmbach und 1444 in einem Konsortium Nürnberger Kaufleute für ein Darlehen an Markgraf Albrecht186. Es ist nicht ausgeschlossen und soll hier bemerkt werden, daß Peter Steinber­ ger durch seine Verschwägerung mit der Rummel-Familie auch bisweilen anonym bleibende Barmittel der Rummel bei seinen Geldgeschäften verwand­ te. Für eine regelmäßige Mitarbeit von Ritter Franz im Handelshaus besteht kein Beweis. So rückte nun die Generation der Enkel des Gründers Heinrich I. Rummel in die Verantwortung auf. 183 H. C. Peyer, Leinwandgewebe und Fernhandel der Stadt St. Gallen von den Anfängen bis 1520. St. Gallen, 1959, S. 112, Nr. 250. Leider fand ich die Quelle nicht mehr wieder. 10. Jan. 1443 wurde Cuntz Beheim als Diener der Rummel zusammen mit Bürgern von St. Gallen genannt. 184 Simonsfeld, Fondaco, I Nr. 450. 185 H. Burger, Totengeläutbuch I Sebald Nr. 456. 186 Wolfgang v. Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 428, 431, 434.

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Sebald I. Rummel hat in den ersten Jahren seiner leitenden Tätigkeit als Kaufmann unangenehme Erfahrungen ertragen müssen. Zum ersten Mal ist er 1446 mit einem Knecht bei Neustadt (Aisch) gefangen worden und ein halbes Jahr im Gefängnis gewest. Vier Jahre später an St. Egid (1. September) 1450 wurde er bei Neustadt an der Aisch seiner Freiheit beraubt und hinweggeführt. „Daß man nicht gewiß erfahren möge, wo er hingekommen ist.“ Der Rat schrieb an Georg Graf von Wertheim, es ginge der Ruf, er sei auf den Odenwald gen Kolnberg geführt. Man habe erfahren, daß Eberhard Rüd der Jüngere ihn unbewahrt seiner Ehren gefangen und meint ihn zu „schätzen“ d. h. zu erpressen. Der Rat von Nürnberg hat seinen Diener Georg Erlbeck zu dem Bischof von Mainz geschickt. Daneben wurden Miltenberg, Aschaffen­ burg, Wertheim, Rothenburg und Windsheim angeschrieben. „Es haben ihre Voreltern vor Jahren ein Gesetz gemacht, wenn ein Bürger also gefangen würde, daß ihn weder seine Freunde noch sonst jemand von seinetwegen ihn höher denn um 13 Heller ledigen und lösen wollten.“ Deswegen seien Rummels Brüder und Freunde erfordert auf dies Gesetz zu schwören. „Darum sollte gewarnt sein, dann ihnen von seinem Hab und Gütern keine Ergötzung geschehen würde.“ Sebald Rummel ist aber bald nach Pauli Bekehrung (25. Januar) 1451 ledig geworden. Der Rat hat den Kurfürsten von Mainz gebeten, ihn durch sein Kurfürstentum zu geleiten187. Es ist überliefert, daß Sebald Rummel sich 1452 nach Venedig abgesetzt hat188. Ist er für länger nach dort übergesiedelt? Für den Besitz der Kammer in Fondaco dei Tedeschi sind 1453 als Inhaber Wilhelm und Sebald erwiesen. Dieser Wilhelm Rummel kann nur Wilhelm IV. sein, der Sohn von Wilhelm II., der seit 1453 mit Kunigund Haller, der Tochter von Georg Haller von Bamberg verheiratet war. Von Sebald I. Rummel war schon vordem die Rede. Es ist wesentlich, daß uns in den jeweiligen Inhabern der Kammer — wie zu schließen ist — die Verantwortlichen des Handelshauses überliefert werden! Es scheint, als ob die venetianische Regierung die Kammer der Rummel anders besetzen wollte. Jedenfalls hat sich der Rat für seine Bürger nach Venedig gewandt, ihre Bürger Rummel hätten angegeben, daß die Kammer seit langen Zeiten im Besitz ihrer Familie sei189. In Venedig bewahrten die Rummel noch die alte Handelstradition ihres Hauses im Fondaco an der Rialtobrücke. Ich vermute, daß die Kammer bis 1480 in ihrem Besitz gewesen sein könnte. In Nürnberg verkaufte Ulrich, der Sohn von Hans I. Rummel und Gerhaus, geb. Haller, schon in den vierziger Jahren viel von dem ererbten Besitz, was in seiner Lebensskizze zur Kenntnis kommen wird. Was hier besonders berührt, ist der Verkauf des großen Handelshofes und des Erbsitzes in der östlichen Ecke des Marktes durch Ulrich Rummel, dem Enkel von Heinrich I., der diesen ansehnlichen Besitz 187 J. F. Roth, Geschichte des Nürnberger Handels I. Leipzig 1800, S. 112—113. 188 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. 189 Simonsfeld, Fondaco, I Nr. 470, 1453.

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1388 erworben hatte. Der Seigerhüttenuntemehmer Hans von Ploben, der aus einer Goldschmiedsfamilie stammt, die Grundbesitz in der südwestlichen Ecke des Marktes hatte, kaufte das groß angelegte Anwesen von Ulrich Rummel am 5. August 1456190. Ulrich hatte nach einer kurzen ersten Ehe mit Veronika Arzt (f 1446), der Tochter des Ulrich Arzt, im Jahr 1448 Margarete Klack von Roth geheiratet284. Der verkaufte Familiensitz war einst das Heim der Brüder Heinrich und Wilhelm und ihrer Familien gewesen. Nach 1405 hatte sich das Gefüge der alten Gründer-Generation im Haus am Markt zu lockern begonnen. Nach 1417, dem Tode des Seniors Heinrich I., wohnte sein ältester Sohn Hans I. Rummel allein im Kauffahrtteihof, nach dessen Tod 1434 seine Witwe Gerhaus. Zur Zeit des Verkaufes 1456 lebte Ulrich Rummel, der der letzte Besitzer aus dem Hause Rummel gewesen war, in Roth b. Nürnberg, wo er danach als markgräflicher Pfleger wirkte. Der Name der neuen Besitzer von Ploben blieb an dem Haus bis in unsre Tage haften. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erinnert noch der Name „Plobenhofstraße“ an das historische Gebäude. Die Familien der Rummel — die andern Enkel von Heinrich I. (f 1417) — wohnten um 1460 am Roßmarkt, zum Tafelhof und am Fischbach, wenn sie sich nicht gerade auf ihren Landgütern aufhielten. Lichtenau und Lonnerstadt standen an der Spitze. Viele einzelne Höfe und Güter, Eigen- und Lehenbesitz waren verkauft worden. Die Enkel lebten noch zu einem Teil vom Handel. Sebald I. Rummel, der 1453 im Fondaco in Venedig erwähnt ist, hatte dort zum Faktor Heinz Eberhard von Rothenburg/Tauber, der auch seinem Schwager Lienhard Hirschvogel gelegentlich diente. Heinz Eberhard war um 1458 sowohl des Rummel wie des Hirschvogel Schuldner gewesen. Es kam 1458 vor dem Kaiserlichen Landgericht zur Verhandlung. Hirschvogel sicherte sich zunächst durch die Mühle zu Wilburgstetten (LK Dinkelsbühl). Da aber Hirschvogel nicht zur Verhandlung am 4. Oktober 1458 kam, wurde Sebald Rummel das Anrecht an der Mühle zugesprochen. Rummel hatte den stattli­ chen Betrag von 4000 Gulden Hauptgut und an Schaden 2000 Gulden von Eberhard zu bekommen191. Heinz Eberhard befand sich zur Zeit der Verhand­ lung“ über Lamparter Gebirg“. Der Arger mit diesem Schuldner und der Schaden durch ihn war noch nicht ausgestanden. Die venetianischen Gläubiger von Heinz Eberhart klagten unter dem 20. September 1460 gegen ihn und seinen Prinzipal Sebald Rummel nebst Conrad Baumgartner192. Sebald Rum­ mel war des Fernhandels müde geworden, wie anzunehmen ist. Er sagte sein Bürgerrecht 1459 auf und zog sich auf seinen Landbesitz zurück 306. „Dem

190 Chronik fränk. Städte, Nürnberg Bd. 5. S. 179, Anm. 6, Plobenhaus, Haus Sebald 823. 191 Chr. Schaper, Die Hirschvogel und ihr Handelshaus, S. 107, 108. 192 Simonsfeld, Fondaco, I Nr. 490. 1460.

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Sewolt Rumei von Neußes“ stimmte die Lorenzkirche von Nürnberg am 13. Mai 1483 193 das Totengeläut an. Hier soll etwas eingefügt werden, wenn es auch nicht zum Handelshaus Rummel gehört. Geist und Fleiß der erfolgreichen Kaufleute des Namens erlebten in den Söhnen des Sebald eine Wiederkunft. Fern der fränkischen Heimat wurden die Söhne Peter und Anton Rumei von Lichtenau, wie sie sich nannten, zu Unternehmern und Metallurgen in Tirol. Sie nahmen in kaiser­ lichen Diensten hervorragende Stellungen ein. Ihres Wirkens als Unternehmer wird besonders gedacht. Nun zurück zur Nürnberger Familie und ihrem Handelsverkehr! Am 19. Oktober 1468 sind als Inhaber der Kammer in Venedig Johannes und Heinrich (III.) Rummel genannt194. Wer war dieser Johannes? Unter den zu dieser Zeit in Nürnberg erwachsenen Rummel gibt es meiner Kenntnis nach keinen Johannes. Sollte er der Vater Johannes des Heinrich Rummel in Köln sein, der sich von dort 1497 um die Rummel-Kammer in Venedig bemüht? Das ist eine spannende Frage! — Im Jahr 1468 war Thoman Kurz, der Regensburger, der Bevollmächtigte der Kaufleute Rummel. Thoman Kurz kommt dann mehrfach als Verweser der Nürnberger Stiftung am Sebaldusaltar in der Bartholomeuskirche am Rialto vor195. Heinrich III. Rummel war der zweite Sohn von Wilhelm II. und der Anna Tetzel. Heinrich war viel außer Landes gewesen und hatte den Handelsverkehr aufrechterhalten. Heinrich hatte im vorgeschrittenen Jahren Cäcilie Meichsner, die Tochter des Handelsherren und Unternehmers Heinrich Meichsner, zur Frau genommen und so den Zugang zum Unternehmertum gefunden, worauf gesondert eingegangen wird. Wie die Gründergeneration betätigte sich auch dieser Enkel im Geldgeschäft. Er übernahm Geldtransfer ins Ausland. In einem Brief von ihm, der in Abschrift erhalten ist, vom 16. September 1467, schreibt er von solchen Aktionen und bietet sich dafür nach den Städten Venedig, Florenz und Rom an. Er berichtet in einem anderen Brief von einem Propst, den er zu dessen Zufriedenheit mit Geld in Rom versorgen konnte. Leider erwähnte er nicht dessen Namen196. Auch mit dem Norden betrieben die Rummel Geldgeschäfte. Claus Nord­ mann weist nach, daß die Rummel 1470 finanzielle Aufträge für die Stadt Lübeck ausführten. Es handelte sich um die Überweisung hoher Summen, die

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H. Burger, Totengeläut Lorenz Nr. 2155. Simonsfeld, Fondaco, I Nr. 511, 1468. Chr. Schaper, Die Hirschvogel und ihr Handelshaus. S. 176—178. Hauptstaatsarchiv München, Pfalz-Neuburg Bergwerksgegenstände 6. Abschriften von Korre­ spondenzen aus den Jahren 1467/68 betr. den Betrieb der Rattenberger Bergwerke. Hier interessiert der Briefwechsel zwischen Herzog Ludwig dem Reichen v. Bayern u. Heinrich Rummel, Nbg., zwischen dem herzogl. Kanzler Christof Dorner und Rummel. Zu diesen Archivalien auch Anm. 213—216. Das Aktenstück enthält noch Briefe an oder von weiteren Mitarbeitern der Hütte Brixlegg am Inn.

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Lübecks Syndikus Johann Osthusen am kaiserlichen Hofe zu Wien und Prag benötigte197. In der Arbeit „Der Prozeß des Lübecker Hinrich Drosedow gegen die Nürnberger Heinz und Wilhelm Rummel“ bringt Nordmann Tatsachen aus Lübecker Archivalien zur Kenntnis, die diesen Vorgang erläutern. Der Lübekker Großhändler und Bankier hatte aus der Zeit vor 1472 aus Wechselkäufen herrührende Forderungen an die Gebrüder Rummel. Am 22. Juni 1472 klagte Drosedow vor dem Lübecker Rat gegen Michel Volkmer (Volckamer) von Nürnberg, der aussagte, er wäre in Nürnberg bei den Brüdern Rummel gewesen. Sie bekannten dem Drosedow 1074 rh. Gulden 4 Schilling schuldig zu sein. Sie hätten durch ihren Diener Hermann Witterde auch „rekenschop und inseggent“ übersandt. Der Verlauf des Prozesses kann in der obengenannten Arbeit im Einzelnen nachgelesen werden. Hier werden vor allem Tatsachen eingefügt, die von besonderem Interesse sind. Da sagt Drosedow aus, drittens hatte er bei Volkmer mehrere Wechsel gekauft, und zwar einen auf 162 Gulden, den die Rummel zu Venedig auszahlen sollten, weiterhin 13 Wechsel­ briefe im Gesamtwerte von 722 Dukaten, gezogen auf die Bank Spinelli zu Rom, einen Wechsel von 90 rh. fl. für Schack Rantzau auf die Bank Siccluß (in Rom?) und einen Wechsel von 200 rh fl., der von Rummel an Hans Möller auszuzahlen war. Drosedow klagte nun, daß sämtliche Wechsel „van vorsumenisse wegene Hintzen Rummels“ nicht bezahlt und nach Lübeck zurückge­ schickt worden wären; deshalb wäre er auch „van den fromen luden, de ere gelt to Rome nicht gekreggen hedden, to groteme schaden unde vorderve gekomen“. In der Tat war von allen Kanzeln der Bann gegen ihn verkündet worden! Ihm ist außerdem ein Gewinn von 600 rh. fl. und mehr entgangen. Drosedow bekam von Michel Volkmer in einer Einigung ausstehende Forderungen und einen größeren Posten Waren als Sicherheit. Es waren das: 67 Ellen Damast, 42 Ellen Samt (fluel), 340 Pfund Ingwer, 62 Pfd. Nelken. Das müssen Waren der Rummel gewesen sein, die dort zum Verkauf eingeführt worden waren. Am 3. Dezember 1472 war die nächste Verhandlung vor dem Lübecker Rat. Drosedow klagte gegen Volkmer um rh. 820 fl., und 162 Dukaten. Michel Volkmer gab an, dies Geld zur Überweisung an Heinz Rummel bekommen zu haben. Als ein Beauftragter (ein knecht) hätte er davon 400 rh. fl. an Otto Engeltaler (einen der bedeutendsten Nürnberger Lübeckhändler) gegeben, 220 rh. fl. an Andreas Stromer, 162 Dukaten an Thomas Körte und 220 fl. rh. an Heinz Rummel selbst. Er beschwor seine Aussage und wurde freige­ sprochen 198. Der Hauptprozeß fand in Nürnberg statt. Vom 5. Mai 1474 bis 1478 zogen sich die Verhandlungen hin. Albert Gümbel199 bringt die Briefe des Nürnber197 Claus Nordmann, Der Prozeß des Lübecker Hinrich Drosedow gegen die Nürnberger Heinz und Wilhelm Rummel. In: MVGN 31, 1933, S. 216f. 198 Cl. Nordmann wie Anm. 197, S. 215—219. 199 Albert Gümbel, Beiträge zur älteren Nürnberger Buchdruckergeschichte. In: MVGN 29,1928. Die Briefe des Rates S. 318 f.

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ger Rates an Heinrich Troskau (= Drosedow) in Lübeck unter diesen Daten vom 7. 5. 1474, 17. 10. 1474, 17. 3. 1475, 3. 6. 1475 und 2. 1. 1478. Heinz Rummel hatte wohl, so vermutete Drosedow, das Kaiserliche Hofgericht anrufen wollen. Der Nürnberger Kaufmann Heinrich III. Rummel starb im Spätsommer 1476. So kam diese Absicht nicht zur Ausführung. Der Prozeß ging in Lübeck weiter, ohne daß sein Abschluß überliefert ist. Uns wird mit diesem Prozeß Kenntnis gegeben, wie das Handelshaus der Rummel in der Geldvermittlung von Lübeck und aus dem Hansegebiet eingesetzt war. Nebenher lief ihr Handel mit kostbaren Geweben und Gewür­ zen aus ihrem italienischen Import nach dem Norden hinauf. Der Handel des Hauses mag im achten Jahrzehnt langsam zum Erliegen gekommen sein. Was mag die allmähliche Zahlungsunfähigkeit der Rummel herbeigeführt und beschleunigt haben? Ein hervorragender Kenner auf dem Gebiet spätmittelalterlicher Wirtschaftsgeschichte, Professor Raymond de Roover, hatte die Meinung geäußert, daß die Rummel Agenten der MediciBank für (Ober-) Deutschland gewesen sein könnten. Der Zusammenbruch des Nürnberger Handelshauses Rummel 1472 stand also vermutlich mit der Krise der Medici-Bank in Zusammenhang. Zu dem vorgenannten Prozeß mit dem Lübecker Handelsherren Drosedow kam noch eine Klage, die von Papst Sixtus IV. eingeleitet wurde 200. Zum letzten Mal wird dabei die Handelsgesellschaft Rummel in Nürnberger Archivalien von 1472 bis 1482(84) angesprochen. Florentiner Kaufleute wie Andreas da Bonis und Alexander da Bardis waren Gläubiger von Heinrich und Wilhelm Rummel und ihrer Handelsgesellschaft. Papst Sixtus verwandte sich für die Florentiner. Er schrieb unter dem 18. VIII. 1472 den Nürnberger Rat an und forderte Ausgleich. Die Verbindung der Rummel zu Florentiner Firmen bestand seit dem Ende des 14. Jahrhunderts. Aus den Jahren 1480 bis 1482 haben sich noch drei weitere Papsturkunden erhalten, die sich mit Schulden von Heinrich und Wilhelm Rummel in Höhe von 998 Dukaten in Gold an die Söhne und Erben des Kaufmannes Spinelli befassen. Zwei Briefe schickte Papst Sixtus IV. nach Nürnberg unter dem Datum vom 6. Mai und 18. August 148020]. Heinrich Rummel war im Spätsommer 1476 gestorben. Für Wilhelm Rummel, dem anderen Schuldner der Spinelli in Rom, erklang am 22. November 1480 das Totengeläut201 a. Die oben genannte Schuld an die Spinelli war noch nicht ausgeglichen. Papst Sixtus IV. schrieb am 11. Juni 1482 an die Erben von Heinrich und Wilhelm Rummel, die Schuld von 914 fl. zu befriedigen202. Im Exekutionsbrief wurde Lonnerstadt genannt. Der Nürnberger Rat schrieb an den Anwalt der Spinelli, den Kleriker Jörg Kesselring, am 22. Juni 1482, daß die jungen Rummel nicht 200 StAN, Rep. 16, B-Laden Urkunden, Nr. 32. 201 StAN, Rep. 16, B-Laden Urkunden, Nr. 56 und Nr. 57. 20,1 H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 1611 (1476), Nr. 1961 (1480). 202 StAN, Rep. 16, B-Laden Urkunden Nr. 59.

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gestehen, daß sie Gesellschafter und Erben sind. So kann der Rat den Gläubigern nicht zu einer Exekution verhelfen. Es gebührt sich erst mit Recht auszutragen, ob sie Erben oder Gesellschafter seien oder nicht. Wenn dies durch Recht anerkannt ist, ist der Rat Willens zu helfen, wie es sich ge­ bührt 203. Am 20. August 1482 antwortete der Rat nochmals Jörgen Kesselring, dem Spinelli-Anwalt, auf den Befehl des Heiligen Vaters zur Exekution, daß die Rummel nicht dem Rat unterworfen sind. Da die jüngeren Mitglieder der Familie Rummel nicht für diese Schuld aufkamen, klagten die Spinelli an der Kurie und brachten einen der Beteiligten in den Bann. Der Nürnberger Rat selbst entging mit knapper Not der gleichen Strafe 204. Wie schon erwähnt, gab es den Kölner Bürger Heinrich Rummel, für den sich in Venedig der Kölner Rat am 3. Oktober 1497 bei dem Dogen Agostino Barbarigo einsetzte, diesen Bürger im Besitz seiner Kammer im Fondaco der Deutschen zu schützen. Heinrich Rummel hatte angegeben, daß die Kammer im Besitz seines Vaters, der Brüder und der Voreltern gewesen sei. Nach Mitteilung des Stadtarchiv Köln war Heinrichs Vater der um 1465 dort als Bürger erwiesene Johannes Rummel 205. Er könnte identisch sein mit dem Johannes Rummel, der 1468 zusammen mit Heinrich III. Rummel in Besitz der Kammer genannt ist194. Seit 1398 ist die Handels Verbindung der Rummel zu Köln bekannt. Dort war durch lange Jahre Niklas Rummel (f um 1434) der verantwortliche Vertreter des Hauses gewesen. Es liegt im Bereich der Möglichkeit, daß sich Nachkommen des Peter Rummel, die um 1400 genannt sind, oder des Georg Rummel (f 1434), dessen Nachkommen nicht ganz klar sind, sich vor 1440 in Köln in der Nachfolge des Niklas Rummel niederließen. Franz Irsigler werden Hinweise von besonderem Interesse auf Importgüter des Johannes Rummel verdankt, der von 1468/9 bis 1481 auf dem Höhepunkt seiner Handelsgeschäfte stand. Er importierte Seide, Baumwolle, Ingwer und Brasilholz. Das deutet auf seinen Einkauf in Venedig hin. Johanns Vater war der von 1452—1469 mit Handelsnachrichten in Köln nachweisbare Conrad Rummel 206. 203 StAN, RB 3, f. 198 und f. 209, 1482. 204 Josef Kraus, Die Stadt Nürnberg in ihren Beziehungen zur Römischen Kurie während des Mittelalters. In: MVGN, 41, 1950. S. 92: Nach StAN, BB 38, f. 131, 1483. Hans Gärtner, der Schwager von Heinrich III. Rummel (t 1476) war vom Papst in den Bann getan. Dazu auch BB 38, f. 221, Hans Gärtner war nicht Gesellschafter der Rummel. 205 Stadtarchiv Köln, Herrn Dr. Militzer wird vielmals für die freundliche Hilfe gedankt. Benno Kuske, Quellen zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehr im Mittelalter, 4 Bde. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 33) Bonn 1917—1934. Der Brief Kölns an Venedig vom 3. Oktober 1497 bei Kuske II, Nr. 1458. Heinrich Rummels Brüder waren Johann und Sebastian bei Kuske II, S. 676, Anm. 1, Heinrichs Vater war Johann Rummel bei Kuske II, S. 676, Anm. 1: Kuske II Nr. 1516, der 1465 als Kölner Bürger bezeugt ist bei Kuske II, Nr. 390, S. 166. 206 Herr Professor Dr. Franz Irsigler übersandte mir 1973 Auszüge zum Handel von Conrad Rummel von 1452—60/61. Sie entstammen Rechnungsbüchem aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln. Der Vater des Johann Rummel, der vorgenannte Conrad Rummel, handelte mit Baumwolle, Seide, Gewürzen wie Ingwer, Pfeffer, Zimt u. a. m. Es besteht die Möglichkeit,

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Nach 110 Jahrem schließt mit dem Jahr 1480 die Geschichte der Handelsge­ sellschaft Rummel in Nürnberg. Heinrich I. und Wilhelm I. Rummel, deren Eltern unbekannt sind, haben ab 1370 in einer Generation das Handelshaus auf eine ungewöhnliche Höhe geführt. Ihre Beziehungen zu den Medici in Florenz, zur päpstlichen Kurie in Rom wurden offenbar. Durch ihre Persönlichkeit und ihre wirtschaftliche Macht gewannen sie Einfluß auf europäische Geschichte. Heinrich I. Rummel gehörte zu den reichsten Bürgern der Reichsstadt Nürnberg. Er und seine Nachkommen übten Jahrzehnte Hoheitsrechte in einer Herrschaft aus. Söhne und Töchter des Hauses verbanden sich mit ersten Geschlechtern der Stadt. Drei Generationen lang vermochten sie sich auf der Höhe ihrer Geltung zu erhalten. Es war wiederum ein Brüderpaar, Heinrich III. Rummel (*f* 1476) und Wilhelm IV. Rummel (f 1480), das die Geschichte dieses erfolgreichen Handelshauses mit dem Jahr 1480 abschloß. 1. Heinrich III. Rummel (f 1476)

Heinrich III. Rummel war der Sohn von Wilhelm II. Rummel und der Anna Tetzel, geboren um 1430 als Enkel von Heinrich I. Rummel. Bei einem Verkauf im Jahr 1447 tritt zutage, daß er sich außerhalb des Landes befand 33°. Vor Oktober 1443 war sein Vater gestorben, der in guten Vermögensverhält­ nissen gelebt hatte. Seine Mutter testierte 1455331. Ihre Angabe, daß Heinz noch ledig sei, gibt uns eine wesentliche Information. Heinrich (Heinz) war Kaufmann geworden. Er war wahrscheinlich in Venedig zur Ausbildung gewesen. Am 19. Oktober 1468 wird er mit Johannes Rummel als Inhaber der Kammer im Fondaco an der Rialtobrücke genannt 207. Heinrich Rummel hatte durch die Ehe mit Cäcilie Meichsner seinem Leben eine Wende gegeben. Der Zeitpunkt der Eheschließung mag um 1460 liegen. Sein Schwiegervater Heinrich Meichsner, der aus Pettau in der Steiermark stammte, war seit 1447 Bürger in Nürnberg 208. Er war zur Zeit der Eheschlie­ ßung schon Gesellschafter von Sebald Groland d. J., der 1457 von Elisabeth Andreas Stromer’s Witwe ein Mühlwerk an der Pegnitz in Nürnberg gekauft hatte. Zusammen mit Heinrich Meichsner wird auch dessen erster Schwieger­ sohn Hans Gärtner erwähnt. Auf der einen Seite dieses Grundstücks entstand eine Schmelzhütte — eine Saigerhütte zur Schmelze von Kupfer209. Durch den Eintritt von Heinrich Rummel in den Familienkreis der Meichs­ ner ist hier die Stätte zu vermuten, wo sich Heinrich die ersten Kenntnisse der Metallscheide-Technik erwarb, die ihn zu einem gesuchten Sachversändigen auf diesem Gebiet werden ließ. Da Heinrich Meichsner keine Söhne hatte, liegt daß die Kölner Rummel die Kammer der Nürnberger Rummel im Fondaco auch genutzt haben. 207 Simonsfeld, Fondaco, Nr. 511. 208 Richard Klier, Beziehungen Nürnbergs zu Pettau im fünfzehnten Jahrhundert. In: Südost­ deutsches Archiv, 10, München 1967. S. 86. Die Meichsner S. 86 f. 209 Ekkehard Westermann, Das Eislebener Garkupfer und seine Bedeutung für den europäischen Kupfermarkt, 1460—1560, Köln-Wien 1971, S. 177/178.

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Abb. 1, zu Seite 5 Obstmarkt 18. Das Haus zum „Goldenen Adler“ bestand ehemals aus zwei Häusern, Aufnahme 1915. Foto: Bildstelle des Hochbauamtes.

Abb. 2, zu Seite 6 Vorderer Plobenhof, Aufnahme August 1944. Foto: Bildstelle des Hochbauamtes.

Abb. 3, zu Seite 8 Handschrift von Heinrich I. Rummel, 1401. Foto: Staatsarchiv Würzbure, Signatur 193/133.

Abb. 4, zu Seite 11 Lichtenau mit Festung, Kupferstich. Staatsarchiv Nürnberg, Hs. 248 Genealogische Papiere Rummel. Foto: Krauß, Nürnberg.

Abb. 5, zu Seite 65 Anton Rummel von Lichtenau (*f 1538). Ölgemälde. Das Original ist verschollen, Kopie 1906 durch Fanny v. Inama. Brixlegg, Schloß Lichtwer. Dr. Hans Baron Inama. Foto: Ferdinandeum, Innsbruck.

Abb. 6, zu Seite 95 Epitaph des Grabes von Joseph Rummel (t 1525) Nürnberg, Johannisfriedhof. Nr. 1168. Foto: Stadtarchiv Nürnberg.

Abb. 7, zu Seite 98. Epitaph für Balthasar Rummel von Lonnerstadt und Katharina, geb. Tetzel, in der Kirche zu Betzenstein, Oberfranken. Foto: Rosi Götz, Pegnitz.

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es auf der Hand, daß er den erfahrenen Fernkaufmann Rummel für seine Pläne zu weiterer Beteiligung an Saigerhütten gewann. Von ganz besonderem Interesse ist die Mitarbeit von Heinrich Rummel an der neu gegründeten Saigerhätte zu Amstadt in Thüringen, was später zu erkennen ist. Wie Ekkehard Westermann schreibt, haben die Erfurter Bürger Thomas Merkel, sein Vetter Martin Merkel und dessen Schwager Hans Maygen die Arnstadter Saigerhütte von 1471 gegründet210. Die Gründung kann, wie zu schließen ist, in die Zeit um 1465 vorverlegt werden. Thomas Merkel hatte nahe Beziehungen zu Nürnberg. Er war der Bruder des Rats­ schreibers der Reichsstadt Martin Merkel211, der hier seit 1458 als solcher angestellt, aber schon vorher als Notar tätig war212. Thomas Merkel von Erfurt hat also in Nürnberg die Anregung zur Ausnützung der Kupferschmel­ ze zur Gewinnung von Silber gewonnen. Bei dem Bau der Hütte mag ihn Heinrich Rummel beraten haben. Analog zu einem späteren Vorgang in Brixlegg werden auch die Ausrüstungsgegenstände der Hütte bei Nürnberger Handwerkern bestellt worden sein. Sicher ist, daß Nürnberger Meister bei der Zurüstung an Ort und Stelle halfen. So schrieb Heinrich Rummel 1467: „So hab ich jetzo einen andern knecht zu arnstadt auf der Hütten mit namen maister Hansen Smeltzer“ Thomas Merkel hat auch mit Nürnberger Kapital gearbeitet. Möglicherweise hat Heinrich Rummel Heiratsgut seiner vermögen­ den Frau Cäcilie, geb. Meichsner, zum Gewinn dort angelegt. Daß Heinrich Rummel Forderungen an Thomas Merkel hatte, kommt 1473 zu Kenntnis. Der Ruf eines guten Sachverständigen für den Schmelzvorgang, den sich Heinrich Rummel erworben hatte, führte zu einem interessanten Briefwechsel zwischen Herzog Ludwig dem Reichen von Bayern und ihm. Er hat sich in Abschrift erhalten und wurde von Lothar Suhling gefunden213. Am Freitag vor Allerheiligen (30. Oktober) 1467 schrieb der Fürst an den Nürnberger Hein­ rich Rummel mit dem Wunsche um eine „lauttere und grundtliche underrichtung“ über eine schon vordem erwähnte Entsilberung von herzoglichem Kupfer in Nürnberg „auf das wir Deines Handels in den Sachen ain gantzes wissen erlangen“. Rummel arbeitete also auch hier am Vorgang dieser Behand­ lung mit. Bei Rattenberg in Tirol war zu dieser Zeit schon der Nürnberger Goldschmied Hans Lochhauser gen. Bair auf Anstellung des Fürsten tätig, sicher empfohlen von Heinrich Rummel, der ihn durch seine Tätigkeit auf der Arnstädter Hütte kannte. Rummel hatte auch diesem Goldschmied vor 1475 zusammen mit Thomas Merkel Silber übergeben. 210 Westermann wie Anm. 209. S. 277. 211 Aus Thomas Merkels Testament (Anm. 224) geht hervor, daß er der Bruder von Martin Merkel war und in Nürnberg auch noch eine Schwester hatte, deren Sohn Sylvester Schwertzer sein dritter Haupterbe war. Die Eltern der Geschwister Merkel hatten in Ochsenfurt gelebt. 212 Manfred J. Schmied, Die Ratsschreiber der Reichsstadt Nürnberg. Nürnberg, 1979. S. 214 Mag. Martin Merckel. 2,3 HSTAMü, Pfalz-Neuburg Bergwerksgegenstände 6. S. Anm. 196. Aus dem mir übersandten Positivfilm wie auch aus der Arbeit von Dr. Lothar Suhling, s. Anm. 215, werden Tatsachen gebracht.

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Die Saigerhütte des bayerischen Fürsten befand sich in Brixlegg. Für diese Flütte sendet der Fierzog in der Anlage Lochhausers Aufstellung über fehlende Ausrüstungsgegenstände mit. Das war eine ansehnliche Bestellung, die Rummel an Fiandwerker weiterreichen mußte. Anfang November teilt Rummel dem Fierzog mit, daß er auf seiner eigenen Fiütte wöchentlich bis zu 120 Ztr. Kupfer verarbeitet und dabei „vier gute wasserreder und ain klains, drei smeltzofen, vier abtreibherd, vier garherd“ im Einsatz habe. Auf welche Flütte bezieht sich diese Beschreibung? Rummel erwähnt einmal, daß Meister Ellerbach ein halbes Jahr sein Knecht gewesen ist und „hott mein hütten in Polaw zugericht“214. Rummel will gern einen Bediensteten des Fierzogs auf diese Fiütte zur Unterrichtung lassen. Was den Ankauf von polnischem Blei für das Hüttenwerk anbelangt, teilte Rummel mit, so hätte der Preis zu Leipzig und Breslau jetzt gerade aufgeschla­ gen. Insgesamt wird wohl „ain Winer Zentner über drey fl. rh. bis gen euch gesteen“. Rummel will sich um die Beschaffung von preisgünstigem Blei für den Fürsten bemühen, was er wiederholt betont215.Was sich an günstigem Einkauf für den Fürsten verstand, wußte er auch für die Arnstädter Hütte und seine eigne zu tätigen. Die Betätigung und die Beteiligung von Heinrich III. Rummel an Schmelzhütten ist offenbar geworden. Darüber hinaus erfahren wir in den Briefen von seiner Fürsorge für seine Mitarbeiter. Vom Nürnberger Goldschmied Hans Lochhauser gen. Bair war schon die Rede. Er setzte sich beim Nürnberger Rat, wie es scheint dafür ein, daß dessen Arbeit in Brixlegg nicht auf Schwierigkeiten stieß. Wiederholt beriet er den Fürsten bei einem angemessenen Lohn für die Nürnberger Meister wie z.B. Meister Hans Ellerbach und Hans von Stetten. Letzterer scheint auch zur Beratung nach Ungarn ziehen zu sollen! Ellerbach rühmte er besonders, er hätte schon drei Hütten zugerichtet. Er ist in diesen Dingen ein Meister und er wüßte keinen besseren. Ellerbach hat nicht allein für ihn sondern für Lienhart von Ploben gearbeitet216. Hier wird die Verflechtung der in Nürnberg im Schmelzverfah­ ren Tätigen offenbar. Der Herzog wünschte, Heinrich Rummel möchte selbst in Brixlegg nach dem Rechten sehen. Dem scheint Rummel, soweit die Briefe erhalten sind, nicht nachgekommen zu sein. Die erhaltenen Briefe schließen unvermittelt am 1. Juni 1468. Es liegt im Bereich des Möglichen, daß Heinrich Rummel selbst einmal auf dem Weg nach Pettau durch Ungarn kam. Dort konnte er dann Schmelzherren beraten, die vordem seinen Mitarbeiter Hans von Stetten gern bei sich gehabt hätten. Vielleicht verband er auch damit die Möglichkeit KupferlieferungsVerträge abzuschließen. Der Nürnberger Rat beauftragte Heinrich Rummel 214 In Pfalz-Neuburg Bergwerksgegenstände 6 erwähnt Heinrich Rummel in einem Brief an den Herzog Ludwig von Bayern diese Hütte. Dieser Ort ließ sich bisher nicht finden. 215 Lothar Suhling, Herzog Ludwig der Reiche von Bayern als Montanuntemehmer am unteren Inn. Der Versuch eines Technologietransfer von Nürnberg nach Brixlegg in den Jahren 1467/68. Mscr. Stuttgart 1967/68. Anm. 54. fol. lOr. 2,6 Wie Anm. 213, Fol. 13.

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am 20. Dezember 1470 die Ewiggeldrente von 100 Gulden, die Niklas Warjus, der Vizekanzler Ungarns und Pfarrer von Ofen, 1454 und 1455 in Nürnberg angelegt hatte, und die nun abgelöst worden war, über den Bruder seines Schwiegervaters Peter Meichsner in Pettau zwei Domherren, Thomas von Gothan und Mertein von Pesch in Fünfkirchen ausrichten zu lassen217. Heinrich III. Rummel muß ein sehr vielseitiger Mann gewesen sein. Nachdem er sich in das Schmelzhüttenverfahren mit Erfolg eingearbeitet hatte, ließ er sich in Nürnberg von einer neuen Technik gewinnen — von der Technik des Buchdruckes. Es ist erwiesen, daß er mit Kapital an der Buchdruckerei des Johannes Sensenschmid, die ab 1469 bestand, beteiligt war. Die Persönlichkeit des Magister Sensenschmid stößt auf Interesse. Er kam von Eger nach Nürnberg. Stammte er dennoch aus Nürnberg und ist er identisch mit Johannes Sensenschnid, der 1441—1447 mit Andreas Rummel in Padua studierte?218. Es testierte 1450 Anna Pfisterin, verwitwete Hermann Sensen­ schmid, die u. a. Dr. Johannes Sensenschmid und Peter Sensenschmid ihre Söhne nennt219. „Heinricus Rumei und magister Sensenschmid, puchdrucker geben ein puch comestorium viciorem, 6 fl. wert“ um 1472. Das Buch war in ihrem Verlag 1470 erschienen und ins Kartheuserkloster gestiftet worden220. Rummel hat sich wohl besonders um den Vertrieb der Druckwerke des Sensenschmid bemüht. Dabei konnte er seine vielfachen Handelsbeziehungen einsetzen. Der Görlitzer Kaufmann Hans Brückner hatte vor 1476 seine kaufmännische Ausbildung in Nürnberg in der Druckerei und Buchhandlung Rummel-Sensenschmid erfahren und danach Bücher von ihr in Nürnberg bezogen und in Görlitz vertrieben221. Heinrich Meichsner, Heinrich Rummels Schwiegervater, war zuletzt seiner körperlichen Hinfälligkeit wegen nicht mehr in den Inneren Rat gewählt worden, dem er seit 1453 angehört hatte. Er starb nach großen Erfolgen und auch Rückschlägen am 21. Januar 1471. Bei der Teilung seines Erbes am 30. März 1473 wird durch die Angabe von Heinrich Rummel bekannt, daß in Paris Kessel im Wert von 1200 Gulden aus Meichsners Handel lagerten. Das ist 217 Richard Klier wie Anm. 208. S. 88. 218 Bibliotheksdirektor Dr. Goldmann (|) hat Auszüge zu Nürnberger Studenten angelegt, verwahrt im StadtAN. 219 Stadtbibliothek Nürnberg, Amberg 173, 2°, S. 98e. 1450. Die Familie Sensenschmid ist seit 1397 in Nürnberg feststellbar. (StAN, ASTB 278, 16v). Ich habe noch andere Nachweise. Herr Professor Dr. W. von Stromer weist in seiner Arbeit „Innovation und Wachstum im Spätmittelalter“ hin, daß die Nürnberger Familie Sensenschmid 1434 bis 1442 die Produktion der Drahtmühlen von Roth und Eckersmühlen als Verleger finanzierte (S. 108). In: Technikge­ schichte 44, (1977) Nr. 2. 220 Albert Gümbel, Beiträge zur älteren Nürnberger Buchdruckergeschichte. In: MVGN 29,1928. S. 302. 221 Wolfgang Frhr. Stromer von Reichenbach, Das Schriftwesen der Nürnberger Wirtschaft vom 14. bis zum 16. Jahrhundert. In: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs II. Nürnberg, 1967, S. 756.

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schon eine interessante Tatsache, weil damit ein neues Handelsziel authentisch belegt ist. Dazu gibt Heinrich Rummel bekannt, daß Thomas Merkel ihm einen Betrag von 3500 Gulden schulde. Das beweist die Verknüpfung von Kapital der Meichsner-Rummel mit der Arnstädter Seigerhütte vor 1470222. Zum Tode von Thomas Merckel in Erfurt wurde am 1. Oktober 1475 von der Lorenzkirche geläutet223. Sein Bruder Martin, Ratsschreiber hier, wird das bestellt haben. Sein Sohn Martin Merkel gehörte zu den Haupterben des Onkels. Er war Mitinhaber der Amstädter Seigerhütte. Das Testament des Erbauers dieser Hütte Thomas Merkel hat sich in Nürnberg in Abschrift erhalten 224. Es hat sich auch ein Prozeß vor dem Reichskammergericht vom Jahr 1495 erhalten. Hans Merkel, ein anderer Sohn des Ratsschreibers Martin Merkel, der vor 26. Februar 1478 verstorben war, klagte gegen Hans Lochhauser gen. Bair, Goldschmied in Nürnberg. Thomas Merkel hätte ihm vor langen Zeiten eine Menge Silber an die Hand gegeben. Lochhauser stritt aber ab, Silber von Merkel und Rummel erhalten zu haben 225. Hier tritt auch ganz deutlich die Mitarbeit von Heinrich Rummel an der Amstädter Saigerhütte zutage. Heinrich III. Rummel wurde im Zusammenhang mit nicht eingelösten Wechseln 1472 von Papst Sixtus IV. zur Rechenschaft gezogen. So war seine letzte Lebenszeit von finanziellen Auseinandersetzungen überschattet. — Zur Bilanz seines Lebens ist zu sagen, daß es ihm gelungen war, in Gemeinschaft mit seinem Bruder trotz aller Rückschläge dessen Söhnen, seinen Neffen, den Besitz von Lonnerstadt zu erhalten, das Grundlage für die Existenz der jüngeren Generation wurde. Er versuchte mit neuen wirtschaftlichen Entwick­ lungen einher zu gehen. Durch seinen Fleiß und seine Intelligenz wurde er zu einem Sachverständigen auf dem Gebiet der Metallurgie, daneben gehörte er zu den Bahnbrechern des Buchdrucks in Nürnberg. Wenn ihm der wirtschaft­ liche Erfolg versagt war, so blieb es dennoch ein bemerkenswertes Leben. Die Glocken der Vaterstadt läuteten für Heinrich Rumei senior am 15. September 1476226. 222 Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 1128. — Georg Ernst Waldau, Vermischte Beyträge zur Geschichte der Stadt Nürnberg Bd. 4. 1789. S. 59—65, 1473 Erbteilung. 223 Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 1539. 224 StAN, Ratschlagbuch 5*, f. 268r—272r. Thoman Merkel zu Erfurt Testament (in Abschrift) Martin der Sohn seines Bruders, Hans Meyhen (?), der Sohn seiner Schwester zu Erfurt und Eckarius Schwertzer, der Sohn seiner Schwester zu Nürnberg, die drei sollen den Schmelzhan­ del und alle andern Handel der Hütten haben, einträchtlich und getreulich. Sie sollen zu dritt haben 8000 Gulden an Silber, Geld, Kupfer, Bley. — Die Vermächtnisse ad pias causas betragen über 2000 Gulden, davon gehen 500 Gulden nach Ochsenfurt zu einem Gedächtnis für sich, seine Frau und seine Eltern. Martin Merkel sollte seinem Vater meister Martin Merkel aus dem Handel der Schmelzhütten jährlich 100 Gulden geben. Martin Merkel hatte vier Söhne und die Tochter Veronika Dr. Schützin. 225 Hauptstaatsarchiv München, RKG-Prozeß 8715, Hans Merklein ./. Hans Lochhauser, den man nennt payr. 1495. 226 H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 1611.

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2. Die Brüder Peter (f 1519) und Anton Rummel (f 1538) von Lichtenau, ihr Wirken in Tirol Peter und Anton Rummel, die in Nordtirol wirkten und starben, hatten zum Vater Sebald I. Rummel. Er hatte sich 1448 die 1430 gebome Clara Schürstab zur Frau genommen, eine Enkelin des großen Bürgermeisters von Rothenburg ob der Tauber Heinrich Toppier. Ihre Söhne mögen ein Stück geistigen Erbes dieses bedeutenden Mannes in sich getragen haben305. Peter wurde 1457 in Nürnberg geboren in dem Haus im Stadtteil St. Lorenz, in dem schon seine Großeltern gewohnt hatten. Sein Vater gab 1459 das Nürnberger Bürgerrecht auf, er war wohl des Fernhandels müde. Ob er sich gleich auf seinen Besitz in Neuseß, dessen Lage nicht genau bekannt ist, zurückzog? Dort starb er 1483. Ihre Mutter gewann etwa 1485 den Ritter Sebald Pfinzing zum zweiten Ehemann. Sie testierte am Juli 1483, ihr wurde am 24. Juli danach geläutet227. In ihrem Testament erwähnt sie beide Söhne und setzt bei Peter hinzu, daß er ein Weib habe. — In Nürnberg lebte bis 1489 noch der Bruder ihres Vaters Dr. iur. utr. Andreas Rummel, der in Padua studiert hatte und später Ratskonsu­ lent seiner Vaterstadt war. Barbara, die Schwester des Vaters, war mit dem Ritter Friedrich von Künßberg zu Schnabelwaid in Oberfranken vermählt. Die Base der Brüder aus dieser Ehe Agnes von Künßberg war die Frau von Wilhelm von Lentersheim 228. Die Künßberg gehörten zur fränkischen Ritterschaft. Die Brüder, die zu Vollstreckern des Testaments der Mutter eingesetzt waren, kamen mit ihren fränkischen Verwandtschaft nach dem Tode der Mutter zusammen. Wir wissen nichts vom Leben der Brüder, bis sie in Tirol mitten im Berufsleben standen. Wie sind sie dorthin gelangt? Die Schwester ihrer Mutter Brigitte Schürstab hatte in die Hirschvogel-Familie eingeheiratet. Ein junger Sohn von ihr und ein Schwiegersohn hatten enge Beziehungen zu den Montanuntemehmern in Schwaz. Dazu hatte Peter Rummel in seinen Jüng­ lingsjahren noch den Onkel Heinrich Rummel (f 1476) erlebt, der der erste Metallurge des Hauses war. Den jungen Peter müssen seine Fähigkeiten beeindruckt haben. In Schwaz starb in jungen Jahren sein Vetter Lucas Hirschvogel (1454—1475), der im Umkreis der Familie Tentzel gewirkt hatte, die dort zu den hervorragendsten Silbergewerken gehörte229. Peter Rumei könnte zunächst Aufgaben mit und von ihm übernommen haben. In Schwaz begann sein erfolgreicher Lebensweg.

227 H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 2155 (1483). Stadtbibi. Nbg. Amb. 179, 2°, S. 53a/b. H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 2450 (1487). 228 StAN, BB 35, f. 91r. Hier die Verwandschaft Rummel/von Künßberg/von Lentersheim im Jahr 1476. 229 Christa Schaper, Die Hirschvogel v. Nbg. Nbg. Forschungen 18, 1973. S. 66/67. Das Grabmal d. Lucas Hirschvogel in Schwaz, Abb. 2. S. 155/156, Der Ehemann der Schwester Ursula des Lucas Hirschvogel, der Kaufmann Hans Salfelder (f 1481) hatte Bergwerksbesitz in Schwaz und war Gesellschafter des Schmelzhandels von Stefan Tentzel gewesen.

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Er war um 1475 schon verheiratet. Johannes Rummel aus Swatz studierte 1488 in Ingolstadt. Johannes Rummel ex Schwatz filfius] Petri ist 1499 in Bologna Student 23°. Seine erste Frau starb früh. Bekannt ist die zweite Ehe ab 1485 mit Katharina, der Witwe des Gewerken und Baumeisters Gilg Mitterho­ fer. Sie brachte zwei Kinder mit in die Ehe. Peter Rummels Stieftochter Barbara wurde 1491 die Frau des bedeutenden Tiroler Ritters Florian Waldauf von Waldenstein231. Peters letzte Ehefrau war ab 1494 Rosina, die Tochter von Hans Baumgartner von Kufstein. Hans Baumgartner war ein großer Kaufmann gewesen, führend im Silber- und Kupferhandel in dieser Region 232. Aus der Ehe mit der Baumgartnerin stammte die Tochter Maria. Auf welche Ehe ging die Tochter Regina Rummel zurück, die als Stiefschwester der Maria 1521 bekannt wird246? Auf seiner Reise nach Venedig hielt sich Albrecht Dürer im Herbst 1494 in Innsbruck auf. Er hat dort drei herrliche Aquarelle gemalt. Wahrscheinlich hat Dürer bei dem Vetter seiner Frau Peter Rummel gewohnt, der als Hauskämmerer des Landes Tirol ihm die Türen der Hofburg öffnete, von deren oberen Stockwerk Dürer den Blick in ihren Hof malte 223. Nach einem kurzen Blick auf seinen Familienkreis wenden wir uns seiner Lebensarbeit zu, die sich rechts und links des Inns vollzog. Erich Egg bringt zur Kenntnis, daß Peter Rummel vom Jahr 1479 an als Silbergewerke nachzu­ weisen ist. Er hat von 1479 bis 1492 im Schwazer-Bergbau 13.226 Mark Silber und 5183 Zentner Kupfer gewonnen 234. Peter Rummel hat eine neue Schmelz-Methode zur Entsilberung von Nürnberg mitgebracht und im Inntal um 1480 eingeführt. „Als man aber im vorstanndnem schmelzen befunden hat, das es vill Pley bedurfft auch vil Silbeim Kupfer beliben ist, sein bald zu der selben Zeit geen Schwaz khomen zween Mann, die umb Nürmberg daham gewesen sein, mit Namen Petter Rumbl von Lichtenau und Claus Schlosser, die haben mancherlei weg im schmelzen gesucht, als das sie im Kupfer in ainem Cennter über 3 bis in 4 lot nit gelassen haben, und haben für die erste Mainung geschmelzt wie hemad folgt“. Wer war Claus Schlosser, der zweite Mann aus Nürnberg? In den Raitbüchern in Innsbruck fand ich mehrfach den Nürnberger Kaufmann Klaus 230 Götz Frhr. v. Pölnitz, Matrikel der Ludwig-Maximilian-Universität Ingolstadt-LandshutMünchen, München 1937, I, 188, 15. — Gustav C. Knod, Deutsche Studenten in Bologna, 1289—1562, 1899. S. 467, Nr. 3160. Dieser Johannes Rummel muß aus seines Vaters Peter erster Ehe stammen. Da er bei der Erbteilung 1520 nicht genannt wird, könnte er schon tot sein. 231 Christa Schaper, Die Hirschvogel, S. 199—202. Zu Peter Rummel und seiner Familie. Florian Waldauf v. Waldenstein ebenda. 232 Erika Cremer, Innsbruck, Dürers verwandschaftliche Beziehungen zu Innsbruck. In: Fest­ schrift Nikolaus Grass, Innsbruck 1974/75. Bd. II. S. 125—130. Darin eine Abbildung des von Peter Rummel erbauten Schlosses Thierburg im Gnadenwald. 234 Erich Egg, Innsbruck. Das Schmelzbuch des Hans Stöckl. Die Schmelztechnik in den Tiroler Hüttenwerken um 1550. In: Der Anschnitt, Jg. 15, Sonderheft 2,1963—64. Zu Peter Rummel S. 7. S. 33 u. a. O. S. 13. Durch den Rat von Nürnberg war 1486 dem Erzherzog Sigmund von Österreich (Landesherr von Tirol) Wissenswertes zum Seigerwerk mitgeteilt worden.

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Slosser mit Verkäufen von Pelzwaren genannt, aber auch mit in Nürnberg dargeliehenem Geld zum Einkauf von Püchsen in Nürnberg durch einen Innsbrucker235. Dieser Kaufmann Schlosser könnte der Vater eines gleichna­ migen Sohnes sein, dem er den Weg durch seine Kenntnisse um die Möglich­ keiten im Raum Innsbruck dorthin gewiesen hatte. Augsburg hat am 21. Januar 1465 nach Nürnberg die Nachricht gegeben, daß die Nürnberger Bürger Clais Schlosser und sein Sohn vor ihrer Stadt nicht niedergeworfen worden sind 236. Es könnte persönlich ein Zusammenhang zwischen dieser Familie Schlosser und dem Claus Schlosser in Schwaz bestehen. In Nürnberg hat sich ein Brief erhalten geschrieben von Peter Rummel in Innsbruck am 15. Oktober 1490: „Ich Peter Rumei, unsres allergnädigsten Herrn des Römischen Königs Hauskammerer . . .237“, so hat er zu seinem wirtschaftlichen Einfluß Verantwortung auf finanztechnischem Gebiet gewon­ nen. Wie lange er vordem bei Erzherzog Sigmund und nachdem bei Kaiser Maximilian dieses Amt eingenommen hat, läßt sich ohne ausgedehnte For­ schungen leider nicht feststellen. Peter Rumei von Lichtenau ist im Amt des Hauskämmerers der „Finanzminister“ von Tirol gewesen — wohl in einem Zeitraum ungefähr von 25 Jahren. Im Jahr 1492 kaufte Peter Rummel bei Fritzens ca. 5 km vor Hall ein Haus, Anger, zwei Schmelzhütten, einen Hammer und eine Messinghütte um 2000 fl. Das war schon eine industrielle Anlage, die er dort damit besaß 238. Sie lag am Fuße des Karwendelgebirges am linken Ufer des Inn und etwa 10 km entfernt von seinem Pfleg-Schloß Sigmundslust über Vomp bei Schwaz. Peter Rummel verband mit seinem innovatorischen Können organisatorische Fähigkeiten und geldtechnische Kenntnisse, die er eine ganze Reihe von Jahren zum Nutzen seiner neuen Heimat einsetzte. Das Tiroler Landesmuseum in Innsbruck bewahrt einen Wappenbrief, den Kaiser Maximilian I. für Peter Rumei unseren Rat und Pfleger zu Sigmunds­ lust und für seine Verdienste als Rat und Hauskämmerer Erzherzog Sigmunds und für seinen Bruder Anton von Lichtenau, in Worms am 7. Juli 1495 ausgestellt hat 239. Ein weiterer Wappenbrief von Kaiser Maximilian I. von 1495 hat sich im Besitz von Dr. Friedrich Frhr. von Rummel—München erhalten 240. In Nürnberg erscheint der Wappenbrief in Abschrift241. Der 235 Tiroler Landesarchiv Innsbruck, Raitbuch 0, 1454—57, f. 38v, 39v, 40r, 56r, 83. Der letzte Eintrag ist in der vierten Abrechnung, die bis Oktober 1457 reicht. 236 StadtAN, Urk. 1465 Januar 21. 237 StAN, Rep. 54a III, Nr. 49. 238 Tiroler Landesarchiv Innsbruck, Schatzarchiv Re. II, 416. Kaufbrief von Peter Rumei, Hauskämmerer zum Besitz in Fritzens. Für diese bedeutsame Mitteilung bin ich Herrn Dr. Egg, Direktor des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Innsbruck aufrichtig dankbar. 239 Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Urk. 813. 240 Nach dem Aussterben der Freiherren von Rummel zu Lonnerstadt auf Zant in der Oberpfalz, die auf die Nürnberger Ratsfamilie zurückgingen, kamen nach der späteren Auflösung des Gutes um 1900 die dortigen Archivalien zum Verkauf. Ein weiteres Original des durch Kaiser Maximilian in Worten am 7. 7. 1495 erlassenen Wappenbriefes für die Rummel in Tirol und die

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Wappenbrief von 1495 galt auch für acht damals zu Nürnberg lebende Verwandte aus dem Haus Rummel, die namentlich aufgeführt sind. Die Nürnberger und Tiroler Rummel standen in gegenseitigem Kontakt. So bezahlte Hieronymus Rummel den Betrag von 140 fl. rh. im Auftrag von Peter Rummel in Innsbruck 1491 an Schuldner in Ochsenfurt und Dottenheim. Hatte er Frankenwein aus Mainfranken bezogen? 242. Peter Rummel wurde neben Ehrungen auch klingender, kaiserlicher Dank zuteil. In einer Urkunde vom 23. Januar 1510 übertrug ihm Kaiser Maximilian die Zahlung von insgesamt 3000 Gulden rh. (auf sechs Jahre je 500 Gulden) aus den Einkünften des „hüttwerck zu Rattenberg am Yn“, weil er „weilant unserm lieben vettern und fürsten erherzogen Sigmunden auch uns gemainen unsern perkhwerken im Yntal mit erfindung etliches nützlichens smelzens und in ander weg treulich und wol gedient“ 243. Nach der Schwazer Bergwerksgeschichte besaß Peter Rummel 1513 fünf Gruben am Falkenstein, der die um 1400 entdeckten Silber- und Kupfervor­ kommen enthielt 244 und sich mit seinen Wäldern und Matten hinter Schwaz erhebt. Unter dem 20. September 1518 bewilligte Kaiser Maximilian seinem Rat Peter Rumei von Lichtenau zu seinem jetzigen Sold einen Teil des Gehaltes zusätzlich, den er vor seinem Rücktritt als Hauskämmerer bezogen hatte, weil er zum Zweck der kaiserlichen Weidnerei ein Jagdhaus auf dem Hallerwald von seinem eignen Geld erbaut hatte und überdies wegen seines Alters 245. Der Kaiser nannte das Jagdschloß Tierburg. Die Tierburg im Gnadenwald östlich von Hall ist noch erhalten. Kaiser Maximilian I. starb am 12. Januar 1519. Peter Rummel von Lichtenau überlebte ihn nur um sechs Monate. Er starb im Juli 1519 in dem schönen Schloß Sigmundslust, das der Kaiser ihm 1497 für seine Lebenszeit zugestan­ den hatte. Peter Rummel „hat vil gelts darein verbaut“. Zu Füßen des Schlosses Sigmundslust liegt das Dorf Vomp, in dessen Kirche er beigesetzt wurde. Haupterbin war seine Tochter Maria, die seit 1511 mit dem kaiserli­ chen Rat Blasius Hölzl, Pfleger von Vellenberg, vermählt war. Maria hatte eine Stiefschwester Regina, das geht aus einem Brief von Hölzl nach Nürnberg

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Rummel in Nürnberg befindet sich im Besitz von Dr. Frhr. Friedrich von Rummel, München, der einer Familie entstammt, die ihre Herkunft auf Neuburg und Weiden zurückführt. Der Großvater des jetzigen Besitzers erwarb dieses Original von 1495 und das des Wappenbriefes der Rummel von 1433 vor langen Jahren. StadtAN, LL 100, f. 66v—67r. StadtAN, Cons. J., 103. Lothar Suhling, Innovationen im Montanwesen der Renaissance. Zur Frühgeschichte des Tiroler Abdarrprozesses. In: Technikgeschichte, Bd. 42, 1975, S. 105/06. M. von Isser, Schwazer Bergwerksgeschichte. S. 35. Österreichisches Staatsarchiv, Wien I. Reichsregister Bd. BB, fol. 502r. Zum Schloß Tierburg. Innsbrucker Nachrichten 1931 Feber 7. Vielen Dank für diesen Hinweis Herrn Dr. Egg, Tiroler Landesmuseum.

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hervor 246. Peter Rummel hatte auch Erbgut in Nürnberg hinterlassen. Es handelte sich um 6000 fl. Erbgut angelegt bei der Stadt Nürnberg, das jährlich 300 fl. Ewigzins brachte. Der Schriftwechsel zur Auszahlung hat sich erhalten. Blasius Hölzl starb am 21. Juli 1326 in Innsbruck. Seine Witwe Maria heiratete 1528 Hans Otto von Achterdingen, den tirolischen Hauszeugmeister in Innsbruck. Maria von Achterdingen, geb. Rummel, starb 1545. Von ihr besitzt das Landesmuseum in Innsbruck eine Wappenscheibe mit dem Wappen der Rummel 247. Anton Rummel von Lichtenau soll am 25. Oktober 1462 geboren sein. Beim Tod der Mutter war er 1487 noch ledig. Es könnte sein, daß er sich erst nach ihrem Tode nach Tirol gewandt hat, wo sein Bruder schon festen Fuß gefaßt hatte. Vielleicht war Anton zunächst in den Betrieben des Bruders tätig. Dabei ist an die Werke in Fritzen zu denken, ehe er in den Dienst des Kaisers Maximilian trat. Am 5. März 1506 wurde Anton Rummel zum Rat und Verwalter des großen und neuen landesfürstlichen Hüttwerks in Rattenberg (Brixlegg-Rattenberg) bestellt 248. Von seinem persönlichen Leben ist bekannt, daß er zunächst mit Anna Kripp verheiratet gewesen ist. Zur zweiten Ehefrau wählte er sich Martha, die Tochter von Hillenbrand von Spaur, die ihm der Überlieferung nach 1511 das erste Kind gebar, dem noch dreizehn folgten. Neun Kinder davon wuchsen heran. Sein Bruder Peter hatte vor seinem Tod die fröhliche Kinderstube zu einem Teil auf Schloß Lichtwer bei Brixlegg erleben können, mit dem Anton 1516 belehnt wurde249. Durch Hergabe eines Darlehens von 2000 fl. war er 1512 Pfleger des Landgerichts Schwaz geworden 250. Im großen und ganzen gehörten die Orte Stans, Vomp, Pili, Weer, Weerberg, Markt/Dorf Schwaz (1899 Stadterhe­ bung) dazu. So war das Leben von Anton Rummel erfüllt von beruflichen Pflichten auf der großen Schmelzhütte, von bürgerlichen Pflichten als Pfleger 246 StadtAN, Ratskanzlei 526. Abschrift vom Brief von Blasius Hölzl 1521 StAN, Akt. d. 7 färb. Alph. Nr. 47. Weiterer Briefwechsel zur Erbschaft Peter Rummel. Hier hat sich die Unter­ schrift seiner Tochter Maria erhalten. Nach frdl. Mitteilung des Österreichischen Staatsarchives in Wien enthält das dort im Original vorhandene Werk Burglehners, Der Tirolische Adler, Hs. weiß 231, Bd. 8 (Burgen und Schlösser) Hinweise auf Schloß Sigmundslust. Herr Blasy Hölzel, kais. Rat und Pfleger zu Vellenberg verleiht am 11. XII. 1520 auf 3 Jahre Georg Stöckhel zu Schwaz die Feste Sigmundslust mit aller Zubehör. Ferner heißt es dort: „Stephan Wöstner, Röm. kün. May. Rath hat Sigmundslust von den Hölzlischen Erben kaufweiß bekommen umb 1400 fl. rh. a. D. 1532“. Blasius Hölzl hatte 9 Töchter und 1 Sohn gehabt, die Enkel von Peter Rumei von Lichtenau. 247 Das Todesjahr der Maria, geb. Rummel und die Kenntnis der erhaltenen Wappenscheibe mit dem Wappen der Rummel geht auf den dankenswerten Hinweis von Direktor Dr. Egg, Ferdinandeum, Innsbruck zurück. 248 Tiroler Landesarchiv, Innsbruck, Bekennenbuch 1506, f. 7v übermittelt durch das Tiroler Landesmuseum. 249 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. 250 Tiroler Landesarchiv, Schatzarchiv II 256. Die Auskunft über den Umfang des Landgerichts Schwaz wird dem Tiroler Landesarchiv verdankt.

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dieses Landgerichtsbezirks, durch die familiären Aufgaben in der wachsenden Familie auf Schloß Lichtwer. Die Kanzlei der Regierung und Kammer im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck enthalten mit Sicherheit reiches Material zu Anton Rummels Arbeit als erster Leiter der bedeutenden Schmelzhütte Brixlegg-Rattenberg251. Ich sah zufällig im Jahr 1969 auf der Ausstellung Maximilian I. in Innsbruck in „Entbieten und Befeich“ vom Jahr 1514 im Kopialbuch eine Seite aufgeschla­ gen mit dem Befehl an Anthon Rumei von Lichtenau zu einem Kupferverkauf. Am 30. November 1514 erhielten der Bergrichter und die Geschworenen von Schwaz den Befehl mit dem Hüttmeister zu Rattenberg Rummel von Lichtenau den neuen Bau unter dem Erbstollen, welcher Kaiserbau genannt werden soll, zu besuchen 252. Mit dem Besitz des Schlosses Lichtwer bei Brixlegg war auch Grundeigen­ tum verbunden gewesen. Anton Rummel von Lichtenau ist als Gerichtsherr der Hofmark Münster und Lichtenwerd ab 1516 aufgeführt253. Die Reichsregister enthalten auch zu Anton Rummel eine Urkunde. Sie bringt unter dem 16. Dezember 1516 die Tatsache, daß Anton Rumei von Lichtenau, der kaiserliche Rat und Verwalter des Hüttenwerks zu Rotenberg am Inn, die Pflege von Frundsberg für eine bestimmte Frist innehat 254. Hat Anton Rummel neben seiner für den Landesfürsten betriebenen Schmelzhütte in Rattenberg-Brixlegg versucht, eine eigne Schmelzhütte aufzubauen? Im Jahre 1527 scheint nach Aussage des Fröhners von Schwaz ein gewisser Anthon Rumei unbefugterweise im Zillertal eine Schmelzhütte aufgebaut zu haben 255. Von Antons vierzehn Kindern, die in Nürnberg überliefert werden, sind sechs herangewachsen. Hier gewinnt sein Sohn Christoph (geb. 1520) eine besondere Bedeutung, wie hernach noch geschildert wird 256. Anton Rummel hat sich zu Lebzeiten porträtieren lassen. Das Bildnis war auf der großen Maximilian-Ausstellung 1969 in Innsbruck zu sehen. Er stand danach in bestem Mannesalter, eine Persönlichkeit von gewinnendem Äußeren. Ihn 251 Leider war es mir nicht möglich, weitere Tatsachen durch eigne Forschungen in Innsbruck jetzt zu finden, weil mein derzeitiger Gesundheitszustand mich daran hindert. Vorjahren habe ich nach meiner Archivarbeit in Innsbruck Schwaz und auch das Schloß Sigmundslust besucht. Ich habe aus seinen Fenstern die herrliche Aussicht über das Inntal bis hin zum Kaisergebirge erlebt wie einst Peter Rumei von Lichtenau. 252 Max von Wolfstrigl-Wolfskron, Die Tiroler Erzbergbaue 1301—1665. Innsbruck 1903. S. 39. 253 Hermann Wopfner. In: Acta Tirolensia, Quellen zur Gesch. des Bauernkrieges 1525. Inns­ bruck 1908, Anton Rumei von Lichtenau, Gerichtsherr der Hofmark Münster und Lichten­ werd (1516—1542) 186, 15, 30, 34. Anton Rummel starb 1538. Vielleicht hat ein Sohn das danach noch verwaltet? 254 Östereichisches Staatsarchiv, Wien I. Reichsregister Bd. BB, fol. 504, Urk. 1516 XII 16. 255 M. von Wolfstrigl wie Anm. 252, S. 128. 256 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. Die Kenntnis von der Familie Rummel in Tirol blieb lange bei den Nachkommen der Nürnberger Ratsfamilie lebendig. Hat eine Tochter von Anton (f 1538) in die Nürnberger Familie Geuder eingeheiratet?

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schmückt eine lange Kette mit einem Medaillon daran mit dem Bilde von Kaiser Karl V. Anton Rummel von Lichtenau starb der Überlieferung nach am 16. Februar 1538. Die jüngsten Kinder waren um zehn Jahre alt. Christoph Rummel, sein ältester Sohn, mag das Porträt des Vaters mit sich nach Bruneck in Südtirol genommen haben, wo er als Pfleger 1576 starb. Anton Rummel von Lichtenau, sein Sohn, gleichfalls Pfleger zu Bruneck (verstorben 1590) war der letzte Namensträger in Tirol. Das schöne Porträt seines Großvaters Anton Rummel von Lichtenau wurde vor 1914 innerhalb der Sammlung Vintler in Bruneck versteigert. Das Original ist heute verschollen. Fanny von Inama, eine Angehö­ rige der Familie, die heute das Schloß Lichtwer besitzt, hat das Porträt 1906 kopiert. Die Kopie hängt heute im Schloß Lichtwer bei Brixlegg, wo Anton Rummel von Lichtenau von 1516—1538 gelebt hat 257. Abb. 5.

IV. Die fünf Söhne von Heinrich I. Rummel (f 1417) und ihre Nachkommen 1. Hans

/.

Rummel (f 1434)

Hans, der älteste Sohn von Heinrich I. Rummel, mag den Vornamen seines Großvaters erhalten haben. Er wuchs im Haus am Zotenberg in verwandschaftlicher Nähe zur Familie Fritz Kreß auf. Das wird sein Leben geprägt haben. Es ist eine gemeinschaftliche Kaufmannslehre mit den jüngeren Vettern Kreß in Venedig anzunehmen. Zum ersten Mal wurde er im Handelsverkehr in Italien in den Büchern der Mayno-Bank in Mailand im Juli 1394 in Venedig bei Einlösung eines Wechsels genannt127. Im Bereich seines persönlichen Lebens wird als erste Tatsache sein Heiratsvertrag mit Katharina, des Hans Pirckheimer Tochter, am Montag vor St. Michelstag 1397 bekannt258. Sein Schwiegervater Hans Pirckheimer (| 1400) war von 1386—1400 im Inneren Rat der Stadt. Er war ein Kaufmann von besonderem Rang gewesen, der früh im Venedig-Handel erscheint. Sein Salbuch von 1398 wird im Britischen Museum in London verwahrt. Wie er 1399 testierte, nannte er den Schwiegervater seiner Tochter Heinrich Rummel seinen Schwager. Die Schwe­ stern der jungen Katharina Rummel waren Kunigund, die Hans Teuflin, und Barbara, die Michel Grundherrin 259. Diese Familien ergaben neben den Pirck­ heimer die neue Verwandschaft von Hans Rummel. Sein Schwager Fritz Pirckheimer erschien mit den Zeugen Hans Teufel und Cuntz Pirckheimer am 10. März 1401 vor Gericht. Ulrich Semler d. J. mit seiner Frau Margarete und seinem Sohn Burkhard haben ihr Gut zu Eschenbach (des Goppolts Gut) 257 Ausstellung Maximilian I. Innsbruck, Katalog 1969. Nr. 294, Dem Text zum Bildnis des Anton Rumei von Lichtenau wurden die Hinweise zum Verbleib des Porträts entnommen. 258 StadtAN, Genealogische Papiere Rummel. 259 StadtAN, Lochner Norica, VII, S. 331.

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Hans Rummel und seiner Frau Katharina zu kaufen gegeben 260. Wann Katharina ihr junges Leben beschloß, ist bisher nicht bekannt. In dieser ersten Ehe ist der älteste Sohn Hans d. J. zur Welt gekommen. Vor 1405 nahm sich Hans Rummel zur zweiten Ehefrau Gerhaus, die Tochter von Ulrich III. Haller und der Margarethe Forstmeister. Ihre Verwandte Agnes Haller wurde in ihrer dritten Ehe 1421 die Frau des Bruders ihres Ehemanns, des Ritters Franz Rummel. Hans Rummel, der ab 1400 Genannter des Größeren Rates war, ist oft auf Handelsreisen gewesen. Nachdem sein Vater am 18. Oktober 1409 die Herrschaft Lichtenau von der Reichsstadt Nürnberg erworben hatte, ist es wahrscheinlich, daß er als der älteste Sohn in der Lichtenauer Burgfeste Wohnung bezog. König Ruprecht belehnte Hans am 17. April 1410 mit dem Blutbann im Markt Lichtenau. Sein Vater hatte sich dem Rat gegenüber verpflichtet, dieses „offne Haus“ der Reichsstadt in bester Ordnung zu halten. Hans Rummel vertrat seinen Vater und übte hochgerichtliche Rechte aus261. Zur Herrschaft gehörten das Schloß und die Ortschaft Lichtenau mitsamt den Dörfern Malmersdorf, Rutzendorf und Langenloh. Im Umkreis von Lichtenau lebten um 1300 alte Familien des Namens Rummel. Regte dieses Wissen auch zum Erwerb jener Herrschaft an? Am 20. Juli 1414 verkaufte.Bischof Albrecht von Bamberg den von Lienhart Graf zu Castell und Friedrich Schenck Herrn zu Limburg zu Lehen gehenden Hof zu Lonnerstadt (LK Höchstadt/A.) an Hans Rummel, Bürger zu Nürn­ berg. Es erregt Aufmerksamkeit, daß Hans Rummel und seine Brüder am 11. November 1414 von Bischof Albrecht von Bamberg um 2700 fl. mit Einver­ ständnis des ganzen Domkapitels folgende Güter erwerben, die frei ledige Eigengüter des Stiftes waren 1) zwei Höfe zu Alersbach (Ailsbach, LK Höchstadt/A.) und Sterpfersdorf (Sterpersdorf, LK Höchstadt/A.) samt den darein gehörigen Seldengütem in beiden Dörfern und dem Weiher zu Ellers­ bach; 2) Lehen von des Bischofs „Schwägern“ Lienhard Graf zu Castell und Friedrich Schenck Herrn zu Limpurg einen Hof zu Lonnerstadt samt den Seldengütem, seinen 3/8 Anteil am Zoll daselbst und 5l/2 Tagwerk Wiese zu Lonnerstadt 262. Eine mir erst spät bekannt gewordene Urkunde, gegeben Bamberg am 14. Juli 1417, erweitert noch die Kenntnis über den Besitz von Hans I. Rummel. In die darin genannten Güter sind einbezogen die, welche sein Vater Heinrich am 18. Februar 1417 von Hans von Egloffstein zu Mülhausen erworben hatte63. Es sind dies der Hof und vier Güter zu Ailsbach mit ihren Zugehörungen, ein Gut zu Winterbach und ein Gut zu Buchfeld, dazu treten noch ein Reutzehenden zwischen Wachenrod und Buchfeld und das Holz, 260 StadtAN, UR 1401 März 10. 261 Wilhelm Schwemmer, Lichtenau, 1980, S. 14. 262 Archiv der Freiherren Stromer von Reichenbach auf Burg Grünsberg, bearbeitet v. Matthias Thiel, Neustadt/A. Urk. Nr. 143, 1414 Juli 20; Urk. Nr. 144, 1414 November 11 Bamberg.

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Geyerberg genannt, alles bambergische Lehen von Hans von Egloffstein zu Mühlhausen gekauft. — Hans Rumei erhält den Hof von Albrecht, Bischof zu Bamberg zu eigen, indem er (Hans Rumei) seinen vom Vater auf ihn gekom­ menen Hof zu Nachendorf mit drei Gütern und einem Holz zu Nachendorf, sowie einem Holz am Birkach gelegen, alles frei lauter Eigen, dem Bischof Albrech zu Lehen aufgibt 262a. Durch die Urkunde wird bekannt, daß Heinrich I. Rummel umfangreichen Besitz, der frei lauter eigen war, zu Nachendorf, das identisch ist mit Nackendorf bei Höchstadt, in der Hand gehabt hatte. Die Rummel besaßen in diesem Landstrich einen ungewöhnlichen Grundbesitz. Barbara Rummel, die Tochter von Hans d. A., wurde vom Großvater Heinrich I. in seinem Testament von 1417 mit einem Legat von 200 fl., bedacht. Diese Tatsache wird erst 1449 bekannt 285. König Sigmund belehnte Hans Rummel nach dem Vaters Tode erneut mit dem Blutbann von Markt Lichtenau am 15. Oktober 141853. Vor Februar 1419 kauften Hans Rummel und sein Bruder von Ritter Ehrenfried von Seckendorf und Agnes (geb. Haller) die neun Güter zu Wustendorf (Wüstendorf bei Lehrberg, LK Ansbach), drei Güter zu Adelmannsgeseß (Adelmannssitz, LK Ansbach) und zwei Güter zu Ratzenwinden (LK Ansbach), die Reichslehen waren. Der Lehenbrief nannte den 1. Februar 1419263. Vom 5. Juni 1420 hat sich ein Originalpergament in Würzburg erhalten, „Ich Hans Rumei“, beginnt er die Bestätigung, daß er zu Lehen erhalten hatte von Johannes Bischof von Würzburg den Zehnten von Iphofen, den er als Mannlehen gekauft hatte von Agnes (Haller), der Witwe von Ehrenfried von Seckendorf264. Diese junge, vermögende Witwe wurde 1421 die Frau seines Bruders Franz. Am 9. März 1420 verkaufte Konrad Kettenhofer d. Ä. zu Ansbach an Hans und Franz Rummel, Gebrüder zu Nürnberg, einen Hof zu Bischofsbach (Büschelbach b. Lichtenau) und ein Seldengütlein daselbst, welches vom Bischof zu Würzburg und der Herrschaft zu Heideck zu Lehen geht, um 220 fl. Der Lehenbrief wurde am 22. Juni 1420 ausgefertigt265. Am 23. November 1420 wurde der Heiratsvertrag zwischen Barbara Rum­ mel und Karl Holzschuher d. J. unterzeichnet. Die Braut brachte 800 Gulden, der Bräutigam 1000 Gulden ein. Zu den Bürgen auf Seiten der Braut zählten der Senior der Familie Wilhelm Rummel d.Ä. und der Bruder des Brautvaters Heinrich II. Rummel266. Die Hochzeit wurde erst am Eritag vor Fronleichnam

262a StAN, Rep. 10, Heilig-Geist-Spital, Nr. 98. Der Hinweis auf diese Urkunde wird Frau Archivrätin Ursula Schmidt-Völkersamb verdankt. 263 StAN, Rep. 18. D-Laden Urk. 1418 Okt. 15. 264 Staatsarchiv Würzburg, Urk. L. 193, Nr. 136. 265 StAN, Archiv Muffel 80/80a, Urkunden u. Akten, S. 195, Nr. 203,1420 März 9, S. 195/96, Nr. 204, 1420 Juni 22. 266 J. C. Gatterer, Codex dipl. et documentorum Holzschuherorum Historia Genealogica, Nürnberg, 1755, Nr. 109.

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(20. Mai) 1421 gefeiert 267. Im Zusammenhang mit dieser Eheschießung wissen wir von Geschenken an das junge Paar. Walburg Kreß, die Tochter von Hans Waldstromer und Anna, geb. Gravenreuther, war seit 1407 die zweite Frau von Konrad II. Kreß. Sie hat uns mit ihrem „Schenkbüchlein“ von 1416—1438268 eine liebenswürdige Quelle hinterlassen. Die darin erwähnten Geschenke an Verwandte und Bekannte überliefern uns ihre Teilnahme an Ereignissen in deren Leben, dazu wissens­ werte Tatsachen über Zeitpunkt und deren Wohnungen. So schrieb sie Freitag vor St. Veitstag (8. Juni) 1423 ein; „Schankt wir dem jungen Karl Holzschuher, der des Hans Rumeis tochter het, 1 grossen messein leuhter mit 6 Roren, den man auf heckt, der leuhter kost vier guidein und schanken im mer mit dem leuhter 1 messin gyßwaz kost 1 gülden 1 Ort (Viertelgulden), do zoh er sich zu den neuen spital. . .“ Karl Holzschuher hatte die ersten zwei Ehejahre, wie es vereinbart war, bei Vater und Schwiegervater verbracht. Nun zog er in ein Haus in die Nähe des Schwiegervaters, das Hans Rummel, wie zu schließen ist, von Sigmund Stromer zur Rosen gekauft hatte. Im Jahr 1425 kaufte Hans Rummel von Hartwig und Albrecht von Egloffstein Güter zu Pillhofen, die seine Witwe Gerhaus 1448 an das Kathari­ nenkloster verkauft 269. Mit dem 2. September 1426 wird bekannt, daß Hans Rummel d. A. die feste Behausung zu Malmsbach gehört, die vordem Peter Haller besaß. „Ich, Hans Rumell zu Nürnberg“ beginnt die Urkunde, die von ihm und seinen Brüdern Heinrich II. und Franz I. gesiegelt wurde. Die gut erhaltenen Siegel weisen verschiedene Umrandungen auf270. Der Rat hat es Hans Rummel erlaubt, den Graben zu füttern und zu befestigen in der Höhe, wie er damit angefangen. Er solle jedoch nicht höher mauern, als wie es Peter Haller verschrieben hätte. Mit dem Jahr 1427 wurde Hans Rummel d. Ä. Jüngerer Bürgermeister und blieb es bis zu seinem Tode. Wann mag Hans Rummel d. J. geheiratet haben? Von 1420 an ist er als Genannter des Größeren Rates angeführt. So hatte er zuvor Agnes (geb. 1405), die Tochter von Georg Stromer und der Martha Aislingerin zur Frau gewählt. Sie gebar ihm zwei Töchter, Agnes und Gerhaus 275. Hans Rummel d. A. besaß schon Enkelkinder aus der Ehe seiner Tochter Barbara Holzschuher. Mit eigner Hand hat der junge Vater Karl Holzschuher ihre Namen und Geburtsdaten in sein Salbuch eingeschrieben271. Der Barba267 StadtAN, Nbg. Wappen- und Geschlechterbuch Nr. 48. Von Veit Holzschuher im Jahr 1563 angefangen. S. 79r. 268 Frejherr Georg Kreß, Das Schenkbüchlein einer Nürnberger Patrizierfrau von 1416—1438. In: Anzeiger f. Kunde d. dtsch Vorzeit NF. Bd. 23, 1876. (Künftig zitiert: Walburg Kreß, Schenkbüchlein) Sp. 53. 269 StadtAN, Genealogische Pap. Rummel. 270 StAN, Urk. des 7 färb. Alph. Nr. 711, 1426 Sept. 2. 271 StadtAN, Wappen- u. Geschlechterbuch Nr. 48. Veit Holzschuher hat die Einträge von Karl Holzschuher aus dessen Salbuch ausgezogen. Er überliefert auch den Todestag von Barbara

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bara vom Jahr 1422 folgte der Carl im Jahr 1423. Margarete wurde 1424 geboren und Hans im Jahr 1425. Klara kam 1426 zur Welt und Jacob 1428. Jeremias (geb. 1430) und Gabriel (geb. 1431) führten neben dem älteren Bruder Carl das geistige Erbe der Rummel in ihre späteren Familien über. Die letzten Kinder der Ehe waren Anna (geb. 1433) und Benigna (geb. 1435). So hatte Hans Rummel, der Großvater, einen fröhlichen Enkelkreis in seinen letzten Lebensjahren um sich. Er brauchte nicht mehr zu erleben, daß seine Tochter Barbara Holzschuher, die junge Mutter so vieler Kinder, schon im Jahr 1436 am Tage Petri und Paul sterben mußte. Wir wissen, daß Hans d. A. gleich seinem Onkel Wilhelm I. (f 1425) hohe Geldsummen verliehen hatte. Darlehen nahm König Sigmund in Anspruch, dazu weltliche und geistliche Fürsten. Sein Grundbesitz war sehr erheblich. Bei der Bekanntgabe von wehrfähigen Hintersassen, die die Reichsstadt eingeleitet hatte, gab Hans Rummel 164 Männer an. Das war fast die höchste Zahl. Nur Peter Rieter mit 170 Hintersassen und Peter Haller und Sohn mit 192 lagen darüber272. Für Hans Rummel als Zeuge sind drei Daten erhalten: 13. Juni 1430, 4. Juli 1431 und 11. Juli 1432273. Der Tod seines ältesten Sohnes Hans am 10. August 1431 zerstörte die Aussicht, daß die Erfolge seines Lebens gesichert blieben. Der Verlauf des Lebens seines zweiten Sohnes Ulrich wird es erweisen. Die junge Witwe seines Sohnes Hans Agnes, geb. Stromer, schloß durch Vertrag 274 vom 22. Septem­ ber 1433 mit Paul Grundherr die Ehe, des Ulrich und der Stromerin Sohn. Die Enkeltöchter von Hans Rummel d. Ä. hatten nun einen Stiefvater, sie erhielten aus dieser Ehe noch einen Bruder Ulrich Grundherr. Agnes und Gerhaus Rummel schlossen beide Ehen. Agnes wurde 1446/47 die Frau von Jobst Tetzel und Gerhaus nahm Sebald Geuder zum Ehemann 275. Für den großen Grundbesitz muß Hans Rummel zuverlässige Helfer und Knechte gehabt haben, deren Namen uns unbekannt sind. Nur einen Faktor der Firma kennen wir mit Namen. Es ist dies Friedrich Viehberger167. Hans Rummel der Ä. starb am 20. Juli 1434 und fand seine letzte Ruhe im Grabe des Sohnes vor dem Johannesaltar in der Barfüßerkirche 276. Gerhaus, seine Witwe, bewohnte nun das Haus am Markt mit ihrem Sohn Ulrich. Hatte Hans d. Ä. Schulden hinterlassen, die aus Einbußen aus dem riskan­ ten Geldgeschäft herrührten? Ob sie erst nach seinem Tode bekannt wurden? Vielleicht könnten die 34 Urkunden, die sich zu Ulrich Rummel im Archiv der

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Holzschuher, geb. Rummel. Der Vater ihrer Kinder Karl Holzschuher starb 1456 als ältester Losunger und Obrister Stadthauptmann. Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz III, S. 528. StadtAN, Urkunden des Stadtarchives. Archiv der Freiherren Stromer v. Reichenbach (wie Anm. 262), Nr. 168. Stadtbibi. Nbg., Amb. 173, 2°, S. 90 c Gerhaus Sebald Geuders wittib (geb. Rummel) testiert 1452. S. 119 c Agnes Jobst Tetzlin (geb. Rummel) testiert 1455. Staad. Bibliothek Bamberg, J. H. Msc. hist. 49, Memoriale des Begrebnis des BarfüsserClosters zu Nürnberg, f. 23v.

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Freiherren von Holzschuher zu Artelshofen befinden 277, Antwort darauf geben, weshalb Ulrich diesen Lebensweg ging, weshalb er schon, wie er noch Vormünder zur Seite hatte, begann Besitztümer zu verkaufen, die ihm sein Vater hinterlassen hatte. Ulrich ist 1437 urkundlich zu Köln erwähnt, wo er sich wohl zur Ausbildung aufhielt. Er beteiligte sich dort zu Gunsten eines Ablasses zur Wiedervereinigung von Rom mit der griechischen Kirche 278. Ulrich spendete ein Kleinod, ein Perlenkränzlein, als Sachspende zum Verkauf 1438 für die Ausführung des wunderbaren Heiltumsschreines, der von 1438— 1440 von den Goldschmieden Peter Ratz(ko) und Hans Scheßlitzer angefertigt wurde 279. Es fällt auf, was alles an Gütern Ulrich Rummel im Jahr 1443 zum Verkauf brachte. Im Einverständnis mit seinen Vormündern, den Herren Franz Rummel, dem Ritter, Ulrich Haller d. Ä., Karl Holzschuher und Heinrich (II.) Rummel, und dem seiner Mutter Gerhaus verkaufte er 1443 an Fritz Kreß das Dorf Wüstendorf mitsamt dem Mühlrecht, Fischwasser und Zehnten aus dem Korn, dazu das Gut Adelmannsgeseß und zwei Gütlein zu Ratzenwin­ den280. Diese Reichslehen hatte sein Vater 1419 von Ehrenfried von Secken­ dorf gekauft. Außerdem verkaufte Ulrich Rummel dem Fritz Kreß noch sein Holz das Aichach genannt, zu Wüstendorf, das in sein „ainshand“ stand, so heißt es im dritten Brief. Auch Michael Beheim senior hatte 1443 Güter von Ulrich Rummel gekauft, wie es scheint281. Nikolaus Muffel erwarb gleichfalls im Jahr 1443 zwei Güter und einen Zehnten zu „großen Newseß bei Hohstet“ und einen Hof zu „dein Newseß“ auch bei Hohstet (Groß- und Kleinneuses b. Höchstadt/Aisch) gelegen; dazu ein Gut mitsamt einem Seidengut zu „Bischofspach“ (Büschelbach bei Lichtenau) und ein Gut zu „Weltendorf“ (Waltendorf b. Lichtenau, LK Ansbach). Nikolaus Muffel wurde von Bischof Anton von Bamberg am 29. August 1443 mit den Gütern zu Neuses belehnt. Gotfrid Schenk von Limburg, Pfleger des Stiftes zu Würzburg, schrieb Muffel diese Lehen des Bischofs zu Würzburg mit den Gütern zu Büschelbach und Waltendorf am 6. September 1443 zu 282. Weshalb nur geschahen diese vielen Verkäufe in jenem Jahr? Eine kurze, erste Ehe verband Ulrich Rummel mit Veronika Arzt, der Tochter des vermögenden Kaufmanns aus Augsburg Ulrich Arzt, der nach 1427 Nürnberger Bürger wurde. Die junge Frau testierte 1444. Das Testament hat sich im Wortlaut erhalten. Sie starb im Frühjahr 1446283. 277 StAN, Fremdrep. 46, Alphabetischer Index zum Urkundenarchiv der Freiherrlichen Familie von Holzschuher zu Artelshofen. 278 StAN, Rep. 18, D-Laden Urk. 25. März 1437. 279 Heinrich Kohlhausen, Nürnberger Goldschmiedekunst des Mittelalters und der Dürerzeit 1240—1540, Berlin, 1968, S. 96. 280 GNM, Kreß-Archiv, Fasz. IX, A. 281 GNM, Kreß-Archiv, ebenda. 282 Gerhard Hirschmann, Die Familie Muffel im Mittelalter. In: MVGN, Bd. 41, 1950, S. 325. 283 StadtAN, Genealogische Papiere Rummel, H. Burger, Totengeläut I. Sebald, Nr. 436. Sie erwähnt in ihrem Testament die drei Schwestern Justina Hans Ulstadtin, Ursula Gossenbro­ ten und Clara Anton Baumgartnerin dazu die Brüder Hans und Ulrich Arzt.

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Zur zweiten Ehefrau wählte sich Ulrich eine markgräfliche Untertanin, Margarete Klack von Roth. Dadurch gab er seinem Leben eine andere Richtung. Der Heiratsvertrag war im Jahr 1448 ausgefertigt worden284. Seine Mutter Gerhaus, geb. Haller, testierte am 15. August 1449. Der Wortlaut des Testamentes hat sich erhalten 283. Sie wünschte im Grab ihres Mannes im Barfüsserkloster beigesetzt zu werden. Den Besitz zu Gutenberg (Guttenberg b. Gräfenberg) teilte sie zu gleichen Teilen unter die Kinder ihrer Tochter Barbara Holzschuher (J 1436) und Ulrich Rummel. Hier wird jetzt auch das Legat von 200 fl. von Heinrich I. Rummel (f 1417) an seine Enkelin Barbara erwähnt. Ein „silbern vergult täfelein“ soll ihre Schwägerin, die Franz Rumlin, haben. Es wird sich erweisen, daß der gemeinsame Besitz von Guttenburg nicht zum Frieden unter den Schwägern Holzschuher und Rummel beitrug. Der Zeitpunkt des Todes von Gerhaus Rummel, geb. Haller, ist noch nicht sicher festgestellt. Die Burg zu Malmsbach, ein markgräfliches Lehen, war keine große Anlage. Uber den nassen Graben, den Hans Rummel 1426 mit Pflastersteinen hatte füttern lassen, führte eine Zugbrücke zu einem Tor, das sich zum Vorhof öffnete. Heut erinnern noch der breite Graben, das zum Teil erhaltene Tor und auch Reste der ehemaligen Zwingmauern an das Schloß Malmsbach. An dem Geschehen im Markgrafenkrieg 1449 um diese Burg offenbart sich die tiefe Spaltung, die die einst gemeinsam handelnde Familie Rummel ergriffen hatte. Ulrich, der vordem wegen des Schlosses in Verkaufsverhandlungen gestanden hatte, mochte sich nicht zu einem Verkauf an die Reichsstadt Nürnberg entschließen. Der Ritter Franz Rummel, derzeit das älteste und hochangesehene Mitglied der Familie, stand seinem „nächstgebornen Freunde“ zusammen mit Ulrich Haller, dem Verwandten seiner Mutter, bei den Verhandlungen zur Seite, die jedoch später „nicht mehr vermocht bei ihm zu stehen“ 286. Man erlebt es förmlich mit, wie Ulrich Rummel seiner Vaterstadt in den Rücken fällt. Selbst der Kardinal und Legat J. de Carvajal versuchte zwischen der Stadt und Ulrich Rummel, dem die Stadt Treulosigkeit vorhielt, zu vermitteln. Ulrich Rummels Schwager war Georg Klack, der Pfleger zu (Burg)Thann. Er wird den Ausschlag gegeben haben, daß Ulrich dem Markgra­ fen Malmsbach über- und eingab. So kam es, daß nach Ausbruch des Krieges (am 3. Juli 1449) die Nürnberger erst gen Malmsbach zogen, das zerstört wurde. Ulrich Rummel scheint oft in diesem ererbten Schloß vor der Stadt gewohnt zu haben. Er kämpfte nun auf der Seite des Feindes — auch in der Schlacht bei Pillenreuth. Auf der Seite der Reichsstadt erscheint dagegen als 284 StAN, Fremdrep. 46, Holzschuher wie Anm. 277. Ulrich Rummel, Sohn des Hans, 1448 I 8, Heiratsbrief, Perg. 285 Herrn Dipl.-Ing. Helmut Freiherr von Haller, Großgründlach, wird für die Fotokopie aufrichtig gedankt. 286 Die Chroniken frank. Städte, Nürnberg II, Leipzig 1864. S. 480—481. S. 479—480, Schlacht von Pillenreuth.

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einer der Hauptanführer des Stadtheeres Ritter Franz Rummel. An seiner Seite kämpft Lorenz Rummel, der Sohn von Wilhelm I. Rummel. Ulrich Rummel hatte noch Grundbesitz in Nürnberg. Seine Habe wurde während des Krieges vom Rat „in Verpott“ gelegt. Nach dem Friedensschluß versuchte Ulrich die Rückkehr in die Stadt. Er kam zurück und wurde des Genanntenamtes entsetzt, auch mußte er vier Wochen Strafe auf dem Turm hinnehmen. Ob seine Mutter das alles noch erleben mußte? Wahrscheinlich mußte er sich doch des Zwiespaltes in seinem Verhalten bewußt geworden sein. Im Jahr 1452 wohnte er zu Thann (Burgthann, LK Nürnberg) und 1453 zu Roth 287. Die Familie Klack hatte dort seit Anfang des Jahrhunderts markgräfliche Pfleger gestellt. Roth wurde nun sein neuer, fester Wohnsitz. Die Nachkommen von Barbara Holzschuher, geb. Rummel (f 1436), ihre 1453 sechs lebenden Kinder und zwar die drei Brüder Hans, Jeronimus, und Gabriel Holzschuher dazu ihre Schwestern Margarete Hans Rieterin, Agnes Jobst Tetzlin und Benigna Haymeran Zinglin suchten nach Wegen, die Erbengemeinschaft mit Ulrich Rummel zu einem Ende zu führen. So sind die Enkel des Hans I. Rummel und der seligen Ahnfrau (Gerhaus war also 1453 mit Sicherheit tot) zu einer Übereinkunft mit Ulrich Rummel gelangt. Aus einer knappen Verzettelung der Holzschuher-Urkunden läßt sich schließen, daß am 20. Februar 1453 ein Urteilsspruch erging, daß Ulrich Rummel, Hansen Rumei seines Vaters selig Behausung am Platz mitsamt den Zinshäu­ sern und anderen seiner Zubehörung sein Leben lang brauchen möge288. Es ist anzunehmen, daß dafür die Holzschuher-Erben sich freie Hand im Besitz von Guttenburg erwirkt haben. Ulrich Rummel und seine Frau Margarete, geb. Klack, verkauften zu Roth wohnhaft am 2. Juni 1455 ihren Zehnten zu Röthenbach zwischen Feucht und Wendelstein an sechs Käufer 289. Das kann nur der Zehnte sein, den sein Großvater Heinrich I. Rummel im Jahr 1400 erworben hatte. Er war auf dem Erbweg über seinen Vater auf Ulrich gekommen. Mit den Erben Holzschuher kam es durch ein Urteil zu einer Lösung über das Rummel-Haus „am Platz“ (so sagte man damals öfters anstatt Markt!). Hier stehen wir, was den Wortlaut anbetrifft, auf sicherem Boden. Die drei Brüder und ihre drei verheirateten Schwestern, die vordem schon genannt wurden, treten hier ausdrücklich als Enkel und Erben Hans Rummels des seligen auf. Es scheint, daß das Urteil am Hofgericht erwirkt worden ist, weil am kaiserlichen Hofe 80 Gulden Kosten entstanden sind, die zu begleichen sind. Sobald Ulrich Rummel von dem Haus am Platz mit seinen Zubehörun­ gen und Nutzung 800 Gulden rh. an die Erben Holzschuher gezahlt habe, sollen sie ihm den Verkauf des Hauses gönnen. 287 StAN, Fremdrep. 46. Holzschuher wie Anm. 277 beim Datum 19. 6. 1453. 288 StadtAN, Verzettelung der Holzschuher-Urkunden. 289 StAN, Rep. 18, Nr. 355, 2. Juni 1455, Roth. Ebenda Nr. 289 vkft. Ulrich Rummel am 3. 8. 1448 Wiesen bei Weigersdorf dazu Acker u. Wiese zu Rugershof.

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Diese vorgenannte Urkunde ist ausgefertigt und besiegelt worden am 20. Februar 1456290. So hatte Ulrich Rummel die Möglichkeit, die er erstrebte, sich von diesem Besitz zu lösen, der einst Mittelpunkt der alten Familie Rummel von 1388 an war. Nach Verhandlungen mit dem SchmelzhüttenUnternehmer Hans von Ploben kam es zum Verkauf am 20. August 1456291. Das war die endgültige Trennung von der Reichsstadt. Ulrich wurde dann Pfleger im Dienste der Markgrafen zu Roth. In diesem Amte ist er 1457 dort nachzuweisen 292. Er scheint 1463 gestorben zu sein. In einer Urkunde wird er in diesem Jahr als „selig“ bezeichnet 293. Hat er Nachkommen gehabt? Das ist wohl anzunehmen. Mir fiel der Eintrag „Ulrich Rumei und uxor“ als Mitglied der Heiliggeistbruderschaft zu Rom auf im Jahr 1479294 p)er Vorname Ulrich entstammte der Familie Haller. Er tauchte zuerst in der Familie Hans und Gerhaus Rummel, geb. Haller, auf. Hier könnte ein Zusammenhang bestehen. 2. Heinrich II. Rummel (f 1446) Der zweite Sohn von Heinrich I. Rummel erhielt einen der tradionellen Vornamen des Hauses. Heinrich II. ist wohl auch jenseits der Alpen ausgebil­ det worden, weil ihn Simonsfeld 1407 als Sohn des gleichnamigen Vaters in Venedig erwähnt145. Im Handel erscheint er 1415 151 und 1416152 als Opfer von Beraubungen. Als Genannter des Äußeren Rates wird er 1415 erwähnt, als Jahr der Eheschließung ist 1416 überliefert. Diese Jahre schließen sich eigentlich gegenseitig aus, weil man als Genannter schon verheiratet gewesen sein muß. Er wählte sich seine Ehefrau aus der alten Pfinzing-Familie mit dem Adler (= Geier) Wappen. Martha war die Tochter von Andreas Pfinzing und der (Katharina?) Waldstromerin. Andreas Pfinzing ist vom 17. Dezember 1373 bis 18. Juni 1392 urkundlich nachzuweisen 295. Als Eheleute wurden Heinrich und Martha Rummel von Rom aus unter dem 29. Juli 1417 angesprochen. Walburg Kreß berichtet 1418: „Wir schankten meiner Schwester Tochter Martha und ihrem Mann Heintz Romei jedem ein silberne Schale, kost 4 guidein, da er sich zu ersten zog an den kepfen perk296. Item wir schankten 290 Stadt AN, Verzettelung der Holzschuher-Urkunden. 291 Chronik d. Städte, Bd. X, S. 45. Sp. 77—78. 292 Dem Stadtarchiv Roth wird vielmals für das freundliche Interesse und die Auskunft zu Ulrich Rummel als Pfleger gedankt, wie auch zu den Pflegern aus der Familie Klack. 293 Archivinventar Mittelfranken, Hft. 7, 1965 Freiherr von Fl aller-Archiv Hlg. Kreuz. S. 14, U 28 vom 11. VI. 1463 wird Ulrich Rummel als verstorben genannt. 294 K. F. Schäfer, Die deutschen Mitglieder der Heiliggeistbruderschaft zu Rom am Ausgang des Mittelalters, Paderborn 1913, S. 25, Nr. 629, 1479. Mir fiel noch S. 19, Nr. 384, Cristof Rumei auf, Febr. 1479. 295 Für die Auskunft zu Andreas Pfinzing bin ich Herrn Dipl.-Ing. Helmut Haller von Hallerstein besonders dankbar. 296 Walburg Kreß, Schenkbüchlein, Sp. 28, Sp. 37.

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Haintz Romei 1 zinnern gyßpek unter ein gisfaz, wiegt lauter 16 Pfd. kostet bey 2 Gulden, da er sich zog in sein aigen Haus zu dem lankammer.“ Das war im Jahr 1421. Hier also wohnte die junge Rummel-Familie in einem eigenen Haus in der Nähe des Seniors des Hauses Wilhelm I. Rummel, bis er 1425 starb. Heinrich II. kam 1426 in den Inneren Rat der Stadt. Welch einen umfangreichen Grundbesitz er in seiner Hand vereinigte, wird deutlich aus den Namen der Orte und der Bauern, welche Höfe im Jahr 1431 bebauten. Der Rat der Reichsstadt ließ die wehrfähigen Hintersassen seiner Bürger damals erfassen. Diese Aufstellung von Heinrich II. Rummel ist ein gutes Dokument 297. Es sind dies fast alles Höfe, die sein 1417 verstorbener Vater besessen hatte. Die Übertragung wird auf Bestimmungen des väterlichen Testaments zurückgehen, das verloren ging. Der Bericht beginnt mit den Worten: „Des sint Heinrich Rumeis pawem“. Sieben Bauern von Neusess werden genannt, der eine gibt dazu einen Sohn als wehrfähig an, ein anderer einen Knecht. In Stiolpach (Stübach, LK Neu­ stadt/A.?) hat er sechs Hintersassen; in Egenses (Eggensee, LK Neustadt/A.) werden drei Bauern bekannt, in Brünst (LK Ansbach) desgleichen drei. Zwei werden in Zawkendorf (Zautendorf b. Nürnberg?) benannt. Je ein Bauer kommt in Weismannsdorf (Großweismannsdorf b. Roßtal), in Hiltmannsdorf (LK Nürnberg) und in Zeyllerreut (?) zur Kenntnis. Das sind also 26 von seinen gemeldeten 42 Männern. Heinrich II. hatte eine besonders intensive Verbindung zu Venedig, gehört er doch zu den Stiftern der Messe auf den Sebaldusaltar zu Venedig 1434298. Nach dem Tode seines Bruders Hans (1434) wurde er der Repräsentant des Hauses und der Handelsgesellschaft. Aus der Ehe mit Martha Pfinzing sind sicher mindestens drei Kinder hervorgegangen. Ein Sohn Hans, von dem einmal die Rede ist, ist urkundlich nicht feststellbar. Sein ältester Sohn Andres, der Vorname ging auf den Großvater Pfinzing zurück, schlug einen für die Rummel-Familie neuen Lebensweg ein. Zunächst ist er zusammen mit seinem Bruder Sebald, den Vettern Wilhelm und Laurentius Rummel, dem Sohn des Lorenz Rummel, im Sommersemester 1437 an der Universität Leipzig eingeschrieben 299. Wilhelms Bruder Heinrich erschien in Leipzig schon im Jahr davor. Meist folgte die Jugend aus den Kaufmannshäusern den Kaufleuten in die Universitätsstädte. Von einer Faktorei der Rummel in Leipzig ist noch nichts bekannt. Von den vorgenann­ ten Studiosen des Hauses entschloß sich Andreas die wissenschaftliche Lauf­ bahn einzuschlagen. Ab 1441 ist er zusammen mit dem Nürnberger Johannes 297 StAN, Akt. d. 7 färb. Alphabets Nr. 90. Unter den 189 Zetteln ist einer mit diesen interessanten Angaben. 298 Chr. Schaper, Die Hirschvogel, S. 50. 299 Georg Erler, Die Matrikel der Universität Leipzig, Bd. I. 1409—1559, Leipzig, 1895. S. 119II. SS 1436 Henricus Rumei de Norenberga, S. 121, II, 22 Andreas, Wilhelmus, Sebaldus, Laurentius Rumei de Nuremberga SS 1437.

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Sensenschmidt in Padua zum Studium der Rechtswissenschaft. Noch 1447 sind sie gemeinsam dort festzustellen300. Sebald I., der zweite Sohn, verschrieb sich dem traditionellen Kaufmannsbe­ ruf, von ihm war bei der Betrachtung des Handelshauses mehrfach die Rede. Die Tochter Barbara schloß 1440 mit Erhard Haller, Sohn des Ritters Erhard und der Baumgartnerin, die erste Ehe. Es kam scheinbar nicht zum natürlichen Vollzug der Ehe, die dann von Seiten des Vaters der Barbara angefochten wurde. Es gibt über diese Auseinandersetzung archivalisches Material. Die Ehe wurde wahrscheinlich 1442 für nichtig erklärt. Barbara Rummel heiratete in zweiter Ehe um 1444 den Ritter Friedrich von Künßberg auf Schnabelwaid301 in Oberfranken, dem auch Steinach gehörte. Am Tag Jacobi (25. Juli) 1446 testierte Heinrich II. Der Wortlaut des Testaments liegt in Abschrift vor 302. An seine Handelsgesellschaft gingen 50 fl. als Legat. Er starb am 10. September 1446 und wurde im Barfüsserkloster beigesetzt 303. Der Todestag seiner Frau Martha ist noch nicht gefunden. Sein Sohn Andreas, Dr. beider Rechte, ging 1452 ins Karthäuserkloster in Nürnberg. Der Rat holte ihn später heraus, er bedurfte seines Rates, seiner Mitarbeit. Ab 1470 war er Ratskonsulent seiner Vaterstadt. Andreas Rummel schrieb 1475 einen Brief als Vorrede in die Ausgabe des Codex Justinianus, der durch seinen einstigen Paduaner Studiengenossen Magister Johannes Sensenschmid und Magister Andreas Frisner aus Wunsiedel herausgegeben wurde. Als Jurist im Dienst der Stadt starb Dr. Andreas Rummel 1489304. Sebald I., sein jüngerer Bruder, heiratete 1448 Clara Schürstab (geb. 1430). Sie war die Tochter des bis Spanien tätigen Kaufmannes Sebald Schürstab und der Brigitte, der Tochter des Heinrich Toppier, Bürgermeisters von Rothen­ burg305. Wir wissen, daß er in seines Vaters Haus beim „Lankamer“ in St. Lorenz wohnte. Seine junge Ehe wird durch die beiden Gefangennahmen 1448 300 StadtAN, Dr. Goldmann, Auszüge zu Nbg. Studenten. 301 StAN, Ratsbuch lb, 1441—1461. Über den Ehehandel zwischen Barbara, Heinrich RummePs Tochter mit Erhard Haller ab f. 42r bis 50r; 81v, 93v, 117v, 151v u. O. Die Familie von Kinsberg (Künßberg) besaß das feste Schloß Schnabelwaid an der alten Heerstraße von Nürnberg nach Bayreuth seit 1410. Ein breiter Wassergraben umgab die Veste. Hier lebte nun die Nürnbergerin. Sie hatte Kinder gehabt. Genannt ist eine Tochter der Ehe, das kommt in StAN, BB 35, f. 91r zu Kenntnis. Ritter Friedrich von Künßberg zu Schnabelwaid hat eine Forderung an Wilhelm d. Ä. Rummel zu Nürnberg im Jahr 1476 wegen Frau Barbara, seiner Hausfrau, und Agnes, ihrer beider Tochter und ehelichen Hausfrau von Wilhelm von Lentersheim. Er wird identisch sein mit dem kurbrandenb. Minister und Gesandten, Amtmann zu Bayreuth schon 1470, t 20. 5. 1520. Nbg. Städtechronik II, S. 85, 8. Frd. v. Künßberg öffnete seine Schlösser Schnabelwaid und Steinach für Nürnberg. 302 StadtAN, Genealogische Papiere Rummel. 303 H. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 456, Im Barfüßerkloster sollen sich früher sehr alte Rummel-Schilde befunden haben. 304 Albert Gümbel, Beiträge zur älteren Buchdruckergeschichte, In: MVGN 29, 1928, S. 310—12. Hinweise auf Dr. Andreas Rummel. 305 Chr. Schaper, Die Hirschvogel, S. 55f zu den Schürstab.

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und 1450 belastet gewesen sein. Sie kamen im Bericht über den Handelsver­ kehr zur Kenntnis. In Venedig ist er auch wiederholt gewesen. Sein Sohn Peter ist in Nürnberg 1457 geboren, ehe Sebald zu einem überraschenden Entschluß kam. Am 3. Januar 1459 gab er das Bürgerrecht auf306 und ging alsbald nach Neuses, das ihm aus dem Erbe seines Vaters angefallen war, wo dieser 1431 sieben Höfe nachwies. Da die Mutter der Brüder Peter und Anton Rummel Clara, geb. Schürstab, die Schwester von Brigitte Lienhard Hirschvogel war, ergibt sich die Möglich­ keit, daß diese nahe Verwandschaft den Brüdern Rummel den Weg nach Tirol wies. Davon wird noch die Rede sein. Über die Brüder Peter und Anton Rumei von Lichtenau, wie sie sich in Tirol nannten, und ihr Unternehmertum wird gesondert berichtet. Ihr Vater Sebald I. Rummel war in Neuses im Mai 1483 gestorben. Seine Witwe heiratete 1485 im Alter von 55 Jahren noch einmal. Sie wurde die vierte Frau von Sebald Pfinzing. Nachdem sie testiert hatte, starb sie. Ihr wurde am 24. Juli 1487 geläutet 307. 3. Georg Rummel (f 1434)

Von Georg Rummel, dem dritten Sohn von Heinrich dem Reichen, wissen wir nicht viel, was seiner Person etwas an Farbe geben könnte. Im Handel scheint er nicht tätig gewesen zu sein. Die Quellen geben es nicht her. Es ist möglich, daß er im Kauffahrteihof selbst vom Vater mit Aufgaben betraut worden war. Vielleicht war er auch zur Kontrolle des großen Landbesitzes eingesetzt. Er heiratete 1413 Martha Schürstab, die Tochter von Erhard und Clara, geb. Pfinzing. Für sie war es die zweite Ehe, nachdem sie 1412 die Witwe von Franz Rieter geworden war. Seinen Wohnsitz hatte Georg in einem Steinhaus hinter dem Rathaus, das er 1420 erworben hatte und freies Eigentum war308. Seine beiden ältesten Söhne Lienhard und Jorg gingen mit Bartholomeus Hirschvo­ gel 1431 an die Universität Köln309. Die Studenten waren dort durch die Kauf­ leute ihrer Häuser bestens gesichert. Georg Rummel gab 1431 an 30 wehrfähige Hintersassen zu haben: 12 Bauern, die einen Hof haben, 10 Köbler und einen Sohn dabei, drei „Holzbau­ ern“ nebst einem Sohn, dazu zwei Schaffer und einen Knecht310. Leider sind die Höfe nicht angegeben, auf denen diese Männer sitzen. Georg Rummel starb am nächsten Freitag vor Allerheiligen (29. Oktober) 1434. Sein Toten306 StadtAN, Genealogische Papiere Rummel. 307 H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 2155. Sebalds Tod. Stadtbibliothek Nbg. Amberg 173, 2°, S. 53 a—b, Testament von 1487. Klara Sebald Rummel, später Sebald Pfinzings Frau. — H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 2450. 308 StadtAN, Urk. 1420 Okt. 19. Das war das Haus Sebald 883 c am Fünferplatz. Das Haus blieb über 100 Jahre im Besitz der Familie. 309 Chr. Schaper, Die Hirschvogel, S. 80. 310 StAN, Akt. d. 7 färb. Alph. Nr. 90. Unter 189 Zetteln ist auch der mit den Angaben von Jorg Rummel.

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schild mit Beischild Schürstab fand seinen Platz in der Sebalduskirche bei dem Taufstein311. Er hinterließ die Söhne Lienhard, Georg, Heinz und Jeronymus und die Tochter Katharina. Letztere heiratete im Jahr 1437 Hans Löffelholz, des Burkhard Sohn. Noch im gleichen Jahr starb sie. Noch heute erinnert in der Sebalduskirche ein gemaltes Epitaph an die so jung verstorbene Katharina, geb. Rummel (| 1435!), die dritte Ehefrau des Hans Löffelholz. Als Maler gilt der „Meister des Hilpoltsteiner Altares“. Auf Goldgrund malte er die Geiße­ lung Christi. Es knien der Stifter mit seiner Ehefrau Rummel neben den Wappen. Eine schreinartige Verdachung schließt die Gedenktafel ab312. Am 8. September 1442 stand Erhard Schürstab an der Seite der Söhne seiner Schwester Jorg Rumblin313. Die drei Brüder Linhard, Jorg und Heintz haben redlich geteilt. Jeronymus, der noch nicht zu seinen Tagen gekommen ist, ist das eigne Steinhaus hinter dem Rathaus zugefallen, das erst nach dem Tod der Mutter in seine Hände gelangt, dazu die Stallung am Zotenberg hinter der Badstube. Lienhard Rummel schloß zwei Ehen314. Nach dem Tod der ersten Frau Katharina, geb. Zenner, der Tochter des Peter Zenner und der Schatzin (?), im Jahr 1437, wählte er 1438 zur zweiten Ehefrau Katharina Haller, des Ulrich IV. Haller und der Katharina Valznerin Tochter315. Von seinen Söhnen Hans, Lienhard und Ulrich soll hier zunächst der Sohn Hans in den Vordergrund gerückt werden. Hans ist als Diener seiner kaiserlichen Majestät bezeugt316. Ein Enkel von Lienhard ist der Chorherr Christoph Rummel (1539—1584) bei St. Moritz in Augsburg, dessen Wappen seine Zugehörigkeit zur Nürnberger Ratsfamilie bezeugt. Eine Nichte des Chorherren, die Tochter seines Bruders Hans in Hersbruck317, Walburg Rummel (geb. Hersbruck 26. 8. 1554) wurde vor 1585 die Frau von Georg Baumgartner in Augsburg. Lienhard Rummel und der Hallerin Urenkelin Walburg Baumgartner, geb. Rummel, und ihr Bruder Hans Rummel, derzeit zu Nürnberg, bemühen sich in Nürnberg um den Vidimus des kaiserlichen Wappenbriefes für ihren Vorvater Georg Rum­ mel vom Jahr 1433318. Dieser Familienzweig wird in Kurzform auf einer Stammtafel gebracht. Georg Rummel d. J. war zweimal verheiratet. Seine erste Frau war Margare­ te, die Tochter des Christian Armbauer, des Teilhabers der Hirschvogel311 Stadt AN, Genealog. Pap. Rummel. 312 G. P. Fehring und A. Ress, Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, München 1961, S. 135. Wahrscheinlich ist das Todesjahr 1437 das richtige. Die Jahreszahl 1435 könnte einmal durch Übermalung entstanden sein. 313 St AN, 7 färb. Alph. Nr. 1553, 1442 Sept. 8. 3,4 StadtAN, Genealogische Papiere Rummel. 313 StAN, Rep. 18. Nr. 269 14. April 1443, Linhard Rummel quittiert Ulrich d. Ä. Haller 800 Gulden rh. Heiratsgut. Nr. 277. Seine Schwägerin Barbara Haller war mit Sebalt Kreß verheiratet. 316 StAN, RB 4 (1483—1487) f. 140r. Leonhard Grün, des Königs Barbier hat angesagt, daß Hans Rumei, des Leonhards Sohn, des Kaisers Diener sei (1485). 317 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. 318 StadtAN, LL 100, f. 69r—70r. Vidimus Freitag, 19. Febr. 1485.

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Gesellschaft319. Der Überlieferung nach vertat er sein Gut und starb ohne Erben. Die Brüder Lienhard, Heinz und Jeronymus erhalten als Lehen 1444 Kaiser Friedrich III. übertragen das Gut zu Swarzenlo (LK Schwabach) und ein Gütlein zu Trautskirchen (LK Neustadt/Aisch) 320. Um Ostern 1444 erhielten Linhart, Heintz und Jeronymus Rummel vom Bamberger Bischof als Mannlehen verliehen ein Gut zu Reyterßel (?), ein Gut zu Kreyendorf mitsamt der Huben, ein Gütlein zu Hohstet, noch ein Gütlein daselbst, ein Zehntlein zu Krumpach, das alles ist von Jorgen ihrem Vater auf sie gekommen. Das haben Franz Rummel Ritter und Heinrich Rummel d. A. Gebrüder zu treuen Händen bisher für sie getragen321. Was aus dem Bruder Heintz geworden ist, der oben genannt ist, war bisher nicht zu klären. Der jüngste Sohn Jeronymus Rummel konnte das ihm als Erbe zugefallene Vaterhaus 1448 beziehen. Seine Mutter Martha, geb. Schürstab 322, starb zu Beginn dieses Jahres. Im Jahr 1453 nahm sich Hieronymus Rummel hinter dem Rathaus Anna Holzschuher zur Frau, die Tochter von Paulus Holzschuher an der Ledergassen, so er mit Clara Ulrich Hallers Tochter hatte. Er war oberster Amtmann des Lorenzer Waldes und Richter des Zeidelgerichts zu Feucht gewesen. Seine Frau Anna verstarb im Herbst 1494323. Jeronymus Rummel „wittiber“ testierte 1503. Er schaffte armen Leuten 1000 Gulden. Er nannte Lienhard, Hans und Ulrich, seine Vettern. Sie waren seines Bruders (Lienhard) Söhne. Auch seine Schwester Margret Großin (es handelte sich um Niklas Groß!) und seinen Vetter Hans, Franzen Sohn, nennt das Testament. Die Ehe scheint kinderlos gewesen zu sein. Anno domini 1503 am Grünen Donnerstag (13. April) starb Jeronymus Rummel, so stand es auf seinem Totenschild in der Sebalduskirche, der neben seines 1434 verstorbenen Vaters einst über dem Taufstein hing. Die Nürnberger Glocken läuteten für ihn am dritten Ostertag (18. April) 1503324. 4. Wilhelm II. Rummel (f vor Oktober 1443)

Wilhelm II. Rummel, der vierte Sohn von Heinrich I., schloß seine erste Ehe mit Klara Groland. Sie soll der Überlieferung nach 1419 gestorben sein. Vom 16. April 1419 erhielt sich seine Unterschrift auf einer Urkunde, die in Heidelberg niedergeschrieben wurde159. Es handelt sich um die Anweisung zur Auszahlung des Lösegeldes für den abgesetzten Papst Johannes XXIII. Der junge Rummel befand sich zu diesem Zeitpunkt demnach in der Stadt am Neckar am pfalzgräflichen Hofe. 319 Chr. Schaper, Die Hirschvogel, s. Register zu Christian Armbauer. Seine Tochter starb Ende des Jahres 1446. H. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 481. 320 Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich, Bd. 17, Göttingen 1963, S. 412, 18. 321 Staatsarchiv Bamberg, StB 5, f. 216v. 322 H. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 538. 323 StadtAN, Genealog. Pap. Rummel. H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 3062. 324 Stadtbibi. Nbg. Amb. 173, 2°, S. 96d. StadtAN, Genealog. Pap. Rummel, Angabe zum Totenschild. H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 3797.

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Zur zweiten Ehefrau wählte er Anna Tetzel, die Tochter von Hans Tetzel, der „Älterer Herr“ und später Oberster Hauptmann der Reichsstadt war, und der Anna Graser. Wilhelm, der im Stadtteil St. Lorenz wohnte, gab 1423 an, vier Salzscheiben eingelagert zu haben325. So war er in sehr guten Vermögens­ verhältnissen. Von seinem Vater hatte er 1417 den festen Sitz in Vach geerbt, den man Burgstall im Lohe nannte. Im Jahr 1422 war die dortige, 1059 geweihte Mathäuskirche, die 363 Jahre eine Filiale von Zirndorf gewesen war, selbständige Pfarrei geworden. Aus diesem Grunde schenkte Wilhelm Rummel ihr zu besseren Ausstattung ein Lehengut 325a. Auch der freieigene Veldershof bei Lauf an der Pegnitz stammte aus dem Erbe seines Vaters 326. Wilhelm und seine Frau Anna verkauften ihn am 8. Februar 1434 an Erhard Schürstab d. J., der den Hof noch im gleichen Jahr an das Neue Spital in Nürnberg veräußer­ te327. Wilhelm II. Rummel muß vor den 28. Oktober 1443 verstorben sein. Er wurde dem Testament seiner Frau nach zu St. Sebald bestattet. Am 28. Oktober 1443 gab die Wilhelm Rumblin an, vier Salzscheiben als Vorrat zu haben. Das ist ein Datum zur ungefähren Bestimmung seines Todes 328. Brigitte Rummel, die Tochter von Wilhelm und Anna Rummel, hatte im Jahr 1443 Hans Pömer, den Sohn von Georg Pömer und der Kammermeisterin geheiratet 329. Am 29. März 1447 verkaufte Anna, die Witwe von Wilhelm Rummel, zusammen mit ihrem Sohn Wilhelm IV. Rummel den Herrensitz in Vach; dem später genannten Preis und der folgenden Beschreibung nach hat es sich um einen solchen gehandelt. Ihre Behausung „unter dem Loe gelegen“ hatte einen Vorhof mit Laube, Kapelle, Torhäuslein, „Weingartmanns Hause“, großem Stadel, Küche, Garten, allen andern Gemäuern, Gebäuden und Gemächern, auch ungebauten Flecken und Örtern, alles um den Vorhof gelegen. Dazu kamen das Weiherlein vor dem Tor, ein Weiherlein zu Flexdorf, der Weingar­ ten ob der Behausung, die Wiese an der Behausung (gegen neun Tagwerk) und die Schenkstatt im Dorf zu Vach (Inhaber: Ott Veyel). Dies war alles Lehen der Herrschaft zu Brauneck. Ferner der Baumgarten am Vorhof, der Bonnakker, auf dem ein Stadel und ein Kalterhaus stehen samt der Kaltem darin. 325 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, III. S. 522. Wilhelm Rummel junior. 325a Christian Lohbauer in Vach, Landchronik. Historische Beschreibung der Pfarrei Vach, Großgründlach, Eltersdorf mit Tennenlohe, Bruck, Büchenbach, Frauenaurach, Obermichel­ bach, Herzogenaurach, Münchaurach und Oberreichenbach, Fürth, 1892. S. 10. — Der 1911 verstorbene Schneidermeister Ch. Lohbauer hinterließ uns eine wertvolle Zusammenstellung. Sein Hinweis, daß die Rummel Vach schon 1200 besessen hätten, läßt sich nicht aufrechterhal­ ten. In dem Fall hätte das Nürnberger Urkundenbuch irgendwann einmal ihren Namen gebracht. 326 Hans Winterroth, Schwabach, Veldershof, Chronik eines Bauernhofs. S. 2 im Besitz von Heinrich I. Rummel ab 1404. 327 StadtAN, Rep. E 7, Gürsching-Auszüge zu Heiliggeist, 1434 Febr. 8. 328 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, III, S. 529. 329 StadtAN, Genealog. Pap. Pömer, Der Ehe entsprossen zehn Kinder. Cesara Pömer, das letzte Kind, ist von ihrer in der Geburt gestorbenen Mutter geschnitten worden.

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Auch ein Graben, der Erleins (!) Graben genannt wird, und ein Wiesflecklein dabei. Ein Weiher auf dem Molm, gegen 16 Morgen Acker dabei. Ihre Töchter Brigitte Hans Pömerin und Jungfrau Helene stimmen zu. Ihr Sohn Heinrich war nicht im Lande 330. In der Testamentabschrift, die sich erhielt, gab Anna Rummel 1455 an, daß sie Vach um 2500 fl. verkauft habe. Bei Vach muß es sich um einen Kauf durch Heinrich Rummel eine gute Zeit vor 1400 handeln, weil das Lehen aus der Hand der von Brauneck stammte. Es ist denkbar, daß Heinrich I. Rummel dort den ersten Herrensitz vor der Stadt besaß und auch bewohnte, wenn er sich von seinen Geschäften erholen wollte. Anna Rummel, geb. Tetzel, verfügte in ihrem Testament ihr Begräbnis in St. Sebald. Sie erwähnt 1455 Henßlein, ihren Enkelsohn, besonders neben vier Enkeln von Wilhelm und Brigitte. Anna Rummel starb Mitte Februar 1456. Beide Pfarrkirchen stimmten das große Trauergeläut für diese Bürgerin an331. Stefan Schüler schrieb in sein Salbuch der Frauenkirche ein, daß er einen ganzen Ornat aus rotem Samt in Obhut hätte mit dem Wappen der Rummel und der Tetzel. Es kann sich nur um eine Stiftung von Wilhelm II. Rummel und Anna, geb. Tetzel, gehandelt haben 332. Am 13. Mai 1457 teilten die Geschwister Wilhelm und Heinz Rummel mit der Schwester Brigitte Hans Pömerin freundschaftlich das Erbe ihrer Eltern333. Es ging um das RummePsche Wohnhaus und das ehemals Fütterer’sche Haus am Heumarkt. Dann werden Eigen- und Ewiggelder auf 16 Häusern mit ihrer Lage und den Namen der Inhaber erwähnt. Besonders fällt auf, daß sechs davon „in der Fröschau“ (= Wincklergasse) liegen. Sie teilten auch Zinse auf Gütern und Grundstücken in Ammerndorf, Vach, Flexdorf, Voggendorf, Grösdorf, Schmideldorf, Zautendorf, Haag und Siegersdorf. Zu dem verteil­ ten Gut gehörten noch Wiesen an der Katzwanger Straße und ein Weingarten in Vach. Zeuge war neben Martin Holzschuher der älteste Rummel, Ritter Franz Rummel, der Bruder ihres Vaters. Dieser mag befriedigt gewesen sein, daß die Nachkommen seines Bruders Wilhelm II. so fest zusammenhielten, daß diese Geschwister das alte Erbe zu halten wußten. Die Brüder Wilhelm und Heinrich hatten 1454 auch den fünften Teil von Lonnerstadt erworben, den ihr Vetter Ulrich Rummel aus seinem väterlichen Erbe veräußert hatte. Wie mag es nur zu den späteren Schulden der Brüder gekommen sein? Trug der Handel nicht mehr den früheren Ertrag? Heinz Rummel, der 1455 noch ledig war, heiratete um 1460 Cäcilie Meichsner. Sie war die Tochter von Heinrich Meichsner, einem vermögenden Kaufmann und Unternehmer aus Pettau in der Steiermark 334. Diese Ehe hat 330 StAN, Fremdrep. 52, Schloß- u. Adelsarchiv Geuder, Urk. 178, 1447 März 29. 331 Stadtbibi. Nbg. Amb. 173, 2°, S. 91a. Testamentsauszug. H. Burger, Totengeläut Lorenz Nr.

120. 332 StAN, Salbuch 5, Frauenkirche, f. 27. 333 StadtAN, Rep. E 16 I. Archiv Kreß-Neuhof I, 1457 Mai 13. Die jüngere Schwester beim Verkauf von Vach 1447 noch genannt, starb als „Wilhelm Rumblin Tochter“ 1449. Burger, Totengeläut I Sebald Nr. 797. 334 Richard Klier, Die Meichsner wie Anm. 208, S. 92.

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den Auslandskaufmann mit einem ganz anderen Warensortiment in Nähe des Metallhandels gerückt, in die Umgebung des Besitzers von Metallschmelzen und eines Hammers. Das ist der auslösende Faktor, der Heinz Rummels Berufsbild änderte. Darüber wird gesondert berichtet. Heinrich Rummel war nach seiner Heirat zu einem erfahrenen Metallurgen geworden. Hat er eine eigene Schmelzhütte bei „Polaw“ besessen? Beteiligt war er an der Schmelzhütte in Arnstadt in Thüringen, die der Erfurter Bürger Thomas Merckel um 1465 erbaut hatte. So wird Frau Cäcilie ihn nicht oft daheim gesehen haben. Die Ehe blieb kinderlos. In dem Konvolut mit Briefabschriften von Herzog Ludwig dem Reichen von Bayern an den Nürnberger Bürger Heinrich Rummel und dessen Antwor­ ten an den Fürsten in den Jahren 1467/68335, haben sich auch einige Briefe im Wechsel zwischen dem herzoglichen Kanzler Christoph Domer und Rummel erhalten, die persönliche Züge tragen. So hat die Frau des Kanzlers Heinrich Meichsner, dem Schwiegervater Rummels, aus Landshut nach Nürnberg Birnen und „Rüben“ geschickt. Meichsner meinte, „er hat sein nit verdient“. Dorner wehrte den Dank Rummels ab: „Eurem Schweher tut nit not zu danken. Es ist von meiner Hausfrauen nur ein Erzeugnis eines guten Wil­ lens ...“ Rummel erwähnt den Sitz seines Schwiegervaters in Röthenbach mit Freude. Dort scheint er Jagdfreuden zu erleben. Er spricht von 20 Hasen. Interesse erregt auch seine Frage an Dorner, ob der sein „schreiben“ gut versteht. „Ich kan nit kanzleiisch schreiben. Ich schreib oft, das ich selber nit kan lesen“. Heinrich Meichsner hatte neben seinem erwähnten Sitz, dem Schloß Röthenbach, 1465 eine Kapelle für den Hl. Wolfgang gestiftet. So führt noch heute der Ort den Namen Röthenbach bei St. Wolfgang. In Nürnberg besaß Meichsner 1451/52 ein ansehnliches, geräumiges Anwesen an der Fleischbrücke (später Hauptmarkt 4). Heinrich Meichsner starb am 21. Januar 1471. Cäcilie mußte das vom Vater ererbte Schloß Röthenbach bei St. Wolfgang mit dem Hammer, dazu die Ewiggeldrente aus dem Betrag von 2000 Gulden bei der Erbteilung 1473 sofort wegen Schulden ihres Mannes und ihres Vaters an ihren Onkel Peter Meichsner abtreten 336. Durch das Eintreten von Papst Sixtus IV. im Jahre 1472200 für Gläubiger aus Florenz gegen Wilhelm und Heinz Rummel war Sorge und Unruhe in die Familie getragen worden. Ob für Heinrich die Freude an den Werken, die in der Druckerei des Magisters Johannes Sensenschmid in Nürnberg entstanden und die vor allem Heinrich finanzierte, einen kleinen Ausgleich schufen? Uber diese Beteiligung am frühen Buchdruck war schon ausführlicher die Rede220. Die letzten Lebensjahre Heinrichs III. Rummel waren von Sorge überschat­ tet. Er war ein Mann gewesen, der als Unternehmer neue Wege gesucht hatte. 335 Hauptstaatsarchiv München, Pfalz-Neuburg Bergwerksgegenstände 6. Zitate aus Briefen Heinrich Rummels an Christof Dorner, hzgl. Kanzler (23.12.1467), Domer an Rummel (nach Weihnachten 1467), Rummel an Herzog Ludwig (Mittw. n. St. Mathestag 1467). 336 Klier, Die Meichsner, S. 90f.

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Der wirtschaftliche Erfolg hatte ihn verlassen. Er starb im September 1476. Am 15. September läuteten beide Pfarrkirchen für Heinrich Rummel senior337. Cäcilie Rummel, geb. Meichsner, hatte einen großen Teil ihres reichen Erbes von ca. 10.000 Gulden durch die bezahlten Schulden eingebüßt. Sie war dennoch im Besitz eines eignen Vermögens und dazu noch im besten Alter. Sie verband sich in zweiter Ehe mit Lorenz I. Haller 338. Ob die Überlieferung richtig ist, daß Wilhelm IV. Rummel den Veilhof mit Hüttenwerk besaß, den er an seinen Schwager Herdegen I. Tücher (1450?) verkauft 339? Sicher ist, daß dieser Tücher 1460 vor Mögeldorf ein Seigergut hatte. Wilhelm Rummel verlor die erste Ehefrau Anna Zöllner, des Eberhard Tochter, nach kurzer Ehe. Sie starb jung 1449339a. Zur zweiten Ehefrau wählte er ca. 1452 Kunigund Haller, die Tochter von Georg Haller von Bamberg 340. Wilhelm hatte wohl aus der ersten Ehe stammend einen Sohn Hans, den die Großmutter 1455 im Testament besonders erwähnt. Er besaß aus der zweiten Ehe vier Söhne, nämlich Wilhelm, Heinrich, Georg und Josef. Dazu traten vier Töchter Cäcilie, Anna, Katharina und Kunigunde. Seine Nachkommen werden auf einer Stammtafel mit Daten gebracht. Der Sohn Georg verließ die fränkische Heimat und fand in Basel eine neue Heimat 340a. Josef, der jüngste Sohn, bekommt eine eigne Lebenskizze. Seine Nachkommen verlassen nach 1580 Nürnberg und Franken. Ein Enkel lebte auf Zant in der Oberpfalz. Die Familie starb dort Anfang des 19. Jahrhunderts aus. Wilhelm IV. Rummel zum Tafelhof hatte die Freude, eine Tochter zu seinen Lebzeiten verheiraten zu können. Es war Anna, die am 22. Oktober 1472 von Hans Frey zur Frau gewählt worden. Wilhelm hatte seiner Tochter einen Zuschatz von 800 fl. zugesagt341. Bis zur Auszahlung des Betrages, den er 337 H. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 2778. Totengeläut Lorenz, Nr. 1611. 338 Klier, Die Meichsner, S. 91. StadtAN, Genealog. Pap. Rummel. 339 Ekkehard Westermann, Das Eislebener Garkupfer (wie Anm. 209). Herdegen Tücher war mit Barbara Zöllner, Schwester der 1. Frau von Wilhelm Rummel verheiratet gewesen. 339a H. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 305. Ihr Testament Stadtbibi. Nbg. 173, 2°, S. 96d. Sie hatte Geschwister, ihre Eltern sind noch am Leben. 340 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. 340a Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt. Da ich aus dem Testament des Joseph Rummel (t 1525) wußte, daß sein Bruder Georg in Basel gelebt hatte, suchte ich dort nach ihm. In einer Urkunde der Stadt Basel (Nr. 302) ist am 3. Juni 1503 Jorg Rumei von Seckingen genannt, der Elsbeth Monarchin zur Frau hat. Er ist also vor Basel in Säckingen gewesen! Seine Frau stammte aus einer Handwerkerfamilie und hatte Grundbesitz. Beeindruckt hat mich das „Historische Grundbuch der Stadt Basel“, das in einem Riesenschrank von vielen Schubladen untergebracht ist. In der Steinenthorstr. hatte er Eigentum, das auf die Familie seiner Frau zurückgeht. Nach Urk. 1515, April 19. hatte er auch Grundbesitz mit Ackern und Holzrechten vor der Stadt. Er gab sein Nürnberger Bürgerrecht 1515 (StAN, RB 10, 212) auf und ist 1520 als Bürger von Basel genannt. Später lebte er zu Freiburg im Breisgau. 341 Albert Gümbel, Beiträge zur älteren Nürnberger Buchdruckergeschichte. In: MVGN 29, 1928. S. 304. Rummels Besitzungen werden um Lonnerstadt mit Ailsbach, Unterwinterbach und Buchfeld mit den dazugehörigen Weihern, Hölzern und der Schäferei benannt. Zu seiner ersten Hälfte daran, die er vordem besaß, hatte Wilhelm IV. Rummel die zweite Hälfte der Güter am 5. XII. 1470 von seinem Bruder Heinrich III. gekauft. Die genannten Güter hatte Heinrich Rummel 1417 gekauft, Anm. 63.

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zu dieser Zeit nicht zu leisten vermochte, trat eine Rente von 44 Goldgulden, gesichert durch seine Besitzungen um Lonnerstadt, ein. Wilhelm erlebte 1475 die Geburt der Enkelin Agnes Frey und ihre ersten Kinderjahre. Es war nicht zu ahnen, daß Albrecht Dürer diese Rummel-Enkelin am 7. Juli 1494 zur Ehefrau wählen würde. Der Ruhm dieses Malers von unvergänglicher, überna­ tionaler Wertschätzung läßt seine oft porträtierte Frau Agnes, geb. Frey, teilnehmen an seiner Unsterblichkeit. Das Grab Dürers war das Grab der Familie Frey gewesen. So kam das Wappen der Rummel auf die Grabplatte von Albrecht Dürer am Johannisfriedhof342. Das Eltempaar Wilhelm IV. Rummel und Kunigunde, geb. Haller von Bamberg, hatte den Nachkommen den gesunden Willen eingepflanzt, den letzten großen Grundbesitz des einst so reichen Hauses, den Markt Lonner­ stadt bei Höchstadt an der Aisch, zu erhalten. Es hat sich die Urkunde erhalten, mit der Georg König von Böhmen Wilhelm Rumei von Nürnberg unter dem 9. April 1459 mit Lonnerstadt belehnte. Von dem dortigen Burgstall ist in Urkunden wiederholt die Rede 343. Heinrich, Wilhelms zweiter Sohn, siedelte nach Lonnerstatt über. Er gründete keine Familie und scheint durch seine Anwesenheit später diesen Grundbesitz, der seit Anfang des Jahrhunderts in der Hand des Geschlechtes gewesen ist, als Grundlage bewahrt zu haben für einen neuen Aufschwung für die „Rummel von Lonner­ stadt“ im 16. Jahrhundert. Wilhelm IV. Rummel hatte 1472 noch erleben müssen, daß die Herrschaft Lichtenau schuldenhalber von Franz II. Rummel verkauft werden mußte, die dem Tiroler Zweig der Rummel von Lichtenau den Zusatz zu ihrem Familiennamen gab. Im September 1476 war es zu einer Irrung zwischen Wilhelm Rummel und Ulein Apel gekommen, den er seinen „gelobten und geschworenen armen mann und hintersaßen“ nennt. Apel hatte jahrelang keine Gülten gezahlt und zudem von dem Rummel gehörigen Holz „eigengewaltiglich abgehauen“. Wilhelm Rummel hatte auf einem Zettel dem Rat mitgeteilt, daß Apel auf einem seiner Güter säße, „das ob hundert Jare an meine Eltern gewest“ 344. Leider wird der Name des Gutes nicht genannt, das so lange im Besitz der Familie war. Wilhelm Rummel hatte nach einem Bamberger Lehenbuch ein Gut zu Herzogenaurach als Lehen, darauf Hans Apel saß, bestätigt: Bamberg am Sonntag Michaelis 1476345. Vom 14. Februar 1477 hat sich ein Aufschreib­ brief von Wilhelm Rummel d. Ä. an Bischof Philipp in Bamberg erhalten über den an Albrecht Stiber verkauften Hof zu Herzogenaurach346. 342 Gerhard Hirschmann, Albrecht Dürers Abstammung und Familienkreis. In: Nbg. Forschun­ gen 15, 1971. Albrecht Dürers Umwelt, Festschrift z. 500. Geburtstag. S. 43—45. 343 Staatsarchiv Bamberg, Urk. Nr. 2063. 344 StAN, BB 35 (1476—1477) f. 58r—59r. Hier ist die Aussage von Wilhelm Rummel eingefügt. 343 Staatsarchiv Bamberg, StB 9, 1475—1479. Lehenbuch des Bischof Philipp, Graf v. Henneberg, f. 30r. In der Urkunde sind noch vier Morgen Acker erwähnt, die der Beheim innehat und ein Gut zu Niederndorf, darauf Hans Lenner (?) sitzt. 346 Staatsarchiv Bamberg, Ortsurkunden A 90, 2. Herzogenaurach S. 350. 1477 Febr. 14.

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Es werden sich nicht mehr alle Verkäufe von Wilhelm ermitteln lassen. Im Jahr vor seinem Tode am 17. September 1479 verkaufte er mit seiner Frau Kunigund ihr Gut zu Weyßmansdorf (Großweismannsdorf, LK Fürth) an den Färber Hans Reitter346a. Es ließ sich bisher nicht feststellen, wie lange der Tafelhof, der diesem Zweig der Familie den Beinamen gab, in ihrer Hand war. Der Tafelhof lag südwestlich des Frauentores nahe vor der Stadtmauer. Er gehörte zu den Landhäusern vor der Stadt, auf denen sie das Öffnungsrecht besaß. Solch ein Besitz sollte nur an Nürnberger Bürger verkauft werden. Nach einem sorgenvollen Leben wurde Wilhelm Rummel zum Tafelhof am 22. November 1480 von beiden Kirchen geläutet 347. Der Tafelhof blieb der Witwensitz seiner Frau. 1486 vergönnte der Rat Wilhelm Rummels gelassener Wittib zum Tafelhof eine Zusage zu einer Bausache 348. Kunigunde Rummel, geb. Haller von Bamberg, erklangen am 24. September 1488 alle Glocken 349. Im Jahre 1497 verkaufte Kunigund Sauerzapf, verw. Halbwachs, geb. Rummel, mit Eigenwilligung ihres Ehemanns Jacob Sauerzapf und ihrer Schwester Katharina, der Witwe von Bartlmes Knebel, ihren ererbten Eigen­ hof, den man den Tafelhof nennt, um 340 fl. an die Gebrüder Andreas, Georg und Peter Hornung 35°. Der Hof lag außen an der Ziegelgasse am Eck auch dem Fischbach über. Er umfaßte Einfahrt, Häuser, Hofrait und Stadel. Er war samt dem Garten völlig eingezäunt. Das ist vielleicht die frühste Beschreibung dieses Eigenhofes, den die Rummel wohl schon lange besessen haben müssen. 5. Franz Rummel, Ritter (f 1460) Der fünfte Sohn von Heinrich I., der Ritter Franz Rummel, erscheint erst 1420 in Archivalien 265. Franz I. Rummel nahm laut Heiratsbrief vom 20. November 1421 Agnes, die Tochter des Stefan I. Haller und der Catharina Grafenreuther, zur Frau351. Die junge Frau hatte damit die dritte Ehe geschlossen. Im Jahr 1413 wählte sie sich Niklas II. Muffel zum ersten Ehemann, den sie 1416 verlor. Ehrenfried von Seckendorf vermählte sich 1417 mit ihr und starb 1419. Im Jahr 1422352 schenkte Walburg Kreß und Ehemann Kuntz Kreß Franz Rummel und ihr „die vor Herrn Ehrenfried von Seckendorf hatte“ einen großen Messingleuchter. Er kostete 3 Gulden 2 Gros, „da sie sich zogen zu dem Neuen Spital“. Sie wohnten also in der Nähe seines Bruders Hans I. Rummel und dessen Frau Gerhaus, geb. Haller, ihrer Base. 346a StAN, Fremdrep. 52, Schloß- und Adelsarchiv Geuder, Urk. 294. 347 H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 1961. 348 StAN, RB 4, 1483—1487, f. 191v. 349 H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 2549. 350 StadtAN, LL 11, (1494—97) f. 201v—202r. 351 Die Mitteilung ist Herrn Dipl.-Ing. Helmut Freiherr Haller von Hallerstein, Großgründlach zu verdanken. 352 Walburg Kreß, Schenkbüchlein wie Anm. 268, Sp. 42.

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Agnes Rummel war eine Frau mit großem, eignen Vermögen an Grundbe­ sitz, dessen Verwaltung Umsicht erforderte. Dazu trat für Franz der von seinem Vater Heinrich I. (f 1417) ererbte große Lehenbesitz, an dem er mit seinen Brüdern teilhatte und Eigengüter. Im Jahr 1423 wurde er veranlagt, einen Vorrat von sechs Salzscheiben zu halten 353. Damit gehörte er in die kleine Spitzengruppe reichster Nürnberger. Nur Herdegen Valzner mußte acht Scheiben zahlen. Es fällt auf, daß Franz nicht gleich seinen Brüdern Ämter in der Reichsstadt übernahm. Nur einmal und zwar im Jahr der Hussitenbedrohung 1428 ist er als Jüngerer Bürgermeister festzustellen. Am 13. Mai 1433 zog er mit Erhard und Paulus Haller dazu Martin Hayden aus gen Rom zur Kaiserkrönung von König Sigmund. In Rom trafen sie mit dem Nürnberger Bürger Sebald Beheim zusammen, der sich schon vordem in der Nähe des Königs aufgehalten hatte. Kaiser Sigmund schlug diese fünf Nürnberger Bürger auf der Tiberbrücke am 31. Mai 1433 zu Rittern 354. Zur Person von Sebald Beheim ist zu sagen, daß er nicht, wie manchmal zu lesen ist, der Ratsfamilie Behaim zuzurechnen ist. Er stammte aus dem Geschlecht der „edlen Beheim von Weißenburg“. Aus jener Familie hatte sich der Vater von Franz Rummel Heinrich der Reiche seine erste Frau gewählt. Ihr Wappen zeigte zwei gekreuzte, weiße Bischofsstäbe auf rotem Grund12. Seine Eltern waren Peter Beheim und Magdalene, geb. Riegler aus Weißenburg14. Ritter Sebald hatte zur Frau die Nürnbergerin Dorothea Derrer355. Er begleitete nach der Krönung den Kaiser weiter auf seiner Reise bis hin nach Basel 356. Kaiser Sigmund verlieh Ritter Franz Rummel eine Vermehrung seines alten Familienwappens zu Rom am 10. Juli 1433. Die Verleihung galt für ihn und seine vier älteren Brüder und die Vettern Lorenz, Hans und Clas. Zu Zierung und Mehrung ihres Wappens verlieh der Kaiser ihnen auf ewige Zeiten eine goldfarbene Krone auf den Helm ihres Wappens, das „ihre vordem und sie bißher“ gebraucht. Das Wappen zeigt in Gold zwei schwarze, aufrecht stehende, voneinander abgewendete Hähne mit roten Kämmen und Füßen 357. Die Ratsfamilie Rummel und ihre Nachfahren, die Freiherren von Rummel auf Zant, sind ausgestorben. Der erhalten gebliebene Wappenbrief befindet sich

353 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz III, S. 521. 354 Chronik, frank. Städte, Nürnberg I, Leipzig 1862. S. 387. 355 Sebald Beheim von Weißenburg hatte im Jahr 1429 vor den Fasten Dorothea Derrer (geb. 1408), die Tochter von Hans Derrer und der Kolerin geheiratet. Das Ehepaar hatte Kinder. Eine Tochter hatte vor 1449 Dietrich Paradeiß’ Sohn in Erfurt geheiratet. Herrn Sebald Peheims Sohn starb Anfang 1445 (H. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 354). Eine Anfrage im Stadtarchiv Erfurt ergab, daß die Paradeis zu den Patriziern von Erfurt gehört haben. 356 Chroniken fränk. Städte, Nürnberg I, S. 387, Anm. 8. Am 3. XII. 1433 schenkte die Stadt Nürnberg ihrem Bürger Ritter Sebald Beheim 28 Gulden Lw. „als er von unserm dem Kaiser kam von Basel“. 357 StadtAN, LL 100, f. 69r—70r. Hier die Abschrift des Wappenbriefes von 1433.

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im Besitz von Dr. Friedrich Freiherr von Rummel in München aus einer gleichnamigen Familie, die aber aus Neuburg und der Oberpfalz stammt358. Mit dem schönen, auf Pergament geschriebenen Wappenbrief kehrte Ritter Franz Rummel zusammen mit den Rittern Erhard Haller und Martin Hayden an St. Seboldsabend 18. August 1433 heim von Rom 359. Nach dem Tod seines Bruders Hans I. Rummel im Jahr 1434 bewohnte Franz Rummel als dritter Besitzer die Burg Lichtenau. Seine Pflichten wurden durch das Eigentum dieses Herrschaftssitzes noch weiter vermehrt. Der Besitz gab ihm Mittel und Status. Im Jahr 1435 entschloß er sich zu einer sehr vornehmen Pilgerreise ins Heilige Land. Im Gefolge der beiden Markgrafen Albrecht Achilles und Johann von Brandenburg-Ansbach begab er sich mit fränkischen Adeligen, den Nürnber­ ger Bürgern Sebald Pfinzing, Hans Stromer und Sebastian Volckamer auf die Reise. Als Arzt begleitete Dr. Hans Lochner die Pilger. Dr. Lochner wird eine anschauliche Beschreibung der Reise verdankt, die sich erhalten hat. Aus ihr läßt sich die Dauer der Reise und ihre Stationen herauslesen. Günther Schuhmann gibt eine Kurzfassung des Inhaltes 360. Die 174 Tage währende Reise begann am 2. März 1435 in Nürnberg. Mit dem Schiff ging es von Venedig über Korfu, Modon, Kos, Rhodos, Zypern, Caesarea, Akkon nach Jaffa. In Jerusalem kam die Pilgerschar am 30. Mai an. In der Grabeskirche empfing Markgraf Albrecht von seinem Bruder den Ritterschlag. Nach Ausflügen zum Jordan, Bethlehem und zum Toten Meer begann am 6. Juni die Rückreise, die am 25. September in Nürnberg endete. — In Venedig wird Franz Rummel sicher Nürnberger Kaufleuten begegnet sein, die zu seinem Bekanntenkreis gehörten. Eine Fülle von Eindrücken und Erlebnissen gab es zu berichten, als er heimgekehrt war. Franz Rummel stand in freundlichen Beziehungen zu dem höchst interes­ santen Diplomaten Kaspar Schlick, der durch das Vertrauen von Kaiser Sigmund zum Reichskanzler aufstieg und eine Nichte des Kaisers zur Frau hatte. Franz Rummel bekam am 1. Juli 1437 vom Rat 130 Gulden zurück, da er für die Wirtin des Herrn Kaspar Schlick hier einen köstlichen Kammerwa­ gen und einen hängenden Wagen hatte machen lassen361. Neben der Pflege vielfacher Beziehungen stand die Fürsorge für die Familie und den ausgedehnten Grundbesitz. Es wird kaum möglich sein, seinen Besitz und den seiner Frau zu rekonstruieren. Schon der Vater besaß Grundeigentum in Höchstadt. Franz Rummel hatte dort um 1430 als seinen Vogt Contz Veyel 358 Herrn Dr. Friedrich Freiherr von Rummel bin ich für viele freundliche Auskünfte dankbar. Er ist der Autor des Buches“ Franz Ferdinand von Rummel, Lehrer Kaiser Josephs I. und Fürstbischof von Wien (1644—1716)“ Wien 1980, der ein Angehöriger seines Hauses war. 359 Chronik, frank. Städte, Nürnberg I, S. 387. 260 Günther Schuhmann, Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, Ansbach, 1980. S. 41 f. Die Schilderung dieser Reise wird dem Nürnberger Arzt und Stadtphysikus Dr. Hans Lochner verdankt. 361 Paul Sander, Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs 1431—1440. Leipzig 1902. S. 621.

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sitzen 362. Dazu trat noch, daß seine Frau in die Ehe das Amt, Schloß und die Stadt Niedernhochstet (Höchstadt) eingebracht hatte363. Für seine Frau und deren Kinder trug Franz zu treuer Hand den Zehnten zu Lauf/Aisch 364. Bischof Sigmund von Würzburg gab am 29. April 1441 Franz Rummel und seinem Bruder Heinrich, dazu ihren Neffen Lienhard, Ulrich und Wilhelm einen Lehenbrief. Es handelt sich um die Zehnten zu Neuseß (Lage unbekannt), zu Fressendorf (Fröschendorf, LK Uffenheim), zu Trautskirchen (LK Ansbach) zu Stockach (Stöckach, Gern. Trautskirchen), zu Auersdorf (?), zu Mülhausen (LK Höchstadt/A.), x/2 Zehnt zu Schwarzenbach (?), die drei Höfe zu Lonnerstadt, 12 Tagwerk Wiese, 19 Seidengüter, den Zweitteil des Zolles daselbst. Zwei Höfe zu Slauersbach (LK Ansbach) ein Reutzehntlein zu Elsendorf (LK Höchstadt/A.), ein Zehntlein zu Lenkersheim (LK Neu­ stadt/A.), ein Zehntlein zu Lonnerstadt, ein Zehntlein zu Frimersdorf (LK Neustadt/A.), einen Hof zu Malbersdorf (?) mit zwei Seldengütlein, einen Zehnten zu Egenseß (Eggensee, LK Neustadt/A.), einen Zehnten zu Iphoven, Rechte in die Mark zu Einesheim, einen Hof zu Walldemdorf (?), ein Zehntlein gelegen zu Krumpach (b. Höchstadt?) 364a. Das waren bis auf den Zehnten von Iphoven, den Hans I. Rummel erkauft hatte, hinterlassene Güter von Heinrich dem Reichen (f 1417). Lienhard war der hinterlassene Sohn von Georg Rummel, Ulrich, Sohn des 1434 verstorbenen Hans I. Rummel. Wilhelm kann nur der älteste Sohn von Wilhelm II. Rummel sein. War dieser schon vor obigem Tag gestorben? Im Jahr 1444 kam es unter den letzten zwei Brüdern Franz und Heinrich der alten Rummel-Generation und ihren Neffen, den Söhnen von Hans, Georg und Wilhelm zu einer Übereinkunft, wie die Bamberger Lehen unter ihnen zu teilen wären. Darüber gibt es Einträge zu Bamberg, die sich erhalten haben 365. Danach haben Franz Rummel, Ritter, und sein Bruder Heinrich als Lehen den Zehnten zu Gräfenberg und zu Hüll, dazu den von Erlastrud, den Hof zu Zaukendorf (Zautendorf, LK Fürth) dabei ein Seidengut und zwei Höfe zu Herzogenaurach. Die beiden Brüder Heinrich und Franz teilten die Erträg­ nisse dieser Lehen mit den Söhnen ihres seligen Bruders Wilhelm 28. Juli 1444. In dieser Gemeinsamkeit des Genusses dieser Erträge spiegelt sich die Sympat­ hie der älteren Generation mit den Brüdern Heinrich III. und Wilhelm IV.

362 StAN, BB8, 1428—1430, f. 163v. Contz Veyel, des Rummels (Franz) Vogt zu Höchstet. 363 Staatsarchiv Bamberg, Ortsurkunden A 90, 2. Höchstadt. S. 393, 394. Im Jahr 1421 zum Besitz von Agnes von Seckendorf, Witwe des Ritters Ernfrid v. Seckendorf, an Amt, Schloß und Stadt Niedemhochstett. S. 396. Am 26. 8. 1448 verkauft Agnes, des Ritters Franz Rummel eheliche Wirtin, an die Gebrüder Hans, Endres und Paul Rieter den halben Teil an Schloß, Stadt, Amt und Gericht Nydemhochstet. 364 Staatsarchiv Bamberg, StB 5, 1432—1459, f. 207v. 364a GNM, Archiv der Familie von Rummel, Karton 6, Urkundenabschriftsbuch 1403 bis 1560, Nr. 6. 365 Staatsarchiv Bamberg, StB 5, f. 217r. Tertia p. Jacobi 1444. Dort werden sämtliche Hintersa­ ßen auf den Gütern und ihre Abgaben aufgeführt.

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Rummel. Die Söhne des verstorbenen Bruders Georg waren mit anderen Lehen abgefunden worden. Franz Rummel hat sich für seinen Besitz Lichtenau sehr eingesetzt. Es war ihm geglückt durch ein Privileg Kaiser Sigmunds vom 1. Oktober 1434 für die Bürger und Einwohner in Schloß und Markt Lichtenau jährlich zwei Jahrmärk­ te zu erhalten. Von seinen Geldmitteln hat er viel zur Verbesserung seiner Herrschaft angewendet 366. Im Krieg zwischen Markgraf Albrecht Achilles und der Reichsstadt Nürn­ berg hat Lichtenau, das dicht bei Ansbach lag, gelitten. Der Rat hatte Franz Rummel bei der Verstärkung der Befestigungen unterstützt. Dem fürstlichen Belagerer ergab sich das Schloß am 13. August 1449 gegen freien Abzug der Soldaten. Franz Rummel und Familie waren in Nürnberg. In der Schlacht zu Pillenreuth am 11. März 1450 erscheint Franz Rummel als einer der Hauptan­ führer des Stadtheeres 367. Erst 1453 kam der Friede zustande. Danach nahm sich Franz Rummel des Aufbaues der zerstörten Dörfer seiner Herrschaft an und der Besserung seiner Festung. Das hat sicher viel Geld gekostet. Hier kann der Anfang liegen, weshalb die einst so reiche Familie des Ritters Franz Rummel in den siebziger Jahren in Schulden geriet. Aus der Ehe seines ältesten Sohnes Franz II., die er im Januar 1447 mit der Augsburgerin Katharina Riegler geschlossen hatte, erlebte Ritter Franz zwei Enkelsöhne — darunter Franz III. Das Ehepaar hatte dem Barfüßerkloster einen köstlichen, rotsamtnen Ornat mit allem Zubehör geschenkt, Rock und Alben, darauf steht Herrn Franz Rumeis und seiner Wirtin Schild und St. Franzisken Bild ganz mit Perlen durchnäht 368. Wie sein Totenschild auswies, starb Franz I. Rummel an St. Gertraudentag (17. März) 1460. Die Glocken der Vaterstadt läuteten diesem bedeutenden Mann aus der Ratsfamilie „Herrn Franczen Rümel, ritter“ am 18. März. Sein Totenschild hing neben dem seines Bruders Georg (J 1434) in St. Sebald 369. Bis heute blieb eine Stiftung des Ehepaares Franz und Agnes, geb. Haller, im Besitz der Sebalduskirche erhalten. Es handelt sich um einen Teppich mit einem Bild zur Geschichte des Heiligen Kreuzes. Den Hintergrund bilden Ornamentranken. Links sieht man, wie Kaiserin Helene und Kaiser Konstan­ tin nach dem Hl. Kreuz graben lassen, rechts wird die Wunderwirkung des Kreuzes durch die Erweckung eines Toten gezeigt 370. 366 Wilhelm Schwemmer, Lichtenau, Nürnberg 1980. S. 14, 15. 367 Chronik, fränk. Städte, Nürnberg II, 1864, S. 479, 19ff. 368 Pickel, Ein Nürnberger Klosterinventar aus dem Mittelalter. In: MVGN 20, 1913. S. 236. Es handelt sich um das Inventar des Franziskanerklosters vom 1. VIII. 1448. StAN, 7 färb. Alph. Nr. 2029. 369 H. Burger, Totengeläut Lorenz Nr. 362. 370 Leonie von Wilckens, Die textilien Schätze der Lorenzkirche. In: Nbg. Forschungen 20,1977, 500 Jahre Hallenchor St. Lorenz 1477—1977. S. 162, Abb. 8 (S. 160). Leonie von Wilckens, 600 Jahre Ostchor St. Sebald-Nürnberg, 1379—1979, Neustadt/A. 1979, S. 142, zum Teppich (der sich heut in der Obhut des Germ. Nationalmuseums befindet).

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Der Mönch Konrad Herdegen (1409—1479), Benediktiner zu St. Egidien, berichtet uns in seinen „Denkwürdigkeiten“ von einem Datum zur Geschichte der Rummel, das bisher wenig beachtet wurde. „Anno 1447 feria secunda post epiphanie amicus noster Franz Rummel, miles, habuit hic nuptias solennes cum filio suo, qui desponsavit unam virginem de Augusta in Suevia“371. Demnach hat Ritter Franz am 9. Januar 1447 in Nürnberg mit seinem Sohn, der mit einer Jungfrau aus Augsburg in Schwaben versprochen war, die festliche Hochzeit gefeiert. Es handelt sich um die Hochzeit des Sohnes Franz II., der sich Katharina Riegler von Augsburg, die Tochter des Bartholomeus Riegler, zur Frau nahm. Die Riegler (Ridler) von Augsburg waren eine bedeutende Familie und hatten ihr Herkommen von München. Sebald II. Rummel, der jüngere Sohn des Ritter Franz, hatte erst nach dem Tode des Vaters im Jahr 1463 geheiratet 372. Er schloß die Ehe mit Barbara Haller, der Tochter von Paul Haller und der Margarete Harsdorfer. Überlie­ fert ist, ihre Tochter Barbara wäre Anton Orteis Frau gewesen und 1505 gestorben. Die letzten Lebensjahre von Agnes Rummel, geb. Haller, waren von Sorgen überschattet. Die Söhne mußten Schuld aufnehmen 373. Dennoch wurde es ihr erspart, den Verkauf des Schlosses Lichtenau noch zu erleben, das einst der stolze Mittelpunkt der Familie gewesen ist. Sie starb Ende Februar 1471. Ihr wurde am 25. Februar geläutet 374. Der Verkauf von Lichtenau durch Franz II. Rummel an die Pfleger des Reichen Almosens kam am 10. Juni 1472 zustande, um mit dem Erlös von 5000 fl. rh. die Schulden an Raban von Hohnstet, Michael Baumgartner, Ulrich Schütz, Hans Gärtner und drei namentlich genannte Juden zu bezahlen. Bürgen waren Wilhelm senior und Heinz die Rummel dazu Wilhelm Rummel junior. Unter den Sieglern war auch Katharina Rummel (geb. Riegler) 375. Man erlebt, wie die Vettern Wilhelm IV. Rummel und Heinrich III. Rummel neben Franz II. Rummel in der bitteren Stunde dieses Verkaufes standen. Von 1409 bis 1472 hatte diese Herrschaft der Familie gehört. Franz hatte sich das 371 Theodor von Kern, Nürnberger Denkwürdigkeiten des Konrad Herdegen, Erlangen 1874, S. 26. — Sebald Schreyer soll in einem Buch Lit. 9 (?) gebracht haben, daß Franz Rummel d. Jg. Schwiegersohn von Bartholomeus Ridler von Augsburg und Schwager von Hans Ehinger von Ulm war (1457). 372 Im Zusammenhang mit dieser Eheschließung war es wegen des Heiratsgutes zu einer Irrung gekommen. StAN, RB lc, 1461—1475, f. 106—107r. 373 StAN, 7 färb. Alph. Nr. 3314, Wilhelm und Heintz die Rummel, Franz und Sebolt die Rummel sowie Agnes der letzteren Mutter stellen Rasan von Helmstat einen Schuldbrief aus über 3000 fl. im Jahr 1468 Febr. 9. StAN, 7 färb. Alph. Nr. 7413. Franz u. Sebold Rummel Brüder, Wilhelm und Heinz die Rummel Brüder zu Nbg. stellen den Juden Mayr J., Mosse v. Schaffhausen, Seligkmann Sack alle drei aus Nürnberg Schuldbrief über 650 fl. rh. im Jahr 1471 Okt. 9. 374 H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 1134. 373 StAN, 7 färb. Alph. Nr. 3442, 1472 Juni 10. In der Verkaufsurkunde kommen die Gläubiger der Urkunden von Anm. 373 vor.

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Rückkaufsrecht festschreiben lassen. Dazu konnte es aber nicht mehr kom­ men. Drei Monate vor diesem Verkauf hatte Franz II. seinen jüngeren Bruder Sebald II. verloren. Nach seinem Totenschild starb er am Kunigundentag (3. März) 1472. Ihm dem „jungen Sewolt Rumei, Herrn Franczen sun“ wurde am Mittwoch nach St. Kunigunden geläutet 376. Die junge Witwe Barbara, geb. Haller hat ihn um 33 Jahre überlebt. Die Glocken der Sebalduskirche läuteten für sie Ende August 1505377. Einen schmerzlichen Verlust mußte Franz II. im Jahr 1476 hinnehmen. Am Samstag vor Gertraudentag (13. März) starb sein ältester Sohn „der erbar jung Franz Rumei, dem Gott genedig sey“ stand auf dem Totenschild. Geläutet wurde für ihn am 16. März 1476378. Franz II. Rummel am Fischbach (der heutigen Karolinenstraße) beschloß sein Leben am Montag vor unsrer lieben Frauentag 1481 nach seinem Todenschild. Das Grab der Eltern in der Sebalduskirche wird ihn aufgenommen haben. Alle Glocken von St. Sebald und St. Lorenz läuteten am 20. März für ihn 379. Es hingen nun von diesem Familienzweig die Totenschilde des Ritters Franz, seinem Sohn und Enkel­ sohn Franz, beisammen daneben noch der Schild von Sebald II. Rummel, des Ritters 2. Sohn. Katharina Rummel, geb. Riegler, war am Fischbach noch der Sohn Hans geblieben. Hans Rummel hatte sich Elsbeth, die Tochter von Hans Müllner und der Elsbeth Hallertauerin, zur Frau gewählt. Aus dieser Ehe hat seine Mutter noch Enkel erlebt. Katharina Rummel, geb. Riegler, beschloß ihr Leben im April 1483 38°. Geläutet wurde für sie am 20. April. Sie hatte ein kleines silbernes Monstranzlein gestiftet mit dem Rummel und dem RieglerSchild. Hans Müllner am Milchmarkt, der Schwiegervater des Hans Rummel, war ein sehr bedeutender Kaufmann in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in Nürnberg. Auf den Handelsplätzen Mitteleuropas war er wohl bekannt. Zusammen mit seinem Sohn Bernhard war er an Bergwerken auf Gold, Silber und anderen Metalle in der Dauphine beteiligt. Hans Müllner (J 1485) besaß wichtige Querverbindungen von Polen bis hin zu italienischen Handelsfirmen und Banken. So übertrug Papst Paul II. ihm 1465 das Kollektorenamt für das Königreich Polen381. Seit 1474 hatten Hans Müllner und sein Bruder Dr. Sebald Müllner Schloß und Dorf Schwarzenbruck als Lehen inne. 376 377 378 379 380 381

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H. Burger, Totengeläut II. Lorenz, Nr. 1199. H. Burger, Totengeläut I Sebald Nr. 5364. H. Burger, Totengeläut II. Lorenz, Nr. 1569. H. Burger, Totengeläut II Lorenz, Nr. 1985. H. Burger, Totengeläut II. Lorenz, Nr. 2142. Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, S. 199f., 384 u. a. O. Auch zu den Hirschvogel hatte er Beziehungen. Chr. Schaper, Die Hirschvogel, S. 108. H. Ammann, Die wirtschaftliche Stellung der Reichsstadt Nürnberg im Spätmittelalter, S. 118. 1474 ist Bernhard Müllner, der Sohn von Hans Müllner, mit dem Vater im Bergbau in der Dauphine erwähnt. Staatsarchiv Bamberg, Urk. Nr. 1863—1865, Nr. 1868.

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Die Ratsfamilie Rummel

Hans Rummel hatte auch durch die Schwestern seiner Schwiegermutter382, der Ursula Lorenz Hallerin und Christianin Imhoff, neue Familienverbindungen gewonnen. Seine Schwiegermutter Elsbeth Hans Müllnerin testierte 1497. Geläutet wurde ihr am 21. Oktober 1499383. Hans Rummel war in den Inneren Rat gekommen. So war er 1492 bis 1496 Jüngerer Bürgermeister, von 1499 bis 1501 Älterer Bürgermeister, schließlich bis 1504 wieder Jüngerer Bürgermeister. Hans Rummel am Fischbach wurde am 3. Februar 1505 geläutet. In der Lorenzkirche befindet sich noch heute sein Messingepitaph auf einer Bodenplatte mit Inschrift und Ehewappen 384. Für diese Rummel-Familie haben sich wieder bessere Lebensbedingungen ergeben. Neue Fähigkeiten waren ihr durch die Abstammung von dem bedeutenden Kaufmann Hans Müllner zugewachsen. Die Söhne Franz und Benedikt waren zu Nachfolgern des Vaters bestimmt. Lazarus Holzschuher erwähnte 1511 „Franz Rumei, Hans Rumeis son am Vischpach, ist ledig“. Was aus ihm wurde, ist unbekannt. Zwei Töchter Magdalene und Kunigunde waren herangewachsen. Am 1. Februar 1509 nahm der Nürnberger Bürger Lorenz Stäuber sich Magdalena Rummel zur Frau. Der Ehevertrag ist nachzulesen. Das Bildnis der Magdalene, geb. Rummel, hat sich als Bleistiftzeichnung vom Jahr 1519 von der Hand des Augsburger Hans Schwarz erhalten. Diese Urenkelin des Ritters Franz I. Rummel erlebte 1520 den Ritterschlag ihres Mannes durch den König von England. Nach 16jähriger, kinderloser Ehe mit Lorenz Stäuber, der eine interessante Persönlichkeit gewesen ist, starb sie kurz vor Beginn des Winters 1526385. Sie hatte testiert und auch ihre Schwester der Langkheimerin gedacht. Vor ihr war schon der andere Bruder gestorben. „Anno domini 1521 am Maria-Magdalenen Tag (22. Juli) da starb der Erbar Jung Gesell Benedikt Rumei“, so las man auf seinem Totenschild. Die Glocken von St. Sebald läuteten, als er zu den Voreltern gebettet wurde. Seine Mutter Elsbeth, geb. Müllner, testierte und folgte dem Sohn noch vor dem Herbst 152 1 386. Im 382 Die Töchter von Hans Hallentauer und der Holfelderin standen in enger Beziehung. Es waren das Ursula H., die 1445 Lorenz Haller heiratete und 1483 testierte. Amb. 173, S. 50a. Die 2. Schwester war die Christian Imhoffin, die dritte Hans Rummels Schwiegermutter Elsbeth Müllnerin. 383 Stadtbibliothek Nbg. Amb. 173, 2°. S. 8a. Elsbeth Hans Müllnerin testiert 1497. Ihre Tochter Margarete, Hans Stromerin, war seit 1490 Witwe. Hans Rummel hat in diesem Schwager Hans Stromer, der 1490 in Lissabon starb, einen weitgereisten Kaufmann in der Familie gehabt. 384 StadtAN. Genealog. Papiere Rummel, Auszug aus dem Ratsmanual. H. Burger. Totengeläut Lorenz, Nr. 4047. Bayr. Kunstdenkmale, Die Stadt Nürnberg, G. P. Fehring u. A. Ress, 21977, S. 89, auf dem Boden zwischen Pfeilerpaar XVIII. 385 Marie Glöckner, Braunschweig, Lorenz Stäuber (1486—1539) Nürnberger Kaufmann, Ritter und Agent König Heinrichs VIII. von England. In: MVGN 52,1963—64. S. 166f., 173f., Abb. 2b. Das Porträt von Magdalena Stäuber, geb. Rummel. Ihr Tod S. 189. Frau Dr. med. Glöckner hat ein aufschlußreiches Lebensbild dieses Nürnberger Kaufmanns und Schwieger­ sohns von Hans Rumei am Vischbach geschrieben. 386 H. Burger, Totengeläut III Sebald, Nr. 405. Stadtbibi. Nbg. Amb. 173, 2°, S. 133e. H. Burger, Totengeläut III Sebald Nr. 423.

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Herbst des Jahres 1535 erklang das Totengeläut für „Kungund Jorg Lanckhamerin, Hans Rumeis tochter am Vischbach“ und zugleich für „Jorg Langkhamer, ihr Hauswirt ibidem“ von den Glocken der Sebalduskirche 387. Noch im Tode war die Kungund Lanckhamerin der Familie Rummel zugerechnet worden. Sie war die letzte des Namens aus der Familie des Ritters Franz Rummel. V. Joseph Rummel (f 1525), der letzte Kaufmann und seine Nachkommen Eine originale Lehensurkunde vom 26. September 1480 zur Geschichte der Rummel verwahrt das Stadtarchiv Nürnberg. Wladislaus König von Böhmen belehnt die Brüder Wilhelm d. J., Heinrich, Jörg und Joseph Rummel mit dem Burgstall und Graben zu Lonnerstadt und seinen Zubehörungen, sowie das ihr verstorbener Vater von den verstorbenen Vorfahren des Königs erhalten hätte. Das Lehensverhältnis zur Krone von Böhmen bestand seit 1403. Joseph Rummel erscheint hier zum ersten Mal faßbar in einer Urkunde 388. Als jüngster Bruder der Brautmutter Anna Frey, geb. Rummel, hat Joseph wohl an der Hochzeit von deren Tochter Agnes mit dem Maler Albrecht Dürer am 7. Juli 1494 teilgenommen. Joseph Rummel wird in dem Wappen­ brief erwähnt, den Kaiser Maximilian I. zu Worms am 7. Juli 1495 ausfertigen ließ. Der Wappenbrief galt zunächst den Brüdern Peter und Anton Rummel in Tirol, die ihm dienten, sodann aber allen Rummel, die zu dieser Zeit in Nürnberg lebten. Sie werden nun hier gleich mit Zusätzen gebracht, die ihre Einordnung erleichtern. Da werden die Vettern Jeronymus Rummel (f 1503) und Hans Rummel (f 1505) erwähnt. Die Brüder Hans und Lienhard Rummel (Söhne des verstorbenen Lienhard Rummel) sind zusammen mit den oben genannten vier Brüdern Wilhelm, Heinrich, Georg und Joseph Rumei aufge­ führt389. Joseph war der jüngste Sohn von Wilhelm IV. Rummel zum Tafelhof (f 1480) und der Kunigunde, geb. Haller von Bamberg (f 1488). Von seiner ältesten Schwester, der Schwiegermutter von Albrecht Dürer, war oben schon die Rede. Sein ältester Bruder, Wilhelm V. Rummel, hatte sich am 3. Februar 1484 Katharina, die Tochter von Jacob Toppier und der Margarete Müllner, zur Frau gewählt. Jacob Toppier, Sohn eines gleichnamigen Vaters, hinterließ 387 H. Burger, Totengeläut III Sebald, Nr. 1500 und Nr. 1501. 388 StadtAN, UR 1480 Sept. 26. 389 StadtAN, LL 100, f. 66v—67r. Die Urenkel von Hans Rummel, Sohn des Lienhard, der von Kaiser Maximilian zu Worms am 7. Juli 1495 im Wappenbrief einbezogen war, legten den Wappenbrief in Nürnberg zur Vidimierung am 19. Februar 1585 vor. Es handelte sich um Walburg Baumgartner, geb. Rummel in Augsburg, und Hans Rummel, ihren Bruder, beide zu Hersbruck als Kinder von Wolfgang Rummel und Ursula Melber geboren. Der originale Wappenbrief von 1495 gelangte nach dem Aussterben der Freiherren von Rummel auf Lonnerstadt und Zant 1807 späterhin durch Ankauf in den Besitz einer ihnen nicht verwandten Familie der Freiherren von Rummel. Er ist heute in den Händen von Dr. Friedrich Freiherr von Rummel in München.

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— ihm wurde am 18. September 1464 geläutet — drei kleine Kinder, die Töchter Margarete und Katharina sowie den 1462 gebornen Sohn Erasmus. Dieser war der spätere Dr. Erasmus Toppier, Propst von St. Sebald390. Am Anfang des Jahres 1488 hatte sich der junge Halbwachs mit einer Tochter des verstorbenen Wilhelm Rummel verheiratet391. Es handelte sich hier um Lienhard, den Sohn des Konrad Halbwachs, und Kunigunde Rummel, der sie 1494 als junge Witwe mit der Tochter Katharina hinterließ392. 1495 schloß Kunigunde ihre zweite Ehe mit Jacob Sauerzapf, der am 4. Dezember 1497 starb. Er hinterließ aus dieser Ehe zwei kleine Töchter: Clara (geb. 1496) und Ursula (geb. 1497), von denen noch die Rede sein wird. Josephs Schwester Katharina war nach kurzer Ehe die Witwe von Bartel Knebel, einem Kauf­ mann393. Sein Bruder Heinrich lebte in Lonnerstadt. Der Bruder Georg hatte in Basel eine neue Heimat gefunden. Sein ältester Bruder Wilhelm V. von Lonnerstadt hinterließ 1500394 seine junge, verwaiste Familie. Das war also der Geschwisterkreis des jungen Joseph, der die Kaufmann­ schaft erlernt hatte. Dabei ist an eine Lehrzeit in Oberitalien zu denken. Es fällt auf, daß er 1503 sowohl seinem Bruder Heinrich in Lonnerstadt eine Vollmacht gibt wie auch dem Bruder seiner verwitweten Schwägerin Katharina geb. Toppier, dem Propst von St. Sebald Dr. Erasmus Toppier, alle seine Lehen- und Eigengüter in seiner Abwesenheit zu verantworten. Das geschah am 20. März 1503395. Demnach wollte er sich wohl im April für längere Zeit ins Ausland — nach Mailand? — begeben. Nach Mailand hatte sein späterer Schwiegervater, der Nürnberger Kauf­ mann Jacob Wieland, Handelsbeziehungen. Sie sind für 1478 bewiesen. Jacob Wieland hatte versprochen, eine große Anzahl — 400 Paar Nürnberger Messingleuchter — nach Mailand zu liefern. Er brachte sie kurzfristig vor die Tore der Stadt, die sich ihm dann aber aus Furcht vor der Pest nicht 390 Stadt AN, Genealog. Pap. Rummel. Margarete, die älteste Tochter von Hans Müllner am Milchmarkt und Elsbeth Hallentauer hatte in 1. Ehe Jacob Toppier geheiratet, dem am 18. September 1464 geläutet wurde. Aus dieser Ehe stammten die Töchter Margarete und Katharina und der Sohn Erasmus (geb. 1462), der spätere Propst von St. Sebald (+ 1512). Die junge Witwe Margarete Toppier, geb. Müllner wurde die Frau von Hans V. Stromer, in dessen Haus die drei Toppier-Kinder aufwuchsen. Aus der 2. Ehe ihrer Mutter erlebten sie Stief­ geschwister, darunter Hans IX. Stromer (geb. 1467). Der Heiratsvertrag von Wilhelm V. Rummel mit Katharina Toppier in Lochner, Selecta II. S. 329. 391 StAN, Rß 4, f. 282v. Dem jungen Halbwachsen mit des Wilhelm Rumeis seligen Tochter zur Hochzeit auf Eritag vor Sebastian (16.1. 1488) das Rathaus und die Pfeiffer, Sab. p. Lucie 1487. H. Burger, Totengeläut I Sebald, Nr. 4201. 392 Hans Nikol, Die Herren von Sauerzapf, Geschichte eines Hammerherrengeschlechts der Oberpfalz, S. 164, 165. In: Verhdl. d. Hist. Ver. f. Oberpfalz u. Regensburg, 114, 1974. 393 Stadt AN, Genealog. Pap. Rummel. H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 2645, geläutet 14. Febr. 1490. 394 H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 3488. Sein Totenschild in der Sebalduskirche „Anno Domini 1500 starb der Erbar Wilhelm Rumei von Lonerstat am Sankt Jeremiastag“. Er hinterließ 1 Sohn u. 4 Töchter. 395 StadtAN, LL 18, 241v—142.

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öffneten396. Er scheint auch mit Como in Verbindung gestanden zu haben397. Jacob Wieland hatte sich 1491 am Weinmarkt ein Haus gekauft, 1502 fünf Häuser am Treibberg und 1503 eines an der Hirscheigasse 398. Jacob Wieland testierte 1505, ihm wurde am 18. Juni 1505 geläutet399. Es ist wahrscheinlich, daß Joseph Rummel die Handelsbeziehungen des Schwiegervaters weiter pflegte, nachdem er am 8. Februar 1506 seine zweite Tochter Ursula Wieland aus dessen Ehe mit Cordula Hübner zur Frau gewonnen hatte400. Seine Schwägerin Cordula Wieland wählte sich, nachdem sie nach einer Ehe mit dem Goldschmied Conz Christan im Februar 1504 verwitwet war401, am 2. September 1506 Stefan Baumgartner zum zweiten Ehemann. Josephs junge Frau Ursula hatte noch eine weitere Schwester, die mit Mathes Semler verheiratet war und dazu noch fünf Brüder. Das war der zweite verwandte Familienkreis für die junge Rummel-Familie. Mit dem Jahr seiner Eheschließung 1506 war Joseph Rummel zum Genann­ ten des Größeren Rates gewählt worden und blieb es bis zu seinem Tode 1525. In einem weiteren Ehrenamt ist er als Schöffe am Bauemgericht im Jahr 1508 festzustellen 402. Vom 5. April 1508 hat sich in Würzburg eine Pergamenturkunde erhalten, die auch das Siegel von Joseph Rummel trägt. Heinrich und Joseph Rummel von Lonnerstadt vererben für sich und ihre abwesenden Brüder und Vettern Georg und Wilhelm zwei dem Hochstift Würzburg lehenbare Höfe zu Lonnerstadt an Sebold Virling daselbst403. In dem Verzeichnis erbarer Nürnberger Bürger, das Lazarus Holzschuher zum Jahr 1511 zu verdanken ist 404, schreibt er zu den Rummel: „Heinz Rumei ist ledig, wohnt zu Lonerstatt, — Joseph Rumei ist ein schöpf am Bauemge­ richt, treibt seinen Handel mit Welschland, hat zu der ee ein Wilandin. — Franz Rumei, hans Rumeis son am Vischpach, ist ledig“. Die Aussage von Holzschuher zum Handel von Joseph Rumei ist von besonderer Wichtigkeit, weil sie die Richtung seines Femhandels überliefert. Von Interesse ist auch die Aussage: „Wilhelm Rumei, der son von Wilhelm Rumei zu Lonnerstatt 396 Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz I. S. 183. 397 Alois Schulte, Gesch. d. mittelalterlichen Handels u. Verkehr zwischen Westdeutschland u. Italien mit Ausschluß von Venedig. 2 Bände, Leipzig 1900, S. 583. In Como Jacob Wisland (Wieland?). 398 StadtAN LL 8, 24b, LL 18, 118, LL 18, 270b. 399 Stadtbibi. Nbg. Amb. 173, 2°, S. 64c. H. Burger, Totengeläut Lorenz, Nr. 4122. 400 StadtAN. Genealog. Pap. Rummel. Hochzeiten der Rummel. 401 Theodor Aign, Die Ketzel, Neustadt/A. 1961. Anm. 502. 402 J. F. Roth, Verzeichnis aller Genannten des größeren Rats, Nürnberg 1802, S. 54, StadtAN, LL 24, 34. Schöpf des Bauemgerichts. 403 Staatsarchiv Würzburg, L 193, Nr. 137. 404 Germ. Nationalmuseum Nbg. Hs. 16579 (Bg. 490). Lazarus Holzschuher, Beschreibung der 1511 lebenden Personen in den Nbg. Erbam Familien (Absch.) S. 94r/v. Nach A. Schulte wie Anm. 397, S. 573, soll Rummel Anfang des 16. Jahrhunderts in Mailand gehandelt haben. Ich habe in der von Schulte bezeichneten Quelle im Germ. Museum in den Koler-Kress-SoranzoGeschäftsbüchern bisher seinen Namen nicht gefunden.

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verstorben, wohnt bei Erasmus Toppier Dr. allhie Propst zu St. Sebald“. Propst Dr. Erasmus Toppier hatte also seinen Neffen bei sich, den Sohn seiner seit 1500 verwitweten Schwester Katharina Wilhelm Rummlin. Das war für diesen jungen Rummel und seine Entwicklung sicher von besonderem Wert. Mit dem Burgsitz in Lonnerstadt, der seit 1403 in den Händen der Familie und ein böhmisches Lehen war, hatten Joseph und seine Geschwister um 1515 ihre Sorgen. Joseph gibt an, daß der Sitz durch Ungewitter „in unpau“ gekommen, veraltet, ganz zerbrechlich und zerfallen sei. Er soll nun neu gebaut werden. Ob es zu dem notwendigen Bau kam? — Unter dem 11. Juni 1517 belehnte König Ludwig von Böhmen Joseph und Wilhelm die Rummel, Bürger von Nürnberg, mit Lonnerstadt. Die originale Pergamenturkunde mit Siegel hat sich erhalten 405. Mit vielen anderen Nürnbergern, deren Namen bekannt sind, waren Joseph und Ursula Rummel Zeugen der Trauung von Dr. Christoph Scheurl d.J. (1481—1542), die er am 29. August 1519 in der Sebalduskirche mit Katharina Fütterer, der Tochter von Ulrich Fütterer und Ursula Behaim, feierte. Der Bräutigam selbst hat die Liste der Gäste zu den sich über Tage erstreckenden Festlichkeiten zusammengestellt 406. Im Jahr 1520 im Sommer starb „Kungundt Jacob Saurzepfin“ 407. Sie hinterließ ihre Tochter erster Ehe, Katharina Halbwachsin, als Nonne im Kloster Gnadenberg. Die beiden Töchter der kaum drei Jahre währenden Ehe mit Jacob Sauerzapf waren noch ledig. Die älteste Schwester des Joseph, die Anna Hans Freyen, beschloß im Herbst 1521 ihr Leben. Das Grab der Familie Frey auf dem Johannisfriedhof nahm sie auf408. Nicht weit von ihr auf dem gleichen Friedhof wurde Mitte Januar 1525 Joseph Rummel bestattet. Im Totengeläutbuch von St. Sebald gibt es für diesen Zeitraum keine Einträge. Dafür überliefert uns die Grabinschrift (Abb. 6) das genaue Datum des Todes: „Anno 1525 den 13.tag Jenner do/verschidt Der erbar vnd vest Joseph/Rumel dem got gnedig un[d] barmherzig se[y]“409. Er hatte kurz zuvor testiert. Wichtige Angaben zur Familie Rummel werden dem Auszug verdankt410. Er hinterließ seine Frau Ursula, den Sohn Balthasar, die Tochter Ursula. Verstorben war vor ihm sein Sohn Jorg, von dessen Existenz nur hier gesprochen wird. Auch sein Bruder Heinrich, der ledig zu Lonnerstadt lebte, starb vor ihm. Inzwischen hatten sich die Töchter seiner 1520 verstorbenen Schwester Kunigund Sauerzapf verheiratet. Klara Sauerzapf (geb. 1496) hatte sich 1522 mit Anthon Koberger, dem gleichnami405 406 407 408 40V

StadtAN, LL 29, 1513—1516, f. lllr. Staatsarchiv Bamberg, Nr. 2064. MVGN 3, 161. H. Burger, Totengeläut III Sebald Nr. 293. H. Burger, Totengeläut III Sebald, Nr. 435, Johannisfriedhof Nr. 649. Johannisfriedhof Grab Nr. 1168. P. Zahn, Die Inschriften der Friedhöfe St. Johannis... zu Nürnberg, 1972, S. 43 Nr. 177. 4,0 Stadtbibi. Nbg. Amb. 173, 2°, S. 139b.

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gen Sohn des großen Verlegers, verheiratet, Ursula Sauerzapf (geb. 1497) wurde 1523 die Frau des Witwers Wolf Pömer 392. Joseph Rummel bedachte auch die Töchter Helena, Veronika und Felizitas seines lang vor ihm im Jahre 1500 verstorbenen Bruders Wilhelm V. Rummel, dessen vierte Tochter war schon vor Joseph Rummel gestorben411. Aus dem Kreis der Familie Wieland ist zu erwähnen, daß Cordula, verwitwe­ te Baumgartner, sich 1527 in dritter Ehe mit Hans Tücher verband. Ihre und der Joseph Rumlin Mutter testierte 1527. Ihr wurde von der Sebalduskirche im Frühjahr unter dem Eintrag geläutet: „Cordula J. Wielandin peym Hans von Ploben“, was wohl ihren Wohnsitz angab412. Mit dem 13. März 1527 belehnte König Ferdinand von Böhmen Balthasar Rummel und Wilhelm Rummel wiederum mit Lonnerstadt413. Bei diesem Wilhelm handelt es sich um Wilhelm VI., den Sohn von Wilhelm V. Rummel (t 1500), der am 27. Oktober 1521 Felizitas Baumgartner, die Witwe von Georg Haller, geheiratet hatte. Er wurde 1524 zunächst Pfleger von Reichen­ eck, 1527 in Lichtenau. Ihm wurde im Frühsommer 1532 als dem „Wilhelm Rumei am Fischpach, Pfleger von Lichtenau“, geläutet414. Josephs Sohn Balthasar Rummel wurde am 28. Januar 1535 mit Katharina Tetzel in der Sebalduskirche getraut. Ihre Eltern waren Friedrich Tetzel und Ursula Fürer. Aus den geistigen und charakterlichen Kräften dieser beiden Familien hat sie die Fähigkeit geschöpft später ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Ihr Bruder Hans Tetzel besaß Bergwerke auf Cuba, an denen Balthasar Rummel sich beteiligt hatte. Rummel wurde Pfleger von Altdorf. Von seinen neun Kindern setzen zwei Söhne die Familie fort415. Das Testament der Agnes Dürer, dessen Veröffentlichung Gerhard Hirsch­ mann zu danken ist, erlassen im Jahr 1538416, bringt eine authentische Übersicht über ihre Verwandten in der Rummel-Familie. Der Bruder ihrer Mutter Jorg lebte zu der Zeit in Freiburg im Breisgau. Die Anthoni Kobergerin war Klara geb. Sauerzapf, die schon im Testament ihres Onkels Joseph vorkommt. Ursula geb. Sauerzapf war inzwischen am 18. Juni 1526 mit Dr. Christoph Gugel eine zweite Ehe eingegangen. Josephs Nachkommen Baltha­ sar und Ursula werden auch erwähnt. Von Wilhelm V. Rummels vier Töchtern

411 StadtAN, Genealog. Pap. Rummel. Jobst (nicht Jacob!) Toppier heiratete am 13. Mai 1511 Ursula, Wilhelm Rummels Tochter. H. Burger, Totengeläut III Sebald, Nr. 169. Ursula Jobst Toplerin. 412 Theodor Aign, Die Ketzel, Neustadt/A. 1961. Anm. 502. H. Burger, Totengeläut III Sebald Nr. 3176. 413 Staatsarchiv Bamberg, Urk. Nr. 2066. Die Abschrift dieser Urkunde ist im Stadtarchiv Nbg. LL 47, f. 56r nachzulesen. 414 StadtAN, Genealog. Pap. Rummel, H. Burger, Totengeläut III Sebald Nr. 1110. 415 StadtAN, Genealog. Pap. Rummel. 416 Gerhard Hirschmann, Albrecht Dürers Abstammung und Familienkreis. In: Nbg. Forschun­ gen Bd. 15, Nbg. 1971. S. 49, 50. H. Burger, Totengeläut III Sebald, Nr. 2086. Johannisfried­ hof Nr. 649.

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lebten nur noch zwei: Helena und Felizitas, deren Mutter Katharina Wilhelm Rumlin, geb. Toppier, am Milchmarkt 1529 gestorben war417. Agnes Dürer, geb. Frey, die Enkelin von Wilhelm IV. Rummel, hatte sich der Familie weiterhin verbunden gefühlt. Ihre Verwandten Rummel werden im Haus am Tiergärtnertor ein- und ausgegangen sein. Bald nach Agnes Dürer, deren Leben sich Anfang des Jahres 1540 erfüllte, starb die noch im Testament genannte „Junckfrau Ursula Joseph Rumeis tochter auf S. Gilgenhof“418. Sie hatte dort gemeinsam mit ihrer Mutter Ur­ sula Rummel, geb. Wieland, gelebt, wo auch ihre Mutter im Spätsommer 1545 verstarb419. Diese Mutter brauchte nicht mehr zu erleben, daß ihr einziger Sohn Balthasar mit 39 Jahren starb und nach nur 12jähriger Ehe seine Frau mit neun Kindern in jugendlichem Alter hinterließ. Balthasar I. Rummel (geb. 1508), Pfleger zu Altdorf, verschied am 11. August 1547. Sein Totenschild war der letzte, der seinen Platz in der Sebalduskirche fand. Seine zwei Söhne gaben das Nürnberger Bürgerrecht auf. Seine Frau Katharina geb. Tetzel überlebte ihn um 51 Jahre und vollbrachte eine beachtenswerte Lebensleistung. Ihr Nachlaßinventar von 1598 hat sich erhalten. Diese Mutter (geb. 1510) hat es allein vermocht, sieben der neun Kinder aufzuziehen. Drei Töchter verbanden sich mit angesehenen Fami­ lien 420. Ihr ältester Sohn Wilhelm VII. Rummel (geb. 1540) wählte sich am 8. November 1568 Magdalene, die Tochter von Sebastian Imhoff und der Magdalene Ebner, zur Frau, die ihm vor ihrem Tod 1570 ein Kind geschenkt hat. Wilhelm Rummel war in den Inneren Rat gewählt worden und bekleidete 1571 zum ersten Mal das Amt des Älteren Bürgermeisters. Er blieb Älterer oder Jüngerer Bürgermeister bis zum Jahr 1575. Seine zweite Ehe wies schon in seine spätere Heimat Oberpfalz. Zu Sulzbach nahm er sich am 19. November 1571 Anna, die Tochter von Dr. Ulrich Sitzinger zu Sulzbach und der Münsterin zur Ehe. Sein Bruder Balthasar II. Rummel (geb. 1547) vermählte sich am 14. April 1578 mit Katharina, der Tochter des Paulus Tetzel421. Seine erste Frau war Margarete, 417 H. Burger, Totengeläut III Sebald Nr. 877. StadtAN LL 22, f. 104v. Helene und Felizitas Rummel verkaufen ihr Haus am Milchmarkt 1529. 418 H. Burger, Totengeläut III Sebald, Nr. 2123. 419 H. Burger, Totengeläut III Sebald, Nr. 3176. 420 H. Burger, Totengeläut III Sebald, Nr. 3515. Das Datum des Todes stand auf dem Toten­ schild. StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. Dort wird das Nachlaßinventar der Katharina Rummel von 1598 verwahrt, die ein halbes Jahrhundert für die Ihren sorgte. Ihre drei Töchter heirateten. Ursula (geb. 1537) heiratete 9. 10. 1554 Lucas Sitzinger, Sohn des Lucas und der Esther Fugger v. Reh, der einen großen Kupferhandel trieb und eigne Bergwerke besaß. Sabine verband sich am 10. 9. 1560 mit Christoph Lindner, der dem Totengeläut nach (Nr. 8499) im Jahr 1566 starb und auf St. Egidienhof wohnte. Maria heiratete 4. 8. 1567 Dr. med. Joachim Camerarius. Sie starb 1577 und hinterließ drei Söhne. 421 Die Heiratsdaten der Brüder Rummel sind den genealogischen Papieren der Familie entnom­ men.

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Georg Eisvogels Tochter, gewesen. Zwischen diesen beiden Brüdern und der Stadt Nürnberg kam es nach 1575 zu einer Irrung um Ungeldzahlung in Lonnerstadt. Im Verlauf der Auseinandersetzung faßten die Brüder den Entschluß, das Nürnberger Bürgerrecht aufzusagen. Wilhelm VII. Rummel hatte nach 1576 — wohl dazu geführt durch seine Sulzbacher Verwandtschaft — die Hofmark und den Herrensitz Zant im heutigen LK Amberg gekauft. Urkundlich ist er dort 1583 zu fassen422. Seine Frau Anna wurde 1584 Miterbin des Schlosses und Hofmarkgutes Holnstein. Die Brüder haben Lonnerstadt 1581 an Wolf Emst von Wirsberg verkauft 423. Wilhelm VII. Rummel sagte am 29. März 1581 sein Bürgerrecht auf und zahlte 10% seines Vermögens als Nachsteuer. Das waren 837 fl. Sein Bruder Balthasar resignierte auf sein Bürgerrecht am 10. Januar 1584 und zahlte 1000 fl. Nachsteuer424. Balthasar II. Rummel war zunächst Pfleger von Allersberg im Dienste der Pfalz, kehrte aber dann wiederum in die Reichsstadt Nürnberg zurück. Seit 14. April 1578 war er in zweiter Ehe mit Katharina, Paulus Tetzeis Tochter, vermählt. Erneut Bürger Nürnbergs wurde er Pfleger zum Hohenstein und danach zu Betzenstein. Im Chor der dortigen Pfarrkirche erhielt sich ein vom Nürnberger Erzgießer Jacob Weinmann geschaffenes Epitaph, das Balthasar Rummel von Lonnerstadt gilt, dem gewesenen Pfleger der Ämter Betzenstein und Stierberg, f 19. September 1620, 73 Jahre alt und seiner Frau Katharina, geb. Tätzlin von Sambach, f 12. November 1618, 61 Jahre alt und der Tochter Katharina. Deutlich ist das Wappen der Rummel darauf kenntlich425. Anton Rummel von Lonnerstadt, ein Sohn von Wilhelm VII. Rummel von Lonnerstadt auf Zant und der Anna Sitzingerin, hat es wieder zurück in die Reichsstadt gezogen. Im Jahr 1583 in Zant geboren, nahm er 1610 die Nümbergerin (?) Walburg Meichsner zur Frau. Er wurde 1624 Pfleger zu Hiltpoltstein. Dort verlor er 1629 seine erste Frau. Die zweite Ehe schloß er 1631 mit Susanne des Carl Schlüsselfelder Tochter. Im September (?) 1631 mitten im Dreißigjährigen Krieg wurde er auf Schloß Hiltpoltstein beim Durchzug 422 Staatsarchiv Amberg. „Wilhelm Rummel ist wohl der erste seiner Familie in Zant, das er zwischen 1576 und 1483 erworben hat“. Für die ausführliche Auskunft vom 17. 8. 1973 wird aufrichtig gedankt. Darin werden Hinweise auf Archivalien und Urkunden gebracht. 423 Archiv der Freiherren Stromer von Reichenbach auf Burg Grünsberg. Bearbeiter Matthias Thiel, Neustadt/A. 1972, S. 380. 1581 verkauften die Rummel die Güter (Lonnerstadt) an Wolf Emst von Wirsberg. Nach Ruckdeschel, Lonnerstadt und Umgebung, 1929, S. 46, befindet sich ein Originalbrief zum Verkauf von Lonnerstadt im Staatsarchiv. Er konnte bisher nicht gefunden werden. Im Archiv in Grünsberg (s. oben) wird in Urk. 477 am 17. 9. 1584 Wilhelm Rummel von Lonnerstatt auf Zant und seine Frau Anna erwähnt. Anna war die Tochter des t Dr. iur. Ulrich Sitzinger und zu einem Drittel Erbin von dessen Schloß, Landsassen- und Hofmarkgut Holenstein (Holnstein, LK Sulzbach-Rosenberg). Der Burgstall und Herrensitz zu Lonnerstatt scheint vom Landalmosenamt Nürnberg gekauft worden zu sein, denn 1641 wurde er von diesem Amt um 1000 fl. an die Baumgärtner verkauft. Siehe Stromer-Archiv wie oben S. 391. 424 StAN, ASTB 308, f. 170b, f. 171a. 425 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. Die Kunstdenkmale v. Oberfranken. II. Landkreis Pegnitz, Betzenstein. München 1961, S. 71, 72. Abb. 7.

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MVGN 68 (1981)

Die Ratsfamilie Rummel

von Tillys Reitertruppen mörderischer Weise erschlagen426. Meines Wissens war er als Bürger der Reichsstadt der letzte Nachkomme der Ratsfamilie, der hier so grausam in ihrem Dienste umkam. Im Jahr 1633 zog seine Tochter Anna Barbara Rummel, * Ort unbekannt am 9. Oktober 1612, als die uns letztbekannte Tochter der Ratsfamilie ins Pflegerschloß zu Betzenstein ein. Sie war seit 4. Juni 1633 die Frau des Pflegers Hans Jacob Ebner, eines Sohnes von Wilhelm Ebner und der Helene Roggen­ bach. In ihr steckte noch Unternehmertum aus dem geistigen Erbe der Rummel. Wir erfahren, daß der Pflegerin zwei Erzgruben zu Mergners (LK Pegnitz) gehörten, daß sie Anteil hatte an einer Grube am Gollersee. Sie war aktiv am Bergbau um Betzenstein und am Erzhandel beteiligt. Sie verschied zu Betzenstein am 23. Juli 1667. Der Pfleger Hans Jacob Ebner starb allda am 15. Juni 1668426a. Die anderen Nachkommen von Wilhelm VII. Rummel (f 1591) blieben in der Oberpfalz und erwarben neben Zant noch weiteren Grundbesitz. Sie verbanden sich mit vielen angesehenen Geschlechtern. Was interessiert, ist die Tatsache, daß schon Ende des 17. Jahrhunderts ein Hin und Her von Freund­ schaftsdiensten zwischen den Nürnberg-Amberger Rummel und den Neubur­ ger Rummel auf Waldau und in Weiden bestand427. Im Jahr 1750 bat Ludwig von Rummel auf Zant und Zell um die Verleihung des Freiherrntitels, der ihm gewährt wurde 428. Der letzte Nachkomme der Nürnberger Ratsfamilie in diesem Geschlecht lebte lange Jahre geisteskrank (religiöser Wahn?) in der Pflege des Klosters Ensdorf südlich von Amberg. Sein Grabstein befindet sich an der Westmauer des Klosterfriedhofes. Nach der Inschrift starb Wilhelm Freiherr von Rummel auf Lonnerstadt, Inhaber der Hofmarken Zant und Zell, kgl. bayer. Kämmerer und oberpfälzischer Regierungsrat, im 77. Jahre seines Alters am 10. Mai 1807429. So erlischt das alte Geschlecht mit einem Träger des 426 StadtAN, Genealogische Papiere Rummel. Anton studierte in Jena und Altdorf. Er hielt sich in Wien, Padua und Venedig auf. Im Staatsarchiv Nürnberg, in der Nürnberger Handschrift Nr. 248 ist eine Sammlung zur Genealogie der Rummel enthalten, die zur Ergänzung herangezogen wurde. — Danach ergänzt: Anton Rummel war 1621—1623 Pfleger in Rei­ cheneck. 4261 StadtAN, Genealog. Papiere Rummel. Georg Kolbmann. Betzensteiner Geschichtsbilder, Nürnberg, 1973. S. 135 u.a.O. 427 Dankenswerte Mitteilung von Herrn Dr. Friedrich Freiherr von Rummel, München. In seiner Veröffentlichung über „Franz Ferdinand von Rummel“, der Fürstbischof von Wien gewesen ist und 1644—1716 lebte (Wien 1980), berichtet Dr. von Rummel auf S. 92 und S. 118, daß der Kirchenfürst einen Nachkommen der Nürnberger Rummel, Franz Matthias von RummelZant in seinen fürstbischöflichen Hofstaat aufgenommen hatte. S. 93, Anm. 7. Die Rummel auf Zant hatten sich 1629, mit Ausnahme von zwei Heranwachsenden, der Gegenreformation gefügt. 428 Friedrich von Rummel, Franz Ferdinand von Rummel (Wien 1980) S. 110, Anm. 14. 429 Herr Karl Kohn-Nürnberg hat den Grabstein gesehen und fotografiert. Im Band Landkreis Amberg der „Kunstdenkmäler Bayerns“ wird auf Seite 157f. der Ort Zant behandelt (3 Bilder) und das Deckenfresko mit Wappen erwähnt. Bei der Inschrift des Grabmals für Freiherr von Rummel (f 1807) im Abschnitt zu Ensdorf (S. 62) ist als Vorname irrtümlich Michael angege­ ben.

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Vornamens Wilhelm, der viele Generationen lang Leitname der Ratsfamilie war. Ein Deckenfresko in der Kirche zu Zant aus dem späten 18. Jahrhundert zeigt das alte Wappen der Rummel. Es ist wohl seine letzte Darstellung. Das Gut Zant kam zunächst in die Hände von Verwandten. Zwischen 1881 und 1902 wurde es zertrümmert. In dieser Zeit kam auch das Archiv des Ge­ schlechts zum Verkauf430. Ein großer Aktenbestand gelangte dabei 1899 in den Besitz des Germanischen Nationalmuseums431. Das war eine späte Heimkehr der Rummel von Lonnerstadt in die Stadt ihres Herkommens. Die beiden Todesfälle von 1631 und 1807 wirken als Grenzsteine des Lebens der alten und verdienten Familie ergreifend. Die Rummel von Nürnberg haben sich in lang vergangenen Jahren als wagende und wägende Bürger um die Wohlfahrt ihrer Vaterstadt verdient gemacht. Als Bankierkaufleute und kaufmännische Unternehmer sind sie in die Handelsgeschichte eingegangen.

430 Brief von Herrn Dr. Friedrich Freiherr von Rummel, 4. Januar 1979. Sein Großvater, Major a. D. Alfons Freiherr von Rummel hatte die beiden Wappenbriefe von 1433 und 1495 erworben, dazu fünf Einzelurkunden der Rummel, die durch ein Geschenk der Freiherren von Rummel, München 1949, an das Staatsarchiv Nürnberg kamen und dort im Bestand „Urkunden verschiedener Herkunft“ verwahrt werden. 431 Das Germanische Nationalmuseum Nürnberg besitzt in seinem Archiv einen umfangreichen Bestand von Archivalien aus dem früheren Besitz der Freiherrn von Rummel auf Zant, der 1899 von der Nürnberger Antiquitätenhandlung E. Märkel an das Museum verkauft wurde. Im Karton 6 befindet sich ein Urkundenabschriftsbuch vom 23. Oktober 1403 bis 20. März 1560. Die 18 Lehenurkunden beziehen sich meist auf Lonnerstadt. Sie ergänzen die Vorgänge zu diesem Besitz und gehen auf die Bestätigung Würzburger Bischöfe zurück. Der reiche Bestand an Originalurkunden zur Familie von Rummel geht bis auf wenige Ausnahmen auf die Zeit zurück nach 1580, als sich die Familie in Zant/Oberpfalz niedergelassen hatte.

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Stammtafel Ia Heinrich I. Rummel, der „Reiche“, f 1417 oo I: N. aus der Familie der „edlen Beheim von Weißenburg“. Ohne Kinder, oo II: vor 1370 Kunigunde Kopf, Tochter des Friedrich Kopf. 1. Hans I., f H34, 00 I: 1397 Katha­ rina Pirckheimer, T. d. Hans, t ca. 1402. (?) oo II: um 1405 Gerhaus Haller, T. d. Ulrich. 5. Franz, der Ritter, t 1460, oo 1421 Agnes Haller, Tochter des Stefan I.

2. Heinrich II., t 1446, oo 1415 Martha Pfinzing, T. des Andreas.

3. Georg, f 1434, 00 1413 Martha Schürstab, T. des Erhard, 1 1447.

6. Kunigund, f 1448, oo I: 1396 Andreas Haller, t 1411. oo II: um 1412 Lienhard Groland. Kunigund hatte drei Groland-Nachkommen.

4. Wilhelm II., t vor 1443, 00 I: Clara Groland, f 1419. oo II: Anna Tetzel, T. d. Hans, t 1456.

7. Else, 1 1450,

oo ... Hans Schürstab, t 1449. 12 Kinder.

Die Nachkommen der fünf Söhne siehe die Stammtafeln II—VI

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Stammtafel Ib 00 I: Barbara Pfinzing. 1. Ehe 2 Kinder

Wilhelm I. Rummel t 1425 oo III: (Christine oder) Ursula Reich ooll: Christine (?) in der Ehe mit der geb. Reich 2 Kinder

--------------------------- .....................................................................

1. Peter, f vor 1425.

1. Agathe, 00 ca. 1430 Michael Grundherr.

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'

^

2. Agathe, f vor 1425, oo vor 1414 Jacob Waldstromer, 1 1429. 2. Christein, 3. Apollonia, oo vor 1433 oo ... Peter Heinz Mendel. Geuder.

3. Lorenz, 1 1462, 00 vor 1429 Clara Koler, T. des Stefan, 11461. 1. Lorenz d. J., 1437 Univ. Leipzig, t1443.

4. Barbara, Klosterfrau in St. Katharina.

2. Wilhelm III., am Roßmarkt, f 1476, oo I: N. Tetzel, T. von Gabriel (?). oo II:1452 Helene Pirckheimer, T. d. Lorenz, f 1499. Keine Nachkommen.

Stammtafel II Hans I. Rummel, f 1434. 00 I: 1397 Katharina Pirckheimer, T. d. Hans P., f ca. 1402. 00 II: um 1405 Gerhaus Haller, T. d. Ulrich Haller. 1. Ehe: 1. Hans d. Jg.,t 1431, oo 1420 Agnes Stromer, * 1405 als Tochter des Georg Stromer. Sie oo II. 1433 Paul Grundherr. /*

1. Agnes Rummel, 00 1446/47 Jobst Tetzel.

«Ai

2. Gerhaus Rummel, 00 ... Sebald Geuder.

2. Ehe: 2. Barbara, f 1436, OO 1421 Karl Holzschuher; 1453 ihre Söhne Hans, Jeronimus und Gabriel genannt, dazu die Töchter Margaret Hans Rieterin, Agnes Jobst Tetzel, Benigna Heimeran Zinglin. Zu ihren Nachkommen zählen der durch Dürers Porträt bekannte Hieronymus Holzschuher (f 1529) und Willibald Pirckheimer (| 1530).

3. Ulrich, t 1463, oo I: Veronika Arzt, t 1446. 00 11:1448 Margarete Klack aus Roth. Er starb als Pfleger von Roth.

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Stammtafel HI Heinrich II. Rummel, f 1446. (»1415 Martha Pfinzing, Tochter des Andreas Pf., t • • • 1. Andreas, f 1489, 1437 Universität Leipzig, 1441—47 Univ. Padua, Dr. iur. utr., Ratskonsulent von Nürnberg.

2. Sebald I., t 1483, Univ. Leipzig 1437, CO 1448 Klara Schürstab, * 1430, d. Sebald und der Brigitte Toppier T. (Sie 00 II: Sebald Pfinzing, f 1487.)

3. Barbara, I: 1440 Erhard Haller (Ehe aufgehoben). OO II: um 1444 Ritter Friedrich v. Künßberg auf Schnabelwaid. Tochter: Agnes v. K., co Wilhelm von Lentersheim.

OO

r

1. Peter Rummel v. Lichtenau, * 1457, t 1519, 3 Ehen: co II: 1485 in Schwaz (Tirol) Katharina verw. Mitterhofer; -QO III: ca. 1494 Rosina Baumgartner, T. v. Hans B. zu Kufstein. Peter R. war lange Jahre Hauskämmerer von Tirol. l.Ehe: 1. Johannes, Regina, Student 1488 genannt in Ingolstadt, 1521. Student 1499 in Bologna.

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2. Anthon Rummel v. Lichtenau, * 1462, t 1538, CO I: Anna Kripp; oo II: 1510 (?) Martha v. Spaur. 14 Kinder. Sein Sohn Christoph (f 1576) Pfleger zu Bruneck; dessen Sohn Anton Rummel von Lichtenau, gleichfalls Pfleger zu Bruneck, f 1590, war der letzte seines Namen in Tirol.

3. Ehe: Maria, f 1545, oo I: 1511 Blasius Hölzl,f 1526, kais. Rat, Pfleger zu Vellenberg (viele Nachkommen), oo II: 1528 Hans Otto v. Achterdingen in Innsbruck.

Georg Rummel, f 1434. 00 1413 Martha Schürstab, f 1447.

Stammtafel IV Bekannt gewordene Kinder: 1. Lienhard, 1431 Univ. Köln, Weinküfer, oo I: Katharina Zenner, f 1437. oo II:1438 Katharina Haller, 1 1497.

2. Jorg, 1431 Univ. Köln, 00 I: Margarete Armbauer, T. d. Christian, \ 1446. Er starb ohne Erben, vertat sein Gut.

3. Katharina, oo Hans Löffelholz. Sie starb im 1. Ehejahr 1437 (?). Epitaph in der Sebalduskirche.

1. Hans, 1485 Diener des Kaisers, 00 1485 Barbara Beuerlein, T. d. Sebald u. d. Barbara Koler. /----------------------------------- *----------------------------------- V Ihr Sohn Wolfgang, in Ingolstadt. Name seiner Frau nicht sicher bekannt. ■\ Ihre Söhne: 1. Wolfgang, 2. Christoph, oo Hersbruck 16.6.1551 Chorherr v. St. Moritz, Ursula Melber, Augsburg, 1 1484. T. d. Sebastian M. 1. Walburg, 2. Hans (Johannes), * Hersbruck 26. 8. 1554, * Hersbruck 9. 1.1557. 00 vor 1585 Georg Baum­ gartner in Augsburg. Die Geschwister beantragen in Nürnberg 1585 den Vidimus des Rummel-Wappens von 1433 (StadtAN, LL 100, f. 69r—70r).

4. Heinz, ledig, gen. 1444.

5. Jeronymus, t1503, Waldamtmann, oo 1453 Anna Holzschuher, f 1494. Ohne Nachkommen.

2. Lienhard, t 1511, Stadtpfänder, co I: Elsbeth Steydlin (von St. Gallen?), f 1495. 00 II: 1495 Felicitas Kraft, T. d. Lorenz. Vier Töchter 1. Ehe: 1. Anna. 2. Katharina, oo 7. 7. 1508 Lucas Semler. 3. Elisabeth. 4. Euphrosine, 00 Spitalmeister (2. Pfleger) am Heiliggeistspital Caspar Korn. Euphrosine geb. Rummel f 1541. (Quelle für die vier Töchter: Stadt AN, LL 11, f. 176b, 1496; St AN, Losungsbuch 69, f. 139r, 1501.)

6. Margret, 00 Niklas Groß, gen.1503.

3. Ulrich,, wurde geistlich, genannt 1501.

Stammtafel V

Wilhelm II. Rummel, t vor 1443. oo I: Klara Groland, f 1419 (?); oo II: Anna Tetzel, T. des Hans Tetzel, f 1456. V

1. Wilhelm IV., zum Tafelhof, 2. Heinrich III., f 1476, 3. Brigitte, f 1452. 4. Helene, t 1449, 1436 Univ. Leipzig, 00 1443 Hans Pömer. 1437 Univ. Leipzig, f 1480. ledig. oo um 1460 Cäcilie Meichsner, 00 II: ca. 1452 Kunigund Haller 10 Kinder 00 I: Anna Zöllner, T. d. Eberhard, f 1450. T. d. Heinrich, f als Frau Lorenz Hallerin 1504. 4 Söhne, 4 Töchter (die Reihenfolge unsicher), (Keine Nachkommen Rummel.) von Bamberg, t 1488. ,------------------------------------- A-----------------------------------1. Wilhelm V., t 1500. 5. Cäcilie, ledig, *j* 1481. OO 1484 Katharina Toppier, f 1529. 6. Agnes, f 1521. oo 1472 Hans Frey Sohn: Wilhelm VI., Pfleger zu Lichtenau, t 1532, (Schwiegereltern von Albrecht Dürer). 00 1521 Felizitas Baumgartner; keine Nachkommen. 7. Katharina, f 1529. oo I: 1490 Bartl Knebel, Töchter: Ursula, Jobst Topplerin, f 1519; Helene, oo II: 1503 Thomas Löffelholz. Veronika und Felizitas, ledig. 8. Kunigunde, J 1520. oo I: 1488 Lienhard Halbwachs, 2. Heinrich, ledig, f Lonnerstadt vor 1525. t 1494. Tochter Katharina H. 3. Georg, Bürger zu Basel, lebt noch 1536 zu Freioo II: 1495 Jacob Sauerzapf, J 1497. 2 Töchter: burg/B. oo Elsbeth Monarchin. Clara Sauerzapf, * 1496, oo 1522 Anthon 4. Joseph, Kaufmann, f 1525. Koberger, Sohn d. Anthon d. Ä. Ursula Sauerzapf, * 1497, oo I: 1523 Wolf Pömer; 00 1506 Ursula Wieland, f 1545. 00 II: 1526 Dr. Christoph Gugel. 1. Jorg, f vor 1525.

1. Ursula, * 1537, t 1603. oo 1554 Lucas Sitzinger d. J., t 1572. (2 Kinder starben früh)

2. Sabine, * 1539. oo 1560 Christoph Lindner.

2. Balthasar I., * 1508, t 1547. Pfleger zu Altdorf, oo 1535 Katharina Tetzel, T. d. Friedrich u. d. Ursula Fürer, t 1598. 3. Wilhelm VII., * 1540, t Zant 1591. oo I: 1568 Barbara Imhoff, t 1570. 00 II: Sulzbach 1571 Anna Sitzinger.

4. Karl, ledig, f 1566 gegen die Türken.

(9 Kinder) davon: 6. Anton Rummel von Zant, * Zant 1583, ermordet Hiltpoltstein 1631. oo I: 1610 Walburg Meichsner, f Hiltpoltstein 1629.

5. Katharina ledig, 1543—1607.

3. Ursula, f 1540. Ledig.

6. Maria, * 1544. oo 1567 Dr. med. Joachim Cammerarius. Sie hinterließ 1577 drei Söhne.

7. Balthasar II., * 1547. oo I: Margarete Eisvogel. oo II: 1578 Katharina Tetzel. Später Pfleger zu Betzenstein, f dort 1620 (Epitaph allda).

Ihre Tochter: Anna Barbara, * 1612, oo 1633 Hans Jacob Ebner, Pfleger zu Betzenstein, Sie starb dort 1667, er verschied allda 1668.

Stammtafel VI Franz I. Rummel, Ritter, f 1460. oo 1521: Agnes Haller, verw. von Seckendorf, T. v. Stefan Haller, t 1471. 2. Sebald II., f 1472, 00 1463 Barbara Haller, T. d. Paul H. Sie starb 1505. Überliefert ist die Tochter Barbara, oo mit Anton Örtel, f 1505.

1. Franz II., f 1481, 00 9. 1. 1447 Katharina Riegler, T. d. Bartholomeus R. in Augsburg. Sie starb 1483. 1. Franz d. Jg., t 1476.

2. Hans, am Fischbach, | 1505, Epitaph in der Lorenzkirche, oo Elsbeth Müllner, T. des Hans M., f 1521.

r

1. Benedikt, t 1521.

2. Franz, 1511 erwähnt.

3. Magdalena, t 1526, oo 1509 Lorenz Stäuber.

4. Kunigund, t 1535, 00 Jorg Lankhammer, t 1535.

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DAS HAUPT DES HL. SEBALD Zur Geschichte des Nürnberger Stadtheiligen und seiner Verehrung Von Svetozar Sprusansky Bis heute ist der Name des Nürnberger Stadt- und Kirchenpatrons Sebald mit der Geschichte dieser Stadt aufs engste verbunden. Uber sein Leben und seine Wunder berichten viele lesenswerte Legenden; als historische Person ist er aber kaum faßbar. Vermutlich lebte Sebald — der Legende nach ein dänischer Königssohn — im 11. Jahrhundert als Eremit im nahen Sebalder Reichswald. Er galt vor allem als Nürnberger Lokalheiliger. Trotzdem war sein Kult bis nach Bamberg, Regensburg, Schlesien, Österreich und sogar bis Italien, Dänemark und ins Elsaß verbreitet. Sebald wurde zum Schutzherrn der mittelalterlichen Reichsstadt Nürnberg und seiner Bürger. 1425 wurde ihm die höchste kirchliche Ehre zuteil: die Heiligsprechung1. Der zentrale Punkt des Sebalduskultes war seine Grabstätte in der Nürnber­ ger Kirche St. Sebald. Durch die Wunderheilungen, die sich um 1070 an seinem Grab ereignet haben sollen, wurde er bekannt2. Seit 1397 werden Sebalds Überreste in einem aus Eichenholz bestehenden und mit Silberblechen verklei­ deten Reliquienschrein verwahrt3. Sie sind in mehreren Beuteln eingenäht und in zwei kleineren mittelalterlichen Holzladen (Kästen) verschlossen. Das prunkvolle Kunstwerk im Ostchor der Kirche, das aus Messing gegossene Sebaldusgrab, umhüllt den Schrein. Die 1519 vollendete Arbeit entstand in der berühmten Werkstatt des Peter Vischer d. Ä.4. Die Gebeine des heiligen Sebald galten im Mittelalter als kostbares und streng gehütetes Heiligtum. Bei der großen Visitation der Reliquien im Jahre 1503 wurden insgesamt 18 größere und 91 kleinere bis mittelgroße Knochen­ reste im Sebaldusschrein gezählt 5. Ein Teil der Reliquien befand sich darüber hinaus in verschiedenen Sebaldusreliquiaren; so wird z.B. 1451 ein Armreliquiar Sebalds erwähnt6. Ein anderer Teil kam in fremden Besitz. Dabei gelangten im 14. und 15. Jahrhundert einige Sebaldusreliquien auch in hochan­ gesehene Reliquiensammlungen in Wittenberg, Prag und Wien. So schenkten 1 Aus der Fülle der Fachliteratur über Sebald ist zumindest die umfassende Arbeit von Arno Borst, Die Sebaldslegenden in der mittelalterlichen Geschichte Nürnbergs, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 26 (1966), S. 19—178, zu erwähnen. 2 Ebd. S. 24. 3 Zum Reliquienschrein: Heinrich Kohlhaußen, Nürnberger Goldschmiedekunst des Mittelalters und der Dürerzeit 1240 bis 1540. Berlin 1968, Nr. 167, S. 93f.; Kurt Pilz: Das Sebaldusgrabmal im Ostchor der St.-Sebaldus-Kirche in Nürnberg. Nürnberg 1970, S. 20ff., 31 f. und 76ff.; Die Parier und der Schöne Stil 1350—1400. Ein Handbuch zur Ausstellung des SchnütgenMuseums in der Kunsthalle Köln, Bd. 1, Köln 1978, S. 372f. (Rainer Kahsnitz). 4 Zum Sebaldusgrab zusammenfassend K. Pilz (wie vorige Anm.), mit weiterführender Literatur. 3 Elisabeth Caesar, Sebald Schreyer, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 56 (1969), S. 1—213, hier S. 147. 6 Eine kurze Zusammenfassung über die Sebaldusreliquiare bei K. Pilz, S. 33—38.

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die Nürnberger 1361 Kaiser Karl IV. für seine große Reliquiensammlung in Prag eine Rippe und zwei kleinere Knochen ihres Heiligen7. In den SebaldusSchrein wurde wiederholt eingebrochen; so z.B. im Jahr 1461. Daher überprüfte man immer wieder das Vorhandensein und die Unversehrtheit der Gebeine. Solche Visitationen fanden u. a. 1463 und 1503 statt8. Die kostbarste Reliquie Sebalds war sein Haupt. Spätestens im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts wurde es von den anderen Überresten Sebalds getrennt9. Jedenfalls berichtet das älteste Kirchenschatzverzeichnis von St. Sebald von 1451 (im Salbuch dieser Pfarrei, angelegt 1450) über zwei Kopfreliquiare Sebalds. Das ältere und kleinere davon war silber-teilvergoldet, ge­ schmückt mit einem dazugehörigen Perlenkranz10 und nach dem Inventar der Sebalduskirche von 1466, einschließlich der Reliquie, 19 Mark und 12 Lot schwer11. Dieses, im Kirchenschatzverzeichnis als „alt sant Sebolts haubt“ erwähnte Reliquiar, müßte vor 1414 gefertigt worden sein. Beim Besuch des Königs Sigmund im selben Jahr in Nürnberg wurde ihm das Sebaldushaupt vorgezeigt12. Es ist anzunehmen, daß die kostbare Reliquie bereits gefaßt war. Kaum hätte man dem prominenten Gast einen bloßen Schädel vorzuzeigen gewagt. Das andere, neuere Kopfreliquiar stammt vermutlich aus dem Jahr 141513. Es war größer14 und prunkvoller als der ältere Reliquienbehälter. Das Reliquiar mit dem Sebaldushaupt ist in einem Teil der Inventare der Sebalduskirche sowie in einigen anderen Verzeichnissen aufgeführt. Im 15. und 16. Jahrhundert wird es dort schlicht als St Sebalds Haupt, im darauffolgenden 17. Jahrhundert als Brustbild St. Sebaldi bezeichnet. Das älteste Verzeichnis des Kirchenschatzes von St. Sebald aus dem Jahr 1451 erwähnt zum ersten Mal das kostbare Reliquiar. Die Beschreibung lautet: „Item das gros silbrein vergult kostenlich sant Sebolts haubt mit czweyen heftlein an der Stirn und mer ein heftell daran von dem Stieber“ 15. Auch im 7 A. Borst, S. 56, 104, 114. 8 E. Caesar, S. 146. 9 In Frage käme vor allem das Anschaffungsjahr des Reliquienschreines für die Gebeine Sebalds — 1397. 10 „Am ersten das alt sant Sebolts haubt silberein und eyns teyls vergult. Item eyn pernlein krancz der auf das selbig haubt gehört.“ Staatsarchiv Nürnberg (künfitg: StAN), Reichsstadt Nürn­ berg (künftig: Rst.Nbg.), Salbücher, Nr. 1, fol. 100. Vgl.: Albert Gümbel, Das Mesnerpflicht­ buch von St. Sebald in Nürnberg vom Jahre 1482. München 1929, S. 32. 11 StAN, Rst. Nbg., Losungsamt, Akten, SIL 130 Nr. 7a, fol. 1. Vgl. A. Gümbel, S. 32. 12 Christian Erdtmann, Norimberga in flore avitae romano-catholicae religionis . . . 1629, S. 8; siehe auch Anm. 37. 13 Der Nürnberger Ratsschreiber Johannes Müllner gibt in seinem Werk „Die Annalen der Reichsstadt Nürnberg von 1623“, hrsg. von Gerhard Hirschmann, Teil I., Nürnberg 1972, S. 15, die Jahreszahl 1415 an. Georg Autenrieth erwähnt in seiner Abhandlung „Das Sebaldusgrab Peter Vischers historisch und künstlerisch betrachtet“, Ansbach 1887, S. 4, daselbe Datum. K. Pilz, S. 33, neigt zur Datierung 1425. 14 Das neue Reliquiar wog fast doppelt soviel als das ältere. 15 StAN, Rst. Nbg., Salbücher, Nr. 1, fol. 100‘, Vgl. A. Gümbel, S. 32.

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Inventar der Sebalduskirche von 1466 findet das Reliquiar eine ausführlichere Erwähnung: „Item das gros silbrein vergult sant Sebolts haubt mit dreyen hefftlein mitsampt dem fuß und dem heiltum dorinnen wigt 38 mark 3 lott“16. Ein Verzeichnis der Kleinodien von St. Sebald in einem Amtsbuch (um 1500) des Kirchenmeisters von St. Sebald, Sebald Schreyer, erwähnt „Ein groß kostenlich silbrein unnd gancz vergult haubt sant Sebolts mit dreyen hefftlein unnd einer silberein muscheln ob einem silberin schloß unnd hat mit dem heiltumb darinn gewegen 38 marck 7 lot“17. Ähnlich lautet auch die Beschrei­ bung im Inventar der Kleinodien der Sebalduskirche von 150918. Uber die Ausschmückung des Reliquiars mit mehreren Haarbändern wird 1533 berich­ tet I9. Im Zweiten Markgrafenkrieg 1552 mußte der Nürnberger Rat einen Teil der Goldschmiedearbeiten aus den Kirchenschätzen Nürnbergs beschlagnahmen und einschmelzen lassen19a. Das Reliquiar wurde noch aus dieser Beschlag­ nahme zurückgenommen. Der Mesner von St. Sebald konnte es wieder übernehmen. Aufgeführt und abgeliefert wurde dagegen eine zum Reliquiar gehörige goldene Kette20. Danach war das Reliquiar nur mit einem vergoldeten Kettchen statt der goldenen Kette geschmückt. Das Inventar der Pfarrkirche St. Sebald von 1566 erwähnt dazu: „S. Sebaldts haubt silbern vergultt mit einem halßpanndt sambt einem vergultten kettlein.“ Bereits drei Jahre später, am 4. November 1569, wurde das Reliquiar aus diesem Inventarverzeichnis abgeschrieben und geson­ dert aufbewahrt21. Die Änderung bestätigt erneut das nächste Inventar von 157422. Mit einem eindeutigen Vermerk „geht uns nichts an“ wurde das Reliquiar im Inventar der Sebalduskirche von 1579 nachträglich gestrichen23. Demnach gehörte das Reliquiar seit 1569 (bestätigt auch durch die zwei nachfolgenden Inventare) nicht mehr unter die Verwaltung der Sebaldus­ kirche. Nach fast einem Jahrhundert — im Inventar der Sebalduskirche von 1665 — erscheint das früher als Haupt geführte Stück unter der neuen Bezeichnung 16 17 18 19

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Wie Anm. 11, fol. 2. Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg, Bibliothek, Hs. Merkel 100, fol. 45*. StAN, Rst. Nbg., Losungsamt, Akten, S I L 131 Nr. 2. „Item zway perleine harbandt auff Sanct Sebalds haubt. Item zway sametene harbandt zu Sanct Sebalds haubt.“ Inventar der Sebalduskirche von 1533. Landeskirchliches Archiv in Nürnberg (künftig: LkAN), Vereinigtes protestantisches Kirchenvermögen der Stadt Nürnberg, Nr. 153 (nicht foliiert). Reformation in Nürnberg. Umbruch und Bewahrung, Katalog der Ausstellung im Germani­ schen Nationalmuseum Nürnberg 1979, Nürnberg 1979, Nr. 213, S. 196 (Franz Machilek), mit weiteren Literaturangaben. StAN, Rst. Nbg., Losungsamt, Akten, SIL 131 Nr. 22, fol. 21, 29 und 29‘. Vgl. Chr. Erdtmann, S. 48 f. LkAN, Vereinigtes protestantisches Kirchenvermögen der Stadt Nürnberg, Nr. 154, fol. 23 und 58. Ebd. Nr. 155, fol. 23 und 57*. Ebd. Nr. 156, (nicht foliiert).

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Brustbild24. „Das silbern vergulte Brustbildt St. Sebaldi“ müßte mit dem Kopfreliquiar identisch sein. So führte es auch ein Akt von 1827 unter dieser Bezeichnung, wobei hier mit Sicherheit das Sebaldus-Kopfreliquiar gemeint ist25. Laut des Inventars von 1665 sollte sich dieses zusammen mit anderen Gegenständen in einem beschlagenen Behälter (wohl eine große eisenbeschlage­ ne Truhe) befinden. Da der Schlüssel von demselben in der Losungsstube verwahrt wurde, konnte man sich über das Vorhandensein des Inhalts des verschlossenen Behälters nicht überzeugen. Zehn Jahre danach erscheint im Inventar von 1675, bei den Aufzeichnungen über den Inhalt dieses Behälters, einschließlich des Sebaldushauptes, der Vermerk „ist nichts gefunden wor­ den“ 26. Das Sebaldusreliquiar sah folgendermaßen aus: Das Material bestand aus vergoldetem Silber. Im Unterschied zu dem älteren, silbernen und nur teilvergoldeten Kopfreliquiar betonen zwei Quellen, daß das neue Reliquiar aus Silber „gancz vergult“ ist27. Gestaltet wurde es vermutlich in Form einer Büste. Die Reliquie (Schädel­ decke) befand sich im oberen Teil des Behälters, in der Kopfhöhle28. Zum Reliquiar gehörte auch ein Fuß. Verschiedene Schmuckstücke, wie Perlen- und Samthaarbänder, silberne Muscheln, ein Halsband sowie eine goldene, bzw. vergoldete Kette, zierten den Reliquienbehälter. Den Zutritt zu der Reliquie schützte ein kleines silbernes Schloß. Ein Pergamentstreifen mit der Inschrift in gotischer Minuskel „Hoc est caput sancti Sebaldi“ bezeichnete den Inhalt des Reliquiars. Georg Autenrieth erwähnt 1887 in einer kurzen Abhandlung über das Sebaldusgrab noch weitere Teile des Reliquiars, leider ohne Quellenangabe. Nach dieser Beschreibung stand das lebensgroße Brustbild Sebalds auf einem Postament, unter dem fünf Engel knieten. Ein vergoldetes Halsband trug folgende eingravierte Inschrift: Jesus et Maria, S. Anna, S. Sebald hilf! Auf der Stirn befand sich ein perlenbesetztes Kleinod und darunter ein silbernes Schlösslein. Den Kopfteil des Reliquiars konnte man öffnen. Unter dem Brustbild standen auf lateinisch diese Worte: Im Namen Christi ist zum Schmuck des Hauptes S. Sebalds des Bekenners und Patrons dieser Kirche dies Werk beschafft worden i. J. 1415 an seinem Feste29. Die abweichenden Angaben über das Gewicht des Reliquiars (zwischen 38 Mark und 3 Lot bis zu 39 Mark und 3 Lot) können mehrere Gründe haben, wie z. B. die Änderung der dazugehörigen Teile oder das Mitwiegen der Reliquie. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich beim betreffenden Sebaldus­ reliquiar nicht um ein Kopf-, sondern um ein Büstenreliquiar. Die Reliquien24 25 26 27 28 29

Ebd. Nr. 161. StAN, Rst. Nbg., E-Laden-Akten, Nr. 8a. Siehe Anm. 21; dort Nr. 162. Siehe Anm. 17 und 18. Siehe Anm. 25. G. Autenrieth, S. 3f.

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behälter der ersten Art stellen lediglich einen Kopf mit Hals auf einem Untersatz dar. In den meisten Fällen sind die in den mittelalterlichen Quellen als Haupt aufgeführten Stücke in Wirklichkeit Büstenreliquiare30. Auch die seit dem 17. Jahrhundert übliche Bezeichnung des Sebaldusreliquiars als Brustbild31 deutet auf ein Reliquiar in Gestalt einer Büste hin. In der Fachlite­ ratur wird das Reliquiar Sebalds überall als Kopfreliquiar aufgeführt. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, wird auch hier die bereits eingebür­ gerte Bezeichnung verwendet. Außer den als Behälter für die Sebaldusreliquien angefertigten Goldschmie­ dearbeiten ist auch ein Reliquiar mit Sebaldusdarstellung nachweisbar. Dieses enthält eine Stoffreliquie, die vom Tischtuch des Letzten Abendmahls stam­ men soll. Zwei kleine flankierende Figuren stellen die beiden bedeutendsten Heiligen Nürnbergs, Sebald und Lorenz, dar. Angefertigt wurde das silber­ vergoldete Reliquiar 1518 in der Nürnberger Goldschmiedewerkstatt des Hans Krug32. An hohen Festtagen, zumindest an Octava Sebaldi (26. August), stand das Kopfreliquiar auf dem 1379 geweihten Sebaldusaltar (Hauptaltar) im Ostchor der Sebalduskirche33. Bei einigen Anlässen wurde das Reliquiar in der Kirche herumgetragen. Nachweislich fand dies am Festtag Presentatio Marie34 und bei Primizfeiern statt35. Das Reliquiar wird auch mit den Wundern des hl. Sebald in Zusammenhang gebracht. Es soll den Frauen in Kindsnöten geholfen haben. Selbst Sebald Schreyer, der Kirchenmeister von St. Sebald (1482—1503) und ein großer Verehrer seines Namenspatrons, glaubte, einen solchen Fall miterlebt zu haben. Er ließ 1494 während der schweren Geburt einer Dienerin seines Kirchenmeisteramtes das Reliquiar des Heiligen bringen. Nachdem ihr dieses auf Leib und Kopf aufgesetzt wurde, soll es der Gebärenden geholfen haben: Bald konnte sie eine Tochter zur Welt bringen36. Die Sebaldusverehrung erreichte ihren Höhepunkt in der Zeit vom späten 14. bis zum frühen 16. Jahrhundert. Besonders in Nürnberg blühte sein Kult. Aber auch an vielen anderen, z. T. weitentfernten Orten, wie z.B. Wien oder 30 In den spätmittelalterlichen Inventaren ist mit der Bezeichnung „haupt“ fast nie nur ein bloßer Kopf, sondern eine Büste gemeint. Vgl. dazu: Joseph Braun, Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklung. Freiburg i. Br. 1940, S. 64 und 413 ff. 31 Zum Beispiel bei J. Müllner, S. 15, heißt es: „das Haupt aber in einem sonderbaren silbern Kästlein, in der Gestalt eins Brustbilds versperret“. 32 Das Reliquiar befindet sich im Kunsthistorischen Museum (Weltliche Schatzkammer) in Wien. Vgl. dazu: H. Kohlhaußen, S. 390, Nr. 404; Hermann Fillitz, Katalog der Weltlichen und Geistlichen Schatzkammer, 5. Aufl., besorgt v. Erwin Neumann. Wien 1971 (Fortdruck 1980), Nr. 179, S. 62. 33 So sollte man das Reliquiar — nach dem Mesnerpflichtbuch von St. Sebald von 1482 — an Octava Sebaldi (26. August) auf dem Altar aufstellen. A. Gümbel, S. 31 f. J. Müllner, S. 15, erwähnt dagegen nur allgemein, daß dies „zu hohen Festtagen“ geschah. 34 „. . . man tregt s. Sebolts haubt um“. A. Gümbel, S. 36. 35 „. . . fru tregt man s. Sebolts haubt um“. Ebd. S. 39. 36 E. Caesar, S. 141 f.

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Venedig, finden wir spuren seiner Verehrung. Zahlreiche Darstellungen des Nürnberger Stadtheiligen, seien es Altäre, Glasgemälde, Skulpturen, Holz­ schnitte oder andere Kunstwerke, bezeugen die mittelalterliche Verbreitung seines Kultes363. Zu den Höhepunkten der Sebaldusverehrung gehört seine Heiligsprechung von 1425. Im Jahrhundert seiner Kanonisation gebührte nun in Nürnberg dem überaus populären Heiligen der Respekt der ganzen Stadt. Die besondere Stellung Sebalds als des Schutzherrn der Stadt und seiner Bürger wurde bei hohen Besuchen in der Reichsstadt im 15. Jahrhundert auf eine imposante Weise unterstrichen. Könige und Bischöfe wurden bei ihrem ersten Besuch in Nürnberg feierlich empfangen und dabei zur Sebalduskirche geführt. Bei diesem Empfang spielte das Kopfreliquiar Sebalds eine bedeutende Rolle. Beim Einzug des Königs Sigmund 1414 in die Stadt trug man ihm in einer Prozession mehrere Reliquien entgegen. Eines der mitgetragenen Kopfreliquiare des hl. Cyprian und des hl. Sebald wurde dem König auf den Kopf „aufgesetzt“37. Diese Berührung des Reliquiars war eine symbolische Geste, eine Huldigung für den Nürnberger Stadtpatron. Die beim Besuch Sigmunds veranstalteten Feierlichkeiten wurden zu einem Musterempfang. Im Jahr 1442 ritt König Friedrich III. in Nürnberg ein. Er wurde auf ähnliche Weise mit den beiden Kopfreliquiaren empfangen. Auf einem feierlich geschmückten Tisch beim Deutschen Haus wurden „S. Sebalds und Cypriani Häupter und ein Cruzifix“ aufgestellt. Nachdem der König das Kruzifix geküßt hatte, „hat man ihme der Häupter eins auf sein Haupt gesetzt“. Nachher ging die ganze Prozession, einschließlich des Königs und seines großen Geleits, zur Sebalduskirche38. Bei dem viel späteren Einzug des Königs Maximilian I. im Jahr 1489 ging dieser ebenso wie seine Vorgänger in die Sebalduskirche — die Kirche des Nürnberger Stadtpatrons. Dort kniete der König vor dem Sebaldusaltar nieder. Danach „setzet man ihm das [Sebalds] Haubt auff und gab ihm das Creucz zukussen“39. Eine ähnlich wichtige Rolle spielte das Sebaldus-Kopfreliquiar auch bei den ersten Empfängen der Bischöfe von Bamberg. Beim Besuch des Bischofs Georg I. von Schaumberg in der Stadt 1460 empfing man ihn mit einer eindrucksvollen Prozession. Viele Geistliche, der vollständige Rat und zahl­ reiche Bürger nahmen daran teil. Dabei trug der Pfarrer von St. Sebald das „St. 36aDer heilige Sebald, seine Kirche und seine Stadt. Ausstellung des Landeskirchlichen Archivs im Stadtmuseum Nürnberg 1979, Nürnberg 1979 (Katalogteil mit vielen Beispielen, bearb. v. Svetozar Sprusansky). 37 Chr. Erdtmann, S. 8; Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, hrsg. von Karl Hegel. Bd. 3, S. 343. — Siehe oben Anm. 12. 38 J. Müllner, Teil II (in Vorbereitung); zum Jahr 1442. Vgl. auch: Karl Schlemmer, Gottesdienst und Frömmigkeit in der Reichsstadt Nürnberg am Vorabend der Reformation. Würzburg 1980, S. 282ff. Für freundliche Quellenhinweise danke ich Herrn Dr. Gerhard Hirschmann. 39 Chr. Erdtmann, S. 10f.

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Sebalds Haupt, und die andern andere Heiltumb getragen und solche dem Bischof und seinen Leuten zu küssen geben“. Nachher, wie es auch im Falle des königlichen Eintritts üblich war, besuchte der Bischof die Sebalduskirche40. Die Ordnung für die Mesner von St. Sebald bei dem ersten Besuch eines Bamberger Bischofs in Nürnberg — verfaßt für den Empfang des Bischofs Heinrich III. Groß von Trockau im Jahr 1487 — berichtet über eine ähnliche Empfangszeremonie. Bei der Prozession sollte man das Sebaldus-Kopfreliquiar, das große Kreuz und andere Heiligtümer mittragen. Das Kreuz wurde dem Bischof zum Küssen gereicht. Nach dem Te deum „man soll im das haupt vor dem [Sebaldusjaltar aufsetzen“41. Aus den beschriebenen Einzügen der Könige und Bischöfe in der Reichs­ stadt geht wohl am eindeutigsten die besondere Stellung des Stadtpatrons Sebald und seiner kostbaren Reliquie, des Hauptes, hervor. Neben den Sebaldusgebeinen, die sich im Reliquienschrein befanden, wurde auch das im Kopfreliquiar getrennt verwahrte Haupt von Zeit zu Zeit visitiert. Uber eine solche Besichtigung berichtet die umfangreiche Visitationsbeschrei­ bung über die Öffnung des Sebaldusschreines am 20. Juli 150342. Während dieses feierlichen Zeremoniells ließ man auf dem Sebaldusaltar im Ostchor „das haubt sant Sebolts mitsambt seinem arm und der monstrantzen mit seinem heiltumb“ aufstellen. Nach der Besichtigung des Schreines mit den Sebaldusgebeinen wurde auch das Haupt visitiert. Man trug daher das Reliquiar vom Altar zu einem Tisch, sperrte es auf und öffnete es. Daraufhin öffnete man auch die eingenähte, versiegelte Stoffhülle, um die bloße Reliquie prüfen zu können. Das wieder in eine neue Hülle eingenähte und versiegelte Haupt legte man in den Reliquienbehälter zurück und verschloß ihn. Auch zwei alte Visitationsprotokolle von vorherigen Öffnungen (1466 und 1482) zusammen mit dem neu angefertigten Protokoll kamen in den Schrein43. Im Laufe der Jahrhunderte sammelten sich im Sebaldus-Kopfreliquiar zehn solcher kurzgefaßter Visitationsprotokolle über die Besichtigung des Hauptes an. Sie stammen aus den Jahren 1466,1482,1503,1629,1657,1720,1733,1752,

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J. Müllner, Teil II (in Vorbereitung); zum Jahr 1460. A. Gümbel, S. 39f. Vgl. auch: Chr. Erdtmann, S. 11. Abgedruckt bei E. Caesar, S. 173—179. Zitiert nach E. Caesar, S. 176f.: „Darnach ist sant Sebolt haubt von seinem altar getragen und auf obgemelten tisch gesetzt, aufgespert, geoffent, bereucht und das heiltumb, so in cermesin roten zendel eingeneet, darauf ein alter roter zendel mit ettwevil silberen muscheln gelegt, mit rot seidnen schnüren creutzweiß umbgepunden und der Stadt secret auf gemelten creutzpunt getruckt, unversert erfunden worden ist und als das secret abgenomen, die schnür eroffent und der zendel aufgeschnitten ward, ist das haubt an einem stuck, doch on den kinpacken und kifer, mit paumwollen außgefult und zweyen puntelein eingelegtes pisens erfunden worden. Sollichs heiltumb ist mit newer paumwollen und zweyen puntelein new eingelegtes pisems wider außgefult und in newem cermesin roten zendel eingeneet, der alt zendel mit den silberen muscheln wider darauf gelegt, mit newen seyden schnüren widerumb creutzweiß wievor umbgepunden, das secret darauf getruckt und widerumb in das silberen haubt wievor gelegt worden. . . . solch haubt ist alspald wider verspert und aufgehaben worden.

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1764 und 177844. Bei den drei ältesten aufgeführten Besichtigungen „ward Sant Sebalts haubt geoffent und dartzu gesehen . . . und mit der stat secrett insigel versigelt“45. Auch die nächste Visitation des Hauptes von 1629 weist noch das Wort „geöffnet“ auf. Mit Ausnahme von der Besichtigung im Jahr 1764 (hier wird nur die allgemeine Bezeichnung „visitiert“ erwähnt), heißt es zwischen 1657—1778: „St. Sebalds Haupt besehen, aber nicht geöfnet“46. Dies würde bedeuten, daß zwar das Reliquiar, aber nicht die vernähte Stoffhülle geöffnet wurde. Seit 1629 bis mindestens 1778 dürfte also niemand das bloße Haupt zu sehen bekommen haben. Die Besichtigungen des Reliquiars mit dem Sebaldushaupt lassen kaum eine Regelmäßigkeit erkennen. Eine große Lücke weist dabei das 16. Jahrhundert auf. Nach der mit großem Pomp vorgenommenen Besichtigung des Sebaldusschreines mit den Reliquien und anschließend des Kopfreliquiars im Jahr 1503 ist erst 1629 eine Besichtigung des Hauptes wieder bekannt. Den Verzicht an der Visitation in jener Zeit muß man sicherlich im Zusammenhang mit der 1525 durch den Rat von Nürnberg in dieser Stadt eingeführten Reformation sehen. Der Heiligen- und Reliquienkult fand in der evangelisch gewordenen Reichsstadt keinen Platz mehr. Mit der Einführung der Reformation nahm auch die Blütezeit der Sebaldusverehrung ein Ende. Trotzdem geriet Sebald nie ganz in Vergessenheit. Auch das Sebaldusgrab mit den Reliquien blieb über Jahrhunderte unangetastet. Beim Sebaldushaupt selbst handelt es sich in Wirklichkeit nur um einen Teil des Schädels, und zwar um die Schädeldecke (Hirnschale). Bereits die detail­ lierte Visitationsbeschreibung von 1503 berichtet, daß „das haubt an einem stuck, doch on den kinpacken und kifer“ ist47. Eine historisch-medizinische Untersuchung des Hauptes Sebalds fand nie statt. Weder das Alter des Verstorbenen, noch das Alter der Knochenreste wurde bestimmt. Den Reliquienschrein untersuchte man dagegen sehr gründ­ lich. Anläßlich seiner Restaurierung 1970/71 wurde der Schrein — sowohl die silberne Verkleidung als auch der Holzkern — eingehend begutachtet. Eine kritische Zeit für das Reliquiar kam um 1806. Im Tagebuch des Kunstsammlers und -forschers Sulpiz Boisseree (1783—1854) ist unter dem Datum 4. Mai 1816 zu erfahren, daß „in der Büste von St. Sebald . . . lag ein Stück Hirn (Hirn-Schale?), ist erst zu bayerischer Zeit weggekommen Diese von Boisseree festgehaltene Nachricht stammte aus einer Erzählung des Mesners von St. Sebald über die Kunstverluste der Kirche um 180048. 44 Die Abschriften der Protokolle befinden sich im Staatsarchiv Nürnberg; siehe Anm. 25. Für freundliche Quellenhinweise danke ich Herrn Dr. Günther Schuhmann und Herrn Dr. Franz Machilek. 45 Ebd. Zitiert nach der Abschrift des Protokolls von 1466. 46 Ebd. Zitiert nach der Abschrift des Protokolls von 1778. 47 E. Caesar, S. 147 und 176. 48 Sulpiz Boisseree. Tagebücher 1808—1854. Bd. 1, hrsg. von Hans-J. Weitz. Darmstadt 1978, S. 327 f.

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Tatsächlich ist das Sebaldus-Kopfreliquiar in den Wirren des Jahres 1806 verlorengegangen, als die durch den wirtschaftlichen und politischen Unter­ gang gezeichnete Reichsstadt Nürnberg in das Königreich Bayern einverleibt wurde. Damals mußte man, wie das Konzept eines Schreibens des Königlich Bayerischen Archivs (heute: Staatsarchiv) in Nürnberg vom 16. August 182749 zu berichten weiß, das Kopfreliquiar unter der Leitung des Stadtkommissars Brand von Bayreuth im Jahr 1806 verkaufen. Auch viele andere, zum Teil kostbare Gegenstände, wurden veräußert. Die Reliquie selbst — das Sebaldushaupt — wurde aus dem „silbernen und vergoldeten Brustbild“ herausgenom­ men und auf Befehl des damaligen Subdelegaten, Friedrich von Lochner, dem genannten Archiv zur sorgfältigen Aufbewahrung überlassen. Auch die zehn kurzgefaßten Visitationsprotokolle über die Öffnung und Besichtigung des Reliquiars mit dem Haupt von 1466 bis 1778 behielt man im Archiv50. Hierher gelangten um 1806 auch andere Kostbarkeiten und Museumsstücke wie Medaillen, Torzeichen, Edelsteine und Perlen51. Das Schicksal brachte die wichtigste Reliquie des ehemaligen Nürnberger Stadtpatrons Sebald, sein Haupt, in die Archivräume im Nürnberger Rathaus und fast auch in völlige Vergessenheit. Hier ruhte die in einem karmesinroten seidenen Tuch einge­ nähte Reliquie, nun aber ohne den schützenden Behälter, bloß in einer mit Baumwolle gefüllten Schachtel52. Etwa zwei Jahrzehnte nach dem Verkauf des Reliquiars stellte man in der Sebalduskirche mit Überraschung fest, daß das Sebaldushaupt und sein Behälter hier nicht mehr zu finden seien. Darüber sowie die anschließenden Vorgänge geben uns besonders zwei Aktenbände aus dem Stadtarchiv53 und dem Staatsarchiv54 in Nürnberg ausführlich Aufschluß. Die plötzliche Entdeckung des Fehlens des Sebaldushauptes hing eng mit dem Sebalder Mesneramt zusammen. Am 24. Mai 1826 starb im Alter von 73 Jahren der Mesner von St. Sebald, Georg Hieronymus Karl Hermann55. Über ein Jahr lang wurde die Stelle nicht besetzt, sondern nur vom Schwiegersohn des Verstorbenen versehen. Der neue, am 20. Juni 1827 verpflichtete Kirchen­ diener hieß Sebastian Kraemer 56. Die Neubesetzung der Sebalder Mesnerstelle und die damit verbundene Inventur der Kirchengeräte veranlaßte den Nürnberger Magistrat, bei dieser 49 Wie Anm. 25. 50 Ebenda. Zum Haupt und Kopfreliquiar Sebalds im 19. Jahrhundert vgl. auch K. Pilz, S. 81 f. 51 Carl Adam, Das Staatsarchiv Nürnberg wie es wurde, wie es ist, in: Archive und Geschichtsfor­ schung. Festschrift für Fridolin Solleder. Neustadt a. d. Aisch 1966, S. 363. 52 Protokoll über die Verwahrung des Hauptes des hl. Sebald vom 26. November 1832; siehe Anm. 53. 53 Stadtarchiv Nürnberg, Altere Magistratsregistratur, Nr. 1410. 34 Wie Anm. 25. 53 LkAN, Bestattungsbuch Nümberg-St. Sebald, 1810—1826, pag. 188. 36 Chronik der Pfarrei St. Sebald seit 1810. Archiv des Evang.-Luth. Pfarramtes NürnbergSt. Sebald, Nr. 114.

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Gelegenheit auch eine Besichtigung des Sebaldusschreines mit den Gebeinen des Heiligen vorzunehmen. Das Ergebnis wollte man — was man später auch tat — in einem Visitationsprotokoll festhalten. Am 25. Juli 1827 fand in der Sebalduskirche die Öffnung des Schreines statt. Die in mehreren Exemplaren erhaltene Abschrift des dabei angefertigten Visitationsprotokolls — das Original legte man traditionsgemäß in den Schrein — gibt über dieses interessante Geschehen ausführlich Auskunft57. An der Visitation des Sarges nahmen mehrere Vertreter der Stadt und der Kirche teil. Als prominenteste Amtspersonen waren der Erste Bürgermeister, Jakob Friedrich Binder, sowie der Zweite, Johannes Scharrer, anwesend. Der Prüfungszeremonie wohnten ferner die Magistratsräte Rudolph Schaeffer, Johann Samuel Fuchs und Joseph Michael Schmidt sowie der Pfarramtsverwe­ ser von St. Sebald, Paul Augustin Michahelles, bei. Während der bereits seit dem Mittelalter eingeführten Kontrolle des Schreines mit den Gebeinen des hl. Sebalds wurde die Kommission plötzlich stutzig. In einem der im Sarg Vorgefundenen mittelalterlichen Visitationsprotokolle (von 1503) stieß sie auf eine Stelle, wo die Rede war „von einem Gefaeß, darin das Haupt des Heiligen gefaßt ist“. Man konnte aber weder das Reliquiar noch seinen Inhalt, das Haupt, finden58. Wenn auch die mittelalterliche Glanzzeit des Sebalduskults in Nürnberg bereits Jahrhunderte zurücklag, mußte gewiß der Verlust des Hauptes und seines Behälters ein sehr unerfreuliches Ereignis gewesen sein. Immerhin ging es dabei um die bedeutendste Reliquie des ehemaligen Nürnberger Stadt- und Handelspatrons. Eine „Suchaktion“ wurde mit schnellem Erfolg gekrönt: In kürzester Zeit stellte man fest, daß sich das vermißte Haupt im Königlich Bayerischen Archiv in Nürnberg befand59. Eines ist bei dieser Visitation noch erwähnenswert: Die Teilnehmer erwiesen sich optimistisch. Sie hofften — und wie es sich zeigte, teils mit Recht — auf ein baldiges Wiederfinden des Sebaldushauptes und seines Behälters. Wie das Protokoll berichtet, „verwahrte man die Laden mit ihrem Inhalt [nach der Besichtigung der Reliquien] wieder in den silbernen Sarg und beschloß die [damals übliche] Versieglung so lange auszusetzen, bis die Ausantwortung des obengedachten Gefaeßes nebst dem Haupte des Heiligen erfolgt seyn wird“60. Bereits kurz nach der Visitation vom 25. Juli 1827 bemühte sich die Stadt um die Rückgabe der Reliquie. Am 4. August 1827 wurde das genannte Archiv vom Magistrat über die Angelegenheit kurz informiert. Dabei bat man um die Rückgabe des Hauptes, da „diese Reliquie nirgend anders wohin gehört, als in 57 Protokoll über die Besichtigung des Sargs und der Gebeine des hl. Sebald vom 25. Juli 1827; siehe Anm. 53. Abschriften der Protokolle von 1827 sowie 1832 befinden sich auch im LkAN, Akten der Verwaltung des vereinigten protestantischen Kirchenvermögens Nürnberg, Nr. f, Fach 85, No. 17 (Rep. 10a). 58 Ebd. 59 Schreiben des Magistrats an das Archiv vom 4. August 1827; siehe Anm. 53 und 54. 60 Siehe Anm. 53.

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Öffnung der beiden Holzladen mit den Gebeinen des hl. Sebald während ihrer Besichtigung am 22. November 1971. Foto: Bildstelle des Hochbauamtes Nürnberg.

Das in einem Tuch eingewickelte Haupt des Nürnberger Stadtpatrons Sebald. Der Pergament­ streifen trägt die Inschrift: Hoc est caput sancti Sebaldi. Foto: Bildstelle des Hochbauamtes Nürnberg.

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Das Haupt des hl. Sebald

das für dasselbe bestimmte [Sebaldus-] Grab, woselbst auch die übrigen Gebeine des Heiligen befindlich sind . . 61 Zweifellos war der neu vorgesehe­ ne Platz für die Reliquie — der Sebaldus-Reliquienschrein — der beste Aufbewahrungsort. Die frühere Möglichkeit, das Kopfreliquiar als Schau- und Schutzgefäß zu benutzen, bestand ja nach seinem Verkauf nicht mehr. Die Bitte des Magistrats um die Herausgabe des Hauptes stieß im Archiv auf ein positives Echo. Am 16. August 1827 sandte man der königlichen Regierung des Rezatkreises, Kammer des Innern, einen Bericht darüber zu. Dem Antrag des Magistrats wurde in Ansbach promt entsprochen: Bereits am 21. August teilte die Regierung dem Archiv mit, daß sie gegen die vorgeschla­ gene Rückgabe der Reliquie nichts einzuwenden habe. Und noch am gleichen Tag informierte sie darüber direkt den Stadtmagistrat in Nürnberg. Dieser erhielt eine Woche später auch vom Archiv die gleiche positive Nachricht. Hier wurde dem Magistrat außerdem versichert, daß die Übernahme der Reliquie „zu jeder Stunde“ stattfinden könne. Danach beauftragte der Magi­ strat den bei der Visitation bereits anwesenden Magistratsrat Johann Samuel Fuchs mit der Übernahme des Hauptes. Am 31. August 1827 holte Fuchs die Reliquie vom Archiv ab. Ein Plenarsitzungsbeschluß des Magistrats vom selben Tag bekräftigte das Vorhaben, die Reliquie zu übernehmen und in der SebaJduskirche beizusetzen62. Bis zu diesem Zeitpunkt verliefen die Bemühungen um Rückkehr der betreffenden Reliquie in die Kirche sehr zügig. Ihre Beisetzung im Sebaldusschrein ließ jedoch noch lange auf sich warten. Vielleicht spielte dabei auch das hohe Alter und die damit zusammenhängende Schwäche des verantwortlichen Magistratsrats Fuchs eine Rolle. Aus solchem Grund war er z. B. nicht einmal imstande, das Visitationsprotokoll vom 25. Juli 1827 zu unterschreiben63. So blieb die Beisetzung der Sebaldus-Hauptreliquie auch nach Jahren immer noch offen. Die Stadt muß sich 1829 und 1830 mit diesem Vorhaben ernsthaft beschäftigt haben. Sonst wäre kaum die Tatsache zu erklären, daß die Stadt bereits zwei Protokolle (datiert: September 1829 und 2. April 1830) über die in Wirklichkeit nicht stattgefundene Beisetzung des Hauptes verfaßte. Darin wurde das Einschließen desselben im Schrein — in Anwesenheit von verschie­ denen Vertretern der Stadt und der Kirche — bereits beschrieben64. In der Tat vergingen aber noch weitere zwei, bzw. drei Jahre, bis es soweit war. Die Reliquie kehrte erst am 26. November 1832 in die Sebalduskirche zurück. Dafür, daß das Protokoll mit diesem Datum das „richtige“ ist, sprechen mehrere Fakten. Die Fertigung eines Protokolls im voraus war erforderlich, da dieses traditionsgemäß im Original in den Reliquienschrein hineingelegt wurde. Es wäre auch kaum denkbar, ein und dieselbe Reliquie dreimal 61 62 63 64

Siehe Siehe Siehe Siehe

Anm. Anm. Anm. Anm.

53 und 54. 53 und 54. 53. 53.

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Svetozar Sprusansky

nacheinander in der Kirche beizusetzen. Und schließlich befand sich das Haupt Anfang 1831 noch im Besitz des Magistrats. Im April 1832 bemühte sich der Magistrat festzustellen, wo sich das Sebaldushaupt überhaupt befindet. Der ehemalige, aus den Diensten der Stadt 1830 ausgeschiedene Magistratsrat Fuchs verwahrte das Haupt, daß er 1827 übernommen hatte, nicht mehr. Schon am 4. Januar 1831 hatte er es, zusammen mit den kurzgefaßten Visitationsprotokollen von 1466—1778, dem Zweiten Bürgermeister, Christoph Carl von Harsdorf, übergeben65. Erst am 26. November 1832 kehrte die Reliquie in die Sebalduskirche zurück. Und ähnlich wie bei der Visitation von 1827 hing auch diesmal die Öffnung des Reliquienschreines mit der Neubesetzung der Mesnerstelle von der Sebalduskirche zusammen. Der 1827 angestellte Mesner Sebastian Kraemer starb im März 1832. Als neuer Kirchendiener wurde Paulus Defet ernannt. Seine Verpflichtung und Einweisung fand am 26. November 1832 statt. Nach dem Einweisungsakt wurde der Sebaldusschrein geöffnet und „das seit langer Zeit auf dem Archive gelegene Haupt dieses Heiligen mit den andern Überre­ sten desselben, die sich in besondem Kästen im Sarge befinden, wieder vereinigt“. Teilgenommen haben dabei vor allem der Magistratsrat Rudolph Schaeffer, der erste Pfarrer von St. Sebald, Paul Augustin Michahelles, und der zweite Pfarrer, Georg Christian Heinrich Seiler. Das Haupt wurde in eine der beiden Holzladen mit den Gebeinen Sebalds gelegt. Danach schloß man die Laden wieder in den Reliquienschrein ein66. So fand die Reliquie erst nach fünf Jahren (1827—1832) ihren Weg vom Archiv zurück in die Sebalduskirche. Damit war aber die leidige Angelegenheit noch nicht zu Ende. Der Verwal­ tung des Vereinigten protestantischen Kirchenvermögens in Nürnberg fehlte die amtliche Kenntnisnahme über die Beisetzung des Hauptes im Sebaldusgrab. Daher waren dort Zweifel über das Vorhandensein des Sebaldushauptes im Schrein laut geworden. Das Resultat: Am 3. Oktober 1855 ließ man diesen wieder öffnen67. An der Kontrolle nahmen die Vertreter der erwähnten Verwaltung sowie Pfarrer von St. Sebald, St. Lorenz und Hl. Geist teil. Der Verdacht wurde aber nicht bestätigt. In einer der beiden Holzladen befanden sich zwei Päckchen mit den Sebaldusgebeinen und „außerdem aber in einem besondern rothseidenen und vernähnten Umschlag das Haupt des Sebaldus mit der aufgenähten, auf Pergament geschriebenen Aufschrift: hoc est caput Sancti Sebaldi“. Das Päckchen mit dem Haupt sowie eines der beiden mit den Gebeinen wurden geöffnet. Dabei konnten sich die Anwesenden davon über­ zeugen, daß die Reliquien noch unversehrt und durch den beigegebenen Mo-

65 Siehe Anm. 53. 66 Protokoll über die Verwahrung des Hauptes des hl. Sebald vom 26. November 1832. Stadtar­ chiv Nürnberg, Altere Magistratsregistratur, Nr. 1410. Siehe ferner Anm. 56 (danach zitiert). 67 Protokoll über die Eröffnung (!) und Besichtigung des Sebaldusgrabes in der Kirche St. Sebald vom 3. Oktober 1855. Archiv des Evang.-Luth. Pfarramtes Nürnberg-St. Sebald, Nr. 285.

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schus im Ganzen recht gut erhalten waren. Die Reliquien, einschließlich des Hauptes, wurden danach wieder im Schrein verschlossen68. Fast ein Jahrhundert später — während des Zweiten Weltkrieges — wurde die Grabstätte Sebalds in seiner Kirche ernsthaft bedroht. Gegen Gefahren schützte man das tonnenschwere, nicht transportierbare Sebaldusgrab von 1519 mit einer Mauer und einer Überdachung. Auf diese Weise überstand das berühmte Kunstwerk die fast totale Zerstörung des Ostchores. Auch der darin liegende, nicht ausgelagerte Reliquienschrein69 mit dem Haupt- und den anderen Überresten des Nürnberger Stadtheiligen erlitt keinen Schaden. Die erste Visitation des Sebaldusgrabes nach dem Zweiten Weltkrieg fand am 21. Juli 1952 statt. Dabei wurde auch das Haupt des Heiligen, in einem vernähten Tuch eingewickelt, vorgefunden70. Vor wenigen Jahren mußte aber die Reliquie ihren seit 1832 angestammten Platz im Reliquienschrein wieder für kurze Zeit verlassen. Wegen Restaurierung des Schreines in der Gold­ schmiedewerkstatt Michael Amberg in Würzburg71 wurden die beiden Holz­ laden mit den Sebaldusreliquien, einschließlich seines Hauptes, im Sakra­ mentshäuschen im Ostchor der Sebalduskirche verwahrt. Dieses Provisorium dauerte vom 30. September 1970 bis 22. November 1971. Am letzgenannten Tag kehrten die bei dieser Gelegenheit in einem festlichen Akt visitierten Reliquien in den nunmehr restaurierten Reliquienschrein im Sebaldusgrab zurück72. Möge die jahrhundertlang so verehrte Reliquie des Stadt-, Kirchen- und Handelspatrons Sebald in der Zukunft an diesem Ort wohlverwahrt ruhen.

68 Ebd. 69 Nach Auskunft des ehern. Direktors der Städtischen Kunstsammlungen Nürnberg, Dr. Wilhelm Schwemmer. 70 K. Pilz, S. 82. 71 Michael Amberg, Bericht über die Restaurierung des Sebaldusschreins aus St. Sebaldus in Nürnberg, in: Ars bavarica, Bd. 13, 1979, S. 11—26. 72 Fotoreproduktion der Original-Niederschrift über die Öffnung des Sebaldusgrabes vom 22. November 1971. Evang.-Luth. Pfarramt Nümberg-St. Sebald.

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ANMERKUNGEN ZU DEN CHORALES DES NÜRNBERGER HEILIGGEISTSPITALS IM ERSTEN VIERTEL DES 16. JAHRHUNDERTS Von Franz Krautwurst Als der geniale Finanzmann und Reichs Schultheiß Konrad Groß, der „größte mittelalterliche Nürnberger“ \ in seiner Vaterstadt das Neue Spital zum Hl. Geist stiftete, verfügte er bekanntlich u. a., daß „zur Mehrung des Gottes­ dienstes in der Spitalkapelle“ neben (anfänglich) sechs Priestern auch „zwölf Kleriker oder arme Scholaren“ im Spital „Unterhalt, Nahrung und Verbleib“ haben und von einem Schulmeister (Magister scolarum) unentgeltlich unter­ richtet werden sollten. Der sogen. Große Stiftungsbrief vom 13. Januar 13392, der ihre liturgischen und musikalischen Aufgaben nicht im einzelnen, sondern nur in ganz groben Zügen festlegt, nennt die zwölf Scholaren niemals anders als clericos seu scolares (pauperes)3, während bereits eine Hausordnung des Jahres 1343 aus dem Spitalleitbuch4 von ihnen als von den Chorschülern (korschuler) spricht, eine Bezeichnung, die dann beibehalten wurde5. Daneben setzte sich für sie, ohne deren Wirken das überaus reiche und durch weitere Stiftungen sich ständig ausdehnende liturgische Leben im Heiliggeistspital schlechtweg undenkbar ist6, der Terminus Chorales durch7. 1 Karl Bosl, in Gerhard Pfeiffer, Nürnberg — Geschichte einer europäischen Stadt, München 1971, S. 33. 2 Stadtarchiv Nürnberg, Urkundenreihe Stiftungen: 1339 I 13. Vollständig, aber mit vielen Lesefehlern abgedruckt bei Christoph Gottlieb von Murr, Charta fundationis novi hospitalis ad Spiritum Sanctum Norimbergae, (Nürnberg) 1801, S. 2—26. Deutsche Übersetzung bei Georg Löhlein, Die Gründungsurkunde des Nürnberger Heilig-Geistspitals von 1339, MVGN 52, 1963/64. S. 65—79. 3 Zur Semantik beider Begriffe vgl. Charles du Fresne du Cange, Glossarium mediae et infimae latinitatis, 1883—1887, Nachdruck Graz 1954, II, S. 368 f. und VII, S. 350 f.; Frederik Niermeyer, Mediae latinitatis lexicon minus, Leiden 1976, S. 190 f. und 945. 4 Stadtarchiv Nürnberg, Rep. D 2, II 3, fol. 32ff. Textabdruck bei Wilhelm Loose, Flausordnung für die 12 Chorschüler in der Spitalschule zu Nürnberg vom Jahre 1343, Anz. f. Kunde d. dt. Vorzeit N.F. 26, 1879, Sp. 8—10, 37—39. 5 Vgl. etwa Staatsarchiv Nürnberg, Jahresregister Nr. 1, fol. 17 (zwischen 12. März und 17. April 1381): „Item dedimus iiij lb. hlr. den priestern, den korschulern, den siechen zum neuen spital und den siechen zum alten spital, daz man messe von dem heiligen geist daselbst sang, do man den neuen rat wolt welen“; ebda., Stadtrechnung Nr. 9 (1430), fol. 98v: „It(em) ded(imus) xv ß hl. zweien chorschulern, die alle nacht ligen auf sant Niclas chor von des heiligtums wegen im neuen spital von der goltvasten Crucis“; ebda., Stadtrechnung Nr. 13 (1458), fol. 119v: „item xv ß zweien chorschulern zum neuen spital zu ligen auf sant Michels kor von des hochwirdigen heiligtums wegen“. 6 Dazu neuerdings Karl Schlemmer, Gottesdienst und Frömmigkeit in der Reichsstadt Nürnberg am Vorabend der Reformation, Würzburg 1980, S. 323. 7 In einer von Joseph Baader, Eine Notiz über die alten Fastnachtspiele, Anz. f. Kunde d. dt. Vorzeit N.F. 15, 1868, Sp. 231 mitgeteilten Eingabe um Spielerlaubnis (um 1520) nennen sich die Chorschüler „die chorales des neuen spitalls“. Zum Terminus choralis vgl. Ch. du Fresne du Cange, a. a. O. II, S. 313; F. Niermeyer, a. a. O., S. 176.

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Eingehende und umfassende Untersuchungen zu diesem Personenkreis und insbesondere zu seiner Sozialstruktur liegen bis jetzt nicht vor. Wie die vielfach angewandte Benennung Chorknaben in der einschlägigen Literatur zeigt8, scheint in letzter Zeit die Vorstellung entstanden zu sein, es habe sich bei den Chorschülern des Spitals ausschließlich um Jugendliche im Alter von ungefähr 9 bis 15 Jahren, also in der Lebensphase vor dem (in früherer Zeit später als heute einsetzenden) Stimmbruch (Mutation) gehandelt, vergleichbar etwa den „Sängerknaben“ in Sopran und Alt der bekannten Knabenchöre unseres Jahrhunderts. Daß dieses Bild — das allenfalls, und auch da nur teilweise, auf die Situation nach der Reformation zutrifft, in der das Institut der zwölf Chorschüler mit der sogen. Oberen Schule, dem von Melanchthon ins Leben gerufenen Gymnasium, verbunden wurde9 — keineswegs den Verhältnissen des ausgehenden Mittelalters entspricht, hätte schon der im Stifterwillen verankerte Terminus clerici nahelegen müssen, der bei aller Vielfalt der Bedeutungsnuancen stets „arrivierte“, in der Regel sich unmittel­ bar auf den Priesterstand zurüstende Scholaren10 meint. Auf diesen Sachverhalt hat allerjüngst die inhaltreiche und tiefschürfende Arbeit von Friedhelm Brusniak überden zwischen 1502 und 1515 als Schulmei­ ster am Heiliggeistspital wirkenden Komponisten Conrad Rein11 ein neues, bezeichnendes Schlaglicht geworfen. Brusniak erörtert ausführlich den Um­ stand, daß die Chorschüler um 1500 in jedem Fall „junge Männer waren“12, und veröffentlicht eine bislang von der Forschung unbeachtet gebliebene, im Anhang des Spital-Novizenbuches von 149913 aufgezeichnete Namenliste der Chorales von 1500 bis 1521 mit insgesamt rund 170 Eintragungen14. Er kann dabei nachweisen, daß annähernd 30% dieser Chorales „bereits vor dem Eintritt in das Heilig-Geist-Spital eine Universität besucht“ und ca. 10% „sogar das artistische Baccalaureat erlangt“15 hatten. Da nicht wenige dieser jungen Männer sich später in geistlichen Ämtern nachweisen lassen16, bildet das Namenverzeichnis eine wertvolle Ergänzung zu den Angaben in Matthias

8 z. B. Emil Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg 1896, S. 855; Hugo Steiger, Das Melanchthon-Gymnasium in Nürnberg (1526—1926), München u. Berlin 1926, S. 2 u. ö.; G. Pfeiffer [Hrsg.], a. a. O. (s. Anm. 1), S. 212 (mea culpa!). 9 H. Steiger, a. a. O., S. 34 u. ö. 10 Vgl. Anmerkung 3; s. auch K. Schlemmer, a. a. O. S. 323; Klaus Wolfgang Niemöller, Untersuchungen zu Musikpflege und Musikunterricht an den deutschen Lateinschulen vom ausgehenden Mittelalter bis um 1600, Regensburg 1969, besonders S. 588. 11 Friedhelm Brusniak, Conrad Rein (ca. 1475—1522) — Schulmeister und Komponist, Wies­ baden 1980 (= Neue musikgeschichtliche Forschungen, hrsg. von Lothar Hoffmann-Erbrecht, Bd. 10). Vgl. meine Besprechung des Buches in diesem Band, unten S. 356—358. 12 F. Brusniak, a. a. O., S. 54, auch S. 96 f., 113 f. 13 Stadtarchiv Nürnberg, Rep. D 2, II, 13. 14 F. Brusniak, a. a. O., 298—320. 15 Ebda., S. 113, auch S. 117. 16 Ebda., S. 113 f. und S. 298—319, 329.

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Simons Pfarrerbüchern17, Johannes Kists Bamberger Matrikel18 und ähnlichen Verzeichnissen, worauf hier jedoch nicht näher eingegangen werden kann. Aufgrund eigener Forschungen, einiger Zufallsfunde und einer nochmaligen systematischen Durchsicht aller einschlägigen Matrikeln lassen sich über Brusniak hinaus nun die biographischen Daten dieser interessanten Personen­ gruppe vereinzelt noch erheblich ergänzen und erweitern, was im folgenden in Form einer phonetisch-alphabetischen Liste unter Vereinheitlichung der Schreibung der Personennamen geschehen möge19: 1) Antonius Noricus (1518, 2) Ein Anthonius de Nurnberga imm. Wien WS 1496 (Szaivert-Gall II, 252). Identität bleibt jedoch fraglich, da der zeitliche Abstand zwischen Erstimmatrikulation und Auftreten als Choralis — in der Regel zwei bis drei, selten mehr als fünf Jahre — hier immerhin 22 Jahre betrüge. Die größte in diesem Zusammenhang auftretende Zeitspanne beläuft sich ansonsten auf 15 (Nicolaus Fischer Noricus; 1517, 9) bezw. 19 Jahre (Johannes Reuß, s. u. Nr. 39).

2) Apel Thomas Leucopolitanus (1506, 3) wurde 1542 Pfarrer in Helmstadt (LK Marktheidenfeld, Ufr.), wo er 1558 (?) starb (Simon APfB 47).

Bar dt Leonhardus s. unten Nr. 32. 3) Pauer Johannes de Rott [= Roth, Mfr.] (1515, 11; 1518, 1) War um 1523 Pfarrer in Forst [Dekanat Leutershausen, Mfr.] und wurde 1528 Superattendent des Amtes Windsbach und erster evang. Pfarrer in Petersaurach, wo er am 6. August 1540 starb (Simon APfB 93).

4) Paulus de Augusta (1502, 2; 1505, 12). Ein Paulus Czymmerman de Auspurgk imm. Leipzig WS 1496 (Erler I, 416). Näher liegt jedoch Paulus Herbst ex Augusta, imm. Ingolstadt WS 1498 (8. Februar 1499; Pölnitz I, 271).

5) Pengel Balthasar (1521, 5). Imm. Ingolstadt SS 1518 (11. Juni 1518): Balthasar Penngl de Weinmershaim [= Weimers­ heim, Gde. Weißenburg i. B., LK Weißenburg-Gunzenhausen, Mfr.; vielleicht auch Wei­ mersheim, Gde. Ipsheim, LK Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim, Mfr.] (Pölnitz I, 420).

6) Pfister Johannes Nurmbergensis (1512, 2) Seine Identität mit dem Pfarrer in Burgfarrnbach (1528—1536) und Fürth (1547—1557) ist zweifelhaft; denn dieser wird erst im SS 1525 in Wittenberg imm. (Foerstermann I, 126a: Johannes Pfister Numbergen[sis] 29 Uunii 1525]) und ist laut Simon NPfB 1011 1497 in Heroldsberg geboren, könnte also nicht schon 1501 die Universität Ingolstadt besucht haben. 17 Matthias Simon, Bayreuthisches Pfarrerbuch, München 1930, im folgenden abgekürzt: Simon BPfB; ders., Ansbachisches Pfarrerbuch, Nürnberg 1957, im folgenden abgekürzt: Simon APfB; ders., Nümbergisches Pfarrerbuch, Nürnberg 1965, im folgenden abgekürzt: Simon NPfB. 18 Johannes Kist, Die Matrikel der Geistlichkeit des Bistums Bamberg 1400—1556, Würzburg 1965, im folgenden abgekürzt: Kist. 19 Die Klammer hinter dem Namen gibt das Jahr der Aufnahme als Choralis und, nach dem Komma, die Nummer innerhalb des Jahrgangs im Verzeichnis von Brusniak, a. a. O. S. 299— 320 an. Auf vollständige Bibliographierung der Universitätsmatrikel-Einträge wurde verzichtet, (imm. = immatrikuliert).

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7) Pfost Bernhardus de Guntzenhawsen (1518, 3). Imm. Ingolstadt WS 1517 (21. November 1517): Bernhardus Pfest [!] de Guntzenhausen (Pölnitz I, 414. Er wurde 1527 Pfarrer in Oberhöchstadt (Simon BPfB 1823), 1538 Diakon an Hl. Geist und 1547 an St. Lorenz in Nürnberg, wo er am 31. Dezember 1554 starb (Simon NPfB 1016).

Pistoris Georius s. unten Nr. 20. 8) Brant Michael Nurmbergensis (1510, 2). Wahrscheinlich identisch mit Michael Brandt, 1542 Pfarrer in Dachsbach (Simon BPfB 209) und/oder Michael Prant, 1553 Pfarrer in Lonnerstadt (Simon NPfB 151).

9) Kagermayer Johannes de Ratisbona (1507, 5). Er stammte aus Geiselhöring, Niederbayern (Diözese Regensburg!) und war imm. Wien SS 1506: Johannes Kagermayr de Geislhering (Szaivert-Gall II, 336) und Ingolstadt SS 1506 (15. Oktober 1506, d. h. zum WS 1506): Johannes Kagermair de Geiselhering (Pölnitz I, 312).

10) Caspar de Norimberga (1519, 5). Ein Kaspar war Heilig-Kreuz-Benefiziat in Nürnberg bis 1532 (H. H. Hofmann in MVGN 42, 1951, 152; Kist 3156). Auch könnte es sich um Kaspar Hirschdörfer (Hirstorfer) handeln, der am 8. März 1521 Diakon an St. Sebald In Nürnberg wurde und 1527—1536 als Prediger in Betzenstein wirkte (Simon NPfB 556).

11) Cesar Udalricus (1520, 2). Vielleicht identisch mit Udalricus Keyser de Slucht [= Schlicht, LK Amberg-Sulzbach, Opf.], imm. Leipzig SS 1513 (Erler I, 526).

12) Kolb Conradus de Herspruck (1510, 3). Imm. Ingolstadt WS 1514 (15. September 1514): Conradus Kolb de Herschpruckh (Pölnitz I, 372). Er war 1530—1540 Pfarrer in Offenhausen, 1540/41 in Henfenfeld (Simon NPfB 671).

13) Conradus N. de Argentina (1511, 3). Als Egidien-Schulmeister feierte er am 4. Mai 1516 seine Primiz bei St. Egidien (R. Wagner in Musikforschung 2, 1949, 163; K. Schombaum in MVGN 44, 1953, 293; Kist 3494).

14) Creber Eberhardus Wirttenburgensis (1519, 1). Imm. Wien SS 1513: Eberhardus Kreber ex Kirchen [gehört jetzt zu Ehingen (Donau), Württemberg] (Szaivert-Gall II, 403).

15) Kun Johannes de Rott [= Roth, Mfr.] (1500, 15). Auch imm. Leipzig SS 1510: Dominus Johannes Kun de Rott presbiter, bacc(alaureus) Erphordensis (Erler I, 502). Daher mit absoluter Sicherheit nicht identisch mit Kist 3728.

16) Egci Wolfgangus Nurmbergensis (1507, 2). Der Name ist sicher richtig gelesen: Egci = Eccius = Eck. Ein Wolfgangus Eck de Weyssenburg wurde am 4. September 1522 in Ingolstadt imm. (Pölnitz I, 458). Er war seit 1544 Präzeptor an der Lateinschule und seit 1554 Pfarrer in Weißenburg i. B., wo er 1581 starb (Friedrich Biendinger, Reichsstadt Weißenburg, in: Matthias Simon [Hrsg.], Pfarrerbuch der Reichs­ städte Dinkelsbühl, Schweinfurt, Weißenburg i. Bay. und Windsheim, Nürnberg 1962, S. 67). Seine Identität mit Egci ist zwar unwahrscheinlich, jedoch nicht völlig ausgeschlossen.

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Franz Krautwurst

17) Ernreych Johannes de Wassertruendingen (1510, 4). Imm. Wien WS 1505: Johannes Erenreich de Bassertrienting (Szaivert-Gall II, 332). Er war 1516 Kaplan in Emskirchen (Simon ApfB 634; Kist deest) und ist wahrscheinlich identisch mit Johann Erentrich (Ehrentreich), der 1541—1545 Kaplan in Gerabronn und dann bis 1557 Pfarrer in Mariäkappel war (Simon ebda.).

18) Fabri Johannes de Nörlingen [= Nördlingen] (1511, 2). Imm. Freiburg i. B. WS 1506: Joannes Fabri de Nörlingen Augustens(is) dioc(esis) V* Septembris [1506] (Mayer I, 171).

19) Fabri Johannes de Wirttenbergk (1511, 10). Vielleicht identisch mit Johannes Fabri ex Gengen [= Giengen, ehern. Reichsstadt, heute Baden-Württemberg], der im WS 1507 (12. Oktober 1507) in Ingolstadt imm. wurde (Pölnitz I, 320).

Fabri Sebastianus s. unten Nr. 44. Fabri Simon s. unten Nr. 45. 20) Volck alias Pistoris Georius de Ingolstadt (1501, 5). Ein Georgius Pistoris ex Stotzhart [= Stotzhard, Gde. Aindling, LK Aichach-Friedberg, Schw.] imm. Ingolstadt SS 1495 (5. Mai 1495; Pölnitz I, 241).

21) Volckmar Johannes (1515, 1). Ein Johannes Volcmer de Rotenburg [= Rothenburg o. T.] Musicus [!] ließ sich im SS 1509 in Frankfurt/O. imm. (Friedlaender I, 24). Er wurde am 8. Juli 1513 in Frankfurt baccalaureus artium: Johannes Volkmar de Rottenburg, Musice prof(essor) in hac Academia und las dort noch 1541 über Musik. Vgl. Gerhard Pietzsch in Archiv f. Musikforschung 7, 1942, 157. Auch ist er der Verfasser des Traktats Collectanea quedam musice discipline utilia quae necessaria, Frankfurt/O. 1513.

22) Franck Johannes (1520, 3). Ein Johann Frank war 1528—1530 Pfarradjunkt und vom 9. Februar 1533 bis längstens 1540 Pfarrer in Henfenfeld (Simon NPfB 350).

23) Fridericus de Hertzogaurach (1515, 9)20. Imm. Leipzig WS 1515: Fredericus Joannis ex Flerczengaurach [= Herzogenaurach, Mfr.] (Erler I, 546). Er feierte seine Primiz am 21. August 1519 in der Frauenkirche (K. Schornbaum in MVGN 44, 1953, 293).

24) Geyger Johannes (1518, 6; 1521, 3) Imm. Leipzig SS 1515: Joannes Gieger de Wendelstein [b. Nürnberg; LK Roth], dort SS 1517 baccalaureus artium (Erler I, 542; II, 521). Dann imm. Ingolstadt SS 1518 (12. März 1518): Joannes Geyger de Wendelstain (Pölnitz I, 416). Zwischen den beiden Wirksamkeiten als Choralis war er im SS 1520 auch noch in Wien imm.: Joannes Geyger ex Wendlstein (GallSzaivert III, 17).

25) Haß Leonhardus de Nurmberga (1508, 5). Imm. Wittenberg SS 1502: Leonardus Hass Nurmberg(ensis) (Foerstemann I, 2). Nach seiner Tätigkeit als Choralis war er im WS 1509 in Wien imm.: Leonardus Hass de Nuerenberga (Szaivert-Gall II, 362).

20 Fehlt bei Brusniak, a. a. O., S. 314 f.

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26) Henlein Andreas Noricus (1515, 4). Imm. Leipzig SS 1512: Andreas Haynleyn Nurnburgensis (Erler I, 522); baccalaureus artium Leipzig SS 1514: Andreas Hennelen de Nurenberga (Erler II, 496).

27) Hertel Petrus (1515, 5). Auch imm. Frankfurt/O. WS 1512: Petrus Hartei noricus (Friedlaender I, 34b). Nach seinem Wirken als Choralis wieder imm. Wittenberg WS 1520: Petrus Hertel de Numberga Bambergen(sis) dioc(esis) 25 Augusti [1520] (Foerstemann I, 97a). Er war 1529 Kaplan bei St. Lorenz in Hof (Simon BPfB 1017).

28) Hertzog Johannes de Wasserburg [recte: Weißenburg] (1515, 10). Zur Identitätsfrage vgl. Simon APfB 1154 und Simon BPfB 1024.

29) Hiltner Johannes Wemdingensis (1508, 1). Imm. Erfurt WS 1505: Johannes Hiltiner de Wendagen [!] (Weissenborn II, 243).

Hirschdörfer Kaspar s. oben Nr. 10. 30) Jeger Johannes de Nurmberg (1502, 4). Vielleicht auch identisch mit Johann Jeger, der am 27. März 1528 den markgräflichen Eid als Frühmesser von Mistelgau leistete (Kist 2966).

Joannis Fridericus s. oben Nr. 23. 31) Johannes de Pernfelß [= Bernfels, ehern. BA Pottenstein, LK Pegnitz, Ofr.] (1515, 13). Imm. Heidelberg SS 1514: Joannes Oeterich de Bernfelsz Bombergensis diocesis 27 Julii [1514] (Toepke I, 496).

32) Leonhardus de Heydenhaym (1501, 10). Vermutlich Leonardus Bard de Heydenhayn [!], der im WS 1492 in Leipzig imm. wurde und dort nochmals im SS 1500 als Leonhardus Bardt de Haydenhaim auftaucht (Erler I, 394 u. 434).

33) L uff er Johannes de Elwangk [= Ellwangen a. d. Jagst] (1509, 1). Imm. Ingolstadt SS 1506 (30. April 1506): Joannes Luffer de Eibang (Pölnitz I, 307).

34) Mayer Otto de Nurmberg (1502, 8; 1505, 4). Imm. Erfurt SS 1498: Johannes [et] Otto Meyer fratres de Noremberch (Weissenborn II, 205).

35) Mayer Steffanus de Schwabach (1506, 8). Imm. Leipzig SS 1505: Steffanus Meyer de Swabach (Erler I, 468).

36) Merckel Wilhelmus de Leyptzck (1500, 7). Er wurde am 18. Dezember 1501 als Accolitus und am 15. April 1503 als Diakon in Merseburg ordiniert (Buchwald 67 u. 73).

37) Möller Johannes de Amberga (1500, 14). Er wurde nach seinem Wirken als Choralis im WS 1502 in Wien imm.: Johannes Möller de Amberga (Szaivert-Gall II, 305).

127

Franz Krautwurst

38) Naeck Johannes de Walterßhusen (1511, 8). Imm. Erfurt WS 1506: Joannes Nacke de Waltershawsen (Weissenborn II, 248).

Oeterich Joannes s. oben Nr. 31. 39) Reuß Johannes (1519, 8). Ein (anderer?) Johannes Rheyß de Nurenberga imm. Erfurt WS 1500 (Weissenborn II, 217).

40) Rogner Heinricus de Liechtenfeis (1510, 5). Imm. Leipzig SS 1509: Henricus Rogener de Lichtenfels (Erler I, 496).

41) Rudolph Georgius Ochsenfurdensis (1513, 3). Auch imm. Heidelberg SS 1508: Georgius Rudolffi de Ochszenfort dioc(esis) Herbipol(ensis) (Toepke I, 466).

42) Schaufel Michael de Wachwag [!] (1517, 4). Imm. Ingolstadt WS 1516 (24. Februar 1517): Michael Schaufel de Warpach [= Werbach, Main-Tauber-Kreis (?)] (Pölnitz I, 404).

Schmidt Simon de Holfeldt s. unten Nr. 45. 43) Schrotter Leonhardus de Nurmberga (1500, 12). Imm. Köln SS 1498: Leon(ardus) de Nurenberga fd(ius) Johannis Sehrueder; art(ista); i(uravit) et bed. s(olvit) (Keussen III, 451).

44) Sebastianus de Weyssenburgk (1515, 15). Wahrscheinlich identisch mit Sebastianus Fabri de Weysenburg, der im WS 1511 in Leipzig imm. und dort im SS 1514 baccalareus wurde (Erler I, 515; II, 495). Nach seinem Wirken als Choralis wurde er im SS 1519 (17. Mai 1519) in Ingolstadt imm.; Sebastianus Faber ex Weissenburg (Pölnitz I, 430) und wechselte dann als bereits graduierter Kleriker an die Universität Freiberg i. B. über: Sebastianus Faber, Wisenburgensis Augusten(sis) dioc(esis), clericus, artium m(a)g(iste)r, ut asserit Ingoistaviense (universitate). 3. Junii [1521] (Mayer I, 251).

45) Simon de Hollfeldt (1515, 14). Imm. Leipzig WS 1514: Simon Schmidt de Holfeldt [= Hollfeld, LK Bayreuth, Ofr.] (Erler I, 537). Er erhielt am 8. Juli 1530 die Pfarrei Krögelstein und am 13. November 1532 das Benefizium an der Salvator-Kapelle in Hollfeld, wo er dann am 27. September 1538 noch Frühmesser wurde und 1558 starb (Kist 1520: Fabri Simon von Hollfeld).

46) Sixtus de Schewem (1505, 15). Er feierte am 14. Mai 1506 Primiz bei St. Klara (K. Schombaum in MVGN 44, 1953, 290; Kist 5912).

47) Speydalein Sebaldus de Nurmberga (1505, 6). An St. Sebald blieb er bis zu seinem Tod kurz nach dem 20. September 1553: Sebald Speidel, vicarier bei St. Sebald (Nbg. TGlB III, St. Sebald 1517—1572, ed. H. Burger, Nr. 4908).

48) Spindler Matheus de Cronach (1505, 13). Als Pfarrer von Hohenstadt ist er 1525—1530 nachweisbar (Simon BPfB 2402).

49) Staudigel Andreas de Rebitz [= Redwitz, heute Marktredwitz, Ofr.] (1508, 4) Er war 1532 Pfarrer in Thierstein [LK Wunsiedel, Ofr.] (Simon BPfB 2414).

128

MVGN 68 (1981)

Die Chorales des Heiliggeistspitals

50) Stengel Bernhardus (1521, 2). Imm. Ingolstadt SS 1516 (14. October 1516, d. h. zum WS 1516): Bernhardus Stengl de Hembaw [= Hemau, LK Regensburg, Opf.]. (Pölnitz I, 400).

51) Stoer Johannes Nurmbergensis (1512, 3). Er starb 1562 als Diakon zu Wittenberg (K. Schornbaum in MVGN 42, 1951, 184).

52) Wagner Johannes de Schrobenshavsen [= Schrobenhausen, LK NeuburgSchrobenhausen, Obb.] (1501, 1). Wohl nicht identisch mit Kist 6321, denn dieser stammte nach Simon NPfB 1483 nicht aus Schrobenhausen, sonden aus Nürnberg und war der Sohn des dortigen Rechenmeisters Hans Wagner. Eher käme ein Johann Wagner aus Neuburg/Donau in Betracht (Neuburg und Schrobenhausen liegen nördlich bezw. südlich des Donaumooses und gehören heute zum selben LK), der 1515 Pfarrer in Marktbergei wurde und dort 1536 starb (Simon BPfB 2633).

53) Wagner Conradus Grefenburgensis [= Gräfenberg, LK Forchheim, Ofr.] (1513, 1). Als Pfarrer von Eschenau ist er bezeugt 1543—1552 (Simon NPfB 1485; vgl. auch Simon BPfB 2643).

54) Wynnhart Wolfgangus (1518, 8). Imm. Ingolstadt SS 1518 (29. April 1518): Wolfgangus Winhart ex Schrobenhausen (Pölnitz I, 419).

Den Angaben des vorstehenden Verzeichnisses zufolge erhöht sich die Zahl der im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts wirkenden Chorales, die vor Eintritt in das Spital bereits an einer Universität studierten, auf 79, das sind unter Berücksichtigung des Umstands, daß neun Namen in der von Brusniak veröffentlichten Liste doppelt bezw. dreifach aufgeführt sind, immerhin 50 %. Stellt man dazu in Rechnung, daß der Nachweis der Immatrikulation bei den lediglich mit Vornamen Überlieferten nur in seltenen Fällen möglich ist, so möchte man aus diesem Ergebnis schließen, daß am Vorabend der Reforma­ tion der Universitätsbesuch mehr oder weniger zu den Voraussetzungen für die Aufnahme als Choralis in das Nürnberger Heiliggeistspital gehörte. Eine entsprechende Verordnung, etwa in einem der Spitalleitbücher, oder ein hierauf bezüglicher Ratsverlaß konnte indessen bis jetzt nicht aufgefunden werden.

129

DER KLAUSURKIRCHHOF DES KLARISSENKLOSTERS ZU NÜRNBERG UND SEINE GRÄBER NACH DEM TOTENBÜCHLEIN DER ANNA KETZEL Von Rudolf Eckstein Vorbemerkung: Am 15. Oktober 1959 teilten die Nürnberger Nachrichten in großer Aufma­ chung ihren Lesern mit: Dieser Tage gelang ein Fund von großer kulturhistori­ scher Bedeutung: Das Grab der Caritas. Der Text bezog sich auf die aufsehen­ erregende Entdeckung des Grabes der vom 20. Dezember 1503 bis zu ihrem Tod am 19. August 1532 als Äbtissin des Klosters St. Klara zu Nürnberg wirkenden Caritas Pirckheimer. Das Grab war im Zuge einer durch P. Georg Deichstetter, den damaligen Superior der Niederlassung der Jesuiten bei St. Kunigund in Nürnberg, initiierten und unter Leitung von Dr. Anton Ress, Konservator am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München, vom 8. bis 10. Oktober 1959 durchgeführten Bodenuntersuchung am 10. Oktober aufgefunden worden. Die Ergebnisse der Grabung, durch deren Leiter in einer Pressekonferenz am 14. Oktober 1959 erstmals bekanntgemacht, wurden 1961 unter dem Titel Das Grab der Caritas Prickheimer, Äbtissin des St Klaraklo­ sters in Nürnberg * 1467 f 1532 durch Ministerialrat a.D. August Syndikus im Rahmen einer kurz zuvor begonnenen Caritas Pirckheimer-Quellensammlung im Druck veröffentlicht1. In einer 1962 erschienenen Besprechung dieser Veröffentlichung äußerte der seinerzeitige Leiter des Landeskirchlichen Ar­ chivs in Nürnberg, Dr. Karlheinrich Dumrath, erhebliche Zweifel an der Echtheit des Grabes und der Gebeine2. Die folgenden Ausführungen sollen 1 Quellensammlung Heft 4, Landshut. — Zur allgemeinen Geschichte des St. Klara-Klosters: Johannes Kist, Das Klarissenkloster in Nürnberg bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, Diss. theol. Würzburg, Nürnberg 1929. — In den Tabellen und in den Grabbezeichnungen im Text sowie in den Anmerkungen werden folgende Sigel verwendet: AK BB K KK KW

Anna Ketzel, Baubüchlein des Klaraklosters (Stadtarchiv Nürnberg, Rep. 89, Nr. 388), Keller, Kusterkammer, Bezeichnung der Grablage zwischen Kapellentür, Weihkessel und Werkstube (vgl. unten S. 154), NUB Nürnberger Urkundenbuch, Nürnberg 1951—1959, R Redfenster, St Stiege(n), StAN Staatsarchiv Nürnberg, TB Totenbüchlein der Anna Ketzel (Staatsarchiv Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Kloster St. Klara, Akten und Bände, Nr. 4, Prod. 24), WB Weihbrunnen, WN II Andreas Würfel, Historische genealogische und diplomatische Nachrichten zur Erläu­ terung der Nümbergischen Stadt- und Adelsgeschichte, Bd. 2, Nürnberg 1767. 2 Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 31 (1962), S. 131—136 (fortan zitiert: Dumrath, Besprechung).

130

MVGN 68 (1981)

Klausurkirchhof des Klarissenklosters

dazu beitragen, anläßlich der Erinnerung an den Todestag der großen Abtissin und bedeutenden Humanistin im Jahr 1982 die von Dr. Dumrath aufgeworfe­ nen Fragen zu den Grabungsergebnissen des Jahres 1959 zu klären. A. Das Totenbüchlein und seine Verfasserin Im Staatsarchiv Nürnberg wird im Bestand Reichsstadt Nürnberg, Kloster St. Klara, Akten und Bände (Rep. 5a) unter Nr. 4 als Produkt 24 ein 10,5 x 8 cm großes Büchlein aus starkem Papier verwahrt, das als Totenbüchlein der Anna Ketzel bezeichnet wird3. Dem von dieser verfaßten Teil ist am Ende eine weitere Totenliste von Schwestern beigelegt. Das Totenbüchlein der Anna Ketzel und die beigelegte Totenliste werden durch einen Einband aus zwei zusammengeklebten Papierblättern zusammengefaßt, dessen Rücken mit einem 5 bis 8 cm breiten Lederstreifen verstärkt ist. Der Vorderdeckel trägt außen die Jahreszahl 1494, darunter findet sich eine zehnzeilige, mit Nota beginnende, z.T. verwischte bzw. durch den Lederstreifen verdeckte Auf­ schrift in Kanzleikursive des 17. Jahrhunderts, die auch unter Zuhilfenahme der Quarzlampe nur teilweise entziffert werden konnte4. Unter der Aufschrift und außen auf dem Rückendeckel stehen verschiedene Archivsignaturen5. Das Totenbüchlein und die beigelegte Totenliste wurden bereits von Andreas Würfel in seinem Werk Historische genealogische und diplomatische Nachrichten zur Erläuterung der Nürnbergischen Stadt- und Adelsgeschichte, Bd. 2, Nürnberg 1767, veröffentlicht6. Würfel hat dabei Satzzeichen eingefügt. Im Orginal sind diese nicht vorhanden; die einzelnen Einträge sind hier jeweils durch (die ganze Zeile füllende) Striche voneinander abgesetzt. Das Totenbüchlein der Anna Ketzel besteht aus drei Lagen, von denen die erste sieben und die anderen je fünf Doppelblätter zählen. Der ersten Lage ist ein Blatt als drittes zugefügt. Nach zwei Leerblättern folgen 19 mit 11—16 Zeilen in gotischer Kursive um die Wende des 15. Jahrhunderts beschriebene Blätter und vierzehn weitere Leerblätter. Nach der Schriftform stammen die Eintragungen von gleicher Hand und sind nach Schwärze der Tinte und Art der Feder von Zeit zu Zeit vorgenommen worden, u. zw. nach nach nach nach nach nach nach nach 3 4 5 6

dem dem dem dem dem dem dem dem

10. 2. 24. 3. 7. 5. 21. 7. 19. 8. 29. 5. 31. 8. 24. 12.

1512 für 1516 für 1526 für 1529 für 1532 für 1533 für 1533 für 1534 für

21 6 8 2 4 4 1 2

verstorbene Schwestern, verstorbene Schwestern, verstorbene Schwestern, verstorbene Schwestern, verstorbene Schwestern, verstorbene Schwestern, verstorbene Schwester, verstorbene Schwestern,

Zu ihr: Theodor Aign, Die Ketzel, Neustadt a. d. Aisch 1961, S. 125. U. a. ist zu lesen Z. 5/6 Schwester . . . Margareta. Vorderer Deckel: N° 10. [Prod.] 24. — Hinterer Deckel: S VIIL 37B 7Nr. 10 (19. Jh.). IX 6. S. 889—900 bzw. S. 900—904.

131

Rudolf Eckstein

nach dem 28. nach dem 1. nach dem 29.

2. 1536 für 2 verstorbene Schwestern, 3. 1536 für 1 verstorbene Schwester, 3. 1536 für 5 verstorbene Schwestern.

56 Schwestern sind vom 18. 6. 1494 bis 29. 3. 1536 bey mir gestorben, wie Anna Ketzel bemerkt7. Eingetragen sind nicht ihre Cousine Barbara Ketzel (t 27. 1. 1529), Anna Neuper (J 6. 5. 1529), Elisabeth Götti (f 8. 2. 1533) und Elisabeth Peyl (t 31. 10. 1535)8. Die bereits erwähnte, dem Totenbüchlein der Anna Ketzel beiliegende Totenliste besteht aus einer Lage von fünf Doppelblättem, von denen nur die zwölf ersten Seiten beschrieben sind. Die Maße der Blätter betragen 10,5 x 8,5 cm. Die Einträge beginnen mit dem 4. 1. 1524, sind im Gegensatz zu jenen des Totenbüchleins der Anna Ketzel fortlaufend numeriert und enden mit der 54. Eintragung am 14. 1. 1563. Lagebezeichnungen der Gräber sind nicht angege­ ben. Wie im Totenbüchlein der Anna Ketzel sind auch hier die ersten Einträge in einem Zuge durchgeführt, u. zw. bis zum 29. 3. 1536. Aus der Eigentümlichkeit beider Texte und den Wörtern des Einbandes dürfte der Schluß gezogen werden, daß erste Siechenmeisterin bis zu ihrem Tode Margareta Schlüsselfelder (J 10. 2. 1512) war und Anna Ketzel (geb. 1477) nach ihrem Eintritt ins Kloster am 9. 6. 14949 deren Gehilfin als anzulernende Siechenmeisterin10 wurde. Am Pfingstdienstag, dem 9. 6. 1495 n, legte Anna Ketzel die Gelübde ab und war nun eine der sechs Nonnen aus dem Geschlecht der Ketzel im Nürnberger Klarissenkloster12. Nach den angeführten Überlegungen übernahm Anna Ketzel 1512 das Amt der ersten Siechenmeisterin, erhielt 1524 eine Gehilfin, übergab nach dem Tode ihrer Tante Clara Koler am 29. 3. 1536 ihr Amt der jüngeren Mitschwe­ ster und starb am 25. 3. 154213. Die Nachfolgerin bewahrte das Totenbüchlein der Anna Ketzel, versah es vielleicht selbst — der Schriftduktus läßt es vermuten — auf dem Einband mit der Jahreszahl 1494, und legte ihr eigenes Büchlein bei. Außer den beiden beschriebenen, in Nr. 4 des Bestandes Reichsstadt Nürn­ berg, Kloster St. Klara, Akten und Bände im Staatsarchiv Nürnberg in Produkt 24 verwahrten Texten, liegen unter eben jener Nr. 4 noch eine Reihe weiterer, von den Nürnberger Klarissen angelegter Totenlisten vor, deren Angaben sich 7 TB, Bl T; WN II, S. 889. 8 Die Namen der vier Schwestern bei Kist, S. 135. — Kist bietet S. 131—136 eine (anfangs allerdings lückenhafte) Totenliste des Klarissenklosters von 1400—1563. 9 TB, Bl. lr; WN II, S. 889. 10 Zu diesem und den im folgenden genannten Ämtern: Ernst Günther Krenig, Mittelalterliche Frauenklöster nach den Konstitutionen von Citeaux, unter Berücksichtigung fränkischer Nonnenkonvente, Analecta Sacri Ordinis Cisterciensis 10 (1954), Fasz. 1—2, S. 64. 11 TB, Bl. lr; WN II, S. 880. 1495 fiel der Gedenktag Primi et Feliciani auf den Pfingstdienstag: Grotefend, Taschenbuch der Zeitrechnung, 10. Aufl., Hannover 1960, S. 201. 12 Aign, S. 54f. 13 Kist, S. 135.

132

MVGN 68 (1981)

Klausurkirchhof des Klarissenklosters

vielfach überschneiden. Nach den Aufstellungen sind im Zeitraum 1280—1563 insgesamt wohl 355 Schwestern in St. Klara verstorben und begraben wor­ den14. Dazu sind bis zum Aussterben des Klosters 1591 noch 23 Kloster­ frauen15 zu zählen sowie Kunigunde Schamberger aus dem Klarissenkloster zu Bamberg16. 379 Schwestern dürften also im Klosterbezirk ihre letzte Ruhe­ stätte gefunden haben. B. Die Auswertung des Totenbüchleins der Anna Ketzel I. Die unter Anna Ketzel verstorbenen Schwestern und die Lage ihrer Gräber nach dem Text des Totenbüchleins

Das Totenbüchlein der Anna Ketzel hält zu den einzelnen Namen — die fortlaufende Numerierung wurde der leichteren Übersicht wegen eingeführt — folgende Grablagen fest: Nr.Bl.

Name (nach Kist)

Todestag

Lage des Grabes

Barbara Stromer

18. 6. 1494

ligt im ersten grab

Margareta Grundherr

25. 7. 1494

Christina Koler

25. 8. 1494

ligt im ersten grab von der Cap eint ur. ligt im andern grab

4. 3. 1495

ligt im III grab vom

von redfenstern.

vom kreucz gang am keler.

Adelheit Strosser

redfenster.

Elisabeth Mair

14. 6. 1495

Christina Schilt

14. 12. 1495

Ursula Haller

18. 10. 1499

Gertrud Mair

1.

10. 1501

ligt im fünften grab von der capeln tur. ligt im IIII grab vom kreucz gang am keler. ligt im andern grab pey dem weych prunen am kreucz gan[g]. ligt in den VI grab pey dem weich prunen gegen der werk Stuben.

14 Vgl. unter Anm. 122. Vor Margarete Rindsmaul (f 22. 5. 1462; nach Kist: 22. 5. 1442) sind bereits 223 Schwestern verstorben: StAN, Reichsstadt Nürnberg, Kloster St. Klara, Akten und Bände, Nr. 4, Prod. 20, Bl. 3a. Dazu auch TO II, S. 843 ff. 15 Andreas Würfel, Beschreibung der übrigen Kirchen, Klöster und Kapellen in Nürnberg, Nürnberg 1757, S. 124. 16 StAN, Reichsstadt Nürnberg, Kloster St. Klara, Akten und Bände, Nr. 4, Prod. 22: Soror Kunigund Schambergerin von den convent von Babenberg was etliche zeit hie zu Sant Linhart, ligt in dem grab an der capellen auf unseren kirchhof

133

Rudolf Eckstein 9

3V

Agnes Kaiser

10

4r

Barbara Freidung Anna Strobel

11

12

4V

Petronilla Förster

13

5r

Elisabeth Granetlin

Elisabeth Lochner

14 15

5V

Margareta Volckamer

16 17

6r

Ursula Koler

Brigitte Muffel

18 19

Martha Eysenwanger

6V

Katharina Salman

Margareta Kreß

20 21

7r

Margareta Schlüs­ selfelder

22

7V

Katharina Melwacher Katharina Streicher

23 24

25

8r

Agatha Dokler

Brigitta Kreß

ligt im III grab pey der capeln. ligt in dem IIII grab 15. 8.1502 von dem redvenster. ligt im III grab vom kreucz9. 11.1502 gangpey dem keler pey der kuster kamer. ligt im ersten grab am kreucz 25. 4.1503 gang am keler. ligt im V grab vom 15. 7.1503 kreucz gang pey dem keler pey der kusterkamer. 11. 2.150417 ligt im ersten grab vom redfenster. ligt im IIII grab von 18. 9.1504 der capelln tur. ligt im andern grab von der 4. 12. 1506 capeln tur. 17. 1.1508 ligt in dem grab vor dem todten kopff das IIII grab von der stigen als man in kor get. 9. 7.1508 ligt im andern grab von redvenster. ligt im grab bey der 30.11.1511 kusterin kammer in V grab von dem keler. ligt im III grab von 29.10.1511 der stigen im kreucz gang. ligt im V grab voder stigen, 10. 2.1512 dan man in kor get. ligt im I grab von der 28. 2.1513 stigen so man in kor gett. ligt im tryten grab 1. 6.1513 pey dem red fenster. im VII grab pey der 15. 8. 1514 kirchen als man in kreucz ganck get. ligt im andern grab 7. 9.1514 am kreucz pey der kuster kamer. 16.

4.1502

17 Noch Prod. 12 des in Anm. 16 genannten Archivales ist Elisabeth Lochner aber am 11. 2. 1504 gestorbeny nach dem TB am 19. 2. 1503. Es liegt wohl ein Irrtum der AK beim Nachtrag vor. Auf beide Daten fällt der Sonntag Exsurge (Grotefend, S. 176, 195).

134

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26

Klausurkirchhof des Klarissenklosters

8V Walburga Widerstayn

27

3. 7.1515

Ursula Pemer

24. 3.1516

Elisabeth Mülner

17. 4.1516

28

9r

29

9V Helene Meichsner

28.11. 1521

30

Anna Haller

4. 1.1524

31 10r

Agnes Stürmer

6. 3.1524

32

Elisabeth Hahn

23. 6.1524

33 10v Klara Löffelholz

9. 4.1526

34

Margareta Schwab

5. 5.1526

35 IV

Magdalena Lang

7. 5. 1526

36 llv Kreszenzia Pirckheimer 37 12r Katharina Peßler

38

Brigitta Rechin

39 12v Barbara Schlüsselfelder

ligt im //// grab pey dem kreucz ganck bey dem heiler. ligt im andern grab pey dem weich pmnnen pey der stygen als man in kreucz ganck get. ligt im VI grab pey dem weich brunnen pey der kirchen. ligt ander dem ersten stein pey der capeilen, ligt im firden grab pey dem red venster. ligt im triten grab pey dem kreuczgang vor der kuster kamern. ligt im ersten grab pey der custer kamern. ligt begraben den driytten stein pey der capeln. ligt begraben das fünft grab pey der kuster kamer pey dem kreucz gang. ligt begraben das erst grab pey den red fenstern.

21. 7.1529

nicht angegeben.

21. 7.1529

ligt begraben im V grab nach den red fenstern an der kuster kamer seytten. ligt begraben im III grab von der stigen im kreucz gang. ligt begraben pey dem weich keßel das erst grab pey dem kreucz gang pey dem eßel.

15. 7.1531

19. 3.1532

135

Rudolf Eckstein

40 13r Anna Hamelpach 41 13v Caritas Pirckheimer

42 14v Margareta Schlüsselfelder 43

Apollonia Tücher

44 15r Klara Pirckheimer

45 15v Christina Rüger

46

Margareta Dolner

47 16r

Agnes Bernhard

48 16v Agnes Zenner 49 17r

Dorothea Schürstab

50

Margareta Rotmund

51 17V Elisabeth Beheim 52 18r

AnnaKoler

53

Ottilia Ketzel

19. 6.1532

ligt begraben im drytten grab von den red fenstern. ligt begraben pey dem 19. 8.1532 weich keßel pey der kapellen in der mutter Gruntherin grab. ligt im V grab von der 12.11.1532 stigen da man im kor get pey ir paßen. ligt in dem andern grab 10. 1.1533 pey dem weich keßel pey der capeln. 5. 2.1533 ligt in dem IIII grab pey der stigen ob man in kor get vor dem toden köpf. 28. 5.1533 ligt in IIII grab pey dem kreucz ganck pey dem heiler. 31. 8.1533 ligt im VII grab pey der kirchen als man in den kreucz ganck get. 12. 6. 1534 ligt im VI grab von der Capeln thur. 24.12.1534 ligt in andern grab pey dem weich prunnen am kreucz gan[gj. 14. 9.1535 ligt im IIII grab vom red fenster. 28. 2.153618 ligt im drytten grab von keller. 1. 3.1536 ligt im ersten grab vom redt fenster. 2. 3.1536 ligt im ersten grab von keller. 5. 3.1536 ligt im drytten grab von der stigen im kreuczgang

18 Das TB gibt als Tagesdatum den 26. 2. an; die zusätzliche Angabe Montag nach Estomihi führt aber auf den 28. 2.

136

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Klausurkirchhof des Klarissenklosters

Katharina Löffel­ holz

5. 3.1536

Susanna Schlebizer

9. 3.1536

Klara Koler

29. 3.1536

ligtpey ir leiplichen S[chwester] Clara Loffelholzin im drytten grab von der Capeln thur. ligt im V grab vom keler. ligt im andern grab pey ir leiplichen S[chwester] Cristina von keller.

II. Die im Totenbuch der Anna Ketzel zur Bestimmung der Grablage angeführ­ ten Örtlichkeiten und besonderen Merkpunkte innerhalb des Klosters Das Totenbuch der Anna Ketzel verzeichnet 56 Bestattungen und gibt für 55 auch die Grablage an. Ausgangspunkt für Lage und Zählung der Gräber sind vor allem: 1. das Redfenster, 2. die Kusterkammer, 3. der Keller, 4. der Kreuzgang, 5. die Stiegen, a) in den Chor, b) im Kreuzgang, 6. der Weihbrunnen oder Weihkessel, 7. das Kreuz, 8. die Kirche, 9. die Kapelle (Kapellentür). Dazu kommen als ergänzende Hinweise noch vereinzelt vor: vor dem Totenkopf, bey dem eßely gegen der werck Stuben. 1. Das Redfenster Redfenster und Kommunionfenster sind nicht einfach gleichzusetzen. Nach Kapitel 16 der Regensburger Klarissenregel konnte das Redfenster auch in einem anderen Raum des Klosters sein, um die in der Kirche Betenden nicht zu beunruhigen19. Das geöffnete Kommunionfenster sollte bei Verwandtenbesu­ chen auch als Gesichtsfenster dienen. Die Redfenster sollten mit einem schwarzen Tuch verhängt sein20. So war es auch im Nürnberger Kloster, und 19 Die „Denkwürdigkeiten“ der Caritas Pirckheimer (aus den Jahren 1524—1528), hrsg. v. Josef Pfänner, Landshut 1962, S. 77f. 20 Anton E. Schönbach, Mitteilungen aus altdeutschen Handschriften, zehntes Stück: „Die Regensburger Klarissenregel“ in: Sitzungsbericht der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, 160. Band, 6. Abhandlung, Wien 1908 (Schönbach), S. 15f.

137

entworfen a) b) c) d)

vorhandenen Bauten, dem Waldstromerplan um 1800 (Leihhausplan), (dem Kiefhaberplan 1778), den Bildern 21, 22, 24 und 27in: August Syndikus. Das Grab der Caritas Pirckheimer, Landshut 1961.

138

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zwar standen nach dem Baubüchlein des Nürnberger Klarissenklosters und den Denkwürdigkeiten der Caritas Pirckheimer den Schwestern drei Redfenster zur Verfügung21. Die Zahl entsprach auch der Forderung des Kapitels XVI der Augustinerregel Institutiones Sororum Sancti Sixti de Urbe, die am 23. Okto­ ber 1232 den Reuerinnen auf ihre Bitten hin von Gregor IX. übergeben worden ist22. Nach den Einträgen des Baubüchleins, den noch vorhandenen Plänen und dem Baubefund sind die Redfenster nördlich der Nordostecke der inneren Kloster­ gebäude zu suchen23. Sie lagen zwischen dem Silberturm und dem Waschhaus. Die Westseite des Silberturms läßt ein leider nachscharriertes und in den letzten 20 Jahren reichlich verwittertes 1,20 m hohes und 0,60 m über dem Erdboden aus der Wand herausgehauenes halbes Zylindersegment erkennen. Die halbe Sehnenlänge beträgt 1,03 m und der Abstand vom Kreisbogen 0,20 m. Eine teilweise in den Turm gedrängte Winde verlangte das volle Segment; es könnte aber ein geteilter Laden die Winde oder das erste Redfenster (= das gewöhnliche Redfenster) von innen bedeckt und verschlossen und beim Offnen in die Mauer des Turmes eingeschwenkt haben und von ihr getragen worden sein. Die Winde mußte nach der Regel mit dem Redfenster verbunden sein und war es nach Angaben des Baubüchleins auch in Nürnberg24. Die Lage der Gräber ist in Verbindung mit den Gräbern an der Kusterkammer zu bestimmen.

2. Die Kusterkammer Sie befand sich nach dem Baubüchlein mit dem Raum der Redfenster unter einem Dach, war ein niedriges Gebäude, ein Gewölbe, stieß an die Nordost­ ecke des Quadrum und bedurfte im Laufe der Jahre mancher Reparatur25. Nach dem noch vorhandenen Bildmaterial des Klarissenklosters aus der Zeit kurz vor dem Abbruch 1893 lag das untere östliche Fenster der Nordseite des Klostervierecks nicht in der Höhe der übrigen Fenster und das Kellerfenster ebenso nicht. Das darüber liegende Fenster des ersten Stocks aber war den übrigen zugeordnet; das Dach der Kusterkammer lag also unter ihm. Dort

21 BB, Bl. 11b; Denkwürdigkeiten, S. 73. — Das Baubüchlein enthält Angaben über Baumaß­ nahmen im Nürnberger Klarissenkloster für die Jahre 1408—1566. 22 A. Simon, L’Ordre des Penitentes de Ste. Marie-Madelaine en Allemagne an XIII me siede, Freiburg i. d. Schweiz 1918, S. 150. 23 BB, Bl. 1 lb, 15b, 46b. — Waldstromer- (Leihaus-) Plan um 1800, in: A. Syndikus, Das Grab der Caritas Pirckheimer, Landshut 1961, Bild 10, S. 22; Kiefhaberplan von 1778, erwähnt bei Dumrath, Besprechung, S. 133. Der von Karl Ludwig Kiefhaber nach dem Augenschein entworfene Plan liegt im Geuderarchiv Heroldsberg (Dr. Brunei) unter der Signatur K 7. 24 BB, Bl. 46b. 25 BB, Bl. 11b, 15b, 40b, 46b.

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müßte der niedrige Gebäudeteil Redfenster-Kusterkammer an den alten Nordtrakt gestoßen sein. Seine Breite könnte nach Leihhausplan und Foto ungefähr 4,50 m betragen haben26. Als Ostmauer der Kusterkammer dürfte die auf dem Kiefhaberplan von 1778 angegebene Mauer anzusprechen sein, die den Begräbnis Ort gegen Westen abschloß. Vom nördlichen Abschluß des Kusterkammergewölbes mit Winde und Redfenster zog sich ein einfach gedeckter Gang zum Pfortenstüblein beim Tor27, das — weil außerhalb der Klausur liegend — von einer Laienschwester betreut werden mußte. Damit dürfte auch der Einwand widerlegt sein, der Hof nördlich des Quadrum sei nicht unter die Klausur gefallen. Er war geschlossen, stand unter der Klausur und bekam eine Einfahrt wohl erst nach Abbruch der Redfenster und der Kusterkammer nach 1594, dem Todesjahr der letzten Pillenreuther Schwester, oder spätestens 1618 bei Einrichtung des Leihhauses. Der breite unterirdische Gang vom Keller des Kornhauses an der Klaragasse in den Keller des nördlichen Klosterbaues28 spricht nicht gegen, sondern für die Klausur des darüberliegenden Hofes. Er vereinfachte die Übernahme der Lebensmittel vom Keller des Kornhauses in den Klosterkeller. Der eigentliche mittelalterliche Klosterbau war immer durch Gärten und Höfe, die unter die Klausur fielen, gegen die Welt abge­ schirmt und von der Außenwelt durch eine Mauer oder durch Wirtschafts­ gebäude getrennt. Gräber konnten zu beiden Seiten des rund neun Meter langen Traktes Redfenster/Kusterkammer gelegen haben.

3. Der Keller Im Quadrum war nach den Fotos aus der Zeit vor dem Abbruch nur der Nordtrakt unterkellert29. Bei ihm müssen nach dem Totenbüchlein der Anna Ketzel ebenfalls Nonnengräber liegen. Sie sind vor allem im Kreuzgang, an der Nordseite oder an der Südseite im Innenhof und an der Stirnseite im Osten und Westen zu suchen.

4. Der Kreuzgang Nach dem Leihhausplan von 1807 umschloß der Kreuzgang den Innenhof des Klosters von allen vier Seiten30. Für einen zweiten Kreuzgang lassen sich keine Beweise erbringen, wenn auch z. B. im Kartäuser- und Franziskanerkloster 26 Syndikus, Bild 20, S. 33. 27 BB, Bl. 11b, 14b, 15b, 21a, 29a, 46b, 67a. Diesen Eingang lassen auch die alten Pläne und Stiche erkennen. 28 Diesen Gang erwähnte Bauingenieur Johann Schmitt in einem Brief vom 2. 3. 1960. 29 Syndikus, Bild 10, S. 23; Bild 20, S. 33. 30 Ebd., Bild 10.

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mehrere Kreuzgänge bestanden haben. Möglich wäre eine einfache Holzkon­ struktion, um trockenen Fußes aus dem Kreuzgang des Klosters entlang der Kirche in die Kapelle zu gelangen. Aus dem Baubüchlein ist allerdings eine solche nicht zu beweisen, ebenso nicht aus dem Baubefund. Nach dem Brauche der damaligen Zeit könnten Bestattungen im Kreuzgang, und zwar in allen Flügeln stattgefunden haben.

5. Die Stiege In Verbindung mit dem Kreuzgang werden im Totenbüchlein Stiegen er­ wähnt, eine Stiege in den Chor, aber auch eine Stiege im Kreuzgang. Es ist an die gleiche Stiege zu denken; einmal ist ihre Richtung angegeben, das andere Mal ihre sie besonders kennzeichnende Lage. Die anderen Stiegen waren wohl vom Kreuzgang aus zugänglich, führten aber nicht frei im Kreuzgang stehend in das obere Stockwerk. So kennt das Baubüchlein z. B. eine Stiege bei den Konventsstuben31, eine vor dem Kustergewölbe, eine von der Kapelle in den Chor und eine weitere vom Chor auf das Schlafhaus und bei der Schreib­ stube32. Aus dem Kreuzgang in den Chor aber führt nur eine Stiege, und zwar nach dem Baubefund seit 1428 aus dem Nordflügel durch die Westfront der Kirche in den Frauenchor33. In Zusammenhang mit der Angabe Stiege im Kreuzgang findet sich die eigenartige Bezeichnung Vor dem Totenkopf. Es dürfte kaum ein Totenkopf aus Holz oder Stein zu Füßen eines Kruzifixes gemeint sein, vielmehr das im Klosterfriedhof beigesetzte Haupt des am 7. 12. 1470 in Brixen verstorbenen Vikars des Klosters, Johannes Lindner34. Sein Leib ruht in Brixen, sein Haupt auf dem Kirchhof von St. Klara, und zwar als Teilbestattung wohl auf dem innerhalb der Klausur gelegenen Nonnenfriedhof35, der sonst für Bestattungen von Nichtordensmitgliedern verschlossen war, wie die außerhalb der Klausur gelegene Kirche allen Schwe­ stern. Gräber sind also nach dem Totenbüchlein der Anna Ketzel im Kreuzgang oder längst desselben zu suchen, und zwar in der Nähe der Stiege.

6. Der Weihbrunnen oder Weihkessel Vieldeutig ist die Lage der Gräber nach dem Weihbrunnen oder -kessel. Weihkessel könnten innerhalb und außerhalb von Kapellentüren angebracht sein. Man müßte sie bei der Klosterpforte und an Aus- und Eingängen der Klostergebäude suchen, aber auch an einzelnen Gräbern, besonders an den 31 32 33 34 33

BB, Bl. 55a. BB, Bl. 40b; Stiegen ebenfalls Bl. 17a, 29a, 68b. Syndikus, Bild 13, S. 25. TO II, S. 927. Zu Teilbestattungen: Herbert Derwein, Geschichte des Christlichen Friedhofs in Deutsch­ land, Frankfurt a. M. 1931, S. 62 ff.

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Wänden des Kreuzganges. Es dürfte aber auch an ein in der Mitte des Kirchhofes frei stehendes Weihwasserbecken zu denken sein, vielleicht an einen der seltenen, an Stelle einer hohen Totenleuchte früher aufgestellten Schalensteine, der später als Weihwasserbrunnen diente36. Ein solcher befand sich nach Johann Martin Trechsel noch 1736 in der Mitte des Pestfriedhofes bei St. Johannis neben dem Grab Nr. 94237. Karl Friedrich Michahelles sah 1830 seine Trümmer, wußte sie aber nicht zu deuten38. Karlheinrich Dumrath hat die einmal vorkommende Bezeichnung bey dem eßel auf einen Palmesel bezogen39. Es erscheint nicht ganz unproblematisch, bei dem Aufbewahrungsort einer beweglichen Sache ein Grab zu suchen. Das Wort eßel könnte eine verstümmelte Wiedergabe von keßel sein, zumal Anna Ketzel manchmal Buchstaben oder Kürzungszeichen ausläßt40. Nach dem Totenbüchlein der Anna Ketzel wäre eine große Zahl von Grablegen denkbar, die sich auf verschiedene Weihkessel beziehen könnte. Im Zusammenhang mit dem Weihbrunnen wird auch ein Grab auf die Werkstuben hingeordnet41. Diese lagen nach dem Baubüchlein im Erdgeschoß des Schlafhauses42 und stießen an die Kirche. 7. Das Kreuz Nach Johannes Schweizer fehlte in keinem Friedhof das in der Mitte oder an einer beherrschenden Stelle aufgerichtete Hochkreuz, das Zeichen der Erlösung und des ewigen Heiles, das oft die einzelnen Grabzeichen vertrat und als ein für alle Gräber geltendes Symbol gedacht war43. Nach dem Totenbüchlein der Anna Ketzel dürfte das Kreuz nicht in der Mitte des Kirchhofes gestanden haben, sondern an der Front Kusterkammer/ Keller und somit wie im Klarakloster Bamberg an einer Mauer44. Das Baubüch­ lein erwähnt forn die mauer peym kreucz. Im Jahr 1511 wurde das Kreuz vom Winde umgeworfen und wiederum neu errichtet45. Dieses Kreuz muß an der Mauer gestanden haben, die den Kirchhof um den Chor der Kirche gegen die Straße abschloß und kann nicht identisch sein mit dem Kreuz des Klausur­ friedhofs.

36 Franz Hula, Die Bildstöcke, Lichtsäulen und Totenleuchten Österreichs, Wien 1948, S. 24ff. 37 Vemeuertes Gedächtnis Des Nümbergerischen Johannis-Kirch-Hofs, Frankfurt und Leipzig 1736, S. 307. 38 Karl Friedrich Michahelles, Merkwürdigkeiten des St. Johannes-Kirchhofes bei Nürnberg, Nürnberg 1830, S. 61. 39 TB, Bl. 13r. — Dumrath, Besprechung, S. 133. 40 Z. B. kreuczgan statt kreuczgang: TB, Bl. 3V, 16v. 41 TB, Bl. 3V. 42 BB, Bl. 17a 40b, 55a. — Zur Werkstube auch ebd. Bl. 13a, 29b, 31b. 43 Kirchhof und Friedhof, Linz a. d. Donau 1956, S. 75. 44 TB, Bl. 8V. — Schweizer, S. 75; G. Frhr. v. Horn, Das Clarissen-Kloster zu Bamberg, 41. Ber. des Hist. Ver. zu Bamberg 1878 (ersch. 1879), S. 1—101, hier S. 27. 45 BB, Bl. 29b.

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8. Die Kirche Die Bezeichnung bey der kirche dient ebenfalls zur Bestimmung von Grab­ stellen. Totenbücher und Jahrtags Verzeichnisse des Klarissenklosters geben manchmal für Priester und Laien den Ort der Bestattung an. Danach fanden Wohltäter oder Angestellte des Klosters ihre Ruhestätte vor dem Marien­ oder Magdalenenaltar, im übrigen Raum der Kirche und auf dem Klosterfried­ hof. Es heißt entweder in unserer kirche, bey uns oder sonst durchwegs auf dem kirchhof46. Nach Anna Ketzel fanden auch 2 Nonnen bei der Kirche ihre letzte Ruhestätte: Agatha Dokler (f 15. 8. 1514) und Elisabeth Müllner (f 17. 4. 1516)47. An der Kirche aber konnten Nonnen nur bestattet werden, soweit die Grabstätten innerhalb der Klausur lagen. Zum besseren Verständnis empfiehlt es sich, einige grundsätzliche bauge­ schichtliche Fragen vorneweg anzusprechen. Diese sind zugleich eng mit der Frühgeschichte des Konventes der Reuerinnen (Magdalenerinnen) vor dem Frauentor verknüpft, aus dem wenig später das Klarissenkloster erwachsen ist. Wenn Reuerinnenkonvente schon 1227 in Würzburg und vor 1230 in Regens­ burg nachgewiesen sind, so darf wohl auch für Nürnberg eine Niederlassung um diese Zeit angenommen werden, zumal bereits 1240 eine Reuerinnen­ gruppe von Nürnberg nach Engelthal zog48. Der Baubefund läßt die Kirche als breit angelegte romanische Zisterzienserinnenkirche erkennen. Sie war ein­ schiffig, hatte einen rechteckigen Chor, eine Gruftkirche und den darüber liegenden Nonnenchor49. Chor und Langhaus standen bereits im 13. Jahrhun­ dert unter einem gleich hohen Dach50 und wurden 1428 bei der Gotisierung gemeinsam erhöht. Die Anlehnung an zisterziensische Traditionen, u. a. auch in der Grundrißgestaltung, läßt sich am ehesten durch die engen Beziehungen des Magdalenenordens zum Zisterzienserorden erklären; der Magdalenenorden stand vom 10. Juni 1227 bis 23. Oktober 1232 unter bestimmendem zisterziensischen Einfluß51. Dieser zisterziensische Geist konnte nach der Annahme der mehr oder minder aufgedrängten Augustinusregel gewiß noch eine Generation nachwirken. Unter den geschilderten Umständen erscheint es möglich, den Beginn des Baues der Klosterkirche vor dem 31. 12. 1246 anzusetzen und die an diesem Tage beurkundete Schenkung einer Wiese an die Kirche und Schwestern des

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TO II, S. 921—924. TB, BL 8r (Nr. 24) und Bl. 9r (Nr. 28). NUB, Nr. 295. — Gustav Voit, Engelthal, Bd. 1, Nürnberg 1977, S. 19f., 22. Zur Klarakirche: Kist, S. 77ff; Syndikus, S. 18 ff. — Zum Vergleich: Wilhelm Funk, Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Birkenfeld an der Aisch und die Zisterzienserinnenklöster in Franken, Neustadt a. d. Aisch 1934, S. 1,5 ff., Abb. 1, 7, 9. 50 Baubefund: Rest des Dachgesimses, Baunähte am Ost- und Westgiebel der Kirche. 51 Simon, S. 183, 202; Kurt Köster, Mainz in der Geschichte des Reuerinnen-Ordens, Jahrbuch für das Bistum Mainz 3/II (1949), S. 247.

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Magdalenenordens auf die jetzt noch stehende Kirche zu beziehen52. Das gleiche dürfte für die in den Urkunden vom 9. 9. 1253 und 19. 4. 1258 erwähnten Ablässe am Kirchweihfest sowie für die am 1. Mai 1256 beurkun­ dete Schenkung von vier Höfen des Burckart von Rutmarsperc und seine Gattin Mechthild für den Hochaltar der Magdalenenkirche gelten53. Der 5/10-Schluß des Chores scheint ein Zugeständnis an die nächste Generation zu sein. Ohne Bruch mit der Tradition konnte die Sebalder Bauhütte in der ihr vertrauten Konstruktion den erweiterten Chor einheitlich vollenden. Seine Weihe und die notwendig gewordene Weihe des tiefer in den Chor gerückten Hochaltares fällt auf den 16. September 127454 und bildet den Abschluß einer längeren Entwicklung, nicht den Anfang. Die um 6° nach Norden abgeknickte Achse des neuen Chorabschlusses läßt nach noch nicht veröffentlichten Forschungsergebnissen55 eine Zeitspanne von rund 42 Jahren zwischen dem Baubeginn der Kirche und des neuen 5/10Chorschlusses erkennen. So könnte der Baubeginn der Kirche um 1230 anzusetzen sein. St. Klara hatte bis 1428 die ihr gemäße typische Gruftkirche56. Ihrer lichten Breite von 13,73 m entsprach eine Länge von 8—9 m. Seligenporten bietet ein Beispiel einer leider 1930 geöffneten Anlage dieser Art 57. Himmelspforten in Würzburg zeigt eine noch erhaltene Gewölbekonstruktion, ebenso Birkenfeld bei Neustadt a. d. Aisch, eine trotz ihrer Verwahrlosung Ehrfurcht gebietende dreischiffige Anlage mit sieben Gewölbejochen58. Erhellt wurde der Raum durch zwei Fenster an der Südseite von je 1,70 m Höhe und 0,60 m Breite im Außenmaß. Der Abstand von der Südwestecke der Kirche bis zur Symmetrieachse des ersten Fensters betrug 3,56 m, zur Achse des zweiten 7,70 m59. Sie liegen zugesetzt hinter einem Anbau des Anwesens Luitpoldstraße 6. Der 133960 vollendete Klosterneubau entzog ihnen das Licht. Ob an der Stelle der großen, wohl 1339 eingefügten Westfenster rechts und links vom Eingang zur Gruftkirche kleinere vorhanden waren, läßt sich 52 NUB, Nr. 332. — Nach Günther P. Fehring — Anton Ress, Die Stadt Nürnberg, 2. Aufl., bearb. v. Wilhelm Schwemmer, München 1977, S. 62, wurde mit dem Bau der jetzigen Kirche 1270 begonnen. 53 NUB, Nr. 350, 375 u. 365. 54 Ebd. Nr. 469. Kist, S. 6, 142; Syndikus, S. 19. — Zur Sebalder Bauhütte: F. W. Hoffmann, Die Sebalduskirche in Nürnberg, Wien 1912, S. 15. 55 Die Orientierung der Kirchen von der Frühzeit bis zur Reformation. 56 Kist, S. 78; Syndikus, S. 19. 57 Beweis: Lage der zugesetzten nördlichen und südlichen Fenster des oberen Chores, der südlichen des unteren Chores, der Gruftkirche, und der nördlichen romanischen Tür ins kurze Laienschiff der Kirche, deren östliches Gewände zum Teil noch erkennbar ist. Zum Vergleich: Funk, Bild II, Abb. 5, Abb. 1, Abb. 9. 58 Funk, S. 1. 59 Messung nach Plänen und Bildmaterial. 60 Nach dem Baubefund muß bereits 1339 der Osttrakt des Klosters an die Kirche angebaut worden sein; Das Dachgesims wurde beim Aufziehen der Giebelwand nicht entfernt, sondern als Grundlage der Wand liegen gelassen, die übrigen Teile aber 1428 bei der Erhöhung der Kirche beseitigt. Vgl. Syndikus, S. 19.

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nicht mehr erkennen. Wie in Birkenfeld wird auch die Trennwand zur Laienkirche von zwei Türen und in der Mitte durch ein Kommunionfenster durchbrochen gewesen sein. Im Kirchenchor war ein solches nicht vorhanden, denn der Chor stand frei und war von einem Friedhof umgeben. Die Türen gewährten dem Priester Zugang zur Klausur, um das Sanctissimum zu erneuern, und den Besuchern Einlaß bei offiziellen Anlässen (Einzug der Novizinnen). Der untere wie auch der darüber liegende obere (Nonnen-)Chor waren, wie auch sonst üblich, mit Altären ausgestattet61. Die beiden je 3,10 m breiten und jetzt 3,40 m hohen, in der Nordwand der ehemaligen Gruftkirche liegenden Öffnungen sind dem Baubefund nach ursprünglich geplant und nicht später ausgebrochen worden. Der Abstand an der Westmauer beträgt 0,20 m, die Breite des sie trennenden Pfeilers 1,40 m. Nach dem Baubefund (Balkenlöcher in der Außenseite der Nordwand der Kirche) dürfte sich ein rund 3,90 m hoher Raum angelehnt haben. Gegen die Stadt zu gelegen wird man vor 1428 an Stelle des unteren Chores in der einen Bogenöffnung den Zugang zu den von der Regel des Magdalenenordens geforderten drei Redfenstern sehen müssen, in der anderen aber den abgeson­ derten Raum mit seinen von der Regel geforderten zwei Beichtfenstem62. Beide Räume mußten eingesehen werden können und am Redfenster wenig­ stens zwei Nonnen Zeuginnen der Gespräche sein. Die Klarissenregel ver­ langte ebenfalls beides. Das Beichtstüblein der Nürnberger Klarissen dürfte in seiner ganzen Anlage dem Beichtstüblein der Söflinger Klarissen entsprochen haben63. Johannes Leonis erließ am 5. 10. 1411 für den Nürnberger Klarissenkonvent Statuten, die den Guardian, den Lektor und den Nonnenbeichtvater aus dem Franziskanerkonvent dazu bevollmächtigten, daß sie unter dem obern korvenster die vorgeschriben pussen den schuldigen sullent auflegen64. Als oberes Chorfenster kann nur eines der beiden romanischen Fenster gemeint sein, die sich in der Nordseite der Kirche im Nonnenchor befanden. Von den Fenstern der Südwand war das westliche sowohl des Nonnenchores als auch der Gruftkirche seit 1339 vermauert; zu den anderen läßt sich keine Beziehung hersteilen. Das einzige Fenster des Nonnenchores in der Westfront befand sich über dem bis 1428 geöffneten Westportal. Die anderen Fenster lagen außerhalb der Klausur. Greift also die Äbtissin bei Mißständen nicht ein, so haben die bezeichneten Priester das Recht, im Beichtstuhl die entsprechenden Bußen aufzuerlegen. Die Beichte war nach der Regel zwölfmal im Jahr verpflichtend; die Nonnen hatten sich dem Priester zu stellen65. 61 Kist, S. 78f.; W. Deinhardt, Dedicationes Bambergenses, Freiburg 1936, (Deinhardt), Nr. 103a, 103b. 62 Simon, S. 19. 63 Zu letzterem: R. Weser, Bauanlage und Baugeschichte des Klosters Söflingen, Archiv für christliche Kunst 41 (1926), S. 102. 64 Kist, S. 27. 65 Ebd. S. 106.

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Der Nonnenchor muß von der Gruftkirche aus durch eine Treppe zugäng­ lich gewesen sein. Als Beispiel mag Seligenporten mit seiner massiven Eichen­ holzstiege dienen. Ein zweiter Zugang befand sich in der Südwand der Kirche. Er war 2,45 m hoch und 1,25 m breit. Die romanische Tür66 muß seit Bestehen der Kirche Zugang zum Frauenchor gewährt haben, und zwar vom abseits stehenden Kloster über einen Holzgang oder eine Holztreppe. Der Baubefund läßt keine organische Verbindung mit einem gleichzeitigen Klosterbau erken­ nen; ebenso deuten die romanischen Fenster der westlichen Südseite, u. zw. sowohl die beiden oberen als auch die beiden Fenster der Gruftkirche auf ein freistehendes Gotteshaus hin. Wie im Regensburger Klarissenkloster bis zum Brande 1327 die Schwestern immer je drei oder vier in einem Häuschen auf gleichen Pfennig zusammenlebten67, so könnten auch die Nürnberger Klarissen bis 1339 in ebensolchen Häuschen der Magdalenerinnen zu dritt oder viert gelebt haben. Wie schon angedeutet, brachten die Jahre vor 1339 für die Klarissenkirche einige bauliche Änderungen. Das Kloster wurde errichtet und — stark nach Westen verschoben — mit 7,90 m an die Südwand der Kirche angebaut. Von Westen her stieß der Kreuzgang mit einer Breite von 3,70 m an die Westfront der Kirche. Vom Schlafhaus aus war nun der Nonnenchor durch die unverän­ derte romanische Tür ebenen Weges zugänglich. Je ein Fenster des Nonnen­ chores und die beiden Fenster der Gruftkirche konnten ihren Dienst nicht mehr erfüllen. Die Weihe der Kirche im Jahre 1339 kann nur als Rekonziliation des schon bestehenden Gotteshauses nach Vollendung des Klosterbaues bei Erneuerung der Klausur betrachtet werden68. Einschneidender für die Klarakirche waren die Folgen der Gotisierung, die im Jahre 1428 beendet sind. Aus dem Baubefund lassen sich folgende Schlüsse ziehen: Der Nonnenchor wurde abgebrochen, neu errichtet und um 1,20 m erhöht69, die romanischen Fenster zum Teil zugesetzt oder gotisch erweitert und erhöht und neue Fenster in der Westfront geschaffen. Die Gruftkirche, der untere Chor, wurde nun aufgelassen. An die Stelle des niedrigen Sprechzimmers und der Beichtkammer trat der neue untere Chor, die heutige Caritas-Pirckheimer-Kapelle, die mit ihrem abgeschleppten Dach über dem Raum neben dem Frauenchor die Nordfenster des Nonnenchores verdeckte. 66 Die romanische Laibung der erst 1428 gotisierten Tür ist deutlich erkennbar. 67 „Klarissenschwester in Regensburg“, Geschichte des Klarissenklosters in Regensburg, Franzis­ kanische Studien, Heft 2/3, Münster 1953, S. 349. 68 An die Stelle der hl. Maria Magdalena tritt nun (ohne Weihe eines neuen Hochaltars) die hl. Klara als erste Patronin der Kirche, deren Patrozinium aber ohne Neubau der Kirche keinen sichtbaren Hinweis in einer neuen hl. Baulinie, gefunden hat. St. Klara und Maria Magdalena haben gleichen Festrang (Kist, S. 25 f.). Der hl. Klara wird am folgenden Tag an anderer Stelle ein eigener Altar geweiht. Deinhardt, Nr. 103b, S. 68. Erst am 26. April 1428 wird der hl. Klara ein neuer Hochaltar geweiht. 69 Um diesen Betrag wird die Fensterbank des mittleren Westfensters nach oben versetzt, wie deutlich sichtbar ist.

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Das Westportal der nun auch Laienkirche gewordenen Gruftkirche wurde der Klausur wegen vermauert und durch die Westwand der Kirche der Zugang vom Kreuzgang zum Frauenchor geschaffen. Der romanische Bogen der Südtür70 des alten Chores wurde zum Spitzbogen durchbrochen, die Türe auf die wegen der Decke des alten Klosters überhaupt mögliche Höhe von 3,10 m gebracht, die Treppe auf den höher gelegenen Chor durch die um eine Stufe von 24 cm erhöhte Öffnung geführt und sofort wegen der von Westen her einmündenden Stiege in den Chor kräftig nach oben gegen Osten gekröpft71. Zugleich wurde vom neuen Frauenchor die heute vermauerte Tür als Gegen­ stück zur alten Südtüre in den 2,45 m hohen Raum über der 4,65 m hohen Kapelle gebrochen und das romanische Fenster vermauert, das jetzt wiederum teilweise geöffnet ist und den Zugang zum Kapellenboden ermöglicht72. In der Decke dieses über der Kapelle liegenden Gemaches befand sich das dongrunlein, das dem ganzen darüberliegenden Dachboden seinen Namen gab. Unter dongrunlein (don = Spannung, gespannt; grün = Hebezeug) ist wohl eine Falltüre mit Gegengewicht zu verstehen73. Der Dachboden besaß ein Fenster, nämlich eine Schleppgaube, die 1511 herausgebrochen wurde, um mehr Bewegungsfreiheit für die notwendigen Arbeiten am Kirchdach zu haben. Der Neubau des Klosters in den Jahren 1473—1476 ließ wenigstens die Maße der Nord-Westecke des Klosters (Osttrakt) bestehen, wie an der vor 1428 auf die Südwand der Kirche gesetzten Giebelmauer des Osttraktes festgestellt werden kann74. Gräber der Nonnen konnten nur an der Westfront der Kirche gelegen haben, sie mußten innerhalb der Klausur sein75. 9. Die Kapelle (Kapellentür) Zuletzt ist noch festzustellen, auf welche Örtlichkeit die Angabe Kapelle bzw. Kapellentür zutreffen könnte. Ihre genaue Bestimmung ist wie die Fixierung der Gebäudeverbindung Kusterkammer — Redfenster entscheidend für die Auswertung des Totenbüchleins der Anna Ketzel. Die Kirche selbst scheidet als gesuchte Kapelle aus. An der Südseite der Kirche befand sich keine Kapelle. Es ist abwegig, eines der westlichen Gruftfenster als Kommunionfenster zu bezeichnen76; als 70 71 72 73

Die romanische Laibung ist mit ihren Keilsteinen erkenn- und meßbar. Syndikus, Bild 14; Messungen an Ort und Stelle. Syndikus, Bild 17; Messungen an Ort und Stelle. Versuch einer Deutung nach: M. Lexer, Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 30. Aufl., Stuttgart 1961. Nach dem BB, Bl. 29a, wird 1511 eine Stiege zum dongrunlein gebaut; BB, Bl. 29b: bei den Dachdeckerarbeiten wird dieses zum Kapellenboden abgesperrt mit einem Schloß; darunter besteht Klausur. Syndikus, Bild 9, S. 21. 74 Syndikus, Bild 13: Das Dachgesims der alten Kirche ist nicht abgeschlagen; im Dachboden störte es nicht. 75 Schönbach, S. 9; Simon, S. 183, 193. 76 Meinung von Bauing. Johann Schmitt (f).

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solches war es zu hoch gelegen und auch in sich zu hoch. Koinmunionfenster waren kleiner und durchweg wie in Birkenfeld oder heute noch in Himmels­ pforten (Würzburg) quadratisch. Wenn Johann Schmitt meint, eine zum Kommunionsfenster gehörende von der Kirche in die Kapelle führende Tür sei unter Herausnahme des Rundbogens fugengerecht zugesetzt worden und somit heute unsichtbar, so widerspricht das dem handwerklichen Brauch der damaligen Zeit, wie sehr leicht an dem halb zugesetzten romanischen östlichen Fenster in der Südseite des Langhauses und an der Osthälfte des Gewändes des Nordportals nachgewiesen werden kann. Die beiden Beispiele lassen auch erkennen, daß man sich damals über statische Notwendigkeiten keine großen Gedanken machte. Dagegen sprechen ebenfalls Untersuchungen an der Tür aus dem Frauenchor der Kirche in den ersten Stock des Ostflügels des Klosters. Sie zeigt nach beiden Seiten Reste des ursprünglichen Rundbogens. Der 1428 eingebrochene Spitzbogen durchschnitt einfach den entlastenden Rundbogen. Nach der Äußerung der Katharina Pirckheimer in einem Brief an ihren Vater Willibald zu Ostern des Jahres 1529 (Da wir von dem olperg kamen) einen Ölberg anzunehmen, der aus einer südlich der Kirche gelegenen Kapelle zugänglich gewesen sei und die als Olberg gedient habe, ist mehr als zweifel­ haft77. In allegorischer Denkweise könnte von den Nürnberger Klarissen die Komplet im Hinblick auf Ps. 91 und besonders auf die Lesung mit der Aufforderung Seid nüchtern und wachsam (1. Petr. 5, 8) als Ölberg bezeichnet worden sein. Auch die Kapelle oder Sakristei zum hl. Michael ist in die Überlegungen einzubeziehen. Sie lag aber eindeutig außerhalb der Klausur. 1434 wurde sie erneuert, d. h. bedeutend erweitert und erhöht78. Der neue Dachstuhl nahm zwei romanischen Fenstern das Licht; sie wurden zugesetzt. Nach dem Patrozinium diente die Kapelle dem Totenkult. Eine freistehende, für diesen Kult vorgesehene Kapelle wie in Nürnberg/Katzwang ließen die beschränkten Raumverhältnisse des von der Straße begrenzten Kirchhofes nicht zu. So behalf man sich damit, die Sakristei beträchtlich zu erweitern und sie mit einem dem hl. Michael, allen Engeln, allen Heiligen und den Armen Seelen geweihten Altar auszustatten79. Eine Untersuchung müßte klären, ob nicht der Raum unter der Kapelle als Karner vorgesehen und auch benützt worden war. Ein an der Westseite der Sakristei gelegener 0,30 x 0,70 m zugesetzter Spalt zwischen dem erhöhten Sockel der Sakristei und dem Kirchensockel läßt eine Einwurföffnung in eine tiefer gelegene Beinkammer vermuten. Die darüber liegende ebenfalls zuge­ setzte Tür in die Sakristei bestand wie die östliche Türe ursprünglich nicht. 77 Briefe von, an, über Caritas Pirckheimer, hrsg. v. Josef Pfänner, Landshut 1966, Nr. 151, S. 240—242, hier S. 241 f. — Aus dem BB läßt sich ein Ölberg nicht beweisen. 78 Kist, S. 79, Syndikus, S. 19. 79 Kist, S. 168ff.; Deinhardt, Nr. 111, S. 74f.

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Wohl könnte im Innern der Sakristei die Konstruktion der südwestlichen Gewölbeecke dafür sprechen; doch dürfte mehr an einen Verbindungs stein wie in der Klosterkirche Ebrach oder am Nürnberger Rathaus (Ostfront des Saalbaues — Fassade der Ratsstube) zu denken sein80. Erstmals anläßlich einer Ablaßgewährung durch den päpstlichen Nuntius Johannes Poggius am 19. 2. 1541 werden eine Heilig-Kreuz-Kapelle sowie eine Kapelle zur Krönung Mariens erwähnt81. Möglicherweise wurden beide erst mit dem Verbot des exercitium religionis im Jahre 1531 82 im Inneren des Klosters eingerichtet. Hypothetisch könnte die eine zur Aufbewahrung der Eucharistie nach den halbjährigen heimlichen Gottesdiensten z. B. des Bamberger Paters Leonhard Graf gedient haben, die andere als Ersatz für den verlorenen Frauenchor. Die Lage der beiden Kapellen dürfte im Quadrum zu suchen sein, u. zw. im Ostflügel, falls sich die Schönheitsreparaturen nach dem 25. 8.1564 auf diese Räume beziehen lassen. Das dürfte nach dem Baubüchlein, Bl. 71b, schwer zu beweisen sein; denn dieses vermerkt Bl. 13a für 1492 mit den gleichen Worten dieselben Reparaturen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Schwestern gelegentlich des Besuchs des Kardinallegaten in Nürnberg vorsorg­ lich für etwa geplante Kapellen den Ablaß erwirkt, die Kapellen aber dann doch nicht eingerichtet haben. Es könnten auch die tatsächlich benützten Räume aufgegeben und unter Duldung des Rates des Officium im Frauenchor gehalten, auch die Kapelle dem ursprünglichen Zweck zurückgegeben worden sein, nachdem die letzte Äbtissin Ursula Muffel nach ihrer Wahl 1563 durch Vermittlung ihres Bruder das exercitium religionis für sich erhalten hatte83, obwohl eine diesbezügliche Bitte Kaiser Ferdinands I. vom Rat bereits am 7. 2. 1559 abgelehnt worden war84. Zu bedenken ist auch, daß z. B. 1535 Nikolaus Hechtstern, der Beichtvater der Schwestern, im Kloster weilte und mit Bruder Emmeram den Schwestern handwerkliche Arbeiten leistete, indem er half, die Fenster zu vergrößern, also für längere Zeit im Kloster blieb85. Er verfügte gewiß über einen Raum zur Abhaltung des Gottesdienstes. Das Baubüchlein läßt leider keine Schlüsse auf die Einrichtung der Kapelle zu; 1542 enden die Einträge; sie werden erst 1561 fortgesetzt. Die späte erstmalige Erwähnung dieser beiden Kapellen dürfte ausschließen, daß die Einträge im Totenbüchlein der Anna Ketzel auf eine von ihnen zu beziehen sind. Sucht man die im Totenbüchlein als Bezugspunkt genannte Kapelle an der Nordseite der Kirche, lassen sich folgende Überlegungen anstellen: Vor 1428 80 Wolfgang Wiemer, Die Baugeschichte und Bauhütte der Ebracher Abteikirche, Kallmünz 1958, S. 39. Nach Alberich Degen symbolisiert der Verbindungsstein die Einheit der beiden Kirchen Michaelskapelle und Klosterkirche. 81 Dumrath, Besprechung, S. 134. 82 Würfel, Beschreibung (wie Anm. 15), S. 122. 83 Ebd. S. 124. 84 Karl Braun, Nürnberg und die Versuche zur Wiederherstellung der alten Kirche, Nürnberg 1925, S. 7f. 83 BB, Bl. 59 a/b.

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wurde die Kirche gotisiert, der Frauenchor abgebrochen und erhöht, die Gruftkirche (unterer Chor) in die Laienkirche einbezogen und nördlich von ihr der neue untere Chor (Kapelle) errichtet. Die beiden Bogenöffnungen86, nun Zugang zum Kloster geworden, wurden teilweise geschlossen, einmal das Kommunionfenster, das zugleich Gesichtsfenster war87, eingesetzt, dann aber auch die (Flügel-) Tür angebracht und für offizielle Besuche von Standesperso­ nen und als Brauttüre für die in das Kloster eintretenden Kandidatinnen87 vorgesehen. Die Kapelle hatte nach den erhaltenen Umfassungsmauern eine Grundfläche von 63 m2, war mit einem Altar ausgestattet und barg die Eucharistie89; sie hatte einen Ausgang zum Kirchhof90 und eine Treppe in den Chor91. Der Altar wurde 1750 abgebrochen92. Syndikus weist die Lage der Kapelle zur Kirche nach Andreas Würfel, den Denkwürdigkeiten der Caritas Pirckheimer und deren Gebetbüchlein überzeugend nach93. Auf diese Örtlich­ keit als Kapelle allein lassen sich ohne Zwang die turbulenten Szenen während der Predigten in der Karwoche 1525 beziehen94. Die Schwestern befanden sich in der Kapelle. Das aufgewiegelte Volk verlangte, die Tür aus dem einen Bogen zwischen Kirche und Kapelle herauszunehmen und ein Gitter einzusetzen. Die Nonnen wären dann tatsächlich den Blicken des Pöbels preisgegeben gewesen. Dort auch nur läßt sich der peinliche Auftritt der Mütter Ebner, Nützel und Tetzel am 14. Juni 1525 lokalisieren95. Von allen Möglichkeiten, die genannten Texte (Toten- und Baubüchlein, Denkwürdigkeiten und Gebetbuch der Caritas Pirckheimer96) auf eine, alle Bedingungen erfüllende Örtlichkeit zu beziehen, bleibt nur eine übrig: die 1428 geweihte, nicht mehr in der Kirche, sondern an der Kirche liegende Klausurkapelle, der neue untere Chor97, die heutige Caritas-Pirckheimer-Kapelle.

86 Kist, S. 79f. In der Kirche, vor dem 1,40 m breiten Trennpfeiler, könnte der 1471 von Leonhard von Ploben gestiftete Altar gestanden haben. 87 Denkwürdigkeiten, S. 15, 22, 77. 88 Ebd., S. 80. 89 Ebd., S. 28. 90 Ebd., S. 80. 91 BB, Bl. 40b. 92 St AN, Rst. Nürnberger Kloster St. Klara, Akten und Bände, Nr. 41, Bl. 6b. 93 Syndikus, S. 19 ff. 94 Denkwürdigkeiten, S. 54; Syndikus, S. 20. 95 Ebd., S. 79—84; Syndikus, S. 20. 96 Syndikus, S. 20 f. 97 BB, Bl. 40b: 1522 werden 8 neue Stühle angefertigt, 4 für den inneren (= oberen = Frauen-Chor) und 4 für den äußeren (- unteren = Kapellen-) Chor.

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III. Die Gesamtanlage des Klausurkirchhofs im Verhältnis zu den im Toten­ büchlein der Anna Ketzel genannten Örtlichkeiten Am 1. Juni 1339 weihte Bischof Peter von Bamberg Kirche und Kirchhof des Klosters zu Ehren der hl. Klara: consecravimus ecclesiam et cimiterium dominarum ordinis beate virginis Clarae . . . , intra claustrum vero cimiterium dominarum cum toto ambitu98. Deutlich werden zwei Weihehandlungen unterschieden: die Weihe der Kirche und des außerhalb der Klausur gelegenen klostereigenen Laienkirchho­ fes und innerhalb der Klausur ebenfalls die Weihe eines Kirchhofes und des ganzen Kreuzganges. Unter Weihe des Kreuzganges dürfte die Benediktion der Kreuzgänge und der von dort aus zugänglichen Klosterräume verstanden werden". Die Existenz von zwei Begräbnisstätten ist somit klar erwiesen, u. zw. einer außerhalb und einer innerhalb der Klausur gelegenen. Der außerhalb der Klausur um den Chor der Kirche gelegene Kirchhof wurde begrenzt im Süden von Häusern, die dem Kloster gehörten, im Osten und Norden durch eine im Bogen den Chor umschließende Mauer, die sich bis zum Kostereingang hinzog100. Der Kirchhof um den Ostchor ist auch bewiesen durch Funde von Totenge­ bein und durch Grabsteine auf dem Stadtprospekt von Braun (1608). Vom Laienkirchhof wurden auch 1511 die Materialien für den Dachstuhl der Kirche, der schadhaft und ausgebessert werden mußte, über ein im Kapellen­ dach aufgebrochenes Fenster, eine Schleppgaube in das dongrunlein und von dort weiter nach oben auf den Kirchenboden befördert, ohne daß ein Arbeiter die Klausur zu betreten brauchte101. Als Klausurbegräbnisstätte kommt wegen der stark gegen Westen verscho­ benen und somit von der Kirche abgedrängten Lage des Klosters102, nach den noch vorhandenen Plänen und ihren Bezeichnungen, nach den Grabungsbefun­ den von 1934 und 1959103 und besonders nach den Angaben des Totenbüch­ leins der Anna Ketzel, so man sie kritisch prüft und einander zuordnet, eine Bestattung irgendwo im Klosterviereck nicht in Frage104. Dagegen lassen sich alle Angaben des Totenbüchleins in die 145 m2 große Fläche westlich der Kirche einordnen. Sie wird begrenzt von der Westfront der Kapelle und der Kirche, vom nördlichen Kreuzgang, von der östlichen Stirnseite des Nord­ flügels des Quadrum, der Ostwand des niedrigen Gebäudetraktes Kusterkammer-Redfenster und vom Silberturm.

98 99 100 101 102 103 104

Deinhardt Nr. 53, S. 35f.; Kist, S. 150f. Vgl. Anm. 68; Hinweis auf zwei verschiedene Kirchhöfe in der Weiheurkunde. Kiefhaberplan 1778. Vgl. Anm. 73. Vgl. den Waldstromerplan um 1800. Dazu Syndikus, S. 10. Schmitt versucht mit Plänen die Grabstätten innerhalb des Kreuzganges und in einer Kapelle an der Südseite der Kirche zu lokalisieren.

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An der Kirchenmauer deuten Gruppen von durchwegs zwei zusammengehö­ rigen Buchstaben105, ein Hinweis des Kiefhaberplanes aus dem Jahr 1778 sowie 1934 und 1959 gefundene Grabsteine und Skelette auf einen Begräbnisort hin. Die Südseite der Kirche zeigt in ihrer westlichen Hälfte keine Spuren von Bestattungen106. Nach mittelalterlichem Denken sind Kirche und Kirchhof als kultische Einheit zu sehen: Drei Linien umfassen also das Allerheiligste auf dem Kirchhof: die Umfriedung des Kirchhofs, der Prozessionsweg und die Mauer der Kirche. Sie ergeben eine erste Gliederung der Gesamtfläche, wenn man Kirche und Hof als ein Gräberfeld betrachtet, und bezeichnen die zunehmende Heiligkeit der einzel­ nen Teilbezirke. Dies ist auch für die Gräberverteilung von Bedeutung, da die Fläche zwischen Kirchhofmauer und Prozessionsweg die am wenigsten gesuchte, die zwischen Weg und Kirchenmauer schon stärker begehrte und endlich die innerhalb der Kirchenmauer selbst die begehrteste war107.

Für die Nürnberger Klarissen war diese kultische Einheit von Gottesdienst­ raum und Begräbnisort in Kirche, Kapelle und westlich angrenzendem Kirch­ hof gegeben. Die Nachricht, daß 1617 bei Einrichtung des Leihhauses „auch unterm eingang die alten grabstein, darunter die Closterfrauen, die von erbawung deß Closters in solchem Convent gestorben und daselbst begraben, außgehebt und an besonders Ort zusammen gethan worden “108, spricht nicht gegen diesen Ort

als Nonnenkirchhof, sondern dafür. Ausgehoben wurden nur die noch im Wege liegenden Grabsteine; die seit langem im Boden versunkenen und vergessenen blieben liegen. Anschauungsmaterial für liegende, eingesunkene Grabdenkmale boten der Johannis- und Rochusfriedhof noch 19631Q9. Die bei St. Klara 1934 und 1959 aufgefundenen Grabsteine sind also nicht dorthin zusammengetragen worden, sondern waren 1618 längst von der Oberfläche verschwunden und hinderten daher den Zugang zum Leihhaus nicht110.

105 Deren Enträtselung soll in einer eigenen Untersuchung Die Inschriften an der Westfront der Klarakirche zu Nürnberg — Versuch einer Deutung unternommen werden. Einige Einzelheiten daraus sollen die Aussagen des TB bekräftigen. 106 Syndikus, S. 25. 107 Schweizer, S. 68. 108 Johann Siebenkees, Materialien zur Nürnberger Geschichte, Bd. 4, Nürnberg 1795, S. 570ff. 109 Die Grabsteine mit den Nummern 620, 995, 1164, 1258,1315 und 1661. 2. T. waren die Steine seitwärts bis zu 5 cm eingesunken (Nr. 995, 32 Jahre nicht geöffnetes Grab). (Johannisfried­ hof.) 1,0 Nach dem Kiefhaberplan war vor 1778 der wohl ursprüngliche Eingang in das Leihhaus neben dem Silberturm.

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IV. Die Einordnung der einzelnen Gräber in den Klausurkirchbof ihre Bezie­ hungen zueinander und zu den Örtlichkeiten und Merkpunkten Die Grabstätten lassen sich nach den Angaben des Totenbüchleins der Anna Ketzel zu sechs Gruppen zusammenfassen: 1. Von der Südseite des Silberturms entlang der auf dem Kiefhaberplan noch sichtbaren Ostmauer des Redfenster-Kusterkammergewölbes gegen Süden: fünf Gräber (RI—R5); 2. Von einem Merkpunkt der Kusterkammer, entlang der gleichen Ostmauer der Kusterkammer auf das Kreuz zu gegen Süden: zwei Gräber (KK1— KK2); 3. Vom Kreuzgang des Nordflügels des Klosters, entlang der zurückgezoge­ nen Stirnseite dieses unterkellerten Teiles gegen Norden: fünf Gräber (Kl—K5); 4. Vom Weihkessel an einer Tür im Kreuzgang mit der Stiege im Kreuzgang in den Chor und dem vor der Treppe stehenden Palmesel (?) gegen Norden zum Weihbrunnen: zwei Gräber (Stl—St2 = WB); 5. entlang der Kirche von der Stiege im Kreuzgang gegen Norden: drei Gräber (St3—St5); 6. von der Kapellentür (Weihkessel), entlang der Kapelle und der Kirche, am Weihbrunnen vorbei gegen die Werkstuben und den Kreuzgang in Rich­ tung Süden: sieben Gräber (KW1—KW7). Insgesamt standen den Schwestern also 24 Grabstätten für 60 Bestattungen in 42 Jahren zur Verfügung. Die Gräber vor dem Redfenster (RI—R5) dürften nach dem oben bereits Gesagten hinsichtlich der Lokalisierung keine Schwierigkeiten bieten. R5 läßt die innere Einteilung des Kustergewölbes vermuten, wie auch KK1 und KK2 die gleiche Deutung zulassen. Nach der wohl ursprünglichen Lage der 1959 aufgefundenen Grabsteine zu R4 und R5 wie KK1 und den Lagebezeichnun­ gen der Anna Ketzel muß sich zwischen R5 und KK1 ein Merkpunkt, und zwar eine Tür, befunden haben; denn der Stein über R5 ist nach Norden und der über KK1 nach Süden verschoben. Diese Tür gestattete der Küsterin, den kürzesten Weg zur Kapelle, dem unteren Chor, zu gehen. Der Ausgang bot Anna Ketzel die Möglichkeit, die 16,5 m lange Grabreihe zu unterteilen. Sie zählte von der Tür bis vor das Kreuz zwei Gräber. Nicht in der Mitte des Kirchhofes wird daher das Kreuz zu suchen sein, sondern als Wand- oder Standkreuz vor der Stoßfuge der Nordostecke des Quadrum und der Südostecke der Kusterkammer. Die kurze Grabreihe vor der Kusterkam­ mer endet am Keller. Eine zusammenhängende Grabreihe vom Silberturm bis zum Kreuzgang beweisen auch die Lagebezeichnungen am Keller, beim Keller und vor dem Keller. Die Gräber liegen vom Kreuzgang am Keller entlang gegen die Kusterkammer. Schwierigkeiten bietet ihre Einordnung nicht. 153

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Der westliche Teil des Kirchhofes wäre also mit zwölf geosteten Gräbern im Abstand von je 1,40 m von Mitte zu Mitte belegt gewesen. Auch die beiden zwischen Weihbrunnen und Stiege in den Chor (= im Kreuzgang) St2 = WB und Stl liegenden Gräber sind geostet zu denken. Allerdings wäre eine Querlage der Gräber wie im Johannisfriedhof wegen der besseren Nutzung des Platzes denkbar. Hier müßte eine Grabung klären; andernfalls ist eine sichere Bestimmung nicht möglich. Für Kreszentia Pirckheimer (f 21. 7. 1529) gibt Anna Ketzel keine Grablage an. Am gleichen Tag wie Kreszentia verstarb auch Katharina Peßler, die im fünften Grab vom Redfenster bestattet wurde. Anna Ketzel trug die beiden Sterbefälle als fortlaufenden Text in ihr Totenbüchlein ein. Es kann zwar nicht bewiesen, aber doch vermutet werden, daß beide Schwestern im gleichen Grab beigesetzt wurden. Die letzte Gruppe der Grablegen ist die umfangreichste; zu ihr gehören sieben Gräber, die ebenso wie alle anderen den normalen Abstand haben. Ein sechstes und siebtes Grab gibt es nur in dieser Reihe. So verzichtet Anna Ketzel beim Grab KW 7 überhaupt auf die Angabe des Ausgangspunktes und nennt einfach die nächste Örtlichkeit, die Kirche (1514), bzw. seine Hinord­ nung auf den Kreuzgang (1533). Bei KW 6 wird gelegentlich der ersten Bestattung 1501 die Kapellentür als Ausgangspunkt der Zählung als bekannt vorausgesetzt, die Richtung gegen die Werkstuben genannt und die unmittel­ bare Lage am Weihbrunnen festgehalten; die Notiz der zweiten Bestattung 1516 weist auf die Lage zwischen Weihbrunnen und Kirche hin; der dritte Eintrag 1534 hält den Ausgangspunkt der Zählung, die Kapellentür, fest. Außerhalb des Totenbüchleins der Anna Ketzel wird von Kunigunde Schamberger, einer Mitschwester aus Bamberg, die eine zeitlang in St. Leon­ hard (als Aussätzige?) lebte, vermerkt, daß sie in dem Grab an der Capellen auf unserem Kirchhof liegt111. Die Zählung der Gräber erfolgt immer von einem markanten Punkt, oft zu einem anderen, so daß eine klare, übersichtliche Anlage des ganzen Kirchhofes gegeben ist. Die nicht von Anna Ketzel erwähnten verstorbenen Schwestern lassen sich nicht in das gefundene Schema einordnen. Es sind Barbara Ketzel (J 27. 1. 1529), Anna Neuper (f 6. 5. 1529), Elisabeth Götti (f 8. 2. 1533) und Elisabeth Peyl (t 31. 10. 1535)112. Ihre Grabstätten entziehen sich einer bestimmten Zuordnung. Nach den bisher gewonnenen Erkenntnissen läßt sich folgender Belegungs­ plan des Klausurkirchhofes für die Zeit vom 18. 6. 1494—29. 3.1536 aufstellen:

111 Vgl. oben Anm. 16. 112 Kist, S. 135.

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Grab

Nr.

Todestag

Name

Rl RI Rl Rl R2 R3 R3 R3 R4 R4 R4 R5 R 5 (?) KK1 KK2 Kl Kl K2 K2 K3 K3 K3 K4 K4 K4 K5 K5 K5 K5 St 1 St 1 St 2 = WB St 2 = WB St 2 = WB St 3 St 3 St 3 St 4 St 4

1 14 35 51 18 4 23 40 10 30 49 37 36 32 25 12 52 3 56 11 31 50 6 26 45 13 19 34 55 22 39 7 27 48 20 38 53 17 44

18. 6.1494 19. 2.1503 7. 5. 1526 1. 3.1536 9. 7.1508 4. 3.1495 1. 6.1513 19. 6.1532 15. 8.1502 4. 1.1524 14. 9.1535 21. 7. 1529 21. 7.1529 23. 6.1524 7. 9.1514 25. 4.1503 2. 3. 1536 25. 8.1494 29. 3.1536 9.11. 1502 6. 3. 1524 28. 2. 1536113 14.12.1495 3. 7.1515 28. 5.1533 15. 7.1503 30.11. 1511 5. 5. 1526 7. 3.1536 28. 2. 1513 19. 3. 1532 18.10. 1499 24. 3.1516 24.12.1534 29.10.1511 15. 7.1531 5. 3. 1536 17. 1. 1508 5. 2.1533

Barbara Stromer Elisabeth Lochner Magdalena Lang Elisabeth Beheim Brigitte Muffel Adelheit Strosser Katharina Streicher Anna Hamelbach Barbara Freidung Anna Haller Dorothea Schürstab Katharina Peßler Kreszenzia Pirckheimer Elisabeth Hahn Brigitte Kreß Petronilla Förster Anna Koler Christina Koler Klara Koler Anna Strobel Agnes Stürmer Margareta Rotmund Christina Schilt Walburga Widerstayn Christina Rüger Elisabeth Granetlin Katharina Salmann Margareta Schwab Susanne Schlebizer Katharina Melwacher Barbara Schlüsselfelder Ursula Haller Ursula Pemer Agnes Zenner Margareta Kreß Brigitte Rechin Ottilia Ketzel Ursula Koler Klara Pirckheimer

113 Vgl. Anm. 18.

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St 5 St 5 KW 1 KW 1 KW 1 KW 2 KW 2 KW3 KW 3 KW 3 KW 4 KW 5 KW 6 KW 6 KW 6 KW 7 KW 7

21 42 2 29 41 16 43 9 33 54 15 5 8 28 47 24 46

10. 2.1512 12.11.1532 25. 7.1494 28.11.1521 19. 8.1532 4.12.1506 10. 1.1533 16. 4.1502 9. 4.1526 5. 3. 1536 18. 9.1504 14. 6.1495 1.10.1501 17. 4.1516 12. 6.1534 15. 8.1514 31. 8.1533

Margareta Schlüsselfelder Margareta Schlüsselfelder Margareta Grundherr Helene Meichsner Caritas Pirckheimer Margareta Volckhamer Apollonia Tücher Agnes Kaiser Klara Löffelholz Katharina Löffelholz Martha Eysenwanger Elisabeth Mair Gertrud Mair Elisabeth Mülner Agnes Bernhard Agatha Dokler Margareta Dolner

Soweit sich die Ruhefristen der bestatteten Nonnen feststellen lassen, schwanken sie zwischen sechs und 42 Jahren; im Durchschnitt betragen sie 18 Jahre. Die Klarissen hatten also einen im Vergleich zu den engen Pfarrkirchhöfen sehr geräumigen Kirchhof. C. Zusammen/assende Begründung für die Lage des Klausurfriedhofs an der Westfront der Klarakirche Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Kirchhof westlich der Kirche und Kapelle hinsichtlich seiner Größe und Maße den Bedingungen einer Klarissen­ begräbnisstätte entsprach. Die Regel sah für alle Nonnen die Bestattung ausschließlich innerhalb der Klausur vor114. Der Kirchhof lag der Anschauung der Zeit gemäß möglichst nahe an der Kirche. Die Zahl der verfügbaren Gräber genügte weitaus der Größe des Konventes. Es ergibt sich ein wohlgeordnetes und lückenloses Feld nach Osten gerichteter Gräber mit bester Ausnützung des verfügbaren Raumes. Die einzelnen Gräber haben wie im Johannis- und Rochusfriedhof einen normalen Abstand von 1,40 m von der Mitte des einen zur Mitte des nächsten Grabes. Ihre Lage läßt einen breiten Prozessionsweg vom Kreuzgang zur Kapelle durch die ganze Länge des Kirchhofes erkennen, der Abstand der Grabreihe an der Kapelle und Kirche von einem Meter einen schmalen Weg Kapelle-Kirche-Kreuzgang vermuten115. Die Bemerkung als man in den kreuczgang get bei KW 7 (Nr. 20) läßt eine solche Möglichkeit zu. 114 Schönbach, S. 9. 115 Vgl. die beigefügte Lageskizze.

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Vom Kreuzgang aus betrachtet, ist auch die Bemerkung Andreas Würfels zu verstehen, Caritas Pirckheimer liege in dem hintern Grab, so man zu Capellen­ thür heraus gehet, bey der Frauen Chor Kirchen116, also im letzten Grab dieser Reihe vom Kreuzgang aus gesehen. Es löst sich aber auch die Schwierigkeit hinsichtlich der Grabstätte der Apollonia Tücher. Nach Würfel liegt ihre Grabplatte unter der Frauen Chor KirchenU7. Unter aber ist hier in der Bedeutung von unten — an der Kirche oder im Sinne von zwischen der Kirche und der Kapelle zu nehmen. Christoph Scheurls Notiz, sie sei im Kreuzgang bestattet118, dürfte die Lage des Grabes im bevorzugten Teile des Kirchhofes, nämlich innerhalb des ambitus (des Kreuzganges = Prozessionsweges) und der Front Kirche-Kapelle, kennzeich­ nen. Der Kirchhof ist in seiner Substanz heute noch erhalten. Nur im Süden ist ein fast paralleler Streifen von einem Meter Breite heute bebaut; er gehört zu den Grundstücken Luitpoldstraße Nr. 8 und Nr. 6. Restlos zerstört ist somit das Grab K 1. In Mitleidenschaft gezogen wurden bei den Fundamentierungsarbeiten wohl auch K 2, St 1 und St 3119. Zur Bestätigung des voraus Vorgetragenen wären sorgfältige Grabungen in den 1924 und 1933/34 oder bei Anlage der Kanalisation noch nicht aufgegrabe­ nen Teilen des Kirchhofes dringend erwünscht120. Über den Grabstätten KW 3—KW 7 befinden sich in den Quadern der Kirche zahlreiche Inschriften, die der Lage der Gräber nach dem Totenbüch­ lein der Anna Ketzel entsprechen. Auch über St3 und St4 lassen sich einzelne Gruppen von Initialen feststellen. Ihre Deutung soll in einer eigenen Arbeit veröffentlicht werden121. Aus dem Manuskript mag die Angabe einiger gesicherter Deutungen die Behauptung stützen, daß der Platz westlich der Kirche immer als Klosterfried­ hof gedient hat122. Nach den oben eingeführten Bezeichnungen ruhen in

116 1,7 118 119

Würfel, Beschreibung, S. 129. Ebd., S. 129. Dumrath, Besprechung, S. 133. Syndikus, S. 10: Bei Abbruch des Klosters im Jahre 1893 sollen die Gebeine aus 14 Gräbern in der Kirche vor dem Hauptportal beigesetzt worden sein. Es dürften wohl 14 Schädel gezählt worden sein. 120 Vgl. Dumrath, Besprechung, S. 133 ff. 121 Vgl. Anm. 105. 122 Eine Liste der zwischen 1280 bis 21. 4. 1403 im Klarakloster verstorbenen 139 Schwestern wurde angefertigt nach den Kalendern, Gedächtnissen an den Quatembertagen und weiteren Listen in StAN, Rst. Nürnberg, Kloster St. Klara, Akten und Bände, Nr. 4. — Für die Stifterfamilie von Berg wurden auch verwendet: G. T. Chr. Fronmüller, Geschichte Altenberg’s und der alten Veste bei Fürth, Fürth 1860; Adalbert Scharr, Die Reichsministerialien von Gründlach und von Berg-Hartingsberg, in Altnürnberger Landschaft. Mitteilungen 13. Jahrgang (1964), S. 95—100.

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Margarete von Habsberg Äbtissin Elisabeth Eystetter Äbtissin Katharina Hofmann

fll. 5. nach 13. 4.1298, vor 1320/21123; f 13. 4. nach 13. 4.1298, vor 1343; fl. 7. 1336; 15. 8. 1344; 19. 5.1380/82; 12. 11. 1386. 114. 8., nach 1320/21, vor 1343; t 7. 11., vor 1343; f 9. 11. 1355; 121. 4. 1403.

KW 5:

Adelheit Forchtel Äbtissin Margarete Wiesentauer

29. 9. vor 1343; 126. 8. 1403.

KW 6:

Äbtissin Agnes Bräunlein Agnes Vörchtel Christine Haller

19. 2. 1362/65; 18. 12. 1368/74; 16. 3.1384/85.

KW 7:

Elisabeth Roter Kunigunde Haller Margarete von Nassau

f 21. 5. 1365/66; 16. 3.1387/91; 123. 9. 1396/97.

KW 3:

Gutta von Berg Agnes von Berg Leutgard von Berg Äbtissin Kunigunde von Dietenhofen Äbtissin Margarete Rabenecker Äbtissin Agnes Holzschuher

KW 4:

Beatrix von Berg

KW 7 (südlich): Margarete Ungestüm Äbtissin Margarete Pfinzing Äbtissin Clara Stromer St 4:

Elisabeth Geuschmidt Äbtissin Agnes Geuschmidt Äbtissin Anna Koler

St 3:

Elisabeth Gundloch Agnes Zöllner

St 3 Gertrud Weigler (südlich): Barbara Grundherr

120. 2.1367; 17. 10.1379/81; 122. 1. 1426. 115. 3. 1390/94; f 20. 1. 1408; 120. 9. 1427. 17.11. 1343/62; 110. 12.1424. 17.1.1343/62; 115. 3.1422.

123 Nach der Schriftform der Eintragungen und dem eingetragenen Todestag des Stifters Eberhard von Berg am 7. Juli 1311 und seiner Tochter Gutta am 11. 5. in der gleichen Schriftform des ältesten Kalenders und einer anderen Schriftform des Eintrages für Leutgard von Berg, 11. Juli 1336, läßt sich aus der Anzahl der Einträge an den 201 erhaltenen Tagen des Kalenders schließen, daß Gutta von Berg nach dem 13. 4.1298 und vor etwa 1320/21 gestorben ist. Die eingeschlagenen Buchstaben sind sehr ungleich gestaltet, also nicht miteinander zu einer späteren Zeit angebracht worden.

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Klausurkirchhof des Klarissenklosters

Für die Zeit vor 1344 läßt sich keine Inschrift mit den Initialen einer früher regierenden Abtissin identifizieren. Es dürften somit vor 1344 die Abtissinen in der Gruftkirche bestattet worden sein. Erst Kunigunde von Dietenhofen (f 5. 8. 1344) erhält als besondere Auszeichnung über ihrem Grab, dem ersten in der Rangordnung, ein in die Mauer als Relief eingeschlagenes 40 cm hohes Standkreuz. Die Kirche muß also vor 1339 bereits bestanden haben. Vor ihrer Westfront befanden sich die Grabstätten der Schwestern, und zwar vor der Nordhälfte (Evangelienseite!) die Gräber der Schwestern mit Amt und Ansehen. Auch die Grabungsergebnisse früherer Jahre bestätigen die Lage der Gräber nach dem Totenbüchlein der Anna Ketzel. Der Grabfund vom 21. 8. 1934 entspricht der Lage von R 3. Am 22. 8. 1934 wurde das Grab R 2 geöffnet und am 23. 8. 1934 das Grab St 4124. Am 9. 11. 1934 wurde die Grabung fortgeführt, und zwar vor der Kapellentür, die gegenüber dem Hochaltar liegt. Ein silbernes Ringlein wurde daraus geborgen und ein flach gedrücktes Kupferröhrchen in der Art eines Krummstabes125. Die Lage entspricht dem Grab St 5 nach dem Totenbüchlein der Anna Ketzel und könnte vielleicht das Grab der Äbtissin Katharina Pirckheimer (| 14. 1. 1563) sein126. Inschriften und frühere Grabungen bestätigen somit die Angaben des Totenbüchleins der Anna Ketzel. Exkurs: Das Grab der Caritas Pirckheimer Nach dem vorausgegangenen Versuch, aus dem Text des Totenbüchleins der Anna Ketzel den ganzen Klausurkirchhof des Klarissenklosters in Nürnberg zu lokalisieren, ist für die Jahre von 1494 bis 1532 das erste Grab an der Kapellentüre (KW 1) das Grab der Äbtissin gewesen. Die an der Westfront der Kirche noch sichtbaren Initialen aber lassen ab 1344 die Fläche vor der Westfront der Kirche auch als Grablage für Äbtissinnen erkennen. Die Bestattung der Äbtissin im Freien kann nicht für unwahrscheinlich gehalten werden. Man darf die Äbtissin des Klarissenordens nicht mit den Äbtissinnen alter monastischer Orden vergleichen. Von der tatsächlichen Würde einer Äbtissin aus der Zeit des Magdalenenordens127 in Anlehnung an den Orden des hl. Benedikt ist eigentlich nur der Titel geblieben und die Wahl der Äbtissin durch den Konvent. Die III. Regel unter Innozenz IV. (16. 9. 1252) setzt im Kapitel XI noch die feierliche Benediktion der gewählten Äbtissin voraus, die V. Regel unter Urban IV. (18. 1. 1263) aber läßt diesen Text bereits fallen128. Trotzdem die Klarissen in der Ortsbeständigkeit leben, 124 Syndikus, S. 10. 125 Edmund Friedrich, Ist das Grab der Caritas Pirckheimer wirklich gefunden? Rundbrief vom 20. 12. 1959 an alle kath. Pfarrämter Nürnbergs, S. 1. 126 Dumrath, Besprechung, S. 135f. 127 Simon, S. 183. Gregor IX bestimmt am 10. 6. 1227 die Regel des hl. Benedikt nach der Form der Zisterzienser zur Regel des Magdalenenordens. 128 Engelbert Grau, Leben und Schriften der hl. Klara, Werl 1960, S. 106. Simon, S. 12ff.

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ist ihre Äbtissin in Anlehnung an den Orden des hl. Franziskus nur eine auf Zeit gewählte Oberin. Nach der Regel war sie ein Jahr im Amt und hatte es danach dem Visitator zur Verfügung zu stellen. In Nürnberg betrug die Amtsdauer einer Äbtissin zwei Jahre129. Erst mit Katharina Volckamer begannen 1420 längere Regierungszeiten der Äbtissinnen, auf deren Amtsführung vom Rat der Stadt Einfluß auszuüben versucht wurde, wie die Nonnen unter Anna Gärtner sehr eindringlich erleben mußten 13°. Von ihrer Stellung aus gesehen, dürfte eine Äbtissin als Oberin auf Zeit sehr wohl bei ihren Mitschwestern bestattet worden sein. Das gilt auch für die späteren Jahre, die eine längere Regierungsperiode, aber manchmal auch einen frühen Rücktritt erkennen lassen131. So besteht auch kein stichhaltiger Grund, das Grab der Äbtissin Caritas Pirckheimer und der Apollonia Tücher unbedingt im Kreuzgang des Quadrum suchen zu müssen. Was unter Kreuzgang verstanden werden kann und wohl im Zusammenhang verstanden werden muß, wurde bereits dargelegt. Christoph Scheurl könnte die Bezeichnung Kreuzganguu von den Schwe­ stern übernommen haben, die sie allerdings in ihrem Sinne verstanden. Es wird nicht auszuschließen sein, daß Scheurl sie auch in diesem Sinne aufgefaßt hatte. Er kannte das Kloster und seine Bräuche und war somit auch mit dem Vorgang der Bestattung vertraut. Die Teilnahme Scheurls an der Bestattung seiner Tante schloß nicht unbedingt den Weg zum Grab ein, am wenigsten für Laien bei der Beisetzung einer Nonne in einem Kloster mit strenger Klausur, wie sie bei den Klarissen geübt wurde. Eine Beerdigung bestand damals aus drei Teilen: aus der Übertragung der Leiche in die Kirche, hier in die Klausur­ kapelle, aus dem Totenoffizium in Gegenwart der Leiche und aus dem Weg zum Grab und der Bestattung132. Nach der Ordensregel der Klarissen hatte sogar der Priester sein Amt außerhalb der Klausur zu verrichten, also in der Kirche den Totengottesdienst zu halten. Sollte er seines Amtes innerhalb der Klausur walten, so bedurfte er unter Zustimmung des Konventes der Erlaub­ nis der Äbtissin. Diese wurde ihm und einem oder zwei Gesellen zur Öffnung und Schließung des Grabes gegeben, wenn die Schwestern wegen ihrer Schwachheit solches nicht vermochten133. Eine Segnung des Grabes war überflüssig, da der ganze Kirchhof bereits am 1. Juni 1339 durch den Bischof konsekriert worden war. Bei der Treue der Nürnberger Klarissen zu ihrer Regel ist kaum anzunehmen, daß Scheurl am letzten Akt der Beerdigung teilnehmen konnte. Er wird in der Kirche dem Totenoffizium, das vom Konvent für seine Tante in der Klausurkapelle gehalten wurde, beigewohnt und auch die Gesänge bei der Bestattung an der Kapellenmauer gehört haben; 129 Kist, S. 36, 92. 130 Ebd. S. 33 ff. 131 Ebd. S. 128 ff. 131aDumrath, Besprechung, S. 133f. 132 Schweizer, S. 32. 133 Schönbach, S. 9; Grau, S. 107.

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der Eintritt wird ihm verwehrt geblieben sein. An der Beerdigung aber hätte er trotzdem teilgenommen. Seine Trostrede an Abtissin und Konvent ist als ein der Zeit entsprechendes längeres Beileidschreiben zu betrachten134. Wie die Frage nach den 1618 vom Eingang zum Leihhaus entfernten Grabsteinen der Nonnen gelöst werden kann, wurde schon vermerkt. Faßt man übrigens Eingang eng, so könnte sich die Bemerkung von Siebenkees nach dem Kiefhaberplan besonders auf die Grabsteine zu R 1—R 3 beziehen, die nach Abbruch des Kusterkammergewölbes mit Ausnahme der Mauer seiner Ostseite, beim Durchbruch dieser Mauer am Silberturm den Besuchern des Leihhauses buchstäblich im Wege liegen konnten. Erst nach 1778 wurde die Ostwand abgebrochen, um 1800 an den Silberturm und an die vom Begräbnis­ ort in ihn führende Treppe sich anlehnend eine Holzschupfe errichtet und der Zugang zum Leihhaus über den Kirchhof an die Nordostecke des Quadrum verlegt135. In dieser Frage soll auch Michahelles zu Wort kommen; er schreibt 1830 über die Gräber des Johannisfriedhofs: hier aber sind es lauter sogenannte liegende Grabsteine, meistens in länglichem [!] Quadratform, wovon ein großer Theil sich durch die Länge der Zeit tief in die Erde eingesenkt hat, so daß einige von der Erde nach und nach fast ganz wieder überdeckt worden sind. Dies ist jedoch nur der Fall bei solchen Gräbern, die in langer Zeit nicht mehr geöffnet worden sind, und hier wiederum nur bei sogenannten Sandgräbern, die auf dem Sand oder Erdboden unmittelbar ruhen, keineswegs aber bei Grüften oder gewölbten Gräbern, wo der darüber errichtete Grabstein auf einer steinernen Einfassung oder auf einem Kranz aufliegtm. Noch vor 18 Jahren bot der Johannisfriedhof genug Beispiele dieser Art137. Zu bedenken ist auch, daß man damals wohl kaum das frische Grab mit wuchtigen Stößen zusammenstampfte, bevor man den Grabstein wieder auflegte, und daß der Grabstein der Caritas Pirckheimer nur 16 cm stark war, während der schwächste Stein auf dem Johannisfriedhof immerhin noch 19 cm mißt (Nr. 1380). Caritas Pirckheimer ruhte bereits 86 Jahre in ihrem Grabe, als man Steine beseitigte; ihr Grabstein war längst eingesunken. Das Vorhandensein des Steines über KW 1 spricht somit für die Unversehrtheit des Grabes seit 1532. Wären Katharina Pirckheimer oder gar Usula Muffel im gleichen Grab bestattet worden, so wäre der Stein gewiß nicht in Vergessenheit geraten, noch sichtbar gewesen und vielleicht beseitigt worden. Der Stein dürfte auch später nicht verlagert, sondern sofort nach Südosten verschoben aufgelegt worden sein. Dadurch wurde der Weg vom Kreuzgang zur Kapelle abgerundet, doch 134 Vergl. Dumrath, Besprechung S. 133 f. 135 Waldstromerplan: Nordostecke des Quadrum. Treppe in den Silberturm: Kiefhaberplan: in der Mitte der Südseite. Waldstromerplan: in der Mitte der Südseite. 1893 bei Abbruch des Klosters: entlang der Kirche im rechten Winkel zum Silberturm. 136 Michahelles, S. 29, S. 47, Anm. (1828 wird der Pirkhey merische Grabstein, welcher fast ganz in der Erde versunken war, wieder hervorgehoben). 137 Vgl. Anm. 109.

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der Weg (?) entlang der Mauer nicht zu stark behindert. Auch spricht die Tatsache, daß 1959 von KW1 der untere, von KW 3 aber der obere Teil gefunden wurde, ebenfalls für die ursprüngliche Lage. Vor der Beseitigung des Klostervierecks im Jahre 1893 war die Treppe in den Silberturm bereits verlegt, und zwar entlang der Kirche und Kapelle im Winkel zum Turm. Eine Grundmauer trug die Holzkonstruktion, ihr Abstand von der Kirchenfront betrug im Mittel 1,50 m. Beim Ausheben des Erdreiches stießen die Arbeiter auf die versunkenen und vielleicht schon geborstenen Grabplatten und hoben die Teile aus, die den Fundamentierungsarbeiten hindernd im Wege lagen. Das herausgebrochene und im Wege liegende Stück der Platte zu KW 1 haben die Arbeiter hernach einfach in die Bodenöffnung gekippt, die beim Abbruch der alten, frei vom Kirchhof aus in den ersten Stock des Silberturms führende Treppe nach dem Auswuchten der Treppenpfosten und -wangen aus dem Erdreich entstanden war138. Nach dem Leihhausplan lag dort das Grab R 3. Die Maße des Grabsteines zu KW 1 lassen sich messen und berechnen mit 1,41 x 0,79 x 0,16 m. Seine Kanten sind nur grob zugehauen. Die Länge des Steines entsprach einem guten Nürnberger Durchschnitt; sie war auf 1,67 m begrenzt und kann mit 1,05 m als Mindestmaß auf den alten Friedhöfen festgestellt werden139. Die Frage, warum man keine Sargreste im Grabe wahrgenommen habe, kann als gegenstandslos betrachtet werden140; es konnten gar keine gefunden werden. Die Klarissen lebten nach dem Armutsideal und noch dazu in Nürnberg. Legte schon das Ordensleben eine einfache Bestattung nahe, so verlangte es der in Nürnberg bis weit in das 17. Jahrhundert herrschende Brauch, die Verstorbenen ohne Sarg zu beerdigen. So hatte Johann Schelhammer, Prediger bei St. Lorenz (t 5. 6. 1605), den Rat vor seinem Tod gebeten, ihm eine Truhe zu gestatten, was ihm mit Ratsverlaß vom 6. 6. 1605 gewährt wurde141. Noch am 25. 2.1632 wird geklagt, daß die Särge zunähmen, wodurch die Grabstätten angefüllt würden zum Schaden des Waldes, weil zuviel Bretter gebraucht würden. Deshalb sei nur denen ein Sarg zu gestatten, die an einer fließenden Krankheit gestorben seien, den Wassersüchtigen, an großem Leib­ schaden Operierten, Sezierten und den im Kindbett Gestorbenen142. Somit darf es auch nicht verwundern, wenn 1913 beim Abbruch der Franziskaner­ kirche von 130 noch erhaltenen Gräbern nur zwei Sargreste erkennen ließen143. 138 Das ist selbstverständlich nur eine Vermutung, die aber der Mentalität der am Treppenbau Arbeitenden nach eigener Erfahrung entsprechen könnte. 139 Die bis heute auf dem Klarissenhof gefundenen Steine haben die Maße: KW 3 (Rest): 52 x 67 x 35; R4: 136 x 61 X 26; R 5: 152 x 68 x 21; KK 1 (Rest): 130 x 74 x 29. 140 Dumrath, Besprechung, S. 135. ,4! Siebenkees, Bd. I, S. 376f. 142 Federschmidt, Alt-Nürnbergs Totenbestattung, in: Öffentliche Gesundheitspflege, Braun­ schweig 1919, S. 95f.; Hubert Mattausch, Das Beerdigungswesen der Freien Reichsstadt Nürnberg, Würzburg 1970. 149 Konrad Böllinger, Die Ausgrabungen in der Franziskanerkirche im XIX. und XX. Jahrhun­ dert, Nürnberg 1920, S. 28f.; Mattausch, S. 136ff.

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Ein Silberring wurde im Grabe KW1 bei seiner Öffnung 1959 nicht gefunden144. Man konnte keinen Silberring finden. Caritas Pirckheimer schenkte ihren Schwestern zwar anläßlich ihres silbernen Äbtissinnenjubi­ läums silberne Ringe zum Zeichen der Treue145, ihr Äbtissinnenring aber, so sie überhaupt einen trug, ging auf ihre Nachfolgerin über. Die Grabstätten aller nach dem 29. 3. 1536 verstorbenen Schwestern können nicht festgestellt werden, auch nicht mit Sicherheit das Grab der vorletzten Äbtissin Katharina Pirckheimer. Als Grablege für sie auszuschließen sind die Gräber, die jetzt noch mit Platten bedeckt gefunden werden, also vor 1618 längere Zeit nicht mehr geöffnet worden sind. Vielleicht ist sie in St 5 bestattet worden146. Vor der Bestattung der Katharina Pirckheimer im Klosterkirchhof mußte die Erlaubnis des Rates eingeholt werden; denn mit Beschluß vom 31. 10. 1518 mußten alle Verstorbenen, mit Ausnahme der Priesterschaft und der Ordensleute, außerhalb der Stadt, bei St. Johannis und St. Rochus beerdigt werden147. Am 28. 7. 1520 war der Beschluß dahingehend ergänzt worden, in Zukunft auch in gewöhnlichen Zeitläufen niemand mehr in der Stadt zu beerdigen; Ausnahmen mußten eigens genehmigt werden148. Beim Tode der Katharina Pirckheimer fragte der Konvent beim Rat an, ob er die Äbtissin auf dem eigenen Kirchhof beerdigen dürfte. Der darauf ergangene Ratsbeschluß vom 14. 1. 1563149 könnte die Erlaubnis eingeschlos­ sen haben, der Verwandten wegen das Totenoffizium im Chor zu beten, obgleich den Klarissen ab 1531 das exercitium religionis verboten war. Als zusammenfassendes Schlußergebnis aller Überlegungen darf feststehen, daß mit Gewißheit das am 10. 10. 1959 aufgefundene Grab als die letzte Ruhestätte der berühmten Caritas Pirckheimer angesehen werden muß150. Es barg die bis zum gleichen Tage unberührten Gebeine der großen Nürnbergerin und Christin. Ein drittes Mal soll ein Beitrag über die letzte Ruhestätte der Caritas Pirckheimer mit den Worten schließen: In Ehrfurcht neigen wir uns vor der großen geschichtlichen Gestalt der Äbtissin und Humanistin Caritas Pirckheimer. Wir wollen, wie sie es allzeit getan hat, nur der Wahrheit dienen, auch im Hinblick auf ihre irdische Ruhestätte^.

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Friedrich, S. 2. Briefe, Nr. 151, S. 241. Friedrich, S. 1. Emil Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg 1896, S. 583; Fritz Schnelbögl, Friedhowerlegungen im 16. Jahrhundert, Jahrbuch für fränk. Landesforschung 34/35 (1975), S. 109—120. Mattausch, S. 71. Zu den Maßnahmen des Rates ebd. S. 60ff. Dumrath, Besprechung, S. 136f. Syndikus, S. 52—68. Friedrich, S. 2; Dumrath, Besprechung, S. 136.

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DIE BLOMMART UND IHR HANDELSHAUS Ein Beitrag zur Geschichte der niederländischen Kaufleute im Nürnberg des 17. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Familien de Brasserie, Buirette und von Lierdt

Von Gerhard Seibold 1. Zur Situation Nürnberg war zu Beginn der Neuzeit ein Wirtschaftszentrum ersten Ranges. Vor allem die verkehrsgünstige Lage und der unternehmende Geist, welcher die in dieser Region ansässigen Kaufleute beflügelte, bewirkten, daß dem Stadt-Staat immer größere Bedeutung zuwuchs. Dies fand seinen deutlich erkennbaren Niederschlag in der Wertschätzung, welche das Reichsregiment der Stadt zuteil werden ließ. Im Gegensatz zu anderen oberdeutschen Städten gelang es Nürnberg, seine wirtschaftliche Bedeutung auch in der zweiten Hälfte des 16. Jhs. und im Verlauf des 17. Jhs. auf einem relativ hohen Niveau zu halten. Dies muß überraschen, da die Stadt während dieser Zeit mit vielfältigen Problemen konfrontiert war — der Verlagerung der Handelswege, der Umstrukturierung der Kaufmannsgesellschaften und der Veränderung der politischen Landschaft. Daß diesen Tendenzen erfolgreich begegnet werden konnte und damit auch im 17. Jh. der Stadt ein hohes Maß von Prosperität erhalten werden konnte, wenn man einmal von den direkten Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges absieht, dafür sorgte nicht zuletzt eine große Zahl ausländischer Kaufleute, welche sich in Nürnberg niedergelassen hatten. Nürnberg hat als Meßort nie seine regionale Beschränktheit überwinden können. Die jährlich einmal abgehaltene Heiltumsmesse darf zwar nicht unterschätzt werden, doch konnte sie niemals in Konkurrenz zu den Verkaufs­ veranstaltungen in Leipzig, Frankfurt oder Bozen treten. Dies hatte seine Ursache sicherlich auch darin, daß der Nürnberger Kaufmann die notwendige Agilität besaß und auch weite Reisen in Kauf nahm, wenn dies seiner Wirtschaft von Nutzen war. Die logische Folge dieser Intension war die Einrichtung von Faktoreien an den maßgebenden Handelsplätzen. Zahlreiche Handelsprivilegien, vor allem Zollfreiheiten, stellten den Kontakt zum euro­ päischen Ausland her1. Im Verlauf des 16. Jhs. ergeben sich hier deutliche Veränderungen. Während der Kontakt zu auswärtigen Kaufleuten bisher vorwiegend außerhalb von Nürnberg stattfand, kamen jetzt mehr und mehr fremde Kaufleute nach Nürnberg2. Dies hat zum einen mit dem Erlahmen des Nürnberger Unterneh1 Stellvertretend für zahlreiche andere Veröffentlichungen sei hier auf Pfeiffer, Gerhard: Nürnberg — Geschichte einer europäischen Stadt. München 1971, hingewiesen. 2 Hier muß vor allem Bartholomäus Viatis genannt werden, welcher sich als zugewanderter Italiener zum führenden Kaufmann Nürnbergs profilieren konnte; vgl. Seibold, Gerhard: Die

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mertums, zum anderen aber wohl entscheidend mit der veränderten politi­ schen Weltlage zu tun. Das Erstarken der ans Reich angrenzenden Territorien, die Verschiebung der alten Handelswege, die religiöse Entzweiung usw. waren dem Wirtschaftsleben mehr als hinderlich. So zeigte sich der Nürnberger Rat den Fremden gegenüber zunehmend liberaler und gestattete sogar die dauern­ de Niederlassung innerhalb der Stadtmauern. Die Entwicklung vollzog sich vor allem unter dem Zwang der bestehenden Verhältnisse, welche auch für das wohlhabende Nürnberg eine deutliche Sprache redeten. Zwar wurden vom Rat des öfteren Überlegungen im Hinblick auf die ausländischen Handelsleute angestellt, vor allem weil sie häufig das Schutzgeld oder die Nachsteuer schuldig blieben bzw. weil befürchtet wurde, daß die einheimische Wirtschaft durch die Aktivitäten der Fremden beeinträchtigt werden würde, doch scheute man andererseits vor restriktiven Maßnahmen zurück. Man wollte weder die ausländischen Kaufleute noch deren Obrigkeit brüskieren. Die Gefahr der Abwanderung in andere deutsche Städte bzw. die Diskriminierung des Nürn­ berger Kaufmanns im jeweiligen Heimatland der Ausländer erschien als Konsequenz immer zu riskant3. Den fremden Kaufleuten wurde schließlich soviel Bedeutung beigemessen, daß man auch außerhalb der Steuerlisten ihre schriftliche Erfassung veranlaßte. Aus dem Zeitraum 1593 bis 1602 sind verschiedene entsprechende Aufstellun­ gen erhalten geblieben, welche nach geographischen Gesichtspunkten geglie­ dert sind4. Es wird nach Kaufleuten aus Ober- und Hochdeutschland, nach Niederländern und nach Personen, welche aus Welschland kamen, unterschie­ den. Offensichtlich hatte Nürnberg für Franzosen und Engländer oder gar Spanier wenig Anziehung besessen. Jedenfalls erachtete es der Rat als unnötig, diese zu registrieren. Da in diesem Zusammenhang speziell die Niederländer interessieren, sei vermerkt, daß hierunter sowohl Personen zu verstehen sind, welche ihre Heimat in dem Gebiet hatten, welches die Niederlande heute einnehmen, als auch die Bewohner der damals spanischen Provinzen dieser Region, die heute in etwa mit Belgien gleichzusetzen sind. Viele deutsche Kaufleute unterhielten in den bedeutenden Handelsstädten dieses Gebietes ihre Niederlassungen, die zum Ausgangspunkt ihrer wirtschaftlichen Aktivitä­ ten nach England und der iberischen Halbinsel wurden5. Dies gilt in hohem Viatis und Peiler. Beiträge zur Geschichte ihrer Handelsgesellschaft. Köln/Wien 1977, S. 6ff. Der Verfasser war bestrebt, in konsequenter Fortsetzung dieser Arbeit, welche sich mit der Situation des italienischen Kaufmanns beschäftigt, hier den Niederländer zu betrachten. Nachdem der deutsche Kaufmann, vor allem der patrizische, in zahlreichen Schriften eine Würdigung fand, wäre es wünschenswert, wenn an anderer Stelle der nichtpatrizische, evt. auch der zugezogene deutsche und vor allem auch der jüdische Kaufmann in seiner Bedeutung für die Nürnberger Wirtschaft gewürdigt werden würde. 3 Stadtarchiv Nürnberg (StadtAN): Handelsvorstand (HV), Nr. 2627. 4 Staatsarchiv Nürnberg (StaatsAN): Bestand Reichsstadt Nürnberg, D-Akten Nr. 4178. Vgl. Kolbmann, Georg: Fremde Handelsleute in Nürnberg. In: Blätter für fränkische Familien­ kunde, Heft 3, Nürnberg 1928 S. 79—84 und S. 100—106. 5 Vgl. Häpke, Rudolf: Der deutsche Kaufmann in den Niederlanden. In: Pfingstblätter des Hansischen Geschichtsvereins, Blatt 7, Leipzig 1911, S. 44.

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Maße für das 14. und 15., jedoch nur noch bedingt für das 16. Jh. Die Religionskriege und die anschließende Aufteilung der Generalstaaten beende­ ten diese Entwicklung6. Entweder bediente man sich in Zukunft zur Aus­ übung der kaufmännischen Tätigkeit niederländischer Kommissionäre, welche in ihrem Heimatland ansässig waren, oder man suchte Kontakt zu den sich allmählich in Deutschland niederlassenden Fremden. Kontakte zwischen Nürnberg und den Niederlanden haben bereits im 12. Jh. bestanden. Dabei waren die Deutschen vor allem an den niederländischen Tuchen, den Erzeugnissen der Metallindustrie, an Kolonialwaren, Drogen und an Fischen interessiert. Nürnberg lieferte Südfrüchte, Spezereien, des weiteren Waren aus Eisen, Messing, Blech und Zinn7. Die führenden Nürnberger Handelshäuser, wie die Imhoff und Tücher, unterhielten wie ihre Augsburger Konkurrenten Faktoreien auf dem niederländischen Territorium. Schon im Anfangsstadium wurde in den Niederlanden die Reformation unterdrückt. Hier konnte Karl V. weitaus konsequenter gegen die „Ketzer“ Vorgehen als im Reich, wo er durch verschiedene Städte und Fürsten in der Verfolgung seiner Zielsetzungen behindert wurde. In immer neuen Wellen verließen daraufhin Tausende ihre Heimat. Es war nur logisch, daß Nürnberg, welches sich dem neuen Glauben angeschlossen hatte, ein bevorzugter Zielort wurde. Diese Entwicklung wurde vom Nürnberger Rat mindestens zeitweise sehr gefördert, kamen doch dadurch auch Handwerker nach Nürnberg, welche es verstanden, die englischen Tuche, die einen immer größer werdenden Marktanteil eroberten, zu bearbeiten (waschen, walken, scheren, färben und planieren)8. Diese Entwicklung hielt bis ins 17. Jh. hinein an. Aber auch andere deutsche Städte konnten einen starken Zuwachs an niederländischen Einwan­ derern verzeichnen. Vor allem ist hier Frankfurt zu nennen, welches schon allein auf Grund seiner wirtschaftlichen Bedeutung über einige Attraktivität verfügte. Dietz ist der Meinung, daß es neben Frankfurt auch die Städte Leipzig, Hamburg und Danzig ihrer großzügigen Aufnahme von Glaubens­ flüchtlingen zu danken haben, daß hier die Grundlagen für eine weitergehende wirtschaftliche Entfaltung gelegt wurden. Denn was für das Nürnberg des ausgehenden 16. Jhs. an negativen Einflußfaktoren gegeben war, hatte auch im wesentlichen für die anderen deutschen Handelsmetropolen Geltung9. Auch Nürnberg hätte zweifellos das Schicksal Augsburgs und der anderen oderdeut­ schen Handelsstädte geteilt, hätte es sich diesem Zustrom ausländischer Kaufleute verschlossen. Der wirtschaftliche Niedergang konnte dadurch bis ins 18. Jh. hinausgeschoben werden. 6 Wegen der politischen Situation in dieser Zeit vgl. Geyl, Pieter: The Netherlands in the 17th Century. Band 1 (1609—1648), London 1961. 7 Vgl. Pilz, Kurt: Nürnberg und die Niederlande. In: Mitt. d. Vereins f. Geschichte d. Stadt Nürnberg (MVGN), Band 43, Nürnberg 1952, S. lff. 8 Neidiger, Hans: Die Entstehung der evangelisch-reformierten Gemeinde in Nürnberg als rechtsgeschichtliches Problem. In: Mitt. d. Vereins f. Geschichte d. Stadt Nürnberg, Band 43, Nürnberg 1952, S. 226—231. 9 Vgl. Dietz, Alexander: Frankfurter Handelsgeschichte. Band 2, Frankfurt/Main 1921, S. 11 ff.

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Gerade Frankfurt scheint in dieser Haltung das Vorbild Nürnbergs gewesen zu sein, denn diese Stadt war bereits erheblich früher mit dieser Entwicklung konfrontiert worden. Hier hatte der ausländische Kaufmann schon immer eine Heimstätte. Diese Liberalität war die Basis, auf der die Messen prosperieren konnten. Bereits zu Beginn der 50er Jahre des 16. Jhs. hat es in Frankfurt eine erste Masseneinwanderung von Flüchtlingen aus den südlichen Niederlanden gegeben. Diese hielt bis ca. 1590 an. Während des ganzen 17. Jhs. ist dann eine indirekte Einwanderung zu verzeichnen, d. h. Anhänger der reformierten Kirche lassen sich in Frankfurt nieder, welche ursprünglich eine andere deutsche Stadt als Wohnsitz gewählt hatten, z. B. Aachen oder Köln, dort aber von der katholischen Partei schließlich vertrieben wurden. Neben Frankfurt sind in diesem Zusammenhang vor allem Hanau und Frankenthal zu nennen. Alle drei Städte sind für Nürnberg von einiger Bedeutung, denn die in Nürnberg ansässig gewordenen Niederländer kamen vielfach auf dem Umweg über diese Zwischenstationen nach Franken. Namen wie Legrand, de Famars, du Fay, d’Orville, de Neufville, de Bary, Franeau, Sandrart, Campoing etc. stehen nur stellvertretend für zahlreiche andere Familien, welche durch gemeinsame Handelsinteressen und auf Grund ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen diese Städte noch fester miteinander verknüpften. Mitglieder dieser Familien lassen sich zumeist über mehrere Generationen hinweg in Frankfurt und Nürnberg nachweisen. Neben den Handwerkern befand sich unter den Zugezogenen auch eine Reihe von Kaufleuten. Diese hatten in aller Regel auch schon vorher Ge­ schäftsbeziehungen zu Nürnberg unterhalten. Sehr rasch gelang es ihnen, ihre Handelshäuser in Nürnberg zu etablieren. Die Gründe für den außerordent­ lichen Erfolg so vieler Niederländer sind in ihrem hervorragenden Unterneh­ mungsgeist, in der genauen Kenntnis ihres heimatlichen Marktes und in ihren fortschrittlichen Arbeitsmethoden zu suchen. Dietz stellt für Frankfurt fest, daß sie eine ganze Reihe von neuen Handelszweigen und Industrien in dieser Stadt eingeführt haben, dazu gehören die Seidenindustrie, der Handel mit belgischen Stoffen, die Tuch- und Seidenfärberei, die Juwelen- und Edel­ metallindustrie, der Spezerei- und Materialwarenhandel und das Bank- und Börsengeschäft10. Dies alles gilt, wenn auch mit Abstrichen, ebenso für Nürnberg. 2. Familiengeschichte Auch die Familie Blommart war niederländischer Herkunft. Daneben werden in diese Betrachtung aber auch die Familien de Brasserie, Buirette und von Lierdt miteinbezogen. Dies einfach deswegen, weil zeitweise gemeinsam Handelsgesellschaften betrieben wurden oder weil enge verwandtschaftliche Bande zwischen diesen Familien bestanden. Damit ist auch gleichzeitig der 10 Vgl. ebenda Band 2, S. 19.

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Kreis der namhaftesten niederländischen Kaufleute beschrieben, die in Nürn­ berg ansässig waren. Während die Blommart dem flämisch-niederländischen Bevölkerungsteil der Niederlande zugeordnet werden können, sind die von Lierdt und die Buirette wallonisch-französischer Herkunft. Der Hennegau war ihre Heimat. Die Buirette stammten aus der Gegend von Mons, die von Lierdt aus Tournai. Die Blommart hatten ihre Heimat in Oudenaerde. Im Falle der de Brasserie ist nicht bekannt, woher sie kamen, doch kann wohl aus dem Jahr ihrer Einwande­ rung (1575) in Nürnberg geschlossen werden, daß sie in dem südlichen, an Frankreich angrenzenden Teil Belgiens zu Hause waren. Eventuell kann auch für sie als Herkunftsort Tournai gelten, stirbt doch ein Angehöriger dieser Familie 1641 dort. Ob dies Zufall war, in Verfolgung irgendwelcher wirtschaft­ licher Interessen oder auch im Zuge des Besuches der Stadt seiner Vorfahren, entzieht sich unserer Kenntnis11. Das besagte Gebiet war dem Zugriff der Spanier bereits erheblich früher ausgesetzt gewesen als die nördlichen Regio­ nen. Demzufolge setzte der Flüchtlingsstrom aus diesem Distrikt auch wesentlich zeitiger ein. Bereits 1567 wurde Valenciennes erobert. Damit war der gesamte Hennegau, wo zahlreiche Niederländer herkamen, welche sich in Nürnberg angesiedelt haben, in spanischer Hand. Ein zweiter Schwerpunkt, der Bereich der Städte Antwerpen und Gent, mußte sich 1584/85 der Über­ macht der Spanier beugen. Johann de Brasserie ist der erste aus der hier zu behandelnden Gruppe, der sich in Nürnberg niederläßt. 1575 zahlt er für seine Aufnahme in der Stadt 10 fl.12. Abraham Blommart erhält das Bürgerrecht am 13. 6. 161213. Die von Lierdt werden in den Nürnberger Quellen 1620 erstmals genannt14. Es kann also wohl davon ausgegangen werden, daß sich diese Familie in den Jahren unmittelbar davor in Nürnberg ansässig machte. Die Buirette lassen sich schließlich 1660 in Nürnberg nieder15. Sie gehören zu der Gruppe der indirekten Einwanderer, welche erst über die Zwischenstationen Aachen und Frankfurt den Weg nach Nürnberg fanden. Die Blommart stammen aus dem kleinen Ort Zingem bei Oudenaarde. Dort kann im 14. Jh. ein erster Namensträger nachgewiesen werden. Der Enkel dieses Jan Blommart läßt sich dann in Oudenaarde nieder. In dieser Stadt verblieb die Familie, bis der Vater des uns interessierenden Abraham, Joos Bommart, mit seiner Frau Maria de Grave nach Gent übersiedelte. Dort wurde auch der Sohn Abraham 1584 geboren. Bereits 1587 findet sich die Familie 11 Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 37, S. 203. StaatsAN: G. L. Meesters, Utrecht hält eine Herkunft der de Brasserie aus Oberitalien ebenfalls für denkbar. Meesters bin ich für zahlreiche weitere Hinweise zu Dank verpflichtet. 12 Staatsarchiv Nürnberg: Rep. 52b (Amts- und Standbücher), Nr. 300, Fase. II, S. 133. 13 Vgl. Meesters, G. L.: Blommaert (Oudenaarde, Oost-Viaanderen). In: Jaerboek van het Centraal Bureau voor Genealogie, Den Haag 1971, S. 252. 14 StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 1034. 15 Seifert, Johann: Hoch-Adeliche Stam-Taffeln. 4. Teil, Regensburg 1732, Tafel Buirette.

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jedoch in Amsterdam. Hier stirbt Maria Blommart 1598. Den Vater, der als Kaufmann mit Leinwand, Seide, Flachs, Tabak, Zimt, Harz und Waffen handelte, hat es anschließend nach Rouen verschlagen, wo er 1601 stirbt16. Zu diesem Zeitpunkt ist Abraham gerade 17 Jahre alt. Über sein Leben bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er in Nürnberg in Erscheinung tritt, kann nichts berichtet werden. Aus einem Ratsverlaß vom 13. 6. 1612 ergibt sich, daß ihm zu diesem Zeitpunkt das Bürgerrecht zugestanden wurde1?. Nachdem er jedoch bereits 1613 in Nürnberg Grundbesitz erwerben konnte, darf wohl davon ausgegan­ gen werden, daß er auch vor seiner Nürnberger Zeit als erfolgreicher Kauf­ mann tätig gewesen ist. Eine Identität mit dem Maler und Kupferstecher gleichen Namens muß verneint werden, auch wenn verschiedene Gemeinsam­ keiten eine solche Annahme durchaus nahelegen. Die Verleihung des Bürger­ rechts ist wohl in direktem Zusammenhang mit seiner Eheschließung mit Esther de la Rue zu sehen, welche am 26. 8. 1612 stattfand. Als Tochter des Seidenfärbers Daniel de la Rue und der Esther von Quickeiberg gehörte diese ebenfalls zum Kreis der niederländischen Glaubensflüchtlinge, welche sich in Nürnberg niedergelassen hatten. Allerdings hatte die Familie de la Rue diesen Schritt bereits eine Generation vorher vollzogen, so daß Esther nicht im heimatlichen Valenciennes, sondern bereits in Nürnberg geboren wurde18. Durch diese Beziehung kam Blommart in Kontakt mit den einflußreichen Familien Quickeiberg und Malebrandt, welche auch über familiäre Beziehun­ gen nach Frankfurt verfügten. Der Großvater von Esther Blommart, Stefan Quickeiberg, hat mit seinem Schwiegervater Jörg Malebrandt die Seidenfärbe­ rei in Nürnberg eingeführt19. Nicht ausgeschlossen werden kann, daß Blom­ mart vor seiner Verehelichung im de la Rue-Quickelberg-Malebrandtschen Familienunternehmen tätig gewesen ist. Zwölf Kinder werden den Eheleuten in den Jahren 1613 bis 1638 geboren, von denen jedoch sieben noch als Kinder oder Heranwachsende sterben. Ein weiterer Sohn, Johannes, stirbt im Alter von 22 Jahren. Zur Ehe gelangen nur die beiden Töchter Esther und Susanna und die den Stamm fortsetzenden Söhne Jacob und Wilhelm. Bereits 1642 folgt Esther Blommart ihren früh verstorbenen Kindern im Tode nach. 1656, im Alter von 72 Jahren, beendet Abraham Blommart sein erfolgreiches Kaufmannsdasein. Bereits am 26. März 1613 kann Blommart das Haus zum Greifen unterhalb der Judengasse im Stadtteil St. Sebald für 2200 fl. kaufen20. Bis 1737, dem Jahr, in welchem der Nürnberger Zweig der Familie Blommart aus stirbt, sollte 16 Vgl. Meesters, G. L.: a. a. O. S. 252. 17 StaatsAN: Rep. 60a (Ratsverlässe), Band 1871, S. 11 (13. 6. 1612). 18 Landeskirchliches Archiv, Nürnberg: Ehebuch St. Lorenz (26. 8. 1612) und Taufbuch St. Lo­ renz (17. 10. 1594). 19 Vgl. Neidiger, Hans: a. a. O. S. 243. 20 StadtAN: Lochners Norica, Band VII, llOf. Karl Kohn, Nürnberg verdanke ich die Mittei­ lung, daß dieses Gebäude der heutigen Martin-Treu-Str. (Prechtelsgasse 10) entspricht (alte Zählung Nr. S. 1123a).

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dieses Gebäude als Wohn- und Geschäftshaus den Interessen von Familie und Handlung dienen. Der Kreis der Ehegatten, aus welchem die Schwiegerkinder Abraham Blommarts kommen, kennzeichnet die politische, wirtschaftliche und religiöse Situation, in welcher die niederländischen Kaufleute standen. Auf Grund der politischen Gegebenheiten, welche das Zusammenleben der Bürger der freien Reichsstadt regelten, war auch eine Heirat gewissen Zwängen unterworfen. Ein Anschluß an das Patriziat verbot sich schon auf Grund der sozialen Distanz. Handwerker, Kleingewerbetreibende und vergleichbare Berufsgrup­ pen schieden aus den gleichen Gründen aus, nur daß in diesem Fall der wohlhabende Kaufmann eine solche Heirat als unter seinem Stand empfand. Demnach verblieb das Bildungsbürgertum und der Kreis der vermögenden Kaufleute. Hier fanden die Blommart ihre Ehegatten, wobei das reformierte Bekenntnis zu einer weiteren Beschränkung zwang. Wie bereits festgestellt worden ist, setzte sich die Bevölkerung, welche sich zum reformierten Glauben bekannte, vornehmlich aus Niederländern zusam­ men. Das zweitstärkste regionale Kontingent innerhalb dieser Glaubens­ gemeinschaft stellten die Oberpfälzer. Diese hatten ähnlich wie die Niederlän­ der ihre Heimat wegen ihres Glaubens verlassen müssen, als die Oberpfalz unter die Herrschaft Maximilians von Bayern gekommen war. Den Hugenot­ ten verschloß die Reichsstadt allerdings, wenn man von einigen Ausnahmen absieht, ihre Tore. Deshalb konnte es zur Ansiedlung in den lutherischen Fürstentümern Ansbach und Bayreuth kommen, wo sich ihr großer Unterneh­ mungsgeist bald zu einer emstzunehmenden Konkurrenz für die Wirtschaft Nürnbergs entwickeln sollte. Bei den Schweizern, Engländern, Savoyarden und Schotten reformierten Glaubens, welche sich in Nürnberg niederließen, handelte es sich dagegen um keine Glaubensflüchtlinge. Für sie wurde Nürn­ berg zur zweiten Heimat, weil sie sich wirtschaftliche Erfolge von dieser Umsiedlung versprachen21. Ausfluß des Zusammenhalts unter den Reformier­ ten, die sich als Minderheit zum Schutz gegen ihre Umwelt verbanden, war die Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen und zahlreiche Heiraten innerhalb dieser Familien. Die Familie Blommart nahm schon allein auf Grund ihrer wirtschaftlichen Potenz eine führende Stellung unter den Reformierten ein. Daneben scheint Abraham Blommart auch am Leben der religiösen Gemeinde an maßgebender Stelle beteiligt gewesen zu sein. In seinem Haus fand jene Gründungsversamm­ lung der reformierten Kirche am 4. Oktober 1650 statt, bei welcher erstmals Presbyter gewählt wurden. Dieses Datum wird als Gründungstag für die reformierte Gemeinde betrachtet, die demnach inzwischen auf eine mehr als 300jährige Tradition in Nürnberg zurückblicken kann22. Auch die Kosten, 21 Vgl. Neidiger, Hans: a. a. O. S. 225ff. 22 Vgl. Schombaum, Karl: Dreihundert Jahre evangelisch-reformierte Gemeinde Nürnberg. 1650—1950. Nürnberg 1950, S. 5.

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welche für die Errichtung eines Gotteshauses in Stein aufgebracht werden mußten, wurden mehrheitlich von der Familie Blommart übernommen23. Auf dieser Linie liegen auch die Heiraten, welche die Kinder des Abraham Blommart eingingen. Die Tochter Esther war mit dem Handelsmann Hans Heinrich Schnuck verheiratet. Dieser war in erster Ehe mit Esther de Brasserie verheiratet gewesen. Ihre Schwester Susanna war mit dem Reformierten Abraham Pierrat vermählt, welcher aus Metz stammte und gemeinsam mit seinem Bruder ein Handelsunternehmen betrieb24. Nachdem seine Frau bereits 1658 starb, heiratete er in zweiter Ehe deren Nichte Sara Johanna Blommart, die Tochter ihres Bruders Wilhelm. Dieser seinerseits war gleich viermal verheiratet. Seine erste Gemahlin war Johanna de Brasserie25. Nach deren frühem Tod vermählte er sich mit Anna Elisabeth Salmuth, der Tochter des kurpfälzischen Pfarrverwalters in Nabburg. Es folgte Gertrud Decker, die Witwe des Martin Hartung. Diese, ebenfalls reformierten Bekenntnisses, stammte aus Maastricht. Den Schluß bildete Rachel du Fay aus Frankfurt, Mitglied einer einflußreichen Kaufmannsfamilie, welche aus Valenciennes in Frankfurt eingewandert war26. Sein Bruder Jacob hatte in erster Ehe ebenfalls eine de Brasserie zur Gemahlin. Seine zweite Frau war Maria Sieß, Tochter des über Aachen nach Nürnberg eingewanderten Metallwarengroßhändlers und Hammerwerksbesitzers Abraham Sieß. Dieser wurde bei seiner Bürgeraufnah­ me mit einem Vermögen von 9000 bis 10000 fl. ins Pergamentene Bürgerbuch eingetragen, welches den wohlhabenden Personen Vorbehalten war27. 1662 bzw. 1667 werden aus Sießschem Nachlaß Gebäude an der Fleischbrücke für einen Gesamtwert von 8 800 fl. verkauft, an deren Erlös Maria, die einzige Tochter aus der Ehe von Jacob Blommart mit Maria Sieß, beteiligt ist28. Sieß stammte aus Acken, seine Frau Elisabeth Kill aus Toumai, womit erneut ein Hinweis auf diese Stadt gegeben ist. Über die Jugend und den beruflichen Werdegang der beiden Söhne des Abraham Blommart ist nicht viel bekannt. Vermutlich wird sich deren Leben in den für ihren Stand und ihre beruflichen Interessen gültigen Bahnen vollzogen haben. Wilhelm hatte seine Ausbildung in Delft begonnen und zeitweise in London fortgesetzt283. Es darf wohl angenommen werden, daß beide im Handelshaus des Vaters beschäftigt waren. 1641 erteilt Abraham Blommart seinem inzwischen 23jährigen Sohn Jacob erstmals Prokura über sein Konto, welches er beim Banco Publico unterhält. Diese Vollmacht wird 1643 um weitere drei Jahre verlängert. 1645 wird Wilhelm von seinem Vater 23 24 25 26

Ebenda S. 12. Neidiger, Hans: a. a. O. S. 246. Vgl. Stammtafel Blommart. Vgl. Meesters, G. L.: a. a. O. S. 256. Die Hartung gehörten zum Kreis der oberpfälzischen Exulanten, vgl. Neidiger, Hans: a. a. O. S. 248. 27 Vgl. Neidiger, Hans: a. a. O. S. 244. 28 StadtAN: Libri litt., Band 175, S. 8 ff. (19. 2. 1662) und Band 176, S. 135 (6. 2. 1667). 28a Mitteilung von C. L. Meesters.

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entsprechend ermächtigt29. Dieser ist zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt, wohl das Alter, in dem die heranwachsenden Kaufmannssöhne mit diesen Aufgaben betraut wurden. Während Wilhelm auch im Verlauf der nächsten Jahre entsprechend eingesetzt wird, tritt sein Bruder in diesem Zusammenhang nicht mehr in Erscheinung. Es darf wohl angenommen werden, daß er sich 1644 selbständig gemacht hat. Sein erstes Domizil ist im Bereich des BarfüßerKlosters zu suchen, denn in einem Haus gegenüber diesem Bauwerk stirbt seine erste Frau Judith bereits 164530. Zu Beginn desselben Jahres hat Wilhelm die Schwester seiner Schwägerin, Johanna de Brasserie, geheiratet. Es über­ rascht, daß der jüngere der Brüder im Elternhaus wohnen bleibt und anschei­ nend auch zum Nachfolger im Familienunternehmen auserkoren ist. Noch zweimal, 1647 und 1649, wird er von Abraham Blommart zum Bevollmächtig­ ten ernannt. 1653 tritt er dann erstmals als derjenige in Erscheinung, welcher dieses Recht an Dritte überträgt31. Daraus darf wohl geschlossen werden, daß er zu Beginn der 50er Jahre die Nachfolge seines Vaters angetreten hat. Jacob konnte in der Folgezeit ein Haus in der Alten Ledergasse erwerben, wo seine zweite Frau Maria Sieß 1652 stirbt. Auch der jüngere Bruder Johannes, welcher in den Diensten seines Bruders Jacob stand, hat hier bis zu seinem frühen Tod, 1656, gelebt. Wiederholt wird er in den Banco PublicoAkten als Bevollmächtigter seines Bruders genannt. Verschiedentlich gibt er die Prokura, wenn er an der Ausübung seiner Rechte und Pflichten verhindert ist, an den gemeinsamen Bruder Wilhelm weiter32: Ein Indiz dafür, daß sich die Brüder in durchaus gütlichem Einvernehmen getrennt hatten. Wenig ist über den privaten Lebensbereich des Jacob Blommart bekannt. Bereits mit 34 Jahren ist er zum zweiten Mal Witwer geworden. Drei Töchter erreichen das Erwachsenenalter, von denen jedoch zwei bereits zu seinen Lebzeiten verstarben. Alle drei haben wieder in Kaufmannsfamilien eingeheira­ tet. Die älteste, Susanna Judith, war mit Anton Fermont verheiratet. Dieser war der Sohn des aus Lyon zugezogenen Kaufmanns Paul Fermont und mütterlicherseits ein Enkel des reichen Cornelius Le Brun33. Die zweite Tochter bescherte ihm in ihrem Ehemann Isaac Buirette den Nachfolger für sein Handelshaus, welches er mangels Sohn einem Schwiegersohn übergeben mußte. Maria, die dritte Tochter, heiratete schließlich den Frankfurter Kaufmann Johann Franeau, ebenfalls reformiert und von niederländischer Abstammung34. Bei den Kindern des Wilhelm Blommart läßt sich in der für das Handelshaus unzweckmäßigen Wahl der Ehegatten bereits deutlich das altbekannte Phäno29 30 31 32 33

StadtAN: HV Nr. 4622, S. 42 (25. 11. 1641), 53’ (28. 9. 1643) und 68’ (4. 10. 1645). StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 38, S. 217. StadtAN: HV Nr. 4622, S. 85 (13. 9. 1647), 99’ (27. 8. 1649) und Nr. 4635. StadtAN: HV, Nr. 4622, S. 52 (19. 3. 1646) 113 (30. 8. 1652), 117 (4. 8.1652), 122 (3. 8.1653). Wegen der Familie Le Brun vgl. Hirschmann, Gerhard: Stein bei Nürnberg. Nürnberg 1962, S. 45 ff. 34 Wegen Franeau vgl. Dietz, Alexander: a. a. O. Band 2, S. 30 und 32.

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men erkennen, welches häufig zum wirtschaftlichen Niedergang reich gewor­ dener Kaufmannsfamilien geführt hat. Zwar versuchte man nicht in adelige Familien einzuheiraten, dazu waren die Schranken wohl zu hoch, doch wurde die Mehrheit der Ehepartner aus dem Bildungsbürgertum gewählt, wobei jedoch nach wie vor Religion und landsmannschaftliche Herkunft bei der Entscheidung eine dominierende Rolle spielten. Von den Töchtern heirateten nur Sara Johanna und Barbara Elisabeth wieder in Kaufmannsfamilien ein. Die Erstgenannte heiratete den verwitweten Gatten ihrer Vaters Schwester Susanna Maria, Abraham Pierrat. Barbara Elisabeths Gemahl, Andreas von Lierdt, war ein Urenkel jenes Johann von Lierdt, welcher als erster dieser Familie in Nürnberg festgestellt werden kann35. Auch der Sohn Jacob, welcher die Nachfolge seines Vaters als Inhaber des Blommartschen Handelshauses antrat, vermählte sich mit einer Kaufmannstochter. Er heiratete 1688 die Tochter des Fürther Handelsmannes Paulus Lersch36. Durch diese Heirat wurde er mit der einflußreichen, ehemals Schaffhausener Familie Peyer gleich zweimal verschwä­ gert, die im Nürnberger Wirtschaftsleben dieser Zeit eine maßgebliche Rolle spielte. Mütterlicherseits konnte seine Frau genauso wie er selbst niederländi­ sche Vorfahren nachweisen, so daß man auch unter diesem Gesichtspunkt innerhalb der angestammten Traditionen verblieb. Die neue familienpolitische Ausrichtung wird auch an Jacobs Bruder Anton erkennbar. Obwohl der ältere der beiden Brüder, avancierte er nicht zum Handelsmann, sondern studierte in Leyden und Heidelberg Medizin. Nach erfolgter Promotion läßt er sich in Nürnberg als Stadt-Physikus nieder. 1692 stirbt er unverheiratet im Familienstammhaus in der Judengasse37. Esther Barbara heiratete den Maler Joachim von Sandrart, welcher wohl in seiner Zeit der namhafteste in Nürnberg ansässige Künstler war. Als Sohn eines Kauf­ manns war er 1606 in Frankfurt geboren worden38. Philippine Christine heiratete den Kasseler Oberhofprediger und Superintendenten Philipp Otto Vietor. Ihre Schwester Susanna Judith hatte ebenfalls einen Geistlichen zum Gemahl. Johann Ludwig Langhans wirkte als Hofprediger unter zwei Kurfür­ sten in Heidelberg. Ihre Kusine Maria Blommart, welche in erster Ehe mit dem Kaufmann Johann Franeau verheiratet war, ging mit dem reformierten Franzo­ sen Francois Märtel eine zweite Ehe ein. Dieser war im Verlauf seiner geistlichen Laufbahn auch zeitweise als Hofprediger am preußischen Königs­ hof beschäftigt39. Ebenfalls in Heidelberg lebte Anna Elisabeth. Sie war mit dem Rektor des Heidelberger Gymnasiums Jacob Daniel Humbart vermählt. Die Gatten von Anna Catharina und Maria Magdalena waren die einzigen in diesem Kreis, welche nicht der reformierten Kirche angehörten. Der eine 35 36 37 38 39

Vgl. Stammbaum der Familie von Lierdt. Wegen Lersch vgl. Schwammberger, Adolf: Fürth von A bis Z. Fürth o. J., S. 241. StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 48, S. 414. Wegen Sandrart vgl. Pilz, Kurt: a. a. O. S. 106. Vgl. Meesters, G. L.: a. a. O. S. 255. Wegen Märtel vgl. auch Haas, Karl Eduard: Die Evangelisch-reformierte Kirche in Bayern. Neustadt/Aisch 1970, S. 244f.

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Schwager lebte als Arzt in Heidelberg, der andere war als Beamter in verschie­ denen Diensten tätig, zuletzt als Fürstbischöflich Würzburgischer Oberamt­ mann in Boxberg40. Die vierte Blommart-Generation, bei welcher es sich um die Kinder des jüngeren Jacob handelt, bestand nur aus fünf Personen, die ins heiratsfähige Alter gelangten. Catharina Elisabeth heiratet den Hanauer Handelsmann Hieronymus Varlut, dessen Familie ebenfalls aus Tournai stammte. Mit ihrem Bruder Johann Daniel Blommart, der die Nachfolge seines Vaters im Handels­ haus angetreten hatte, stirbt die Familie 1737 im Mannesstamm aus. Von ihm ist zwar bekannt, daß er ebenfalls in der Judengasse lebte, aber schon die genauen Lebensdaten seiner Frau und seiner Tochter sind nicht mehr zu ermitteln. Allein von seinem einzigen Sohn wissen wir, daß dieser bereits 1734 verstorben ist. Vom Bruder Johann Jacob und den Schwestern Esther Elisa­ beth und Maria Sara läßt sich nur soviel berichten, daß die abschließend Genannte wohl als letzte den Namen Blommart getragen hat (gestorben 1758 in Nürnberg). Ähnlich wie bei den Blommart, so stellt sich auch bei den de Brasserie und den von Lierdt die familiäre Situation dar. Allein die Buirette weichen hier von der Norm ab. Dies sowohl im Hinblick auf den relativ späten Zeitpunkt, zu dem sie sich in Nürnberg niederlassen, als auch was die soziale Schicht, aus der sie stammen und in welcher sie sich auch in Nürnberg bewegen, betrifft. Doch zunächst zu den de Brasserie, welche sich, wie bekannt, bereits 1575 in Nürnberg angesiedelt haben. Als Stammhaus fungiert ein Gebäude in der Fröschau, welches von Johann de Brasserie 1582 erworben wurde und das auch den nachfolgenden Generationen als Wohnung und zur Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit diente. Ein Teil seiner Kinder muß wohl noch vor seinem Zuzug in Nürnberg geboren worden sein, denn es lassen sich in den Kirchenbüchern erst ab 1579 Geburten von Brasserieschen Nachkommen feststellen41. Da der große Strom der niederländischen Flüchtlinge in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jhs. Nürnberg erreicht, müssen die Kinder des Johann de Brasserie ihre Ehepartner im wesentlichen außerhalb Nürnbergs suchen, denn auch hier scheint Handlungsmaxime gewesen zu sein, nur mit Reformierten eine Ehe einzugehen. Für diesen Zweck war Frankfurt wohl das naheliegendste Aktionsfeld. Hier hielt man sich sowieso anläßlich der Messen auf, hier gab es bereits einen großen Kreis reformierter Kaufmannsfamilien, welche sich als Ehepartner eigneten. Der Sohn Johann holte sich seine Ehefrau Rachel aus der reichen und angesehenen Frankfurter Kaufmannsfamilie de Famars. Diese war bereits 1579 oder früher in Frankfurt mit Johann de Famars, dem Vater der Rachel, zugewandert. Von hier ergeben sich verwandtschaft­ liche Beziehungen zu den gleichfalls aus Valenciennes kommenden du Fay42. 40 Vgl. Meesters, G. L.: a. a. O. S. 258ff. Ebenso Blommart-Stammtafel. 41 StadtAN: Libri litt., Band 98, S. 35 (13. 6. 1582). 42 Vgl. Dietz, Alexander: a. a. O. Band 2, S. 14.

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Desgleichen sind Verbindungen zu den Buirette festzustellen (Wilhelm Buirette war ebenfalls mit einer Rachel de Famars verheiratet). Die Tochter Susanna heiratet den aus Antwerpen stammenden, in Frankfurt eingewanderten Juwe­ lier Ruland Benoit, genannt von Cassel. Dieser verfügt 1591 bereits über ein Vermögen von 12000 fl.43. Sara de Brasserie hat sich mit Carl Pelzer aus NeuHanau vermählt44. Zwei Töchter, Elisabeth und Maria, sind mit den Brüdern Simon und Niclas Cordier verheiratet. Die beiden waren französischer Her­ kunft und 1595 bzw. 1599 in Nürnberg zugewandert. Simon konnte bei seiner Aufnahme ins Bürgerrecht, 1621, ein Vermögen von 20000 fl. nachweisen45. Um eine weitere Verbindung aufzuzeigen, sei erwähnt, daß eine Tochter von Niclas Cordier, Esther, mit Cornelius Le Brun verheiratet war, welcher Gesellschafter der Steirischen Stahlhandelsgesellschaft war46. Allein vom Ehemann der Johanna, Johann Betuli, konnte nicht festgestellt werden, welcher Nationalität er zugeordnet werden kann. Die Mutter dieser Kinder hat in zweiter Ehe Christoph Lescaliet geheiratet, welcher in Hanau lebte. Die dritte de Brasserie-Generation hat dann ihre Ehepartner vorwiegend in Nürnberger Familien gefunden. Nicht nur die Ehegatten, die aus den Familien Blommart und Buirette stammten, sondern auch die anderen Ehepartner rekrutierten sich vorwiegend aus Kaufmannsfamilien. Bei den Schwiegersöh­ nen Cornelius von Brecht, Peter Anton Treßal, Georg Hartung und Chri­ stoph Kreußner handelte es sich durchweg um reformierte Kaufleute. Corne­ lius von Brecht entstammte einer ehemals Antwerpener Familie. Die Treßal waren 1581 aus Savoyen nach Nürnberg gezogen. Hartung und Kreußner gehörten zum Kreis der Oberpfälzer47. Weitere Ehepartner stammten aus der deutschstämmigen Kaufmannsfamilie Schnuck47a, aus der Familie des Rats­ konsulenten Justinus Hardeßheim und der nicht näher bekannten Familie Lingelheim. Auch bei den Buirette sind es zunächst die Frankfurter Familien, die in der Stammtafel dominieren. Neben den bereits in anderem Zusammenhang ge­ nannten de Famars tauchen die Heidevier, d’Orville, Franeau und Campoing auf, durchweg reformierte Kaufmannsfamilien. Die Heidevier und Franeau stammten aus Mons, die d’Orville aus Valenciennes, die Campoing schließlich aus Antwerpen48. Um zu verdeutlichen, wie eng oft der Verwandtschaftsgrad 43 Ebenda S. 50, 72. In letzter Konsequenz kann nicht entschieden werden, ob Susanna de Brasserie mit dem von 1584—1610 in Frankfurt nachweisbaren Ruland Benoit verheiratet war oder mit einer Person gleichen Namens, welche 1607—1646 erwähnt wird. Es darf angenom­ men werden, daß es sich um Vater und Sohn handelte, wobei im Hinblick auf die Jahreszahlen Susanna eher die Frau des Älteren gewesen sein dürfte. 44 Staatsarchiv Nürnberg: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 153. 45 Vgl. Neidiger, Hans: a. a. O. S. 246. 46 Vgl. Hirschmann, Gerhard: a. a. O. S. 45, 53. 47 Vgl. Neidiger, Hans: a. a. O. S. 239 und 247f. 47a Meesters hält es auch für möglich, daß die Schnuck niederländischer Abstammung waren. Drei Hechte, die ihr Wappen darstellt, legen dies nahe (Hecht = Snoek auf holländisch, gesprochen Snuck). 48 Vgl. Dietz, Alexander: a. a. O, Band 2, S. 12, 30, 32, 60.

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der Ehepartner gewesen ist, sei nur darauf hingewiesen, daß Daniel Buirette und Susanna Franeau über ihre beiden Mütter (Halbschwestern — Töchter des Jacob Blommart aus seinen beiden Ehen mit Judith de Brasserie und Maria Sieß) Vetter und Kusine waren. Heiraten mit Nürnbergern lassen sich nur in drei Fällen feststellen (Kreußner, de Brasserie und Blommart). Bei den übrigen Ehen, welche von Angehörigen der Familie Buirette eingegangen wurden, wird deutlich, wie weit man sich bereits abgehoben hatte. Dies gilt vor allem für spätere Generationen, die sich ihre Ehegatten aus den adeligen Familien von Eyb, du Quesne, von Ausin, von Hormayr oder aus den Nürnberger Patrizier­ geschlechtern Kress und Löffelholz wählten, aber auch bereits für die zweite und dritte Nürnberger Generation, welche bevorzugt in die brandenburg­ preußische Beamtenschaft einheiratete. Aus diesem Kreis stammte der zweite Ehemann einer Enkelin des Isaac Buirette. Charlotte Eleonore heiratete Friedrich Samuel de Montmartin, den späteren Grafen und Staatsminister unter Herzog Karl Eugen von Württemberg. Die Ehegatten hatten als gemeinsamen Urgroßvater den älteren Jacob Blommart49. Die für die Familien Blommart, de Brasserie und Buirette getroffenen Feststellungen im Zusammenhang mit der Wahl ihrer Ehepartner treffen auf die von Lierdt nicht zu. Hier stammen die Ehegatten vorwiegend aus der Nürnberger Mittelschicht lutherischen Bekenntnisses. Ehen mit Reformierten können nur in zwei Fällen festgestellt werden, und zwar bei den Brüdern Johann David und Andreas, die in die Familien Lersch-Tüggel und Blommart einheirateten. An auswärtigen Ehepartnern kann nur deren Mutter, die aus Genf stammende Lydia Offredi, genannt werden. Eine Erklärung für diese Abweichung von der Norm kann sich nur in Vermutungen ergehen. Vielleicht spielte der reformierte Glaube für diese Familie eine nicht so maßgebende Rolle, vielleicht wollte man durch diese Verhaltensweise auch bewußt aus dem selbstgewählten Glaubens-Ghetto ausbrechen. Daß damit die gewünschten Folgen nicht ausblieben, beweist die Tatsache, daß von den vier hier behandel­ ten Familien die von Lierdt mit weitem Abstand die größte Zahl von Genannten für den Größeren Rat stellten. Dies gilt auch unter der Prämisse, daß diese Familie zahlreiche männliche Namensträger aufweisen konnte und damit die wesentliche Voraussetzung in hohem Maße erfüllte. Es kann also festgestellt werden, daß man unterschüttert am alten Glauben festhielt und dies auch innerhalb des Nürnberger Gemeindewesens immer wieder nach außen manifestierte. Zwar übernahm kein Mitglied dieser Fami­ lien ein Amt innerhalb der Kirchengemeinde, doch ließ man dieser Institution auf andere Weise vielfältige Unterstützung zuteil werden. Nur im Kreis der weiteren Verwandtschaft finden sich Personen, welche sich an der Gemeinde49 Vgl. o. V.: Allgemeine Deutsche Biographie. Band 22, Leipzig 1885, S. 204. Friedrich Samuel von Montmartin, Mutter Susanna Judith Märtel, Großmutter Maria Blommart, Urgroßvater Jacob Blommart — Charlotte Eleonore Buirette, Vater Johann Wilhelm Buirette, Großmutter Esther Blommart, Urgroßvater Jacob Blommart.

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Verwaltung beteiligten. Hier ist vor allem Abraham Sieß, der Schwiegervater des Jacob Blommart zu nennen. Von Wilhelm Bolmmart wissen wir, daß er 1650 mit einer Strafe von 50 fl. belegt wurde, weil er den Prediger Übelin in seinem Haus beherbergt und ihn beim Bürgerschreiber schlicht als Studiosus angemeldet hatte. Als schließlich noch ruchbar wurde, daß Übelin ein Kind des Jacob Blommart 1651 getauft hatte, beschloß der Rat einzuschreiten. Die Religionsausübung wurde erneut verboten und der Verlust des Bürgerrechts angedroht. Man war nun von reformierter Seite darum bemüht, außerhalb Nürnbergs geeignete Lokalitäten zur Abhaltung der Gottesdienste zu finden. Dies gelang zunächst in Heroldsberg, ab 1660 in Stein50. Die Kirchenordnung von 1661 wurde unter anderem auch von den Brüdern Daniel und Cornelius de Brasserie und von Jacob und Wilhelm Blommart unterschrieben51. 1703 gelang es dann in Nürnberg, wenigstens eine Behelfslösung zu finden. Unter dem damaligen Vorstand, zu welchem auch Isaac Buirette, Johann Wilhelm Buirette und Jacob Blommart gehörten, wurde mit Hilfe einer Spende von 7000 fl., die von Anton Buirette gegeben wurde, ein Gartengrundstück mit Haus vor dem Wöhrder Tor erworben. Hier konnte sich die reformierte Gemeinde zu ihren Gottesdiensten vereinigen52. 1803 wurde dieses Anwesen veräußert, nachdem ab 1800 die reformierte Religionsausübung innerhalb der Nürnberger Stadtmauern offiziell gestattet wurde. Ab diesem Zeitpunkt diente die Mar­ thakirche den Reformierten für ihre Zwecke. Auch Isaac Daniel Buirette und sein Sohn Carl Wilhelm haben in späterer Zeit der reformierten Gemeinde in reichem Maße ihre Unterstützung zuteil werden lassen. Vielleicht ist auf Grund dieser Situation auch zu erklären, warum die Kirchenbücher der evangelisch-lutherischen Gemeinde nur sehr unvollständig die Lebensdaten der Nürnberger Reformierten wiedergeben. Obwohl ein Wegzug in den meisten Fällen ausgeschlossen werden kann, wurde in den Kirchenbüchern oft in völlig willkürlicher Weise auf Eintragungen im Zusam­ menhang mit Reformierten verzichtet. Verließ man sich darauf, daß, nachdem die Gemeinde in Stein installiert war, dort die entsprechenden Eintragungen gemacht wurden, bzw. wurden den lutherischen Gemeinden von den Refor­ mierten aus diesem Grunde zeitweise keine diesbezüglichen Angaben gemacht? Jedenfalls wird dadurch die Erstellung von Stammtafeln erheblich erschwert,

50 Die Entstehungsgeschichte der evangelisch-reformierten Gemeinde wird anschaulich bei Haas, Karl Eduard: a. a. O. S. 92 f. und 98 ff. geschildert. 51 Ebenda S. 297. 52 Vgl. Schornbaum, Karl: a. a. O. S. 13ff. Eine Darstellung des Gartenanwesens hängt in Form eines Ölgemäldes im Saal der reformierten Gemeinde St. Martha, Nürnberg. Es verwundert, daß gerade Anton Buirette das Kapital zum Erwerb dieses Grundstücks zur Verfügung stellte, war er doch zu diesem Zeitpunkt erst 13 Jahre alt. Vielleicht hat es auch einen Familienangehö­ rigen gleichen Namens gegeben, der aber bis jetzt in den Akten nicht festgestellt werden konnte. Vgl. Waldau, Georg Ernst: Kirchengeschichte der evangelisch-reformierten Gemeinde zu Nürnberg. Nürnberg/Dessau 1783, S. 29 und 34.

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was sich auch speziell bei den Familien von Lierdt und de Brasserie gezeigt hat53. Man blieb also auf Grund der religiösen Gegebenheiten in Nürnberg eine Minderheit. Dies galt jedoch nicht allein für die Gruppe der Reformierten. Auch die italienischen Kaufleute, welche sich in Nürnberg niedergelassen hatten, konnten und wollten sich niemals assimilieren. Hier muß einmal von Fällen wie dem des Bartholomäus Viatis abgesehen werden, welcher mit seiner Familie in der deutschen Bevölkerung aufging. Sicherlich lag dies daran, daß Viatis ohne Familienclan nach Nürnberg gekommen war und somit gezwungen war, bei Fremden den notwendigen Anschluß zu suchen. Vor diese Wahl gestellt, war es sicherlich am zweckmäßigsten, sich an die Einheimischen zu binden54. Zugezogene Deutsche lutherischer Konfession oder auch die Exu­ lanten aus Österreich hatten diese Schwierigkeiten nicht. Soziale Hinderungs­ gründe können speziell im Fall der niederländischen Kaufleute verneint werden, da es sich hier durchweg um vermögende Personen handelte, so daß wenn auch nicht ins Patriziat, so doch wenigstens eine Einheirat in Hand­ werker- oder Kaufmannsfamilien möglich gewesen wäre. Diese Gegebenheiten blieben auch auf politischem Gebiet nicht ohne Folgen. Auf Grund dieser Situation war es ausgeschlossen, auf das Stadtregi­ ment wirklich Einfluß nehmen zu können. Diese Funktion war dem Inneren Rat Vorbehalten, welcher sich aus dem Patriziat rekrutierte. In sehr beschränk­ ter Weise konnte im Genanntenkollegium auf die Geschicke des Gemein­ wesens eingewirkt werden; für eine Lenkung auf wirtschaftlichem Gebiet bot sich das Amt des Marktvorgehers an. Nur zweimal sind Angehörige der Familie Blommart im Genanntenkollegium anzutreffen, und zwar mit Jacob (ab 1655) und seinem Bruder Wilhelm (ab 1656). Ohne Zweifel waren die Reformierten erheblich unterrepräsentiert, wenn man den damaligen Gegeben­ heiten Rechnung trägt; d. h. daß nicht der Bevölkerungsproporz entscheidet, sondern in erster Linie das Vermögen. Von den vier hier zu untersuchenden Familien sind die von Lierdt überraschend häufig in diesem Gremium vertre­ ten, nämlich mit Ruland (1625—1639), Michael (1626—1628), Daniel (1640— 1659)55, dem jüngeren Daniel (1674) und Johann Daniel (1694—1733). Diese Häufigkeit ist sicherlich darauf zurückzuführen, daß sich diese Familie in mehreren Linien fortpflanzte und damit zwangsläufig mehrere männliche Namensträger umfaßte. Von den de Brasserie werden Daniel (1647—1686) und

53 Vgl. die Genealogien de Brasserie und von Lierdt. Bei der Pfarrgemeinde St. Martha läßt sich als einziges Kirchenbuch aus der Zeit vor 1800 ein Ehebuch nachweisen, welches den Zeitraum 1703—1809 umfaßt. Dieses muß augenscheinlich aus Stein stammen. Auch dieses Buch beinhaltet jedoch bei weitem nicht alle reformierten Heiraten, welche in diesen Zeitraum fallen. 54 Vgl. Seibold, Gerhard: a. a. O. S. 15f. und S. 294ff. 55 Diese Angabe wird vermutlich falsch sein, da man üblicherweise auf Lebenszeit in dieses Gremium berufen wurde, Daniel aber erst 1666 starb.

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Cornelius (1653—1691), ebenfalls zwei Brüder, zu Genannten berufen56. Das Fehlen der Buirette läßt sich durch deren Status als Residenten des brandenburgischen Kurfürsten bzw. der preußischen Könige erklären, evt. auch durch die zeitweise Wohnsitzverlagerung nach Erlangen. Auch im Kreis der Marktvorsteher konnte kein Mitglied der vier Familien festgestellt werden. Dieses Gremium stand an der Spitze des Handelsvorstan­ des und damit der Nürnberger Kaufmannschaft. Auch für andere städtische Chargen scheinen sie nicht würdig befunden worden zu sein, man denke nur an das angesehene Almosenamt, in welchem Mitglieder vergleichbarer Kauf­ mannsfamilien als Beisitzer fungierten. Hier wird deutlich, daß den Reformier­ ten im allgemeinen und den Niederländern im besonderen in Nürnberg die notwendige Hausmacht fehlte, welche sie in bedeutende Positionen hätte lancieren können. Auch im Bereich der Justiz, in welchem viele einflußreiche Familien ihre Angehörigen als Advokaten, Ratskonsulenten oder Richter unterbringen konnten, gelang es ihnen nicht, dauerhaft Fuß zu fassen. Nur von Jacob Blommart ist bekannt, daß er als „Vorderster Zwölfer“ Mitglied des Bancogerichtes war57. Von Johann Justin de Brasserie, Sohn des Cornelius, wissen wir, daß er als Advokat am brandenburgisehen Kammergericht tätig war. Er ist allerdings bereits mit 26 Jahren verstorben, so daß seinem Wirken keine große Bedeutung beigemessen werden kann58. Allein den Buirette war es möglich, auf politischem Gebiet einige Bedeutung zu erlangen, wobei diese Entwicklung nicht auf Nürnberger Einflußfaktoren zurückzuführen ist. Be­ reits Isaac Buirette, welcher sich als erster dieser Familie in Nürnberg nieder­ ließ, wurde die Würde eines königlich preußischen Rats und Residenten zuteil. In dieser Funktion war er der Vertreter des preußischen Königs in allen Fragen, welche die Stadt Nürnberg betrafen. Sowohl sein Sohn Johann Wilhelm als auch sein Enkel Isaac Daniel Buirette hatten diese Stellung inne59. Letzterem scheint jedoch zeitweise die Akkreditierung als Vertreter des preußischen Königs durch die Stadt Nürnberg verwehrt worden zu sein. Daraufhin intervenierte Kaiser Karl VI. in zwei Schreiben vom 12. 4. 1727 und 6. 4. 1729 recht ungehalten beim Nürnberger Rat. In dieser Angelegenheit läßt sich noch bis 1746 Schriftverkehr feststellen60. Ordensverleihungen (Ritter des preußischen Ordens de la Generosite und Ritter des roten Adlerordens) und Namenszusätze, die in Verbindung mit den erworbenen Landgütern Wil­ helmsdorf, Rathsberg und Strahlenfels standen, unterstreichen die Dignität dieser Familie, die sich seit jeher, auch nach einem ehemals in ihrer Heimat 56 Vgl. Roth, Johann Ferdinand: Verzeichnis der Genannten des Größeren Rats. Nürnberg 1802, S. 116, 117, 125, 127, 130, 138, 146. 57 Vgl. Roth, Johann Ferdinand: Geschichte des Nümbergischen Handels. Band 4, Leipzig 1802, S. 396. 58 Staats AN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 49, S. 200. 59 Vgl. Riederer, Johann Friedrich: Illustre Negotianten. Band 2, Frankfurt/Leipzig 1739, S. 204 f. und 214. 60 StadtAN: Ratskanzlei Nr. 502 und HV Nr. 5037, Ziff. 139. Rep. 4 (Differentialakten), Nr. 839.

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Flandern besessenen Rittergut, von Oehlefeld nannte61. Die Einnahme dieser Chargen behinderte mindestens zunächst in keiner Weise die Verfolgung von wirtschaftlichen Interessen. Die dritte Nürnberger Generation dieser Familie wandte sich dann allerdings Aufgaben zu, die im wesentlichen die Verwaltung des eigenen Vermögens und die Tätigkeit im Dienste von Fürsten als Kammer­ herr, Geheimrat, Legationsrat u. ä. umfaßte. Daß das Handelsunternehmen im Laufe der Zeit von dieser Entwicklung beeinträchtigt wurde, versteht sich von selbst. Aber dieses Engagement entsprach dem Zeitgeist und bedeutete andererseits sozialen Aufstieg, welcher sich am augenscheinlichsten in der Erhebung in den Reichsfreiherrenstand (1771) manifestierte62. Im Wappen­ brief von 1691 wird festgestellt, daß der Adel der Buirette bereits auf das Jahr 1384 zurückzuführen sei63. Mit vergleichbaren Tatbeständen können die drei anderen Familien nicht aufwarten. Ein Wappen haben mit Sicherheit aber auch die Blommart und die von Lierdt besessen64. Wie sieht es nun mit den Berufsgruppen aus, in denen Mitglieder der hier zu behandelnden Familien zu finden sind? Solange die Handelsgesellschaften betrieben werden, steht die kaufmännische Tätigkeit eindeutig im Vorder­ grund. Von den Blommart ist nur eine Person bekannt, die außerhalb dieses Bereiches einem Beruf nachgegangen ist. Dabei handelt es sich um einen Sohn des Wilhelm, Anton Blommart, welcher in Heidelberg zum Dr. med. promo­ vierte65. Bei den von Lierdt und den de Brasserie kann man für die fragliche Zeit ausschließlich Kaufleute nachweisen. Bei den Buirette finden sich zum Teil Personen, die, wie wir bereits gesehen haben, die Diplomatenlaufbahn ein­ geschlagen haben. Soweit bekannt, haben alle Buirette mindestens zeitweise an einer Universität studiert. Hier sind vor allem Leyden, Halle, Heidelberg und Marburg als Studienorte zu nennen. Es verwundert, daß keiner der nach­ geborenen Söhne einen geistlichen Beruf ergriff, obwohl sich doch unter den Ehegatten der Töchter relativ häufig reformierte Geistliche befunden haben66.

61 Ausführlich wird die Familiengeschichte der Buirette von Schmidt-Herrling, El.: Die Buirette von Oehlefeldt. In: Erlanger Heimatblätter, Nr. 11 und 12, Erlangen 1956 und Nr. 1 und 2, Erlangen 1957 dargestellt. 62 Vgl. o. V.: Genealogisches Taschenbuch der Freiherrl. Häuser. Gotha 1849, S. 69 (Am 22. 9. 1771 wurde dem markgräflich brandenburgischen und königlich preußischen Geheimen Rat Gustav Adolf Buirette von Oehlefeldt der Reichsfreiherrenstand verliehen.) 63 StaatsAN: Rep. 4 (Differentialakten), Nr. 839. 64 Das Blommartsche Wappen ist auf dem Grab des Abraham Blommart auf dem Nürnberger Johannisfriedhof zu sehen (Grab Nr. 1470, Reihe 0 4). Das Wappen der Familie von Lierdt kann in Stadtarchiv Nürnberg: Nürnberger Wappenbuch von Heinrich Weißbecker, Rothen­ burg 1885—1903, S. 96 nachgewiesen werden. Für ein de Brasserie-Wappen fehlen entsprechen­ de Hinweise. 65 Vgl. Will, Georg Andreas: Nürnberger Gelehrtenlexikon. Band 1, Nürnberg 1755, S. 123. 66 Vgl. Stammtafel Buirette.

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3. Vermögensverhältnisse Wie war es nun um das Vermögen der hier vorgestellten Familien bestellt? Wie bei der Charakterisierung der Stellung im Sozialgefüge der Reichsstadt, so sind wir auch hier auf Zufallsnachrichten angewiesen, welche zum Teil jedoch einen recht guten Einblick vermitteln, z. B. was den Grundbesitz anbelangt, teilwei­ se aber auch nur ungenügende Informationen liefern. Um das Volumen der Handelsgeschäfte wenigstens vergleichend darstellen zu können, bleibt nur die Bezugnahme auf die Umsatzzahlen, welche sich aus den Banco Publico-Akten ergeben. Hierbei kann es sich nur um eine Hilfskonstruktion handeln, die allerdings im Hinblick auf die Quellenlage dieser Zeit Erkenntnisse vermittelt, die für andere Städte nicht zu gewinnen sind67. Oft ist es schwierig, zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten zu unterscheiden, welche in die Privatspähre der handelnden Personen fallen, und solchen, die in Ausübung der Tätigkeit innerhalb der Handelsgesellschaften vorgenommen werden. Diese Problematik ist z. B. bei den meisten der feststellbaren Darlehen gegeben, welche einzelne Familienangehörige gewährt bzw. aufgenommen haben. Soweit es sich um kleinere Beträge handelt, kann wohl davon ausgegangen werden, daß die Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen agiert haben. Um in diesem Zusammenhang einige Beispiele zu nennen, sei erwähnt, daß die Eheleute Peter und Kunigunda von Lierdt bei den Handelsleuten Georg, Christoph und Hans Schnabel ein Darlehen von 2000 fl. zur Finanzierung eines Hauskaufs (1630) aufnahmen68. Von Abraham Blommart wissen wir, daß er 1628 Regina Heher 50 fl. geliehen hat69. Oft werden diese Darlehen immer wieder aufgestockt, so im Falle des Niclas Volckhard, der einen Betrag von 860 fl. in vier Raten in den Jahren 1597 bis 1604 bei Johann de Brasserie bzw. seiner Witwe entlehnt hat. Erst 1615 können die Erben dieser Eheleute die Rückzahlung verbuchen70. Als Darlehensnehmer kommen jedoch nicht nur Privatpersonen in Frage, auch die Nürnberger Losungsstube ist ein ständig kapitalbedürftiger Partner. Diese Darlehen bewegen sich in einer Größenord­ nung bis ca. 3000 fl., wobei das Geld meistens auf zwei Jahre zu einem Zinssatz von 5% ausgeliehen wird71. Rein geschäftlichen Charakter hat dagegen das Darlehen über 27000 fl. an das Losungsamt, welches die Gesellschafter Daniel und Cornelius de Brasserie und Georg Hartung am 10. August 1643 gewähren. Da keine Laufzeit angegeben ist, ist durchaus vorstellbar, daß es sich um eine kurzfristige Geldanlage handelte, welche allein dem Zweck gedient haben mag, vorübergehende Geldüberschüsse möglichst gewinnbringend anzulegen72. 67 Wegen des Banco Publico vgl. Seibold, Gerhard: a. a. O S. 264 ff. und Seibold, Gerhard: Die Imhoffsche Handelsgesellschaft in den Jahren 1579—1635. ln: MVGN Band 64, Nürnberg 1977, S. 210ff. Vgl. auch S. 212—217. 68 StadtAN: Libri cons., Band 237, S. 212’ f. (10. 12. 1630). 6’ StadtAN: Libri cons., Band 233, S. 80 (7. 5. 1628). 70 StadtAN: Libri cons. Band 170, S. 119 (28. 6. 1597) und Band 185, S. 174’ff. (9. 5. 1604). 71 StaatsAN: Rep. 44 d (Losungsamt, Bände), Nr. 83, S. 52, 67, 92,123'ff. und Nr. 84, S. 98,102', 117', 152', 157 und Nr. 85, S. 125', 181'. 72 StaatsAN: Rep. 44 d (Losungsamt, Bände), Nr. 82, S. 143.

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Unter Datum vom 10. April 1690 liehen die Handelsgesellschaft BlommartBuirette dem Grafen Heinrich Friedrich von Hohenlohe-Langenburg einen Betrag von 10000 fl. Das Darlehen war mit 6% zu verzinsen und innerhalb von drei Jahre zurückzuzahlen. Sofern der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, so wird dem Darlehensgeber ausdrücklich das Recht eingeräumt, das ihm übergebene, aus Perlen, Gold- und Silberstücken bestehende Pfand zu verwerten73. Einen guten Einblick, speziell in den privaten Teil des Vermögens, gewähren Inventarien, welche auf den Tod einer Person erstellt wurden. Leider haben sich von den hier interessierenden Familien nur die Nachlaßverzeichnisse von Wilhelm Blommart (1687), dem älteren und dem jüngeren Johann de Brasserie (1598 und 1633), von Rachel de Brasserie (1639) und Daniel von Lierdt (1675 bzw. 1683) erhalten. Daneben konnten noch zwei Testamente festgestellt werden, welche allerdings nur einen begrenzten Einblick in die Vermögensver­ hältnisse bieten. Dabei handelt es sich um das Testament von Maria Lescalliet, verwitweter de Brasserie, und die letztwillige Verfügung von Isaac Buirette. Wilhelm Blommart hinterließ bei seinem Tod im Jahre 1686 ein Vermögen von 44375 fl. 7 Kr. 3 Pfg. In dieser Summe ist sein Handelskapital nicht enthalten, sondern die genannte Zahl umfaßt allein das Privatvermögen, wie dies in Nürnberg üblich gewesen ist. Für Grundbesitz wurde nur ein Wert von 3 500 fl. angesetzt, so daß davon ausgegangen werden kann, daß auch das Geschäftshaus unterhalb der Judengasse zum Handlungskapital gehörte, da dieses einen wesentlich höheren Wert repräsentierte. Ansonsten umfaßt sein Vermögen neben Hausrat, Schmuck und Lebensmittelvorräten vor allem noch die Position „Schulden zum Vermögen gehörig“ (worunter Forderungen zu verstehen sind), die den Betrag von 34624 fl. 41 Kr. 3 Pfg. ausmacht. Allerdings wird erwähnt, daß 1856fl. 43 Kr. 3 Pfg. davon zweifelhaft sind74. Johann de Brasserie (gest. 1597) vererbte seiner Frau und seinen Kindern nach Abzug der Verbindlichkeiten ein Vermögen von 65698 fl. 6 sh. 2 Pfg. Leider sind hier jegliche Angaben unterblieben, welche Ausweis darüber geben könnten, wie sich dieses Kapital zusammensetzt. Vermutlich handelt es sich auch hier allein um das Privatvermögen. In dem genannten Betrag sind zweifelhafte Forderungen von 5170fl. 7 sh. 5 Pfg. enthalten75. Anscheinend kam dieses Kapital erst im Jahre 1608 unter seinen Erben zur Verteilung. Jedenfalls erhielt die Tochter Sara zu diesem Zeitpunkt aus der väterlichen Hinterlassenschaft einen Betrag von 5 567 fl.76. Die Handelgesellschaft wurde anscheinend von seiner Witwe übernommen, die diese dann an ihren Sohn Johann, nachdem sie das Unternehmen zeitweise gemeinsam betrieben hatten, veräußerte77. Vermutlich geschah dies zu dem Zeitpunkt, als sie mit Christoph 73 74 75 76 77

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Hohenlohe Zentralarchiv Neuenstein: Archiv Langenburg, Gern. Archiv, Nr. 1108. StaatsAN: Rep. 78 (Nürnberger Testamente), Nr. 1290, S. 118. Ebenda S. 7. StadtAN: Libri cons., Band 192, S. 175 (26. 10. 1608). Ebenda, Band 185, S. 92 (30. 6. 1604).

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Lescalliet eine zweite Ehe einging und nach Hanau verzog. Dort ist sie am 26. Juni 1615 verstorben. Auf Grund ihres Testaments (Neu-Hanau 10. August 1614) schritten die Kinder zur Verteilung des hinterlassenen Vermögens. Dieses bestand im wesentlichen aus einer Forderung gegen den Sohn Johann wegen der an ihn veräußerten Handelsgesellschaft, der Hälfte des Nürnberger Familienstammhauses in der Fröschau einschließlich Neben- und Hinterhaus (die andere Hälfte hat Johann de Brasserie bereits beim Tod seines Vaters von diesem geerbt) und einer Behausung in Neu-Hanau in der Nürnberger Gasse. Die Haushälfte in Nürnberg war für den Sohn Johann bestimmt, welcher allerdings an seine Geschwister einen Betrag von 1000 fl. als Äquivalent zu zahlen hatte. Das Haus in Neu-Hanau erhielt die in dieser Stadt lebende Tochter Sara Pelzer, ohne daß sie dafür einen Gegenwert zu bezahlen hatte. Vielleicht hatte die Mutter im Haushalt der Tochter gelebt und wurde von dieser versorgt. Als Spätfolge kommt es wegen dieser Erbschaft in den Jahren 1634 bis 1636 zwischen den Nachkommen der Maria Lescalliet zu Streitig­ keiten, welche vor das Nürnberger Stadtgericht getragen wurden. Roland von Cassel, der Schwiegersohn der Erblasserin, fordert das großmütterliche Erbe seines inzwischen aber bereits verstorbenen Sohnes gleichen Namens. Dieses war bisher nicht zur Auszahlung gelangt, weil 1615 Susanna von Cassel, geborene de Brasserie, bereits nicht mehr am Leben, der Sohn und Enkel aber noch nicht volljährig war. Der Ausgang dieses Rechtsstreites ist unklar. Auch mit der gemeinsamen Schwester Maria Cordier kommt es in derselben Angelegenheit noch Ende der 30er Jahre zu Meinungsverschiedenheiten. Auch hier ist über die Gerichtsentscheidung nichts bekannt78. Als Johann de Brasserie stirbt, errichtet seine Witwe am 13. Dezember 1633 nachstehendes Inventar: Grundbesitz Bargeld Handelswaren Forderungen Zweifelhafte Forderungen „böse Schulden“79 Diverses V erbindlichkeiten

18354 3740 30535 31594 11352 11218 6119

fl. fl. fl. fl. fl. fl. fl.

— 3 — 4 5 5 16

sh. sh. sh. sh. sh. sh. sh.

— 2 3 11 11 — 3

Pfg. Pfg. Pfg. Pfg. Pfg. Pfg. Pfg.

112913 fl. 15 sh. 6 Pfg. 28269 fl. 1 sh. 10 Pfg. 84644 fl. 13 sh. 8 Pfg.

78 StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 153 und 1345. 79 Unter „bösen Schulden“ können uneinbringliche Forderungen verstanden werden.

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Vermutlich kam dieses Vermögen zu Lebzeiten seiner Witwe nie zur Verteilung. 1636 stirbt Rachel de Brasserie. Am 9. 2. 1639 wird daraufhin ein weiteres Inventar errichtet. Nun ergeben sich folgende Werte: Grundbesitz Schatzgeld „an der Handlung, so an Waren und Barschaft in der Kasse besteht“ Forderungen „an Schulden an die Hab gehörig“ Zweifelhafte Forderungen „böse Schulden“ Diverses

13500 fl. — sh. — Pfg. 420 fl. 4 sh. 6 Pfg.

35245 fl. 6 sh. 5 Pfg. 25749 fl. 3 sh. 3 Pfg. 37499 10243 11458 6235

fl. fl. fl. fl.

10 18 10 13

sh. sh. sh. sh.

11 4 6 6

Pfg. Pfg. Pfg. Pfg.

140352 fl. 7 sh. 5 Pfg. Hier fehlen exakte Angaben bezüglich der Verbindlichkeiten, so daß vergleichende Überlegungen im Hinblick auf den Status von 1633 nur bedingt möglich sind. Die einzelnen Bezeichnungen („Handelsschulden“ und „an der Handlung, so an Waren und Barschaft in der Kasse besteht“) als auch die Höhe des hinterlassenen Vermögens machen deutlich, daß es sich hier nicht nur um eine Ermittlung des Privatvermögens handelt, sondern daß auch das Handelskapi­ tal mit einbezogen worden ist80. Nach Abzug der zweifelhaften Forderungen und „bösen Schulden“ und verschiedener Legate und Gegenschulden verbleibt ein Betrag von 41316fl. 3 Pfg. zur Verteilung unter die Erben81. Auch hier kam es im nachhinein zu Meinungsverschiedenheiten, welche sich auf diese Erbschaft beziehen. Eine der Erbinnen, Sara de Brasserie, hat ihrem Onkel Johann Betuli 1640 einen Betrag von 3 000 fl. geliehen, welcher aus dieser Erbschaft stammte. Genaue Rückzahlungsraten waren vereinbart wor­ den. Nachdem der Schuldner 1641 gestorben ist, weigert sich dessen Sohn Cornelius, zu den festgelegten Terminen das ausgeliehene Kapital zurückzu­ zahlen. Auch hier ist nicht bekannt, wie man sich schließlich geeinigt hat82. Für Daniel von Lierdt kann bei seinem Tod im Jahre 1674 ein Vermögen von 28920 fl. 37 Kr. 4 Pfg. ermittelt werden, wobei die bestehenden Verbind­ lichkeiten von 7600 fl. 44 Kr. 2 Pfg. bereits zum Abzug gebracht sind. Immerhin ist in der genannten Summe ein Handelskapital von 23441 fl. 26 Kr. 4 Pfg. enthalten, welches sich aus Bargeld, Waren und Forderungen aus 80 StaatsAN: Rep. 78 (Nürnberger Testamente), Nr. 1290, S. 25 und 36. 81 StadtAN: Libri cons., Band 261, S. 20ff. (18. 3. 1642). 82 StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 1347.

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Handelsgeschäften zusammensetzt. Allerdings sind zweifelhafte oder gar uneinbringliche Forderungen nicht zum Ansatz gebracht83. Entsprechende Unterlagen haben sich für die Familie Buirette allein in Form des Testaments von Isaac Buirette von Oehlefeld vom * 24. Oktober 1708 erhalten. Nachdem Buirette bereits 1695 seinen letzten Willen zu Protokoll gegeben hatte, hat er anscheinend die Notwendigkeit gesehen, diesen unmittel­ bar vor seinem Tode noch zu verändern. Zeuge dieses Vorgangs war unter anderem auch der jüngere Jacob Blommart. Buirette geht es im wesentlichen darum festzulegen, welche Vermögensteile von seinen Söhnen übernommen werden und welche Funktionen diese innerhalb der väterlichen Wirtschafts­ betriebe in Zukunft wahrnehmen sollen. Dabei handelt es sich im wesentlichen um die in Nürnberg bestehende Handelsgesellschaft und eine Brauerei in Erlangen. Da die Geschäfte im Warenhandel augenblicklich schlecht gehen und sich deshalb nach Meinung Buirettes höchstens zwei Familien von diesem Geschäftszweig ernähren können, bestimmt er, daß dieser von seinen beiden ältesten Söhnen zu übernehmen sei. Johann Wilhelm, der ältere, ist bereits als Gesellschafter aktiv in der Handlung tätig. Johann Noe, dem Zweitältesten, wird ausdrücklich das Recht eingeräumt, in das Unternehmen als Gesellschaf­ ter einzutreten, sobald er das geeignete Alter erreicht hat. Der jüngste Sohn, Anton, wird zum Erben der Brauerei bestimmt. Beim Sohn Carl, welcher studiert, geht der Vater wohl davon aus, daß dieser eine Beamtenlaufbahn einschlägt. Jedenfalls trifft er keine diesen betreffenden Verfügungen. Was den Grundbesitz anbelangt, so werden allein für das Gut in Wilhelmsdorf und die Brauerei Erben eingesetzt, nämlich die Söhne Johann Wilhelm und Anton, wobei der Wert dieses Besitzes mit ihrem Erbanteil zu verrechnen ist. Das in Nürnberg vorhandene Haus am Roßmarkt, welches den Zwecken der Han­ delsgesellschaft dient, wird vermutlich den beiden ältesten Söhnen im Rahmen des Wirtschaftsbetriebes hinterlassen. Für das Wohnhaus in Erlangen wird keine Verfügung getroffen. Vermutlich ist beabsichtigt, es mindestens zu­ nächst im gemeinsamen Besitz aller Erben zu belassen. Jedenfalls hat er seiner Witwe ein Wohnrecht auf diesem Gebäude eingeräumt. Ferner wird festgelegt, daß zum Halbjahresende nach dem Ableben von Isaac Buirette Johann Wilhelm seinen Geschwistern eine Bilanz vorzulegen hat84. Erbauseinanderset­ zungen führten im Falle der Familie Buirette sogar einmal so weit, daß es unter den Erben zu einem Duell kam, bei dem der Schwiegersohn der Elisabeth Buirette, Johann Friedrich Edler von Baumann, von seinem Schwager Isaac Daniel Buirette getötet wurde. Man war sich wegen der Bewertung der zweifelhaften Forderungen und „bösen Schulden“ nicht einig geworden85. Außer in Nürnberg haben sich die Angehörigen der hier zu behandelnden Familien vor allem in den umliegenden Städten niedergelassen. Auf Grund 83 StaatsAN: Rep. 78 (Nürnberger Testamente), Nr. 1290, S. llOf. 84 StadtAN: Genealogische Papiere Buirette, Testament des Isaak Buirette vom 24. 10. 1708. 85 StaatsAN: Rep. 52a (Nürnberger Handschriften), Nr. 201, Fasz. 3.

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ihrer wirtschaftlichen Interessen in Erlangen wohnten die Buirette seit Aus­ gang des 17. Jhs. mindestens zweitweise dort. Einzelne Familienmitglieder, z. B. die Witwe des Isaak Buirette, wählten Erlangen sogar zu ihrem Haupt­ wohnsitz. Mit der Auflösung der Handelsgesellschaft verließen auch die letzten Familienmitglieder Nürnberg86. Johann David von Lierdt war infolge seiner Verheiratung mit Catharina, der Witwe des Paul Lersch, 1686 nach Fürth gezogen. Die Lersch gehörten zu einer der maßgeblichsten Familien im Kreis der Reformierten87. Eine Tochter aus der ersten Ehe seiner Gattin war mit dem jüngeren Jacob Blommart seit 1688 vermählt. Lierdt verblieb auch in Fürth, nachdem seine Frau 1710 verstorben war. Eine zweite Ehe wurde bereits 1716 durch den Tod Lierdts beendet. Auch in Stein, welches wie Erlangen und Fürth sehr stark unter dem Einfluß der reformierten Einwohner stand, wurde zeitweise von Mitgliedern dieser Familien Wohnsitz genommen. Hier hat Sara de Brasserie 1661 ein Gebäude für 300fl. erworben88. Der wesentliche Teil des Grundbesitzes lag jedoch in Nürnberg. Im Falle der Blommart wurde bereits festgestellt, daß die beiden Söhne des Firmen­ gründers, Jacob und Wilhelm, getrennte Handelsgesellschaften in der Alten Ledergasse und unterhalb der Judengasse betrieben89. Das Gebäude in der Alten Ledergasse gelangte vermutlich gemeinsam mit dem Unternehmen an die Buirette. Jacob Blommart ist in einem Haus am Alten Kornmarkt (Zum weißen Elefanten) verstorben90, welches er 1673 von seinem Schwiegersohn Anton Fermont einschließlich eines Hinterhauses für 5600 fl. erworben hatte. Die Erben des Jacob Blommart verkauften dieses Haus am 22. Februar 1710 für 10500 fl. an den Handelsmann Andreas Tauber91. Das Haus unterhalb der Judengasse war von Wilhelm Blommart über dessen Sohn Jacob an den Enkel Johann Daniel gelangt. Dieser ist 1737 in diesem Haus gestorben92. 1656 hatte Wilhelm Blommart durch den Zukauf des Nachbargebäudes (Hinterhaus zum Roten Hahnen) um 4000 fl. seinen Besitz vergrößert. Dieses Gebäude wurde dann 1687 nach seinem Tode von seiner Witwe an ihren Stiefsohn für 2000 fl. weiterveräußert. Sie selbst zog in ein Haus an der Egidiengasse, wo sie bereits 1691 verstarb. Noch im Jahr vor dem Tod des Johann Daniel Blommart fiel schließlich das Hinterhaus Zum roten Hahnen durch gerichtliche Adjukation an den Fragner und Salzhändler Paulus Küffner93. Vermutlich ging auch das 86 Staatsarchiv Bamberg: Sign. C 29c, Nr. 274. 87 Wegen der Situation der Reformierten in Fürth vgl. Hohenberger, J. Karl: Französische und niederländische Emigranten in Fürth. In: Blätter für fränkische Familienkunde, Nürnberg 1928, S. 3—43. 88 Vgl. Hirschmann, Gerhard: a. a. O. S. 46. 89 Vgl. S. 172. 90 StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 49, S. 282. 91 StadtAN: Lochners Norica, Band VI, S. 416 f. 92 StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 53, S. 135. 93 StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 48, S. 344 und Stadtarchiv Nürnberg: Libri litt., Band 170, S. 157 (11. 7. 1656). Ebenda UR-Reihe 7. 11. 1687 und Lochners Norica, Band VII, S. 117ff. Das Hinterhaus Zum roten Hahnen (alte Nr. S 1123) entspricht heute der MartinTreu-Str. 8 (Prechtelsgasse).

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Haus Zum Greifen nach 1737 in seinen Besitz über94. Um einen weiteren Blommart sehen Besitz zu nennen, sei die Wolfsgruber Mühle in Fürth erwähnt; 1665 wird Jacob Blommart als Mitbesitzer genannt95. Erheblich umfangreicher stellt sich der Brasserische Grundbesitz dar. Wie die Blommart, so verfügten auch die de Brasserie über ein Stammhaus. Dieses Gebäude lag in der Fröschau. Es war bereits im Jahr 1582 von den Eheleuten Johann und Maria de Brasserie für 1800 fl. erworben worden96. Bereits 1595 gelingt es Johann de Brasserie, von Niclas Volckhard das Nachbarhaus als Ergänzung zu seinem eigenen Anwesen zu erwerben. Als Kaufpreis wurde eine Summe von 390 fl. angesetzt. Dieses Gebäude lag an einem Gäßlein, das sich von der Fröschau zur Pegnitz hinzog97. Die Erben des Johann de Brasserie haben nach dessen Ableben anscheinend beide Häuser veräußert. Vom Neben­ haus wissen wir, daß es am 15. Mai 1604 für 625 fl. an Josua Bayr verkauft wurde. Von diesem erwirbt es der jüngere Johann de Brasserie am 24. November 1604 für denselben Kaufpreis zurück98. Das Hauptgebäude in der Fröschau kann er dann 1612 ebenfalls wieder zurückkaufen. Als Kaufpreis sind 1800fl. zu entrichten99. Unklar ist unter diesen Umständen, wo Johann de Brasserie in der Zeit, während er nicht im Besitz der Anwesen gewesen ist, seine Handelsgeschäfte betrieben hat. Vielleicht waren die Lokalitäten in der fraglichen Zeit von ihm angemietet. Nach dem Tod des jüngeren Johann de Brasserie ist das Anwesen auf seine Söhne Daniel und Cornelius übergegangen, welche auch die Handelsgesellschaft übernommen haben. Anscheinend haben beide mit ihren Familien in diesen Häusern gelebt100. 1660 wird von den Brüdern ein weiteres Nachbarhaus für 150 fl. erworben101. Nachdem die beiden verstorben sind, werden die Gebäude von Anton Cornelius und seiner Schwester Esther Margaretha, den Kindern des Cornelius de Brasserie, für 5 500 fl. am 11. August 1692 veräußert102. Unklar bleibt, warum an diesem Verkauf nicht auch die anderen noch lebenden Geschwister der Verkäufer beteiligt waren. Was die Nachkommen des Daniel de Brasserie anbelangt, so kann vermutet werden, daß diese zu diesem Zeitpunkt nicht mehr am Leben waren. Später können einzelne Familienmitglieder in Häusern am Roßmarkt und am Hauptmarkt festgestellt werden, doch bleibt fraglich, ob sie Eigen­ tümer dieser Gebäude waren103. Mindestens seit 1620 ist Johann de Brasserie 94 95 96 97

98 99 100 101 102 103

StadtAN: Lochners Norica, Band VII, S. 121. Stadtarchiv Fürth: Gottlieb Wunschei, Alt-Fürth, Band 7 (Häuser Kr—R). StadtAN: Libri litt., Band 98, S. 35 (13. 6.1582) — Haus Nr. S 166, heute Augustinerstraße 11. Ebenda, Band 109, S. 209' (15. 12. 1595) — Haus Nr. S 165. Vgl. auch StaatsAN: Rep. 58 (Nürnberger Karten, Pläne und Stiche), Nr. 141, wo ein Teil bildhaft dargestellt wird mit den beiden Häusern, welche Johann de Brasserie besaß (S 165 und S 166) — 28. 6. 1607. StadtAN: Libri litt., Band 116, S. 189f. und 234f. (15. 5. und 24. 11. 1605). StadtAN: UR 29. 2. 1612. StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 48, S. 23 und 343. StadtAN: Libri litt., Band 174, S. 15 'ff. (9. 4. 1660). Dabei hat es sich nach Auskunft von Karl Kohn, Nürnberg, um das Gebäude Nr. S 163 gehandelt. StadtAN: Lochners Norica, Band VI, S. 447. StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 49, S. 34 und Band 50, S. 462.

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auch im Besitz eines Hauses beim Weißen Turm104. Im Zuge der Erbauseinan­ dersetzung unter seinen Nachkommen wird dieses Gebäude seinen unverheira­ teten Kindern Johann, Cornelius und Sara zugeteilt. Uber das weitere Schick­ sal dieses Gebäudes ist nichts bekannt105. Als Erbe seines Vaters hat Johann de Brasserie auch ein Haus gegenüber der Mehlwaage in St. Lorenz besessen. Auch hierzu lassen sich keine weiteren Angaben machen106. 1630 kauft Johann schließlich noch von seinem Schwiegersohn Peter Anton Treßal ein Gebäude am Alten Weinmarkt für 5654 fl. 10 Kr. Vom Kaufpreis erhält Treßal allerdings nur die Summe von 3 000 fl. Der Rest dient zur Abzahlung eines Darlehens über 4023 fl. 38 Kr., welches ihm von seinem Schwiegervater am 1. November 1629 gewährt worden ist107. 1644 ist dieses Haus noch im Besitz der Erben des Johann de Brasserie108. Aus dem Jahre 1654 haben wir Nachricht von weiterem Hausbesitz, welchen Johann de Brasserie in Nürnberg hatte. In diesem Jahr verkaufen seine Erben für 2000 fl. ein Eckhaus einschließlich Hinter- und Nebenhaus gegenüber dem Augustinerkloster, das sie bisher gemeinsam im Besitz hatten109. Zum Grundbesitz der Familie de Brasserie gehörten des weiteren verschiede­ ne Gartenanwesen, welche zum Teil auch bebaut waren. Bereits 1590 hatte Johann der Ältere und seine Ehefrau Maria zwei Rahmgärten beim Weißen Turm für 500 fl. erworben. Ob diese mit dem später beim Weißen Turm besessenen Gebäude in direktem Zusammenhang standen, vermag nicht gesagt zu werden110. 1610 wird für 1200 fl. durch ihren Sohn Johann ein Garten vor dem Tiergärtnertor erworben111. 1617 wird ein Garten mit Wohnhaus und Stadel vor dem Vestnertor für 4 500 fl. gekauft112. 1623 werden drei Gärten hinter der Vesten, zu welchen auch der Engelgarten gehörte, für 4000 Reichstaler veräußert113. Auch in Stein hat die Familie zeitweise über Grundbesitz verfügt. Wie wir bereits gesehen haben, hatte sich 1661 dort Sara de Brasserie angekauft114. Bereits um die Mitte des Jahrhunderts hatten ihr Gatte und ihr Schwager, die beiden damaligen Inhaber der Brasserieschen Handelsgesellschaft, die kleine Mahlmühle von Stein erworben. Des weiteren umfaßte ihr Steiner Grundver­ mögen ein neuerbautes Haus, den Zainhammer und ein Fischwasser. Dieser Besitz repräsentierte einen Wert von 3 589 fl. 7y2 Kr. Von der Mahlmühle ist bekannt, daß diese 1659 veräußert wurde115. 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115

StadtAN: Libri litt., Band 133, S. 1 (13. 1. 1620). Ebenda: Libri cons., Band 261, S. 20ff. (18. 3. 1642). Ebenda, Band 190, S. 115' (4. 7. 1607). Ebenda: Libri litt., Band 145, S. 2' (23. 1. 1630). Ebenda: Band 158, S. 212'ff. (7. 12. 1644). Ebenda: Lochners Selecta, Band I, S. 202. Ebenda: Libri litt., Band 106, S. 177 (25. 6. 1590). Ebenda: Band 122, S. 164'ff. (19. 7. 1610). Ebenda: Lochners Norica, Band II, S. 168 ff. Ebenda: Libri litt., Band 133, S. 129' (17. 3. 1621) und Lochners Norica, Band II, S. 171. Vgl. Hirschmann, Gerhard: a. a. O. S. 46. Ebenda: S. 45 und 61.

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Die Blommart und ihr Handelshaus

Was für die Blommart das Haus Zum Greifen war, für die de Brasserie der Gebäudekomplex in der Fröschau, das bedeutete für die Familie von Lierdt der Plobenhof. Es handelte sich dabei um eine gewaltige Hofanlage, bestehend aus dem großen Eckhaus (Nr. S 823) mit Höfen und Seitengebäuden, einem großen Garten und dem Nebenhaus in der Herzgasse. Ursprünglich gehörten einmal alle in Randbebauung um den Komplex gruppierten Häuser zu diesem Anwesen116, was aber während der Zeit, in welcher die Familie von Lierdt Besitzer des Plobenhofs war, bereits nicht mehr der Fall gewesen sein dürfte. Dies ergibt sich auch aus Unterlagen, in denen der Eigentümer eines Hauses im Mehlgäßlein, das ehemals zum Plobenhof gehörte, angewiesen wird, dieses nur in dem Maße zu verändern, als daraus kein Schaden für den Plobenhof entsteht117. Erstmals lassen sich die von Lierdt im Jahre 1620 in Verbindung mit dem Plobenhof bringen118. Der eigentliche Erwerb wird aber bereits einige Jahre vorher erfolgt sein. Es darf angenommen werden, daß das Anwesen nicht von einer Person erworben wurde, sondern von mehreren Mitgliedern dieser Familie. Als erste Besitzer sind Ruland und Michael von Lierdt bekannt. Vermutlich handelte es sich bei den zweien um Vettern. Beide sterben 1628 bzw. 1639 in diesem Haus119. In der Folge werden als Hausbesitzer jedoch allein die Nachkommen des Ruland genannt. Es ist nicht auszuschließen, daß die Witwe und die Kinder des Michael nach dem Tode ihres Ehegatten und Vaters von Nürnberg weggezogen sind und von Ruland von Lierdt bei diesem Anlaß ausgezahlt wurden. Jedenfalls werden sie in den einschlägigen Quellen später nicht mehr genannt. Über den Sohn und den Enkel des Ruland von Lierdt, welche beide Daniel heißen, gelangt der Plobenhof schließlich an den Urenkel Johann Daniel. Im Zuge von dessen Konkursabwicklung wird der Plobenhof 1739 für 8 000 fl. verkauft. In diesem Zusammenhang werden auch zwei Wohnhäuser, welche am Hübnersplätzlein liegen, 1738 bzw. 1740 für insgesamt 1900 fl. verstei­ gert120. Seine Ehefrau hat bereits 1725 bzw. 1727 zur Abwendung des drohenden Konkurses ein landwirtschaftliches Gut für 8 450 fl. veräußert121. Erstaunlicherweise geben die Quellen keinerlei Anhaltspunkte darüber, in welchem Gebäude Andreas von Lierdt, ein Enkel des Ruland, gewohnt hat, obwohl er mit seiner Familie nachweislich in Nürnberg gelebt hat. Im Jahre 1640 wird Ruland von Lierdt als Besitzer eines Hauses in der Vischergasse genannt, zu einem Zeitpunkt also, als er bereits tot gewesen ist122. Näheres wird nicht mitgeteilt. 116 Es handelt sich dabei im v/esentlichen um die heutigen Gebäude PlobenhofStraße 10 und Herzgasse 3 (Mitteilung von Karl Kohn, Nürnberg). 117 StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 970. 118 Ebenda: Nr. 1034. 119 Ebenda: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 30, S. 134 und Band 37, S. 54. 120 StadtAN: Libri litt., Band 190, S. 61 'ff., 67'ff., 131 ff. (10. 11. 1738, 3. 2. 1739, 23. 12. 1740). 121 Ebenda: U 43 (8. 8. 1725) und U 44 (18. 1. 1727). 122 Ebenda: Libri litt., Band 155, S. 164' (15. 4. 1640).

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Auf Grund diverser Unterlagen, welche im Zusammenhang mit dem Kon­ kurs der Handelsgesellschaft des Peter von Lierdt stehen, erfahren wir, über welchen Grundbesitz dieser verfügte. Neben einem Wohnhaus in der Löwen­ grube123 besaß er diversen Grundbesitz außerhalb Nürnbergs. Dieser wurde vom Konkursverwalter David de Credon 1635/36 zwecks Abdeckung der Verbindlichkeiten veräußert. Es handelte sich dabei um folgende Liegenschaf­ ten: Kotzenhof bei Lauf, 6 Tagwerk Wiesen und ein Acker zu Rückersdorf, ein Hofrait zu Wetzendorf Hof beim Strengenberg (Lauf) Fischwasser in der Pegnitz und Anteil an einem Acker und an einer Wiese in Lauf Landwirtschaftliches Grundstück in Rückersdorf Wasserrechte in der Pegnitz bei Lauf Acker beim Strengenberg Gut und 3 Tagwerk Wiesen zu Rückersdorf 4 Tagwerk Wiesen und x/2 Tagwerk Acker zu Lauf % Tagwerk Acker zu Wetzendorf

1200 fl. 1300 fl. 350 fl. 450 fl. 300 fl. 150 fl. 465 fl. 10 fl. 25 fl. 4250 fl.124

Auch Ruland von Lierdt hatte bereits 1622 außerhalb Nürnbergs Grund­ besitz erworben. Es handelte sich um landwirtschaftliche Grundstücke im Wert von 2000 fl., zwischen Stein und Röthenbach gelegen. 1684 verkaufen die Vormünder des Johann Daniel von Lierdt dessen Anteil an diesen Gütern125. Es muß davon ausgegangen werden, daß Ruland von Lierdt Teile dieser Immobilien auch seinem jüngeren Sohn Johann Ruland und dessen Nachkommen hinterlassen hat. Die jüngere Lierdtsche Linie, welche sich mit Johann David in Fürth niedergelassen hatte, besaß dort die Gebäude Lilienstraße 3 und 5. Auch die Grundstücke, welche heute den Häusern Lilienstraße 13, Rosenstraße 21, 22 und 24, Bergstraße 29, Theaterstraße 10 und Königstraße 35 und 37 entspre­ chen, gehörten zwitweise Johann David bzw. seiner Witwe Catharina126. 123 Ebenda: Libri cons., Band 237, S. 212 'f. (10. 12. 1630) und StaatsAN: Rep. 65 (Ratstoten­ bücher), Band 33, S. 24. Dabei handelt es sich wohl um die Behausung der Familie Diener, für die einschließlich des Gartens 6000 fl. bezahlt wurde. Vgl. hierzu: Libri litt., Band 146, S. 39'ff. (31. 5. 1630). 124 Ebenda: Libri litt, Band 151, S. 316'ff. (15. 10. 1635), S. 318ff. (15. 10. 1635), S. 319'ff. (22. 10. 1635), Band 152, S. 103ff. (12. 4. 1636), S. 104'ff. (12. 4. 1636), S. 106ff. (22. 4. 1636), S. 107'ff. (23. 4. 1636), S. 109ff. (23. 4. 1636), S. llOff. (23. 4. 1636), Band 155, S. 164'ff. (15. 4. 1640), S. 238 (29. 10. 1640). 125 Ebenda: UR 6. 3. 1622 und Libri cons., Band 345, S. 19 (13. 8. 1684). 126 Stadtarchiv Fürth: Gottlieb Wunschei, Alt Fürth, Band 7, Häuser Kr—R und Band 8, Häuser S—Z.

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Isaac Buirette hatte nach seiner Verehelichung zunächst im Haus Zur Gol­ denen Gans gewohnt127. Später wurde ein Gebäude am Roßmarkt erworben, welches auch noch den beiden Söhnen und ihren Familien als Wohnung diente. Auch für die Zwecke der Handelsgesellschaft wurde es benützt, evt. parallel zum ehemals Blommartschen Haus in der Alten Ledergasse. Nach dem Tod des Johann Noe ist das Gebäude vermutlich von seinen Erben veräußert worden, nachdem in dieser Zeit auch die Handelsgesellschaft aufgelöst wur­ de128. Ein weiterer Bruder, der früh verstorbene Daniel, lebte mit seiner Familie in einem Haus am Kornmarkt. Angehörige seiner Familie haben später gegenüber der Barfüßerbrücke und auf dem Egidienberg gewohnt129. Auch bei St. Lorenz und am Herrenmarkt haben zu Beginn des 18. Jhs. Familienmitglie­ der ihren Wohnsitz gehabt, was auf Grundbesitz schließen läßt130. Elisabeth Buirette verzog dann mit ihren Kindern und mit ihrem Schwieger­ sohn in den 30er Jahren endgültig nach Erlangen, wo die Buirette bereits seit dem Ende des 17. Jhs. über ansehnlichen Grundbesitz verfügten. 1692 ließ Isaac Buirette gegenüber der französisch-reformierten Kirche, an der Stelle, wo sich heute das Gebäude der Stadtsparkasse befindet, einen prächtigen Palast erbauen. Dieses Gebäude muß bereits vor dem 26. Februar 1693 vollendet gewesen sein, denn zu diesem Zeitpunkt benutzte es der Markgraf als Absteigequartier. Vermutlich wollte Buirette mit diesem Haus seiner Würde als königlich preußischer Resident auch optisch Geltung verschaffen. Warum er seinen Wohnsitz allerdings nicht von Nürnberg nach Erlangen verlegt hat, bleibt unklar. 1809 ging dieses Gebäude in fremden Besitz über. Anschließend an den Palast entstanden ausgedehnte Stallungen, ein fünfstöckiges Brauhaus, ein Gasthaus und noch andere Gebäude. Auch ein großer Felsenkeller gehörte zu diesem Anwesen131. Ein weiteres Brauhaus wurde gegenüber dem Buckenhofer Tor 1712 erbaut, aber bereits 1724 von Leonhard Weynand Buirette, einem Neffen des Isaac, wieder veräußert132. Das Brauhaus in der Innenstadt wurde erst 1797 verkauft133. Ebenso wurde eine Mahl- und eine Papiermühle in Erlangen betrieben134. Daneben war noch weiterer Hausbesitz in dieser Stadt vorhanden. Aus dem Jahre 1718 wird uns berichtet, daß für 3000 fl. Gebäude verkauft wurden135. Von 1766 bis 1820 war das Schloßgut Rathsberg bei Erlangen im Besitz der Buirette136. 1694 erwarb Isaac Buirette das Rittermannlehen Wilhelmsdorf in 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136

StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 47, S. 111. Ebenda: S. 206 und StadtAN: HV NR 4625, S. 105'. StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 49, S. 373, Band 50, S. 241 und Band 52, S. 177. Ebenda: Band 51, S. 117 und S. 325. Schmidt-Herrling, El.: a. a. O. Nr. 12, Erlangen 1956. StaatsAN: Hypothekenbuch des Kreis- und Stadtgerichts Erlangen, Bestand Amtsgericht Erlangen. Vgl. Martius, Adam: Aus der Geschichte der Erlanger Bierbrauereien. In: Erlanger Bausteine zur fränkischen Heimatforschung, 3./4. Heft, S. 100—108, Erlangen 1955. Vgl. Schmidt-Herrling, El.: a. a. O. Nr. 2, Erlangen 1957. Stadtarchiv Erlangen: Sign. 2. B. 31 (Kaufbriefe), S. 28f. (18. 1. 1718). Gebessler, August: Stadt und Landkreis Erlangen. München 1962, S. 139.

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der Nähe von Emskirchen. Über die Höhe des Kaufpreises werden in den Quellen unterschiedliche Angaben gemacht. Sie schwanken zwischen 4 000 fl. und 29700 Talern137. Im Coburg- und im Saalfeldischen besaß die Familie bereits zu Beginn des 18. Jhs. Rittergüter, nach denen sie sich dann Herren zu Strahlenfels nannten138. 4. Handelsgesellschaften Die vier hier behandelten Familien haben ihre Kaufmannsgesellschaften als reine Familienunternehmen betrieben, wie es in dieser Zeit allgemein üblich war. Gesellschafter konnten nur Mitglieder der eigenen Familie sein oder Personen, denen man sich durch Heirat verbunden hatte. Dies gilt z. B. für Isaac Buirette, der infolge seiner Verehelichung mit Esther Blommart das Handelsunternehmen seines Schwiegervaters übernehmen konnte. Auch An­ dreas von Lierdt, ebenfalls mit einer Blommart verheiratet, konnte auf diese Weise Teilhaber an der Handelsgesellschaft des jüngeren Zweiges dieser Familie werden. Während im Fall der Blommart und von Lierdt in den einschlägigen Akten als Berufsbezeichnung immer Handelsmann angegeben wird, finden sich im Zusammenhang mit den de Brasserie Nennungen wie Seidenfärber oder Bortenhändler. Bei den Buirette unterbleiben diese Angaben völlig, was wohl vor allem mit ihrer Residenten-Tätigkeit zu tun haben wird. Man darf davon ausgehen, daß bei allen vier Unternehmen die Aktivitäten in dieselbe Richtung zielten. Dies gilt sowohl für das geographische Gebiet, welches sie abdeckten, als auch für die Waren, mit welchen gehandelt wurde. Italien spielt für diese Unternehmen keine Rolle mehr. Nur einmal ist vom Verkauf von Kattun, Tuch und Serge durch den jüngeren Jacob Blommart nach Bologna und Verona die Rede139. Von Johann de Brasserie wissen wir, daß er 1614 Ware aus Savoyen bezogen hat140. Während z. B. die Viatis und Peiler noch weit ins 17. Jh. hinein den italienischen Markt sehr stark in ihr Kalkül mit einbezogen haben, hat er für die Mehrzahl der anderen Nürnberger Handelsunternehmen kaum noch Bedeutung. Dies hat seine Gründe in den oft besprochenen Ursachen, und die Viatis-Peller machen wohl nur deswegen eine Ausnahme von dieser Regel, weil ihre Vorfahren aus dem venezianischen Gebiet stamm­ ten und damit wohl traditionell gute Beziehungen dorthin gepflegt wurden. Man müßte eigentlich erwarten, daß die vier hier dargestellten Familienunter­ nehmen auf Grund ihrer Herkunft und einer Verlagerung der Handelszentren die Niederlande als wichtigsten Aktionsraum ansehen würden, wenn man einmal von Frankfurt und natürlich auch von Nürnberg absieht. Überraschen­ derweise werden aber geschäftliche Beziehungen zu den Niederlanden in den 137 Schmidt-Herrling, El.: a. a. O. Nr. 12, Erlangen 1956 und Stadtarchiv Erlangen: Sign. 2. A. 421. 138 Schmidt-Herrling, El.: a. a. O. Nr. 2, Erlangen 1957. 139 StadtAN: HV Nr. 3688. 140 StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 1345.

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Quellen nur relativ selten zum Ausdruck gebracht. Von Ruland von Lierdt wissen wir etwa, daß in seiner Heimatstadt Tournai 1638 Francisca von Lierdt, die Witwe seines Onkels, in seinem Auftrag Geschäfte erledigt. Aus den Akten darf geschlossen werden, daß es sich hierbei nicht um ein einmaliges Tätigwer­ den handelte, sondern daß eine langfristige Beschäftigung als Faktor vorlag141. Aus dem Amsterdamer Notariatsarchiv ergibt sich, daß sich der jüngere Jacob Blommart 1702 am dortigen Großhandel mit Textilien beteiligte140. In Tournai verstarb Jacob de Brasserie im Alter von 21 Jahren. Vermutlich war er von seinen Brüdern Daniel und Cornelius in diese Stadt entsandt worden, um in ihrem Auftrag Geschäfte abzuwickeln143. Bereits in jungen Jahren mußten sich die Kaufmanns söhne im Ausland bewähren, wobei diese Tätigkeit gleich­ zeitig zur Vervollkommnung der kaufmännischen Ausbildung diente. So ist David de Brasserie im Alter von 25 Jahren in Lissabon verstorben, Daniel Blommart mit 20 Jahren in Lyon144. Diese Ortsangaben geben auch Aufschluß darüber, in welchen Städten Handelsgeschäfte abgeschlossen wurden. Der Tod des Franz Wilhelm Buirette in London (1726) steht jedoch sicherlich nicht in Verbindung mit Handelsgeschäften. Der junge Buirette wird sich wohl auf einer Kavalierstour befunden haben145. Die Messen in Frankfurt und Leipzig wurden sicherlich regelmäßig besucht. Von den Blommart wissen wir, daß sie in Nördlingen und Regensburg, aber auch in Krems, Linz, Salzburg und Wien immer wieder zwecks Erledigung ihrer Geschäfte persönlich erschienen146. Überraschend oft werden vor allem Städte in Österreich genannt. Speziell Wien scheint von großer Bedeutung gewesen zu sein. Hier wird deutlich, daß der deutsche Kaufmann nunmehr dem Umstand Rechnung trug, daß Wien sich allmählich zur Hauptstadt des Reiches entwickelt. Die dezen­ trale Ausrichtung zur Zeit der frühen Habsburger weicht allmählich einer Konzentration auf Wien und damit auch auf Österreich. Diese Entwicklung setzt allerdings erst zu Ausgang des 17. Jhds. ein. Von Isaac Buirette weiß man, daß er eine Niederlassung in Wien unterhielt, welche auch von seinen Söhnen betrieben wurde. Der Schwiegervater des ältesten Sohnes Daniel, Johann Franeau, war ebenfalls am Handelsplatz Wien maßgeblich inter­ essiert147. Gleichzeitig fungierte Isaac Buirette als „Grenzpagator in der Landschaft Steyer auf den croatischen Confinien“. Auch hatte er den „Tiroli141 142 143 144 145 146

Ebenda: Nr. 978. Diesen Hinweis verdanke ich G. L. Meesters, Utrecht. StaatsAN: Rep. 65 (Ratstotenbücher), Band 37, S. 203. Ebenda: Band 21, S. 317 und Band 47, S. 209. Seifert, Johann: a. a. O. StadtAN: HV, Nr. 4621, S. 86 (29. 4. 1625), Nr. 4623, S. 145' (5. 8. 1670), Nr. 4622, S. 127 (8. 3. 1654), 134 (26. 5. 1654) und 221' (24. 1. 1660). Diese Angaben stehen nur stellvertretend für eine große Zahl vergleichbarer Nennungen. Ebenda: Libri litt., Band 181, S. 151' (8./18. 8. 1685). 147 Vgl. Roth, Ferdinand: Geschichte des Nürnberger Handels. Band 4, Leipzig 1802, S. 42 und Meesters, G. L.: a. a. O. S. 255.

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sehen Kupfer- und Stahlappalto“ in Nürnberg inne148. Von Andreas von Lierdt, der mit dem jüngeren Jacob Blommart eine Handelsgesellschaft unterhielt, ist bekannt, daß er zeitweise in Wien seßhaft war, wo er einen wesentlichen Teil seiner Geschäfte abwickelte149. Was Dietz im Zusammenhang mit den Niederländern bzw. Belgiern für Frankfurt festgestellt hat, besonders auch was die einzelnen Handelsprodukte anbelangt, kann wohl auch für Nürnberg gelten150, wobei sicherlich die genannten Prozentzahlen nur annäherungsweise übernommen werden können. Einleitend stellt er fest: „Die Gründe für die außerordentlichen Erfolge so vieler Belgier sind im hervorragenden Unternehmungsgeist, in ihrer genaueren Kenntnis des Marktes, in ihren fortgeschritteneren Arbeitsmethoden, mit einem Wort in einer überlegenen Kultur zu suchen, welche sie hierher verpflanzten. Es war ein frommes und fleißiges, aber auch trotziges, freiheits­ liebendes und rücksichtsloses Geschlecht. Eine ganze Reihe von neuen Han­ dels- und Industriezweigen sind von ihnen hier ins Leben gerufen oder zu großer Entfaltung gebracht worden. Die wichtigsten waren: 1. die Seidenindustrie, welche namentlich seidene Bänder, Stoffe und Garne lieferte, und der Handel mit italienischer Rohseide; 2. der Handel mit belgischen Stoffen, welche hier gebrauchsfertig hergestellt wurden; 3. die Tuch- und Seidenfärberei, als Hilfsindustrie der beiden genannten Geschäftszweige; 4. die Juwelen- und Edelmetallindustrie, welche zahlreiche Goldschmiede, Diamant- und Rubinschneider beschäftigte, und ein großartiger Edelstein­ handel; 5. der Spezerei- und Materialwarenhandel; 6. das Bank- und Börsengeschäft.“ Die italienischen Kaufleute verteilen sich in Frankfurt auf die einzelnen Handelszweige, soweit dies überhaupt festzustellen ist, etwa wie folgt: Tuchhändler 40 % Seidenhändler 30% Juweliere 8% Materialisten 6% Buch- und Kunsthändler 4% Eisen- und Kupferhändler 3% Wollhändler 2% Weinhändler 2% Diverse 5% 100%151 148 149 150 151

Staats AN: Rep. 4 (Differentialakten), Nr. 839. StadtAN: Handelsvorstand, Nr. 4625, S. 14' (31. 1. 1704). Vgl. Pilz, Kurt: a. a. O. S. 52, 54ff., 121 f. Vgl. Dietz, Alexander: a. a. O. Band 2 S. 19.

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Bereits 1614 hatte Abraham Blommart mit den englischen Tuchbereitern, welche in Nürnberg lebten, Auseinandersetzungen, die schließlich in einer Beschwerde beim Nürnberger Rat gipfelten. Näheres ist nicht bekannt152. Aus dem Jahre 1624 ist zu berichten, daß Blommart ein Fäßlein mit Seidenwaren von Nürnberg nach Hamburg verschickt hat153. Jacob Blommart der Jüngere hat im Jahre 1703 ein Geschäft über die Lieferung von Serge, Tuch und Kattun nach Italien abgewickelt154. Vom jüngeren Johann de Brasserie wird berichtet, daß er 1601 einen Ballen roher Seide für 1000 fl. an einen Seidenfärber in Nürnberg verkaufte155. Im Zuge des Konkursverfahrens gegen Peter von Lierdt werden 1635 in seinem Nürnberger Lager Strümpfe, Garn, Sammet und Borten im Gesamtwert von 8582 fl. 6 sh. vorgefunden156. Zwar handelt es sich bei diesen Feststellungen immer nur um Angaben, welche auf Grund ihrer zufälligen Überlieferung als wenig repräsentativ angesehen werden können, doch läßt sich auch hiermit die Situation einigermaßen charakterisieren. Leider ist die Quellenlage in dieser Zeit, vor allem was wirtschaftliche Tatbestände anbelangt, oft sehr dürftig. Daß sich die niederländischen Kaufleute auch als Materialisten betätigt haben, beweist die Tatsache, daß Daniel de Brasserie ca. 1640 von dem Hamburger Kaufmann Jacob Verbortten für 2159 fl. 2 sh. 9 Pfg. Pfeffer und für 744 fl. Indigo gekauft hat157. Von Andreas von Lierdt wissen wir, daß er zu Beginn des 18. Jhs. Tabak und Kaffee aus der Türkei bezog158. Ruland von Lierdt handelte schließlich mit Nürnberger Pfennwert (Kleinhandel)159. Im Zusammenhang mit Kunsthandelssachen kann Abraham Blommart minde­ stens einmal nachgewiesen werden, und zwar erwarb er 1633 bei der Veräuße­ rung des Kunstkabinetts von Willibald Imhoff Dürer-Zeichnungen aus dessen Besitz. Das Bild von Dürers Mutter, welches er nach Amsterdam verkaufte, stammte ebenfalls aus dieser Sammlung160. Noch ein weiteres Mitglied dieser Familie befaßte sich mit Kunst. Von seiner Enkelin Esther Barbara Blommart, die mit dem Maler und Kupferstecher Joachim von Sandrart verheiratet war, wird berichtet, daß sie selbst mit ihrem munteren Wesen und unvergleich­ lichen Gedächtnis die größte Rarität ihres Kunstkabinetts gewesen sei161. Die Buirette treten vor allem im Zusammenhang mit dem Metallhandel auf. Nachdem sie ihre Heimat verlassen hatten, haben sie sich zunächst in Aachen 152 153 154 155 156 157 158

StaatsAN: Rep. 60a (Ratsverlässe), Band 1894 (11. 3. 1614). StadtAN: Libri litt., Band 139, S. 52'ff. (21. 6. 1626). Ebenda HV, Nr. 3688 (27. 9. 1703). StadtAN: Libri cons., Band 185, S. 13' (30. 6. 1604). StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 972 b. Ebenda: Nr. 154. Österr. Staatsarchiv, Abt. Finanz- und Hofkammerarchiv Wien: Hoffinanz Protokolle Nr. 1035, S. 413—421. 159 StadtAN: Libri cons., Band 227, S. 190ff. (24. 12. 1625). 160 Vgl. Pilz, Kurt: a. a. O. S. 120. Vgl. auch Hampe, Theodor: Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und Künstler. Band 2, Wien/Leipzig 1904, S. 438 f. 161 Hampe, Theodor: Kunstfreunde im alten Nürnberg und ihre Sammlungen. In: MVGN, Band 16, Nürnberg 1904, S. 98.

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niedergelassen. So war es durchaus naheliegend, daß sie sich in den Galmeiund Kupferhandel ein schalteten, welcher auf Grund der dortigen Vorkommen für diese Stadt ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor gewesen ist. Auf dieser Basis haben sich vermutlich auch schon bald Beziehungen zu Nürnberg ergeben, da das Nürnberger kupfer- und messingverarbeitende Gewerbe auf diese Roh­ stoffe angewiesen war. Später hatten die Buirette den „Tiroli sehen Kupferund Stahlappalto“ in Nürnberg inne162. Von Aachen aus haben sie bereits Beziehungen zur Stadt Leipzig gepflegt, welches in der ersten Hälfte des 17. Jhs. zeitweise den Kupferabbau in Mansfeld unter ihrer Kontrolle hatte. Daraus läßt sich auch erklären, daß die Buirette neben verschiedenen anderen Kupferhändlern in den Konkurs der Stadt Leipzig mit hineingezogen wurden. Am Verlag der zwei vorderortisehen Fünfteile waren die Brüder Jacob, Johann und Daniel Buirette 1627 beteiligt163. Aus dem Jahre 1626 wird von einem Kupfergeschäft der Buirette mit dem Leipziger Handelshaus Schwendendörfer berichtet. Anläßlich der Frankfurter Fastenmesse übergeben sie diesem Unter­ nehmen 300 Ztr. Eislebener Garkupfer und 25000 fl. Frankfurter Wechselwäh­ rung. Die Schwendendörfer sollen bei den Fastenmessen 1627 und 1628 100 Ztr. Garkupfer und 10 000fl. zurückgeben, 1629 dann den Rest von 100 Ztr. Garkupfer und 5 000 fl. Das ganze von den Buirette zur Verfügung gestellte Kapital sollte mit 6% verzinst werden. Als bis 1630 zwar die 25 000 fl. zurückgezahlt sind, aber nur 100 Ztr. Garkupfer, somit also 200 Ztr. und der Zins ausständig sind, wird von den Buirette Klage erhoben. 1636 wird wegen dieser Angelegenheit auch beim Nürnberger Stadtgericht gegen die Schuldner vorgegangen. Es wird eine Forderung von 36000 fl. eingeklagt. Die Buirette haben sich deshalb zur Befriedigung ihrer Forderung an die Stadt Nürnberg gewandt, weil die Schwendendörfer hier ein Haus hatten, das nunmehr gepfändet werden sollte, aber bei weitem nicht einen entsprechenden Gegen­ wert repräsentierte. Inwieweit sie mit dieser Maßnahme Erfolg hatten, bleibt unklar164. Im gleichen Jahr konnten die Buirette auch bei der Stadt Nürnberg Eislebener Garkupfer kaufen165. 1694 wurde Isaac Buirette wegen der Bezah­ lung von Schaugeld für von ihm verkaufte größere Stahl- und Eisenmengen angemahnt, nachdem er bereits bei der ersten Monierung auf „Vorbeistrei­ chung des Linzer Bartholomäi-Marktes“ vertröstet hatte166. Von Geldgeschäften, welche von den einzelnen Handelshäusern vorgenom­ men wurden, war bereits die Rede 167. Ergänzend sei hier noch vermerkt, daß 162 StaatsAN: Rep. 4 (Differentialakten), Nr. 839. 163 Vgl. Fischer, Gerhard: Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte 1470—1650. Leipzig 1929, S. 458f. und Dietz, Alexander: a. a. O. Band 3, Frankfurt/Main 1925, S. 190ff. 164 StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 1342 und 201, I—III. Wie der Betrag von 36000 fl. zustande kommt, konnte nicht nachvollzogen werden. Er erscheint relativ hoch, weil der Ztr. Garkupfer in dieser Zeit mit ca. 32 fl. gehandelt wurde. 165 Ebenda: Rep. 44e (Losungsamt Akten), SIL 145, Nr. 8. 166 Ebenda: Rep. 60a (Ratsverlasse), Band 2964, S. 48' (6. 10. 1694). 167 Vgl. S. 181 f.

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Abraham Blommart anscheinend über gute Beziehungen zum Kreis um Wallenstein verfügt hat. Er fungierte als Nürnberger Hauptfaktor von Wal­ lensteins Finanzier Hans de Witte. Als 1628 Truppen Wallensteins unter der Führung des Generals Collalto im Nürnbergischen Quartier nahmen, erreichte es der Rat, daß diese gegen eine Zahlung von 100000 fl. weiterzogen. Diese finanzielle Transaktion wurde vom Handelshaus Blommart abgewickelt. So ist es auch nicht verwunderlich, daß die Blommart in den Konkurs von de Witte mit hineingezogen wurden. Schließlich belief sich ihr Verlust auf 67000 fl.168. Allerdings scheint Ernstberger die Bedeutung des Blommartschen Handels­ hauses, vor allem in seiner Beziehung zu de Witte, zu überschätzen. Sicherlich handelte es sich um ein großes Unternehmen, doch gab es zahlreiche andere Nürnberger Häuser, die maßgeblicher waren bzw. auf gleicher Stufe standen. Von den Buirette berichtet uns Roth, daß sie ein über ganz Europa ausgebrei­ tetes Wechselgeschäft betrieben hätten169.

Handelszeichen des Abraham Blommart169a.

Man darf davon ausgehen, daß Abraham Blommart wohl unmittelbar nachdem er sich in Nürnberg niedergelassen hatte und die Ehe mit Esther de la Rue eingegangen war, ein eigenes Handelsunternehmen gegründet hat. Der Kauf eines eigenen Hauses und verschiedene Handelsgeschäfte, welche aus den folgenden Jahren nachgewiesen werden können, sprechen hier eine deutliche Sprache. Im Jahre 1628 muß das Unternehmen in eine Finanzkrise geraten sein, die es dem Konkurs nahe brachte. Dies veranlaßte Kaiser Ferdinand II., dem Unternehmen 10000 fl. zwecks Überbrückung der augenblicklichen Schwierigkeiten zur Verfügung zu stellen170. Vermutlich wollte man die Kuh, welche man auch in Zukunft melken wollte, mit dieser Spritze am Leben erhalten. In dieser Zeit wurden zahlreiche Handelsunternehmen insolvent. 168 Vgl. Ernstberger, Emst: Hans de Witte — Finanzmann Wallensteins. Wiesbaden 1954, S. 202, 205, 486. 169 Vgl. Roth, Ferdinand: Geschichte des Nürnbergischen Handels. Band 4, Leipzig 1802, S. 42. 169a StadtAN: HV, Nr. 4621, S. 90 (22. 9. 1626). 170 Schornbaum, Karl: a. a. O. S. 7.

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Bereits 1618 war Blommart als Gläubiger in den Konkurs des Caspar della Porta hineingezogen worden 171. Seine Schwäger Christoph Schnuck und Daniel de la Rue waren bei ihm als Handelsdiener beschäftigt. Ihnen erteilt er wiederholt Vollmacht über sein beim Banco Publico unterhaltenes Konto, wobei sich diese Prokuren zum Teil über einen fixen Zeitraum von zwei Jahren erstrecken, in anderen Fällen aber auch nur für die Dauer seiner Abwesenheit von Nürnberg gelten 172. Von dem Zeitpunkt an, in welchem seine beiden Söhne Vertretungsaufgaben wahrneh­ men können, werden ihnen ebenfalls entsprechende Vollmachten eingeräumt. Dies geschieht im Falle des Jacob erstmals 1641, bei Wilhelm 1645. 1649 erteilt Abraham Blommart zum letzten Mal eine Prokura 173. Zu diesem Zeitpunkt finden auf seinem Konto beim Banco Publico auch die letzten Buchungen statt. Bereits seit 1640 bzw. 1644 haben die beiden Söhne Jacob und Wilhelm, mindestens bedingt, unabhängig vom Vater Handelsgeschäfte betrieben. Aus diesen Jahren lassen sich erstmals Konten beim Banco nachweisen — diese Daten fallen auch in etwa mit ihren Eheschließungen zusammen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird der Vater als aktiver Gesellschafter aus dem Unterneh­ men ausgeschieden sein. Die endgültige Trennung wird wohl ca. 1644/45 erfolgt sein. In dieser Zeit steigen die Kontoumsätze des Jacob Blommart, welche beim Banco Publico verzeichnet sind, erheblich an, andererseits wird jetzt nur noch Wilhelm als Vertreter des Vaters genannt. Auch die Wahl der Wohnsitze spricht eine deutliche Sprache 174. Es hat aber den Anschein, daß die beiden Brüder durchaus freundschaftliche Beziehungen miteinander pflegten und bei aller Konkurrenz auch häufig untereinander bzw. gemeinsam Ge­ schäfte abschlossen. Sie bevollmächtigen sich auch wechselseitig über ihre Konten175. Soweit man die Geschäftsentwicklung an den Banco-Umsätzen ablesen kann, darf festgestellt werden, daß Jacob wohl der erfolgreichere der beiden Brüder war. Als Bevollmächtigte von Jacob werden in den nächsten Jahren entweder die Schwäger Christoph Kreußner und Georg Hartung, der Diener Hans Joachim Herdegen oder auch der Bruder Johannes genannt176. Wie es üblich war, wurden mit einem Handelszeichen die Briefe des Unternehmens gekennzeichnet177. Da Jacob Blommart nur drei Töchter hatte, war es für ihn naheliegend gewesen, seinen Nachfolger aus dem Kreis der Schwiegersöhne zu wählen. Da es sich bei diesen durchweg um Kaufleute handelte, waren mindestens die 171 172 173 174 173 176 177

StaatsAN: Rep. 60a (Ratsverlässe), Band 1951, S. 25 (11. 6. 1618). StadtAN: HV, Nr. 4621, S. 86 (29. 4. 1625) und S. 157 (8. 3. 1630). Ebenda: Nr. 4622, S. 42' (25. 11. 1641), S. 68' (4. 10. 1645), S. 99' (27. 8. 1649). Vgl. S. 171 f., 186. StadtAN: HV, Nr. 4635 (26. 5. 1654). Ebenda: Nr. 4622, S. 117' (4. 8. 1652), S. 178' (2. 2. 1657), Nr. 4635 (9. 2. 1653 und 3. 2. 1654). Ebenda: Nr. 4635 (30. 8. 1653).

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Abb. 1:

Isaac Buirette (1638—1708) — Begründer des gleichnamigen Handelshauses in Nürn­ berg.

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JP? C«^ fc*tuA. Abb. 3:

Schlußseite des Vertrages über die Auflösung der Lierdtschen Messinghandelsgesell­ schaft vom 22. 4. 1728 (Stadtarchiv Nürnberg, Gen. Papiere von Lierdt).

Abb. 4: Wappenkartusche vom Grab der Familie Blommart auf dem St. Johannisfriedhof, Nürnberg (Grab Nr. 1470).

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Handelszeichen des Jacob Blommart.

Grundvoraussetzungen erfüllt. Vermutlich hat er sich für Isaac Buirette entschieden, weil dieser nicht wie die beiden anderen Anwärter an ein väter­ liches Unternehmen gebunden war. Buirette war 1660 auf Betreiben seiner Schwester Sara, welche mit Daniel de Brasserie seit etlichen Jahren verheiratet war, nach Nürnberg gekommen. Geboren 1630 in Aachen, war er das 12. und letzte Kind seiner Eltern178. 1662 kam es dann zur Heirat mit Esther Blom­ mart. Anscheinend fanden sich in Jacob Blommart und seinem Schwiegersohn zwei Partner, welche sich ideal ergänzten. Dies spiegelt sowohl der geschäftli­ che Verlauf als auch ein Gedicht, welches zum Namenstag des Jacob Blommart im Jahre 1679 verfaßt wurde. „Herr Blommart blume fort, und prachte in die Wette, Mit seiner Eydams-Blum, dem kluge de Buirette! Es leb, so lang die Sonn umrennt den Sternenpol, Mit Jacob Isaac, und gehe beyden wol! Du Vatter aller Welt, der Isaac erschaffen, Und Jacob noch erhält, laß beyde diese schlaffen In sichrer Seegen-Ruh, und guten Freuden-Muthes! Wirff Glück und Seegen zu, Sie thun den Armen Gutes 179.“ Diese Feststellungen sind umso erfreulicher, als Esther Blommart, welche das Bindeglied zwischen den beiden Männern darstellte, bereits 1672 verstor­ ben und Isaac in der Zwischenzeit eine zweite Ehe eingegangen war. Aus den Prokurenbüchern ergibt sich erstmals für das Jahr 1666, daß Isaac Buirette im Rahmen des Jacob Blommartschen Handelshauses aktiv wird. Gemeinsam erteilen Blommart und sein Schwiegersohn in diesem Jahr Hans Joachim Herdegen Prokura 18°. Eine gemeinsame Handelsgesellschaft scheint allerdings erst zum 1. Januar 1669 gegründet worden zu sein. Zu diesem 178 Ebenda: Genealogische Papiere Buirette — Trauerschrift für Isaac Buirette. 179 Vgl. Schmidt-Herrling, El.: a. a. O. Nr. 11, Erlangen 1956. 180 StadtAN: HV, Nr. 4623, S. 75 (8. 3. 1666).

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Zeitpunkt wird das Konto des Jacob Blommart beim Banco Publico aufgelöst. Vorher beschränkte sich das Gesellschafts Verhältnis Buirettes wohl auf eine stille Beteiligung. Buirette, der seit 1664 ein Konto unterhielt, löste dieses im Januar 1669 auf. Unter der neuen Firma Jacob Blommart und Isaac Buirette wird dann ab 1669 gebucht181. Die beiden Gesellschafter erteilen sich gegen­ seitig Vollmacht, über das Konto des Unternehmens zu verfügen 182. Riederer hat Buirette in seinem Buch „Illustre Negotianten“ als „fürtrefflichen klugen und nachdenklichen Negotianten“ geschildert. „Sein Contor wäre wohl das allerberühmteste, und er wäre von so einer durchdringenden Leutseligkeit, daß er aller Hertzen an sich züge und von aller Welt bewundert wurde“ 183. Aus einer Prokura, welche am 12. November 1691 zu Gunsten von Isaac Buirette und seinem Sohn Daniel erstellt wird, ergibt sich, daß der Schwieger­ vater und Großvater Jacob Blommart zum 31. Dezember 1688, also in seinem 70. Lebensjahr, seinen Status als tätiger Gesellschafter aufgegeben hat. Dies hat jedoch keine Änderung des Firmennamens zur Folge. Anscheinend ist auch Maria Märtel, eine weitere Tochter Blommarts, am Unternehmen beteiligt gewesen, denn sie wirkte bei der Erteilung dieser Prokura mit184. Da die Verfügung im Haus des Buirette am Roßmarkt zu Protokoll gegeben wird, verdeutlicht auch dies, daß nunmehr Buirette die Geschäftsleitung übernom­ men hat. Der zweite Sohn Johann Wilhelm Buirette wird 1694 erstmals in den Prokurenbüchern genannt185. Der Tod des alten Blommart im Jahre 1697 bewirkt das Ende der Gesell­ schaft, die dann ab 12. Januar 1698 als Isaac Buirette und Sohn, später und Söhne, firmiert. Diese Veränderungen lassen sich aus dem Umstand erklären, daß der älteste Sohn Daniel bereits im Jahr der Umgründung verstorben ist und somit zunächst allein Johann Wilhelm und der Vater Isaac verblieben. Daniel Buirette war seit 1689 im Familienunternehmen tätig gewesen, nachdem er zuvor in Heidelberg studiert und mittels ausgedehnter Reisen durch Europa sein Wissen erweitert hatte 186. Auch Johann Wilhelm hat eine entsprechende Ausbildung durchlaufen. Nachdem Isaac Buirette 1708 verstorben ist, löst der Sohn Johann Wilhelm gemäß dem Testament seines Vaters das bestehende Unternehmen 1709 auf. Zum 28. Juni 1709 schließt sich Johann Wilhelm mit seinem Halbbruder Johann Noe Buirette, der zu diesem Zeitpunkt Gesell­ schafter wird, in einem neuen Unternehmen zusammen, welches unter der Bezeichnung Buirette Gebrüder firmiert. Sie geben ausdrücklich zu Protokoll, daß außer ihnen niemand an der Handelsgesellschaft beteiligt sei, und erteilen 181 Bereits im Jahr 1628 hatte das Handelshaus Jacob, Hannß und Daniel Buirette vorübergehend ein Konto beim Banco Publico unterhalten. Vgl. StadtAN: HV, Nr. 4297, S. 496 und Nr. 4312, S. 69. 182 StadtAN: HV, Nr. 4638 (17. 12. 1674). 183 Vgl. Riederer, Johann Friedrich: a. a. O. S. 204ff. Ebenso Veillodter, Ludwig Christoph Carl: Lebensbeschreibungen merkwürdiger und berühmter Kaufleute. Nürnberg 1796, S. 151—159. 184 StadtAN: HV, Nr. 4624, S. 165 (12. 11. 1691). 185 Ebenda: Nr. 4624, S. 190' (29. 1. 1694). 186 Ebenda: Genealogische Papiere Buirette — Trauerschrift für Daniel Buirette (1699).

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sich wechselseitige Prokura187. Was die Erlanger Brauerei anbelangt, so kann dem Testament des Isaac Buirette vom 24. Oktober 1708 nur vorübergehend Genüge getan werden, denn der für die Übernahme dieses Unternehmens vorgesehene Sohn Anton stirbt bereits 1715, so daß die Brauerei ebenfalls von den beiden ältesten Söhnen übernommen werden muß188. Von Issac Buirette wird berichtet, daß er bis ca. 1698 in Erlangen zur Erbauung eines Brauhauses und anderer Gebäude 35000 fl. investiert habe. Sein Neffe Leonhard Weynand hat während derselben Zeit für 30000 fl. Investitionen vorgenommen, wobei es sich jedoch in diesem Fall nicht um dessen Brauerei als Investitionsobjekt handeln konnte, da diese erst 1712 gegründet wurde189. Noch zu Lebzeiten des Isaac Buirette gab es wiederholt Streitereien mit den Erlanger Strumpfwirkern. Diese intervenierten beim Markgrafen gegen die Wilhelmsdorfer Konkurrenz, welche durch Buirette dort initiiert worden war. Nachdem die ersten Ansiedler Wilhelmsdorf wegen des angeblich schlechten Bodens bereits 1692 wieder verlassen hatten, veranlaßte Buirette eine Reihe von Handwerkern, welche er schon in Erlangen mit Geldbeträgen unterstützt hatte, sich dort niederzulassen und Strümpfe zu fertigen. Der Markgraf lehnte die Beschwerde ab und erteilte 1712 ausdrücklich die Erlaubnis zur Betreibung dieses Gewerbes in dem besagten Gebiet190. Inwieweit Buirette an diesen Geschäften beteiligt war, entzieht sich unserer Kenntnis. Mindestens in seiner Funktion als Lehnsherr wird ihm daran gelegen gewesen sein, daß seine Untertanen in einigem Wohlstand lebten. Vorübergehend wurde in Erlangen auch eine Mahl- und eine Papiermühle betrieben, wobei man anscheinend mit diesem Engagement weniger glücklich war. Man trennte sich deshalb wieder sehr schnell von diesen Anlagen. Die Papiermühle wurde 1709 verkauft, die Mahlmühle brannte ab, ohne wieder aufgebaut zu werden 191. Johann Noe war, bevor er in das Familienunternehmen eingetreten ist, im Zuge seiner Ausbildung seit 1701 im Handelshaus seines Onkels Franciscus d’Orville in Amsterdam tätig gewesen. Hier blieb er vier Jahre und besuchte anschließend England, Hamburg, Berlin und Leipzig192. Er war der letzte Inhaber des Blommart-Buirettischen Handelshauses, nachdem sein Bruder 1722 verstorben war. Neben ihm selbst, der unverheiratet blieb, waren die Witwe seines Bruders und dessen Kinder am Unternehmen beteiligt. Dabei wurden die Interessen der fünf unmündigen Kinder seines Bruders von deren Vormündern vertreten193. Als Johann Noe 1728 starb, wurde die Handlung 187 Ebenda HV, Nr. 4625, S. 105' (28. 6. 1709). 188 Ebenda: Genealogische Papiere Buirette — Testament des Isaac Buirette (24. 10. 1708). Wegen der Brauerei vgl. S. 191. 189 Schanz, Georg: Zur Geschichte der Colonisation und Industrie in Franken. 2. Abt. Urkunden, Erlangen 1884, S. 83. 190 Schmidt-Herrling, El.: a. a. O. Nr. 12, Erlangen 1956. 191 Ebenda. 192 Ebenda: Nr. 1, Erlangen 1957. 193 StadtAN: HV, Nr. 4627, S. 49 (4. 4. 1722) und S. 49' (20. 6. 1722).

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unter der Bezeichnung Johann Wilhelm Buirette seel. Erben von einem der Vormünder, Georg Ludwig Vogel, weiterbetrieben. Allem Anschein nach hatte keines der Kinder noch der Schwiegersohn Isaac Daniel Buirette (Sohn des Vatersbruders Daniel) Interesse daran, in das Unternehmen einzutreten. Die Banco-Umsätze des Handelshauses waren inzwischen auf unter 100000 fl. abgesunken. 1735 wird die Prokura für Vogel ein letztes Mal verlängert194. In diesem Jahr finden auch die letzten Bewegungen auf dem Konto statt. Dann kommt die Handelstätigkeit des Unternehmens nach annähernd 125 Jahren zum Erliegen. Der letzte männliche Namensträger, Friedrich Carl Alexander, stirbt 1884. Die Familie ist 1908 mit seiner Gattin Marie ausgestorben. Beim Handelshaus der jüngeren Linie der Familie Blommart, dem Unterneh­ men des Wilhelm Blommart, werden, bis die Söhne nachgewachsen sind, ähnlich wie beim Bruder Jacob, diverse Verwandte mit Vollmachten betraut; der Schwager und spätere Schwiegersohn Abraham Pierrat oder auch der Schwager Georg Hartung 195. Nach dem Tode des Wilhelm erteilen seine Erben ihrem Bruder Jacob Vollmacht für das Unternehmen 196. Als Firma Wilhelm Blommarts Erben wird das Unternehmen noch bis März 1687 geführt. Dann kommt es wohl zur eigentlichen Auseinandersetzung. Jacob, der jüngste Sohn, führt das Unternehmen unter seinem Namen weiter. Überraschen muß allerdings, daß gleich zu Anfang seiner selbständigen Tätigkeit, nämlich während der Jahre 1688 bis 1693, keine bzw. sehr geringe Banco-Umsätze zu verzeichnen sind. Dabei läßt sich nicht klären, ob während dieser Zeit das Unternehmen zeitweise liquidiert war oder nur in eine andere Stadt verlegt worden war. Das verwendete Handelszeichen setzt sich auch hier im wesentlichen aus den Initialen des Firmeninhabers zusammen197. Am 31. Januar 1698 verbindet sich Jacob Blommart mit seinem Schwager Andreas von Lierdt in einer Handelsgesellschaft198. Es hat den Anschein, daß

Handelszeichen Jacob Blommarts des Jüngeren. 194 195 196 197 198

Ebenda: Ebenda: Ebenda: Ebenda: Ebenda:

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Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

4628, S. 33 (4. 4. 1735). 4623, S. 145' (5. 8. 1670), Nr. 4622, S. 127 (8. 3. 1654). 4624, S. 190 (9. 11. 1686). 4640 (20. 12. 1698). 4640 (31. 1. 1698).

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die beiden Geschäftspartner eine Arbeitsteilung in der Weise vorgenommen haben, als sich Blommart um die Nürnberger Geschäftsstelle, Lierdt dagegen um den Handelsplatz Wien gekümmert hat. Zu einer wesentlichen Steigerung der Banco-Umsätze kommt es allerdings durch diesen Zusammenschluß nicht. Vielleicht wird aus diesem Grund das Kompagniegeschäft bereits zum 31. Januar 1704 wieder aufgehoben199. Im Anschluß daran kann Blommart eine deutliche Steigerung seiner BancoUmsätze verzeichnen, wobei allerdings nicht gesagt werden kann, worin dies seine Ursache hat. Mindestens aus seiner Reisetätigkeit kann auf ein sehr breites Aktionsfeld geschlossen werden. In der Folgezeit werden wiederholt die verschiedensten Handelsdiener mit Prokuren betraut; 1712 erstmals der Sohn Johann Jacob 200. Ca. 1720 wurde Johann Jacob als Teilhaber in die väterliche Handelsgesellschaft aufgenommen. Ein letztes Mal wird Johann Jacob am 30. Dezember 1721 in Nürnberger Akten erwähnt. Sein Vater erteilt ihm zu diesem Zeitpunkt eine Banco-Prokura, weil er nach München zum Dreikönigsmarkt reist. Vielleicht unterstützt dieser Hinweis auf die bayeri­ sche Hauptstadt die von G. L. Meesters, in Erwägung gezogene Identität des Johann Jacob mit einer Person gleichen Namens, welche am 25. Februar 1742 verstorben und in St. Peter begraben wurde. Als Beruf wird bei dieser Gelegenheit Bankier des bayerischen Kurfürsten angegeben201. Auch seine Ehefrau Sara ermächtigt Jacob verschiedentlich für Bankgeschäfte 202. Inzwi­ schen muß wohl auch der zweite Sohn Johann Daniel als Kaufmann aktiv geworden sein. Jedenfalls teilt Jacob Blommart am 30. Dezember 1727 dem Bancoamt mit, daß er keinerlei Regreßansprüche gegen den Banco wegen der Bankgeschäfte seines Sohnes Daniel erheben wird 203. Ob dies gleichzeitig bedeutete, daß der Sohn im Unternehmen des Vaters tätig gewesen ist, muß dahingestellt bleiben, kann aber vermutet werden. 1733, ein Jahr vor seinem Tod, löst Jacob sein Unternehmen auf. Dies kann auch als Indiz dafür genommen werden, daß der Sohn Johann Daniel wohl nicht in der Lage war, das Handelshaus weiter zu betreiben. Bei der Darstellung des Gesellschafterkreises des Lierdtschen Handelshauses ergeben sich in weit größerem Maße Probleme und offene Fragen als bei den drei anderen Familien. Dies hat seine Ursache zum einen in der größeren Zahl von Familienangehörigen, die zum Teil unabhängig voneinander, allerdings oft nur sehr kurzfristig, Handelsunternehmen betrieben, zum anderen an der Dürftigkeit der biographischen Angaben zu den einzelnen Personen. Gerade im Bezug auf diese Familie weisen die Kirchenbücher erhebliche Lücken auf, so daß die Lebensdaten teilweise nur unvollständig wiedergegeben werden kön­ nen. Dies mag vielleicht daran liegen, daß im Falle der von Lierdts im 199 200 201 202 203

Ebenda, Nr. 4625, S. 14' (31. 1. 1704). Ebenda, Nr. 4642 (30. 12. 1712). Ebenda, Nr. 4626, S. 27' (30. 12. 1712). Vgl. auch Meesters, G. L.: a. a. O. S. 260. StadtAN: HV, Nr. 4627, S. 15' (13. 9. 1720) und S. 105 (29. 12. 1725). StadtAN: HV, Nr. 4627, S. 137' (30. 12. 1726 und 16. 7. 1729).

203

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Gegensatz zu den Blommart, de Brasserie und Buirette einzelne Mitglieder in der alten Heimat verblieben sind, als die große Auswanderung stattfand und deshalb nach wie vor enge Kontakte zu Tournai bestanden haben, was es wohl verschiedenen Familienangehörigen erleichtert hat, wieder dorthin zurückzu­ kehren. So hat z. B. der Bruder Daniel des Ruland von Lierdt dort gelebt. Ebenso konnte Peter von Lierdt auf fünf Geschwister in Tournai Bezug nehmen 204. Auch im Hinblick auf die Verwandtschaftsverhältnisse bestehen noch Zweifel, welche in letzter Konsequenz nicht ausgeräumt werden konn­ ten. Welche Familienangehörigen gemeinsam in einer Handelsgesellschaft zusammengeschlossen waren, läßt sich aus der Quellenlage nicht eindeutig klären. Leider ergeben sich aus den Prokurenbüchem diesbezüglich kaum Aufschlüsse, da von dieser Familie überraschend wenig Vollmachten registriert sind. Es darf vermutet werden, daß die erste für Nürnberg bedeutsame Genera­ tion der Familie von Lierdt wohl aus den Brüdern Nicolaus, Daniel, Johann und Samuel bestand. Diese waren zum Teil bereits im 16. Jhd. in Nürnberg auf wirtschaftlichem Gebiet aktiv geworden. Von Nicolaus und Samuel wissen wir, daß sie auch in Nürnberg verstorben sind. Die beiden anderen Brüder haben die Interessen der Familie vermutlich in Tournai vertreten. Greifbarer wird dann aber erst die nächste Generation, von welcher hier die Vettern Michael, Peter und Ruland von Interesse sind. Vor allem Ruland scheint innerhalb der Familie eine maßgebende Stellung eingenommen zu haben. Gemeinsam mit seinem Vetter Michael war er Besitzer des Plobenhofs 205. Ruland hat zunächst mit seinem Onkel Daniel bis zum 31. Dezember 1623 eine Handelsgesellschaft betrieben. Das gemeinsame Banco-Konto wird zwar noch bis 14. April 1624 weiter geführt, doch ist Daniel mit Sicherheit schon 1623 verstorben, vermutlich in Tournai. Ruland erstellt daraufhin eine Schluß­ bilanz für die Witwe seines Onkels Francisca, geborene Schwerdt, und deren drei Stiefsöhne Michael, Daniel und Johann. Das vorhandene Warenlager wird zwischen den beiden Parteien geteilt, wobei Ruland wohl einen größeren Teil erhält und deshalb zum Ausgleich an die andere Seite noch 2000 Pfund flämisch zu entrichten hat 206. Das von 1624 bis 1626 noch beim Banco unter dem Namen Daniel von Lierdt geführte Konto wird wohl von dessen Erben für Geschäftsabwicklungszwecke eingerichtet worden sein. Evt. war auch der gleichnamige Sohn Kontoinhaber. Francisca von Lierdt ist in der Folgezeit für ihren Neffen in Tournai als Faktor tätig gewesen. 1638 kommt es zwischen den beiden zu Meinungsverschiedenheiten, die dazu führen, daß Ruland von Lierdt beim Stadtgericht einen Arrest auf die Mobilien seiner Tante beantragt, welche diese in Nürnberg besitzt 207. In den Jahren 1624 bis 1629 hat Ruland mit seinem Vetter Michael eine Handelsgesellschaft unterhalten. Michael 20< 205 206 207

StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 972a und 978. Vgl. S. 189f. StadtAN: Libri cons., Band 227, S. 190ff. (24. 12. 1625). StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 978.

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stirbt bereits 1628. 1629 erstellt Ruland für dessen Erben eine Bilanz und zahlt diese, auf der Basis der hierbei erzielten Ergebnisse, aus 208. Michael hatte vier Kinder hinterlassen, die aber zu diesem Zeitpunkt noch alle minderjährig waren, so daß eine Beteiligung an der Handelsgesellschaft wenig sinnvoll war. Nicht auszuschließen ist, daß die Witwe mit den Kindern nach Tournai verzog, da dieser Familienzweig in den Nürnberger Kirchenbüchern keine Erwähnung mehr findet. Peter hat seit Gründung des Banco Publico im Jahre 1621 bis zum 17. Juni 1631 ein Konto unterhalten. Während dieser Zeit erteilt Peter von Lierdt wiederholt seinen Handelsdienern Simon Thomki und Veit Dietrich Pro­ kura209. 1631 geht sein Unternehmen in Konkurs. Peter von Lierdt wird ins Gefängnis gebracht, scheint aber noch 1631 verstorben zu sein. Seine Witwe Kunigunda, an die sich nun die Gläubiger wenden, stirbt im nächsten Jahr. Als Konkursverwalter ist bis Mitte 1632 Christoph Heller tätig, danach David Credon. Diese versuchen nun, wie es ihre Aufgabe ist, möglichst viel Ver­ mögen zu realisieren, um die diversen Gläubiger befriedigen zu können. In der Zeit vom 26. August 1631 bis 20. Oktober 1635 wird das Vermögen der Eheleute zum Verkauf gebracht. Zunächst wird das Privatvermögen verstei­ gert, zu welchem auch ein Garten vor dem Wöhrder Tor gehört, der für 1428 fl. losgeschlagen wird. Kassenbestände, Handelswaren, welche sich in den Lägern in Nürnberg und Salzburg befinden und diverse Forderungen ergeben nach Abzug von verschiedenen, auch nach dem Tod der Eheleute notwendig gewordenen Ausgaben ein Vermögen von 18261 fl. 14 sh. 6 Pfg. Damit liegt das Ergebnis weit unter den Vorstellungen, welche sich Peter von Lierdt noch kurz vor seinem Tod vom Wert seines Vermögens gemacht hatte. Er hatte seine Handelswaren mit 21550 fl. 9 sh. 5 Pfg. und die Forderungen mit 11113 fl. 4 sh. 9 Pfg. bewertet. Schließlich wurden bei der Liquidisierung jedoch nur 14717fl. 1 sh. 2 Pfg. erzielt210. Hier war wohl eine Entwicklung zum Tragen gekommen, wie sie häufig bei Insolvenzen zu verzeichnen ist, indem die Schuldner des in Konkurs Gegange­ nen bzw. dessen Gläubiger die Situation in ihrem Sinne beeinflussen wollen. Dies war hier vor allem auch deswegen ohne Schwierigkeiten möglich, weil Peter von Lierdt bereits zu Beginn des Konkursverfahrens gestorben war. An seiner Stelle war Christoph Heller als Kurator über dessen hinterlassenes Vermögen bereits am 24. Februar 1632 vor dem Nürnberger Stadtgericht erschienen und hatte gegen Joachim Stainich, Bürger in Gostenhof, geklagt, von welchem Peter von Lierdt 2000 fl. in bar und 5564 fl. 15 sh. an Handels­ waren zu fordern hatte. Stainich widerlegte diese Behauptung, indem er feststellte, daß er einen großen Teil dieser Beträge bereits abgetragen habe und eine weitere Teilsumme von Peter von Lierdt nachgelassen worden sei, so daß 208 StadtAN: Libri cons., Band 235, S. 201 ff. (30. 9. 1629). 209 Ebenda: Handelsvorstand, Nr. 4621, S. 48 (11. 6. 1622) und Nr. 4634 (1. 12. 1630). 2,0 StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 972b.

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sich seine Verbindlichkeit nunmehr auf 500 fl. belaufen würde. Bis 1639 hat er aber nicht einmal diese Summe zugunsten der Lierdtschen Gläubiger angewie­ sen, so daß schließlich in diesem Jahr seine Behausung für 350 fl. verkauft wurde. Noch 1647 hat man sich bemüht, von Stainich einen Restbetrag zu erhalten211. Von Hans Caspar Tücher versucht Heller ein Pfandgut in Form von „allerlei vergoldetes und silbernes Schatzgeld“ zurückzuerhalten, welches die Lierdtschen Eheleute diesem 1630, weit unter seinem Wert, für 1060 Reichstaler überlassen hatten. Tücher hatte jedoch inzwischen diesen Pfand­ besitz veräußert, obwohl er dazu nicht berechtigt gewesen war212. Aus einer am 23. Mai 1631 aufgestellten Liste der Lierdtschen Verbindlich­ keiten ergibt sich ein Gesamtwert von 90130 fl. 17 Kr. x/2 Pfg. Hierin sind jedoch auch Forderungen der Kunigunda von Lierdt gegen ihren Ehemann von 17461 fl. 56 Kr. enthalten, die sich vermutlich auf deren Heiratsgut beziehen. Dieser Posten, welcher später dann auf 15571 fl. 56 Kr. reduziert wird, wird von den Gläubigem jedoch nicht anerkannt, so daß 1632 auch gegen Kunigun­ da von dieser Seite Klage erhoben wird213. An den Verbindlichkeiten gegen Peter von Lierdt sind seine fünf Geschwister mit insgesamt 59 377 fl. 50 Kr. maßgeblich beteiligt. Zieht man noch die Forderungen seiner Ehefrau ab, so verbleiben allein 13290 fl. 31 Kr. l/2 Pfg., welche familienfremde Personen zu fordern haben. Aus den Akten ergibt sich deutlich, daß speziell die Geschwi­ ster an der Einleitung des Konkursverfahrens beteiligt waren. Ihre Forderung resultierte aus dem Umstand, daß nach dem Tod ihres gemeinsamen Vaters am 6. Oktober 1621 Peter die Handelswaren des väterlichen Unternehmens, welche sich in den Lägern in Tournai, Frankfurt und Nürnberg befanden, für 18171 fl. 15 Kr. übernehmen konnte. Auf Grund von unterschiedlichen Auffassungen über die Bewertung dieser Waren kommen jedoch die Geschwi­ ster im nachhinein zu dem Ergebnis, daß diese Lagerbestände ursprünglich einen weit höheren Wert repräsentiert haben. Dagegen wehrt sich Peter von Lierdt und führt gleichzeitig aus, daß er einen Teil der geforderten Beträge bereits abbezahlt habe214. 1635/36 kommt es dann noch zur Veräußerung des von Kunigunda von Lierdt nachgelassenen Privatvermögens, welches aus Grundstücken in Lauf, Rückersdorf und Wetzendorf besteht. Hierbei können 4250 fl. erlöst werden215. Allerdings reicht auch dieser Betrag zur Befriedigung der Gläubiger bei weitem nicht aus. 1637 prozessieren die Lierdtschen Ge­ schwister schließlich noch mit den Konkursverwaltern, weil sie glauben, auf diese Weise weitere Vorteile erzielen zu können216. Uber den Erfolg dieser Maßnahme ist nichts mehr bekannt. 2.1 Vgl. auch S. 32f. StadtAN: Libri litt., Band 154, S. 118ff. (14.10. 1639) und StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 972c und 979. 2.2 StaatsAN: Rep. 77 (Prozeßakten), Nr. 971. 213 Ebenda, Nr. 972d, e, f. 214 Ebenda, Nr. 972a. 215 Ebenda, Nr. 976. 216 Ebenda, Nr. 976.

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Ruland von Lierdt hat bis 1636 seine Handelsgesellschaft betrieben; von 1637 bis 1666 wurde diese vom Sohn Daniel weiter geführt, von 1666 bis 1674 vom Enkel gleichen Namens. Als Daniel der Jüngere stirbt, sind seine beiden Söhne noch im Kindesalter. Die Mutter Apollonia Wurzelbauer vermählte sich ein zweites Mal, und zwar mit dem Ratskonsulenten Jacob Stephan Silberrad. Anscheinend wurde aber das Lierdtsche Unternehmen nicht aufge­ löst. Allerdings muß es wohl im Laufe der Zeit den Namen Johann Philipp Robische Handlung erhalten haben. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus einer Banco-Vollmacht, die Apollonia Silberrad ihrem Sohn Johann Daniel von Lierdt für dieses Unternehmen am 26. April 1694 erteilt hat. Vermutlich ist diese Namens Veränderung auf einen Gesellschafter des Unternehmens zurück­ zuführen, welcher wohl mindestens zeitweise das Handelshaus geleitet hat. Jedoch finden sich in den Banco-Unterlagen sonst keinerlei Hinweise auf diese Handelsgesellschaft. Für den Umstand, sie als Nachfolgeunternehmen der Lierdtschen Handlung zu betrachten, spricht auch, daß Apollonia und nicht ihr Mann Jacob Stephan Silberrad die Prokura erteilt hat217. Seit 1692 wird das Unternehmen dann unter der Firma Johann Daniel von Lierdt und Mitverwandte weitergeführt, wobei unter dem Namenszusatz wohl seine Mutter evt. auch seine Halbgeschwister verstanden werden dürfen. Bis 1719 hat Johann Daniel beim Banco ein Konto unterhalten. In diesem Jahr geht sein Unternehmen in Konkurs, wobei für 200000 fl. Schulden festgestellt werden218. Bereits am 2. Feburar 1719 hat er Nürnberg verlassen. Am 6. Mai 1720 trifft sich deshalb sein Halbbruder Johann Jacob Silberrad, der wohl als Nachfolger seiner Mutter Gesellschafter des Lierdtschen Unternehmens gewesen ist, mit dem Marktvorsteher Schmidt und den Marktadjunkten Müller und Rost im Plobenhof, um über das weitere Schicksal des Unterneh­ mens zu beraten. Es wird beschlossen, das Unternehmen unter der Bezeich­ nung Silberradsche Messing-Handelsinteressenten weiter zu betreiben und als Administratoren Dr. Johann Gustav Silberrad und Dr. Georg Heinrich Müller einzusetzen219. Mit dieser Namenswahl wird auch verdeutlicht, mit welchen Artikeln Lierdt wohl bevorzugt Handel getrieben hat. Bis zum Tod des Johann Jacob Silberrad im März 1726 wurde das Unternehmen weitergeführt. Dies geschah vor allem im Hinblick darauf, daß die abrupte Stillegung eines Unternehmens für die Gläubiger meistens noch größere Verluste nach sich zieht als eine einigermaßen sinnvolle Auflösung und die damit verbundene Abwicklung der laufenden Geschäfte. Dies war natürlich nur möglich, nachdem sich alle Gläubiger in diesem Sinne bereits am 13. 12.1719 verständigt hatten. Im Laufe der Zeit wurden aber einzelne Gläubiger unruhig und kündigten ihr Kapital 2,7 StadtAN: Handelsvorstand, Nr. 4624, S. 194 (26. 4. 1694). 218 Roth, Johann Ferdinand: Verzeichnis der Genannten des Größeren Rats. Nürnberg 1802, S. 146 (Im Hinblick auf die sich später in diesem Zusammenhang ergebenden Zahlen erscheint dieser Betrag allerdings relativ hoch. 219 StadtAN: Handelsvorstand, Nr. 4627, S. 8' (6. 5. 1720).

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auf. Man einigt sich schließlich darauf, daß, wie bereits 1719 beschlossen, der Kreis der Kreditoren sämtliches Vermögen der Gesellschaft bei deren Liquida­ tion erhalten soll. Des weiteren ist die Familie Silberrad bereit, weitere 20000 fl. an Kapital in das Unternehmen einzulegen. Daß auch durch diese Maßnahme die Gläubiger nicht voll befriedigt werden konnten, versteht sich von selbst. Dieser Vergleich, datierend vom 22. April 1728, wird auch von Anna Susanna von Lierdt, der Ehefrau des Johann Daniel, unterschrieben 220. Anscheinend ist diese nicht mit ihrem Mann aus Nürnberg geflüchtet. In den Jahren 1725 bis 1727 hat diese durch die Veräußerung ihres Mögeldorfer Grundbesitzes versucht, einen weiteren Teil der Schulden abzudecken. Es wurde dabei allerdings nur ein Betrag von 8450fl. erzielt221. Als letzter Akt dieses Dramas werden der Plobenhof und zwei Gebäude am Hübnersplätzlein zur Befriedigung der Gläubiger für insgesamt 9900 fl. veräußert (1738— 1740)222. Bereits 1733 war Johann Daniel in Kassel verstorben. Von seinen zahlreichen Kindern wird keines mehr in den Nürnberger Quellen genannt. Ruland von Lierdt hatte noch einen zweiten Sohn, Johann Ruland. Dieser, ebenfalls als Kaufmann tätig, hatte sich in Genf niedergelassen. Hier werden auch die beiden Söhne Johann David und Andreas geboren. Beide betätigten sich zunächst noch in dieser Stadt, wo sie gemeinsam ein Handelsunternehmen betrieben 223. Vermutlich sind sie nach dem Tod des Vaters nach Franken gezogen. Johann David kann erstmals 1686 nachgewiesen werden, als er in Fürth Catharina Lersch heiratet. Andreas läßt sich in den Quellen ab 1688 feststellen, als er beim Banco ein Konto eröffnet. Dieses Konto hat er bis 1693 unterhalten, wobei allerdings nur geringfügige Umsätze festzustellen sind. Von 1698 bis 1704 ist er dann, wie berichtet, mit seinem Schwager Jacob Blommart in einer Handelsgesellschaft verbunden 224. Man darf vermuten, daß sich Andreas bis ca. 1701 in Nürnberg aufgehalten hat. Dann ist er mit seiner Familie nach Wien verzogen, wo er die Geschäfte des Blommart sehen Han­ delshauses geleitet hat. Als kaiserlicher Niederlagsverwandter wird er in amtlichen Protokollen in den Jahren 1702 bis 1713 wiederholt angesprochen. Von staatlicher Seite war man daran interessiert, daß der Handel mit der Osmanischen Pforte belebt wurde. Vor allem Kaffee und Tabak waren zu wichtigen Handelswaren geworden. Nach 1713 werden weder er noch seine Familienangehörigen in Wien oder Nürnberg mehr erwähnt 225. Hans David, der Bruder des Andreas, läßt sich nur im Jahre 1691 in den Banco-Büchern nachweisen. Vermutlich hängt dies damit zusammen, daß er sich auf Grund seiner Heirat in Fürth niedergelassen hatte. Andererseits wird 220 Ebenda, Genealogische Papiere von Lierdt (Vertrag vom 22. 4. 1728). 221 Ebenda, U 43 (8. 8. 1725) und U 44 (18. 1. 1727). 222 Ebenda, Libri litt., Band 190, S. 61 'ff. (10. 11. 1738), S. 67'ff. (3. 2.1739) und S. 131ff. (23.12. 1740). 222 Vgl. Meesters, G. L.: a. a. O. S. 259. 224 Vgl. S. 203. 225 Vgl. Meesters, G. L.: a. a. O. S. 259.

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die Ehe des Andreas mit einer Angehörigen aus der Familie Blommart bewirkt haben, daß sich die Brüder nicht erneut in einer Gesellschaft zusammen­ geschlossen haben, da für Andreas wohl das Blommartsche Handelshaus der attraktivere Partner gewesen ist. Durch die Heirat mit Catharina Lersch konnte Hans David das Unternehmen des Paul Lersch übernehmen, der einen florierenden Tabakhandel betrieben hatte. Der einzige Sohn aus der ersten Ehe der Catharina Lersch war nicht im Familienunternehmen tätig, so daß von dieser Seite keine Schwierigkeiten entstehen konnten 226. Hans David hatte nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet Erfolg. Auch sein Ansehen innerhalb seiner Wohngemeinde konnte er im Laufe der Zeit erheblich steigern. Wieder­ holt gehört er zum Kreis der Bürgermeister. Auch der ihm zur Verfügung stehende Grundbesitz spricht eine deutliche Sprache 227. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet Lierdt im Alter von 65 Jahren ein zweites Mal. Bereits 1716 stirbt Hans David, nachdem ihm seine Frau noch zwei Kinder geboren hatte. Vermutlich wurde das Unternehmen in der Folgezeit liquidiert. Als letzter von Lierdt, der sich in Franken nachweisen läßt, stirbt der einzige Sohn aus dieser Ehe, Jacob David/Daniel, am 1. Januar 1788 in der rothenburgischen Landgemeinde Insingen als von der Reichsstadt bestellter Landcomissarius 228. Von allen in diesem Zusammenhang behandelten Handelshäusern hat das Unternehmen der Familie de Brasserie am längsten Bestand gehabt. Von ca. 1575 bis zum Tod des Jacob Marquardt de Brasserie (1712) haben vier Generationen die Geschicke dieses Unternehmens geleitet, wobei von 1672 bis 1692 die wirtschaftliche Tätigkeit sicherlich auf ein Minimum reduziert gewesen ist. Gründer des Unternehmens war Johann de Brasserie. Auf seinem Grab auf dem Johannisfriedhof ist das Handelszeichen des Unternehmens abgebildet 229.

Handelszeichen des Johann de Brasserie. 226 Ev. Pfarramt St. Michael, Fürth: Leichenpredigten 1704—1713, ohne Seitenangabe (Catharina von Lierdt, geb. Tüggel) und Leichenpredigten 1714—1718, S. 493 ff. (Johann David von Lierdt). Vgl. Schwammberger, Adolf: a. a. O. S. 369f. 227 Vgl. S. 190. 228 Ev. Pfarramt Insingen: Kirchenbuch Nr. 3 (1. 1. 1788). 229 Trechsel, Johann Martin: Vemeuertes Gedächtnis des Nümbergischen St. Johannisfriedhofes. Frankfurt/Leipzig 1736, S. 165.

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Seine Frau hat nach seinem Tod gemeinsam mit dem Sohn Johann das Unternehmen geleitet 23°. Erst mit ihrem Wegzug nach Hanau scheint sie aus der Gesellschaft ausgeschieden zu sein. Zu den Handelsdienern, welchen Johann der Jüngere Vollmacht über das Banco-Konto erteilte, gehörte auch Jacob de la Rue. Andere Mitglieder dieser Familie waren im Handelshaus der Blommart zeitweise tätig gewesen. Mit Daniel de Brasserie wird 1630 erstmals einem der Söhne eine entsprechende Vollmacht erteiltm. 1632 stirbt Johann. Seine Erben betreiben noch bis 1637 das Handelshaus gemeinsam. Von 1637 bis 1642 firmiert das Unternehmen als Daniel de Brasserie Gebrüder und Mitverwandte, wobei unter dem Kreise der Gesellschafter wohl seine Brüder Cornelius, Johannes und Jacob verstanden werden können. Evt. war auch ihr Schwager Georg Hartung, dem 1636 erstmals in seiner Funktion als Handels­ diener Prokura erteilt worden war, bereits an dieser Gesellschaft beteiligt 232. In der Firma des Nachfolgeunternehmens, Daniel und Cornelius de Brasserie und Georg Hartung wird er jedenfalls ausdrücklich genannt. Diese neue Gesell­ schaft war wohl durch den 1641 eingetretenen Tod der beiden Brüder Johann und Jacob notwendig geworden. Der Tod des Georg Hartung im Jahre 1654 hatte dann 1660 eine erneute Änderung des Firmennamens zur Folge 233. Ausdrücklich wird von den Vormündern der Kinder aus der Ehe des Georg Hartung mit Susanna de Brasserie, Daniel und Cornelius de Brasserie, Voll­ macht erteilt, auch für ihre Mündel im Rahmen der Handelsgesellschaft tätig zu werden 234. 1672 gehen die beiden Brüder mit Verbindlichkeiten in Höhe von 21000 fl. in Konkurs 235. Bis 1676 wird das Konto beim Banco noch weiter geführt, vermutlich zur Abwicklung der letzten Geschäfte. Da sich in den Nürnberger Quellen jedoch keine Prozeßunterlagen finden lassen, darf vermutet werden, daß sämtliche Gläubiger befriedigt werden konnten. Daniel stirbt 1686. Seine Kinder werden in Nürnberg nicht mehr genannt. Cornelius hat noch 1686 bis 1690 beim Banco ein Konto unterhalten, ohne daß jedoch nennenswerte Umsätze zu verzeichnen sind. 1691 stirbt auch er. Seine Söhne Anton Cornelius und Jacob Marquart greifen die kaufmänni­ sche Tradition der Familie noch einmal auf. Von 1692 bis zu seinem Tod 1698 kann Anton Cornelius in den Büchern des Banco Publico nachgewiesen werden. Wiederholt erteilt er seinem Bruder in dieser Zeit Prokura 236. Anscheinend hat Jacob Marquart von dessen Erben den Betrieb übernommen, der nun noch bis 1712, dem Todesjahr des Jacob Marquart, weiter geführt 230 231 232 233 234 235

StadtAN: Libri cons., Band 185, S. 92 (30. 6. 1604). StadtAN: Handelsvorstand, Nr. 4621, S. 91 (1. 6. 1626), S. 158' (6. 4. 1630). Ebenda, Nr. 4622, S. 10 (3. 2. 1636). Ebenda, Nr. 4622, S. 244' (1. 11. 1660). Ebenda, Nr. 4635 (9. 9. 1657 und 29. 7. 1659). Roth, Johann Ferdinand: Verzeichnis der Genannten des Größeren Rats. Nürnberg 1802, S. 127 und 130. 236 StadtAN: Handelsvorstand Nr. 4640 (7. 5. 1697).

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wird 237. Er scheint nicht verheiratet gewesen zu sein; auch von seinen anderen Geschwistern sind keine Nachkommen bekannt, so daß mit ihm das Brasserie­ sche Handeshaus endgültig zum Erliegen kommt.

5. Umsatzstatistiken (Banco Publico) und Genealogien Die Auflistung der Kontoinhaber bzw. der Firmenbezeichnungen soll einen Überblick geben, über welchen Zeitraum hinweg Konten beim Banco Publico unterhalten wurden, da dies einen Einblick in die Gesellschafterstruktur des jeweiligen Unternehmens gestattet. Die verbindenden Linien zwischen den einzelnen Firmennamen sollen verdeutlichen, in welcher Reihenfolge die einzelnen Gesellschaften aufeinander gefolgt sind bzw. wie sie parallel zueinan­ der existierten 238. Mit Hilfe der nachfolgenden Umsatzstatistik, welche die mit dem Banco Publico getätigten Haben-Umsätze beinhaltet, soll versucht werden wenig­ stens annäherungsweise einen Geschäftsverlauf darzustellen. Mindestens im Vergleich der einzelnen Gesellschaften kann diesen Zahlen ein gewichtiger Aussagewert beigemessen werden 239. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß entsprechende Zahlen erst ab August 1621 zur Verfügung stehen, dem Zeitpunkt zu welchem der Banco Publico gegründet wurde. Es ist noch zu bemerken, daß die Zahlen allein die Kontobewegungen, d. h. im Falle der Haben-Umsätze die Geldzugänge widerspiegeln, welche also nur bedingt mit den getätigten Warenumsätzen gleichgesetzt werden können. Die Ausschläge nach oben und unten charakterisieren mindestens tendenziell den Geschäfts­ verlauf, den die einzelnen Unternehmen durchlebten. Bei den Genealogien wurde bewußt darauf verzichtet, sämtliche Namens­ träger zu nennen. Um die Übersichtlichkeit nicht zu gefährden, wurden allein die für die Erfassung der geschilderten Zusammenhänge notwendigen Per­ sonen erwähnt 240.

237 Ebenda, Nr. 4626, S. 10' (18. 5. 1712). 238 Ebenda, Nr. 4291 bis 4339. 239 Vgl. hierzu vor allem Seibold, Gerhard: a. a. O. S. 264ff., wo am Beispiel des Viatis-Pellerschen Handelshauses dargelegt wird, inwieweit die Zahlen des Banco Publico einen Aussagewert haben. 240 Landeskirchliches Archiv Nürnberg: Diverse Kirchenbücher von St. Lorenz und St. Sebald. Reformierte Kirchengemeinde St. Martha Nürnberg: Diverse Kirchenbücher. Seifert, Johann: a. a. O. Meesters, G. L. a. a. O. S. 245—281. Wegen der Familie von Lierdt vgl. auch S. 177.

211

Gerhard Seibold

Umsatzstatistiken (Banco Publico) Jacob, Johann u. Daniel Buirette 1628 7 219 Abraham mart 1621 1622 1623 1624 1625 1626 1627 1628 1629 1630 1631 1632 1633 1634 1635 1636 1637 1638 1639 1640 1641 1642 1643 1644 1645 1646 1647 1648 1649

Blom49 628 179 979 130 105 150 076 223 830 357 831 468 728 539 529 526 905 386 143 33 752 17636 40 044 30385 2 226 15 826 20 935 13 738 7176 17 399 16 276 19121 18 421 29 059 17342 14 973 12 003 7 636 8131

Isaac Buirette 1664 1788 1665 5 290 1666 12 013 1667 10 636 1668 23 589 2 065 1669 212

Jacob Blommart 8 030 1640 7 328 1641 1642 4 858 6 638 1643 12 745 1644 19188 1645 1646 23 543 16 792 1647 17645 1648 34 918 1649 27 603 1650 36156 1651 44 037 1652 43 767 1653 53 404 1654 82 182 1655 58 700 1656 1657 45 052 51 081 1658 55 737 1659 60 975 1660 1661 69 442 1662 61 376 1663 58 765 1664 76 051 1665 78 807 1666 63 537 1667 67160 96113 1668 Wilhelm Blommart 1644 3 825 9 021 1645 26 369 1646 1647 33 435 1648 37 225 40 671 1649 1650 29 613 1651 34 919 1652 50 595 1653 38 396

MVGN 68 (1981)

1654 1655 1656 1657 1658 1659 1660 1661 1662 1663 1664 1665 1666 1667 1668 1669 1670 1671 1672 1673 1674 1675 1676 1677 1678 1679 1680 1681 1682 1683 1684 1685 1686 1687

33 271 39 272 50 549 29 423 29 225 40 681 26 746 21 393 19 792 30 442 16 419 28 597 4 528 32 080 34 657 15 429 17 731 18 508 11469 15 020 6 217 8 056 11444 12 858 10 301 24189 9 929 21 120 24 031 33 577 32 632 20 940 23 907 1 734

Jacob Blommart 1070 1681 2130 1682 Isaac Buirette 1358 1682 1677 1683 1498 1685 771 1686 3 606 1687

Die Blommart und ihr Handelshaus

1690 1691 1692

1628 54115 1700

Jacob Blommart u. Isaac Buirette 107 287 1669 177837 1670 1671 125 721 165 237 1672 181 854 1673 126 910 1674 142 858 1675 145 397 1676 132513 1677 232 053 1678 121422 1679 170 854 1680 181 133 1681 341 154 1682 189158 1683 207 545 1684 212312 1685 181 223 1686 297 550 1687 279 007 1688 99964 1689 307 247 1690 222 313 1691 291 391 1692 238 772 1693 155 190 1694 160 235 1695 129 211 1696 230 366 1697 25 581 1698 Jacob Blommart 12 299 1687 6 896 1688 39 598 1693 34 656 1694 64 616 1695 38 359 1696 50 333 1697 15 450 1698

213

Gerhard Seibold

Daniel Buirette 1 198 1689 Buirette Söhne 264 562 1698 243 332 1699 1700 247119 1701 259 372 1702 306 930 1703 256 829 1704 298 827 1705 309 604 1706 200 276 1707 322 273 244 574 1708 142 148 1709 Leonhart Weynand Buirette 747 1691 1692 2 355 Jacob Blommart + Compagnie 44 931 1698 62 494 1699 1700 44 519 1701 68 732 1702 65 866 1703 66 935 1704 26 408 Johann Jacob Blommart 1717 1083 13 004 1718 37256 1719 93117 1720 20164 1721 1722 11649 Buirette Gebrüder 97056 1709 1710 220 528 1711 225 148 214

1712 1713 1714 1715 1716 1717 1718 1719 1720 1721 1722 1723 1724 1725 1726 1727 1728 1729

223 500 201 582 205 438 253 205 263 776 119 479 136 932 125 565 151 645 143 393 142133 142 547 160 954 112 272 116 465 106 341 93 872 19030

Jacob Blommart 1704 97 655 68144 1705 77166 1706 1707 113 403 71 003 1708 109 668 1709 68 210 1710 65 264 1711 65 542 1712 76 018 1713 1714 94 437 95 078 1715 91 706 1716 1717 107 738 106 497 1718 85 874 1719 97 047 1720 91 651 1721 42 784 1722 16 754 1723 7567 1724 12 284 1725 15167 1726 12610 1727 7123 1728 5 711 1729

Joos 1546—1601

STAMMTAFEL BLOMMART

oo Maria de Grave —1598 Abraham 1584—1656 oo 1612 Esther de la Rue 1594—1642

Daniel 1621—1632

Jacob 1618—1697 I oo 1640 Judith de Brasserie 1614—1645 II oo 1650 Maria Siess 1630—1652

i

I

Susanna Judith 1642—1666 oo 1658 Anton Fermont 1637—1690

Esther 1643--1672 oo 1662 Isaac Buirette 1638--1708

Nachkommen sie;he Stamnnbaum Buir■ette

II Maria 1652—1709 I oo 1671 Johann Franeau 1645—1686 II oo 1690 Franfois Märtel 1652—1738

I Sara Johanna 1646—1691 oo 1664 Abraham Pierrat 1631—nach 16. 3. 1699

II Esther Barbara 1651—1733 oo 1673 Joachim von Sandrart 1606—1688

Wilhelm 1623—1686 I 00 1645 Johanna de Brasserie 1618—1650 II oo 1650 Anna Elisabeth Salmuth ca. 1627—1671 III oo 1673 Gertrud Decker 1642—1678 IV 00 1680 Rachel du Fay 1641—1691

n Philippine Christine 1652—1685 oo 1674 Philipp Otto Vietor 1646—1718

II Susanna Judith 1655—n. 1697 oo 1677 Johann Ludwig Langhans 1637—1691

Esther 1628— OO 1649 Hans Heinrich Schnuck 1610—vor 6. 3. 1654 (in 1. Ehe verh. mit Esther de Brasserie)

II Anton 1657—1692

1

Johann Jacob 1691—nach 30. 12. 1721

II lacob 1659--1734 oo 1688 Sara Lersch 1670--1726

II Anna Elisabeth 1661—1710 00 1680 Jacob Daniel Humbart —1707

Catharina Elisabeth 1694--1730 oo 1719 Hieronymus Varlut 1688--1740

Esther Catharina 1695—1756

1

Susanna Maria 1635—1661 oo 1658 Abraham de Pierrat 1631— nach 16. 3. 1699 (in 2. Ehe verh. mit Sara Johanna Blommart)

II Maria Magdalena ca. 1663—nach 6. 8. 1690 00 1682 Erhard Wahl 1651—1716

I

Johann Daniel 1701—1737 00 Anna Rachel

II Anna Catharina 1665—1734 oo 1682 Sigismund Chrsitian Winckler —1713

___1___ Anna Charlotte Catharina 1733—

1

Maria Sara 1704—1758

Jacob 1733—1734

II Barbara Elisabeth 1670—n. 1705 oo 1689 Andreas von Lierdt 1656—nach 23. 4. 1713

Nachkommen siehe Stammbaum von Lierdt

STAMMTAFEL DE BRASSERIE Johann —1597

oo Maria de Buri —1615 (In 2. Ehe verh. mit Christoph Lescaliet)

1

Elisabeth oo 1598 Simon Cordier -vor 16. 1. 1634

1

Maria —nach 1637 oo 1595 Niclas Cordier —vor 16.1.1634

1

r

1

David 1584—1609

Johann —1632 00 Rachel de Famars —1636

Susanna —vor 10. 8.1614 00 Ruland Benoit von Cassel —nach 1631

i

Sara —nach 1637 00 Carl Pelzer —vor 16.1. 1634

1 Johanna —1623 oo Johann Betuli —1641

i Rachel —vor 18. 3. 1642 oo 1620 Peter Anton Tressal —vor 18.3. 1642

Daniel 1606--1686 oo I1635 Susanna Maria Lingelheim OO II1647 Sara Buirette —1686

1I Sara 1650—

Esther 1608—vor 1. 8. 1649 00 I Cornelius Schnuck —nach 18.3. 1642 oo II Hans Heinrich Srnniirir (JUlli Li wV 1610—vor 6. 3. 1654

Susanna 1611—vor 18.3. 1642 oo 1636 Georg Hartung — 1654

Anna Maria 1613—nach 30. 10. 1654 00 Cornelius von Brecht —vor 18.3. 1642

Johanna 1618—1650 00 1645 Wilhelm Blommart 1623—1686

Judith 16i4—1645 00 1650 Jacob Blommart 1618—1697

1 1_______

Johannes 1618—1641

Cornelius 1623--1691 00 1650 Philippina Hardeßheim

Sara 1626—vor 30.10.1654 oo 1652 Christoph Kreußner —nach 31.10.1654 (In 2. Ehe verh. m Susanna Buirette)

Jac:ob Marquardt 1665--1712

Johann Justinus 1670—1696

1| l

Nachkommen siehe Stammtafel Blommart

1

Anton Cornelius 1660— 00 1687 Helena Felicitas Lang

1

Esther Margareta 1664—1693

1

STAMMTAFEL VON LIERDT Gemeinsame Eltern

Michael —1628 00 1623 Helena Söhner

Francisca Helena 1623

Hans Michael 1625—

Dionysius Christoph 1626—

Nicolaus —1619

Daniel —vor 31.12.1623 oo II Francisca Schwerdt

Johann

Daniel —vor 1631

Johann Jacob 1628—

1

Nicolaus

Johann —vor 28.1.1608

Samuel —6.10.1621

Ruland Catharina Michael Agnes Jacob —1639 00 1608 Lebten in Tournai Maria Magdalena Beham —1647

Maria Magdalena 1608—

1

Susanna 1610—

1

Samuel

1

Daniel —1666 oo 1639 Catharina Sybilla öder —1665

Peter —1631 oo 1619 Kunigunda Diener —1632

1

Barbara 1613—

Johann Ruland 1616— vor 1686 00 Lydia Offredi

I Daniel 1641—1674 oo 1668 Apollonia Wurzelbauer —nach 31.8.1716 (In 2. Ehe verh. mit Jacob Stephan Silberrad) Johann Daniel 1671—1733 oo 1692 Anna Susanna Schmauß —nach 18. 1.1727 8 Kinder geb. in den Jahren 1694—1709

Johann David 1649—1716 oo I1686 Catharina Tüggel 1636—1710 oo II 1713 Catharina Schmelz

11

n

Jacob Cunigunda David/Daniel Lydia 1714—1788 1715—

oo Susanna Christina 1723—1765

Andreas 1656—n. 1713 oo 1689 Barbara Elisabeth Blommart 1670—n. 1705 7 Kinder geb. in den Jahren 1692—1701

STAMMTAFEL BUIRETTE Jacob 00

Quintina de la Fontaine Wicart

Johann oo Tochter von Johann Famars I

Maria

Jacob —vor 1685

oo Johann de Famars

Leonhard Weynand 1661—1726

Anna Sara oo 1685 Carl Joachim Freher

Jacob —1638 oo Anna Selin

Sara 1628—1686 oo 1647 Daniel de Brasserie 1606—1686

I

I

Daniel 1665—1699 oo 1695 Susanna Franeau 1676—1732

Johann 1668—1722 oo 1697 Wilhelm Elisabeth Campoing 1676—1737

Isaac 00 1721 Daniel 1696—1766 Der letzte männliche Namensträger stirbt 1884

Anna Elisabeth 1704—1728

Franz Wilhelm 1706—1726

Daniel —1659 oo Esther Heidevier

Isaac 1638—1708 oo 11662 Esther Blommart 1643—1672 oo II 1675 Walpurga d’Orville oo III 1694 —1694 Renata von Spanheim —1719

I Susanna Judith 1670— 00 1690 Peter Friedrich d’Orville

Johann Noe 1711—n. 1734

Susanna oo 1654 Christoph Kreussner (in 1. Ehe verh. mit Sara de Brasserie)

I Catharina Elisabeth 1672—1714 00 Gottfried Stösser von Lilienfeld

II Johann Noe 1682—1728

Charlotta Eleonore 1714—v. 1752

oo I Johann Friedrich von Baumann —1737 oo II Friedrich Samuel von Montmartin 1712—1778

II Sara Elisabeth 1685— 00 Johann Conrad Risseimann

II Carl 1686— 00 1711 Charlotta Sophia de Kunsnick

II Anton 1690—1715

MVGN 68 (1981)

1730 1731 1732 1733

4 446 1 471 2 979 600

Hans Wilhelm Buirette Erben 106 675 1729 62 808 1730 1731 82 099 93 697 1732 1733 73 429 1734 40 094 1735 40140 Johann de Brasserie 1621 1622 1623 1624 1625 1626 1627 1628 1629 1630 1631 1632 1633 1634 1635 1636 1637

8 463 54 672 53 929 44 707 22 887 39 464 47 695 73 722 76 447 72 997 89 015 47 867 11286 6 217 17005 24 315 15 562

Daniel de Brasse­ rie Gebrüder u. Mitverwandte 1637 32 488 1638 77 418 94 433 1639 88 262 1640 1641 119 885 1642 3 544

Die Blommart und ihr Handelshaus

Daniel + Comelius de Brasserie u. Georg Hartung 1642 109 647 1643 156 880 1644 53139 1645 87394 1646 140 130 1647 168 028 1648 138 323 1649 146 429 1650 145 203 1651 92 203 1652 85 240 1653 124 850 1654 142 942 1655 150653 1656 133 035 1657 137 401 1658 145 077 1659 160434 1660 96 705 77 307 1661 1662 55 883 1663 69 886 1664 50 733 1665 52 086 1666 24 903 1667 5 574 Daniel u. Comelius de Brasserie 34 311 1667 39092 1668 90 546 1669 103 471 1670 141 983 1671 1672 118 587 1673 3 713 3 542 1674 633 1675 5 655 1676

215

Gerhard Seibold

Cornelius de Brasserie 914 1685 1686 1495 1687 835 1689 558 1690 1550 Marquart de Brasserie 1697 500 Anton Cornelius de Brasserie 1692 800 1693 1110 1694 2 462 9 376 1695 1696 24 926 1697 14 855 15 466 1698 Jacob Marquart de Brasserie 1698 14 285 36 734 1999 25 487 1700 60633 1701 1702 52 563 1703 24 045 1704 15 781 1705 27622 1706 38 016 1707 36 603 1708 19 886 11877 1709 12 842 1710 1711 10 451 2 277 1712 Peter von Lierdt 1 419 1621 1622 26 811 90709 1623 25167 1624 20388 1625

216

1626 1627 1628 1629 1630 1631

15131 10 271 31 421 40 378 13 539 249

Samuel von Lierdt 1622 1 326 Daniel u. Ruland von Lierdt 1621 10144 1622 34 703 1623 55 032 1624 10 956 Michael von Lierdt 1622 672 1626 3 531 1627 2 284 1628 2 260 Daniel von Lierdt 5 013 1624 3 440 1625 200 1626 Peter von Lierdt 1627 500 Ruland + Michael von Lierdt 1624 22 617 1625 26 237 1626 18165 1627 10130 1628 9 499 1629 4 334 Johann von Lierdt 1628

450

MVGN 68 (1981)

Ruland von Lierdt 6146 1629 1630 5 069 1631 3 373 1632 2 394 485 1635 526 1636 Daniel von Lierdt 750 1637 600 1639 5311 1640 1641 2 999 4 448 1642 2 050 1643 1644 5111 3 958 1645 3 797 1646 5 875 1647 6 937 1648 3 549 1649 2 841 1650 2 827 1651 6 046 1652 6157 1653 5 053 1654 4 416 1655 8105 1656 1657 4 281 5 732 1658 10050 1659 16097 1660 12 882 1661 17 622 1662 6 222 1663 9 057 1664 9629 1665 14149 1666 7190 1667 4 389 1668 7191 1669 6 784 1670 1671 3 609 2455 1672

Die Blommart und ihr Handelshaus

1673 1674

797 520

Andreas von Lierdt 1688 319 517 1689 1690 2 250 1 204 1691 3 492 1692 800 1693 Johann David von Lierdt 300 1691 Johann Daniel von Lierdt u. Compagnie 1692 11 882 1693 8 009 1694 7 623 9072 1695 1696 7065 8 464 1697 6 256 1698 1699 10 290 1700 3 619 3108 1701 1702 1 549 1 296 1703 1704 1 248 1 941 1705 3 257 1706 2 672 1707 932 1708 12 526 1709 1710 9 865 8 334 1711 1712 6 639 1375 1713 1714 728 1715 2 470 1716 2 038 100 1718 296 1719

217

Kontenbezeichnung beim Banco Publico (BIommart-Buirette) Jacob, Johann und Daniel Buirette 1628

Isaac Buirette 1664—1669

Abraham Blommart 1621—1649

Jacob Blommart Wilhelm Blommart 1640—1668 1644—1687 Jacob Blommart 1681—1682

Isaac Buirette 1682—1683 1685—1687 1690—1692

Jacob Blommart + Isaac Buirette 1669—1698 |

Daniel Buirette 1689

Buirette Söhne 1698—1709

Johann Jacob Blommart 1717—1722

Buirette Gebrüder 1709—1729 1 l Hans Wilhelm Buirette Erben 1729—1735

218

Leonhard Weynand Buirette 1691—1692

Jacob Blommart 1687—1688 1693—1698 1 i Jacob Blommart + Compagnie 1698—1704 | Jacob Blommart 1704—1733

Kontenbezeidmungen beim Banco Publico (de Brasserie) Johann de Brasserie 1621—1637

1

Daniel de Brasserie Gebrüder + Mitverwandte 1637—1642

1 Daniel + Cornelius de Brasserie 4- Georg Hartung 1642—1667

1 Daniel + Cornelius de Brasserie 1667—1676

1 Cornelius de Brasserie 1685—1687 1689—1690 Marquart de Brasserie 1697 1

1 Anton Cornelius de Brasserie 1692—1698 „ 1 1 1 Jacob Marquart de Brasserie 1698—1712

219

Kontenbezeichnungen beim Banco Publico (von Lierdt) Peter von Lierdt 1621—1631

Samuel von Lierdt 1622

Daniel + Ruland von Lierdt 1621—1624

__________ I I____

Peter von Lierdt 1627

Michael von Lierdt 1622,1626—1628

I

I I

Daniel von Lierdt 1624—1626

Ruland + Michael von Lierdt 1624—1629

Johann von Lierdt 1628

Ruland von Lierdt 1629—1632 1635—1636 Daniel von Lierdt 1637, 1639—1674

Andreas von Lierdt 1688—1693

220

Johann David von Lierdt 1691

Johann Daniel von Lierdt -f Compagnie 1692—1716 1718—1719

PUPPENSPIEL UND VERWANDTE KÜNSTE IN DER REICHSSTADT NÜRNBERG Von Hans R. Purschke* Die ob ihres Reichtums und Kunstverständnisses weitberühmte Reichsstadt Nürnberg war ein besonders gern gesuchtes Ziel der Jünger Thaliens — nicht nur der reisenden Schauspielergesellschaften, sondern, und das schon sehr früh, auch der weitaus bescheidneren Puppenspieler. Das bezeugt die große Anzahl von Bittschriften, die sie beim Rat der Stadt zur Erlangung der Spielererlaubnis, besonders für bevorstehende Messen, einbrachten. Die erste Nachricht, die wir in Nürnberg über Puppenspiel finden, ist zugleich die erste in Deutschland, in der ein Puppenspieler mit Namen genannt wird. Am 14. Juni 1510 ist im Ratsprotokoll folgender Beschluß des Nürnber­ ger Rates verzeichnet: Hainrichen von Burgundi ist gelaint, sein Tockelspiel, als ers nennt, von dem leiden Christi ze weisen, ablainen k Daß es sich hier um Puppenspiel handelt, darüber besteht kein Zweifel, hieß doch die Puppe damals docke oder tocke. Mit einiger Sicherheit können wir sogar sagen, daß es eine Art Figurentheater gewesen sein dürfte, bei dem die Puppen vielleicht mechanisch oder mit Drähten oder Stäben, von unten, von der Seite oder von oben bewegt wurden. Handpuppen, die man übrigens im süddeutschen Raum von etwa der Mitte des 16. Jahrhunderts an zumeist Meister Hämmerleiny Heinzei und — dies schon viel früher — Gaukelpuppen nannte, werden schwerlich gemeint gewesen sein, denn das Handpuppenspiel ist ein recht robustes, komisch-drastisches und fast immer derb-lustiges Spiel, das für eine Darstellung der Leidensgeschichte Christi wohl kaum geeignet gewesen wäre. Schon wenige Jahre später hören wir im Ratsprotokoll, den Verlässen des Inneren Rates (Ratsverlässen), von einem weiteren Puppenspieler. Am 7. August 1527 besagt ein Eintrag: Dem spilman mit der docken ist vergont, sein spil anzuslahen und zu halten12. Der nächste Eintrag vom 23. Mai 1528 gibt an: Dem mit der tocken sagen, werd er in zweien monaten nit burger, woll man ine nimer annemen3. Im Register wird dieser Gaukler dockenman genannt. Auffallend ist, daß in beiden Fällen nur von einer docke gesprochen wird. Das kurze Intervall von neun Monaten, das zwischen beiden Einträgen liegt, der Vermerk, daß man ine nimer annemen wolle, woraus resultiert, daß er vorher :: Der heute kaum noch greifbare Katalog der Ausstellung „Die ganze Welt im Puppenspiel“, die vom 23. Februar bis 29. April 1962 im Gewerbemuseum der Bayer. Landesgewerbeanstalt in Nürnberg gezeigt wurde, enthielt die Studie des Verfassers „Puppenspiel im alten Nürnberg“. Seitdem hat der Autor sein Manuskript teilweise umgearbeitet und um mehrere wichtige Fakten erweitert. Diese Tatsachen rechtfertigen eine neue Veröffentlichung. 1 Hampe 1, S. 230 Nr. 30. 2 Hampe I, S. 231 Nr. 36. 3 Hampe I, S. 231 Nr. 37.

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Hans R. Purschke

öfter gespielt haben mußte, und nicht zuletzt die sich aus dem gemeinsamen Hinweis auf nur eine docke ergebende Parallele lassen vermuten, daß es sich um den gleichen und, wie wir wohl annehmen dürfen, um einen in Nürnberg wohnhaften Puppenspieler handeln dürfte. Es läßt sich aber noch mehr aus diesen kargen Sätzen herauslesen. Jener Hinweis auf nur eine docke deutet darauf hin, daß es ein Handpuppenspieler war, denn nur bei einem solchen ist es vorstellbar, daß mit einer einzelnen Puppe agiert wurde bzw. eine hervor­ stechende, die anderen Puppen überschattende Hauptfigur, etwa vom Typ des Meister Hämmerleins, vorhanden war, so daß bei den Einträgen nur auf sie allein Bezug genommen wurde. Und schließlich ist es sehr interessant, daß bereits 1527 Theaterzettel von Puppenspielern angeschlagen wurden, die Vorstellungen also schon, wie wir heute sagen, plakatiert wurden. Neben den Bezeichnungen dockenspil für Puppenspiel und dockenwerk oder bildwerk für mechanische Puppenkästen sowie den bereits genannten spezifi­ scheren (Meister Hämmerlein, Heinzei) für Handpuppen war im 16. Jahrhun­ dert, zumal in seiner ersten Hälfte, auch der Name Himmelreich gebräuchlich. Aus Nicodemus Frischlins Wörterbuch4 wissen wir, daß Himmelreich ein Ludus puparum, also ein Puppenspiel, war. Auch in Thomas Murners Narren­ beschwörung und an anderen Orten wird das Puppenspiel hymelrych bezeich­ net. In den Nürnberger Ratsverlässen wird nun sehr oft von Himmelreichern berichtet, aber hier wurden auch alle anderen fahrenden Gesellen, wie Seiltän­ zer, Bären- und Affenführer und sogar Petroleumverkäufer unter diesem Namen geführt. Wer von ihnen war nun Puppenspieler und wer nicht? Das ist nicht leicht zu entscheiden. Jene Einträge, welche vielleicht Puppenspieler betroffen haben dürften, seien hier angegeben: (22. 4. 1490) Item einem abenteurer ist vergönnt, einen tag ein spil eins himelreichs ze haben. — (31. 12. 1516) Dem frembden, dem sein himelreich verprunnen ist, glait geben. — (28. 9. 1519) Dem frembden spilman vergönnen, auf nächsten freitagsein himelreich ze weisen. — (15. 2. 1556) Dem himelreicher sol man sein begern, offenlich anzuschlagen und sein gauklerei etlich tag zuhalten, ablainen. — (15. 5. 1557) Dem ansuchenden himelreicher soll man, sein gaukelwerk alhie zutreiben, ableinen. Als er nach Fürth zog, heißt es (2. 6. 1557): Dem himelreicher soll man sein gaugelwerk zu Wöhrd, weils ime hievor verpotten, abstellen und sagen, dasselb anderswo zutreiben. — (17. 12. 1557) Cristoffen von Gent, dem spielman und himelreicher, sein begern, ine seine spiel alhie treiben zulassen, ableinen. Als dieser ein neues Gesuch einreichte, wird beschlossen (23. 12. 1557): Cristoffen von Gent, dem spielman, sein supplicirends begeren nochmalen ableinen. — (3. 9. 1558) Dem himelreicher, sein gaukelspiel alhie zutreiben, ablainen5. Im Jahre 1561 kam Heinrich Wirre nach Nürnberg, um sein spil zu halten. In beiden Einträgen findet sich kein Hinweis, daß es ein Puppenspiel war, aber aus einer Solothurner Empfehlung an die Stadt Freiburg (1562) 4 Frischlin, S. 179a. 5 Hampe I, S. 35, Anm. 1.

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erfahren wir, daß es ein Spil der Figuren war, das er mit sich führte. Dieser Wirre, ein Weber, Schneider, Spruchdichter und Pritschenmeister aus Aarau, später Bürger in Solothurn, und hierauf in Zürich wohnhaft, ist mit seinem spil von der passion unseres hem Christi auch 1558 in Köln, 1563 in Schaffhausen, in München, Prag und anderen Städten gewesen. Die Nürnberger Einträge, die uns hier vor allem interessieren, lauten (10. Oktober 1561): Heinrichen Wurer, dem pritscher von Zurch, sein begern ablainen und sageny es sei jetzt nit gebreuchlich, spil zu halten" Wirre ließ sich aber nicht so leicht entmutigen; auf eine neue Eingabe hin wurde er zugelassen (24. Oktober 1561): Dem schweize­ rischen pritscher uf sein bit vergönnen, seine commedias diese wochen ein tag zwen zu spilen. Als er nach neun Jahren wiederkam, hatte er aber keinen Erfolg mehr (20. Mai 1570): Heinrichen Wiring, pritschenmeister, sol man sein begern, ine etliche comedias hie agirn und spilen zu lassen, ableinen6. Wie bei dem LeidenChristi-Spiel des Burgunders Heinrich dürfte es sich auch hier wohl eher um eine Art mechanischer Vorführung als um Marionetten- oder gar Handpup­ penspiel gehandelt haben. Nicht uninteressant ist, daß Wirre 1570 nicht nur über das sich in vielen deutschen Städten bewährte Spiel der Passion verfügte, sondern bereits über etliche comedias. Im Jahre 1571 besuchte er übrigens erneut Nürnberg, doch läßt sich kein Beleg dafür finden, daß er wieder Vorstellungen hätte geben wollen7. Alles spricht jedoch dafür, daß der nächste einschlägige Nachweis eine Handpuppenbühne betrifft. Am 22. Februar 1572 melden nämlich die Ratsverlässe: Den Italianern, so das künstlich castell hieher gepracht, zulassen, dasselb die künftig wochen öffentlich sehen zu lassen, doch das sie von keinem mehr denn ein dreier nemen. Am 4. März heißt es dann, als die Theatertruppe des Jorg Frölich zugelassen wird: Die Italianer aber im Halßprunner hof mit irem schloß hinwegweisen8. Aus zwei in der Puppenspielgeschichte sehr bekannten Minia­ turen von Jehan de Grise aus dem Jahre 1344 (in der Handschrift Li romans du boin roi Alixandre, aufbewahrt in der Bodleiana Library zu Oxford) wissen wir, daß die damalige Handpuppenbühne eine burgähnliche Form hatte, und aus anderen Quellen ist bekannt, daß sie castell hieß; noch heute wird sie in Frankreich castelet, in Spanien castillo, in Italien castello genannt. Da außer in Nürnberg auch in anderen Städten solche als Schloß oder Castell bezeichnete Puppenbühnen erscheinen, ist es nicht nur wahrscheinlich, sondern geradezu sicher, daß diese Italiener im Heilsbronner Hof ein Handpuppentheater aufgestellt hatten, als daß sie, wie Theodor Hampe annahm8a, ein mechani­ sches Kunstwerk zur Schau gestellt hätten. Interessant ist in dem ersten der h Hampe I, S. 237 Nr. 88, 89; auch S. 88. — Niessen I, S. 53. — Müller, S. 60f. Hampe I, S. 242 Nr. 121a. — Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 27, S. 273. s Staatsarchiv Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Ratsverlässe (fortan RV) Nr. 1340, fol. 15b (für frdl. Mitteilung dieser und einiger weiterer Ratsverlässe sei Dr. Gerhard Hirschmann, jetzt Leiter des Stadtarchivs Nürnberg, bestens gedankt). — Vgl. auch Hampe II, S. 125. 8’ Hampe II, S. 124.

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beiden Ratsverlässe außerdem, daß der Eintrittspreis angegeben ist; er betrug einen Dreier, das waren drei Pfennige. Auch der nachfolgende Beleg bestätigt den zu dieser Zeit wahrscheinlich konstanten Eintrittspreis der Puppenspieler in Nürnberg. Am 31. August 1576 entscheidet der Rat: Jörgen Widman von Augspurg und Alphonsus dem Wellischen von Neapolis soll man vergunnen, ihr dockenspil und gauckelei alhie sehen zu lassen. Doch sagen, von ainer person mehr nit dann drei pfennig zu nemen9. Fünf Jahre später findet sich der erste mechanische Künstler in Nürnberg ein, der keine Dramatisierung biblischer Stoffe bot, sondern die Arbeitsweise von Bergleuten, allerdings mit beweglichen Figuren, zur Schau stellte. Am 23. September 1581 wird in die Ratsverlässe eingetragen: Peter Döpffern vom Schneeberg, der ein kunststück eines bergwercks hieher gebracht, soll man sein begern dasselbig die leut sehen zu lassen, ablainen 10.

1587 begegnen wir in Nürnberg einem alten Bekannten. Es ist Christoph Hartwig, der schon 1579 auf dem Schloß zu Trautenau in Böhmen den passion mit bildwerk gespielet hatte. Hier sei gleich erklärt, daß Bild im damaligen Sprachgebrauch Figur bedeutete, man denke an Bildschnitzer, Holzbildhauer; was wir heute mit Bild bezeichnen, hieß damals Schilderei. 1585 supplizierte er in Lüneburg, wo er sich Christoff Harttwigk Burger und einwohner zu Pirnau Im landt zue Meissen unterschrieb und sein Geistliches Spiell. . . durch schone sichtbarliche Augenscheinliche figuren zur Aufführung brachte. Der Nürnberger Eintrag lautet (23. März 1587): Christoffen Hardweck, dem frembden comoedianten, soll man sein begern umb Zulassung seines comedispilens, dieweils jetzt außer der zeit ist, ablainen und darneben undersagen, werde er sich understehen, seine comoedien hie oder in meiner herren gepiet auf dem lande zu halten, so werde man ine einziehen11. Bemerkenswert ist, daß

dieser Hartwig, der eine Art Krippentheater mit sich führte, hier schon Komödiant genannt wurde, eine Übung, die wir bei den Ratsschreibern, für die

jeder, der eine theatralische Aufführung gab, ein Komödiant war, noch öfter finden werden. Mehr Glück als Hartwig hatte im gleichen Jahr ein Luftspringer, der eine andere Art mechanischer Figurenwerke zur Schau stellte, ein bewegliches Seepanorama mit Galeeren. Der Eintrag in den Ratsverlässen lautet: Dem supplicirenden Daniel Bartl von Lübeck soll man vergunen, seine kunststück und spilwerck, als erstlich ein schiffart von gallern, wie Christen und turckhen miteinander streitten auf dem meer, auch von lustigen wellischen und teutschen tantzen und schönen lufftsprüngen drei tag lang alhie umb ein zimblichen pfenning sehen zu lassen12. Die Tänze und Flick-Flacks wird er wohl, wie das bei 9 10 11 12

Staatsarchiv Nürnberg, Rst. Nbg., RV 1400, fol. 33b; auch Hampe II, S. 113. Staatsarchiv Nürnberg, Rst. Nbg., RV 1468, fol. 23a; auch Hampe II, S. 125. Hampe I, S. 252 Nr. 183. — Gaedertz, S. 64f. — Schlesinger, S. 242. Staatsarchiv Nürnberg, Rst. Nbg., RV, 1549, fol. 28b; auch Hampe II, S. 125.

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solchen Gauklern üblich war, mit den Mitgliedern seiner Familie ausgeführt haben. Im Jahre 1594 bat Simon Martin um Spielerlaubnis, der 1585 in Frankfurt Simon Merten genannt wurde und den ich für einen Puppenspieler oder Vorführer mechanischer Figuren- bzw. Krippenspiele halte. Der Rat wies ihn am 7. Mai 1594 ab13: Den supplicirenden Martin Simon von Laugingen, comoetiant, soll man abweisen vnd ingedenckh sein, wenn den spilleuten vnd gauckhleren hinfüro erlaubt wirdet, das sie Ihre spil alhie halten mügen, das man Ihnen keine trummeter, noch das sie Ihr Spill vnter den Göttlichen Ampteren halten thun, gestatten soll. In Frankfurt durfte Martin zusammen mit Christoff Lemmerer ir gelernete Tragoediam Vom Jüngsten Gericht aufführen. Wahrscheinlich waren es diese beiden Schwaben, die schon 1581 in Nürnberg fortgeschickt wurden14: Den frembden comedianten soll man ir begeren wegen haltung ainer tragedien von dem jüngsten gericht ablainen.

Nicht zugelassen wurde ebenfalls im Jahre 1594 Margaretha Waltherin von Mühlhausen, welche ein künstlich Werk von Bildern, so sie das irdische Paradies nennet, zur Schau stellen wollte 15. Dagegen wurde im gleichen Jahr wiederum dem Jörgen Ipp von Augsburg erlaubt, sein anhero gebracht Bild, so sich selbst bewegen soll, zwei Tage lang auszustellen16. Keine Gunst fand aber Franz Rösel aus Tirol, der mit seinem geschnitzten Gaukelwerk 1597 nach Nürnberg kam und abgewiesen wurde. Nicht besser erging es Balthasar Beckh von Koblenz 1599 mit seinem künstlich geschnitzten Werk17. Vielleicht darf man auch in den Vorführungen des von Wachs gemachten Götzenwerks und Passionsdarstellung des Christoph Gagler von Klagenfurt, der 1602 in Nürnberg supplizierte und abgelehnt wurde, ein bewegliches Figurentheater vermuten 18. Im Jahre 1594 muß aber außer den Darbietungen der Margaretha Waltherin und des Jörgen Ipp auch noch ein Handpuppenspieler zu sehen gewesen sein. Aus einem Brief, den Frau Magdalena Paumgartner, geb. Behaim, ihrem Gatten, dem Nürnberger Kaufmann Balthasar Paumgartner, der viel auf Reisen war, am 15. August 1594 schrieb19, erfahren wir, was sich während seiner Abwesenheit zugetragen hatte: Der Weinhändler Scheirel Hat die vergange wogen ein groses fest von 3 dichs im garten gehabt, den andern tag die cunzisten, 2 dichs und stroes Stegen [Strohstechen]. Kunzenspiel bedeutete Handpuppenspiel, ein Kunzist war ein Handpuppenspieler. Es ist dies die erste

Erwähnung dieser Bezeichnung, die hiermit überraschenderweise in Franken 13 14 15 16 17 18 19

Mitt. d. Stadtarchivs Nürnberg (Dr. Werner Schultheiß). Hampe I, S. 249 Nr. 161. — Purschke, S. 13. Hampe II, S. 125. Ebd. Ebd. Hampe II, S. 126. Steinhausen, S. 237.

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festzustellen ist. Denn wir finden sie vor allem im 17. Jahrhundert in der Schweiz. Bisher wurde deshalb angenommen, daß der Name Kunzenspiel oder Kunzenjagen im allgemeinen auf den allemannischen Kaum beschränkt gewe­ sen sei, wenngleich ihn auch der norddeutsche, in Aschersleben geborene und in Schleswig-Gottorp lebende Hofbibliothekar Adam Olearius 1656 in seinem Buch Vermehrte Newe Beschreibung Der Muscowitischen vnd Persischen Reyse gebrauchte. Aufgrund des bedeutend früheren Paumgartnerschen Nachweises wird man aber jetzt annehmen dürfen, daß sich die Bezeichnung Kunzen von Franken in die Schweiz und nach dem norddeutschen Raum (bei Olearius Küntzgen und Kuntzichgen) verbreitete. In Nürnberg waren aber im 16. Jahrhundert auch Automatenbauer zu Hause. Hans Frey, Albrecht Dürers Schwiegervater, schuf hohle Kupfer­ statuetten, aus denen Wasser springen konnte, so wie bei den frühen arabi­ schen Automaten, die Wein tranken und diesen dann wieder ausschieden. Von Hanns Bullmann (Poppe nennt ihn Bullinger), der 1535 starb, schreibt Johann Gabriel Doppelmayr: Er stellte ferner unter der Gestalt Manns- und Weibspersonen verschiedene Figuren mit Uhrwerken dergestalten beweglich vor, daß sie hin und her gingen, und nach der Mensur auff der Paucken auch auff der Lauten schlugen. Poppe berichtet, sie hätten auch kegeln und Gewehre

abfeuern können. Caspar Werner wiederum, der 1545 starb, konstruierte ein Schiff, das mit Rädern auf einem Tisch umherlaufen konnte. Darin saß eine Weibs-Person, die mit beeden Händen auf einem Cymbal schlüge; zuförderst auf dem Schiffe stund ein Kind, das den Kopff bewegte und mit beeden Armen ruderte; zuhinderst aber ein Cupido mit seinem gespannten Bogen und einem darauf liegenden Pfeil, den er auf beliebige Zuschauer am Tisch abschießen

konnte20. Am 4. Mai 1604 vermerken die Ratsverlässe: Pangratz Schilling von Erfurt, welcher ein schnitzwerck hieher gebracht, mitt dem er eine comedi vom verlornen sohn agiren welle, und bitten thut, ime solchs öffentlich zu thun zu vergunnen, soll man solch sein begern ablainen21. Dieser Schilling ist in der Puppenspielge­

schichte kein Unbekannter. 1583 spielte er in Köln, wo er Servatius Schillingh genannt wird, ebenso 1601 unter dem Namen Pancratius; 1597 und 1603 wird er dort abgewiesen. In den Jahren 1601 und 1603 finden wir ihn auch in Aachen, wo er wiederum Pomerarius Schilling genannt wurde und Spielbewilli­ gung erhielt. Es ist kaum anzunehmen, daß es sich um verschiedene Personen, etwa Brüder, handelte. Er scheint ein lockerer Bursche gewesen zu sein, dieser Pangratz Schilling, und es erging ihm böse, als er im April 1604 nach Frankfurt kam, wo sich Anna Hertels, mit der er uff die 9 Jahr herumb gezogen und in unzucht gelebet mit ihm verheiraten wollte. Er wurde, dieweil er beneben seinem ersten Eeweib, so er vor 25 Jahren genommen, unnd solche zu Colin, so noch leben 20 Poppe, S. 11. — Swoboda, S. 72f. Staatsarchiv Nürnberg, Rst. Nbg., RV 1763, fol. 67a; auch Hampe II, S. 123. — Niessen I, S. 59, 70, 71, 73. — Pick, S. 489. — Fritz, S. 6.

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thette, verlassen, mit zwoen underschiedtlichen Weibs Personen zugehalten, auch letzlichen noch ein Eeweib genommen... verübten Eebruchs wegen... mit der straff des Steupenschlagens belegt unnd des landts verwisen. Sehr drastisch heißt es im Ratsprotokoll vom 24. April 1604, man soll Pangrats Schillingen, wie auch Annam Hertels, seine Zuhelterin, andern zum abscheulichen Exempel zusammen binden, ratt rüden aushauen, die Statt eiw Erbarn Rhats gebieth ihr lebenlang bey straff ertrenckens verschweren lassen22. Weitere Lebens­ zeichen nach der Nürnberger Abweisung gibt es nicht. Interessant ist der Nürnberger Ratsverlaß vom 8. November 1611: Zwayen frembden waxpossirern, die ettliche bilder hieher gebracht, die sic/? selbs bewegen, so// dieselbe 3 tag lang umb ein leidlichs sehen zu lassen, erlauben23. Interessant deshalb, weil es der erste Beleg für Darstellungen mit beweglichen Wachsfiguren ist. Während des Dreißigjährigen Krieges verstummen die Nachrichten über Puppenspielaufführungen in Nürnberg; das Reisen war für die fahrenden Leute zu gefährlich geworden, und der Bürgerschaft stand in diesen Jahren der Not nicht der Sinn nach Unterhaltung und Spiel. Kaum aber war der grause Krieg zu Ende, da meldeten sich auch wieder die Puppenspieler in der alten Reichsstadt — und sie kamen von weit her. Ein Nürnberger Chronist erzählt von einem im Jahre 1649 in Nürnberg erschie­ nenen italienischen Wassertrinker, der auch der erste gewesen sei, so den Polizenello mit kleinen Dockelein agiret hat. Aus Christoph Schorers Memminger Chronik von 1660 wiederum wissen wir, daß dies der Malteser Manfredi war24. Für das Flandpuppenspiel begann nunmehr eine neue Ara. Auch in anderen deutschen Städten waren Italiener erschienen und hatten in ihren Handpup­ penbuden eine neue Hauptperson, den Pulzinella gezeigt, der sich bald größter Beliebtheit erfreute und die alten Spaßmacher völlig verdrängte. Neun Jahre nach dem Erscheinen Manfredis stoßen wir in den Ratsproto­ kollen auf zwei Einträge, die auf den ersten Blick gar nicht Puppenspieler, sondern Komödianten zu betreffen scheinen, und doch dürften sie sehr wichtig sein für den Nachweis des Vordringens Pulzinellas auf deutschem Boden, jener lustigen Figur der commedia delVarte, die der Handpuppenbühne für längere Zeit den Namen gab. Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, daß wir hier die Truppe des Pietro Gimondedetel Bologna (Gimundi) vor uns haben, die um diese Zeit in Deutschland und Österreich mit docken reiste und der es vor allem zu verdanken war, daß der Pulzinella auf den Handpuppenbühnen Deutschlands heimisch wurde. Die Ratsverlässe melden (28. September 1658): Einer italienischen compagnia comoedianten, welche gebetten, zu bewilligen, daß sie etliche comedien bei lichtem agirn mögen, soll man solch begern abschlagen und 11 Frankfurter Ratsprotokolle und Bürgermeisterbuch über die Ratssitzungen vom 15. 3., 19. 4. und 24. 4. 1604. — Purschke, S. 17f., dort genaue Schreibung. -M Hampe III, Bd. 2, Nr. 2442. -4 Bolte S. 151 Fußnote 1. — Staatsbibliothek München, Cqm 3587. — Schorer, S. 185.

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keine schrift mehr von ihnen annehmen. Als sie dennoch eine neue Petition einreichen, heißt es (15. November 1658): Dem italienischen comoedianten, welcher sich noch immer alhier aufgehalten und gespielt, soll man inhihirn und fortweisen25. Dieser Gimonde aus Bologna war mit seinem Pulzinella auch 1656 in München, wo er Pietro Aggiomonti genannt wurde, 1657 in Frankfurt am Main, 1658 in Wien und Innsbruck, dort als Pietro Aggimondi, Comediant der Bambozen, 1659 in Köln als Peter Gemundi und ist nochmals 1672 in München als Peter Apimon Bonicinella Spiller nachgewiesen. Er zog auch vermutlich nach London (1662) und Paris (1678). In London spielte Signor Bologna am 8. 10. 1662 sogar vor dem König in Whitehall und wurde von diesem mit einer goldenen Kette und Medaille ausgezeichnet. Sein Pulzinella war der Ahnherr des Punch; laut eines Eintrags vom 9. 5. 1662 in dem berühmten Tagebuch des Samuel Pepys agierte er in Covent Garden, wo man 1962 auch eine Gedenk­ platte an der St. Pauls Church des Inhalts anbrachte, daß hier die erste Punch Show in England stattfand26. Dieser Signor Bologna könnte Pietro Gimonde gewesen sein, allerdings spielte er in London mit Marionetten, wogegen er auf dem Kontinent wahrscheinlich Handpuppen agierte. Es dauerte nicht lange, und der italienische neue Lustigmacher war auf die Spielleisten der deutschen Puppenbuden gehüpft, denen er fortan den Namen lieh. Die bisherige dämonische Hauptfigur des deutschen Handpuppenspiels, der Meister Hämmerlein, verschwand. Ob es sich bei dem 1672 in der Schweiz auftauchenden Policinello-Spieler um einen Nürnberger Einheimischen oder etwa um einen von Nürnberg kommenden Italiener handelt, ist ungeklärt. Das Unterschreiber-Manual von Zürich besagt unter dem Datum vom 24. Januar 1672: Einem Kunstreichen Spieler von Nürrenberg, welcher Italianische Marinette und einen Pollicinello Zu spielen angehalten, ward biß künfftigen Sambstags gewillfahret. Da Ihr Weisheit [Bürgermeister] Ihme nach Befindnus ihme den termin verlängern mag27. Im Jahre 1687 hören wir sodann in Nürnberg selbst unter dem 26. Februar, daß ein Johann Lorenz Zebus umb Zulassung seines so genannten puliccionellospils bittet2*. Er wurde aber mit Vertröstungen abgewiesen; man wolle warten, heißt es, wie es sich künftig der läuften halber anlassen werde. Das neue Jahrhundert wird in Nürnberg von einem ganz berühmten Marionettenspieler eingeleitet, von Johann Helferding, der an anderen Orten zumeist Hilverding genannt wird. Er ist in vielen deutschen Städten nachgewiesen, war zeitweilig Schauspieler und einige Jahre lang sogar Kompa­ gnon des wienerischen Hanswursts Stranitzky. Er reiste, wie wir zum Beispiel aus einer Eingabe in Lüneburg wissen, mit Figuren, die anderthalb bramand25 Hampe I, S. 283 Nr. 423, 424. 26 Mentzel I, 88 f. — Weilen, S. 118. — Trautmann S. 294 (hier nicht als Puppenspieler). — Niessen, I, S. 114. — Speaight S. 73ff. — Revue d’Histoire du Theätre, Paris 1950 (IV). — The Puppet Master, Vol. 7, No. 1, September 1962. 27 Fehr I, S. 168. Text laut Ablichtung beim Verfasser. 28 Hampe I, S. 299 Nr. 519.

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sehe Ellen lang waren. Seinen Nürnberger Aufenthalt vermerken die Ratsver­ lässe am 18. Mai 1701 wie folgt: Uber Johann Helferding beschehenes ansuchen, daß ihme sein rares marionettenspiel in dem Opernhaus zu praesentiren mögte erlaubet werden, soll man des herrn baumeisters hochedle herrlichkeit vernehmen, ob sonder gefahr des feüers er daselbst eingelassen werden könne. Da aber dergleichen zu besorgen, ihme sonsten mit einem bequemen ort (worzu der marstall oder das alte bailhaus in Vorschlag gekommen) an händen gehen und in sein begehren willigen, jedoch daß er die zuschauere mit überflüssiger forderung nicht beschehre29. Zwei Tage darauf werden ihm der Sternhof, das alte Ballhaus

und das Rathaus zu Wöhrd vorgeschlagen und ihm die Wahl überlassen. Wo er dann tatsächlich gespielt hat, erfahren wir aber leider nicht. Wenn wir Rommel und Payer30 glauben dürfen, dann war im Jahre 1701 auch der spätere wienerische Hanswurst Joseph Anton Stranitzky als Marionettenspielerunternehmer in Nürnberg. Da die Nürnberger Ratsverlässe aber darüber nichts vermelden, dürfte anzunehmen sein, daß Stranitzky, der in seiner Marionettenspielzeit, also bevor er 1705 endgültig zur Schauspielbühne überwechselte, schon mit Hilverding eine Art Arbeitsgemeinschaft unterhielt, seinen Freund nach Nürnberg begleitet hatte. Ein Eintrag aus dem Jahre 1706, der zwar eine Komödiantentruppe, und zwar die Spiegelbergsche, betrifft, aber auch für das Puppenspiel von Interesse ist, besagt (8. September 1706): wobei erinnert worden, künftig nicht mehr zu erlauben, daß die begebenheit von dem sogenannten Dr. Fausten agiret, anfolglich der jugend zur ärgernus nicht anlas gegeben werde31. Im Jahre 1707 vernehmen wir sodann von einem weiteren bekannten Puppenspieler, der sein Aktionsfeld in den folgenden Jahren jedoch nach der Schweiz verlegte (12. Dezember 1707): Auf Franzen Siegers, marionettenspielers von Wien, bitten, ihme nach den weinachtsfeiertägen die zeigung seines werks zu erlauben, ist erteilt, von löbl(ichem) kriegsamt wegen dasselbe in Augenschein zu nehmen, worinnen es bestehe, und sodann sich deswegen zu entschließen32. Schon vier Tage später (16. Dezember) wird ihm sein dockenwerk zugelassen, jedoch habe er sich des feuerwerks und ärgerlicher händel zu enthalten. Dieser Sieger ist 1708 in St. Gallen als Franz Zieger und 1709 in Basel, hier mit dem Zusatz von Linz, nachgewiesen. Vielleicht haben wir in ihm auch bereits den in St. Gallen 1702 erscheinenden Marionettenspieler von Wien zu vermuten, wenngleich die Angabe dockenwerk eigentlich auf ein mechanisches Figurenspiel hinweist. Der gleichen Kontrolle des Kriegsamtes werden auch die Marionettenspieler Johann Friedrich Ginterund Heinrich Dietrich Bl ater unterwor­ fen, denn es heißt am 20. September 1708, daß ihr Spiel vorerst von jemandem aus dem löblichen Kriegsamt in Augenschein genommen werden soll33. Dieser 29 30 51 52 33

Hampe I, S. 309 Nr. 581, 582. — Gaedertz, S. 122. Rommel S. 199. — Payer von Thum, Bd. 2, S. 167, 581. Hampe I, S. 311 Nr. 598. Hampe I, S. 312 Nr. 606; S. 313 Nr. 607. — Fehr I, S. 166. Hampe I, S. 313 Nr. 612. — Fehr S. 97. — Bartovs I, S. 11, — Bartos II, S. 12.

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Heinrich Dietrich Blater ist übrigens niemand anderer als der Marionettenspie­ ler Heinrich Dietrich Dollmann von Schmiedberg in Schlesien, der 1687 in Zürich Spielerlaubnis erhielt und 1693 in Prag sein Spielgesuch mit Heinrich Ditrich Talman-Platner, unterschrieb. Zwei Jahre später lernten die Nürnberger das Marionettentheater von Joseph Pichler aus Wien kennen, der am 5. April 1710 zugelassen wurde. Seine Vorstellungen scheinen sich großer Beliebtheit und auch des Wohlwol­ lens der Stadtobrigkeit erfreut zu haben, da er mehrmals wiederkommt und meist Spielerlaubnis erhielt. In Köln begegnet uns dieser Puppenspieler übrigens schon 170634. Im Gegensatz hierzu wurde wiederum am 20. Juli 1714 die Petition Johann Joseph Blümmels,in Nürnberg Marionettenaufführungen zu geben, unter der Begründung, daß schon Komödianten da seien, zurückgewiesen35. Durch Hartnäckigkeit erreichte aber ein anderer Marionettenspieler sein Ziel. Zweimal wurde Leonhard Krotter abgewiesen, am 2. und am 12. Januar 1715. Die dritte Eingabe aber hatte Erfolg, und ihm wurde am 1. Februar 1715 — er wird jetzt Leonhardt Crater genannt — gestattet, acht Tage lang seine actiones vorstellig zu machen. Auch dieser Marionettenspieler scheint sein Glück dann in der Schweiz versucht zu haben; er wurde aber 1716 in St. Gallen — hier heißt er Leonhard Grader von Frankfurt am Main — und 1717 in Basel als Leonhard Grater abgewiesen36. Nur am Rande sei vermerkt, daß in der Haupt- und Staatsaktion Grosmütiger Wethstreit der Freundschafft Liebe und Ehre oder SCIPIO in Spanien vom Jahre 1715, die dem „Wienerischen Hanswurst“ Joseph Anton Stranitzky zugeschrieben wird, der Hanswurst eine recht unziemliche Bemerkung über Nürnberg fallen läßt: So gehet doch, waft stehet ihr dann, alß wann euch der Pfenigscheisßer von Nirnberg gegrüsßet hätte36a. Kein Gehör fanden beim Nürnberger Rat die Petitionen des Zahnbrechers, Schauspielerprinzipals und Marionettenspielers Johann Ferdinand Beck. Dieser in der Puppenspiel- wie auch Theatergeschichte wohlbekannte hoch­ fürstlich Sachsen-Waldecksche Hofkomödiant wurde nicht nur am 10. August 1717 und am 11. September 1717, sondern auch, als er nach Jahren wiederkehr­ te, am 5. August 1733 abgewiesen. In den Nürnberger Ratsverlässen des Jahres 1717 wird er ausdrücklich als Marionettenspieler bezeichnet. Er ist einer jener Komödiantenprinzipale, die Marionetten mitführten und zuweilen, wenn sie in Not gerieten oder für das Personenspiel keine Erlaubnis erhielten, mit den hölzernen Schauspielern Vorstellungenen gaben. Beck ist in vielen deutschen Städten nachgewiesen, so in Köln, Leipzig, Hamburg, Frankfurt, Braun-

34 Hampe I, S. 314 Nr. 618, 619. — M. Jacob, S. 14. Hampe I, S. 315 Nr. 631. Hampe I, S. 316 Nr. 636—638. — Fehr I, S. 109. Payer von Thum, Bd. 2, S. 167.

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schweig, Mainz usw., in der Schweiz in Basel, Bern, Zürich, Luzern und Solothurn37. Am 5. 1. 1720 bekommt auch Ferdinand Anthon Käs, principal von denen wienerischen comoedianten, einen abschlägigen Bescheid, weilen er sein conto schwerlich alhier finden wird. Ein neues Gesuch wird dem comoedianten und marionettenspieler, wie er jetzt bezeichnet wird, wiederum abgeschlagen38. Dafür erhält (Johann) Eusebius Pichler, der schon 1710 Nürnberg besucht hatte, am 12. April 1721 Spielerlaubnis39. Er ist in der Zwischenzeit in Basel feststellbar, wo er Eusebius Joseph Brüchlin oder Johann Joseph Brüchler von Salzburg (einmal auch von Würzburg) genannt wird und 1715 spielen durfte, aber 1716 abgewiesen wird. Ungenannte Marionettenspieler, welche im gleichen Jahre petitionierten und im Marstall Vorstellungen geben wollten, wurden am 7. August 1721 zugelassen40. Die nächsten Jahre sind nicht günstig für die Puppenspieler, ihre Spielge­ suche wurden fast durchweg abgelehnt. So erging es dem Marionettenspieler Joseph Keiser am 27. Januar 172241, der seine curiositäten für Geld zeigen wollte, so erging es im gleichen Jahr im Herbst einem mit Namen nicht genannten Marionettenspieler (9. Oktober 1722)42 und ebenso — oder noch­ mals, wenn es derselbe war — am 5. November 1722 dem Johann Franz Depee, welcher ansuchet, mit seiner bei sich habenden bande einige marionettenspiele und bourlesquen aufführen zu dörfen, soll man abweisend. Diesen Depee bzw. Döppe, einen Prager Prinzipal, kennen wir aus Prag 1717, Frankfurt 1728, Köln 1731 und Dresden 1740—42. Im Jahre 1724 erscheint erneut der uns nun bereits wohlbekannte Prinzipal Johann Eusebius Pichler. Zuerst hatte er kein Glück. Am 3. Juni 1724 heißt es: Joh. Euseb. Püchlery comoedianten, soll man mit seinen gesucht diesen sommer über alhier in den fechthaus denen liebhabern seine theatralische actiones vorstellig machen zu dörfen, weilen dergleichen im vorigen jahr erst alhier erlaubt gewesen, abweisen44. Demnach müßte also 1723 irgendein Marionettenspieler in Nürnberg agiert haben, über den sich aber kein Nachweis finden ließ. Ein neuerliches Gesuch Pichlers brachte Erfolg, und am 6. Juni 1724 wurde ihm erlaubt, im Marstall zu spielen45. Trotzdem scheint der Ertrag nicht groß ' Hampe I, S. 320 Nr. 655, 656; S. 328 Nr. 698. — M. Jacob, S. 15f., 18f., 29. — Wustmann, S. 468, 483, 484. — Wollrabe, S. 36. — Schütze, S. 58. — Mentzel I, S. 147ff. — Hartmann, S. 124. — Heyn, S. 19. — Peth, S. 20. u. a. w Hampe I, S. 323 Nr. 667, 668. w Hampe I, S. 324 Nr. 671. — Fehr I, S. 88. 40 Hampe I, S. 324 Nr. 673. 41 Hampe 1, S. 324 Nr. 674. 44 Hampe I, S. 325 Nr. 678. 44 Hampe I, S. 325 Nr. 679. — Teuber, S. 104,169, 173,174, 181. — Belli, S. 92. — Bartos I, S. 20 und Beilage IV Bild 6. — Bartos II, S. 19, 138 und Abb. 7. — M. Jacob, S. 22. — Fürstenau, 2. Teil, S. 341. 4”' Hampe I, S. 326 Nr. 685, 687, 688; S. 327 Nr. 694.

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gewesen zu sein, denn er konnte seinen Wirt nicht bezahlen. Wir hören am 7. August 1724 nämlich: Der Christoph Strobl, erben umb arrestirung des marionettenspielers Joseph Buhlers effetti übergebenes memorial soll man ihm, Bühler, im l(öblichen) kriegsamt Vorhalten, seine Zahlungsvorschläge und erklärungvon ihm vernehmen und den Strobl erben hinwider eröffnen46. Die Sache schleppte

sich dann bis 1727, als anscheinend der Wirt einen Käufer, vielleicht einen in Nürnberg anwesenden Marionettenspieler, für die gepfändeten Puppenkleider gefunden hatte, denn am 14. Februar 1727 wurde zu Rat verlassen: Albrecht Strobel wirt zun drei güldenen bergen, soll man auf sein gethanes ansuchen bedeuten, mit verkaufung der pignoris loco in handen habenden marionettenkleider der malen noch nicht zu verfahren, sondern dieses Vorhaben und, daß er aus solchen kleidern 32 fl. erlösen könne, seinem Schuldner, dem Joseph Büchler, wissend zu machen und hierauf dessen antwort und erklärung zu erwarten*7.

Wie die Sache ausging, erfahren wir leider nicht. Zur Ostermesse 1731 meldeten sich gleich zwei Marionettenspieler an. Am 28. März wurde über das erste Gesuch vom Rat entschieden: Denen von Linz anhero gekommenen frembden Personen, welche in einem anderweiten Memoriali um die Zulassung, denen Liebhabern ihr Marionettenspiel und derer bei sich habenden Weibsperson ihre Kunststücke auf dem Markt zeigen zu dörfen, bitten, soll man dieses Gesuch beharrlich abschlagen und es bei dem vorigen oberherrli­ chen Verlaß, worinnen denenselben auf acht Tage lang dieses privatim in ihrem Quartier verstauet ist, bewenden lassen, woferne auch hierbei nichts ärgerliches Vorgehen sollte; dahero auf das löbl(iche) Kriegsamt gestellet wird, ob ein Augenschein vorgenommen werden wolle**. Ob es sich bei dieser Truppe, für

die übrigens die oben erwähnte Zulassung zu Privatvorstellungen in den Ratsverlässen nicht nachzuweisen ist, um jene des Franz Sieger (Zieger) handelte, die vor 22 Jahren in Basel den Vermerk von Linz erhielt, muß dahingestellt bleiben, ist aber zu bezweifeln. Eine Woche darauf, am 4. April 1731, wurde das zweite Gesuch erledigt: Auf die von Johann Kuninger und Carl Friedrich Westken eingereichte Memoriale, da jener sein großes Englisches Margonetten-Spiel im Marstall und dieser seine Machine und Repraesentationes allerhand Haupt-Vestungen und See-Städte, item der 4 Elementen, Auf- und Untergangs der Sonnen und des Monds, der Schiffe auf dem Wasser in dieser Meßzeit über auf dem Markt in einer zu erbauenden Hütte gegen kleine Discretion zeigen zu dörfen bitten wurde erteilt, vor allem von Seiten des löbl(ichen) Kriegsamts, ob auch solche zu sehen der Mühe wert, einen Augenschein zu nehmen und bei Vorlegung des Berichts rätig zu werden, ob beeden oder einem zu willfahren sein möge. Wie aus einem Eintrag

vom 6. April zu ersehen ist, mußten beide unverrichteter Dinge weiterziehen: Johann Kuninger und Carl Friedrich Westken soll man mit ihrem Gesuch, ihr respective Margonetten-Spiel und Schattenwerk denen Liebhabern zeigen zu dörfen, abweisen. Johann Kunniger, wie er richtig hieß, soll der Sohn eines 48 Mitt. des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 27, S. 277.

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Leipziger Stadtsoldaten gewesen sein. Seine erste Frau stammte aus Nürnberg, zuerst war er Marionettenspieler, nebenbei auch Equilibrist, Zahnarzt und starker Mann. Als Marionettenspieler besaß er schon vor 1750 ein Privileg des Ansbach-Bayreuthischen Fürstenhauses. Nach 1752 leitete er eine Schauspie­ lerbande, kehrte im Alter jedoch wieder zu den Puppen zurück und hatte in Altona eine große Bude. 1761 starb er in Itzehoe. Mit Marionetten spielte er von Oktober 1732 bis Januar 1733 in Basel, Solothurn, Bern, wurde im August 1733 in St. Gallen abgewiesen, bekam aber 1734 und 1739 in Basel Spielerlaub­ nis. In Itzehoe ist er 1748 und in Hamburg von 1748 bis 1750 nachgewiesen483. Wieder erhebt sich die Frage, ob der Marionettenspieler Johann Fried­ rich Eysell von Nürnberg, der am 12. Juni 1737 in Baden in der Schweiz Spielbewilligung bekam und 1744 auch in Köln, wo er als Comoediant bezeichnet und Eissel geschrieben wurde, acht Tage spielen durfte, ein Nürn­ berger Einwohner oder nur von Nürnberg nach Baden gekommen war. Eine Gertraud Eyselin erschien als Puppenspielerin übrigens auch zur Ostermesse 1752 in Frankfurt am Main49. In den folgenden Jahren wurden in Nürnberg mehrmals Schiffe ausgestellt, so 1740 ein Orlogschiff von Christoph Weiß, 1761 ein holländisches Kriegsschiff im Gasthaus zum weißen Rößlein und 1765 wieder ein Orlog­ schiff50. Ob es nur Modelle waren oder ob sich auch, zur mechanischen Vorführung, Figuren darauf bewegten, Kanonen abgeschossen wurden usw., ist den Unterlagen nicht zu entnehmen. Sehr wahrscheinlich ist, daß Chri­ stoph Weiß immer wiederkehrte und es somit immer das gleiche Kriegsschiff war, das die Nürnberger bewunderten. Im Juni 1743 war eine Marionettenspielerin in Nürnberg, ihr Gesuch wurde jedoch am 11. Juni abgewiesen. Leider halten die Ratsverlässse ihren Namen nicht fest51. Vergeblich versuchte in den Jahren 1749 und 1750 der Wiener Marionetten­ spieler Buschmann Spielbewilligung zu erhalten. Im schönsten Beamten­ deutsch jener Zeit heißt es am 20. August 1749: Was die lobl(iche) marktdeputation auf des Wiener marionettenspieler Job. Joseph Puschmanns per memoriale gethanes gesuch werde herkommen lassen, solches soll man praevia communicatione zur resolution wieder hereinbringen52. Am 23. August 1749 wurde das Gesuch abgelehnt, ebenso vier Petitionen im nächsten Jahr, am 17. und 24. August, am 5. November und 14. Dezember. Im letzten Ratsentscheid heißt es, es solle kein memorial mehr von ihm angenommen werden. In diesem Jahr wurde der Prinzipal übrigens Matthäus Joseph Puschmann genannt, unter welchem Namen wir ihn auch aus Frankfurt a. M. 1745, Amberg 1743 und Prag 48a Ebd. — Fehr I, S. 124. — Gersdorff, S. 262ff. — Schütze, S. 86f. — Legband, S. 105,119,136. 49 Fehr I, S. 101. — M. Jacob, S. 31. — Mentzel II, S. 110. 50 Hampe II, S. 125, 126. — Orlogschiff ist die ältere Bezeichnung für Kriegsschiff; von Orlog = holländisch: Krieg. 51 Hampe I, S. 328 Nr. 701. 52 Hampe I, S. 330 Nr. 718.

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1749—1752 kennen53. Als sich aber dann sein Wirt energisch für ihn einsetzte, durfte er in Nürnberg doch noch Vorstellungen geben. Nachdem er also monatelang untätig festgesessen hatte, heißt es am 18. März 1751: Dem Georg Blanck, allhiesigen rindfußwirt, der ansucht, daß Buschmann, der ihm ein ansehnliches schuldig geblieben sei, sein marionettenspiel in künftiger ostermesse aufm markt zeigen dörfe, soll man.. . willfahren54. Er muß seine Schuld abgetragen und zudem nicht allzu schlechte Geschäfte in Nürnberg gemacht haben, denn er wollte im nächsten Jahr wiederkommen, sein Spielgesuch wurde aber am 28. März 1752 abgeschlagen55. Es ist dies der zweite Fall, daß ein Puppenspieler in Nürnberg schlechter Geschäfte wegen oder weil er bei dauernder Abweisung zu lange auf die Spielbewilligung warten mußte, bei seinem Wirt in Schulden geriet. Bei den Komödianten traten solche Fälle natürlich ebenfalls ein, und so dürfen wir üns nicht wundern, daß sich der Rat der Stadt veranlaßt sah, jene Wirte, welche Schauspieler beherbergten, zu warnen, diesen nicht zuviel Kredit zu geben, weil sie die daraus resultierenden Schäden dann allein zu tragen hätten56. Der verfeinerte Geschmack und die Vorliebe für alles Künstliche in der Zeit Ludwigs XV. und XVI. ließen die raffiniertesten Automaten entstehen. Wahre Wunderwerke der Mechanikerkunst, die das Leben nachzuahmen versuchten, wurden an den Höfen und in den Städten Europas vorgeführt und setzten die Menschen in Erstaunen. Vielleicht der genialste Mechaniker jener Zeit war der 1709 in Grenoble geborene Jacques de Vaucanson, Mitglied der Akade­ mie der Wissenschaften in Paris. Er baute einen Flötenspieler, der auf einer richtigen Flöte spielte und die Löcher des Instruments mit den Fingern bediente, einen Trommler, der mit der einen Hand trommelte, mit der anderen auf einer Provencer Pfeiffe (Galoubet) spielte, und das Glanzstück: eine Ente aus bronziertem Kupferblech, die mit den Flügeln schlug, die Federn spreizte, den Hals reckte, schnatterte, Körner pickte, sie verdaute, und dann zum Vergnügen der Zuschauer hinten etwas fallen ließ57. Kurz vor seinem Tode (1782) soll er sein mechanisches Kabinett der Königin Maria Antoinette geschenkt haben, die es an die Akademie der Wissenschaften weitergab. Die drei Automaten, heißt es in der Lebensbeschreibung weiter, sollen dann in Deutschland verloren gegangen sein. Der wahre Sachverhalt, den wir durch Friedrich Nicolai erfahren58, war jedoch ein anderer: Die drei berühmten Figuren lagen, in Kisten verpackt, 42 Jahre lang in einem Nürnberger Magazin. Hampe I, S. 331 Nr. 719, 723—726. — Mentzel I, S. 197. — Mentzel II, S. 110. — Riedelsheimer, S. 6. — Teuber, S. 193. — Bartos I, S. 27, Bartos II, S. 22, 25. S4 Hampe I, S. 331 Nr. 727. ss Hampe I, S. 334 Nr. 746. s, ba;) f Qicr angefommtn fei), unb bic (fftre bat, beute aberinaljii bictf« ger ©tobt fein berühmte* Äunftfabinct feften jti lauen, ' betitelt:

iLES GRANDES OMBRES* CHINOISES, welche bie angenehmjte unb emsige QCrt auf ber ®e(t ift, unb ju geling unb S^ina erfunben woeben. tfi^r^nrrrt,enbc Sarjtettung bie £rmar? tung |etn«t unfehlbaren ©onner, gdnjlicb ubertreffen »ftD.

SOorbero aber trirb aufgeföbrt:

LES VERITABLES

OMBRES

CHINOISES.

SBobei befenber* |nm SJorft&eta fomrnt:

Sie große £of* 6d)Iiwnfabrt m SSien. perfpeetiuifcbe ©tflf (teilt *or: bin 3Biener ©ra>en, roorftber juerft Oft grofe «Wufif * (Schlitten unter trompeten* «rrrf(baften in ihren Siintfe&liften mir Qtowiitem, Edufern unb ftaffeltrdgern begleitet; überhaupt ift in biefem(Stüt Die i?unjt unh mühfanie Arbeit (ehr auffallenb, »reit al' lei tranfparent in len fünften färben iu fehen ift. Riefen folgen noch »tele anDere Stufte, roildx iu nmtldufcig ;u be« nennen finD. tiebhaber ber febbnen Äünfte unb «IBifienfcbaften, Die mieb noeb mit 3hren gütigen Sbefneb beehren wollen, werben anbureb erfucht en nieht fdnget anflehen |u taffen, inDem »eine SBorfteflungen nur noch h'ute Sonnentage, $r(ptagg UnO fommenben Montag jum leitenmal gegeben werben.

JBreitrftf, $>b9ftfu$. ®er Anfang iff um ?.U&r unb bauert 2 igtunben» $Die greift fwb: 3m erften «Rang 24 fr. 3m jn>ei)ten IKang 12 fr. unb auf bem brüten pia$ 6 fr. Ser ®cbaupla& ift auf ber Herren Srmffhtbe, n>elcf>e fen 28. mb 0omifl5enl> fcen 29. dit>\>. 1817.

j9Rat&ia$ Sfitbler, 5föecbanifit£ aus Sifcnäcj in ®tet)etmatf feine mit vielem S8er?faU frier gcfet?enrn • m e # a n i f cb c n uni) Seiliäitftr I« geiacn &te (£frre frabett. Den Tfnfang rars#t ein hier ntxS) nie gefeheneff

i ?||Sflto«ffel mit allen fRittertt&ungtit, ein Ile l^,m> p in welchem ■ iM nur iraenö eine btlehe Jil un|rretter# ts}tfefft$4f» |u lei Öen im 0ranbe ifl, 0» ahnten auf bat natur* lid>fle affe tmb jeoe ben-unberufen»tätige Aünfie, 0prünge, Sioenbungen unb £Wfigtrungen na#, »el#t non bin beruimifrfreu engl?}4jm Kennern unb er 6(taupia$ ti? tm ©aftyof gum ^ct^abler uui> btt SJnrimg m 6 ujjt.

Abb. 13:

Zettel des Mechanischen Kunstkabinettes von Mathias Tendier vom November 1817 (Sammlung Purschke).

Abb. 14:

Porträtbild von Johann Tendier (1777—1849), Sohn des Mathias Tendier (Heimatmuseum Eisenerz).

Abb. 15:

Porträtbild von Mathias Tendier (1753—1825), Schöpfer eines der berühmtesten Mechanischen Kunstkabinette (Heimatmuseum Eisenerz).

Abb. 16:

Reiterfigur aus Tendlers Mechanischem Kunstkabinett (Heimatmuseum Eisenerz).

Abb. 17:

Zwei Figuren aus Tendlers Mechanischem Kunstkabi­ nett (Heimatmuseum Eisenerz).

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