Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [83]

Table of contents :
Klaus Frhr. v. Andrian-Werburg: Ritter Tilman von
Brempt (1477/78-1546) und das Nürnberger Schultheißenamt
im 16. Jahrhundert.......................... 1
Johannes Peter Wurm: Der „Eccius Philargyrus sive
avarus“ von 1523. Willibald Pirckheimers dritte Komödie
gegen Johannes Eck ............................................. 33
Andreas Tacke: Bartholomäus I. Viatis imPorträt .... 57
Dominik Radimaier: Die Bibliothek des Gratianus
Tücher von Simmelsdorf und Winterstein (1617-1693) 65
Richard Kölbel: Lothar von Faber (1817-1896) - Ehrenbürger
der Stadt Nürnberg............................. 145
Erhard Schraudolph: Die Zinnspielwarenfabrik C. L. Besold
................................................................................. 167
Kurt Müller: Das Gerichtsgebäude Weintraubengasse 1.
Die Geschichte seiner Erbauung und vielfältigen Nutzung
................................................................................ 175
Anja Prölß-Kammerer: Die Nürnberger Gobelin-Manufaktur.
Die Geschichte einer Manufaktur im 20. Jahrhundert
............................................................................. 205
V
Miszellen:
Helge Weingärtner: Überlegungen zum Wappenfries des
Nassauer Hauses in Nürnberg........................................ 307
Bertold Frhr. v. Haller: Anmerkungen zu Werner Broda:
Dreiecksverhältnisse. Architektur- und Ingenieurszeichnungen
aus vier Jahrhunderten (Ausstellungskatalog
des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg,
Nürnberg 1996)............................................................... 315
Hermann J. Meier: Doktorarbeit entpuppt sich als Plagiat
einer Diplomarbeit.......................................................... 329
Buchbesprechungen (siehe nächste Seite).............................. 337
Neue Arbeiten zur Nürnberger Geschichte.......................... 407
Jahresbericht über das 118. Vereinsjahr 1995 ......................... 413
Abkürzungen........................................................................ 419
VI
BUCHBESPRECHUNGEN
Hans-Jörg und Elisabeth Kellner: Die Münzen der Reichsstadt Nürnberg, Stuttgart 1991.
(Günther Schuhmann) .............................................................................................. 337
Markus Twellenkamp: Die Burggrafen von Nürnberg und das deutsche Königtum
(1273-1417), Nürnberg 1994. (Günther Schuhmann) .............................................. 337
Christine Reinle: Ulrich Riederer (ca. 1406-1462). Gelehrter Rat im Dienste Kaiser Friedrichs
III., Mannheim 1993. (Dieter Rühsamen)...................................................... 339
Karl Schütz: Albrecht Dürer im Kunsthistorischen Museum, Wien 1994. (Peter Strieder)
.............................................................................................................................. 341
Stephan Füssel (Hrsg.): Deutsche Dichterder frühen Neuzeit (1450-1600). Ihr Leben und
Werk, Berlin 1993. (Dieter Merzhacher) .................................................................. 342
Johannes Rettelbach: Variation - Derivation - Imitation. Untersuchungen zu den Tönen
der Sangspruchdichter und Meistersinger, Tübingen 1993. (Dieter Merzbacher) . . 347
Hans Sachs der Schuhmacher 1494-1576, hrsg. v. Deutschen Ledermuseum, Offenbach am
Main 1994. (Dieter Merzbacher)................................................................................ 348
Wilhelm Richard Berger: Hans Sachs. Schuhmacher und Poet, Frankfurt am Main 1994.
(Dieter Merzbacher) ................................................................................................. 348
Stephan Füssel (Hrsg.): Hans Sachs im Schnittpunkt von Antike und Neuzeit (Pirckheimer-
Jahrbuch 1995), Nürnberg 1995. (Horst-Dieter Beyerstedt) ............................. 350
Gedruckte Porträts 1500-1618 aus der Graphischen Sammlung des Germanischen Nationalmuseums
Nürnberg, CD-ROM v. Pia M. Grüber / Veronika Molnar, München
1995. (Peter Zahn) .................................................................................................... 352
Katrin Achilles-Syndram: Die Kunstsammlung des Paulus Praun. Die Inventare von
1616 und 1719, Nürnberg 1994. (Ulrike Swoboda)................................................... 355
Renate Jürgensen: Utile cum dulci. Mit Nutzen erfreulich. Die Blütezeit des Pegnesischen
Blumenordens in Nürnberg 1644 bis 1744, Wiesbaden 1994. (Georg Seiderer).....................................................................................................................
..... 357
John Roger Paas (Hrsg.): der Franken Rom. Nürnbergs Blütezeit in der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts, Wiesbaden 1995. (Georg Seiderer)........................................... 359
Herbert Anti: Das Elementarschulwesen der Reichsstadt Nürnberg. Die Deutschen Schulen
in Nürnberg vom 16. Jahrhundert bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit, Phil.
Diss. München 1988. (ReinhardJakob).................................................................... 361
Nürnberger Altstadtberichte, hrsg. von den Altstadtfreunden Nürnberg e. V., Nr. 17
(1992), Nr. 18 (1993). (Wiltrud Fischer-Pache) ........................................................... 362
Reinhard Stinzendörfer: Die Schulreformen in Nürnberg und seinen seinerzeitigen Vororten
zwischen 1806 und 1821, Bad Heilbrunn 1995. (ReinhardJakob) ................. 363
Jürgen Wolff (Hrsg.): Vom Kinematographen zum Cinecittä. Geschichte und Geschichten
der Kinos in Nürnberg, Fürth und Erlangen, Nürnberg 1995. (Helmut Beer) .... 364
Stephanie Orfali: A Jewish Girl in the Weimar Republic, Berkeley 1987. (Hans-Günther
Pache) ........................................................................................................................ 366
Eva Strauß: Wandererfürsorge in Bayern 1918 bis 1945 unter besonderer Berücksichtigung
Nürnbergs, Nürnberg 1995. (Clemens Wächter)..............................................
Helmut Beer u.a.: Bauen in Nürnberg 1933-1945. Architektur und Bauformen im Nationalsozialismus,
Nürnberg 1995. (Uwe Schaper) ......................................................
Erich Mulzer / Hartmut Beck: Bild und Erinnerung. Nürnberger Luftaufnahmen 1944,
Nürnberg 1995. (Helmut Beer) ................................................................................ 369
Joe Heydecker / Johannes Leeb: Der Nürnberger Prozeß, Köln 1995. (Hartmut Frommer)
........................................................................................................................... 371
Telford Taylor: Die Nürnberger Prozesse, 2. Auflage München 1994. (Hartmut Frommer)
........................................................................................................................... 371
VII
Carl Schmitt: Das internationalrechtliche Verbrechen des Angriffskrieges und der
Grundsatz „Nullum crimen, nulla poena sine lege“, hrsg. v. Helmut Quaritsch,
Berlin 1994. (Hartmut Frommer) ............................................................................. 371
Friedhelm Kröll: Das Verhör - Carl Schmitt in Nürnberg, Nürnberg 1995. (Hartmut
Frommer) .................................................................................................................. 371
Martina Mittenhuber / Alexander Schmidt / Bernd Windsheimer: Der Nürnberger
Weg 1945-1995. Eine Stadtgeschichte in Bildern und Texten, Nürnberg 1995. (Uwe
Schaper) ..................................................................................................................... 372
Hubertus Waldmann (Hrsg): 50 Jahre Fußball im Kreis Nürnberg/Fürth 1946-1996,
Nürnberg 1996. (Günther Friedrich) ........................................................................ 373
Jung nach *45. Kunst in Nürnberg - Ein Jahrzehnt und eine Generation, hrsg. v. der Kunsthalle
Nürnberg, Nürnberg 1995. (Clemens Wächter)................................................. 373
Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Nürnberg Band 6. Von der Kapitulation
des faschistischen Deutschland bis zum Ende des Bayernstreiks 1945-1954,
bearb. v. Gabriele Müller-Ballin, Nürnberg 1995. (Udo Winkel).......................... 374
Egon Fein: Nürnberg in den 50ern. Die Stadt in stürmischen Aufbaujahren der Nachkriegszeit,
Nürnberg 1995. (Clemens Wächter)......................................................... 376
Die Gartenstadt Nürnberg. Geschichte und Geschichten. Teil 1: Von der Gründung bis zur
NS-Zeit (1908-1933), hrsg. v. Stadt Nürnberg/Kulturladen Gartenstadt/Geschichtswerkstatt,
Nürnberg 1996. (Florst-Dieter Beyerstedt) .............................................. 377
Wöhrd. Die Zerstörung im Jahre 1943, hrsg. v. Vorstadtverein Nürnberg-Wöhrd, Nürnberg
1995. (Horst-Dieter Beyerstedt) ....................................................................... 378
Bernd Windsheimer / Martina Fleischmann: Nürnberg-Langwasser. Geschichte eines
Stadtteils, Nürnberg 1995. Florst-Dieter Beyerstedt ................................................. 378
Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 1, bearb. v. Barbara Gebhardt
und Manfred Hörner; Band 2, bearb. v. Manfred Hörner und Barbara Gebhardt;
Band 6, bearb. v. Manfred Hörner, München 1994-1996. (Michael Diefenhacher).................................................................................................................
...... 380
Elisabeth Lukas-Götz u.a.(Hrsg.): Quellen zur Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
bayerischer Städte in Spätmittelalter und früher Neuzeit, München 1993.
(Johannes Laschinger)................................................................................................. 382
Jutta Nowosadtko: Scharfrichter und Abdecker. Der Alltag zweier „unehrlicher Berufe“
in der frühen Neuzeit, Paderborn 1994. (Hartmut Frommer).................................. 384
Ulrich Wagner / Walter Ziegler (Hrsg.): Lorenz Fries, Chronik der Bischöfe von Würzburg
742-1495, Band I. u. II, Würzburg: Schöningh 1992/1994. (Wiltrud Fischer-
Fache) ........................................................................................................................ 385
Diözesan-Archiv Würzburg und seine Sammlungen, hrsg. von Norbert Kandier und Jürgen
Lenssen, Würzburg 1995. (Wiltrud Fischer-Fache)............................................ 387
Reinhard Jakob: Schulen in Franken und in der Kuroberpfalz. Verbreitung - Organisation
- Gesellschaftliche Bedeutung, Wiesbaden 1994. (Bernhard Ebneth)....................... 389
Ruth Bach-Damaskinos / Jürgen Schabei / Sabine Kothes: Schlösser und Burgen in
Mittelfranken. Eine vollständige Darstelung aller Schlösser, Herrensitze, Burgen und
Ruinen in den mittelfränkischen kreisfreien Städten und Landkreisen, Nürnberg
1993. (Ulrike Sw oho da).............................................................................................. 391
Erhard Schraudolph / Walter Fürnrohr (Hrsg.): Fabriken - Weg in die Moderne. Industrialisierung
Mittelfrankens 1850-1940, Nürnberg 1994. (Helmut Beer)................. 391
Günther Schroth: Archäologie im Landkreis Nürnberger Land. Bestandsaufnahme und
Literaturverzeichnis, Lauf 1995. (Hermann Rusam).................................................. 392
Erhard Schraudolph: Vom Handwerkerort zur Industriemetropole. Industrialisierung in
Fürth vor 1870, Ansbach 1993. (Helmut Beer)......................................................... 393
VIII
Heinrich Schlüpfinger: Die Stadt Schwabach und ihre Landesherren, Handwerk und Gewerbe,
Handel und Industrie im Wandel der Zeiten in Wort und Bild, Schwabach
1994. (Richard Kölbel) .............................................................................................. 395
Jürgen Sandweg / Gertraud Lehmann (Hrsg.): Hinter unzerstörten Fassaden. Erlangen
1945-1955, Erlangen/Jena 1996. (Clemens Wächter)................................................. 396
Rudolf Endres (Hrsg.): Bayreuth. Aus einer 800jährigen Geschichte, Köln 1995. (Charlotte
Bühl) .................................................................................................................. 398
Friedrich Biendinger (f) (Hrsg.): Zwei Augsburger Unterkaufbücher aus den Jahren
1551-1558. Älteste Aufzeichnungen zur Vor- und Frühgeschichte der Augsburger
Börse, Stuttgart 1994. (Lambert F. Peters).................................................................. 399
Claus-Peter Clasen: Textilherstellung in Augsburg in der frühen Neuzeit, 2 Bände, Augsburg
1995. (Rolf Walter) ........................................................................................... 400
Gerhard Seibold: Die Manlich. Geschichte einer Augsburger Kaufmannsfamilie, Sigmaringen
1995. (Lambert F. Peters)................................................................................ 401
Nils Brübach: Die Reichsmessen von Frankfurt am Main, Leipzig und Braunschweig
(14.-18. Jahrhundert), Stuttgart 1994. (Lambert F. Peters)........................................ 403
Hans-Joachim Kraschewski: Quellen zum Goslarer Vitriolhandel in der frühen Neuzeit
(16. Jahrhundert), St. Katharinen 1995. (Lambert F. Peters)..................................... 405

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8637

Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

83. Band 1996

Nürnberg 1996 Selbstverlag des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

Schriftleitung: Dr. Michael Diefenbacher, Dr. Wiltrud Fischer-Pache, Dr. Peter Fleischmann Für Form und Inhalt der Aufsätze und Rezensionen sind die Verfasser verantwortlich. Für unaufgefordert eingereichte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen.

Zum Druck des Bandes trugen durch Zuschüsse bziv. Spenden bei: Die Stadt Nürnberg, der Bezirk Mittelfranken, die Stadtsparkasse Nürnberg. Der Verein dankt dafür bestens.

Gesamtherstellung: Verlagsdruckerei Schmidt GmbH, Neustadt/Aisch Gedruckt auf holzfreies, chlorfrei gebleichtes, säurefreies und alterungsbeständiges Papier. Alle Rechte, auch des Abdrucks im Auszug, Vorbehalten. Copyright by Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg (Geschäftsstelle: Egidienplatz 23, 90403 Nürnberg) ISSN 0083-5579

INHALT Klaus Frhr. v. Andrian-Werburg: Ritter Tilman von Brempt (1477/78-1546) und das Nürnberger Schult­ heißenamt im 16. Jahrhundert.......................... 1 Johannes Peter Wurm: Der „Eccius Philargyrus sive avarus“ von 1523. Willibald Pirckheimers dritte Ko­ mödie gegen Johannes Eck .............................................

33

Andreas Tacke: Bartholomäus I. Viatis imPorträt

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Dominik Radimaier: Die Bibliothek des Gratianus Tücher von Simmelsdorf und Winterstein (1617-1693)

65

Richard Kölbel: Lothar von Faber (1817-1896) - Ehren­ bürger der Stadt Nürnberg............................. 145 Erhard Schraudolph: Die Zinnspielwarenfabrik C. L. Be­ sold .................................................................................

167

Kurt Müller: Das Gerichtsgebäude Weintraubengasse 1. Die Geschichte seiner Erbauung und vielfältigen Nut­ zung ................................................................................

175

Anja Prölß-Kammerer: Die Nürnberger Gobelin-Ma­ nufaktur. Die Geschichte einer Manufaktur im 20. Jahr­ hundert .............................................................................

205

V

Miszellen: Helge Weingärtner: Überlegungen zum Wappenfries des Nassauer Hauses in Nürnberg........................................

307

Bertold Frhr. v. Haller: Anmerkungen zu Werner Broda: Dreiecksverhältnisse. Architektur- und Ingenieurs­ zeichnungen aus vier Jahrhunderten (Ausstellungskata­ log des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg, Nürnberg 1996)...............................................................

315

Hermann J. Meier: Doktorarbeit entpuppt sich als Plagiat einer Diplomarbeit..........................................................

329

Buchbesprechungen (siehe nächste Seite)..............................

337

Neue Arbeiten zur Nürnberger Geschichte..........................

407

Jahresbericht über das 118. Vereinsjahr 1995 .........................

413

Abkürzungen........................................................................

419

VI

BUCHBESPRECHUNGEN Hans-Jörg und Elisabeth Kellner: Die Münzen der Reichsstadt Nürnberg, Stuttgart 1991. (Günther Schuhmann) .............................................................................................. Markus Twellenkamp: Die Burggrafen von Nürnberg und das deutsche Königtum (1273-1417), Nürnberg 1994. (Günther Schuhmann) .............................................. Christine Reinle: Ulrich Riederer (ca. 1406-1462). Gelehrter Rat im Dienste Kaiser Frie­ drichs III., Mannheim 1993. (Dieter Rühsamen)...................................................... Karl Schütz: Albrecht Dürer im Kunsthistorischen Museum, Wien 1994. (Peter Strie­ der) .............................................................................................................................. Stephan Füssel (Hrsg.): Deutsche Dichterder frühen Neuzeit (1450-1600). Ihr Leben und Werk, Berlin 1993. (Dieter Merzhacher) .................................................................. Johannes Rettelbach: Variation - Derivation - Imitation. Untersuchungen zu den Tönen der Sangspruchdichter und Meistersinger, Tübingen 1993. (Dieter Merzbacher) . . Hans Sachs der Schuhmacher 1494-1576, hrsg. v. Deutschen Ledermuseum, Offenbach am Main 1994. (Dieter Merzbacher)................................................................................ Wilhelm Richard Berger: Hans Sachs. Schuhmacher und Poet, Frankfurt am Main 1994. (Dieter Merzbacher) ................................................................................................. Stephan Füssel (Hrsg.): Hans Sachs im Schnittpunkt von Antike und Neuzeit (Pirckheimer-Jahrbuch 1995), Nürnberg 1995. (Horst-Dieter Beyerstedt) ............................. Gedruckte Porträts 1500-1618 aus der Graphischen Sammlung des Germanischen Natio­ nalmuseums Nürnberg, CD-ROM v. Pia M. Grüber / Veronika Molnar, München 1995. (Peter Zahn) .................................................................................................... Katrin Achilles-Syndram: Die Kunstsammlung des Paulus Praun. Die Inventare von 1616 und 1719, Nürnberg 1994. (Ulrike Swoboda)................................................... Renate Jürgensen: Utile cum dulci. Mit Nutzen erfreulich. Die Blütezeit des Pegnesischen Blumenordens in Nürnberg 1644 bis 1744, Wiesbaden 1994. (Georg Seiderer)........................................................................................................................... John Roger Paas (Hrsg.): der Franken Rom. Nürnbergs Blütezeit in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, Wiesbaden 1995. (Georg Seiderer)........................................... Herbert Anti: Das Elementarschulwesen der Reichsstadt Nürnberg. Die Deutschen Schu­ len in Nürnberg vom 16. Jahrhundert bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit, Phil. Diss. München 1988.(ReinhardJakob).................................................................... Nürnberger Altstadtberichte, hrsg. von den Altstadtfreunden Nürnberg e. V., Nr. 17 (1992), Nr. 18 (1993).(Wiltrud Fischer-Pache) ........................................................... Reinhard Stinzendörfer: Die Schulreformen in Nürnberg und seinen seinerzeitigen Vor­ orten zwischen 1806 und 1821, Bad Heilbrunn 1995. (ReinhardJakob) ................. Jürgen Wolff (Hrsg.): Vom Kinematographen zum Cinecittä. Geschichte und Geschichten der Kinos in Nürnberg, Fürth und Erlangen, Nürnberg 1995. (Helmut Beer) .... Stephanie Orfali: A Jewish Girl in the Weimar Republic, Berkeley 1987. (Hans-Günther Pache) ........................................................................................................................ Eva Strauß: Wandererfürsorge in Bayern 1918 bis 1945 unter besonderer Berücksichti­ gung Nürnbergs, Nürnberg 1995. (Clemens Wächter).............................................. Helmut Beer u.a.: Bauen in Nürnberg 1933-1945. Architektur und Bauformen im Natio­ nalsozialismus, Nürnberg 1995. (Uwe Schaper) ...................................................... Erich Mulzer / Hartmut Beck: Bild und Erinnerung. Nürnberger Luftaufnahmen 1944, Nürnberg 1995. (Helmut Beer) ................................................................................ Joe Heydecker / Johannes Leeb: Der Nürnberger Prozeß, Köln 1995. (Hartmut From­ mer) ........................................................................................................................... Telford Taylor: Die Nürnberger Prozesse, 2. Auflage München 1994. (Hartmut From­ mer) ...........................................................................................................................

337 337 339 341 342 347 348 348 350 352 355

357 359 361 362 363 364 366

369 371 371 VII

Carl Schmitt: Das internationalrechtliche Verbrechen des Angriffskrieges und der Grundsatz „Nullum crimen, nulla poena sine lege“, hrsg. v. Helmut Quaritsch, Berlin 1994. (Hartmut Frommer) ............................................................................. Friedhelm Kröll: Das Verhör - Carl Schmitt in Nürnberg, Nürnberg 1995. (Hartmut Frommer) .................................................................................................................. Martina Mittenhuber / Alexander Schmidt / Bernd Windsheimer: Der Nürnberger Weg 1945-1995. Eine Stadtgeschichte in Bildern und Texten, Nürnberg 1995. (Uwe Schaper) ..................................................................................................................... Hubertus Waldmann (Hrsg): 50 Jahre Fußball im Kreis Nürnberg/Fürth 1946-1996, Nürnberg 1996. (Günther Friedrich) ........................................................................ Jung nach *45. Kunst in Nürnberg - Ein Jahrzehnt und eine Generation, hrsg. v. der Kunst­ halle Nürnberg, Nürnberg 1995. (Clemens Wächter)................................................. Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Nürnberg Band 6. Von der Kapi­ tulation des faschistischen Deutschland bis zum Ende des Bayernstreiks 1945-1954, bearb. v. Gabriele Müller-Ballin, Nürnberg 1995. (Udo Winkel).......................... Egon Fein: Nürnberg in den 50ern. Die Stadt in stürmischen Aufbaujahren der Nach­ kriegszeit, Nürnberg 1995. (Clemens Wächter)......................................................... Die Gartenstadt Nürnberg. Geschichte und Geschichten. Teil 1: Von der Gründung bis zur NS-Zeit (1908-1933), hrsg. v. Stadt Nürnberg/Kulturladen Gartenstadt/Geschichts­ werkstatt, Nürnberg 1996. (Florst-Dieter Beyerstedt) .............................................. Wöhrd. Die Zerstörung im Jahre 1943, hrsg. v. Vorstadtverein Nürnberg-Wöhrd, Nürn­ berg 1995. (Horst-Dieter Beyerstedt) ....................................................................... Bernd Windsheimer / Martina Fleischmann: Nürnberg-Langwasser. Geschichte eines Stadtteils, Nürnberg 1995. Florst-Dieter Beyerstedt ................................................. Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 1, bearb. v. Barbara Gebhardt und Manfred Hörner; Band 2, bearb. v. Manfred Hörner und Barbara Gebhardt; Band 6, bearb. v. Manfred Hörner, München 1994-1996. (Michael Diefenhacher)........................................................................................................................ Elisabeth Lukas-Götz u.a.(Hrsg.): Quellen zur Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsge­ schichte bayerischer Städte in Spätmittelalter und früher Neuzeit, München 1993. (Johannes Laschinger)................................................................................................. Jutta Nowosadtko: Scharfrichter und Abdecker. Der Alltag zweier „unehrlicher Berufe“ in der frühen Neuzeit, Paderborn 1994. (Hartmut Frommer).................................. Ulrich Wagner / Walter Ziegler (Hrsg.): Lorenz Fries, Chronik der Bischöfe von Würz­ burg 742-1495, Band I. u. II, Würzburg: Schöningh 1992/1994. (Wiltrud FischerFache) ........................................................................................................................ Diözesan-Archiv Würzburg und seine Sammlungen, hrsg. von Norbert Kandier und Jür­ gen Lenssen, Würzburg1995. (Wiltrud Fischer-Fache)............................................ Reinhard Jakob: Schulen in Franken und in der Kuroberpfalz. Verbreitung - Organisation - Gesellschaftliche Bedeutung, Wiesbaden 1994. (Bernhard Ebneth)....................... Ruth Bach-Damaskinos / Jürgen Schabei / Sabine Kothes: Schlösser und Burgen in Mittelfranken. Eine vollständige Darstelung aller Schlösser, Herrensitze, Burgen und Ruinen in den mittelfränkischen kreisfreien Städten und Landkreisen, Nürnberg 1993. (Ulrike Sw oho da).............................................................................................. Erhard Schraudolph / Walter Fürnrohr (Hrsg.): Fabriken - Weg in die Moderne. Indu­ strialisierung Mittelfrankens 1850-1940, Nürnberg 1994. (Helmut Beer)................. Günther Schroth: Archäologie im Landkreis Nürnberger Land. Bestandsaufnahme und Literaturverzeichnis, Lauf 1995.(Hermann Rusam).................................................. Erhard Schraudolph: Vom Handwerkerort zur Industriemetropole. Industrialisierung in Fürth vor 1870, Ansbach 1993. (Helmut Beer).........................................................

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371 371

372 373 373

374 376

377 378 378

380

382 384

385 387 389

391 391 392 393

Heinrich Schlüpfinger: Die Stadt Schwabach und ihre Landesherren, Handwerk und Ge­ werbe, Handel und Industrie im Wandel der Zeiten in Wort und Bild, Schwabach 1994. (Richard Kölbel) .............................................................................................. Jürgen Sandweg / Gertraud Lehmann (Hrsg.): Hinter unzerstörten Fassaden. Erlangen 1945-1955, Erlangen/Jena 1996. (Clemens Wächter)................................................. Rudolf Endres (Hrsg.): Bayreuth. Aus einer 800jährigen Geschichte, Köln 1995. (Char­ lotte Bühl) .................................................................................................................. Friedrich Biendinger (f) (Hrsg.): Zwei Augsburger Unterkaufbücher aus den Jahren 1551-1558. Älteste Aufzeichnungen zur Vor- und Frühgeschichte der Augsburger Börse, Stuttgart 1994. (Lambert F. Peters).................................................................. Claus-Peter Clasen: Textilherstellung in Augsburg in der frühen Neuzeit, 2 Bände, Augs­ burg 1995. (Rolf Walter) ........................................................................................... Gerhard Seibold: Die Manlich. Geschichte einer Augsburger Kaufmannsfamilie, Sigma­ ringen 1995. (Lambert F. Peters)................................................................................ Nils Brübach: Die Reichsmessen von Frankfurt am Main, Leipzig und Braunschweig (14.-18. Jahrhundert), Stuttgart 1994. (Lambert F. Peters)........................................ Hans-Joachim Kraschewski: Quellen zum Goslarer Vitriolhandel in der frühen Neuzeit (16. Jahrhundert), St. Katharinen 1995. (Lambert F. Peters).....................................

395 396 398 399 400 401 403 405

IX

VERZEICHNIS DER MITARBEITER Andrian-Werburg, Klaus Frhr. von, Dr., Ltd. Archivdirektor i. R., Thomas-MannStr. 43, 90471 Nürnberg Beer, Helmut, Dr., Stadthistoriker, Langobardenstr. 6, 90461 Nürnberg Beyerstedt, Horst-Dieter, Dr., Archivrat, Thumenberger Weg 38, 90491 Nürnberg Bühl, Charlotte, M.A., Wissenschaftliche Assistentin, Peterstr. 9, 90478 Nürnberg Diefenbacher, Michael, Dr., Archivdirektor, Ringstr. 17, 91560 Heilsbronn Ebneth, Bernhard, Dr., Wissenschaftlicher Angestellter, Obere Weiherstr. 16, 90522 Oberasbach Fischer-Pache, Wiltrud, Dr., Archivoberrätin, Mühlweg 14, 90547 Stein Fleischmann, Peter, Dr., Archivrat, Arminiusstr. 7, 90402 Nürnberg Friedrich, Günther, Archivamtmann, Oldenburger Str. 14, 90425 Nürnberg Frommer, Hartmut, Dr., berufsm. Stadtrat, Traubenstr. 3, 90584 Allersberg Gebhardt, Walter, Bibliotheksamtmann, Drausnickstr. 8, 91052 Erlangen Haller, Bertold Frhr. von, Großgründlacher Hauptstr. 45, 90427 Nürnberg Jakob, Reinhard, Dr., Historiker, Eltersdorfer Str. 1, 91058 Erlangen Kölbel, Richard, Oberstudiendirektor i.R., Neuwerker Weg 66, 90547 Stein Laschinger, Johannes, Dr., Archivoberrat, Stadtarchiv, 92224 Amberg Merzbacher, Dieter, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Herzog August Bibliothek, Postfach 1264, 38299 Wolfenbüttel Meier, Hermann J. W., Dipl.-Betriebswirt (FH), Dipl.-Handelslehrer (Univ.), Ober­ studienrat, Julius-Loßmann-Str. 100, 90469 Nürnberg Müller, Kurt, Bankprokurist i. R., Westtorgraben 15, 90429 Nürnberg Pache, Hans-Günter, Gymnasiallehrer, Mühlweg 14, 90547 Stein Peters, Lambert F., Dr., Oberstudienrat i.R., Vestnertorgraben 3, 90408 Nürnberg Prölß-Kämmerer, Anja, M.A., Kunsthistorikerin, Roritzerstr. 34, 90419 Nürnberg Radimaier, Dominik, M.A., Kunsthistoriker, Schillerstr. 32, 90522 Oberasbach Rübsamen, Dieter, Dr. Wiss. Angestellter, Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Geschwister-Scholl-Str. 2, 55131 Mainz Rusam, Hermann, Dr., Studiendirektor, Lutzstr. 8, 90491 Nürnberg Schaper, Uwe, Dr., Oberarchivrat, An der Orangerie 3, 14469 Postdam Schraudolph, Erhard, Dr., Historiker, Marienbader Str. 50, 81058 Erlangen Schuhmann, Günther, Dr., Ltd. Archivdirektor a.D., Kressenstr. 16, 90419 Nürnberg Sei de rer, Georg, Ingolstädter Str. 107, 80939 München Strieder, Peter, Dr., Kunsthistoriker, Eysöldener Str. 10, 90453 Nürnberg Swoboda, Ulrike, M.A., Kunsthistorikerin, Hirscheigasse 9-11, 90403 Nürnberg Tacke, Andreas, Dr. Dr., Kunsthistoriker, Architekt, Universität Augsburg, Universitätsstr. 10, 86135 Augsburg Wächter, Clemens, M.A., Historiker, Fürther Str. 96, 90429 Nürnberg

X

Walter, Rolf, Dr., Univ.-Prof., Friedrich-Schiller-Universität Jena, Wirtschaftswissen­ schaftliche Fakultät, Füstengraben 11, 07743 Jena Weingärtner, Helge, M.A., Kunsthistoriker, Johannisstr. 4, 90419 Nürnberg Winkel, Udo, Dr., Sozialwissenschaftler, Kleinreuther Weg 16, 90408 Nürnberg Wurm, Johann Peter, Archivreferendar, Ginsterweg 14, 59557 Lippstadt Zahn, Peter, Dr., Univ.-Prof., Humboldt-Universität Berlin, Institut für Bibliotheks­ wissenschaft, Clara-Zetkin-Str. 26,10099 Berlin-Mitte

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RITTER TILMAN VON BREMPT (1477/78-1546) UND DAS NÜRNBERGER SCHULTHEISSENAMT IM 16. JAHRHUNDERT Von Klaus Frhrn v. Andrian-Werburg Vorbemerkung Ein Amt lebt durch die Person, die es bekleidet. Das Nürnberger Reichs­ schultheißenamt hatte hervorragende und - im Wortsinn - namhafte Inhaber, die indessen in der landesgeschichtlichen und örtlichen rechtsgeschichtlichen Literatur mit ihrer Person ausnahmslos hinter dem Amt zurücktreten; sie sind zwar listenmäßig erfaßt und werden hie und da erwähnt, doch gibt es für kei­ nen einzigen von ihnen den Versuch einer Biographie. Die Datensammlung für eine andere, zeitgenössische Biographie führte zur Beschäftigung mit der im folgenden beschriebenen Person, wodurch zugleich die Sicht auf das Schult­ heißenamt im letzten Jahrhundert seiner mittleren Periode (der Abhängigkeit von der Stadt, bevor es mit dem Amt des Vordersten Losungers zusammenfiel) geweitet wird. Zur Person des Tilman v. Brempt konnte ohne Zweifel nicht jede Überliefe­ rung ermittelt werden. Höchstwahrscheinlich sollte die Durchsicht oberitalie­ nischer, französischer, belgischer und vor allem spanischer Archive Ergänzun­ gen, vielleicht sogar die Dokumentation entscheidender Lebensabschnitte (wie für die ganze Zeit vor 1519) zutage fördern. Es wurde jedoch bewußt auf wei­ tere zeitintensive Heuristik mit letztlich zweifelhaftem Ausgang (wie es die un­ ten zu erwähnende Recherche im Vatikanischen Archiv zeigt) verzichtet und eine gewisse Unvollkommenheit des Brempt’schen Lebensbildes in Kauf ge­ nommen. Es ist übrigens ein bezeichnendes Bild, welches sich aus diesem Leben am Ende des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entwerfen läßt. Es zeigt einen mit ererbten Gütern nur mäßig ausgestatteten Ritterbürtigen, der sich zu großen persönlichen Anstrengungen gezwungen sieht, um unter öko­ nomischen Bedingungen, die seiner Herkunft nicht mehr entsprechen, einen standesgemäßen Unterhalt zu bestreiten. Persönliche Tüchtigkeit, aber auch günstige Umstände bewirkten, daß er dabei erfolgreicher war als andere, die dabei (nicht etwa in Unrechter Fehde, sondern auf ehrbare Weise) zugrunde­ gingen wie etwa der Ritter Philipp v. Hutten, immerhin Bruder eines Eichstätter Bischofs.

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Familie und Herkunft In einem seiner Briefe aus Coro in Venezuela trägt Philipp v. Hutten1 unter dem 20. Oktober 1538 seinem einstigen Kampfgefährten Georg Geuder v. Heroldsberg2 auf, wollet auch Herrn Thilman mein Dienst sagen. In Nürn­ berg lebte zu jener Zeit nur eine Person dieses Rufnamens, die auf die Anrede Herr Anspruch hatte, zu den genannten Briefpartnern in Beziehung stand, und welcher der respektvolle Gruß gelten konnte: Ritter Tilman v. Brempt3. Dieser war wohl zuvor in den Kriegen Kaiser Karls V. mit König Franz I. von Frank­ reich, in denen beide Reiterdienste geleistet haben müssen, der direkte Vorge­ setzte Huttens und Geuders. Nun - 1538 - bekleidete er seit knapp vier Jahren das Amt des Nürnberger Schultheißen. Wie alle Träger dieser Würde zwischen 1385 und 1569 kam er von auswärts in die Reichsstadt;4 sein Geschlecht hatte den Namen von der Burg, oder nie­ derdeutsch dem Haus Brempt (Gemeinde Niederkrüchten, Kreis Heins­ berg/Nordrhein-Westfalen), das strategisch günstig nahe einer alten Straßen­ verbindung zwischen Niederrhein und Maas, auf dem halben Weg von Mön­ chengladbach nach Roermond gelegen war. In ursprünglich edelfreiem Stand sind die Brempt dort schon 1296 bezeugt; später verzweigten sie sich, außerordentlich personenstark, vor allem im kurkölnischen Territorium, in das Herzogtum Limpurg und nach Westfalen, wobei sie seit dem 14. Jahr­ hundert in die Vasallität vor allem von Kurkoln und Jülich-Geldern ge-

1 Eberhart Schmitt u. Friedrich Karl v. Hutten (Hrsg.), Das Gold der Neuen Welt - die Papiere des Welser-Konquistadors und Generalkapitäns von Venezuela Philipp von Hutten 1534-1541, Hildburghausen 1996, S. 125. 2 Sohn des als Vorderster Losunger 1532 gestorbenen Martin (III) Geuder (Johann Gottfried Bie­ dermann, Geschlechtsregister des hochadelichen Patriciats zu Nürnberg, Bayreuth 1748, Tafel 50), von Karl V. anläßlich von dessen Kaiserkrönung 1530 in Bologna zu Ritter geschlagen. Die Identität ergibt sich aus der Briefanschrift in Anwesen Sebolt Geudern, Georgs Bruder. 3 Die Schreibweise variiert in der Überlieferung zwischen Brem/Prem, Brcmbd/Prempt, Premen u. ä. Formen; es wird hier die Orthographie der Siegellegende (s. u.) und der namengebenden Burg (vgl. Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz VIII/2, 1904, S. 94) verwendet. 4 Werner Schultheiß sieht das (Nürnberger Rechtsquellen 1/2, Die Acht-,Verbots- und Fehde­ bücher der Stadt Nürnberg von 1285-1400, Nürnberg 1959, S. 38:r) zu eng, wenn er schreibt, daß die Schultheißen von 1385 bis 1569 nur „aus Adelsgeschlechtern der Umgebung oder Fran­ kens“ gestammt hätten. Brempt kommt vom weiteren Niederrhein, sein Vorgänger Obernitz war aus Böhmen (Oschelin Oselfn, Kr. Tachau/Tachov), seine Nachfolger Parsberg aus dem von Nürnberg weit entlegenen Bereich des alten baierischen Nordgaues und Joachim v. West­ hausen (Schultheiß 1561) aus Colmar im Elsaß, wie sein Bestallungsrevers (s. u.) zeigt (vgl. auch Siebmacher 1605, Tafel 195; J. B. Rietstap, Armorial General II, Neudruck London 1972, S. 1079).

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rieten.5 Die Genealogie ist kompliziert, was bei Fahne und Kneschke angedeu­ tet wird6, hier indessen den Rahmen sprengen würde. Die nicht leichte Durchschaubarkeit der Verhältnisse wird auch dadurch betont, daß vom 16. Jahrhundert bis heute wenigstens 8 Varianten des Wappens dargeboten werden,7 weshalb an dieser Stelle nur die Siegelbilder vorgestellt seien, deren sich Tilman v. Brempt selbst bediente. 1519 führte er in einem 16 x 14 mm großen Ringsiegel: Unter Schildhaupt 3 Pfähle.8 Aus den Jahren 1534 und 1539 ist sein Hängesiegel erhalten: Schild gespalten, vorn 3 Balken, hinten unter Schildhaupt 3 Pfähle; 2 Helme, vorn offener Flug, belegt mit dem Schildbild, hinten gekrönt, aus der Krone eine beblätterte Rübe wachsend; Legende: S. THILMAN + VON + BREMPT + RITTER; Durchmesser ca. 33 mm9 (Abb. 1). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist das Geschlecht erloschen. Die Überlieferung zur Biographie Tilmans v. Brempt vor seinen Nürnberger Bedienstungen ist dürftig. Nach der bei Fahne10 wiedergegebenen Stammtafel waren seine Eltern Hermann v. Brempt (genannt 1443 und 1470) und Adelheid geborene v. Caldenhausen; ein Bruder und dessen Kinder werden später noch begegnen. Strange11 berichtigt die Personalangaben für Tilman dahingehend,

5 Literatur zu Besitz und Genealogie: A(nton) Fahne, Geschichte der Kölnischen, Jülichschen und Bergischen Geschlechter ... I, Köln u. Bonn 1848, S. 50 f. - Joseph Strange, Beiträge zur Genealogie der adligen Geschlechter, Heft 11, Köln 1872, S. 90-96. - E. H. Kneschke, Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon II, Leipzig 21929, S. 52. - Handbuch d. Histor. Stätten Deutschlands, Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 21970, S. 310: Haus Berge in Witten, Haus Har­ denstein in Witten-Herbede (Paul Freisenwinkel), S. 565: Niederkrüchten / Kr. Heinsberg (Eberhard Quadflieg), S. 585: Oedt / Kr. Viersen (Walther Fohl). f> Wie Anm. 5. 7 Dem Wappensiegel Tilmans v. Brempt kommt am nächsten, wobei aber nur die Tingierung identisch ist: gespalten, vorn in Blau 3 silberne Balken, hinten unter grünem Schildhaupt in Rot 2 goldene Pfähle; 2 Helme, vorn mit dem Schildbild belegter Flug, hinten golden gekrönt, dar­ aus eine grün-beblätterte silberne Rübe wachsend (Siebmacher 1605, Tafel 125; nur der Schild wiedergegeben in Staatsarchiv Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg - im folgenden StAN, Rst. Nbg. Handschrift - im folgenden HS - 31, Müllnersche Annalen III fol. 1853*). - Weitere Wap­ pendarstellungen, von denen - was für Bild und Farben gilt - kaum eine mit der anderen völlig übereinstimmt: Wappenbuch des Reichsherolds Caspar Sturm fol. 71 (hrsg. vom Verein Herold, bearb. von Jürgen Arndt, Wappenbücher des Mittelalters 1, Neustadt/Aisch 1984; mit weiterer Literatur); StAN, Rst. Nbg., HSS 26 fol. 169, 31 fol. 547’, 217 S. 488, 229 fol. (alt) 5; Fahne u. Kneschke (wie Anm. 5, bei letzterem weitere Literatur); Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken (Siebmacher Band F), Neustadt/Aisch 1982, Tafel 12 (nach dem Kienerschen Geschlechter- und Wappenbuch, StadtAN E 3 Nr. 3). 8 StAN, Rst. Nbg., 35 neue Laden d. unt. Losungstube Urk. 3065. 9 Ebd., 7-farb. Alphabet Urk. 3931 und 3965. 10 Wie Anm. 5. - Die Tafel ist revisionsbedürftig, s. Anm. 149. 11 Wie Anm. 5.

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daß er zwar verheiratet gewesen, aber kinderlos geblieben sei. Letzteres dürfte, wie am Schluß zu sehen sein wird, zutreffen, die Stichhaltigkeit von beider An­ gaben über eine Ehe sei jedoch dahingestellt. Das Geburtsdatum ist nur unge­ fähr aus dem Nürnberger Hallerbuch von 1535/3612 zu erschließen, in dem sich sein Bild mit dem Zusatz seins Allters im 59. Jar findet (Abb. 2). Da Brempt zur Entstehungszeit des Bildes gerade Schultheiß geworden, also hinlänglich pro­ minent war, darf davon, gemalt von Nikolaus Stör13, nicht nur Typen- sondern hohe Portraitähnlichkeit vermutet und kann dem kommentierenden Text ein starker Richtigkeitsgrad zugebilligt werden. Demnach wurde Tilman v. Brempt um 1477/78 geboren und war somit an die 27 Jahre älter als Philipp v. Hutten14, was die eingangs geäußerte Vermutung über die beiderseitigen Be­ ziehungen untersützt, zumal es von Tilman im Bildkommentar weiter heißt, daß er ein wolgeubter vnd geruster Ritter vnd Kriegsman, auch in hoher Verdinstnus hei Röm. Kaiserl. vnd Königl. Majestät Rath - samht andern Fürsten vnd Herrn - ist, wofür man unten weitere Bestätigungen finden wird. Reiterführer der Reichsstadt Nürnberg Bald nach Beginn des Jahres 1519 trat Ritter Tilman v. Brempt in den Dienst der Reichsstadt Nürnberg. Der Anlaß war eher banal: Nürnberg suchte einen Feldhauptmann zu Pferd, in jener Zeit ein Kommando ohne verfügbare Truppe, welche der Hauptmann im Bedarfsfall erst werben mußte; von der Schultheißenwürde war noch keine Rede. Da seit dem Sommer 1518 in Augs­ burg der letzte von Kaiser Maximilian I. berufene Reichstag stattfand, wobei mit den Reichsständen ein großes Gefolge von Räten und Dienern versammelt war, hielt die Nürnberger Gesandtschaft dort die Augen offen und führte si­ cher mit vielen als geeignet erscheinenden Personen entsprechende Verhand­ lungen, wofür allerdings keine Überlieferung erhalten zu sein scheint. Die Vor­ gänge ergeben sich indessen aus einem Ratsbeschluß vom 30. Januar 1519, demzufolge Hans Lochinger - wohl der wenige Jahre danach bestellte Wirt = Hausvogt im Rathaus - nach Augsburg geschickt wurde mit dem Auftrag, Hern Thilman von Premen auf ain Jar zu bestellen mit 5 Pferden vmb 5 biß 600 Gulden für Sold, Schaden vnd all Sach]5, was ohne vorherige Verhandlungen so nicht möglich war. Der konkrete Zeitpunkt war sicher nicht zufällig. Am 12.

12 StAN, Rst. Nbg., HS 211 fol. 43’-44. 13 Hans Georg Gmelin, Georg Pencz als Maler, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 17 (1966), S. 49-126, hier S. 102. 14 Geboren 1505, wie Anm. 1. 15 StAN, Rst. Nbg., Ratsverlässe (im folgenden: RV) 632 fol. 15.

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Januar war der schon kranke Kaiser auf dem Weg vom Reichstag nach seiner Residenz in Wiener Neustadt in Wels vom Tod überrascht worden. Brempt, der - wie bald zu sehen sein wird - dem habsburgerischen Gefolge zuzurech­ nen ist, erhielt dadurch Spielraum für die Annahme einer zusätzlichen Bedienstung, die er unverzüglich einging, denn bereits am 9. Februar wird in der Nürnberger Stadtrechnung vermerkt, daß ihm 50 fl geschenckt vnd 14 fl 28 d für sein Teerung hie bezalt wurden16. Inzwischen war eine politische Lage eingetreten, die die Verfügbarkeit eines Reiterführers dringend erforderte. Herzog Ulrich I. von Württemberg hatte während des Interregnums nach dem Tod des Kaisers und in der - begründeten - Hoffnung darauf, daß die Wahl eines neuen Königs auf sich warten lassen würde (neben dem vom Kaiser designierten Anwärter Karl war der sächsische Kurfürst der Wunschkandidat einiger Reichsfürsten und König Franz I. von Frankreich ein Anwärter auf die Kaiserkrone), am 28. Januar die Reichsstadt Reutlingen überfallen, um sie sich landsässig zu machen.17 Dies rief unter Führung von Österreich, Pfalz und Baiern den Schwäbischen Bund auf den Plan, als dessen Mitglied Nürnberg in die Kriegsrüstung einbezogen war. Diese wurde sehr schnell in Gang gesetzt, und schon am 14. Februar erhielt Brempt die Weisung, hundert geraisiger Pferdt zu bestellen vnd zu pringen, wozu ihm der jüngere Ratsherr Wolf Holzschuher für die finanzielle Abwicklung mit dem Befehl beigeordnet wurde, soverr man die vmb 10 fl [pro Mann und Mo­ nat] nicht gehaben mag, das er 10 biß in 12 geben mag}% Die Werbung betrieb Brempt in seiner Heimat, dem Herzogtum Jülich; sie dauerte bis zum 16. März und erbrachte anstatt der erwarteten 100 nur 83 Pferd Rewter, die für 4 Monate geworben und für 3 Monate im voraus besoldet wurden.19 Bei ihrer Ankunft in

16 Ebd., Stadtrechnung (im folgenden: StR) 182 fol. 35‘. - Der Zahlungsvermerk zeigt, daß die Sold-Pauschale (derzeit 500 bis 600 Gulden) nicht für Ausgaben gilt, die außerhalb des primären Besoldungsanlasses erwuchsen: Spesen wurden erstattet, Gratifikationen aus beson­ deren Gründen waren ohnehin nicht betroffen. 17 Walther Peter Fuchs in: Bruno Gebhardt, Handbuch d. deutschen Geschichte (hrsg. von Her­ bert Grundmann) 2, Stuttgart 91970, S. 42 u. ö. IS StAN, Rst. Nbg., RV 633 fol. 15. - Müllner, ebd. HS 25/IV fol. 478, nimmt das Ergebnis vor­ aus, wenn er berichtet, Tileman von Brembt vnd Wolff Harßdorffer [irrig anstatt Holzschuher] sein gen Cöln geschickt worden, biß in 70 Gulichische Reutter zu werben, was J. Heilmann, Kriegsgeschichte von Bayern, Franken, Pfalz und Schwaben von 1506-1651 I, München 1868, S. 289 so übernimmt, wobei aus Wolf nochmals verderbt Hans Harsdörfer wird. - Wolf Holz­ schuher, *f 1547 (Biedermann, wie Anm. 2, Tafel 178), ist später Pfleger in Altdorf (StAN, Rst. Nbg., Amterbüchlein 44). V) StAN, Rst. Nbg., 35 neue Laden der unteren Losungstube Urk. 3065; für die Dreimo­ natsbesoldung war ein Darlehen aufgenommen worden, welches in der Urkunde verbürgt wird.

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Nürnberg Anfang April wurden sie von den Kriegsherren mit einem Faß Rheinwein und einer Zehrung empfangen und man ließ sie - gewissermaßen als militärische Visitenkarte der Reichsstadt - das Zeughaus und die Getreidehäu­ ser (Kornspeicher, Magazine) sehen.20 Am Abend vor irm Wegreyten zum Hauffen, also ihrem Abmarsch zum Heer des Schwäbischen Bundes, erhielten sie eine Einladung auf die Ratsstube; für die Feldbagage stellte die Stadt zwei Wägen zur Verfügung, ainen Hern Thilman als Hauptman, vnd den andern insgemain auch ainen.21 Die geschilderten Vorgänge vermitteln einen recht guten Einblick in die komplizierten Vorbereitungen einer militärischen Operation der Reichsstadt. Sie wandte dafür beträchtliche Kosten auf, doch wog die Truppen-Rekrutierung für den bestimmten Anlaß absehbare nachteilige Auswirkungen auf. Denn die Alternative, die Unterhaltung eines stehenden Reiterkorps, hätte den städtischen Finanzhaushalt und zweifellos auch den sozialen Frieden innerhalb der Mauern22 beeinträchtigt. Es wird zugleich offenbar, daß der reichsstädti­ sche Feldhauptmann nicht für die Verteidigung der Stadt im Belagerungsfall und für militärische Streifen im Umland, etwa gegen einzelne Überfälle auf Kaufleute, zuständig sein konnte; dafür hatte die Stadt ihre Provisoner, die dem Kriegsamt direkt unterstanden und von dort aus unmittelbar oder aber vom Schultheißen geführt wurden, sowie das Aufgebot der für die Verteidigung der Mauern in Viertel gegliederten Bewohner. Es war dem Feldhauptmann auch nicht - wie die im Zusammenhang mit der Dienstbestellung im Blick auf die Besoldung gebrauchte Wendung für Sold, Schaden vnd all Sach vermuten las­ sen könnte - der Unterhalt der geworbenen Truppe aufgebürdet. Die Klausel in der Besoldungszusage betraf nur ihn selbst und seine fünf (ritterbürtigen) Kriegsknechte. Allerdings fiel bei einem Ritter, noch dazu in der Position eines Befehlshabers, zusätzlich der Unterhalt für mehrere berittene Diener an, die keine Kriegsleute im eigentlichen Sinn waren, sondern für persönliche Dienste (etwa die Hilfe beim Auf- und Absteigen vom Pferd), Troßaufgaben sowie die Pflege der Pferde gehalten wurden, wobei sie selbst möglicherweise Ersatz-

20 StAN, Rst. Nbg., RV 634 fol. 19’; ebd., StR 182 fol. 54, 64. 21 Ebd., RV 634 fol. 19’ (der ganze Ratstag Sabato post Letare an falscher Stelle - vor sccunda post Letare - eingetragen). 22 Bei den geworbenen Reitern handelte es sich um nyderlendiscbe Edlmenner, also adelige Reiter, bei denen die Beherrschung des höheren Kriegshandwerks zur Erziehung gehörte. Nur solche waren für die infragestehenden Zwecke überhaupt geeignet. Ihr ständiger Aufenthalt in der Stadt hätte jedoch zu Reibungen mit dem ansässigen Patriziat führen müssen und unerfüllbare Wohnungsanforderungen wachsen lassen. Ein Streit, bei dem einer der Niederländer mög­ licherweise in der Stadt verwundet wurde, wird gegen Ende Juli 1519 angedeutet (StAN, Rst. Nbg., RV 639 fol. 3’). Auch Brempt selbst erfuhr später gelegentlich Anfeindungen.

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pferde für den Herrn ritten.23 Mit dem Sold waren aber die Behebung von im Einsatz erlittenen Leibesschaden, der Verlust eigener Pferde sowie der Loskauf nach Gefangennahme, um nur die wichtigsten Schäden zu nennen, abgegolten. Der Schwäbische Bund bezwang Herzog Ulrich von Württemberg in weni­ gen Monaten. Lür den eigentlichen Leldzug waren Brempts Reiter vier Monate lang besoldet worden, einen weiteren Monat hielt man sie noch in Reserve, und schließlich erhielten sie den auf drei Wochen berechneten Abzug bezahlt. An­ fang August 1519 war das Engagement beendet.24 Es war eine weitere Eigenart der Dienststellung des reichsstädtischen Feld­ hauptmanns, daß auch seine eigene Anwesenheit in Nürnberg entbehrlich war, wenn Aufgaben, auf die das Amt zugeschnitten war, nicht anstanden; er hatte lediglich zu gewährleisten, jederzeit erreichbar und ehestens verfügbar zu sein. Aber gerade unter dieser Voraussetzung mußte ein Mann wie Tilmann v. Brempt mit den schon angedeuteten Verbindungen zur Reichsspitze für das reichsstädtische Regiment von beträchtlichem Wert sein. Nach der Entlassung der Soldritter aus dem württembergischen Feldzug hielt sich Brempt auf seinem Besitz am Niederrhein auf. Von da aus berichtete er dem Rat von der Ankunft des im Jahr zuvor erwählten Königs Karl in Gent, wo dieser auf dem Weg zur Krönung in Aachen kurzen Aufenthalt nahm; in Nürnberg hat man desselben Tagsvmb8 Vhr[d. i. am Abend des 13. Juni 1520] abermals [wie schon nach der Wahl] alle Glocken geleutet vnd das Te deum laudamus gesungen, auch auff dem Marckt ein Freudenfeur zugerichtet ...25. Als sich nach der Wahl Karls zum Römischen Kaiser (26. Oktober 1520) ab­ zeichnete, daß entgegen der Bestimmung in der Goldenen Bulle der erste Reichstag des neuen Königs wegen des Ausbruchs von Pesterkrankungen nicht in Nürnberg stattfinden würde, zeigte Brempt beim Rat an, daß er sich in Worms aufhalten wolle. Neben Wilhelm Rummel und Christoph Kämmerer wurde ihm gestattet, in Zeyt des Reichstags bey kaiserlicher Majestät Dienst anzenemen, doch mit meiner Herren Vorbehaltnuß sy abzevordern, wann ain Rate ir notdurfftig wurd.2(y Dienste, deren Natur im einzelnen nicht bekannt ist, hat Tilman v. Brempt in Worms tatsächlich geleistet, denn am 5. Mai 1521

23 Eine ungenannte Zahl von lybeigen Knechten Brempts ist 1534 bezeugt (StAN, Rst. Nbg., Rats­ buch 16 fol. 135). Weiteres Personal war vorhanden, denn 1528 wird ein Schreiber Brempts ge­ nannt (ebd., StR 182 fol. 272). - Vgl. auch den unten zitierten Dienstrevers des Schultheißen von 1539. 24 StAN, Rst. Nbg., RV 637 fol. 19 und 639 fol. 13’. 25 Ebd., HS 25 (Müllnersche Annalen IV) fol. 486’. 1(' Ebd., RV 658 fol. 3’ und Ratsbuch 11 fol. 325; Wilhelm Rummel war später Pfleger in Reichen­ eck (ebd., Ämtcrbüchlein 40, 1524).

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verschrieb ihm Karl V. dafür einen Sold von 2000 Gulden, der aus dem öster­ reichischen Vitztumamt unter der Enns gezahlt werden sollte, den der Kaiser aber zufolge einer wenig später gegebenen Urkunde schuldig blieb.27 In Nürnberg wäre Brempts erste einjährige Bestallung gegen Ende Januar/Anfang Februar 1520 beendet gewesen. Eher beiläufig erfährt man aus der Stadtrechnung 1520/21, wo für die Besoldung 600 Gulden (also die Ober­ grenze des Angebots von 1519) angesetzt sind, die auf vier Termine - Pfingsten, Kreuzerhöhung und Lucie 1520 sowie Invocavit 1521 - mit je 150 Gulden Münze in Gold angewiesen wurden, daß das Dienstverhältnis inzwischen pau­ schal bis 1529 verlängert war; die Auszahlung wurde vom damaligen Kriegsherrn Andreas Tücher (1453-1521) verfügt und nach Pfingsten 1521 zu einem Teil im Niderland, also in Brempts Heimat, ausbezahlt.28 Das alles unterstreicht erneut den schon bisher gewonnenen Eindruck, daß der Nürnberger Rat darauf be­ dacht war, seinem Reiterhauptmann für die Fortsetzung der Bindung an die Stadt im wörtlichen Sinn goldene Brücken zu bauen. Dessen Anwesenheit wurde in ei­ nem Rückberufungsschreiben vom 20. Juli 1521 wiederum erfordert.29 Zu diesem Zeitpunkt waren militärische Aktionen der Reichsstadt, welche die Anwesenheit des Hauptmanns nötig gemacht hätten, nicht in Sicht. Der Rückruf stand zweifellos im Zusammenhang mit einem Besuch Erzherzog Ferdinands, bei dessen Empfang am 3. August 1521 Brempt anwesend war30, und vielleicht auch mit der sich abzeichnenden Niederlassung des (zweiten) Reichsregiments - das dann 1524 nach Eßlingen verlegt wurde - und dem ebenfalls nur vorübergehenden Aufenthalt des Reichskammergerichts ab Ok­ tober 1521 in Nürnberg; Brempts Nähe zu den habsburgischen Höfen mag da­ bei den Ausschlag gegeben haben. Daß er damals auch weiterhin in Nürnberg sich aufhielt, erfährt man aus einem ganz anderen Anlaß. Er war im Jahre 1521 um die 44 Jahre alt, ein Umstand, der einen Kriegsmann dazu bewegen konnte, für seinen jederzeit möglichen Tod Vorsorge zu treffen. Tatsächlich war Tilman v. Brempt zwischen Juli und Oktober seines etwaigen Begräbnisses wegen mit dem Nürnberger Franziskanerkloster in Verbindung getreten, ohne indessen den Rat davon in Kenntnis zu setzen. Der ließ ihm daraufhin unter dem 12. Oktober 1521 mitteilen, daß seine Aktion bey etlichen [Rats-] Herrn Mißtrost

27 Lothar Groß, Die Reichsregisterbücher Kaiser Karls V., Wien u. Leipzig 1930, Nrn 728 und 1467. 2K StAN, Rst. Nbg., StR 25 fol. 159. Tücher war zuletzt Hauptmann in der Kriegsstube und Kriegsherr (ebd., Amterbüchlein 40). 29 Ebd., Ratsbriefbuch 82 fol. 194‘. 30 Albrecht Kircher, Deutsche Kaiser in Nürnberg ... 1500-1612 (Freie Schriftenfolge d. Ges. f. Familienforschung in Franken 7), Nürnberg 1955, S. 31 (nach StAN, Rst. Nbg., Krönungs akten 1).

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gefunden habe; man ließ ihn zugleichpitten, sein Vorhabens zu endern} dann er nicht Craft hetty solchs zu erlangend Denn es waren bereits von 1518 auf 1519, um den Ausbruch von Seuchen in der dichter besiedelten Stadt so gut es ging auszuschließen, die städtischen Friedhöfe von St. Sebald und St. Lorenz zu Kapellen vor die Stadtmauern verlegt worden, St. Sebald nach St. Johannis und St. Lorenz nach St. Rochus.32 Der Rat mußte somit auf die Einhaltung des Be­ gräbnisverbotes in der Stadt dringen, wenn das auch offensichtlich nur im Hin­ blick auf Laienbegräbnisse und für die Weltgeistlichkeit in seiner Macht stand. Für Ordensleute müssen dagegen die klösterlichen Friedhöfe und Kreuzgänge zunächst noch weiterhin benützt worden sein, denn wenn es anders gewesen wäre, hätte Brempts Vorfühlen bei den Barfüßern keinen Sinn gehabt. Der Vor­ gang ist darüber hinaus auch deshalb von Belang, weil er zeigt, wo Brempt den für einen praktizierenden Katholiken unabdingbaren geistlichen Beistand suchte und fand, woran sich in seiner Lebenszeit wohl auch nach dem Nürn­ berger Religionsgespräch vom März 1525 nichts änderte, da das Nürnberger Franziskanerkloster de facto bis zum Absterben der letzten Insassen bestehen blieb33. Es wird später noch zu sehen sein, daß der Rat gerade wegen seines Festhaltens am alten Glauben auf Brempts Dienste nicht verzichten wollte und dies umso leichter deshalb konnte, weil jener nicht im Bürgerrecht war. Die Reichsstadt konnte so bei ihrem in der nächsten Zukunft zu beobachtenden Lavieren zwischen dem Kaiser und den im Schmalkaldischen Bund vereinten evangelischen Ständen von den Diensten eines Mannes, welcher der kaiser­ lichen Seite nicht den leisesten Anschein einer Hinneigung zum Lutherischen Bekenntnis gab, den nützlichsten Gebrauch machen. Nachdem er in eigenen oder in fremden Ratsgeschäften wieder einige Zeit auswärts war, wird Tilman v. Brempt Ende Juli 1522 wegen gefährlicher Leufft in der Nehe vmb vnd neben vns zur Rückkehr nach Nürnberg aufgefordert, wobei man ihn warnt, sich auf der Reise in der Entfernung von einer bis an­ derthalb Tagereisen vor der Stadt besonders vorzusehen.34 Man wird den Rückruf mit der Rüstung auf die Absberger Fehde und deren Ausweitung zu sehen haben. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen führte Brempt 31 StAN, Rst. Nbg., RV 668 fol. 21. 32 Fritz Schnelbögl, Friedhofverlegungen im 16. Jahrhundert, in: JfL 34/35 (1974/75), S. 110 f., wo die klostereigenen Friedhöfe nicht erwähnt werden. 33 Emil Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg, Nürnberg 1896, S. 800 f.; Rudolf Endres, Die Ausbreitung der Reformation (in Franken), in: Max Spindler (Hrsg.), Handbuch der bayerischen Geschichte III/l, München 1971, S. 198. - Brempts ideelle Nähe zum Franzis­ kanerkloster wird 1536 noch einmal deutlich, als er dort am 17. November am Begängnis eines Stromer’schen Jahrtags teilnahm (Frhrl. v. Scheurl’sches Archiv Nürnberg - ScheurlA N Bd. 596/492 fol. 114). 34 StAN, Rst. Nbg., Ratsbriefbuch 84 fol. 17.

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das Nürnberger Reiter-Kontingent (70 Reisige; die 600 von der Stadt gestellten Fußknechte standen unter dem Kommando von Wolf Pömer) Anfang Juni 1523 zum Sammelplatz des Schwäbischen Bundes bei Dinkelsbühl und von da zum Endkampf mit Absberg.35 Der Krieg fand - nach der Einnahme und Zer­ störung von 23 Burgen, wobei neben Brempt und Pömer auch der Nürnberger Patrizier Sebolt Geuder sich im Heer des Schwäbischen Bundes befand36 - in der zweiten Julihälfte bereits seinen Abschluß; am 27. Juli konnte der Rat Brempt wieder beurlauben, gein Inßpruck ze rayten in sein Sachen37. Wenn 1519 im Krieg gegen Württemberg niederländische Edelleute, die der städtische Reiterhauptmann eigens für diesen Zweck geworben hatte, das Nürnberger Kontingent ausmachten, so ist vor der Absberger Fehde von einer solchen Werbung nichts zu hören. Das steht auch im Gegensatz zu späteren militärischen Anforderungen an die Reichsstadt, bei denen die auswärtige Wer­ bung immer eine Rolle spielte. Man wird deshalb annehmen müssen, daß Tilman v. Brempt die 70 Reiter von 1523 zu dem bevorstehenden Kriegszug erst exerzieren mußte (daß es sich also um einheimische Leute handelte), was bei der Werbung geübter Kriegsleute nicht nötig war.38 Zugleich wird erkenn­ bar, warum in einem zusammengewürfelten Heeresverband wie dem des Schwäbischen Bundes - und das gilt gleichermaßen für das Reichsheer - in Be­ zug auf Nürnberg das Fußvolk zwar von einem einheimischen Patrizier (Wolf Pömer) geführt wurde, die Reiterei aber von einem Fremden: Zur fachgerech­ ten Führung einer Reitertruppe, die auch im größeren Verband viel mehr auf sich selbst gestellt war als die Fußtruppe, gehörte so viel taktische Erfahrung, wie sie nur bei einem vielfach erprobten Truppenführer vorauszusetzen war. Als eine Beobachtung mehr am Rand sei festgehalten, daß sowohl das Reiter­ kontingent von 1519 mit 83 Pferden wie auch das von 1523 mit 70 Pferden der Reichsmatrikel von 1521 nicht entsprach, die für die Reichsstadt Nürnberg die Stellung von nur 40 Mann zu Pferd und 250 Fußkämpfern vorsah.39 Während des Reichstags, der Ende 1522/Anfang 1523 in Nürnberg statt­ fand, läßt sich eine Anwesenheit Tilman v. Brempts in der Reichsstadt nicht feststellen. Beim nächsten, der im Frühjahr 1524 in Nürnberg begann, war er da und wurde erstmals auch in der Stadt zu Aufgaben herangezogen, die mehr diplomatischen als militärischen Charakters waren. Bezeichnenderweise 35 Reicke (wie Anm. 33), S. 805 f. - Die Stärke des nürnbergischen Kontingents auch überliefert in Bayer. Hauptstaatsarchiv München (im folgenden BayHStA), Kurbaiern Äuß. Archiv 2022 fol. 7’ f. 36 ScheurlA N Codex N, II. Teil fol. 267-268’ (Aufzählung der Burgen), 271. 37 Wie Anm. 25, fol. 520’; StAN, Rst. Nbg., RV 692 fol. 16‘. 3K Vgl. Anm. 22. y) Heinrich Sigmund Georg Gumpelzhaimer, Die Reichsmatrikel aller Kreise ..., Ulm 1796, S. 35.

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gehörte er neben Dr. Christoph Scheurl40, Christoph Tetzel, Bernhard Paumgartner41 und dem Schultheißen Hans v. Obernitz, der dabei den kaiserlichen Stadtherrn vertrat, der Ratsdelegation an, die dem zum Reichstag verordneten päpstlichen Legaten Kardinal Laurentius de Campeggi am 14. März zum Emp­ fang einige Meilen aus der Stadt hinaus entgegengeritten war.42 In der Stadt selbst begegnete Brempt freilich nicht nur Wohlwollen, es machten sich auch Neider bemerkbar. Anfang Oktober 1524 hatte sich Brempt bei den Losungern über ein Schmähgedicht, in dem er als beim Rat in Ungunst stehend angegrif­ fen wurde, und über vergifften pösen Samen, der ihm zugestellt worden war, beklagt.43 Das Verfassen und die Verbreitung solcher Pamphlete gehörte zu den strafbewehrten Freveln; weil aber ein Urheber nicht entdeckt wurde, konnte der Rat nichts anderes tun als dem Geschmähten zu versichern, man sey seiner Person mit sonder Gunst genaigt und ihn zu bitten, das er dem kainen Glauben geh vnd sich diser Ding nicht wollt lassen anfechten. Etwas anderes blieb ihm nach Lage der Dinge auch nicht übrig, doch wird er sich nicht ungern wenig später auf längere Zeit für eine Reise zum Erzherzog Ferdinand, dem späteren König, haben beurlauben lassen44; es ist dies das erstemal, daß Brempts Bezie­ hung zum jüngeren Bruder Karl V. expressis verbis aufscheint. Das war freilich auch in diesem Jahr nur eine von verschiedenen Abwesenheiten, wie an der Abrechnung seiner Jahresbesoldung zu erkennen ist. Er nahm sie nicht selbst entgegen, sondern sie wurde zum Termin Pfingsten 1524 an seinen Diener Hanns Stromair, auf Exaltatio crucis seinem famulus Oswald, zu Lucie und auf Invocavit 1525 an seinen Bruder Friedrich45 ausbezahlt.46 Das bekannte Lavieren Nürnbergs im Bauernkrieg - es stellte zwar im Fe­ bruar 1525 zum Heer des Schwäbischen Bundes 270 Fußsoldaten47, konnte aber die aufständischen Bauern wie auch das Bundesheer aus der unmittelbaren Umgebung fernhalten, wodurch die direkte Konfrontation erspart blieb - war

40 Dieser wurde 1512 städtischer Rechtskonsulent, s. Christoph Frhrv. Imhoff (Hrsg.), Berühmte Nürnberger aus neun Jahrhunderten, Nürnberg 21989, S. 97 f. 41 Nach StAN, Rst. Nbg., Amterbüchlein 44 war Tetzel 1524 Kriegsherr, Paumgartner u. a. Herr über die neuen Bürger. 42 Deutsche Reichstagsakten (im folgenden RTA) jüngere Reihe 4 (bearb. von Adolf Wrede), Gotha 1905, S. 44). 43 StAN, Rst. Nbg., Ratsbuch 12 fol. 266 und RV 709 fol. 1’, beide zum 13. Oktober. - Ob der Vorfall einen religiösen Hintergrund hatte und in weiterem Zusammenhang zu den von Müller geschilderten Vorgängen steht, läßt sich nicht erweisen (Arndt Müller, Zensurpolitik der Reichsstadt Nürnberg, in: MVGN 49 (1959), S. 66-169). 44 StAN, Rst. Nbg., RV 710 fol. 17’. 45 Vgl. die Stammtafel bei Fahne (wie Anm. 5). 46 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Rst. Nbg., VII/3/1 fol. 159 (StR 1524/25). 47 Reicke (wie Anm. 33), S. 828.

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gleichwohl von einer ausreichenden Rüstung für den Ernstfall begleitet. Unter der politischen Verantwortung des reichsstädtischen Kriegsherrn Christoph Tetzel hielten sich der Schultheiß Hans v. Obernitz und Herr Thilmann im Mai für ein militärisches Eingreifen aus der Stadt hinaus bereit; Brempt hatte dafür den Auftrag erhalten, Reiter zu werben, sovil er auffpringen mag.48 Die Aktion muß aber wohl schnell gestoppt worden sein, denn von der tatsächlichen Auf­ stellung eines berittenen Kontingents ist nichts überliefert, was ungewöhnlich wäre, wenn sie stattgefunden hätte. Die Notwendigkeit dafür war ohnehin we­ nig später nicht mehr gegeben (am 2. Juni hatte die für die Bauern katastrophale Schlacht bei Königshofen stattgefunden), so daß Brempt bereits im Juli sich bei den baierischen Herzogen Wilhelm IV. und Ludwig X. aufhalten konnte; auf Antrag der Herzoge verlängerte der Nürnberger Rat die Beurlaubung am 7. August für noch ein kleine Zeit4'* Die Türken bedrohen das Reich Vermutlich ging es dabei, wie in den folgenden Jahren noch oft, um die Ab­ wehr der Türken, deren Ausgreifen Ungarn bereits ernsthaft bedrohte. Mit demselben Anlaß wird nicht nur eine neuerliche Reise Brempts zu Erzherzog Ferdinand, den er im Dezember 1525 in Augsburg traf50, in Verbindung zu bringen sein, sondern nicht weniger sein Aufenthalt bei dem vom 13. Juni bis 4. September 1526 in Speyer versammelten Reichstag, wo er zum 13. und zum 19. Juli51 bezeugt ist. Während noch der Reichstag in Speyer verhandelte, schlugen die Türken am 29. August 1526 den König von Ungarn in der Schlacht bei Mohäcs vernich­ tend und eroberten und besetzten einen - noch kleinen - Teil des Königreichs. Unter den deutschen Fürsten sahen sich neben Österreich nun die baierischen Herzoge unmittelbar bedroht. Unter diesen Umständen gewinnt die Gestalt des Tilman v. Brempt an zusätzlicher Farbe. Zu den Ratsverhältnissen, die der eingangs erwähnte Text zum Portrait im Hallerbuch in allgemeinen Wendun­ gen vermerkt, gehörte zeitweilig als außerordentlich gewichtig eines bei den gemeinsam regierenden herzoglichen Brüdern Wilhelm IV. (1493-1550) und

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StAN, Rst. Nbg., RV 716 fol. 29. Ebd., RV 719 fol. 24’; Ratsbriefbuch 90 fol. 139. Ebd., RV 724 fol. 10. Ebd., StR-Belege Urk. 1625 (Brempt streckte dem nürnbergischen Gesandten Bernhard Paumgartner 200 Goldgulden vor); RTA, jüngere Reihe Bd. 7 (bearb. von Johannes Kühn), Göt­ tingen 1963, S. 618 Anm. 3 (Fürschrift König Ferdinands für die Brüder Adrian und Tilman v. Brempt, die aber erst 1529 wirksam wurde, s. u.).

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Ludwig X. (1495-1545) von Baiern. In ihrem Auftrag suchte Brempt im No­ vember 1526 die fürstlichen und fürstbischöflichen Höfe in Ansbach, Neu­ markt, Bamberg und Würzburg auf, um dort über Türkenhilfe zu verhan­ deln.52 Nur wenig später beauftragte Erzherzog Ferdinand, der nach dem Schlachtentod König Ludwigs II. (Jagello) bei Mohäcs am 16. Dezember 1526 (gegen Johann Zapolya) zum ungarischen König gewählt wurde, Brempt mit einer gleichartigen Mission, die diesen im Januar und Februar 1527 gemeinsam mit Albrecht v. Wolfstein zu den drei fränkischen Bischöfen, zu Herzog Frie­ drich von Neumarkt und nach Nürnberg selbst führte.53 Auf Gehör stießen die Gesandten nur bei Herzog (Pfalzgraf) Friedrich; Nürnberg fühlte sich durch seine Teilnahme an den Aktionen des Schwäbischen Bundes in den letzten Jah­ ren finanziell erschöpft und versprach erst im Mai, um den Schein zu wahren, die Ausleihe von zwei Büchsenmeistern. Im Herbst 1527 hört man von einer eher kuriosen Begebenheit. Die Wert­ schätzung, die Tilman v. Brempt in Nürnberg genoß, hatte sich wohl in seiner Familie herumgesprochen, und ein Neffe versuchte offenbar, daraus für sich Nutzen zu ziehen, doch Herr Dilman von Premen Bruderson sol man durch ein Mittelperson drey Gulden schencken lassen, damit er hinweckzihe vnd sich nit Vnrat mit Herr Dilman zutrage54. Deutlicher konnte der Rat nicht zeigen, daß er eine familiäre Verankerung des, ja überdies katholischen, Brempt’schen Geschlechts nicht wünschte; es wurde allerdings einige Jahre danach doch noch eine Ausnahme zugelassen. Mit Tilman v. Brempt begann der Rat um Ostern 1528 über die für Mitt­ woch nach Invocavit (17. Februar) 1529 anstehende Verlängerungs-Bestal­ lung55 zu verhandeln. Um ihn für die städtischen Absichten geneigt zu machen, wurde ihm neben Futter für seine Pferde ein silbernes, vergoldetes Kleinod, nämlich zwei Schalen auf hohen Füßen, mehr als drei Pfund schwer und 50V2 Gulden wert, geschenkt.56 Solche aufwendigen Geschenke machte der Rat wie auch in anderen Fällen - nur, wenn er sich davon einen erheblichen Nutzen für die Stadt versprechen konnte. Es traf sich dabei übrigens, daß die Reichs­ stadt in den späten zwanziger Jahren mit ihrem Anspruch auf Dienstleistungen Brempts keine baierische Konkurrenz zu befürchten hatte. Schon seit der Ri-

32 StAN, Rst. Nbg, Ratsbuch 13 fol. 173; RV 736 fol. 19. 53 Ebd., Ratsbriefbuch 94 fol. 202’ ff.; RTA (wie Anm. 51), S. 9 und 22. 54 StAN, Rst. Nbg., RV 749 fol. 18’. - Um welchen der beiden bekannten Brudersöhne es sich handelt, ist ungeklärt. 55 Ebd., Verlässe zum Losungsamt 1 fol. 16’. 56 Ebd., StR 182 fol. 245’.

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valität zwischen Herzog Wilhelm IV. und Erzherzog Ferdinand um die böhmi­ sche Königskrone war es zu einer bis 1534 (Linzer Vertrag) dauernden politi­ schen Entfremdung zwischen den Habsburgern und Baiern gekommen, durch die auch Brempts baierische Verbindungen eine vorübergehende Abkühlung erfuhren. Zur Vorbereitung einer neuerlichen Türkenrüstung, zu der Herzog Ludwig X. seine Stände nach Landshut einberufen hatte und zu der auch Brempt geladen war, erschien er nicht.57 Im folgenden Jahr hielt er sich auf dem neuerlichen Speyerer Reichstag im Gefolge König Ferdinands auf, der ihm und seinem Bruder Adrian de Brembt unter dem Datum des 30. März 152958 die Gunst erwies, eine an den Papst ge­ richtete Supplikation über den königlichen Gesandten Andrea da Burgo zu lei­ ten.59 Anlaß und Inhalt der Supplikation bleiben zwar verborgen60, doch gibt das königliche Begleitschreiben an da Burgo wieder einen Blick in die persön­ liche Vergangenheit frei und eine wiederholte Bekräftigung des Textes zum Bild im Nürnberger Hallerbuch. Die Brüder Brempt werden darin nämlich als familiäres König Ferdinands bezeichnet, welche als strenui et militares viri be­ reits seinem (König Ferdinands) Großvater Kaiser Maximilian schätzenswerte Dienste geleistet hätten.61 Aber auch in der Ferne war Brempt für Nürnberg er­ reichbar, der Nachweis des jeweiligen Aufenthalts gehörte zu den Dienst­ pflichten als reichsstädtischer Hauptmann, und zumal auf dem Reichstag ließ sich über die Gesandtschaft des Rates mit ihm Kontakt halten; deren Leiter, der Kriegsherr Christoph Kress62, wurde am 15. April angewiesen, Brempt nicht von Speyer abreisen zu lassen, ohne zuvor mit ihm über eine vielleicht nötig werdende Werbung von Reitern beratschlagt zu haben.63 Die neuerlichen Rüstungsvorbereitungen betrafen den Eventualfall, daß die Türken aus ihrem ungarischen Glacis ausbrechen und gegen Österreich selbst Vordringen könnten - und nicht den derzeitigen Krieg gegen Franz I. von

57 BayHStA, Kurbaiern Äuß. Archiv 2162 fol. 124’. - Zur habsburgisch-wittelsbachischen Politik zwischen 1525 und 1545 vgl. Heinrich Lutz in: Handbuch der bayerischen Geschichte (wie Anm. 33) II, München 1966, S. 317-327. 5X Dabei handelte es sich offenbar um die Wiederholung einer früheren Fürschrift, vgl. Anm. 50. - Die Angabe von Fahne (wie Anm. 5), Adrian v. Brempt sei 1527 gestorben, wäre danach zu berichtigen. 59 RTA(wieAnm. 51). 60 Die Suche in den zeitlich passenden Supplikenregistern (Vatikan. Archiv, Reg. suppl. Clemente VII Nre nuove 1939-1944) blieb ergebnislos. 61 Haus-, Hof- u. Staatsarchiv Wien, Rom Korrespondenz 1 b (alt Fz. 2) fol. 149. 62 Zur Person s. StAN, Rst. Nbg., Ämterbüchlein 49, und Imhoff (wie Anm. 40), S. 381 f. 63 StAN, Rst. Nbg., Ratsbriefbuch 99 fol. 50 f.; RTA (wie Anm. 51), S. 752.

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Frankreich in Italien, der mit Ausnahme der Belagerung von Florenz durch die Schlacht bei Landriano am 21. Juni bereits zugunsten des Kaisers entschieden war. Das Ereignis trat dann im Herbst ein und führte seit dem 21. September 1529 zur Belagerung von Wien; zur Abwehr hatte Nürnberg an die 2000 Mann Kriegsvolk (= Fußvolk), Geschütze und Munition zum Reichsheer gestellt64. Nur zögernd entschloß sich die Reichsstadt darüber hinaus zur Aufstellung berittener Kräfte; Brempt sollte zwar Anfang Oktober berichten, was Trosts er hab, Reuter aufzubringen; doch sich in nichte entlieh noch e inlas s enG5. Jedenfalls hielt man ihn in Nürnberg fest und entschuldigte ihn bei König Ferdinand und beim baierischen Herzog Ludwig, die um die gleiche Zeit ebenfalls Aufträge für ihn hatten.66 Als Brempt schließlich, und mit ihm der reichsstädtische Zeugmeister Christoph Furrer67, am 18. bzw. 19. Oktober 1529 den Auftrag er­ hielt, 100 reissiger Pferd mit dem ersten auff- vnd herzupringenGS, hatten die Ereignisse die Ausführung des Befehls schon überholt, denn am 15. Oktober endete die Belagerung von Wien angesichts eines unerwartet frühen Winterein­ bruchs, und die Türken zogen sich nach Ungarn zurück. Es fällt nun auf, daß für etwa einundeinhalb Jahre in Nürnberg von Tilman v. Brempt nichts zu hören ist; lediglich die Auszahlung des unveränderten Jahressolds für das Rechnungsjahr 1530/31 wird vermerkt69, aber - wie früher zu sehen war - besagt das nicht, daß der Berechtigte auch persönlich der Empfänger war. Es besteht Grund zu der Vermutung, daß er sich in der fraglichen Zeit beim Kaiser aufgehalten hat. Dazu sei an den, den Eingang zu diesen Betrachtungen bildenden Brief angeknüpft, aus dem eine offensichtlich mehr als flüchtige Bekanntschaft zwischen Brempt und dem Nürnberger Patrizier­ sohn Georg Geuder herauszulesen ist - es stellt sich die Frage, wo sie entstand. Es wäre am einfachsten zu vermuten, daß das in Nürnberg war, wozu aufgrund der zweifellos anzunehmenden Bekanntschaft Brempts mit Martin (III) Geu­ der, in den höchsten Rängen des Rates und Vater Georgs, Gelegenheit hätte sein können. Gegen diese Annahme spricht aber das Lebensalter Georg Geu-

M Reicke (wie Anm. 33), S. 861. “ StAN, Rst. Nbg., RV 775 fol. 14’, 6. Oktober 1529. Ebd., fol. 17, und Ratsbriefbuch 100 fol. 95. - Die Absage an Herzog Ludwig X. lag nach dem oben zur wittelsbachischen Politik Gesagten sicher auch im Sinn Brempts. 67 Christoph (I) Fürer v. Haimendorf (StAN, Rst. Nbg., Ämterbüchlein 49); Imhoff (wie Anm. 40), S. 92 f. “ StAN, Rst. Nbg., RV 776 fol. 3 und 4. Ebd., StR 26 fol. 162’.

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ders, der 1514 geboren ist70. Da Georg Geuder bei Karls V. Kaiserkrönung am 24. Februar 1530 in Bologna den Ritterschlag empfing, liegt es - zumal er der Nürnberger Krongesandtschaft nicht angehörte - nahe, ihn zuvor bei der Be­ lagerung von Florenz, die noch bis zum 12. August 1530 dauerte, zu vermuten; dort hätte er sich jedenfalls den Ritterschlag verdienen können. Der Ver­ bindungsfaden zu einem Kommando Brempts, dem wohl auch Hutten an­ gehört hätte, wäre dann kurz. Als Tilman v. Brempt wieder in Nürnberg erwähnt wird, war inzwischen der ungarische König Ferdinand auch zum deutschen bzw. römischen König gekrönt worden (Aachen 11. Januar 1531) und machte sich bei den Türken in Ungarn neuerlich Unruhe bemerkbar. Ob Brempt in Aachen anwesend war, ist nicht bekannt; um Türckenhandlung vnd -rüstung geht es im Frühjahr 1531 im Nürnberger Rat. König Ferdinand hatte um Reichshilfe gebeten, wobei auf die Reichsstadt ein Kontingent von 70 Reisigen und 1000 Fußknechten gefallen wäre. Die Fußknechte wurden offenbar wie angefordert gestellt, dazu Ge­ schütze und Munition71, bezüglich der Reiter wurde hinhaltend taktiert. Die in Nürnberg vorhandenen (offensichtlich eine geringere Zahl berittener Provisoner) wurden zur Sicherung der umliegenden Handelsstraßen eingesetzt und waren nicht entbehrlich, während man sich - ganz im Gegensatz zu früher gegen die Bestellung fremder Reiter sperrte, weil sie hie der Manir vnd Khuntschafft, auch der Landtart nit khundig seien; anstelle je eines Reiters bot der Rat drei Fußknechte aus der Stadt an. Die Sache war aber heikel, weil Brempt nach Nürnberg geschrieben hatte, daß der Kaiser das Reiteraufgebot des Reichsheeres persönlich gegen die Türken führen wolle; Brempt befand sich also noch beim Kaiser. Er wurde schließlich angewiesen, bis Georgi (23. April) nach Nürnberg zu kommen, aber den Beritt von 6 Pferden (gemeint sind er selbst und fünf Knechte), zu dessen Bereithaltung er bestallungsgemäß ver­ pflichtet war, lediglich um die gleiche Anzahl weiterer sechs Pferde auf 6 Mo­ nate zu verdoppeln. Diese sollten auf seinen Sattel dienen, also von ihm besol­ det werden (wobei in der Regel für jeden Mann 12 fl angesetzt wurden), wofür ihm das nötige Futter jedoch gestellt wurde. Diese Regelung kam die Stadt ins­ gesamt billiger, denn eine förmlich geworbene Truppe wäre nicht nur für die in 70 Ebd., Geuder-Archiv Akten 476. - Im Alter von 15/16 Jahren konnte man waffen- und lehen­ fähig werden. Die Handhabung war aber örtlich und zeitlich unterschiedlich; nicht einmal die Termini Zu seinen Jahren bzw. Zu seinen Tagen kommen wurden überall im selben Sinn ange­ wendet. Im vorliegenden Fall kann verwiesen werden auf: 1. Gerichtsordnung der Herrschaft Heroldsberg von 1481, nach der Vormundschaft besteht, bis dieselben kinder zu iren tagen kö­ rnen, nemlich so lang vntz die knaben 14 jar alt werden ... (ebd. GeuderA B 112a); 2. Belehnung im Fürstentum Coburg 1601, weil er 15 Jar seines Alters erlanget (StAC, LA F 1646 fol. 57’); 3. Belehnung ebd. 1616 nach erlangter Mündigkeit und sechzehnjährigen Alters (ebd. fol. 108’). 71 Reicke (wie Anm. 33), S. 864.

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Aussicht genommenen sechs, sondern für acht Monate zu besolden gewesen, da von weither (d. h. bei Brempt immer vom Niederrhein) beschaffte Kriegs­ leute zusätzlich für Auf- und Abzug entlohnt werden mußten.72 Die kleine Truppe war dann auch wirklich vorhanden, aber bis zum 25. Oktober schon wieder abgedankt - ohne daß sichtbar würde, wie und wo sie zum Einsatz kam -, und die Reichsstadt hatte für alles nicht mehr als 29 Simmern Haber auf­ wenden müssen.73 Als im Frühsommer 1532 die Türken unter Sultan Suleyman II. neuerlich in Ungarn vorstießen und auch nach Österreich einbrachen, führte Tilman v. Brempt jedenfalls für Nürnberg kein militärisches Kommando74, wurde aber im Herbst für andere, vielleicht diplomatische Dienstleistungen mit sogenann­ ten Liebungen (außerordentlichen Geschenken) bedacht75. Erst auf Weihnach­ ten 1533 wird er wieder nach Nürnberg beordert, wohl im Zusammenhang mit dem Bündnis zwischen Augsburg, Nürnberg und Ulm, die sich nach dem Aus­ laufen des letzten Schwäbischen Bundes für sechs Monate zu gegenseitiger Hilfe mit je 100 Reitern verbunden hatten; Brempt wurde dafür mit der Wer­ bung von 30 gerüsteten Pferden für je 12 Gulden Sold beauftragt.76 Für Nürn­ berg boten Gerüchte über die Aufstellung von Truppen sowohl in Neumarkt wie in Ansbach den unmittelbaren Anlaß.77 Die Geworbenen kamen Anfang April 1534 in Nürnberg an, wobei es nicht zum erstenmal Probleme bereitete, die frembden niederlendischen Reuter vndterzubringen7*\ sie wurden fürs erste mit Wein- und Futterschenkungen ruhiggestellt79, doch muß es anschließend Unfrieden gegeben haben, weil sie nicht beschäftigt wurden. Es scheint dann gelungen zu sein, sie vor Ablauf der sechsmonatigen Dienstverpflichtung im August 1534 wieder zu entlassen, was jedoch anscheinend nicht ganz in Brempts Sinn war, denn der Rat sah sich ihm gegenüber zu Entgegenkommen veranlaßt: Mit Herrn Thilman von Brembd solle man, seiner Rewter vnd Geldcostens halben, in Gute abkumen, vnd mit ime durch das Poglein faren, damit

72 St AN, Rst. Nbg., Amts- u. Standbuch 155a (Verlässe in Kriegssachen) fol. 23-24’ und 155c (dgl.) fol. 11-14’. Zu den Bedenken des Rates vgl. Anm. 22; inzwischen war hinzugekommen, daß es sich bei den Geworbenen um Katholiken handelte, die in Nürnberg auch deshalb einen Fremdkörper zwischen der einheimischen Bevölkerung darstellen mußten. 73 St AN, Rst. Nbg., Ratsbuch 15 fol. 226. 74 Ebd., RV 812 fol. 1’. 73 Ebd., StR 182 fol. 344; Ratsbuch 16 fol. 44. 7f’ Ebd., RV 827 fol. 10’Ä, 833 fol. 1’; HS 26 (Müllner V) fol. 164’. 77 Ebd., Amts- und Standbuch 155a; wie Anm. 72, fol. 14, 155c fol. 25’. 7X Ebd., Ratsbuch 16 fol. 135; RV 834 fol. 13‘. - Aus Niederdeutschland besorgten sich übrigens auch die baierischen Herzoge bei Bedarf ritterbürtige Söldner (BayHStA, Kurbaiern Auß. Archiv 2106). 79 St AN, Rst. Nbg., StR 182 fol. 400.

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er bey guten Willen beleyb80. Bei dem Poglein handelt es sich allem Anschein nach um keine topographische Örtlichkeit in Nürnberg; mit der Redensart wird wohl vielmehr umschrieben, daß Brempt vom Rat mit einem kostenlosen Besuch des Frauenhauses81 erfreut werden sollte. Der Vorgang läßt fragen, wie Brempt außerhalb der dienstlichen Geschäfte seine Zeit in Nürnberg verbrachte, wenn er in der Stadt weilte. Einen - freilich nur bruchstückhaften - Eindruck davon vermitteln Tagebuchaufzeichnungen des Ratskonsulenten Dr. Christoph (II) Scheurl. Sie zeigen, daß Brempt an Kurzweil und Belustigung des nürnbcrgischen Patriziats wie selbstverständ­ lich Anteil hatte. Zu Einladungen für Essen und sonstige Gastungen, die Scheurl oder Angehörige patrizischer Geschlechter gaben und wobei Hochzeitsmähler eine gewichtige Rolle spielten, war Brempt häufig gebeten. Nach seiner Bestellung zum Schultheißen steht er stets an erster Stelle der Aufzeich­ nung über die anwesenden Gäste; er befand sich dabei in einem exklusiven Kreis, wie etwa die Bemerkung und mher gut Lewt aus dem September 1535 zeigt, und in dem es - wie im Januar 1533 bei Christoph Kreß - an nichts fehlte: Er pots fürstlich mit 8 Tischen und gutem Wein82. Bald danach erfuhr Tilman v. Brempt einen außerordentlichen Beweis des Vertrauens, das der Rat der Reichsstadt Nürnberg in ihn setzte. Das Reichsschultheißcn-Amt im 16. Jahrhundert Im September des Jahres 1534 begab es sich, daß durch die Resignation des bis­ herigen Inhabers Ritter Hans v. Obernitz zu Oschaling83 das reichsstädtische Schultheißcnamt vakant wurde.84 Uber dessen Wesen und Auswirkungen ist

so Ebd., Ratsbuch 16 fol. 171. Xl Von den bei Grimm, Deutsches Wörterbuch II, Leipzig 1860, zu dem Begriff angebotenen Deutungen ist nur die hier verwendete im Zusammenhang sinnvoll, wenngleich cs sich auch wieder um eine Variante zu Über das Böglein treten (a. a. O. Spalte 222) handelt. S2 ScheurlA N Bd. 275/337 fol. 49 (1532 XII 26), ebd. fol. 49’ (1533 I 16), Bd 596/492 fol. 159 (1534 VIII 12), ebd. fol. 150’ (1535 I 8), ebd. fol. 152 (1535 I 12), Bd 497/400 fol. 279’ (1535 IX 21), Bd 596/492 fol. 135’ (1535 IX 21), ebd. fol. 89 (1538 X 23), ebd. fol. 65’ (1540 VI 25), ebd. fol. 63 (1540 IX 27; mit eingeladen: Jacob Welser), ebd. fol. 53’ (1541 VII 4). - Die Gegenläu­ figkeit von Blattzählung und Chronologie in dem Band 596/492 resultiert daher, daß das Stück in unterschiedlicher Zeit von zwei Seiten her beschrieben wurde und daß die Blattzählung sich nach den Einträgen aus dem 15. Jh. richtet. 83 Wie Anm. 4. S4 StAN, Rst. Nbg., HS 26 (wie Anm. 76) fol. 169. - Die Resignation ist zum 12.-17. September 1534 verzeichnet. Obernitz blieb jedoch als Reiterführer für 200 fl Münze Jahressold weiterhin im städtischen Dienst (ebd. Verlässe zum Losungsamt Bd 1 fol. 31’), der erst mit seinem Tod en­ dete (als tot erwähnt 1541 III 2, ebd. StR 183 fol. 122’). Als Abfertigung vnd Abstand des Schulhaisenambts erhielt Obernitz 400 Goldgulden (ebd. StR 182 folg. 389).

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ausführlich85 und prägnant86 geschrieben worden, doch sollen zum Verständnis von Brcmpts Schultheißen-Nennungen die wichtigsten Daten in Erinnerung kommen. Das Schultheißenamt war anfangs Annex zur Reichsvogtei, der Schultheiß versah namens des königlichen Stadtherrn die gesamte hohe Ge­ richtsbarkeit, wozu er ad personam auch den Blutbann besaß. Seit dem frühen 14. Jahrhundert wird die Stellung des Schultheißen ausgehöhlt; es wechseln einander Verpfändungen des Amtes vom Reich an den Burggrafen (1324, 1365), von diesem an die Stadt (1385) und der Erwerb des Amtes durch Konrad Groß (1337/39) ab, bis es 1427 von der Stadt gekauft werden konnte, die 1459 das ausschließliche Recht zum Empfang des Blutbanns (der aber schon vor der Mitte des 14. Jahrhunderts, wie das auch bei den kaiserlichen Landge­ richten zu beobachten ist, abgesondert neben der hohen Zivilgerichtsbarkeit steht) hinzu erwarb. Während der Amtszeit Tilmans v. Brempt und danach bis zur Zusammenlegung mit dem Amt des Vordersten Losungers (1571 )87 exi­ stierten von den vormaligen Amtsbefugnissen nur noch Reste. Diese lassen sich innerhalb der Stadt aber nicht nur unter dem Begriff der Repräsentation zusammenfassen: Das bloße Vorhandensein des Schultheißen macht die Eigen­ schaft der Stadt als Reichsstadt unmißverständlich; es äußert sich an den mit seinem Namen - wenn auch ohne jede persönliche Beteiligung - ausgestellten Beurkundungen der städtischen hohen Zivilgerichtsbarkeit und noch deut­ licher an seiner Befassung mit ganz bestimmten diplomatischen Aufgaben, bei denen die Stadt durch seine Person sichtbar machen will, daß sie im Schutz des Königs steht (Brempts Bestallung von 1538/39 wird das deutlicher erkennen lassen). Weil die (richtige) Feststellung des faktischen Ausschlusses des Schult­ heißen von der Gerichtsbarkeit bisher auf älterer Literatur beruht und auch das Gegenteil schon angenommen wurde88, sei hier festgehalten, daß sich die Feststellung von Schultheiß auch aus der Überlieferung belegen läßt: Zur Aus­ stellungszeit der Stadtgerichtsurkunden vom 13. Juni und 27. Oktober 1539 ss Christoph Wilhelm Friedrich Stromer v. Reichenbach, Geschichte und Gerechtsame des Rcichsschultheisenamts zu Nürnberg, Nürnberg 1787; Reicke wie Anm. 33. Sf’ Werner Schultheiß (Bearb.), Nürnberger Rechtsquellen 1/2: Die Acht-, Verbots- und Fehde­ bücher Nürnbergs von 1285-1400, Nürnberg 1959, bes. S. 32::'-41::\ - Ders. in: Satzungsbücher und Satzungen der Reichsstadt Nürnberg aus dem 14. Jahrhundert (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 3), Nürnberg 1965, S. 327-330: Das Weistum über das Amt des Reichsschultheißen zu Nürnberg vom 5. September 1385. Zur Amtspraxis im 16. Jahrhundert besteht kein Bezug mehr. S7 Für die Annahme, daß seit 1527 der Vorderste Losunger vertretungsweise als Schultheiß fun­ gieren konnte (Gerhard Hirschmann, Die Herrschaft des Rates in der Reichsstadt Nürnberg, in: Wappenbücher des Mittelalters I, Das Wappenbuch des Reichsherolds Caspar Sturm, hrsg. vom Verein Herold, bearb. von Jürgen Arndt, Neustadt a. d. Aisch 1984, S. 281), ließ sich vor der Praxis von 1546 (s. u.) ein Beleg nicht ermitteln. sx Schultheiß (wie Anm. 86), S. 38;:\

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(wie alle mit der Intitulatio Tylman von Brembdt Ritter; Schultheiß vnd wir die Schöpffen der Stat Nürmberg u. ä.) weilte Brempt in Oedt bzw. Uerdingen am Niederrhein89, und zur Zeit sämtlicher 1544 wie der ab September 1545 ausge­ stellten Stadtgerichtsurkunden lag er krank in Uerdingen90. Andererseits ist es zu kurz gegriffen, im Schultheißen der jüngeren Zeit nicht viel mehr als einen Reitenden Söldner zu sehen91, wobei das Blickfeld unzulässig auf die Stadt be­ schränkt war. Auch die Herkunft des Schultheißenamts aus der weiteren Reichsvogtei hat nämlich Spuren hinterlassen, die sich in das 16. Jahrhundert hinein fortsetzten, indem der Nürnberger Reichsschultheiß mit der Entgegen­ nahme von Lehenseiden für ausgegebene Reichslehen stellvertretend Aufgaben wahrnahm, die dem Lehenpropst am Reichslehenhof zukamen (Formular: ... sollen darauf vnserm vnd des Reichs Schultheyssen zu Nuremberg ...an vnserer Stat vnd in vnserm Namen gewondlich Glubd vnd Eyde tun ...). Das betraf keineswegs nur geringfügige Lehenobjekte wie 1521 Februar 20 zwei Tagwerk Wiese im Nürnberger Landgebiet92, sondern etwa auch 1476 die Verleihung von Blutbann und Halsgericht Lichtenau an das Reiche Almosen in Nürn­ berg93. In diesem Zusammenhang ist es von Belang, daß der König/Kaiser sich die Bestätigung der durch die Stadt vorgenommenen Schultheißenamts-Besetzung Vorbehalten und dadurch die Wahlfreiheit der Stadt eine Begrenzung er­ fahren hat.94 Das ist auch zwanglos erklärbar, denn die dem Schultheißen dele­ gierten Reichsaufgaben erforderten ein Mindestmaß an Ebenbürtigkeit im S9 StAN, Rst. Nbg., 7-farb. Alphabet Urk. 3968; GNM Z.R. 963.4.0; Nordrhein-Wcstfälisches Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Kurköln II Nr. 1378 fol. 65; ScheurlA N Urk. 403. 90 Die folgenden Gerichtsbriefe mit formalen Aussteller-Nennungen Brempts wurden ermittelt: 1535 April 5 (ScheurlA N Akten XVII, 21 fol. 106-110’), 1335 Juli 30 (StAN, Geuder Archiv Urk. 461), 1535 November 19 (ebd., Stromer-Archiv Grünsberg 393), 1535 Dezember 10 (ebd., Rst. Nbg., Päpstl. u. fürstl. Privilegien Urk. 548 und 549), 1536 Mai 8 (StadtAN A 1 1536 Mai 8), 1536 Oktober 11 (StAN, Rst. Nbg., Päpstl. u. fürstl. Privilegien Urk. 558), 1537 Mai 16 (ebd., Landpflegamt - Kirchen u. Orte auf d. Land Urk. #), 1538 Januar 12 (ebd., Kloster Pil­ lenreuth Urk. 183), 1538 Dezember 4 (ebd., Clara-Kloster Urk. 299), 1539 Juni 13 (ebd., 7-farb. Alphabet Urk. 3968), 1540 Mai 7 (Privatbesitz), 1541 Mai 7 (StAN, Rst. Nbg., Katharinenklo­ ster Urk. 220), 1542 Januar 9 (GNM, Kreß-Archiv Kraftshof II 76 d 10), 1542 Juni 14 (StAN, Stromer-Archiv Grünsberg Urk. 405), 1542 Juli 5 (ebd., Rst. Nbg., Päpstl. u. fürstl. Privilegien Urk. 587), 1542 Juli 14 (ebd., Geuder-Archiv Urk. 466), 1543 Januar 22 (ebd., Rst. Nbg., Land­ pflegamt, Gemeinurkunden 12), 1543 Januar 31 (ebd., Geuder-Archiv Urk. 467), 1544 Januar 16 (ScheurlA N Urk. 403), 1544 August 20 (ebd., Rst. Nbg., A-Laden Urk. 184), 1544 November 11 (StadtAN E 11/1 Nr. 162), 1545 September 23 (StAN, Rst. Nbg., Landpflegeamt - Kirchen u. Orte auf d. Land Urk. 187), 1546 März 17 (StadtAN E 11/1 Nr. 163/1), 1546 Juni 4 (StAN, Rst. Nbg., 7-farb. Alphabet Urk. 3988). 91 Paul Sander, Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs ... 1431-1440, Leipzig 1902, S. 154 f. 92 StAN, Rst. Nbg., Landpflegamt Gemeinurk. 11. 93 Ebd., D-Laden Urk. 607. - Weiterer Fall: ebd., Landpflegamt Ämterurk. Hersbruck 6, 1494 August 26. 94 Ebd., HS 190 (Sammelband m. Nachrichten z. nürnb. Geschichte, 17. Jahrhundert), S. 28.

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Abb. 1:

Siegel von 1534 (StAN, Rst. N Urk. d. 7-färb. Alphabets 3931).

Abb. 2:

Das Porträt aus dem Hallerbuch (StAN, Rst. N HS 211 fol. 44).

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Recht, wie sie durch den Besitz der Ritterwürde gegeben war. Die Folge dar­ aus, daß der Schultheiß „seiner Abkunft und Stellung nach ein vornehmer Mann ist, der bei Fürsten etwas gilt und es versteht, mit ihnen umzugehen“95, war bloß ein Nebeneffekt, nicht aber konstitutiv für die Bestellung. Es wird so auch verständlich, warum es zwischen Amtsaufgabe und Neubestallung län­ gere Vakanzen geben konnte wie zwischen Obernitz und Brempt (zweieinhalb Monate) und zwischen Brempt und seinem Nachfolger Parsberg96 (fast ein Jahr) - in den betreffenden Zeiträumen stimmten sich König und Reichsstadt miteinander ab. Daß die Amtsvakanz vor dem Antritt Brempts im Vergleich nur kurz war, ergibt sich aus seiner Biographie. Ritter Tilman von Brempt als Reichsschultheiß Anfang Dezember 1534 wurde mit Wirkung zum 14. Februar 1535 als Nach­ folger des Schultheißen Ritter Plans v. Obernitz Ritter Tilman v. Brempt be­ stellt. Die Bestallungshandlungen zogen sich vom 1. bis zum 5. Dezember hin97, weil Unklarheiten über die Modalitäten der Verpflichtung auftraten. Brempt besaß ja bereits die Bestallung als Reiterhauptmann, die erst 1539 ablaufen würde, und hatte dafür 1529 den förmlichen Diensteid geleistet. Des­ sen Wiederholung wurde ihm beim Abschluß der Bestallungshandlungen er­ lassen; der Rat beließ es dabei, daß Brempt sein Amptspflicht hören lesen vnd dieselbe den dreyen obersten Herren Hauptleuten, nemlich Herr Christoff Tezel, Herr Hanns Volckhamer vnd Herr Christoffe Kressen zu halten mit handtgebendter Trewen angelobt hat. Zusätzlich zur Besoldung für den fort­ bestehenden Hauptmannsdienst sollte er im Jahr 100 Gulden Münze beziehen, begrenzt mit Anfang 1539, nämlich so lang sein [Hauptmanns-^Bestallung wert. Wie noch zu sehen sein wird, war das eine für den städtischen Haushalt recht günstige Lösung (ab 1539 wird er 700 Goldgulden erhalten), die auch for­ mal unterbaut wurde, indem Brempt nicht etwa zum Schultheißen, sondern nur zur Pflegnus des Schulthaisen-Ambts bestellt wurde, was aber auf die Tätigkeit keinen Einfluß hatte.98 Der finanzielle Vorteil der Stadt wurde nur unwesentlich davon beeinträchtigt, daß Brempts Neffe Maximilian, Sohn sei­ nes Bruders Adrian v. Brempt, vom 1. Dezember 1534 an für zunächst ein Jahr

93 Sander (wie Anm. 91), S. 155. - Daß Joachim v. Westhausen beim Antritt des Schultheißenam­ tes die Ritterwürde noch nicht besaß, war eine Ausnahme; es war ihm aufgetragen, sich darum zu bemühen. % StAN, Rst. Nbg., Verlässe zum Losungamt 1 fol. 45 - Niederschrift vom 27. Juli 1547. 1)7 Ebd., Verlässe zum Losungamt 1 fol. 16’; ebd., Einlagezettel fol. 37 (2); ebd., RV 843 fol. 16; ebd., Ratsbuch 17 fol. 10’ f. w Das zeigt sich auch daran, daß die reichsstädtischen Amterbüchlein 55 (1535) bis 66 (1546) Brempt nicht als Verweser, sondern von Anfang an als Schultheißen führen.

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zum Reiterdienst angenommen wurde", denn auch er bekam als Sold nur 100 fl Münze; der Zeitpunkt zeigt, daß Ritter Tilman sich auf diese Weise wenigstens im Anfang seiner Doppelstellung eine gewisse Entlastung zu verschaffen wußte. Das neue Amt hat sich indessen insgesamt nicht so belastend ausgewirkt, als daß Brempt seine vielfältigen Geschäfte hätte reduzieren müssen. 1535 führte er einen Rechtsstreit mit der Witwe des Grafen Wilhelm von Sayn und deren Kindern, welche im Spätsommer des Jahres auf seine Güter in den Ämtern und Gerichten Ordingen (Krefeld-Uerdingen) und Lynden einen Arrest hatten legen lassen; von Nürnberg aus bestellte er dafür am 15. September einen Pro­ zeßvertreter.100 Es sieht so aus, als ob er dieser Sache wegen bald selbst auf sei­ nen Gütern sich aufhielt101, denn Anfang Oktober gab es Unfrieden zwischen seinen Knechten und einem Nürnberger Bürger102, was vermuten läßt, daß die Bediensteten unbeaufsichtigt waren. Auch ein Jahr später hatte er sich längere Zeit in seiner Heimat (im Niderland) aufgehalten; bei der Rückkehr wurde er Ende September 1536 von ratswegen mit erbern Worten empfangen und es wurden ime 4 Simern Hähern vnd 12 Kandln Wein verehrt103- ein deutliches Zeichen für das fortbestehende Vertrauensverhältnis, wie es in dieser Form freilich auch andere Schultheißen erfuhren. Überaus spärlich ist die Überlieferung zur Frage nach der konkreten Natur der Beziehung Tilman v. Brempts zu den baierischen Herzogen Wilhelm IV. und Ludwig X., von der zwar schon öfter, aber eben immer nur unbestimmt die Rede war. Ebenfalls 1536 findet er sich in einer Besoldungsliste als Veld­ marsch alckh Thilman von Prem, für dessen Dienstleistungen dort die Summe von 1000 Gulden ausgeworfen ist.104 Die Stellung des Feldmarschalls war in der damaligen baierischen Armee diejenige eines Obersten Hauptmanns über die Reiterei, welcher im Krieg den Vorzug oder Rennhaufen, einen Stoßtrupp an der Spitze des Hauptkontingents, in den Angriff zu führen, und der dem Ober­ sten Feldhauptmann (in der Regel der Herzog selbst) in der Organisation der militärischen Verwaltung beizustehen hatte.105 In der Praxis war das unter an­ derer Bezeichnung die gleiche Funktion, die der Hauptmann über die Reiterei 99 StAN, Rst. Nbg., Verlässe zum Losungamt 1 fol. 34’. - Tatsächlich endete der Dienst Maximi­ lians v. Brempt erst auf Lichtmeß 1536, wobei er die im Vergleich ansehnliche Summe von 50 fl Münze als Abzug erhielt (ebd., StR 182 fol. 416’). 100 Ebd., Ratsbriefbuch 111 fol. 42’ ff. - Der Prozeßvertreter war Ludwig v. Culßdorff zum Hana. 101 Der Mittelpunkt des allodialen Besitzes läßt sich im Ort Uerdingen lokalisieren, es gab dort ei­ nen Brempterhof (Fr. W. Oediger, Das Flauptstaatsarchiv Düsseldorf und seine Bestände 2: Kurköln, Siegburg 1970, S. 153). 102 StAN, Rst. Nbg., Ratsbuch 17 fol. 105. 103 Ebd., Ratsbuch 18 fol. 68. 104 BayFIStA, Kurbaiern Äuß. Archiv 2166 fol. 217. 105 Heilmann (wie Anm. 18), S. 374 ff.

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in Nürnberg zu bekleiden hatte, und deren Zeitaufwand so beschaffen war, daß beide Bedienstungen in Personalunion sich hätten vereinbaren lassen. Für den Fall des Reichskrieges konnte das nur bedeuten, daß die nürnbergische Reite­ rei bei den Baiern eingegliedert war, so lange wie Brempt beide Hauptmanns­ stellen gleichzeitig innehatte. Darum handelte es sich aber 1536 nicht, und es ist auch der Zeitpunkt für das plötzliche Wiederauftreten in baierischem Dienst erklärbar. Nach der - nicht zuletzt durch die Türkengefahr bedingten - politi­ schen Annäherung zwischen den baierischen Herzogen und dem Kaiser führte Herzog Ludwig X. im neuerlichen Krieg mit König Franz I. von Frankreich ein baierisches Kontingent, das zur militärischen Hilfe für Karl V. in die Pro­ vence entsandt worden war106; die Nennung Brempts in der erwähnten Besol­ dungsliste kann sich nur darauf beziehen. In Nürnberg stand 1538 die Wieder- oder Neubesetzung des Schultheißen­ amtes für 1539 an. Nach diesbezüglichen Vorverhandlungen kam der Rat mit Brempt am 30. Dezember 1538 überein, daß dieser das Amt für weitere 5 Jahre, nämlich von Invocavit (23. Februar )1539 bis Invocavit (2. März) 1544, über­ nehmen würde; als Besoldung sagte die Stadt jährlich 700 Goldgulden zu.107 Erneut bekundete der Rat dabei seine Wertschätzung, indem er Brempt zur Er­ neuerung der Bestallung neben 100 Goldgulden eine vergoldete Scheuer im Gewicht von mehr als neun Mark zum Geschenk machte.108 Von der Dienst­ stellung als reichsstädtischer Reiterhauptmann ist in dem Zusammenhang nicht mehr die Rede; es hatte der Schultheiß zwar ebenfalls militärische Funktionen, wie am Dienstrevers zu sehen ist, aber die hatte auch Obernitz schon, und doch gab es daneben die Funktion des Hauptmanns über die Reisigen. Als Er­ klärung bietet sich an, im Fortbestehen des erwähnten Obernitzschen Dienst­ verhältnisses109 den Grund dafür zu sehen, daß Brempts vorige Dienststellung nun im Gegensatz zur Bestallung von 1534 keine Erwähnung mehr findet. Brempts Dienstpflichten und -rechte als Schultheiß sind in dem Revers fest­ gehalten, den er am 1. Februar 1539 ausstellte.110 Der Revers ist auch objektiv bemerkenswert, wobei selbstverständlich davon auszugehen ist, daß Formulie­ rung und Text von der Stadt, von Brempt nur Ausstellername und Siegel stam-

106 Lutz (wie Anm. 57). 107 StAN, Rst. Nbg., Verlässe zum Losungamt 1 fol. 30. ,ox Ebd., StR 183 fol. 67’. - Zum Vergleich sei auf das Geschenk hingewiesen, welches Dr. Valentin Kotzier 1536 für ein Jahr Tätigkeit am Stadtgericht erhielt, ein zweifach vergoldetes Kopfflein von knapp über 2 2/3. Mark (2 Mark 12 Lot 2 Quent), ebd. fol. 15. 109 Wie Anm. 84 - Bei Joachim v. Westhausen wird das vorher schon bestehende Dienstverhältnis als Oberst über ein Regiment Landsknechte wieder eigens und als fortbestehend erwähnt, als er 1561 zum Schultheißen bestellt wird (Stromer, wie Anm. 85). 110 StAN, Rst. Nbg., 7-farb. Alphabet Urk. 3965.

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men. Die Beurteilung der Urkunde gelingt allerdings erst dann voll, wenn zum Vergleich die Reverse von Hans v. Obernitz 1505111 und Joachim v. Westhausen 1561112 herangezogen werden. Deren jeweils erster Artikel, welcher den Grund zum Dienstverhältnis legt und der bei Obernitz und Brempt abgesehen vom Buchstabenbefund wörtlich übereinstimmt, bei Westhausen aber eine bezeich­ nende Ausnahme erkennen läßt, ist im Wortlaut zu betrachten, wobei das Ex­ emplar von 1539 zugrundeliegt (Konsonanten-Verdoppelung entfällt). Der Schultheiß bekennt darin, das ich den vorgenanten Bürgermeistern, Rate vnd gemeiner Stat Nurmberg getrew vnd gewehr sein, ir Ehr; Nutz vnd Fromen zu fürdem vnd werben vnd iren Schaden warnen vndfurkumen soll vnd will nach meinem pessten Vermugen vnd Verstendtnus, auch ir Geheimbd, was ich der erfar oder mir eröffnet werden, verschwigen halten biß in mein Todt, vnd aus­ serhalb ir gemelte Zeit kain andere Herschafft haben noch annemen, das ich auch dem vorgemelten Schultheissen-Ampt getrewlich vnd mit Vleis außwarten [!] vnd vor sein vnd in Sachen vnd Hendeln, darynnen mir von desselben Ampts wegen Richter zu sein geburn wurdet, ein gleicher; vnp artheisch er vnd vngeverlicher Richter sein vnd richten soll vnd will dem Armen als dem Rei­ chen, getrewlich vnd gleichlich noch meiner höchsten Verstendtnus. Das Formular wurde offenkundig über die Zeiten von Bestallung zu Bestal­ lung fortgeschleppt, den jeweiligen politischen und persönlichen Umständen aber nicht angepaßt. Das zeigt sich erstens an dem darin ausgesprochenen Ver­ bot der Aufrechterhaltung und der Annahme fremder Dienste, das bei Brempt nicht wirksam wurde, und vor allem zweitens an der Passage über die Pflichten des Schultheißen als Richter, die - wie hinlänglich gezeigt wurde - sowohl 1505 wie erst recht 1539 längst anachronistisch war. Bei Westhausen nun fehlt 1561 die Beschreibung der richterlichen Funktion, wobei nicht ganz auszuschließen ist, daß sie nicht aufgeführt werden konnte, weil er zum Zeitpunkt der Bestal­ lung die Ritterwürde nicht besaß. Es spricht jedoch die Wahrscheinlichkeit eher dafür, daß man es mit einer, wenn auch späten Modernisierung des For­ mulars zu tun hat. Das freilich läßt sich nicht überprüfen, weil nach Westhau­ sen kein fremder Schultheiß mehr bestellt wurde und die Überlieferung für sei­ nen Vorgänger Parsberg mangelhaft ist. 1.1 Ebd. Urk. 3769. - Die Bestallungs-Erneuerungen 1517 (ebd. Urk. 3836), 1523 (ebd. Urk. 3887) und 1526 (ebd. Urk. 3900) verwenden ein abgekürztes Formular, in welches eine Verschreibung eingeschlossen ist, kraft der die Stadt Nürnberg 1512 an Obernitz zusätzlich zum Sold von 400 Gulden jährlich 140 Gulden zu ainern Gewartgelt meineß Hawß Oscheling und 60 Gulden für alle Pferdeschäden zusagte (ebd. Urk. 3802). Die Verschreibung auf Oschelin bezieht sich auf einen Offnungsvorbehalt, welcher angesichts der Lage (vgl. Anm. 4) für den Schutz der öst­ lichen Handelswege der Stadt sinnvoll war. 1.2 Abgedruckt bei Stromer (wie Anm. 85), S. 111 ff.

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Für die übrigen Artikel des Dienstvertrages genügt es, sie regestenartig auf­ zuführen, da ihr Inhalt zum Teil schon behandelt wurde oder aus sich ver­ ständlich ist: 2. Verpflichtung des Schultheißen, mit seiner Person, einem Reitknaben und vier reisigen Knechten in Wehr und Harnisch sowie sechs reisigen Pferden in- wie außerhalb der Stadt sich für Botschaften, zum Besuch gütlicher oder rechtlicher Tage, für Kriegs- oder andere ritterliche Sachen bereit zu halten und der Stadt in offenen und heimlichen Fehden zu helfen; 3. Gefangene, die ihm in Fehde oder Krieg zufallen, ohne eigenen Anspruch auf Beute an die Stadt zu überstellen; 4. seine Wohnung in Nürnberg zu nehmen, die Bannmeile der Stadt nur mit Bewilligung durch Bürgermeister und Rat zu verlassen, sowie für sich, seine Diener und Gesinde von allem Getränkeverbrauch Ungeld und Auf­ schlag zu geben, wie es auch die Bürger tun; 5. sich im Fall, daß er von Nürnberg aus (d. h. vom Rat oder von Bürgern) privatrechtlich beklagt würde, vor dem Stadtgericht {des Reiches Richter vnd Gericht zu Nurmberg) zu verantworten (d. i. Duldung eines zeitweili­ gen Fori domicilii unter Ausschaltung des ihm wohl in Jülich zustehenden Fori privilegiati), eigene Klagen gegen Bürgermeister und Rat dagegen vor den römischen Kaiser oder König (wie das folgende zeigt, kann als erste Instanz nur ein kaiserliches Landgericht gemeint sein) oder vor die Räte der Reichsstädte (!) Windsheim oder Weißenburg, gegen Nürnberger Bür­ ger und Untertanen aber vor deren gewöhnliche Gerichte (d. h. deren Fori domicilii oder ordinarii) zu bringen; 6. seine Bediensteten und Knechte selbst (!) auf Bürgermeister und Rat zu Nürnberg zu verpflichten, wobei deren Gerichtsstand vor dem Stadtge­ richt (als Forum domicilii) einbezogen wird; 7. sich mit einer Kriegseinsatz-Entschädigung von 10 fl rhein. pro Monat und Pferd zu begnügen, die er zusätzlich zu seinem 8. Sold von jährlich 700 rhein. Goldgulden113, der in vierteljährlichen Raten gezahlt wird, erhält; 9. erklärt der Schultheiß sein Einverständnis dazu, daß die Stadt im Fall sei­ ner eigenen Gefangennahme oder der seiner Diener durch Feinde mit der Auslösung so verfährt, wie sie das mit ihren anderen Dienern tut114, und 113 Der Grundsold für Obernitz betrug 400 Gulden rhein. Landeswährung. 114 Ausführlicher bei Westhausen 1561 (Stromer, wie Anm. 85): Der Schultheiß muß sich von sei­ ner weiterlaufenden Besoldung selbst freikaufen. Er ist also nicht in die gegenseitige Gesamt­ haftung zwischen der Stadt und ihren Bürgern einbezogen.

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10. damit, daß die Stadt das Dienstverhältnis jederzeit beenden kann, er selbst aber an die Erfüllung der vereinbarten Dienstzeit gebunden ist. Am gleichen Tag wurde noch ein die Besoldung betreffender Zusatzvertrag geschlossen, nach welchem die Stadt an Tilman v. Brempt ein Darlehen von 1000 rhein. Goldgulden vergab, welches ab Dienstbeginn mit vierteljährlichen Abzügen von je 50 Gulden an der Besoldung, also auf die fünfjährige Dienst­ zeit abgestimmt, getilgt werden sollte und auch wurde.115 Mit dem Darlehen hatte es folgende Bewandtnis. In Kurköln war um diese Zeit die bedeutende Landesburg Oedt mit dem zugehörigen Amt und einer Zollstation, welche eine wichtige Straßenverbindung zwischen Rhein und Maas kontrollierte116, als Pfandschaft freigeworden. Tilman v. Brempt hatte sich, wie auch an der häufigen Unterbrechung seines Nürnberger Dienst­ verhältnisses zu sehen war, nie von seiner Heimat gelöst und dort ja auch seine persönlichen Beziehungen und Landeskenntnisse, etwa bei der Soldreiter-Beschaffung, zum Nutzen der Reichsstadt eingesetzt. Der Besitz, über den er am Niederrhein schon verfügte117, mag den einer kleinen Grundherrschaft mit Trauf-Gerichtsbarkeit nicht überschritten haben, weshalb der Wunsch nach ei­ nem gewichtigeren Objekt nahelag. Daß er dieses in Gestalt von Oedt nicht als erbliches Lehen, sondern nur im weniger sicheren Pfandverhältnis erwerben konnte, entsprach einer Vergabe-Übung, die namentlich in geistlichen Territo­ rien nicht selten war, weil das Objekt auf diese Weise für den Obereigentümer verfügbar blieb; die einzige wirksame Barriere gegen für den Pfandinhaber un­ liebsam schnelle Wiedereinlösung bildete in der Regel die hohe Pfandsumme. So war es auch hier. Die Pfandsumme belief sich auf 6000 Goldgulden, und um sie aufzubringen, mußte Brempt das erwähnte Darlehen in Anspruch nehmen; es gibt keinen Hinweis darauf, daß der Zweck in Nürnberg bekannt gewesen wäre. Mit der Pfandschaft erwarb Brempt Gericht, Geleit, Gebot und Verbot, Herrlichkeiten, Renten, Gülten, Leute, Dienste (zum Beispiel die grundherr­ lichen Gefälle und Gerichtsscharwerke) und andere Pertinentien des Amtes, die eine auskömmliche Rendite abwarfen. Als Pflichten übernahm er dagegen den baulichen Unterhalt der Burg (in die er vertragsgemäß 200 Gulden ver­ bauen sollte, für die er aber tatsächlich an die 400 Gulden aufwandte) und den Dienst im erzbischöflichen Heeresaufgebot, zu dem er mit 4 reisigen Pferden gewärtig zu sein hatte. Der Vertrag vom 4. bzw. 6. Februar 1539 wurde mit der

1,5 StAN, Rst. Nbg., B-Laden Akten S. I L. 212 Nr. 4. - Vgl. dazu ebd., StR 27 fol. 160 und StRBelege II Nr. 68. Bei der Neubestallung 1543 ist davon keine Rede mehr. 116 Fohl (wie Anm. 5). 1,7 Vgl. Anm. 101.

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Einantwortung der Pfandschaft, also nach Bezahlung der Pfandsumme, am 6. Juni dieses Jahres wirksam.118 Die Geschäfte des Amtes Oedt hielten Brempt vorerst im Niderland fest, so daß er sich von Nürnberg bis zur künftigen Fastenmesse beurlauben ließ119; die Fasnacht fiel 1540 auf den 9. Februar. Ob er infolgedessen bei dem ersten Be­ such, den Ferdinand I. in seiner Eigenschaft als deutscher König der Reichs­ stadt Nürnberg ab dem 7. Februar machte120, anwesend war, was den in der Be­ urlaubung vorbehaltenen Rückruf als geschehen voraussetzte, verschweigt die Überlieferung. Es ist dies aber eher unwahrscheinlich, denn wenn ihm der Rat um den 4. April Wein und Haber schenken ließ121, dann deutet das mehr auf ei­ nen Willkomm nach der kurz zuvor erfolgten Ankunft. Beim einzigen Besuch des Kaisers dagegen, der am 16. Februar 1541 auf der Reise zum Reichstag nach Regensburg seinen Weg in Nürnberg unterbrach122, ist Brempt gemeinsam mit fünf Alteren Herren Karl V. vor die Stadt entgegengeritten123; während des dreitägigen Aufenthalts muß er in der kaiserlichen Umgebung vermutet wer­ den. Der Reichstag stand nicht zuletzt unter dem Eindruck neuer Türkenge­ fahr aus Ungarn heraus. In diesem Zusammenhang steht auch eine in die Jahre 1541/42 zu datierende Aufstellung über gerüstete Diener aus dem baierischen Rentamt Landshut, in der Herr Thylman von Prem unter den Dienstleuten außer Landes mit dem Vermerk 100 Gulden an erster Stelle steht.124 Daß es sich bei der genannten Summe um einen fixen Jahressold von Herzog Ludwig X. handelt, der auch tatsächlich bezahlt wurde, wird anläßlich von Brempts Schultheißenbestallung 1543/44 noch zu sehen sein. Im Jahre 1541 wurde Tilman v. Brempt um die 63 bis 64 Jahre alt, was sich nun körperlich bemerkbar machte. Offensichtlich schon länger anhaltende Unpäßlichkeit hatte die Stadt veranlaßt, sich ohne seine Mitwirkung nach Rei­ tern umzusehen, sicher zur Verstärkung ihrer neuerlichen Reichshilfe gegen die Türken, die eben Ofen erobert hatten. Dem Schultheißen wurde Anfang April 1542 mitgeteilt, das man seiner Schwachen halben Mitleiden trag; sobalds aber pesser werdy sol er sich alher verfügen, damit man ine, diweil das ander 1111 Nordrhein-Westfälisches Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Kurköln II Nrn 1378 fol. 69 und 2578 fol. 10-14; ebd. Kurköln IV Nr. 2567 fol. 2 und 274. - Die Pfandschaft blieb unter seinen Erben noch lange in der Familie. 1562 hatte sie sein Neffe Johann, Sohn seines Bruders Adrian, inne; ausgelöst wurde sie erst 1620 von der Witwe Johanns v. Brempt, eines Großneffen Tilmans. Für frdl. Hilfestellung danke ich Herrn Kollegen Dr. H. Altmann in Düsseldorf. StAN, Rst. Nbg., Ratsbuch 20 fol 3 und RV 907 fol. 21. 120 Ebd., StR 183 fol. 101. 121 Ebd., RV 915 fol. 6’. 122 Ebd., StR 183 fol. 128. 123 Reicke (wie Anm. 33), S. 872; Kircher (wie Anm. 30), S. 58 f., 177. 124 BayHStA, Kurbaiern Äuß. Archiv 2168 fol. 138.

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Gesind zum Teil verreiten wird, im Haus haben mög.m Es ist zu vermuten, daß sich die Stadt vor allem deshalb nicht gänzlich von militärischem Schutz ent­ blößen mochte, weil wegen in der Zeit zwischen 1538 und 1544 durchgeführter Verstärkungsarbeiten an der Veste und an den Stadtmauern das Verhältnis zu Brandenburg-Ansbach neuerlich stark belastet wurde126. Wie schnell Brempt dem Ruf folgen konnte, ist nicht überliefert; so ist auch offen, ob er beim Be­ such König Ferdinands im Juli 1542127 in Nürnberg war. Sein körperlicher Zustand muß sich indessen wieder gebessert haben, denn anders wären die Verhandlungen nicht erklärbar, die der Nürnberger Rat zum Zweck der Verlängerung der Schultheißen-Bedienstung im Herbst 1543 mit ihm aufnahm. Im Blick auf die Beendigung der laufenden Bestallung im Früh­ jahr 1544 hatte Brempt bei seinem niederrheinischen Landesherrn, dem Kölner Kurfürsten, wegen einer nicht weiter präzisierten Bestallung sondiert. Während er sich dort noch aufhielt, verstärkte der Rat eine vor Brempts Ab­ reise von den städtischen Kriegsherren Hans Ebner und Paul Grundherr nur informativ gestellte Frage nach seinen Plänen Ende Oktober dahingehend, daß er sich schleunig erklären möge, ob er für eine fortgesetzte SchultheißenamtsBestallung zur Verfügung stehe.128 Brempt erklärte daraufhin seine grundsätz­ liche Bereitschaft, knüpfte seine definitive Zusage aber an die Erwartung, daß Nürnberg seine bisherige Besoldung mit jenen 100 Gulden Dienstgeld aufbes­ sere, die er bisher vom baierischen Herzog Ludwig jährlich erhalten habe, und daß ihm eine passende Wohnung zur Verfügung gestellt würde. Der Rat, der an der Amtsführung des Schultheißen bißher ein guts Gefallen hatte, bewilligte die finanzielle Forderung anstandslos, sah sich aber hinsichtlich der Wohnung zur Hilfe nicht instande.129 Herzog Ludwig X. von Baiern, in dessen Dienst Ritter Tilman v. Brempt mehrfach anzutreffen war, hatte sich vermutlich aus finanziellen Gründen (der Bau der Landshuter Stadtresidenz 1536-40 hatte zur Anhäufung beträchtlicher Schulden geführt130) gezwungen gesehen, das Soldverhältnis zu lösen. Das wird der Hintergrund zum Dienstersuchen Brempts in Köln gewesen sein. Nach alledem ist aber die Wendung im folgenden Nürnberger Dienstrevers, Brempt habe die Beziehung zu Herzog Ludwig von sich aus vmb pesser Verwaltung

125 StAN, Rst. Nbg., RV 941 fol. 17; ebd. Ratsbriefbuch 127 fol. 135’ ff. 126 Reicke (wie Anm. 33), S. 870 f. 127 StAN, Rst. Nbg., StR 183 fol. 181*. - Auch während der Königsbesuche im Januar 1543 (ebd. fol. 182) und Juni 1544 (ebd. fol. 237’) ist seine Anwesenheit nicht ersichtlich, bei denen im März und August 1545 (ebd. fol. 265) äußerst unwahrscheinlich (s. u.). 128 StAN, Rst. Nbg., Ratsbriefbuch 130 fol. 165’ f. 129 Ebd. fol. 197’ ff. 130 Lutz (wie Anm. 56), S. 328; S. Benker ebd. S. 910 f.

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Tilman von Brempt

des Sckultbyssenambts abgekundet, nicht recht glaubhaft und mehr als Schmei­ chelei gegenüber dem Rat aufzufassen.131 Der Wohnsitz in Nürnberg war wohl durch einen baulichen Verfall des alten Reichsschultheißen-Hofs am Fuß der Veste unsicher geworden, was Brempt nötigte, in einem benachbarten Patrizier­ haus, bei dem vormaligen Bürgermeister Conrad Haller (1464-1545) Unter­ kunft zu nehmen132, wovon noch zu hören sein wird. Brempt führte die abschließenden Verhandlungen zur Neubestallung von Urdingen aus, also von seinem Gut Brempterhof, von wo aus er am 27. De­ zember 1543 seine Rückkehr nach Nürnberg für Ostern 1544 ankündigte.133 Dieses Versprechen wurde offenbar nicht eingelöst, wie aus dem Fehlen des Schultheißen bei der Fahndung nach dem Ende Mai 1544 auf dem Rückweg vom damaligen Speyerer Reichstag durch Albrecht v. Rosenberg entführten Ratsherrn Hieronymus Paumgartner134 geschlossen werden muß. Das Nürn­ berger Kommando, welches deshalb (indessen vergebens) nach Haidermann­ stetten gesandt wurde, stand unter dem Befehl Paul Grundherrs als Haupt­ mann.135 Somit muß die für Lichtmeß 1544 überlieferte Soldzahlung an einen Beauftragten Brempts erfolgt sein.136 Er selbst ist erst Ende September 1544 sicher wieder in Nürnberg nachweisbar, als ihm zur Ankunft Haber und Wein verehrt und beim Wiedereinzug in seine vorherige Wohnung geholfen wurde.137 Diese war nämlich inzwischen, 1543, mitsamt dem Haus Konrad (IV) Hallers „Zum goldenen Schild", heute Schildgasse 23, an Hallers Enkel, den Gerichtsschreiber Gabriel Ortei, gekommen138, mit dem es wegen der Schultheißen-Unterkunft Unfrieden gegeben haben muß139, dessen Ursache verbor-

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StAN, Rst. Nbg., B-Laden Akten S. I L. 212 Nr. 4. Ebd., RV 974 fol. 27. Wie Anm. 129. StAN, Rst. Nbg., StR 183 fol. 264; Reicke (wie Anm. 33), S. 875 f. - Die Rosenberger Fehde hatte ihren Anfang 1523 genommen, als am Ende der Absberger Fehde vom Schwäbischen Bund die Burg Boxberg zerstört wurde, an welcher Hans Thomas v. Rosenberg Mitbesitz hatte. Die Rosenberger belangten für ihre Ansprüche die seinerzeitigen Bundesverwandten, deshalb auch Nürnberg. Die Fehdeparteien wurden erst auf dem Wormser Reichstag 1545 gütlich, wenngleich für Nürnberg kostspielig, verglichen. StAN (wie Anm. 134), fol. 232. Ebd., StR-Belege II Nr. 68. Ebd., RV 974 fol. 27. StadtAN B 14/1 Nr. 56 fol. 195; frdl. Mitteilung von Herrn Karl Kohn aus seinen Vorarbeiten zu einem Nürnberger Häuserbuch. - Vgl. auch Fritz Traugott Schulz, Nürnbergs Bürgerhäu­ ser und ihre Ausstattung 1/2, Wien u. Leipzig 1909, S. 504 ff. Wie Anm. 137.

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gen bleibt. Die Stadt hat den Reichsschultheißenhof erst 1547 erworben140; er wird dann wieder bewohnbar gemacht worden sein. Nur aus Brempts ungewöhnlich langer Abwesenheit ist es zu erklären, daß er den Bestallungsrevers für den Schultheißendienst erst am 2. Januar 1545, so­ mit ein knappes Jahr nach dem Inkrafttreten der Amtsverlängerung aus­ stellte.141 Abgesehen von der, wie zu sehen war, veränderten Besoldung unter­ scheidet sich die Urkunde von den vorigen durch die Beschränkung der Amts­ dauer auf drei Jahre, die von Brempt veranlaßt wurde und nicht vom Nürnber­ ger Rat, der es lieber bei der 5-Jahres-Frist belassen hätte.142 Es gibt indessen keinen Zweifel daran, daß der Schultheiß sich die längere Amtszeit nicht mehr zumuten wollte. Letzte Krankheit und Tod Bereits vor Mitte März 1545 hielt sich Brempt, körperlich gantz schwach, wie­ der in Uerdingen auf, und der Rat erbot sich sogar über die weite Entfernung, was ime an Ärtzten vnd sonst mangl, das man ime darzu Rath schaffen wöll.ul> Seine Krankheit hielt an, denn über den Nürnberger Anteil an einer auf dem letzten Wormser Reichstag beschlossenen Türkenhilfe referierte am 31. August Dietrich v. Wardenburg, Herrn Thilman von Brembds Diener,144 Der Schult­ heiß ist selbst offensichtlich gar nicht mehr in Nürnberg aufgetreten. Ende März 1546 wird ihm anheimgestellt, noch lenger daniden ze pleiben und, so­ fern er dazu in der Lage sei, Erkundigungen über einen bei Maastricht erfolg­ ten Überfall auf Nürnberger Kaufleute einzuziehen.145 Doch als um die Jahres­ mitte im Umkreis allenthalben zum Schmalkaldischen Krieg gerüstet wird (Nürnberg war dem Schmalkaldischen Bund 1530/31 nicht beigetreten146), hätte der Rat den Schultheißen doch gern am Ort gehabt, damit man ine in disen schweren Leufden im Hauß haben vnd zur Notturft geprauchen mögeN7

140 Kohn (wie Anm. 138). - Die Vermutung, daß der Reichsschultheißenhof vorübergehend unbe­ wohnbar und deshalb für Brempt nicht zugänglich war, könnte durch Bauinschriften von 1549 und 1557 gestützt sein (Schulz, wie Anm. 136,1/1 S. 255 f.). 141 StAN, Rst. Nbg., Verlässe zum Losungamt 1 fol. 48; ebd., B-Laden Akten S. I L. 212 Nr. 4. 142 Brempt nimmt in seinem Schreiben vom 27. Dezember 1543 (wie Anm. 131) Bezug auf ent­ sprechende mündliche Verhandlungen mit Hans Ebner, und im Konzept des Reverses vom 2. Januar 1545 (ebd.) werden die unterschiedlichen Wünsche an mehreren Korrekturen erkenn­ bar. 143 StAN, Rst. Nbg., RV 980 fol. 30’. 144 Ebd., StR 183 fol. 254’. 145 Ebd., RV 994 fol. 25’ und Ratsbriefbuch 135 fol. 129’ f. 146 Reicke (wie Anm. 33), S. 862, 880 ff. 147 StAN, Rst. Nbg., Ratsbriefbuch 136 fol. 7 und RV 998 fol. 20’.

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Tilman von Brempt

Dazu ist es nicht mehr gekommen. Am 4. August 1546 ist Ritter Tilman v. Brempt gestorben, wahrscheinlich auf dem Brempterhof in Uerdingen; die Todesnachricht wurde von dem mehrfach erwähnten Neffen Johann v. Brempt übermittelt.148 Anschließend hat der Schreiber des Registers zum Ratsbrief­ buch 136 den Vortrag des Ratsschreibens vom 7. Juli mit einem Sterbekreuz, der Glosse Hölpe Dich Goed, mine leve Man und dem falschen Sterbedatum Obiit quarta Septembris 1546 versehen149; die Glosse läßt den Niderländer Tilman v. Brempt auch in seiner Umgangssprache im Nachhinein lebendig werden. Verhandlungen über Erbansprüche zogen sich noch bis in den November 1547 hin. Erben waren Ritter Tilmans Neffen Johann und Maximilian, Söhne seines verstorbenen Bruders Adrian, sowie der von diesen als Vetter bezeich­ nte Hermann v. Brempt, dessen Vater Friedrich v. Brempt gewesen sei150; Her­ mann v. Brempt gehörte somit der Generation Tilmans an. Zu Händen Johann v. Brempts, der dafür eine von der Stadt Köln gesiegelte Vollmacht vorwies, wurde im September 1547 als ausständige Dienstbesoldung Tilmans der Betrag von 700 Goldgulden und 100 Gulden Münze ausgezahlt151, also wohl die Be­ soldung für das gesamte, nicht vollendete Dienstjahr 1546/47, welches nach dem Revers vom 2. Januar 1545 das dritte und letzte der laufenden Amts­ periode war. Nach dem Bekanntwerden von Brempts Tod wurde in Nürnberg unver­ züglich der Vorderste Losunger Linhart Tücher am 26. August 1546 vom Rat zum Schultheißenamts-Verweser bestellt152, womit provisorisch und allem An­ schein nach erstmals eine Lösung gefunden wurde, wie sie 1571 definitiven Charakter erhielt. Doch noch hielt man den auswärtigen, ritterbürtigen und mit der Ritterwürde versehenen Schultheißen für nicht entbehrlich; das Amt wurde am 26. Juli 1547 dem Ritter Haug v. Parsberg übertragen.153 Nur zwei Monate früher war es noch zu einem Vorgang gekommen, der zwar wohl wegen der Kürze der Zeit folgenlos blieb, der indessen ein Licht auf

148 Wie Anm. 147. 149 StAN, Rst. Nbg., Ratsbriefbuch 136, Register fol. 26. 150 Ebd., Ratsbriefbuch 138 fol. 90’ f. - Danach ist Fahne (wie Anm. 5) zu berichtigen, der Johann, Maximilian und Hermann als Brüder angibt; Friedrich v. Brempt erscheint dort in der Genera­ tion von Tilman nur mit seinem Namen. 151 StAN, Rst. Nbg., StR-Belege II Nr. 68 und Ratsbriefbuch 138 fol. 90’ f. - Mit Hermann v. Brempt tritt der Name in Nürnberg letztmals auf; sein Erbteil wurde ihm von den Vettern zunächst vorenthalten, weshalb er am 2. November 1547 danach fragt (wie vor). 152 StAN, Rst. Nbg., Ratsbuch 23 fol. 298. - Tücher amtierte wieder 1561 zwischen Parsberg und Westhausen (Stromer, wie Anm. 85, S. 96). 153 StAN, HS 26 (Müllner V) fol. 321\ - Der Bestallungsvorgang ist nicht überliefert.

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den Anspruch der kaiserlichen Seite nach Mitsprache bei der Besetzung des Schultheißenamts wirft. Unter dem 25. Mai 1547 verwendete sich der Frank­ furter Schultheiß Bartholomäus (I) Haller v. Hallerstein bei Kardinal Granvella für seinen Bruder Wolf (V) Haller, Hofmeister der verwittweten Königin Maria von Ungarn und Statthalterin der Niederlande, damit Kaiser Karl V. die­ sem das Nürnberger Schultheißenamt verschaffe154. Der Briefschreiber war sich durchaus bewußt, daß die Herrn von Nurmberg ... gefreyd wem, yderzeit selbst ein Schulthaißen zu Nurmberg zu setzen ..., doch deckten sich in der Frage - wie so oft - Theorie und Praxis nicht; anders wäre das Hallersche An­ suchen auch unverständlich. Bezeichnend war übrigens das Motiv für das Schreiben Bartholomäus Hallers: Weil dann mein Bruder sein Tag hart gedient, auch alt und schwach, wollt er gern ein solich ruig Ampt haben, und sich nicht deßminder in kayserlicher Majestät Geschefften prauchen lassen ... . Wie zu sehen war, konnte diese Charakterisierung des Schultheißenamtes allenfalls für die beiden letzten Nürnberger Dienstjahre Tilmans v. Brempt gelten, für das Amt als solches jedoch nicht.

154 Frhrl. Haller v. Hallersteinisches Archiv Großgründlach, Abt. P. nach: Biblioteca Nacional Madrid, Ms Caja 7909.

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DER „ECCIUS PHIL ARG YRU S SIVE AVARUS“ VON 1523 Willibald Pirckheimers dritte Komödie gegen Johannes Eck Von Johann Peter Wurm „In gloria, luxuria, scortatione est assuetus, inveteratus, habituatus; in ista gloria est mortuus“. (Martin Luther auf die Nachricht vom Tode des Johannes Eck.)1 In den Pirckheimer-Papieren der Stadtbibliothek Nürnberg, dem Mitte des 18. Jahrhunderts entdeckten Nachlaß des bekannten Nürnberger Humanisten Willibald Pirckheimer, findet sich die Reinschrift einer in der Forschung bisher unberücksichtigt gebliebenen Reformationssatire auf Johannes Eck. Sie trägt den Titel „Eccius Philargyrus siue auarus“, ist undatiert und wurde unter dem Pseudonym „Vicencio Cursitano Achaico autore“ verfaßt.2 Doch wenden wir uns, bevor wir uns den Fragen von Verfasserschaft und Entstehungszeit der Satire widmen, zunächst einmal ihrem Gegenstand zu, dem Ingolstädter Kontroverstheologen Johannes Eck.3 Im „Eccius Philargyrus“ tritt uns Johannes Eck einmal mehr in der Rolle des vollendeten Dunkelmannes entgegen. Wie schon Willibald Pirckheimers

1 Martin Luther: Werke. Kritische Gesamtausgabe. Tischreden (WA TR), Bd. V, Weimar 1919, S. 228; Johannes Metzler (Hrsg.): Tres orationes funebres in exequiis Ioannis Eckii habitae. Accesserunt aliquot epitaphia in Eckii obitum scripta et catalogus lucubrationum eiusdem (1543). Nach den Originaldrucken mit Bio-Bibliographischer Einleitung, einer Untersuchung der Be­ richte über Ecks Tod und einem Verzeichnis seiner Schriften (Corpus Catholicorum 16), Mün­ ster 1930, S. XXXV/XXXVI. 2 StBN, PP 407: [Willibald Pirckheimer:] Eccius Philargyrus siue auarus, o. J., 7 Blatt Folio, ano­ nyme Hand, Antiquakursive, f. lv Antiquaminuskel, Marginalien, Reinschrift; kein Nachweis in der Literatur, vgl. Willehad Paul Eckert / Christoph von Imhoff: Willibald Pirckheimer, Dürers Freund. Charitas Pirckheimer, Ordensfrau und Humanistin, Köln 21982, S. 391-395, und Niklas Holzberg: Willibald Pirckheimer. Griechischer Humanismus in Deutschland (Humanistische Bibliothek 1,41), München 1981, S. 190-195 u. 428-430. - Manfred Scharoun: „Nec Lutheranus neque Eckianus, sed Christianus sum“. Erwägungen zu Willibald Pirckheimers Stellung in der reformatorischen Bewegung, in: Pirckheimer-Jahrbuch 8 (1993), S. 107-147, S. 108, stellte erst kürzlich wieder fest: „Viele Quellentexte, die für Pirckheimers theologische Position von großer Bedeutung sind, harren in der Stadtbibliothek Nürnberg noch auf ihre Edition ... Dies hat zur Folge, daß man in der theologischen Pirckheimerforschung stets nur einen Bruchteil des um­ fangreichen Quellenmaterials ausgewertet hat; und diese Auswahl war wiederum nicht selten von konfessionell bedingten Vor-Urteilen bestimmt“. 3 Für die folgenden Ausführungen empfiehlt es sich, zunächst die Edition der Komödie, zumin­ dest aber deren deutsche Zusammenfassung am Ende des Beitrags zu lesen.

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„Eckius dedoktus“ so verkörpert auch „Eccius Philargyrus“ alle Eigenschaf­ ten eines echten „vir obscurus“: Er ist habsüchtig, versoffen, gefräßig, dünkel­ haft, unbeherrscht, wollüstig und verlogen. Gewiß handelt es sich hierbei um Topoi. Dieselben Eigenschaften werden schließlich auch dem päpstlichen Nuntius Francesco Chieregati angedichtet. Wir müssen uns also davor hüten, von solchen Gemeinplätzen auf den wahren Charakter einer historischen Person zu schließen, zumal Eck keineswegs im­ mer schon für obskur gehalten wurde. Vielmehr hatte ihn derselbe Pirckheimer, der ihn seit 1520 als ausgemachten Dunkelmann verspottete, noch 1517 in sei­ ner Apologie zu Ehren Johannes Reuchlins in den Katalog moderner Theolo­ gen aufgenommen.4 Auf Rügen Bernhard Adelmanns und Erasmus5 hin sah er sich jedoch bald zu der Erklärung veranlaßt, er habe in seine Liste auch uneh­ renhafte, ungebildete und feindlich gesinnte Theologen aufgenommen, worauf Ecks Eichstätter Erzfeind Adelmann mit zufriedener Häme feststellte, Pirck­ heimer habe den Sophisten Eck also nur an die Stelle der Kloake setzen wollen.5 Die Freunde waren zufriedengestellt, und Pirckheimer wird die Rücknahme Ecks nicht schwergefallen sein, war ihm doch der forsche Ingolstädter Theo­ loge schon seit seinem Eintritt in den Oberdeutschen Zinsstreit nicht mehr sympathisch. Auch wenn er sich noch am Ende des Zinsstreites als älterer und erfahrener Freund geriert hatte, der den jungen Heißsporn vor Fehlern habe bewahren wollen, lassen doch der Kontext sowie die in gleichzeitigen Briefen an Adelmann offen zutage tretende Schadenfreude über Ecks Mißerfolge kei­ nen Zweifel daran, wie er in Wirklichkeit über den jungen Freund dachte.6 Doch inzwischen hatte Eck auch seine gewissermaßen offizielle Aufnahme in den Kreis der Dunkelmänner erfahren. Am 9. September 1516 berichtete Pirckheimers Protege Johannes Cochlaeus, der 1515 die Nürnberger Humani­ sten mit einer ironischen Gegendarstellung zu Ecks Bologneser Zinsdisputa-

4 Willibald Pirckheimers Briefwechsel, Bd. III, bearb. v. Helga Scheible, hrsg. v. Dieter Wuttke, München 1989, S. 162. 5 Ebd., S. 162, 198/199, 207, 251/252 u. 255. Selbst Scheurl äußerte starke Bedenken gegen Ecks Aufnahme in den Katalog; Christoph ScheurPs Briefbuch. Ein Beitrag zur Geschichte der Re­ formation und ihrer Zeit, hrsg. v. J. K. F. Knaake u. Franz Frhr. von Soden, 2 Bde, Potsdam 1867-1872 (Ndr. Aalen 1962), Bd. II, S. 39/40. r> Willibald Pirckheimers Briefwechsel, Bd. II, in Verbindung m. Arnold Reimann bearb. u. hrsg. v. Emil Reiche, München 1956, S. 474/475 u. 598/599; s. auch die selbstironische Darstellung in Willibald Pirckheimer: Eckius dedolatus. Der enteckte Eck. Lateinisch / Deutsch (Universal-Bibliothek 7993), hrsg. v. Niklas Holzberg, Stuttgart 1983, S. 18; Johann Peter Wurm: Johannes Eck und der Oberdeutsche Zinsstreit 1513-1515, maschr. Diss. Münster 1993, S. 178-181 u. 253/254 (erscheint voraussichtlich Ende 1996 als Bd. 137 der Reihe ,Reformationsgeschichtliche Studien und Texte’ der Gesellschaft zur Herausgabe des ,Corpus Catholicorum’).

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Der „Eccius Philargyrus sive avarus“ von 1523

tion7 versorgt hatte, seinem Patron aus Bologna, Ulrich von Hutten habe beim gemeinsamen Abendessen unter großem Gelächter einiges aus den neuen Dun­ kelmännerbriefen vorgetragen. Er habe auch Pirckheimer und dessen Buch ge­ gen den Wucher sowie die Zinsdisputation des „magister noster“ erwähnt. Gleichwohl habe er geleugnet, der Verfasser der Satire zu sein, Gott selbst sei es gewesen.8 Gemeint war der Brief des „Magister Philippus Schlauraff“ aus dem Anfang 1517 gedruckten zweiten Teil der „Epistolae obscurorum virorum“.9 Auch wenn darin kein Name genannt wurde, konnte doch kein Zweifel bestehen, wer hier der „magister noster“ war. Am 17. April 1517 setzte Christoph Scheurl, der Vorsitzende der Nürnber­ ger Humanistensodalitas, Eck über das Erscheinen des zweiten Teils der Dun­ kelmännerbriefe in Kenntnis und versprach, ihm diesen zuzuschicken, sobald er weitere Exemplare in Händen halte.10 Die Anspielung auf den Zinsstreit ließ er allerdings unerwähnt. Wie Eck, der sich seiner neutralen Haltung in der Reuchlin-Pfefferkorn-Fehde zum Trotz unvermittelt in die obskure Ecke gerückt sah, auf diese Anspielung reagierte, ist leider nicht bekannt. Als Reuchlin gegen 1520 vorübergehend nach Ingolstadt gezogen war, wohnte er im Hause Ecks. Nicht selten fand er damals seinen Gastgeber unter den Hö­ rern seiner Hebräisch-Vorlesungen.11 Obwohl Eck später die Haltung Jo­ hannes Pfefferkorns und der Kölner Dominikaner übernahm,12 respektierte 7 Ebd., S. 239/240. x „Mitto ad te, obscrvandissime mi domine Bilibalde, Marcum Hutteni nostri, qui hoc vespere nobiscum coenavit aliquot nobis novas recitans Epistolas multo cum risu, ex quibus una per totam fere Germaniam vagata est. Tui quoque facit mentionem, quod contra usuram scripseris, quam magister noster disputavit Bononiae. Negat tarnen se libelli illius authorem in haec verba: Nuilo modo, est deus met“; Pirckheimers Briefwechsel III (wie Anm. 4), S. 27. Cochlaeus meint hier Pirckheimers 1515 erschienene Plutarch-Ubersetzung „De vitanda usura“. 9 „... transivi ad Nurmbergam Ubi quidam Pirckheymer, qui non est magister, Fecit mihi instantiam; sed audivi ibi clam, Quod cum multis sociis, in partibus diversis, Magna in coniuratione vellet Stare pro Capnione Et contra nos theologos facere multos libros. Et fuit mihi dictum, quod noviter unum librum Scripsit de usura, quam admittit theologia, Sicut Bononiae est disputatum, et per magistros nostros probatum“; Epistolae obscurorum virorum, hrsg. v. Alois Boemer, 2 Bde, Heidelberg 1924, Bd. II, S. 105/106. 10 Scheurls Briefbuch II (wie Anm. 5), S. 12. 11 Erwin Iserloh: Johannes Eck (1486-1543). Scholastiker. Humanist. Kontroverstheologe (Katho­ lisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 41), Münster 21985, S. 19. 12 Nun sprich ich, zü erhaltung Hebräischer sprach ist allain die Biebel gnüg; Johannes Eck: Ains Judenbüechlins Verlegung, darin ain Christ, gantzer Christenhait zu schmach, will es geschehe den Juden vnrecht in bezichtigung der Christen kinder mordt, Ingolstadt 1541 (Metzler 93,1), f. H2v-H3v u. Qr.

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er doch stets Reuchlins des Ehrlichen mans fürhaben wider den pfefferkomP Dennoch sind die Unarten des „Eccius Philargyrus“, Habgier, Trunksucht, Völlerei, Dünkel, Ungestüm, Hurerei und Heuchelei, nicht nur Gemeinplätze der Dunkelmännerbriefe, sondern haben jede für sich ihre Wurzeln in der Bio­ graphie Ecks. Freilich soll hier kein moralisches Urteil über die Frühgeschichte des umstrittenen Kontroverstheologen gefällt werden. Vielmehr geht es darum, aufzuzeigen, wie es überhaupt zu solchen Anschuldigungen kam. Gerade der Vorwurf der Habsucht, der Krankheit, von der „Eccius Philar­ gyrus“ befallen wurde, erklärt sich sehr einfach aus Ecks Eintreten im Ober­ deutschen Zinsstreit 1514/15. Behauptungen, er sei von den Fuggern bestochen worden, sind seitdem nicht mehr verstummt.14 Dabei war es ausgerechnet Ecks später so treuer Freund Scheurl, der den Vorwurf 1514 als erster erhob.15 Seine Meinung teilten damals wohl alle Zinsgegner. So finden sich entsprechende Ur­ teile 1515 bei Ulrich Zasius16, 1519 in der von Bernhard Adelmann veranlaßten Satire „Canonicorum indoctorum responsio“ des Johannes Oecolampadius17, 1520 in Pirckheimers Komödie über den enteckten Eck18 sowie wenig später in dem anonym verfaßten satirischen Dialog der „Decoctio“ Ecks19. Auch in den reformatorischen Flugschriften fand das Bild des geldgierigen und bestech­ lichen Luther-Gegners seinen Niederschlag. Auf dem anonymen Flugblatt „Luthers Ketzerspiel“ von 1520 wird ihm erstmals ohne Bezugnahme auf den Zinsstreit Habsucht unterstellt, ist seine Habsucht also spätestens jetzt Topos geworden.20 13 Ebd., f. H3v Marginalie H Wurm (wie Anm. 6), S. 273-278. 15 „Eckius, iuvenis et intimidus theologus et iuris indagator, nullo bono zelo sed a mercatoribus Augustanis corruptus pollicitationibus et pecunia accepta hanc provinciam sibi desumpsit“; Scheurl’s Briefbuch I (wie Anm. 5), S. 137. - Im Auftrag des Eichstätter Bischofs Gabriel von Eyb hatte Scheurl zu Beginn des Zinsstreites nach dem Ingolstädter Disputationsverbot im Herbst 1514 die Opposition gegen Eck organisiert; Wurm (wie Anm. 6), S. 184-187. Steven Rowan: Ulrich Zasius. A Jurist in the German Renaissance 1461-1535 (Studien zur eu­ ropäischen Rechtsgeschichte 3), Frankfurt a. M. 1987, S. 230/231. 17 Valentin E. Löscher (Hrsg.): Vollständige Reformations-Acta und Documenta. Oder Umständ­ liche Vorstellung des Evangelischen Reformations-Wercks, Bd. III, Leipzig 1729, S. 941. IS Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 14 u. 82. 19 Ulrich von Hutten: Opera quae reperiri potuerunt omnia. Schriften, hrsg. v. Eduard Böcking, Bd. IV, Leipzig 1860, S. 548. 20 Herr Löw all biibrey vnd faule Sachen Kann ich durchs gelt widerumb gerecht machen Mit meiner Sophistrey vnd grossem geschray Haw ich den Luther vnd Gots wort entzway\ Dr. Johannes Eck. Seelsorger. Gelehrter. Gegner Luthers, bearb. v. Siegfried Hofmann u.a., hrsg. v. d. Stadt Ingolstadt, Ingolstadt 1988, S. 88/89 Nr. 196.

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Der „Eccius Philargyrus sive avarus“ von 1523

Einen Schlüssel zur Entstehung der Vorwürfe der Trunksucht und Völlerei, der Prahlerei und Unbeherrschtheit haben wir wohl in dem im „Eccius Philar­ gyrus“ geschilderten Augsburger Festmahl plastisch vor Augen. Vermutlich wird hier auf jenes Essen angespielt, das der Bamberger Hofmeister Johann von Schwarzenberg zu Sylvester 1519 in Augsburg gab und zu dem er un­ glücklicherweise sowohl Eck als auch dessen Widersacher Bernhard Adelmann eingeladen hatte. War es zwischen beiden offensichtlich erst kurz zuvor in In­ golstadt zu Handgreiflichkeiten gekommen, so geriet auch dieses Mal ein Wortgefecht zwischen Adelmann und dem betrunkenen Eck beinahe zur Prü­ gelei. Der Bericht Adelmanns an Pirckheimer vom Neujahrstag 1520 ähnelt da­ bei in einigen Punkten auffällig der Darstellung des Augsburger Festmahls im „Eccius Philargyrus“: Eck trinkt zuviel und prahlt mit seiner Schlagfertigkeit und seiner Sauferei.21 Der heftige Streit mit Adelmann wird in der Komödie allerdings nicht erwähnt. Trotz oder gerade wegen der Voreingenommenheit seiner Gegner dürften Begegnungen wie diese wesentlich das Bild vom saufund rauflustigen Prahlhans Eck geprägt haben, dem schon der „Eckius dedolatus“ so viel von seinem Witz verdankt. Bereits 1515 liefen in Ingolstadt anonyme Spottgedichte um, die Eck ganz unverblümt der Unzucht bezichtigten.22 Allerdings waren jene Gedichte Aus­ fluß eines Streites, der an sich schon zur Erhebung entsprechender Vorwürfe reizte. Eck hatte nämlich - sehr zur Empörung Jakob Lochers und der Ingolstädter Humanisten - einige römische Dichter als schweinische Kuppler be-

21 „Fui pridie, quam hasce ad tc darem, a Ioanne de Schwarzenberg ad prandium uocatus, ac me inscio maledicus iste. O utinam interfuisses non conuiuio sed symposio. Proh! quas nugas temulentissimi istius audisses; dixit inter cetera, nescio quem Nurnbergensem libellum contra eum lingua uernacula edidisse, ac se, antequam ebibat uini mensuram, longe elegantiorem responsionem scribere posse, sicut se facturum asseruit; Canonicis uero indoctis [= die ,Canonicorum indoctorum responsio’] ob honorem ecclesiasticum se pepercisse. Quid multa? adeo uino fuit accensus, ut ni comes de Helffenstein ac Baro de Gerlseck praesentes fuissent, forsan ex uerbis ad uerbera deuentum fuisset, sicuti nuper apud nos ac Ingolstadt contigit“; Johannes Heumann (Hrsg.): Documenta literaria varii argumenti, Altdorf 1758, S. 181/182. 22 „Quidam osor Eckianae integritatis. Eckius ut laudem Veneris contemnit et odit, Sic opus exercet nocte dieque salax. Concubitus minus esse putat prope Virginis aedem Quam sub poste sacro versibus esse locum. Ignorat quod sit quid plus ostendere factis Quam verbis sensus legibus iste sacris“; Briefmappe, 2. Stück (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 40), enthaltend Beiträge v. Joseph Schlecht u.a., Münster 1922, S. 44; Übersetzung in Dr. Johannes Eck (wie Anm. 20), S. 10; Joseph Schlecht: Lob- und Spottgedichte Incolstädter Humanisten, in: Historisches Jahrbuch 41 (1921), S. 215-246, S. 244.

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zeichnet.23 Was lag also näher, als entsprechende Gegenvorwürfe zu erheben? Zudem erscheint es fraglich, ob die handschriftlich verbreiteten Gedichte zu Beginn der Reformation überhaupt noch jemand kannte. Nachhaltigere Wir­ kung zeitigte dagegen jene leichtfertige Bemerkung über die Leipziger Venus­ dienerinnen und Grazien, die Eck 1519 in einem Brief an seine beiden Ingolstädter Kollegen Georg Hauer und Franz Burckardt fallen ließ: „Hie autem sunt Venere^ Veneres, est omnino charitum civitas“.24 Das Zitat scheint auf ir­ gendeinem Wege auch Luther zu Gehör gekommen zu sein. In seiner viel gele­ senen Antwortschrift auf die Bannandrohungsbulle von 1520 spottete er nicht ohne einen Seitenhieb auf Ecks vermeintliche Trunksucht: wen du die äugen so fleyssig in die bucher kerest, als du sie auff die veneras veneres zu Leyptzg hafftest, davon du schreybst gen Ingolstadt, und der truncke dich messigist, szo mochstu zu letzt erkennen dein falsch ungeleret hertz, mundt und fedder.25 In ihrem Urteil über Ecks Keuschheit sahen sich seine Gegner vielleicht auch durch sein Verhalten auf Scheurls Hochzeitsfeier bestätigt, an der er auf der Rückreise von Leipzig teilnahm. Pirckheimer, der ebenfalls unter den Gästen war, läßt Eck wenig später im „Eckius dedolatus“ von seinem Erfolg bei den Nürnberger Frauen schwärmen.26 Wie geringfügig der Anlaß dazu auch gewe­ sen sein mag, der Vorwurf der Hurerei war seither aus keiner Eck-Satire mehr wegzudenken.27 Da man in jener Zeit, zumal unter den Anhängern von Humanismus und Reformation, ganz allgemein dazu neigte, der römischen Kirche und ihren Ver­ tretern jede Glaubwürdigkeit abzusprechen, so verwundert es nicht, wenn 23 24 25 .2r>

Ebd., S. 223/224 u. S. 244/245. Briefmappe 2 (wie Anm. 22), S. 94. Martin Luther: Werke. Kritische Gesamtausgabe (WA), Bd. VI, Weimar 1888, S. 583. „ECKIUS. Quidni noverim, cuius nuper interfuerim nuptis ibique non penitus invita saltaverim Venere nec sine glabellarum et argulutarum feminarum laude“; Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 18. 27 Ebd., S. 25, 50, 54, 84 u. 86; Joseph Schlecht: Pirkhcimers zweite Komödie gegen Eck, in: Histo­ risches Jahrbuch 21 (1900), S. 402-413; „Decoctio“ und „Eckius monachus“ von 1520 in: v. Hut­ ten: Opera IV (wie Anm. 19), S. 547-552; „Eckii dedolati ad caesaream maicstatem magistralis oratio“ von 1530 in: Eckius dedolatus (Lateinische Literaturdenkmäler des 15. und 16. Jahrhun­ derts 2), hrsg. v. Siegried Szamatölski, Berlin 1891, S. 44-52; „De Vino, Venere et Balneis“ von 1530 in: Wilhelm Gussmann (Hrsg.): D. Johann Ecks 404 Artikel zum Reichstag von Augsburg 1530 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Augsburgischen Glaubensbekenntnisses 2), Kassel 1930, S. 199-203; „Threni Magistri Nostri Joannis Eckii in obitu Margaretae Concubinae suae“ von 1538 in: Paul Merker: Simon Lemnius. Ein Humanistenleben, Straßburg 1908, S. 59/60. Weitere Satiren gegen Eck bei Theodor Wiedemann: Dr. Johann Eck, Professor der Theologie an der Universität Ingolstadt. Eine Monographie, Regensburg 1865, S. 364-380, und Johannes Metzler (Hrsg.): Johannes Eck, Epistola de ratione studiorum suorum (1538). Erasmus Wolph, De obitu Ioan. Eckii adversus calumniam viti Theoderici (1543) (Corpus Catholicorum 2), Münster 1921, S. 92/93.

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auch dem namhaften Luther-Gegner Eck Lügen und Heuchelei unterstellt wurden. Denken wir nur an Luthers Zweifel an der Authentizität der von Eck erwirkten Bannandrohungsbulle in seiner bissigen Antwortschrift „Von den neuen Eckischen Bullen und Lügen“!28 Doch wer war der Autor des „Eccius Philargyrus“? Er gehörte, wie die zahlreichen griechischen Wörter und Zitate vermuten lassen, offensichtlich zu dem kleinen Kreis griechischer Humanisten in Deutschland. Zu diesem zählte in vorderster Linie Willibald Pirckheimer, Verfasser des „Eckius dedolatus“, der ersten Komödie gegen Eck.29 So wie dieser war auch der Verfasser des „Ec­ cius Philargyrus“ ein Anhänger Luthers. Pirckheimer brach keinesfalls vor 1525, endgültig erst 1527/28 mit dem Luthertum.30 Insbesondere die Verspot­ tung der Dominikaner findet in den Pamphleten des streitbaren Reuchlinisten und Lutheraners zahlreiche Parallelen. Auch kannte der Verfasser Eck anschei­ nend schon seit längerem, wie die zahlreichen Anspielungen auf bereits Jahre zurückliegende Vorfälle andeuten. In die meisten dieser Vorfälle war Pirckhei­ mer selbst verwickelt gewesen, so in den Oberdeutschen Zinsstreit und die Bannandrohung gegen Luther. Uber die anderen war er zumindest brieflich unterrichtet, so über Ecks ausfallendes Benehmen auf dem Sylvesteressen 1519 in Augsburg. Der Verfasser war zudem mit Ecks Nürnberger Brieffreund Christoph Scheurl verfeindet. Schon im „Eckius dedolatus“ bezichtigte Pirck­ heimer Scheurl der Spionage für Eck und verspottete ihn dort wie anderswo als „utriusque iuris Dolor“.31 Überhaupt weist der „Eccius Philargyrus“ nicht weniger Vertrautheit mit den Nürnberger Verhältnissen auf als schon der „Eckius dedolatus“: Der Ver­ fasser weiß Einzelheiten aus Scheurls Vergangenheit, er kennt den Namen des Dominikanerpriors, das Quartier des päpstlichen Nuntius sowie die Reden desselben auf dem Nürnberger Reichstag. Außerdem scheint er über Ecks jähen Ansehensverlust in Nürnberg sowie über die peinliche Lage des Nuntius in der Stadt gut informiert gewesen zu sein. Als Nürnberger Ratsherr32 dürfte 28 Luther: WA VI (wie Anm. 25), S. 579/580. 29 Vgl. Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), Nachwort d. Hrsg., S. 115-127. 30 Holzberg (wie Anm. 2), S. 279-282. Dagegen will Scharoun (wie Anm. 2), S. 130-143 (mit wei­ terführenden Hinweisen auf die ältere Literatur zur Kontroverse um Pirckheimers Stellung zur Reformation), auch für die letzten Lebensjahre Pirckheimers nicht von einem regelrechten Bruch des Nürnberger Humanisten mit Luther und der Reformation sprechen. Vielmehr meint er, Pirckheimer habe „unter Aufnahme zentraler Gesichtspunkte der reformatorischen Theolo­ gie“ seit 1517 seine „frühen Entwürfe [z. B. in der Apologie Reuchlins] zu einer vielschichtigen ,Laientheologie’ erweitert, die in ihrem besonderen Anliegen und vor allem in ihrer Eigenstän­ digkeit gewürdigt werden muß“; ebd., S. 146-147. 31 Vgl. hierzu die entsprechenden Passagen und Anmerkungen der Edition. 32 Er ist erst am 5. April 1523 aus dem Rat ausgetreten; Holzberg (wie Anm. 2), S. 267.

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Pirckheimer auch über die Vorgänge auf dem Reichstag genau im Bilde gewe­ sen sein. Schließlich wären noch die auffälligen Übereinstimmungen zwischen dem „Eckius dedolatus“ und dem „Eccius Philargyrus“ zu nennen: die genannte Verballhornung von Scheurls Doktortitel, die seltene Nennung von Ecks Dok­ tor im Kirchenrecht, die parallele Formulierung von Datumszeile und PseudoImpressum sowie einige zumeist kürzere Sätze von gleichem oder auffallend ähnlichem Wortlaut oder Inhalt.33 Die wohl verblüffendste Übereinstimmung aber ist die der Formulierung „mundo est ludibrio“ mit „vniverso populo ludibrio ... esta in dem Privatbrief Pirckheimers an Erasmus vom 17. Februar 1523,34 der einen Tag nach der Abreise des Nuntius aus Nünberg geschrieben wurde. Schließlich sollte auch nicht vergessen werden, daß sich das einzige bekannte Exemplar des „Eccius Philargyrus“ im Nachlaß Willibald Pirckheimers, den Pirckheimer-Papieren der Stadtbibliothek Nürnberg, befindet. So spricht letztlich alles für, nichts jedoch gegen die Verfasserschaft Willi­ bald Pirckheimers. Eindeutiger noch als sein Autor läßt sich der Entstehungszeitraum des „Ec­ cius Philargyrus“ bestimmen. Er wird zum einen von der provokanten Forde­ rung des Nuntius Francesco Chieregati nach Verhaftung von vier lutherisch gesinnten Nürnberger Predigern,35 die in Nürnberg helle Empörung hervor­ rief, und zum anderen von der Abreise Chieregatis aus Nürnberg,36 spätestens 33 Vgl. hierzu sowie zum Folgenden die entsprechenden Passagen und Anmerkungen der Edition. Die Übereinstimmungen können selbstverständlich auch von bloßer Kenntnis des „Eckius dedolatus“ herrühren. Schließlich wurde die Satire allein 1520 dreimal aufgelegt und war zumin­ dest in den reformatorischen und humanistischen Kreisen Deutschlands wohl bekannt. Ich will es daher an dieser Stelle bei Andeutungen belassen. Denn wie der fruchtlose Streit um die Au­ torschaft des „Eckius dedolatus“ gezeigt hat, ist die Interpretation der Ergebnisse selbst einge­ henderer philologischer Analysen recht beliebig und führt in der Verfasserfrage mitunter zu den abwegigsten Thesen; vgl. Paul Merker: Der Verfasser des Eccius dedolatus und anderer Refor­ mationsdialoge. Mit einem Beitrag zur Verfasserfrage der Epistolae obscurorum virorum, Halle a. d. S. 1923, S. 89-128. Erst Niklas Holzberg hat mit einer Flut zwingender Argumente eine zu­ mindest maßgebliche Beteiligung Pirckheimers zweifelsfrei erwiesen; Holzberg (wie Anm. 2), S. 190-195; Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), Nachwort d. Hrsg., S. 118-127. 34 Deutsche Reichstagsakten. Jüngere Reihe (RTA jR), Bd. III, bearb. v. Adolf Wrede, Gotha 1901, S. 901 Anm.l; Erasmus: Opus Epistolarum, Bd. V, hrsg. v. Percy Stafford Allen u. Helen Mary Allen, Oxford 1924, S. 230; s. auch das vollständige Zitat in Anm. 90. 35 RTA jR III (wie Anm. 34), Nr. 78, S. 411/412; Erasmus: Opus Epistolarum V (wie Anm. 34), S. 230; Philipp Melanchthon: Opera, hrsg. v. Carl Gottlieb Bretschneider, Bd. I, Halle a. d. S. 1834 (Ndr. New York / London / Frankfurt a. M. 1963), Sp. 605/606. 36 Otto Redlich: Der Reichstag von Nürnberg 1522-23, Leipzig 1887, S. 145.

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aber vom Erlaß des Mandats des Reichsregiments in Religionssachen37 einge­ grenzt. Die Komödie wurde danach zwischen dem 3. Januar und dem 16. Fe­ bruar, spätestens aber dem 3. März 1523 verfaßt. Sie sollte wahrscheinlich noch während des Reichstages gedruckt und in Umlauf gebracht werden. Doch we­ gen des am 11. Dezember 1522 auf Druck des Nuntius und Erzherzog Fer­ dinands beim Nürnberger Rat erwirkten Verbotes der Verbreitung lutherischer Schriften38 sowie der prekären Lage, in der sich der Nürnberger Ratsherr Pirckheimer seit seiner Aufnahme in die Bannandrohungsbulle von 1520 be­ fand, zog es Pirckheimer vor, die Eck-Satire mit Rücksicht auf den Rat der Stadt zurückzuhalten.39 Später mochte die Satire die nötige Aktualität verloren haben, um noch in Druck zu gelangen. Noch etwas später wiederum begann mit der Einführung der Reformation in seiner Heimatstadt die langsame Ab­ kehr des enttäuschten Humanisten von Luther und der Reformation.40 Halten wir als Ergebnis fest: Der Dialog „Eccius Philargyrus“ steht in en­ gem Abhängigkeitsverhältnis zu Willibald Pirckheimers Komödie „Eckius dedolatus“ von 1520. Sehr wahrscheinlich hat er ebenfalls Pirckheimer zum Ver­ fasser. Mit Sicherheit wurde er nicht vor dem 3. Januar und mit hoher Wahr­ scheinlichkeit nicht nach dem 16. Februar 1523 in Nürnberg verfaßt. 41 „Eccius Philargyrus42 siue auarus. Vicencio Cursitano Achaico43 autore. Dialogus /lv/ Lector Lectori Gr^cia percelebris fuerat doctissima quondam Ingenijs, sileat grecia digna, suis. 37 RTA jR III (wie Anm. 34), Nr. 84, S. 447. 38 Ebd.,S. 410/411. 39 Aus diesem Grund war wohl auch der Druck der übrigen reformatorischen Pamphlete Pirck­ heimers unterblieben; Holzberg (wie Anm. 2), S. 279; Scharoun (wie Anm. 2), S. 122. 40 Holzberg (wie Anm. 2), S. 279-283; Scharoun (wie Anm. 2), S. 124-143. 41 [Pirckheimer:] Eccius Philargyrus (Formalbeschreibung wie Anm. 2). - Für die folgende Edition wird die Schreibweise der Textvorlage, soweit möglich, beibehalten. Dies gilt insbesondere für die Zeichensetzung, die Groß- und Kleinschreibung, die Verwendung von v/u, i/j und gr. e so­ wie x-, q- und &-Ligaturen. Verse werden zeilenstabil wiedergegeben. 42 Korrektur aus: „Phylargirus“. 43 Das Pseudonym ist vielleicht eine vage Anspielung auf Francesco Chieregati, päpstlicher Nun­ tius auf dem zweiten Nürnberger Reichstag. Chieregati stammte aus Vicenza (->„Vicencio“) und hatte als einer der umtriebigsten päpstlichen Legaten und Nuntien bereits Deutsch­ land, Frankreich, England, Irland, Spanien, Portugal und nun wiederum Deutschland bereist (- >„Cursitano“). Später sollte ihn sein Dienst auch noch nach Rußland führen; Bernardo Morsolin: Francesco Chiericati. Vescovo e Diplomatico del Secolo Decimosesto, Vicenza 1873; Anna Foa: Chiericati, Francesco, in: Dizionario Biografico degli Italiani, hrsg. v. Instituto della Enciclopedia Italiana, Bd. XXIV, Rom 1980, S. 674-681. - Die Erwähnung von Achaja („Achaico“) bleibt allerdings ungeklärt.

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Vnus adest, Mus^cui nomina clara dedere Peithocles44, lingua fertur habere deas Principibus suasit, prohiberent scripta Lutheri45 Rhomana venit nuper ab vrbe pius, O sacram, liceat lector michi dicere verum Peithoclis vocem, credis adesse deas. O ter felices, si nos ferus Adria46 tali Censebit dignos presule, terque pios Nullus Euangelio credat discrimine nullo Solum Rhomanos numne habere viros Ni fallor, 7tei$tf) coelo delapsus ab alto Peithocles volui dicere, scripta lege.47 /2r/ Eccius. Quis me hodie viuit infortunacior, nemo hercle quisquam, visus sum deum michi omnem denegasse potestatem, cui tarn subito tot contigerunt incommoda, quibus die noctuque grauissimis crucior doloribus, adeo vt vitales carpere auras penitus me pigeat. Proh Iupiter tuum nisi adhibueris auxilium, emoriar, antequam tempus michi subordinatum obtingit. Rusphetocris Sulreuehcs48. Quid autem hoc mali est, nequeo satis mirari, procul hinc libet prius quicquid sit sciscitari. Ecc: hem quo redactus sum, omnes noti mei atque amici 44 Konstruktion aus gr. 7CEi0tfy das hier soviel wie Überzeugungskraft bedeuten soll, und ,Pericles\ Gemeint ist der päpstliche Nuntius Francesco Chieregati. Der hatte am 19. November 1522 seine erste Rede auf dem zweiten Nürnberger Reichstag in Anlehnung an eine Rede des Sabellicus mit einem Rückgriff auf den berühmten Athener Redner und Demagogen Perikies begon­ nen. Dieser habe, so wie er jetzt, vor jeder Rede gebangt und gezaudert. Die Rede ging noch im selben Monat in Druck; RTA jR III (wie Anm. 34), Nr. 54, S. 321/322. Der entsprechende Aus­ zug der Rede findet sich bei Redlich (wie Anm. 36), S. 42. 45 Erst bei seiner zweiten Audienz auf dem Reichstag, am 10. Dezember 1522, forderte Nuntius Chieregati gemäß seiner Instruktion die Reichsstände auf, gegen Luther und seine Anhänger vorzugehen und das Wormser Edikt konsequent durchzuführen, was auf dem Reichstag erregte Debatten zufolge hatte; RTA jR III (wie Anm. 34), Nr. 73, S. 387-390. Nur einen Tag später sah sich auch der Nürnberger Rat auf Druck von Erzherzog Ferdinand dazu genötigt, den Vertrieb lutherischer Schriften zu verbieten; ebd., S. 420 Anm. 1. 46 Papst Hadrian VI. (Adrian Florensz von Utrecht) (9.1.1522 bis 14.IX.1523). Wahrscheinlich noch in der Anfangszeit seines Pontifikats, als manch Deutscher noch Hoffnungen in den neuen, deutschen Papst setzte, entwarf Pirckheimer seinen gegen die „Dominicastros“ gerichteten Sendbrief „Bilibaldi Pirckheimeri Epistola ad S. D. N. Adrianum P. M. de notibus in Germania, per Dominicanos, & horum complices excitatis, & de occasione Lutheranismi“. Der zweite Nürnberger Reichstag von 1522/23 findet darin noch keine Erwähnung und die alte ReuchlinFehde nimmt bald mehr Raum ein als die Luthersache; Willibald Pirckheimer: Opera politica, historica, philologica et epistolica, hrsg. v. Melchior Goldast, Frankfurt a. M. 1610 (Ndr. Hil­ desheim / New York 1969), S. 372-374. 47 Elegische Distichen. 4S Das Anagramm löst sich mühelos auf zu: „cris-to-phe-Rus s-c-h-e-u-e-r-l-u-S“, Dr. Christoph Scheurl (+1542), Ratskonsulent zu Nürnberg und Vorsitzender der Humanistengesellschaft

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me deserunt.49 Rus: adibo, ac hominem si possum adiuuabo. Salus egregie do­ mine magister noster50, vel si id mauis egregissime, qualis illa est exclamacio. Ecc: dedq dato jar|%avfj(; ^mcpavelq audi[v]eras, Nurinberge te esse credebam. Rus: ad vnguem. Ecc: o amice meorum inceptorum inuentor & perfector, quam opportune michi aduenis, sein in quibus sim doloribus. Rus: minime cedo obsccro, audire vero ardenter cupio. Ecc: malum /2v/ me inuasit, mortalibus51 insanibile, quod nec yEsculapium nec yEpidemartis inuentorem mederi posse, arbitror. Rus: attamen nullum in fronte morbi indicium video. Ecc: in intimis cordis penetralibus latet. Rus: quod morbo huic nomen est qu^so. Ecc: Oi^apyupfav greci appellant. Rus: vnde eius origo. Ecc: d7tÖTf]q d7tÄ,r)GT{aq (ypytipicn). Rus: malum hercle, cum theologus d7to^u%p^p,0CTOq mundo est ludibrio.52 Ecc: porro alia tibi, vt inter amicos, amicissimo recensenda sunt mala, que vt plurimum hunc exaggerant morbum. Rus: verum illud esse video. Ta Se rammt jLtfj bt^rjp^voiai sed istorum causam scire desidero, vt meum auxilium si quo valeo modo tibi subministrare. Ecc: faxo scias modo (jöölV £oTämv vt aiunt, ausculta, non multo elapso tempore Auguste53, dum apostolice sedis ibidem negocium michi commissum agerem, a nonnullis haud michi incognitis, inuitatus, edulia 8lÖq ^yidxpa^ot), satis magno sumptum parata, ad hec crateras cretico vino spumantes, appositas, quibus sepe sumptis, me dicacior nemo erat, postea stomachi causa spaciari intendabamus, en inter ambulandum, /3r/ obuiam54 se dabat domus quedam Nimpharum plena, hanc ingressi, ceteris autem abeuntibus, solus pernoctaui. Rus: res theologo haud in-

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„Sodalitas Staupitziana“. Seit Scheurl 1516 mit dem ehemals gemeinsamen Gegner Eck Frieden, ja sogar Freundschaft geschlossen hatte, verfolgte ihn Pirckheimer überall mit seinem Spott. 1517 hatte Scheurl eine Humanisten-Amicitia zwischen Eck und Luther vermittelt, der freilich nur kurze Dauer beschieden war; Scheurl’s Briefbuch II (wie Anm. 5), S. 2/3 u. 12/13. Noch lange Zeit bemühte er sich um einen Ausgleich zwischen Eck und Luther, ebd., S. 45 u. 86/87, was ihn bald in den Verdacht der Spionage für Eck brachte; Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 18, Z. 12/13. Tatsächlich wandte sich Scheurl später wieder der alten Kirche zu. Zu seinem Verhältnis zu Eck und Luther s. Wilhelm Graf: Doktor Christoph Scheurl von Nürnberg (Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters und der Renaissance 43), Leipzig / Berlin 1930, S. 75-104. Knüpft an an Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 8 Z. 11/12 u. 30 etc. Anrede der Dunkelmänner in den „Epistolae obscurorum virorum“; sie wird im 2. Teil dersel­ ben sowie im „Eckius dedolatus“ auch auf Eck angewandt; Epistolae obscurorum virorum II (wie Anm. 9), S. 106; Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 8 Z. 23 etc. Korrektur aus: „mortaribus“. Vgl. Pirckheimers Brief an Erasmus vom 17. Februar 1523: „vniverso populo ludibrio ... est“; Erasmus: Opus epistolarum V (wie Anm. 34), S. 230. Augsburg. Vgl. zum Folgenden den Brief Bernhard Adelmanns an Pirckheimer vom Neujahrs­ tag 1520; Heumann: Documenta (wie Anm. 21), S. 181/182. Erratum: „obuiant“.

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digna.55 Ecc: porro phoebo elucestente, lassatis iam membris, domum rediens, omnia marsupij membra erant vacua emunctaque.56 Rus: sencio ergo rem veneri te fecisse diuinam. Ecc: hoc ergo accepto damno, me ceteris nunc magistris nostris infirmiorem esse existimo, fac ergo hac in re tuo fungaris officio, Euripides enim nouerit, TÖt %pf|JLlaT, ävftpcÖTCOlOlV Tipicöxaxa57 Rus: huic morbo perfacile est obuiandum. Ecc: qua racione, die obsecro, tuorum consiliorum morumque haud similem habes. Rus: ambiendo menciendo de Petri primatu, ac non tollendis imaginibus.58 Ecc: non malum hercle consilium, verum Rhomam si ipse non abiero,59 hac in re frustra conabor. Rus: habes iam Nurinberg^ & nunctium & oratorem Rhomanum, is proculdubio omni conatu approbaturus est, insuper eciam negocium tuum, si voluerit Rhomq tuebitur,60 sine sumptu dispendioque tuo, quo morbi tui dolores lenire poteris. Ecc: bene dixti, michi istuc non in mentem /3v/ venerat. Rus: ridiculum non enim cogitares, cum vero magistrorum nostrorum es peruer[si]ssimus, perfectissimus dicere volebam, 7tai8f 8f\Xov. Ecc: scio, sed heus, quod huic oratori nomen. Rus: Peithocles. Ecc:61 vnde62 hoc sortitus est nomen. Rus: vt Periclis63, qui totam miscuisse greciam sua eloquencia dictus, in ore sedisse fertur 7T£u3(jü, ita non mi55 Vgl. Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 50 Z. 21. 56 Schon in dem anonymen satirischen Dialog „Decoctio“ von 1520 klagt Eckius, er sei in Rom von einer Dirne um sein Geld gebracht worden: „quomodo me nuper omnibus meis nummis exchalciarat Rhomae scortum callidissimum: noctem enim cum promisisset, pecunias reccpit, tum me frustrata est omni atque adeo spectatissima mea spe“; v. Hutten: Opera TV (wie Anm. 19), S. 547/548. 57 Euripides: Phoenissae, hrsg. v. Donald J. Mastronarde, Leipzig 1988, V. 439. 5S Gemeint sind Ecks kontroverstheologische Druckschriften „De primatu Petri adversus Ludderum Ioannis Eckii libri tres“ von 1520/21 (Metzler 38) und „De non tollendis Christi et sanctorum imaginibus, contra haeresim Faelicianam sub Carolo magno damnatam, et iam sub Carolo V. renascentem decisio“ von 1522 (Metzler 41). - Bereits im Vorfeld des zweiten Nürnber­ ger Reichstages hatte Eck Herzog Wilhelm von Bayern König Heinrichs VIII. von England Streitschrift gegen Luther gesandt, damit er sie drucken lasse und auf dem Reichstag gegen die Lutheraner verwende; August von Druffel: Über die Aufnahme der Bulle „Exsurge Domine“ von Seiten einiger süddeutscher Bischöfe, in: Sitzungsberichte der königlich-bayerischen Aka­ demie der Wissenschaften München. Historisch-philologische Klasse 1880, S. 571-597. 59 Eck versuchte im Herbst 1522 an die Kurie zu reisen, brach aber die Reise wegen der in Rom wütenden Pest in Trient ab. In einem Brief vom 1. Dezember 1522 drückte Hadrian VI. Eck sein Bedauern darüber aus und forderte ihn auf, am gegenwärtigen Reichstag von Nürnberg teilzu­ nehmen; Briefmappe, 1. Stück (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 21/22), enthal­ tend Beiträge v. Joseph Greving, Joseph Schlecht u.a., Münster 1912, S. 225-228. Dazu kam es al­ lerdings nicht. Vielmehr machte sich Eck erneut auf den Weg nach Rom, wo er sich von März bis Dezember 1523 aufhalten sollte; Ludwig Frhr. von Pastor: Geschichte der Päpste seit dem Aus­ gang des Mittelalters, Bd. IV, 2, Freiburg i. Br. 1907, S. 76-78; Iserloh (wie Anm. 11), S. 52. 60 Vgl. Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 58 Z. 10/11. 61 Erratum: „Rus:“. 62 Erratum: „vndo“. 63 Perikies (+429 v. Chr.), athenischer Staatsmann und Demagoge.

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nus in ore huius magni viri sedem possuisse videtur, cum germani^ principibus bellum, contra Turcas sumendum, potissime Martinum Lutherum, nostrum communem inimicum vna cum suis sequacibus e medio tollendum esse, persuaderet,64 hinc & non inmerito hoc sibi vsurpauit cognomen. Ecc: cur non Peitho maluit quam Peithocles vocari. Rus: nam ea auxiliante, gloriam persuadendo meruit ingentem. Ecc: et te olim Peithoclem fuisse scio, cum Vuittenbergq rectoris officium administrabas.65 Sed huic Peithocli, hac de re scribere necesse est, quid vero consilij rescripserit, euestigio vt intelligant amici curabo. Rus: bene est, Ego hinc Nurinbergam redeam, & id tibi polliceor, vt mea tibi domus /4r/ me presente me absente semper pateat.66 Ecc: & mea tibi econtra. Rus: vale, periuntis theologiq prqsult[at]or, consultor dicere volebam. Ecc: & tu vtriusque Iuris dolor67, doctor inqui, apud Peithoclem mei ne sis inmemor. Rus: memini tametsi nullas moneas, haud est Eccio isto, homo mei similior68, peccuniam sicienter amat, gloriq gloriabundus, arrogancior plusquam doctus. 64 Nuntius Chieregati hatte am 10. Dezember 1522 und am 3. Januar 1523 in seiner zweiten und dritten Rede vor den Reichsständen sowohl über die Türkengefahr als auch über die „Causa Lutheri“ gesprochen. Bei beiden Gelegenheiten hatte er Luther als schlimmer noch denn die Tür­ ken bezeichnet; RTA jR III (wie Anm. 34), Nr. 73-75. - Dies entsprach auch seiner an anderer Stelle geäußerten Meinung: el nefandissimo Luther, che e assai pegiore per christiani chel turco; ebd., S. 901. 65 Scheurl lehrte 1507-1512 in Wittenberg beide Rechte und war 1507 Rektor der Universität. In Wittenberg hielt er bei verschiedenen Gelegenheiten Reden, von denen drei in den Druck ge­ langten. Seine Reden, auf die er nicht wenig stolz war, bildeten neben den Briefen den Schwer­ punkt seines literarischen Schaffens. Aus der kurzen Zeit seines Rektorats sind allerdings nur die Rede anläßlich der Amtsübergabe an Jodocus Trutfetter sowie seine Werbeschrift für die Wit­ tenberger Schule überliefert. 1511 schickte Scheurl Pirckheimer den Druck seiner Rede „Sacerdotum defensorium“; Pirckheimers Briefwechsel II (wie Anm. 6), S. 71; Graf (wie Anm. 48), S. 42/43 u. 155/156. M' Vgl. Scheurls Brief an Eck vom 10. April 1519: „tu domum meam nihil de te meritam, quae tua est comitas, te tanto viro hospite dignatus es, quae res apud optimates honori mihi cessit“; Scheurls Briefbuch II (wie Anm. 5), S. 87. r’7 Die Verballhornung von Scheurls Doktortitel findet sich auch in Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 18 Z. 2/3, und in einem Brief Pirckheimers vom 18. Oktober 1520; ders.: Opera (wie Anm. 46), S. 402. Im „Eckius dedolatus“ wird Scheurl sogar als zweite Seelenhälfte Ecks bezeichnet: „animae tuae dimidium“; Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 18 Z. 2. In der Tat war Scheurls an­ fängliche Gegnerschaft zu Eck, nachdem er ihn Anfang 1516 persönlich kennengelernt hatte, in lebhafte Freundschaft umgeschlagen. Scheurl war schon nach dem ersten Zusammentreffen mit Eck ganz von dessen Persönlichkeit eingenommen: „Eckius homo est hilaris, iucundus, familiaris, acris; pransus est mecum et me plurimum humaniter complexus“; Scheurl s Briefbuch I (wie Anm. 5), S. 153. Die Freundschaft, die sie verbinde, sei keine gewöhnliche, beteuerte er we­ nig später; ebd. I, S. 163; nicht nur Freundschaft, Bruderschaft verbinde sie; ebd. II, S. 87. Trotz aller Anfeindungen hielt Scheurl mit der ihm eigenen Treue ein Leben lang an seiner Freund­ schaft mit Eck fest, worüber nicht zuletzt seine Beziehungen zu den Wittenbergern zerbrachen; Graf (wie Anm. 48), S. 85-104.

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Eccius scolastic^ pagin$ ac Iuris Papistici Doctorum Doctor69 licet nonnullis nolentibus70. Francisco Cheregato Peithocli71 suo colonicam72 exoptat salutem.73 Minime eorum officio vtendum esse, qui non ex animo operam suam nobis commodant, nemo est vel mediocriter sapiens, qui infitias eat, optime Peithocles, vel ore id quod corde non senciunt confiteuntur, vel omnia arcana sub amicicie pretextu diuulgant, a quo hominum genere te alienum esse compertum habeo, idcirco has me litteras KEÖq T£l%f(V aejLLUpdjLilSog scripsisse scio in quibus, tibi, quid cordi michi sit, depingam, non scribam, quibus factis /4v/ erga summum Rhomanum Episcopum benemeritus sim, vt lipsica disputacio,

69 Gemeint sind Ecks Doktortitel in der Theologie und in der Kanonistik. - Ersteren erlangte er 1510 bei Johannes Suter in Freiburg. Wann und wo er letzteren erwarb, ist ungewiß. - Angebote, 1510 in Ingolstadt oder 1515 in Ferrara zum Doktor des kanonischen Rechts zu promovieren, scheint er nicht wahrgenommen zu haben; Johannes Eck: Replica aduersus scripta secunda Buceri apostatae super actos Ratisponae, Ingolstadt 1543 (Metzler 97,1), f. 55r; Heinrich Pantaleon: Prosopographiae Heroum atque Illustrium Virorum totius Germaniae, Bd. III, Basel 1566, S. 111; ders.: Teutscher Nation Heldenbuch, Bd. III, Basel 1570, S. 125. - Den frühesten Beleg für Ecks Titel eines Doctor decretorum habe ich in einer lateinisch verfaßten Vorrede zu einer Ab­ schrift der Leipziger Disputationskontrakte Ecks mit Karlstadt und Luther vom 26. Juni 1519 gefunden: „In vigilia Corporis christi aduenit Lipsiam Clarissimus dominus doctor Johannes ec­ cius, sacre pagine doctor, ... decretorum etc. (vt reor) doctor“; StBN, PP 408, f. Ir. Man beachte allerdings den Einschub: „vt reor“. - Der Titel findet sich wenig später in Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 32, 54 u. 80, und Schlecht (wie Anm. 27), S. 408-413, S. 413. Eck selbst nennt sich erst seit 1523 „decretorum doctor“, jedoch auch dann nur gelegentlich; Metz­ ler (wie Anm. 27), S. 44 Anm. 6. 1538 verlieh er seinem Stiefbruder Simon Thaddaeus den juri­ stischen Doktorgrad; Helmut Wolff: Geschichte der Ingolstädter Juristenfakultät 1472-1625 (Ludovico Maximilianea 5), Berlin 1973, S. 89 Anm. 344. - Die einzelnen Nachweise finden sich bei Wurm (wie Anm. 6), S. 218 Anm. 127. 70 Mit „nonnullis nolentibus“ mögen die unwilligen geistlichen und weltlichen Fürsten und Auto­ ritäten gemeint sein, an die Eck 1520 seine Bannandrohungsbulle zur Publikation verschickte. 71 Francesco Chieregati (+1539), apostolischer Nuntius auf dem zweiten Nürnberger Reichstag. Er weilte vom 26. September 1522 bis zum 16. Februar 1523 in Nürnberg, wo er im Dominika­ nerkloster Quartier bezogen hatte; Redlich (wie Anm. 36), S. 20 u. 145. - Noch zu Beginn des Jahres 1523 versuchte Erasmus von Rotterdam die Gelegenheit zu nutzen, um eine persönliche Kontaktaufnahme zwischen Chieregati und Pirckheimer zu vermitteln. Erasmus, der noch nichts von der Empörung wußte, die das undiplomatische Auftreten des Nuntius erst wenige Tage zuvor in Nürnberg hervorgerufen hatte, empfahl am 8. Januar dem humanistisch gebilde­ ten Nuntius die Bekanntschaft des Nürnberger Ratsherrn mit den Worten: „Est istic candidissimus vir Bilibaldus Senator; gaudebis hominem cognivisse“; Erasmus: Opus Epistolarum V (wie Anm. 34), S. 196. - Zu einem persönlichen Kennenlernen beider ist es sicherlich nicht mehr ge­ kommen; Thomas B. Deutscher: Francesco Chierigati, in: Contemporaries of Erasmus. A Biographical Register of the Renaissance and Reformation, hrsg. v. Peter G. Bietenholz u.a., Bd. I, Toronto 1985, S. 301. 72 Anspielung auf die Dunkelmänner, welche ihren Hort an der Universität Köln um Ortwin Gratius hatten. S. auch die folgende Anm. 73 Marginalie: „Colonica salus inuidia est. Coloni^ preter inuidiam nichil docetur“.

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petri primatus testes sunt.74 Sed spero me, id quod olim sinodus constituit lat75ronensis76, multo fructuosiorem fore, si Über aduersus hereticos, de non tollendis imaginibus in lucem prodient.77 Sed tarnen quicquid huius rei facio, me id facere maxime mea causa, amo enim valde mulieres, & libenter cum illis viuo, multum vero peccuni^ ad hoc habere negocium neccesse est, id ergo, vt meo amori subueniam, sine magna sumptu fieri non potest, hac de causa, toto corpore hac sum infectus peste, vt crasso crassior videor, idcirco tui erit officij, quo ego veneri liberius indulgere possum meam resarcias voluntatem, vale ac rescribe. Ecc: heus puer ad tabellarium accelera, ad me quam citissime veniat. Puer: fiet. Ecc: ac mature. Pu: fiet, heus heus. Tab: et quis hic est. Pu: ego sum magi74 Über die Disputation von Leipzig hatte Eck 1519 selbst an die Kurie berichtet. Darauf vom Papst nach Rom gerufen, überreichte er Leo X. am 1. April 1520 persönlich das Manuskript sei­ ner aus der Leipziger Disputation hervorgegangenen Schrift „De primatu Petri“. Nachdem er sich so selbst als Experte in der Luthersache empfohlen hatte, wurde er Ende des Monats in die mit dem Entwurf der Bannandrohungsbulle betraute Kommission berufen. Am 17. Juli schließ­ lich wurde er zusammen mit Hieronymus Aleander mit der Verkündigung der Bulle in Deutsch­ land beauftragt und zu diesem Zweck zum apostolischen Nuntius und Protonotar bestellt; v. Druffel (wie Anm. 58), S. 579-582; Peter Fabisch: Johannes Eck und die Publikation der Bullen „Exsurge Domine“ und „Decet Romanum Pontificem“, in: Johannes Eck (1486-1543) im Streit der Jahrhunderte. Internationales Symposion der Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum aus Anlaß des 500. Geburtstages des Johannes Eck vom 13. bis 16. November 1986 in Ingolstadt und Eichstätt (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 127), hrsg. v. Erwin Iserloh, Münster 1988, S. 74-107, S. 74-84. - Der Eifer und die Hartnäckigkeit, mit der Eck die Publikation der Bulle gegen die Widerstände der eher zur Mäßigung neigenden geistlichen und weltlichen Fürsten betrieb, ließ es kaum glaubhaft erscheinen, wenn er in der Folgezeit nicht müde wurde, in nahezu jedem seiner Briefe zu beteuern, er habe den Auftrag nur widerwillig übernommen; Martin Luther: Sämmtliche Schriften, hrsg. v. Johann Georg Walch, Bd. XV, 2St. Louis (Mo.) 1899, Sp. 1572 u. 1580; Johann B. Riederer: Beytrag zu den Reformations­ urkunden betreffend die Händel welche D. Eck bey Publication der päpstlichen Bulle wider den sei. D. Luther im Jahre 1520 erreget, Altdorf 1762, S. 56/57; ders.: Nachrichten zur Kirchen-, Gelehrten- und Büchergeschichte, Bd. I, Altdorf 1764, S. 174-178. Vielmehr mußte den Fürsten Ecks „unmäßiges Anhalten und Ersuchen“ als Ruhestörung, wenn nicht Brandstiftung erschei­ nen; v. Druffel (wie Anm. 58), S. 595; Fabisch (wie oben), S. 94-101. 75 Folgt gestrichen: „e“. 76 Lateranense V. (1512-1517). Gemeint sind insbesondere die Konzilsbeschlüsse zur Zensur, auf die schon Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 66 Z. 12-15, anspielt. Zu seinem Wort­ spiel mag den Verfasser des „Eccius Philargyrus“ Papst Leos I. Aussage über das von Rom nicht anerkannte 2. Konzil von Ephesos (449) „latrocinium, non concilium“ angeregt haben; vgl. Klaus Schatz: Der päpstliche Primat. Seine Geschichte von den Ursprüngen bis zur Gegenwart, Würzburg 1990, S. 61. 77 Ecks Streitschrift gegen den Bildersturm „De non tollendis Christi et sanctorum imaginibus“ ist noch im Jahre 1522 in Ingolstadt im Druck erschienen. Der Tag der Drucklegung ist nicht be­ kannt. Die Widmungsepistel datiert auf den 8. Juli 1522 (Metzler 41,1). Dem Verfasser des „Ec­ cius Philargyrus“ scheint die Drucklegung der Flugschrift allerdings noch nicht bekannt gewor­ den zu sein.

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stri nostri ecci filius. Tab: quid me vis. Pu: magister noster genitor meus te orat, ad eum quam citissime venires. Tab: fiet, tu pr^i, ego vero sequar.78 Pu: ingredere, en adest. Ecc: beneuenisti vicine. Tab: Deo gatias domine magister noster. Ecc: sumam tuarum rerum curam te habere scio, /5r/ ideo ad hoc te delegi, vt has litteras Nurinbergam deferas. Tab: quam libentissime, ad quem videlicet. Ecc: ad Peithoclem, non multis adhuc cognitus. Tab: vbi vero suum inueniam diuersorium. Ecc: apud pr^dicatores79, eximia nostr$ factionis lumina. Tab: probe scio, accingar, non dubito quin he$ litter$ sunt antichristianissim$ sed ad me quid, meo functurus sum officio, vt gnauiter agam id quod michi est commissum, sed ni fallor hoc est diuerticulum, heus heus ecquis aperit.80 Frater: quis adesinconsuete pulsat. Tab: salue pater honorande, num hic inhabitant peccatores. Fra: quid garris furcifer. Tab: prqdicatores dicere volebam, memo­ ria ignoscas rogo. Fra: vide quid ais. Sed quem nam queris.81 Tab: Peithoclem. Fra: quid tibi cum eo negocij. Tab: michi ad eum sunt litter$. Fra: a quo. Tab: a magistro nostro Eccio. Fra: o sanctissim^ litter$, da osculandi obsecro,82 spero enim te quid boni ac noui, aduersus hereticos, allaturum, veni ad eum te ducam,83 intro. Tab: salue pater reuerende Peithocles, cum magna enim cura, has ad tuam paternitatem detuli litteras, timebam in itinere lutheranos, quorum copia vndique crescit. Peitho: dignus tua eris merecede84, tu interea in macello penum voras, ego perlegam /5v/ ac relegam, deinde responsum dabo, heus frater abduc eum, quo iussi ocius. Fra: fiet, sequere me.

78 Vgl. Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 24 2. 22. 79 Die Nürnberger Dominikaner bekämpften bereits die 1496-1509 in Nürnberg bestehende Poe­ tenschule. Seit 1509 geriet auch Pirckheimer in seiner Funktion als Schulreferent wiederholt mit den ihm schon aus der Reuchlin-Pfefferkorn-Fehde zur Genüge verhaßten Fratres aneinander. Im „Eckius dedolatus“ und dem Entwurf eines Sendbriefes an Papst Fladrian von 1522/23 gab er den Intrigen der „Dominicastri“ die eigentliche Schuld an den religiösen Wirren in Deutsch­ land; ebd, S. 20 2. 27-22 2. 2 u. 56 2. 8-29; ders.: Opera (wie Anm. 48), S. 372-374. - Auch für Chieregatis Verleumdung der reformatorischen Prediger in Nürnberg machte er in seinem Brief an Erasmus die Lügen der Predigermönche verantwortlich: „Et haec omnia illi euenere fraudibus monachorum, quibus maiorem quam debuit, attribuit fidem. Illi enim infensissimo odio Nurenbergenses persequuntur, ac Lutheranos appellant, quia hoc anno omnes sustulere mendivos, adeo vt nemo amplius in publico mendicare ausit: quibus tarnen omnibus, et large quidem, prouident iuxta conditionem vniuscuiusque. Quod pietatis officium omnes laudant, et largiter bona sua conferunt; monachi vero, quicquid egenis accedit, auariciae ac ventribus eorum dece­ dere putant. Flinc illae lacrimae et Acherontis commotio. Admoni Legatum per amicos - mihi enim illum sine periculo conuenire non licuit - vt monachorum caueret insidias“; Erasmus: Opus Epistolarum V (wie Anm. 34), S. 230. 80 Vgl. Pirckheimer: Eckius dedolatus (wie Anm. 6), S. 28 2. 23. 81 Vgl. ebd., 2. 27/28. 82 Vgl. ebd, S. 30 2.7-11. 83 Folgt: „I“. 84 Wortspiel aus „mercede“ und „meretricio“ mit der Bedeutung Sündengeld oder Hurenlohn?

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Der „Eccius Philargyrus sive avarus“ von 1523

Franciscus Cheregatus electus non verus Episcopus Aprutinus85, cognomine Peithocles, theologo theologissimo ac sedis apostolic^ defensori accerrimo Ioanni Eccio Romanam exoptat salutem.86 Perlegi et relegi tuas ad me litteras, amice amicorum amicissime, in quibus, que liberum scire qquum est theologum, inueni, statuisti enim edere, aduersus hereti87cos, librum iuxta sanctissimum88 (quamquam id te tua facere causa scribis, nostra nichil refert in lucem dummodo prodeat) qua in re sophu accedere oceanum89 videor, tibi ob hanc rem multum aeris a sanctissimo exorabo, quo facilius tuo valeas subuenire amori & morbo obuiare, verum ego meo in officio, apud germani^ proceres, sumo, Studio maxime de pap$ paupertate sum conquestus, sed vereor me )rrai,

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Ahnenprobe für Gratianus Tücher von Simmelsdorf und Winterstein (1617-1693). Feder (schwarz) auf Papier, aquarellierte Wappen­ felder aufgeklebt. 2. Hälfte 17. Jh. (StadtAN E 29/11 Nr. 280).

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