Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [88]

Table of contents :
Gertrud Hering geb. Schmidt: Die berufstätige Frau in der Reichsstadt
Nürnberg bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Ein Beitrag
zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs [Phil. Diss. Erlangen 1950] 1
Viviane Glanz: Albrecht Dürers gedruckte Wappen und heraldische
Bilder .......................................................................................... 93
Nicolas Damm: Der Nürnberger Stadtarzt Sebald Mulner (f 1495).
Eine biographische Skizze......................................................... 139
Reinhard Jakob: Wie die Arnold’sche Sammlung an die Stadt Nürnberg
kam. Auch ein Beitrag zur Biographie Martin (II.) Behaims 171
ThomasRöder: Noch einmal: Johann Hübner, „Violist“ (1631-1676) 187
Peter Zahn: Die Epitaphien der alten Nürnberger Friedhöfe: Quellen
zur Sozialgeschichte ............................................................ 203
Erhard Schraudolph: Hilpert - eine Nürnberger Zinngießerfamilie 213
Jochen Haeusler: Der Hopfenhändler Berthold Bing - ein Förderer
Rudolf Diesels .................................................................. 219
Richard Kölbel: Käte Strobel (1907-1996): Ehrenbürgerin der
Stadt Nürnberg und Bundesministerin für Jugend, Familie
und Gesundheit........................................................................... 233
Clemens Wächter: Literaturpflege in Nürnberg nach dem Zweiten
Weltkrieg .................................................................................... 255
V
Buchbesprechungen ................................... 263
Neuerwerbungen des Stadtarchivs Nürnberg ................................ 357
Neue Arbeiten zur Nürnberger Geschichte ................................... 359
Jahresbericht über das 122. Vereinsjahr 1999 ................................... 373
Jahresbericht über das 123. Vereinsjahr 2000 ................................... 378
Abkürzungen.................................................................................... 385
VI
BUCHBESPRECHUNGEN
Andrea Löther: Prozessionen in spätmittelalterlichen Städten. Politische Partizipation,
obrigkeitliche Inszenierung, städtische Einheit. Köln [u.a.] 1999. (Thomas Engelke) 263
Nadja Bennewitz: Sigenas „Schwestern“ im mittelalterlichen Nürnberg. Frauen in der
spätmittelalterlichen Stadt. Nürnberg 2000. (Wiltrud Fischer-Pache)....................... 264
Petra Seegets: Passionstheologie und Passionsfrömmigkeit im ausgehenden Mittelalter.
Der Nürnberger Franziskaner Stephan Fridolin (gest. 1498) zwischen Kloster und
Stadt. Tübingen 1998. (Horst-Dieter Beyerstedt)..................................................... 265
Wissen und Gesellschaft in Nürnberg um 1500. Akten des interdisziplinären Symposions
vom 5. und 6. Juni 1998 im Tucherschloss in Nürnberg. Wiesbaden 1999. (Horst-
Dieter Beyerstedt) ..................................................................................................... 266
Christoph Reske: Die Produktion der Schedelschen Weltchronik in Nürnberg / The
Production of Schedel s Nuremberg Chronicle. Wiesbaden 2000. (Peter Zahn) .... 268
Konrad Celtis: „Norimberga“. Ein Büchlein über Ursprung, Lage, Einrichtungen und
Gesittung Nürnbergs, vollendet um das Jahr 1500, gedruckt vorgelegt 1502, aus
dem Lateinischen erstmals in modernes Deutsch übersetzt und erläutert von
Gerhard Fink. Nürnberg 2000. (Horst-Dieter Beyerstedt) ..................................... 271
Norbert Holst: Mundus - Mirabilia - Mentalität. Weltbild und Quellen des Kartographen
Johannes Schöner. Frankfurt (Oder) und Bamberg 1999. (Horst-Dieter
Beyerstedt) ................................................................................................................. 272
Claudia F. Albrecht: Stilkritische Studien zum mittleren Werk des Veit Stoß, unter
besonderer Berücksichtigung der Volckamer-Stiftung. Würzburg 1997. (Frank
Matthias Kammei)..................................................................................................... 273
Christoph Hölz [u.a.]: Wit Stwosz - Veit Stoß. Ein Künstler in Krakau und Nürnberg.
München 2000. (Georg Stolz).................................................................................... 275
Erich Schneider [u.a.]: Dürer als Erzähler. - Dürer. Die Kunst aus der Natur zu „reyssennn“.
Welt, Natur und Raum in der Druckgraphik. - Dürer. Himmel und Erde.
Gottes- und Menschenbild in Dürers druckgraphischem Werk. Holzschnitte,
Kupferstiche und Radierungen aus der Sammlung Otto Schäfer. 3 Bde., Schweinfurt
1996-1999. (Matthias Mende).................................................................................... 276
Dürer and his culture. Edited by Dagmar Eichberger and Charles Zika. Cambridge
1998. (Matthias Mende)............................................................................................. 278
Kurt Löcher: Die Gemälde des 16. Jahrhunderts (Kataloge des Germanischen Nationalmuseums
Nürnberg). Ostfildern-Ruit 1997. (Christof Metzger) ............................... 279
Kurt Löcher: Barthel Beham. Ein Maler aus dem Dürerkreis. München [u.a.] 1999.
(Matthias Mende)....................................................................................................... 281
Nadja Bennewitz: „Meinten Sie vielleicht, wir sollten einen Mann nehmen? Davor
behüt uns Gott.“ Frauen in der Nürnberger Reformationszeit. Nürnberg 1999
(Wiltrud Fischer-Pache)............................................................................................. 283
Marlis Zeus: Leonhard Lechner. Ein Musiker der Renaissance in seiner Zeit. Berlin 1999.
(Thomas Röder) ......................................................................................................... 284
Wolfgang Mährle: Academia Norica. Wissenschaft und Bildung an der Nürnberger
Hohen Schule in Altdorf (1575-1623). Stuttgart 2000. (Bernhard Ehneth)............. 285
Eike Christian Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie. München 2000.
(Hartmut Frommer)................................................................................................... 288
Silke Gatenbröcker: Michael Herr (1591-1661). Münster 1996. (Andreas Tacke) ........ 288
Thomas Schnalke: Medizin im Brief. Der städtische Arzt des 18. Jahrhunderts im
Spiegel seiner Korrespondenz. Stuttgart 1997. (Horst-Dieter Beyerstedt) ................ 291
Edeltraud Loos: „Behufs der Bestimmung des im Bezirk herrschenden Kulturgrades ...“
Die Physikatsberichte in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Beitrag zur Sozial- und
Kulturgeschichte Mittelfrankens. Ansbach 1999. (Clemens Wächter) ....................... 292
VII
Dietmar Klenke: Der singende „deutsche Mann“. Gesangsvereine und deutsches Nationalbewusstsein
von Napoleon bis Hitler. Münster [u. a.] 1998. (Horst-Dieter Beyerstedt)
.......................................................................................................................... 294
Juliane Nitzke-Dürr: Lothar Freiherr von Faber. Berlin 1999. (Daniela Stadler)......... 295
Christi Bronnenmeyer: Max Grundig. Berlin 1999. (Daniela Stadler) ......................... 295
Martina Bauernfeind: Bürgermeister Georg Ritter von Schuh. Stadtentwicklung in
Erlangen und Nürnberg im Zeichen der Hochindustrialisierung 1878-1913. Nürnberg
2000. (Reinhard Jakob)...................................................................................... 297
Miriam Heim / Max Liedtke: Die Geschichte des Vereins Lehrerheim Nürnberg e.V.
Nürnberg 1999. (Udo Winkel) .................................................................................. 299
Helmut Schwarz [u.a.]: Eisenzeit. Geschichte des Metallbaukastens. Nürnberg 1996.
(Martina Bauernfeind)................................................................................................ 299
Helmut Schwarz / Marion Faber: Die Spielmacher, J. W. Spear und Söhne - Geschichte
einer Spielefabrik. Nürnberg 1997. (Erhard Schraudolph)........................................ 301
Urs Latus: Kunstücke. Holzspielzeugdesign vor 1914. Nürnberg 1998. (Erhard Schraudolph)
........................................................................................................................ 302
Helmut Schwarz: Paradestücke. Zinnfiguren aus Nürnberg und Fürth. Nürnberg 2000.
(Martina Bauernfeind)................................................................................................ 303
Karin Falkenberg: Alltag in Nürnberg 1914-1970. Bürger erzählen aus ihrem Leben.
Erfurt 1999. (Udo Winkel) ........................................................................................ 305
Günther Roth: Die Institution der kommunalen Sozialverwaltung. Die Entwicklung von
Aufgaben, Organisation, Leitgedanken und Mythen von der Weimarer Republik
bis Mitte der neunziger Jahre. Berlin 1999. (Udo Winkel)........................................ 305
Friedrich Braun: Der 2. Weltkrieg in den nordöstlichen Vororten von Nürnberg. Nürnberg
1999. (Karl Kunze) ............................................................................................ 306
Richard Knoblach: Zwischen Bomben und Granaten. Der Einsatz der Gymnasiasten
und Oberschüler als Luftwaffenhelfer im Großraum Nürnberg-Fürth. Forchheim
1999.(Karl Kunze)..................................................................................................... 307
Erhard Mos sack: Die letzten Tage von Nürnberg. Nach einem Tatsachenbericht. Nachdruck
Nürnberg 2000. (Udo Winkel)......................................................................... 308
Jim G. Tobias / Peter Zinke: Nakam - Jüdische Rache an NS-Tätern. Hamburg 2000.
(Gerhard Jochem)....................................................................................................... 308
Klaus Kästner: Von den Siegern zur Rechenschaft gezogen. Die Nürnberger Prozesse.
Nürnberg 2001. (Elartmut Frommer) ....................................................................... 310
Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht. Die alliierten Prozesse
gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943-1952. Frankfurt am Main 1999.
(Hartmut Frommer)................................................................................................... 311
Steffen Radimaier (Hrsg.): Der Nürnberger Lernprozess. Von Kriegsverbrechern und
Starreportern. Frankfurt/Main 2001. (Hartmut Frommer)...................................... 311
Clemens Wächter: Kultur in Nürnberg 1945-1950. Kulturpolitik, kulturelles Leben und
Bild der Stadt zwischen dem Ende der NS-Diktatur und der Prosperität der fünfziger
Jahre. Nürnberg 1999. (Udo Winkel)................................................................... 313
Wolfgang Loch: Die Gesamtschule Nürnberg-Langwasser. Eine bildungspolitische
Untersuchung der die Genese eines kommunalen Schulreformprojekts beeinflussenden
Strategien und Faktoren. Bamberg 1996. (Clemens Wächter)....................... 314
Wolf gang Buhl / Ulf von Dewitz (Hrsg.): „Ich hatte Glück mit Menschen.“ Zum 100.
Geburtstag des Dichters Hermann Kesten. Nürnberg 2000. (Clemens Wächter) ... 315
Nürnberger Facetten 2000-2001. Nürnberg 2000. (Georg Stolz) ...................................... 316
Christoph Bausenwein [u.a.]: Der Club. 100 Jahre Fußball. Nürnberg 1999. (Helmut
Beer) .......................................................................................................................... 316
Birgit Friedei / G. Ulrich Großmann: Die Kaiserpfalz Nürnberg. Regensburg 1999.
(Alfred Wendehorst)................................................................................................... 317
VIII
Der Hauptmarkt im Spiegel der Zeit. Hrsg, von den Museen der Stadt Nürnberg.
Schwarzenbach am Wald 2001. (Hartmut Frommer)................................................ 318
Gabriele Wood: Die Insel Schütt. Nürnbergs heimlicher Stadtpark. Nürnberg 2000.
(Wiltrud Fischer-Pache)............................................................................................. 319
Nürnberger Altstadtberichte. Hrsg, von den Altstadtfreunden Nürnberg e.V. Nr. 22
(1997), Nr. 23 (1998), Nr. 24 (1999). (Helmut Beer)................................................. 321
Rüdiger Braun/ Ludwig Carbon: Nürnberger Brunnen in der Altstadt. Erlangen 2001.
(Udo Winkel) ............................................................................................................. 323
Im Wandel - Nürnberg vor 100 Jahren. Fotografien von Ferdinand Schmidt 1860-1909.
Nürnberg 1999. (Hartmut Beck) .............................................................................. 323
Helmut Beer: Nürnberger Erinnerungen 11. Unbekannte Altstadt. Nürnberg 1999.
(Hartmut Beck) ......................................................................................................... 324
Peter Reus / Heinrich Neuhaus: Krippen in Nürnberg. Bamberg 1998. (Georg Stolz) . 325
G. Urich Großmann (Hrsg.): Architektur und Museum - Bauwerk und Sammlung.
Das Germanische Nationalmuseum und seine Sammlung. Ostfildern-Ruit 1997.
(Ruth Bach-Damaskinos) ......................................................................................... 326
Neues Museum Nürnberg (Hrsg.): Ansichten zur Architektur. Neues Museum Nürnberg.
Ostfildern-Ruit 2000. (Ruth Bach-Damaskinos).............................................. 327
Julia Lehn er: Die Nürnberger Akademie - Tradition und Innovation. Nürnberg 2000.
(Daniela Stadler) ....................................................................................................... 328
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Hrsg.): Ein Gebäude - viele
Namen. SS-Kaserne, Merrell-Barracks, Bundesamt. Eine Gebäudegeschichte.
Nürnberg 1999. (Daniela Stadler) ............................................................................ 330
Gleißhammer - ein Stadtteil verändert sein Gesicht. Hrsg, von Geschichte für Alle e.V.
Nürnberg 2000. (Horst-Dieter Beyerstedt)............................................................... 331
Mögeldorf. Ein Streifzug durch die Jahrhunderte. Nürnberg 2000. (Horst-Dieter Beyerstedt)
.......................................................................................................................... 331
Reiner Eismann [u.a.]: Gebersdorf. Bauern, Siedler und Soldaten. Nürnberg 2000.
(Horst-Dieter Beyerstedt) ......................................................................................... 331
Die Gartenstadt Nürnberg. Geschichte und Geschichten. Teil 2: Von der NS-Zeit bis zum
Ende des Wiederaufbaus (1933-1953). Nürnberg 1999. (Horst-Dieter Beyerstedt) .. 333
Reichelsdorf 700 Jahre jung. Reichelsdorf, Mühlhof, Krottenbach. Ein Heimatbuch.
Nürnberg 1998. (Horst-Dieter Beyerstedt)............................................................... 334
Christoph Beck: 700 Jahre Brunn-Netzstall. Nürnberg 2000. (Horst-Dieter Beyerstedt) 334
Holger Hertwig: Großreuth h.d.V. Historisch-geographische Streifzüge durch ein Dorf
in der Stadt. Nürnberg 1999. (Horst-Dieter Beyerstedt) ........................................ 335
Reiner Fensel: Kraftshof. Haus- und Sozialgeschichte eines nürnbergischen Dorfes.
Nürnberg 2001. (Horst-Dieter Beyerstedt)............................................................... 336
Hermann Dalihammer: Sachsen bei Ansbach. Eine Chronik. Sachsen 1999. (Horst-
Dieter Beyerstedt) ..................................................................................................... 337
Die handgezeichneten Karten des Staatsarchivs Nürnberg bis 1806. Bearbeitet von Peter
Fleischmann. München 1998. (Michael Diefenbacher) ........................................ 338
Bayerisches Flauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 3, bearb. v. Manfred Hörner
und Barbara Gebhardt; Band 4, bearb. v. Manfred Hörner und Barbara
Gebhardt; Band 5, bearb. v. Manfred Hörner; Band 7, bearb. v. Margit
Ksoll-Marcon und Manfred Hörner. München 1997-2001. (Michael Diefenbacher)
........................................................................................................................ 340
Ludwig Schnurrer (Bearb.): Urkundenbuch der Reichsstadt Rothenburg 1182-1400.
2 Bde., Neustadt a.d. Aisch 1999. (Thomas Engelke)............................................... 341
Dieter J. Weiß: Die Bischofsreihe von 1522 bis 1693 (Das exempte Bistum Bamberg 3,
Germania Sacra Neue Folge 38). Berlin /New York 2000. (Karl Borchardt)........... 342
IX
Ilse Haeckel: Geschichte der Universitätsbibliothek Erlangen von 1792 bis 1844. Erlangen
2000. (Andreas Jakob).......................................................................................... 343
Bücher im Jahrhundert Gutenbergs. Ausstellungskatalog, hrsg. v. Christina Hofmann-
Randall. Erlangen 2000. (Christine Sauer).................................................. 345
Eberhard Krauß: Exulanten aus dem westlichen Waldviertel in Franken (ca. 1627-1670).
Eine familien- und kirchengeschichtliche Untersuchung. Nürnberg 1997. (Bernhard
Ebneth)............................................................................................................... 346
Konrad Barthel: Exulanten und Zuwanderer im Evangelisch-Lutherischen Dekanat
Altdorf bei Nürnberg von 1626 bis 1699 (unter Einschluß der bis 1972 zum Dekanat
Altdorf gehörigen evangelischen Kirchengemeinde Fischbach). Nürnberg 2000.
(Bernhard Ebneth)..................................................................................................... 346
Ursula Schädler-Saub: Gotische Wandmalereien in Mittelfranken. München 2000.
(Georg Stolz)............................................................................................................... 348
Die Skulpturen des 14. bis 17. Jahrhunderts. Kunstsammlungen der Veste Coburg: ein
Auswahlkatalog. Bearb. v. Ulrike Heinrichs-Schreiber. Coburg 1998. (Annette
Scherer)....................................................................................................................... 349
Frankens große Namen. Bd. 1: Ludwig Erhard (Klaus Schardt), Bd. 2: Gustav Schickedanz
(Klaus Schardt), Bd. 3: Michael Wolgemut (Amelie Himmel), Bd. 4: Johann
Sigmund Schuckert (Daniela Stadler), Bd. 5: Johann Adam Delsenbach (Ruth
Bach-Damaskinos). Nürnberg 2000. (Clemens Wächter) .................................... 351
Ulrike Läufer: Technik und Bildung. Bürgerliche Initiativen und staatliche Reglementierung
im beruflich-technischen Schulwesen Bayerns und der bayerischen Pfalz
1789-1848. Mannheim 2000. (Reinhard Jakob)......................................................... 351
Bernhard Grau: Kurt Eisner. 1867-1919. Eine Biographie. München 2001. (Clemens
Wächter) ..................................................................................................................... 354
Erich Guttenberger / Godehard Schramm: Regnitzreise. Ein Flußbilderbuch. Nürnberg
1999. (Daniela Stadler)...................................................................................... 356

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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

88. Band 2001

Nürnberg 2001 Selbstverlag des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

Schriftleitung: Dr. Michael Diefenbacher, Dr. Wiltrud Fischer-Pache, Dr. Clemens Wächter Für Form und Inhalt der Aufsätze und Rezensionen sind die Verfasser verantwortlich. Für unaufgefordert eingereichte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen.

Zum Druck des Bandes trugen durch Zuschüsse bzw. Spenden bet: Die Stadt Nürnberg, der Bezirk Mittelfranken, die Stadtsparkasse Nürnberg. Der Verein dankt dafür bestens.

Gesamtherstellung: Verlagsdruckerei Schmidt GmbH, Neustadt/Aisch Gedruckt auf holzfreies, chlorfrei gebleichtes, säurefreies und alterungsbeständiges Papier. Alle Rechte, auch des Abdrucks im Auszug, Vorbehalten. Copyright by Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg (Geschäftsstelle: Marien torgraben 8, 90402 Nürnberg) ISSN 0083-5579

INHALT Gertrud Hering geb. Schmidt: Die berufstätige Frau in der Reichs­ stadt Nürnberg bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs [Phil. Diss. Erlangen 1950]

1

Viviane Glanz: Albrecht Dürers gedruckte Wappen und heraldische Bilder ..........................................................................................

93

Nicolas Damm: Der Nürnberger Stadtarzt Sebald Mulner (f 1495). Eine biographische Skizze.........................................................

139

Reinhard Jakob: Wie die Arnold’sche Sammlung an die Stadt Nürn­ berg kam. Auch ein Beitrag zur Biographie Martin (II.) Behaims

171

ThomasRöder: Noch einmal: Johann Hübner, „Violist“ (1631-1676)

187

Peter Zahn: Die Epitaphien der alten Nürnberger Friedhöfe: Quel­ len zur Sozialgeschichte ............................................................

203

Erhard Schraudolph: Hilpert - eine Nürnberger Zinngießerfamilie

213

Jochen Haeusler: Der Hopfenhändler Berthold Bing - ein För­ derer Rudolf Diesels ..................................................................

219

Richard Kölbel: Käte Strobel (1907-1996): Ehrenbürgerin der Stadt Nürnberg und Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit...........................................................................

233

Clemens Wächter: Literaturpflege in Nürnberg nach dem Zweiten Weltkrieg ....................................................................................

255

V

Buchbesprechungen

263

...................................

Neuerwerbungen des Stadtarchivs Nürnberg

................................

357

...................................

359

Jahresbericht über das 122. Vereinsjahr 1999 ...................................

373

Jahresbericht über das 123. Vereinsjahr 2000 ...................................

378

Abkürzungen....................................................................................

385

Neue Arbeiten zur Nürnberger Geschichte

VI

BUCHBESPRECHUNGEN Andrea Löther: Prozessionen in spätmittelalterlichen Städten. Politische Partizipation, obrigkeitliche Inszenierung, städtische Einheit. Köln [u.a.] 1999. (Thomas Engelke) Nadja Bennewitz: Sigenas „Schwestern“ im mittelalterlichen Nürnberg. Frauen in der spätmittelalterlichen Stadt. Nürnberg 2000. (Wiltrud Fischer-Pache)....................... Petra Seegets: Passionstheologie und Passionsfrömmigkeit im ausgehenden Mittelalter. Der Nürnberger Franziskaner Stephan Fridolin (gest. 1498) zwischen Kloster und Stadt. Tübingen 1998. (Horst-Dieter Beyerstedt)..................................................... Wissen und Gesellschaft in Nürnberg um 1500. Akten des interdisziplinären Symposions vom 5. und 6. Juni 1998 im Tucherschloss in Nürnberg. Wiesbaden 1999. (HorstDieter Beyerstedt) ..................................................................................................... Christoph Reske: Die Produktion der Schedelschen Weltchronik in Nürnberg / The Production of Schedel s Nuremberg Chronicle. Wiesbaden 2000. (Peter Zahn) .... Konrad Celtis: „Norimberga“. Ein Büchlein über Ursprung, Lage, Einrichtungen und Gesittung Nürnbergs, vollendet um das Jahr 1500, gedruckt vorgelegt 1502, aus dem Lateinischen erstmals in modernes Deutsch übersetzt und erläutert von Gerhard Fink. Nürnberg 2000.(Horst-Dieter Beyerstedt) ..................................... Norbert Holst: Mundus - Mirabilia - Mentalität. Weltbild und Quellen des Karto­ graphen Johannes Schöner. Frankfurt (Oder) und Bamberg 1999. (Horst-Dieter Beyerstedt) ................................................................................................................. Claudia F. Albrecht: Stilkritische Studien zum mittleren Werk des Veit Stoß, unter besonderer Berücksichtigung der Volckamer-Stiftung. Würzburg 1997. (Frank Matthias Kammei)..................................................................................................... Christoph Hölz [u.a.]: Wit Stwosz - Veit Stoß. Ein Künstler in Krakau und Nürnberg. München 2000. (Georg Stolz).................................................................................... Erich Schneider [u.a.]: Dürer als Erzähler. - Dürer. Die Kunst aus der Natur zu „reyssennn“. Welt, Natur und Raum in der Druckgraphik. - Dürer. Himmel und Erde. Gottes- und Menschenbild in Dürers druckgraphischem Werk. Holzschnitte, Kupferstiche und Radierungen aus der Sammlung Otto Schäfer. 3 Bde., Schweinfurt 1996-1999. (Matthias Mende).................................................................................... Dürer and his culture. Edited by Dagmar Eichberger and Charles Zika. Cambridge 1998. (Matthias Mende)............................................................................................. Kurt Löcher: Die Gemälde des 16. Jahrhunderts (Kataloge des Germanischen National­ museums Nürnberg). Ostfildern-Ruit1997.(Christof Metzger) ............................... Kurt Löcher: Barthel Beham. Ein Maler aus dem Dürerkreis. München [u.a.] 1999. (Matthias Mende)....................................................................................................... Nadja Bennewitz: „Meinten Sie vielleicht, wir sollten einen Mann nehmen? Davor behüt uns Gott.“ Frauen in der Nürnberger Reformationszeit. Nürnberg 1999 (Wiltrud Fischer-Pache)............................................................................................. Marlis Zeus: Leonhard Lechner. Ein Musiker der Renaissance in seiner Zeit. Berlin 1999. (Thomas Röder) ......................................................................................................... Wolfgang Mährle: Academia Norica. Wissenschaft und Bildung an der Nürnberger Hohen Schule in Altdorf (1575-1623). Stuttgart 2000. (Bernhard Ehneth)............. Eike Christian Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie. München 2000. (Hartmut Frommer)................................................................................................... Silke Gatenbröcker: Michael Herr (1591-1661). Münster 1996. (Andreas Tacke) ........ Thomas Schnalke: Medizin im Brief. Der städtische Arzt des 18. Jahrhunderts im Spiegel seiner Korrespondenz. Stuttgart1997.(Horst-Dieter Beyerstedt) ................ Edeltraud Loos: „Behufs der Bestimmung des im Bezirk herrschenden Kulturgrades ...“ Die Physikatsberichte in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Beitrag zur Sozial- und Kulturgeschichte Mittelfrankens.Ansbach 1999.(Clemens Wächter) .......................

263 264 265 266 268

271 272 273 275

276 278 279 281 283 284 285 288 288 291 292

VII

Dietmar Klenke: Der singende „deutsche Mann“. Gesangsvereine und deutsches Natio­ nalbewusstsein von Napoleon bis Hitler. Münster [u. a.] 1998. (Horst-Dieter Beyerstedt) .......................................................................................................................... Juliane Nitzke-Dürr: Lothar Freiherr von Faber. Berlin 1999. (Daniela Stadler)......... Christi Bronnenmeyer: Max Grundig. Berlin 1999. (Daniela Stadler) ......................... Martina Bauernfeind: Bürgermeister Georg Ritter von Schuh. Stadtentwicklung in Erlangen und Nürnberg im Zeichen der Hochindustrialisierung 1878-1913. Nürn­ berg 2000. (Reinhard Jakob)...................................................................................... Miriam Heim / Max Liedtke: Die Geschichte des Vereins Lehrerheim Nürnberg e.V. Nürnberg 1999. (Udo Winkel) .................................................................................. Helmut Schwarz [u.a.]: Eisenzeit. Geschichte des Metallbaukastens. Nürnberg 1996. (Martina Bauernfeind)................................................................................................ Helmut Schwarz / Marion Faber: Die Spielmacher, J. W. Spear und Söhne - Geschichte einer Spielefabrik. Nürnberg 1997. (Erhard Schraudolph)........................................ Urs Latus: Kunstücke. Holzspielzeugdesign vor 1914. Nürnberg 1998. (Erhard Schrau­ dolph) ........................................................................................................................ Helmut Schwarz: Paradestücke. Zinnfiguren aus Nürnberg und Fürth. Nürnberg 2000. (Martina Bauernfeind)................................................................................................ Karin Falkenberg: Alltag in Nürnberg 1914-1970. Bürger erzählen aus ihrem Leben. Erfurt 1999. (Udo Winkel) ........................................................................................ Günther Roth: Die Institution der kommunalen Sozialverwaltung. Die Entwicklung von Aufgaben, Organisation, Leitgedanken und Mythen von der Weimarer Republik bis Mitte der neunziger Jahre. Berlin 1999. (Udo Winkel)........................................ Friedrich Braun: Der 2. Weltkrieg in den nordöstlichen Vororten von Nürnberg. Nürn­ berg 1999. (Karl Kunze) ............................................................................................ Richard Knoblach: Zwischen Bomben und Granaten. Der Einsatz der Gymnasiasten und Oberschüler als Luftwaffenhelfer im Großraum Nürnberg-Fürth. Forchheim 1999.(Karl Kunze)..................................................................................................... Erhard Mos sack: Die letzten Tage von Nürnberg. Nach einem Tatsachenbericht. Nach­ druck Nürnberg 2000. (Udo Winkel)......................................................................... Jim G. Tobias / Peter Zinke: Nakam - Jüdische Rache an NS-Tätern. Hamburg 2000. (Gerhard Jochem)....................................................................................................... Klaus Kästner: Von den Siegern zur Rechenschaft gezogen. Die Nürnberger Prozesse. Nürnberg 2001. (Elartmut Frommer) ....................................................................... Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht. Die alliierten Pro­ zesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943-1952. Frankfurt am Main 1999. (Hartmut Frommer)................................................................................................... Steffen Radimaier (Hrsg.): Der Nürnberger Lernprozess. Von Kriegsverbrechern und Starreportern. Frankfurt/Main 2001. (Hartmut Frommer)...................................... Clemens Wächter: Kultur in Nürnberg 1945-1950. Kulturpolitik, kulturelles Leben und Bild der Stadt zwischen dem Ende der NS-Diktatur und der Prosperität der fünfzi­ ger Jahre. Nürnberg 1999. (Udo Winkel)................................................................... Wolfgang Loch: Die Gesamtschule Nürnberg-Langwasser. Eine bildungspolitische Untersuchung der die Genese eines kommunalen Schulreformprojekts beeinflus­ senden Strategien und Faktoren. Bamberg 1996. (Clemens Wächter)....................... Wolf gang Buhl / Ulf von Dewitz (Hrsg.): „Ich hatte Glück mit Menschen.“ Zum 100. Geburtstag des Dichters Hermann Kesten. Nürnberg 2000. (Clemens Wächter) ... Nürnberger Facetten 2000-2001. Nürnberg 2000. (Georg Stolz) ...................................... Christoph Bausenwein [u.a.]: Der Club. 100 Jahre Fußball. Nürnberg 1999. (Helmut Beer) .......................................................................................................................... Birgit Friedei / G. Ulrich Großmann: Die Kaiserpfalz Nürnberg. Regensburg 1999. (Alfred Wendehorst)...................................................................................................

VIII

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Der Hauptmarkt im Spiegel der Zeit. Hrsg, von den Museen der Stadt Nürnberg. Schwarzenbach am Wald 2001. (Hartmut Frommer)................................................ Gabriele Wood: Die Insel Schütt. Nürnbergs heimlicher Stadtpark. Nürnberg 2000. (Wiltrud Fischer-Pache)............................................................................................. Nürnberger Altstadtberichte. Hrsg, von den Altstadtfreunden Nürnberg e.V. Nr. 22 (1997), Nr. 23 (1998), Nr. 24 (1999). (Helmut Beer)................................................. Rüdiger Braun/ Ludwig Carbon: Nürnberger Brunnen in der Altstadt. Erlangen 2001. (Udo Winkel) ............................................................................................................. Im Wandel - Nürnberg vor 100 Jahren. Fotografien von Ferdinand Schmidt 1860-1909. Nürnberg 1999. (Hartmut Beck) .............................................................................. Helmut Beer: Nürnberger Erinnerungen 11. Unbekannte Altstadt. Nürnberg 1999. (Hartmut Beck) ......................................................................................................... Peter Reus / Heinrich Neuhaus: Krippen in Nürnberg. Bamberg 1998. (Georg Stolz) . G. Urich Großmann (Hrsg.): Architektur und Museum - Bauwerk und Sammlung. Das Germanische Nationalmuseum und seine Sammlung. Ostfildern-Ruit 1997. (Ruth Bach-Damaskinos) ......................................................................................... Neues Museum Nürnberg (Hrsg.): Ansichten zur Architektur. Neues Museum Nürn­ berg. Ostfildern-Ruit 2000. (Ruth Bach-Damaskinos).............................................. Julia Lehn er: Die Nürnberger Akademie - Tradition und Innovation. Nürnberg 2000. (Daniela Stadler) ....................................................................................................... Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Hrsg.): Ein Gebäude - viele Namen. SS-Kaserne, Merrell-Barracks, Bundesamt. Eine Gebäudegeschichte. Nürnberg 1999. (Daniela Stadler) ............................................................................ Gleißhammer - ein Stadtteil verändert sein Gesicht. Hrsg, von Geschichte für Alle e.V. Nürnberg 2000. (Horst-Dieter Beyerstedt)............................................................... Mögeldorf. Ein Streifzug durch die Jahrhunderte. Nürnberg 2000. (Horst-Dieter Beyer­ stedt) .......................................................................................................................... Reiner Eismann [u.a.]: Gebersdorf. Bauern, Siedler und Soldaten. Nürnberg 2000. (Horst-Dieter Beyerstedt) ......................................................................................... Die Gartenstadt Nürnberg. Geschichte und Geschichten. Teil 2: Von der NS-Zeit bis zum Ende des Wiederaufbaus (1933-1953). Nürnberg 1999. (Horst-Dieter Beyerstedt) .. Reichelsdorf 700 Jahre jung. Reichelsdorf, Mühlhof, Krottenbach. Ein Heimatbuch. Nürnberg 1998. (Horst-Dieter Beyerstedt)............................................................... Christoph Beck: 700 Jahre Brunn-Netzstall. Nürnberg 2000. (Horst-Dieter Beyerstedt) Holger Hertwig: Großreuth h.d.V. Historisch-geographische Streifzüge durch ein Dorf in der Stadt. Nürnberg 1999. (Horst-Dieter Beyerstedt) ........................................ Reiner Fensel: Kraftshof. Haus- und Sozialgeschichte eines nürnbergischen Dorfes. Nürnberg 2001. (Horst-Dieter Beyerstedt)............................................................... Hermann Dalihammer: Sachsen bei Ansbach. Eine Chronik. Sachsen 1999. (HorstDieter Beyerstedt) ..................................................................................................... Die handgezeichneten Karten des Staatsarchivs Nürnberg bis 1806. Bearbeitet von Peter Fleischmann. München 1998. (Michael Diefenbacher) ........................................ Bayerisches Flauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 3, bearb. v. Manfred Hörner und Barbara Gebhardt; Band 4, bearb. v. Manfred Hörner und Barbara Gebhardt; Band 5, bearb. v. Manfred Hörner; Band 7, bearb. v. Margit Ksoll-Marcon und Manfred Hörner. München 1997-2001. (Michael Diefen­ bacher) ........................................................................................................................ Ludwig Schnurrer (Bearb.): Urkundenbuch der Reichsstadt Rothenburg 1182-1400. 2 Bde., Neustadt a.d. Aisch 1999. (Thomas Engelke)............................................... Dieter J. Weiß: Die Bischofsreihe von 1522 bis 1693 (Das exempte Bistum Bamberg 3, Germania Sacra Neue Folge 38). Berlin /New York 2000. (Karl Borchardt)...........

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Ilse Haeckel: Geschichte der Universitätsbibliothek Erlangen von 1792 bis 1844. Erlan­ gen 2000. (Andreas Jakob).......................................................................................... Bücher im Jahrhundert Gutenbergs. Ausstellungskatalog, hrsg. v. Christina Hofmann-Randall. Erlangen 2000. (Christine Sauer).................................................. Eberhard Krauß: Exulanten aus dem westlichen Waldviertel in Franken (ca. 1627-1670). Eine familien- und kirchengeschichtliche Untersuchung. Nürnberg 1997. (Bern­ hard Ebneth)............................................................................................................... Konrad Barthel: Exulanten und Zuwanderer im Evangelisch-Lutherischen Dekanat Altdorf bei Nürnberg von 1626 bis 1699 (unter Einschluß der bis 1972 zum Deka­ nat Altdorf gehörigen evangelischen Kirchengemeinde Fischbach). Nürnberg 2000. (Bernhard Ebneth)..................................................................................................... Ursula Schädler-Saub: Gotische Wandmalereien in Mittelfranken. München 2000. (Georg Stolz)............................................................................................................... Die Skulpturen des 14. bis 17. Jahrhunderts. Kunstsammlungen der Veste Coburg: ein Auswahlkatalog. Bearb. v. Ulrike Heinrichs-Schreiber. Coburg 1998. (Annette Scherer)....................................................................................................................... Frankens große Namen. Bd. 1: Ludwig Erhard (Klaus Schardt), Bd. 2: Gustav Schickedanz (Klaus Schardt), Bd. 3: Michael Wolgemut (Amelie Himmel), Bd. 4: Johann Sigmund Schuckert (Daniela Stadler), Bd. 5: Johann Adam Delsenbach (Ruth Bach-Damaskinos). Nürnberg 2000. (Clemens Wächter) .................................... Ulrike Läufer: Technik und Bildung. Bürgerliche Initiativen und staatliche Reglementie­ rung im beruflich-technischen Schulwesen Bayerns und der bayerischen Pfalz 1789-1848. Mannheim 2000. (Reinhard Jakob)......................................................... Bernhard Grau: Kurt Eisner. 1867-1919. Eine Biographie. München 2001. (Clemens Wächter) ..................................................................................................................... Erich Guttenberger / Godehard Schramm: Regnitzreise. Ein Flußbilderbuch. Nürn­ berg 1999. (Daniela Stadler)......................................................................................

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VERZEICHNIS DER MITARBEITER Bach-Damaskinos, Ruth, M.A., Kunsthistorikerin, Graudenzer Straße 25, 90491 Nürnberg Bauernfeind, Martina, Dr., Historikerin, Karl-Hertel-Str. 33, 90475 Nürnberg Beck, Hartmut, Prof. Dr., Universität Erlangen-Nürnberg, Erziehungs­ wissenschaftliche Fakultät, Regensburger Str. 160, 90478 Nürnberg Beer, Helmut, Dr., Stadthistoriker, Nunnenbeckstr. 30, 90489 Nürnberg Bennewitz, Nadja, M.A., Historikerin, Hirtengasse 11, 90443 Nürnberg Beyerstedt, Horst-Dieter, Dr., Archivoberrat, Thumenberger Weg 38, 90491 Nürnberg Borchardt, Karl, Prof. Dr., Wiesenstraße 18, 91541 Rothenburg ob der Tauber Damm, Nicolas M.A., Journalist, Greifensteiner Str. 26, 92361 Berngau Diefenbacher, Michael, Dr., Ltd. Archivdirektor, Ringstr. 17, 91560 Heils­ bronn Ebneth, Bernhard, Dr., Wissenschaftlicher Angestellter, Obere Weiherstr. 16, 90522 Oberasbach Engelke, Thomas, Dr., Archivrat, Jagdstr. 20, 90419 Nürnberg Fischer-Pache, Wiltrud, Dr., Archivoberrätin, Keßlerplatz 7, 90489 Nürnberg Frommer, Hartmut, Dr., Stadtrechtsdirektor, Judengasse 25, 90403 Nürnberg Gebhardt, Walter, Bibliotheksamtmann, Drausnickstr. 8, 91052 Erlangen Glanz, Viviane, M.A., Kunsthistorikerin, Karlstr. 21, 90763 Fürth Haeusler, Jochen, Dr.-Ing., Erlenstegenstr. 120a, 90491 Nürnberg Hering geb. Schmidt, Gertrud, Dr., Dipl.-Volkswirtin, Nettelbeckstr. 6, 90491 Nürnberg Jakob, Andreas, Dr., Archivrat, Stadtarchiv Erlangen, Cedernstr. 1, 91051 Er­ langen Jakob, Reinhard, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Ignatius-BlenningerStraße 9, 80995 München Jochem, Gerhard, Archivoberinspektor, Kobergerplatz 6, 90408 Nürnberg Kammei, Frank Matthias, Dr., Kunsthistoriker, Germanisches National­ museum, Kartäusergasse 1, 90402 Nürnberg Kölbel, Richard, Oberstudiendirektor i.R., Neuwerker Weg 66, 90547 Stein Kunze, Karl, Dr., Oberstudiendirektor i.R., Brombeerweg 7, 90480 Nürnberg Mende, Matthias, Kunsthistoriker, Am Wasserschloß 8, 90552 Röthenbach/ Pegnitz Metzger, Christof, Dr., Kunsthistoriker, Neunkirchenstr. 5, 86161 Augsbürg

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Röder, Thomas, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Nibelungenstr. 17, 90461 Nürnberg Sauer, Christine, Dr., Leiterin der Abteilung Handschriften und Alte Drucke, Stadtbibliothek Nürnberg, Egidienplatz 23, 90317 Nürnberg Scherer, Annette, Dr., Kunsthistorikerin, Germanisches Nationalmuseum, Kartäusergasse 1, 90402 Nürnberg Schraudolph, Erhard, Dr., Historiker, Friedrich-Bauer-Str. 38, 91058 Erlangen Stadler, Daniela M.A., Historikerin, Rollnerstr. 50, 90408 Nürnberg Stolz, Georg, Baumeister St. Lorenz i.R., Stadtheimatpfleger, Kuckucksweg 6, 90768 Fürth Tacke, Andreas, Priv.-Doz. Dr. Dr., Architekt und Kunsthistoriker, Horemansstraße 23, 80636 München Wächter, Clemens, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Archiv der FriedrichAlexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Schuhstraße la, 91052 Erlangen Wendehorst, Alfred, Prof. Dr. em., Schronfeld 58, 91054 Erlangen Winkel, Lido, Dr., Sozialwissenschaftler, Kleinreuther Weg 16, 90408 Nürnberg Wood, Gabriele, Grundschullehrerin, Prießnitzstr. 1, 90419 Nürnberg Zahn, Peter, Dr., Univ.-Prof., Bibliotheksdirektor a.D., Beltweg 14, 80805 München

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DIE BERUFSTÄTIGE FRAU IN DER REICHSSTADT NÜRNBERG BIS ZUM ENDE DES 16. JAHRHUNDERTS. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs Von Gertrud Hering geb. Schmidt VORWORT Die hier vorliegende Dissertation „Die berufstätige Frau in der Reichsstadt Nürnberg bis zum Ende des 16. Jahrhunderts“ wurde bereits im Jahr 1950 von Gertrud Schmidt als Studentin der Volkswirtschaft an der Universität Erlan­ gen-Nürnberg verfasst. In den folgenden fünfzig Jahren gewann die Arbeit nicht nur wegen ihres reichhaltigen Quellenmaterials, sondern auch auf Grund ihrer Thematik weit über die Grenzen Nürnbergs hinaus an Bedeutung. Bis zum Jahr 1998 war dies der Verfasserin keineswegs bewusst. Erst im Novem­ ber 1998 - während der Recherchearbeiten zur Nürnberger Frauengeschichte - entstand die Idee, den Kontakt zu Dr. Gertrud Hering, geborene Schmidt, herzustellen. Große Überraschung: Sie lebte in Nürnberg und war zu einem Gespräch bereit. Im Frühjahr 1999 kam es zu einem ersten Treffen, in dessen Verlauf wir Ger­ trud Hering die Tatsache der mittlerweile großen Bedeutung ihrer Arbeit für die Frauengeschichtsforschung eröffneten. Zwei weitere Jahre später dürfen wir hiermit die Veröffentlichung präsentieren. Dr. Hering, im Jahr 1925 geboren, lebte bis zum Kriegsende in Wien und da­ nach mit Mutter und Schwester in Lauf bei Nürnberg. Das Studium der Volks­ wirtschaft schloss sie im Jahr 1949 mit dem Diplom und ein Jahr später mit der Dissertation ab. Sie arbeitete danach als selbstständige Steuerberaterin und dann in der Werbeabteilung der Firma A. G. Hering Maschinen- und Appara­ tebau. Heute engagiert sie sich als stellvertretende Vorsitzende des Nürnberger Richard-Wagner-Verbands und zeigt großes Interesse an Geschichte und Mu­ sik. Professor Jungfer, Dozent für Statistik und Volkswirtschaft an der Univer­ sität Erlangen-Nürnberg, hatte im Jahr 1949 nach ihrem Diplom den Anstoß zur vorliegenden Arbeit gegeben. Die der Nürnberger Frauengeschichte ent­ nommene Thematik stieß bei der damals 25jährigen, geschichtlich Interessier­ ten auf Interesse. Die umfangreichen Recherchen führte sie überwiegend im Staatsarchiv Nürnberg durch. Die Arbeit geht, im Sprachstil ihrer Zeit, auf die Nadja Bennewitz, Gaby Franger (Hg.): Am Anfang war Sigena. Ein Nürnberger Frauen­ geschichtsbuch, Cadolzburg 1999; Frauengeschichtliche Ausstellung mit Begleitband zur 950Jahr-Feier Nürnbergs: Nadja Bennewitz (Hg.): Sigenas Schwestern im mittelalterlichen Nürn­ berg. Frauen in der spätmittelalterlichen Stadt, Nürnberg 2000.

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vielfältigen Beschäftigungmöglichkeiten der Frauen im ausgehenden Mittelal­ ter ein und entfaltet durch ihren reichen Zitatenschatz ein lebendiges Bild von den mittelalterlichen Frauenberufen in Nürnberg. Im Jahr 1979 gab Herr Dr. Hirschmann vom Nürnberger Stadtarchiv den Anstoß zur Anfertigung einer Abschrift der Arbeit, die vorher nur in drei von der Mutter handschriftlich erstellten Exemplaren existierte. Es ist an der Zeit, diese Arbeit durch eine Veröffentlichung zu würdigen. Dafür geht unser Dank an Dr. Wiltrud Fischer-Pache für ihren Einsatz und an Maria Meier für die neue Abschrift. Außer der neuen Rechtschreibung wurden weder am Text inhaltliche Ände­ rungen vorgenommen noch die Literatur aktualisiert. So spiegeln auch die An­ merkungen den Stand von 1950 wider. Nürnberg, im Juli 2001

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Gabriele Wood und Nadja Bennewitz

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Die berufstätige Frau in der Reichsstadt Nürnberg

INHALT EINLEITUNG............................................................................. 1. Die Frau im Handwerk ......................................................................... 1.1 Die Entwicklung des Nürnberger Handwerks ............................... 1.2 Handwerke der Frauen ................................................................... 1.3 Handwerke mit Frauenrecht............................................................ 1.4 Das Recht der Ehefrauen, Witwen und Töchter............................. 1.5 Die Frau in der freien Kunst und als Hilfsarbeiterin im Handwerk ................................................................................... 2. Die Frau in Kunsthandwerk und Kunstgewerbe.................................. 3. Die Frau im Verkauf, im Kleinhandel und Gaststättengewerbe............ 3.1 Der Verkauf bei den Handwerken .................................................. 3.2 Die Frauenbeteiligung innerhalb des Kleinhandels......................... 3.3 Gaststättengewerbe........................................................................... 4. Die Frau im öffentlichen Leben und im Dienste der Gemeinschaft ... 4.1 Die städtischen Beamtinnen.............................................................. 4.2 Die Lehr- und Schulfrauen................................................................ 4.3 Die Frau in der Krankenpflege, im Wohlfahrts- und Gesundheitswesen ........................................................................... 4.4 Die Frau als Arbeitsvermittlerin...................................................... 5. Statistik über Bevölkerungszusammensetzung und weibliche Steuerzahlerinnen .................................................................

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ZUSAMMENFASSUNG .........................................................................

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ANHANG: Statistik über die berufstätige Frau in Nürnberg (1396-1600).................

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VERZEICHNIS DER UNGEDRUCKTEN QUELLEN.....................

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EINLEITUNG Es ist nicht zu verwundern, dass man in Zeiten, da die Frauenfrage immer drin­ gender einer Lösung bedurfte, in die Vergangenheit sah, um an Hand der ge­ schichtlichen Gegebenheiten die Probleme der Gegenwart besser zu verstehen, vor allem aber um sie wirksamer meistern zu können. Eine Reihe von Ab­ handlungen aus den vergangenen Jahren und Jahrzehnten befasst sich mit der rechtlichen, sozialen und kulturellen Stellung der Frau in vergangener Zeit.1 Auf die berufliche und wirtschaftliche Stellung der Frau in früheren Jahrhun­ derten wurde dagegen erst in der allerletzten Zeit das Hauptaugenmerk ge­ lenkt. Im Brennpunkt letzterer Untersuchungen, die durchwegs von der Seite der Wirtschaftsgeschichte her geführt wurden, steht die Frage nach der Be­ schäftigung und Arbeit der Frau, sei es im Handwerk, Gewerbe, Handel oder im öffentlichen Dienst.2 Wenn man hierfür gerade das Mittelalter und hier wiederum die Städte, die Mittelpunkte von Handel, Handwerk und Gewerbe, herangezogen hat, so hat das seinen guten Grund. Weiß man doch heute nur zu gut, dass die Frauenfrage nicht erst ein Problem unserer Zeit ist, sondern dass vielmehr diese Frage ge­ rade im Mittelalter nicht minder wichtig und brennend war. Ein Versuch, die wirtschaftliche und überhaupt allgemein berufliche Stel­ lung der Frau im Mittelalter zusammenfassend zu behandeln, wurde zuletzt von H. Wachendorf und L. Hess unternommen.3 Doch gehen diesen Abhand­ lungen nur zwei Einzeluntersuchungen über die Städte Köln4 und Lübeck5

1 Aus der umfangreichen Literatur sei besonders hervorgehoben: Max Bauer: Deutscher Frauen­ spiegel. Bilder aus dem Frauenleben in der deutschen Vergangenheit, München 1917; Franz Bernhöft: Frauenleben der Vorzeit, Wismar 1893; G. Buschau: Leben und Treiben der deut­ schen Frau in der Urzeit, Hamburg 1893; Heinrich Finke: Die Frau im Mittelalter, Kemp­ ten/München 1913; H. Hassel, Geschichte der deutschen Frauenwelt bis zur Gegenwart, Braunschweig 1898; Eduard Otto: Deutsches Frauenleben im Wandel der Jahrhunderte, Leip­ zig ^1918; Johannes Scherr: Geschichte der deutschen Frauenwelt, o.O. 1911 (Ndr. Leipzig 1996); Karl Weinhold: Die deutsche Frau im Mittelalter, 2 Bde, Wien 31897. 2 Vgl. Karl Bücher: Die Frauenfrage im Mittelalter, Tübingen ^1910; Jutta Barchewitz: Von der Wirtschaftstätigkeit der Frau in der vorgeschichtlichen Zeit bis zur Entfaltung der Stadtwirt­ schaft (Breslauer Historische Forschungen 3) Breslau 1937 (Ndr. Aalen 1982); Gustav Klemens Schmelzeisen: Die Rechtsstellung der Frau in der deutschen Stadtwirtschaft (Arbeiten zur deutschen Rechts- und Verfassungsgeschichte 10), Stuttgart 1935. 3 Helmut Wachendorf: Die wirtschaftliche Stellung der Frau in den deutschen Städten des späte­ ren Mittelalters, Diss. Phil. Hamburg 1934 (Quakenbrück 1934); Luise Hess: Die deutschen Frauenberufe des Mittelalters (Beiträge zur Volkstumsforschung 6), München 1940. 4 Wilhelm Behaghel: Die gewerbliche Stellung der Frau im mittelalterlichen Köln (Abhandlun­ gen zur Mittleren und Neueren Geschichte 23), Berlin/Leipzig 1910. 5 Julius Hartwig: Die Frauenfrage im mittelalterlichen Lübeck, in: Hansische Geschichtsblätter 14 (1908), S. 35-94.

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Die berufstätige Frau in der Reichsstadt Nürnberg

voraus. Aus dem Ergebnis der Untersuchungen dieser Städte allein und viel­ leicht noch aus verstreuten Angaben in der vorhandenen Literatur kann man aber die ganze Problemstellung noch lange nicht erschöpfend behandeln. Die Grundlagen für eine Gesamtdarstellung können in Wirklichkeit nur Untersu­ chungen am Beispiel mehrerer Städte geben, und auch in diesem Falle ist die Auswertung des gesamten Quellenmaterials, vor allem des unveröffentlichten, erforderlich. Reine Literaturarbeiten - selbst die Kölner Arbeit ist im Grunde nicht mehr - laufen letzten Endes doch immer Gefahr, nur ein unvollkomme­ nes Bild zu vermitteln. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die überlieferten Frauenberufe in der Reichsstadt Nürnberg vom Spätmittelalter bis etwa 1600 aufzuzeigen. Die Unter­ suchungen sollen auf wirtschaftsgeschichtlichen Gesichtspunkten aufgebaut sein. Als zeitliche Begrenzung wurde nicht der Beginn der Neuzeit genommen, wie man vielleicht erwarten sollte, sondern die Zeit um 1600. Für diese Zielset­ zung sprechen verschiedene Momente, vor allem aber der Umstand, dass um diese Zeit erst ein Absinken, oder besser gesagt, ein Zurückdrängen der Frauenarbeit festzustellen ist. Eine Untersuchung über Frauenberufe und Frauenarbeit in der Reichsstadt Nürnberg kann als Bereicherung der Wirtschaftsgeschichte dieser Stadt gelten. War doch Nürnberg dank seiner zentralen Lage bis ins 16. Jahrhundert mit die bedeutendste, reichste, einflussvollste und zugleich die an der Einwohnerzahl gemessen größte Stadt des deutschen Reiches. Auch wissen wir von Nürnberg, dass hier die Frage der materiellen Versorgung der „überzähligen“ Frauen eine besondere Rolle spielen musste, da nach den überlieferten Unterlagen einer Volkszählung von 1449 je 1000 Bürgern etwa 1207 Frauen gegenüberstanden.6 Von besonderer Bedeutung ist schließlich noch die für Nürnberg eigentümli­ che Stadtverfassung der Patrizierherrschaft und die damit im Zusammenhang stehende rechtliche Stellung der Flandwerke. Unter dem strengen Stadtregi­ ment der Patrizier konnten sich im Gegensatz zu allen anderen Städten keine Zünfte entwickeln. Als nicht dem Ziel der Untersuchung entsprechend kann von vorne herein die Stellung der Frau im Haushalt ausscheiden. Weiterhin sollen Frauenklöster und Beginen nicht herangezogen werden. Auch das Gewerbe der Prostituier­ ten soll unberücksichtigt bleiben. 6 Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jh., hg. von der historischen Kommis­ sion bei der königlichen Akademie der Wissenschaften, 27 Bde., Leipzig 1862-1917, Stuttgart 1928-1931, Bremen 1968, hier Bd. 2, S. 500 f.; vgl. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 142; vgl. Bücher: Frauenfrage (wie Anm. 2), S. 4. Ausführlich wird hiervon noch in anderem Zusammenhang zu sprechen sein.

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Neben der vorhandenen Literatur wurde besonders auf die Auswertung der unveröffentlichten Quellen Wert gelegt. Hierzu wurde das reiche archivalische Material der ehemaligen Reichsstadt im Staatsarchiv Nürnberg herangezogen. Die Sammlung des in Frage kommenden Stoffes aus den umfangreichen Be­ ständen war von vorne herein mit großen Schwierigkeiten verbunden, da natürlicherweise die notwendigen Unterlagen für die vorliegende Arbeit nicht etwa mühelos festzustellen waren. Im Grunde genommen mussten die Reper­ torien eines Großteiles des reichsstädtischen Archivs durchsucht werden. An dieser Stelle sei dem Referenten dieser Arbeit, Herrn Prof. Dr. Jungfer für sein großes Entgegenkommen und für die wohlwollende Überwachung der Arbeit der aufrichtigste Dank ausgesprochen. 1. Die Frau im Handwerk 1.1 Die Entwicklung des Nürnberger Handwerks Nürnberg ist uns neben Augsburg, Regensburg, Ulm, Basel, Konstanz als eine jener deutschen Städte bekannt, die im Mittelalter den Handel über Italien zwi­ schen dem Orient und dem nördlichen Europa vermittelten und hierdurch zu Ansehen und Reichtum gelangten. Die Entwicklung seines Handels verdankte Nürnberg zweifelsohne seiner günstigen Verkehrslage zwischen Italien und dem Westen, Norden und Osten des Abendlandes, schließlich auch seinem vorzüglichen Stadtregiment des Patriziats, reichen und umsichtigen Kauf­ mannsgeschlechtern, die einerseits durch Bewirkung von Geleits-, Zoll- und Handelsfreiheiten, andererseits durch einsichtsvolle Pflege der bürgerlichen Gewerbe und Künste eine hervorragende Wirtschaftspolitik zu führen verstan­ den. Nicht zuletzt muss die dauernde Fürsorge der Kaiser genannt werden, de­ nen Nürnberg schon seinen Ursprung um die Mitte des 11. Jahrhunderts ver­ dankte. Hierdurch und durch die späteren zahlreichen Privilegien und Gna­ denerweise stieg die Stadt innerhalb kürzester Zeit zu einem Mittelpunkt des politischen Lebens empor.7 Der äußere Rahmen, in dem sich das Nürnberger Handwerk entwickelt hat, darf mit diesen kurzen Worten genügend charakterisiert sein. Um seinen ho­ hen Stand zu kennzeichnen, genügt allein ein Hinweis auf jene bekannten Männer, die alle dem Nürnberger Handwerkerstand angehört haben. Man denke nur an Hans Sachs, Adam Kraft, Peter Vischer, Albrecht Dürer, Veit Stoß usw. Es sei auch darauf hingewiesen, dass zu den Glanzstücken der Gold­ schmiedekunst abendländischer Kultur Nürnberger Arbeiten des 15. und 16. Jahrhunderts zählen. 7 Den besten Überblick über die Nürnberger Geschichte bietet Emil Reicke: Geschichte der Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg 1896 (Ndr. 1983).

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Eine eingehende Erörterung gebührt der rechtlichen und organisatorischen Entwicklung des Nürnberger Handwerkswesens selber. Erfahren wir doch hierdurch zugleich die Voraussetzungen und Bedingungen, für die Frauenar­ beit innerhalb dieser Gewerbe. Nürnberg ist wohl die einzige Stadt, in der sich infolge seiner strengen und energischen Patrizierherrschaft nie Zünfte ent­ wickeln konnten.8 Dieser in der Geschichte einmalig gebliebene Zustand, we­ nigstens in dieser strengen Form, wird schon für das 13. Jahrhundert durch die ältesten Polizeiordnungen überliefert.9 Zwar haben auch in Nürnberg die Handwerker in den Jahren 1348 und 1349 einen Aufstand gegen das Stadtregi­ ment der Patrizier erregt, haben nach dem Vorbild anderer Städte einen aus bürgerlichen Vertretern zusammengesetzten Rat bestellt und schließlich eine Zunftverfassung eingeführt, aber diese Neuerungen waren nur von sehr kurzer Dauer. Karl IV. führte den alten Rat wieder ein und verfügte für die Stadt mit Urkunde von 13. Juli 1349 die Wiedereinführung der alten Handwerksorgani­ sation.10 Diese Art der Stadt- und der von ihr abhängigen Handwerksverfas­ sung blieb in Nürnberg bis zum Ende der Reichsstadtzeit in Geltung. Wenn auch die Handwerker nach dem Aufstand das Zugeständnis von 8 Vertretern im großen Rat erhielten, - zusammengesetzt aus den Gewerben der Metzger, Bäcker, Lederer, Schmiede, Schneider, Kürschner und Tuchmacher - so war das in seiner praktischen Auswirkung geradezu bedeutungslos, da sie nur eine un­ tergeordnete Rolle spielten. Über das Wohl und Wehe der Stadt entschied ja nur der kleine Rat, der ausschließlich mit Angehörigen des Patriziats besetzt war. Nach der wiederhergestellten Ordnung kristallisierten sich zwei Grundfor­ men des Gewerbes heraus, die eigentlichen Handwerke mit Ordnung, auch ge-

8 Vgl. Christoph Gottlieb von Murr: Versuch einer Nürnbergischen Handwerksgeschichte vom 13. Jahrhundert bis zur Mitte des 16., in: Journal zur Kunstgeschichte und zur allgemeinen Li­ teratur 5 (1775-1783) Nürnberg MF 1994; J. Stockbauer: Nürnbergisches Handwerksrecht des 16. Jahrhunderts, Nürnberg 1879; Ernst Mummenhoff: Handwerk und Gewerbe in Nürnberg, in: Johann Georg Ritter von Schuh: Die Stadt Nürnberg im Jubiläumsjahr 1906, Nürnberg 1906, S. 224-236; ders.: Entwicklung und Blüte des Nürnberger Handwerks, in: Kultur des Handwerks, München 1926/27, S. 139-144; ders.: Freie Kunst und Handwerk in Nürnberg, in: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins des deutschen Geschichts- und Altertumsvereins, 1906, S. 105-120. 9 Vgl. Ernst Mummenhoff: Der Handwerker in der deutschen Vergangenheit (Monographien zur deutschen Kulturgeschichte 8), Leipzig 1901, S. 42 f. Manche Ähnlichkeit mit Nürnberg mögen die Verhältnisse in Lübeck haben. Die Zünfte dieser Stadt wurden im 15. Jahrhundert geschlossen. 10 Der Aufstand ist ausführlich beschrieben in: Chroniken (wie Anm. 6), Bd. 3, S. 317-335. In der dort abgedruckten Urkunde heißt es: Und soll auch kein czunft noch kein verbuntnuzze, noch keinerley sache da sein noch belihen, dann als die stat von alter her kommen ist, untz an den tag und die zeit, als sie uns empfändet ist.

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schworene Handwerke genannt und die so genannten „freien Künste“. Zwi­ schen diesen beiden Gruppen sind noch etliche Abstufungen festzustellen,11 die letzten Endes aber nur verschiedene Entwicklungsformen der freien Kün­ ste zu den durch Ordnungen umgrenzten Handwerken darstellen. Die Zünfte nahmen die Regelung ihrer Angelegenheiten selber in die Hand, ihnen standen viele Rechte und Befugnisse zu, in manchen Dingen haben sie eine gerichtliche Selbstständigkeit erreicht, zuweilen sogar eine weit gehende Straf- und Vollzugsgewalt. In Nürnberg dagegen waren die Handwerke voll­ kommen vom Rat abhängig. Er gab ihnen die Ordnungen und wachte streng, dass keine „zünftischen“ Gebräuche aufkamen. Die Unselbständigkeit der Nürnberger Handwerke charakterisieren am be­ sten noch folgende Tatsachen: Es fehlte das Recht der freien Versammlung, das Recht der Rüg- und Strafgewalt, das Recht des freien schriftlichen Verkehrs mit den auswärtigen Zünften und das Recht der eigenen Siegelführung. Der Rat der Stadt schildert diese eigenartigen Rechtszustände selber am besten in einem Schreiben vom 17. Juli 1482 an die Stadt München, dessen Wortlaut im Auszug hier folgen soll: Die messerschmidgesellen alt und jung bei euch zu Münichen wonende haben meistern und gesellen der messersmid bei uns der innligenden Copien geschrieben und so nu solich ir furnehmen unsers alten löblichen hergeprachten regiments halben bei uns nicht leidlich noch unsers forms, nach dem keyn zunfft noch zunfftisch wesen bei uns nicht ist noch von uns geduldet werdet, sunder ob yemant zu den jhenen bei uns wonende uns und den unsern verwant schulde oder ander Sachen spräche zu haben vermeynt, wirt den oder iren volmechtigen anwälten furderliches recht gegen denselben, alle die weil sie uns wo­ nende und anheymt sein, verholffen.... Nachdem irer beger volg ze thun nicht in den meistern oder gesellen bei uns, sunder in unserm willen undgewalt steet[...]u Die Anfangsstufe eines jeden Handwerks hat man sich im Grunde genom­ men als „freie Kunst“ vorzustellen, eben im Zustande voller Gewerbefreiheit. In den freien Künsten, die durch keinerlei Ordnung abgegrenzt waren, konn­ ten alle nach ihrem Belieben ruhig arbeiten, nicht nur mit Weib, Kind, Ehehal­ ten, Knechten und Lehrjungen, sondern auch mit Lohnmädchen. In diesen Be­ reich zählten auch die so genannten Stückwerker, Arbeitskräfte, die in Heim­ arbeit für Handwerksmeister und Händler Halbfabrikate lieferten.13 Hand11 Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 28-33 unterscheidet drei Stufen bei den freien Künsten. Vgl. auch Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8). 12 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Briefbücher, Rep. 61, Nr. 38, fol. 44. 13 Handwerksmeister traten besonders seit dem 16. Jahrhundert gerne als „Verleger" auf, d. h. sie ließen Teilfabrikate von billigen Arbeitskräften - besonders Lohnmädchen - in Heimarbeit hersteilen. Die ersten Ansätze des Verlagswesens lassen sich in Nürnberg an Hand der Polizei­ ordnungen bis ins frühe 14. Jahrhundert zurück verfolgen.

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werksordungen treten in Nürnberg zuerst bei den für den Leibes-, Haus- und Handwerksbedarf sorgenden Gewerben auf, erwachsen aus dem Bedürfnis des Rates, um der Warenverschlechterung und der Übersetzung einzelner Hand­ werke vorzubeugen. Die Ordnung bestimmte die Zahl der Meister, setzte das Meisterrecht und das Meisterstück fest und sorgte für das Gesellen- und Lehr­ lingswesen. Sie enthielt, wenn auch nicht regelmäßig, Bestimmungen, die die Frauenarbeit betrafen. Viele der freien Künste traten an den Rat der Stadt mit dem Ersuchen heran, ihnen eine eigene Ordnung zu geben, oder sie einem ver­ wandten Handwerk anzuschließen. Nach Jahrzehnten wurde mitunter oft erst einem solchen Gesuch willfahren. Diejenigen freilich, die nicht übertreten wollten, konnten ihre Arbeit zwar noch wie bisher fortsetzen, aber nur für ihre Person allein. An Stelle einer Ordnung konnte eine freie Kunst auch durch so genannte Gesetzlein oder Artikel geschützt werden. Diese Regelung unter­ schied sich im Grunde nur wenig von den Handwerken mit Ordnungen, da meistens das Meisterrecht enthalten war und vor allem Gesellen und Lehrjun­ gen zugelassen werden durften, ganz abgesehen von den Schutzbestimmungen gegen die Stümpler oder Staudenmeister. Es würde zu weit führen, wollte man auf die Entwicklung der zahlreichen und vielfältigen Nürnberger Handwerke eingehen.14 Aber es ist leicht einzuse­ hen, dass die Nürnberger Gewerbe nie zu ihrer Vielteiligkeit und Blüte gelangt wären, wenn sie unter der Leitung von Zünften gestanden hätten. So groß die Leistungen der Zünfte für das mittelalterliche Handwerk und überhaupt für die Stadtwirtschaft waren, im gleichen Maße wirkte sich seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert auch die geradezu nun engstirnig und egoistisch gewordene Anordnung der Zünfte aus. Es mag hier gleichgültig sein, ob den Nürnberger Rat in seiner Wirtschaftspolitik die patrizischen Anschauungen oder das Inter­ esse seines Handels geleitet haben, segensreich für das Gewerbe hat sich jeden­ falls die Unterdrückung des Zunftwesens ausgewirkt, wenigstens seit dem aus­ gehenden Mittelalter. Immerhin war dem Nürnberger Handwerk eine längere Blütezeit beschieden, als das von anderen Städten bekannt ist. Diese, wenn auch nur in groben Zügen zusammengefassten Ausführungen über die Entwicklung und die rechtliche Stellung des Nürnberger Handwerks bilden letzten Endes die Grundlage für die folgenden Untersuchungen. Es ist selbstverständlich, dass unter solchen Voraussetzungen die Frauenarbeit inner­ halb des Nürnberger Handwerks etwas andere Merkmale aufweist, wie etwa in Städten mit Zunftzwang. Nachdem nun die bisher vorhandenen Forschungen über Frauenarbeit letzten Endes nur am Beispiel von Städten mit Zünften er­ wachsen sind, darf damit auch die Wichtigkeit der folgenden Ausführungen genügend gekennzeichnet sein. 14 Vgl. Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 354 f.

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1.2 Handwerke der Frauen Das Handwerksrecht im Mittelalter und vor allem in der späteren Zeit setzte als erste Bedingung für die Aufnahme des Lehrlings das männliche Geschlecht voraus. Allerdings scheinen diese Bestimmungen erst allmählich so streng ge­ fasst worden zu sein. So gab es in Paris im 13. und 14. Jahrhundert Zünfte, die durchwegs aus Frauen zusammengesetzt waren.15 Ähnliche Verhältnisse sind für Köln überliefert. Hier sind nämlich Zünfte der Garnmacherinnen, Gold­ spinnerinnen und des Seidengewerbes bekannt, deren Anfänge ebenfalls ins 14. Jahrhundert zurückreichen.16 Freilich blieben solche Fälle beinahe auf diese beiden Städte beschränkt. In Nürnberg waren die Voraussetzungen für eine derartige Entwicklung schon von vorne herein nicht gegeben. Eine kurze Übersicht über die ältesten Handwerksordnungen und deren weitere Vermehrung beweist das am besten. Das älteste Nürnberger Handwerksbuch aus der zweiten Hälfte des 14. Jahr­ hunderts enthält fünfzehn verschiedene Ordnungen, die für 22 Handwerke vom Rat gesetzt waren.17 Eine listenmäßige Aufzählung von 1464 lässt auf 78 Handwerke mit Ordnungen schließen.18 Erst eine Sammlung von Handwerks­ ordnungen aus dem Jahre 1535 zählt 114 Handwerke und handwerkliche Han­ tierungen auf, die mit Ordnungen versehen waren.19 Aus dieser Zusammen­ stellung wird es ersichtlich, dass für handwerkliche Arbeiten, die allein von Frauen betrieben wurden - es konnte sich dabei ja nur um weniger wichtige Arbeiten handeln - bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts vom Rat keine Ord­ nungen erlassen wurden. Später fehlten aber insofern die Voraussetzungen für solche Maßnahmen, als die Frauenarbeit immer mehr eingeschränkt wurde, wie wir noch sehen werden. Trotzdem wäre es ein großer Irrtum, wollte man annehmen, in Nürnberg hätte es keine handwerklichen Verrichtungen gegeben, die nur oder hauptsäch15 Die Seidenspinnerinnen, Seidenweberinnen und Hutstickerinnen sind dafür bekannt. Vgl. Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 48. 16 Behaghel: Gewerbliche Stellung (wie Anm. 4), S. 3f.; Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 34f. 17 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 258. Das älteste Meisterstück von 1363 gibt freilich schon 50 verschiedene Handwerke an. Eine genaue Übersicht dazu in: Chroniken (wie Anm. 6), Bd. 3, S. 507f. Vgl. F. M. Feldhaus: Die erste deutsche Handwerkerzählung 1363, in: Kultur des Handwerks, München 1926/27, S. 191f. 18 StAN, Rst. Nbg., Siebenfarbiges Alphabet-Akten, Rep. 2c, Nr. 92. Wie schwer es für manche Handwerke war, vom Rat eine Ordnung zu erhalten, beweist folgender Bericht aus dem Jahr 1465: Item den malern und gläsern ir zettel einer Ordnung, von in selbs fürgenommen, ist abge­ leint und sol zwüschen in besten [=bestehen] als vor alter herkomen ist. StAN, Rst. Nbg., Rats­ bücher, Rep. 60b, Nr. lc, fol. 93. Weitere Beispiele bei Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 107. 19 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260.

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lieh von Frauen ausgeübt wurden. Da hier diese Arbeiten innerhalb der freien Künste ausgeübt wurden, ist es sehr schwierig, ihr Vorhandensein festzustellen oder gar Näheres über sie zu ermitteln. Wir sind beinahe ausnahmslos auf Rückschlüsse aus späteren Quellen angewiesen. Hier ist in erster Linie an die Goldspinnerinnen zu denken. Erst im Laufe des 16. Jahrhunderts lesen wir in den Quellen von diesen.20 1595 ist es den Goldspinnern erstmals gelungen, zusammen mit den Bortenwirkern und Kar­ tätschenmachern21 vom Rat eine Ordnung zu erhalten, freilich auch da noch in­ nerhalb der Grenzen der freien Künste. Nach dieser Bestimmung sollten jeder Goldspinnerin acht Dienstboten - Jungen oder Mädchen - erlaubt sein. (Die gelegentliche Nennung von Männern erklärt sich aus der eigenartigen Ver­ quickung dieses Handwerks mit dem der Goldschlager.) Mit Gesetz vom 27. September 1597 wurden die Goldspinnerinnen schließlich zum geschwore­ nen Handwerk erhoben. Man kann es als jenes Handwerk in Nürnberg be­ zeichnen, das allein eine typische Frauenhandwerksordnung besaß. Ganz deut­ lich klingt es durch, dass dieses Gewerbe früher vollkommen von Frauen aus­ geübt wurde, und nur so nebenbei erfährt man, dass auch Lehrjungen zugelas­ sen waren, sofern man diese nicht überhaupt zu den Goldschlagern zählen muss. Die Ordnung22 enthält im wesentlichen folgende Bestimmungen: Die Lehrzeit von lehrjung oder lehrmaidt wird mit vier Jahren festgesetzt. Daran schließt sich eine Gesellenzeit von sechs Jahren, von der nur ein Geselle ausgenommen werden soll, der eine Witwe heiratet. Besonders interessant sind noch die folgenden Verordnungen: Sollen diejenigen spinnerinn, welche zwar das goldtspinnen ordenlicherweiss gelernt, aber solche männer zur ehe haben, die keine goldspinner sein, sondern ander hanndtwerck, gar keine ehehalten fürdern, sondern das goldspinnen allein mit ihrer aigen handt treiben und den meistern heimarbeiten. Sie sollen auch niemand im handtwerck unterrichten und wann sie ihre aigen kinder darzu ziehen wollen, solche bey einem meister des goldtspinnerhandtwerck ordentlicherweiss lernen lassen sollen. 20 1526, 26. Jan., führt das Handwerk der Goldschlager beim Rat der Stadt Klage, das im gold­ spinnen und verkauffung desselben der lenge und gewichts halben allerlei betrugs gebraucht werde. St AN, Rst. Nbg., Ratsbücher, Rep. 60 b, Nr. 13 fol. 56. Die Ansicht Mummenhoffs: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 49, diese Arbeit sei erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts aufge­ kommen, ist damit widerlegt. Wenn in anderen Städten, so besonders in Köln, das Handwerk der Goldspinnerinnen schon im 14. Jahrhundert in Blüte stand, so ist es außerdem gar nicht ein­ zusehen, warum in einer so reichen Handelsstadt wie Nürnberg dieses Gewerbe so lange unbe­ kannt geblieben sein soll. Das Fehlen einer schriftlichen Überlieferung lässt sich an Hand der oben angeführten Gründe ohne weiteres stichhaltig erklären. 21 Zum Folgenden vgl. besonders Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 49. 22 Drahtbürstenmacher oder Wollkammmacher. - Kartätschewollkamm, wollkrämpel, wollkratze (nach: Jakob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 1 ff., 1852 ff., hier: Bd. 5, S. 210). Die Ordnungen von 1595: StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 259 fol. 985.

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Trotz der Einschränkungen zeigen jedoch gerade diese letzteren Bestim­ mungen, welche Freiheiten man der Frau in der Ausübung ihres erlernten Goldspinnerhandwerks ließ. Werden doch in allen übrigen Nürnberger Hand­ werksordnungen im Falle von Eheschließungen die strengsten Einschränkun­ gen auferlegt. Von besonderer Bedeutung ist selbstverständlich noch, dass die Mädchen als Lehrmaiden zugelassen waren, und so auch bis zur selbständigen Meisterin aufsteigen konnten, was bei keinem anderen Nürnberger Handwerk überliefert ist.23 Noch in einer Verordnung vom 8. April 160324 und selbst von 165625 ist von selbstständigen Meisterinnen und sogar von halben Meisterin­ nen26 die Rede. Erstere sollten im höchsten Falle zwölf, Letztere bis zu sechs Dienstboten halten dürfen. Die Meisterin hatte in jedem Fall dieselben Rechte wie der Meister. Dass Geschworene über das Handwerk der Goldspinnerinnen gesetzt waren, die für die Belange des Gewerbes zu sorgen hatten, entspricht ganz den Gegebenheiten bei den bekannten Frauenzünften, etwa in Paris und Köln. Man möchte gerade dieses Gewerbe auch als Beispiel dafür nennen, wie im Laufe des 16. Jahrhunderts das Verlagswesen die freie Arbeit verdrängt hat, hier im besonderen die Frauenarbeit als selbstständiges Gewerbe. In Nürnberg war es die große Verlagsfirma Hagelsheimer-Held, die - man möchte sie bei­ nahe als Vorläuferin der modernen Industrie bezeichnen - in der Stadt eine große Zahl von Mädchen, besonders auch aus den Vorstädten Gostenhof und Wöhrd, im Gewerbebetrieb als billige Arbeitskräfte beschäftigte.27 Wenn es auch sicherlich noch etliche handwerkliche Frauenarbeiten inner­ halb der freien Künste gegeben haben mag, - in anderem Zusammenhang wird davon noch mehrmals zu sprechen sein - zum geschworenen Handwerk sind allein nur die Goldspinnerinnen aufgestiegen. Etwa daraus zu schließen, in Nürnberg wäre Frauenarbeit im Vergleich zu anderen deutschen Städten geringer entwickelt gewesen, muss als ungerecht­ fertigt hingestellt werden. Gerade der Umstand, dass man hier noch den Gold­ spinnerinnen zu einem Zeitpunkt Gesetz und Ordnung gab, als allgemein die Frau aus den handwerklichen Berufen verdrängt wurde, beweist eher das Ge­ genteil. 23 Bei den „freien Künsten“ gab es bekanntlich keine Lehrzeit in dem strengen Sinn und folge­ richtig auch keine Meister. 24 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 129. 25 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 131; vgl. auch Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 49. 26 Am 30. April 1691 wurde verfügt: Sollen die jetzigen sogenannten halbmeisterin nach und nach absterben und künftig keine mehr zugelassen werden. StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 136. 27 Zum Folgenden vgl. besonders Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 49.

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Schließlich gab es in Nürnberg auch noch andere Möglichkeiten zur selbst­ ständigen Betätigung des weiblichen Geschlechts im Handwerk. Das beste Bei­ spiel hierfür haben wir in den Kerzenmacherinnen. 1398 sind erstmals sieben Kerzenmacherinnen in Nürnberg erwähnt, von denen vier dem Sebalder, die übrigen dem Lorenzer Stadtteil zugehört haben.28 Die Nürnberger Amterbüchlein, denen wir in dem angegebenen Jahre erstmals und von da an laufend29 diese Nachrichten entnehmen, zeigen zugleich den merkwürdigen Aufbau dieses Handwerks. Die Kerzenmacherinnen zählten nämlich zu jenen Berufen, welche ähnlich wie die Amtsleute der Stadt alljähr­ lich vor dem Amtbuch vereidigt wurden. Außer den städtischen Beamten sind in dieser Reihe immer jene Handwerksmeister aufgezählt, die vom Rat an die Spitze eines geschworenen Handwerks gestellt waren, oder jene handwerkli­ chen Berufe, die für die Stadtwirtschaft als besonders wichtig galten und des­ halb vom Rat auf etliche grundsätzliche Verordnungen verpflichtet wurden. Zu den Letzteren zählen auch die Kerzenmacherinnen. Die früheste überlieferte Eidformel aus dem Jahre 148030 enthält folgende Bestimmungen: Die Kerzenmacherinnen sollen das Wachs, das ihnen zur Arbeit übergeben wird, getreulich bewahren und jedem wieder soviel geben, als er gebracht hat. Sollte eine die Herstellung selber nicht betreiben, so soll sie das Wachs nur einer solchen Person zur Arbeit übergeben, die vereidigt ist. Be­ sonders ist darauf hingewiesen, dass sie gute docht machen und die streichen. Für Wachs, das jemand von ihnen zu begengknussen (Leichenbegängnis) und jartagen entleiht oder kauft, sollen sie je Pfund nicht mehr als zwei Pfennig Ge­ winn nehmen. Diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass die Nürnberger Kerzenma­ cherinnen in erster Linie als Händlerinnen tätig waren. Nicht alle scheinen die Herstellung von Kerzen selber betrieben zu haben. In einer späteren Eidfor­ mel, verfasst 1511,31 ist ganz deutlich auf diese Verhältnisse Bezug genommen, wenn von geschworenen kerzenmacherin oder lichtfaylhaberin gesprochen wird. In dieser Bestimmung wird auch nach Arbeiten unterschieden, die sie ei­ nerseits laufend für den Verkauf hergestellt haben, andererseits aber nach sol­ chen, die sie aus geliefertem Wachs auf Bestellung fertigten. 28 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 52b, Nr. 2. Ein Steuerbüchlein von 1397 führt für den Sebalder Stadtteil bereits etliche Kerzenmacherinnen auf: StAN, Rst. Nbg., Amtsu. Standbücher, Nr. 272, fol. 4, 15, 21, 27; eine weitere ist für das nämliche Jahr vom Lorenzer Stadtteil überliefert: StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Nr. 278, fol. 6; dennoch sind die Angaben noch sehr ungenau. 29 Siehe Anhang. 30 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 219. 31 StAN, Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 220.

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Die Eidformel enthält speziell für die Handelsrechte folgende Satzung: Es soll auch ir jede nicht mehr dann ein tisch haben, darauff sie fayl hat, vor wel­ cher kirchen sie will [...]. Als privilegierte Händlerinnen ihrer Wachserzeug­ nisse führten sie auch beim Rat Beschwerde, als etliche Krämerinnen sich un­ terstanden mit Kerzen zu handeln, ja sogar diese selber herzustellen. Daraufhin entschied der Rat, wie man der Ordnung von 1511 entnehmen kann, den Krä­ mern soll das Feilhaben von Wachslicht, wachsstock oder kerzen das ganze Jahr über verboten sein, ausgenommen die Zeit zwischen Neujahr und bis eine Wo­ che nach Lichtmess, wo sie auch wachsstocklein verkaufen könnten. Die Zahl der in Nürnberg zugelassenen Kerzenmacherinnen ist im Laufe des 15. Jahrhunderts ständig gestiegen. Die höchste Zahl ist mit 21 für 1504 überliefert.32 Seltsamerweise enthält von da an kein Amterbüchlein mehr einen Eintrag. Einen Grund hierfür könnte man vielleicht darin sehen, dass die Ker­ zenmacherinnen etwa zu diesem Zeitpunkt eine Handwerksordnung erhalten haben, nachdem von da an geschworene Meister festzustellen sind,33 die für die Rechte und die Ordnung bei diesem sonst nur aus Frauen zusammengesetzten Gewerbe Sorge tragen mussten. Eine wichtige Rolle spielte zu allen Zeiten das Reinigen und Sauberhalten der Wäsche. Hier haben wir ein Arbeitsgebiet, das die Frau nie dem Mann zu räumen brauchte. Wie unentbehrlich die Waschfrau war, wie sehr man sie über­ all und zu jeder Zeit benötigte, zeigen die zahlreichen Nachrichten über sie. Gerade in den mittelalterlichen Städten haben sich sogar gewerbsmäßige Wä­ scherinnen herausgebildet.34 Das beste Beispiel hierfür kann uns die Stadt Nürnberg vermitteln. Man mag vielleicht einwenden, bei den Wäscherinnen könne man von kei­ nem Handwerk sprechen. Das soll auch nicht bestritten werden. Trotzdem sei es vergönnt, das Gewerbe der Nürnberger Wäscherinnen in diesem Zusam­ menhang zu besprechen. Die eigenartige Entwicklung des Nürnberger Hand­ werks, aber auch die strenge und geordnete Überwachung aller übrigen Ge­ werbe in dieser Stadt, lassen oft eine genaue Unterscheidung nicht mehr zu. Ei­ ner dieser Grenzfälle ist zweifelsohne das Gewerbe der Wäscherinnen. Um ordentliche und saubere Arbeit bei den Wäscherinnen zu gewährleisten, gab der Nürnberger Rat diesenpflicht und Ordnung. Der Wortlaut dieser Ord-

32 Siehe Anhang. 33 E.T.A. Hoffmann: Wie Herr Martin zum Kerzenmeister gewählt wurde und sich dafür be­ dankte, in: Kultur des Handwerks, München 1926/27, S. 11 f. vgl. Mummenhoff: Der Hand­ werker (wie Anm. 9), S. 51. 34 Ausführliche Angaben über die Entwicklung der Wäscherinnen zum selbständigen Gewerbe finden sich bei: Hess: Deutsche Frauenberufe (wie Anm. 3), S. 72 f.

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nung, die jedenfalls im 15. Jahrhundert gegeben wurde, soll hier wegen der für Nürnberg so typischen und sonst gar nicht gebräuchlichen Form, wiedergege­ ben werden:35 Es soll fürbass kein weschin, die den leutten umb Ion wescht, auff keinen stain nitt waschen, wann das gewanndt, das ine die leut empfelhen zu waschen, ser damit beschedigt wirt. Unnd welche fürbass umb Ion waschen will, die soll auff einem tisch oder auff holczwerck waschen. Sie soll auch weder kalck, waidaschen noch annders keinerley geverlich ding darczu nemen. Welche das überfure, die wollt man darumb straffen, als man zu rathe wurde. Sie sollen auch einem jeden das, dass sie waschen, getreulich waschen unnd wider anntwurten alles one geverde. Zum Ausüben dieses Gewerbes waren damit in Nürnberg nur jene Frauen berechtigt, die vom Rat dafür zugelassen waren und die dann jährlich ihren Eid leisteten. Durch die Ämterbüchlein werden wir gut über die zahlenmäßige Besetzung unterrichtet. 1417 finden wir achtzehn öf­ fentliche Wäscherinnen verzeichnet, 1430 zwanzig, 1532 bereits 28 und 1542 ist die Zahl schon auf 39 gestiegen.36 Zwei Wäscherinnen werden sogar schon in den beiden ältesten Steuerbüchlein von 1397, eines vom Sebalder, das andere vom Lorenzer Stadtteil, als Steuerzahlerinnen überliefert.37 Ein Lobgedicht vom Jahre 1492 besingt sogar die Arbeit der Nürnberger Waschfrauen mit folgenden Versen: Ein frau, die dinglich hat genetzt,/ Und sy des waschens doch verdreust,/ Die get nur,; do der vischpach fleustJ Do vint sy frauen, die um Ion,/ Ir dinglich waschen weis und schonJ Die selb tharf eyedes treuen/ Kein tuch auf rauhen stein pleuen ,/ Auf eytel holtzwerck muss sy wa­ schen,/ Auch kein kalk oder waidaschen,/ tharf sy in die laug nicht mengen.™ 1.3 Handwerke mit Frauenrecht Gehören selbstständige Handwerke der Frauen in Nürnberg ähnlich wie in an­ deren Städten zu den Seltenheiten, so ist die Zahl jener handwerklichen Be­ triebe, in denen Mädchen in die Lehre aufgenommen wurden und so neben dem Mann gleichberechtigt arbeiten konnten, schon viel größer. Die „freie Kunst“ scheint einer solchen Entwicklung in den meisten Fällen den Weg ge­ ebnet zu haben, ähnlich wie bei den Goldspinnerinnen. Am ausgeprägtesten tritt das Frauenrecht bei den Bortenwirkern und Kar­ tätschenmachern zu Tage, jenen Handwerkern, die zusammen mit den Gold35 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 553. 36 Siehe Anhang. Die Angaben bei Hess: Deutsche Frauenberufe (wie Anm. 3), S. 73, sind unrich­ tig; für 1414 muss es beispielsweise 1417 heißen. 37 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 272, fol. 49 (Walpurg wesche) und. Nr. 278, fol. 9 (Gred wescb). 38 Johann Kamann: Alt-Nürnberger Gesindewesen, in: MVGN 14 (1901), S. 65-157, hier S. 91.

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Spinnern 1595 eine Ordnung erhielten.39 Hier wird unter anderem bestimmt, die Bortenwirker sollen 8, die Kartätschenmacher 6 Dienstboten (Lehrlinge und Gesellen) haben und zwar können diese Jungen oder Mädchen sein. Ver­ mutlich lehnen sich diese Bestimmungen über die Dienstboten an die alt her­ gebrachten Gewohnheiten an, in denen sich diese Handwerke wohl seit Jahr­ zehnten innerhalb der freien Kunst entwickelt haben. Schließlich steht auch die Ordnung von 1595 noch innerhalb des Rahmens der freien Kunst, da sie nicht die Merkmale aufweist, die für eine Handwerksordnung erforderlich sind. Dass diese Gewerbe in Nürnberg schon lange betrieben wurden und nicht erst im 16. Jahrhundert aufgekommen sind, wie Mummenhoff40 angibt, kann auch bei den Bortenwirkern belegt werden. Eine Losungsliste des Sebalder Stadtteils von 13 9741 enthält sogar schon eine Portenwurkerin. Mit Erhebung der Bortenwirker zum geschworenen Handwerk im Jahr 1601 wurde zugleich die Frauenarbeit abgeschafft.42 Die früheren Gerechtsame treten in diesen Satzungen indirekt nochmals deutlich hervor: Soll kein ledige maydt noch einiger Weibsperson dieses porttenhandwerck zu lernen mehr ange­ nommen werden, sondern allein jungen undt mannsp ersöhnend Als Grund für diese einschneidende Maßnahme wird angegeben, jede Dienstmaid oder auch lediges Mädchen, die bei ihrer Herrschaft nicht mehr gut tun wollte, würde sich im andern Falle auf dieses Handwerk verlegen und es später im Winkel treiben.44 Es wurde durch diese Verordnung den Meistern sogar verboten, ihre eigenen Töchter im Handwerk zu unterrichten. Lediglich als Übergangsbe­ stimmung ist beigefügt, man solle jene Mädchen, die bisher das Handwerk ge­ lernt hätten, weiter arbeiten und dann absterben lassen. Eine ganz ähnliche Entwicklung ist von den Kartätschenmachern überlie­ fert. Mädchen wurden nicht mehr als Lehrlinge angenommen. Ein Erlass von 1641 hat einem Meister nur noch 4 jung oder meigtlein am tisch zum steckhen oder drotbiegen “ zugebilligt;45 nur zu Dienstbotenarbeiten waren also Frauen zugelassen. 39 40 41 42

S. Anm. 22. Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 49. StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 272, fol. 30. StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 325f. Vgl. auch Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 49. 43 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 326. 44 Diese Maßnahmen scheinen auch ein Hinweis dafür zu sein, dass in Nürnberg zu dieser Zeit viele Mädchen lieber eine Beschäftigung innerhalb der Handwerke suchten, besonders in jenen, die in Verlagsgeschäften betrieben wurden, als dass sie Stellen als Hauspersonal antraten, eine Entwicklung, die ganz an unsere Zeit erinnert. Die Lohnverhältnisse haben dabei sicherlich eine große Rolle gespielt. 45 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 528. Vgl. Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 50.

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Auch bei den Barettleinmachern hatte ursprünglich die Frau eine gleich be­ rechtigte Stellung mit den Männern. Aus verhältnismäßig sehr später Überlie­ ferung können wir das entnehmen.46 1594 führten die Barettleinmacher - sie hatten unterdessen die Handwerksordnung der Hutmacher erhalten - Be­ schwerde über Eingriffe in ihr Gewerbe.47 Der Rat entschied hierauf, es sollten hinfort weder Manns- noch Weibspersonen das Barettmachen treiben, sie hät­ ten es denn zuvor nach dieser Arbeit altem Herkommen bei denen, die dessen fähig seien, sechs Jahre ehrlich gelernt. Ausnahmsweise war unter den „nicht gelernten“ Frauen die Arbeit nur der Prenerin erlaubt, die seit vielen Jahren Barettlein hergestellt hatte, außerdem jenen, die das Barettleinmachen von ihren Eltern und ihren Herrschaften übernommen hätten. In diesen Ausnah­ mebestimmungen sind wie in vielen ähnlichen Fällen die letzten Überreste der freien Kunst zu sehen, innerhalb der jedermann nach seinem Belieben arbeiten konnte. Wichtig aus der Verfügung von 1594 ist jedoch jene Bestimmung, die eindeutig besagt, Frauen seien wie die Männer handwerksfähig, wenn sie ord­ nungsgemäß gelernt hätten. Durch einen Ratserlass von 1603 wurden die Frauen endgültig aus dem Handwerk der Barettleinmacher verdrängt. Soll hinfüro keiner Weibsperson mehr gestattet werden, wenn sie sich von den paretleinmachern zu einem an­ dern gewerb oder hanndtwerck verheyraten würde, den paretleinmacherhandel darneben zu treiben. Es soll auch kein paretleinmacher ainig maidtlein zu diesem handel annehmen und lernen,48 Ein harter Kampf um die Zulassung der Frauenarbeit fand in Nürnberg in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts beim Beutlerhandwerk statt.49 In einer Gesellenordnung der Beutler von 153050 wird bestimmt, dass ein Geselle bey keiner mayd arbeiten, dann köder rymen anzunehn, schlichten, widen und Stol­ len51 soll. Das Vorhaben der Gesellen hatte in diesem Fall sicherlich zum Ziel, eventuell durch Arbeitsausstand ihren Bestrebungen Geltung zu verschaffen.

46 Zum folgenden: Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 50. 47 Der Unmut richtete sich hauptsächlich wohl gegen Frauen, die selbstständig diese Arbeit aus­ übten. 48 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 323. 49 Vgl. Bruno Schoenlank: Zur Geschichte altnürnbergischen Gesellenwesens, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik NF 19 (1889), S. 337-395, S. 588-615, hier S. 357 f.; Wachen­ dorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 73 f. 50 Der Wortlaut dieser Ordnung ist abgedruckt bei Schoenlank: Gesellenwesen (wie Anm. 49), S. 358f.; ders.: Sociale Kämpfe vor 300 Jahren. Altnürnbergische Studien, Leipzig 1894, S. 58 f. Jedenfalls ist die Ordnung ohne Wissen des Rates durch Vereinbarung zwischen den Meistern und Gesellen zustande gekommen. 51 Köder, schmaler Lederstreifen; widen: drehen, gedrehte Bänder machen; gestollet u. geschlich­ tet: Felle über ein Werkzeug abziehen.

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Die Meister sollten dadurch zu entsprechenden Maßnahmen gezwungen wer­ den. Ein solches Vorhaben der Gesellen führte in Städten mit Zünften zum Ziel, nicht aber in Nürnberg, wo der Rat das Regiment über die Handwerke führte. Und in der Tat sah dieser einem solchen eigenwilligen Treiben nicht län­ ger zu. 1521 erließ er selbst eine Gesellenordnung52, in der dieser Artikel nicht mehr erschien. Die Frauenarbeit wurde also wieder in vollem Umfang gestat­ tet. Erst auf eine Beschwerde der Straßburger Nestler hin wurde in Nürnberg durch die erneuerte Beutlerordnung von 153553 untersagt, weibliche Arbeits­ kräfte zu beschäftigen.54 Bis etwa zum Jahr 1530 waren also Frauen im Beutlerhandwerk tätig. Wich­ tig ist freilich die Frage, welche Rechte, insbesondere welche Arbeiten ihnen innerhalb des Handwerks zugestanden haben. Aus früherer Zeit fehlt uns eine entsprechende Überlieferung. Zwar ist eine Beutlerordnung von ca. 1350 über­ liefert, die zugleich für die Riemenschneider und Nodelpainmacher Geltung hat,55 aber darin hören wir, wie es in den ältesten, sehr kurz gehaltenen Hand­ werksordnungen allgemein üblich ist, nichts über Frauenrecht. Es ist lediglich vom Witwen- und Kinderrecht die Rede.56 Immerhin gibt es aber zu denken, dass sogar die Ordnung von 1535 ausdrücklich noch zwischen maister; maisterin oder wittib unterscheidet. Schließlich ist noch Folgendes zu bedenken: Man kann auf keinen Fall annehmen, die Gesellenordnung von 1530 hätte sich nur gegen untergeordnete Hilfeleistungen des weiblichen Geschlechts im Beutler­ handwerk gewandt. Diese Beschwerden treten allgemein erst viel später auf. Es musste sich also um größere Rechte der Frauen handeln, eben nur solche, die sonst dem Mann zustanden. Für die Richtigkeit dieser Annahme kann letzten Endes sogar ein Ratserlass von ca. 154057 den letzten Beweis liefern, wenn es heißt: Auf römischer kaiserlicher maiestat schreiben und der peutler und weczkamacher38 bewilligen ist Ursula Kienbergerin wittib vergönnt und zugelassen, 52 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 254 f. 53 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 241. Diese Ordnung hatte zu­ gleich noch für die Nestler und Handschuhmacher Gültigkeit. Der Brief der Straßburger Nest­ ler an das Nürnberger Nestlerhandwerk ist veröffentlicht bei Schoenlank: Soziale Kämpfe (wie Anm. 50), S. 185 f. 54 Gerade seit dem 16. Jahrhundert wurde es zur Gewohnheit, dass die Zünfte und Handwerke versuchten, die Handwerksrechte der einzelnen Städte möglichst einander anzugleichen, um auf diese Weise die Schwierigkeiten zu beseitigen, die durch die wandernden Gesellen entstanden. 55 Nodelpain ist nach Grimm (wie Anm. 22), Bd. 7, S. 253, eine Nadelbüchse aus Bein. StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 258, fol. 13. 56 Diese ältesten Ordnungen geben in keinem Fall eine Auskunft über die Aufnahme von Lehr­ lingen, womit allein man feststellen könnte, ob auch Mädchen zugelassen wurden. 57 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 248. 58 wechke, wetschka = Hängetasche, nach Johann Andreas Schmeller: Bayerisches Wörterbuch, Stuttgart u. a., 1872 ff., hier Bd. 2, S. 1058.

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das sie von samat, seiden und dergleichen peutl machen und weczka fassen und solches hinfür, wie sie bishero getriben und gethan, unverhindert meniglichs ar­ beiten und sich desselben getrauhen soll und mag, doch also und dergestalt, das sie ainich gesynd neben ir zu solchem peutl und weczkamachen nicht halt [...]. Ganz offensichtlich hat diese Frau früher das Beutlerhandwerk erlernt und als Witwe wurde ihr nunmehr die Ausübung des Handwerks ausnahmsweise wie­ der gestattet, was ihr als Ehefrau verboten war. Die Interpretation Mummenhoffs59, dieser Fall stelle einen letzten Rest der freien Kunst dar, ist abzulehnen; die Beutler hatten bekanntlich schon Mitte des 14. Jahrhunderts eine Hand­ werksordnung, somit konnte diese Arbeit längst nicht mehr als freie Kunst be­ trieben werden. Sicherlich hat also Wachendorf60 das Richtige getroffen, wenn er die Nürnberger Beutler zu jenen Handwerken rechnet, bei denen die Frau in früher Zeit als gleichberechtigte Angehörige des Handwerks zugelassen war. Wenn in einer Losungsliste des Sebalder Stadtteils von 143361 zwei selbststän­ dige Beutlerinnen überliefert werden, so kann das ebenfalls noch als Beweis an­ gesehen werden. Nachdem zur Ordnung der Beutler auch noch die Nestler und Handschuh­ macher gezählt haben,62 ist ebenfalls für diese Handwerke eine ähnliche Ar­ beitsbeteiligung anzunehmen. Freilich verfügen wir hierüber beinahe über keine Nachrichten. Lediglich aus einem Schreiben des Nürnberger Rates an die Stadt München von 1545 Nov. 963 ist zu entnehmen, dass das Münchner Nest­ lerhandwerk über die Frauenarbeit bei den Nürnberger Nestlern Beschwerde geführt hat. Eine selbstständige Handschuherin (keine Witwe) ist in einem Meisterbuch von ca. 1370 eingetragen.64 Nach den Untersuchungen Wachendorfs65 zählten die Schneider zu jenen Handwerken innerhalb der Zünfte, bei denen die Frauenarbeit am meisten ge­ bräuchlich war. Er macht rund dreißig Städte namhaft, in denen selbstständige Schneidermeisterinnen bekannt sind. Angaben über die Nürnberger Verhält­ nisse fehlen bei ihm vollkommen. Wesentlich anders sieht L. Hess66 die Vor­ aussetzungen für die Frauenarbeit in diesem Gewerbe. Sie kommt nämlich zu der Feststellung, es hätte sicherlich auch schon im Mittelalter Frauen wie jetzt

59 Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 50. 60 Ebd., S. 73. 61 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 275, fol. 58 und 61. 62 S. Anm. 53. Die Nestler verfertigten lederne Beutel und Senkel, nach Schmeller: Wörterbuch (wie Anm. 58), Bd. 1, S. 1768. 63 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Briefbücher, Rep. 61, Nr. 135, fol. 14. 64 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 302, fol. 33. 65 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 67 f. 66 Ebd., S. 69.

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gegeben, die „sich mit Nähen ein Einkommen verschafft haben, ohne einer Zunft anzugehören“. Grundsätzlich ist dagegen einzuwenden, dass Zünfte und Handwerke in keinem Fall solche Arbeiten frei geduldet haben. Wie liegen in Nürnberg die Verhältnisse? Die früheste Schneiderordnung von ca. 1350 kann keinen Aufschluss geben, da hier lediglich das Witwen- und Töchterrecht geregelt wird,67 das Recht von Frauen also, die im Grunde ge­ nommen zunächst - ganz unberücksichtigt, ob das weibliche Geschlecht im Handwerk vertreten war oder nicht - nicht immer gelernt sein mussten. Dass es aber neben den Schneidern auch selbstständige Schneiderinnen gegeben hat, kann man ganz eindeutig einer Ratsverordnung des 15. Jahrhunderts über Maße und Gewichte entnehmen.68 Wird doch hier neben dem Schneider noch ausdrücklich die Neterin genannt. Eine Losungsliste des Sebalder Stadtteiles von 1433 überliefert ebenfalls zwei neterin.69 Zweifelsohne muss es also im 15. Jahrhundert in Nürnberg selbstständige Schneiderinnen innerhalb der Handwerke gegeben haben, eben die so genannte neterin. Von wesentlich anderen Verhältnissen erhalten wir durch die Schneiderord­ nung von 1535 Kunde.70 Mit keinem Wort ist davon die Rede, dass auch Frauen handwerksberechtigt seien. Dem Meister stehen ein Lehrjunge und drei Gesel­ len zu, kein Lehrmädchen wird erwähnt, nicht einmal Dienstmägde für unter­ geordnete Arbeiten. Die Frauenrechte waren also unterdessen schon so gut wie vollkommen verloren gegangen. Nur von den Rechten und Pflichten der Un­ terrockmacherin wird noch gesprochen,71 freilich nur mehr ein kläglicher Rest der ehemaligen Frauenrechte. Die Unterrockmacherin war nämlich keine Handwerksangehörige, wie der Wortlaut der Ordnung genau zu erkennen gibt. Vermutlich handelte es sich um eine freie Kunst, über deren Befugnisse das Handwerk strenge wachte. So ließen die Schneider in keinem Fall zu, dass von den Unterrockmacherinnen etwa Arbeiten verrichtet wurden, die bereits in den Bereich ihres eigenen Handwerks fielen.

67 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 258, fol. 2: Es sol ain iegleicbe fraw, der

wirt auf dem hantwerck stirbt, nach irs wirtes tod auf dem hantwerck siezen mit irn knehten in allen dem rehten, sam [=als ob] ir wirt lebt, diweil si irn witibenstul niht verkert hat [...]. Nimt ains maisters tohter auf dem hantwerck ainen ledigen kneht zu der e, der dez hantwercks ist, der sol maisterrecht haben on gelt. 68 Joseph Baader: Nürnberger Polizeiordnungen aus dem 13. bis (Ndr. Amsterdam 1966), S 179. 69 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 175, fol. 70 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 71 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol.

15. Jahrhundert, Stuttgart 1861 29. 364f. 369: Bey einem erbern rathe ist

verlassen, das hinfüro ain jede unnderröckmacherin noch sonst jemand annders ausserhalb des schneiderhanndwercks [...].

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Trotz dieser dürftigen Überlieferungen wird man doch im Zusammenhang mit den von Wachendorf72 gegebenen Beispielen aus anderen deutschen Städ­ ten selbstständige und wohl auch in Nürnberg handwerksfähige Schneiderin­ nen bis ins 15. Jahrhundert annehmen dürfen. Daneben wurden vermutlich noch etliche Arbeiten, wie das Unterrockmachen, als freie Kunst geduldet. Zu den wenigen Nürnberger Handwerken, bei denen die Frau noch das ganze 16. Jahrhundert hindurch eine gleich berechtigte und bedeutende Stel­ lung eingenommen hat, zählen die Hefner und Essigmacher. Zugleich ist dies eines jener Gewerbe, dessen Tätigkeit - ähnlich wie bei den Kerzenmacherin­ nen - vom Rat überwacht wurde. Wohl waren die Hefner kein geschworenes Handwerk, aber sie galten auch nicht als freie Kunst, sondern als so genanntes geschlossenes Handwerk.73 Diese Handwerksform war in Nürnberg verhält­ nismäßig selten vertreten.74 Man könnte von einem Zwischenstadium von freier Kunst und geschworenem Handwerk sprechen: Das geschlossene Hand­ werk konnte nicht von jedermann ausgeübt werden, wie etwa die freie Kunst, es war vielmehr eine besondere Zulassung notwendig; auf der anderen Seite fehlte aber auch das Hauptmerkmal des geordneten Handwerks, das Meister­ stück. Die Ausübung des Gewerbes der Hefner und Essigmacher war in Nürn­ berg an dafür berechtigte Häuser gebunden. Schon aus dem 15. Jahrhundert sind Anordnungen über die Zubereitung von Bierhefe und über Bieressig überliefert.75 Ausdrücklich wird hierbei von burger und burgerin gesprochen. Diese Ausdrucksweise kann nur so begrün­ det sein, dass neben den Männern auch Frauen im Handwerk der Hefner und Essigmacher beschäftigt waren. Wie bedeutend der Einfluss und die Rechte des weiblichen Geschlechtes dabei gewesen sein müssen, zeigt am besten ein Bild aus den bekannten bebilderten Nürnberger Handwerksbüchern, die der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert angehören. Es stellt eine Frau bei der Zu­ bereitung von Hefe dar, im Spruchband die Beischrift hefneryn. Man möchte daraus fast schließen, dass in diesem Handwerk die Frauenarbeit sogar vor­ herrschend war. Mit Verordnung von 1544 Juni 13. wurde das Gewerbe der Hefner vom Rat verpflichtet, vor dem Amtbuch der Stadt jährlich auf seine Pflichten zu

72 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 68. 73 Vgl. Christoph Wilhelm Jakob Gatterer, Technologisches Magazin, Bd. 1, Heidelberg 1790, S. 284; Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 115. 74 Die Dosenmacher und Wachspossierer sind hierfür noch bekannt. Vielleicht wird man auch die Kerzenmacherinnen hierher zählen können. 75 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 270.

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schwören.76 Ausdrücklich wird wiederum von heffner und heffnerin gespro­ chen. Von diesem Zeitpunkt an erscheinen nunmehr die Hefner und Hefnerinnen in dem Ämterbüchlein, so dass man hierdurch erst einen guten Einblick in die Standesverhältnisse dieses Handwerks gewinnen kann.77 Bei den Frauen handelt es sich in allen Fällen um Ehefrauen, die zusammen mit dem Mann das Gewerbe ausübten. Weder Männer noch Frauen sind allein als selbstständige Vertreter im Handwerk überliefert.78 Ähnliche Verhältnisse hinsichtlich des Frauenrechtes kennen wir von den Mangmeistern und ebenso von den Bleichmeistern.79 1530 wird erstmals ein „Bleichmeister mit seiner Ehefrau“ im Ämterbüch­ lein verzeichnet.80 Im Gegensatz zu den Hefnern ist hier ein Fall überliefert, in dem eine Frau auch allein das Handwerk ausgeübt hat.81 Das muss freilich als Ausnahme gelten, die Regel hingegen scheint die gemeinsame Arbeit von Mann und Ehefrau gewesen zu sein. Im übrigen war in diesem Gewerbe seit

76 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 133: Es sollen alle heffner heff­ nerin für sich unnd ir gesinndt geloben unnd schweren, das sie die newen heffen, so man zu den piern gebraucht, die jeezuczeiten, so die summerbier aussgeschennckt synndt und ein ennde ha­ ben, von newen gepreut werden, [...] auffs treulichst unnd seuberst beraitten unnd bewaren unnd darinnen kein geverde zu gebrauchen, das sie auch keinem pierpreu allhie inn der stat, wer der sey, so bey inen ansuchen werden, kein heffen auss der stat geben [...] es seien dann die eigen pierpreuen zuvor nach aller notturft genugsamlich mitt den selben heffen versehen [...] Siehe auch StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 232, fol. 151f. Im Grunde genom­ men stellt die Eidformel eine kurze Zusammenfassung der älteren Anordnungen des 15. Jahr­ hunderts dar. Siehe Baader. Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 270. 77 Siehe Anhang. 78 Bei der Tabelle im Anhang sind die Angaben nur für jedes 10. Jahr erfasst. Tatsächlich sind für diese Zeit die Ämterbüchlein bereits für die laufenden Jahre vorhanden. Die Durchsicht aller Jahre bis 1600 hat ergeben, dass immer der Mann mit seiner Ehefrau als Gewerbe Ausübender auftritt, nie ein Mann und auch nie eine Frau allein. - Über Rechte, Pflichten und zugleich über die Arbeit in diesem Gewerbe gibt die Handwerksordnung von ca. 1535 Aufschluss im StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 89f.: Hefe für Bäcker soll nicht aus Bierhefe, sondern aus Hopfen und Malz hergestellt werden; der Essig, der aus Wein oder Bier­ hefe verarbeitet werden soll, muss vor Ankauf durch einen Geschworenen des Rats beschaut werden; zur Zubereitung des Essigs soll kein galtwasser (nach Schmeller: Wörterbuch (wie Anm. 58), Bd. 1, S. 978 eine Art Nährbier) mehr verwendet werden; sie sollen ungeld geben, mit Ausnahme von dem Essig, der aus verdorbenem Wein oder Bier, die bereits verungelt sind, her­ gestellt wird; den Essig sollen sie nicht teurer verkaufen, als der Frankenwein vom Rat festge­ setzt wird. 79 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 541 (Eid der Bleichmeister aus dem frühen 16. Jahrhundert, mit Zusätzen von 1579) und fol. 195 (Eid der Mangmeiste»* von 1516). Siehe auch die Übersicht aus dem Ämterbüchlein im Anhang. 80 StAN, Rst. Nbg., Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 50. 81 StAN, Rst. Nbg., Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 60.

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1466 vorgeschrieben, das Meisterrecht der Weber zu haben.82 Ob diese Vor­ schrift auch für die Frauen Geltung hatte, lässt sich nicht nachweisen. Die Mangmeister hatten mit den Schwarzfärbern eine gemeinsame Hand­ werksordnung.83 Ein kleiner Unterschied in der rechtlichen Stellung der Mang­ meister im Vergleich zu den Hefnern und Bleichmeistern bestand darin, dass deren Angehörige nicht zu den Gewerben zählten, die vor dem Amtbuch ver­ eidigt wurden, sondern in den geschworenen Handwerken inbegriffen waren, die vor dem Stadtpfänder verpflichtet wurden.84 Als Handwerksberechtigte werden bei den Mangmeistern wie in den vorgenannten Fällen immer die Män­ ner mit den Ehefrauen überliefert. Die Gleichberechtigung der Mangmeistersfrau wird klar in der Eidformel ausgedrückt: Der manngmeister der gemeinen statmanng von einem rathe oder statzinnsmeister verlassen und bevohlen wirdet unnd sein weih unnd knechte, so er [...]praucht, sollen glohen [...]. Im wesentlichen werden damit die wichtigsten Nürnberger Handwerke er­ fasst sein, in denen Frauen als vollberechtigte Mitglieder aufgetreten sind. Si­ cherlich mag es noch manche andere gegeben haben, bei denen dies in der frühen Zeit gebräuchlich war, während die späteren Quellen keinerlei Hinweis darauf mehr enthalten. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang nur auf die Pergamenter. Wachendorf85 weist an Hand eines Pergamenterbundesbriefes von 1432 nach, der von Meistern aus Nürnberg, München, Mainz, Speyer, Frankfurt a. M., Basel, Worms, Fritzlar und Straßburg unterzeichnet ist, dass Frauen als vollberechtigte Handwerksmitglieder in allen diesen Städten vor­ handen gewesen sein müssen. Im 16. Jahrhundert findet sich in Nürnberger Quellen keinerlei Nachweis mehr hierüber.86 Als merkwürdige Tatsache kann es gelten, dass das Seidengewerbe, das be­ kanntlich in Köln hoch entwickelt und sogar als eigene weibliche Zunft be-

82 StAN, Rst. Nbg., Ratsbücher, Rep. 52b, Nr. lc, fol. 109: Item dempleichmeister sagen meister­ recht zu entphaen und als ander weher; ob er das hanntwerck treiben will. 83 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 384 f. 84 Die Mangmeister werden aus diesem Grund nur in Ämterbüchlein überliefert, die auch Listen der geschworenen Handwerke enthalten. Eine Liste von 1562 im StAN, Rst. Nbg., Ämter­ büchlein, Rep. 62, Nr. 81, die auch fünf Mangmeister mit ihren Ehefrauen enthält, ist betitelt: Amptbüchlein allerley geschworner hanndtwerckh, so von den herrn zum pfendter verordnet gehorsam thun. - Siehe auch Übersicht aus den Ämterbüchlein im Anhang. 85 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 75. 86 Auch in Frankfurt war die Frau im 16. Jahrhundert aus dem Handwerk ausgeschlossen, vgl. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 75f. Das frühere Frauenrecht bei den Nürnberger Pergamentern kann sich allerdings auch daraus herleiten, dass dieses Handwerk lange Zeit noch als freie Kunst gegolten hat. Noch in einem Schreiben von 1549 März 9 an die Stadt München sagt der Nürnberger Rat, dass dieses permenter hanndtwerck hie bey uns ein freie kunst sei. StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Briefbücher, Rep. 61, Nr. 141, fol. 13.

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stand,87 in Nürnberg eine anscheinend geringe Rolle spielte. Die Quellenlage ist dementsprechend auch sehr dürftig. 1699 erhielten die Seidenweber vom Rat eigene Articul, nachdem sie sich von den Barchet und Leinewebern separiret?8 Bis zu dieser Zeit zählten somit die Seidenweber zum Handwerk der Lei­ neweber. Aber gerade hiervon ist uns keinerlei Beteiligung des weiblichen Ge­ schlechts überliefert. Die Weberei, besonders auch die Teppichweberei, war in Nürnberg hoch entwickelt, doch die Barchentweberei, die Arras- und Atlas­ weberei suchte der Rat mit mehr oder weniger Erfolg erst verhältnismäßig spät heimisch zu machen.89 So ist vermutlich auch die Seidenweberei erst sehr spät aufgekommen, so dass eine auch nur ähnliche Entwicklung wie in Köln gar nicht mehr möglich war. 1.4 Das Recht der Ehefrauen, Witwen und Töchter Eine große Rolle in den Handwerksordnungen seit der frühen Zeit spielte die Festlegung der Rechte der Ehefrauen, Witwen und Töchter innerhalb des Handwerks. Dass man gerade den nächsten Angehörigen des Meisters oft weit gehende Zugeständnisse gewährte, sei es in Arbeitsleistungen in der Werkstatt oder durch Befugnisse der Frauen beim Verkauf der Erzeugnisse und schließ­ lich im Nachfolgerecht der Meisterwitwen oder auch der Töchter, ist einerseits als Fürsorge für den Handwerksbetrieb selber anzusehen, andererseits kann man hierin auch ein bestimmtes Maß von sozialer Fürsorge für die verwitwe­ ten Meisterinnen und verwaisten Kinder sehen. Letzten Endes trugen aber die Handwerksmeister von sich aus und innerhalb ihres Handwerks im eigenen Interesse dafür Sorge, dass das Handwerk und damit der Unterhalt der Familie erhalten blieb. Im Einzelfall ist es oft schwer, innerhalb der mannigfachen Möglichkeiten der Frauenbeteiligung im Handwerk eine Grenze zu finden, d. h. eine Unter­ gliederung nach den verschiedenen Rechten und Arbeitsmöglichkeiten aufzu­ stellen, wie es hier angestrebt werden soll. Zeigen auch viele Ordnungen unter sich große Ähnlichkeit, so brachte doch die unterschiedliche Arbeit eine von einander abweichende Handhabung der vorgeschriebenen Bestimmungen. Die zeitliche Entwicklung der Handwerke und damit ihrer Ordnungen - wir konnten das an verschiedenen Beispielen schon beobachten - brachte erst recht die mannigfachsten Formen der Frauenrechte. Die Rechte der Meisterfrauen, 87 Behaghel: Gewerbliche Stellung (wie Anm. 4), S. 24 f. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 41 f. In Köln haben sich hier sogar drei Berufsgruppen herausgebildet: die Sei­ denweberinnen, die Seidenspinnerinnen und die Seidenfärberinnen. 88 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 278. 89 Mummenhoff: Handwerk und Gewerbe (wie Anm. 8), S. 229.

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der Witwen und der Töchter dagegen zeigen bei einem Großteil der Hand­ werke viele Ähnlichkeiten. Es wäre ein unmögliches Unterfangen, hier etwa die sämtlichen Nürnberger Handwerke nach diesem Gesichtspunkt zu untersuchen. Überdies ist es nicht notwendig, zu dieser Frage eine Untersuchung in prinzipieller Hinsicht vorzu­ nehmen. Hat doch schon Bücher90 ganz eindeutig darauf hingewiesen, dass das Nachfolgerecht der Meisterwitwe im Geschäft des Mannes so weitgehend be­ kannt sei, dass das weiter gar nicht mehr betont werden müsse. Nicht anders steht es schließlich mit den kleinen Handreichungen der Frau und Tochter in der Werkstatt des Mannes bzw. des Vaters. Aus diesem Grunde soll lediglich auf besondere Eigenheiten des Nürnberger Handwerks in dieser Beziehung eingegangen und auf die verschiedenen zeitlichen Entwicklungsformen Bezug genommen werden. Die frühesten Bestimmungen über die Rechte der Ehefrauen, Witwen und Töchter im Handwerk enthalten die Ordnungen aus der Mitte des 14. Jahr­ hunderts. Die entsprechenden Anordnungen stimmen nicht nur in ihrem In­ halt sondern sogar meistenteils wörtlich überein. Als Beispiel mag ein Auszug aus der Hutmacherordnung dienen91: Ist daz ain maister stirbt auf dem hantwerch, so sol sein wirtinne nach seinem tod siezen mit irn knehten auf dem hantwerch in den rehten, sam ir wirt dannoch lebt. Nem si awer ainen wirt, der dez hantwerchs nihten were, so sol sie ir reht auf dem hantwerch verlorn haben. Ez sol auch ains ieglich maisters sun und tohter allez daz reht auf dem hant­ werch haben, daz vater und muter haben. Abweichende Bestimmungen enthält die gemeinsame Ordnung der Helm­ schmiede, Haubenschmiede, Flaschner, Schmiede und frummewerchen,92 also das Schmiedehandwerk in seiner verschiedenen Aufgliederung. Hier wird le­ diglich vom Witwenrecht gesprochen, vom Recht der Töchter bzw. der Kinder ist nicht die Rede.

90 Bücher: Frauenfrage (wie Anm. 2), S. 11. 91 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 258, fol. 15. Dieses älteste Handwerks­ buch enthält noch in dieser oder ähnlicher Form Ordnungen für die Schneider, Platner, Handschuher, Lederer, Riemenschneider, Beutler, Nodelpainmacher (s. Anm. 55), Weizzen hantschuher (jedenfalls eiserne Handschuhe als Teil der Rüstung), Schuhmacher, Messerer, Kandel­ gießer, reuzzen [=Flickschuster], Mentler, Taschner. Die Ordnung der sarwürkten [=salwirke, salwerich oder salwirt, nach Grimm (wie Anm. 22), Bd. 8, S. 1705, ein Panzermacher], die keinerlei Bestimmungen über Frauen-, Witwen- oder Töchterrecht enthält, ist gestrichen und von einer Hand des 14. Jahrhunderts beigefügt: Die sarwürhten süllen ir hantwerck würken in alle den rehten als die platner und hantschuher. 92 frummewerchen = Handwerker, die auf Bestellung arbeiten, nach Grimm (wie Anm. 22), Bd. 4, I/1,S. 327.

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Die Fleischhackerordnung enthält schließlich überhaupt keine Anordnung, die irgendwie mit Frauenrecht zusammenhängt. Dass jedoch gerade in Nürn­ berg beim Flandwerk der Fleischhacker die Rechte der Ehefrauen sehr weit ausgebildet waren, erfahren wir in einer großen Stofffülle aus den Ordnungen über das Fleisch, die im 15. Jahrhundert entstanden sind.93 In jeder einzelnen Bestimmung wird hier von fleischhacker und fleischhackerin oder meister und meisterin gesprochen. An einer Stelle heißt es sogar ausdrücklich: Und ditz gesetz sol die frawen fleischhackerin auch binden.94 Als Vollgenossin im Hand­ werk ist aus diesen Gründen die Frau noch lange nicht anzusehen.95 Hierunter sind lediglich die Befugnisse der Ehefrau - gewissermaßen als Helferin des Mannes, insbesondere beim Verkauf - und der Witwe zu verstehen. Konnte die Meisterfrau also nach dem Tode des Mannes den Handwerksbe­ trieb weiterführen, wie diese Ordnungen - man könnte in gleicher Weise noch viele Beispiele für andere Gewerbe anfügen - gezeigt haben, so gab es doch et­ liche Einschränkungen, die der Witwe auferlegt wurden. In erster Linie durften Meisterwitwen keine Lehrlinge halten. Ein für alle Nürnberger Handwerke gültiger Ratserlass von 1543 Nov. 15 bestimmt96: ist ertheilt, das kein wittibin eynichs hanndtwercks keinen lehrjungen zu lernen nehmen soll, Ursachen das solchen jungen kein lerbriff von ir gegeben werden könnt, dweyl er bey keinem meyster gelernt. Nun war es aber nicht bei allen Handwerkern gebräuchlich, dass die Witwe das Geschäft des Meisters für unbegrenzte Zeitdauer ausüben konnte. Ein­ schränkungen in dieser Hinsicht kennen wir so zum Beispiel vom Gold­ schmiedegewerbe.97 War nach dem Tode des Meisters ein Sohn nicht vorhan­ den oder erst in einem Alter, dass für die nächsten Jahre mit seiner Nachfolge 93 Baader. Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 223, 228 f., 231, 234 f. 94 Ebd., S. 239. 95 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 52, glaubt aus ähnlichen Belegstellen für die Stadt Köln dem Fleischerhandwerk in dieser Stadt eine Vollberechtigung der Frau in der Zunft zuschreiben zu müssen. Wollte man aber auf Grund derartiger Argumente solche Schlüsse ziehen, ich glaube dann könnte man beinahe für jedes Handwerk die Vollberechtigung der Frau „beweisen“. Wenn man nämlich in mittelalterlichen Quellen einen Frauennamen mit einer beigefügten Handwerksbezeichnung findet, wie fleichhackerin,peckin usw., so ist darin in den seltensten Fällen eine selbstständige Handwerksmeisterin gemeint. Wollte man nach die­ sem Gesichtspunkt die Ausführungen Wachendorfs überprüfen, so müsste noch manches von ihm vermutete Recht einer Vollgenossin in Wegfall kommen. 96 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 259, fol. 6, Nr. 261, fol. 5. 97 Zum Folgenden vgl. Eduard Mutschelknauss: Die Entwicklung des Nürnberger Goldschmie­ dehandwerks von seinen ersten Anfängen an bis zur Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1869 (Wirtschafts- und Verwaltungsstudien, Bd. 100, VII) Leipzig 1929, S. 108 ff. Die einzelnen Bestimmungen sind in der Goldschmiedeordnung enthalten: StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Stand­ bücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 60 f.

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nicht zu rechnen war, so durfte die Witwe dem Geschäft nur drei Jahre vorste­ hen. Man wollte dadurch zunächst für die Hinterbliebenen sorgen, vor allem sollte aber der Witwe Zeit gegeben werden sich nach dem Trauerjahr mit einem anderen Meister oder aber einem Goldschmiedegesellen98 zu verheiraten. Konnte die Witwe die vorgeschriebene Frist nicht einhalten, wenn beispiels­ weise der Geselle, der ein Heiratsversprechen gegeben hatte, trotz aller ihm ge­ währten Vergünstigungen99 die Meisterprüfung aber noch nicht abgelegt hatte, so war der Nürnberger Rat auch hier nicht kleinlich. Der verwitweten Meiste­ rin wurden dann die gewöhnlichen drei Jahre noch weiter verlängert. Dieser Fall konnte auch eintreten, wenn ein vorhandener Sohn altersmäßig binnen dreier Jahre den Handwerksbetrieb noch nicht fortführen konnte. Für diese zweite Wartezeit war eine Höchstgrenze von zwei bis drei Jahren festgesetzt oder anders ausgedrückt, die Witwe durfte im höchsten Falle fünf bis sechs Jahre dem Geschäft vorstehen. Wollte die Witwe keine Ehe mehr eingehen und war auch kein Sohn vor­ handen, der den Betrieb übernehmen konnte, so musste nach Ablauf der drei festgesetzten Jahre das Handwerk geschlossen werden. Selbst in dieser Lage kam man jedoch der verwitweten Meisterin, falls sie finanziell schlecht gestellt und ohne Einkommen war, noch entgegen. So gewährte der Rat 1548 der Goldschmiedswitwe Katharina von Plaben, deren gewöhnliche Frist abgelau­ fen war, eine weitere Verlängerung, damit iren armen hindern vollem auffgeholffen werden möchte Wie großzügig und fürsorglich der Nürnberger Rat in dieser Beziehung war, zeigt ein Vergleich mit anderen Städten. In Augsburg musste beispielsweise nach dem Tode eines Goldschmiedes sofort Werkstätte und Laden geschlossen werden.101 In Straßburg wurde der Goldschmiedswitwe nur für ein Jahr er­ laubt, das Geschäft des Mannes weiterzuführen.102 Ein strenges Gebot, das in allen Handwerksordnungen wiederkehrt, be­ stand für jede Meisterwitwe bei Eingehung einer zweiten Ehe darin, dass der Handwerksbetrieb nur dann weitergeführt werden durfte, wenn der neue Ehe­ wirt vom selben Handwerk war. Nem si awer ainen wirt, der dez hantwerchs

98 Ehen von Meisterwitwen mit Gesellen konnten am häufigsten beobachtet werden. Den Gesel­ len wurden in diesem Fall große Erleichterungen in der Zulassung zum Meisterrecht gewährt. 99 Den Gesellen wurde in solchen Fällen eine erleichterte Möglichkeit zum Ablegen der Meister­ prüfung zugebilligt. Vor allem wurden die vorgeschriebenen Lehrjahre abgekürzt. 100 Theodor Hampe: Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und Künstler im Zeitalter der Spätgotik und Renaisssance, Bd. 1, Wien/Leipzig 1904, S. 431, Nr. 3114 und 3115. 101 Weiss: Das Handwerk der Goldschmiede in Augsburg bis zum Jahre 1681, Leipzig 1897, S. 140. 102 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 82.

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nihten wer; so sol si geschaiden sein von irn rehten auf dem hantwerch }05 Aber auch hier scheinen Ausnahmen vorgekommen zu sein. Eine Ratsverordnung von 1414 für das Spieglerhandwerk setzte nämlich fest104: Wenn eine Witwe ei­ nen Mann aus einem anderen Handwerk heiraten würde, dann solle derjenige, der sich ehelich zu ihr verheyrat, macht haben [...] das spiegelwerck bey solcher geehelichten wittibin vernerhin zu treiben [...]. Noch auf andere Weise war man in Nürnberg darauf bedacht, den Meister­ witwen zu Arbeit und Verdienst zu verhelfen. Das Goldschmiedehandwerk kann wiederum als gutes Beispiel dafür dienen. In diesem Gewerbe bildete sich im 16. Jahrhundert ein eigener Beruf für das Fertigmachen von Gold- und Sil­ berwaren heraus, das so genannte Ausbereiten}05 Zu dieser Arbeit, für die eine besondere Zulassung erforderlich war, gestattete man den Goldschmiedewit­ wen ohne weiteres Zutritt, ja man bevorzugte sie vor allen anderen Bewerbe­ rinnen. Ähnliche Rechte wie den Meisterwitwen wurden im allgemeinen den Töch­ tern zugestanden. Schon die ältesten Handwerksordnungen aus dem 14. Jahr­ hundert sehen für die Kinder - ausdrücklich wird immer von Sohn und Toch­ ter gesprochen - das gleiche Recht im Handwerk vor, wie es Vater und Mutter gehabt haben.106 Selbst aus einer Barbiererordnung um 1600 erfahren wir noch, dass Gesellen, die sich mit Meistertöchtern verheiraten, bei Erlangung des Mei­ sterrechts bevorzugt behandelt werden sollen.107 Hingewiesen sei schließlich noch auf die Arbeitsmöglichkeiten der Meister­ frauen und -töchter im Handwerksbetrieb des Hauses. Handreichungen und Nebenarbeiten des weiblichen Geschlechtes im Handwerk waren zu dieser Zeit sehr häufig.108 Dass hierzu in erster Linie die eigenen Familienangehörigen verwendet wurden, ist selbstverständlich. Daneben gab es freilich noch viele Verrichtungen, zu denen Frauen nicht herangezogen werden durften. Ausge­ nommen von diesen Einschränkungen waren vermutlich durchwegs die Mei­ sterfrauen und -töchter. Den besten Beweis dafür haben wir in der Ordnung der Plattner und Handschuhmacher aus dem 14. Jahrhundert109: Ez sol auch kain fraw kain arbeit niht tun auf den hantwerchen mit kainen hamer; es sei

103 So heißt es beispielsweise in der Schuhmacherordnung aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 258, fol. 6. 104 Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 388. 105 Vgl. Mutschelknauss: Entwicklung (wie Anm. 97), S. 110 f. In anderem Zusammenhang wird davon noch zu sprechen sein. 106 Vgl. den Text der Hutmacherordnung. 107 StAN, Rst. Nbg., Amts- und Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 474. 108 Vgl. die Ausführungen im folgenden Abschnitt. 109 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 258, fol. 9.

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denn ains maisters wirtinne oder sein kint, alle tagpei sechzig d[...]. Den Frauen des eigenen Hauses waren also, wie dieses Beispiel zeigt, schwere Arbeiten in der Werkstatt gestattet, zugleich aber Arbeiten, die man ausschließlich als handwerkliche Verrichtungen der Männer bezeichnen muss. Diese Gewohn­ heit hat sich jedenfalls lange gehalten. Selbst noch eine Verordnung von 1703 beim Schneiderhandwerk bestätigt ausdrücklich das Arbeitsrecht der Meister­ töchter im väterlichen Geschäft.110 Dagegen wurde es bei den Ringmachern im frühen 16. Jahrhundert jenen Gesellen, die bereits verheiratet seien, verboten, ihre Ehefrauen im Handwerk arbeiten zu lassen.111 Ausdrücklich wird in die­ sem Fall darauf hingewiesen, das Arbeitsrecht hätten nur die Ehefrauen und Töchter von Meistern und auch da nur im väterlichen Betrieb. 1.5 Die Frau in der freien Kunst und als Hilfsarbeiterin im Handwerk Zahlenmäßig den größten Umfang nahm die Frauenarbeit beim Handwerk auf dem Gebiete leichterer Nebenarbeiten ein. Nur in den seltensten Fällen wird man hier Hantierungen feststellen können, die eine direkte handwerkliche Vorbildung erfordert hätten, da es sich im wesentlichen um Arbeiten handelt, die jedermann erlaubt waren, Nebenarbeiten, die nie von Meistern oder Gesel­ len verrichtet, ja meist nicht einmal den Lehrlingen aufgetragen wurden.112 Schwere körperliche Arbeiten waren ebenso davon ausgeschlossen, wenn auch in der früheren Zeit die Verordnungen in dieser Beziehung etwas großzügiger gehandhabt wurden als etwa im 16. Jahrhundert. Im übrigen wurde in den Handwerksordnungen vom Rat sowohl die Zahl der zugelassenen Mägde ge­ nau festgelegt, wie auch bis ins Einzelne bestimmt war, welche Arbeiten von ihnen verrichtet werden durften. Die große Beschäftigungszahl des weiblichen Geschlechts wird allein aus dem Umstand ersichtlich, wenn man bedenkt, dass wohl bei jedem Handwerk Mägde zu irgendwelchen Nebenarbeiten zugelas­ sen waren. Schließlich müssen unter diesem Gesichtspunkt auch noch alle jene Frauenarbeiten erfasst werden, die sich einerseits aus der Arbeitsteilung bei den Handwerken ergeben haben, auf der anderen Seite die vielseitige Beschäf­ tigung der Frauen im Verlegerwesen, im Grunde also Arbeiten, die in ihrem in­ nersten Kern der freien Kunst angehörten. Sehr beispielhaft für diese letztere Beschäftigungsart der Frauen ist wie­ derum das Goldschmiedehandwerk. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts hat sich hier das sog. Ausbereiten der Goldschmiedearbeiten als eigene Hantierung her110 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 378. 111 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 329. 112 Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 50.

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ausgebildet.113 Man versteht darunter das Fertigmachen der Gold- und Silber­ waren durch Auskochen, Schleifen und Polieren.114 Wie sich aus einem Rats­ verlass von 1514 Okt. 13 über der ausbereyterpflicht und Ordnung entnehmen lässt, wurde das Ausbereiten zuerst durch die Goldschmiedemeister besorgt, später - der Zeitpunkt lässt sich nicht genau angeben - konnte es als freie Kunst von jedermann betrieben werden. In Einzelfällen jedoch behielt sich manchmal der Rat eine gewisse Aufsicht vor.115 Die leichte Arbeit und schließlich die Tatsache, dass keine vollständige Goldschmiedeausbildung verlangt wurde, sondern nur eine bestimmte Anlern­ zeit, hat in höchstem Maße dazu beigetragen, hier Frauen zu beschäftigen. Auch der Umstand, dass gelernte Goldschmiede und auch ältere Gesellen sich weigerten, die kunstlose Arbeit des Ausbereitens zu verrichten, da sie jeder Ungelernte ebenfalls ausüben konnte, hat in großem Umfang die weibliche Arbeit gefördert. Bezeichnend ist es auch, dass beim Goldschmiedehandwerk, bei dem die Frauenarbeit im Mittelalter grundsätzlich verpönt war, gerade im 16. Jahrhundert Frauen Beschäftigung fanden. Die Entwicklung ging hier also den umgekehrten Weg wie er sonst üblich war. Der Grund hierfür kann also nur in der inneren Gestaltung dieses Gewerbes selber zu suchen sein, und hier kann nur die Blütezeit dieses Gewerbes im 16. Jahrhundert eine Rolle gespielt haben. Somit hat die Frauenarbeit beim Goldschmiedehandwerk von der Zeit an Bedeutung gewonnen, als dieses zu seiner höchsten Entfaltung kam. Diese Feststellung wird, will man den Ursachen über Ansteigen und Absinken der Frauenarbeit im Handwerk nachgehen, von großer Wichtigkeit sein. Eine ähnliche Nebenbeschäftigung von Frauen im Handwerk kennen wir bei den Hutmachern. Auch hier fanden neben Männern auch Frauen Arbeit als ausbereiterin und wollclauberin. In der Ordnung von 1535 ist dazu eigens be­ stimmt, diejenigen, von denen solche Arbeiten ausgeführt werden, sollen bürgerin oder meisterin sein.116 In Ausnahmefällen gestattete der Nürnberger Rat bei den Hutmachern sogar für Frauen Arbeiten, die bedeutend in die Befug­ nisse des Handwerks eingriffen. So ist für das frühe 16. Jahrhundert eine An­ ordnung überliefert, nach welcher der Agnes Auerin und ihrem Sohn gestattet 113 Mutschelknauss: Entwicklung (wie Anm. 97), S. 110 f. 114 Vgl. Marc Rosenberg: Geschichte der Goldschmiedekunst auf technischer Grundlage, Frank­ furt 1910, S. 134. 115 Goldschmiedeordnung von 1553, St AN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 259, fol. 126; vgl. Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 31. 116 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 94. Die Bedingung bürgerinöder meisterin kann nur in folgendem Sinne zu verstehen sein: Die Ausbereiterinnen und Wollklauberinnen mussten entweder das Bürgerrecht besitzen, oder im anderen Falle (wenn sie also kein Bürgerrecht besaßen) mussten sie Meisterfrauen sein. Bei Bürgerfrauen wurde somit kei­ nerlei Handwerkszugehörigkeit (etwa als Meisterfrau) vorausgesetzt.

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wurde, dass sie bede ir leben lang sattelfilcz mögen machen, doch sonst nichts annders, das in das huterhanndwerk trifft.117 In der freien Kunst fanden überhaupt viele Frauen Arbeit und ein ihnen zu­ sagendes Betätigungsfeld. Bei Handwerkern, die aus der freien Kunst hervor­ gegangen sind, konnten wir diese Tatsache bereits mehrfach bestätigt finden. Der Grund für eine solche Entwicklung ist ohne viel Mühe zu ermitteln: Für diese Gewerbe gab es keinerlei Gesetz, das sie auf eine bestimmt Zahl von Handwerken beschränkt oder ihre Ausübung an irgendwelche Bedingungen geknüpft hatten. Sie waren eben eine freie Kunst und jedermann konnte sich ihrer bemächtigen und diese Arbeit betreiben, Männer sowohl wie auch Frauen.118 Wir kennen viele Verordnungen des Nürnberger Rates, aus denen diese Gewohnheiten klar ersichtlich sind. So verfügte der Rat 1462 für die Arbeit der Fingerhuter:119 Item nachdem das die vingerhuter nicht gesworen meister haben und kein sunder hantwerk nit ist, auch kein Ordnung hat, so mage ein jeglicher das wol arbeiten. Den Geschmeidemachern oder Zinngießern, die den Rat 1485 um eine Handwerksordnung baten, wurde ihr Begehren abgelehnt.120 Und sol ir werk eine freie kunst und zu arbeiten niemant verboten sein, wie von alter herkommen ist. Um zu zeigen, wie vielfältig die Möglichkeiten für eine Frauenbeschäftigung in der freien Kunst waren, seien aus der großen Zahl, die Mummenhoff dafür namhaft machen kann, nur etliche angeführt121: „ [...] die Bleifigurenmacher, die Servelatwurstmacher, die Dosenmacher, [...] die Gitterstricker, die Glätter, die Filze, Leinwand, Kattune und andere Zeuge mit gläsernen Glattsteinen oder geschliffenen Feuersteinen glätteten, die Glasbläser, die Glasschleifer, die Goldsticker, die Holzgittermacher, die Hutschnurmacher, die Kettleinbieger, die von weißem und gelbem leonischen und anderem Draht Kettlein herstell­ ten, die Knopfdreher und Knopfpresser, [...] die Kreideschneider, die Küch­ leinbäcker, die Lauten- und Geigenmacher, die Metsieder, die Oblatenbäcker, die Papierfärber, die Pastetenköche, die Perlmutterröslein- und Sternleinma­ cher, die Pinselmacher, die Planiervergolder (Rahmenvergolder), die Plätter welche den runden Draht zwischen zwei stählerne Walzen der Plättmaschine plätteten, [...] die Schalenschrober oder Schalenschneider, die Scheidewasser­ brenner, die Seidensticker, die Spitzenwirkerinnen, die Stuckateure, die Tabak­ spinner, die Verzinner, die Vogelhausmacher, die Wachsbleicher und die 117 118 119 120 121

StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 97. Vgl. Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 111. Ebd.,S. 107. Ebd. Ebd., S. lllf.

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Wachszieher, die Wappensteinschneider, die Zeugdrucker, die Ziegler, die Topfmacher und wohl noch so manch andere Hantierung.“ In nicht geringem Umfang waren die Frauen schließlich noch als Hilfsarbei­ terinnen - will man einen Vergleich mit den heutigen Verhältnissen ziehen - bei den geschworenen Handwerken beschäftigt. Freilich sollen hier nun nicht die verschiedenen Nürnberger Handwerke nach diesem Gesichtspunkt etwa un­ tersucht werden, verwiesen soll lediglich auf jene Fälle werden, die für die Ge­ samtentwicklung der niederen Frauenarbeit wichtig sind oder bei denen die be­ sondere Art der Beschäftigung eine kurze Erwähnung angezeigt erscheinen lässt. Im Allgemeinen kann man beobachten - in anderem Zusammenhang wurde auf diese Tatsache bereits hingewiesen, - dass im 14. und 15. Jahrhundert das weibliche Geschlecht zu körperlich schweren Arbeiten in viel größerem Um­ fang herangezogen wurde, als das später gebräuchlich, oder besser gesagt, er­ laubt war. Als Beispiel sei nur das Dachdeckergewerbe angeführt. 1463 ver­ fügte der Nürnberger Rat: Item als etlich decker einen andern meister desselben irs hantwercks verlüfft haben, darumb das er im an seiner arbeit ein meide oder frawen ziegel habe lassen rechen mögen, aber mörter rüren und den zu tragen, sollen sie nit tun}21 In einem Erlass von 1592 Nov. 11123 nimmt der Rat wie­ derum darauf Bezug, verbietet aber nunmehr jede Frauenarbeit in diesem Ge­ werbe, auch das Dachziegeltragen. Bei jenen Handwerken, bei denen schwere körperliche Arbeit zu leisten war, besonders bei den Schmieden und ähnlichen Gewerben, kann man im 16. Jahrhundert durchwegs starke Einschränkungen der Frauenarbeit beob­ achten, teilweise wurde es der Frau überhaupt verboten, hier als Helferin tätig zu sein. Man kann aus solchen Verordnungen aber immer wieder entnehmen, dass in früherer Zeit die Bestimmungen in dieser Beziehung bedeutend großzügiger waren. So erhielt die Ordnung der Rinkel- und Kettenschmiede und der Geschmeidemacher 1577 einen Zusatz, es solle kein meister einige maydt zum hanndtwerch anderst geprauchen, dann zum wasche rollen und scheuern, anderer gesellenarbeit aber sollen sie sich genzlich enthalten724 122 StAN, Rst. Nbg., Ratsbücher, Rep. 61, Nr. lc, fol. 40; vgl. auch Mummenhoff: Der Handwer­ ker (wie Anm. 9), S. 52. 123 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 497. 124 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 350. Der Meisterfrau und den Töchtern waren zu der Zeit aber immer noch ziemliche Handreichungen erlaubt. Noch 1699 wurde für diese bestimmt, man solle sie nicht vor die Esse stellen oder zum Schmieden, Schweissen oder Dorneinmachen verwenden, sondern allein zum Aufschlagen und anderer zulässiger Arbeit. Meisterfrauen und Töchter konnten also noch die schweren Schmiedearbeiten verrich­ ten, s. Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 52.

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Auch bei den Rotschmieden war es seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert verboten, Mägde an den Amboss zu stellen und Gesellenarbeit verrichten zu lassen.125 Bei den Flaschnern war es seit 1579 untersagt, Mägde zum anschla­ gen, löten, hemmern, noch sonsten zu anderen den gesellen zugehöriger arbeit zu verwenden, lediglich zum wischen, palgziehen und dergleichen geringerer arbeit solle man sie gebrauchen.126 Waren auch seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert die schweren Arbeiten bei den weiblichen Dienstboten verpönt, so gab es aber immer noch allerlei Hantierungen bei diesen Gewerben, die den Frauen gestattet wurden, wie wir eben schon am Beispiel der Flaschner zeigen konnten. Bei den Ringmachern wurden beispielsweise Mägde mit Polieren und Ausbereiten beschäftigt.127 Die Ordnung der Panzermacher von 1535 erlaubte dem Meister eine Magd zu hal­ ten, die neben der Hausarbeit zu leichteren Arbeiten in der Werkstatt herange­ zogen werden durfte.128 Im Gewerbe der Scheubenzieher129 konnte ein Meister wohl mehrere Hausmägde halten, aber nur eine durfte er im Handwerk zum Wickeln des weichen Drahtes - nicht aber des Stahldrahtes - verwenden.130 Wie genau die Arbeit von Mägden vorgeschrieben sein konnte, und wie an­ dererseits Vorsorge getroffen war, dass von diesen keine verbotenen Hantie­ rungen ausgeführt wurden, zeigt ein Zusatz zur Schellenmacherordnung von 1560 April 8131: Soll keine mayd über den werkstock gesetzet und zum hanndwerck gebraucht werden, dass sie mit dem hammer, feilen, aufschneid- oder drehmesser arbeite, zum öhrlein piegen aber an die sch eilengeh änig soll den meistern eine oder zwo mayds zu halten unbenommen seyn. Und damit die ge­ schworenen solches desto eher mögen innen und gewahr werden, so soll hinfüro kein gesell mehr neben einer solchen maydt, die solche arbeit thut, welche den gesellen und jungen gebuert, arbeiten, sondern dasselbe den geschwornen mei­ stern anzeigen [...]. Letzten Endes waren es ja immer die Gesellen, die gegen die Arbeit der Mägde Beschwerde führten. Vom Messererhandwerk ist uns ein solcher Streit überliefert.132 1533 verfügte der Nürnberger Rat in einem Streit zwischen den 125 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 341. 126 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 75. 127 Ratsverlass von 1577 Sept. 17, StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 336.

128 [...] nemblich ringlein wynnden, cloffen, neglein schneiden, die klopffen und stampfen [...], StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 415. 129 „Der Arbeiter, der den groben Draht auf der Scheibe fein zieht“, nach Grimm (wie Anm. 22), Bd. 8, S. 2395. 130 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 433 und Nr. 261 fol. 426. 131 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 412. 132 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 167. Mummenhoff: Der Hand­ werker (wie Anm. 9), S. 50 f.

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Meistern und Gesellen dieses Handwerks, kein Meister solle Arbeiten, die ihm und den Gesellen zustehen, seinen Mägden auftragen. Es solle ihnen le­ diglich gestattet sein, die Scheiden zu bestecken, zu binden und anzuheften. Das Anfertigen von genähten Scheiden hingegen solle eine freie Kunst und damit allen erlaubt sein. 1513 Okt. 13 ergänzte der Rat seinen Beschluss noch dahin, dass die Meister zwar keine besondere Magd für das Handwerk halten dürften, dagegen die Hausmägde, deren jeder eine oder zwei nach seinem Be­ darf haben möge, durften nach ihrer Hausarbeit in der vorher festgelegten Form beschäftigt werden. Im folgenden Jahr wandten sich mehr als zwanzig Meister an den Rat, er wolle ihnen eine Magd gestatten, die geleimte Scheiden machen und die Messer an den Stock ausbereiten dürfen.133 Auf keinen Fall waren die Gesellen mit einem derartigen Vorschlag einverstanden, sogar etli­ che Meister waren dagegen. Der Rat traf auch keine Änderung mehr in seiner alten Bestimmung von 1513, sondern wies nur erneut nochmals auf deren Einhaltung hin. Bei Handwerken, die von vorne herein mit leichteren Arbeiten zu tun hat­ ten, finden wir natürlich Frauen in viel größerer Zahl beschäftigt. Bei den Pa­ ternostermachern durfte eine Magd zugelassen sein, neben ihrer Hausarbeit anzufassen, ab- und auszureiben, auszuklauben, zu schüren und sonst allerley kleine posselarbeit [...] zu thun.UA Für die Heftleinmacher waren, wie eine Ver­ ordnung von 1573 Dez. 18 zeigt, drei Mägde erlaubt, von denen eine im Haus­ halt, die andern beiden mit Heftleinstecken beschäftigt werden sollten.135 Um noch ein Beispiel zu nennen: Bei den Bürstenbindern durften Mägde garn win­ den, zwirnen, drehen und pursten abwaschen,136 Die Reihe dieser Handwerke, bei denen Frauen mit mannigfachen Nebenar­ beiten beschäftigt wurden, ließe sich noch um viele Beispiele vermehren. Nur um zu zeigen, wie groß die Möglichkeit für das weibliche Geschlecht hier war, einen wenn auch kärglichen Lebensunterhalt zu finden, seien etliche dieser Gewerbe aufgezählt: Die Flickschuster137, die Taschner138, die Fingerhüter139,

133 Diese Arbeit war nach dem Schiedsspruch des Rates von 1513 den Mägden ausdrücklich ver­ boten. 134 1549 Dez. 12, StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 281 und Nr. 260, fol. 260; vgl. Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 51. 135 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher,Rep. 52b, Nr. 259, fol. 180. 136 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher,Rep. 52b, Nr. 260, fol. 290. und Nr. 261, fol. 301. 137 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher,Rep. 52b, Nr. 261, fol. 24. 138 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher,Rep. 52b, Nr. 260, fol. 453 und Nr. 261, fol. 448. 139 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher,Rep. 52b, Nr. 260, fol. 490.

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die Nadler140, die Brillenmacher141, die Seitenmacher142, die Weißgerber143, die Bader144 und Lebküchner145. Sicherlich war in Nürnberg die Zahl der Frauen, die sich bei den Handwer­ kern durch leichte Hantierungen und Nebenarbeiten ihr Brot verdient haben, die größte im Vergleich zu den übrigen beruflichen Arbeitsmöglichkeiten in­ nerhalb der Handwerke. Im Ganzen können wir beobachten, dass in Nürnberg in der Zeit bis gegen 1600 die Frauen wohl von keinem Handwerk ausgeschlossen waren, für das ihre Kräfte ausreichten. Freilich ist wie in anderen Orten auch hier die Tendenz zu beobachten, die Frauenarbeit mehr und mehr zurückzudrängen146. Ein­ schränkungen erfuhr zunächst das Meisterwitwenrecht, später vor allem aber die Mägdearbeit. Gerade die Gesellenverbände waren es, die sich zuerst wei­ gerten, neben weiblichen Hilfskräften zu arbeiten. Vereinzelt kamen auch von den Meistern Klagen. Der Nürnberger Rat zeigte sich aber immer noch ver­ hältnismäßig duldsam. Wohl wurden im Laufe des 16. Jahrhunderts den Frauen viele Hantierungen verboten, besonders wenn es sich um schwere kör­ perliche Arbeiten handelte, im Ganzen gesehen gehören aber die durchgreifen­ den Frauenarbeitsverbote erst einer späteren Zeit an. Die Gründe für diese Entwicklung sind längst bekannt, am Beispiel Nürn­ bergs finden wir sie nur neu bestätigt. Es ist nichts anderes als der Existenz­ kampf des männlichen Geschlechts, vor allem der Gesellen, hervorgerufen durch den langsamen Verfall des Handwerks. Dies Tatsache wiederum steht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Rückgang des Handels, was gerade für Nürnberg maßgeblich ins Gewicht fiel. 2. Die Frau im Kunsthandwerk und Kunstgewerbe Im 17. und 18. Jahrhundert sind in Nürnberg drei Frauen durch ihr künstleri­ sches Schaffen besonders hervorgetreten; nicht nur zu ihrer Zeit, sondern noch heute stehen ihre Arbeiten in hohem Ansehen: Maria Sibylla Merian (verehe­ lichte Graff), Barbara Regina Dietzsch und Margarethe Barbara Dietzsch.147

140 141 142 143 144 145 146 147

StAN, Rst. Nbg.,Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 260, fol. 199 und Nr. 261, fol. 258. StAN, Rst. Nbg.,Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 295 ff. StAN, Rst. Nbg.,Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 379. StAN, Rst. Nbg.,Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 505. StAN, Rst. Nbg.,Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 478. StAN, Rst. Nbg.,Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 220. Vgl. Bücher: Frauenfrage (wie Anm. 2), S. 15. Vgl. zum Folgenden: Thieme-Becker: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 9, Leipzig 1913, Bd. 24, Leipzig 1930. Hier auch nähere Litera­ turangaben.

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Die Zeit ihrer Tätigkeit gehört zwar nicht mehr der hier zu besprechenden Periode an, trotzdem darf aber ein kurzer Hinweis auf sie als gerechtfertigt erscheinen. Finden wir doch durch sie am besten Zusammenhänge mit früherer Zeit, womit wir zugleich Anhaltspunkte über die künstlerische Betätigung der Frauen in dem für uns maßgeblichen Zeitabschnitt gewinnen können. Die in Frankfurt geborene Maria Sibylla Merian (1647-1717) kam durch ihre Heirat nach Nürnberg. Die reiche künstlerische Begabung der Familie Merian vor allem als Kupferstecher - war auch bei ihr in hohem Maße vorhanden. Im Kupferstich war sie eine vollendete Meisterin ihrer Zeit. Sie zählte sogar zu den ganz wenigen Frauen, die auf diesem Gebiet durch größere Leistungen hervor­ getreten sind. Schließlich sind aus ihrer künstlerischen Hand auch im Vergleich zu den Andern wohl die besten Arbeiten hervorgegangen. Daneben war sie noch als Malerin tätig. Wir kennen Werke von ihr in Ol, Aquarell und auf Seide. Blu­ men, Früchte und Tiere waren ihre Lieblingsthemen. Die beiden Schwestern Barbara Regina (1706-1783) und Margaretha Barbara Dietzsch (1726-1795) entstammten einer bekannten Nürnberger Maler-, Zeich­ ner- und Radiererfamilie. Auch sie selber besaßen große künstlerische Fähigkei­ ten als Malerinnen. Von Barbara Regina besitzen wir eine Reihe kleiner Land­ schaften, Blumen- und Insektenmalereien, Fruchtstücke, Stilleben, Darstellun­ gen lebender und toter Vögel. Das beste Zeugnis für ihr reiches und gutes Schaf­ fen haben wir darin, dass an sie mehrfach der Ruf als Hofmalerin erging. Sie hat allerdings Nürnberg nie verlassen. Ihre Schwester ist als Malerin von Blumen, Vögeln und Früchten bekannt. Auch mit Radierungen trat sie hervor. Als ihre größte Leistung auf diesem Gebiet ist ein 1784 erschienenes Werk über die Flora der Nürnberger Gegend zu nennen, zu dem sie die Abbildungen schuf. Im 17. und 18. Jahrhundert konnten somit in Nürnberg Frauen als Malerin­ nen und Kupferstecherinnen tätig sein. Der Grund hierfür ist allein dadurch gegeben, dass diese Arbeiten als freies Handwerk oder freie Kunst zählten, die von jedem ausgeübt werden konnten. Es ist sehr bemerkenswert, dass die Maler und Radierer148 trotz der Anstrengungen mehrerer Jahrhunderte es nie zum geschworenen Handwerk bringen konnten149, sie blieben immer eine freie Kunst. Sie besaßen zwar so genannte Gesetzlein und Artikel, die sogar ein Pro­ bierstück vorschrieben150, in keinem Fall ist aber ein Meisterstück nachzuwei148 In den zeitgenössischen Quellen wird immer der Ausdruck Flach- und Ätzmaler gebraucht. 149 Ausführliche Angaben bei Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 117; vgl. Mummenhoff: Der Handwerker (wie Anm. 9), S. 28 f. 150 Das Probierstück bestand zumeist in einer Landschaft. Diese Bilder kamen dann zum Rat, der sie im Rathaus in der Regimentsstube aufhängen ließ, damit - so heißt es in der Ordnung - eins Meisters vor dem andern sein Fleiss und wie ein jeder seiner Arbeit und Kunst halben qualifi­ ziert sei, dabei erkannt werde, vgl. Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 117.

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sen, worin wir das Hauptmerkmal des geschworenen Handwerks zu suchen haben. Wichtig sind diese Feststellungen insofern, als demnach Frauen in Nürn­ berg zu jeder Zeit auf dem Gebiete der Flach- und Ätzmalerei tätig sein konnten. Wenn wir auch für die Zeit bis zum 17. Jahrhundert keine Frauen namentlich überliefert finden, die hierin durch größeres künstlerisches Schaffen hervorgetre­ ten sind, wie etwa die M. S. Merian und die Schwestern Dietzsch, so muss das keineswegs als Zeichen für das Nichtvorhandensein der weiblichen Arbeiten gelten. Bekanntlich sind doch meistenteils nur die Namen jener Künstler der Nachwelt erhalten geblieben, die durch größere Leistungen hervorgetreten sind. Als eigenes Gewerbe haben sich daneben die Karten- und Briefmaler her­ ausgebildet, die vor allem auch Bücher mit Malereien zierten und illuminierten. Ihre Arbeit gehörte ebenfalls der freien Kunst an151, sie konnte also auch von Frauen ausgeübt werden. So erlaubte 1580 März 8 der Rat der Margaretten Mercklin, weiland Bernhardt Merckls, gewessnen Kartenmalers seligen, nach­ gelassener wittib, jetzo Lienhardt Schmausens bierpreuers eewirtin, [...] ihre Kartenmalerwerkstatt für ihren kleinen Sohn aus erster Ehe beizubehalten.152 Eine selbstständige Kartenmalerin ist bereits in einer Losungsliste des Sebalder Stadtteiles von 1433 als Steuerpflichtige angeführt.153 Die Briefmaler sind seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in den Ämterbüchlein verzeichnet. Für die Jahre 1560 und 1570 ist hierbei je eine Witwe überliefert.154 Andere Verhältnisse treffen wir freilich bei den Wismutmalern an, einem Handwerk, das allerlei Spielwaren bemalte155. Ihre Handwerksordnung aus dem 16. Jahrhundert enthält die Verfügung, das wiessmutmahlen keiner Weibs­ person zu lernend Bei den Formschneidern157 ist keine selbstständige Frauenarbeit nachzuwei­ sen. Witwen scheinen jedoch das Nachfolgerecht in diesem Handwerk beses­ sen zu haben, nachdem für das Jahr 1590 ein solcher Fall in den Ämterbüchlein überliefert ist.158 151 1481 haben sich die Kartenmaler beim Rat über den Nachrichter beklagt, weil er in ihr Hand­ werk eingreife. Der Rat wies jedoch die Beschwerde zurück und erlaubte dem Nachrichter das Briefmalen als eine freie Kunst, nachdem das nicht für ein Handwerk gehalten würdt, zu üben und zu treiben, unangesehen der Kartenmaler Anfechtung, vgl. Mummenhoff: Der Handwer­ ker (wie Anm. 8), S. 28. 152 Hampe: Nürnberger Ratsverlässe (wie Anm. 100), Bd. 2, S. 69, Nr. 449. 153 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 275, fol. 55. 154 Siehe Anhang. 155 Vermutlich haben sie dabei Wismut, ein Halbmetall, verwendet, vgl. Schmeller: Wörterbuch (wie Anm. 58), Bd. 2, S. 1039. 156 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 261, fol. 502. 157 Hersteller von Holzstöcken und Typen für den Druck. 158 Siehe Anhang.

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Auf das Ausbereiten im Goldschmiedehandwerk, das sich als gesonderte, meist von Frauen ausgeübte Verrichtung herausgebildet hatte, wurde bereits oben mehrfach hingewiesen. Immerhin ist das aber als Tätigkeit zu bezeichnen, die im engen Zusammenhang mit dem Kunsthandwerk steht. Das ist deutlich aus einem Ratsverlass von 1556 Nov. 18 zu ersehen: Uff der geschwornen goldschmid angbrachte clag wider Ursulam Rüsin des aussberaitens halb allerley Silbergeschirrs soll mann die goldschmidordnung darumb ansehen, die beclagt Rüsin darauf zu red halten unnd ir anntwort widerbringen [...f59 Sehr verbreitet war die Frauenarbeit wohl auch beim Gewerbe der Geschmeidleinmacher. Freilich sind die Nachrichten, die wir hierüber besitzen, sehr gering. Der Grund ist darin zu suchen, dass diese Arbeit der freien Kunst angehörte, über die allgemein keine besonders reichhaltige Überlieferung vor­ handen ist. Etliche Anhaltspunkte über das Gewerbe der Geschmeidleinmacherinnen können wir einem Ratsverlass von 1579 Juli 27 entnehmen: Auff Anna Köchin, geschmeidleinmacherin, verlesene ansag, das ir heut gegen den tag inn iren kram unter denn Torisani eingebrochen und an seiden, porten, ein­ gefasten elendtsklauen, wolffszänen, corallen und ringen bey 20 fl. werth gestolen worden, soll man den knechten bevelhen, wann sie dergleichen verdechtige personen antreffen, inn das loch einzuziehenXh0. Daneben kennen wir noch etliche Zweige innerhalb des Kunstgewerbes, die der freien Kunst angehört haben und hauptsächlich von Frauen ausgeübt wur­ den. Erwähnt seien nur die Gewerbe der Seidenstickerinnen. Spitzenwirkerinnen und Goldstickerinnen.161 also Hantierungen, für die das weibliche Ge­ schlecht von vorne herein eine größere Eignung besaß. Auch bei den Atlasma­ cherinnen scheinen ähnliche Verhältnisse in Übung gewesen zu sein, nachdem wir einen Ratsverlass von 1535 Mai 31 folgende Verfügung entnehmen: Anna Schertin und der atlassmacherin zu sagen, das sie des gestoln garns halben still schweigen, biss die Hanns Wäschauerin aussm kindbeth kommen162. Zu nennen bleibt schließlich noch das Gewerbe der Papierdockenmacher163. In einer Be­ stimmung von 1600 Nov. 17 heißt es nämlich, dass vor der zeit ein goltschmidin am marckht neben dem schönprunnen hinab, die Malaueitin genannt, uff ei159 Hampe: Nürnberger Ratsverlässe (wie Anm. 100), Bd. 1, S. 520, Nr. 3635. - Hier sei überhaupt auf die Ausführungen über das Goldschmiedehandwerk in Kapitel 1 verwiesen. Gerade dieses hat, vor allem im 15. und 16. Jahrhundert, als Kunsthandwerk im besten Sinne des Wortes zu gelten. Da wir jedoch aus dessen Handwerksordnung besonders beispielhaft die Entwicklung des Handwerksrechtes im Allgemeinen feststellen konnten, wurde schon oben mehrmals aus­ führlich davon gesprochen. 160 Hampe: Nürnberger Ratsverlässe (wie Anm. 100), Bd. 2., S. 64, Nr. 421. 161 Vgl. Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 112. 162 Hampe: Nürnberger Ratsverlässe (wie Anm. 100), Bd. 1., S. 295, Nr. 2107. 163 Papierpuppenmacher; vgl. auch Mummenhoff: Freie Kunst (wie Anm. 8), S. 118.

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nem klainen tischlein gemachte tockhen fail gehabt, welche aber vor etlichen jaren mit todt abgangen /~./164. Hingewiesen sei noch auf das Gewerbe des Granatrosensetzens, für das in Nürnberg nur eine Familie privilegiert war. Ihre Angehörigen, sowohl Männer wie Frauen, konnten diese Arbeit betreiben, alle übrigen waren davon ausge­ schlossen. So enthält ein Ratsverlass von 1606 August 9 folgende Bestimmung: Anna lauxin welche sich beschwert, das ihr an der rüg das rosensetzen nidergelegt und verpotten worden, und bittet, ihr solchs zuzulassen, soll man solch begern abschlagen, weil solchs wider dess Claudi vom Creutz und dessen erben erlangtes kayserliches und von meinen herrn confirmirtes privilegium ist, und ihr sagen, sie soll ettwas anders anfangen, damitt sie sich hinbringe165. Ein wei­ terer Ratsverlass von 1611 Dez. 28 lässt ebenfalls auf diese, sicherlich schon im 16. Jahrhundert üblichen Gewohnheiten schließen: Jörgen Hoffman und Elena, Melchior Brettens wittib, anyetzo Jacob Helberts ehewirtin, welche dess granatrosensetzens, ungeachtet sie dem Creutzischen privilegio nitt verwandt, sich angemast, soll man bey der aufferlegten rugstraff bleiben lassen und solche arbeit bey ihnen ab schaffen166. Besonders sei hier noch auf das Handwerk der Goldspinnerinnen verwie­ sen, das bereits oben behandelt wurde, letzten Endes aber als Kunstgewerbe in der typisch mittelalterlichen Art beinahe noch zu gelten hat. Mit Rücksicht darauf, dass wir an diesem Beispiel sehr gut ein Frauenhandwerk mit Hand­ werksordnung besprechen konnten, wurde in anderem Zusammenhang bereits eingehend darüber gehandelt. Nürnberg war daneben eine der ersten Städte in Deutschland, in denen die schönen Wissenschaften, das Studium der klassischen Literatur und die huma­ nistische Bildung eine Heimstätte fanden167. In hohem Maße wurde die Pflege des gesamten geistigen Lebens aber dadurch gefördert, dass in Nürnberg die Buchdruckerkunst bereits in sehr früher Zeit und mit außerordentlichem Er­ folg ausgeübt wurde. Genannt sei nur die Druckerei des Anton Koberger, in der schon vor 1500 täglich mit 24 Pressen gearbeitet wurde und über hundert Personen Beschäftigung fanden. Bis in das 17. Jahrhundert muss dieses Ge­ werbe als ein Zweig des Kunsthandwerks wie auch des Kunstgewerbes von höchster Güte angesehen werden. Erst bei der zunehmenden Massenproduk­ tion trat eine große Verflachung sowohl in Bezug auf die künstlerische Ausge­ staltung wie auch in der ganzen Drucktechnik ein. 164 165 166 167

Hampe: Nürnberger Ratsverlässe (wie Anm. 100), Bd. 2, S. 301, Nr. 1718. Ebd., S. 306, Nr. 2078. Ebd., S. 431, Nr. 2451. Vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 696 f.

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Auch Frauen haben in diesem für die Entwicklung der Wissenschaft, Bil­ dung und nicht zuletzt der Kunst so wichtigen Gewerbe Eingang gefunden. 1532 ist erstmals in einem Amterbüchlein eine Frau als Inhaberin einer Druckerei erwähnt168. Vermutlich handelt es sich um eine Witwe, die zusam­ men mit einem Setzer den Betrieb geführt hat. Für 1550 sind sogar drei Frauen überliefert169. Flier lässt sich aber nur eine mit Sicherheit als Witwe festlegen, während man bei den beiden anderen mit großer Wahrscheinlichkeit anneh­ men kann, dass sie den Betrieb aus anderen Gründen selbstständig geleitet ha­ ben. Möglicherweise waren es Töchter ehemaliger Drucker. Möglichkeiten für Frauenbeschäftigung haben sich auch bei den Buchfüh­ rern, wie der zeitgenössische Ausdruck für die Buchhändler lautete, ergeben. Auch dieses Gewerbe, das zu dieser Zeit noch in direktem Zusammenhang mit den Druckereien selber stand und deshalb hier angeführt werden soll, hatte in Nürnberg seit früher Zeit eine hohe Blüte170. Seit 1560 werden beinahe alljähr­ lich in den Ämterbüchlein Frauen als Buchhändlerinnen verzeichnet171. Aller­ dings lässt sich auch hier nur schwer entscheiden, ob darunter Witwen oder unverheiratete Frauen zu verstehen sind. Der Nürnberger Rat hat sicherlich die Bedeutung aller dieser Gewerbe, die mit dem Buchdruck Zusammenhängen, erkannt. Findet sich doch im Ämter­ büchlein von 1570 folgender Eintrag: Puchtrucker, buchfürer, formschneider und briefmaler sollen eins erbern raths verlass nach hinfüro allejar mit dem eidt gevertigt werden. 16. Augusti 1596.172 Nachdem aber auch Frauen diesem Eid unterworfen waren, wie die Einträge in den Ämterbüchlein zeigen, hatten diese jedenfalls gleiche Rechte wie die Männer. 3. Die Frau im Verkauf, im Kleinhandel und Gaststättengewerbe Der Kaufmannstand des Mittelalters und der frühen Neuzeit trägt bei weitem kein so einheitlich gegliedertes Gepräge, wie wir das von den Handwerken kennen173. Als Hauptmerkmal der Zünfte bzw. in Nürnberg der geschworenen 168 169 170 171

StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 52/1. - Siehe auch Anhang. StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 70. Vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 1000. Siehe Anhang. - Zumeist sind es dieselben Namen, die schon bei den Buchdruckern hervortre­ ten. 172 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 89. 173 Hier kann nur das Allernotwendigste über die Entwicklung und den Aufbau des städtischen Handels gesagt werden. Zu dem Thema Groß- und Kleinhandel, besonders deren Entwicklung im Mittelalter, sei auf folgende Gesamtdarstellung verwiesen: Georg von Below: Großhändler und Kleinhändler im deutschen Mittelalter, in: Jahrbuch für National-Okononomie und Stati-

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Handwerke haben wir die scharfe Abgrenzung der einzelnen Gewerbezweige von einander hervorgehoben. Im Kaufmannstand dagegen sind Groß- und Kleinhandel, Geld- und Kreditgeschäft, Steuer- und Münzpacht, Warenbeför­ derung und viele andere Tätigkeiten aufs Engste miteinander verknüpft. Ein mittelalterlicher Kaufmann hat sich in den seltensten Fällen nur auf den Han­ del mit bestimmten Artikeln festgelegt, sondern er vertrieb die verschiedensten Waren. Die Berufsbezeichnung „Kaufmann“ ist somit für diese Zeit in einem viel weiteren Sinne zu fassen, als wir es heute gewohnt sind. Das Mittelalter kannte keinen scharfen Unterschied zwischen Groß- und Kleinhandel. Das Charakteristikum dieser Zeit bestand vielmehr in einer mehr oder weniger ausgeprägten Vereinigung von Groß- und Kleinhandel in einer Hand. Der Kleinhandel hat schon in der mittelalterlichen Stadt eine wichtige Rolle gespielt. Zugleich kommen wir hier zu jenem Betätigungsfeld, auf dem sich die Frau vom Hochmittelalter herauf bis heute behaupten konnte. Seit Ende des 13. Jahrhunderts ist es dem weiblichen Geschlecht mehr und mehr gelungen, sich in das städtische Handelsleben, vornehmlich im Kleinhandel, einzuschal­ ten174. Schon in früher Zeit haben sich innerhalb der Bürgerschaft bestimmte Gruppen herausgebildet, die das Monopol des Kleinhandels für gewisse Waren in der Hand hatten175. Zunächst besaßen die Zünfte bzw. in Nürnberg die ge­ ordneten und geschworenen Handwerke für ihre Angehörigen das alleinige Recht, die Produkte des jeweiligen Gewerbes im Kleinhandel abzusetzen.176 3.1 Der Verkauf bei den Handwerken Der unmittelbare Zusammenhang von produzierendem Handwerk und Klein­ handel tritt am augenscheinlichsten bei den Nahrungsmittelgewerben zu Tage.177 Besonders beispielhaft müssen hierfür die Gewerbe der Fleischhacker und Bäcker gelten.

174 175 176 177

stik 75 (1900); ders.: Probleme der Wirtschaftsgeschichte, Tübingen ^1926; Friedrich Keutgen: Der Großhandel im Mittelalter, in: Hansische Geschichtsblätter 10 (1901); Josef Kulischer: All­ gemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, 2 Bde., München/Berlin 1928; Henri Pirenne: Social- u. Wirtschaftsgeschichte Europas im Mittelalter (Sammlung Dalp 25), Ndr. München 1971. Vgl. Hess: Deutsche Frauenberufe (wie Anm. 3), S. 90. Vgl. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 89. Oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass in Nürnberg beispielsweise die Kerzenmacherinnen über den Verkauf von Kerzen und Lichtern durch die Krämer Beschwerde führten. Über den Nürnberger Großhandel soll hier nicht gesprochen werden, da wir über keinerlei An­ haltspunkte einer größeren Frauenbeteiligung in diesem verfügen.

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Das Problem der Lebensmittelversorgung war in den Städten seit den frühe­ sten Anfängen eine Hauptaufgabe der Stadtverwaltung. Zum besseren Ver­ ständnis der nachfolgenden Ausführungen ist es erforderlich, die grundlegen­ den Gesichtspunkte der Ernährungspolitik des Bürgerstandes aufzuzeigen.178 In den Städten galt es nicht nur ständig für frische Zufuhren zu sorgen, son­ dern auch den Gefahren eines wucherschen Aufkaufes und einer willkürlichen Häufung entgegenzuarbeiten. Vornehmlich wurden immer zwei Mittel ange­ wandt, um eine wohlfeile und reichliche Lebensmittelversorgung zu sichern: öffentlicher Verkauf und Unterbindung des Zwischenhandels. Die ältesten uns überlieferten städtischen Verordnungen - teilweise noch aus dem 12. und 13. Jahrhundert - befassen sich mit solchen Maßnahmen. Mit etwas Übertreibung kann man diese beinahe als Hauptmerkmale der Stadtwirtschaft bezeichnen. Pirenne179 fasst die hauptsächlichsten und bei allen Städten vertretenen Be­ stimmungen wie folgt zusammen: „Verbot die Lebensmittel außerhalb des Marktes, d. h. direkt beim Bauern, einzukaufen, Verpflichtung für letztere, alle Waren dem Markte zuzuführen, um sie dort bis zu einer bestimmten Stunde einzig für Bürger feilzuhalten; Verbot für die Metzger, einen Überschuss an Fleisch in den Kellern zu konservieren, und ähnliche für die Bäcker, mehr Mehl zu erwerben, als sie für die eigene Backstube benötigen; [...] Vorsichtsmaßre­ geln werden ergriffen, um jede absichtliche Steigerung der Nahrungsmittel­ preise zu verhindern. Oft statuiert man Maximalpreise; [...] eigene Kommunal­ beamte, die zusehends vermehrt werden, sind mit der Marktpolizei betraut Alle diese Verordnungen, die ganz allgemein an Hand von Beispielen der eu­ ropäischen Städte zusammengestellt sind, könnte man als Charakteristikum der Nürnberger Erlässe für die Nahrungsmittelversorgung bezeichnen. Dass überdies auch in Nürnberg die Stadtverwaltung seit frühester Zeit dieser Auf­ gabe Rechnung trug, zeigen die Polizeiordnungen, deren älteste Teile aus dem 13. Jahrhundert fast durchwegs nur von der Versorgung der Stadt und vom Marktverkehr handeln. Eine dieser Marktordnungen enthält beispielsweise die Bestimmung, dass es für burger, burgerin, inwohner, inwohnerin verboten sei, an Feiertagen weder prot, vogel, obs noch einich annder essender ding zu offem marckt zu verkaufen180. Hierdurch wird bereits die große Bedeutung des weib­ lichen Geschlechts im Nürnberger Handels- und Marktleben veranschaulicht. Vorhin wurde auf den engen Zusammenhang zwischen Handwerk und Kleinhandel hingewiesen und zwar wurden beim Lebensmittelgewerbe beson178 Vgl. Pirenne: Social- und Wirtschaftsgeschichte (wie Anm. 173), S. 168 f. 179 Ebd. 180 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 171.

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ders die Fleischhacker und Bäcker hervorgehoben. Manchmal ist kaum zu ent­ scheiden, ob man hier die berufstätige Frau in erster Linie als Händlerin, als Handwerkerin oder als nur im Verkauf Tätige anzusprechen hat. Der Verkauf der Fleischhacker wurde in Nürnberg im 15. Jahrhundert durch eine Ordnung des Rates bis in die Einzelheiten geregelt.181 Als eines der wichtigsten Gebote lesen wir am Anfang: Umb gemeines nutz und notturft willen sol niemandt, er sei burger oder gast, einich fleisch oder wurste, die er hie verkauffen wil, annderswo nyndert dann unnter gemeynen fleischpenncken feil haben oder verkaufen.182 Hinzugefügt wird noch, aller ingthumb solle nur am Säumarkt verkauft werden. Der Verkauf in den Häusern der Metzger selbst war immer verboten. Die Fleischbänke befanden sich von altersher an der nach ihnen benannten Fleischbrücke.183 Bereits 1298 sind diese urkundlich erwähnt. Angeblich im Jahre 1419 wurde das so genannte alte Fleischhaus gebaut, in dessen Halle das Fleisch an den Markttagen feil gehalten wurde. Die alten hölzernen Läden sind in dieser Zeit verschwunden. Aber schon 1444 wurde ein zweites Fleischhaus, das so genannte neue Fleischhaus am Säumarkt errichtet. Über die Handhabung des Verkaufs bei den Fleischbänken selber ist Fol­ gendes zu sagen: Wir wissen von etlichen Städten wie München, Passau, Würz­ burg und Riga, dass es den Fleischerfrauen und den Töchtern verboten war, in der Bank zu stehen und Fleisch feilzuhalten.184 Von Nürnberg kennen wir keine ähnliche Bestimmung. Im Gegenteil, bei allen einzelnen Verordnungen, die vom Verkauf in den Bänken handeln, ist ausdrücklich immer die Frau ge­ nannt, auch für sie galt das Gebot des Rates in gleicher Weise wie für den Fleischhacker selbst. Besonders deutlich ist das etwa aus folgender Marktord­ nung ersichtlich: Es sol ein jeder meister oder meisterin täglich ein Zeichen offennlich auff seiner bank haben, darbey man erkennen möge, ob er ochsen oder kuefleisch feil habe und wie das fleisch gesatzt sey.1S5 Man kann sogar sagen, dass jede einzelne Bestimmung über den Fleischverkauf und Marktverkehr etwa den Anfang nimmt: Sollen die fleischhacker und fleischhackerin ... Nach diesen Feststellungen dürfen wir mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass in Nürnberg die Ehefrauen der Fleischhacker im Marktleben eine dem Manne ebenbürtige Rolle gespielt haben. Schließlich darf es sogar nicht zu weit gegriffen sein, wenn man die gewerbliche Stellung der Nürnberger Fleischer­ frau im 15. und 16. Jahrhundert etwa mit den heutigen Verhältnissen vergleicht. 181 182 183 184 185

Ebd., S. 223 f. Ebd., S. 223. Vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 602 f. Vgl. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 33. Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 223.

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In ähnlicher Weise wurde in Nürnberg der Brotverkauf gehandhabt. Die Bäcker durften in ihren eigenen Häusern kein Brot feil haben.186 Für diese Zwecke bestand das 1332 erstmals erwähnte Brothaus der Burger, eben ein städtisches Brothaus. Daneben gab es noch eine Anzahl von Brotbänken, Krä­ mern und Brotlauben, auf denen die Bäckerfrauen Brot und Semmeln zum Verkauf anboten. Viele solche Lauben standen beim Rathaus, teilweise auch auf der Straße gegen die Sebalduskirche zu. 1424 ließ der Rat diese abbrechen. Eine Anzahl war in die Pfeiler des Ostchores an der Sebalduskirche hineingebaut. Auf dem Hauptmarkt standen Brotstände, die nur Donnerstag und Samstag aufgeschlagen wurden. Anfänglich waren die Brotbänke und Brotlauben Eigenbesitz Nürnberger Bürger. Später wurden sie von der Stadt erworben und gegen Jahreszins an die Bäckermeister vermietet. Uber die ursprünglichen Rechtsverhältnisse haben wir bereits aus Urkunden des 14. Jahrhunderts Kenntnis. So wird in einem Be­ stätigungsbrief des Schultheissen der Stadt Nürnberg vom Jahre 1352 der Agnes Nützelin der aus dem Vermächtnis ihres Vaters Friedrich Ebner stam­ mende Aigenzins von fünf Pfd. Heller aus den protbenken bei den parfuzzen [=Barfüßerkloster] vererbt. Eine Urkunde von 1372 Dez. 12 überliefert, dass eine Witwe Has für eine abgebrochene Brotbank eine andere an einem Pfeiler zu St. Sebald erhalten hat.187 Der Verkauf bei den Brotbänken wurde durchwegs von Frauen ausgeführt. Hauptsächlich waren es die Ehefrauen und Töchter der Bäckermeister. Etliche einschlägige Bestimmungen in den Polizeiordnungen des 15. Jahrhunderts, die sich mit dem Bäckerhandwerk befassen, bieten dafür Anhaltspunkte.188 Eine Sonderstellung innerhalb des Bäckerhandwerks nahmen die so genann­ ten Fladenpecken ein. Für sie wurde verordnet, dass sie an keinem andern Tag als am Samstag fladen, Speckkuchen, pretzen oder anders am Markt feil haben sollten.189 Über die Personen, die dieses Gewerbe ausgeübt haben, besitzen wir nur sehr geringe Anhaltspunkte. In einem Amterbüchlein von 1400 ist eine Fladenbecherin verzeichnet190, ein Mann ist für 1430 überliefert. 191 Auf jeden Fall ist damit die Frauenbeteiligung auch beim Verkauf gesichert.

186 Zum Folgenden siehe Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 601; vgl. Georg J. Hammerbacher: Die Becken in der Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg 1924, S. 65 187 Hammerbacher: Die Becken (wie Anm. 186), S. 65. 188 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 214 und 222. 189 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 232, fol. 81. 190 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 1. Siehe auch Anhang. 191 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 3.

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3.2 Die Frauenbeteiligung innerhalb des Kleinhandels Wenn vom Kleinhandel mit Lebensmitteln gesprochen wird, so müssen vor al­ lem die Fragner192 erwähnt werden. Haben wir es doch hier mit dem Gewerbe zu tun, das in Nürnberg vornehmlich den Kleinhandel mit Lebensmitteln be­ trieben hat, vergleichbar etwa mit unseren heutigen Kolonialwarengeschäften. Dass gerade hier Frauen ein reiches Betätigungsfeld gefunden haben, kann von vorne herein als selbstverständlich gelten. In einem Handwerks- und Meister­ buch von 1370 sind die Namen von neun Frauen überliefert, die dieses Ge­ werbe selbständig ausgeübt haben.193 Ihre Zahl beträgt ein Viertel der ebenda eingetragenen Männer. Die Fragner waren somit in Nürnberg zu einer Vereinigung zusammenge­ fasst, die ungefähr den Gegebenheiten bei den geschworenen Handwerken ent­ sprach, wie aus dem Eintrag in dem erwähnten Meisterbuch klar zu ersehen ist. In allen übrigen Städten bestanden bekanntlich für die Kleinhändler194 Zünfte. In Nürnberg konnten sich entsprechend seiner besonderen Stadtverfassung nur Verbände für diese Gewerbe entwickeln, die den bei den Handwerken ge­ bräuchlichen Ordnungen entsprachen. Die einschlägigen Verordnungen über den Lebensmittelhandel in den Poli­ zeiordnungen des Rates befassen sich mehrfach mit diesem Gewerbe. So wird im 15. Jahrhundert verfügt, dass hinfüro kein pfragner; pfragnerin oder ir gewalt von getraid, Kuchenspeiss und anderem in irpfragenwerk dienend nit mer kauffen sollen dann sy zu irem pfragenwerck bedurffen.195 Ebenso war es dem Pfragner und der Pfragnerin verboten, diese Erzeugnisse am Vormittag einzu­ kaufen.196 Weiterhin war es Fragner und Fragnerin nicht gestattet, Schmalz in der Stadt oder im Umkreis bis zu einer Meile zu kaufen und hernach in der Stadt oder in den Vorstädten Wöhrd und Gostenhof in den Handel zu brin­ gen.197 Den Verkauf von Wild und Geflügel besorgten auf dem Nürnberger Markt Wildner und Wildnerinnen. Das weibliche Geschlecht war jedoch vorherr­ schend, wie die Einträge in den Ämterbüchlein zeigen.198 Meist haben Mann und Frau zusammen das Gewerbe ausgeführt, mehrfach aber auch Frauen al192 In den zeitgenössischen Quellen heißt es immer Pfragner und Pfragnerin. Es war das Gewerbe der Kleinhändler mit Lebensmittel. 193 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 303, fol. 46 f. 194 Vgl. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 95. 195 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 216. 196 Ebd. 197 Ebd.,S.217. 198 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 8/1, fol. 26, Nr. 52/1, fol. 62; vgl. auch die Angaben im Anhang.

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lein; Männer dagegen werden nie allein überliefert. In den Marktordnungen des 15.199 und des frühen 16. Jahrhunderts200 wird durchwegs von dem Wildner und der Wildnerin gesprochen. In einer Ordnung, wie sich die wildnerin mit beraitung der genns und anderem und bei iren schregen hallten sollen vom Jahre 1543201 ist hingegen nur noch von Frauen die Rede, so dass es als wahr­ scheinlich gelten kann, dass von da an dieses Gewerbe nur noch von Frauen ausgeübt wurde. Die verschiedenen Sorten von Wild und Geflügel, die von den Wildnerinnen am Markt feil gehalten wurden, zählt die Ordnung aus dem 15. Jahrhundert auf: Hirsche, Rehe, Hasen, Wildschweine, Eichhörner, Rebhühner, Haselhüh­ ner, Birkhühner, Wildenten, Gänse, Enten, Tauben und Hühner. Auch lebende Singvögel wurden anscheinend von ihnen zum Kauf angeboten. Der Rat ver­ bot nämlich die Gewohnheit, dass an den Feiertagen von den Wildnerinnen am Markt vogel, vogelgarn, vogelheuser und anderes [...] vor tisch zeit und es da nach tisch ganntz gepredigt ist feil gehalten werden durften, weil dadurch die leute messe und anderen gottesdienst versäumt haben.202 Die angeführte Marktordnung der Wildnerinnen von 1543, die im wesentli­ chen nur einen Zusatz zu den früheren Bestimmungen bildet, enthält Regelun­ gen über die Verkaufszeiten und Vorschriften für die Sauberkeit in den Verkaufsständen. In dem Eid, den sie jährlich vor dem städtischen Amtbuch ablegen mussten, ist streng vorgeschrieben, die Wildnerinnen sollen nur solches Wild und Geflügel auf den Markt bringen, das sie selbst lebendig gekauft und geschlachtet hätten, damit sie keine schlechte Ware den Kunden vorsetzen würden.203 Wie sehr der Nürnberger Rat auf Sauberkeit bedacht war, zeigt eine Verordnung des 15. Jahrhunderts, nach der das Geflügel mit ungerupftem Kopf und Schweif feil gehalten werden musste, damit ein jeder erkennen muge, was vogel er kauffe 204 In ähnlicher Weise wurde vom Rat der Obstverkauf überwacht. Wie den Wildnerinnen ihr eigener Platz am Markt vorgeschrieben war205, so durften auch die Obsthändler, obser und obserin genannt, ihre Ware nur am Obstmarkt verkaufen.206 Hauptsächlich haben Frauen dieses Gewerbe ausgeübt, soweit 199 200 201 202 203 204 205

Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 311 f. StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 538. Ebd., fol. 539. Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 311. StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 538. Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S., 311. wildner und wildnerin, so da hinden an irem marckt penncke haben, Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 312. 1544 ist sogar von einem gennsmarckt die Rede: StAN, Rst. Nbg., Amtsu. Standbücher, Nr. 101, fol. 539. 206 Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 606.

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Männer beteiligt waren, lassen sich diese durchwegs als die zugehörigen Ehemänner erkennen. Zur Überwachung des Gewerbes hatte der Rat obsmesser bestellt, die meist zusammen mit ihren Ehefrauen als vereidigte Aufsicht zu walten hatten.207 Daneben war es auch den Gärtnerinnen gestattet, das Obst aus ihren eigenen Gärten bei rüben und kraut und dergleichen fruchten auff dem rechten marckt allein vormittag anzubieten™ Die Erzeugnisse der Gärtner, also auch das Obst, wurden demnach auf dem rechten Markt, dem Hauptmarkt verkauft, Der Rat gestattete diese Ausnahme auf Bitten der Gärtner bzw. ihrer Ehe­ frauen - diese besorgten den Kleinhandel am Markt - damit sie nicht zwei Ver­ kaufstellen unterhalten mussten. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf die Nusser und Nussennnen, die für den Alleinverkauf von Nüssen vom Rat zugelassen waren. In den Polizeiordnungen des 15. Jahrhunderts ist für sie angeordnet: Unnsere herren vom rate setzen und gebieten, das fürbass kein ir burger; burgerin oder je­ mand von iren wegen einich nüsse, die sie bey zubern kauffen oder verkauffen, selber messen, sonnder die geswornen messer bey zubern messen lassen sollen.™ Als eigener Kleinhandelszweig wurde in Nürnberg der Honigverkauf be­ trieben. Auch dieses Gewerbe übten in der Hauptsache Frauen aus, wie die einschlägigen Polizeiordnungen des 15. Jahrhunderts beweisen.210 Vermutlich wurde der Honig teilweise in einem besonderen Verfahren noch zubereitet, weil es den Honigverkäuferinnen verboten wurde, ohne den Rat der gesworn honigmesser Honig zu versieden. Weiterhin wurde ihnen untersagt, neuen Ho­ nig vor Maria Geburt am 8. September zum Kauf anzubieten, weil dadurch merklich krankheit und schaden entsteen. Eigenartige Regelungen bestanden in Nürnberg für den Fischverkauf. Die einschlägigen Marktordnungen hierfür rühren aus verhältnismäßig früher Zeit, zu einem Teil gehören sie noch dem 13. zum anderen dem 14. Jahrhundert an.211 Wachendorf 212 hat auf die starke Beteiligung der Frauen im Fischklein207 I486 hören wir erstmals von dieser Einrichtung, StAN, Rst. Nbg., Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 11; vgl. hierzu auch die Übersicht im Anhang. Die Marktordnung siehe StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 232, fol. 196 f., Nr. 101, fol. 319 u. 323: der Eid der Obst­ messer und Obsthändler. 208 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 272. Siehe auch Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 606. 209 Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 271. - Ähnlich wie bei den Obsern gab es auch bei den Nussern einen Messer, den Nussmesser. 210 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 273. 211 Veröffentlicht bei Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 168. 212 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 101 f. In Rothenburg dagegen war beispielsweise der weibliche Fischhandel völlig untersagt, vgl. Schmelzeisen: Die Rechtsstellung (wie Anm. 2), S. 21.

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handel an Hand von Beispielen vieler Städte hingewiesen, wobei ihm freilich die Nürnberger Verhältnisse nicht bekannt gewesen zu sein scheinen. Um die große Bedeutung dieses Handelszweiges in ihrem vollen Umfang ermessen zu können, ist es notwendig darauf hinzuweisen, dass Fische, insbesondere He­ ringe, in der Volksernährung des Mittelalters und noch der beginnenden Neu­ zeit eine weitaus größere Rolle gespielt haben als etwa heute. Gerade von den Nürnberger Kaufleuten ist bekannt, dass sie einen umfangreichen Heringshan­ del getrieben haben.213 Aus den Nürnberger Verordnungen über den Fischhandel - sie gehören dem 13. und 14. Jahrhundert an - lässt sich im allgemeinen die volle Gleichbe­ rechtigung der Frau mit den Männern entnehmen. Allein schon folgende Be­ stimmung kann das beweisen: [...] sol auch nimer aine allaine ob sinen fischen sten [...] ez sei denne ir wirt nicht hie haime.2U Man kann dies nur in der Weise verstehen, dass die Frau im allgemeinen mit ihrem Manne am Verkaufstische stehen sollte, zur alleinigen Führung des Geschäftes sollte sie nur bei Abwe­ senheit des Mannes berechtigt sein. Merkwürdig sind dagegen die Einschränkungen, die der Frau auferlegt wa­ ren. Zunächst war es ihnen verboten, an den Fasttagen Fische zu verkaufen: Es suln auch keine frawen vische verkaufen an den vastetagen ze markt. Dass das Verbot nur die Frauen betroffen hat, zeigt folgende Verordnung: Es ist auch gesetzzet, daz alle fisch er, die geste sein, sullen sten an dem vastage mit irnfischen niderthalbe der Stege, und die burger sein, oberhalbe Weiterhin war in den Ordnungen über den Fischkleinhandel noch bestimmt: Auch ist gesetzzet, daz chein frawe, jungfrawe oder ir meide, kheinen krebs furbaz veil haben sul­ len.216 Soweit wir hier Frauen im Kleinhandel festgestellt haben, sind diese mehr oder weniger an bestimmte Handwerke gebunden. Teilweise haben wir sie so­ gar als Ehefrauen der Handwerksmeister ermitteln können. Gerade bei den Handwerken der Bäcker, Fleischer und Gärtner muss das als selbstverständli­ che Entwicklungsform angesehen werden. Die größte Bedeutung im Nürnber­ ger Kleinhandel kam jedoch den Käuflinnen zu, einem Gewerbe, das im we­ sentlichen das Bild des Nürnberger Marktlebens geprägt hat. Wohl waren auch Männer vereinzelt vertreten, wie wir noch sehen werden, man kann aber das Gewerbe der Käuflinnen trotzdem fast ausnahmslos als Frauenberuf bezeich­ nen. 213 Der Einkauf wurde vornehmlich in Hamburg, Lübeck, und Stettin getätigt, StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Briefbücher, Rep. 61, Nr. 171, fol. 237 (3.5.1563) und Nr. 110, fol. 9 (2.1.1535). 214 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 168. 215 Ebd. 2,6 Ebd.

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Schon verhältnismäßig frühe Quellen können uns über das Vorhandensein dieser Berufsgattung Aufschluss geben. In den ältesten Polizeiordnungen des 13. Jahrhunderts sind bereits Bestimmungen hierüber enthalten: Es ist auch gesetzet, daz ein icleich grempler217 und gremplerin, keufel und keuflin nihtfremdez gutez veil sol haben [...] über eines pfundes wert [...J218 Das Handwerks­ und Meisterbuch von 1370 führt bereits 24 Käuflinnen namentlich auf.219 Dieses Gewerbe war also ähnlich wie die Fragner geordnet. Auch die frühe­ sten Ämterbüchlein, beginnend 1396, verzeichnen in der Reihe derer, die vor dem Amtbuch vereidigt wurden, die Käuflinnen.220 Gerade in dieser Quelle wird klar bewiesen, dass dieses Gewerbe fast ausnahmslos von Frauen aus­ geübt wurde, Männer müssen als seltene Ausnahme gelten. Andererseits werden in den Ämterbüchlein die Käuflinnen mehrmals in zwei verschiedenen Gruppen gesondert aufgeführt. Erstmals wird 1417 nach folgenden Gesichtspunkten unterschieden: arm keuflin - es folgen zehn Frauennamen - und reich keuffel mit dem Namen eines Mannes und seiner Ehe­ frau.221 Näheren Aufschluss über diese verschiedene Einstufung gibt das Äm­ terbüchlein von 1504. Hier werden zuerst vier Käuflinnen aufgezählt, die für 200 fl. bürgen müssen, sodann folgen die Namen von zwanzig Frauen, die eine Bürgschaft von 40 fl. leisten.222 Außerdem sind für dieses Jahr noch 13 Käuflin­ nen gesondert eingetragen, die ihr Gewerbe auf dem Säumarkt ausübten. Als Sicherheit mussten die Käuflinnen jeweils zwei Bürgen stellen, meist Männer, aber auch Frauen sind oft vertreten, wie die Einträge in den Ämter­ büchlein zeigen.223 Die Aufgaben der Bürgen wurden 1481 in folgender Form festgelegt: Item ein jeder bürg sol geloben für sein keuflin, ob sie versprech oder entrunne, für zwayhundert gülden guet zu seynn.11A Der Zweck dieser Bürg­ schaft ist freilich aus den Ordnungen für die Käuflinnen nicht klar ersichtlich. Am 6. Oktober 1491 gab der Rat jenen Käuflinnen, welche uff einen tag über 80 Pfd. alt wert nit feil haben sollen, eine Marktordnung.225 Hierin wird be­ stimmt, diese geschworenen Käuflinnen sollen an einem Tag nicht mehr Ware 217 218 219 220 221 222 223

Trödler. Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 161. StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 303, fol. 83. Siehe Anhang. StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 2. StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 26. 1532 sind von etwa 180 vorhandenen Bürgen allein 70 Frauen, StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 52/1. 224 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 8/1. Diese Bestimmung bezieht sich auf die „reichen“ Käuflinnen, bei den „armen“ Käuflinnen gilt der entsprechende kleinere Be­ trag. 225 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 186.

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feil haben als im Werte von 80 lb. alt und denselben Betrag sollen sie auch ver­ bürgen. Dann heißt es weiter: Welche keufflin aber über den obgemellten werth der 80 lb. alt wollte fayl haben, der soll das zu thun erlaubt sein inn der gestallt, das sie fayl haben mag eines jeden tags vormittags und nit lenger viertzigk gül­ den reinisch werth und nitt darüber; doch als das sie zuvor an solch werth der viertzigk gülden genugsamlich verbürgt [...]. Ein Zusammenhang mit den fest­ gelegten Beträgen der Bürgschaft von 1504 lässt sich freilich damit nicht finden. Der Grund und Zweck der Bürgschaft kann wohl nur darin beruhen, dass die Käuflinnen ihr Gewerbe ohne jede Kapitalinvestierung betrieben haben. Noch zwei andere Gruppen lassen sich innerhalb der Nürnberger Käuflinnen unterscheiden. Ein Verzeichnis aller geschworenen Handwerke und Ge­ werbe von 1562 enthält folgende Einträge: Keuffel und keufflin in cremen mit 34 Namen von Frauen; sodann volgen die sechzehn keufflin, so ein erbar rath sonnderlich zugelassen und ausserhalb der leden feilhaben, hier mit den Namen von 20 Gewerbe treibenden Frauen.226 Die geschworenen Käuflinnen übten demnach ihr Gewerbe entweder in Läden, den so genannten Krämen, oder auch außerhalb der Läden, eben auf Ständen (meist schregen genannt) an den verschiedenen Märkten aus. Wie an Hand dieser Angaben schon zu ersehen ist, ließ der Rat also mehr Käuflinnen zu, als nach der Ordnung Verkaufsstellen zugelassen waren. Die Käuflinnen am Säumarkt führten auch beim Rat gegen die ständig wachsende Zahl neuer Stände Beschwerde und baten, die alte Ord­ nung mit 16 keuffel und keufflin in kremen und 16 auf den schregen wieder streng durchzuführen, was auch mit Verordnung von 1554 Sept. 1 festgesetzt wurde.227 Wie groß die Zahl der zugelassenen Käuflinnen manchmal sein konnte, zeigen die Einträge in etlichen Amterbüchlein, so im Jahre 1532 mit 90, 1542 sogar mit 138 Frauen dieses Gewerbes.228 Die Tätigkeit, Rechte und Pflichten der Nürnberger Käuflinnen kann am besten eine Ordnung aus dem 14. Jahrhundert veranschaulichen; sie sei daher im Wortlaut wiedergegeben: Von den keuffeln und keufflin. Es sol ein ieclicher keuffel und keufflin, die den leuten vail haben und iren Ion swern zu den heiligen, waz in die leut furlegen, daz sie in daz229 getreulich verkauffen und daz sie iren nutz dorin niht suchen sullen und sulln dheinen geniezz davon haben dann iren siechten unterkauff als hernach geschriben steht. In woll dann eins mit seinem guten willen gern mehr geben und waz man infurlegt, daz sullen sie selber nicht kauffen und sul­ len ez auch niemant zu kauffen gebeny damit sie tayl oder gemein haben on al­ les geverde [...]. Auch sol dhein keufel noch keuflin nihts vayl haben, sie haben 226 227 228 229

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StAN, Rst. Nbg., Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 81/11. StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 187. Siehe Anhang. in daz = ihnen.

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dez dann vor gesworen, als vorgescloriben stet und in haben etz dann die burger vom rat vor erlaubt. Wer daz üb erfür,230 der must fünfzig guidein an die stat geben. Het er oder sie dez gelts niht, so sol er oder sie fünf iar von der stat sein.231 [...] Auch sulln sie sweren, waz man in fürleg zu verkauffen, daz sie daz niemant versezzen oder verkuemern weder Christen noch juden. Und waz man sie auch anbiet ze kaufen oder daz man vail beutet, daz sol in dheine noch ir gewalt noch yemant von irn wegen kauffen noch niemand daz empfelhen von irn wegen zu kauffen. Und waz man in empfilhet cze verkauffen, wie man sie das pieten oder verkaufen heist, ob sie das hoeher geben, das sullen sie dem auch ge­ ben, des es ist, on geverde. Auch was sie vekauffen, wenn in das gelt darumb beczalt wirt, so sullen sie es demselben, des es ist, ze stunt beczalen und heim­ tragen und des über nacht verliehen nicht behalten bey iren eide [...].232 Den Käuflinnen war es streng untersagt, einicherley neuer arbeit inn die hanndtwerk treffen zum Kauf anzubieten.233 Jedenfalls sollte dadurch der Eigen­ verkauf der Handwerksmeister geschützt und eine unbequeme Konkurrenz aus­ geschaltet werden. Ausgenommen hiervon war Leinwand, wie eine Polizeiord­ nung des 15. Jahrhunderts zeigt.234 Die Weber scheinen damit auch immer einver­ standen gewesen zu sein, wenn sie nicht selbst diese Einrichtung gefordert haben. Ein besonders beliebtes Handelsobjekt der Käuflinnen scheinen die Gold­ schmiedearbeiten gewesen zu sein, vor allem seit dem 16. Jahrhundert.235 Die Goldschmiede führten einen harten Kampf gegen diese Konkurrenz. Unter diesen Waren, die von den Käuflinnen am Säumarkt - hier hatte sich der Trö­ delmarkt eingebürgert - zum Verkauf angeboten wurden, befanden sich viele Fälschungen. Sie bestanden zumeist aus den bei Auktionen und Inventuren ab­ gestoßenen billigen Gegenständen, ja sogar gestohlene Waren236 fanden hier 230 überfur = übertrete. 231 Stadtverweis für 5 Jahre. 232 Johann Christian Siebenkees: Materialien zur Geschichte Nürnbergs, Bd. 3, Nürnberg 1794, S. 689. Vgl. Hess: Deutsche Frauenberufe (wie Anm. 3), S. 95 f. Der Text wurde von der Ver­ fasserin nach modernen Editionsgrundsätzen überarbeitet. 233 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 186. 234 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 88. 235 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 186. 236 Hampe: Nürnberger Ratsverlässe (wie Anm. 100), Bd. 2, S. 475, Nr. 3413,16.1.1553: Anna Kur­ zin keufßin hat angelobt, das sie den silbrin pecher; so sie neben andren selbrin pechern uff dem

seumarckt fayl gehabt, welchen ir die geschworenen goldtschmidt als ungerecht am gewicht ge­ macht genommen, anderst nit dann uff meiner herren Ordnung und prob verkauffen wollen. Darauff ist ir der genommen pecher widerumb zu geben erteylt worden. Ebd., S. 509, Nr. 3671, 7.8.1555: Nachdem die geschwornen maister goldschmidhanndtwercks einer keuflin aufm seu­ marckt zway kupferine oder messene magöllein, die on ainen sichtigen Spiegel gar vergalt wor­ den, auffgehebt, sol man die vierre, die sy noch bey ir hat, auch von ir ervordern unnd ain von ir auff-sehreybben, weil sy furgeben, Hanns Dietz hab irs furgesetzt, welcher massen dasselbig beschehen sey, ob er irs für gut geben, oder wie es gehandelt worden.

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Absatz, also Goldschmiedearbeiten, die oft recht zweifelhafter Herkunft wa­ ren. Solche Waren konnten natürlich zu einem verhältnismäßig billigen Preis zum Verkauf gebracht werden, was viele nichtsachkundige Käufer anlockte. Dieses gute Geschäft ließ die Zahl der Käuflinnen gewaltig anwachsen. Mutschelknaus gibt für die Mitte des 16. Jahrhunderts eine Zahl von „nahezu 50“ an. Aus den vorigen Ausführungen ist allerdings zu ersehen, dass diese Zahl noch bei weitem zu tief gegriffen ist. Andere Käuflinnen trieben ihr Geschäft sogar mit dem Hausieren dieser Gegenstände. Auch noch anderweitig scheinen Frauen im Zwischenhandel tätig gewesen zu sein. Mutschelknaus237 spricht beim Goldschmiedehandwerk von Käuferin­ nen, die neue Goldschmiedearbeiten bei den Goldschmieden aufkauften und nach auswärts verschickten. Von diesen Frauen wurde demnach bereits ein Versandgeschäft betrieben. Hingewiesen sei schließlich noch auf die keuffel des gerichts, die seit dem 16. Jahrhundert mehrfach in den Ämterbüchlein erwähnt werden.238 Hier ist es immer die Ehefrau, die zusammen mit dem Mann diesem Gewerbe obliegt. Als letzter und zugleich auch sehr wichtiger Kleinhandelszweig in den mit­ telalterlichen Städten bleiben die Gewandschneider zu nennen.239 Unter dieser Bezeichnung wurden die Händler mit den verschiedenen Arten von Stoffen und Seide verstanden, aber nur diejenigen, die den Kleinverkauf betrieben ha­ ben. Es ist leicht verständlich, dass Frauen in diesem Gewerbe eine gute Ver­ wendungsmöglichkeit fanden. In Nürnberg wird die Frau als gleich berechtigte Angehörige dieses Berufs neben dem Mann überliefert. Nach der Gewandschneiderordnung des 15. Jahrhunderts war es gestattet, dass hinfür jeder burgerin, gemechen und zi­ nnern allerley gewanndty auch arras mit ganntzen und halben tuchen auch vier­ teilen verkauffen und hingeben mugen. Und ob einich burger; burgerin allerley wullener gewandt und arras mit der ehr verkauffen und aussneiden wolten, den sol das zu tun auch erlaubt und vergondt sein, doch das sie solichen hanndel mit offem gaden und fürgehenncktem tuch, als das alle gewantsneider gewonlich zu thun pflegen [...]. Dabei gebieten unser herren vom rat, das kein burger burgerin einich wullen seiden oder ander gewandt ausserhalb irer heusery zins oder gemach in der stat umb in der wirdt oder ander leut heusery das do genenndt wirdt hausireny nit vail tragen, auch einichem keuffel, keufflin oder

237 Mutschelknauss (wie Anm. 97), S. 165. 238 Siehe Anhang. Die Aufgaben dieses Berufes lassen sich nicht genau festlegen. Vermutlich wur­ den von ihnen die bei Gericht angefallenen Gegenstände verkauft. 239 Vgl. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 95 f; vgl. Hess: Deutsche Frauenbe­ rufe (wie Anm. 3), S. 101.

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yemandt annderm [...] nit fürlegen oder umbtragen lassen.240 Fremden war der Tuchverkauf nur im Großen gestattet, der Verkauf nach der Elle, also der Kleinverkauf, war ihnen verboten. Von besonderer Rechtsfähigkeit der Nürn­ berger Gewandschneiderinnen hören wir noch aus einer Polizeiordnung des 15. Jahrhunderts, in der es verboten wurde, einer Frau mehr als fünf Pfd. Hel­ ler zu leihen. Ausgenommen hiervon waren neben den Wechslerinnen auch die Gewandschneiderinnen.241 Größere Unternehmen scheinen in Nürnberg sogar Verkäuferinnen be­ schäftigt zu haben. In dem Policeygesetz die hoffart der dienstmeegde betref­ fend von 1568 heißt es nämlich: Doch soll das hiebey verleibte gesetz allein auf die haussmagt und kain kramjunckfraw oder die, so in den kremen dienen, verstannden werden unnd sollen sich demnach dieselben kramjunckfrawn anderer gestalt und hoher nit beclaiden, dann den handwercksfrawen und junckfrawen vermog hievor begrifner Ordnung zugelassen unnd vergundt ist bey obgemelter straf und peen.1A1 Die Verkäuferin wurde also in Nürnberg als Angehörige ei­ ner gesellschaftlich höheren Schicht betrachtet. Erwähnt sei zuletzt noch das Nürnberger Bankwesen, dem in dieser reichen Handelsstadt schon seit früher Zeit eine große Bedeutung zukam.243 Als die er­ sten Vorläufer der Banken in Nürnberg kennen wir die Wechsler, die ihren alt hergebrachten Stand in der Nähe des Schönen Brunnens am Hauptmarkt hat­ ten. Gelegentlich versuchte der Rat den Geldwechsel als Monopol für sich in Anspruch zu nehmen, so 1378 und 1434. Trotzdem blieb dieses Geschäft ein privates Unternehmen; nur einen öffentlichen Wechsler gab es daneben. Bei den privaten Wechslern waren auch Frauen beteiligt, wie wir aus einem kleinen Hinweis entnehmen können. In der eben erwähnten Polizeiordnung über den Geldverleih an Frauen werden nämlich auch die Wechslerinnen genannt.244 Diese Ausnahmestellung der Wechslerinnen kann nur als Maßnahme des Rates mit Rücksicht auf den Beruf gewertet werden. Diese Frauen waren somit im Gewerbe den Männern rechtlich vollkommen gleichgestellt.

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Baader: Polizeiordnungen (wie Anm. 68), S. 132. Ebd., S. 29. Siebenkees: Materialien (wie Anm. 232), Bd. 1, S. 98 f. Zum folgenden vgl. R. Ehrenberg: Die alte Nürnberger Börse, in: MVGN 8; vgl. Reicke: Ge­ schichte (wie Anm. 7), S. 653. 244 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 29.

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3.3 Gaststättengewerbe Für das Nürnberger Gaststättengewerbe sind umfangreiche Polizeiordnungen überliefert, die teilweise noch ins 13. Jahrhundert zurückreichen. Diese Ver­ ordnungen regeln den Ausschank von Bier und Wein.245 Bekanntlich gehörte das Braurecht und auch der Ausschank zum maßgeblichen Inhalt der Stadtund Marktprivilegien. Zum Bierausschank waren in Nürnberg die Bierbrauer und die Bierschen­ ken berechtigt.246 Ihre Häuser mussten außen durch einen Zeiger, eben ein Wirtshausschild, gekennzeichnet sein.247 Außer Bier wurde dann noch Wein und Met von den Wirten ausgeschenkt. In den zeitgenössischen Quellen wird sogar zwischen Bier-, Wein- und Metschenken unterschieden, was jedoch nicht grundsätzlich besagen soll, als seien diese Gewerbe immer streng von einander getrennt gewesen. Dies sei zum besseren Verständnis der weiteren Ausführun­ gen über das Gaststättengewerbe kurz angeführt. Über den Ausschank von Bier lesen wir in den einschlägigen Quellen des 15. Jahrhunderts: [...] ein jeder bierprew sol und mag sein selbs hie geprawen hier durch sich selbs, sein weib, kinder oder geprot und gedingt eehalten und nyemand anders ausschenken [...]r.248 Somit durften die Ehefrau des Bierbrauers und dessen Kinder, also auch Töchter, zur Arbeit herangezogen werden. In ähnlicher Weise wird in diesen Bestimmungen von bierschenk und bierschenkin gesprochen. Nicht so klar in Bezug auf Frauenarbeit sind die Verordnungen über den Weinausschank. Es hat sogar den Anschein, als sei im 13. und 14. Jahrhundert der Anteil des weiblichen Geschlechts hier nur sehr unbedeutend gewesen. Die Ordnungen aus dieser Zeit beziehen sich lediglich in zwei Fällen auf Frauen und da nur in ganz unbestimmter Ausdrucksweise.249 Auf der anderen Seite wird sogar folgendes Verbot erlassen: Ez sol auch kain weinschenke sein wir­ tein für den zappfen setzen, da er schenket [...].250 Die Ordnungen des 15. Jahr­ hunderts dagegen weisen immer auf die Frauen hin, sei es nun, dass von Wein­ schenken oder Metschenken die Rede ist.251 Seit dieser Zeit also waren die Ehe245 Über den Bier- und Weinausschank in Nürnberg vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 607 f. 246 Auf die Grundlegenden Begriffe des Brau- und Schankrechtes, die bis in unsere Zeit zu den wichtigsten Realgerechtigkeiten zählten, soll hier nur hingewiesen sein. 247 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 265: Es solle auch nyemandt hie hier schenken, er hab dann deshalb einen offen zeiger oder gitter ausgesteckt. 248 Ebd., S. 267, siehe auch Anhang. 249 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 204: [...] das er oder sein wirtin [...] und [...] burger oder sein diener, frowe, oder man [...]. Gesprochen wird jeweils von den Weinschenken. 250 Ebd., S. 203. 251 Ebd., S. 248, 252, 253, 255 f.

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frauen vermutlich mit gleichen Rechten am Gewerbe ihres Mannes beteiligt. 1520 ist eine, 1532 sind sogar zwei Frauen als selbstständige Gewerbetreibende bei den Metschenken überliefert252. Für eine bedeutende Stellung der Frau im Gaststättengewerbe seit dem 15. Jahrhundert spricht es auch, dass die gastgebin unter die zählte, welche von den einschränkenden Maßnahmen für den Geldverleih an Frauen ausgenom­ men wurden253. Damit kommen wir aber bereits zu einer anderen Kategorie des alten Gast­ stättengewerbes, zu den Speisewirtschaften. Von den Schankwirten waren nämlich zu dieser Zeit streng die Gastgeb (Gastwirte mit Speisebetrieb), auch koche genannt, geschieden. Da die Köche zu jenen Gewerben zählten, die vom Rat der Stadt vereidigt wurden, haben wir von ihnen schon aus früher Zeit durch die Amterbüchlein Kunde. Durch die namentliche Aufzählung der einzelnen Gewerbetreibenden be­ kommen wir hier zugleich den besten Überblick über die Frauenarbeit in die­ sem Beruf. Im ausgehenden 14. und während des 15. Jahrhunderts finden wir hauptsächlich Männer verzeichnet, in einigen Fällen sind auch Ehefrauen mit eingetragen.254 Im 16. Jahrhundert ändert sich dieses Bild. 1504 sind neben etli­ chen Männern fünf Frauen als selbstständige Gewerbe treibende vermerkt.255 Freilich lässt sich nicht entscheiden, ob in diesen Fällen nicht etwa Witwen ge­ meint sind. Für 1532 werden sogar 37 Frauen überliefert, von denen etliche als Ehefrauen das Gewerbe mit dem Mann ausübten, die übrigen sind wiederum selbstständig.256 Jedenfalls hat im 16. Jahrhundert dieses Gewerbe bedeutend zugenommen, anteilmäßig in noch größerem Umfange aber die Frauenarbeit. Die Eidformel der Köche von 1531 Febr. 25 beginnt mit folgender Bestim­ mung: Es sollen die koche und köchin schweren czu gotty dass sie alle cösst, die sie beraythen unnd den leutten zu essen oder zu kauffen geben, das die von rei­ nem flaisch, reinem vischen oder anndern reinen sacken sey und also bewaren für sich unnd iren gewalt on alle geverde.257 Zum Schluss heißt es noch, kein Koch und Köchin soll sich unterstehen eine öffentliche Küche aufzumachen, ohne diese beim Pfänder258 angemeldet zu haben. 252 Siehe Anhang. 253 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 29. Diese Verordnung wurde im 15. Jahrhundert er­ lassen. 254 Siehe Anhang. 255 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 26. 256 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 52/1. 257 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 211. 258 Der Pfänder führte als städtischer Beamter die Aufsicht und Überwachung über die Hand­ werke und Gewerbe. Vgl. hierzu: Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 236, 237, 470, 604, 674.

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Ein Teil dieser Speisewirtschaften führte auch den Namen Jarküchen oder Garküchen. Ein wesentlicher Unterschied zu den Küchen bestand freilich nicht.259 Aus einer Verordnung zur Beseitigung eingerissener Missstände bei den Jarküchen - etwa im 1. Viertel des 16. Jahrhunderts erlassen - geht hervor, dass ein erber rathe verganngner jar inn diser stat auf den gemainen gassen und Strassen, auch in heusern alhiey jarküchen habe aufrichten lassen, die sich dann wider ains erbern rathes wissen und zulassen etwas vil gemeret haben.260 Die Ursache für das Anwachsen der Speisewirtschaften und damit der Zunahme der beteiligten Frauen in diesem Gewerbe wird daraus klar ersichtlich. Jeden­ falls scheinen die Speisewirtschaften damals in Nürnberg sehr einträglich ge­ wesen zu sein, wenn einerseits der Rat für deren Vermehrung Sorge trug, ande­ rerseits sogar ohne Genehmigung solche eröffnet wurden. Im Ganzen gesehen kann man in Nürnberg für die Frauenarbeit im Klein­ handel, im Verkauf und im Gaststättengewerbe eine entgegen gesetzte Ent­ wicklung im Vergleich zum Handwerkswesen beobachten. Bei den Handwer­ ken wurde bekanntlich die Frau im Laufe des 16. Jahrhunderts mehr und mehr als Berufsgenossin der Männer verdrängt. Im Handel und im Gaststättenge­ werbe dagegen hat das weibliche Geschlecht schon seit dem 15. Jahrhundert ständig sowohl an Selbstständigkeit wie an Arbeitsmöglichkeiten gewonnen. 4. Die Frau im öffentlichen Leben und im Dienste der Gemeinschaft Die rechtliche, gewerbliche und wirtschaftliche Stellung der Frau innerhalb der Handwerke und des Handels im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit ist seit der Bahn brechenden Arbeit Büchers261 in ihrer vollen Bedeutung erkannt worden. Die neuere Literatur ist auch in der Erkenntnis dieser Tatsachen schon ziemlich weit fortgeschritten, wie wir gesehen haben. Verhältnismäßig wenig beachtet blieb aber bisher die rechtliche Stellung und das Wirken der Frau im öffentlichen Leben. Man weiß wohl von der Bedeutung, die der Frau von jeher in der Kranken- und Armenpflege und ganz allgemein im Fürsorgewesen zu­ gekommen ist. Über das Wirken des weiblichen Geschlechtes im öffentlichen Dienst dagegen sind wir für die angegebene Zeit nur sehr wenig unterrichtet.

259 Die Küchen hatten vermutlich auch das Beherbergungsrecht, bei den Jarküchen scheint das nur in Ausnahmefällen gestattet gewesen zu sein. 260 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 212 und Nr. 232, fol. 172. 261 Vgl. Bücher: Frauenfrage (wie Anm. 2).

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4.1 Die städtischen Beamtinnen Wachendorf262 bringt in einem kurzen Kapitel etliche Belegstellen über Beam­ tinnen. Die knappen, ja beinahe dürftigen Angaben, die er von den deutschen Städten ganz allgemein gibt, können sicherlich keinen Anspruch auf Vollstän­ digkeit erheben. Diese Ausführungen sind somit auch nicht dazu geeignet, uns ein klares und vollständiges Bild in dieser Frage zu vermitteln. Zieht man etwa die darin gebotenen Angaben über die Nürnberger Verhältnisse heran, so lässt sich ohne weiteres der Grund für die unvollkommene Darstellung ersehen: es ist der Mangel an einschlägigen Quellen. Aus verstreuten Belegstellen in der Literatur allein lässt sich dieses Problem nicht erschöpfend behandeln. Oben wurde bereits angeführt, dass in den Nürnberger Ämterbüchlein die Beamten in zwei große Gruppen geschieden wurden. In der ersten Gruppe, meist mit officia überschrieben, waren die eigentlichen städtischen Beamten erfasst. Die andere Gruppe lässt sich am Besten mit der für das Jahr 1493 bei­ gegebenen Überschrift kennzeichnen: Item die gemainen ambtleut, die da schweren ausserhalb rates vor dem ambtpuch unnd auch die gesworen maister der hanndtwercker ...263 Die gemainen ambtleut wurden somit wie die geschworenen Handwerksmeister vor dem Rugsamt vereidigt.264 Hingewiesen sei vor allem auch darauf, dass dem Nürnberger Ämterwesen eine Gliederung in einander über- und untergeordnete Behörden fehlte.265 Innerhalb der ersten Gruppe der Nürnberger Ämterbüchlein, also bei den eigentlichen städtischen Beamten, finden wir erstmals 1520266 drei Frauen für folgende Ämter eingetragen: Pflegerin über die fündel, Pflegerin der kindtpetherin almosen, Pflegerin des gülden truncks zu sannd Elspethen. Der Nürnberger Rat führte die Aufsicht und Verwaltung über sämtliche Stiftungen und Almosen.267 Er bestellte für jede Wohltätigkeitseinrichtung die­ ser Art einen Pfleger oder, wie das angegebene Beispiel zeigt, eine Pflegerin.

262 Ebd., S. 4 f. 263 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 16. 264 Diese Tatsache geht deutlich aus dem im Jahre 1532 für die 2. Gruppe gesondert geführten Buch hervor, das in folgender Weise überschrieben ist: Ämterbüchlein allerley geschworen ambt und hanndwerck, so vor den herrn zu des pfenndters rüg verordennt gehorsam thun, StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 52/1.- Die bei Paul Sander: Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs, Leipzig 1902, S. 78 f. und S. X f. gegebene Aufgliederung der Nürn­ berger Beamten entspricht aber nicht einer etwa ursprünglich so geübten Einteilung. 265 Vgl. Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 78. 266 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 40.- Vgl. die Übersicht im Anhang. 267 Über das Nürnberger Stiftungs- und Almosenwesen vgl. bei Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 620 f.

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Ihre Aufgabe war es, im Namen des Rates die Verwaltung zu überwachen und ihm über alle wichtigen Angelegenheiten Bericht zu erstatten. Uber die Entstehung des Findel- und Waisenhauses oder vielmehr der bei­ den Findelhäuser in Nürnberg ist nichts bekannt.268 Ursprünglich gab es näm­ lich eine Knabenfindel auf der Lorenzer Seite und eine Mädchenfindel auf der Sebalder Seite. Letztere ist 1364 erstmals urkundlich erwähnt. 1557 wurde die Mädchenfindel in das 1525 säkularisierte Barfüßerkloster verlegt, 1560 siedelte auch die Knabenfindel dahin über. Über die Einrichtung der Pflegerin bei den Findein gehen die auf uns gekom­ menen Nachrichten nicht allzu weit zurück. Man wird allerdings nicht daran zweifeln dürfen, dass sie bis in die älteste Zeit der Findelhäuser zurückreichen. In einer Urkunde vom Jahre 1485 hören wir erstmals von einem Pfleger und einer Pflegerin, von denen die Verwaltung der Findel überwacht wurde. 1511 wurde dem Ratsmitglied Michel Beheim und seiner Hausfrau die Ver­ waltung der beiden Findelhäuser übertragen.269 1 5 1 5 wurden die Befugnisse und Pflichten des Pflegers und der Pflegerin festgesetzt, wobei dem Pfleger die Einhebung der Zinse und der Pflegerin das Wohl der Kinder selbst zur Auf­ gabe gestellt war.270 Die Hauptperson war jedenfalls die Pflegerin. Sie führte die Aufsicht über die gesamte Hauswirtschaft und legte auch alljährlich vor zwei Ratsherrn über die Wirtschaft Rechnung. Das Amt der Findelpflegerin wurde gewöhnlich einer Angehörigen des Pa­ triziats übertragen. Von 1513 bis 1536 ist Frau Walpurg, Herrn Jörgen Holzschuhers des Älteren Hausfrau, überliefert. Ihre Nachfolgerin, die bis 1572 in diesem Amte nachzuweisen ist, hat dem Geschlechte der Haller angehört. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bezogen die Findelpflegerinnen ein festes jährliches Gehalt von 15 Goldgulden, für diese Zeit eine sehr ansehn­ liche Summe. In der Folgezeit ist dieser Betrag noch ständig gestiegen. Im Jahre 1628 hat er 125 fl. erreicht. Als weitere Entschädigung hatten die Pflegerinnen für sich und ihre Familie eine sehr große freie Wohnung im Findelgebäude und schließlich noch freie Beköstigung.271 268 Vgl. zum folgenden: Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 622 f.; Ernst Mummenhoff: Das Fin­ del- und Waisenhaus zu Nürnberg, Nürnberg 1917; Johann Michael Lotter: Das Nürnberger Findel- und Waisenhaus, Festschrift der 65. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Natur­ forscher und Ärzte, Nürnberg 1892, S. 368-371. 269 Ausführliche Angaben über die Findelpflegerinnen bei Mummenhoff: Findel- und Waisenhaus (wie Anm. 268), S. 138 f. 270 In der Bestimmung von 1515 März 15 heißt es: Ainen castner [=Pfleger] zu haben, der die zins einnem undpaurn [=Bauern] versehe, und daneben ainfrauen, der die sorg und Verwaltung bevohlen über die wart und notturft [=Sorge] der kinder, StAN, Rst. Nbg., Ratsbücher, Nr. 10, fol. 215. 271 Vgl. Mummenhoff: Findel- und Waisenhaus (wie Anm. 268), S. 138 u. 164.

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Das Kindbetterinnenalmosen wurde 1495 von dem Pfeilschmied Ulrich Kreis gestiftet.272 Bis dahin pflegten arme Wöchnerinnen mit Genehmigung der ehrbaren Frauen273 vor den Kirchentüren zu liegen und zu betteln. Das Almo­ sen sollte die traurige Lage dieser Frauen beseitigen. Die Verwaltung und Be­ treuung der Stiftung war vom Rat einer Pflegerin aufgetragen, die wiederum dem Patrizierstande angehörte. Diese Einrichtung wird vermutlich bis ins Jahr 1495 zurückreichen. Die Niederlassung des Deutschordens in Nürnberg unterhielt schon seit dem 13. Jahrhundert in der Stadt ein Spital, das so genannte Elisabethspital.274 Durch reiche Schenkungen und Stiftungen wurde dieses zum Hauptspital des Ordens in Deutschland. Eine dieser vielen Stiftungen war der gülden trunck, eine Speisung armer Nürnberger Bürgerinnen im Elisabethspital. Mit der Verwaltung dieses Almosens hat der Rat eine Pflegerin aus dem Patrizier­ stand beauftragt. So ist uns für 1520 eine Angehörige der Familie Imhof über­ liefert.275 Die höchsten Beamtenstellen, die der Nürnberger Rat an Frauen zu verge­ ben hatte, hatten somit Aufgaben der öffentlichen Wohlfahrtspflege zu erledi­ gen. Für einen solchen Wirkungsbereich brachte die Frau von vorne herein gute Voraussetzungen mit. Welche Bedeutung der Nürnberger Rat diesen drei Ämtern immer beigemessen hat, zeigt allein die Tatsache, dass gewöhnlich nur Angehörige aus den ehrbaren Geschlechtern damit betraut wurden. Wie wir am Beispiel der Findelpflegerin sehen konnten, waren das aber nicht Eh­ renämter, wie man vielleicht vermuten sollte, sondern gut bezahlte Beamten­ stellen. Eine größere Zahl von Frauen finden wir dagegen bei den gemeinen Amt­ leuten beschäftigt. Wachendorf276 hat an Hand des Ämterbüchleins von 1516277 bereits die Vermutung ausgesprochen, die hier angeführten acht Zöllnersfrauen seien als Beamtinnen anzusprechen. Er hat besonders auf den Zusatz so im beisein der Zöllner fertigen hingewiesen. Wie die beiliegende Übersicht aus den Ämterbüchlein zeigt, sind schon seit dem Jahre 1476 laufend die Ehefrauen der Zöllner an den Stadttoren überliefert. Zumeist finden wir die Zahl acht vor. Seit dieser Zeit waren nämlich in Nürnberg für die Durchfahrt zollpflichtiger Gü­ ter acht Haupttore vorhanden, bei denen je ein Zöllner mit seiner Ehefrau vom 272 Vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 621. 273 Über die ehrbaren Frauen, denen die Aufsicht über die Hebammen und die Betreuung der Wöchnerinnen oblag, wird noch ausführlich zu sprechen sein. 274 Vgl. Ludwig Eisen: Christliche Liebestätigkeit im alten Nürnberg, Nürnberg 1937, S. 5 f. 275 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 40. 276 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 6. 277 Chroniken (wie Anm. 6), Bd. 11, S. 817.

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Rat mit der Einhebung des Zolles betraut war.278 In den zeitgenössischen Quel­ len werden sie als Zöllner unter den toren bezeichnet. Die geringeren Zahlen von Zöllnerinnen für etliche Jahre erklären sich da­ durch, dass ein Zöllner Witwer oder unverheiratet sein konnte. Auf der ande­ ren Seite konnte aber auch eine Zöllnerswitwe ihr Amt allein ausüben. Diese Tatsache geht deutlich aus den Ämterbüchlein von 1540 und für etliche nach­ folgende Jahre hervor.279 Am Werderthurlein versah den Zöllnerdienst von 1542 bis 1550 sogar eine Frau mit Unterstützung ihres Sohnes.280 Wenn auch die Zöllnerinnen erst seit 1476 in den Ämterbüchlein beglaubigt sind, so scheint man diese Einrichtung in Nürnberg doch schon früher gekannt zu haben. In einer Losungsliste für den Lorenzer Stadtteil ist bereits für 1397 eine Alheit (Adelheit) zollnerin als Steuerpflichtige eingetragen.281 1520 Juni 26 hat der Rat einen Amtseid für die Zöllner [...] vor den statthoren erlassen. Die wichtigsten Vorschriften daraus sollen hier folgen: Es sollen die Zöllner unnd ire weiber; die den zol unnter den thoren einnemen, globen unnd schweren, das sie den zol getreulichen vordem unnd einnemen nach innhalt dess zolbuches unnd das sie alls unnd jedes gellt, so ine für den zoll, es seien durch hisig inwoner oder frembde geraicht unnd gegeben wirt, inn die puchssen, so inen darczu verordnet ist, jedesmalss inn gegenwart dess zollgebers einstossen unnd legen, auch inen selbss ainich eingenommen zolgelt wenig oder vil nitt behallten oder ichtzit (etwas) davon in iren nutz bewennden, sonnder plosslich an irem verordentem Ion benugen lassen sollen unnd wollen. Unnd zu solcherpuchsen sollen die verordennten Zöllner inn der wage die Schlüssel haben unnd behallten, also das die Zöllner unntter den thorn solchen eingenommen zole inn der verschlossen puchssen alle montag in die wage antwurten (Stadt­ waage = Hauptzollamt). Die sollen dieselben Zöllner inn der wag eröffnen und auffsperren unnd ine iren gebüerenden theyl zu sampt dem drittentheil von dem, das man unter den thoren mit warhe nitt mit gellt verczolt, davon raichen und geben unnd alssdann inen die puchssen widerumb verschlossen zustellen.2*2 Ganz eindeutig werden hier die Ehefrauen der Zöllner als Beamtinnen mit gleichen Rechten wie die Männer gekennzeichnet. Außerdem bekommen wir durch diesen Eid Aufschluss über die Bezüge der Zöllner. Zunächst fiel ihnen

278 In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gab es nur fünf Zolltore. Ausführliche Angaben über die Nürnberger Zolleinhebung bei Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 234 f. 279 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 60 f. 280 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 62-70. 281 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 278 fol. 3. 282 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 554. Weitere Bestimmungen wurden 1576 Febr. 15 gegeben.

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ein Drittel aller ihrer Einnahmen zu. Sander283 führt als weitere Dienstentschä­ digung noch ein wöchentliches Mehlgeld von 4 d.3 fünf Ellen Barchent zu Pfingsten, je ein Viertel Wein zu Sonnwend (24. Juni) und Martini (11. Nov.) und zu Weihnachten einen Kuchen auf. In ähnlicher Weise war die Bewachung und Betreuung derjenigen Personen geregelt, die im Gefängnis, dem so genannten Loch, in Haft gehalten wurden. Wiederum sind der Ehefrau des Lochhüters, ja sogar der Dienstmagd, beam­ tenrechtliche Befugnisse erteilt. Das Nürnberger Lochgefängnis war in den Kellern des Rathauses eingerich­ tet.284 Der Lochhüter hatte für die Beschließung und für die Beköstigung der ihm anvertrauten Gefangenen, außerdem auch für die Herrichtung eines Strohlagers und für die Reinigung und Heizung der Zellen zu sorgen. 1476 ver­ zeichnet erstmals ein Ämterbüchlein die Ehefrau und eine Magd, die den Lochhüter auf Anordnung des Rates in seinen Obliegenheiten unterstützen mussten.285 Im Laufe des 16. Jahrhunderts werden auch Töchter oder sogar zwei Mägde erwähnt. Das Lochgefängnis, dessen Räumlichkeiten sehr beschränkt gewesen zu sein scheinen, wurde im Allgemeinen nur für die zu peinlicher Untersuchung be­ stimmten Gefangenen verwendet. Diejenigen Personen aber, die eine Freiheits­ strafe zu verbüßen hatten, oder über die eine Zwangshaft wegen Rechtsverwei­ gerung verhängt war, wurden in den zahlreichen Mauertürmen untergebracht. Im Laufe des 16. Jahrhunderts kam das besonders in Übung. Die hiefür vom Rat bestellten Aufseher wurden zum Unterschied von dem Lochhüter im Lochgefängnis (Rathaus) hueter der gefanngen im loch genannt. 1550 werden zwei Männer mit ihren Ehefrauen in diesem Amt überliefert.286 Das Ämter­ büchlein von 1560 zählt unter den hueter der gefanngen im loch bereits fol­ gende Turmgefängnisse auf: Im schuldthürn, im frauenthürn, auffm luginslanndt, auffm thurm beim seumarckt, auffm fröschthurm, auff der schiesshütten}%7 Für jedes dieser Gefängnisse war ein Aufseher mit seiner Ehefrau einge­ setzt mit Ausnahme der schiesshütten, wofür sogar zwei Wächter mit ihren Frauen bestellt waren. In den nachfolgenden Jahren stieg diese Zahl noch wei­ ter, wie die Übersicht im Anhang zeigt. Für 1570 und 1600 sind sogar 17 An-

283 Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 236. 284 Eingehende Ausführungen über das Nürnberger Lochgefängnis bei Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 628f. Vgl. Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 213 f. 285 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 6. Vgl. auch die Übersicht im An­ hang. 286 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 70. 287 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 79.

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gehörige des weiblichen Geschlechtes überliefert; Ehefrauen Töchter und Mägde werden genannt. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts wurde vom Rat dem lochhueter, seiner eewirtin, tochter unnd mayde eine Dienstordnung gegeben.288 Die Aufgaben der Frauen sind darin klar festgelegt. Wenn beispielsweise der Lochhüter krank ist und er das Versperren der Türe selber nicht vornehmen kann, so soll das durch niemanndt annders dann sein eeliche hausfrauen beschehen. Er soll auch den gattern unnden an der stigen alle nacht durch sich selbst oder sein weib zuschHessen und wider offnen.... Wenn den Gefangenen Essen oder Trinken ge­ geben wird, das er das vor fleissig besichtig oder durch sein weib, tochter oder maydt zu beschehen schaffe ... Schließlich soll der Lochhüter das Gefängnis nicht allein stehen lassen, sonnder so er oder sein hausfrau irer redlichen geschefft unnd notturfft halt darynnen nitt mochten sein zur selben zeit, yemanndt annders als sein maid oder ehallten nicht dort lassen. Im Ämterbüchlein von 1550 ist noch folgende Anordnung des Rates einge­ tragen: Dem lochhueter und sein weib ernstlich zu unndtersagen (vorzuschrei­ ben), die gefanngnen mit essen wol zu halten und ire speyss zu kochen, sy auch mit der behaltung der Ordnung nach leidlich zu halten und nit zu ubernemen. Sunderlich auch mit den jungen, die sy zum schreyben prauchen, und iren maiden, weil sy dess orts vyl sehen und erfaren können, nit so offt zu wechseln, wie bissher geschehen sey.289 Das Gehalt des Lochhüters betrug für jede Goldfasten290 4 Pfd., also 16 Pfd. jährlich.291 Darin war zugleich die Bezahlung für die Ehefrau und eventuell für Tochter und Magd mit eingeschlossen. Außerdem erhielt er für jeden Gefange­ nen ein Kostgeld von 2 ß oder 24 hl. pro Tag, wovon sicherlich ein Drittel ihm selber als Reingewinn verblieb. Als weitere städtische Beamtinnen müssen die so genannten keufflin des gerichts genannt werden. Seit 1520 wird in dieser Stelle ein Mann mit seiner Ehe­ frau durch die Ämterbüchlein beglaubigt.292 Für 1516 sind sogar drei selbst­ ständige Frauen, von denen jede zwei Bürgen führt, in diesem Amte nachzu­ weisen.293 Diese Gerichtskäuferinnen waren vom Rat zu Gerichtssachverstän­ digen in Pfändungsangelegenheiten bestellt.294 288 St AN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 229. 289 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 70. 290 Gemeint sind damit die 4 Quatemberfasten in der 1. Fasten-, 2. Pfingst-, 3. September- und 4. Adventswoche. 291 Vgl. Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 213. 292 Vgl. die Übersicht im Anhang. 293 Chroniken (wie Anm. 6), Bd. 11, S. 817. 294 Vgl. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 6.

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In der Verwaltung des Rathauses begegnet in Nürnberg schon seit früher Zeit ein eigenes Organ, der Hausknecht, auch Hauswirt genannt.295 Er beklei­ dete nach modernen Begriffen das Amt eines Hausmeisters. Ihm unterstand das Gesinde für die Reinigung des Hauses und im Winter für die Heizung der Öfen; während der Ratssitzungen versah er die Funktion eines Türhüters. Viele Aufträge hatte er vor allem für die Losungsstube296 zu erledigen. Bei klei­ neren Zahlungen wurde mit Vorliebe seine Vermittlung in Anspruch genom­ men. Als Hausverwalter oblag ihm auch die Besorgung der auf dem Rathaus bei irgendwelchen Anlässen verzehrten Speisen und Getränke. Seit 1520 verzeichnen die Amterbüchlein in dieser Stellung neben dem Mann auch die Ehefrau.297 Man darf sicherlich annehmen, dass der Hauswirt schon in früherer Zeit von der Ehegefährtin in seinen Aufgaben unterstützt wurde. Seit dem erwähnten Jahr scheinen ihr aber erst Amtsbefugnisse in di­ rektem Sinne übertragen worden zu sein, da sie nunmehr auch den Diensteid vor dem Amtbuch leisten musste. Gerade an diesem Beispiel lässt sich deutlich erkennen, dass nicht alle Frauen, die im Dienste der Stadt standen, auch Beamte sein mussten: Bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts lässt sich eine Magd des Hauswirtes nachweisen, für die sogar eine gesonderte Bezahlung vom Rat geleistet wurde.298 Im Gegensatz zu den Mägden bei den Lochhütern erscheint aber diese nie in den Amterbüchlein. Die Hauswirtin erhielt wie die Zöllnerinnen und Lochhüterinnen keine ei­ gene Bezahlung, ihr Gehalt war in dem des Mannes inbegriffen. Das Salarium des Hausknechts betrug vierteljährlich fünf Pfd.299 Hiezu kamen noch ver­ schiedene Trinkgelder für die Tätigkeit als Türsteher bei den Ratssitzungen, freie Dienstwohnung, Amtskleidung und ähnliches. In den Jahren 1431 bis 1440 schwankte das jährliche Gehalt zwischen 32 und 34 Pfd.300 Die Inhaber dieses Postens haben es meistenteils auch zu einem ganz ansehnlichen Vermö­ gen gebracht. 4.2 Die Lehr- und Schulfrauen Im Rahmen des allgemeinen Bildungswesens kam der Frau schon im Mittelal­ ter ein Hauptbetätigungsfeld in der Mädchenerziehung zu. Es ist hier nicht notwendig, Ausführungen über die Entwicklung des deutschen Schulwesens

295 296 297 298 299 300

Vgl. Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 124 f. Losungsstube = Stadtkasse und Steueramt. Vgl. die Übersicht im Anhang. Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 126. Ebd. Ebd., S. 430.

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im Mittelalter und vor allem in der Zeit nach der Reformation zu geben.301 In einem kurzen Überblick seien zum besseren Verständnis lediglich die Nürn­ berger Schulverhältnisse dargelegt.302 In Nürnberg gab es für die Unterweisung der Jugend zwei Arten von Schu­ len: höhere und niedere. Die Erteilung des Unterrichts in den niederen Schulen zählte zu den freien Gewerben. „Wer Lust und Beruf in sich fühlte, nahm Schüler an, um sie gegen ein geringes, zu den vier Goldfasten zahlbares Lehr­ geld, so gut er es eben verstand, im Schreiben, Rechnen oder deutschen Gesang zu unterrichten. Das Lesen brauchte nicht besonders gelehrt zu werden, denn von den geschriebenen Lettern unterschiedene Drucklettern gab es noch nicht. Das für den täglichen Gebrauch nötige Rechnen war bald gelernt, da es sich in der Hauptsache auf den Gebrauch von Fingern und Rechenpfennigen be­ schränkte. Das Schreiben bildete unter diesen Umständen bei weitem den wichtigsten Lehrgegenstand der Elementarschulen, weshalb die Lehrer schlechtweg als ,deutsche Schreiber’ bezeichnet wurden. Und häufig mögen sie auch in der Tat nichts anderes als Schreiber gewesen sein, die sich durch Ertei­ lung von Unterricht einen kleinen Nebenverdienst zu verschaffen suchten. Zu solchen Lehrern pflegte jedoch nur die schon etwas reifere Jugend in die Schule zu gehen. Die Unterweisung der jüngsten Altersklassen dagegen lag vorwie­ gend in den Händen von ,LehrfraueiT, die gleichfalls auf eigene Rechnung für Knaben und Mädchen gemeinsame Kleinkinderschulen abhielten. Die Zahl al­ ler von männlichen oder weiblichen Elementarlehrern unterrichteten Kinder wurde im Jahre 1478 auf viertausend geschätzt.“303 Der höhere Schulunterricht war in den deutschen Städten des Mittelalters durchwegs auf geistlicher Grundlage erwachsen. Er war aus diesem Grund an die Dom- und Pfarrschulen, in Nürnberg demgemäß ausschließlich an die bei­ den Pfarrkirchen zu St. Lorenz und St. Sebald gebunden. 1446 wurde noch eine Klosterschule bei St. Egidien eingerichtet, und schließlich kam etwas später noch eine weitere Schule beim Neuen Spital hinzu.

301 Aus der reichen Literatur sei genannt: Emil Reicke: Lehrer- und Unterrichtswesen in der deut­ schen Vergangenheit (Monographien zur deutschen Kulturgeschichte 9), Leipzig 1901; P. X. Thalhofer: Unterricht und Bildung im Mittelalter, München 1928; Johannes Müller: Vor- und frühreformatorische Schulordnungen und Schulverträge (Sammlung selten gewordener pädagogischer Schriften früherer Zeiten, H. 12 u. 13), Zschopau 1885/86; Johannes Müller: Quellenschriften zur Geschichte des deutschsprachigen Unterrichts bis zur Mitte des 16. Jahr­ hunderts, Gotha 1882 (Ndr. Hildesheim 1969); Eva Hesselbach: Die „deutsche Schule“ im Mit­ telalter, in: Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts 10 (1920), S. 1-56. 302 Vgl. Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 223 f. Vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 723 f., 852 f., 940 f. und 948 f. 303 Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 223.

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„Das Verhältnis, in dem die beiden Nürnberger Pfarrschulen zum Rat ste­ hen, ist merkwürdig genug. Fast in allen andern Städten hören wir von Kämp­ fen, zu denen das geistliche Schulmonopol Veranlassung gab, und die meist zu Ungunsten der Bürgerschaft ausliefen. In Nürnberg hingegen war es gelungen, einen Rechtszustand zu schaffen, demzufolge zwar den beiden Pfarrkirchen alle Lasten für die Schulen aufgebürdet blieben, die Leitung des Schulwesens aber ganz und gar der Stadt zufiel. Der zugleich als Schulvorsteher und Haupt­ lehrer fungierende ,Schulmeister4 ist bereits in unserer Epoche nichts anderes als ein städtischer Beamter. Der Rat lässt sich im Bedarfsfälle durch befreun­ dete Universitätsprofessoren geeignete Männer für dieses Amt nachweisen und bestimmt, welche Anforderungen an ihre wissenschaftliche Vorbildung zu stel­ len sind. Kleriker schließt er von vornherein von der Bewerbung aus, um jedem Konflikt mit der geistlichen Gerichtsgewalt vorzubeugen. Ist ein passender Kandidat gefunden, so wird der Bestellungsvertrag, der die Rechte und Pflich­ ten des neuen Schulmeisters festsetzt, von einer Ratsdeputation vereinbart. Dann wird er im Namen des Rats vereidigt und durch einen Ratsherrn dem Probst der Kirche vorgestellt, ohne dass damit dem Letzteren ein Ablehnungs­ recht zugestanden wurde. Auch die Überwachung des Lehrbetriebes, die Auf­ stellung des Unterrichtsplanes, die Kontrolle über die Schuldisziplin und die Aufsicht über das Schulhaus sind ausschließlich Recht des Rates. Durch Rats­ verlässe werden die Unterrichtsstunden im Winter vermehrt, die humanisti­ schen Fächer in den Lehrplan aufgenommen, allzu barbarische Schulstrafen ge­ mildert und die notwendigen Bauarbeiten am Schulhaus angeordnet. Das Hilfspersonal, dessen der Schulmeister zum Schulbetrieb bedurfte, hatte er auf seine Kosten anzustellen und zu besolden. So vor allem den Kantor, dem die Leitung des Gesangsunterrichts oblag; und so auch die Unterlehrer; denn sol­ cher bedurfte er wohl schon früh, da die Nürnberger höheren Schulen sich ei­ nes so regen Besuches erfreuten, dass mindestens um die Mitte des Jahrhun­ derts keine von ihnen weniger als 200 Schüler zählte“.304 Zu Anfang der zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts hatte das Nürnberger Schulwesen einen gewaltigen Rückschlag zu verzeichnen.305 Die religiösen Be­ wegungen trugen wie in anderen Städten auch hier wohl die Hauptschuld. Die ehemals blühenden Nürnberger Schulen begannen zu veröden. Die Reforma­ toren begannen diesen Übelständen energisch entgegen zu treten. Gerade in Nürnberg kamen seit 1525 große Bestrebungen in Gang. Es wurde der Be­ schluss gefasst, eine neue Schule, eine höhere humanistische Bildungsanstalt, zu gründen. Für die Gründung und Leitung glaubte man keinen geeigneteren

304 Ebd., S. 223 f. 305 Vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 852 f.

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Mann zu finden als Philipp Melanchthon. Dieser kam nach Nürnberg, traf die Vorbereitung zur Einrichtung der Schule, bestellte aber den berühmten Joa­ chim Camerarius zum Vorstand. Am 23. Mai 1526 erfolgte die feierliche Eröff­ nung, bei der Melanchthon selber die Festrede hielt. Die Zeitströmung war je­ doch nach wie vor diesem idealen Streben entgegen. Die mit so großen Erwar­ tungen gegründete Schule verödete sehr schnell wieder. Einer der besten Leh­ rer, Hesse, verließ sehr bald wieder die Stadt. Es behagte ihm nicht recht bei den Nürnberger Krämern, wie er sie nannte, die nur von Pfeffer und Safran träumten; er fügte noch hinzu, dass in einer Kaufmannsstadt nur der für etwas angesehen würde, der Geld hatte. Lehrfrauen waren somit in Nürnberg nur an den niederen Schulen tätig. Eine Nürnberger Stadtchronik berichtet vom Jahr 1487 im Zusammenhang mit der Schilderung über die Anwesenheit Kaiser Friedrichs III. in der Stadt von diesen: Item in dem jar in der creutzwochen306 da giengen die teutschen Schrei­ ber mit irn lerknaben und lermaidlein, auch des gleichen die lerfrawen mit irn maidlein und kneblein auf die vesten307 zu Nürnberg in diepurk ins keppelein308 mit irm teutschen gesang und sungen darinnen, und giengen darnach herauss in den purkhof und sungen umb die linden und da san kaiser Fridrich auss seim newen stüblein neben der cappelen und warf seim aussgeber güldein309 herab und der ersten rott310 hiess er geben 2 güldein, und etlicher einen güldein, und aber zwen, darnach und er grosse rott3U het. Da vordert ein rat die güldein von den Schreibern und lerfrawen alle wider. Item darnach am suntag [...] da vor­ dert der kaiser und pat einen erbern rat, es wer im ein gross wolgevallen, diese kind alle peiainander zu sehen. Und darnach, am suntag, da körnen pei vier tausent lerkneblein und maidlein nach der predig in den graben unter der ve­ sten, dem gab man lebkuchen, fladen, wein undpir;312 Wachendorf313 will aus diesen Angaben schließen, die „Schulmeister und -meisterinnen“ hätten „in ihrer Eigenschaft als städtische Bedienstete vor dem Gaste mit ihren Knaben und Mädchen gesungen“. Dieser Annahme kann man freilich nicht beipflichten. Wir besitzen keinerlei Anhaltspunkte hierfür, im Gegenteil. Wären die Schreiber und lerfrawen städtische Beamte gewesen, so müssten sie in den Amterbüchlein verzeichnet sein, und außerdem müsste ihre

306 307 308 309 310 311 312 313

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Creutzwochen = in der Woche Christi Himmelfahrt. Vesten = Burg. Keppelein = Burgkapelle. Güldein = Gulden. Rott = Abteilung. Rott = Rat. Chroniken (wie Anm. 6), Bd. 10, S. 382 f. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 16.

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Dienstordnung in den so genannten Eidbüchern enthalten sein. Hier ist aber lediglich der vorhin schon erwähnte „Schulmeister“ zu finden, der Vorstand der höheren Schulen. Sander hat also mit Recht die Unterrichtserteilung in den niederen Schulen als freies Gewerbe bezeichnet. Diese Tatsache bedingt es auch, dass wir in den zeitgenössischen Quellen so we­ nig über die Lehrfrauen erfahren. Nur eine Losungsliste des Sebalder Stadtteiles von 1433 verzeichnet emtAnn (Anna) schreiberin als Steuerpflichtige.314 Schreibe­ rin wird hierbei als Berufsbezeichnung für eine Lehrfrau zu verstehen sein. 4.3 Die Frau in der Krankenpflege, im Wohlfahrts- und Gesundheitswesen Einer der natürlichsten Wesenszüge der Frau, begründet in ihrer Haupteigen­ schaft und Hauptaufgabe, ist das Bedürfnis, für Schwache, Kranke und Hilf­ lose zu sorgen. Die natürlichste weibliche Beschäftigung ist hier aber die War­ tung und Pflege der Kinder. Die Sorge um das Kind beginnt mit seiner Geburt und konzentriert sich besonders auf diesen Vorgang. Es ist also gar nicht ver­ wunderlich, wenn sich für diese Aufgabe ein eigener Frauenberuf herausgebil­ det hat, die Hebammen. Der Anfang des Hebammenwesens liegt im Dunkeln. Seit etwa 1300 sind berufsmäßige Privathebammen in den deutschen Städten erstmals erwähnt.315 Doch genügten diese Privathebammen bald nicht mehr den Ansprüchen der Bevölkerung. Schon früh erregte dieses Gewerbe die Aufmerksamkeit der Behörden. Man empfand vor allem den Mangel gründlicher Vorbildung sehr unangenehm und ging darum zur Einsetzung geprüfter und besoldeter He­ bammen über. In der einen Stadt früher, in der andern später, werden Hebam­ men in aller Form vom Rat in den städtischen Dienst übernommen. Die Fähigkeiten der mittelalterlichen Hebammen waren freilich wohl nicht groß. Wirksame und fachmännische Hilfe konnten sie infolge der mangelhaf­ ten medizinischen Kenntnisse nur selten bringen. Die große Kindersterblich­ keit der frühen Zeiten wird man zum Grossteil auf die Unkenntnis der Hebammen zurück führen müssen.316 314 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 275, fol. 39. 315 Vgl. Hans Bösch: Kinderleben in der deutschen Vergangenheit (Monographien zur deutschen Kulturgeschichte 5), Leipzig 1900 (Ndr. Düsseldorf/Köln 1979); Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 7f; Hess: Deutsche Frauenberufe (wie Anm. 3), S. 114 f. 316 Wie es in den großen deutschen Städten noch am Ausgang des Mittelalters um das Hebammen­ wesen bestellt war, zeigt eine Denkschrift des Arztes Dr. Johann Widman aus Straßburg vom Jahre 1483: Noch bedunkt mich der swangern frowen halb ein grosz eehaftig notdurft sin, sich

mit hebammen wol zu bewaren und zü versehen, basz dann mich bedunkt bitzher geschehen si. Dan etliche di swangeren frowen an irer gepurt unzimlich letzen, etliche bi armen frawen unflissig und unwillig sien, etlich unerfaren sien, etliche ouch hechtzen (Hexen) und zoberin (Zau­ berin) sien; und dieselben herwirgen (erwürgen) vil der kind an der gepurt, um die es doch vor­ hin wol gestanden ist, [...], Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 7.

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Auch der Nürnberger Rat trug schon frühzeitig für die Heranziehung tüch­ tiger Hebammen Sorge und führte eine beständige Aufsicht über sie.317 1381 stellte er eine eigene Stadthebamme an, wie die Stadtrechnung für dieses Jahr erschließen lässt: Item dedimus318 Sugerin drei Pfd. haller dorumb, daz sie den bürgern iren dienst geheissen hat und ein heb am sol sein und man sol ir furbaz alle cottember319 geben 1 guidein und sol antreten zu der cottember Lude, die schirst kumpt. Actum feria sexta post nativitatis Marie 1381.320 Die Einrichtung dieser Stadthebamme ist noch bis gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts nachzuweisen. In den Jahren 1433 bis 1439 war wenigstens noch Demut Weinstein vom Rat gegen ein Jahresgehalt von fünf fl. als hebamme angestellt.321 Ihr waren jedenfalls besondere Aufgaben und Befug­ nisse übertragen. Vermutlich musste sie zunächst geeignete weibliche Personen in der Geburtshilfe unterweisen. Wenn nun allerdings in den Amterbüchlein seit 1417 für jedes Jahr eine größere Zahl von Hebammen verzeichnet ist,322 die vor dem Rugamt vereidigt wurden und für die keine Besoldung von der Stadt gewährt wurde, so musste dieser einen Stadthebamme sicherlich noch eine weitere Aufgabe zukommen: die Aufsicht über die anderen Hebammen. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts hören wir nichts mehr von der besoldeten Stadthebamme. Seit 1463 sind dafür in den Amterbüchlein die so genannten ehrbaren Frauen oder assidentes matronae als Uberwachungsorgan nachzu­ weisen.323 Im Jahr ihres ersten Auftretens waren es fünf Frauen;324 die Zahl stieg sodann dauernd, 1530 waren es sogar 56; gegen Ende des 16. Jahrhunderts sank die Ziffer wieder ab, so dass wir im Jahre 1600 nur noch 13 zählten.325 Die ehrbaren Frauen zählten, wie bereits der Name sagt, zu den so genann­ ten ehrbaren Geschlechtern, sie gehörten also dem Patrizierstande an. Uber ihren Aufgabenbereich unterrichtet uns am besten folgender Ratsverlass von 1540 April 7: Aus den erbern frawen, ehe dan man die hebammen erfertigt, soll allemal ein ausschuss gemacht und diseiben von raths wegen erfordert und gebetten werden anzuzeigen, was sie für mangel und notturftig pesserungen

317 Über das Nürnberger Hebammenwesen vgl: Ernst Mummenhoff: Geschichtliches zur Heil­ kunde in Nürnberg, in: Festschrift zur 65. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturfor­ scher und Ärzte, Nürnberg 1892, S. 84 f. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 597 f. 318 Dedimus = wir haben gegeben. 319 Quatember. 320 Vom 13. Sept. 1381, abgedruckt bei Mummenhoff: Geschichtliches (wie Anm. 317), S. 84. 321 Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 226. 322 Vgl. die Übersicht im Anhang. 323 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 5. 324 Mummenhoff: Geschichtliches (wie Anm. 317), S.84 gibt irrtümlich sieben an. 325 Vgl. die Übersicht im Anhang.

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bey den hebamen wissen, diseiben mengl alsdan nach gelegenheit obzeschaffen oder wo not, an ein rath ze pringen?26 Der Rat war ständig bedacht, die Zahl der ehrbaren Frauen nach Möglich­ keit zu vermehren. Obwohl 1540 eine Zahl von 47 vorhanden war, ist trotzdem noch diese Aufforderung des Rates in das Ämterbüchlein eingetragen: Nach­ forschungen haben, wo mer erber frawen vorhanden, die hierzu touglich sein möchten, das sie auch darzu gezogen werden. In Sonderheit aber bedencken, ob ein anzal in beden pfarren zu bekomen, die sich in kindsnöten zu den geperenden frawen geprauchen lassen möchten, damit bey den hebamen desto mehr vleiss ensteht wieder?27 Alle diese Bestimmungen zeigen deutlich, wie sehr der Nürnberger Rat auf einen guten Hebammenstand bedacht war. Ist es doch geradezu erstaunlich, dass sich Frauen aus den vornehmsten Gesellschaftsklassen der Mühe unterzo­ gen - sicherlich auf die Initiative des Rates selber hin - den Wöchnerinnen in ihren Nöten beizustehen und die Hebammen mit Rat und Tat zu unterstützen. Die Kontrolle der ehrbaren Frauen über die Hebammen war eine sehr wirk­ same. Zu Beginn eines jeden Amtsjahres, unmittelbar nach Ostern, wurden sie vor das Rugamt gefordert, und hier mussten sie alle Mängel, die beim Hebam­ mendienste aufgetreten waren, zur Anzeige bringen und zugleich Vorschläge für eine Verbesserung unterbreiten. Man kann also beinahe von einer amtlichen Stellung der ehrbaren Frauen sprechen. Im 16. Jahrhundert wurde eine weitere Einrichtung zur wirksamen Unter­ stützung und Überwachung der Hebammen ins Leben gerufen, die so genann­ ten geschworenen Frauen. Im Ämterbüchlein von 1550 werden erstmals vier derartige Vertreterinnen erwähnt. Allerdings scheinen die 34 Frauen, die be­ reits 1542 als beisitzerin zu den erber Frauen in Tätigkeit waren,328 der Anfang zu dieser Institution gewesen zu sein. Im übrigen entsprach die Tätigkeit der geschworenen Frauen im wesentli­ chen dem schon besprochenen Aufgabenkreis der ehrbaren Frauen. Ihre Pflichten sind 1550 so zusammengefasst: Ehe man die hebammen fertigt, sollen dise vier frawen zu den herrnfürs amptpuch gevordert und was für mengel bey inen den hebammen sampt und sonderlich vor äugen erkundigt unnd nach ge­ legenheit irer anzaig die notturft gehanndelt werden?29 Der Unterschied zu den ehrbaren Frauen bestand eigentlich nur darin, dass die geschworenen Frauen dem Handwerkerstande angehörten und außerdem jährlich 12 fl. Lohn erhielten. 326 327 328 329

StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 60. Ebd. StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 62. Vgl. die Übersicht im Anhang. StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 70.

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Aber auch für den Nachwuchs trug der Nürnberger Rat Sorge. 1520 wurde sämtlichen Hebammen befohlen, ein maid zu lehren; für diese Zwecke wurde insgesamt ein Betrag von 32 fl. ausgesetzt.330 Aus den Lehrmägden sollten die zukünftigen Hebammen hervorgehen. Das Gebot scheint aber nicht immer in seiner vollen Strenge durchgeführt worden zu sein. Erst seit 1560 erschienen die Mägde in den Amterbüchlein und auch da liegt ihre Zahl bedeutend unter jener der Hebammen.331 Die Nürnberger Hebammen standen schon seit dem 15. Jahrhundert allge­ mein in sehr gutem Ruf. Als man in Regensburg 1452 eine Hebammenordnung aufstellte, ließ man zu deren Abfassung eine Hebamme aus Nürnberg kom­ men.332 1541 fragte die Herzogin Dorothea, erste Gemahlin des Herzogs Albrecht von Brandenburg, bei der Nürnberger Patrizierin Schürstab an, ob sie ihr zu ihrer ersten Entbindung eine tüchtige Hebamme aus Nürnberg schicken könne. Sie wollte diese dauernd in Brandenburg behalten, damit sie dort tüch­ tige Hebammen ausbilde, an denen so großer Mangel sei.333 Die Schürstabin gehörte übrigens zu den ehrbaren Frauen. Dass es in Nürnberg schon in früher Zeit Anstalten gab, in denen Waisenund Findelkinder Aufnahme fanden, haben wir oben bereits vermerkt. Wir ha­ ben von der Findelpflegerin gehört, der vom Rat die Leitung und Aufsicht übertragen war. Die Wirtschaftsführung in diesen Häusern und vor allem die Pflege und Erziehung oblag einem eigenen Personal, das sich in der Hauptsa­ che aus Frauen zusammensetzte. Für die häusliche Verwaltung der beiden Findelhäuser waren von jeher die so genannten Findeleltern, also Findelvater und Findelmutter, aufgestellt.334 Nach der Urkunde über die Jörg Keypersche Stiftung vom Jahre 1485335 könnte man freilich annehmen, als sei diese Einrichtung erst in diesem Jahre geschaffen worden. Aber die Anordnungen in dieser Urkunde sollten nur eine Neuregelung der überkommenen Gewohnheiten herbeiführen, die Besoldung der Findeleltern festlegen und schließlich den Rahmen ihres Wirkungskreises angeben. Die wichtigsten Bestimmungen und Richtlinien für die Findeleltern seien hier kurz zusammengefasst: Aus den Einkünften der Stiftung sollen die Findeleltern angestellt werden; als Voraussetzungen müssen sie Kenntnisse im Lesen und Schreiben und einen 330 331 332 333

Vgl. Mummenhoff: Geschichtliches (wie Anm. 317), S. 86. Vgl. die Übersicht im Anhang. Carl T. Gemeiner: Regensburger Chronik, Bd. 3, Regensburg 1821, S. 207. Johannes Voigt: Blicke in das kunst- und gewerbereiche Leben der Stadt Nürnberg im 16. Jahr­ hundert, Berlin o.J., S. 9 f. 334 Vgl. Mummenhoff: Findel- und Waisenhaus (wie Anm. 268), S. 154 f. 335 Ebd.,S. 137, Anm. 1.

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bescheidenen und ehrbaren Lebenswandel mitbringen. Sie sollen im Findel­ haus wohnen und eine entsprechende Bezahlung bekommen, die auf keinen Fall weniger als 10 fl. im Jahr sein darf. Das Hauptaugenmerk ist auf die Ver­ sorgung und Erziehung der Kinder gelegt. Es soll ihnen ihr Essen recht und wohl gekocht und zur gehörigen Zeit gereicht, sie bei Tisch beaufsichtigt und mit dem Aufstehen ordnungsgemäß gehalten werden. Sie sollen gebürstet, gekämmt, gewaschen und gebadet werden, wie es sich bei Kindern zu jeder Zeit gebührt. Ferner ist darauf zu achten, dass ein jedes Kind beim Aufstehen und Niederlegen sowie zu jeder Tischzeit vor und nach dem Essen ein Paternoster und Ave Maria und des Morgens und Abends ein Salve regina mit aufgehobe­ nen Händen Gott zur Ehre [...] laut nach spreche.™ Der Rat der Stadt gab den Findeleltern noch eine eigene Ordnung, die im Eidbuch der Stadt erhalten ist. Hieraus gewinnen wir einen genauen Einblick in die Tätigkeit und in die Pflichten der Findeleltern, insbesondere der Findel­ mutter. Ihr oblagen ja letzten Endes die Hauptaufgaben in der Hauswirtschaft und in der Erziehung der Kinder. Mummenhoff337 fasst die Aufgaben und Pflichten, die der Findelmutter in der Ordnung des Rates gegeben wurden, wie folgt zusammen: „Die Findelmutter hatte in der Findel dieselbe Stellung und dieselben Pflichten wie die Mutter in der Familie. Ihr besonders ist die Aufsicht über die Kinder anvertraut. Sie soll sie zur Reinlichkeit und einem christlichen, sittsamen Betragen anhalten, keinen Mutwillen und was sonst unschicklich zu­ lassen, dem Müßiggang und der Faulheit entgegentreten und die erwachsenen Kinder, besonders die Mädchen, anhalten, die ihnen aufgetragenen Arbeiten fleißig zu verrichten und ihre Kleidung zu schonen. Bei eintretenden Krankheiten oder Unpässlichkeiten der Findelkinder soll sie der Findelpflegerin sofort Nachricht geben und die kranken Kinder, wenn sie in die obere oder Krankenstube kommen, fleißig besuchen und zu ihrer Wart und Pflege, soweit es ihr die sonstigen Beschäftigungen erlauben, behilf­ lich sein. Wie der Vater für die Findelknaben, so hat sie den Mädchen bei ihrem Austritt einen guten Dienst zu besorgen. Was sie wöchentlich von der Findelpflegerin zur Speisung für die Kinder er­ hält, soll sie lediglich zu diesem Zwecke verwenden, haushälterisch und rein­ lich damit umgehen und die Küche beaufsichtigen, damit die Kinder ein wohl gekochtes und gesundes Essen erhalten. Den Hausrat, worüber ein Inventar besteht, hat die Findelmutter in gutem Zustand zu erhalten und im Fall davon etwas zu Schaden kommt, es der Pfle­ gerin anzuzeigen, damit für Ausbesserung oder Ersatz gesorgt werde. Der Ver336 Ebd., S. 154 f. 337 Ebd., S. 158.

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kauf der Milch und des Kerns (Rahm) gehört zu ihren Obliegenheiten. Sie soll hier nach der ihr erteilten Anweisung und zu des Amtes Nutzen verfahren, das erlöste Geld treulich Zusammenlegen und es, wie bisher gebräuchlich, an jedem Freitag dem Schulmeister zur Verrechnung behändigen“.338 Nachdem die Findelmutter auf eine Ordnung vor dem Rugamt vereidigt wurde, stand sie in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Rat, so dass man sie zwar nicht als städtische Beamtin direkt bezeichnen kann, aber doch zu jenen Berufsgattungen, die den Charakter eines „Halbbeamten“ tragen, zählen muss. Seit 1570 wurden die Findelmütter auch im Ämterbüchlein der Stadt verzeich­ net und zwar sind für jedes Jahr zwei eingetragen, eine für die Knabenfindel, die andere für die Mädchenfindel.339 Außerdem gab es in den Findelhäusern noch eine ganze Anzahl von Dienst­ boten. Das weibliche Geschlecht ist hierbei durch eine Köchin, mehrere Mägde, eine Kinderwärterin, eine Krankenwärterin und eine Nähterin vertre­ ten. Den wichtigsten und umfassendsten Aufgabenbereich von allen diesen hatte die Nähterin. Ihr Wirkungskreis war bedeutend größer, als man vielleicht nach ihrem Namen annehmen wollte. Ihr oblag es, die Kinder zusammen mit dem Schulmeister und den Findeleltern, „zur Gottesfurcht, zum Gehorsam, zur Ehrbarkeit und zu guten Sitten, zum Fleiß, zur Sparsamkeit, Ordnung und Reinlichkeit der Haare, Kleidung und Wäsche“ anzuhalten.340 Vor allem die Mädchen musste sie im Nähen, Flicken, Stricken, Waschen, Zusammenräumen der Stuben und anderen Arbeiten unterweisen. Sogar die Knaben bekamen von ihr Unterricht im Stricken und in ähnlichen Arbeiten. Schließlich musste sie noch ganz allgemein für Ordnung und Sauberkeit im Hause sorgen. Auch über die Lohnverhältnisse des Findelpersonals sind wir einigermaßen unterrichtet.341 Die beiden Findelväter und Mütter erhielten 1550 an Lohn ins­ gesamt 24 fl., 1556 auf 35 fl. und 1570 auf 40 fl. gesteigert. Im Jahre 1550 finden wir in der Findel vier Mägde, darunter die Köchin und die Kindsmagd, die zu­ sammen einen Lohn von 23 fl. erhielten. 1560 wurden für vier Mägde 22 fl. 4 ß 6 d und für zwei Frauen, die auf die Kinder achten mussten, 10 fl. 4 ß 6 d aus­ gegeben. 1580 ist für zwei Mägde ein Lohn von 14 fl. und für 2 Krankenwärte­ rinnen ein solcher von im ganzen 12 fl. und 2 fl. Trinkgeld überliefert. Zu die­ sen Löhnen treten aber noch freie Unterkunft und Verpflegung, weiterhin ver­ schiedene Akzidentien an etlichen Feiertagen und zwar teils in Naturalien, teils auch in Geld. 338 339 340 341

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Ebd., S. 158. Vgl. die Übersicht im Anhang. Vgl. Mummenhoff: Findel- und Waisenhaus (wie Anm. 268), S. 162 f. Ebd., S. 169 f.

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Ein großes Wirkungsfeld in der Krankenpflege und Fürsorge für alte und gebrechliche Leute fanden Frauen sodann in den zahlreichen Spitälern und Siechenhäusern Nürnbergs. Oben wurde bereits auf das mit der Deutschordens­ kommende verbundene Elisabethspital verwiesen, das bereits in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden ist. Zur Krankenpflege haben die Deutsch­ herrn auch weibliche Kräfte herangezogen. Sie mussten freilich außerhalb des Hauses wohnen.342 Durch das große Anwachsen der Stadt und durch seine Lage als Durch­ gangspunkt der Völker reichte dieses eine Spital bald den Bedürfnissen nicht mehr aus. Aus diesen Gründen stiftete 1331 der reiche Patrizier Konrad Groß das „Neue Spital zum Heiligen Geist“.343 Der Zweck dieses Spitals war bei al­ len derartigen Einrichtungen ein doppelter. Es war einerseits Krankenhaus für arme Kranke, die vorübergehend aufgenommen wurden und andererseits ein Altersversorgungsheim. Unter den so genannten Pfründnern ist wiederum zu unterscheiden zwischen solchen, die als Arme die Pfründe um Gotteslohn empfingen und solchen, die sich mit einer bestimmten Summe einkauften. Außerdem war im Heiliggeistspital von Anfang die Aufnahme armer Wöchne­ rinnen vorgesehen. Die Pflegschaft des Spitals führte nach dem Tode des ältesten Sohnes von Konrad Groß der Rat der Stadt, wie schon die vorläufige Stiftungsbestätigung von 1332 angeordnet hatte. Von ihm wurde ein Pfleger bestellt, der die Auf­ sicht über die Verwaltung führte. Alljährlich prüften die fünf Ratswähler die Geschäftsführung des Spitals und besichtigten dieses.344 Das Personal des Spitals setzte sich in der früheren Zeit aus 16 Personen zu­ sammen, etwas später wird aber bereits eine Zahl von 20 genannt. An der Spitze standen von jeher ein Spitalmeister und seine Ehefrau, die Spitalmeiste­ rin. Beide hatten gemeinsam über die Aufnahme der Pfründner zu bestimmen. Sie hatte die Küche und Krankenpflege unter sich. Mindestens alle vier Wochen musste sie dem Spitalmeister Rechnung legen. Wie aus der Ordnung, die der Rat für dieses Amt 1565 erlassen hat,345 hervorgeht, oblag ihr die ganze Wirt­ schaftsführung und im wesentlichen die Verwaltung für das gesamte Haus. Die Spitalmeisterin hatte für den Einkauf am Markte zu sorgen, hatte auf die Zube­ reitung der Speisen in der Küche zu sehen, besonders auch auf die Kranken­ kost, und schließlich lag auch die Verwaltung des Hausrats in ihrer Hand. Ihre 342 Vgl. Eisen: Liebestätigkeit (wie Anm. 274), S. 6 f. 343 Vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 187 f.; Eisen: Liebestätigkeit (wie Anm. 274), S. 22 f. Werner Schultheiss: Aus der Geschichte des Heiliggeistspitals, Festschrift anlässlich des 600jährigen Bestehens der Heilig-Geistspital-Stiftung. Nürnberg 1939, S. 27 - 44. 344 Schultheiss: Heiliggeistspital (wie Anm. 343), S. 33. 345 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 294 f.

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Befugnisse und Pflichten entsprachen also im wesentlichen den Aufgaben, die wir bei der Findelmutter kennen gelernt haben. Als Unterstützung in diesen Obliegenheiten stand der Spitalmeisterin die Küsterin zur Seite. Diese hatte im besonderen die Siechen mit Krankenkost, Bettzeug und anderem Dienst zu versorgen. Im ausgehenden 16. Jahrhundert trat hierzu noch die Schauerin. Auch für die Küsterin und die Schauerin be­ standen Ordnungen des Rates,346 auf die sie alljährlich wie die Meisterin vor dem Rugamt vereidigt wurden. Sie galten also in gewisser Beziehung als städti­ sche Beamte, wie auch die Einträge in den Amterbüchlein zeigen.347 Eine Hauptaufgabe kam der Frau schließlich in der Betreuung der Kranken selber zu. Für diesen Zweck wurde von Fritz Beheim 1382 eine große Stiftung gemacht. Danach sollte der jeweilige Pfleger des Spitals zwei wachmaid anstel­ len, zwei ehrbare fromme Menschen, die geloben sollen, der Siechen [=Kranken] in dem Spital getreulich zu pflegen und zu warten Tag und Nacht, die eine vor Mitternacht und die andere nach Mitternacht wachen und sollen den Tag auch teilen, also dass alleweg eins von ihnen zum mindesten im Spital bleibe und bei den Siechen umgehe. Welchem Siechen dann Labung und Trost am nötigsten sei, dem sollen sie mitteilen, was sie können; [...] und denselben zwein Person soll man auch andere Arbeit von des Spitals wegen nicht empfehlen und man soll auch deswegen nicht weniger Ehalten haben, die der Siechen warten, als man vorher gehabt hat. [...] Das sollen sie geloben und sollen auch den Sie­ chen an ihrem Ende den Glauben und gute Wort vorsagen. Und sollen ihnen helfen von ihren Betten und wieder hinein, so oft ihnen das not tut. Das sollen sie allweg geloben bei ihren Treuen. Wo sie das nicht hielten, soll man sie weg­ tun. Man soll auch allweg Leut darzu gewinnen, die guten Gewissens sein und die etwas Lieb zu solchen Gottesdienst haben, dass man ihnen die Ding mög ge­ trauen?** Daneben hatte schon der Stifter des Spitals selber Vorkehrungen für die Be­ treuung der Kranken getroffen. Es waren zwei Mägde dazu bestimmt, den Kranken alle 14 Tage ein Bad zu bereiten, sie zu baden und zu pflegen.349 Der Küsterin oblag es vor allem, den Dienst dieser Mägde zu überwachen. Nach ei­ ner Ordnung von 1565 sollte die Küsterin darin sein, dass ihre zugeordnete maid und posslerin350 der armen kranken fleissig warten, ihnen bei tag und nacht handreichung thun und guten beschaid geben, ihnen zu gewöhnlicher Zeit und so oft es not ist, petten, sie heben und legen, zu essen tragen, trinken 346 347 348 349 350

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StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101, fol. 295 f. Vgl. die Übersicht im Anhang. Eisen: Liebestätigkeit (wie Anm. 274), S. 24 f. Ebd., S. 27. Taglöhnerin, nach Schmeller: Wörterbuch (wie Anm. 58), Bd. 1, S. 410.

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holen und daneben kochen, wass derselben notturft erfordert, und wass ihr der verordnet leibarzt hierin bevelhen wird.351 Neben diesen Krankenwärterinnen hören wir aber noch von einer Spülmaid, Fatz maid352 einer Ober- und einer Unterköchin.353 Die reiche Dotierung des Nürnberger Heiliggeistspitals ermöglichte auch eine angemessene Bezahlung für das Personal, So bekam die Küsterin bereits im Jahre 1440 einen Jahreslohn bis zu 13 fl. Von der Meisterin ist sogar ein Ge­ halt von 18 fl. und daneben 4 fl. Geschenke überliefert.354 Für diese Zeit sind das sehr stattliche Summen, wenn man dabei noch berücksichtigt, dass außer­ dem freie Wohnung und Verpflegung gewährt wurde. Schon in früher Zeit werden sodann in Nürnberg die so genannten Siechköbel überliefert. Hospitäler für Aussätzige und andere Seuchenkranke.355 Bereits 1234 wird das domus leprosorum in St. Johannis erwähnt. Zu Anfang des 13. Jahrhunderts kommen hierzu noch die Siechenhäuser zu St. Jobst, St. Leon­ hard und St. Peter. Schon aus dem 14. Jahrhundert können wir hier von einer ähnlichen Art der Verwaltung hören, wie wir sie vom Heiliggeistspital kennen, natürlich in kleineren Rahmen. An einer Stelle wird nämlich überliefert: [...] Auch sagten die genanten zeugen, daz dieselb ver Haile Ketenhoferin den egeschriben Acker geschickt und geben het den siechen unnd an daz siechhause im siechgraben gelegen in und iren nachkomen ze haben und ze gemessen fuerbaz ewichlichen mit der beschaidenheit, daz ein ieglicher derselben siechen meister oder meisterinne dem obgenannten Peter Peheim und seinen erben den obgeschriben zinnss und darzu den zehenden ierlichen von denselben acker richten 356 Jedenfalls hat es also auch bei den Siechköbeln Meisterinnen gegeben. Hingewiesen sei schließlich noch auf das Pestlazarett St. Sebastian, das auf eine Stiftung des Patriziers Konrad Toppier vom Jahre 1480 zurückging.357 Der Bau, der zwar 1498 begonnen wurde, kam erst 1528 in jeder Beziehung zur Vollendung. Die Leitung war einem so genannten Lazaretthofmeister und sei­ ner Ehefrau, der Lazaretthofmeisterin, übertragen. Sie wurden vom Rat der Stadt, der auch in diesem Fall die Aufsicht über die Stiftung führte, in ihr Amt eingesetzt. Somit musste sie auch vor dem Rugamt ihren Diensteid schwören.

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Kamann: Gesindewesen (wie Anm. 38), S. 81. Vermutlich eine Krankenwärterin. Vgl. Hess: Deutsche Frauenberufe (wie Anm. 3), S. 107. Vgl. Kamann: Gesindewesen (wie Anm. 38), S. 81 f, 85, 95 f. Vgl. Ernst Mummenhoff: Zur Geschieht der Siechenhäuser in Nürnberg, in: Festschrift zur 65. Versammlung der Naturforscher und Ärzte, Nürnberg 1892, S. 222 f.; vgl. Reicke: Geschichte (wie Anm. 7), S. 590 f. 356 Siebenkees: Materialien (wie Anm. 232), Bd. 1, S. 97. 357 Vgl. Mummenhoff: Siechenhäuser (wie Anm. 355), S. 225 f.

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Zu Ende des 16. Jahrhunderts wird die Lazaretthofmeisterin in den Ämterbüchlein überliefert.358 Selbst den Beruf einer Ärztin haben im Mittelalter eine beträchtliche Anzahl von Frauen ausgeübt, wie wir am Beispiel etlicher Städte sehen können.359 In Nürnberg finden wir allerdings ganz andere Verhältnisse vor.360 Wohl ist in ei­ ner Losungsliste des Lorenzer Stadtteiles von 1397 Paulus augenercztin361 ein­ getragen, aber es wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Witwe eines Augen­ arztes gemeint sein. Eine Frau ist auch im Ämterbüchlein von 1542 unter den Wundärzten aufgeführt;362 in diesem Fall ist es sogar besonders vermerkt, dass es sich um eine Witwe handelt. Immerhin scheint aber der Eintrag noch zu be­ weisen, dass sie selber den Beruf ihres Mannes ausgeübt hat. Uber die Perso­ nen, die in Nürnberg den Ärzteberuf ausgeübt haben, sind wir seit der frühen Zeit sehr gut unterrichtet. Einerseits sind sämtliche Ärzte in den Ämterbüch­ lein vorgetragen, andererseits ist noch ein Großteil ihrer Bestallungsbriefe er­ halten, etwa von 1400 an beginnend.363 An keiner Stelle ist aber hierbei eine Ärztin überliefert. Man kann demnach mit großer Sicherheit annehmen, dass in Nürnberg Frauen zu diesem Beruf nicht zugelassen wurden. Eine Sonderstellung nahmen lediglich die schon oben erwähnten geschwore­ nen Frauen ein. Man kann sie einerseits als Ärztinnen, dann als Hebammen, schließlich sogar als Apothekerinnen bezeichnen. Sie beaufsichtigten einerseits die Hebammen, befassten sich aber dann selber mit Geburtshilfe und über­ haupt mit der Untersuchung und Heilung von Frauenleiden.364 Den gebären­ den Frauen durften sie sogar unschädliche, selbst gebraute Mittel reichen. End­ lich haben die geschworenen Frauen noch ein ganz merkürdiges Amt zugleich ausgeübt, das einer Heiratsvermittlerin.365 Der Nürnberger Rat hat sogar strenge Bestimmungen gegen die herumzie­ henden Ärztinnen und Quacksalberinnen erlassen. Das zeigt allein folgender Ratserlass von 1529: Zum 6ten unterstehen sich die zuckermacherinnen und andere alte weibery oder wer der seyny machen electuaria, lattwergen,366 säfft 358 Vgl. die Übersicht im Anhang. 359 Vgl. Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 22 f., Hess: Deutsche Frauenberufe (wie Anm. 3), S. 120 f. 360 Über das Nürnberger Ärztewesen vgl. Mummenhoff: Geschichtliches (wie Anm. 317), S. 73 f. 361 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr., 278, fol. 2. 362 StAN, Rst. Nbg., Nürnberger Ämterbüchlein, Rep. 62, Nr. 62; vgl. die Übersicht im Anhang. 363 Siehe StAN, Rst. Nbg., 35 neue Laden der unteren Losungsstube , Rep. 2a„ passim. 364 Vgl. Hermann Peters: Der Arzt und die Heilkunst (Monographien zur deutschen Kulturge­ schichte 3), Leipzig 1900 (Ndr. 1969), S. 46. 365 Ebd, S. 85. 366 Electuaria ist der mittellateinische Ausdruck für eine Arznei in Breiform; lattwergen ist die ent­ sprechende deutsche Form, nach Grimm (wie Anm. 22), Bd. 6, S. 281.

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und geben jedem einen besonderen nahmen, wissen doch nit, was der kunst nach darzu gehört, oder wie sie berayten sollen, wenn es nur den schmackh habe, darvon sie es nemen. Verkaufen doch dieselben und betrügen die leut da­ mit. Darumb soll hinfüro niemandt, weder zuckermacherin noch andere, diese säfft, electuaria etc. v erkauffen, sie lassen denn vorher ihre ingredientia und recept durch die ertzt besichtigen.367 Nur kurz verwiesen sei auf die zahlreichen Nürnberger Badstuben. Gerade im Mittelalter waren diese sehr gebräuchlich, während sie im Laufe des 16. Jahrhunderts durch das Aufkommen der gefürchteten „Franzosenkrank­ heit“ mehr und mehr abkamen. Die Betreuung der Badegäste war den Bad­ knechten und vor allem den Badmaiden aufgetragen. Wie viele Frauen hier eine Beschäftigung fanden, können wir freilich nicht feststellen. Ihre Zahl scheint aber verhältnismäßig groß gewesen zu sein, da wir Badmaiden recht oft er­ wähnt finden können.368 Allerdings sei auch vermerkt, dass die Frauen, die die­ sem Gewerbe nachgingen, meist in keinem guten Ruf standen. Nahm die Frau den neuen Erdenbürger in Empfang, so bereitete sie auch die Sterbenden für ihren letzten Weg vor und begleitete sie nach ihrem Tode zu Grabe. Die gewerbsmäßigen Totenfrauen, auch Seelschwestern genannt, waren in Nürnberg eine alte Erscheinung. Im 15. Jahrhundert traf der Rat wegen al­ lerlei Missständen bei Begräbnissen für diese Frauen folgende Anordnung: Zum ersten gebitten unser herren vom rate, das nu füran nit mer dann zwü seelschwestern bey ainicher leych sein sollen und der yeder sol man zu der begrebnuss für Ion, essen und tryncken nit mer geben dann zwölffphenning und zum sibennden und dreyssigisten, zu jedem derselben zwayer tag, acht phen­ ning. Sie sollen auch nit mer dann zwischen der begrebnuss und dem sibennden bey dem grab sitzen und inn derselben zeyt des sibennden sol man yeder der­ selben swestern nit mer geben zu Ion dann ains yeden tags ainen phenning. Unnd welicher freundt oder vormundt aines yeden abgeganngen, sollichs überfüre und die seelswestern zwischen dem sibennden und dreyssigisten bey den grebern zu sitzen beten, mieten oder erlawbten, der oder dieselben sollen von yedem derselben tag ain phund newer haller gemayner statt zu puss gebend Einen weiteren Einblick in dieses Gewerbe gewährt ein Ratserlass aus der­ selben Zeit: Man soll auch hiefür ayner jeglichen ausrichterin der todten, die dann bey den sterbenden menschen gewest ist, von der begrebnuss unnd 367 Vgl. Hess: Deutsche Frauenberufe (wie Anm. 3), S. 124. - Unter ingredientia sind Stoffe zur Herstellung von Arzneien zu verstehen. 368 Vgl. Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 657. 369 Baader: Polizeiordnung (wie Anm. 68), S. 111. Die Totenklage der Seelschwestern am Grabe war somit nur noch bis zum 7. Tag, nicht mehr dagegen zwischen dem 7. und 30. Tag erlaubt, wie es vermutlich früher gebräuchlich war.

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andrem dazu dienende nyt mer geben dass dreyssig phenning, und von dem sibenden und dreyssigstem jegklichem derselben tag zehen phenning, und sunst durch das jar umb ir mühe sechzig phenning. Und wer darüber mer geben, der sol gemayner statt darumb, so oft er gerügt wurde, zu puss geben drey phundt new er h aller?70 4.4 Die Frau als Arbeitsvermittlerin Die wichtige Stellung, die der Frau im Wirtschaftsleben des spätmittelalterli­ chen Nürnberg zukam, zeigt am besten die Tatsache, dass es hier eine eigene Einrichtung für die Vermittlung weiblicher Arbeitskräfte und Dienstboten gab. Der Nürnberger Rat übertrug diese wichtige Aufgabe aber wiederum Frauen, den so genannten Zubringerinnen ?7X Seit dem 14. Jahrhundert sind diese urkundlich nachweisbar. 1430 erscheinen sie erstmals in den Amterbüchlein. In diesem Jahre sind es vier Frauen. Bis gegen die Mitte des 16. Jahr­ hunderts wächst ihre Zahl ständig; 1560 sind 20 Zubringerinnen im Ämter­ büchlein eingetragen. 1600 finden wir allerdings nur noch 13 erwähnt.372 Die Zubringerinnen waren an bestimmte Vorschriften gebunden, und sie mussten auch alljährlich vor dem Rugamt ihren Diensteid leisten, wie die Ein­ träge in den Ämterbüchlein beweisen. Sie gelten demnach in mancher Bezie­ hung als städtische Bedienstete. Allerdings erhielten sie keine Besoldung von der Stadt selber. Sie waren vielmehr auf die Vergütung angewiesen, die ihnen für ihre Vermittlung gereicht werden musste. In einer Ordnung des Rates von 1521 sind die Aufgaben und Pflichten der Zubringerinnen festgelegt.373 Danach waren sie verpflichtet, allen Arbeit su­ chenden Dienstboten, ohne Unterschied der Person, eine Stelle zuzuweisen. Den Dienstherrn mussten sie über etwaige Mängel, die sie bei der neuen Ar­ beitskraft festgestellt haben, Aufschluss geben. Als Entgelt für die Vermittlung durften sie vom Arbeitgeber als Höchstsatz 10 d., vom Arbeitnehmer 5 d ver­ langen. Diese Vorschriften wurden aber trotz vieler Strafandrohungen und auch Strafen nie richtig eingehalten. Es kamen manche betrügerische Machenschaf­ ten von Seiten der Zubringerinnen vor.374 Um das möglichst einzuschränken, 370 Ebd.,S. 112. 371 Vgl. Kamann: Gesindewesen (wie Anm. 38), besonders S. 69 f.; Ernst Mummenhoff: Frauen­ arbeit und Arbeitsvermittlung. Eine Episode aus der Handwerksgeschichte des 16. Jahrhun­ derts, in: VSWG 19 (1926), S. 157-165. 372 Vgl. die Übersicht im Anhang. 373 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 101. fol. 558. 374 Vgl. Kamann: Gesindewesen (wie Anm. 38), S. 71.

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traf der Rat eine strenge Auswahl unter den Frauen, die sich für diesen Dienst meldeten. Vor allem hatten gut beleumundete ältere Frauen, besonders Witwen städtischer Beamte, den Vorzug. 1579 wurde schließlich noch eine neue Ord­ nung für die Zubringerinnen erlassen, in der einerseits deren Pflichten festge­ legt sind, andererseits auch das Arbeitsrecht der Dienstboten klar niedergelegt ist.375 Die strengen Maßnahmen des Nürnberger Rates für den Arbeitsmarkt ver­ rät dabei allein folgende Bestimmung: Es gepieten unser herren vom rathe, das nun fürbass niemandt mehr dem andern ainichen eehalten hie zupringen oder weisen soll, der darumben würd gab oder lohn nemen, oder mainet zu nemen, dann allein (soviel die maidt belanget) die geschwornen zupringerin, die vom rathe gesetzt werden und darumb järlich vor dem ambtbuche pflicht thun. Von den eigenmächtigen und betrügerischen Machenschaften der Zubringe­ rinnen hören wir besonders noch in dem folgenden Absatz der Ordnung: Item dieweilen sich auch die zupringerin understanden umb ires aigenen nutzs und vorthails willen, wann sie zuzeitten ain maidt in einem dienst zu einer herrschaft verdingt und darumb ir belohnung entpfangen haben, nachvolgends zu den verdingten eehalten gesagt, wann sie die maidt jetzo nit einen versproche­ nen dienst hatte, so wollte sie ir mal einpessern umständen dienst zuweisen und welchen die zupringerin verursacht, das die dienstmaidt zuvielmahlen der herr­ schafft ire dienst widerumb ohne alle Ursachen aufgesagt und die zupringerin dadurch eine neue belohnung. Überhaupt hat der Rat den häufigen Arbeitsplatzwechsel verboten, sei es nun, dass der Arbeitgeber oder auch der Arbeitnehmer daran Schuld trug, vor allem wenn Lohntreibereien vorliegen sollten. Das Entgelt für die Arbeitsvermittlung der Zubringerin wurde in der Ord­ nung von 1579 ebenfalls neu festgelegt. Der Dienstherr sollte 36 d., die Dienst­ magd 34 d geben. Außerdem wurde es der Zubringerin verboten, für ihren Ver­ mittlungsdienst eine Hilfskraft zu halten: Item es soll auch hinfüro ainicher zu­ pringerin kein maidt zum verdingen der maidt zugelassen noch gestattet wer­ den, sondern ein yeder zupringerin soll einer herrschaft die maidt in aigener person selbsten zu pringen, zufueren und verdingen.

375 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 252.

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5. Statistik über Bevölkerungszusammensetzung und weibliche Steuerzahlerinnen In den vorangehenden Untersuchungen wurde der Nachweis erbracht, dass in der Reichsstadt Nürnberg während des Spätmittelalters und bis herauf ins 16. Jahrhundert eine beträchtliche Anzahl von Frauen berufstätig war. Freilich konnten hier nur die einzelnen Berufszweige aufgezeigt werden, in denen das weibliche Geschlecht vertreten war. Ein endgültiges Ergebnis zu diesen Unter­ suchungen kann allerdings nur dann Anspruch auf Vollständigkeit haben, wenn es auch gelingt, zahlenmäßig den Anteil der Frauen in der Berufsarbeit zu erfassen, insbesondere das Zahlenverhältnis der männlichen zu den weibli­ chen Berufstätigen. Eine kleine Erläuterung zu dieser Frage mag bereits die an Hand der Amterbüchlein erstellte Tabelle bilden. Allerdings wurden hier der besseren Über­ sicht wegen nur die Frauen allein eingetragen und außerdem konnte ja mit die­ ser Quelle lediglich ein Bruchteil aller berufstätigen Frauen erfasst werden. Ein Mittel, um mit annähernder Sicherheit das prozentuale Verhältnis der berufstätigen Frauen zu den Männern in Nürnberg zu bestimmen, ist uns durch die Losungslisten, wie man in Nürnberg die Steuerbücher nannte, an die Hand gegeben. Diese Methode hat auch Wachendorf,376 gestützt auf die Unter­ suchungen von Büchner, bereits angewandt. Immerhin sind aber auch die Lo­ sungslisten nicht die ideale Quelle, wie sie für solche Zwecke erforderlich wären. Allein die Tatsache, dass die Stadtsteuern in erster Linie Vermögens­ steuern waren, zeigt die erste Unzulänglichkeit. Es können also Frauen einge­ tragen sein, die zwar auf Grund ihres Vermögens steuerpflichtig waren, aber bei weitem nicht berufstätig sein mussten. Ein Gleiches gilt für die Witwen. Andererseits wird dieser Fehler wohl reichlich dadurch ausgeglichen, dass si­ cherlich viele berufstätige Frauen in den Losungslisten wegen ihres geringen Verdienstes nicht eingetragen sind.377 Um freilich zu einem klaren und übersichtlichen Ergebnis hierin zu gelan­ gen, ist auch die Auswertung der Nürnberger Bevölkerungsstatistik notwen­ dig. Erfahren wir doch hierdurch erst die genaue Bevölkerungszahl und vor al­ lem die prozentuale Zusammensetzung nach Männern und Frauen. Einige Erläuterungen seien über die Quellen selber, die uns hiefür zur Ver­ fügung stehen, noch angefügt. An Steuerbüchern ist in Nürnberg nur sehr we­ nig erhalten. Dabei enthalten diese nicht etwa die Einträge über die geleisteten

376 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 129. 377 Auf diese Tatsachen hat in ähnlicher Form bereits Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 129 hingewiesen.

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Steuern selber, sondern verzeichnen nur die Namen der Steuerpflichtigen, also derjenigen, die den Steuereid geleistet haben. Außerdem sind diese Losungsli­ sten nach den beiden Stadtteilen, St. Sebald und St. Lorenz, getrennt geführt. Aber nur für die beiden Jahre 1397378 und 1433379 sind vollständige Listen der beiden Stadtgebiete auf uns gekommen. Dagegen ist die Quellenlage über die Bevölkerungsstatistik sehr gut, ja man kann sogar sagen, dass wohl keine an­ dere deutsche Stadt über ein ähnliches Material verfügt: die Ergebnisse einer Volkszählung von 1449380 und das so genannte Grabenbuch von 1430.381 Be­ sonders wertvoll lässt diese Quellen für unsere Zwecke noch der Umstand er­ scheinen, dass sie alle zeitlich sehr nahe beisammen liegen, so dass also die ein­ zelnen Ergebnisse jederzeit miteinander verglichen werden können. Die Nürnberger Volkszählung von 1449 wurde schon mehrfach veröffent­ licht und ausgewertet.382 Wichtig für die Auswertung ist es, auch die Entste­ hungsgeschichte dieser Zählung zu kennen. Den Anlass hierzu hat die Lebens­ mittelknappheit im Dezember 1449 gegeben, nachdem Markgraf Albrecht von Brandenburg aus Ansbach die Stadt bereits sechs Monate lang bekriegte. Ringsum waren Dörfer und Fluren verwüstet, die Getreidezufuhr stockte und die Kornpreise hatten eine beängstigende Höhe erreicht. Aus diesem Grunde ließ der Rat eine statistische Erhebung der Bevölkerung vornehmen und zu­ gleich eine Erfassung sämtlicher Lebensmittelvorräte durchführen.383 Das Grabenbuch verdankt seine Entstehung den Hussitenkriegen. Nach­ dem die Böhmen seit 1427 in merkliche Nähe von Nürnberg rückten und die Befestigung der Stadt damals empfindliche Lücken aufwies, verordnete der Rat am 16. Oktober 1427; dass jeder Hauswirt, ohne Unterschied des Geschlechts, mit seinen Kindern, soweit dieselben über zwölf Jahre alt waren, und seinem Dienstpersonal, Knechten wie Mägden, einen Tag lang im Graben arbeiten solle.384 Der Rat ließ von Zeit zu Zeit Listen sämtlicher Haushaltsvorstände aufstellen, und dann wurde die Zahl der schanzpflichtigen Personen hinzuge­ fügt. So entstanden die Grabenbücher, von denen das vom 4. Dezember 1430 noch erhalten ist. 378 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 272 (Stadtteil St. Sebald) und Nr. 278 (Stadtteil St. Lorenz). 379 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 275 (Stadtteil St. Sebald) und Nr. 283 (Stadtteil St. Lorenz). 380 StAN, Rst. Nbg., Siebenfarbiges Alphabet-Akten, Rep. 2c, Nr. 90. 381 StAN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbücher, Rep. 52b, Nr. 284. 382 Chroniken (wie Anm. 6), Bd. 2, S. 500f.; Karl Bücher: Die Bevölkerung von Frankfurt a.Main im 14. und 15. Jahrhundert, Tübingen, 1886, S. 31 f.; Sander: Haushaltung (wie Anm. 265), S. 902f.; Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 141 f. 383 Vgl. Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 902 f. 384 Ebd., S. 906.

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Ziehen wir zunächst das Grabenbuch heran. Eine Auswertung desselben ergibt, dass zur Zeit seiner Entstehung, also im Dezember 1430, in Nürnberg 3.491 Wohnhäuser und 65 Wohntürme mit 3.556 Haushaltungen vorhanden waren, die insgesamt 15.448 Personen über 12 Jahre umfassten.385 Folgende Tabelle gibt noch über die Einwohnerzahl (über 12 Jahre) in der Aufteilung nach den beiden Stadtteilen Aufschluss386: Stadtteil

Wohn­ häuser

darunter Türme

ständige Bewohner über zwölf Jahre

St. Sebald St. Lorenz

1.855 1.701

26 39

8.489 6.999

zusammen:

3.556

65

15.488

Zahl der auf einen Haushalt treffenden Personen über zwölf Jahre 4,58 4,11 4,35 (Durchschnitt)

Die große Zahl der Häuser besaß nach dieser Aufstellung im Durchschnitt nicht mehr als zwei bis sechs ständige Bewohner über zwölf Jahre. Von den 78 Häusern und Türmen, die nur von einer einzigen Person bewohnt wurden, beherbergten - soweit sich das aus den geringen Angaben erschließen lässt 13 je eine allein stehende Frau. Vergleichen wir hierzu die Ergebnisse aus den Losungslisten.387 weibliche Steuerzahler Zahl %

Jahr

Stadtteil

Steuerzahler insgesamt

1397

St. Sebald St. Lorenz

2.972 2.597

758 704

25,6 27

zusammen:

5.569

1.462

26,3

St. Sebald St. Lorenz zusammen:

2.944 2.617 5.561

632 644 1.276

21,6 24,6 23,1

1433

385 Ebd., S. 907. 386 Ebd., S. 908. 387 Die folgenden Tabellen sind zusammengestellt aus den Losungslisten.

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Der prozentuale Durchschnitt der weiblichen Steuerzahler beträgt in Nürn­ berg demnach für das Jahr 1397 26,3%, für 1433 23,1%. Um das Gesamtbild noch von anderer Seite her zu beleuchten, kann man sagen: Der höchste Anteil liegt bei 27%, der tiefste Prozentsatz dagegen bei 21,6%. Vom Jahr 1397 bis 1433 ist der Durchschnittsatz um 2,8% gesunken, obwohl die Bevölkerungs­ zahl selber unverändert blieb. Aber gerade der Umstand, dass sich die Ein­ wohnerzahl nach dieser Rechnung anscheinend nicht verändert hat, muss auf­ fallen. Wissen wir doch, dass in Wirklichkeit die Entwicklung gerade gegentei­ lig war,388 dass nämlich die Bevölkerung ständig gewachsen ist. Wo liegt dem­ nach der Grund für das ganz andere Bild, das wir aus den Losungslisten ge­ winnen? Er kann nur darin liegen, dass - um es nach unseren modernen Be­ griffen auszudrücken - der steuerfreie Betrag erhöht wurde und dadurch nicht mehr so viele Steuerzahler erscheinen können. Gerade die geringere Anzahl der weiblichen Steuerzahler wird man auf diesen Umstand zurückführen kön­ nen. Wachendorf389 hat am Beispiel mehrerer deutscher Städte den prozentualen Anteil der weiblichen Steuerzahler berechnet. Seine Ergebnisse liegen im Durchschnitt zwischen 16 2/3% und 33 1/3%. Vergleichen wir damit das Re­ sultat unserer Nürnberger Tabelle, so können wir ungefähr sagen, dieses ent­ spricht dem mittleren Durchschnitt anderer deutscher Städte. Eine Gegenüberstellung unserer Losungslisten von 1433 und des Graben­ buches von 1430, die also zeitlich sehr nahe beisammen liegen, zeigt folgendes Ergebnis: Anzahl aller Steuerzahler im Jahr 1433: 5.561 Anzahl der 1430 vorhandenen Wohnhäuser bzw. Haushalte:390 3.556 Wir sehen daraus, dass die Anzahl der steuerpflichtigen Einwohner bedeu­ tend höher lag, als die Anzahl der Haushaltsvorstände. Demnach sind sicher­ lich bedeutend mehr berufstätig gewesen, als etwa Haushaltsvorstände vorhan­ den waren. Dass in dieser Unterschiedszahl viele Frauen enthalten sein müssen, kann nach den bisherigen Ergebnissen als selbstverständlich gelten. Können wir dafür auch keine Zahlen nennen, die Tatsache selber wird am besten fol­ gende Gegenüberstellung aus Sander391 zeigen:

388 Klar bewiesen ist das durch die Untersuchungen von Sander: Haushaltung (wie Anm. 265), S. 902 f. 389 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 129 f. 390 Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 907 f., beweist an Hand seiner Untersuchungen, dass die Zahl der Wohnhäuser auch so ziemlich jener der Haushaltungen entspricht. 391 Ebd., S. 907.

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Das Grabenbuch 1430 verzeichnet

Das Losungsbuch 1430 verzeichnet

als Zahl der graubenbaupflichtigen Hausbewohner

Fol.

als losungs­ pflichtige Personen

Fol.

als Haushalts­ vorstand

3

Ruprecht Kempnater Barbara, sein Stiefkind

78

Ruprecht Kempnater 2

12

H. Keschinger Elslein, d. Nickel Pollenders Kind Kath., seine Schwester

87

H. Keschinger

3

16

F. Muffel Eli Kunigin, Witibe Reynhart Eystetter

90

F. Muffel Eli Kunigin Reynolt Eystetter

5 1 5

30

Margret Hagerin Agnes Hagerin

Margr. Hagerin

2

31

Angnes Englin

106

Gerhard Englin

2

33

des Peter Rieters drei Seelhäuser

109

Rieters Seelhaus

4

33

Klas Taschner Agnes Taschner

109

Klas Taschner

2

34

Niklas Plankensteiner Eis, seine Stieftochter

110

Niklas Plankensteiner

2

An Hand dieser Gegenüberstellung, die übrigens von Sander nur für den Zweck eines Vergleichs von Grabenbuch und Losungsbuch ganz wahllos zu­ sammengestellt wurde, müsste man sogar annehmen, diese größere Zahl der Steuerpflichtigen im Vergleich zu den Haushalten sei nur auf die berufstätigen Frauen zurückzuführen. Allerdings würde eine solche Argumentierung auch etwas übertrieben sein. Sicherlich hat es daneben noch eine große Zahl allein stehender berufstätiger Männer gegeben.

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Das Gesamtbild kann schließlich erst eine Tabelle von der bereits erwähnten Volkszählung von 1449 vervollständigen. Es folgen die Zahlen für die einzel­ nen Stadtviertel:392 Viertel

Bürger

Frauen

Kinder

Knechte

Mägde

Gesamt­ summe

i

349

367

642

Siehe Spalte Mägde

zusam­ men mit den Knechten 492

1.850

ii in

337 493 749 469 492 440 424

332 602 905 559 600 565 453

488 784 1.394 801 714 691 659

177 210 353 90 123 119 147

232 267 487 126 192 124 135

1.566 2.356 3.888 2.045 2.121 1.939 1.818

IV V VI VII VIII

Will man einen Überblick über die Zahlenverhältnisse in der Gesamtstadt gewinnen, so ist eine doppelte Addition vorzunehmen, da für das erste Stadt­ viertel Knechte und Mägde in einer Summe angegeben sind. Die Zusammen­ stellung ergibt dann folgende Zahlen: Viertel

Bürger

Frauen

Kinder

Knechte

Mägde

Gesamt­ summe

I-VIII

3.753

4.383

6.173

zusam­ men mit den Mägden 3.274

zusam­ men mit den Knechten 3.274

17.583

II -VIII

3.404

4.016

5.531

1.219

1.563

15.733

392 Vgl. Bücher: Bevölkerung (wie Anm. 382), S. 31 f. Auch abgedruckt bei Wachendorf: Wirt­ schaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 142.

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Wichtig für unsere Untersuchung ist hierbei besonders auch die Zahl der Mägde, über die wir an keiner anderen Stelle etwas erfahren können. Hinge­ wiesen sei besonders auf die Tatsache, dass ihre Zahl bedeutend über jener der Knechte liegt. Eine weitere Berechnung über die Gesamtbevölkerungszahl ist für unsere Zwecke nicht notwendig. Dagegen ist folgende Gegenüberstellung nach den beiden Geschlechtern sehr wichtig. Nach den Zahlen der Stadtviertel II bis VIII kommen 1449 in Nürnberg 1. auf 1.000 Bürger 1.180 Frauen und Töchter; 2. auf 1.000 Bürger und Knechte 1.207 Frauen und Mägde. Nach dieser Zählung ergibt sich für Nürnberg ein beträchtlicher Frauen­ überschuss, der nach Zusammenstellungen bei Wachendorf393 fast von keiner anderen deutschen Stadt überboten wird. Freilich darf man dieses Zahlenver­ hältnis unter keinen Umständen als durchgehende Norm für Nürnberg zu Grunde legen. Man muss immerhin bedenken, unter welchen Voraussetzungen diese Volkszählung vorgenommen wurde. Oben wurde schon darauf hinge­ wiesen, dass die Zählung von 1449 während des Krieges entstanden ist. Unter solchen Umständen kann man nie mit einer normalen Zusammensetzung der Bevölkerung rechnen. Wissen wir doch nur zu gut, dass in solchen Zeiten der Prozentsatz der Frauen steigt. ZUSAMMENFASSUNG Als Zusammenfassung der Ergebnisse unserer Untersuchungen sollen nochmals zwei wichtige Gesichtspunkte herausgegriffen werden: 1. die Ursachen für die Frauenarbeit und 2. eine kurze Übersicht über die Entwicklung der Frauenarbeit in Nürnberg in der besprochenen Zeit. Als Hauptursache für die umfangreiche Frauenarbeit im Mittelalter wurde schon immer der bedeutende weibliche Bevölkerungsüberschuss in den mittel­ alterlichen Städten angegeben. In welchem Maße das auch für die Stadt Nürn­ berg zutraf, ist eindeutig aus den vorausgehenden Übersichten zu ersehen. Bücher394 legt dieser Tatsache folgende Ursachen zu Grunde: l.Die zahlreichen Fehden und Bürgerzwiste, von denen die mittelalter­ lichen Städte heimgesucht wurden, und daneben die gefahrvollen Han­ delsreisen.

393 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 142 f. 394 Bücher: Frauenfrage (wie Anm. 2), S. 8 f.

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2. Die Unmäßigkeit der Männer in ihrer Lebensführung, wodurch ein kür­ zeres Lebensalter gegenüber den Frauen bedingt war. 3. Die ungünstigen Bedingungen der damaligen Berufsarbeit (enge und un­ gesunde Räume, unzureichende technische Hilfsmittel). Nicht zu vergessen ist auch, dass schon ganz allgemein die weibliche Ge­ burtenziffer um einen geringen Prozentsatz höher lag als die der Männer. Durch die neueste Forschung wurde diese Tatsache eindeutig an Hand von sta­ tistischen Übersichten bewiesen. Hinzuweisen ist schließlich auf den Umstand, dass infolge der strengen Handwerksordnungen einem Teil der männlichen Bevölkerung eine Ehe­ schließung in jüngeren Jahren erschwert, wenn nicht überhaupt unmöglich ge­ macht wurde. Das Zölibat der Geistlichkeit dagegen fiel nicht in dem Maße ins Gewicht, als man bisher vielleicht angenommen hatte. Wurde doch diese Zahl auf der anderen Seite durch die Klosterfrauen reichlich aufgewogen. Letzten Endes ging es aber in diesen Zeiten nicht allein um die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der unverheirateten Frauen. Wir konnten mehrfach beobachten, dass verheiratete Frauen berufstätig waren, sei es, dass ihnen und auch den Töchtern besondere Rechte innerhalb des häuslichen Handwerksbe­ triebes eingeräumt wurden oder dass die Ehefrau direkt zusammen mit dem Mann einen Beruf ausübte, wie wir es bei den städtischen Beamten mehrfach beobachten konnten. Diese Tatsache wurde u.E. in den bisherigen Arbeiten viel zu wenig berücksichtigt. Es mag zwar sein, dass dieser Umstand in Nürn­ berg mehr zu Tage trat als in anderen Städten, im Grunde genommen wurden aber in allen Städten ähnliche Verhältnisse vorhanden gewesen sein. Worauf ist das zurückzuführen? Eine ganz klare Antwort gab uns darauf Sander,395 wenn er das Privatein­ kommen der verschiedenen Nürnberger Bevölkerungsklassen näher beleuch­ tete. Er wies an Hand der Löhne der Arbeiter und der Einkommensverhält­ nisse der Handwerker eindeutig nach, dass der Verdienst der Verheirateten um einen beträchtlichen Betrag hinter dem Bedarf zurückblieb. Der Haushalt konnte selbst bei ganz normalen Nahrungsmittelpreisen nur dann gedeihen, wenn die Frau oder die Kinder sich am Erwerbe beteiligten. Für alle Hand­ werksbetriebe galt das freilich nicht, aber für viele. Immerhin wurde aber in al­ len diesen Fällern nur der unbedingt notwendige Lebensbedarf berücksichtigt. Wenn wir zu einem zusammenfassenden Ergebnis über die Frauenarbeit sel­ ber gelangen wollen, so wurde von vornherein bei den einzelnen Berufszwei­ gen ein großer Unterschied in der Entwicklung festgestellt. Vor allem ein Ver395 Sander: Haushaltung (wie Anm. 264), S. 35.

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gleich zwischen Handwerk und Kleinhandel zeigt ein völlig unterschiedliches Bild. Im Handwerk war die Frau während des 14. und 15. Jahrhunderts in vielen Arbeitszweigen vertreten. Je nach Art des Handwerks konnten wir sie als selbstständige Gewerbetreibende, als gleichberechtigte Vertreterin oder als Helferin feststellen. Besondere Rechte und Befugnisse kamen daneben den Witwen, Ehefrauen und Töchtern zu. Im Allgemeinen konnte die Frauenarbeit in allen diesen Berufszweigen für die angegebene Zeit als sehr verbreitet und vielseitig bezeichnet werden. Die wirtschaftliche Stellung des weiblichen Ge­ schlechtes konnte demnach im 14. und 15. Jahrhundert als gesichert gelten. Wachendorf396 führte als Ergebnis seiner Untersuchungen am Beispiel meh­ rerer deutscher Städte die starke Verdrängung der Frauenarbeit im Handwerk seit Mitte des 15. Jahrhunderts an. Hier trat aber der große Unterschied im Ver­ gleich zu den Nürnberger Verhältnissen hervor. Konnten wir doch eindeutig beobachten, dass in Nürnberg diese Bestrebungen erst im Laufe des 16. Jahr­ hunderts einsetzten. Der Rat der Stadt setzte sich immer wieder, entgegen dem Vorhaben der Gesellen und auch einzelner Meister, für die Rechte des weibli­ chen Geschlechtes ein. Erst gegen Ausgang des 16. Jahrhunderts erschienen größere Arbeitsverbote für Frauen, ein Entwicklungsstand, der bei anderen deutschen Städten schon hundert Jahre früher erreicht wurde. Wie sehr der Nürnberger Rat noch im Laufe des 16. Jahrhunderts für die Rechte der Frau in der Berufsarbeit eintrat, zeigte die erneuerte Reformation (=Rechtsbuch) von 1565, in der das Arbeitsrecht des weiblichen Geschlechtes ausdrücklich aner­ kannt wurde.397 Ohne Zweifel konnte man diese besonderen Nürnberger Verhältnisse auf die Eigenart der Handwerksrechte zurückführen. Die Zünfte hatten also wohl schon früher die Frauenarbeit auszuschalten versucht. Auf die Gründe, die eine so starke Zurückdrängung der Frauenarbeit bei den Handwerken verursacht hatten, wurde schon hingewiesen. Trotzdem soll hier nochmals darauf eingegangen werden, vor allem unter Berücksichtigung der Nürnberger Eigenarten. Verfolgen wir den Weg dieser ganzen Entwicklung, so konnten wir feststel­ len, dass der Anstoß, die Frauen aus der handwerklichen Arbeit zu verdrängen, vom männlichen Geschlecht ausging. Die Gesellenverbände waren es hauptsächlich, die seit dem 16. Jahrhundert unerbittlich alle Mittel für dieses 396 Wachendorf: Wirtschaftliche Stellung (wie Anm. 3), S. 147. 397 Wichtig sind alle diese Feststellungen nicht nur wegen der ganz verschiedenartigen Entwick­ lung im Vergleich zu den übrigen deutschen Städten, sondern auch noch deswegen, weil man anscheinend auch für Nürnberg ganz andere Verhältnisse annehmen wollte.

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Vorhaben in Bewegung setzten. In Nürnberg konnten solche Bestrebungen schon dadurch erst später Eingang finden, weil das strenge Stadtregiment nicht nur jedes Zunftwesen, sondern auch die Gesellenverbände unterdrückte. Trotzdem wurden auch in Nürnberg selbst, hereingetragen durch fremde Ge­ sellen, solche Stimmen laut; aber nur ganz zögernd gab der Rat diesen Bestre­ bungen nach. Die Ursache für ein solches Vorgehen der Gesellen war letzten Endes durch den Kampf um die eigene Lebensexistenz bedingt. Gerade seit dem 16. Jahr­ hundert war ein starkes Angebot an handwerklichen Arbeitskräften zu beob­ achten, bedingt einerseits durch die religiösen Wirren der Zeit und die damit hervorgerufene Bevölkerungsbewegung, andererseits bedingt durch den Ver­ fall des gesamten städtischen Handwerkswesens. In einer solchen Zeit wurden natürlicherweise die Frauen von den arbeitsuchenden Gesellen als unliebsame Konkurrenten angesehen. Wenn andererseits von Seiten der Handwerksmei­ ster nur in den seltensten Fällen Klagen über die Frauenarbeit zu beobachten waren, so war das leicht daraus zu erklären, dass die Meister auch mit Vorliebe die bedeutend billigeren weiblichen Arbeitskräfte beschäftigt haben. Die letzte Ursache schließlich, den langsamen Verfall des städtischen Hand­ werkswesens und überhaupt der städtischen Wirtschaft, haben wir in dem großen Zeitumbruch um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert zu suchen. Die große Blüte der deutschen Städte ging ihrem Ende entgegen, neue Macht­ faktoren traten an ihre Stelle. Der ausgedehnte Handel der deutschen Städte verlor mehr und mehr an Bedeutung, Hand in Hand damit war auch ein Rück­ gang des Handwerkswesens bedingt. Betrachten wir in dieser Beziehung Nürnberg, so konnten wir hier in künstlerischer Beziehung im 16. Jahrhun­ dert, der Zeit der Renaissance, noch eine letzte Blüte feststellen, die auch dem gesamten Handwerkswesen nochmals einen Auftrieb gab. Diese letzte Kraft­ entfaltung wurde aber durch einen jähen Verfall der gesamten Stadtwirtschaft unterbrochen. In gegenteiliger Richtung ging die Entwicklung der Frauenarbeit im Klein­ handel, Gaststättengewerbe und auch in den öffentlichen Ämtern. Während im 15. Jahrhundert die Zahl der hier beschäftigten Frauen im Allgemeinen noch verhältnismäßig gering war, können wir im Laufe des 16. Jahrhunderts, im Ge­ gensatz zu den handwerklichen Berufen, im Durchschnitt ein Anwachsen fest­ stellen. Häufig waren in Nürnberg Frauen auch im öffentlichen Dienst vertre­ ten, im 16. Jahrhundert sogar noch in größerer Zahl als früher. Als besondere Nürnberger Eigenart durfte hierbei wohl die Tatsache gelten, dass der Mann mit seiner Ehefrau ein öffentliches Amt bekleidet hatte.

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ANHANG: Statistik über die berufstätige Frau in Nürnberg (1396-1600) Die nachfolgende Übersicht bildet eine statistische Zusammenstellung der berufstätigen Frauen, die in den Nürnberger Amterbüchlein verzeichnet sind: Die Ämterbüchlein, deren Reihe mit dem Jahr 1396 beginnt, sind für die Zeit bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert nur lückenhaft erhalten. Erst seit 1489 bilden sie eine fortlaufende Reihe. Für die Zwecke dieser Statistik wurden mit gewissen Abständen etliche Jahrgänge herausgegriffen, für das 16. Jahrhundert meist mit Abständen von zwei Jahren. Vor allem wurden auch jene Jahrgänge aufgenommen, in denen Frauenberufe zum ersten Mal erwähnt werden.398 Jedes Ämterbüchlein ist in zwei Abschnitte aufgegliedert, die in der frühen Zeit mit den Bezeichnungen Officia und Hantwerck unterschieden werden. In späterer Zeit führt der erste Teil durchwegs die Überschrift Ambtleut, während der andere Abschnitt meistenteils mit folgender Bezeichnung erläutert wird: Item die gemainen ambtleut, die da schweren ausserhalb rates vor dem ambtpuch unnd auch die gesworen maister der hanndtwerck, das alles in ainem rat ertaillt wurdet, volget hernach.3" Diese Aufgliederung wurde auch in der nachfolgen­ den Statistik beibehalten. Der erste Teil enthält im Grunde genommen die städti­ schen Beamten allgemein, der zweite Teil dagegen etliche Berufsgruppen im Dienst der Stadt {gemeine Amtleute), die geschwornen Handwerksmeister und noch etliche Gewerbetreibende, die vom Rat besonders verpflichtet wurden. Der zweite Abschnitt ist merkwürdigerweise nicht in allen Jahren mit der­ selben Vollständigkeit geführt. Zwischendurch sind nämlich Jahrgänge vor­ handen - besonders beispielhaft sind hierfür die Jahre 1481, 1504, 1532 und 1542 - die in einem gesonderten Bändchen den vorher beschriebenen zweiten Teil allein enthalten, nur mit einer bedeutend größeren Zahl von Berufen. Das Büchlein von 1532 führt dabei folgende Überschrift: Ambtbüchlein allerley ge­ schwornen ambt und hanndwerck, so vor dem herrn zu ders pfenndters rüg400 398 Die Ämterbüchlein sind im Staatsarchiv Nürnberg als Bestand „Nürnberger Ämterbüchlein“, Rep. 62, verwahrt. Die in der Statistik erfassten Jahre tragen unter der angegebenen Bestands­ bezeichnung folgende Nummern: 1396 - 1400 Nr. 1; 1470/20 Nr. 2; 1430 Nr. 3; 1442 Nr. 4; 1476 Nr. 6; 1481 Nr. 8/1; 1486 Nr. 11; 1500 Nr. 23; 1504 Nr. 26; 1510 Nr. 30; 1520 Nr. 40; 1530 Nr. 50; 1532 Nr. 52/1; 1540 Nr. 60; 1542 Nr. 62; 1550 Nr. 70; 1560 Nr. 79; 1570 Nr. 89; 1580 Nr. 99; 1590 Nr. 109; 1600 Nr. 119. 399 StAN, Rst. Nbg., Ämterbüchlein von 1493, Rep. 62, Nr. 16. 400 Leichtere Gerichtsfälle innerhalb der Handwerke wurden in Nürnberg vor dem städtischen Rugamt verhandelt, eine Gerichtsbarkeit, die an anderen Orten den Zünften zugehörte. Dessen Existenz ist freilich vor 1490 nicht nachzuweisen; früher fungierte an seiner Stelle das Fünfer­ gericht. An der Spitze des Rugamtes standen vier Rugherren (Mitglieder des kleinen oder re-

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verordennt gehorsam thun. Es lässt sich nicht feststellen, ob die Listen dieser Art auch jährlich geführt wurden und nur nicht mehr erhalten sind oder ob sie überhaupt nur immer in bestimmten Abständen hergestellt wurden. In der Statistik ist jeweils angegeben, wenn es sich bei den eingetragenen Frauen um Witwen, Ehefrauen oder Töchter handelt. Bei selbstständigen Frauenberufen wurde kein Vermerk aufgenommen. VERZEICHNIS DER UNGEDRUCKTEN QUELLEN Staatsarchiv Nürnberg (StAN): Rep. 2c: Siebenfarbiges Alphabet-Akten. Nr. 90: Volkszählung in Nürnberg 1449. Nr. 92: Verzeichnis der Zelte der einzelnen Handwerksgilden in Nürnberg 1464. Rep. 52 b: Amts- und Standbücher. Nr. 101: Aller gemainen ambt und dienstleut pflicht, aide und Ordnung, die jährlich vor dem ambtbuch gehorsam thun. Verneut anno 1552. (Mit Nachträgen bis Anfang des 17. Jahrhunderts). Nr. 232: Eines erbern rahtes der stat Nuremberg Wandelbuch [= Strafbuch], Ordnung und gesetz, so uff geltpeen gesteh [...] 16. Jahrhundert. Nr. 252: Zubringerordnung von 1579. Nr. 258: Handwerksordnungen Mitte 14. Jahrhundert. Nr. 259: Sammlung Nürnberger Handwerksordnungen, erneuert 1535, mit Nachträgen bis Anfang 17. Jahrhundert. Nr. 260: Gleiche Sammlung wie Nr. 259, Nachträge bis Mitte 16. Jahr­ hundert. Nr. 261: Sammlung Nürnberger Handwerksordnungen zusammengestellt 1629, mit Nachträgen bis 1759. Nr. 272: Losungsliste Sebaldi 1397. Nr. 275: Losungsliste Sebaldi 1433. Nr. 278: Losungsliste Laurenti 1397. Nr. 283: Losungsliste Laurenti 1433. Nr. 284: Nürnberger Grabenbuch 1430. Nr. 302: Nürnberger Handwerksordnungen und Meisterbuch vom Jahre 1363. Nr. 303: Nürnberger Meisterbuch 1370 - 1429. Rep. 60 b: Ratsbücher. Nr. 1 c, 10, 13. Rep. 61: Nürnberger Briefbücher. Nr. 38,135, 141,110,171. Rep. 62: Nürnberger Ämterbüchlein. Nr. 1-119. gierenden Rates) und der so genannten Pfänder, der dem großen Rate angehörte. Der Pfänder war die meistbeschäftigte Person des Rugamtes, da ihm die ständige Aufsicht über die Hand­ werke oblag. Hier wurden auch die Handwerksordnungen im Entwurf vorbereitet, bevor sie dem Rat vorgelegt wurden.

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ALBRECHT DÜRERS GEDRUCKTE WAPPEN UND HERALDISCHE BILDER Von Viviane Glanz 1. Einleitung Albrecht Dürers umfangreiches druckgraphisches Werk beinhaltet einige Wappendarstellungen und heraldische Bilder. Diese treten in unterschiedlichen Erscheinungen bzw. Funktionen auf: im Exlibris etwa, dessen Eigner darin gern sein Wappen sieht, falls er eines hat. Das war bei Büchereibesitzern zu Dürers Zeit praktisch immer der Fall. Es gibt auch Wappenholzschnitte, die als Exlibris nicht geeignet sind. Interessant ist die Frage nach deren Verwendungs­ zweck. Andere wurden zur Illustration von Büchern hergestellt. Ferner existieren heraldische Kupferstiche, zum Teil mit allegorischem Inhalt. In drei Werken dieser Art hat der Künstler die heraldischen Konventionen mißachtet. Wappendarstellungen in Herrscherportraits, Himmelskarten, der Ehren­ pforte für Maximilian I., etc. finden sich in großer Anzahl bei Dürer. Doch die vorliegende Arbeit1 befasst sich mit den heraldischen Blättern, in denen das Wappen als zentrales Motiv dient. Das ist auch bei manchen Zeichnungen und Holzschiebedeckeln auf der Rückseite einiger Portraitgemälde der Fall. In dieser Arbeit geht es jedoch um die zu vervielfältigenden Werke und deren Charakter als Gebrauchsgraphik. Hier werden ausschließlich die Zeichnungen angeführt, welche als Entwürfe dienten und mit der Absicht einer Vervielfälti­ gung angefertigt wurden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Zuschreibungsfrage neu zu diskutieren und Dürers persönlichen Ausdruck in der streng reglementierten Wappenkunst zu entdecken. 2. Literatur und Forschungsstand Im Jahr 1872 befasst sich Grenser2 eingehend mit Dürers heraldischen Blättern. Wie in der vorliegenden Arbeit stellt auch er zwei Werklisten zusammen, die seine Zuschreibungen an Dürer von den Arbeiten trennt, die er allenfalls seiner Werkstatt oder Schule zuerkennt. Dies geschieht unter Berücksichtigung einer

1 Es handelt sich um die verkürzte Version einer Magisterarbeit der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg, Institut für Kunstgeschichte (Prof. Dr. Karl Möseneder), Februar 2000. 2 Alfred Grenser: Albrecht Dürer in seinem Verhältnisse zur Heraldik, in: Heraldisch-genealogi­ sche Zeitschrift. Organ des heraldisch-genealogischen Vereins Adler in Wien 2 (1872), S. 67 f., 85-88,101-103, 119-123, 135-137, 155-157.

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chronologischen Abfolge. Grenser blasoniert jedes Wappen, nennt, falls mög­ lich, deren Farben und liefert Informationen zur Person des Wappeninhabers. Grensers Publikation liegt weit über hundert Jahre zurück, daher sind viele seiner Thesen veraltet. Was bei diesem Autor fehlt, ist eine eingehende Ausein­ andersetzung mit Dürers Kunststil bzw. der Gestaltungsweise der Wappen. Im Jahr 1940 ist es Steinbrucker3 , die diese Thematik wieder aufgreift, diesmal in geringem Umfang. In einer Art ausformulierten Liste nennt sie Dürers Wappenmalereien auf Holzschiebedeckeln von Gemälden und die Holzschnitte, die sie Dürer zuschreibt. Aus dem Dürer-Jahr 1971 stammen zwei Publikationen: Kruse4 stellt eine Werkliste mit kurzen Erläuterungen zusammen, welchen er eine kleine Auswahl an Autoren zugrundelegt. Er übernimmt dabei Zuschreibungen und Thesen, die zum Teil schon damals veraltet waren. Der Au­ tor bemerkt vorweg, dass es ihm nur darauf ankommt, einen Überblick zu schaf­ fen. Genau das leistet seine Publikation auch. Neubecker5 geht in seinem gut zwanzig Seiten umfassenden Aufsatz grundsätzliche heraldische Frage­ stellungen, wie zum Beispiel die Ausgangslage, die Schildformen, etc., an, in de­ nen er Dürers Wappendrucke zur Veranschaulichung einbringt. Daher fehlt eine ausführliche Auseinandersetzung mit den einzelnen Werken. Eine Sonderstel­ lung genießt Dürers eigenes Wappen, dessen Herkunft und Aussehen Neubecker eingehend untersucht. Grundsätzlich betrachtet der Autor die Dar­ stellungen mehr mit den Augen eines Heraldikers und nicht so sehr aus dem kunsthistorischen Blickwinkel, welcher jedoch nicht völlig außer acht gelassen wird. Der Aufsatz ist eine wichtige Stütze für die vorliegende Arbeit. Von den Beiträgen, die sich mit einzelnen heraldischen Druckgraphiken Dürers beschäftigen, sei zunächst Wussin6 genannt, der im Jahr 1864 das Wap­ pen für Tscherte identifiziert. 1884 erläutert Frimmel7 eingehend, wie der wilde Mann in Dürers „Totenkopfwappen“ aufzufassen ist. Im Jahr 1903 sorgt Dodgson8 mit seiner Publikation einiger Londoner Skizzenblättchen für neue 3 Charlotte Steinbrucker: Wappendarstellungen A. Dürers, in: Familiengeschichtliche Blätter 38, Leipzig 1940, Sp. 49-54. 4 Hans Kruse: Exlibris und Wappen von Albrecht Dürer, in: Jahrbuch für Exlibriskunst und Gebrauchsgraphik, 1971, S. 3-9. 5 Ottfried Neubecker: Heraldik zwischen Waffenpraxis und Wappengraphik. Wappenkunst bei Dürer und zu Dürers Zeit, in: Albrecht Dürers Umwelt. Festschrift zum 500. Geburtstag Albrecht Dürers am 21. Mai 1971 (Nürnberger Forschungen 15), Nürnberg 1971, S. 193-219. 6 Johann Wussin: Ein kleiner Beitrag zur Literatur über Dürer, in: Archiv für die zeichnenden Künste 10, Leipzig 1864, S. 369-371. 7 Theodor Frimmel: Zur Kritik von Dürers Apokalypse und seines Wappens mit dem Todtenkopfe, Wien 1884, S. 22-43. 8 Campbell Dodgson: Heraldische Skizzen Dürers in den Londoner Manuskripten. 1. Skizzen zu dem Holzschnitte „Das Wappen des Stabius“. 2. Skizzen zum Wappen Lorenz Staibers, in: Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst 26, Wien 1903, S. 57-60.

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Erkenntnisse der Wappendrucke für Stabius mit Lorbeerkranz und Staiber mit der Kette um den Schild. Paulis9 kurzer Aufsatz von 1933 handelt von Dürers Exlibris. Allerdings betrachtet der Autor aus heutiger Sicht zu viele Blätter als Bucheignerzeichen. Von Glöckner stammen zwei Aufsätze aus den Jahren 1963/6410 und 196511 über Staiber und seine Wappenholzschnitte, die sehr aus­ führlich sind und kaum Fragen offenlassen. 1965 erscheint Steglichs12 Aufsatz über die Pirckheimer-Exlibris von Dürer, der den Gegenstand jedoch nicht ganz ausschöpfend behandelt. Anzelewsky13 geht im Jahr 1983 ausführlich auf den Sinn des „Totenkopfwappens“ ein, und 1986 liefert Schreyl14 eine um­ fassende Deutung des Holzschnitt-Exlibris für Pirckheimer. Diese Auflistung zeigt, dass es diverse Arbeiten zum Thema gibt. Was jedoch fehlt, ist eine neue Bearbeitung, welche die bisher gewonnenen Erkenntnisse berücksichtigt. Auf dieser Grundlage soll nun eine erneute Aus­ einandersetzung mit der Zuschreibungsfrage und eine Untersuchung von Dürers künstlerischem Stil in der Wappenkunst stattfinden. 3. Wappenkunst vor Dürer 3.1 Kurzer Epochenüberblick In der Frühgotik15 wird der Dreiecksschild eingeführt, dessen seitliche Ränder konvex gewölbt sind. Der Schild ist meist geneigt dargestellt. Darauf ist der Helm frontal oder im Profil zu sehen, eine einfache glockenartige oder topfähnliche Form. Die Helmzier zeigt oftmals das gleiche Motiv wie der Schild. Diese Motive sind sehr abstrakt und zeichenhaft gestaltet. Es gibt keine Helmdecken. Die figürlichen Darstellungen der Hochgotik sind bereits etwas kompli­ zierter gezeichnet. Der Helm verwandelt sich in eine schwere Kübelform, die später eleganter geschwungen ist und als Vorläufer des Stechhelms gilt. Es ist

9 Gustav Pauli: Bücherzeichen von Albrecht Dürer, in: Imprimatur 4, Hamburg 1933, S. 40-43. 10 Marie Glöckner: Lorenz Stäuber, in: MVGN 52 (1963/64), S. 163-189. 11 Marie Glöckner: Zur Entstehungsgeschichte der Staiberwappenholzschnitte Albrecht Dürers, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1965, S. 110-115. 12 Angelika Steglich: Dürers Bücherzeichen für Willibald Pirckheimer, in: Marginalien, Blätter der Pirckheimer-Gesellschaft 19, Berlin 1965, S. 50-58. 13 Fedja Anzelewsky: Dürer-Studien, Berlin 1983, S. 134-141. 14 Karl Heinz Schreyl: Dürers Pirckheimer-Exlibris, in: Dürer im Exlibris. Frederikshavner Kunstmuseum u. d. stadtgeschichtlichen Museen d. Stadt Nürnberg (Kat. Ausst.), Nürnberg 1986, S. 17-23. 15 Bei Leonhard (Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, 3. Aufl. München 1984, S. 83-95) befindet sich ein Epochenüberblick der Wappenkunst, der in den folgenden Punkten herangezogen wird.

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die Blütezeit der Ritterspiele. Die Helmzierden sind besonders groß, zum Teil sogar beweglich. Nun gibt es auch Helmdecken. Der Hochadel trägt jetzt eine Krone auf dem Helm. Die ersten Halbrundschilde tauchen auf. Sie haben eine größere Fläche als die Dreiecksschilde und sind daher für Wappen mit mehr als einem Feld besser geeignet. Dann folgt die Spätgotik mit einer neuen Schildform und zwar der Tartsche. Neu ist auch der Stechhelm. Der Helmwulst sorgt nun dafür, dass unschöne Befestigungsriemen für die Helmzier und Schrauben etc. verborgen sind. Bei Adeligen ist dies durch die Helmkrone bewerkstelligt. Die Helmdecken wer­ den länger und sind in gotischer Manier blattähnlich oder gezaddelt und haben einen unerschöpflichen Formenreichtum. Im Laufe der Zeit erhalten die Helmdecken immer mehr Eigenleben, weil sie der Bestandteil einer Wappen­ darstellung sind, wo der Künstler ein wenig mit den Formen spielen darf und seine Kunstfertigkeit unter Beweis stellen kann. Im 15. Jahrhundert sterben die Turnierspiele aus. Das Wappen kommt im Kampf nicht mehr zum Einsatz. „Die Frührenaissance leitet die Zeit der toten, der Kanzleiheraldik ein“, so Leonhard16. Die Wappen leben auf dem Papier und in der Kunst weiter. 3.2 Beispiel aus dem Scheiblerschen Wappenbuch um 1450 Anhand eines Beispiels aus dem Scheiblerschen Wappenbuch um 1450 (Abb. 1) erfolgt nun eine genauere Beschreibung eines spätgotischen Wappens. Die Gestaltungsmerkmale werden beleuchtet, damit in den nachfolgenden Ka­ piteln Albrecht Dürers Stil und der Wandel hin zur naturalistischen Darstel­ lungsweise deutlich wird. Die heraldischen Zeichnungen in dem Scheibler­ schen Wappenbuch sind zum Vergleich gut geeignet, da jeweils nur ein Voll­ wappen in einem hochformatigen Bildfeld, das fast der ganzen Buchseite entspricht, dargestellt ist. Somit hat das Wappen eine beachtliche Größe, die es erlaubt, mit den Dürerschen Wappenholzschnitten verglichen zu werden. Ein nach heraldisch rechts geneigter Wappenschild in Halbrundform bein­ haltet als Schildfigur zwei große Flügel, genannt Flug. Im Zentrum des Bild­ felds, über der nach oben gerichteten Schildecke, befindet sich der Helm im Profil, der ebenfalls nach heraldisch rechts ausgerichtet ist. Laut Neubecker17 gibt es eine moderne Faustregel, dass „der Mittelpunkt des Ganzen etwa mit dem Mittelpunkt des Helmes zusammenfallen soll.“ Im Gegensatz zum Helm ist die Helmzier, ebenfalls ein Flug, frontal und symmetrisch dargestellt. Die

16 Leonhard (wie Anm. 15), S. 94. 17 Neubecker (wie Anm. 5), S. 199. Vielleicht gab es diese Faustregel auch damals schon.

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gebandeten Helmdecken breiten sich in je zwei Hauptbahnen zu den Seiten aus. Die Anzahl ihrer Verzweigungen ist überschaubar. Der kurvenreiche bzw. rankenförmige Verlauf der Stoffbahnen wirkt sehr dekorativ. Auffällig an der Gestaltung ist die Flächenhaftigkeit bzw. Zeichenhaftigkeit der Wappendar­ stellung vor einem ungestalteten Hintergrund. Es sind aber schon Versuche zu erkennen, einen an sich räumlichen Gegenstand, wie beispielsweise den Helm, als solchen wiederzugeben. Der Schild ist streng zweidimensional aufgefasst, obwohl auch dieser drei Dimensionen besitzt. Das berücksichtigt später schon der Hausbuchmeister. Im Scheiblerschen Wappenbuch ist der Schild nichts an­ deres als ein weiteres kleines Bildfeld. Bei der Schildfigur und Helmzier hat sich der Zeichner um Naturtreue bemüht, denn die Federn sind differenziert behandelt. Das gleiche gilt für die Helmdecken: Farbliche Kontraste heben komplizierte Verschlingungen hervor. Beim unteren Teil des Helms gelang die räumliche Darstellung im Gegensatz zum Visier, welches mangelnde Erfah­ rung im perspektivischen Zeichnen und Verkürzen verrät. Daher passt der Wulst auch nicht richtig auf den Helm. Dessen Brust- und Nackenblech sollte sich scheinbar über die Schildkante wölben, doch der Zeichner unterließ an entsprechender Stelle die Überschneidungen. Somit bleibt der Helm in der Schwebe. Insgesamt betrachtet ist hier die Kombination der Einzelbestandteile noch nicht korrekt, dafür geht viel Mühe ins Detail, wie es besonders bei den Flügeln und Helmdecken zu sehen ist. Ebenso zeugt die Einpassung des Vollwappens in das Bildfeld von einem Gespür für eine ausgewogene Ponderation der Ele­ mente in der Fläche. An dieser Stelle muss festgehalten werden, wie flächenhaft die Wappendarstellung noch aufgefasst und wie stark die Silhouettierung ist, insbesondere bei den Helmdecken. Sie erhalten dadurch ein ornamentales Aussehen. 4. Wappenholzschnitte als Gebrauchsgraphik 4.1 Exlibris Ein Exlibris ist ein Bucheignerzeichen. Der Begriff kommt aus dem Lateini­ schen: Ex libris heißt „aus den Büchern“ bzw. „aus der Bibliothek“ einer bestimmten Person. Um welche Person es sich handelt, klärt das Wappen, welches in den frühen Exlibris fast immer als alleiniges oder zentrales Motiv dient. „Seine Verwendung wurde dadurch begünstigt, dass die Buchbesitzer meist wappenführenden Ständen angehörten. Außerdem galt es als das tradi­ tionelle Erkennungszeichen der Person und ihrer Familie“, so Funke.18 Bevor Fritz Funke: Die Wandlung der Rahmenform in der alten Exlibris-Kunst, in: Festschrift Johan­ nes Jahn, Leipzig 1958, S. 282.

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es die graphische Vervielfältigung gab, wurde laut Schreyl19 oftmals der Buch­ besitzer handschriftlich vermerkt. Auch ein eingemaltes Wappen erfüllte die­ sen Zweck. Schreyl weist darauf hin, dass manchmal ein leerer Wappenschild schon im Buch vorhanden war, welchen der Käufer mit seiner Schildfigur fül­ len konnte. Seit im 15. Jahrhundert der Buchdruck eine leichtere Herstellung der Bücher ermöglicht, stieg die Anzahl der Büchereibesitzer. Hinzu kam der Humanis­ mus bzw. das Interesse an antiker Kultur, Literatur und Bildung. Nicht nur der Adel wurde von dieser Geistesströmung erfasst, sondern vor allem auch sein städtisches Pendant - das Patriziat. Die „durch den Druck bedingte Gleichför­ migkeit der Bücher, die sich nunmehr viel weniger voneinander unterschieden als die persönlichen Handschriften, zwang zur genaueren Kennzeichnung ei­ nes Buches“, so Donin20. Deshalb klebte der Besitzer sein Bucheignerzeichen auf die Innenseite des Einbands21, eine Sitte, die von Deutschland ausging und auch vor allem dort blühte. Die frühesten datierbaren Exlibris-Holzschnitte stammen aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Nicht immer ist ein Exlibris als solches zu erkennen, und nicht alle erhalte­ nen frühen heraldischen Holzschnitte sind für diesen Verwendungszweck geeignet. Hierbei spielt die Größe die wichtigste Rolle: Ist ein gewisses Maß überschritten, passt das Blatt nicht mehr in das Buch, zumal die Bücherformate immer handlicher wurden. 4.2 Erkennungszeichen in der Fremde Für die Wappendarstellungen, welche als Bucheignerzeichen ungeeignet sind, stellt sich die Frage nach deren Verwendungszweck. Neubecker weist darauf hin, dass bis zur Veröffentlichung einer Einblattdruck-Sammlung von Max Geisberg, welche die Blätter in Originalgröße zeigt, nie jemand bemerkt hätte, dass manche für den Gebrauch als Exlibris zu groß sind. Laut Neubecker geht diese Entdeckung ebenso auf Otto Hupp22 zurück wie die Erkenntnis, dass einige Wappenholzschnitte ein so großes Format haben, „weil sie auf Reisen an den Quartieren plakatartig angeschlagen wurden.“23 Von einem Reichstag in Regensburg berichtet Hupp24: „Viele Fürsten und Stände hatten ihre Quartiere bestellt und ihre Wappen davor anschlagen lassen.“ 19 20 21 22

Vgl. Schreyl in Kat. Ausst. (wie Anm. 14), S. 9. Richard K. Donin: Stilgeschichte des Exlibris, Wien 1949, S. 13. Donin (wie Anm. 20), S. 12. Otto Hupp: Heraldische Erläuterungen, in: Heraldische Einblatt-Holzschnitte aus der 1. Hälfte des 16. Jh. (Hrsg.: Max Geisberg), München 1929 (ohne Seitenzahlen). 23 Neubecker (wie Anm. 5), S. 207. 24 Vgl. Hupp (wie Anm. 22).

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Was genau mit Albrecht Dürers großen Wappendrucken geschah, ist nicht überliefert. Es gibt jedoch aufschlussreiche Quellen aus seiner Zeit. Parallelen zu Dürer sind anzunehmen. Dieser Auffassung ist auch Neubecker25 . Er ver­ mutet, dass der Künstler auf dem Reichstag in Augsburg 1518 diese typisch deutsche Sitte entweder kennen - oder, falls er sie schon kannte - schätzen ge­ lernt hat. Neubecker erwähnt noch den Reichstag in Nürnberg in den Jahren 1522/23, wo Dürer ebenfalls damit in Berührung gekommen sein dürfte. Tat­ sache ist, dass Dürer um 1520/21 die meisten Wappendruck-Entwürfe dieser Art herstellte.26 5. Werkanalyse 5.1 Gesicherte und zugeschriebene Werke 5.1.1 Die frühen Werke Die fünf Wappenschilde für Maximilian I. Dieses Blatt (Abb. 2) stammt aus dem Buch Revelationes Sancte Birgitte. Das Werk erschien im Jahr 1500 in Nürnberg in lateinischer Sprache. Bekannt ist dieser Holzschnitt auch unter der Bezeichnung ,die fünf kaiserlichen Schilde für Maximilian I.‘ Steinbrucker27 weist darauf hin, dass Maximilian I. (1459-1519) erst im Jahr 1508 Kaiser wurde und diese Benennung daher falsch ist. Zum Ent­ stehungszeitpunkt dieses Werks war er Römischer König. Die Revelationes Sancte Birgitte enthalten 58 Holzschnitte28, von denen laut Meder aufgrund der ganzen Formgebung nur dieser eine Dürer zuzuschreiben ist29. Das hochrechteckige Blatt trägt die Überschrift Insignia Regie Maiestatis30. Die eins zu drei zu eins angeordneten fünf Schilde sind von der Kette des Ordens vom Goldenen Vlies umgeben. Die drei Hauptschilde stehen senkrecht übereinander. Der mittlere ist von den zwei anderen Schilden flankiert. Der oberste enthält das unter der römischen Königskrone stehende königliche Wappen mit dem einköpfigen weißen Adler31 , der nach heraldisch links steht. 25 Neubecker (wie Anm. 5), S. 207. 26 Appuhn und von Heusinger untersuchen eingehend den Verwendungszweck der großformati­ gen Blätter (siehe Horst Appuhn u. Christian von Heusinger: Riesenholzschnitte und Papierta­ peten der Renaissance, Unterschneidheim 1976). Eine weitere wichtige Quelle für den Ge­ brauch von Wappen auf Reisen ist der Essayist Michel Eyquem de Montaigne (erwähnt auch bei Hupp, wie Anm. 22), Tagebuch einer Badereise, Hrsg.: Georg A. Narciss, aus dem frz. über­ setzt von Otto Flake, Stuttgart 1963. 27 Steinbrucker (wie Anm. 3), Sp. 50. 28 Willi Kurth u. Campbell Dodgson: Albrecht Dürer. Sämtliche Holzschnitte, München 1927, S. 24. 29 Joseph Meder: Dürer-Katalog. Wien 1932, S. 260. 30 Deutsche Ausgabe: Kuniglicher Maiestat Wappen, vgl. Meder (wie Anm. 29), S. 260. 31 Vgl. Meder (wie Anm. 29), S. 260.

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Er hat einen Glorienschein und ein Brustschildchen mit der österreichischen Binde. Um das Feld hängt nochmals eine kleinere Ordenskette. Zwei Greifen dienen als Schildhalter. Der mittlere, ebenfalls bekrönte Schild zeigt die Quer­ balken des Königreichs Ungarn. Zwischen der Krone und dem Schildrand ist ein kleines Widderfell zu erkennen. Es ist das Ordenszeichen, welches von der Kette des oberen Wappens herabhängt. Unten befindet sich die Schildfigur der Grafschaft Tirol: ein heraldisch linksstehender Adler mit Kleestengeln auf den Flügeln. Der flankierende Schild auf der heraldisch rechten Seite mit der öster­ reichischen Binde des Erzherzogtums Österreich trägt die Herzogskrone. Links stehen die Schrägbalken des Herzogtums Burgund, doch ohne die sonst übliche Randeinfassung, so Grenser32. Die Komposition bestimmend bildet die Ordenskette ein großes Oval. Sie berührt den oberen und die seitlichen Bildränder, nur den unteren nicht, da hier das Ordenszeichen, ein herabhängendes goldenes Widderfell, Platz findet. Auffällig an diesem Blatt ist, dass alle dargestellten Elemente gleichmäßig ver­ teilt sind. Man könnte es fast als Horror vacui bezeichnen. So sind auch die vier Ecken nicht leer, sondern mit Weinlaub und anderen vegetabilen Ranken ver­ sehen. Sie füllen den Raum zwischen den Bildrändern und der Ordenskette. Die Darstellung ist sehr flächenhaft. Außer bei den plastisch wirkenden Kör­ pern der Schildhalter und andeutungsweise bei den Schilden und Kettenglie­ dern ist Zweidimensionalität gewahrt. Aufgrund der Gestaltungsweise wird dieses Blatt von der Mehrzahl der Kunstwissenschaftler Dürer zuerkannt.33 Ein sehr wichtiges Indiz ist die enge stilistische Verwandtschaft mit Dürers Holzschnitt ,Celtis vor Maximilian I.£ (Abb. 3) um 1502. Das gilt für die Anordnung und Gestaltung der Wappen­ schilde und Ranken ebenso wie für die Verteilung der Massen auf die Fläche. Exlibris für Willibald Pirckheimer Dieser Holzschnitt (Abb. 4) ist das erste bekannte Exlibris von Albrecht Dü­ rer. Durch den Schriftzug LIBER BILIBALDI PIRCKHEIMER ist dessen Funktion offensichtlich. Es stellt die Ehewappen von Dürers engem Freund

32 Grenser (wie Anm. 2), S. 86. Der schwarzweiße Holzschnitt gibt keinen Aufschluß über die Wappen-Farben. Grenser vermerkt, diese seien gut bekannt und nennt sie: Reichsadler: Schwarz auf goldenem Feld; das ist laut Meder (wie Anm. 29, S. 260) falsch, da es sich nicht um den kaiserlichen, sondern um den weißen einköpfigen Königsadler handelt; Brustschildlein: Rot mit silberner Binde, ebenso der flankierende Schild mit der österreichischen Binde; Un­ garn: Abwechselnd rote und weiße Balken; Tiroler Adler: Rot auf silbernem Feld; Burgund: Blaue und goldene Schrägbalken im Wechsel; Kronen: Gold. 33 Vgl. auch Steinbrucker (wie Anm. 3), Sp. 50.

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und dessen Frau Crescentia Rieter dar. Dies liefert einen Anhaltspunkt zur Datierung, denn im Jahr 1504 starb Crescentia34. Die Forschung datiert das Bücherzeichen in die Jahre 1500-1503. Über dem Bild-Teil befindet sich ein Motto in drei Sprachen: ,Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang/ Die oberste Zeile gibt den Spruch auf he­ bräisch wieder, die mittlere auf griechisch und die unterste auf lateinisch: INITIVM SAPIENTIAE TIMOR DOMINI35. Die Tietzes36 weisen darauf hin, dass dieser dreisprachige Teil bei späteren Drucken fehlt. Im Zentrum der Darstellung steht der Stechhelm in Frontalansicht, der die Ehewappen unter sich vereint. Die beiden tartschenförmigen Schilde sind achsensymmetrisch einander zugeneigt. Heraldisch rechts ist Pirckheimers Birke auf quergeteiltem Feld zu sehen. Es handelt sich um ein redendes Wappen37. Links befindet sich Rieters doppelschwänzige bekrönte Meerjungfrau auf quergeteiltem Feld. Der Helm trägt das Kleinod Pirckheimers. Es ist eine Mannpuppe, die ebenfalls frontal abgebildet ist. Das bärtige Männerhaupt hat eine turbanähnliche Kopf­ bedeckung aus verschlungenem Stoff, in dem drei spitz nach oben stehende Birkenblätter stecken.38 Die Helmzier der Ehefrau Rieter, eine Meerjungfrau wie im Schild, fehlt in dieser Darstellung, wie es bei Nürnberger Ehewappen üblich war. Rings um den Helm breiten sich dicht die Helmdecken aus, die zu einem Großteil von zwei flankierenden geflügelten Putten verdeckt sind, die das Zimier halten. Der rechte von ihnen hält ein Zaumzeug in der Hand. Als „Schildhalter“ dienen ganz ungewöhnlich zwei Aste, von denen je einer aus den unteren Bildecken hervorkommt und sich der Mitte zubiegt. Auf jeder Seite windet sich ein stehendes großes Füllhorn empor. Schreyl macht darauf aufmerksam, dass es sich hierbei um keine Tierhörner handelt wie sonst üblich, sondern um zusammengebundene Fruchtschoten. Er identifiziert sie als

34 Vgl. Steglich (wie Anm. 12), S. 53. 35 Biblia Sacra Iuxta Vulgatam Versionem, Stuttgart 1994, Psalmi Iuxta LXX, S. 914 (Ps 110,10): [...] initium sapientiae timor Domini intellectus bonus omnibus facientibus eum laudatio eins manet in saeculum [...]; zu deutsch: Die Furcht des HERRN ist der Weisheit Anfang. Klug sind alle, die danach tun. Sein Lob bleibet ewiglich. (Die Bibel nach Martin Luther, Köln 1996, S. 614, Ps 111.10 (entspricht Vulgata 110,10)). 36 Hans Tietze u. Erika Tietze-Conrat: Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers, Bd. 1, Leipzig 1928, S. 65. 37 Vgl. Steglich (wie Anm. 12), S. 53. 38 Grenser (wie Anm. 2, S. 87) nennt die Farben, wie er sie bei Siebmacher fand. Pirckheimer: Gold über rot, die Birke ist grün mit weißem Stamm; Rieter: Schwarz über gold, rotgekleidete Meerjungfrau mit weißen Fischschwänzen. (Abweichungen in Dürers Buchillustration (Abb. 5): Birke ganz weiß, blaue Fischschwänze); rot gekleideter Männerrumpf mit gelbem Kragen, rot-gelbe Kopfbedeckung mit grünen Birkenblättern.

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Schoten von Akazien39 . Die Hörner sind mit Weintrauben und Laub gefüllt. Darauf steht links und rechts je ein kleiner geflügelter Putto unter dem Bildrand als Girlandenhalter. Die Girlande besteht wiederum aus Weintrauben und Laub und schmückt in zwei Bögen den obersten Bildbereich. In der Mitte ist sie an einem Tierschädel fixiert. Zwischen den Schilden und dem unteren Bildrand bringen drei geflügelte Putten ein humoristisches Element in die Dar­ stellung. Zwei von ihnen gehen mit „höchst gefährlichen“ Waffen aufeinander los: Der linke erhebt sein Kinderwindrad gegen den anderen, welcher sich mit einem krummen Schildchen zu schützen versucht und gleichzeitig mit einer Rübe ausholt. Der dritte Putto zwischen ihnen sieht von unten zu, ganz in der Manier des später entstandenen berühmten Raffael-Engels40. Unter dem Bildrand befindet sich ein Streifen, der die Worte LIBER BILIBALDI PIRCKHEIMER enthält. Um das Haupt des Helmzimiers gruppieren sich die Worte SIBI ET AMICIS. P. Dürers Autorschaft wurde nie bezweifelt. Da die Qualität des Holzschnitts nicht besonders gut ist, wird angenommen, dass der Künstler die Zeichnung lieferte und mit dem weiteren Verlauf nichts zu tun hatte. Wie schon ,die fünf Schilde für Maximilian 1/ (Abb. 2) lässt auch dieser Exlibris-Holzschnitt eine stilistische Verwandtschaft zu ,Celtis vor Maximilian 1/ (Abb. 3) erkennen. Auffällig ist zum Beispiel die vergleichbare Gesamtkomposition: Bei beiden Blättern gruppiert sich das Beiwerk so um die vier Bildränder, dass zur Mitte eine Art Oval gebildet wird, in dem das Hauptmotiv steht. Dieses Oval findet sich auch bei den ,fünf Schilden für Maximilian 1/ in Gestalt der Ordenskette. Exlibris-Entwurf für Willibald Pirckheimer Nicht allzu lange nach dem vorigen Holzschnitt muss diese Entwurfszeich­ nung (Abb. 6) für ein weiteres Pirckheimer-Exlibris entstanden sein. Da wieder die Ehewappen dargestellt sind, ist wiederum ein Zeitpunkt vor 1504 anzuset­ zen. Es wird vermutet, dass nie eine graphische Vervielfältigung vorgenommen wurde, weil der Tod der Crescentia Rieter dazwischenkam41 . Dass ursprüng­ lich ein Druck vorgesehen war, zeigt sich unter anderem an den Ehewappen, die seitenverkehrt angebracht sind. Üblicherweise befindet sich der Schild des Mannes auf der heraldisch rechten Seite42.

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Schreyl in Kat. Ausst. (wie Anm. 14), S. 17 u. 19. Vgl. Raffaels Sixtinische Madonna in Dresden um 1513/14, der rechte der kleinen Engel unten. Vgl. z.B. Friedrich Winkler: Die Zeichnungen A. Dürers, Bd. 2, S. 54. Vgl. Neubecker (wie Anm. 5), S. 215.

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Albrecht Dürers gedruckte Wappen und heraldische Bilder

Das heraldische Arrangement ist das gleiche wie im vorher besprochenen Blatt, außer dass hier statt eines Stechhelms ein Patrizierhelm dargestellt ist. Allerdings ist das Ehewappen diesmal tiefer platziert und in einen Raum integriert. Darin stehen zwei Figuren, die das Helmzimier flankieren: Eine bekränzte nackte Frau mit einer Fackel auf der linken Seite in halber Rückenansicht und rechts ein bekränzter wilder Mann in Vorderansicht, be­ waffnet mit Pfeilen, Bogen und Keule. Der Raum ist nach hinten durch eine halbhohe Mauer begrenzt. Die Darstellung ist von einem auf Säulen stehenden perspektivischen Arkadenbogen umfangen. In dessen Zwickeln befindet sich je ein geflügelter Putto, das Ende einer Girlande aus Wein und Laub haltend, die von oben herabhängt. In der Mitte ist sie am Bogenscheitel fixiert, hier ist ein dritter Putto platziert. Unten ruhen die Säulen der Arkade auf Sockeln, die fast so hoch sind wie die Wappenschilde dazwischen. Am Fuß jeden Sockels sitzt je ein kleiner musizierender Putto. Ihre Musikinstrumente handhaben sie wie Linkshänder, was ein weiterer Hinweis auf den Entwurfscharakter der Zeich­ nung für einen Druckstock ist, so Winkler43. Ganz rechts am unteren Bildrand ist die Sammlermarke ,AB‘ der Sammlung A. Bourduge44 zu sehen. Darunter ist noch ein leeres Feld für Inschriften angefügt. In dessen Mitte befindet sich ein gefälschtes Dürer-Monogramm und rechts daneben das Datum 1503, jedoch mit einer zur eins ausgebesserten Null. Im Vergleich zu den vorherigen Blättern hat dieser Entwurf eine völlig andere optische Wirkung, was einerseits an der Feinheit der Zeichnung liegt und andererseits an der Raumsituation. Besonders für heraldische Darstellun­ gen ist die Einführung der Perspektive sehr ungewöhnlich. Etwas Zeichenhaf­ tes und seit dem Ende der Turnierspiele abstrakt aufgefasstes setzt Dürer hier in einen Raum. Das Wappen steht ebenso auf dem Boden wie die Säulen, die allegorisierenden Figuren und sitzende kleine Putti. Ein weiteres Charakteri­ stikum dieser Entwurfszeichnung ist die Feinheit des Strichs. Daraus lässt sich folgern, dass ein Kupferstich geplant war, da eine solche Detailtreue für den Holzschnitt nicht umsetzbar ist. Weitestgehend einig sind sich die Forscher was die Datierung betrifft. Außer von Pauli45 wird das Datum von fremder Hand vor der Ausbesserung, also 1503, als korrekt betrachtet. Dafür spricht auch die Ähnlichkeit des wilden Mannes mit dem im Kupferstich des „Totenkopfwappens" (Abb. 7), welches mit der Jahres­ zahl 1503 versehen ist. Dieselbe Übereinstimmung gibt es in der Zuschreibungs­ frage. Bis auf Römer46 zweifelt niemand an Dürers Autorschaft. 43 44 45 46

Winkler (wie Anm. 41), Bd. 2, S. 54. Vgl. Steglich (wie Anm. 12), S. 54. Pauli (wie Anm. 9), S. 43. Erwähnt bei Winkler (wie Anm. 41), Bd. 2, S. 55.

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Viviane Glanz

5.1.2 Kupferstiche Drei Putti mit Schild und Helm Eine spielerische Umsetzung der heraldischen Motive findet sich in einem kleinen hochformatigen Kupferstich Dürers (Abb. 8). Zwei auf einem nach rechts abfallenden Boden stehende posaunenblasende Putti halten einen leeren Renaissance-Schild. Ein schwebender dritter trägt mit seinen Händen einen Bügelhelm. Vor dem ungestalteten Hintergrund überkreuzen sich die beiden Posaunen der geflügelten Knaben. Links unten befindet sich Dürers Künstlermonogramm. Dessen Echtheit wurde nie angezweifelt. Eine Datierung fehlt. Die Wissenschaftler setzen den Entstehungszeitpunkt in die Jahre 1500-1507. Die spätesten Datierungen stammen von älteren Forschern47. Die jüngeren nähern sich dem Datum 1500/1501 an, wahrscheinlich weil Dürer ab 1503 konsequent seine Stiche datierte, so Strauss48. Es gibt gewisse Ähnlichkeiten zum „Totenkopfwappen“, daher dürfte dieser Stich in den Jahren 1500 bis 1502 entstanden sein. Retberg49 sieht in dem Blatt ,ein Stückchen Dürerischen Humors4, mit dem der Künstler die steife Heraldik wohl beleben wollte. Die Putti halten etwas in ihren Händen, was damals viele zu besitzen begehrten und posaunen dabei laut in verschiedene Himmelsrichtungen. Löwenwappen mit Hahn Dieser Kupferstich von Albrecht Dürer (Abb. 9) ist von einer Art Vollwappen ausgefüllt, das vor einem weißen Hintergrund steht. Auch hier ist der Faustre­ gel Folge geleistet, dass der Helm im Mittelpunkt zu platzieren sei. Knapp über dem unteren Bildrand befindet sich rechts neben dem Wappenschild Dürers Künstlermonogramm. Der Wappenschild - eine Variation aus klassischem Halbrundschild und Tartsche - zeigt einen nach rechts aufgerichteten Löwen mit gespaltenem Schwanz. Der Schild ist nach rechts geneigt, wo auch die Speerruhe ist, und zwar auf der heraldisch falschen Seite. Durch die Neigung ergibt sich eine Draufsicht auf den Schild, dessen Schmalseite Dürer dreidimensional behan­ delt hat. Der kunstvoll verzierte Stechhelm ist aus der Frontalität heraus leicht nach rechts gedreht. Die Brustplatte mit den drei Löchern für Befestigungsrie­ men überschneidet den Wappenschild ein wenig. Als Helmzier wählte Dürer

47 Grenser (wie Anm. 2), 1872, S. 86: um 1507; Ralf von Retberg: Dürers Kupferstiche und Holz­ schnitte. Ein kritisches Verzeichnis, München 1871, S. 47: um 1507. 48 Walter Louis Strauss (Hrsg.): The Illustrated Bartsch, New York 1980, Bd. 10.2, S. 221. 49 Vgl. Retberg (siehe Anm, 47), S. 47.

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Abb. 1:

Scheiblersches Wappenbuch, Zeichnung um 1450, den Haag (Privatbesitz), 25 x 17 cm (Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, München 1984, S. 53).

grifigni'a ‘Äegie OMiefhute

Abb. 2:

Albrecht Dürer: Die fünf Wappenschilde für Maximilian I. (In: Revelationes Sancte Birgitte, Nürnberg 1500), Holzschnitt (B. 158), 23,1 x 14,8 cm (Karl-Adolf Knappe: Dürer, Gravures, CEuvre Complet, Wien, München 1964, Abb. 206).

Abb. 3:

Albrecht Dürer: Celtis vor Maximilian I. (In: Quatuor libri amorum, Nürnberg 1502), Holzschnitt (M. 244), 21,7 x 14,7 cm (Knappe, Abb. 210).

Abb. 4:

Albrecht Dürer: Exlibris für Willibald Pirckheimer, Holzschnitt (B. app. 52) um 1503, 16,2 x 11,8 cm (Hubert Faensen (Hrsg.): Albrecht Dürer, Schriftlicher Nachlaß, Eine Auswahl, Berlin 1962, S. 85).

OEOKPiTor orpm h sah ElATAArON PPfiTONOYP21X H ßAH. A«/-n uberlieffertSpitzenberg< wird zum „Spingenber“ (S. 203), „Spingenberg“ (S. 204) oder „Spingenberg (?)“ (S. 40), Zeugen werden als „Testes rovasti“ (S. 204) statt >Testes rogati< bezeichnet oder aus dem >Baretthändler Samuel Krafft< wird ein „Sandei Kraft, Pferdehändler“ (S. 37). Dessen Berufsbezeichnung „Paret Händler“ wird dann später (S. 202) richtig gelesen, aber mit der früheren Angabe nicht in Zusammenhang gebracht und es bleibt beim Verlesen des Vornamens. So entgeht, dass Michael Herr Schwippschwager von Samuel Krafft war und nach dessen Tod (1632) Mitvormund seiner Kinder wurde. Zahlreiche von Gaten­ bröker zitierte Quellen - vor allem vollständig das Hauer’sche Manuskript des Germa­ nischen Nationalmuseums und das Londoner „Memorial“ (bei letzterer wurde von ihr doch wohl die Fotokopie in der Stadtbibliothek Nürnberg eingesehen) - liegen jetzt ediert vor („Der Mahler Ordnung und Gebräuch in Nürmberg“. Die Nürnberger Maler(zunft)bücher ergänzt durch weitere Quellen, Genealogien und Viten des 16., 17. und 18. Jahrhunderts, hrsg. von Andreas Tacke, bearb. von Heidrun Ludwig, And­ reas Tacke und Ursula Timann. München und Berlin, 2001). In der Quellenedition finden sich auch weitere biographische Daten zu Herr in seiner von Friedrich von Flagen verfassten Vita (ebd., S. 442-445). Ungeachtet der Einwände verdanken wir Gatenbröcker eine Biographie, zu der es bis dato kaum Anhaltspunkte gab. Die jüngste Forschung konnte dank ihrer Kärrner­ arbeit bereits weitere Details beisteuern: Der aus Zürich stammende Maler Rudolf

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Meyer (1605-1638) hielt sich als Wandergeselle von etwa 1630 bis 1632 in der Werkstatt von Johann Hauer (1586-1660) auf. Zahlreiche Handzeichnungen belegen, dass Meyer einen regen Kontakt mit Herr unterhielt (siehe Achim Riether: Rudolf Meyer [...]• Stu­ dien zum zeichnerischen Werk, phil. Diss. Stuttgart 1995 [im Druck] und Ders.: Corrigenda und Addenda zu Leonhard Kern [1588-1662]. Eine Gruppe von Zeichnungen Rudolf Meyers [...] nach Statuetten Kerns, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsamm­ lungen in Baden-Württemberg 32/1995, S. 50-70). Was Riether für Meyers Nürnberger Handzeichnungen nachweist (Prinzip Paraphrase. Vom produktiven Umgang mit Vor­ bildern am Beispiel einiger Zeichnungen Rudolf Meyers [...], in: Barockberichte, Infor­ mationsblätter des Salzburger Barockmuseums zur bildenden Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts 1998, Heft 20/21, S. 181-185), vermutet Gatenbröker (S. 117) auch für Herr: Zahlreiche Zeichnungen gehen auf Gemälde zurück, die sich in Nürnberger Pri­ vatsammlungen befanden. Neben der werkimmanenten Bedeutung der Identifizierung der zugrundeliegenden Vorbilder ist diese Feststellung für die Rekonstruktion der Nürnberger Sammlungen von großer Bedeutung, lassen sich doch auch mit Hilfe dieser umfangreichen Zeichnungskonvolute die heute zerstreuten Nürnberger Kunstsamm­ lungen rekonstruieren. Nicht ausgeschlossen werden sollte dabei, dass sich ein Teil der von Herr (und Meyer) abgezeichneten Gemälde auch in Kunsthandlungen (diese eben­ falls ein ungeschriebenes Kapitel Nürnberger Kulturgeschichte) befunden hat. Herrs malerisches Werk umfasst nach Gatenbröcker nur drei „sichere Gemälde", doch können zwei von ihr in der Rubrik „zugeschriebene Gemälde" eingeordnete Bilder des Germanischen Nationalmuseums (Kat.-Nr. G 6 und G 7) - das Porträt von Andreas III. Imhoff (1562-1637) bzw. von Lucas Friedrich Behaim (1587-1648) - eben­ falls dieser Gruppe zugerechnet werden: Das Imhoff-Porträt von 1635 ist mit einem ligierten „MH" signiert und das Behaim-Porträt von 1637 ist aufgrund der Beschriftung eines zeitgenössischen Nachstichs ebenfalls von Herrs Hand; die Abweichungen zwi­ schen Vor- und Nachbild sind - wie in anderen Fällen auch - der Freiheit des Graphi­ kers zuzuschreiben (siehe Andreas Tacke: Die Gemälde des 17. Jahrhunderts im Ger­ manischen Nationalmuseum, Bestandskatalog. Mainz 1995, Nr. 51 und 53 mit Abb.). Das von Gatenbröker als „Porträt eines Unbekannten, 52 Jahre alt, (Antonio Gallaccini?), 1639" vorgestellte signierte Gemälde des Germanischen Nationalmuseums (Kat.-Nr. G 3) konnte aufgrund der aufgemalten Lebensdaten und des Wappens (dieses wurde hier wie auch in anderen Fällen von Gatenbröker entstellend beschrieben) jüngst von Friedrich von Hagen als Porträt des Kaufmanns Johann Maul (1587-1642) identifi­ ziert werden (siehe Tacke [Hrsg.], 2001, S. 443). Der Auftrag zu einem heute verschol­ lenen Gemälde für das erhaltene Schlütter-Epitaph auf dem Johannisfriedhof (Kat.-Nr. G 11) wurde nun vertiefend behandelt von Claudia Maue (Das Grabmal des Johann Schlütter von Johann Carl und Georg Schweiggers erste Bildnisbüste, in: Skulptur in Süddeutschland 1400-1770. Festschrift für Alfred Schädler, hrsg. von Rainer Kahsnitz und Peter Volk. München und Berlin 1998, S. 241-272, und Dies.: Archivalien und Quellen zu Leben und Tod des Johann Schlütter aus Lübeck und zu seinem Grabmal auf dem Nürnberger Johannisfriedhof, in: MVGN 85/1998, S. 1-50). Dem Werkkatalog von 26 (gesicherten, zugeschriebenen und in Schriftquellen er­ wähnten) Gemälden und 38 Nummern mit Druckgraphik stehen 410 Katalognummern

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von Handzeichnungen gegenüber. Das macht schon rein quantitativ deutlich, dass wir es bei Herr mit einem Zeichner zu tun haben. Doch sind die Abbildungen im Buch so schlecht, dass sie nur ein Erkennen des Bildthemas, aber keine qualitative Beurteilung Herrs als Zeichner, gar eine kennerschaftliche Auseinandersetzung mit dem Hauptteil seines Werkes erlauben. Man hätte sich deshalb eine größere Anzahl von Abbildungen auf Kunstdruckpapier (kostensparend geblockt) gewünscht, damit - wie im Vorwort zu lesen - ein wichtiger, aber nahezu unbearbeiteter Künstler für die Kunstwissenschaft greifbarer hätte werden können. So wird es weiteren Einzelforschungen überlassen bleiben, die Zuschreibungen Gatenbrökers zu überprüfen - Überraschungen stehen schon jetzt fest. Doch schmälert dies nicht die eigentliche Leistung Gatenbröckers, zumal sie nach­ drücklich darauf hinweist, dass die erstmalige Bearbeitung eines in der ganzen Welt zer­ streuten, umfangreichen Zeichnungsbestandes im Rahmen einer Dissertation immer etwas Vorläufiges haben muss und dass aus ihrer Zusammenstellung und Bearbeitung seines Werkes sowie ihrem Versuch einer stilistischen Einordnung nur „ein ungefähres Bild von Stellung, Werk und Wirkung Michael Herrs“ (S. 9) entstehen konnte. Diesem wichtigen Nürnberger Barockkünstler dennoch Kontur verliehen zu haben, wird ihr Verdienst bleiben. Andreas Tacke

Thomas Schnalke: Medizin im Brief. Der städtische Arzt des 18. Jahrhunderts im Spiegel seiner Korrespondenz (Sudhoffs Archiv/Beihefte 37). Stuttgart: Steiner 1997. 271 S., 8 Abb. DM 86,05. Trotz des allgemein gehaltenen Titels geht es in dieser wesentlich überarbeiteten, mit dem Thiersch-Preis ausgezeichneten Habilitationsschrift der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg um einen ganz bestimmten Arzt: den Nürnberger Stadtarzt Christoph Jakob Trew. Christoph Jakob Trew (1695-1769) studierte 1711-1716 in Altdorf, machte die obli­ gate Bildungsreise und praktizierte seit 1721 als Arzt in Nürnberg. Neben seiner Praxis hielt er Unterrichtsveranstaltungen für Wundärzte, Hebammen und Künstler im Thea­ trum anatomicum und im Hortus medicus ab, sammelte eine umfangreiche Bibliothek, schuf eine naturhistorische Sammlung und veröffentlichte eine der frühesten medizini­ schen Fachzeitschriften sowie seit 1750 kunstvoll bebilderte Blumenbücher. Daneben unterhielt er einen weitgespannten Briefwechsel mit hunderten von Korrespondenz­ partnern, dessen Veröffentlichung er selbst einmal in Erwägung zog. Nach Trews Tod gelangten seine Sammlungen an die Universität Altdorf und später Erlangen. Heute sind die Naturaliensammlungen weitgehend verschollen, seine Bibliothek und sein Briefwechsel befinden sich in der Universitätsbibliothek Erlangen. Dieser Briefwechsel, der seit den 1930er Jahren wissenschaftlich erschlossen ist, bildet die Grundlage der vorliegenden Arbeit. In eingehenden methodischen Vorüber­ legungen analysiert Schnalke den Quellenwert des Briefes und parallel geführter Brief­ wechsel und bestimmt als Erkenntnisziel seiner Arbeit den Brückenschlag zwischen der biographischen und der sozialhistorischen Medizingeschichtsschreibung, indem an-

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hand des Briefwechsels mit gesellschaftlich repräsentativen Korrespondenzpartnern untersucht wird, wie dem konkreten Arzt (hier Christoph Jakob Trew) als dem Ver­ treter eines bestimmten Arzttypus seiner Zeit durch die Umstände seine Möglichkeiten und Grenzen vorgegeben werden. Entsprechend diesem Ansatz wählt Schnalke aus den zahlreichen Korrespondenzpart­ nern Trews fünf typische Vertreter verschiedener Ausprägungen des ärztlichen Berufs dieser Zeit aus: Johann Lorenz Ludwig Loelius als Vertreter der höfischen Medizin, Albrecht von Haller als Vertreter der gelehrten Medizin, Christian Albrecht Gotthold Grüner als Vertreter der bürgerlichen Medizin, Carl Friedrich Gladbach als Vertreter der höfi­ schen Chirurgie und Johann Christoph May als Vertreter der akademischen Chirurgie; nicht aufgenommen sind somit bürgerliche Chirurgen und Arzte im Militärdienst. Für jeden dieser Korrespondenzpartner Trews beschreibt Schnalke Lebensweg und gesell­ schaftliche Stellung, untersucht das Verhältnis Trews zu ihm und den Nutzen, den beide Korrespondenzpartner jeweils aus ihrem Verhältnis gezogen haben. In seiner Zusammen­ fassung ordnet er diese Ergebnisse in den größeren gesellschaftlichen Zusammenhang jener Zeit ein: In den Prozess der Professionalisierung und Akademisierung des Arztbe­ rufes, der damals bereits begonnen hatte, aber noch nicht abgeschlossen war. Eine chro­ nologische Übersicht der untersuchten Briefwechsel, ein Quellen- und Literaturver­ zeichnis sowie ein Personen- und Sachregister runden den Band ab. Schnalkes sehr informatives Werk stellt nicht nur eine wesentliche Arbeit über den bisher noch nicht ausreichend gewürdigten Nürnberger Arzt Christoph Jakob Trew dar, sondern vermittelt auch wichtige Einsichten in die Formen der Medizin und des Wissenschaftsbetriebs des 18. Jahrhunderts. Horst-Dieter Beyerstedt

Edeltraud Loos: „Behufs der Bestimmung des im Bezirk herrschenden Kultur­ grades Die Physikatsberichte in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Beitrag zur So­ zial- und Kulturgeschichte Mittelfrankens (Mittelfränkische Studien 13). Ansbach: Selbstverlag des Historischen Vereins für Mittelfranken 1999. 715 S., 11 Tabellen, 10 Karten. DM 49,80. Die in der Bayerischen Staatsbibliothek München verwahrten Physikatsberichte stellen eine für die bayerischen Bezirke beziehungsweise historischen Kreise bedeut­ same Quellenart dar. Durch vorliegende Arbeit sind sie nun auch für den mittelfränki­ schen Raum erstmals aufgearbeitet, nachdem - neben einigen regional und thematisch begrenzten Studien - die unterfränkischen Ethnographien bereits 1995 durch Klaus Reder ausgewertet wurden. Die Verfertigung der Physikatsberichte ging auf einen Erlass König Maximilians II. von 1858 zurück. Unter der Maxime der Verbesserung der Effizienz der Staatsverwal­ tung verfügte er die Erstellung von medizinisch-topographischen und ethnographi­ schen Darstellungen, in denen - anstatt eines schematisierten Jahresberichtes - in be­ schreibenden Worten die Lebensumstände der Bevölkerung wiedergegeben werden sollten. Bezugspunkt der jeweiligen Berichte waren die Physikate, also Landgerichtsbe­ zirke im Sinne gerichtsärztlicher Zuständigkeit; als Verfasser wurde der - früher als Physikus bezeichnete - jeweilige Gerichtsarzt herangezogen. 1861 wurden die Berichte

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen schließlich über die jeweilige Kreisregierung an das Staatsministerium des Innern über­ sandt; 33 der insgesamt 35 eingereichten Beschreibungen sind heute überliefert, darunter der Nürnberger Bericht der Gerichtsärzte Carl Julius Adalbert Küttlinger und Johann Jakob Hermann Reutter. Einleitend erörtert Loos die persönlichen Lebensumstände der Urheber der Berichte (Ausbildung, Qualifikation, Selbstverständnis, Besoldung und Stellenwert der Ärzte­ schaft, Strukturen des Medizinalwesens). Den Hauptteil der Arbeit bildet ein themati­ scher Querschnitt durch die einzelnen Berichte hinsichtlich bestimmter Fragestel­ lungen zu den Lebensverhältnissen der Bevölkerung (Volks- und Schulmedizin, Reli­ giosität und Sittlichkeit, Bevölkerungsbewegung, Wasser- und Abfallwirtschaft, Ge­ bäude, Ruhe und Beschäftigung, Muße, Verkehrsverbindungen und Informati­ onstransfer, Arbeit, Heizungsweise, Kleidung, Ernährung, Familienstand, Wohlstand und finanzielle Absicherung). Die Darlegungen zeichnen sich durch einen stringenten Gedankengang und eine differenzierte Strukturierung aus; zahlreiche Zusammenfas­ sungen der Unterkapitel ermöglichen auch den partiellen Einstieg in einzelne Thema­ tiken. Ein editorisches Manko sei an dieser Stelle jedoch erwähnt: das Fehlen jeglicher Re­ gister. Insbesondere wäre ein Ortsregister hilfreich gewesen, um alle über die Gesamt­ heit der Kapitel verteilten lokalen Bezüge erfassen zu können. Wenn freilich die Inten­ tion der vorliegenden Arbeit auf die Darstellung regional übergreifender Entwick­ lungen und nicht einzelner lokaler Gegebenheiten ausgerichtet ist, so hätte die Beigabe eines Registers die Fülle an einzelnen Fakten und Zitaten doch auch der orts- und bezirksbezogenen Forschung erschlossen. Dies soll jedoch nicht die Gesamtbeurteilung der äußerst verdienstvollen Arbeit schmälern, welche facettenreiche Einblicke in die damaligen Lebensumstände und Gegebenheiten gewährt. Beispielhaft für Bezugnahmen auf die Stadt Nürnberg her­ ausgegriffen sei der in den Quellen geäußerte Vorwurf bezüglich des Zustandes der Kanalisation, Nürnberg leide „noch sehr an den Gebrechen einer alten Stadt“ (S. 262), die Ansicht über den Industriellen Lothar Faber, dem hoch angerechnet wurde, er produziere keine Massenware schlechter Qualität wie der Großteil seiner Konkur­ renz (S. 433) oder die Klage über die - trotz des reichlichen Angebots aufgrund der nun bestehenden Versendungsmöglichkeit per Eisenbahn - stark gestiegenen Reb­ huhnpreise (S. 530). Über die Modalitäten der Wäschereinigung erfährt man etwa im Unterkapitel „Berufsbilder der Frühindustrialisierung“, dass in Nürnberg Mitte des 19. Jahrhunderts Dampfwaschapparate nur im städtischen Krankenhaus existierten, wohingegen in den dem Fischbach entlang gelegenen Vorstädten Wäscherinnen für die Einwohner Nürnbergs arbeiteten; deren Männer waren sommers als Bauhand­ werker tätig und saisonbedingt im Winter meist als Leseholzsammler oder „Holz­ frevler“ im nahen Reichswald unterwegs (S. 437). In Nürnberg selbst existierten Feinwäscherinnen; die Bleichplätze lagen in Teilen der Bastion und auf der Insel Schütt sowie in den zahlreichen Hausgärten. Mit solchen Passagen enthalten die Physikatsberichte Aussagen mit lokal begrenzten Bezugnahmen, welche die Lektüre auch für den vorrangig an der Nürnberger Stadtgeschichte Interessierten lohnenswert machen. Clemens Wächter

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Dietmar Klenke: Der singende „deutsche Mann“. Gesangs vereine und deutsches Nationalbewusstsein von Napoleon bis Hitler. Münster [u. a.]: Waxmann 1998. 250 S., 26 Abb. DM 49,90. „Damit leistet es einen bedeutsamen Beitrag zur Nationalismus- und Friedensfor­ schung.“ Mit diesen Worten, fast ebenso pathetisch wie der damalige Stil der Männer­ chöre selbst, spricht der Klappentext das Erkenntnisinteresse des vorliegenden Buches an: Es geht nicht um Musikgeschichte, sondern um die sozialpsychologische, gesell­ schaftliche und politische Funktion des Männergesangs im Rahmen der deutschen Na­ tionalbewegung. Die Ausgangsfeststellung ist nicht neu; dass es neben den Turnern und Schützen eben die Sänger waren, die einen der Grundpfeiler der deutschen Nationalbewegung bildeten, ist nachgerade ein Gemeinplatz. Bemerkenswert ist aber - neben dem erstaun­ lichen Materialreichtum der Arbeit - die Differenziertheit der vorliegenden Untersu­ chung, die alle Ambivalenzen, Widersprüche und Wandlungen der Sängerbewegung minutiös nachzeichnet und in ihre gesellschaftlichen und politischen Zusammenhänge einordnet. Von der Entstehung der Sängerbewegung als oppositionelle Jugendbewe­ gung über ihre wachsende Bedeutung als mentale, rituelle und organisatorische „Kern­ zone des vaterländischen Milieus“, die Ernüchterung nach der Verwirklichung des Ideals 1871 und die folgende Spaltung in einen jetzt affirmativen bürgerlichen und einen oppositionellen proletarischen Flügel, die ungeliebte Gleichschaltung nach 1933 und schließlich die langsame Auflösung des Milieus in den 1950er/l960er Jahren spannt sich der Bogen der Darstellung, in der trotz allen Inhaltsreichtums der rote Faden nie ver­ loren geht. Sorgfältig herausgearbeitet werden Aspekte wie die doppelte Stoßrichtung der klein- und bildungsbürgerlichen Sängerbewegung gegen wirkliche oder vermeint­ liche äußere Feinde einerseits, die eigenen Obrigkeiten und „höheren Stände“ anderer­ seits; die Bedeutung aufklärerischen Gedankenguts im Ideal der sittlichen Veredelung durch Musik und seine profane Nutzung als Profilierungsmöglichkeit bildungsbürger­ licher Wortführer im Elitenwettstreit gegen Adel und Besitzbürgertum; die Abwehr­ funktion des Nationalismus gegen Industrialisierung und sozialen Wandel, während sich zugleich die hochgeschraubten nationalen Geltungsansprüche gerade am Vorbild der imperial fortgeschritteneren Nationen im Westen orientierten; der Gegensatz der vaterländischen Sängerfeste gegen die „undeutschen“ und doch vom Kaiser bevor­ zugten Wettsingen des Rheinlands, der im Gegensatz von Turnern und Sportlern seine genaue Entsprechung fand. Angesprochen wird auch das Verhältnis zu den feindlichen Brüdern, den Arbeitergesangvereinen, die sich zwar als politische Gegner der bürgerli­ chen Sängerbewegung verstanden, die Scharnierfunktion zwischen Politik und Gesel­ ligkeit und das kulturelle Leitbild des mannhaften Kämpfers aber mit ihr teilten. Manche Beobachtungen Klenkes laufen den gängigen Vorstellungen direkt zuwider, etwa die Vorbildfunktion der französischen Revolutionsfeiern für die angeblich urdeutschen Sängerfeste, die bis 1933 nachwirkende Schrittmacherfunktion der Sängerbewe­ gung für die Judenemanzipation (indem die Idee der nationalen Gemeinschaft alle reli­ giösen Schranken überwand) oder das fortschrittlich-demokratische Selbstverständnis der Männerchöre in ihrer Ablehnung des „reaktionären“ gemischten Chorgesangs (da die gemischten Chöre meist kirchlich gebunden waren oder den „höheren Kreisen“ an-

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen gehörten). Gerade die Darstellung dieser Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten der Sängerbewegung, die vor voreiligen Beurteilungen dieser sozialen Massenbewegung warnen sollten, machen den Reiz und das Interesse dieses Buches aus. Bemerkenswert ist die zentrale Rolle, die Nürnberg in der Sängerbewegung spielte und die in Klenkes Werk immer wieder zum Ausdruck kommt. Nicht nur bestand in Nürnberg mit dem „Singverein“ einer der größten, aktivsten und bedeutendsten Män­ nerchöre Deutschlands, vor allem auch war Nürnberg als Veranstaltungsort des Deut­ schen Sängerfestes von 1861 Schauplatz des Höhepunkts der deutschen Sängerbewe­ gung überhaupt. Mit fast 20 000 Teilnehmern in der Festhalle und dem Engagement der ganzen Nürnberger Bevölkerung begann mit ihm das Zeitalter der modernen Massen­ inszenierungen in Deutschland. So war es mehr als nur eine Reminiszenz an die Meistersinger, wenn der Deutsche Sängerbund 1925 sein Gefallenendenkmal in der Meistersingerkirche einweihte. Die Untersuchung gibt eine eingehende und differenzierte Darstellung der gesell­ schaftlichen, politischen und mentalen Bedeutung der Sängerbewegung, die für die allgemeine Geschichte, Sozialgeschichte, Kulturgeschichte, historische Mentalitäts­ forschung, Musikgeschichte und Nürnberger Lokalgeschichte gleichermaßen von In­ teresse ist. Horst-Dieter Beyerstedt Juliane Nitzke-Dürr: Lothar Freiherr von Faber. Berlin: Ullstein 1999.157 S., zahlr. Abb. DM 16,90. Christi Bronnenmeyer: Max Grundig. Berlin: Ullstein 1999. 156 S., zahlr. Abb. DM 16,90. Beide anzuzeigenden Veröffentlichungen sind in einer Reihe mit bislang 14 anderen Biographien im Ullstein-Verlag erschienen, die unter ,Made in Germany - Das Jahr­ hundert der Erfindungen4 firmieren. Jedes Buch der Reihe umfasst etwa 160 Seiten und kostet 16,90 DM; auf einen Anmerkungsapparat wurde zugunsten der Lesbarkeit ver­ zichtet, da sich diese Reihe an ein breites Publikum richtet. Vorgestellt werden Gründer deutscher Unternehmerdynastien, die das Qualitätssiegel ,Made in Germany4 mitge­ prägt haben. Die Randspalten der Reihe sind als Zeitleiste passend zu dem jeweils be­ handelten Zeitraum gestaltet, wobei einzelne Jahre ausgewählt und mit Ereignissen, man könnte sagen ,Schlagzeilen4, aus dem jeweiligen Jahr unterlegt sind. Zum einen wird hier zwar dem Leser die Möglichkeit geboten, die behandelte Person in die welt­ geschichtlichen Zusammenhänge einzuordnen, zum anderen ist aber die Auswahl der einzelnen Jahre, die nicht unbedingt mit dem Text korrespondiert, sowie die der Ereig­ nisse zu willkürlich. Eine publizierte Lebensbeschreibung Lothar von Fabers stand bislang noch aus. Zwei Diplom-Arbeiten über ihn blieben unveröffentlicht. Einen kurzen Abriss gibt Richard Kölbel in den Fränkischen Lebensbildern Bd. 17 (Würzburg 1998, S. 209-230), außerdem sei auf die von Nitzke-Dürr angefügte kurze Bibliographie verwiesen. Nitzke-Dürr geht in der vorliegenden Biographie im Wesentlichen chronologisch vor, wobei der Schwerpunkt der Darstellung auf der Entwicklung des Unternehmens während Lothar von Fabers Zeit liegt, aber auch die Anfänge und die weitere Entwick-

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lung werden beleuchtet. Lothar von Faber selbst wird als Unternehmer und Chef, Poli­ tiker, Visionär und Privatperson in die maßgeblich von ihm geprägte Unternehmensge­ schichte eingebettet. Es ist eigentlich erstaunlich, dass erst über 100 Jahre nach seinem Tod eine erste Biographie gedruckt wird, da doch sein Name wie auch die mit diesem Namen verbundenen Produkte den meisten Menschen geläufig sein dürften. NitzkeDürr zeigt auf, wie es Lothar von Faber gelang, trotz bescheidener Anfänge, dem ei­ genen Anspruch, das Beste zu erreichen, voll gerecht zu werden; Nitzke-Dürr be­ zeichnet Lothar von Faber als ,visionären Weltverbesserer4. Wie die Autorin vor Augen führt, setzte Lothar von Faber in der Produktion und im geschäftlichen Vorgehen Maß­ stäbe, die von anderen Bleistiftfabrikanten übernommen wurden und heute als vorbild­ liche ,Marketingkonzepte4 bezeichnet werden können. Als Lothar von Faber die Fabrik von seinem Vater erbte, waren dort ca. 20 Arbeiter beschäftigt und der Jahresumsatz be­ trug 12.000 Gulden. 1872 belief er sich bereits auf mehr als 1 Million, und als Faber starb, arbeiteten 1.100 Menschen in seiner Fabrik. A.W. Faber war zu diesem Zeitpunkt der weltführende Bleistifthersteller. Der Weg Lothar von Fabers zum Erfolg wird von Nitzke-Dürr umfassend nachgezeichnet, ohne sich in Details zu verlieren und ist mit ansprechenden Bildern aus dem Archiv der A.W. Faber-Castell GmbH & Co. illustriert. Uber Max Grundig publizierte zuletzt Egon Fein ,Sieben Tage im Leben des Max Grundig4 (München 1983). Heute denkt man bei dem Namen Grundig zuallererst an Fernsehgeräte, doch bis zum Einstieg in die Fernsehproduktion 1951 waren bereits 21 Jahre vergangen, in denen Max Grundig aus einem kleinen Laden die damalige Grundig Radio-Werke GmbH aufgebaut hatte. Von den Anfängen in Fürth über das Ra­ diogeschäft zur TV-Branche bis zur weltweiten Expansion, dem Nachfolgeproblem, der dritten Ehefrau und dem Lebensabend sowie mit einem Ausblick auf die Entwicklung bis Anfang 1999 beschreibt Bronnenmeyer die Lebensgeschichte des Max Grundig und seines Unternehmens in chronologischer Abfolge. Sie versucht der Frage nachzugehen, wie es möglich war, dass ein junger Kaufmann aus einfachen Verhältnissen zu einem führenden Hersteller der europäischen Unterhaltungselektronikbranche werden konnte. Dabei wird die Geschichte Max Grundigs und seines Unternehmens detailliert und anschaulich beschrieben. Max Grundig, der auf den im Buch abgebildeten Fotografien meist sehr distanziert wirkt, wird gezeigt mit allen Facetten seiner Persönlichkeit. Ob­ wohl stets von seinem unternehmerischen Handeln überzeugt, war er, was die eigene Person betraf, eher medienscheu. Sein eigenes Leben hatte hinter dem Unternehmen zurückzutreten. In dem Kapitel „Schnell geheuert, schnell gefeuert44 zeichnet Bronnen­ meyer das Bild eines Mannes, der sich, trotz schwerer Krankheit und seiner immerhin schon 70 Jahre, für unentbehrlich hielt. Mehrere Manager wurden verschlissen, bis sich Max Grundig endlich aus dem Geschäft zurückzog. Der „unfreiwillige Pensionär44 konnte keine Ruhe finden, so ließ er sich in seinem Altersruhesitz im Schwarzwald jeden Morgen um neun Uhr die Post bringen und kümmerte sich weiterhin um ver­ schiedene Projekte wie die Familienstiftung und seine Hotels. Wenn auch als Chef, der v.a. ,aus dem Bauch heraus4 agierte, gefürchtet, zeigte er doch soziale Verantwortung für seine Mitarbeiter, u.a. mit dem Bau von Werkswohnungen oder der Grundig-Akademie. Die Autorin führt vor Augen, was Max Grundig besonders auszeichnete und seinen Weg erst möglich machte: Es waren sein Instinkt und Optimismus sowie seine

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Risikobereitschaft. Wo andere noch zögerten, da griff er zu, wenn er sich auch manchmal überschätzte, wie z.B. mit dem System Video 2000. Als „Monarch der Marktwirtschaft“ hat er nicht nur die Generation des Wiederaufbaus geprägt, auch die Entwicklung der Region Nürnberg wurde nachhaltig von ihm mitbestimmt, wovon die ,Grundig-Stadt‘ in Langwasser zeugt. Max Grundig, der Tüftler, Selfmademan und Patriarch, wird von Bronnenmeyer mit einem lesenswerten Stück deutscher Nachkriegsgeschichte gewürdigt, wobei stets die sachliche Distanz gewahrt bleibt. Daniela Stadler

Martina Bauernfeind: Bürgermeister Georg Ritter von Schuh. Stadtentwicklung in Erlangen und Nürnberg im Zeichen der Hochindustrialisierung 1878-1913 (Nürn­ berger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 60). Nürnberg: Selbstverlag des Stadtarchivs Nürnberg 2000. XII, 363 S., 43 Abb. DM 53,-. Martina (Fleischmann) Bauernfeind, durch verschiedene Publikationen bereits als Kennerin der neueren Geschichte Nürnbergs und Erlangens ausgewiesen, legt hier ihre Bayreuther Dissertation, entstanden bei Rudolf Endres, in der Reihe der Werkstücke vor und liefert, das gleich vornweg, einen wichtigen Baustein für die Geschichte beider Städte um die Wende ins 20. Jahrhundert. Wie in der Einleitung angesprochen - was nach dem Geschmack des Rezensenten etwas länger hätte ausfallen können -, versucht die Arbeit eine Verbindung des biogra­ phischen mit dem strukturellen methodischen Ansatz. Deshalb wird mit dem beruflichen Werdegang Schuhs die Beschreibung der infrastrukturellen Entwicklung Erlangens und Nürnbergs und Schuhs Wirkung darauf verschränkt. Der aus kleinbürgerlichen Verhält­ nissen stammende Georg Schuh (1846-1918, promovierter Jurist, Rechtsrat in Nürnberg 1878-1881) fand beim Antritt seines Amtes als Bürgermeister von Erlangen eine demo­ graphisch wie wirtschaftlich stagnierende Universitätsstadt, geführt von einer unprofes­ sionellen Stadtverwaltung, vor. Hier konnte Schuh, ein Liberaler aus der kommunaltheo­ retischen Schule des Gemeindesozialismus, mit Elan Wichtiges bewegen. In radikaler Ab­ kehr von der sparsamen Haushaltsführung setzte Schuh ein ehrgeiziges Investitionspro­ gramm im Bereich des technischen Städtebaus und der Gesundheitspolitik um. Aus der Fülle der von der Autorin dargestellten Beispiele seien nur die Kanalisierung, der Bau des Schlachthofes und die Kommunalisierung des Gaswerkes genannt. Zu Recht wertet Mar­ tina Bauernfeind Schuhs Tätigkeit als grundlegend - im wahrsten Sinne des Wortes - für den Aufschwung der Mittelstadt, wie er sich sprunghaft nach 1945 vollzog. Nur ungern ließ man Schuh in Erlangen ziehen - obwohl bisweilen ein „kleiner Ty­ rann“ -, als er 1892 das Bürgermeisteramt in Nürnberg antrat. Hier hatte sich in den ver­ gangenen zehn Jahren wahrhaft ein demographischer Boom ereignet. Es galt nun, den damit verbundenen Prozessen der Industrialisierung und Urbanisierung stadtplanerisch zu begegnen. Dafür existierte bereits ein Programm, das Schuh nicht nur brav realisierte, sondern über welches er hinausgriff, weil die Dynamik der genannten Prozesse es erfor­ derte. Schuh zeigte sich dabei modernen Wegen aufgeschlossen: Elektrizitäts- und Was­ serversorgung gehörten zu den zwei wichtigsten zukunftsorientierten Maßnahmen seiner Amtszeit. Und wieder sind es wie in Erlangen der technische Städtebau und die Hygiene,

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denen Schuhs besondere Aufmerksamkeit gilt. Auch hierüber findet der Leser alles, was die Quellen bieten, denn Martina Bauernfeind hat ungemein profund den Mikrokosmos städtischer Entwicklung analysiert. Aber auch auf den Feldern der Stadterweiterungspla­ nung, der Schul- und Sozialpolitik, der stadtbürgerlichen Repräsentation oder des Verwaltungs- und Haushaltswesens breitet die Autorin auf der Basis hervorragender Quel­ lenkenntnisse die Umbaumaßnahmen der fränkischen Metropole aus. Dabei weiß sie sehr wohl die Nürnberger Entwicklung in die Vorgänge im Deutschen Reich der Hoch­ industrialisierungszeit einzuordnen, und es gelingt ihr, den Anteil Schuhs in Franken kenntlich zu machen. So hält sie etwa fest, dass von Schuh auf dem Gebiet der kommu­ nalen Sozialpolitik nur wenige Impulse ausgingen und dass er zwar einen Fachmann zum Leiter der Stadtplanung machte, ein Generalbebauungsplan aber nicht realisiert wurde. Auch mit der Ernennung eines Stadtschulrates erwies sich Schuh als Vertreter der mo­ dernen professionellen Leistungsverwaltung, aber hier verzichtete er ebenfalls auf vi­ sionäre Politik. Schuh, so würdigten ihn Zeitgenossen, war ein erstklassiger Verwaltungs­ beamter und ein pragmatischer Realpolitiker. Als solcher erwies er sich noch flexibel genug, den Einzug der SPD ins Rathaus (1908) zu akzeptieren und mit deren exponierten Vertretern vorsichtig zusammenzuarbeiten. Doch die insgesamt zunehmende Politisie­ rung der Kommunalpolitik war, so Bauernfeind, seine Sache nicht, denn sie vertrug sich nicht mit seiner Vorstellung vom überparteilichen Oberbürgermeister. Als solcher wich er zunehmend von den Vorlagen der bürgerlichen Mehrheit ab, was ihn den Verlust der po­ litischen Basis und damit letztendlich das Amt kostete. Nach einer gezielten Indiskretion trat er - inzwischen immerhin 67jährig - 1913 zurück. Die Autorin würdigt Georg von Schuh als „Gestalter der Stadtentwicklung" und „Verfechter des (mittelfränkischen) Großraumgedankens". Trotz des fehlenden Nach­ lasses vermag sie, ein plastisches Bild dieses sozialen Aufsteigers zu zeichnen, der nach Würden, Orden und Repräsentation strebte (1892 persönlicher, 1913 erblicher Adels­ stand), der eine Verwaltung entschlossen, bisweilen autoritär und autokratisch führen und der als Vertreter der Generation moderner Großstadtpolitiker ein Zukunftspro­ gramm umsetzen konnte. Natürlich, und darauf weist Martina Bauernfeind ausdrücklich hin, waren hier wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Prozesse am Ende des 19. Jahrhunderts in Gang gekommen, die der Einzelne nur bedingt zu steuern vermochte. Die reich bebilderte und mit 42 (!) Tabellen versehene Arbeit wird sich, da braucht der Rezensent kein Prophet zu sein, als Standardwerk der Erlanger und Nürnberger Stadt­ geschichte am Vorabend des Ersten Weltkrieges etablieren. Reinhard Jakob

Miriam Heim/Max Liedtke: Die Geschichte des Vereins Lehrerheim Nürnberg e.V. Hrsg, vom Verein Lehrerheim Nürnberg e.V. Nürnberg 1999. 269 S., 36 Abb. DM 49,30. Der Verein Lehrerheim Nürnberg e.V. ist aus dem Nürnberger Lehrerverein und seinem Ableger, dem Lehrergesangverein Nürnberg, hervorgegangen. Diese waren bei ihren Versammlungen auf häufig wechselnde Säle und Tagungsorte angewiesen, und so wuchs der Wunsch nach einem eigenen Vereinshaus. Der am 2. Dezember 1890 gegrün­ dete Verein Lehrerheim sollte die erforderliche Geldsumme zum Erwerb eines solchen

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Hauses beschaffen. 1912 konnte schließlich für 320.000 Mark ein Grundstück am Frau­ entorgraben von der Stadt erworben werden. Der damalige Vorsitzende Ludwig Baum­ gärtner betonte die Notwendigkeit eines Wirtschaftsbetriebes; demnach waren als Einrichtungen geplant: ein Cafe mit Restaurant und Billardzimmer, drei größere Clubräume, ein großer und ein kleiner Saal, Räume für die Lehrervereinsbibliothek, ein Lesezimmer, ein Verwaltungszimmer, ein Vorstandszimmer für den Bezirkslehrer­ verein, ein größeres Hotel und die Räume für den Wirt. Das Lehrerheim „Deutscher Hof“ wurde in weniger als 14-monatiger Bauzeit im September 1913 fertiggestellt. Nach Inbetriebnahme des Hotels und des Saalbaus erfolgte am 27. September die Einweihung. Die wechselvolle Geschichte des „Deutschen Hofs“ wird im einzelnen beschrieben. Nachdem Hitler das Hotel schon seit den 1920er Jahren als Unterkunft und Standort während seiner Nürnberg-Aufenthalte geschätzt hatte, musste der Verein 1936 das Gebäude unter Druck an die NSDAP verkaufen. Es wurde bei einem Luft­ angriff am 3. Oktober 1944 weitgehend zerstört. Wieder im Besitz des Vereins konnte der „Deutsche Hof“ wieder aufgebaut und im August 1949 eröffnet werden. Am 15. Oktober 1990 wurde das gesamte Lehrervereinshaus verkauft und ging in den Besitz der Maritim-Hotelgesellschaft über. Als neues Lehrerhaus konnte das Anwesen Weidenkellerstraße 6 erworben, ausgebaut und am 27. Oktober 1994 eingeweiht werden. Mit einer Satzungsänderung von 1996 ist der Vereinszweck nun folgender­ maßen festgelegt: „Der Verein Lehrerheim e.V. dient ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken ... fördert Pädagogik in Wissenschaft und Praxis sowie kulturelle Bestrebungen ...“ Die Darstellung wird durch ein Personenregister, ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie einen umfangreichen Quellenanhang er­ gänzt. Udo Winkel

Helmut Schwarz / Ansgar Henze / Marion Fab er: Eisenzeit. Geschichte des Me­ tallbaukastens (Schriften des Spielzeugmuseums Nürnberg 1). Nürnberg: W. Tümmels 1995. 191 S., überwiegend Abb. DM 58,-. Als Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung des Spielzeugmuseums erschienen, markiert die vorliegende Publikation gleichzeitig den Auftakt zu einer neuen Schriften­ reihe des Hauses. Auf wissenschaftlicher Basis wurden mittlerweile vier große Themen der Spielzeuggeschichte im kulturhistorischem Kontext behandelt und damit dem Schattendasein der hinsichtlich des Informationswertes meist eindimensionalen Sammler- und Auktionskataloge entrissen. Den Anstoß, den Metallbaukasten als „Kind des industriellen Zeitalters“ (S. 7) zum Gegenstand des ersten Bandes zu machen, gab Sammler und Fachmann Ansgar Henze, der mit Helmut Schwarz und Marion Faber in den Beiträgen „Groß und klein. Ingenieurkunst aus dem Baukasten“ (Schwarz S. 9-34), „Eisenzeit. Geschichte und Technik der Metallbaukästen“ (Henze S. 35-94) und „Stahl und Wolle. Metallbaukästen - nicht für Mädchen?“ (Faber S. 159-175) die Entwick­ lungsgeschichte des Spielzeugs von den Anfängen um 1900 in England bis hin zum Be­ deutungsverlust in den 1960er Jahren nachzeichnet.

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Vor dem Hintergrund des technisch geprägten Industriezeitalters, der Entstehung neuer Bau- und Konstruktionsformen in Eisen und Stahl sowie auf wissenschaftli­ chem Gebiet neuer Fachdisziplinen wie des Maschinenbauers und Ingenieurs fand zu­ gleich die technische Aufrüstung der Kinderzimmer statt. Nach zahlreichen Vorläu­ fern, wie etwa dem Holzbaukasten von Gustav Lilienthal, entwickelte 1900 der Liverpooler Erfinder Frank Hornby für seine Söhne den ersten Metallbaukasten. Als „Meccano“ in mehreren Serien avancierte das Bausystem weit über England hinaus binnen weniger Jahre zum begehrten Spielzeug insbesondere für Buben. Neben den zahllosen Möglichkeiten des neuen Konstruktionssystems trug vor allem seine pädagogische Konnotation als Hinführung zum Ingenieurberuf zum großen Erfolg bei. Als einer der ersten deutschen Unternehmer folgte 1905 Walter Stabil aus Berlin dem neuen Trend und bald darauf - als eine der bekanntesten Firmen - Märklin. Be­ merkenswert bleibt, dass Hersteller aus Nürnberg und Fürth - dem Zentrum der Me­ tallspielwarenbranche - vergleichsweise spät mit eigenen Serien reagierten. Firmen wie Fleischmann, Ernst Plank und Trix fanden hier seit den 1920er Jahren den Anschluss und partizipierten am Boom der 1930er Jahre. Bei aller kindgerechten Aufbereitung richtete sich das Angebot der Metallbaukästen in der Regel an Jungen und benachteiligte mit einer dezidiert männlich ausgerichteten Pädagogik Mädchen in der Aneignung von Technik. Einmal mehr illustriert dies die Festlegung der (bürgerlichen) Frau auf ein berufsloses Leben, reduziert auf Aufgaben im Haushalt und im Bereich der Kindererziehung. Immerhin erschienen im Zuge der Frauenemanzipation Anfang der 1930er Jahre auch Serien für Mädchen, freilich unter Beharrung auf alten Rollenklischees bezüglich der Konstruktionsmodelle und Möglich­ keiten. Das traditionelle Rollenverständnis des Nationalsozialismus machte diesen An­ sätzen einiger Hersteller ein Ende. Erst Baukästen der DDR knüpften im Sinne des staatlichen Erziehungsideals der Gleichberechtigung hier wieder an. Mit dem Einsatz universell verwendbarer Kunststoffe kamen seit den 1950er Jahren neue, z.T. preis­ günstigere Konstruktionsspielsets für Buben und Mädchen auf den Markt - allen voran Lego. Der Metallbaukasten büßte zunehmend an Attraktivität ein und führt seither nur noch eine Randexistenz im breiten Angebot der Systembauserien. 82 Farbtafeln in bester Qualität zu Baukästen und Modellen und zahlreiche Abbil­ dungen komplettieren die Aufsätze; insbesondere das umfangreiche Verzeichnis der Baukastensysteme und ihrer Hersteller sowie ein Register machen das Buch zu einem wichtigen Nachschlagewerk. Martina Bauernfeind Helmut Schwarz / Marion Fab er: Die Spielmacher, J. W. Spear und Söhne Geschichte einer Spielefabrik (Schriften des Spielzeugmuseums Nürnberg 2). Nürn­ berg: W. Tümmels 1997. 224 S., 210 Abb. DM 58,-. Mit dem vom Leiter des Nürnberger Spielzeugmuseums Helmut Schwarz und seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Marion Faber vorgelegten, gut lesbaren Buch über die 1879 in Fürth gegründete Firma Spear konnte eine entscheidende Lücke in der Spiel­ zeugforschung geschlossen werden. Erstaunlicherweise ist dieses weltweit bedeutende Unternehmen der Spielebranche, zu dessen Klassikern das Spiel „Scrabble" gehört,

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen noch nie eingehend gewürdigt worden. Das als Standardwerk einzustufende Buch, zur gleichnamigen Ausstellung im Spielzeugmuseum Nürnberg (22.11.1997 - 19.4.1998) er­ schienen, weist vier Teile auf und einen Anhang über die Warenzeichen der Firma Spear, geschrieben von Markus Schicker. Zunächst entführt Marion Faber den Leser in „das spielende Jahrhundert.“ Ausge­ hend von der Frage nach dem Sinn und Nutzen des Spiels erwähnt sie die wichtigsten Spiele des 19. Jahrhunderts. Nach diesem einführenden Kapitel gelingt es der Verfas­ serin in ihrem zweiten Beitrag, plausibel darzustellen, warum aus der Spielzeugstadt Nürnberg auch eine Stadt der Spiele wurde. Voraussetzungen dafür waren die vorhan­ denen Druckereien und Verlage sowie der Spielwarenhandel. Mit Einführung der Li­ thografie (um 1850) bzw. der Chromolithografie (um 1870) gelang es, die Qualität der Gesellschaftsspiele (Karten- und Brettspiele) und der Kinderbuchillustrationen erheb­ lich zu verbessern und den Produktionsprozess wirtschaftlicher zu gestalten. Dies verhalf dann der Spieleindustrie zum entscheidenden Durchbruch. So sind vor dem Ersten Weltkrieg 56 Spielehersteller in Nürnberg nachzuweisen. Viele dieser Firmen, selbst Fachleuten kaum bekannt, lassen sich nur schwer dokumentieren. Um so erfreulicher, dass hier eine ganze Reihe genannt und einige wie C. Abel-Klinger, Julius Stief, Abraham Marsching, J. A. Kithil, J. W. Arold, J. Breitenbach, Bing Spiele und Verlags GmbH, Tietz und Pinthus etwas ausführlicher dargestellt werden. J. W. Spear (eigentlich Jacob Wolf Spier) und seinen Nachfolgern sowie der Ent­ wicklung der Firma bis zu ihrer Schließung 1984 in Nürnberg bzw. 1997 in England ist der Beitrag von Helmut Schwarz gewidmet. Dabei versteht es der Autor, das wechsel­ volle Schicksal der Familie und der Firma mit den allgemeinpolitischen Entwicklungen geschickt zu verbinden, so beispielsweise die Arisierung der seit 1899 in Nürnberg (Höfener Straße) ansässigen Firma 1938. Der durch sein Fotohaus gleichen Namens be­ kannte Unternehmer Hanns Porst konnte diese für einen Spottpreis erwerben. Allein die Gründung einer englischen Tochtergesellschaft 1930 sicherte den Fortbestand der Firma und bot den meisten Familienmitgliedern eine (Uber-)Lebensmöglichkeit in Europa. Die in Enfield bei London eröffnete Fabrik blieb bis zuletzt mit dem Nürn­ berger Unternehmen in lockerer Verbindung. Schwarz konnte durch die Nutzung des von Francis Spear in der Nähe von London aufgebauten Spear-Archivs aus dem Vollen schöpfen und viele interessante Details in seinem Beitrag einfügen. Ausführlich schil­ dert er die Entstehungsgeschichte des berühmten Kreuzwortspiels „Scrabble“, ein­ schließlich der Wettbewerbe. Erwähnung finden ebenso die Firmen, die Spear über­ nahm, so die Spielwarenfabrik C. Baudenbacher (1919), die Spielwarenfabrik G. Neiff (1927), die Frankfurter Spielkartenfabrik B. Dondorf (1929), bzw. das Zusammengehen mit der Spielefabrik L. Kleefeld & Co. (1981) sowie der Kauf der Puzzlefabrik Victory G. J. Hayter & Co. Ltd. durch die englische Tochtergesellschaft (1970). Der über 50 Jahre für die Nürnberger Firma tätige Grafiker Gustav Müller (1899-1990) wird eben­ falls ausführlich gewürdigt. Der letzte Beitrag, „Spielemagazin“ von Marion Faber, spürt dem vielfältigen Spiele­ angebot der Firma Spear nach. Der Bogen reicht von den Taktik- und Strategiespielen über die Glücks- und Würfelspiele, die Beschäftigungsspiele sowie die Lern-, Quizund Wortspiele bis hin zu den Gedulds- und Legespielen. Kartenspiele, Kinderbücher,

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Papierspielzeug und Geschicklichkeits- bzw. Sportspiele kommen noch hinzu. Die Au­ torin gibt darüber hinaus Hinweise auf die Herkunft einzelner Spieltypen und verweist auf den aktuellen Zeitbezug etlicher Spiele. Das breite Produktangebot der Firma Spear - bereits 1910 hatte sie fast 200 verschiedene Spiele in ihrem Katalog offeriert - wird durch eine Vielzahl brillanter Farbabbildungen gut dokumentiert, die bedeutendsten werden im Text beschrieben. Rundum ein attraktives Buch - für den Spielefreund ein Muss und für den Interes­ sierten vielleicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zu den (Spear-)Spielen. Erhard Schraudolph

Urs Latus: Kunststücke. Holzspielzeugdesign vor 1914 (Schriften des Spielzeug­ museums Nürnberg 3). Nürnberg: W. Tümmels 1998. 170 S., 200 Abb. DM 58,-. Dieser flüssig geschriebene und reich illustrierte Band, als Begleitpublikation zu der gleichnamigen Ausstellung im Nürnberger Spielzeugmuseum (19.11.1998-11.4.1999) erschienen, behandelt eine wenig bekannte Episode der Spielzeughistorie - das soge­ nannte Reformspielzeug. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bemühten sich eine ganze Reihe von Künstlern vor dem Hintergrund von Lebensreform- und Kunsterziehungs­ bewegung um die Gestaltung von künstlerischem und kindgerechtem Spielzeug. Diese Bewegung, fast nur auf den Werkstoff Holz beschränkt, war eine Antwort auf das immer naturalistischer gestaltete Massenspielzeug. Viele dieser Künstler, oft geprägt durch den Jugendstil, entwarfen neben dem Spielzeug auch Möbel und Raumausstat­ tungen der unterschiedlichsten Art sowie andere Gebrauchsgegenstände. Das Buch ist unterteilt in drei Hauptkapitel. Zuerst beschreibt Christina Pallin-Lange von der Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) die historische Entwicklung ihres Hauses. Im Hauptteil des Buches geht Urs Latus, Restaurator am Nürnberger Spielzeugmuseum, ausführlich auf den ersten Designwettbewerb für Spielzeug 1903 in Nürnberg ein, und zuletzt gibt es ein umfassendes und ausführliches Verzeichnis der Künstler, die damals Spielzeug entwarfen. Die Geschichte der LGA in Nürnberg, heute ein modernes Prüf-, Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen, das auch Spielzeugprüfungen durchführt, reicht 130 Jahre zurück. Das Bayerische Gewerbemuseum wurde 1869 in Nürnberg als Einrichtung zur Förderung von Gewerbe, Handwerk und Kunsthandwerk gegründet. In der kurzen Darstellung der LGA streift Pallin-Lange auch die gewerblichen Meisterkurse und den Aufbau der Mustersammlung und deren Präsentation. Darüber hinaus werden die für die Anfangsphase der Einrichtung bedeutenden Personen wie Theodor von CramerKlett, Lothar von Faber, Carl von Stegmann, Paul Johannes Ree und Theodor von Kramer in Kürze dargestellt. Der Kunsthistoriker Urs Latus schildert recht kurzweilig den vom Gewerbemuseum 1903 ausgelobten und durchgeführten Wettstreit für Spielzeugdesign. Dabei stellt er sehr anschaulich den Verlauf und die Ergebnisse des wegweisenden Wettbewerbs im kulturhistorischen Umfeld heraus. In mühevoller Kleinarbeit trug Latus eine Fülle von Details über dieses Ereignis zusammen. Allerdings bleibt der Autor nicht allein bei dem Wettbewerb stehen, sondern verfolgt auch die Fragestellung, was mit den prämierten

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Entwürfen geschah bzw. wo und wie sie umgesetzt wurden. Der Leser erhält somit Ein­ blick in die Entwicklung des Reformspielzeugs in Deutschland. Die geeigneten Bildbei­ spiele veranschaulichen die Fakten und lassen Unterschiede in der Kunstauffassung deutlich werden. Im letzten Teil des Buches finden wir ein fast 80 Namen umfassendes Künstlerver­ zeichnis, das u.a. so bekannte Namen wie F. Andri, W. von Beckerath, die Gebrüder Geigenberger, die Geschwister Kleinhempel, P. F. Messerschmidt, I. Puhonny, A. v. Salzmann, M. v. Uchatius, F. Wedekind, M. Wendt und C. Wiedemeyer enthält. Diese Fleißarbeit von Latus ermöglicht weitere Forschungen über das Reformspielzeug und den Einfluss der Künstler auf die weitere Spielzeugentwicklung. Insgesamt wieder ein sehr lesenswertes Buch in dieser Reihe, geeignet gleichermaßen für den Fachmann wie den interessierten Laien. Bleibt zu hoffen, dass die Reihe, bei der auch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, in gleicher Qualität und Ausstattung fort­ gesetzt wird - Themen bietet die Spielzeughistorie ja noch genug. Erhard Schraudolph

Helmut Schwarz: Paradestücke. Zinnfiguren aus Nürnberg und Fürth (Schriften des Spielzeugsmuseums Nürnberg 4). Nürnberg: W. Tümmels 2000. 163 S., zahlr. Abb. DM 58,-. Der vorliegende Band erschien als Begleitbuch zur Ausstellung des Spielzeugmu­ seums „Kleine Welten. Zinnfiguren aus Nürnberg und Fürth“. Weit über die Funktion eines Ausstellungskataloges hinaus greifend bietet die von Helmut Schwarz konzipierte und redaktionell betreute Publikation erstmals einen Überblick über die Geschichte der fränkischen Zinnfigur und spannt den Bogen von ihren Anfängen im Zeitalter der Auf­ klärung über den Niedergang nach dem Ersten Weltkrieg bis hin zu ihrer Bedeutung als Sammlerobjekt. Im Anschluss an einen einleitenden Beitrag vertiefen die Autoren Helmut Schwarz, Alfred R. Sulzer, Erhard Schraudolph, Marion Faber und Brigitte Grobe in acht Einzelbeiträgen Aspekte und Facetten dieser Entwicklung. Zum Auftakt zeichnet Alfred R. Sulzer in seinem Aufsatz „Gärten, Tiere und Soldaten“ (S. 10-21) Anfänge und Aufschwung der Zinnfigur in Nürnberg nach sowie Produkti­ onsformen und das ausgefeilte Vertriebssystem des Verlags. Während Ende des 18. Jahr­ hunderts die Zinnfigur als Spielzeug zunehmend populär wurde, war ihre wirtschaft­ liche Bedeutung im breitgefächerten Spielwarenangebot noch eher gering. Erst im 19. Jahrhundert eroberten Nürnberger Zinnfiguren den Weltmarkt. Frühen Anteil an Veredelung, Perfektionierung und Verbreitung zum exportorientierten Massenartikel hatten allen voran Hilpert & Co aus Nürnberg sowie die Firmen J. G. Lorenz oder All­ geyer aus Fürth, aus deren Firmengeschichte Sulzer wichtige Informationen zusammen­ trägt. In seinem zweiten Beitrag „Jagden, Märkte und Turniere“ (S. 22-37) führt Sulzer durch die große Vielfalt der Sujets, Motive und Themen der Zinnfigurenherstellung. Im Beitrag „Werkstatt und Stube“ (S. 38-53) beschäftigt sich Helmut Schwarz mit Technik und Arbeitsbedingungen der Zinnfigurenproduktion, die selbst in der Hochindustriali­ sierung auf Handarbeit basierte. Im diffizilen Fertigungsprozess stand der Entwurf am Anfang. Hier leistete die Firma Heinrichsen Pionierarbeit, die als erste namhafte Künstler wie Karl Alexander von Heideloff, Friedrich Wanderer oder Paul Ritter verpflichtete. Als

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weitere Qualitätsmerkmale galten die Arbeit der Graveure sowie die Zinnmalerinnen, die großenteils in Heimarbeit tätig waren. In scharfem Kontrast zum kunsthandwerklichen Endprodukt standen die sozialen Härten der „Hausindustrie" wie geringer Lohn, Freinächte, Kinderarbeit und Berufskrankheiten, auf die Schwarz ausführlich eingeht. In seinen Aufsätzen „Tagesthemen aus der Spanschachtel" (S. 54-73) und „Kampf im Kin­ derzimmer" (S. 74-87) stellt Erhard Schraudolph die Zinnfigur als Medium der Zeitge­ schichte vor. Schnell reagierten die Hersteller auf aktuelle Ereignisse und Trends mit ent­ sprechenden Serien und bedienten die Nachfrage sowohl etwa zum Krimkrieg als auch zum amerikanischen Bürgerkrieg oder den Indianerkriegen. Als Kriegsspielzeug erhielt die Zinnfigur schließlich ihre populärste Rolle. Detailgetreu und realistisch gestaltet und mit umfassendem Zubehör dokumentierten Zinnarmeen im freien oder angeleiteten Spiel nicht zuletzt während der wilhelminischen Ara Vaterlandsliebe und Nationalstolz. Einen letzten Boom erlebten die Zinnsoldaten im Ersten Weltkrieg, bis im Zuge der Niederlage ein Wertewandel sowie neue Spielzeugmaterialien ihren Niedergang einleiteten. Auf eine andere Domäne der Zinnspielzeugherstellung mit pädagogischer Konnotation weist dagegen der Aufsatz „Kinder, Küche, Kirche" (S. 88-101) von Marion Faber hin: Vom Miniaturgeschirr über komplette Ausstattungen für Puppenhäuser bis hin zum Kinderaltargerät war Lernspielzeug aus Nürnberg und Fürth europaweit populär. Ebenso gehörten Figuren für feste Spielpläne, Zinnschachspiele und Zubehör für Gesellschafts­ spiele zum Sortiment. Den Aufsatzreigen komplettiert der Beitrag „HIZ und BIZ" (S. 102-109) von Brigitte Grobe, der sich mit der kulturhistorischen Bedeutung der Zinnfigur als Sammelobjekt auseinandersetzt. Die Neuentdeckung und -bewertung des Traditionsspielzeugs markierte nicht zuletzt die Einrichtung des ersten deutschen Zinn­ figurenmuseums auf der Plassenburg ob Kulmbach 1932. Besonders frühzeitig reagierte etwa die Firma Heinrichsen mit neuen Serien auf diesen Trend. Wie aus einem Guss sind alle Einzelbeiträge gut aufeinander abgestimmt und vor allem gestützt auf die Heinrichsen-Chronik quellennah erarbeitet. Darüber hinaus unterstreichen Anmerkungs­ apparat, Register, Bild- und Objektnachweis den wissenschaftlichen Anspruch der 1995 begründeten Schriftenreihe ebenso wie die hohe Qualität des meist farbigen umfang­ reichen Bildmaterials. Besondere Anerkennung verdient das lexikalisch konzipierte Verzeichnis der Zinn­ spielwarenhersteller in Nürnberg und Fürth von Erhard Schraudolph (S. 110-150), das eine Lücke in der Firmengeschichte der Nachbarstädte im 19. und 20. Jahrhundert schließt - von punktuellen Ansätzen abgesehen bis heute immer noch ein Desiderat der Forschung. Martina Bauernfeind

Karin Falkenberg: Alltag in Nürnberg 1914-1970. Bürger erzählen aus ihrem Leben. Erfurt: Sutton 1999. 128 S., 86 Abb. DM 32,80. Es ist stiller um die Oral History geworden. Die großen Schlachten sind geschlagen; mündliche, erzählte Geschichte kann natürlich die „harten Fakten" nicht ersetzen, sie muss überprüfbar bleiben. Doch gerade in der Kulturgeschichte, bei den Fragen der Mentalitäten, der Bewusstseinsformen und Ideologien, kann sie wichtige Aufschlüsse geben. Karin Falkenberg hat zwanzig Zeitzeugen der Jahrgänge zwischen 1907 und

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1948 über den Alltag in Nürnberg im Zeitraum 1914 bis 1970 erzählen lassen, die ihr auch Fotografien, Familienalben und persönliche Dokumente zur Verfügung stellten. Es geht hier primär um die Alltagswelt, die subjektiven Erfahrungen, die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen. Der Band gliedert sich in die Bereiche Kindheit im Krieg und im Frieden, Schulzeit, Lehre und Ausbildung, Berufsleben, Partnersuche, Bauen in der Stadt, Wohnverhältnisse, Essen und Einkäufen, Hygiene, Sport, Freizeit und Feste sowie Fortbewegung und Verkehr. Wie sehr Erkenntnisvermögen und Bewusstseins­ linien vom jeweils erfahrenen historischen Prozess geprägt sind, zeigt sich darin, dass seit den fünfziger Jahren - ohne herausragende emotional bedeutsame Ereignisse - das zeitliche Einordnungsvermögen des einzelnen verschwimmt, während Zweiter Welt­ krieg und unmittelbare Nachkriegszeit zum Teil minutiös im Gedächtnis haften blieben. Udo Winkel

Günther Roth: Die Institution der kommunalen Sozialverwaltung. Die Entwick­ lung von Aufgaben, Organisation, Leitgedanken und Mythen von der Weimarer Re­ publik bis Mitte der neunziger Jahre (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 56). Berlin: Duncker & Humblot 1999. 433 S. DM 136,-. In der hier vorgelegten überarbeiteten Fassung einer Konstanzer Dissertation unter­ sucht Günther Roth am Beispiel Nürnbergs die Entwicklung der kommunalen Sozialver­ waltung. Es sieht Wachstum, Angleichung, Beharrungsvermögen und Wandel als wesent­ liche Kennzeichen der organisatorischen Entwicklung großstädtischer Sozialverwaltung von der Weimarer Republik bis Mitte der neunziger Jahre an. Die Zahl des hauptamtli­ chen und professionellen Personals stieg zum Teil sprunghaft an: während der Weimarer Republik eine Verdoppelung zwischen 1925 und 1931, von den fünfzigern bis Mitte der neunziger Jahre eine nochmalige Verdoppelung, allein 1980 bis 1995 eine Vergrößerung von durchschnittlich 45%. Als qualitative Veränderung seit den fünfziger Jahren zeigt sich der fast ausnahmslose Verzicht auf ehrenamtliche Mitarbeiter. Roth sieht als Quintessenz, dass bei dem Ausbau und der Vereinheitlichung der Fürsorgeorganisation sich funktio­ nale und institutioneile Faktoren verknüpften und meist wechselseitig wirkten. Mit dem Ausbau des bürokratischen Apparats während der Weimarer Republik, der während der fünfziger Jahre zum Abschluss kam, verlagerte sich die Entscheidungs­ kompetenz von den ehrenamtlichen Ausschüssen in die sich rasch verbreitenden und nach relativ einheitlichen Grundsätzen ausgebauten Wohlfahrtsämter. Bis Mitte der sieb­ ziger Jahre erfolgte eine beständige Leistungsausweitung: „Es entstanden sowohl neue oder intensiver wahrgenommene soziale Dienste für das bestehende Klientel der Sozialund Jugendhilfe, z. B. die ,offene Jugendarbeit4, die sogenannte ,Gemeinwesenarbeit4, Stadtteilbüros,,Essen auf Rädern4 für Alte oder,Alten- und Jugendbegegnungszentren4, zahlreiche Kindertagesstätten sowie Alten- und Behindertenheime. Darüber kamen neue Gruppen von Hilfsbedürftigen in das Blickfeld, wie z. B. misshandelte Frauen, wofür ,Frauenhäuser4 als Schutz- und Hilfseinrichtungen geschaffen wurden.44 (S. 365) Zur in­ stitutionellen Krise trug schließlich bei, dass die Kommunen infolge der ständig stei­ genden Zahl der arbeitslosen Hilfeempfänger und der Sozialhilfekosten ernste Finanzie­ rungsprobleme bekamen. Es gab Bemühungen um eine Privatisierung und verstärkte

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marktwirtschaftliche Organisation sozialer Dienste, die sich auch in der neu geschaf­ fenen Pflegeversicherung niedergeschlagen haben. Roth kommt zu dem Schluss, dass es abzuwarten bleibt, „ob das in den Kommunen in den letzten Jahren flächendeckend ein­ geführte Neue Steuerungsmodell und die Bemühungen um die Privatisierung sozialer Dienstleistungen dazu beitragen, die institutionellen Strukturen der kommunalen Sozi­ alveraltung grundlegend zu verändern und vor allem ob diese sinnvoll umgebaut oder gar abgebaut werden.“ (S. 369). Udo Winkel

Friedrich Braun: Der 2. Weltkrieg in den nordöstlichen Vororten von Nürnberg. Eschenau - Groß-/Kleingeschaidt - Kalchreuth - Nuschelberg - Neunhof - Oedenberg - Günthersbühl - Tauchersreuth - Hub - Heroldsberg. Mit Erklärungen, Erlebnisbe­ richten von Soldaten und Zeitzeugen sowie Auszügen aus US-Quellen. Nürnberg: Selbstverlag 1999. 335 S., zahlr. Abb. DM 56,-. Im Vorwort schildert der Verfasser die Schwierigkeiten, die er hatte, Zeitzeugen - Zi­ vilisten und Soldaten - aufzufinden, die über die Vorgänge in diesem Raum berichten konnten. Da auf deutscher Seite kaum noch reguläre Einheiten im Einsatz waren, wurden auch keine Kriegstagebücher mehr geführt. Berichte von Zeitzeugen sind oft die einzige Möglichkeit, den Verlauf der Ereignisse zu ergründen. Und hier hat der Ver­ fasser Hervorragendes geleistet. Jahrelang hat er alle Spuren von Soldaten, die dabei waren, verfolgt und viele mehr oder weniger zutreffende Aussagen zusammengetragen. Wer sich mit Oral History beschäftigt, kann ermessen, welche Opfer an Zeit und Geld nötig waren, um an entsprechende Informationen heranzukommen. Der knappe Ab­ schnitt über Vorkriegszeit und Kriegsbeginn zeigt, wie der Krieg das Leben der Men­ schen in einer Vorortgemeinde langsam aber sicher verändert hat. Der Luftkrieg, der die Orte nur am Rande berührte, wird eingehend dargestellt, und die Abwehrstellungen werden auf Kartenskizzen und teilweise mit Bildern sichtbar gemacht. Dass ab 1943 neben Luftwaffenhelfern auch „Flakwehrmänner“ im Einsatz standen, weiß heute kaum noch jemand. Die 200 RAD-Maiden, die am Tag vor den Kampfhandlungen ent­ lassen wurden und bei Familien untertauchen konnten, werden sich dankbar daran erinnern. Alle im Raum östlich von Nürnberg abgestürzten Flugzeuge werden ein­ schließlich der Namen und des Schicksals ihrer Besatzung genau aufgeführt. Der Hauptteil des Buches beschäftigt sich mit dem Kampf um Heroldsberg. Hier hat der Verfasser eine eingehende Ortskenntnis, ein umfassendes Wissen über deutsche und amerikanische Einheiten und ihre Bewaffnung. Dass der Bataillonskommandeur der Waffen-SS, Johannes Kaschner, den Volkssturm nach Hause schickte, macht deutlich, dass Pauschalverurteilungen nicht angebracht sind. Die eigentlichen Kampfhandlungen um Heroldsberg, wo die einzige Kampftruppeneinheit im Raum Nürnberg, das SS-Regiment 38 der 17. Panzergrenadierdivision Götz von Berlichingen bzw. eines ihrer Bataillone, im Einsatz stand, waren eine Sache von ein Paar Stunden. Rückhalt sollte eine bunt zusammengewürfelte, neuaufgestellte „schwere Sturm-Flak-Batterie“ mit russischen Beutegeschützen ohne Zieleinrichtung für den Erdkampf sein. In Text, Abbildung und Kartenskizze schildert der Verfasser die „militärische Katastrophe“, die zugleich Rettung der Ortschaft Heroldsberg bedeutete. Dass die Amerikaner die deut-

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sehen Kriegsgefangenen oft recht rüde behandelten, ist allgemein bekannt; dass Zi­ vilisten vor die US-Panzer als lebender Kugelfang getrieben wurden, ist sicherlich eine Ausnahme. Verwundete der Wehrmacht oder Waffen-SS wurden von amerikanischen Sanitätern und Ärzten versorgt. In einem weiteren Abschnitt ist das Geschehen vom 17. bis 23. April 1945 behandelt. Der Verfasser stützt sich dabei ausschließlich auf S 3 Reports der beteiligten Regi­ menter. Für den militärischen Laien ist es außerordentlich schwierig, sich ein Bild von den Ereignissen zu machen, zumal die Tagesabläufe der einzelnen Regimenter nicht ko­ ordiniert sind. Bei den „Berichten von Soldaten“ bekennt der Verfasser, dass sie über das „anfäng­ lich gesetzte Ziel hinausgehen". Sicherlich sind sie interessant und zeigen das Chaos, das gegen Kriegsende bei den deutschen Einheiten herrschte; aber mit den Kämpfen in den Nürnberger Vororten haben diese nur zum Teil zu tun. Karl Kunze

Richard Knoblach: Zwischen Bomben und Granaten. Der Einsatz der Gym­ nasiasten und Oberschüler als Luftwaffenhelfer im Großraum Nürnberg-Fürth. Forchheim: Eigenverlag Knoblach 1999. 110 S., zahlr. Abb. DM 12,-. Mit dem Begriff „Luftwaffenhelfer“ verbindet sich heute selbst für den an Zeitge­ schichte Interessierten nur eine sehr vage Vorstellung. In dem Büchlein wird die Pla­ nung und Einberufung sowie der Einsatz in Theorie und Praxis knapp und präzise dar­ gestellt; außerdem ist das Tagebuch des Verfassers als 16jähriger Luftwaffenhelfer abge­ druckt. Die Einberufung des ersten Jahrgangs der Luftwaffenhelfer fiel zeitlich mit der Katastrophe von Stalingrad zusammen, bei der die Wehrmacht eine gesamte Armee mit etwa 250.000 Soldaten verloren hatte. Gymnasiasten und Oberschüler sollten die Flaksoldaten im Heimatkriegsgebiet ersetzen, die man dringend an der Front brauchte. So entstand eine Gruppe von „Schülersoldaten“, die für ein oder zwei Jahre ein Dop­ pelleben zwischen Schülern und Soldaten führen mussten. An drei Vormittagen in der Woche war in der Flakstellung - wenn nicht Luftalarm war - Schulunterricht mit ein­ geschränkter Fächer- und Stundenzahl. Die andere Zeit gehörte dem militärischen Dienstbetrieb. Die Flakartillerie, eine bereits damals hochtechnisierte Truppe, stellte Anforderungen, denen Gymnasiasten auf Grund ihrer Mathematik- und Physikkennt­ nisse weit besser genügen konnten als der Durchschnittssoldat. Neben den Schulunter­ richt in Latein, Deutsch und Mathematik oder Physik trat Unterricht am Kommando­ gerät, am Funkmessgerät, an den Kanonen, im Flugzeugerkennungsdienst, Schießen mit dem Karabiner 98 k, Batterieexerzieren, Geräte- und Munitionsreinigen und Fußdienst - meist als Schikane, weil einer oder eine Gruppe „aufgefallen“ war. Man fragt sich, wie die Heranwachsenden dieses „Doppelleben“ als „Schülersoldaten“ eigentlich ertragen hatten. Eine wesentliche Rolle spielte dabei, dass man nicht allein war, sondern dass die „Klasse“ die Last mittrug. Heutige Schüler der Kollegstufe können sich nicht mehr vor­ stellen, was die „Klasse“ damals bedeutet hat. Auch Höhepunkte gab es im Leben der Luftwaffenhelfer: Wie man die Heimabende der HJ sabotierte und wie man dem Stell­ vertretenden Gauleiter Karl Holz, der die Luftwaffenhelfer deswegen „zur Sau ma­ chen“ wollte, Paroli bot. Man muss das Büchlein sehr sorgfältig lesen; dann erfährt man

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen auch, warum sich so viele Schüler als Reserveoffiziersbewerber freiwillig meldeten und dass die, die sich nicht freiwillig meldeten, mit großer Wahrscheinlichkeit zur WaffenSS eingezogen wurden. Die Geschichte der Luftwaffenhelfer ist nur eine Episode der Schulgeschichte und auch nur ein unwichtig erscheinender Abschnitt der Geschichte des Zweiten Weltkriegs, aber sie zeigt deutlich, wozu das NS-Regime fähig war: Es hat jungen Menschen ihre Jugend gestohlen und sie in den Tötungsmechanismus des Krieges eingereiht. Freilich haben die Luftwaffenhelfer ihre Heimatstadt und ihre Angehörigen vor Terrorangriffen geschützt, ganz gleich wie sie sonst dem Regime ge­ genüberstanden. Das Büchlein sollte jeder lesen, der sich für die Geschichte des Dritten Reiches interessiert; für Geschichtslehrer sollte es Pflichtlektüre sein; in den Grundund Leistungskursen im Fach Geschichte könnte es den Schülern den menschenverach­ tenden Charakter eines Terrorregimes deutlich vor Augen führen. Das abgedruckte Tagebuch zeigt, worum die Gedanken der „Schülersoldaten“ kreisten und wie wenig Raum noch für den Einzelnen blieb. Karl Kunze Erhard Mos sack: Die letzten Tage von Nürnberg. Nach einem Tatsachenbericht. Nachdruck Nürnberg 2000. 160 S., 184 Abb. DM 29,80. 1952, sieben Jahre nach Kriegsende, erschien im 8 Uhr-Blatt die Serie „Die letzten Tage von Nürnberg“ des Redakteurs Erhard Mossack, die „das große Drama vom Un­ tergang der alten Reichsstadt“ dokumentieren wollte. Der reich illustrierte Bericht er­ schien noch im gleichen Jahr als Broschüre. Mossack bedankt sich im Vorwort bei den „vielen, vielen Mitarbeitern aus den Leserkreisen des 8 Uhr-Blattes“, seinen Redakti­ onskollegen und besonders beim Stadtarchiv, „ohne deren Quellenmaterial und Hin­ weise viele wertvolle Unterlagen nicht zu beschaffen gewesen wären“. So gelingt die Darstellung eines Panoramas der letzten Wochen bis zum Fall Nürnbergs im April 1945. Ein Zeitdokument über Bombenangriffe und Exekutionsterror des unterge­ henden NS-Regimes, das grauenhafte und skurrile Ereignisse beschreibt, und auch Vor­ urteile gegenüber der US-Besatzungsmacht und den nun befreiten ausländischen Zwangsarbeitern reproduziert. Das Antiquariat Deuerlein hat den Bericht nun als Fak­ similenachdruck wieder vorgelegt. Udo Winkel Jim G. Tobias / Peter Zinke: Nakam - Jüdische Rache an NS-Tätern. Hamburg: Konkret Literatur Verlag 2000. 176 S., 27 Abb. DM 30,-. Das vorliegende Buch versucht ambitioniert, den gesamten Themenbereich von Schuld und Sühne für die NS-Verbrechen abzudecken. Bei ihrer Darstellung, die den Bogen von den Aktivitäten der dem Buch ihren Namen leihenden Organisation von Holocaustüberlebenden über die Rolle der „Jewish Brigade“ innerhalb der britischen Armee bis hin zur Fluchthilfe für Nazis u.a. durch die katholische Kirche und zum Eichmann-Prozess spannt, bedienen sich die Autoren einer Mischung aus journalisti­ scher und wissenschaftlicher Form, was in den vergleichsweise umfangreichen Anmer­ kungen und der Bibliographie seinen Niederschlag findet, die dem Leser vor allem die sonst kaum zugängliche englischsprachige Literatur erschließen.

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Die für die Nürnberger Stadtgeschichte relevanten Aspekte sind die Aktivitäten der Gruppe um Abba Kovner, die im April 1946 in einem gescheiterten Giftanschlag auf die Insassen des Internierungslagers in Langwasser - überwiegend ehemalige Angehörige der SS - gipfelten. Im Zusammentragen aller verfügbaren Informationen hierüber, ins­ besondere durch Interviews mit Zeitzeugen, liegt der eigentliche Erkenntniswert des Buches, wobei die Autoren nicht verschweigen, dass diese für eine konspirativ operie­ rende Organisation wichtigsten Quellen der „Oral History“ nicht immer in Überein­ stimmung zu bringen sind. Abgesehen von Ungenauigkeiten in der Beschreibung der Rahmenbedingungen - die offizielle Bezeichnung des Internierungslagers war niemals „Straflager 13“, im bis Kriegsende auf dem Areal befindlichen „(Mannschafts-)Stammlager Stalag XIII“ der Wehrmacht befanden sich auch nie zivile Zwangsarbeiter, sondern Kriegsgefangene ver­ schiedener Nationen (S. 44 f.) - stellt die Schilderung vermutlich das Höchstmaß an ge­ winnbarer, halbwegs gesicherter Information dar. Allerdings hätten sich die Autoren verbale Entgleisungen wie die Bildunterschrift zu einer undatierten Aufnahme einer Demonstration der Bevölkerung gegen die mangelhafte Versorgung, „Nürnberg in der Nachkriegszeit - Das Selbstmitleid regiert“ (S. 18), sparen können. Viel entlarvender als derlei Plattitüden sind die Berichte der beteiligten „Nakam“-Mitglieder über das, was sie damals in Nürnberg gehört und gesehen haben. Wer sich einen Eindruck von der trotz millionenfachem Mord ungebrochenen Arroganz der darin Verstrickten und ihrem Zynismus verschaffen will, kann zu Ernst von Salomons „Der Fragebogen“ oder anderen Werken der deutschen Selbstexkulpierungsliteratur nach 1945 greifen. Die Redundanz des Buches wächst zunehmend mit der Entfernung von der selbst re­ cherchierten Ereignisgeschichte, insbesondere da, wo sich die Autoren bemüßigt fühlen, Aussagen über den vermeintlichen Rachedurst „fast alle[r] Überlebenden der Shoa“ (S. 7) zu treffen. Hier wird es angreifbar und wurde folgerichtig nach seinem Er­ scheinen massiv kritisiert. Es erscheint gelinde gesagt unnötig, dass zwei nichtjüdische deutsche Autoren der Nachkriegsgeneration „das Vorurteil des feigen und hilflosen Opfers“ (S. 9), das paralysiert in die Gaskammer ging, mit einem „Body Count“ der Ra­ cheaktionen zu widerlegen suchen, denn der jüdische Widerstand gegen die Vernich­ tungspolitik der Nazis ist bereits seit geraumer Zeit Gegenstand der internationalen Holocaustforschung. Außerdem beweist gerade die Geschichte der „Nakam“ und ihrer gescheiterten Attentatsversuche deren Minderheitenposition und fehlende Unterstüt­ zung innerhalb des Judentums, das damals seine Kräfte auf die Schaffung des Staates Israel konzentrieren musste. Dies ändert freilich nichts an der sattsam bekannten Tatsache des - gewollten und ungewollten - Scheiterns einer konsequenten Strafverfolgung der NS-Täter in Deutsch­ land, dem auch im Buch ein Kapitel gewidmet ist (S. 107-118) und die zuletzt in der Vorgeschichte des Prozesses gegen den Mörder Anton Malloth, dessen Einheit aus der SS-Funkerschule in der Nürnberger Südkaserne nach Theresienstadt abkommandiert worden war, bedrückend deutlich wurde. Vor diesem Hintergrund ist der werbewirk­ same Steilpass der Nürnberger Staatsanwaltschaft, anlässlich der Recherchen zum Buch ein völlig aussichtsloses Ermittlungsverfahren gegen die in Israel lebenden „Nakam“Mitglieder aufzunehmen, noch befremdlicher. Vielleicht gäbe es, ebenso wie für den globalen Anspruch der Autoren, auch hier im Wortsinne näherliegende Ziele, wie etwa

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen die Aufklärung der Rolle, die die Angehörigen der „Polizeikompanie Nürnberg“ während des Zweiten Weltkriegs bei der „Bandenbekämpfung“ im rückwärtigen Gebiet der Ostfront oder als Bewacher jüdischer Ghettos spielten. Gerhard Jochem Klaus Kästner: Von den Siegern zur Rechenschaft gezogen. Die Nürnberger Prozesse. Nürnberg: Hofmann 2001. 359 S., 16 Abb. DM 28,80. Rechtzeitig zur Eröffnung des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände erscheint eine vorzügliche Hinführung zum dortigen Themenbereich „Tribunal für die Täter: Nürnberg als Ort der Kriegsverbrecherprozesse“. Der Autor Klaus Kästner hat sich während seiner Tätigkeit als Richter, Vizepräsident des Oberlandesgerichts Nürn­ berg und (bis Juni 2001) Präsident des Landgerichts Nürnberg-Fürth durch sein Enga­ gement bei der historischen Be- und Aufarbeitung der Nürnberger Kriegsverbrecher­ prozesse in hohem Maße verdient gemacht. Zunächst eher im Alleingang, später dann im engen Benehmen mit der Zielsetzung „Stadt des Friedens und der Menschen­ rechte“, hat sich Kästner intensiv darum bemüht, den nachfolgenden Generationen einen Zugang zu den internationalrechtlichen Strafverfahren 1945-1949 zu ver­ schaffen, durch die der Name Nürnbergs zu einem Markstein der Weltgeschichte des Völkerrechts wurde. Seit vielen Jahren hat er zahllose in- und ausländische Gäste der Stadt Nürnberg überaus sachkundig durch den Schwurgerichtssaal Nr. 600 geführt und er hat überhaupt erst wieder dafür gesorgt, dass der Saal einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich ist. Dies alles begleitete Kästner mit intensiven Forschungen ebenso wie mit vielen Ver­ öffentlichungen und Vorträgen. Den einen Höhepunkt stellte sein Werk „Der Nürn­ berger Kriegsverbrecherprozeß“ dar, der bei weitem erfolgreichsten Publikation im Gedächtnis)ahr zur fünfzigjährigen Eröffnung des Internationalen Militärtribunals 1995. Der andere ist das vorliegende Buch, das auch eine knappe Darstellung der Nürnberger Nachfolgeprozesse 1946-49 mit einschließt. Zur Würdigung des zweiten kann ich uneingeschränkt auf meine Rezension des ersten Werkes in MVGN 82 (1995), S. 393 verweisen. Das Fehlen des Bildteils wird mehr als aufgewogen durch gründliche Vertiefung des Textes. Zu begrüßen ist, dass der Autor nunmehr - vor allem im Hin­ blick auf das römische Statut von 1998 - die Chancen des Nürnberger Tribunals zur er­ sten Quelle einer neuen Völkerrechtsordnung zu werden, wesentlich positiver sieht (S. 226 und 286 ff). Insgesamt gibt es derzeit keine andere auch nur annähernd so präzise, sachliche und sachkundige Einführung in Geschichte und Problematik der Nürnberger Prozesse. Hartmut Frommer Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht. Die alliierten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943-1952. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1999. 319 S., 8 Abb. DM 26,90. Schon der unglücklich gewählte Untertitel weist darauf hin, dass der Herausgeber, der am Militärarchiv in Freiburg arbeitet, mit dem Völkerstrafrecht - um das es geht Probleme hat. Dazu kommt, dass das Buch offenbar überwiegend bereits 1996 zum 50. Jahrestag der Urteilsverkündung im Nürnberger Prozess fertiggestellt war. Das

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macht sich störend nicht nur beim (umfangreichen) Literaturverzeichnis, sondern vor allem auch darin bemerkbar, dass die rasante Entwicklung, die das internationale Straf­ recht durch das Statut von Rom 1998 genommen hat, unberücksichtigt blieb. Nachdem durch diese Kodifizierung der Nuremberg Principles ihre bis dahin gewohnheitsrecht­ liche Geltung von der Völkergemeinschaft ausdrücklich bestätigt wurde, sind die wi­ dersprechenden Positionen in der Einleitung und den Beiträgen von Steinbach und Ostendorf weitgehend überholt. Dagegen führt der Aufsatz von Kettenacker über die „Behandlung der Kriegsverbrecher als anglo-amerikanisches Rechtsproblem“ vor­ züglich in die Problematik ein. Vor allem aber ist der Hauptteil des Werkes (S. 73 - 212), der sich mit den 12 von den Amerikanern von 1946 bis 1949 durchgeführten Nürnberger Nachfolgeprozessen be­ fasst, von großem Wert. Die durchweg qualifizierten Beiträge (besonders hervorzu­ heben der Nürnberger Autor Friedhelm Kröll zum Fall 2 „Milch Case“) geben erst­ mals eine Gesamtdarstellung der für die Aufarbeitung der NS-Kriminalität so wichtigen Nachfolgeprozesse, nachdem das 1987 in Nürnberg von J. Friedrich und J. Wollenberg begonnene Projekt „Licht in die Schatten der Vergangenheit. Zur Enttabuisierung der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse“ nicht zu Ende gebracht werden konnte. Die Bemühungen zur Erstreckung auf weitere Kriegsverbrecherprozesse waren nur zum Teil erfolgreich. Dabei ist zu unterscheiden: 1. die auf der Grundlage des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 vor den vier Alliierten in Nürnberg, Dachau, Rastatt, Moskau und zahl­ reichen anderen Städten durchgeführten Prozesse; leider wird hier nur über Dachau (S. 229 ff.) und die Sowjetunion (S. 245 ff.) Näheres berichtet; 2. die sowjetischen Ver­ fahren gegen Kriegsgefangene vor der Kapitulation (S. 240 ff.) sowie 3. das Internatio­ nale Militärtribunal für den Fernen Osten in Tokyo (S. 217 ff.). Anders als der Titel verheißt, bleiben die unzähligen nationalen NS-Gerichtsverfahren der europäischen Siegerstaaten ganz außer Betracht. Abschließend sind zwei gute Beiträge zum Hauptkriegsverbrecherprozess aus der Sicht einer Zeugin (S. 60 ff.) und der Übersetzer (S. 45 ff.) zu erwähnen. Bei letzterem fehlt ein Hinweis auf Nürnberg als Wiege des Simultan-Dolmetschens. Vorher wurde aussch­ ließlich konsekutiv, also nachfolgend, gedolmetscht. Bei vier Sprachen - Englisch, Fran­ zösisch, Russisch und Deutsch - hätte dann das Verfahren nicht ein Jahr, sondern drei Jahre gedauert. So mussten die Dolmetscher lernen zu übersetzen, während gesprochen wurde. Das Verfahren ist seitdem Standard geworden. Hartmut Frommer

Steffen Radimaier (Hrsg.): Der Nürnberger Lernprozess. Von Kriegsverbrechern und Starreportern. Frankfurt/Main: Eichborn 2001. 370 S., 2 Abb. DM 49,-. Schaut auf diese Stadt... einmal - vom 20. November 1945 bis zum 16. Oktober 1946 - war Nürnberg der ungeteilten Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit sicher, als in der Fürther Straße 110 vor dem Internationalen Militärtribunal (IMT) der Haupt­ kriegsverbrecherprozess durchgeführt wurde. Nie zuvor und niemals später ist weltweit so intensiv über unsere Stadt berichtet worden - auch mit der Folge, dass das

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IMT-Nürnberg dem globalen Nürnbergbild bis zum heutigen Tage die kräftigsten Kon­ turen aufdrückt. Es verwundert in hohem Maße, dass erst jetzt mit dem „Nürnberger Lernprozess“ (ein geschickter Paralleltitel zu Döblins 1946 erschienenen „Nürnberger Lehrprozeß“) eine Sammlung der wichtigsten Augenzeugenberichte vorliegt. Steffen Radimaier, Feuilletonchef der Nürnberger Nachrichten, hat sorgfältig 93 Zeitungs- und Zeitschriftenartikel aus den Jahren 1945 und 1946 sowie persönliche Erinnerungen, die später aufgeschrieben wurden, in einem Band der vom Nürnberger Kulturpreisträger Hans Magnus Enzensberger herausgegebenen Anderen Bibliothek zusammengetragen. Das chronologische Gerüst bieten 30 (meist die Deutsch-Amerikanische Nachrichten­ agentur DANA wiedergebende) Meldungen der Nürnberger Nachrichten, deren erste Ausgabe nur wenige Wochen vor Prozessbeginn erschienen war. Wie wichtig die von Radimaier erschlossenen Quellen künftig sein werden, zeigt sich schon daran, dass 24 Beiträge deutsche Erstveröffentlichungen sind. So ist z.B. die Schilderung von Joseph Kingsbury Smith, der als Vertreter der US-Presse Augenzeuge der Hinrichtungen war, weit ergiebiger als der bisher bei uns allein verwendete Bericht von Wilhelm Högner. Neun der 28 Autoren sind Deutsche (Erich Kästner, Susanne von Paczensky, Gregor von Rezzori, Wilhelm Emanuel Süskind; aus dem Exil Karl Anders, Alfred Döblin, Hans Habe, Robert Jungk, Erika Mann, Peter de Mendelssohn, Markus Wolf), neun sind Amerikaner (darunter John Dos Passos, Janet Flanner und William L. Shirer), Sowjetrussen (u.a. Ilja Ehrenburg), je zwei Engländer (John Wheeler-Bennett - der im sonst vorzüglichen Autorenverzeichnis fehlt -, Rebecca West), Franzosen (Elsa Triolet, Joseph Kessel) und Polen, sowie je einer Argentinier, Kanadier, Chinese („Nürnberg erinnert mich als einzige vor allen europäischen Städten an Peking“) und Willy Brandt, der für Norwegen schrieb. Von den insgesamt ca. 380 Journalisten, die aus Nürnberg berichteten, stellten die USA ein Drittel, je ein Sechstel die drei anderen Alliierten und ein Zwölftel die Deutschen: Repräsentativ ist die Aus­ wahl Radimaiers also nur in einem übertragenen Sinn, der verdeutlicht, dass der Prozess als im Grunde „amerikanische Veranstaltung“ gesehen wurde, als Duell „all dessen, was die Zivilisation ausmacht“ mit den überlebenden nazideutschen „Protagonisten des Bösen“ (Flanner). Uber NS-Verbrechen, Nachkriegsdeutschland und die Haltung der Siegermächte sagen die Berichte „mehr aus als viele historische Untersuchungen und Analysen“, - der Konklusion Radimaiers ist uneingeschränkt zuzustimmen und hinzuzufügen, dass dies zuallererst für Nürnberg 1945/46 selbst gilt. Das Buch ist eine schier unerschöpfliche Fundgrube mit dem einzigen Nachteil, dass mangels eines Sachregisters das Schöpfen und Finden nicht ganz einfach gemacht wird. Eine kleine Hilfe dazu sollen drei Griffe in den dem Rezensenten inzwischen unentbehrlich gewordenen Zettelkasten bieten: zur Erfahrung der zerstörten Stadt (von „ist verschwunden“ bis „in ihrem verwüsteten Antlitz liegt noch immer Schönheit“) S. 19, 27 f., 112,153,159 f., 246, 251; zum Schloss Stein (von „zauberhaft“ bis „German Schrecklichkeit at its worst“) S. 14,20, 59, 78,137, 254; zur Haltung der Bevölkerung („nirgends auf der Welt diskutiert der Mann auf der Straße so wenig über den Prozess wie in Nürnberg“) S. 34, 38, 73 f., 140, 156, 178, 191, 210, 239. Hartmut Frommer

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Clemens Wächter: Kultur in Nürnberg 1945-1950. Kulturpolitik, kulturelles Leben und Bild der Stadt zwischen dem Ende der NS-Diktatur und der Prosperität der fünf­ ziger Jahre. (Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 59). Nürnberg: Selbstverlag des Stadtarchivs Nürnberg 1999. 502 S., 38 Abb. DM 45,-. Nachdem die politisch-gesellschaftliche Entwicklung der unmittelbaren Nürnberger Nachkriegszeit durch die Arbeit von Wolfgang Eckart (Amerikanische Reformpolitik und deutsche Tradition. Nürnberg 1945-49 (Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 42), Nürnberg 1988) analysiert und dargestellt und durch mein Quel­ lenwerk (Nürnberg 1945-1949, 3 Bde. (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 20-22), Nürnberg 1989) auch die Quellen im Auszug publiziert sind, ist nun durch Clemens Wächters Erlanger Dissertation von 1998 die Kultur Nürnbergs in diesem Zeitraum grundlegend untersucht worden. Bei der Aufarbeitung der Geschehnisse und Zusammenhänge fragt Wächter nach drei bestimmenden Dimensionen, wie sie Everhard Holtmann benannt hat: „Erstens die konkreten Handlungen der Akteure und Betroffenen, zweitens handlungsleitende Ori­ entierungen, Einstellungen und Erfahrungen sowie drittens die strukturellen bzw. insti­ tutionellen Rahmen- und Lebensbedingungen, innerhalb deren sich Einstellungen wie­ derum verstetigen oder auch verändern.“ (S. 20) Die faktenreiche Darstellung gliedert sich in Themenbereiche, die im Rahmen einer Rezension natürlich nicht im einzelnen nachgezeichnet werden können. In einem er­ sten Kapitel werden die Rahmenbedingungen, die durch die Politik der amerikani­ schen Militärregierung geprägt waren, dargelegt und die Versuche der Stadtverwal­ tung, das kulturelle Leben zu koordinieren. In den weiteren Kapiteln stehen die Be­ reiche des kulturellen Lebens im Mittelpunkt: die darstellende Kunst im Theater und Lichtspielwesen, die Musik - von den Rahmenbedingungen des musikalischen Lebens über die Genese musikalischer Institutionen, den Entwicklungstendenzen in der orga­ nisierten Laienmusik bis hin zu den Inhalten der Musikpflege und den Reaktionen auf Künstler und Werke der Besatzungsmacht -, die Bildende Kunst - d.h. Museen und Sammlungen, Akademie der Bildenden Künste sowie Künstlervereinigungen und Aus­ stellungen - und die Bildungseinrichtungen, wie die Städtische Volkshochschule und die Bedeutung Georg Gustav Wieszners, die Katholische Kulturgemeinde mit Karl Borromäus Glock, das Amerika-Haus und das Bibliothekswesen mit einem Exkurs zum Stadtarchiv. Das Kapitel „Profilierungsbestrebungen und Imagepflege“ behandelt die Entwicklung und Auseinandersetzung um das Studio Nürnberg des Bayerischen Rundfunks, die Zeitungslandschaft, die Thomas-Mann-Gesellschaft und den Besuch Thomas Manns im Juli 1949 und Stadt-Bilder, mit den spannenden Fragen des Wieder­ aufbaus, der Widerspiegelung in den zeitgenössischen Publikationen und dem Um­ gang mit dem NS-Erbe. Im letzten Kapitel geht es um „Brennpunkte städtischer Selbstdarstellung“: die Deutsch-Französische Kulturwoche 1948, die mehr oder we­ niger misslang, die sehr erfolgreiche Deutsche Bauausstellung 1949 und die 900-Jahrfeier der Stadt Nürnberg 1950, deren Widersprüchlichkeit der Reporter der „Schwäbi­ schen Landeszeitung“ vermerkte: „Nürnberg (...) ist untergegangen. Die Fahnen auf­ gezogen zur 900-Jahr-Feier, wehen über Ruinen! Die Girlanden schmücken rauch­ geschwärzte Steine. Der Besucher scheidet, uneinig mit sich selber, ob der gebliebene

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Abglanz einer untergegangenen Herrlichkeit oder die Dämonie der Zerstörung ihn stärker beeindruckt habe.“ (S. 369) Wächter zieht als Fazit, dass es im Untersuchungszeitraum nicht zu einem aus­ schließlichen Neuanfang kam, sondern personelle Kontinuitäten vor allem im Sprechund Musiktheaterbereich fortbestanden. Auch eine wesensmäßige Veränderung der Kulturpolitik hin zu demokratisierten sozio-kulturell orientierten Strukturen, wie etwa in den später 60er Jahren, ist nicht erkennbar. Die bevorzugten Inhalte des kulturellen Lebens waren auf das traditionelle Kunstschaffen gerichtet. Schließlich wird die unmit­ telbare Nachkriegszeit in Nürnberg als Phase sui generis verortet: „Letztlich sind die unmittelbaren Nachkriegsjahre nicht als bloße Vorstufe zur ,Wirtschaftswunderzeit‘ der fünfziger Jahre zu betrachten, aber auch nicht als ein Zeitraum, in dem ausschließ­ lich die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges nachwirkten. Vielmehr stellen sie in kultureller Hinsicht eine eigenständige Epoche dar, da sie den speziellen wirtschaft­ lichen, personellen und infrastrukturellen Gesetzen der ,Trümmerjahre‘ unterworfen waren, die weder vor der Besetzung der Stadt noch in der Phase der Prosperität der fünfziger Jahre in dieser Weise gegeben waren.“ (S. 376) Neben einem umfangreichen Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Personen-, Orts- und Sachregister enthält der Anhang auch einen Tabellen- und Abbildungsteil. Wächter ist mit dieser Arbeit eine sachkundige und differenzierte, dazu auch sehr lesbare Darstellung der Kultur der unmittelbaren Nachkriegszeit in Nürnberg gelungen. Es bleibt zu hoffen, dass auch die weiteren Etappen der Nürnberger Kultur­ entwicklung einen kompetenten Chronisten finden. Udo Winkel Wolfgang Loch: Die Gesamtschule Nürnberg-Langwasser. Eine bildungspolitische Untersuchung der die Genese eines kommunalen Schulreformprojekts beeinflussenden Strategien und Faktoren. Diss. Univ. Bamberg 1996. 467 S. Die sozialwissenschaftliche Fallstudie behandelt mit der heutigen Bertolt-BrechtGesamtschule die Entwicklung eines in der Öffentlichkeit heftig diskutierten Projektes der Nürnberger Schulpolitik, dessen Kontroversen weit über den örtlichen Rahmen hinaus den Diskurs um die Konzeption des bayerischen Bildungswesens betrafen. Mit­ tels qualitativer Inhaltsanalyse stellt der Verfasser - am chronologischen Verlauf orien­ tiert - die Entwicklungsstränge des Werdens der Gesamtschule dar. Nach einer einlei­ tenden Darstellung der allgemeinen Geschichte des Gesamtschulwesens teilt er die Konzeption und Errichtung der Nürnberger Gesamtschule in acht Entwicklungsab­ schnitte ein, die das lange Werden dieser Institution zutage treten lassen: die Phasen der Entscheidungsfindung (1964-1970), der Arbeit der Planungsgruppen (1970-1972), des Auftretens der Kontroversen um die Planungsgruppenarbeit (1972-1974), der Diskus­ sion um die Lehrpläne (1974), der Einleitung des Vorlaufs (1974-1975), des Vorlaufs selbst (1975-1977), der Aufnahme des Schulbetriebs im neu errichteten Schulgebäude (1977) und letztlich der Erfahrungen der ersten Schuljahre (1977-1980). Aus ge­ schichtswissenschaftlicher Sicht bereitet die große zeitliche Nähe des behandelten Ge­ genstandes natürlich Probleme hinsichtlich der Quellenbasis aufgrund von Sperrfristen und der Forschung noch nicht frei zugänglichen Aktenbeständen. So stützt sich die

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Arbeit in wesentlichen Bereichen auf nicht näher bezeichnete interne Akten der Stadt­ verwaltung; zumindest hätte versucht werden können, die Fundstellen mittels der An­ gabe von Aktenzeichen oder gegebenenfalls vorhandenen Klartextbezeichnungen zu fi­ xieren, um die Konkordanz der Faszikel nach einer späterhin zu erwartenden Abgabe in das hierfür zuständige Stadtarchiv nachvollziehen zu können. Gleichwohl vermittelt die Arbeit aufschlussreiche Einblicke in den Werdegang einer stetig und vehement im öf­ fentlichen Diskurs stehenden Institution; vor allem aber zeigt sie in vielen Facetten auf, dass es sich bei der Gesamtschuldiskussion der siebziger Jahre - wie wohl bei kaum einem anderen bildungspolitischen Streitfall - um eine von starkem persönlichem En­ gagement getragene, durch tiefgreifende, teils unüberbrückbare inhaltliche Kontro­ versen bestimmte und bisweilen äußerst affektiven Elementen verhaftete Auseinander­ setzung handelte, die über den eigentlichen Rahmen des Schulwesens hinaus grund­ legende ideologische Ansichten der bundesdeutschen Gesellschaft der siebziger Jahre repräsentiert. Clemens Wächter

Wolfgang Buhl / Ulf von Dewitz (Hrsg.): „Ich hatte Glück mit Menschen“. Zum 100. Geburtstag des Dichters Hermann Kesten (Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 24). Nürnberg: Selbstverlag der Stadtbibliothek Nürnberg 2000. 191 S., 17 Abb. DM38,-. Bislang existiert keine wissenschaftlich fundierte Biographie Hermann Kestens, und auch seine Autobiographie blieb ein Fragment. Insofern ist es erfreulich, dass nun mit vorliegendem Band neue Beiträge zu Leben und Werk Kestens publiziert wurden. Der 1900 geborene Schriftsteller kam 1904 nach Nürnberg und verbrachte hier seine Kind­ heit und Jugend. Nach der Emigration 1933 setzte er sich für verfolgte Intellektuelle ein; er war Präsident des westdeutschen P.E.N. (1972-1976) sowie Kulturpreisträger (1954) und Ehrenbürger (1980) der Stadt Nürnberg und spendete die Preissumme für den ers­ ten Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis (1995). Kesten, bis in die 1950er Jahre einer der meistgelesenen deutschen Autoren, starb 1996; sein Nachlass befindet sich in der Handschriftenabteilung der Münchener Stadtbibliothek und in der Stadt­ bibliothek Nürnberg. Das anlässlich des 950jährigen Stadtjubiläums und 100. Geburtstages Kestens er­ schienene Buch basiert auf der von Oktober bis Dezember 1999 abgehaltenen Vortrags­ reihe „Weggefährten“ des Bildungszentrums der Stadt Nürnberg. Die zehn Beiträge von Siegfried Schödel, Peter Beisl er, Thilo Koch, Friedhelm Kröll, Walter Fenn, Gerhard Brack, Hermann Glaser, Harald Seubert und den beiden Herausgebern bereichern die Kesten-Forschung maßgeblich, indem sie wesentliche Fakten zu Kestens Herkunft, seiner Nürnberger Zeit, seinem Schaffen und dessen Rezeption offenlegen, die umfangreich dokumentiert und in einem ausführlichen An­ merkungsapparat nachgewiesen sind. Zwei Selbstportraits Kestens in Form von Vor­ trägen, die dieser beim Bayerischen Rundfunk 1973 und 1975 gehalten hatte, leiten den Band ein. Ergänzend finden sich eine tabellarische Kurzbiographie, ein Kestenscher Stammbaum und vor allem eine sehr wertvolle, 51seitige Bibliographie von Liane

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Fehse, welche nicht nur Primär-, sondern auch Sekundärliteratur verzeichnet und die Produktivität Kestens augenfällig aufzeigend - in ihrer Ausführlichkeit ein unent­ behrliches Hilfsmittel darstellt. Clemens Wächter

Nürnberger Facetten 2000 - 2001. Nürnberg: Verlag Hans Müller 2000. 264 S. DM 29,80. Facetten sind Anschliffe. Anschliffe, die Rohmaterialien Form geben und so die Auf­ merksamkeit darauf richten. Je nach Standort, Blickwinkel und Beleuchtung entstehen Einzelbilder, Durchblicke und Einblicke. So gesehen ist das Autorenteam um Dorit Schatz, Gerhard Reu sehe und Annett Hänel dem Thema und Untertitel „Wer? Wo? Was? Wann? Wie?“ gerecht geworden, wobei die selbstgewählte Spannweite zwischen Bildung - Chronik - Jubiläum - Klatsch - Kultur - Medien - Bürgermedaillen - 950 Jahre - Messe - Museen - Namen - Politik - Polizei - Rückblick - Sport - Tiergarten - Tourismus - Umwelt - Verkehr und Wirt­ schaft von jedem etwas bringt. Bildgestaltung durch Jens Liebenberg und Layout von Caroline Harrer unterstützen den Reportcharakter. So kann jeder in dem handlichen Buch für sich Interessantes aus dem Berichtsjahr 2000/2001 finden. Was daraus bemerkenswert und von dauerndem Wert ist und bleibt, muss der zeitliche Abstand bestimmen. Georg Stolz

Christoph Bausenwein / Harald Kaiser / Herbert Liedei / Bernd Siegler: Der Club. 100 Jahre Fußball. Nürnberg: W. Tümmels 1999. 208 S., zahlr. Abb. DM 69,-. Als eine gelungene Mischung von Sport- und Lokalgeschichtsbuch, Nachschlage­ werk, Fotobildband, statistischem Werk und gut recherchierten, kritischen und liebe­ voll zusammengetragenen Berichten, Analysen und Anekdoten erschien zum 100. Ge­ burtstag des 1. Fußballclubs Nürnberg dieses 208 Seiten umfassende Werk im Tümmels Verlag. Amüsant und spannend geschrieben und professionell in Texten, Daten und Bil­ dern zusammengestellt von „Clubfans“, die sich nicht nur in der Fußballgeschichte aus­ kennen, bietet das Buch eine höchst lesenwerte Chronik des Phänomens „Club“ und seiner Rolle und Verankerung bei den Nürnbergern im Verlauf der letzten 100 Jahre der Großstadtgeschichte. Das und der bei aller Liebe doch auch kritische Blick auf den Verein unterscheidet das hervorragend ausgestattete Buch von den meisten der in den letzten Jahrzehnten erschienenen und rasch veralteten Marketingerzeugnissen über oder für den Profiverein. Erstaunlich sind die Materialfülle und die vielen, zum größten Teil noch unveröffentlichten Fotos, die in einem bemerkenswerten Layout nicht nur den Fan begeistern, sondern auch den an Sport- und Stadtgeschichte Interessierten ganz sicher zufriedenstellen. Dabei ist die immer wieder durchscheinende Einbettung der Vereinsgeschichte in den allgemeinen historischen Rahmen oder der Welt neben dem Fußball gut gelungen. Übersichtlich strukturiert, verfolgt der Band nicht nur Meister­ schaften, Siege und Niederlagen, sondern auch den Hintergrund: Neben Tränen und Triumphen, großen Spielen und Niederlagen (so die Kapitelüberschriften), folgen sehr

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informative Darstellungen und Kapitel zu „Der Club und die Nationalmannschaft", den Trainern (und deren Verschleiß), den Präsidenten (natürlich eines der interessan­ testen und heißesten Themen) und natürlich auch zu den „Club-Fans". Daneben gibt es noch eine Menge Anekdoten und vermischte Geschichten, wie sie der Clubliebhaber erwartet. Von besonderem Wert sind die umfangreichen statistischen Daten mit den Endergebnissen jeder Saison seit 1905 und einer umfassenden Spielerstatistik, die - eine Sensation - durch 100 Mannschaftsfotos aus jedem Jahr seit der Gründung und 100 aus­ führliche Spielerportraits ergänzt werden. Wer diesen mit dem Herzen geschriebenen, schönen Band am Stück liest - und das gelingt ganz gut - mag aber auch ein wenig wehmütig die Wandlung des Volkssports Fußball und seiner sozialen Funktion hin zu einer rasche Wechsel und nur kurzfristige Begeisterung produzierenden „Event"kultur feststellen und einem stärkeren Verlust der regionalen Bezüge. Wie viele Spieler der ak­ tuellen Mannschaft entstammen überhaupt noch der Stadt oder der Region? Aber eben wegen der Wurzeln in dieser Region ist das Buch allen Nürnberger Geschichtsfreunden dringend empfohlen. Helmut Beer Birgit Friedel / G. Ulrich Großmann: Die Kaiserpfalz Nürnberg (Burgen, Schlösser und Wehrbauten in Mitteleuropa 1). Regensburg: Schnell & Steiner 1999. 64 S., zahlr. Abb., DM 13,-. Was sich dem der Stadt Nürnberg nähernden Besucher als ein großer und vielgliedriger Gebäudekomplex darstellt, ist weder von den Besitzverhältnissen, noch von der Nutzung und nach der zeitlichen Entstehung ein einheitliches Monument. Der eigentlichen Kaiserpfalz mit der staufischen Doppelkapelle und dem Sinwellturm im Westen ist östlich die kleinere Burggrafenburg mit der Walburgiskapelle und dem Fünfeckturm vorgelagert. Diese Burg kaufte die Stadt 1427 von Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg, dessen Hauptinteresse der Mark Brandenburg galt, seit er 1417 mit dieser belehnt worden war. Unmittelbar daneben hatte die Stadt 1377 in der Stadt­ mauerflucht den ,Luginsland* genannten Turm errichtet, von welchem aus man in die Burggrafenburg einblicken konnte. Wann die Pfalz erbaut, welche militärischen und repräsentativen Funktionen sie zu erfüllen hatte, wird von zwei Kennern, welche sich einlässlich mit ihrer Geschichte befasst haben, in einem schmalen Band dargelegt. Ein Überblick unterrichtet über die historische und archäologische Erforschung des Baukomplexes von August von Essenwein (1873) über Heinrich Vocke (1882) und Ernst Mummenhoff (1893) bis zu Gerhard Pfeiffer (1959). Den Hauptteil des Führers bildet der „Rundgang durch die Pfalz", wobei auf die Zerstörungen, welche sie gegen Ende des Zweiten Weltkrieges erlitt, sowie auf die Restaurierungen und den Wiederaufbau besonders eingegangen wird. Die wichtigsten Fragen, welche die Burgenforschung stellt, werden für Nürn­ berg entsprechend dem letzten Stand der Erforschung klar beantwortet. „Wer hat die einzelnen Bauteile der Burg wann und wofür errichtet bzw. umgebaut? Welche histo­ rische Relevanz hatten die verschiedenen aufeinanderfolgenden Baustände? Wer hat sie genutzt? Was ist hiervon erhalten geblieben? Wie sehen diese erhaltenen Teile heute aus, wie sahen sie ursprünglich aus? Welche historische Relevanz hatte der mittelalter­ liche Burgenbau insgesamt und welche Rolle spielte dabei die einzelne Burg?" (S. 13).

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Historische Abbildungen, neue Photographien, Zeichnungen, Planskizzen, Tabellen und Erklärungen architekturgeschichtlich wichtiger Begriffe ergänzen die rundum gelungene Arbeit, mit welcher der Verlag eine neue, vielversprechende Reihe eröffnet. Alfred Wendehorst

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Der Hauptmarkt im Spiegel der Zeit. Hrsg, von den Museen der Stadt Nürnberg. Schwarzenbach am Wald: Wolf & Rabe 2001.144 S., zahlr. Abb. DM 25,-. Einer Idee des verstorbenen Leiters der Stadtgeschichtlichen Museen Karl Heinz Schreyl folgend wurde während des Sommers 2001 im Stadtmuseum Fembohaus eine Ausstellung über die Geschichte des Hauptmarkts gezeigt. Deren Gestaltung durch Rudolf Käs und Iris von Stephanitz war so überzeugend, dass es - glücklicherweise noch vor Abschluss gelang, einen fast alle Exponate erfassenden Ausstellungskatalog vorzulegen. Franz Sonnenberger kann nur zugestimmt werden, wenn er in der Ein­ leitung ausführt, dass die Geschichte des Hauptmarktes in nuce die gesamte Stadtge­ schichte spiegelt. „Im Blick auf das präzise dargestellte und analysierte historische Detail öffnet sich die Perspektive auf die Stadt als Ganzes, legt Kontinuitäten und Brüche im physischen, aber auch geistigen Bild der Stadt frei.“ Dies gilt für alle Räume der Ausstellung und damit auch Abschnitte des Katalogs von den „Fragmenten frühester Bebauung“ (S. 127 ff.) und den „Spuren des Judenviertels“ über „Friedensbe­ zirk und Strafort“ (S. 81 ff.), „Handel und Versorgung“ (S. 97 ff.), „Bühne für Kaiser und Könige“ (S. 61 ff.) sowie „Schauplatz für Umzüge und Feste“ (S. 39 ff.) bis zur „Erneuerung und Zerstörung im 19. und 20. Jahrhundert“ (S. 39 ff.). Vielleicht nur wären zwischen „Gestern und heute“ (S. 15 ff.) noch weitere Schichten aufzudecken. Das „Haus zur ersten Bitte“ Hauptmarkt 6/8 ist zwar an der Aufschrift „Deutscher Herold“ erkennbar - gemeint ist jedoch nicht der kaiserliche Lehensstuhl, sondern ein Versicherungskonzern. Und von der Heiltumsweisung am Gebäude Hauptmarkt 15 zur jetzigen McDonald’s-Nutzung fehlt jede Brücke. Am massivsten aber sind die Funktionsverluste des Hauptmarktes beim Handel und Wandel. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hörte er auf, Hauptort und Mittelpunkt des Geschäftslebens un­ serer Stadt zu sein. Die im Katalog nicht gut weg gekommenen Kolonnaden von Johann Carl Haller von Hallerstein waren ein sehr achtbarer Ansatz, diese Entwicklung aufzu­ halten, dem seit ihrem Abbruch 1895 nur noch romantisierende Revitalisierungsver­ suche gefolgt sind. Indes soll dieses Bedenken der uneingeschränkten Empfehlung des (auch in der Preisgestaltung) höchst sympathischen Bändchens keinerlei Abbruch tun. Hartmut Frommer

Gabriele Wood: Die Insel Schütt. Nürnbergs heimlicher Stadtpark (Nürnberger Stadtgeschichte(n) 3). Nürnberg: Sandberg Verlag 2000. 90 S., zahlr. Abb. DM 24,80. Mit seiner 1998 ins Leben gerufenen Reihe Nürnberger Stadtgeschichte(n) versucht der Verein Geschichte Für Alle e.V. einem breiten Publikum verschiedenste Aspekte der Stadtgeschichte nahe zu bringen: „Zu Unrecht Vergessenes soll wieder ausgegraben, scheinbar allzu Bekanntes aus neuen Blickwinkeln vorgestellt werden.“ (Vorwort, S. 5).

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Kaum ein Bereich in der Nürnberger Altstadt kann mit einer derart vielfältigen und facettenreichen Vergangenheit aufwarten wie die Insel Schütt, die vielen Nürnbergerinnen und Nürnbergern heute dank Altstadtfest, Bardentreffen und Cinecittä vor allem als Ort von Freizeitvergnügungen ein Begriff ist. Die Autorin, Vorsitzende des ge­ nannten Vereins und selbst seit 1993 als Lehrerin auf der Insel Schütt an der dortigen Grundschule tätig, hat in jahrelanger Arbeit umfangreiches Material über die größte der Pegnitzinseln im Bereich der Nürnberger Altstadt zusammengetragen und zu einem reich bebilderten Band vereinigt, der „zu einem Streifzug durch Vergangenheit und Gegenwart der Insel Schütt einladen und diesen unbekannt-bekannten Teil der Nürn­ berger Altstadt einem breiten Publikum vorstellen will“ (Vorwort, S. 5). Mit dem vorliegenden Band wurde diese Zielsetzung zweifelsohne erreicht. Einen knappen Überblick über die vielfältige Geschichte der durch Sandablage­ rungen der Pegnitz entstandenen, im 14. Jahrhundert durch künstliche Aufschüt­ tungen befestigten Insel Schütt vermittelt die Einleitung (S. 6 f.). Mit der Verbindung der beiden ursprünglich getrennt ummauerten Stadthälften durch die sog. „vorletzte“ Stadtmauer im Jahr 1325 wurde der westliche Teil der Insel Schütt mit dem im 14. Jahr­ hundert gegründeten Heilig-Geist-Spital (die heutige „Vordere Insel Schütt“) in das Stadtgebiet einbezogen, während der östliche Teil der Insel (die heutige „Hintere Insel Schütt“) erst 60 Jahre später mit dem Bau der „letzten“ Stadtmauer Teil des Stadtge­ biets wurde. Thematisiert wird diese Entwicklung in zwei Kapiteln mit den Über­ schriften „Ein mächtiges Bauwerk über den Fluss“ (S. 8-13) und „Die ganze Insel wird Stadtgebiet“ (S. 21-27). Von den insgesamt acht Kapiteln widmen sich drei den Ge­ bäuden bzw. Gebäudekomplexen, die die Insel bzw. die benachbarten Ufer zum Teil bis heute maßgeblich geprägt haben: dem Heilig-Geist-Spital (S. 14-20, mit Exkurs über die Geschichte der bis 1796 in der Spitalkirche aufbewahrten Reichskleinodien), der 1938 zerstörten Synagoge am Hans-Sachs-Platz (S. 74-79) und dem 1995 eröffneten Multiplexkino Cinecittä wie dem noch im Bau befindlichen Imax-Kino (S. 80-85). Im Kapitel mit der etwas reißerischen Überschrift „Badehaus, Bärenhatz und Bombenfund“ wird zunächst die Geschichte des Wildbads, eines seit dem 14. Jahrhun­ dert bis zur Zerstörung des Gebäudes im Jahr 1944 bestehenden Kurbads, und des 1628 auf seiner Nordseite angebauten Fecht- bzw. Tagkomödienhauses abgehandelt. In diesem ersten kommunalen Theatergebäude Deutschlands, das 1811 wegen Bau­ fälligkeit abgerissenen werden musste, fanden neben Aufführungen verschiedener Theatergruppen vorübergehend - bis zu ihrem Verbot - auch Fechtspiele sowie grau­ same Ochsen- oder „Bärenhatzen“ statt. 1969 wurde auf dem Areal des ehemaligen Wildbads eine Volksschule eröffnet, die auch das Pädagogische Institut der Stadt Nürnberg beherbergt. Den dritten Bestandteil der Kapitelüberschrift erklärt die erwähnte, bei den Bauarbeiten für das Cinecittä am 11. Mai 1994 am gegenüber­ liegenden Pegnitzufer entdeckte (und erfolgreich entschärfte) Fünf-ZentnerFliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Unter der Überschrift „Nürnbergs heimlicher Stadtpark“ werden im nächsten Ka­ pitel (S. 42-59) die vielfältigen - nebeneinander herlaufenden bzw. einander ablösenden - Nutzungen der Insel als beliebter Spazier- und „Wandelplatz“ der Bürger, als Parade­ platz des Militärs, wo die reicheren Bürger Reitunterricht nehmen konnten, oder als

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Volksfest-, Messe- und Marktplatz sowie - von 1960 bis 1980 - als Parkplatz be­ schrieben. Drei Abschnitte dieses Kapitels sind außerdem dem Hochwasser des Jahres 1909 und den zwischen 1950 und 1973 erfolgten Hochwasserschutzmaßnahmen, dem 1827-1833 bestehenden sog. Interimstheater (S. 50-53) und den Handwerksberufen auf der Insel (S. 49) gewidmet. Hier wäre allerdings zu fragen, ob die beiden letztgenannten Unterkapitel nicht besser im vorausgehenden und im nachfolgenden Kapitel unterzu­ bringen gewesen wären. Das nachfolgende Kapitel (S. 60-73) behandelt die Kleine Insel Schütt und die hier „auf der „Höllenplatte“ - so die zeitgenössische Bezeichnung der Gegend zwischen Rotschmiedsdrechselsmühle und Sandmühle - ehemals ansässigen Handwerke der Rotschmiede bzw. Rotschmiedsdrechsler und der Drahtzieher. Nachdem der im Mittelalter angelegte Mühlenkanal 1957 zugeschüttet worden war, wurde die ehemalige Kleine Insel Schütt zum Festland. Kritisch anzumerken ist, dass die Kapitel- und Zwischenüberschriften nicht immer mit dem jeweils abgehandelten Inhalt korrespondieren und die Gliederung des Stoffs in die einzelnen Kapitel und Unterkapitel somit nicht immer logisch erscheint. Als Beispiel sei auf das bereits erwähnte Kapitel „Die ganze Insel wird Stadtgebiet“ verwiesen. Der mit dieser Überschrift angesprochene Sachverhalt wird einzig im zweiten Unterabschnitt the­ matisiert, der bezeichnenderweise die Überschrift „Das Kaffehaus des Herrn Dratz“ trägt, die sich aber nur auf die in den letzten fünf Zeilen dieses Abschnitts erwähnte zeit­ weise Nutzung des Tratzenzwingers bezieht. Weder die am Anfang dieses (dritten) Kapi­ tels stehenden Erläuterungen über die Namensgebung („Viele Namen für die Insel Schütt“, S. 21 f.) noch die beiden Abschnitte über die Annakapelle (S. 25-27) und den Aufenthalt Kaspar Hausers im auf der Insel Schütt befindlichen Daumerschen Haus 1828 („Ein wohleingerichtetes Zimmer“, S. 27 - hier wäre als Ergänzung zu dem Zitat aus dem Kaspar-Hauser-Roman von Jakob Wassermann ein Hinweis auch auf die historische Kaspar-Hauser-Literatur angebracht gewesen) passen zu der Kapitelüberschrift. Zu fragen ist auch, warum neben den durch Fußnoten nachgewiesenen Anmer­ kungen (S. 85 f.) noch eine Literaturliste (S. 88 f.) nachgeschoben wird, die offensicht­ lich nicht nur grundlegende bzw. weiterführende Literaturangaben enthält; die meisten der hier genannten Titel bzw. Textstellen hätten - da sie sich direkt auf einzelne Kapitel beziehen - in den Anmerkungsteil gehört. Trotz der genannten Einwände sei das Buch - allein schon wegen der reichen Bebil­ derung - jedem stadtgeschichtlich Interessierten zur Lektüre empfohlen. Wiltrud Fischer-Pache

Nürnberger Altstadtberichte. Hrsg, von den Altstadtfreunden Nürnberg e.V. Nr. 22 (1997), 96 S., Nr. 23 (1998), 96 S., Nr. 24 (1999), 96 S., jeweils mit zahlr. Abb. Auch die zur Besprechung vorliegenden letzten Ausgaben der alljährlich von den Altstadtfreunden herausgegebenen „Altstadtberichte“ erfreuen durch ihren Informati­ onsgehalt und bieten zu einzelnen ausgewählten Themenbereichen neue oder den bis­ herigen Kenntnisstand erweiternde Perspektiven. Neben den wie immer interessanten Tätigkeitsberichten über die zurückliegenden Vereinsaktivitäten - für 1997 dominiert natürlich der Bericht über den für die Altstadtfreunde erfolgreichen Ausgang des Bür­ gerentscheids zum Augustinerhof - waren dies im Heft 22 (1977) Harald Polimanns

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„Betrachtungen am Färbertor“ und der recht aufschlussreiche und gut bebilderte Beitrag von Heinrich Brem zur Geschichte des Fechthauses und des Wildbades auf der Insel Schütt. Es handelt sich dabei um zwei reichsstädtische Freizeiteinrichtungen, die bereits im 15. Jahrhundert bzw. seit 1628 im Herzen der Stadt bestanden. Mit diesem gut recher­ chierten und interessanten Aufsatz liegt erstmals eine zusammenfassende Darstellung der beiden Einrichtungen wie der Funktion der Insel Schütt im Stadtleben der vergangenen Jahrhunderte vor. Im gleichen Heft lenkt Michael Taschner in einem anschaulichen Artikel die Aufmerksamkeit auf die Steinsockel um die Nürnberger Ziehbrunnen, die den Benutzern trockene Füße garantierten, eine - wie die Brunnenrekonstruktion am Tier­ gärtnertorplatz zeigt - mangels Wasserholens am Brunnen in unserer Zeit schon wieder verlorengegangene praktische Erfahrung. In einem breiter angelegten Beitrag geht dann Erich Mulzer der Baugeschichte des Lorenzer Pfarrhofs und seiner Baugeschichte nach, einem wenig beachteten Baudenkmal im Herzen der Stadt, das vor allem durch seine Verwandlungen die Veränderungen in den denkmalspflegerischen Auffassungen und im Traditionsbewusstsein innerhalb der neueren Stadtgeschichte wiederspiegelt. Den Schwerpunkt der Beiträge für das Jahr 1998 bildet Mulzers Rückblick auf die vor der Zerstörung durch Holzgänge für Nürnberg so charakteristischen „Pegnitzfassaden“ der alten Uferbebauung. Er belegt dabei auch die Nutzung der hölzernen Galerien für recht verschiedene Zwecke wie als direkt in die Pegnitz leitende Aborte, als Freiluftar­ beitsplätze oder Aussichtssitze bei besserem Wetter und gibt, dem Flusslauf folgend, Hinweise zu den wichtigsten dieser Ufergaleriehäuser. Übriggeblieben davon sind nach den schweren Kriegszerstörungen nur noch die Fassaden des Weinstadels und am süd­ lichen Pegnitzufer das Haus Untere Kreuzgasse 4/6. Seine knappe Betrachtung der Ge­ schichte des Nachkriegsaufbaus leidet ein wenig unter der allzu larmoyant-zensierenden Bewertung, als deren architektonischen Maßstab mehr oder minder ausschließlich die Wiederaufnahme des historischen Vorbildes genommen wird. Dabei lässt sich im Blick auf eine traditionsfreundliche und „weitausschauende Stadtpolitik“ durchaus fragen, ob Feststellungen wie die folgende am Ende des Beitrages für eine ernsthafte Diskussion nicht eher kontraproduktiv sind, wenn formuliert wird: „Einer weitausschauenden Stadt­ politik stünde es gut an, diesen jahrhundertlang beschrittenen Weg gerade heute im Glo­ balisierungsfieber unbeirrt weiter zu gehen und die letzten Dämme baulicher Tradition eher zu verstärken, statt sie unter Expertenbeifall mit eigener Hand niederzureißen und der Gleichheits-Langeweile freie Bahn zu schaffen.“ Möglicherweise ist die Pegnitzuferund Kreuzgassenbebauung der Nachkriegszeit auch das falsche Thema für so fundamen­ tale Bewertungen. Der Fund eines Rechenpfennigs in einem Haus in der Albrecht-DürerStraße bot Hermann Maue im gleichen Heft Anlass, einmal den Hintergrund der mit diesen Pfennigen durchgeführten Rechenoperationen in Form des Rechnens auf der Linie aufzuzeigen. Vor der Einführung der Arithmetik wurden Nürnberger Rechenpfennige zu Hunderttausenden exportiert und gaben dem Berufsstand der Rechenpfennigschlager reichlich Arbeit. Altstadtfreund Michael Taschner setzt mit der Erläuterung der Funktion der Aufzugserker die reizvolle, an der praktischen Handhabung und Technik orientierte Betrachtung von Details der historischen Nürnberger Architektur fort. Am Beispiel des letzten Heftes (Nr. 24) der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahr­ hunderts lässt sich fragen, welche Beiträge bei künftigen Historikern und Altstadt-

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freunden in - sagen wir einmal - hundert Jahren mehr Interesse finden werden - die Tätigkeitsberichte von gelungenen Restaurierungen und Sanierungen historischer Ge­ bäude, Altstadtaktivitäten und -führungen sowie kritische Kommentaren und Ausein­ andersetzungen zur Stadt- und Bauentwicklung in Nürnberg (dieses Mal mit der Ab­ lehnung des geplanten Glaskubus am Königstor) oder die historischen Schwerpunkte der Hefte und Recherchen zu einzelnen Themen. Uber das Heft hinausweisen dürften jedenfalls Erich Mulzers Recherchen zu Maria Sibylla Merian, die, 1647 in Frankfurt am Main geboren, 1668 nach Nürnberg kam und hier ihre berühmten, ab 1675 erschie­ nenen Blumen- und Raupenbücher erarbeitete. 1682 kehrte sie zwar nach Frankfurt zurück, doch bezeichnen die Nürnberger Jahre den Beginn der beeindruckenden wis­ senschaftlichen und künstlerischen Tätigkeit dieser ungewöhnlichen Frau, die später nach Amsterdam übersiedelte und allein mit ihrer Tochter eine ausgedehnte wissen­ schaftliche Expedition nach Südamerika unternahm. Der Beitrag referiert nach der knappen Schilderung des Lebens von Sibylle Merian, der die Stadtbibliothek im Jahr 1997 eine schöne Ausstellung gewidmet hatte, die erfolgreiche Recherche nach dem bis dato unbekannten Wohnhaus dieser emanzipierten Frau der Barockzeit. Mit Hilfe von Karl Kohn ist es Erich Mulzer gelungen, das Haus „Zur Sonne" am alten Milchmarkt, heute Bergstraße 10, als den Besitz Johann Andreas Grafs, des geschiedenen Ehemannes von Sybilla Merian, auszumachen. Im zweiten Teil seines Beitrages, der Schilderung der Tätigkeit von Sybille Merian und Johann Andreas Graf in Nürnberg, gelingt es dem Autor dann ganz lebendig, für den Leser ein wenig vom barocken Zeitkolorit um das Wirken dieses Paares entstehen zu lassen. Informativ, wenn auch teilweise von kuriosem Interesse ist der Artikel von Gerhard Honig über das „wanderlustige Gänsemänn­ chen" respektive des „Entenmannes", wie Goethe die Brunnenfigur nach den kurzhalsigen Vögeln vermutlich richtiger benannte. Neben den Standortwechseln des Original­ brunnens erfährt der Leser von mindestens vier weiteren in Nürnberg vorhanden ge­ wesenen „Gänsemännchen" sowie zehn „auswärts" aufgestellten Nachbildungen in an­ deren Orten. Wertvoll wird diese „kleine Wirkungsgeschichte" zusätzlich durch die Fotografien von den Standorten dieser Kopien. Helmut Beer

Rüdiger Braun / Ludwig Carbon: Nürnberger Brunnen in der Altstadt. Erlangen: Von-A-bis-Z-Verlag 2001. 218 S., 100 Abb. DM 24,80. Durch Helmut Häußlers Tod konnte seine Bestandsaufnahme der „Brunnen, Denk­ male und Freiplastiken in Nürnberg" von 1977 nicht mehr auf den neuesten Stand gebracht und neu aufgelegt werden. Elke Masas umfassendes wichtiges Werk „Frei­ plastiken in Nürnberg. Plastik, Denkmale und Brunnen im öffentlichen Raum der Stadt" von 1994 ist leider nicht durch Register erschlossen. So füllt das Buch von Rüdiger Braun und Ludwig Carbon über die „Nürnberger Brunnen in der Altstadt" eine Lücke. Es werden 50 Altstadtbrunnen mit Standort, Auftraggeber, Künstler, Erbauer, Ausführung und - wo vorhanden - auch mit Inschriften dokumentiert und mit einer oder mehreren Schwarz-Weiß-Abbildungen illustriert. Weitere 18 Brunnen

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werden kurz ergänzt; der Bronzekunstgießerei Burgschmiet-Lenz-Jahn ist ein eigenes Kapitel gewidmet. An Hand des nützlichen und handlichen Bandes können die Nürn­ berger Altstadtbrunnen aufgefunden und abgewandert werden. Udo Winkel

Im Wandel - Nürnberg vor 100 Jahren. Fotografien von Ferdinand Schmidt 1860-1909. (Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg 13. Hrsg, von Michael Diefenbacher und Helmut Beer). Nürnberg: Hofmann 1999. 264 S., 229 Abb. DM 58,-. Unter den vielen Fotografen Nürnbergs im 19. Jahrhundert war Ferdinand Schmidt der bedeutendste. Sein fotografisches Schaffen zwischen 1860 und 1909 fällt mit der Phase der Stadtgeschichte zusammen, in dem sich die spätmittelalterlich-frühneuzeit­ liche Stadt in wenigen Jahrzehnten zur wichtigsten Industriestadt Bayerns und bedeu­ tenden Großstadt entwickelte. Ferdinand Schmidt hat diesen Veränderungsprozess mit seiner Kamera, teils im Auftrag der Stadt und Privater, teils aus eigenem Antrieb, detail­ liert festgehalten und einen Fotobestand von über 2000 Originalnegativen hinterlassen. Diese Sammlung ist heute der vermutlich wertvollste Bestand des Bildarchivs im Stadt­ archiv Nürnberg. Durch die massenhafte Verbreitung der Schmidtschen Motive vor allem über Ansichtskarten prägte er schon bei seinen Zeitgenossen, aber auch bis in die Gegenwart, entscheidend das Bild vom alten Nürnberg. Von daher war es naheliegend, zum 950. Geburtstag Nürnbergs im Jahr 2000 einen Rückblick auf die Entwicklung der Stadt in dieser Umbruchphase in der zweiten Hälfte der 19. Jahrhunderts mittels Fotografien von Ferdinand Schmidt zu versuchen. Während der erste Teil der Ausstellung, eine erstmals gemeinsame Veranstaltung von Stadtarchiv und Germanischem Nationalmuseum, vom 21. Oktober 1999 bis 21. April 2000 im Kopfbau des GNM stattfand, wurde der zweite Teil im neuen Do­ mizil des Stadtarchivs in der Norishalle vom 12. Oktober 2000 bis 30. April 2001 durchgeführt. Als Katalog zu beiden Ausstellungen ist der vorliegende, umfangreiche Text- und Bildband erschienen. Der Band gliedert sich in zwei Teile: einem aus fünf Beiträgen von Experten und Au­ toren des Stadtarchivs, der städtischen Museen, des Germanischen Nationalmuseums und der Landesgewerbeanstalt Bayerns bestehenden umfangreichen Textteil, der mit Bildern aufgelockert ist, und dem eigentlichen, umfangmäßig knapperen Bildteil. Alle Abbildungen stammen mit ganz wenigen Ausnahmen von Ferdinand Schmidt und um­ fassen ab 1860 einen Zeitraum von fünf Jahrzehnten. Der umfangreiche Beitrag von Helmut Beer, verantwortlich für Konzeption, Aus­ wahl und Gestaltung der Ausstellung und des Katalogs, würdigt das weitgespannte Schaffen des Fotografen Ferdinand Schmidt vor dem Hintergrund der Großstadtwerdung Nürnbergs in überzeugender Weise. Im zweiten Aufsatz behandelt Jutta Tschoeke den Lebensweg des Lichtbildners, wobei sie sich im wesentlichen innerhalb des von ihr verfassten Beitrags in der 1987 im Verlag Schirmer/ Mosel erschienenen Mo­ nographie über F. Schmidt bewegt. Im dritten Beitrag versucht Ruth Bach-Damaskinos das Schaffen Schmidts in die Gesamtdarstellung Nürnbergs in Malerei, Graphik und Fotografie einzuordnen, was zu interessanten, neuen Einblicken führt. Die Auf-

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sätze von Christina Pallin-Lange und Annette Scherer behandeln jeweils die Be­ züge des Fotografen zum Germanischen Nationalmuseum bzw. zur Landesgewerbean­ stalt als wichtige Auftraggeber. Alle Beiträge sind mit ausführlichen Anmerkungen ver­ sehen und ermöglichen z.T. neue Einblicke in Leben und Schaffen eines außergewöhn­ lichen Fotografen. Der eigentliche Bildteil mit leider nur sehr knappen Bildtexten vermittelt einen breiten Überblick über den Wandel der Stadt mit ihren einschneidenden Verände­ rungen. Ausgehend von der historischen Stadt mit ihren engen Winkeln und Gassen sowie ihren Sehenswürdigkeiten wird das Verschwinden der alten Stadt und der Ein­ bruch der neuen Zeit mit neuen Gebäuden und Einrichtungen dokumentiert. In seltener Eindringlichkeit kann damit der Umbruch zur Industriestadt und das Aussehen im 19. Jahrhundert veranschaulicht werden. Den beiden Herausgebern des Katalogbandes ist zu danken, dass sie das Stadt­ jubiläum genutzt haben, mit fundierten Texten und faszinierenden Bildern an das Schaffen eines bedeutenden Fotografen zu erinnern. Gleichzeitig wird damit auch ein Einblick in einen wichtigen Abschnitt der Stadtgeschichte gegeben. Hartmut Beck

Helmut Beer: Nürnberger Erinnerungen 11. Unbekannte Altstadt. Nürnberg: Hofmann 1999. 204 S., 189 Abb., 1 Karte beiliegend. DM 48,-. In MVGN 86 (1999), S. 248-249, wurde der 10. Band der „Nürnberger Erinne­ rungen" besprochen. Bereits ein Jahr später kann vom gleichen Autor Helmut Beer, Mitarbeiter des Nürnberger Stadtarchivs, ein weiterer Band dieser bekannten Publika­ tionsreihe angezeigt werden. Das anhaltende Interesse an den ersten Bänden der Nürnberger Erinnerungen mit Fotografien der Nürnberger Altstadt vor ihrer Zerstörung sowie das 950-jährige Stadt­ jubiläum im Jahr der Jahrtausendwende waren laut Klappentext der Anlass, aus der reichhaltigen Bildersammlung des Stadtarchivs Nürnberg einen neuen Band über die Altstadt zusammenzustellen. Dabei sollten nicht so sehr die bekannten Sehenswürdig­ keiten und berühmten Ansichten im Mittelpunkt stehen, vielmehr sollte ein Einblick in die Vorkriegs-Altstadt als Lebensbereich, Arbeits- und Wohnumfeld angestrebt werden. Dies wollte man mittels bisher weitgehend unbekannter und vor allem qua­ litätvoller Aufnahmen der historischen Stadt erreichen. Der Band bietet nach einer knappen Einführung in rund 190 historische, meist ein­ drucksvolle Fotografien unterschiedlicher Qualität eine Zeitreise durch Straßen, ro­ mantische Hinterhöfe und anheimelnde Plätze sowie auch durch einige Treppenhäuser, Wohn- und Arbeitsräume. Die beiliegende Karte der Altstadt, welche im Maßstab 1:2000 die historisch wertvolle Bausubstanz mit Stand 1942 zeigt, erlaubt das Auf­ finden und Verorten der Bilder im Stadtraum. Dies ist angesichts der starken Verände­ rungen gegenüber der Gegenwart eine wertvolle Hilfe. Ausführliche Bildtexte vermit­ teln wichtige Informationen zu den einzelnen Aufnahmen und versuchen die damalige Lebenswelt zu erklären. Das Gros der Fotografien entstand zwischen 1870 und den vierziger Jahren mit deutlichen Schwerpunkten vor dem Ersten Weltkrieg, Anfang und Mitte der dreißiger

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Jahre und den frühen vierziger Jahren. Mit einer kleinen Zahl eindrucksvoller Auf­ nahmen von Ruinen und abgeräumten Flächen aus den späten vierziger, den frühen fünfziger und vereinzelt auch den sechziger Jahren wird das Aussehen der NachkriegsAltstadt dokumentiert. Manche der Bilder sind undatiert bzw. das Jahr der Aufnahme ist geschätzt. Neben Bildern bekannter Fotografen wie Ferdinand Schmidt, Lala Aufsberg, August Nagel und Friedrich Traugott Schulz, die man z.T. auch schon aus anderen Bänden kennt, finden sich auch solche kaum bekannter Fotografen wie Kurt Triest sowie zahlreiche Bilder ohne Bildautor. Bei der letzten Gruppe handelt es sich teilweise um so genannte „Sicherungsaufnahmen" von städtischen oder im Auftrag der Stadt arbeitenden Fotografen, die ab 1942 die sich abzeichnenden Zerstörungen doku­ mentierten. Bedauerlicherweise fehlen in dem Band jegliche Farbaufnahmen. So haben Sammler in den letzten Jahren, auch von der Altstadt, eine größere Zahl nach 1935 entstandener Farbbilder aufgespürt und z.T. veröffentlicht; farbige Aufnahmen der Nürnberger Alt­ stadt unmittelbar nach Kriegsende sind seit langem schon bekannt. Eine Auswahl aus diesen Bildern hätte man sich in diesem Band gewünscht; sie hätten einen bemerkens­ werten Kontrast zu den Schwarzweiß-Aufnahmen gegeben und einen Eindruck von der Farbigkeit der damaligen Altstadt vermitteln können. Schade, so wurde eine Chance vertan, neugefundenes und älteres, aussagekräftiges, farbiges Bildmaterial zur Nürn­ berger Altstadt der Öffentlichkeit vorzustellen. Hartmut Beck

Peter Reus / Heinrich Neuhaus: Krippen in Nürnberg. Bamberg: Bayerische Verlagsanstalt 1998. 72 S., 117 Abb. DM 29,80. Die „Krippe" ist eine plastische Darstellung eines Geschehens, das etwa 2000 Jahre zurückliegt und im Nahen Osten ablief. Als Weihnachtskrippe zeigt sie die Geburt des Jesuskindes mit den Eltern Maria und Joseph, meist auch Hirten und Königen, wie der Evangelist Lukas die Szene beschreibt. Als Jahreskrippe reiht sie dem Lauf des Kir­ chenjahres folgend einzelne Episoden des Christuslebens - Momentaufnahmen gleich aneinander. Die jeweilige Interpretation lässt viele Varianten zu, und die Gestaltung ist je nach Provenienz und Geschmack jedermann freigestellt. Dies scheint auch in der vor­ liegenden Publikation auf, und der Buchtitel - mit dem formulierten Anspruch „die Krippen Nürnberg bekannt zu machen" - lässt geschickt diesen Freiraum. Abgehandelt werden nicht „Nürnberger Krippen", die durch ihre Urheber den Standortbezug bean­ spruchen oder durch die gewählten Gestaltmerkmale bei Landschaft, Bauform oder Tracht dem fränkischen Lebensraum zuzuordnen sind. Die eher willkürliche Auswahl der vorgestellten Objekte ist in der begleitenden Betreuung durch den Verein der Nürn­ berger Krippenfreunde e.V. begründet. So wird verständlich, dass neben einigen Krippen im Privatbesitz und einer Sammelanzeige zu einer Ausstellung in der Egidienkirche eine Auflistung und Präsentation von Krippendarstellungen aus 15 katholischen und drei evangelischen Pfarreien herausgekommen ist, die keine gemeinsamen Beurtei­ lungskriterien erkennen lässt, und es wird peinlich deutlich, dass andere herausragende

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Objekte, wie die von Berti Kuch konzipierte Krippe vom Christkindlesmarkt, die Krippe in Kornburg oder die Oberhofer-Krippe in Mögeldorf (ehemals St. LorenzNürnberg) keine Berücksichtigung finden konnten. Ebenso zu bedauern ist, dass - obwohl „für Nürnberg keine Krippenleidenschaft“ at­ testiert wird (S. 5) - die großen Verdienste des Pfarrers Georg Börner aus Großengsee, des Kirchenrates Wilhelm Geyer (St. Lorenz und St. Nikolaus und Ulrich in Mögeldorf), des Bayerischen Mütterdienstes in Stein unter der Leitung von Frau Antonie Nopitsch u. v. a. m. als Sammler und Bewahrer gerade in der Zeit des Krippenverbotes keine Erwähnung finden. Bei den ausgewählten Beispielen von Krippenensemblen reicht das verwendete Material von Holz und Yton bis zu Metall und Kunststoff; die Ursprungsorte sind ge­ streut von Tirol über Oberammergau, Gröbenzell, München, Rothenburg ob der Tauber, Pettensiedel und Nürnberg bis Bethlehem und Ungarn, und ebenso weit gefächert ist die Spanne der Entstehungszeit von ca. 1525 bis zur Jetztzeit. Als Inventar oder Bestandsdokumentation kann das Buch kaum eingestuft werden, wohl aber - und das vorwiegend wegen der teilweise guten und informativen Bilder - als Anregung und Fundgrube für aktive Krippenfreunde und Krippenbauer. Georg Stolz

G. Ulrich Großmann (Hrsg.): Architektur und Museum - Bauwerk und Samm­ lung. Das Germanische Nationalmuseum und seine Sammlung. Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz 1997. 112 S., zahlr. Abb. Vergriffen. Die vorliegende Publikation, die der Generaldirektor des Germanischen National­ museums G. Ulrich Großmann herausgegeben hat, ist der erste Band einer in loser Folge erscheinenden Reihe, die sich einzelnen Sammlungsbereichen des bedeutendsten und größten Museums deutscher Kunst und Kultur widmet. In diesem Buch geht es um die Architektur des Museums und um den Sammlungsbestand an architekturge­ schichtlichen Objekten. Zunächst werden die verschiedenen Bauteile des Museums­ komplexes vorgestellt, angefangen mit dem Ende des 14. Jahrhunderts errichteten Kar­ täuserklosters, dessen Klosterkirche, Kreuzgänge, Mönchshäuser und Refektorium Bestandteil des Germanischen Nationalmuseums sind und heute die Skulpturensamm­ lung beherbergen. Dann widmet sich Großmann den Erweiterungsbauten aus dem 19. und 20. Jahrhundert bis hin zum erst vor wenigen Jahren entstandenen modernen Mu­ seumsforum an der Kartäusergasse. Zum Schluss wird noch die Dependance des Mu­ seums, Schloss Neunhof, in die Betrachtungen mit einbezogen. Dabei werden nicht nur die Baugeschichte referiert und die Architektur gewürdigt, das Kapitel über die Klosterkirche beinhaltet auch Fragen der Bauforschung und der Datierung. Auch die Sammlungsbereiche, die sich mit Architektur befassen, werden behandelt. Werkzeuge, Baumodelle, Einrichtungsgegenstände und Architekturdarstellungen in der Malerei und Grafik vertiefen den Gang durch die Architekturgeschichte. Fachkundig wendet sich der Autor des Buches als ausgewiesener Architekturhistoriker an den interes­ sierten Laien und Museumsbesucher, zugleich bietet er aber auch interessante Einblicke für Museumswissenschaftler und Historiker. Am Ende des Buches wartet auf den Leser eine nach Themenbereichen gegliederte Liste mit weiterführender Literatur.

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Die Texte werden durch zahlreiche Farbaufnahmen und Schwarzweiß-Fotografien ergänzt, so dass - wie es der Reihentitel verspricht - ein lebendiger kulturgeschichtli­ cher Spaziergang durch das Germanische Nationalmuseum rund um das Thema Archi­ tektur entstanden ist. Das Buch darf als gelungene Einladung gelten, einmal wieder das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg zu besuchen. Ruth Bach-Damaskinos

Neues Museum Nürnberg (Hrsg.): Ansichten zur Architektur. Neues Museum Nürnberg. Mit Texten von Lucius Grisebach, Gerhard Mat zig und Remy Zaugg, Fotografien von Georg Aerni, Beat Presser und Margherita Spiluttini. OstfildernRuit: Hatje Cantz 2000. 111 S., zahlr. Abb. DM 39,-. Wer bislang dachte, Nürnberg und moderne Architektur seien Gegensätze und mit­ einander unvereinbar, wird seit der Fertigstellung des Neuen Museums für Kunst und Design im letzten Jahr eines besseren belehrt. In der Altstadt an einer eigentlich unat­ traktiven und wenig repräsentativen Stelle - eingeklemmt zwischen Königstraße, Luit­ poldstraße, Frauentormauer und Hinterer Sterngasse - liegt das Museumsgebäude, das durch seine konsequent moderne Architektursprache besticht. Hier in der dicht be­ bauten Innenstadt öffnet sich plötzlich ein weiter Platz, in dem überraschend der Kubus mit einer 100 m langen leicht konkaven Glasfront steht. Der funktionale Bau beein­ druckt vor allem durch diese geschwungene Glasfront, die Leichtigkeit und Transpa­ renz transportiert. Durch den Innenschwung und raffinierte Spiegelungen lockt das Gebäude Besucher an und lädt sie zugleich zum Besuch ein, denn die Verglasungen er­ lauben erste Einblicke in die Sammlungen. So ist ein gelungenes Beispiel für konsequent moderne Architektur in der Nürnberger Altstadt entstanden, gleichzeitig ein kom­ plexer Bau, der die schwierige Platz- und Raumsituation kongenial löst. Im Inneren er­ lebt der Besucher ein Stück Architektur, das sich seiner Aufgabe, Ausstellungsraum für moderne Kunst und Design zu sein, unterordnet und sich nicht primär als ein auszu­ stellendes oder gar zur Schau stellendes Kunstobjekt versteht. Die vorliegende Publikation über das im letzten Jahr eröffnete Neue Museum Nürn­ berg ist kein Bestandskatalog oder Führer durch das Museum, sondern ein Architek­ turbuch, das faszinierende Einblicke in den neuen Museumsbau von Volker Staab er­ möglicht. Drei Architekturfotografen beleuchten mit ihren Aufnahmen aus unter­ schiedlichen Blickwinkeln den Bau des Neuen Museums. Während Georg Aerni sich der nicht ganz einfachen städtebaulichen Situation des Kunstmuseums, das sozusagen in einen Hinterhof hineingebaut wurde, widmet, ist Margherita Spiluttini um Ein­ blicke in die strenge architektonische Struktur des Gebäudes bemüht. In ihren Außenund Innenaufnahmen des Museums werden die komplexe und hochästhetische Struktur des Baus sowie die vielfältigen Blickachsen und Querbezüge der Räume eingefangen. Ihre sachlichen Architekturfotografien sind eine Würdigung des architektonischen Schaustücks. Der dritte Fotokünstler, Beat Presser, entfernt sich von der sachlichen Architekturaufnahme der ersten beiden Fotografen. Ihm geht es nicht um den städte­ baulichen Zusammenhang oder die Gesamtarchitektur, er hält in seinen Aufnahmen Details fest, die dann durch digitale Bearbeitung am Computer und einen zweiten

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Schritt, das Abfotografieren vom Bildschirm auf Farbnegativmaterial, ihre verfrem­ deten Effekte erhalten. Grundrisse des Museumsbaus ergänzen das Bildmaterial. Neben diesen Fotografien wird mit den Interviews des Architekten Volker Staab und des Schweizer Künstlers Remy Zaugg die Funktion des Baus als Museum für zeitgenös­ sische Kunst verdeutlicht. Texte des Architekturkritikers Gerhard Matzig und des Museumsleiters Lucius Grisebach runden die Publikation ab. Ruth Bach-Damaskinos Julia Lehner: Die Nürnberger Akademie - Tradition und Innovation. Nürnberg: Müller 2000. 191 S., überwiegend Abb. DM 89,-. Die Nürnberger Akademie der Versicherungswirtschaft wurde 1997 durch die Nürnberger Versicherung im ehemaligen Gebäude der Landesgewerbeanstalt (LGA) am Gewerbemuseumsplatz eingerichtet, genau 100 Jahre nach Eröffnung des Gebäudes als Neubau des damaligen Gewerbemuseums. In der vorliegenden, von der Nürnberger Versicherungsgruppe herausgegebenen Veröffentlichung wird nicht nur auf die erst junge Geschichte der Nürnberger Akademie eingegangen, sondern die Geschichte des Gebäudes vom Gewerbemuseum zur Nürnberger Akademie sowie die Gewerbeförde­ rung „in ihren vielfältigen Zusammenhängen“ nachgezeichnet. Wie die Autorin aus­ führt, ist es, um die Idee des einstigen Gewerbemuseums vermitteln zu können, not­ wendig, die Wirtschafts- und Stadtgeschichte Nürnbergs und den gesamteuropäischen Kontext im 19. Jahrhundert der Darstellung voranzustellen. Auf Anmerkungen wurde verzichtet, eine zweiseitige Literaturauswahl bietet dem interessierten Leser aber die Möglichkeit, die einzelnen Bereiche zu vertiefen. Illustriert wurde das Buch mit histo­ rischen Abbildungen und zeitgenössischen Fotografien. Auf die Layoutgestaltung wurde große Sorgfalt verwandt, weshalb die großformatige Veröffentlichung schon op­ tisch sehr ansprechend wirkt. Die ausgewählten Bilder zeigen, teilweise doppelseitig, die Geschichte eines Gebäudes, das heute, dank des Einsatzes der Nürnberger Versi­ cherung, nach umfangreichen Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten wieder von seiner früheren Pracht zeugt. Der Texthintergrund wurde mit Abbildungen in reduzierter Deckfarbe gestaltet, die auf den Folgeseiten wiederzufinden sind. Die un­ terlegten Texte wirken belebt und sind, bis auf wenige Ausnahmen, immer noch gut lesbar. Ausgewählte Personen werden mit eigenen Biographien gewürdigt, die sich ebenfalls optisch vom Textteil abheben. Da auf ein Register verzichtet wurde, sind die Biographien im Inhaltsverzeichnis gesondert aufgeführt. Die Veröffentlichung gliedert sich in sechs Kapitel, die jeweils mit einem Zitat eingeleitet werden. Das erste („Nürn­ berg als königlich-bayerische Stadt: Niedergang und Aufschwung“) und zweite („Ge­ werbeförderung und Kunst“) Kapitel umreißen die Geschichte Nürnbergs im 19. Jahr­ hundert, besonders im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse. So gründete sich bereits 1792 die Gesellschaft zur Beförderung der vaterländischen Industrie4, um durch gezielte Maßnahmen Gewerbe, Handel und Landwirtschaft zu fördern und die Mas­ senarmut durch Erziehung und Bildung zu bekämpfen. Auch andere Institutionen wie die Polytechnische Schule, der Gewerbeverein oder die ,Bauhütte4, die letztendlich in „Die Idee des Gewerbemuseums“ (Kapitel 3) einflossen, bleiben nicht unerwähnt. Sie gehörten zu den zahlreichen Maßnahmen der Gewerbeförderung, die im 19. Jahrhun-

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dert von verschiedenster Seite ergriffen wurden. Beschrieben werden im Folgenden die gesamteuropäischen Einflüsse, die 1869 zur Gründung eines Gewerbemuseums in Nürnberg führten. Lothar von Faber und Theodor von Cramer-Klett waren maßgeb­ lich an der Gründung des Gewerbemuseums beteiligt, dessen Zweck es war, „technische Fertigkeiten und Kunstgeschmack unter dem Arbeiterstande und den Gewerbetrei­ benden des Landes zu fördern.“ Zunächst war man im alten Fleischhaus untergebracht, um 1874 eigene Räume in der Königstraße 3 zu beziehen. Es sollte sich jedoch bald zeigen, dass diese trotz verschiedener Umbauten ein Provisorium bleiben mussten, wes­ halb der Direktor des Museums, Theodor von Kramer, Pläne für einen Neubau entwarf. 1897 konnte der Neubau am Gewerbemuseumsplatz eröffnet werden. Die gesamte Architektur des Flauses - von der kunstvollen Innenausstattung über die Räumlich­ keiten bis zur Fassadengestaltung - wird im vierten Kapitel („Das neue Zentrum“) ausführlich beschrieben und illustriert. Das fünfte Kapitel („Vom Gewerbemuseum zur Nürnberger Akademie“) zeigt die sich wandelnden Aufgaben der ab 1909 baye­ rische Landesgewerbeanstalt4 genannten Einrichtung sowie die Entwicklung nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. 1989 wurden die Sammlungen dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg übergeben, und die LGA zog in einen Neubaukomplex in den Südwesten Nürnbergs um. Zunächst beabsichtigte die Stadt Nürnberg, das Ge­ bäude zu erwerben und zu einem Zentrum der Erwachsenenbildung umzugestalten, was jedoch an den finanziellen Gegebenheiten scheiterte. Die heutige Situation wird im abschließenden Kapitel „Haus der Begegnung“ dargestellt. Die Nürnberger Versi­ cherung erwarb das Gebäude und richtete eine Versicherungsakademie ein. Das Bil­ dungszentrum der Stadt Nürnberg belegt als Mieterin fast die Hälfte der Räume, so dass die ursprüngliche Idee, der Erwachsenenbildung zu dienen, trotzdem umgesetzt werden konnte. Anhand einer Gebäudegeschichte zeigt die Autorin die vielfältigen Einflüsse auf, die zur Gründung eines Gewerbemuseums in Nürnberg und schließlich zur Nürnberger Akademie führten. Die Veröffentlichung behandelt einen weitaus größeren Zeitab­ schnitt, als der Titel vermuten lässt. Wer sich für die Geschichte des Gewerbemuseums, der LGA und der Nürnberger Akademie interessiert, wird hier umfassend informiert. Allein die gelungene Aufmachung und reiche Bebilderung lohnen einen Blick in dieses Buch. Daniela Stadler

Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Hrsg.): Ein Gebäude viele Namen. SS-Kaserne, Merrell-Barracks, Bundesamt. Eine Gebäudegeschichte. Nürnberg: 1999. 64 S., zahlr. Abb. DM 15,-. Die vorliegende Veröffentlichung wurde von Geschichte Für Alle e.V., Nürnberg, im Auftrag des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erstellt. Die Broschüre bietet mehr als eine Gebäudegeschichte, da sie weit über die Architekturge­ schichte hinausreicht. Geschildert werden zunächst Planung, Bau und Nutzung während der Zeit des Nationalsozialismus, sodann die unmittelbare Nachkriegszeit, die Nutzung durch die Amerikaner bis 1992 und schließlich die aktuelle Entwicklung. Fast

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen jede Textseite ist bebildert, besonders interessant sind hierbei die Innenaufnahmen des von außen jedem Nürnberger bekannten Gebäudes. Die Darstellung gliedert sich in sechs Abschnitte, am Ende folgt ein Anmerkungsapparat. Die Kaserne war in den Planungen des benachbarten Reichsparteitagsgeländes nicht berücksichtigt gewesen. Da beabsichtigt war, den Einflussbereich der SS auszu­ weiten und sie auch im Kriegsfall einzusetzen, wurde es nötig, Kasernen zu errichten, in denen eine entsprechende Unterweisung stattfinden konnte. Auch Nürnberg sollte zum Standort werden. Man wählte die Nähe zum Reichsparteitagsgelände, da die SS ohnehin das Wachpersonal stellte. Zum Architekt wurde Franz Ruff bestimmt, der ohne Rücksicht auf Kosten oder städtische Belange plante. Hierdurch kam es zu Dif­ ferenzen zwischen dem Zweiten Bürgermeister, Walter Eickemeyer (hier fälschlicher­ weise als Theodor Eikemeyer bezeichnet), und Himmler, der sich - wie übrigens auch Hitler - persönlich einschaltete. So mussten u.a. Firmen verlegt und die Straßen­ führung geändert werden. Als die Anlage 1939 fertiggestellt war, waren 175.000 qm Fläche bebaut worden. Während des Zweiten Weltkriegs diente die Anlage als Aus­ bildungsstätte für Funker der SS, ab 1940 kamen Polizeieinheiten hinzu. Die Autoren fanden heraus, dass die Kaserne das erste Außenlager eines Konzentrationslagers in Nürnberg enthielt. Im Mai 1941 trafen ca. 60 Männer aus dem KZ Dachau in der Ka­ serne ein, um als Bautrupp auf dem Gelände zu arbeiten. Später kamen außerdem Häftlinge aus Flossenbürg hinzu. Am 18. April 1945 wurde die weitgehend unbe­ schädigte Kaserne von der 45. US-Infanteriedivision eingenommen und kurz darauf in Merrell-Barracks, nach dem bei Lohe gefallenen amerikanischen Soldaten Joseph F. Merrell, umbenannt. Zunächst wurden ehemalige Zwangsarbeiter in der Kaserne un­ tergebracht, die diese bis 1946 weitgehend wieder verlassen hatten. Ab 1948 nutzte sie die amerikanische Besatzungsarmee als Unterkunft, 1952 zog das 2. Amerikanische Panzeraufklärungsregiment ein. Berührungspunkte zur Nürnberger Bevölkerung gab es nur in sehr eingeschränkter Form. Außerhalb der Kaserne waren die Amerikaner zumeist nur bei Aktivitäten auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände präsent. Als 1991 das Panzeraufklärungsregiment in den Golfkrieg geschickt wurde, war der Abzug der Truppe schon beschlossene Sache. Die letzte Flaggenparade fand im Sep­ tember 1992 statt. Die Stadt Nürnberg bekundete damals ihr Interesse an dem Kom­ plex. Da allerdings die Bundesrepublik, vertreten durch die Oberfinanzdirektion, Ei­ gentümerin des Gebäudes ist, erhielt das Bundesamt für die Anerkennung ausländi­ scher Flüchtlinge den Zuschlag. Das Bundesamt ließ das Hauptgebäude für etwa 1000 Mitarbeiter neu gestalten, wobei auf die Belange des Denkmalschutzes Rücksicht ge­ nommen werden musste. Das Bayerische Landesamt für Denkmalschutz stufte den Bau als „bedeutsamste Kasernenanlage des Dritten Reiches“ in Deutschland ein. Trotzdem gelang es den Architekten (Büro Grabow und Hofmann), durch architek­ tonische Brüche einen bewussten Kontrast zum Baubestand der NS-Zeit herzustellen. 1996 konnte das Bundesamt die Südkaserne beziehen. Es folgten außerdem eine Außenstelle des Bundesverwaltungsamtes, ein Büro des UNHCR als Zweigstelle und das Hauptzollamt Nürnberg-Fürth. Der sogenannte Z-Bau wird vom Kunstverein genutzt.

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Die ansehnliche Broschüre zeigt die wichtigsten Nutzungsphasen des Gebäudes auf. Besonders beachtenswert sind - neben den Abbildungen - die Exkurse zu Franz Ruff, dem 2. US-Panzeraufklärungsregiment und zur Geschichte des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, welche die Gebäudegeschichte ergänzen. Daniela Stadler

Gleißhammer - ein Stadtteil verändert sein Gesicht. Hrsg, von Geschichte Für Alle e.V. (Nürnberger Stadtteilhefte 3). Nürnberg: Sandberg Verlag 2000. 71 S., zahlr. Abb. DM 16,80. Mögeldorf. Ein Streifzug durch die Jahrhunderte (Nürnberger Stadtteilbücher 5). Nürnberg: Sandberg Verlag 2000. 240 S., zahlr. Abb. DM 49,80. Reiner Eismann / Bernhard Mayer / Martina Mittenhuber / Martin Schieber / Wolfgang Weiß: Gebersdorf. Bauern, Siedler und Soldaten (Nürnberger Stadtteil­ bücher 6). Nürnberg: Sandberg Verlag 2000. 136 S., zahlr. Abb. DM 29,80. Drei neue Werke, erarbeitet vom Verein Geschichte Für Alle in Zusammenarbeit mit jeweils anderen Vereinen oder Institutionen, sind in der Reihe der Stadtteilbücher bzw. Stadtteilhefte des Sandberg Verlags erschienen. Bei aller Ähnlichkeit des Themas und der Entstehungsweise sind sie voneinander doch grundverschieden. „Gleißhammer - ein Stadtteil verändert sein Gesicht“ ist als Gemeinschaftsprojekt mit dem Zentrum Aktiver Bürger und den Kulturläden der Stadt Nürnberg ent­ standen. Der Titel könnte das Thema nicht präziser beschreiben: die Veränderung der Bebauung und damit des Aussehens des Stadtteils. Daraus ergibt sich zugleich die Konzentration auf die Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Im einzelnen sind die Beiträge durchaus subjektiv. Nach einem Überblick über die vier Siedlungskerne des Stadtteils Gleißhammer (das Dorf Gleißhammer, der Siechkobel St. Peter, das Hallerweiherhaus und die Neubleiche) behandelt der Band den überraschend schnellen Wechsel einzelner Bereiche von Arbeitersiedlungen und Fabrikanlagen zu Industriebrachen und modernen Wohnsiedlungen. Einzelne bedeutende Firmen werden ebenso vorgestellt wie das Leben in den Wohngebieten. Den Abschluss bildet eine Beschreibung der Stadtteilerneuerung der Gegenwart. Dass für das ganze Buch die Fotos der wechselnden Zustände einen wesentlichen Teil des Informationsgehalts ausmachen, muss nicht erst betont werden. Auch wenn das vorliegende Buch keinen wissenschaftlichen Anspruch stellt, so ist es doch höchst informativ und hat die selbst gesteckten Ziele sicher erreicht. „Mögeldorf. Ein Streifzug durch die Jahrhunderte“ verdankt sein Entstehen dem 975. Jahrestag der Ersterwähnung Mögeldorfs am 6.5.2000 und ist vom Bürger- und Ge­ schichtsverein Mögeldorf e.V. herausgegeben worden. Unter den drei hier zu bespre­ chenden Bänden entspricht dieser am stärksten der traditionellen Ortsgeschichte. In ins­ gesamt 19 Kapiteln schlagen die 13 Autoren einen weiten Bogen von den frühesten Sied­ lungsspuren bis in die Gegenwart. Da für die Jahre bis 1806 in dem Werk Leo Bayers be­ reits eine ausgezeichnete Vorarbeit vorliegt, konnte weitgehend auf seiner Grundlage auch

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die Geschichte vor dem 19. Jahrhundert angemessen und ausführlich behandelt werden. Für die folgende Zeit hat ein Redaktionsteam Mögeldorfer Bürger unter Anleitung von Geschichte Für Alle die Recherchen übernommen. Ebenso ausgewogen wie zwischen den verschiedenen Zeitabschnitten ist die Darstellung von Ereignis- und Strukturgeschichte sowie die Gewichtung der einzelnen Themenbereiche. Im Gegensatz zu anderen Ortsge­ schichten wird die Zweiteilung in einen ersten, allgemeingeschichtlichen Teil und einen zweiten Teil mit unverbunden nebeneinander stehenden Einzelthemen (Firmen, Vereine etc.) zugunsten einer durchgehend chronologischen Gliederung vermieden. Durch die Einordnung der Einzelthemen an passender Stelle des Geschichtsablaufs (etwa zur Zeit der Gründung oder größten Bedeutung) werden sie sinnvoll in das Ganze integriert. Dies und der abwechslungsreiche Stil trägt nicht wenig zur guten Lesbarkeit des Buches bei, die vielen Bilder und das ansprechende Layout machen die Lektüre auch zu einem ästhe­ tischen Genuss. Insgesamt ein solides, sehr informatives und angenehm zu lesendes Werk, dem eine weite Verbreitung zu wünschen ist. „Gebersdorf. Bauern, Siedler und Soldaten“ ist aus der offenen Jugendarbeit des Kinder- und Jugendhauses Gebersdorf erwachsen, dessen auf heimatkundlichen Aus­ flügen gesammeltes Material in das Buch Eingang gefunden hat. Trotz der fünf Autoren aus zwei Institutionen (dem städtischen Jugendhaus und dem Verein Geschichte Für Alle) macht es einen durchaus einheitlichen Eindruck. Ein erster, allgemeiner Teil (S. 18-41) gibt einen Überblick über die allgemeine Geschichte Gebersdorfs im aller­ weitesten Sinne, von der erdgeschichtlichen Herausbildung der Heimatlandschaft über Vorgeschichte, Mittelalter und Neuzeit bis zur Umwandlung des Dorfs in einen mo­ dernen Stadtteil und die Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Die sich hieran anschließenden thematischen Kapitel konzentrieren sich dagegen auf das 19. und vor allem 20. Jahrhundert. Jeweils eigene Kapitel behandeln hier einzelne bedeutende Ge­ werbebetriebe, die Verkehrswege, Vereine, die Rolle des Militärs in Gebersdorf, Bäder, das Kirchweihbrauchtum, den Einzelhandel, das Kirchen- und Schulwesen und - in mehreren ausführlichen Kapiteln - die Entwicklung der Siedlungen in Gebersdorf von der Weimarer Republik bis zur Nachkriegszeit. Ein eigenes Kapitel erhält das Kinderund Jugendhaus (Zippo). Im letzten Kapitel „Gebersdorf heute“ (S. 122-129) erhalten der Bürgerverein und einzelne weitere Institutionen Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Auch wenn die Gliederung der Arbeit nicht immer überzeugt und die Zeit vor dem 19. Jahrhundert eher kurz behandelt wird, liegt hier doch ein Buch vor uns, das in gut lesbarer und interessanter Form wichtige Einsichten in die Geschichte Gebersdorfs vermittelt. Horst-Dieter Bey erste dt

Die Gartenstadt Nürnberg. Geschichte und Geschichten. Teil 2: Von der NS-Zeit bis zum Ende des Wiederaufbaus (1933-1953). Hrsg. Stadt Nürnberg/Kulturladen Garten­ stadt/Geschichtswerkstatt. Nürnberg: G&S Verlag 1999. 173 S., zahlr. Abb. DM 18,-. Nachdem 1996 der erste Teil der Geschichte der Gartenstadt erschienen ist (vgl. MVGN 83/1996, S. 377 f.), liegt jetzt der zweite Teil des Projekts vor, der die ereignis­ reiche Zeit von 1933 bis 1953 behandelt. Auch dieser zweite Teil ist eine Gemein-

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schaftsarbeit einer Redaktionsgruppe und vieler Interviewpartner, Beiträger und Helfer; beibehalten wird auch die bewährte Mischung aus Text, Erlebnisberichten, In­ terviews sowie Fotos und Reproduktionen. „Wir wollen kein Geschichtsbuch schreiben, sondern wollen hier die Bewohner der Gartenstadt das schildern lassen, was sie in der Zeit des Nationalsozialismus erlebt haben und wie sie es erlebt haben“ (Ein­ leitung). Entsprechend dieser Absicht treten subjektive Erlebnisberichte stark in den Vordergrund. Unter den Nationalsozialisten galt die Gartenstadt als „Marxistennest“ und war stärk­ sten Repressionen ausgesetzt. Gerade vor diesem Hintergrund gewinnt die Sammlung unterschiedlicher, subjektiver Erlebnisse eine Bedeutung, die über ein rein lokalgeschicht­ liches Interesse weit hinausgeht. Eine beigefügte Liste der inhaftierten, emigrierten oder in den Selbstmord getriebenen Gartenstädter - insgesamt 49 Namen - lässt erkennen, dass selbst die Fülle der dokumentierten Einzelfälle nur einen kleinen Teil der Geschehnisse ausmacht, und macht damit gerade in ihrer sachlichen Art auf bedrückende Weise das Ausmaß der Unterdrückung und des damit verbundenen Leides deutlich. Mit dem Beginn des zweiten Teils des Werks (ab S. 108) tritt ein deutlicher Wechsel im Charakter der Darstellung ein. Während der erste Teil durch die Fülle der nicht un­ mittelbar zusammenhängenden Erinnerungen eher den Charakter einer Quellensamm­ lung trägt, überwiegt im zweiten Teil der darstellende Text, wenn auch weiterhin mit vielen, auch umfangreichen Zitaten angereichert. Hier wird die Geschichte der vielen Institutionen der Gartenstadt im behandelten Zeitraum dargestellt: der Genossenschaft, der Vereine, Kirchengemeinden, Schulen und Kindergärten, Geschäfte, Ärzte, des Ge­ sellschaftshauses und der Konsumgenossenschaft. Mehrere Statistiken untermauern die Darstellung durch „hard facts“. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Jahre 1933-1945 ein starkes Übergewicht gegenüber der Zeit 1945-1953 haben, sowohl in der ersten als auch in der zweiten Hälfte des Bandes. Gewissermaßen das Fazit des Ganzen bilden längere mundartliche Erinnerungen von Hans Kraus „As zweite Paradies“ zur Geschichte der Gartenstadt, zum besseren Verständnis für Zugereiste „zweisprachig“ auf nürnbergerisch und hochdeutsch. Insgesamt erweist sich der zweite Band als mindestens ebenso lesenswert, wie es schon der erste war. Man darf gespannt sein, ob auch über die friedlichere (aber des­ wegen auch „langweiligere“?) Zeit nach 1953 ein oder zwei ebenso interessante Bände erscheinen werden, die dann auch bis an die Gegenwart heranführen können. Horst-Dieter Bey erste dt

Reichelsdorf 700 Jahre jung. Reichelsdorf, Mühlhof, Krottenbach. Ein Heimatbuch. Hrsg, von Hermann Vogel von Vogelstein zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft der Reichelsdorfer und Mühlhofer Vereine und Organisationen. Nürnberg 1998. 256 S., zahlr. Abb. Vergriffen. „Ein Heimatbuch“ nennt der Herausgeber das vorliegende, in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Reichelsdorf-Mühlhofer Vereine und Organisationen ent­ standene Werk, das seine Entstehung der 700-Jahr-Feier Reichelsdorfs verdankt. Diese

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Bestimmung prägt seinen Inhalt und seine äußere Form. Es bietet keine zusammenhän­ gende Geschichte der drei Orte Reichelsdorf, Mühlhof und Krottenbach, sondern ist eine reich bebilderte Sammlung der unterschiedlichsten, teils aus der älteren Literatur entnommenen, teils neuverfassten Aufsätze zu den verschiedensten Einzelthemen, die grob zu den drei Themenbereichen „Streifzüge in die Geschichte“ (15 Aufsätze), „Öf­ fentliches Leben in Geschichte und Gegenwart“ (15 Aufsätze) und „Vereine und Gruppen stellen sich vor“ (32 Selbstdarstellungen) zusammengefasst werden. Ein Straßenverzeichnis rundet diese Themen ab. Beispiele für Aufsätze aus dem histori­ schen Teil sind etwa „Die erste urkundliche Erwähnung von Reichelsdorf“, „Ge­ schichtliche Daten im Überblick“, „Reflexionen über das Schlösschen“ oder „Eine Hirschjagd“, Aufsätze aus dem zweiten Teil „Die Leonischen Drahtwerke AG Nürn­ berg in Mühlhof“, „Thomas Kolb“, „Die freiwillige Feuerwehr Mühlhof“ oder „Der Reichelsdorfer Keller“. Die Zuordnung der einzelnen Aufsätze erscheint - wie schon die überlappende Titelgebung der einzelnen Teile erkennen lässt - nicht recht überzeugend. So erscheinen etwa die Wirtshäuser im historischen Kapitel, das „Feldbahn-Museum e.V.“ unter „Öf­ fentliches Leben“, das Thema „Die Kirchen in Reichelsdorf“ im historischen Teil, die Kirchengemeinden in „Öffentliches Leben“ und die kirchlichen Chöre und Kinder­ gärten im Kapitel über die Vereine. Das Kinder- und Jugendhaus „Mosaik“ dagegen wieder im „Öffentlichen Leben“. Die Qualität der einzelnen Beiträge ist naturgemäß unterschiedlich, im allgemeinen sind sie aber durchaus informativ, oft unterhaltsam und dank der zahlreichen Bilder auch angenehm für das Auge. Zum „Blättern und Schmökern“ sei sein Buch gedacht, sagt der Herausgeber in der Einleitung (S. 7). Dieses Ziel hat er erreicht, und nebenbei erfährt der Leser eine ganze Menge Interessantes und Wissenswertes aus Geschichte und Gegenwart der drei Orte. Und was will man von einem Heimatbuch mehr verlangen? Horst-Dieter Beyerstedt

Christoph Beck: 700 Jahre Brunn-Netzstall. Nürnberg 2000. 176 S., zahlr. Abb. DM 29,-. Der Titel kann über den Inhalt des Buches täuschen: Zwar ist das Jubiläum der An­ lass zum Erscheinen dieses Werks, es ist aber keine Ortsgeschichte im eigentlichen Sinne. Weit über 500 der 700 Jahre werden auf kaum drei Seiten abgehandelt, und auch das übrige Buch beschränkt sich weitgehend auf die letzten 100 Jahre. Statt einer histo­ rischen Untersuchung bietet der Band eine bunte Schilderung des Lebens und der Ent­ wicklung Brunns in dieser Zeit. Der jetzt 80-jährige Autor hat den größten Teil des be­ handelten Zeitraums nicht nur selbst erlebt, er hat ihn als früherer Bürgermeister und Vorsitzender des Ortsbeirats auch selbst mit gestaltet. In jeder Zeile spürt man die Ver­ trautheit des Autors mit den Zuständen und Ereignissen des Ortes, ob er bis in die Ein­ zelheiten hinein die Hausschlachtung eines Schweins schildert oder den Arbeitsablauf bei der Ausleihe der Dreschmaschine, ob er die Schicksale einzelner Menschen, Fami­ lien und Häuser verfolgt oder akribisch aufzählt, welche Bauern gemauerte und welche eiserne Backöfen besaßen. Wer sonst als dieser Autor könnte so lebhaft die Streitig­ keiten zwischen Förster und Jäger in den 1920er Jahren schildern, das Vereinsleben oder

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die Sorgen und Nöte der Gemeindeverwaltung in ihren Verhandlungen mit dem Land­ kreis? Wer, wenn nicht er, hätte so viele seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger - vor allem die älteren unter ihnen - dazu anregen können, mit eigenen Fotos und Erinne­ rungen an der Entstehung dieses Buches mitzuwirken? Der aus eigenem Erleben er­ wachsende stets anschauliche, lebendige Stil und die vielen Fotos tragen viel zum Reiz dieses Werkes bei. Diese Konzeption des Buches hat ihren Preis. Eine Gliederung des Stoffes, sei sie historisch oder thematisch, wird man vergebens suchen; die einzelnen Themen sind bestenfalls assoziativ aneinandergereiht, manchmal auch willkürlich auseinanderge­ rissen und über das Buch verteilt. Wer an „harten Fakten“ interessiert ist, an stringenten Analysen der wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Entwicklung oder auch nur an präzisen Übersichten, wird kaum auf seine Kosten kommen, und auch die Auswahl dessen, was dem Autor wichtig und was ihm unwichtig erschien, wird mancher anders sehen. Wer aber einen anschaulichen Einblick erhalten will in Leben und Veränderung Brunns in den letzten ca. 100 Jahren, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Horst-Dieter Bey erstedt

Holger Hertwig: Großreuth h. d. V. Historisch-geographische Streifzüge durch ein Dorf in der Stadt. Nürnberg: Korn und Berg 1999. 54 S., 4 Abb. DM 15,-. Nicht als selbständiges Werk ist das vorliegende Heft gedacht, sondern nur als Er­ gänzung zu einem anderen Werk: zu Julius Kelbers 1929 erschienener und 1986 nochmals aufgelegter Untersuchung „Ein sterbendes Dorf. Streifzüge durch die Orts­ geschichte von Großreuth hinter der Veste“. Das Heft Hertwigs lebt aus dem Wider­ spruch zu diesem Titel. Auch wenn mit „Sterben“ nicht die tatsächliche Verödung des Ortes, sondern der Tod des alten Bauerndorfs und seine Umwandlung in einen Stadtteil gemeint ist, so hält Hertwig doch dagegen: Manches sei anders gekommen als damals erwartet oder befürchtet. Das vorliegende Heft soll diese andere Entwicklung be­ schreiben sowie weiteres, was bei Kelber nicht oder nur am Rand berücksichtigt worden ist. Diese Zielsetzung bestimmt den Inhalt des Heftes. Es ist kein geschlossenes, abge­ rundetes Werk, sondern mehr ein Nebeneinander verschiedener Themen, eben der nötigen Ergänzungen zu Kelber. Nach einem Rückgriff auf die Grundlagen („Der naturlandschaftliche Rahmen“ und „Die Besiedlung des Knoblauchslandes“) behandeln zwei Kapitel das landwirtschaftlich geprägte Dorf, das aber bereits vom Wandel erfasst ist („Landwirtschaft im Zeichen intensiven Gemüsebaus“ und „Häuser und Höfe - das Dorfbild im Wandel“). Die folgenden drei Kapitel thematisieren die Integration Großreuths in die wachsende Stadt. „Von Wiesen und Feldern zum randstädtischen Funktionsraum - die Flur im Wandel“ beschreibt das Fortschreiten der städtischen Überbauung, wozu auch die Errichtung des alten Nürnberger Flughafens zu rechnen ist, „Wege, Straßen, Schienen - die Verkehrsanbindung“ behandelt den Ausbau der Ver­ kehrsinfrastruktur, während „Menschen und Menschliches - vom Leben in Großreuth“ verschiedene Seiten des Lebens Großreuths in Beschreibung und Anekdoten einfängt. Von besonderem Interesse ist hier die Umfrage über die Einstellung der alteingeses-

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senen Großreuther Bevölkerung und der zugewanderten Nürnberger über ihr Ver­ hältnis zur Stadt und ihren unmittelbaren Wohnort. Mit der optimistischen Schlussbe­ trachtung, Großreuth sei „ein kleines eigenständiges Dörfchen, an dem die ,gute alte Zeit‘ Halt gemacht hat“, klingt das Heft aus. Das kleine Heft ist keine wissenschaftliche Untersuchung und will es auch nicht sein. Es enthält aber wichtige Ergänzungen zur Arbeit Kelbers, und selbst ohne deren Kenntnis vermittelt es dem Leser manche Einsicht über Leben und Entwicklung Großreuths. Horst-Dieter Beyerstedt

Rainer Fensel: Kraftshof. Haus- und Sozialgeschichte eines nürnbergischen Dorfes (Quellen und Forschungen zur fränkischen Familiengeschichte 9). Nürnberg: Selbst­ verlag der Gesellschaft für Familienforschung in Franken 2001. XXV, 655 S., zahlr. Abb. DM 60,-. Als „Haus- und Sozialgeschichte“ bezeichnet sich das vorliegende Werk bescheiden in seinem Untertitel. Tatsächlich geht es über diesen Rahmen hinaus. In einem ersten Teil gibt Fensel eine knappe Übersicht über die Geschichte Krafts­ hofs. Im zweiten, umfangreichsten Teil seines Werks sammelt Fensel eine immense Menge an Material über die 60 im Urkataster von 1828 ff. bereits verzeichneten Krafts­ hofer Häuser einschließlich der Kirche (angeordnet nach den alten Hausnummern vor Einführung der Straßennamen) bezüglich ihrer Grundherrschaft, Besitzer, nachweis­ baren Umbauten und Veränderungen, ggf. vorhandener Zustandsbeschreibungen, ein­ zelner weiterer Ereignisse und mit historischen und aktuellen Abbildungen. Ähnlich, nur knapper, behandelt Fensel auch die bis 1940 hinzugekommenen Häuser; die Neu­ bauten nach 1949 werden dagegen nur kursorisch behandelt. Der dritte Teil deckt den Bereich „Sozialgeschichte“ ab. Teils mit Statistiken, teils mit Geschichtserzählungen oder Analysen und auch mit einem Quellentext (Tagebuchauszug eines Bauern) behan­ delt er Themen wie Familiennamen, ausgeübte Handwerke/Berufe, Streitigkeiten in der Gemeinde, das bayerische Heimatrecht und die Handhabung der Armenunterstützung, Vereinsleben und Demographie (Bevölkerungsentwicklung, Geburtenrate und Überle­ benschancen neugeborener Kinder, Heiratsverhalten und ledige Mütter, Dienstboten und Tagelöhner). Über den Buchtitel hinaus enthält dieser Teil auch noch Angaben zu Organisation und Verwaltung des Dorfes von der Dorfordnung von 1563 bis zur Ein­ gemeindung. Ergänzt wird das Werk durch Fußnoten, je ein Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis sowie je ein Orts-, Personen- und Sachregister. Das Werk vereint eine immense Menge sonst verstreuter und nur mühsam zusam­ menzusuchender Fakten und wertet sie teilweise auch aus. Allein damit ist es nicht nur für die Ortsgeschichte Kraftshofs im engeren Sinne unentbehrlich, sondern stellt auch für sozialgeschichtliche, familiengeschichtliche und andere Forschungen wichtiges Grundlagen- bzw. Vergleichsmaterial bereit. Allerdings wäre in mancher Beziehung eine größere Präzision in der Darbietung und Auswertung des Materials wünschens­ wert gewesen. So hätte eine deutlichere Abgrenzung der Abschnitte zu den einzelnen Häusern voneinander (z.B. durch Fettdruck der Anschrift) die Benutzung wesentlich erleichtert. Ungenügend ist die Angabe der benutzten Quellen und Sekundärliteratur,

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die willkürlich für manche Aussagen angeführt, meist aber nicht genannt werden; ihre globale Nennung im Quellen- und Literaturverzeichnis kann hierfür nur einen schwa­ chen Ersatz bieten. Dem Bewohner oder sonstigen Interessierten, der die Quellen zu einem Haus selbst einsehen will, wird in den meisten Fällen nichts anderes übrigbleiben, als die Suche wieder völlig neu zu beginnen. Störend ist schließlich die durchgehende Angewohnheit, Bindestriche wie Gedankenstriche durch Leerstellen abzutrennen. Aber trotz dieser Kritikpunkte ist Fensel ein beeindruckendes Werk gelungen, das geeignet ist, nicht nur dem Heimat- und Familienforscher eine Menge Arbeit abzu­ nehmen, sondern auch die Verbundenheit der Bewohner Kraftshofs mit ihrer Heimat­ gemeinde weiter zu festigen. Horst-Dieter Beyerstedt

Hermann Dallhammer: Sachsen bei Ansbach. Eine Chronik. Sachsen: Selbstverlag der Gemeinde Sachsen 1999. 336 S., zahlr. Abb. DM 60,-. Einem Beschluss des Gemeinderats verdankt die vorliegende Geschichte der kleinen, jahrhundertelang zwischen Nürnberg und den Markgrafen umstrittenen Gemeinde Sachsen ihre Entstehung. Schon auf den ersten Blick beeindruckt das Werk durch seinen schieren Umfang. Kann es zu einem so kleinen Ort - noch vor dem 2. Weltkrieg zählte Sachsen keine 300 Einwohner - so viele Quellen geben? Bei genauerer Betrachtung be­ schleicht den Leser ein etwas zwiespältiges Gefühl. Gewiss, der Autor behandelt nicht nur Sachsen selbst, sondern die Geschichte der heutigen Ortsteile Sachsen, Alberndorf, Hirschbronn, Milmersdorf, Neukirchen, Ratzenwinden, Rutzendorf, Steinbach und Volkersdorf, und er hat alle erreichbaren Quellen herangezogen und ausgewertet. Aber nicht hierauf ist der Umfang zurückzuführen, sondern auf ein durchgehendes Darstel­ lungsprinzip: In dem durchaus begrüßenswerten Bestreben, die Ortsgeschichte in größere Zusammenhänge einzubetten, tut der Autor des Guten zuviel und verliert sich in den Weiten der allgemeinen Geschichte, wo diese nur als Hintergrund hätte erwähnt werden brauchen. Zudem erscheinen manche dieser Ausflüge anekdotisch-beliebig und ohne Er­ kenntnisgewinn für die Geschichte Sachsens, so wenn z.B. aus Anlass der Kirchenweihe durch einen Titularbischof von Akkon zwei Seiten lang die Kreuzzüge und das Titularbischofswesen beschrieben werden einschließlich der Wiedergabe eines zeitgenössischen Stadtplans von Akkon. Es sei jedoch zugegeben, dass solche Exkurse nicht wenig zur Le­ bendigkeit der Darstellung und zur Schaffung eines gewissen Zeitkolorits beitragen, und nicht zuletzt: Manchem Leser mögen sie einen wenn auch nur anekdotischen Einblick in die allgemeine Geschichte verschaffen, dem diese sonst völlig fremd geblieben wäre. Schwerer wiegt, dass sich eine ähnliche Beliebigkeit und mangelnde Differenzie­ rung zwischen Wichtigem und weniger Wichtigem auch in Bezug auf Themen der Ge­ schichte Sachsens zeigt. Besonders störend wirkt dies in dem sensiblen Bereich des Dritten Reichs, des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit, in denen darüber hinaus die damalige Sichtweise (nicht der Nationalsozialisten, wohl aber des „Mannes auf der Straße“) sehr stark hervortritt - nur teilweise relativiert durch heutigen Er­ kenntnisstand. Dass sich auch einzelne sachliche Fehler und Ungenauigkeiten einge­ schlichen haben, ist bei einem Werk dieser Art kaum zu vermeiden.

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Dennoch müssen auch die positiven Seiten der Arbeit hervorgehoben werden. Der Verfasser hat große Mengen Material zusammengetragen, das sonst an weit ver­ streuten Stellen zu suchen wäre, und hat es in verständlicher und gut lesbarer Form ausgewertet. Auch für übersichtliche Zusammenstellungen wie die Pfarrerliste Sach­ sens, die Flurnamen, die Liquidationsprotokolle und die Wahlergebnisse wird ihm jeder Erforscher der Lokalgeschichte dankbar sein. Ungewohnt, aber nicht unprak­ tisch ist die durchgehende Platzierung der Quellenangaben am Seitenrand, die eine für Ortsgeschichten ungewöhnliche Dichte an Quellen- und Literaturnachweisen er­ kennen lässt. Schließlich ist das Werk nicht nur, aber auch an seiner eigenen Zielset­ zung zu messen, die in diesem Fall vom Kulturausschuss der Gemeinde Sachsen vor­ gegeben wurde. „Wissenschaftlich zuverlässig, allgemeinverständlich und gut lesbar“ sollte das Buch werden, und im Großen und Ganzen wurde dieses Ziel erreicht. So darf denn - wenn auch nicht ohne Abstriche - der Einschätzung des Bürgermeisters zugestimmt werden, dass „die hier präsentierten Erkenntnisse wohl über einen län­ geren Zeitraum als grundlegend gelten können“. Horst-Dieter Bey erste dt

Die handgezeichneten Karten des Staatsarchivs Nürnberg bis 1806. Bearbeitet von Peter Fleischmann (Bayerische Archivinventare 49). München: Selbstverlag der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns 1998. 566 S., 21 Farbtafeln. DM 40.-. Nach dem Abschluss der Provenienzbereinigung in den Kartenbeständen der staatlichen Archive Bayerns ist es dem langjährigen Nürnberg-Referenten im Staats­ archiv Nürnberg, seit 2000 Leiter des Staatsarchivs Augsburg, Peter Fleischmann, zu verdanken, dass seit 1998 ein Inventar der handgezeichneten Karten des Staatsarchivs bis 1806 in gedruckter Form vorliegt. Aufgenommen wurden alle handgezeichneten Karten der Territorien und Herrschaften des Alten Reichs, für deren Überlieferung das Staatsarchiv Nürnberg zuständig ist. Und dabei wurden nicht nur die lagerungs­ technisch selektierten Karten berücksichtigt, sondern auch solche, die heute noch als Beilage im Verbund mit anderen Archivalieneinheiten (Urkunden, Akten, Amts­ bücher) aufbewahrt werden - soweit diese Beilagen bekannt sind. Fleischmann hat sich aber nur auf die handgezeichneten Karten beschränkt, Pläne sowie gedruckte Karten fanden keinen Eingang in sein Inventar. Insgesamt wurden 1229 Karten aufgenommen, die beiden ältesten Stücke stammen aus dem Jahr 1516 und sind Blätter von Hieronymus Rudolf über den Wildbann zu Lauf bzw. Wälder um Hauseck, stammen also aus der Registratur der Reichsstadt Nürnberg. Zahlenmäßig verteilen sich die handgezeichneten Karten des Staatsarchivs Nürnberg bis 1806 auf folgende Territorien: Fürstentum Brandenburg-Ansbach (572 Karten), Reichsstadt Nürnberg (397 Karten), Hochstift und Domkapitel Eichstätt (156 Karten), Deutscher Orden (65 Karten), Kleinere Herrschaften (33 Karten). Le­ diglich 8 Karten konnten von ihrer Herkunft her nicht zugeordnet werden. Für die frühe Zeit der Kartographie (16. Jahrhundert bis ca. 1630) bilden die Karten der Reichsstadt Nürnberg den bedeutendsten Bestand im Staatsarchiv. Sie

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen haben meist das Nürnberger Territorium sowie die nähere Umgebung der Reichsstadt zum Thema und wurden von den großen Kartographen der damaligen Zeit Hieronymus Rudolf, Johann Schöner, Niklas und Georg Nöttelein, Paul Pfinzing d.Ä., Andreas Albrecht, Hans Bien, Hieronymus Braun, Johann Carl, Hans und Paul Trexel - gezeichnet. Im Zentrum der ansbachischen Kartensammlungen steht die kartographische Er­ fassung des Fürstentums durch Johann Georg Vetter (1681-1745) und Johann Georg Hoffmann (1686-1762) im frühen 18. Jahrhundert. Bei den Überlieferungen des Hochstifts Eichstätt wie der mittelfränkischen Deutschordenskommenden ist eine den zerstreuten Territorialbesitz umfassende Kartierung erst gegen Ende des 18. Jahr­ hunderts zu erkennen. Dasselbe trifft auf die kleineren Herrschaften im Sprengel des Staatsarchivs Nürnberg zu. Fleischmann erfasst in seinem Inventar alle 1229 Karten in chronologischer Rei­ henfolge eventuell untergliedert nach verschiedenen Ausfertigungen, Arbeitsskizzen und Kopien. Neben der Inventarnummer gibt er wieder: den Kartentitel entweder als Originalzitat oder - wo solches nicht vorhanden ist - als kurze Beschreibung; das Datum (eventuell erschlossen); den Fertiger (bei eindeutiger Identifizierung werden Monogramme aufgelöst); den Inhalt und zwar die Art der kartographischen Darstel­ lung, die Raumzuordnung, die natur- und kulturräumlichen Gegebenheiten mit et­ waigen Besonderheiten, den Entstehungszusammenhang der Karte etc.; die Prove­ nienz; das Trägermaterial; die Blattgröße in Zentimetern; die technische Ausführung; eventuelle Orientierungsangaben; den Maßstab; Signaturen früherer Überlieferungs­ zusammenhänge („entnommen aus“); Altsignaturen; Literatur- und Abbildungsnach­ weise; den Lagerort. Der Inventarband wird ferner ergänzt durch ältere Kartenverzeichnisse des Staats­ archivs - des reichsstädtisch nürnbergischen Landpflegamts um 1728, der markgräf­ lich ansbachischen Advokatenstube 1655-1684, des Hofrats 1735 sowie des Ge­ heimen Archivs 1750-1803. Eine Konkordanz Lagerorte/Inventarnummer sowie um­ fangreiche Indices und 21 Farbtafeln runden den Band ab. Peter Fleischmann ist als ausgewiesenem Kenner der Kartographiegeschichte wie der Geschichte Nürnbergs gelungen, aus der archivischen Alltagsarbeit ein zentrales Nachschlagewerk zu einem Quellentypus vorzulegen, der nicht nur durch seine Ästhetik besticht, sondern dem auch ein hoher Quellenwert für Verwaltung, Rechts­ sprechung und Politik zukommt. Michael Diefenhacher

Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht. Band 3. Nr. 869-1406 (Buch­ stabe B). Bearb. v. Manfred Hörner und Barbara Gebhardt (Bayerische Archivinventare 50/3). München: Selbstverlag der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns 1997. 454 S. DM 35,-. Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht. Band 4. Nr. 1407-1839 (Buchstabe B). Bearb. v. Manfred Hörner und Barbara Gebhardt (Bayerische Archivinventare 50/4). München: Selbstverlag der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns 1998. 523 S. DM 35,-.

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht. Band 5. Nr. 429-1839 (Buch­ stabe B Indices). Bearb. v. Manfred Hörner (Bayerische Archivinventare 50/5). Mün­ chen: Selbstverlag der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns 1999. 600 S. DM 35,-. Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht. Band 7. Nr. 2130-2676 (Buchstabe D). Bearb. v. Margit Ksoll-Marcon und Manfred Hörner (Bayerische Archivinventare 50/7). München: Selbstverlag der Generaldirektion der Staatlichen Ar­ chive Bayerns 2001. 788 S. DM 35,-. Wie in Band 83 der MVGN im Jahr 1996 angekündigt, sollen nun - nach fünf Jahren - in einem zweiten Block vier weitere Bände des als Inventar 19 zusammengefassten und in loser Folge auf ungefähr 30 (Teil)bände ausgelegten Editionsvorhabens der Akten des Reichskammergerichts im Hauptstaatsarchiv München vorgestellt werden. Hinsichtlich der Vorgaben und Rahmenbedingungen sowie der Editionskriterien möchte der Rezensent auf seine Ausführungen zu den Bänden 1, 2 und 6 verweisen (MVGN 83/1996, S. 380-382). Die neu anzuzeigenden Bände 3 und 4 enthalten - ergänzend zum bereits 1996 er­ schienenen Band 2 - die restlichen Kläger des Buchstabens B von den Gebrüdern Albrecht, Karl, Achaz und Erasmus Bauer zu Bamberg als Kläger gegen Bischof Johann Georg II. sowie Kanzler und Räte zu Bamberg in einer Urteilsexekution bis zu Prior Franciscus zu Buxheim als Kläger gegen Bürgermeister Adam Teller zu Lindau in einer ausstehenden Schuldzahlung. Band 5 enthält die notwendigen, die über 1400 Prozesse der alphabetisch mit dem Buchstaben B beginnenden Kläger erschließenden Orts-, Personen- und Sachindices, die Spezialindices der Prokuratoren, Vorinstanzen, Juristenfakultäten und Schöppen­ stühle, ein chronologisches Verzeichnis der Prozessbeginne sowie die nötigen Konkor­ danzen. Ein separater Indexband war für die Edition der Akten der Kläger „B“ allein wegen des Umfangs notwendig geworden. Für die Nürnberger Geschichtsforschung erschließen sich hier vor allem die Kläger Bamberg (Bischof, Domkapitel etc.) - Band 2 (MVGN 83/1996, S. 381) -, Bayern - Band 3 - und Brandenburg - allein fast 300 Pro­ zessakten in Band 4 -, aber auch beispielsweise das Handelshaus der Patrizierfamilie Behaim (in Band 3 leider durchweg in der Schreibweise „Beheim“ wiedergegeben). Der zahlenmäßig herausragende Anteil der Kläger „D“ in Band 7 fällt dem Deutschen Orden zu (Inventarnummer 2192 bis 2457), gefolgt von der Reichsstadt Dinkelsbühl. Gefunden werden selbstverständlich auch die Derrer sowie die Prozesse der Dürriegel von Riegelstein um Fahrnisse in Simmelsdorf bzw. gegen das Handels­ haus Viatis/Peller um Schuldforderungen. Die Bedeutung der hier erschlossenen Quellengattung für die Landesgeschichte und so auch für die Nürnberger Geschichte liegt auf der Hand und muss nicht nochmals be­ tont werden. Bei der Menge der zu erschließenden Akten und bei dem daraus zu er­ wartenden Umfang der Edition - für die Buchstaben A bis D bzw. 2672 Prozessakten von ca. 16.000 benötigte man bereits sieben Bände - ist dem Bayerischen Hauptstaats­ archiv in München und seinen verantwortlichen Mitarbeiten ein sprichwörtlich „langer Atem“ zu wünschen. Michael Diefenhacher

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Ludwig Schnurrer (Bearb.): Urkundenj^d^^der Reichsstadt Rothenburg 1182-1400 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte, III. Reihe, Fränkische Urkundenbücher und Regestenwerke 6). 2 Bde., Neustadt a. d. Aisch: Degener 1999, LXXX, 1448 S., 16 Tafeln, DM 188,-. Mit den Regesten der Urkunden der Reichsstadt Rothenburg wird für die Forschung über diese nicht unbedeutende Reichsstadt mit ungewöhnlich reicher Überlieferung eine bisher merklich klaffende Lücke geschlossen. Der Bearbeiter gibt sämtliche Ur­ kunden von 1182 bis 1400 wieder, ob in originaler Ausfertigung oder jeglicher Form von kopialer Überlieferung vorliegend (bis hin zu Regestenwerken bzw. Findbüchern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert). Kriterium für die Auswahl der ca. 3000 Urkunden war deren Provenienz, wobei dieser Begriff sehr weit gefasst wurde und sämtliche inner­ städtischen Provenienzen sowie zwei Stadtklöster, zwei Ritterordenskommenden, zwei Drittordenshäuser, zwei kleinere Klöster im Umland und ein städtisches Spital ein­ schließt. Die Regesten wurden formal und inhaltlich nach den Grundsätzen Heine­ meyers wiedergegeben und genügen den üblichen wissenschaftlichen Anforderungen an ein Urkundenbuch in jeglicher Weise, gehen durch die verstärkte Einbeziehung auch lokaler und regionaler Literatur im kritischen Apparat sogar darüber hinaus. Einzig die Verwendung von (überlieferungsgeschichtlich bedingten und erklärbaren) Unter- und Vacat-Nummern wirkt etwas störend. Den Regesten vorangestellt wurde ein ausführ­ liches Literaturverzeichnis, ein detaillierter Abriss der Geschichte des Archivs der Reichsstadt von den Anfängen bis 1997, in dem jedoch zuweilen der Lokalpatriotismus über die strikte Objektivität obsiegte, sowie eine beeindruckende, allein schon durch ihre Fülle die spätere Zersplitterung des reichsstädtischen Archivs und dadurch bedingte komplizierte Überlieferungslage wiederspiegelnde Übersicht der hier einge­ flossenen „primären“ (Ausfertigungen) und „sekundären“ (kopialen) Überlieferung. Abgerundet wird das Werk durch ein ca. 250seitiges Orts- und Personenregister sowie ein eigenes, ca. 60-seitiges, kombiniertes Sachregister und Glossar. Der Umfang beider Teile verdeutlicht noch einmal die schon angesprochenen Fülle der Überlieferung. In den genannten Stärken ist jedoch auch die Schwäche dieses Werkes wie auch die traditioneller Urkundenbücher im allgemeinen bedingt. Folgt man weiterhin den strengen Erfassungskriterien, die sich an der Diplomatik für die in wesentlich geringerer Zahl vorliegenden früh- und hochmittelalterlichen Urkunden orientieren, und versucht man weiterhin im Sinne einer historischen „Abrundung der Überlieferung“ jegliche Form kopial überlieferten Materials sowie alle vermeintlich relevanten Provenienzen zu berücksichtigen - im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob nicht zumindest einige der aufgenommenen geistlichen Institutionen einen eigenen Band rechtfertigen würden -, wird man die Masse der Urkunden des späten Mittelalters nicht bewältigen können. Der Anteil von traditionellen Urkundenbüchern, die im 14. Jahrhundert oder mit dem Jahr 1400 enden (im Falle der mit einer noch reicheren Überlieferung geseg­ neten Reichsstadt Nürnberg stellt bezeichnenderweise das Jahr 1300 die Grenze dar), spricht hier eine deutliche Sprache. Und auch der Bearbeiter des vorliegenden Werkes, seit 1964 nebenamtlich im Stadtarchivs Rothenburg tätig, nennt einen Bearbeitungszeit­ raum von 35 Jahren. Da allgemeinhin die Überlieferung vor 1400 noch überschaubarer

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ist als die der folgenden Zeit, sind (trotz der Hoffnung, dass der Bearbeiter den Rezen­ senten eines besseren belehrt) Zweifel daran erlaubt, dass der angekündigte Folgeband der Urkunden bis 1500 jemals erscheinen wird. Thomas Engelke

Dieter J. Weiß: Die Bischofsreihe von 1522 bis 1693 (Das exemte Bistum Bamberg 3, Germania Sacra Neue Folge 38). Berlin / New York: de Gruyter 2000. XVI, 682 S. DM 256,-. Die Germania Sacra bearbeitet nach einheitlichem Schema die deutsche Kirche bis zum Ende des Alten Reiches, was entgegen einem populären, durch frühere Bearbeiter und deren Schwerpunktsetzungen geförderten Vorurteil über das Mittelalter hinaus die frühe Neuzeit mit einschließt. Der neue Band behandelt sogar ausschließlich 15 Bamberger Bischöfe zwischen 1522 und 1693. Die Biogramme sind nach dem bewährten Schema gegliedert: Abstammung und Vorgeschichte, Wahl und Weihe, Kaiser und Reich, auswärtige Angelegenheiten - darunter benachbarte Reichsstände wie Nürnberg und die fränkischen Zollern, aber auch der Fernbesitz in Kärnten -, innere Angelegen­ heiten - darunter Domkapitel, Finanzen und Wirtschaft (mit vielen Bezügen zu Nürn­ berg) -, geistliche Angelegenheiten, Papst und Kurie, Reformation und Gegenreforma­ tion, Klöster, was die zur Diözese gehörende Stadt Nürnberg besonders betrifft, und Juden, dazu ein eigenes Kapitel Hexenprozesse bei Johann Gottfried von Aschhausen und Johann Georg Fuchs von Dornheim. Von der Reformation über die katholische Reform, vom Zweiten Markgräflerkrieg über den Dreißigjährigen Krieg bis hin zum Fränkischen Reichskreis, dessen ausschreibender Fürst der Bischof war, findet sich eine Fülle von Detailinformationen, nicht zuletzt zu Nürnberg, die alle in einem überzeu­ genden Konnex dargeboten werden. Zahlreiche Einzelfragen von den Münzordnungen bis zur Verbrechensbekämpfung, von den Truppenstationierungen bis zum Schutz fremder Untertanen anderer Konfession vor Übergriffen von religiösen Fanatikern er­ hellen eine Konfessionsschranken überwindende Solidarität der fränkischen Reichs­ stände. Vom Autor wird dies stark betont, aus heutiger Sicht verständlich, doch bleibt zu fragen, welchen Stellenwert solche für das alltägliche Leben in den fränkischen territoria inclausa et permixta unvermeidlichen Maßnahmen wirklich hatten, ob nicht die Abgrenzung doch zunehmend den Normalfall darstellte, ablesbar möglicherweise am Heiratsverhalten oder an Markt- und Festbesuchen. Die Biogramme enden jeweils mit Persönlichem, Beurteilungen, Testamenten, Portraits, Grabdenkmälern, Siegeln und, der frühen Neuzeit angemessen, eigenhändigen Unterschriften. Aufbau und Inhalt ent­ sprechen insoweit Alfred Wendehorst, Die Bischofsreihe von 1455 bis 1617 (Das Bistum Würzburg 3, Germania Sacra Neue Folge 13/1978). Darüber hinaus enthält der Band einleitend S. 19-53 ein gar nicht knappes systematisches Kapitel über den Bischof von Bamberg, seine Stellung gegenüber Papst, Kaiser und Reich, seine geistlichen und weltlichen Aufgaben. Abschließend bringt der Verfasser Daten über die Weihbischöfe, Generalvikare, Fiskale und Kanzler, vier bedeutende Amtsträger der frühneuzeitlich immer wichtigeren Verwaltung; eine ähnliche Zusammenstellung über die fürstbischöf­ lichen Räte wäre wünschenswert. Wie bei der Germania Sacra leider üblich, stehen viele

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Quellenangaben nicht in Anmerkungen, sondern sind in den Text integriert, was die fortlaufende Lektüre erheblich erschwert. Der Hauptnutzen der Publikation liegt aber gerade in ihrer Funktion als Nachschlagewerk für die Landesgeschichte, für die Ge­ schichte der Frühneuzeit, für Nachbardisziplinen von der Kunst- bis zur Literaturge­ schichte. Deshalb ist es besonders wichtig, dass nicht nur auf Sekundärliteratur, sondern auch auf die Quellen in Archiven und Bibliotheken selbst verwiesen wird. Gerade für die frühe Neuzeit, wo Quelleneditionen ohnehin nur in Auswahl sinnvoll erscheinen, wird der Band dadurch zu einem unentbehrlichen Arbeitsinstrument, das jeder zur Hand haben sollte, der sich mit dieser für die Physiognomie Frankens bis heute prä­ genden Epoche beschäftigt. Hoffentlich wird bald für andere Bistümer Vergleichbares geschaffen. Karl Borchardt

Ilse Haeckel: Geschichte der Universitätsbibliothek Erlangen von 1792 bis 1844 (Schriften der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg 37). Erlangen 2000. 184 S., Abb. DM 42,-. „Eine Bibliothek ist eine beträchtliche Sammlung von Büchern, deren Einrichtung jeden Wißbegierigen in den Stand setzt, jede darin enthaltene Abhandlung, ohne unnöthigen Zeitverlust, nach seinem Bedürfnisse zu benützen“. Entsprechend diesem 1834 aufgestellten kühlen Grundsatz dürfte eine Bibliothek auch heute von den meisten Benutzern lediglich als Dienstleistungsbetrieb zur Kenntnis genommen werden. Ihre Geschichte als Institution wird diesem Kundenkreis dagegen kaum bewusst sein, zumal nicht, wenn die dazugehörenden historischen Lokalitäten als Orte der Erinnerungswahrung fehlen, im Falle von Erlangen die Universität mit ihren im Berichtszeitraum zwischen etwa 200 bis 520 Studenten und 29 bis 39 Lehrkräften kei­ neswegs zu den glänzenden Einrichtungen ihrer Art in Deutschland gerechnet werden kann, und auch die Zahlen - etwa die im Berichtsjahr 1830/31 von den 353 Benutzern entliehenen 5634 Bände - heute kaum beeindrucken. Wenn jedoch eine Dissertation von 1953 nach fast einem halben Jahrhundert in Zeiten knapper Mittel in solider Form mit Fadenheftung und Leineneinband einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich ge­ macht wird, sind dies bereits Indizien für den Rang der Arbeit, die immer noch als un­ verzichtbares Hilfsmittel für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte der Universitätsbibliothek Erlangen gilt. Der trockene Titel sowie das detaillierte In­ haltsverzeichnis, das nach einer Auflistung der Direktoren, Unterbibliothekare, Ersten und Zweiten Sekretäre, Gehilfen und Bibliotheksdiener und einer kurzen Darstellung des Etats ebenso sachlich gegliedert Kapitel zum Thema Erwerbung, Räume und Auf­ stellung etc. enthält, lassen eher eine nüchterne Abhandlung des Themas erwarten. Die Lektüre erweist sich dann jedoch als überraschend fesselnd und vermittelt ein vielfäl­ tiges und nicht nur für den Bibliothekar interessantes Bild einer Zeit, die, was Erlangen angeht, nicht zu den großen Abschnitten seiner Vergangenheit gezählt wird. Zunächst zeigt sich, dass nicht nur Bücher, sondern auch Bibliotheken sehr wohl ihre Geschichte haben. In dem von der 1996 verstorbenen Verfasserin beschriebenen Zeitabschnitt, in dem das Schicksal der FAU lange Zeit auf der Kippe stand, wuchs die Universitäts-

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bibliothek nicht nur von ca. 10.149 Bänden im Jahre 1773 auf rund 110.000 Bände und Dissertationen im Jahre 1844 um das Zehnfache an, sie kam damals auch in den Besitz ihrer heute wertvollsten Buchbestände, was wiederum zumeist Folge der damaligen radikalen politischen Veränderungen war. 1806 fiel das Fürstentum Ansbach an Bayern. Erlangen sollte zwar mit Bayreuth preußisch bleiben, wurde aber von den Franzosen be­ setzt und kam erst 1810 an Bayern. Schon 1794 war die Bibliothek des 1529 säkularisierten Franziskanerklosters St. Jobst bei Goldkronach mit über 300 Inkunabeln und Hand­ schriften auf Initiative der universitätsfreundlichen preußischen Regierung nach Erlangen gekommen. 1804/06 folgten die Ansbacher und Schwaninger Schlossbibliotheken mit ca. 10.000 Bänden und kostbaren Handzeichnungen, darunter das um 1491 entstandene berühmte Selbstbildnis Albrecht Dürers, und im Jahre 1818 die Bibliotheken der 1809 aufgehobenen Universität Altdorf mit über 35.000 Bänden, unter denen die berühmte 25.000 Bände umfassende Sammlung Trew heute noch zu den größten Schätzen der Uni­ versitätsbibliothek gehört. Anhand der Geschichte der Übernahme der Ansbacher Schlossbibliothek bekommt der Leser ein lebhaftes Stimmungsbild über die Praxis, wie auf den mittleren und unteren Ebenen der Verwaltung die politischen Entscheidungen umgesetzt wurden. In dem liebevoll abgefassten Text werden auch die Persönlichkeiten der Bibliothekare greifbar, die in einer materiell extrem armen Zeit unter zum Teil schwie­ rigsten Umständen und mit schlechten beruflichen und persönlichen Perspektiven nicht nur ihre Pflicht erfüllten, sondern sich mit Hingabe und Leidenschaft für ihre Biblio­ theken einsetzten. Deutlich gemacht wird nebenbei auch das Problem, Abertausende von Büchern in eine für die Benutzung taugliche Ordnung zu bringen, dass es dabei auf gewachsene Zusammenhänge ankommen kann, d.h. dass in der Universitätsbibliothek ältere Bibliotheken fortbestehen, mithin also eine Bibliothek nicht nur die Summe ihrer Bücher ist. Deswegen stehen die Kataloge und die 1825 ins Leben gerufene Bibliotheks­ kommission zur Schaffung einer Bibliotheksordnung sowie ein Blick auf Öffnungszeiten und die Praxis der Benutzung am Schluss. Verschiedentliche Wiederholungen und gelegentliche kleine Fehler, etwa auf S. 119 die Angabe, die Universität wollte 1828 das Altensteinsche Palais erwerben (sie besaß es bereits seit 1805) können den sehr guten Gesamteindruck der Arbeit nicht schmälern, die von Thomas Hofmann überarbeitet und durch die seit 1953 hinzuge­ kommene Literatur und ein Personenregister ergänzt wurde. Plastischer als die im An­ hang abgebildete Rekonstruktion der Bibliothek im alten Hauptgebäude der Univer­ sität hätte die Situation vielleicht eine der 1993 im Katalog des Stadtmuseums (S. 197) publizierten Originalpläne dargestellt. Andreas Jakob

Bücher im Jahrhundert Gutenbergs. Eine Ausstellung der Universitätsbibliothek, 10. November - 3. Dezember 2000. Katalog hrsg. von Christina Hofmann-Randall (Schriften der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg 38). Erlangen 2000. 152 S., zahlr. Abb. DM 48.-. Als einzige Institution in Bayern hat die Universitätsbibliothek Erlangen-Nürn­ berg des 600. Geburtstags von Johannes Gutenberg im Jahr 2000 gedacht. Die exqui­ site, allerdings nur vier Wochen lang gezeigte Ausstellung vereinigte 39 ausgewählte,

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen seltene oder wertvolle Inkunabeln mit Handschriften und Graphiken (die im Vorwort erwähnten Leihgaben finden im Ausstellungskatalog keine Berücksichtigung). C. Hofmann-Randall konzentrierte sich dabei auf zwei Themen, die in vier dem Katalog vorangestellten Aufsätzen vertieft werden: die Gestaltung des gedruckten Buches in seinen neuen sowie seinen traditionsverbundenen Aspekten und die Einführung des Buchdrucks in Franken. Einen breiten Raum in der Ausstellung wurde dem Verhältnis vom gedruckten zum handgeschriebenen Buch eingeräumt. Bei dem Buchschmuck wie Rubriken, Lombarden oder gemalten Initialen handelte es sich anfangs um gesonderte ma­ nuelle Arbeitsgänge, deren Mechanisierung in Form von Rotdruck oder Initialen und Illustrationen in Holzschnitt-Technik bald einsetzte (Kat. 5-9, 39-48 und die Beiträge von Peter Christian Jacobsen und Christian Hecht). Aus der Sicht einer Buch­ historikerin erläutert Ursula Rautenberg in ihrem einleitenden Aufsatz die revo­ lutionären Implikationen der Erfindung Gutenbergs. Die mechanisierte Buchherstel­ lung trug zur Entstehung einer typographischen Kultur sowie einer neuen Ästhetik der aus Schwarzweiß-Werten aufgebauten Buchseite bei. Außerdem kam es infolge der industriellen Herstellungstechnologien vom präzisen Letternguss bis hin zum Druck in hohen Exemplarzahlen zu einer Ausdifferenzierung der mit der Buchanfer­ tigung verbundenen Gewerbe und zur Ausbildung eines an kommerziellen Zielen orientierten Buchhandels. Hauptthema der Ausstellung aber war die Einführung des Buchdrucks in Franken, in Bamberg als dritter und in Nürnberg als neunter deutscher Stadt überhaupt. Mit einem Exemplar der 36-zeiligen Bibel besitzt die Universitätsbibliothek ErlangenNürnberg ein rares Hauptzeugnis des ersten in Bamberg um 1460 tätigen anonymen Druckers. Er wurde sowohl mit Gutenberg als auch dessen Gesellen Heinrich Keffer identifiziert, die beide den bereits aus Mainzer Drucken bekannten Typensatz nach Bamberg gebracht haben könnten. Heinrich Keffer ist erst 1473 wieder sicher nach­ weisbar, dieses Mal in Nürnberg, wo er seit 1469 mit dem ersten in Nürnberg ansäs­ sigen Drucker, Johannes Sensenschmidt aus Eger, zusammenarbeitete (Kat. 11, 12). Die kontroverse Diskussion zum ersten Bamberger Druck und den Beginn der Buch­ herstellung in Nürnberg referiert und kommentiert Hans-Otto Keunecke fundiert in einem Aufsatz. Von allen in der ehemaligen Reichsstadt bezeugten Verlegern (Kat. 23-25) hat der seit 1471 tätige Anton Koberger die wirtschaftlichen Möglichkeiten des neuen Mediums am besten genutzt und ein ganz Europa umspannendes Unter­ nehmen aufgebaut (Kat. 13-20). Sein Zeitgenosse, der Mathematiker und Astronom Johannes Regiomontanus, griff dagegen für seinen ersten, 1473 in Nürnberg publi­ zierten, selten erhaltenen Kalender auf die veraltete Technik des Holztafeldrucks zurück (Kat. 21, 22). Aus den späteren Druckzeugnissen aus Bamberg, Würzburg und Eichstätt sind vor allem aufwändig hergestellte liturgische Bücher ausgewählt worden (Kat. 26-31). Ausblicke auf Einbandformen (Kat. 32-38) und den Inkunabeldruck außerhalb Deutschlands rundeten die Ausstellung ab (Kat. 43-49). Bei der Erstellung der Druckvorlage zum Katalog sind bedauerlicherweise die Querverweise innerhalb der Fußnoten des Beitrags von Hans-Otto Keunecke in Unordnung geraten (zu jeder Verweisung sind 15 Nummern hinzuzuzählen), so dass

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der Band mit einem einliegenden, korrigierten Sonderdruck des Aufsatzes vertrieben wird. Da eine Auflösung der abgekürzt zitierten Titel nicht vorliegt, bleibt die Entschlüsselung der Hinweise auf Ludwig Hains Repertorium bibliographicum (Hain), den Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW) oder den Incunabula Short Title Catalogue (ISTC) der British Library den Inkunabelspezialisten Vorbehalten. Der von C. Hofmann-Randall herausgegebene Katalogband mit knappen, verständlich geschriebenen Texten und Abbildungen von fast allen Stücken vermittelt aber einen Eindruck von den Einblicken in die fränkische Druckgeschichte, die die in Erlangen aufbewahrte Sammlung von 2.136 Inkunabeln geben kann. Bei der Lektüre stellt sich der Wunsch ein, dass dieser Inkunabelsammlung bald eine modernen wissenschaft­ lichen Erfordernissen gemäße Erschließung zuteil werden möge. Christine Sauer Eberhard Krauß: Exulanten aus dem westlichen Waldviertel in Franken (ca. 1627-1670). Eine familien- und kirchengeschichtliche Untersuchung (Quellen und Forschungen zur fränkischen Familiengeschichte 5). Nürnberg: Selbstverlag der Ge­ sellschaft für Familienforschung in Franken 1997. IX u. 652 S., Abb., 4 Kartenskizzen u. 3 Karten, DM 69,-. Konrad Barthel: Exulanten und Zuwanderer im Evangelisch-Lutherischen De­ kanat Altdorf bei Nürnberg von 1626 bis 1699 (unter Einschluß der bis 1972 zum Dekanat Altdorf gehörigen evangelischen Kirchengemeinde Fischbach) (Quellen und Forschungen zur fränkischen Familiengeschichte 7). Nürnberg: Selbstverlag der Ge­ sellschaft für Familienforschung in Franken 2000. 290 S., Abb., 4 Kartenskizzen u. 3 Karten. DM 37,50. Einer der traditionellen Sammlungs- und Forschungsschwerpunkte der Gesellschaft für Familienforschung in Franken (GFF) ist schon seit den Arbeiten von Pfarrer Georg Kuhr auf die österreichischen Exulanten im 17. Jahrhundert ausgerichtet. Dabei wurden topographisch beide Seiten dieser Migration, sowohl die Auswanderungs- als auch die Einwanderungsgebiete, gleichermaßen in den Blick genommen. Nachdem das Wald­ viertel bereits mit einer Edition der (zumindest angeblich) zum Katholizismus „Neube­ kehrten“ berücksichtigt wurde (hierzu vgl. MVGN 81/1994, S. 296 f.), untersucht Pfarrer Eberhard Krauß nun in einer außerordentlichen Fleißarbeit die in der Mitte des 17. Jahrhunderts von dort sowie aus Böhmen, Kärnten, dem Mühlviertel, Nieder- und Oberösterreich, Salzburg, den Landen ob der Enns und unter der Enns nach Franken ausgewanderten Familien. Den Schwerpunkt der vorliegenden prosopographischen Arbeit (S. 129-589) bildet ein Verzeichnis von 3376 Exulanten, soweit möglich mit Angabe ihrer Herkunft. Zusätzlich werden Beruf, Geburts-, Heirats- und Sterbedaten, Eltern, Ehe­ partner und Kinder bezeichnet, soweit diese vorwiegend anhand von Kirchenbüchern in Niederösterreich (v.a. Großgerungs, Großschönau, Traunstein) und in Franken (v.a. De­ kanate Bad Windsheim, Dinkelsbühl, Fürth, Kitzingen, Leutershausen, Uffenheim, Wassertrüdingen, Windsbach) ermittelt werden konnten. Dabei begegnen zahlreiche Namen, die auch in der oben erwähnten „Nomenclatur“ als „Neubekehrte“ im Waldviertel ge­ führt sind. Besonders werden die verwandtschaftlichen Beziehungen kenntlich gemacht.

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Ausgangspunkt der Flucht- oder Vertreibungswelle war das sog. „Generalmandat" Kaiser Ferdinands II. vom 14. September 1627 an die niederösterreichen Stände, mit dem „unkatholische und sectische Prädicanten und Schuelmeister" aufgefordert wurden, binnen 14 Tagen das Land unter der Enns zu verlassen. Wenig später mussten auch die Kirchenpatrone kurzfristig katholische Pfarrer einsetzen. Allerdings bestand faktisch noch länger ein evangelisches Gemeindeleben, bis 1652/55 durch das Vorgehen einer Reformationskommission die „Bekehrung" oder - als einzige Alternative - die Emigration forciert wurde. Krauß charakterisiert auch den Zustand der Pfarreien in Franken, wo sich die Exulanten schwerpunktmäßig niederließen, wie Gräfensteinberg, Kalbensteinberg, Kalchreuth, Weißenkirchberg, Zirndorf, Cadolzburg, Roßtal, Ostheim (Hahnenkamm) sowie in den zur Grafschaft Wolfstein gehörigen Sulzbürg und Pyrbaum (seit dem 19. Jahrhundert Teil der Oberpfalz). Infolge des Dreißigjährigen Kriegs waren viele Orte ganz oder teilweise verödet, so dass die Exulanten zerstörte Hofstellen über­ nehmen konnten. Krauß betont die Rolle der Exulanten beim Wiederaufbau des ma­ teriellen und des religiösen Lebens im heutigen Mittelfranken. Da es sich bei der Zuwanderung aus dem Waldviertel Mitte des 17. Jahrhundert „um private Aktionen" (S. 30) handelte, bei der jeweils kleinere, durch den Familien- oder Ortsverband bestimmte Gruppen zuwanderten, hat sich diese Einwanderungswelle im allgemeinen Gedächtnis weniger stark eingeprägt als die stärker organisierte Salzburger Emigration 1732. Allein durch die oft drei- bis viersilbigen Familiennamen sowie be­ vorzugte Vornamen wird in manchen Fällen deren Herkunft aus Ober- und Nieder­ österreich erkennbar. Durch die Einführung (S. 1-103 mit eigenem Personen- und Ortsregister S. 104-123) wird das im Mittelpunkt stehende Personenverzeichnis in seinen historischen Zusam­ menhang gestellt. In erster Linie ist dieses wohl für Genealogen und Familienforscher bestimmt, doch durch das Ortsregister (S. 590-627), das zweckmäßig trennt nach Orten in „Deutschland", wo vorwiegend die fränkischen Zuwanderungsorte zu finden sind, und solchen in „Österreich", von wo die Exulanten herkamen, ist es auch für lokalge­ schichtliche Arbeiten gut nutzbar. Auch zu Nürnberg selbst und noch viel häufiger zu Orten im einstigen Landgebiet finden sich viele Erwähnungen. Zu jedem Ort wird je­ weils mit angegeben, welcher Pfarrei bzw. welchem Dekanat er zugehörte. Ein weiterer Band nimmt noch stärker ein bestimmtes Einwanderungsgebiet von Exulanten in Betracht. Die meisten nürnbergischen Pfarreien sind unter diesem Aspekt noch nicht hinreichend untersucht. So galt für das nürnbergische Dekanat Altdorf (in seinen historischen Grenzen u. a. mit den alten Pfarreien Altdorf, Eismannsberg, En­ tenberg, Feucht, Fischbach, Leinburg, Oberferrieden und Rasch) die Vermutung, es habe dort keine nennenswerte Zuwanderung gegeben. Diese These kann durch das Exulantenverzeichnis von Konrad Barthel überzeugend widerlegt werden. Es konnten immerhin 686 Zuwanderer nachgewiesen werden. Der UntersuchungsZeitraum der beiden Studien, in denen es nur eine minimale Überschnei­ dung im Personenbestand gibt (z.B. Nr. 55 bzw. 234), ist weitgehend identisch, bei Bar­ thel allerdings etwas weiter gefasst.

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Den Hauptteil von Barthels Buch bildet ein alphabetisches Verzeichnis der Exu­ lanten (S. 87-237). Diese kamen überwiegend aus Ober- und Niederösterreich, der Stei­ ermark, Kärnten, Krain, Böhmen, dem Erzbistum Salzburg, Tirol sowie aus der Kur­ pfalz und Pfalz-Neuburg. Die Eintragungen erfassen, je nach Verfügbarkeit von Quellen, zu den einzelnen Namen den Herkunftsort, eine Berufsangabe, die Eltern, Datum und Ort (meist Altdorf) der Eheschließung, Ehepartner und Kinder. Barthel hat vor allem die Kirchenbücher des alten Dekanats Altdorf ausgewertet. Teils kann auf die zuerst genannte Arbeit von Krauß sowie auf das 1992 edierte „Verzeichnis der Neube­ kehrten“ verwiesen werden. Typographisch ist die Liste von Barthel (z. B. durch den Fettdruck der Namen) etwas leserfreundlicher, im Prinzip entspricht das Schema der Einträge zu jeder ein­ zelnen Person weitestgehend dem Verzeichnis von Krauß. Einzelne kryptische Buch­ staben erinnern eher an Steuerzeichen einer elektronischen Datenbank, die beiden Publikationen sicher zugrunde liegt. Für einen raschen und erleichterten Zugang könnte als Ergänzung zu der gedruckten Publikation parallel auch eine CD-ROM produziert werden. Bei vielen genealogischen oder lexikalischen Werken, die ohnedies stets mit EDV-Programmen erstellt werden, hat sich dies allmählich zum Standard entwickelt. Die Quellennachweise zu den einzelnen Personen sind nicht in die beiden Publika­ tionen aufgenommen, sondern nur über die Sammlungen der GFF aufzufinden. Auf einer CD-ROM, die für Verzeichnisse und Listen ohnehin das geeignete Medium dar­ stellt, könnten auch diese Zusatzinformationen ohne weiteres ausreichend Platz finden. Beide Bände sind in erster Linie für Genealogen und Familienforscher konzipiert, doch sie verdeutlichen zugleich mit einer Fülle von konkreten Fakten die hohe vertikale Mobilität in der frühneuzeitlichen ständischen Gesellschaft. Bernhard Ehneth

Ursula Schädler-Saub: Gotische Wandmalereien in Mittelfranken. (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 109). München: Bayerisches Lan­ desamt für Denkmalpflege 2000. 296 S., 314 Abb. DM 59,-. Die Inhaberin des Lehrstuhls im Studiengang Restaurierung an der Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Ursula Schädler-Saub, war von 1986 bis 1993 Re­ ferentin für den Bereich Ostmittelfranken. Als Kunsthistorikerin und Restauratorin war sie in dieser Zeit mit der Tatsache konfrontiert, dass die gotischen Wandmalereien in diesem Gebiet kaum kunsthistorisch bearbeitet waren und auch in den Inventar­ bänden der „Kunstdenkmäler von Bayern“ bzw. der „Bayerischen Kunstdenkmale“ (Kurzinventare) kaum verzeichnet sind. Mit dem vorliegenden Arbeitsheft wird die bisher schmerzhaft empfundene Lücke für die Stadt Nürnberg, den Landkreis Nürnberger Land sowie für die Stadt Weißen­ burg und die Landkreise Roth und Weißenburg-Gunzenhausen geschlossen. Der noch immer umfangreiche Bestand wird nach einer wohldurchdachten und fundierten Glie­ derung untersucht, wobei die Beobachtungen zur Maltechnik wie Freskomalerei, Kalk­ malerei, Fresco-Secco-Techniken, Temperamalerei und Metallauflagen dem Restaurator wichtige Erkenntnisse liefern und dem Kunsthistoriker oder Heimatforscher einen

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leicht verständlichen Einstieg vermitteln. Ein breites Feld ist den Themen zur Denk­ malpflege, Freilegung, Restaurierung und Präsentation mittelalterlicher Wandmalerei gewidmet und leitet über in die Darlegungen zur Geschichte und stilistischen Entwick­ lung. Ein weiteres Kapitel geht speziell auf verlorene Wandmalereien im Untersu­ chungsgebiet ein (Nürnberg: Katharinenkloster, Moritzkapelle, Hl.-Geist-Kirche, Do­ minikanerkloster und Augustinerkloster). Übersichtlich gestaltet und mit allen erkennbaren und wissenswerten Fakten ausge­ stattet ist ein umfangreicher Katalogteil (139 Seiten, davon 43 Seiten die Stadt Nürnberg betreffend). Aus dem Stadtgebiet Nürnberg werden die Wandgemälde aus Unserer Lieben Frau (Frauenkirche), St. Jakob (ehemals Deutschordenskirche), St. Lorenz und St. Sebald sowie aus den eingemeindeten Vororten die aus Eibach (St. Johann Baptist), Katzwang (St. Maria), Kraftshof (St. Georg) und Reutles (St. Felicitas) vorgestellt. Die jeweils auf die Einzelkapitel abgestellte Nummerierung der Abbildungen und Anmer­ kungen ist im Gebrauch etwas gewöhnungsbedürftig. Einem präzise arbeitenden Kreis von Kolleginnen und Kollegen ist eine umfassende und zuverlässige Bestandsdoku­ mentation gelungen, die als grundlegende Ergänzung zu den Denkmalinventaren ein unverzichtbares Arbeitsmittel darstellt. Georg Stolz

Die Skulpturen des 14. bis 17. Jahrhunderts. Kunstsammlungen der Veste Coburg: ein Auswahlkatalog. Bearb. von Ulrike Heinrichs-Schreiber. Hrsg, von Michael Eissenhauer. Coburg 1998. 130 S., 35 Farbtafeln. DM 58,-. 1998 erschien ein längst überfälliger Katalog zu Teilen des Skulpturenbestandes in den Kunstsammlungen der Veste Coburg. Rühmlich war das Unterfangen, da die dor­ tigen Bildwerke bis dato weitgehend unbearbeitet geblieben waren. In überschaubarer Zeit entstand ein Auswahlkatalog zu rund einem Drittel des Coburger Bestandes. 44 mittelalterliche und frühneuzeitliche Einzelstücke aus Holz und Ton sind in 14 nach chronologischen Gesichtspunkten geordneten Katalognummern abgehandelt. Die Aus­ wahl beginnt mit einer fränkischen Madonna von 1360/70 und schließt mit dem Holz­ modell für die Grabplatte Herzog Johann Casimirs von Sachsen-Coburg, das mit seiner angenommenen Entstehungszeit von 1630 aus dem Schwerpunktbereich des bearbei­ teten Konvoluts ausschert. Die Konzentration liegt auf den Bildwerken des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Jedes der 44 Objekte ist großformatig farbig abgebildet, und die zur kunsthistorischen Analyse herangezogenen Vergleichsbeispiele sind als schwarzweiße Abbildungen dem Text beigegeben. Autorin aller Abhandlungen ist Ulrike Heinrichs-Schreiber, versiert gerade auf dem Gebiet spätmittelalterlicher Skulptur. Die Katalognummern sind identisch aufgebaut. Nach dem Titel, der kunst­ landschaftlichen Zuordnung, der Datierung und den Maßen folgen ausführliche Angaben zum Zustand und zur Konstruktion. Die Provenienzangabe verrät, dass die Mehrzahl der Objekte aus dem Gebiet um Coburg stammt und im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts in die herzogliche Sammlung der Veste gelangt waren. An diese Datenaufzählung schließt sich die kunsthistorische Interpretation der jeweiligen Stücke an, in der die erfolgte regionale und zeitliche Einordnung erläutert ist. Im Folgenden

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soll auf die wissenschaftliche Bewertung einiger ausgewählter Werke eingegangen werden. Erwartungsvoll widmet sich der Interessierte den Ausführungen zur Coburger Pieta, dem prominentesten und am intensivsten erforschten Stück der Sammlung. Wil­ helm Pinder, Altmeister auf dem Gebiet deutscher Plastik, datierte in den 1920ern das Vesperbild um 1320/30 und erklärte es zum ältesten Vertreter seines Bildtypus. Der Katalogbearbeiterin gelingt es aufgrund stilistischer Beobachtungen überzeugend, die Entstehung der Pieta auf 1360/70 zu verschieben. Ähnlich gut nachvollziehbar ist ihre Neubewertung der Funktion des lebensgroßen Vesperbildes als ein auf Fernwirkung angelegtes repräsentatives Bildwerk, das für Langhaus oder Flochchor der Kirche des Sonnefelder Zisterzienserinnenklosters bestimmt war. Aufgrund dieser Erkenntnisse kommt dem Beitrag der Rang einer eigenen, weit über einen Katalogeintrag hinausrei­ chenden wissenschaftlichen Abhandlung zu. In ihrem Text zu dem zwölfteiligen tönernen Apostelzyklus aus der Pfarrkirche von Meeder bei Coburg fehlt bei dem hinlänglich bekannten Vergleich mit einer fragmen­ tierten Apostelfigur, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Auffüllungsschutt unter dem Fußboden der Nürnberger Frauenkirche gefunden worden war, bedauerlicher­ weise die Information, dass sich dieses Nürnberger Tonbildwerk des Weichen Stils über Jahrzehnte hinweg bis zu seiner Veräußerung 1921 in der Sammlung des Germanischen Nationalmuseums befunden hat und in zwei frühen Bestandskatalogen des Hauses auf­ geführt ist. Im Jahr 1999, nach Abschluss des Coburger Katalogdrucks, konnte das Stück von der Skulpturensammlung des Germanischen Nationalmuseums wiederer­ worben werden und dokumentiert seitdem in der Zusammenschau mit einer qualitätvolleren Serie tönerner Apostel die unterschiedlichen Qualitätsstufen Nürnberger Ton­ plastik um 1400. Ebenfalls dem Kunstzentrum Nürnberg entstammt ein knapp 41 cm hoher Kruzifixus aus edlem Buchsbaumholz. Mit einer Datierung in das späte 15. Jahr­ hundert und der Betonung, dass der Corpus noch ganz der Stilsprache Martin Schongauers angehöre, wendet sich Heinrichs-Schreiber gegen die zuletzt geäußerte Vermu­ tung, dass der Holzcorpus ein Produkt der Dürer-Renaissance des 17. Jahrhunderts sei. Ihre ausführlich erläuterte Vorgehensweise eines Schnitzers bei der Formulierung von acht Marienlebenszenen für ein Retabel des Benediktinerklosters Mönchröden, nämlich die der Verwendung graphischer Vorlagen Martin Schongauers und Albrecht Dürers, stellt exemplarisch die Arbeitsweise damaliger Künstlerhandwerker vor. Dokument der Arbeitsvorgänge in Bildhauerwerkstätten ist ebenfalls das Holzmodell für das Bronze­ grabmal des im Jahr 1633 verstorbenen Herzogs Johann Casimir von Sachsen-Coburg, das dem aufwendigen und kostspieligen Guss der Platte in Bronze vorausging. Hein­ richs-Schreiber beendet mit diesem Stück den Auswahlkatalog. Ziel der Museumspublikation, so der damalige Direktor der Coburger Kunstsamm­ lungen, Michael Eissenhauer, in seinem Vorwort, war die Allgemeinverständlichkeit des Inhalts. Die langatmigen technischen und konservatorischen Ausführungen zu Beginn einer jeder Katalognummer sind diesem Anliegen jedoch eher abträglich, zumal diese nicht argumentativ eingesetzt werden. Im Gegensatz hierzu sind die präzise formu­ lierten Texte mit den methodisch sauber durchgeführten Analysen der Kunstwerke äußerst erhellend. Nach der Lektüre eines jeden Katalogeintrags hat der Leser das Ge­ fühl, die korrekte Einordnung eines Stückes erfahren zu haben. Das ehrgeizige Pro-

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gramm, einen unbearbeiteten, von der Fachwelt weitgehend vernachlässigten Bestand an Holz- und Tonskulpturen vorzustellen, ist mit dem Coburger Auswahlkatalog voll und ganz gelungen. Annette Scherer

Frankens große Namen. Bd. 1: Ludwig Erhard (Klaus Schardt), Bd. 2: Gustav Schickedanz (Klaus Schardt), Bd. 3: Michael Wolgemut (Amelie Himmel), Bd. 4: Johann Sigmund Schuckert (Daniela Stadler), Bd. 5: Johann Adam Delsenbach (Ruth Bach-Damaskinos). Nürnberg: Hofmann 2000. Je 47 S., zahlr. Abb. Jeweils DM 16,80. Nach wie vor großen Zuspruchs erfreut sich die Ausarbeitung von Biographien re­ gionalen Zuschnitts. Neben der seit vielen Jahren eingeführten Reihe der „Fränkischen Lebensbilder“ der Gesellschaft für Fränkische Geschichte, die sich insbesondere den noch nicht umfassend erforschten Persönlichkeiten widmet, hat nun der HofmannVerlag mit der Herausgabe von fünf ersten Bänden eine neue Publikationsreihe mit Bio­ graphien berühmter fränkischer Persönlichkeiten initiiert. Besonders hervorzuheben ist, dass der Verlag nicht der Idee verfiel, die Bände in populärwissenschaftlichem jour­ nalistischen Stil abfassen zu lassen, was aufgrund der Zielgruppe vielleicht hätte nahe­ liegen können, sondern die Reihe vielmehr auf wissenschaftlichem Anspruch und Duktus basierend anbietet. Die kleinformatigen, gut recherchierten Bände sind sämtlich in gleichem Umfang gehalten und ausführlich illustriert; sie beinhalten jeweils zwar keinen wissenschaftlichen Anmerkungsapparat, jedoch Literaturangaben und - bei den Künstlerbiographien - ein Verzeichnis der Werke beziehungsweise deren Verwahrungs­ orte. Clemens Wächter

Ulrike Läufer: Technik und Bildung. Bürgerliche Initiativen und staatliche Regle­ mentierung im beruflich-technischen Schulwesen Bayerns und der bayerischen Pfalz 1789-1848 (Mannheimer Historische Forschung 19). Mannheim: Palatium-Verlag 2000. 9 Abb., 439 S. DM 68,-. Unter dem - leider unpräzisen und abgegriffenen - Haupttitel „Technik und Bil­ dung“ schließt die Autorin in ihrer Mannheimer Dissertation, die nunmehr überarbeitet gedruckt vorliegt, eine Lücke in der Darstellung des „beruflich-technischen Schulwe­ sens Bayerns“. Weil den polytechnischen Schulen schon ein längerer Aufsatz von Stefan Fisch gewidmet ist, will sich Läufer auf die Gewerbeschulen konzentrieren, tatsächlich gelingt ihr das nicht bei der Gemengelage von „polytechnischer Aufklärung“ und der Forderung nach berufspropädeutischer Praxisorientierung der verschiedenen Protago­ nisten der damaligen bildungspolitischen Diskussion. Das schadet der Arbeit ganz und gar nicht, sagt eher etwas aus über die Wertschätzung von Einleitungen. Dort wird eine weitere perspektivische Einschränkung angekündigt: Es geht der Autorin darum, die „Antriebskräfte bildungspolitischen Engagements im Bürgertum“ und die Position der Staatsregierung kenntlich zu machen. Als einige der erkenntnisleitenden Interessen werden formuliert: die Wandlung der „sozialständischen Gesellschaft“ in eine „bürger-

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen liehe ,Berufsgesellschaft4“ und die Hebung der Industrie in Bayern unter Beteiligung der Gewerbeschulen, die gesamtschulartige Kooperation der gewerblich-technischen Schulen mit den Gymnasien, die besonders in der Pfalz genutzt wurde. Gerade die Mit­ einbeziehung der Pfalz - politisch liberal, mit großem Wissenschafts- und Technolo­ giepotential - soll die Möglichkeit zu instruktiven Vergleichen geben. Nun beginnt in dem „Voraussetzungen und Rahmenbedingungen“ genannten Ka­ pitel (leider auch dies eine nicht ganz gelungene Überschrift, denn die ausführliche, über 100 Seiten umfassende Ausbreitung der Zustände in Großbritannien, Frankreich, Preußen, Österreich und Bayern führt mitten ins Thema und macht fast ein Drittel des Textes aus) eine spannende tour d’horizon der bildungspolitischen Auseinanderset­ zungen seit der Französischen Revolution bis in die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts. Auf der Basis einer hervorragenden Kenntnis der damaligen Diskussionen kann Läufer die unterschiedlichen Konzepte der modernisierungswilligen Kaufleute, Unternehmer, Beamten, Lehrer und Wissenschaftler als „polytechnische Aufklärung“, in der ideali­ stische, republikanische, liberale wie rationalistische Ideen nicht zu einem Parteipro­ gramm, wohl aber zu einem Bildungsideal verschmolzen, vorführen. Damit vertrugen sich die Interessen des Landwirtschaft und Gewerbe treibenden Bürgertums oft nicht, vereint waren beide Seiten aber im Ziele der Ausweitung des technisch-gewerblichen Schulzweiges. Die eigentlich berufliche Bildung fand zunächst in den von den Kommunen getra­ genen Sonntagsschulen und Realkursen statt. Wie sich schließlich der Typus Gewerbe­ schule doch etablieren konnte, ist im Spiegel des Widerstreits von Bürgerinitiativen, Landtagsverhandlungen und Regierungsbeschlüssen Thema des zweiten Teils. Johann Jakob Schnell in Nürnberg und Johann Gottfried Dingler in Augsburg werden als herausragende Protagonisten der gewerblich-polytechnischen Idee ausführlich gewür­ digt, ebenso wie die widersprüchliche Position des ehemaligen Nürnberger Mathe­ matikprofessors und späteren königlichen Finanzberaters Friedrich Benedikt Hermann. Weil sich beim 1. Landtag 1819 noch keine Mehrheit für die technisch­ gewerbliche Schule abzeichnete, ergriffen die Städte wieder die Initiative. Allen voran Nürnberg, wo es Johannes Scharrer gelang, die unterschiedlichen Interessen zu einer pragmatischen Lösung zu bündeln: Die polytechnische Schule, eine reine Abend- und Sonntagsschule, entstand 1822, Ähnliches scheiterte in Augsburg und in München. Mit dem Landtagsbeschluss von 1825 und der Einsicht des neuen Königs Ludwigs I., dass die staatliche Kontrolle des Bildungswesens wesentlich der Festigung der Herrschaft diene, war der Weg dem ersten Gewerbeschuledikt von 1829 geebnet. Nun sollten die neuen polytechnischen Schulen dem Lehrplan der neugegründeten Polytechnischen Centralschule in München angeglichen werden, was gerade in Nürnberg, das sich ja an der besonderen Gewerbestruktur der Stadt ausgerichtet hatte, zu vergeblichem Protest führte. Doch der entscheidende Bruch mit dem in kommunaler Tradition stehenden tech­ nisch-gewerblichen Schulwesen folgte mit dem Gewerbeedikt von 1833, dessen Aus­ wirkungen Ulrike Läufer im dritten Teil ihrer Arbeit die größte Aufmerksamkeit schenkt, dessen Entstehung (nicht Vorgeschichte) aber eigentümlich blass bleibt. Das Gewerbeedikt bedeutete „die Organisation und Kontrolle des gewerblich-technischen Bildungswesens durch den Staat“ und war nach Läufer ein - wenn auch misslungener

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen - Baustein der „Souveränitätspolitik Ludwigs I.“, der sich eine neue „Gewerbe-Elite“ heranziehen wollte. Gegen diese Entmachtung der Kommunen leistete gerade Nürn­ berg starken Widerstand. Angeführt von Johannes Scharrer erreichten die Nürnberger den Erhalt der Kunstschule und der höheren Bürgerschule, nunmehr Handelsgewer­ beschule genannt. Dafür wurden aus der bestehenden Polytechnischen Schule die Kreis-Gewerbeschule und die nun für die Münchner Technische Hochschule als Zulieferer dienende neue Polytechnische Schule. Die Finanzierung des neuen techni­ schen Schulsystems überließ der Staat den Kommunen. Ihnen war es gerade in den Krisenjahren der Gewerbeschulen 1839-1841 zu verdanken, dass der Schulzweig überlebte. Staat und Bürgertum hatten die Erwartung gehegt, dass neue Schülerschichten er­ schlossen und auf den gewerblich-technischen Bereich hingezogen würden. Läufer stellt hierzu eine der seltenen Schülerlisten aus Kaiserslautern vor, wonach ein Viertel der Schüler später dem Gewerbe oder der Landwirtschaft dienten. In Nürnberg, so ein zeit­ genössisches Zitat, würden die meisten Schüler danach in den Staatsdienst streben. Schülerkarrieren - das wäre ein eigenes sozialgeschichtliches Thema, das nicht zur Fragestellung der Autorin gehört und deshalb nicht weiter vertieft wird. Den modernen Gedanken von Sponsoring und Technologietransfer greift sie dagegen auf. Den liberalen Vorstellungen von der Allgemeinbildung des Bürgers wurde die Regierung insofern gerecht, als sie den Realienunterricht an den Gewerbeschulen zunächst förderte. Doch wie die Schülerstatistiken zeigten, nahm die Bevölkerung hauptsächlich das berufs­ propädeutische Angebot im Handwerkerfeiertagsunterricht wahr, der geringere Teil besuchte den werktäglichen Gewerbeschulunterricht. Die nur langsam steigende Nach­ frage nach dem Gewerbeschulangebot wurde diesem Schultypus angekreidet. Kritisiert wurde immer mehr auch die Integration von berufspropädeutischem Ge­ werbe- und Realienunterricht, stellt Ulrike Läufer im abschließenden „Resümee und Ausblick“ fest. Deshalb wurde zu Beginn der 1860er Jahre die Gewerbeschule aus dem weiterführenden Schulwesen ausgeklammert. Verändert hatte sich in dieser Zeit auch das geistige Umfeld. Die aufklärerische Gleichung „Freiheit durch Wohlstand, Wohl­ stand durch Bildung und Technik“ war abhanden gekommen, übrig blieb die Ver­ knüpfung von materieller Gütermehrung und Technik im Zeichen „nationaler Kraft­ meierei“. Kein Wunder, nach der gescheiterten Revolution von 1848 hatten gerade die Vertreter der polytechnisch-bürgerlichen Bildung aufgrund ihres politischen Engage­ ments ihre Stellung und ihren Einfluss verloren. Die besondere Leistung der gewerb­ lich-technischen Schulen sieht Läufer schließlich in der Förderung von Technikakzep­ tanz und in der Vorbereitung auf die zukünftigen Anforderungen von Industrie und Wirtschaft. Insgesamt bietet Ulrike Läufer eine treffsichere Einordnung des gewerblich-techni­ schen Schulwesens in die politische und geistige Landschaft ihrer Zeit sowie eine quellenorientierte Zusammenschau der vielfältigen kommunalen Schulformen und bildungspolitischen Initiativen in Bayern. Und dies alles in einer sehr farbigen sprach­ lichen Darstellung, die zeigt, dass sie ihr Thema beherrscht - also „viel Licht, kaum Schatten“, um eine der von ihr häufig gewählten griffigen Formulierungen abzu­ wandeln. Reinhard Jakob

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen Bernhard Grau: Kurt Eisner. 1867-1919. Eine Biographie. München: Beck 2001. 651 S., 23 Abb. DM 98,-. Die Person des bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner und dessen Rolle bei der Begründung des Freistaates Bayern wird auch heute noch kontrovers und vielfach emotional beurteilt. Mit vorliegender Arbeit ist seine Biographie in ihrer Gesamtheit nun erstmals auf wissenschaftlicher Grundlage greifbar; insbesondere Eisners Tätig­ keiten vor Übernahme des Ministerpräsidentenamtes, die - obwohl die weitaus größte Zeitspanne seines Lebens umfassend - bislang weitgehend unbeachtet geblieben sind, erfahren hiermit eine tiefgehende Aufarbeitung und Bewertung. Eisner verbrachte seine ersten Berufsjahre als Journalist beim Depeschenbüro „Herold“, bei der „Frankfurter Zeitung“ und bei der „Hessischen Landeszeitung“. 1898 wurde er durch Wilhelm Liebknecht an das sozialdemokratische Parteiorgan „Vorwärts“ geholt mit der Direktive, das Blatt qualitativ zu verbessern und zu moder­ nisieren. Eisner gelang es, einen prägenden Einfluss auf die Zeitung zu gewinnen, ihr den Charakter eines Vereinsblattes zu nehmen und sie für eine breitere Rezipienten­ schicht attraktiv zu machen. Breiten Raum widmet Grau den theoretischen Ansätzen Eisners, der dem Sozia­ lismus einen wissenschaftlichen Charakter zusprach. Geprägt vom Marburger Neukan­ tianismus erstrebte er eine Synthese der Weltbilder von Immanuel Kant und Karl Marx mit dem Ziel, der materialistischen Anschauung, die sich nach Meinung Eisners nur als Analyse-Instrument für die gegenwärtigen Verhältnisse und nicht für die Entwicklung einer zielgerichteten Perspektive eigne, eine erkenntniskritische Grundlage zu geben. Die Tatsache, dass Eisner seine ideologischen Standpunkte und daraus resultierenden Handlungsmaximen nicht stringent entwickelte, führt Grau auf dessen flexible Haltung gegenüber den notwendigen Strategien hinsichtlich der tagespolitischen Ereignisse zurück; freilich bleibt die Frage offen, ob die eigenständigen, variierenden theoretischen Ansätze Eisners nicht auch auf eine Unentschlossenheit seinerseits hinweisen könnten. Der im allgemeinen mehr pragmatisch denn theoretisch orientierte Eisner hielt denn auch - gestützt auf seine Kant-Marx-These - eine kommende Revolution für nicht aus­ geschlossen, während er gleichzeitig eine Auseinandersetzung mit den aktuellen Ereig­ nissen im gegenwärtigen politischen System prononcierte. Als bürgerlicher Intellektu­ eller, der erst spät - und insbesondere gleichzeitig mit seiner Anstellung beim „Vor­ wärts“ 1898 - zur SPD stieß, blieb er als Parteitheoretiker jedenfalls ein Außenseiter. Im Rahmen dieser Rezension ist natürlich insbesondere der Nürnberg-Bezug vorlie­ gender Arbeit von Interesse. Im Zuge tiefgreifender Differenzen zwischen den Redak­ tionsangehörigen hatte Eisner seine Tätigkeit beim „Vorwärts“ 1905 beendet. Im März 1907 wurde er - als Nachfolger von Adolf Braun - Chefredakteur der „Fränkischen Ta­ gespost“, dem einflussreichsten Presseunternehmen der Sozialdemokratie in Bayern; in seiner Ägide konnte im Oktober 1908 das neue Verlags- und Druckereigebäude be­ zogen werden. Eisner versuchte, das Niveau und die inhaltliche Angebotspalette des Blattes zu heben und mehr auf den überregionalen Einzugsbereich auszurichten, womit außenpolitische Fragestellungen und Probleme der Reichspolitik zunehmend an Ge­ wicht gewannen. Parteiintern geriet Eisner in die Kritik, als er die „Fränkische Ta-

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MVGN 88 (2001) Buchbesprechungen gespost“ auf die Linie der Münchener Sozialdemokratie unter Georg von Vollmar aus­ richtete und nordbayerischen eigenständigen Interessen weniger Raum zubilligte. Außerdem wurde in der Parteiöffentlichkeit zunehmend Eisners Privatleben angepran­ gert, der seit 1909 von seiner Frau Lisbeth getrennt lebte und ein außereheliches Ver­ hältnis mit der zeitweise bei der „Fränkischen Tagespost“ angestellten Mitarbeiterin Else Belli unterhielt. Des weiteren existierten - auch auf ideologischer Ebene liegende Auseinandersetzungen zwischen Eisner und dem Geschäftsführer Karl Fentz. Die gegen Eisner erhobenen Vorwürfe, er habe durch die von ihm veranlasste Erweiterung des Zeitungsumfangs das finanzielle Defizit mit zu verschulden, waren letzter Anlass für die im März 1910 gegen ihn ausgesprochene Kündigung. Eisner erfuhr große Resonanz in seinen Nürnberger Jahren durch sein Eintreten für die sozialdemokratische Bildungsarbeit und setzte als Mitglied des Nürnberger Bil­ dungsausschusses neue Akzente im Rahmen seines parteipolitischen Engagements. Auf dem Nürnberger sozialdemokratischen Parteitag vom 15. September 1908 machte er durch seine Bildungsinitiative auf sich aufmerksam, indem er gegen den Berliner Zentralismus die Eigenständigkeit des Nürnberger Bildungsangebotes betonte und die hierin intendierte Bildung der Arbeiterschaft vehement gegen die auf innerparteiliche Funktionärsschulung orientierte Berliner Initiative verteidigte. Eisner veranlasste in Nürnberg die Anstellung einer hauptberuflich tätigen pädagogischen Kraft und wandte sich gegen eine zu starke Theoretisierung des Lehrangebotes, da dieses sonst von den einfachen Arbeitern nicht verstanden würde. In diesem Zuge startete er auch im Rahmen der „Fränkischen Tagespost“ das - allerdings nicht lange währende - Experi­ ment, durch die wöchentlich einmalige Beigabe des Blattes „Volksbildner“ der Leser­ schaft wissenschaftliche Themen allgemeinverständlich darzubieten; des weiteren initi­ ierte er die tägliche Fierausgabe der Unterhaltungsbeilage „Die Furche“. In seinen Nürnberger Jahren sammelte Eisner auch erste rhetorische Erfahrungen als Versamm­ lungsredner der nordbayerischen Sozialdemokratie und startete seinen einzigen, ver­ geblichen Versuch, sich - als Reichstagskandidat im Wahlkreis Dessau-Zerbst - um ein Parteimandat zu bewerben. Nach dem Weggang aus Nürnberg war Eisner weiterhin im Pressewesen tätig, so als Mitarbeiter der „Münchener Post“ und als Landtagsberichterstatter der bayerischen Parteipresse. Das Ende des Ersten Weltkrieges brachte schließlich die reale Betätigung als Politiker. 1918 initiierte er die Mobilisierung des Januarstreiks und die November­ revolution; am 8. November 1918 wurde Eisner per Wahl durch den provisorischen Nationalrat bayerischer Ministerpräsident bis zu seiner Ermordung am 21. Februar 1919. Mit der vorliegenden Arbeit ist die Biographie des sozialdemokratischen Journa­ listen und Politikers erstmals umfassend aufgearbeitet; an neuen Quellen konnte insbesondere der erst seit kurzem zugängliche Nachlass Kurt Eisners herangezogen werden, der ursprünglich im SED- beziehungsweise PDS-Parteiarchiv lagerte und jetzt im Rahmen der „Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ im Bundesarchiv Berlin verwahrt wird. Die ausgezeichnete Arbeit von Grau erlaubt tiefge­ hende Einsichten in das Denken und Flandeln einer Persönlichkeit, die bislang meist ausschließlich als Politiker betrachtet wurde, in ihrem tatsächlichen Hauptbetätigungs-

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Buchbesprechungen

feld aber ein politisch ambitionierter Journalist war und die Nürnberger Sozialdemo­ kratie durch die Modernisierung der Parteipresse und den Aufbau eines parteilichen Bildungsangebotes nachhaltig prägte. Clemens Wächter Erich Guttenberger / Godehard Schramm: Regnitzreise. Ein Flußbilderbuch. Nürnberg: Hofmann 1999. 103 S., überwiegend Abb. DM 68,-. Die Regnitz, der „Fluß ohne Quelle“, entsteht bei Fürth aus der Vereinigung von Rednitz und Pegnitz, um bei Bischberg in den Main zu münden. In dem Buch ,Reg­ nitzreise. Ein Flußbilderbuch* wird der Fluss aus der Sicht eines Fotografen und eines Schriftstellers porträtiert. Erich Guttenberger war bis 1999 bei der Nürnberger Zeitung als Pressefotograf tätig. Von ihm sind bereits zwei weitere Bildbände erschienen. Gode­ hard Schramm ist freier Schriftsteller. Seit 1968 lebt er in Nürnberg und bezieht auch immer wieder die fränkische Landschaft in sein Schaffen ein. Der erste Teil des Buches wurde von Guttenberger gestaltet, der zweite Teil ab Seite 81 von Schramm. In der In­ nenseite des Einbandes ist eine Karte abgedruckt, die den Verlauf der Regnitz illustriert. Der Bildteil gliedert sich in fünf Abschnitte. Der erste Abschnitt „Fluß genutzt“ zeigt die Nutzung durch Mensch und Tier, z.B. ein Schöpfrad bei Möhrendorf oder eine Motorbootfahrt bei Bischberg. Der zweite Teil ist betitelt mit „Flußverlauf“. Die fol­ genden Bilder sind dem Flussverlauf nach, von Fürth nach Bamberg, angeordnet. Sie sind besonders interessant, da Guttenberger die Landschaft in seine Aufnahmen einbe­ zieht. Er fotografierte den Fluss teilweise von oben, aus einem Heißluftballon heraus und vom so genannten ,Langen Johann* in Erlangen aus. Hier zeigt sich die uns ver­ traute Landschaft aus völlig neuer Perspektive. Hervorzuheben ist auch, dass Gutten­ berger nicht nur die üblichen ,Schön-Wetter- und Postkartenbilder* zeigt. Nicht nur Schöpfräder und Angler sind an der Regnitz zu finden, auch das Forchheimer Klärwerk wurde von Guttenberger abgelichtet. Besonders eindrucksvoll sind die Aufnahmen auf den Seiten 28 und 29, die bei schwarzem, wolkenverhangenem Himmel gemacht wurden. Im dritten Abschnitt „Gastspiel in Bamberg“ werden Fluss und Stadt abge­ bildet, wobei ,Klein Venedig* selbstverständlich nicht fehlen darf. Schlichtweg schön anzusehen ist Abschnitt vier, die „Winterspiele“. Der letzte Bildteil „Wildwasser“ zeigt Aufnahmen der über die Ufer getretenen Regnitz. Auf den Seiten 81-101 folgt Godehard Schramm mit seiner Erzählung „Regnitzrot. Eine Flußgeschichte“, die ebenfalls bebildert ist. Das vorliegende Buch hebt sich, durch die Zusammenarbeit eines Fotografen und eines Schriftstellers, von anderen Bildbänden ab. Guttenberger ist es gelungen, nicht nur schöne Bilder eines Flusses abzulichten, sondern das Besondere der Regnitz einzu­ fangen. Daniela Stadler

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NEUWERBUNGEN DES STADTARCHIVS NÜRNBERG SCHENKUNGEN, LEIHGABEN UND ANKÄUFE 2000 UND 2001 Zusammengestellt von Ruth Bach-Damaskinos Gleich mehrmals wurden dem Stadtarchiv in größerem Umfang Archivalien überlassen: Die erste Übergabe ist ein Beispiel für die gut funktionierende Zusammenarbeit der Archive im Großraum. Das Archiv der Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg überreichte aus seinen Beständen Archivalien, die es vom Nürnberger Handelsvorstand - dem Vorläufer der Industrie- und Handelskammer - übernommen hatte. Die 100 unterschiedlich umfangreichen Aktenbündel und Bände umfassen Archi­ valien aus dem Zeitraum zwischen 1632 und 1808 und beinhalten beispielsweise Quit­ tungen über Auszahlungen an Bedürftige oder das Einnahmeverzeichnis der Lorenzer Armenschule. Im Herbst 1999 wurden Archivalien des Nürnberger Almosenamtes und des Handelsvorstandes in den Kellerräumen des Erlanger Auditorium Maximum an der Bismarckstraße aufgefunden, die vor Jahrzehnten irrtümlich an die Universität Erlan­ gen gelangt waren und keinerlei Beziehung zur Universität hatten. Durch die gleichzei­ tig aufgefundenen Unterlagen der „Lödelschen Stipendienstiftung" ließ sich aufklären, wie und unter welchen Umständen die Schriftstücke an die Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg gelangt waren. Die Verwaltung der „Lödelschen Stipendienstiftung" war 1940 vom Nürnberger Handelsvorstand auf die Erlanger Universität übergegangen, welche auch die Akten der Stiftung zur Weiterführung er­ hielt. Vermutlich wurden bei dieser Transaktion nicht nur die Akten der Stipendienstif­ tung übersandt, sondern auch versehentlich Unterlagen des Almosenamtes und des Handelsvorstandes. Diesen Schluss lässt die Tatsache zu, dass die einzelnen Fonds 1813 vereinigt und unter eine gemeinsame Verwaltung gestellt worden waren und überdies deren Akten beim Handelsvorstand nicht sorgfältig getrennt aufbewahrt wurden, was aus dem überlieferten Schriftverkehr hervorgeht. In Erlangen wurden die etwa 50, jeweils circa 10 x 20 Zentimeter großen Päckchen mit den gesamten Unterlagen offensichtlich zunächst unbesehen verstaut. Der Weg vom Erlanger Schloss, wo die Archivalien 1941 angekommen waren, bis zum Fundort Auditorium Maximum 1999 ist jedoch nicht mehr zu rekonstruieren. Nach ihrer Auffindung wurden die Archivalien dem Stadtarchiv Nürnberg überge­ ben und dort technisch aufbereitet und als Bestand D 24 (Stiftungsverwaltung des Han­ delsvorstandes) verzeichnet. Da die Überlieferung sowohl des Stadtalmosenamtes als auch des Handelsvorstandes - wie überhaupt des Großteils des Nürnberger Stiftungs­ wesens - im Stadtarchiv Nürnberg aufbewahrt wird, haben auch diese neu aufgenom­ menen Archivalien hier ihren natürlichen Platz. Durch diese Schenkung des Universitätsarchives sind wichtige Unterlagen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt im Stadtarchiv einsehbar und können von den Forschern ausgewertet werden. Für seinen Sammelbestand Vereinsarchive hat das Stadtarchiv Nürnberg das Archiv der Künstlerklause Nürnberg e.V. als Dauerleihgabe übernommen, eines traditions-

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reichen, seit 1858 bestehenden Kunstvereins, zu dessen Mitgliedern bedeutende Nürn­ berger Künstler wie August von Kreling, Friedrich Wanderer, August von Essenwein und der deutsche Spätromantiker Ludwig Richter zählten. Zu den an das Archiv abge­ gebenen Unterlagen zählen die Protokoll- und Gästebücher, die Vereinschronik, Sat­ zungen, Mitgliederverzeichnisse sowie die Zeitung „Pegasus“. Die Archivalien werden unter der Einzelbestandssignatur E 6/93 verzeichnet. Die zweite Übergabe eines Ver­ einsarchivs erfolgte durch den Philisterverband der K.D.St.V. Rheno-Franconia e.V., ei­ ner Studentenverbindung im Technischen Carteilverband Deutschlands. Das Archivgut hat die Einzelbestandssignatur E 6/1000 erhalten. An Nachlässen hat das Stadtarchiv im Jahr 2000 den Nachlass des Kunsthistorikers, Dozenten, Kunstkritikers und ehemaligen Leiters der Volkshochschule und später stell­ vertretenden Leiters des Bildungszentrums Gerhard Mammel (1919-1989) von der Witwe erhalten. Der unter E 10/70 erfasste Bestand beinhaltet neben persönlichen Do­ kumenten Textbeiträge Mammels für Ausstellungskataloge sowie Zeitungsbesprechun­ gen und Materialien zu seiner Arbeit als Kunst- und Kulturhistoriker am Bildungszen­ trum und als Dozent für Schulen und Fachakademien. Der Nachlass der Familie Backofen, der im Juli 2000 an das Stadtarchiv abgegeben wurde, ist als Bestand E 10/73 verzeichnet. Aus dem Großhandel für Kolonialwaren ging später die Firma Georg Backofen und C.F. Dietz „Backdie“ hervor. Der größte Teil des Nachlasses umfasst Briefe von Karl (1858-1924) und Leonhard Backofen (1856-1897), den beiden Söhnen des Großhändlers Johann Georg Backofen, aus dem Zeitraum von 1872 bis 1896. Schließlich hat das Stadtarchiv mit dem Familien- und Firmenarchiv von Förster, das derzeit unter dem Bestand E 46 verzeichnet wird, Firmenbücher aus der Frühzeit des Unternehmens, umfangreiches Bildmaterial zum Fabrikgut Hammer und Reste des von Forsterschen Firmenarchivs erhalten bzw. auch teilweise erworben. Archivalien zur Fa­ miliengrundherrschaft sind nicht mehr vorhanden, da sie während des Zweiten Welt­ kriegs zerstört wurden. Mit dem Kauf der Adler-Fotografie im Mai 2001 ist dem Stadtarchiv Nürnberg eine kleine Sensation gelungen. Auf der Versteigerung des Auktionshauses Schneider-Henn in München konnte das weltweit einzige bekannte Foto der berühmten Adler-Loko­ motive angekauft werden, die 1835 als erste Eisenbahn in Deutschland zwischen Nürn­ berg und Fürth verkehrte. Die zwischen 1851 und 1856 entstandene Aufnahme ist auch eine der ältesten Fotografien aus Nürnberg. Das exakt 23 x 17,7 Zentimeter große Bild wurde per Glasnegativ aufgenommen und dann auf industriell gefertigtes Salzpapier ab­ gezogen. Die Herstellungstechnik erlaubt auch die recht genaue Datierung der fotogra­ fischen Aufnahme: Die Verwendung von Salzpapier war zwischen 1840 und 1865 üb­ lich, erst danach wurde es von anderen fotochemischen Verfahren abgelöst. Glasnega­ tive wurden erst ab 1851 herangezogen, und den Adler hat man bereits 1857 verkauft und schließlich verschrottet. Da die Lokomotive bisher nur auf Lithografien und Gra­ fiken abgebildet war, kann man aufgrund der scharfen Konturen der Kalotypie erstmals auch technische Details erkennen. Am 14. Juli, dem „Tag der Archive in Nürnberg“, war die wertvolle Neuerwerbung erstmals ausgestellt.

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NEUE ARBEITEN ZUR NÜRNBERGER GESCHICHTE Zusammengestellt von Walter Gebhardt Adv entgemeinde : Festschrift 100 Jahre Adventgemeinde Nürnberg. 1900 - 2000. - Nürnberg 2000. - 81 S. Albert Helm: 1901 - 1979. Eine Retrospektive / hrsg. von Peter Weidisch. - Bad Kissingen: Verl. Stadt Bad Kissingen, 2000. - 127 S. [Der Künstler stammte aus Nürnberg] Albrecht, Inge: Die Beziehungen Ludwigs IV., des Bayern, zur Reichsstadt Nürnberg. Magisterarbeit Univ. Erlangen-Nürnberg, 1998. - VII, 232 Bl. Alles Klar! Jubiläumsfestschrift zum 123-jährigen Bestehen der Stadtentwässerung Nürnberg 1874 - 1999. - Nürnberg: Stadtentwässerungsbetrieb, 1999. - 124 S. Andrian-Werburg, Irmtraud von / Hermann Maue: Ludwig Veit 1920 - 1999. Nachruf und Bibliographie, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2000, S. 77-81. Ein Astrolabium von Thomas Pregelaus dem Jahre 1629 / Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Mathematisch-Physikalischer Salon. Autoren: Wolfram Dolz; Peter Plaßmeyer; Klaus Schillingen - Berlin [u.a.]: Kulturstiftung der Länder [u.a.], 2000. 48 S. - (Patrimonia ; 184) [Der Instrumentenbauer Thomas Pregel (*1592) stammte aus Nürnberg] Aus Erlenstegens Geschichte: Festschrift zum 100. Jahrestag der Eingemeindung Erlen­ stegens / hrsg. von Horst-Dieter Beyerstedt. - Nürnberg: Bürgerverein NürnbergSt. Jobst/Erlenstegen, 1999. - 74 S. Bach, Georg: Feba - die billigste Rollfilm-Klapp-Kamera der Welt. Einfach - aber extrem selten, in: PhotoDeal 2001, 2, S. 8-12. Baier, Robert: Das Einzelhandelszentrum Südstadt in Nürnberg. Eine wirtschaftsgeo­ graphische Analyse. - Diplomarbeit Univ. Erlangen-Nürnberg, 2000. - VIII, 144 Bl. Barockgarten in Nürnberg-St. Johannis. Johannisstraße 13 / Text: Roland Cantzier. Fotos: Felix Kilian. - Nürnberg: Bürgerverein St. Johannis, 2001. - [8] S. Barockpalais Johannisstraße 19. - Neuendettelsau: Diakonie, 2000. - 18 S. Bauernfeind, Martina: Die Handwerkskammer für Mittelfranken in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 608-633. Bauernfeind, Walter / Ulrich Woitek: The influence of climatic change on price fluctuations in Germany during the 16th Century price revolution, in: Climatic change 43 (1999), S. 303-321. [Vergleich der Preisentwicklung in Köln, München, Augsburg und Nürnberg] Bauernfeindy Walter / Michael Reutter / Ulrich Woitek: Rational investment behavior and seasonality in early modern grain prices. - Glasgow: Univ. of Glasgow, 2000. 30 S. - (Discussion papers in economics; 2002) [Neuer mathematischer Ansatz zur Getreidepreisentwicklung in Nürnberg 1490 - 1855]

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Bauernfeindy Walter: Die reichsten Nürnberger Bürger 1579 und ihre Stellung in der reichsstädtischen Gesellschaft, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 200-253. Behnke, Hannelore: Rudolf Schiestl (1878 - 1931). Studien zur Rezeption altdeutscher Kunst. - Magisterarbeit Univ. Erlangen-Nürnberg, 2000. - 155, 72 Bl. Bendlage, Andrea: Städtische Polizeidiener in der Reichsstadt Nürnberg im 15. und 16. Jahrhundert, in: Unsichere Großstädte?, Konstanz 2000, S. 85-99. Bennewitz, Nadja: Aufruhr am Rande. Täuferinnen und Träumerinnen im 16. Jahrhun­ dert, in: Geschichte quer 7 (1999), S. 5-8. Bennewitz, Nadja: Frauen im Konflikt mit dem Strafrecht im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Nürnberg. Weibliche Kriminalität als schichtenspezifisches Problem, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 59 (1999), S. 129-166. Bennewitz, Nadja: Handlungsmöglichkeiten und begrenzte Mitwirkung. Die Beteili­ gung von Frauen an der reformatorischen Bewegung in Nürnberg, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 68 (1999), S. 21-46. Bezzel, Irmgard: Impressum Noriburgo. A.B.1502, in: Gutenberg-Jahrbuch 2001, S. 183-189. [Hinter dem Erscheinungsvermerk verbirgt sich der Buchdrucker Johann Meurl] Bismarckschule : Das historische Lesebuch der Bismarckschule Nürnberg. - Nürnberg 1999. - [66] S. Boshach, Franz: Zu den Kosten der Nürnberger Aufenthalte des kaiserlichen Friedens­ gesandten Trauttmannsdorff in den Jahren 1645 und 1647, in: Jahrbuch für frän­ kische Landesforschung 60 (2000), S. 283-293. Bräunlein, Jürgen: „Leben heißt, gegen den Zufall kämpfen“. Der visionäre Ingenieur und antifaschistische Science-Fiction-Autor Kurt Karl Doberer, in: Visionäre aus Franken, Neustadt an der Aisch 2000, S. 17-41. Braun, Franz: Spielkarten aus Nürnberg. - Köln: Selbstverl., 1999. - 134 S. - (Schriften­ reihe „Spielkarten“; 9) Braun, Rüdiger,Charly(/ Peter,Böhmer' Kuckuk: Die Braun’s zu Nürnberg. Gastwirt und Garkoch, Zirkel- und Rotschmied, Rot-, Glocken- und Messinggießer, Feuerlöschgeräte-Fabrikant, Waag- und Gewichtmacher, Sattlermeister, Journalist. Erlangen: Von-A-bis-Z-Verl., 1999. - 311 S. Brückner; Jörg: Urkunden Karls IV. in Gutsarchiv- und Depositalbeständen des Lan­ desarchivs Magdeburg - Landeshauptarchiv, in: Sachsen und Anhalt 21. 1998 (1999), S. 67-79. [Enthält eine Urkunde für die Stadt Nürnberg von 1359] Brusniak, Friedhelm: Zur Identifikation Conrad Reins als Leiter der Hofkantorei Kö­ nig Christians II. von Dänemark, in: Neues musikwissenschaftliches Jahrbuch 8 (1999), S. 117-123. [Der Musiker Rein wirkte vor seinem Weggang nach Kopenhagen bis 1515 in Nürnberg] Bühl, Charlotte: Gottlieb von Merkel (1835 - 1921). Wegbereiter des modernen Gesundheitswesens in Nürnberg, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 527-554.

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Bühl, Charlotte: Nürnberg - ein Zentrum der Revolution in Franken, in: Die Einheits­ und Freiheitsbewegung und die Revolution von 1848/1849 in Franken, Augsburg 1999, S. 43-57. Burmeister; Karl Heinz: Die Brüder Hieronymus und Ludwig Münzer, in: Montfort 53 (2001), S. 11-28. Czarnowski, Katja: Nürnberg - „gemauerte Chronik“ oder „Abfallhaufen der Geschichte“?, in: Steinbruch deutsche Erinnerungsorte, Frankfurt am Main [u.a.] 2000, S. 167-185. Dengler; Frank: „Mit dem Liebesfeur den Himmel anzünden“. Die Friedensfeuerwerke in Nürnberg 1650, betrachtet im Kontext des europäischen Feuerwerks in der frühen Neuzeit. - Seminararbeit Univ. Bochum, [1999]. - 25, [10] Bl. Denkmalschutz in Nürnberg 1 / Texte: Herbert Bäuerlein ... - Nürnberg: Stadt Nürn­ berg, Baureferat, Hochbauamt, Untere Denkmalschutzbehörde, 2000. - 48 S. (Neues aus dem Baumeisterhaus) Diefenbach er, Michael: Ein Bruderzwist im Hause Tücher. Johann Georg Tücher von Simmelsdorf (1735 - 1805) und sein Familienprozeß, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 348-360. Diefenbacher; Michael: Massenproduktion und Spezialisierung. Das Handwerk in der Reichsstadt Nürnberg, in: Stadt und Handwerk in Mittelalter und Früher Neuzeit, Köln [u.a.] 2000, S. 211-228. Diefenbacher, Michael: Die Tuchersche Handelsgesellschaft 1460 - 1640, in: Dr. Lorenz Tucher’sche Stiftung: Jahresheft 1999 (2000), S. 21-33. Dietzfelbinger, Eckart: „Faszination und Gewalt“ - vom Umgang mit dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, in: Spuren des Nationalsozialismus, München 2000, S. 163-175. Dörfler, Walter: Gotischer Dom und Lehrkunst. Die Nürnberger St.-Lorenzkirche im genetisch-exemplarischen Unterricht an der Evangelischen Wilhelm-Löhe-Schule in Nürnberg. - Diss. Univ. Marburg, 1997. - 228 Bl. Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände. - Nürnberg: Museen der Stadt Nürnberg, 2000. - [16] S. Ebneth, Bernhard: Inspektionsordnungen der Reichsstadt Nürnberg und des Mark­ grafentums Brandenburg-Ansbach für Stipendiaten in Wittenberg im 16. Jahrhun­ dert. Reglementierung und Kontrolle des Studiums in der Frühen Neuzeit, in: Jahr­ buch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 158-176. Ehmann, Ulrike: Die Belletristikproduktion des Verlages Johann Leonhard Schräg in Nürnberg 1810 - 1857. - Diss. Univ. München, 1999. - 328 S. Endres, Rudolf: Turniere und Gesellenstechen in Nürnberg, in: Die Stadt als Kommu­ nikationsraum. Festschrift für Karl Czok zum 75. Geburtstag, Leipzig 2001, S. 263-280. Evangelisch-Lutherisch er Kindergarten Sankt Jakob : 160 Jahre evang.luth. Kindergarten St. Jakob 1841 - 2001. Erinnerungen und Dokumente. - Nürn­ berg 2001.-[37] Bl.

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Fallenbacher; Tim: Der Dönerkebap als Integrationschance? Struktur und Wirtschafts­ verflechtungen im türkischen Gastgewerbe in Nürnberg. Eine Studie am Beispiel von Dönerkebap-Verkaufsstellen. - Magisterarbeit Univ. Erlangen-Nürnberg, 2000. -V, 121 Bl. Fechterring : Festzeitschrift 70 Jahre Fechterring Nürnberg von 1928 e.V. 1928 - 1998. - Nürnberg 1998. - 21 S. Figge, Horst H.: Zur Text- und Bildgestaltung auf Medaillen der Nürnberger VischerHütte, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2000, S. 7-24. Fleischmann, Peter: Dr. phil. Gerhard Hirschmann (* 10. November 1918, | 19. Juli 1999), in: Mitteilungen des Verbandes Bayerischer Geschichtsvereine 19 (2000), S. VII-VIII. Fleischmann, Peter: Politik - Propaganda - Kommerz? Die umstrittene Karte des Nürnberger Gebiets von Matthäus Ferdinand Cnopf (1764/66) aus der Offizin Homanns Erben, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 361-380. Fleischner; Susanne: „Schöpferische Denkmalpflege“. Kulturideologie des Nationalso­ zialismus und Positionen der Denkmalpflege. - Münster: Lit, 1999. - 170 S. (Beiträge zur Denkmalpflege und Bauforschung ; 1). [Behandelt u.a. die Restaurie­ rung der Nürnberger Kaiserburg ab 1934] Fouquet, Gerhard: Geschäft und Politik, Ehe und Verwandtschaft. Briefe an den Nürn­ berg-Lübecker Kaufmann Matthias Mulich vom Winter 1522/23, in: Die Stadt als Kommunikationsraum. Festschrift für Karl Czok zum 75. Geburtstag, Leipzig 2001, S. 311-346. Freiwillige Feuerwehr : Festschrift zum 125jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Nürnberg-Buch. 25. April bis 27. April 1997. - Nürnberg 1997.- 151 S. Freiwillige Feuerwehr : Festschrift 125 Jahre Freiwillige Feuer­ wehr Nürnberg-Neunhof. - Nürnberg 1997. - [ca. 190 S.] Freiwillige Feuerwehr : Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Worzeldorf 1899 - 1999. Festlichkeiten vom 11. bis 14. Juni 1999 / Red.: Norbert Strobel ... - Nürnberg 1999. - [ca. 120] S. Frieser, Claudia: Die archäologische Untersuchung des ehemaligen Kapitelsaals im Kartäuserkloster zu Nürnberg, in Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2000, S. 67-75. Frieser; Claudia: Zwei spätmittelalterliche Wirtshäuser in Nürnberg. Kleinfunde aus der Irrerstraße. - Büchenbach: Dr. Faustus, 1999. - 117, 49 S. - (Arbeiten zur Archäolo­ gie Süddeutschlands; 8) 15 [Fünfzehn] Jahre Städtepartnerschaft Nürnberg - San Carlos/Nicaragua 1985 2000 / Red.: Karin Gleixner ... - Nürnberg: Amt für Internationale Beziehungen, 2000.-32 S. Fulloni, Sabina: Untersuchungen am Dachstuhl der Marienkirche des Kartäuserklosters zu Nürnberg, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2001, S. 177-183.

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Gaab, Hans: Johann Gabriel Doppelmayr (1677 - 1750). - Typoskript. - [Nürnberg 2000].-[19] Bl. Garher, Klaus: Stadt und Literatur im alten deutschen Sprachraum. Umrisse der For­ schung; regionale Literaturgeschichte und kommunale Ikonologie; Nürnberg als Pa­ radigma, in: Stadt und Literatur im deutschen Sprachraum der Frühen Neuzeit, Bd. 1, Tübingen 1998, S. 3-89. [Interpretiert das Gedicht „Nymphe Noris“ des Pegnitz­ schäfers Johann Hellwig] Göhringy Ludwig: Dachau, Flossenbürg, Neuengemme. Eine antifaschistische Biogra­ phie. - Schkeuditz: GNN-Verl., 1999. - 458 S. [Der kommunistische Widerstands­ kämpfer Göhring (1910-1999) war gebürtiger Nürnberger] Die Goldenen Äpfel in Nürnbergs Hesperidengärten. Ausstellungsort: Egidienplatz 23, Eingangshalle und Innenhof der Stadtbibliothek im Pellerhaus. Ausstellungsdauer: 15. Juli bis 15. Oktober 2000 / Erg. der Ausstellung: Martina Heilmeyer. Veranst.: Stadt Nürnberg, Gartenbauamt in Zs.arb. mit dem Projektbüro Stadtjubiläum und der Stadtbibliothek. - Nürnberg 2000. - [24] S. [Faltblatt] Gregor; Neil: A Schicksalsgemeinschaft? Allied bombing, civilian morale, and social dissolution in Nuremberg, 1942 - 1945, in: Historical journal 43 (2000), S. 1051-1070. Guasconcini, Carlo: Norimberga 1943 - 1945. Un soldato italiano in guerra. - Firenze: Pagnini, 1998.- 127 S. Günther; Bettina: Sittlichkeitsdelikte in den Policeyordnungen der Reichsstädte Frank­ furt am Main und Nürnberg (15. - 17. Jahrhundert), in: Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft, Frankfurt am Main 2000, S. 121-148. Güterverkehrszentrum Hafen Nürnberg / Hrsg.: Hafen Nürnberg-Roth GmbH. Nürnberg 1997. - 49 S. Gundlachy Tanja: Der Einzugsbereich Nürnbergs als Arbeits- und Einkaufszentrum. Zulassungsarbeit Univ. Erlangen-Nürnberg, 1999. - 70 Bl. Hahny Oswald: Ein halbes Jahrhundert genossenschaftswissenschaftliche Forschung an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Festschrift zum Geburts­ tag des Forschungsinstituts für Genossenschaftswesen an der Universität ErlangenNürnberg am 21. Oktober 1999. - Nürnberg 1999. - 68 S. Haid, Erika: Zwetschgenmännchen, Rauschgoldengel, Rostbratwürste. Ein Rundgang über den Nürnberger Christkindlesmarkt und seine Gäste. - Nürnberg: Haid, 1999. -165 S. Harrington, Joel F.: Lehrlinge des Verbrechens, in: Damals 32 (2000), 5, S. 32-38. [Jugendkriminalität in Nürnberg um 1600] Heller; Hartmut: Letzter „Frankenbund-Kulturpreis“ dieses Jahrhunderts für die Gründerin des Nürnberger Spielzeugmuseums Dr. Lydia Bayer, in: Frankenland 51 (1999), S. 394-398. Henselmeyer, Ulrich: Alltagskriminalität und Rechtsprechungspraxis im spätmittelal­ terlichen Nürnberg. - Diss. Univ. Bielefeld 1999. - 238 Bl.

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Hessel, Bernd: Dr. Karl Ludwig Christian Koch (8.11.1825 - 1.11.1908). Eine kurze Übersicht über das Leben und Wirken eines großen Nürnberger Naturforschers, in: Natur und Mensch 1999 (2000), S. 39-46. Heusinger, Sabine von: Der observante Dominikaner Johannes Mulberg (f 1414) und der Basler Beginenstreit. - Diss. Univ. Konstanz, 1998. - 185 Bl. [2 Microfiches] [Mulberg war 1396 Vikar in Nürnberg] Höverkamp, Inge borg: Hermann Kesten. Weltbürger und Jahrhundertzeuge 1900 1996, in: Frankenland 52 (2000), S. 329-336. Holzwarthy Martin: Einzelhandel in italienischen und deutschen Stadtzentren unter­ sucht an den Beispielen Florenz und Nürnberg. - Bayreuth: Abt. Angewandte Stadt­ geographie, Inst, für Geowiss. d. Univ., 1998. - 169 S. - (Arbeitsmaterialien zur Raumordnung und Raumplanung; 169) Huhn, Susanne: Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN). Entwicklung, Stand, Probleme. - Zulassungsarbeit Univ. Erlangen-Nürnberg, 1999. - 56 Bl. 100 [Hundert]Jahre christliche Bäcker- und Konditorenarbeit in Nürnberg / Christliche Bäcker- und Konditorenvereinigung Deutschlands, Landesverband Bayern e.V.; Bäckerabteilung des CVJM Nürnberg. - Nürnberg 1999. - 184 S. Industrieschauen in Nürnberg: die drei Bayerischen Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellungen 1882 bis 1906. Ausstellung der LGA zum Veranstaltungsreigen „Nürnberg A - ZK 20. Mai bis 13. Oktober 2000 im Foyer der LGA, Tillystr. 2, Nürnberg. - Nürnberg 2000. - [6] S. [Faltbl.] Jakob, Reinhard: Der Skandal um einen Nürnberger Imhoff-Faktor im Lissabon der Renaissance. Der Fall Calixtus Schüler und der Bericht Sebald Kneussels (1512), in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 83-112. Jerisau, Georg: Der Tugendbrunnen in Nürnberg, in: Frankenland 52 (2000), S. 322-328. Johann Adam Reitenspieß: letzter Bürgermeister von Zerzabelshof 1906 bis 1923. Chronik und Stammbaum der Familie ab dem Jahre 1867 bis 2000, Beil, zu: ZaboNachrichten 2000, 4. - 16 S. Jürgensen, Renate: Norimberga Literata, in: Stadt und Literatur im deutschen Sprachraum der Frühen Neuzeit, Bd. 1, Tübingen 1998, S. 425-490. Kahl, Hans-Dietrich: Deutschlands erste unitarische Gemeinschaft wird abgewürgt, in: Unitarische Blätter 51 (2000), 1, S. 35-40. [Glaubensprozess um den Altdorfer Medi­ zinprofessor Ernst Soner (1572 - 1612)] Kaiser Karl V. und seine Zeit. Katalog zu den Ausstellungen der Bibliothek Otto Schä­ fer, Schweinfurt, des Stadtarchivs Schweinfurt sowie des Fördervereins und der Forschungsstiftung für Vergleichende Europäische Überseegeschichte, Bamberg; 12. März - 11. Juni 2000 Bibliothek Otto Schäfer Schweinfurt, 15. Juli - 15. Oktober 2000 Historisches Museum Bamberg ... / Stephan Diller (Hg.) - Bamberg: Univ.-Verl., 2000. - 219 S. - (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt; 14)

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(Schriften der Museen der Stadt Bamberg; 42) (Beiträge zur Geschichte und Kultur der Neuzeit; 1) Kammeier-Nebel, Andrea: Waisen, Witwen und Verwandte. Die Nürnberger Patrizier­ familie Behaim von Schwarzenbach im 16. Jahrhundert, in: Der Durchgang durch die Welt, Neumünster 2001, S. 21-42. Kammeier-Nebel, Andrea: Der Wandel des Totengedächtnisses in privaten Aufzeich­ nungen unter dem Einfluß der Reformation, in: Das dargestellte Ich, Bochum 1999, S. 93-116. Kappel, Uwe: Die Bleifiguren der Firma Spenkuch. Eine firmengeschichtliche Über­ sicht, in: Figuren-Magazin 27 (1999), S. 36-38. Kasper; Margarethe: Hochhäuser in Nürnberg. Eine Bestandsaufnahme der Entwick­ lung nach dem 2. Weltkrieg. - Zulassungsarbeit Univ. Erlangen-Nürnberg, 2000. 221 Bl. [Nürnberg betreffen nur die Bl. 180-221] Katholische Arbeitnehmerbewegung Maria Königin : Fest­ schrift 40 Jahre KAB, 25 Jahre Kath. Jugendkapelle Maria Königin, Nürnberg-Korn­ burg. - Nürnberg 2001. - 35 S. Kiefer; Harald: Chronik des Skilaufs in Franken. 100 Jahre Skilauf in Nürnberg. Typoskript. - Nürnberg 2000. - 8 Bl. Kirche in der Stadt - Kirche in der Zeit. - Nürnberg: Verein zur Erhaltung der St. Lorenzkirche in Nürnberg, 2000. - 72 S. - (St. Lorenz; N.F. 45) Klaus, Bernhard: Veit Dietrichs Gutachten über heimliche Eheschließungen: „Von den Winckeleen bedencken“, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 68 (1999), S. 1-11. Klesse, Brigitte: Die Alexander-Gemme und andere figurenreiche Steinschnitte aus der Nürnberger Werkstatt Dorsch-Preisler. Motive aus dem Thesaurus Gemmarum, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2001, S. 73-92. Klesse, Brigitte: Zum Werk der Nürnberger Edelsteinschneiderin Susanna Maria Prem­ ier, geborene Dorsch (1701 - 1765), in: Anzeiger des Germanischen Nationalmu­ seums 2000, S. 25-66. Klinikum Hallerwiese : 100 Jahre Klinik Hallerwiese. - Neuendettelsau: Diakonie, 1999. - [16, 6, 6 S. in Mappe] Kluxen, Andrea M.: Die Geschichte der Kunstakademie in Nürnberg 1662 - 1998, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 59 (1999), S. 167-207. Knefelkamp, Ulrich: Sozialdisziplinierung oder Armenpflege? Untersuchung normati­ ver Quellen in Bamberg und Nürnberg vom 14. bis zum 17. Jahrhundert, in: Die Stadt als Kommunikationsraum. Festschrift für Karl Czok zum 75. Geburtstag, Leipzig 2001, S. 515-533. Knodty Reinhard: Von der Geburt der Poesie aus der Tiefstapelei. Eine Laudatio für Klaus Schamberger anlässlich der Verleihung des Literaturpreises des Landkreises Roth im März 2000, in: Heimatkundliche Streifzüge 19 (2000), S. 65-70.

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Koch, Ernst: Der Spiegel der Rechtfertigung. Zum theologischen Hintergrund des Hauptbildes des Altars der Stadtkirche zu Pegau, in: Herbergen der Christenheit 23 (1999), S. 23-42. [Der Entwurf des von Jost Amman hergestellten Kupferstichs stammt von dem 1540 in Nürnberg geborenen Theologen Caspar Melissander (eigentlich: Bienemann)] Koch, Florian: German Bestelmeyer - ein Architekt in einer Zeit des Übergangs, in: Schönere Heimat 88 (1999), S. 165-170. [Bestelmeyer stammte aus Nürnberg] Koch, Jochen: Geschichte der norimbergischen Häuser Spitzenberg Nr. 4 und 6. HansSachs-Burg der Gesellschaft Schlaraffia e.V. / eine Dokumentation von Rt Jur-Ass. Typoskript. - [Nürnberg 2000]. - 14 S. Kölbel, Richard: Sigmund Schuckert (1846 - 1895), in: Fränkische Lebensbilder 18 (2000), S. 213-232. Konrad Volkert: Radierungen, Holz- und Linolschnitte / [zsgest. von Erika Odörfer]. Nürnberg 2000. - [ca. 45 Bl.] Kosfeld, Anne G.: Nürnberg, in: Deutsche Erinnerungsorte, 1, München 2001, S. 68-85 Kraetsch, Susanne: Der Nürnberger Schembartlauf bis 1539. Eine Studie über die Ent­ wicklung dieses Brauches in Vergangenheit und Gegenwart am Beispiel der Nürn­ berger Schembart-Gesellschaft. - Zulassungsarbeit Univ. Erlangen-Nürnberg, 1999. -II, 108, XXI Bl. Kratzert, Gisbert: Die Entwicklung des Waldbaus in den Reichswäldern bei Nürnberg unter besonderer Berücksichtigung der Großkahlflächenaufforstungen um die Jahrhundertwende sowie nach dem 2. Weltkrieg. - Diss. Univ. München 1998. - 226, 6, 4 S. Krautwurst, Franz: Miszellen zur bayerischen Musikgeschichte I, in: Neues musikwis­ senschaftliches Jahrbuch 9 (2000), S. 203-210. [S. 207-210 = Johann Sebastian Bach und Nürnberg] Krautwurst, Franz: Zur Musikgeschichte Nürnbergs um 1500, in: Neues musikwissen­ schaftliches Jahrbuch 8 (1999), S. 93-106. Kühnert, Joachim: Bemerkungen zu einigen Patrizierbildnissen des Augsburger Renais­ sancemalers Christoph Amberger, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 91 (1998), S. 27-41. [Der Autor weist nach, dass der bisher für einen Nürnberger gehaltene Christoph Paumgartner (1513 - 1586) einer Augsburger Linie des Geschlechtes entstammte] Laudacher, Iris-Patricia / Ulrich Ruckauer / Renate Schattel: Babette Tritschler. Ein frommes Frauenleben in der Zeit der Revolution von 1848/49, in: Schriftenreihe des Stadtarchivs Kirchheim unter Teck 26 (2000), S. 141-158. [Babette Tritschler wurde 1808 als Margaretha Barbara Fischer in Wöhrd geboren] Lauer, Dieter: Vom Pellerschloß zur Bismarckstraße. Spurensuche längs der alten Kö­ nigstraße von Regensburg nach Forchheim im Bereich von Nürnberg. - Typoskript. -Nürnberg 1999.-41 Bl.

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Wawor, Gerhard: „Heim finde ich trotzdem gut!“. 100 Jahre - Vom Nürnberger Wai­ senhaus zum Kinder- und Jugendheim. - Nürnberg: Förderverein des Kinder- und Jugendheimes Reutersbrunnenstraße, 2000. - 269 S. Weinmann, Josef: Die Egerländer in der Geschichte Nürnbergs, in: Erbe und Auftrag der Reformation in den böhmischen Ländern, 2001, S. 112-120. Willax, Franz: Johann Sebastian Haller von Hallerstein (1684 - 1745). Nürnberger Rats­ herr und Generalfeldmarschall-Leutnant des Fränkischen Kreises, in: Genealogie Bd. 25 = Jg. 49 (2000), S. 257-349. Wolf Peter: Protestantischer „Jesuitismus“ im Zeitalter der Aufklärung. Christoph Gottlieb von Murr (1733 - 1811) und die Jesuiten, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 62 (1999), S. 99-137. Wood, Gabriele: Rund um die Insel Schütt. Stadtrallye durch die Geschichte. - Nürn­ berg: Pädag. Inst., 2000. - (Didaktischer Brief; 132) Wüst, Wolfgang: Reichsstädtische Kommunikation in Franken und Schwaben. Nach­ richtennetze für Bürger, Räte und Kaufleute im Mittelalter, in: Zeitschrift für bayeri­ sche Landesgeschichte 62 (1999). - S. 681-707. Xognos, Sotirios A.: Die Griechen in Nürnberg seit dem Mittelalter bis heute. - Typo­ skript. - Nürnberg 1999. - [14] Bl. Zehn Jahre Verkehrsüberwachung / Hrsg.: Stadt Nürnberg, Baureferat. Koordination: Tiefbauamt, Thomas Feig. - Nürnberg 2000. - 16 S. Zelnhefer; Siegfried: Willy Liebei, Oberbürgermeister der „Stadt der Reichsparteitage Nürnberg“, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 60 (2000), S. 660-680. Zwischen Villa, Altenheim und Mietwohnung: Wohnen in Erlenstegen, St. Jobst und am Nordostbahnhof / Geschichte für Alle e.V. (Hg.). Red.: Thomas Röbke ... - Nürn­ berg: Sandberg-Verl., 2000. - 44 S. - (Nürnberger Stadtteilhefte; 2)

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JAHRESBERICHT ÜBER DAS 122. VEREINSJAHR 1999

Zusammengestellt von Wiltrud Fischer-Pache I. Bericht des Vorsitzenden Im Berichtsjahr fanden in den Monaten Januar bis Mai und Oktober bis Dezember mit Ausnahme des Monats Januar jeweils am ersten Dienstag im Monat - im Vortrags­ saal in der Nürnberger Akademie acht Vorträge statt. Referenten und Vortragsthemen sind im Teil III des Jahresberichts aufgelistet. Als Mitveranstalter war der Verein darü­ ber hinaus bei der Vorlesungsreihe der Universität Erlangen-Nürnberg im Bildungs­ zentrum zum Thema „Nürnberg - eine europäische Stadt in Mittelalter und Neuzeit“ beteiligt (November 1999 bis Februar 2000); von den insgesamt 14 Vorträgen fallen sechs in den Berichtszeitraum. An sonstigen Veranstaltungen wurden ein Stadtrund­ gang und eine Tagesexkursion organisiert (siehe Teil III). In Anwesenheit von 36 Mitgliedern wurde am 2. Februar 1999 turnusmäßig die Jahreshauptversammlung durchgeführt. Auf Vorschlag des Vorstands beschloss die Mitgliederversammlung die Anpassung des Mitgliedsbeitrags zum 1.1.2001 von 40,- DM auf 50,- DM und zum 1.1. 2002 auf 25,- €. Neben den Routinesitzungen des engeren Vorstands und den Redaktionssitzungen der Schriftleitung fanden im Berichtsjahr im Juni und im Dezember zwei ordentliche Vorstandssitzungen statt. Durch Tod verlor unser Verein im Berichtsjahr 11 Mitglieder: Walter Buckan, Nürnberg Hermann Göppner, Nürnberg Dr. Friedrich von Herford, Nürnberg Dr. Gerhard Hirschmann, Nürnberg Dr. Theodor Hölcke, Nürnberg Dr. Hans Paul Kreßel, Nürnberg Hans Paul, Nürnberg Prof. Dr. Franz Ronneberger, Nürnberg Prof. Dr. Wolfgang Frhr. Stromer von Reichenbach, Grünsberg Dr. Ludwig Veit, Nürnberg Klaus F. Weiss, Nürnberg Unter den verstorbenen Vereinsmitgliedern seien besonders hervorgehoben Dr. Ger­ hard Hirschmann und Prof. Dr. Wolfgang Frhr. Stromer von Reichenbach. Unser langjähriger Vorsitzender und Ehrenvorsitzender Dr. Gerhard Hirschmann, der am 10. November 1998 seinen 80. Geburtstag begehen konnte, verstarb am 19. Juli 1999. Am 8. September 1999 verstarb Prof. Dr. Wolfgang von Stromer, ebenfalls langjähriges Vorstandsmitglied. Das Lebenswerk beider Persönlichkeiten würdigen zwei Nachrufe im Jahresband 86 der Mitteilungen. Alle Mitglieder, die die Verstorbenen kannten, werden ihnen ein ehrenvolles Geden­ ken bewahren.

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Im Berichtsjahr durften wir insgesamt 13 Personen als neue Mitglieder begrüßen: Dr. Uli Armbruster, Hahnhofer Weg 26, 90537 Feucht Adolf Cramer, Bad Wörishofener Str. 30, 90455 Nürnberg Irena Anna Fuchs, Rohrmattenstr. 25, 90480 Nürnberg Detlev Hapke, Faberstr. 31, 90449 Nürnberg Peter Heigl, Glockenhofstr. 29a, 90478 Nürnberg Dr. Renate Hilsenbeck, Mühlstr. 10, 90547 Stein Elisabeth Hirschmann, Gerngrosstr. 26, 90409 Nürnberg Helga Gärtner, Kölner Str. 56, 90425 Nürnberg Regina Gebert, Obere Krämersgasse 16, 90403 Nürnberg Irmgard Pätzold, Schnepfenreuther Weg 3a, 90425 Nürnberg Frank Rödel, Georg-Hennch-Str. 4, 90431 Nürnberg Stephan Baron von der Trenck, Weiherhauser Str. 2a, 90455 Nürnberg Prof. Dr. Wolfgang Wüst, Am Sonnenhang 4 V2, 86199 Augsburg Teils aus Altersgründen, teils wegen Wegzugs sind 20 Mitglieder aus dem Verein aus­ getreten bzw. mussten wegen säumiger Mitgliedsbeiträge ausgeschlossen werden. Am 31.12.1999 betrug die fortgeschriebene Zahl unserer Mitglieder somit 840 Mitglieder (31.12.1998: 858). Wie in den Vorjahren erschien kurz vor Weihnachten Band 86 der Mitteilungen. Zum Schluss des Jahres haben wir wiederum vielfachen Dank auszusprechen: allen Mitgliedern und Gönnern unseres Vereins, die unsere wissenschaftliche Arbeit durch ihre Mitgliedsbeiträge bzw. durch großzügige Spenden unterstützen, der Stadt Nürn­ berg, der Stadtsparkasse Nürnberg, dem Bezirk Mittelfranken und dem von Tucherschen Kulturfonds für die gewährten Zuschüsse, ferner den Medien für die Ankündi­ gung unserer Veranstaltungen und die Berichterstattung in der Presse. Willy Prölß Michael Diefenbach er

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II. Bericht des Schatzmeisters Rechnungsabschluss zum 31. Dezember 1999 Kassenbestand am 31.12.1998

DM

DM 361.619,76

Die Einnahmen betrugen im Jahr 1999: la) lb) lc) ld) le) lf) 1 g) 1h) li) lj)

Mitglieder- und Förderbeiträge 39.340,66 16.400,00 Druckkostenzuschüsse Verkauf von Vereinschriften 5.479,50 295,50 Portoersatz 5.000,00 Stiftung Lorenzer Häuserbuch 103.765,32 Durchlaufender Posten - Erbbauzins Murata 2.115,29 Zinsen aus Sparkonten Zinsen aus Rentaplan 1.611,10 18.437,50 Zinsen aus Bundesschatzbriefen Sonstige Einnahmen (Überschuss aus Studienfahrt) 630,00

Die Ausgaben betrugen im Jahr 1999: 2a) Verwaltungskostenpauschale für Stadtarchiv 2b) Verwaltungsausgaben 2c) Drucklegung von Vereinsschriften 2d) Veranstaltungen (Führungen, Vorträge) 2e) Beitragszahlungen an andere Vereine 2f) Erwerbungen für die Vereinsbibliothek 2g) Ausgaben Häuserbuch 2h) Sonstige Ausgaben 2i) Durchlaufender Posten - Erbbauzins Murata 2j) Ausgaben „NF 28“ - Kriegsende in Franken Kassenbestand am 31.12.1999

5.000,00 4.671,84 49.178,05 1.760,50 490,00 122,00 20.000,00 588,74 103.765,32 19,00

+193.074.87 554.694,63

-185.595.45 369.099.18

Zu lb) Die Druckkostenzuschüsse setzen sich zusammen aus: Stadt Nürnberg Bezirk Mittelfranken Stadtsparkasse Nürnberg von Tucherscher Kulturfonds Insgesamt:

DM 8.400,00 2.000,00 5.000,00 1.000.00

16.400,00

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Zu 2c) Die Kosten für Drucklegung und Erstellung von Vereinspublikationen setzen sich zusammen aus: DM Honorar für Erstellung Registerband 10.000,00 Mitteilungen Band 86/1999 37.277,32 Faltblätter „Der VGN stellt sich vor“ mit Aufnahmeantrag 1.900.73 Insgesamt: 49.178,05 Der Rechnungsabschluss für die Zeit vom 1.1.1999 bis 31.12.1999 wurde am 25. Januar 2000 von den Herren Volkmar Eichholz und Alfred Goppert anhand der Kassenbücher und der Rechnungsbelege geprüft und in Ordnung befunden. Die Mitgliederversammlung entlastete gemäß Antrag der Rechnungsprüfer am 1. Februar 2000 den Unterzeichneten Schatzmeister. Jürgen Winter

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III. Übersicht über die Veranstaltungen Vorträge: 12. Januar

Michael Kaiser, Nürnberg: Nürnberg und seine Militärbauten

2. Februar

Dr. Michael Diefenbacher, Nürnberg: Die Tuchersche Handels­ gesellschaft. Zur Geschichte eines Nürnberger patrizischen Familien­ unternehmens zwischen 1460 und 1640

2. März

Dr. Ursula Ti mann, Nürnberg: Die Nürnberger Goldschmiede

6. April

Dr. Clemens Wächter, Erlangen: Nürnberger Kultur und Kulturpoli­ tik 1945-1950

4. Mai

Dr. Harald Leder, Baton Rouge, Lousiana/USA: Humanist in Uniform: Colonel Mark T. Selsor und der Wiederaufbau der Jugend­ arbeit in Nürnberg nach dem Zweiten Weltkrieg

5. Oktober

Dr. Udo Winkel, Nürnberg: Der Nürnberger Arbeiterverein von 1848/49

2. November Andrea Löther M.A., Bielefeld: Prozessionen in Nürnberg vom 14.-16. Jahrhundert 7. Dezember Dr. Peter Mühling, Nürnberg: Aus der Geschichte des neuen Nürn­ berger Tiergartens

Sonstige Veranstaltungen: 25. Juni

Prof. Dr. Hermann Rusam, Nürnberg: Rundgang durch den alten Ortskern von Erlenstegen

10. Juli

Richard Kölbel, Stein: Tagesexkursion vom südlichen Mittelfranken ins nördliche Oberbayern: Auf dem Willibaldsweg von Heidenheim am Hahnenkamm nach Eichstätt

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JAHRESBERICHT ÜBER DAS 123. VEREINSJAHR 2000

Zusammengestellt von Wiltrud Fischer-Pache I. Bericht des Vorsitzenden Neben dem wissenschaftlichen Kolloquium zum Thema „Nürnberger Stadtchronistik und Stadtgeschichtsschreibung“, das der Verein als Beitrag zum Stadtjubiläum im Ja­ nuar im Naturkundehaus des Nürnberger Tiergartens veranstaltet hat, fanden in den Monaten Januar bis Mai und Oktober bis Dezember acht Vorträge statt. Referenten und Vortragsthemen sind im Teil III des Jahresberichts aufgelistet. An sonstigen Veranstal­ tungen standen vier Führungen, ein Stadtrundgang und eine Studienfahrt auf dem Pro­ gramm (siehe Teil III). Der Verein war darüber hinaus Mitveranstalter der Ringvorle­ sung der Universität Erlangen-Nürnberg im Bildungszentrum zum Thema „Nürnberg - eine europäische Stadt in Mittelalter und Neuzeit“ (November 1999 bis Februar 2000) mit acht Vorträgen im Berichtsjahr; sämtliche Vorträge sind im Band 29 der Nürnberger Forschungen veröffentlicht. In Anwesenheit von 32 Mitgliedern wurde am 1. Februar 2000 turnusmäßig die Jah­ reshauptversammlung durchgeführt. Bei den Vorstandswahlen waren - nach dem Tod von Dr. Gerhard Hirschmann und Prof. Dr. Wolfgang Frhr. von Stromer sowie nach dem Rücktritt von Prof. Dr. Alfred Wendehorst - drei Sitze im Vorstand zu besetzen. Als neue Mitglieder wurden der Generaldirektor des Germanischen Nationalmuseums, Dr. G. Ulrich Großmann, und Prof. Dr. Wolfgang Wüst, damals Leiter des Stadtarchivs Augsburg und designierter Nachfolger von Prof. Dr. Alois Schmidt in Erlangen, in den erweiterten Vorstand gewählt; einer der insgesamt 18 Vorstandssitze blieb vakant, da kein weiterer Kandidat zur Verfügung stand. Der übrige Vorstand einschließlich des en­ geren Vorstands wurde komplett wiedergewählt. Auch im Amt der Kassenprüfer fand ein Wechsel statt, da Sparkassenoberamtsrat Alfred Goppert und Diplomvolkswirt Volkmar Eichholz darum gebeten hatten, nach langjähriger Tätigkeit für den Verein von ihrem Amt entbunden zu werden. Als neue Rechnungsprüfer wurden die Herren Burk­ hard Stüben und Reimund Prottengeier gewählt. Im Berichtsjahr fanden zwei ordentliche und eine außerordentliche Vorstands­ sitzung statt, der engere Vorstand traf sich neben den Routinesitzungen zu drei außer­ ordentlichen Sitzungen. Durch den Tod verlor unser Verein im Jahre 2000 sieben Mitglieder: Walter Bahr, Nürnberg Dr. Lydia Bayer, Nürnberg Dipl. Ing. Georg Fick, Ansbach Rudolf Hesel, Nürnberg Helmuth Motschenbacher, Gräfelfing Dr. Eduard von Schuh, Nürnberg Manfred Zeiler, Feucht Wir werden diesen Verstorbenen ein ehrenvolles Gedenken bewahren.

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Besonders erinnert sei an Museumsdirektorin i.R. Dr. Lydia Bayer, die Gründerin und langjährige Leiterin des Spielzeugmuseums (Museum Lydia Bayer), die am 3. Juni 2000 verstorben ist. Durch die Verleihung der Bürgermedaille am 16. Juli 2000 erfuhr Frau Dr. Bayer posthum eine Würdigung ihrer Verdienste für die Stadt Nürnberg. Erfreulicherweise konnten wir im Berichtsjahr insgesamt 21 Personen als neue Mitglieder begrüßen: Siegfried Adler, Keplerstr. 91, 90766 Fürth Gabriele Döhler, Wirthstr. 68a, 90459 Nürnberg Georg Eichenmüller, Kreutzerstr. 68, 90439 Nürnberg Marianne Frank, Westtorgraben 7, 90429 Nürnberg Dorothea Freese, Lödelstr. 6, 90459 Nürnberg Dr. G. Ulrich Großmann, Kartäusergasse 1, 90402 Nürnberg Hildegard Hildner, Am Rudolfshof 35, 91207 Lauf Lutz Henning, Effnerstr. 56, 90480 Nürnberg Josef Karrer, Lindenäckerweg 2, 90455 Nürnberg Irmgard Kloss, Engelweiherstr. 7, 90480 Nürnberg Manfred Kraus, Verschönerungsweg 8, 90475 Nürnberg Dr. Hans-Peter Kraußer, Flößerweg 15, 82041 Oberhaching Daniele List, Emdener Str. 23, 90425 Nürnberg Claus Oetjen, Am Hammerwerk 1, 53619 Rheinbreitbach Kurt Reichmacher, Saazer Str. 22, 91126 Schwabach Heinrich Schneider, Tauroggenstr. 1, 90491 Nürnberg Monika Schneider, Sebastianstr. 27, 91058 Erlangen Daniela Stadler, Rollnerstr. 50, 90408 Nürnberg Burkhard Stüben, Jasminweg 8, 90480 Nürnberg Gabriele Wood, Priessnitzstr. 1, 90419 Nürnberg Jörg Zitzmann, Waldstr. 16, 90482 Nürnberg Teils aus Altersgründen, teils wegen Wegzugs sind 23 Mitglieder aus unserem Verein ausgetreten. Am Ende des Berichtsjahres zählte der Verein 824 Mitglieder (Stand: 31.12.2000). Nach dem Umzug des Stadtarchiv in die umgebaute Norishalle (Marientorgraben 8) hat auch die Geschäftsstelle ein neues Domizil erhalten. Weniger erfreulich ist die personelle Situation. Mit dem Weggang von Frau Bormann, die die Geschäftsstelle bisher betreut hat, an eine andere Dienststelle wurde dem Stadtarchiv eine halbe Stelle im Vorzimmerbereich gestrichen, so dass die anfallende Arbeit vorübergehend durch Aushilfskräfte erledigt werden musste. Nach intensiven Verhandlungen mit der Stadtspitze konnte mit der Einstellung von Frau Weber, die neben ihren sonstigen Aufgaben beim Stadtarchiv die Geschäftsstelle mitbetreut, zumindest eine vorüberge­ hende Lösung geschaffen werden. Leider mussten die Öffnungszeiten infolge der Ver­ lagerung der Geschäftsstelle vom Sekretariat in ein anderes Zimmer stark eingeschränkt werden.

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Wie in den Vorjahren erschien kurz vor Weihnachten Band 87 der Mitteilungen mit den Vorträgen des Kolloquiums zum Thema „Nürnberger Stadtchronistik und Stadt­ geschichtsschreibung". Dieser „Jubiläumsband" wurde ergänzt um einen neuen Beitrag zum Namen der Stadt Nürnberg, einen zusammenfassenden, den sonst üblichen Rezensionsteil ersetzenden Beitrag über die zum Stadtjubiläum erschienenen histori­ schen Publikationen und ein Gesamtregister aller bisher erschienenen Mitteilungs­ bände. Im Rahmen einer kleinen Feier wurde am 14. Juli Band 29 der Nürnberger For­ schungen durch den Oberbürgermeister der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Band ent­ hält alle 14 Vorträge, die im Wintersemester 1999/2000 im Rahmen der von der Universität Erlangen-Nürnberg veranstalteten Ringvorlesung zur Nürnberger Ge­ schichte gehalten worden waren. Zum Schluss des Jahres haben wir wiederum vielfachen Dank auszusprechen: allen Mitgliedern und Gönnern unseres Vereins, die unsere wissenschaftliche Arbeit durch ihre Mitgliedsbeiträge bzw. durch großzügige Spenden unterstützen, der Stadt Nürn­ berg, der Sparkasse Nürnberg, dem Bezirk Mittelfranken und der Verlagsdruckerei Schmidt für die gewährten Zuschüsse. Unser Dank gilt auch den Medien für die Ankün­ digung unserer Veranstaltungen und die Berichterstattung in der Presse sowie der Ver­ lagsdruckerei Schmidt, die das Erscheinen des vorliegenden Jahrbuchs rechtzeitig vor Weihnachten wiederum möglich gemacht hat. Willy Prölß Michael Diefenbacher

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II. Bericht des Schatzmeisters Rechnungsabschluss zum 31.12.2000 DM Kassenbestand am 31.12.1999

DM 369.099,18

Die Einnahmen betrugen im Jahr 2000: la) Mitglieder- und Förderbeiträge lb) Druckkostenzuschüsse für Vereinsschriften lc) Verkauf von Vereinsschriften ld) Portoersatz le) Stiftung Lorenzer Häuserbuch lf) Zinsen aus Sparkonten/Sparkassenbrief/Renta Plan lg) Zinsen aus Bundesschatzbriefen lh) Überschuss aus Studienfahrt li) Durchlaufender Posten - Erbbauzins Murata lj) Sonstige Einnahmen

53.127,06 17.300,73 6.969,26 323,85 5.000,00 7.213,80 19.998,75 1.165,00 103.765,32 585,41

Die Ausgaben betrugen im Jahr 2000: 2a) Verwaltungskostenpauschale für Stadtarchiv 2b) Verwaltungsausgaben 2c) Drucklegung von Vereinsschriften 2d) Veranstaltungen (Führungen, Vorträge etc.) 2e) Beitragszahlungen an andere Vereine 2f) Erwerbungen für die Vereinsbibliothek 2g) Ausgaben Häuserbuch 2h) Sonstige Ausgaben 2i) Durchlaufender Posten - Erbbauzins Murata -

5.000,00 6.451,86 60.361,19 5.237,21 490,00 122,00 20.000,00 2.594,87 103.765,32

Kassenbestand am 31.12.2000

+215.449.18 584.548,36

-204.022.45 380.525.91

Zu lb) Die Druckkostenzuschüsse setzen sich zusammen aus: Stadt Nürnberg Bezirk Mittelfranken Stadtparkasse Nürnberg Verlagsdruckerei Schmidt Insgesamt

DM 8.400,00 2.000,00 5.000,00 1.900.73 17.300,73

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Zu 2c) Die Kosten für Drucklegung und Erstellung von Vereinspublikationen setzen sich zusammen aus: DM 29.983,23 Druckkosten für Mitteilungen Band 87/2000 27.411,02 Druckkosten für „NF 29" 14,00 Kopien zum Druck für „NF 29" Druckkosten für Folder „Der VGN stellt sich vor“ 2.952.94 mit Beilage Aufnahmeantrag 60.361,19 Insgesamt: Der Rechnungsabschluss für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2000 wurde am 23. Ja­ nuar 2001 von den Herren Burkhard Stüben und Reimund Prottengeier anhand der Kassenbücher und der Rechnungsbelege geprüft und in Ordnung befunden. Die Mitgliederversammlung entlastete gemäß Antrag der Rechnungsprüfer am 6. Februar 2001 den Unterzeichneten Schatzmeister. Jürgen Winter

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III. Übersicht über die Veranstaltungen Vorträge:

11. Januar

Leibi Rosenberg M.A., Nürnberg: Rabbiner Dr. Arndold Klein und die orthodoxe Gemeinde Adas Israel in Nürnberg

21.122. Januar Wissenschaftliches Kolloquium „Nürnberger Stadtchronistik und Stadtgeschichtsschreibung" Referenten: Prof. Dr. Klaus Arnold (Hamburg), Dr. Joachim Schneider (Würz­ burg), Prof. Dr. Günther Lottes (Gießen), Prof. Dr. Werner K. Blessing (Erlangen), Dr. Clemens Wächter (Erlangen) Die Beiträge sind mit einer Ausnahme in MVGN 87 (2000) abgedruckt. 1. Februar

Dr. Wiltrud Fischer-Pache, Nürnberg: Naherholungsgebiete und Parkanlagen im Nürnberger Stadtbild seit dem 19. Jahrhundert

14. März

Dr. Peter Fleischmann, Nürnberg: Alle Brief, Schrift und Bücher; die in der Stuben und in dem gewelh dabei vorhanden sein. Die Quellen zur Geschichte der Reichsstadt Nürnberg

4. April

Dr. Karl Kunze, Nürnberg: Der „Endkampf" in Nürnberg am 20. April 1945. Tatsachen und Legenden über die dunkelsten Tage der Nürnberger Geschichte

2. Mai

Walter Gebhardt, Erlangen: Nürnberg - auch eine Stadt des Weines

10. Oktober

Dr. Michael Diefenbacher, Nürnberg: Nürnberg - Stationen in der Geschichte einer europäischen Metropole (zugleich öffentlicher Ein­ führungsvortrag zum 71. Deutschen Archivtag)

7. November

Dr. Doris Gerstl, Regensburg: Georg Christoph Eimmart d.J. (1638-1705). Ein international gefragter Nürnberger Kupferstecher

5. Dezember

Prof. Dr. Ronald Asch, Osnabrück: Das Heilige Römische Reich und der Nürnberger Exekutionstag

Sonstige Veranstaltungen: 20. März

Dr. Christine Sauer, Nürnberg: Führung durch die Ausstellung der Stadtbibliothek Nürnberg im Pellerhaus „Kinderbücher in alter und neuer Zeit"

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22. März

Dr. Helmut Beer, Nürnberg: Führung durch die Ausstellung des Stadt­ archivs Nürnberg im Germanischen Nationalmuseum „Im Wandel Nürnberg vor 100 Jahren. Fotografien von Ferdinand Schmidt 1860-1909“

2. Juni

Prof. Dr. Hermann Rusam, Nürnberg: Vorstadtrundgang „Vom Bärenbrünnlein am Platnersberg über den Spitalhof zum Rechenberg“

8. Juli

Richard Kölbel, Stein: Tagesexkursion ins westliche und südliche Mittelfranken: Auf den Spuren der Nürnberger Heiligen Deocarus und Sebaldus

18. Oktober

Dr. Peter Fleischmann, Nürnberg: Führung durch die Ausstellung des Staatsarchivs Nürnberg „Norenberg - Nürnberg 1050-1806“

23. November Dr. Wiltrud Fischer-Pache, Nürnberg: Führung durch die neuen Räume des Stadtarchivs Nürnberg in der Norishalle

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ABKÜRZUNGEN Abb. Az. BldLG BlFF d DI fl. fol. GNM Hrsg. hl. Hs. JfL kr. LKAN M MAN-AA MANL MVGN Ndr. NF NN NUB NW o.J. o.O. PfarrA Pfd./lb. r Rst. Nbg. RV ß StaBi StadtA StadtAN StAN StBN TgBSe v VSWG ZBLG

Abbildung Aktenzeichen Blätter für deutsche Landesgeschichte Blätter für Fränkische Familienkunde Pfennig (denarius) Die Inschriften der Friedhöfe St. Johannis, St. Rochus und Wöhrd zu Nürnberg, ges. u. bearb. v. Peter Zahn (Die Deutschen Inschriften 13. Band, Münchener Reihe 3. Band), München 1972 (zitiert DI 13). Gulden (florenus) Folio (Blatt) Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Herausgeber Heller Handschrift Jahrbuch für fränkische Landesforschung Kreuzer Landeskirchliches Archiv Nürnberg Mark Historisches Archiv der MAN AG Augsburg Mitteilungen der Altnürnberger Landschaft Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg Nachdruck Nürnberger Forschungen Nürnberger Nachrichten Nürnberger Urkundenbuch Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte ohne Jahr ohne Ort Pfarrarchiv Pfund (libra) recto Reichsstadt Nürnberg Ratsverlässe Schilling (solidus) Staatsbibliothek, München Stadtarchiv Stadtarchiv Nürnberg Staatsarchiv Nürnberg Stadtbibliothek Nürnberg Totengeläutbücher verso Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte

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