Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg [15]

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Mitteilungen des

Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Herausgegeben im Auftrag des Vereins von

Ernst Mummenhoff, Archivrat.

Fünfzehntes Heft.

NÜRNBERG. VERLAG VON J. L. SCHRÄG (In Kommission). 1902.

Königl. Bayer. Hofbuchdruckerei G. P. J. Bieling-Dietz. Nürnberg.

Inhalt. Seite

Abhandlungen und Quellenpublikationen: Die Besitzungen der Grafen von Nassau in und bei Nürnberg und das sog. Nassauerhaus. Eine geschicht­ liche Untersuchung von Archivrat E. Mummenhoff . «-«7 Die Kartause in Nürnberg 1380—1525. Von Heinrich Heer wagen ..................................................................... 88-132 Erinnerungen an Geheimrat August von Essenwein. Von Georg Frhr. von Krefs................................................. 133-167 Kleinere Mitteilungen: Kreisarchivar Dr. Alfred Bauch *j\ Von Dr. H. Knapp Karl von Hegel *J\ Von Georg Frhr. von Krefs . . . Ein päpstliches Breve wider Gregor von Heimburg vom Jahre 1461. Von Alb. Gümbel.................................. Ein Lied auf den »Englischen Grufs« des Veit Stofs in der Lorenzerkirche aus einer Nürnberger Chronik. Von Dr. Fritz Traugott Schulz.................................. Nürnberg im Jahre 1547. Ein Bericht Girolamo Faletis. Von Walter Friedensburg.............................................. Erneuerung der Adam Kraftschen Leidensstationen im Jahre 1662. Von Ernst Mummenhoff.......................

168—1-5 175- ig3

183-185

186-195 195-205

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Literatur: Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschlufs von Venedig. Herausgegeben von der Badischen Kommis­ sion. Bearbeitet von Dr. Aloys Schulte, ord. Professor der Geschichte an der Universität Breslau. I. Band: Darstellung. XXXII und 742 S. II. Band: Urkunden. Mit zwei Karten. 358 S. Leipzig. Verlag von Duncker & Humblot 1900. 8°. Von —ss...................................... 207 — 211 Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs dargestellt auf Grund ihres Zustandes von 1431 bis 1440 von Paul Sander. Mit zahlreichen Tabellen, sowie acht Karten­ skizzen im Text und'auf drei Tafeln. Leipzig. Druck und Verlag von B. G. Teubner. XXX und 938 S. 8°. Von Ernst Mummenhoff.................................................. 2 11 —-224 Preufsens Politik in Ansbach-Bayreuth 1791 — 180b. Von Dr. phil. K. Süfsheim."; Berlin, E. Ebering (Historische Studien veröffentlicht von E. Ebering, Dr. phil., Heft 33) VII, 430 S. 1 Bl. 8°. Von Dr. Reicke....................... 224—229

IV Seite

Konstruierte Figuren und Köpfe unter den Werken Albrecht Dürers. Untersuchungen und Rekonstruktionen von Ludwig Justi. Mit 8 Tafeln und 27 Textabbildungen. Leipzig. Verlag von Karl W. Hiersemann. 1902. II und 71 S. 8°. Von v. Bezold. .................................................... Ernst Mummenhoff, der Handwerker in der deutschen Ver­ gangenheit. Mit 151 Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15.--18. Jahrhundert (Mono­ graphien zur deutschen Kulturgeschichte, 8. Band). Leipzig, 1901. E. Diederichs Verlag. 142 S. 8°. Von Dr. Knapp................................................ .......................... Der Neptunbrunnen zu Nürnberg, seine Entstehung und Geschichte. Festschrift zur Feier der Enthüllung des neuen Neptunbrunnens am 22. Oktober 1902. Von Emst Mummenhoff, städtischem Archivrat. Nürnberg. Heraus­ gegeben vom Stadtmagistrat Nürnberg. 1902. 47 S. mit 6 Abbildungen. 8°. Von Dr. Fritz Traugott Schulz . . Geschichte der Münzstätte der Reichsstadt Nürnberg. Von C. F. Gebert. Mit einer Abbildung des alten Nürn­ berger Münzhauses, zwei Münzmeisterporträts und sechs Münzabbildungen. Nürnberg. Druck von Fritz Walz 1890. 130 S. 8°. Von Dr. Th. Hampe. Die Marken und Zeichen Nürnbergs, beschrieben im Auf­ träge des Vereins für Münzkunde in Nürnberg (E. V.) von dessen Vorsitzendem Carl Friedrich Gebert. Mit 16 Tafeln Abbildungen. Nürnberg 1901. Selbstverlag des Vereins für Münzkunde. 31 S. Text. 8°. Von Dr. Th. Hampe Das germanische Nationalmuseum von 1852 -1902. Fest­ schrift zur Feier seines fünfzigjährigen Bestehens im Aufträge des Direktoriums verfafst von Dr.Theod. Hampe, Konservator und Bibliothekar am Germanischen National­ museum. Druck von J. J. Weber (Illustrierte Zeitung) in Leipzig. 150 S. Grofs 40. Von —ss........................... Säkular-Feier der Naturhistorischen Gesellschaft in Nürn­ berg 1801 —1901. Festschrift, den Gönnern, Freunden und Mitgliedern der Gesellschaft als Festgabe dargeboten am 27. Oktober 1901. Der Schriftleitungsausschufs: Dr. S. v. Förster, M. Versen, Dr. A. Frankenburger. Druck von U. E. Sebald, Nürnberg. XLIX und 250 S. 32 Tafeln. 8°. Von F. K....................................................... Berichtigungen zu S. 43, 217, 218.

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Von E. Mummenhoff. . 251 -252

Die Besitzungen der Grafen von Nassau in und bei Nürnberg und das sogen. Nassauerhaus. Eine geschichtliche Untersuchung von

Archivrat

E. Mummenhoff.

I. Die Besitzungen in und bei Nürnberg. Der Nassauerhof hinter St. Lorenz. Meisterlins Fabeleien über einen frühen und ausgedehnten Besitz der Grafen von Nassau in Nürnberg. Der Annalist Johannes Müllner übernimmt Meisterlins Angaben und baut sie weiter aus. Spätere Erdichtungen. Kritik dieser Aufstellungen. Die Besitzungen der Grafen von Nassau zu Kammerstein, Schwabach, Heroldsberg und Altdorf.

Durch Urkunde vom 29. Oktober 1326 1) erwarb Graf Emicho von Nassau von Bischof Gebhard von Eichstätt und dem Kapitel der Eichstätter Kirche um die Summe von 200 Pfund Haller zu Eigentum den Hof neben dem Kirchhof zu St. Lorenzen, den bis­ her der Ritter Konrad Grofs bewohnt hatte, mit allen Zugehörungen, das Haus ausgenommen, das die Matrone, die Hirschbergerin, bewohnte. Der Verkauf erfolgte mit Einwilligung des Probstes Friedrich von Herrieden, dem die Nutzniefsung des Hofes für die Zeit seines Lebens Vorbehalten gewesen war. Graf Emicho von Nassau wurde in den körperlichen und freien Besitz ein­ gewiesen, und Probst Friedrich verzichtete auf alle Rechte, die ihm zustanden. Der Nassauerhof stiefs im Osten an den Hof des Klosters Seligenporten, das sich im Jahre 1333 auf der Ecke des Lorenzerplatzes und der Nonnengasse an der alten *) Urkunde im städt. Archiv. Durch die Güte des Herrn Bankdirektors Meyer von der Vereinsbank als Eigentum derselben im städt. Archiv hinterlegt. I

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Stadtmauer ein ansehnliches Besitztum erworben hatte. Schon bald nach Ankauf des Hofes — 1335 —*) gerieten die Kloster­ frauen in Streit — »in Mifshellunge und Auflauf,« wie die Urkunde berichtet — mit der Gräfin Anna von Nassau wegen eines Überbaues, den jene in den Nassauerhof hinüber errichtet hatten. Den Überbau hatten sie an der Gräfin Haus und ihre Schlaf­ kammer, die in ihrem Hofe stand, angebaut, wodurch ihr Luft und Licht benommen worden war. Aufserdem war das Kloster noch mit dem Dache wohl zwei Ziegel breit über der Frauen Annen Haus hinausgefahren. Der Streit wurde dahin verglichen, dafs der Konvent den Gang »vom Boden und auf der Erde« abbrechen und hinfür keinen, mehr dort errichten sollte, so lange das Haus der Frau Anna von Nassau oder ihrer Erben und so lange der Hof des Klosters Seligenporten bestünde. Dagegen sollen die Gräfin von Nassau und ihre Erben dem Kloster seinen Überbau am Dache nachsehen und bleiben lassen. Wo dieser Nassauerhof des genaueren gelegen war, erfahren wir aus der Verkaufsurkunde vom 4. September 1363 *2). Denn in diesem Jahre ging der Hof aus dem Eigentum des Grafen Johann zu Nassau, Herrn zu Hadamar, Elsbeths, seiner ehlichen Wirtin, und Heinrichs, ihres ältesten Sohnes, an Hartwig den Volkemare über: der Hof, wie ihn die Urkunde in seiner Lage bestimmt, hinter St. Laurenzen, allernächst an der Frauen Hof von der Seligen Porten, mit Häusern, mit Stallung, mit Garten, mit Städeln, hinten und vorn, unter und über der Erde, mit aller Besserung, von der vorderen Pforten an St. Laurenzen bis hinten an die hintere Nonnengasse, wie der Hof überall hinten und vorn begriffen ist. Nach dieser Urkunde war der Nassauerhof hinter St. Lorenzen nicht etwa blofs ein Haus, sondern ein ganzer Komplex von Häusern und Städeln mit Stallung und Garten von einer beträchtlichen Aus­ dehnung. Denn er umfafste allem Anscheine nach mit Aus­ nahme des Klosterhofes von Seligenporten auf der Südostecke — Lorenzerplatz und obere Nonnengasse — den ganzen Häuser­ block zwischen der Pfarrgasse, dem oberen Bergauerplatz, der *) Sieh die Anmerkung auf Seite I. 2) Sieh vorige Anmerkung.

3 Nonnengasse und dem Lorenzerplatz. Bei den örtlichen Bestim­ mungen der Urkunde könnte eine allerdings zu Zweifeln Anlafs geben. Man könnte die vordere Pforte an St. Lorenzen für eine Türe dieser Kirche halten, während doch darunter das vordere Ein­ gangsthor des Hofes selbst bei St, Lorenzen verstanden werden mufs. Der Besitz der Grafen von Nassau hinter St. Lorenzen fordert unwillkürlich zu der Frage auf, ob sie noch aufserdem in Nürnberg angesessen waren und ob insbesondere das heute und schon seit drei Jahrhunderten als nassauischer Besitz in Anspruch genommene sog. Nassauerhaus jemals diesem Geschlechte gehört habe. Die Erzählungen von einem bedenklich frühen Besitz der Grafen von Nassau gehen auf den Nürnberger Chronisten Sig­ mund Meisterlin zurück. Meisterlin, der seine Chronik um 1488 verfafste, läfst die Grafen von Nassau in Nürnberg schon zu Zeiten Kaiser Heinrichs II. (1002—1024) als reichbegütert und einflufsreich auftreten, zu einer Zeit, da von Nürnberg als Stadt noch nicht die Rede sein kann. Nach ihm sollen damals schon die Kirche zum hl. Grab, an deren Stelle später die Lorenz­ kirche trat, sowie die grofsen Höfe und Häuser auf dem linken Ufer der Pegnitz erbaut worden sein, und damals schon hier mächtige Grafen, Bannerherrn, Ritter und Edelknechte ange­ sessen gewesen sein, vor allem aber die von Nassau, die grofses Gut besessen, das später teils an die Burggrafen, teils an das Kloster Heilsbronn übergegangen sei. l) Ihr Hof umfafste nach Meisterlin nicht allein das spätere Barfüfserkloster und den Heilsbronnerhof zusammen, sondern ging noch weit darüber hinaus.2) Von den Grafen von Nassau als Erbauern der Kirche zu St. Lorenz weifs er zu drei verschiedenen Malen zu berichten. Unter Kaiser Heinrich II. ward nach ihm der Bau angefangen, und die Grafen von Nassau bauten daran. 3) Dann haben sie wieder unter König Konrad III.4) (1 138—1152) mit anderen Edelleuten diese Kirche errichtet, während nach einer weiteren Mitteilung die Lorenzkirche unter König Rudolf von Habsburg *) Städtechron. III, 71. 2) Städtchron. III, 75 : »ir hoff was, da nun parfüfser closter ist und Hailspruner hoff, und darumb weit«. 8) ebend. S. 75. *) ebend. S. 92. I

4 (1273—1291) erbaut wurde und von den Grafen von Nassau damals der eine Turm.r) Dann weifs er nochmals zu be­ richten von köstlichen Höfen und Gebäuden, die unter Konrad III. jenseits der Pegnitz von den Grafen von Nassau vollbracht worden wären, und fügt in Anmerkung bei, dafs sie auch Schwabach besessen und das Kloster Heilsbronn reich be­ gabt hätten, was auch von anderen Leuten geschehen wäre, denn Kaiser Konrad hätte in Nürnberg Hof, Kammer und Ge­ richt gehabt. *2) König Rudolf von Habsburg setzte nach Meisterlin als obersten Richter des kaiserlichen Hofgerichts zu Nürnberg Adolf von Nassau, Grafen und eingesessenen Bürger daselbst, ein, der da viele Städte, Schlösser und Gerichte auf dem Lande besessen hätte. 3) Unter König Adolf von Nassau wären etliche Schlösser, wie Schwabach und was um Heilsbronn gelegen, vergabt, oder ihnen von Bürgern, die es dem Adel gleichgetan, abgekauft worden.4) Spätere Chronisten wissen den Besitz der Nassauer in Nürnberg schon für das 12. Jahr­ hundert (um 1140) mit beneidenswerter Sicherheit und Genauig­ keit anzugeben. Damals schon hätten sie in Schwabach und Kammerstein ihre Residenzen gehabt. Nun hätten sie noch von König Konrad III. in Nürnberg eine Hofstatt begehrt, darauf sie bauen und Hof halten könnten. Es sei ihnen dann ein grofser Platz vom Malerthor — wir würden sagen Müllerthor — bis hinauf zur Lorenzkirche, die damals noch die Kirche zum hl. Grab geheifsen, übergeben worden, den sie eingefangen und zu ihrem Nutzen gebraucht und worauf sie ansehnliche Gebäude, darunter den Heilsbronnerhof, der an Stelle des jetzigen kgl, Bankgebäudes stand, errichtet hätten. 5) Kein anderer als der bekannte Annalist Johannes Müllner ist es, der, fufsend auf ganz falschen Ortsbestimmungen, Meisterlins Lügengewebe weiter ausgesponnen hat. In seinen Annalen6) *) ebend. 107. Unter Heinrich V. und Lothar wie die Schweppermann, die Eglofstein und die alten selbst Bürger der Stadt gewesen, die von Nassau die verödete Stadt wieder aufgebaut haben, eb. S. 88. 2) ebend. 92. 8) ebend. S. 106. 4) ebend. 115. ft) S. die Nachrichten im Journal von und für Exemplar im städt. Archiv S. 460, 461.

sollen mit anderen Edlen, Burggrafen, die, wie sie 1105 zerstörte und dann

Franken, 2. Band, S. 33.

5 schreibt er zum Jahre 1137: »Als nun die Stadt Nürnberg, wie gemeldet (nach der Zerstörung nämlich i. J. 1105), mit Mauern wiederum eingefangen und erweitert worden, haben die Grafen von Nassau, welche dazumal auf ihren in der Stadt Nürnberg Nachbarschaft gelegenen Gütern ihre Residenz gehabt und in der Zeit, weil Nürnberg in der Aschen gelegen, etliche Gebäu daselbst jenseits der Pegnitz aufrichten lassen, noch eine Hof­ statt vom Kaiser Konrad begehrt, darauf sie bauen und in der Stadt hofhalten möchten, der ihnen einen grofsen Platz vom Molerthor oder vom untern Thor an der Pegnitz hinauf bis zu St. Laurenzen Kirch, so damals noch zum hl. Grab genennet worden, übergeben, welchen sie eingefangen und zu ihrem Nutzen gebraucht, auch ansehnliche Gebäu daselbst aufgerichtet, dann, wie hieoben auch vermeldet, der Schweicker Behausung *) daselbst dieser Grafen Residenz und der Platz, da heutiges Tags das Parfüfserkloster stehet, ihr Lustgarten gewest. Der*) Sebald Schweicker, Bürger zu Nürnberg, erwarb am 23. September 1500 aus Lorenz Hallers Nachlafs die Behausung mit Garten bei der Lorenz­ kirche zwischen des Klosters Seligenporten und Ulrichs Kiefhabers Häusern sowie die Eigenschaften aus den an dem Garten liegenden 3 Häusern. Weit über 100 Jahre blieb das Haus im Besitz der Schweickerschen Familie. Am 1. August 1590 verkaufen Martin Schweicker und Magdalena, des David Dilherr Ehefrau, ihre Anteile an die Nürnberger Bürger Martin Schweicker und Görg Waldthurner. Noch 1633 suchten die Schweickerschen Erben ihren Be­ sitz hinter St. Lorenz abzurunden oder doch den an die Waldthurner ge­ kommenen Anteil wieder zu erwerben. Am 14. Dezember des genannten Jahres nämlich verkauft der Genannte des gröfseren Rats Wolf Waldthurner seinen halben Teil an der hinter St. Lorenz zwischen Ludwig Mairs und Leonhard Forstenhausers Häusern gelegenen Behausung zur goldenen Lilie mit der Mittelbehausung und zwei Gärten sowie dem hintern Ausgang gegenüber Wolf Bergauers Behausung an Helena, Philipp Schweickers, und Helena, Hans Heinrich Pilgrams d. j , Ehefrauen, und Wolf Waldthurner quittiert die Schweickerschen Erben am 2. Dezember 1634 über den erhaltenen Kauf­ schilling von 3650 fl. Wann die Schweicker das Haus aufgaben, läfst sich nicht ermitteln. 1685 ist es zu zwei Dritteilen im Besitz der Töchter des ver­ storbenen innern geheimen Rats und ältern Bürgermeisters Joh. Mathäus Befsler von Schweinfurt, Helena Katharina uüd Anna Elisabeth, während das dritte Dritteil der Maria Margareta Deglerin, einer geb. Befsler, gehört. Die beiden erstgenannten Erben verkaufen nun am 3. Februar 1685 ihre zwei Dritteile an dem Vorder-, Mittel- und Hinterhaus, die zwei Gärten und den hintern Durchgang gegenüber der alten Bergauerschen Farbbehausung ihrem Schwager Jakob Degler und dessen Frau, der schon genannten Maria Marga­ reta, sowie dem Schwager und Handelskompagnon Deglers Jakob Kern für 2600 fl. Die weiteren Schicksale des Hauses zu verfolgen, hat hier keinen Zweck. Es sollte nur gezeigt werden, was es mit den Fabeleien, das Haus sei von den Grafen von Nassau auf deren Nachkommen, die Schweicker, die diesen bürger­ lichen Namen in Nürnberg angenommen hätten, gekommen, auf sich hat S. S. 13 (Urk. im städl. Archiv).

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gleichen Gebäu seind in dieser Gegend auch von andern auf­ gerichtet worden«. Diese Angaben weifs Miillner noch durch weitere zu ver­ vollständigen, wodurch es seinem Gebäude gewissermafsen den Schlufsstein einsetzt. »Die Grafen von Nassau«, berichtet er,1) »haben gewöhnet in der hohen Eckbehausung am Vischpach gegen St. Laurenzen Kirch über, an denen noch ihr wie auch der sieben Churfürsten Wappen stehen. Es ist auch ihr ge­ west die Behausung hinter St. Laurenzen und der daran gele­ gene Garten, so heutiges Tags den Schweickern zugehörig, haben mittler Zeit Schwobach, Kammerstein, Altdorf, Kornburg und andere mehr Güter an sich gebracht und besessen«. Da hätten wir ja mit aller nur wünschenswerten Bestimmt­ heit schon um 1600 die Nachricht, dafs das Eckhaus gegenüber St. Lorenz am Fischbach, das sog. Nassauerhaus, in der Tat im Besitz der Grafen von Nassau gewesen ist. Immerhin wird zu untersuchen sein, ob all diese Angaben als historisch haltbar angesehen werden dürfen, ob sie nicht vielmehr bei näherem Zusehen begründete Zweifel erregen, als erdichtet oder doch durch Übertragen späterer Zustände und Verhältnisse auf eine viel frühere Zeit entstanden gelten müssen. Es mufs schon gleich in hohem Mafse befremdlich erscheinen, dafs nach Meisterlin die Grafen von Nassau schon zu einer Zeit in Nürnberg erscheinen, da von einer Stadt dieses Namens noch in keiner Weise die Rede sein kann. Ebenso wenig will es einleuchten, dafs schon zu dieser Zeit die Kirche zum hl. Grab bestanden und sich hier auf der linken Seite der Pegnitz, wo doch erst erheblich später die Besiedelung stattfand, der Anbau durch Errichtung bedeutender Höfe und Bauten seitens mächtiger Grafen und Herrn und insbesondere der Grafen von Nassau vollzogen habe. Die Entstehung dieser grofsen Höfe und köstlichen Sitze von Grafen und Herrn auf dem linken Pegnitzufer setzt Meisterlin überdies das eine Mal in die Regierungszeit Kaiser Heinrichs II.2), das andere Mal in jene Konrads III. 3) Wider alle geschichtliche Wahrheit ist die *) ebend. S. 414, 415. 2) Städtechr. III, 71. a) ebend. S. 92.

7 weitere Angabe, dafs hier das ursprüngliche Reichsgut von den Grafen von Nassau zum Teil an die Burggrafen übergegangen sei.*) Umgekehrt könnte das Verhältnis wohl gewesen sein. Denn die Burggrafen waren es, die, wie es der noch viel spä­ tere Bezug (bis 1386) der Schnitter-, Hofstatt- und Schmiede­ pfennige von jedem Hofe und jeder Schmiede der Lorenzer Stadtseite beweist,*2) hier bedeutende grundherrliche Rechte innehatten, die sich nur aus ihrem Reichslehenbesitz, der ja auch die weite Gegend bei dem Frauenthor, der späteren Kartause, dem späteren Deutschenhause, dann den Gostenhof, die Weidenmühle mit der ganzen Umgegend, den Tiergarten, die Gärten hinter der Veste und Wöhrd umfafste, erklären lassen. 3) Auch auf der Nordseite der Pegnitz, da wo später das Spital zum hl. Geist erbaut wurde, hatten die Burggrafen einen ausgedehnten Grundbesitz, der sich über den Sand bis nach Wöhrd erstreckte. Die Gegend beim Malerthor gehörte auch dazu. Wie ist es dann aber denkbar, dafs auch die Grafen von Nassau schon in frühester Zeit hier einen ununterbrochenen Grundbesitz vom Malerthor bis zur Lorenzkirche und darüber hinaus gehabt haben sollen ? Zudem hätte sich dieser Grund­ besitz, ein Geschenk König Konrads III., etwa vom Ausgang der Ebnersgasse, wo das Malerthor stand, über den Flufs hin­ weg erstreckt haben müssen, was aufserordentlich unwahr­ scheinlich wäre. Aber weil Müllner in dem Irrtum befangen ist, dafs das Malerthor4) auf dem linken Pegnitzufer in der Nähe von St. Katharinen gestanden, kommt er dazu, diesen um­ fassenden Grundbesitz der Nassauer vom Malerthor bis über St. Lorenz hinaus zu konstruieren. Auf diese ganz irrige Mei­ nung ist auch die Annahme zurückzuführen, der Grund und Boden, wo das Barfüfserkloster und der Heilsbronnerhof erbaut *) ebend. 71. 2) Urk. über den Verkauf derselben durch Burggraf Friedrich vom 17. Nov. 1386. Mon. Zoll. V, Nr. 183. v. Wölckern, Hist. dipl. Nor., Nr. 234. Be­ stätigung durch K. Wenzel vom 18. Januar 1387. Mon. Zoll. V, Nr. 185. Hist. dipl. Nr. 238. 3) Siehe meinen Vortrag: Der Stadt Nürnberg geschichtl. Entwicklungs­ gang S. 13, 14. 4) Bezüglich des Malerthors siehe die Ausführung in der Beilage III am Schlufs.

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wurden, seien Schenkungen des .Königs Adolf von Nassau ge­ wesen. Frühere Nachrichten und insbesondere die Urkunden wissen davon nichts. Die Nachricht, wonach der König den Heilsbronnerhof an das Kloster geschenkt habe, hat Hocker, in seinem Heilsbronnischen Antiquitätenschatz*) einer Nürn­ berger Chronik entnommen, urkundlich ist sie nicht belegt* Bezüglich des Barfüfserklosters wird weiterhin noch behauptet, die Grafen von Nassau und die Waldstromer hätten es erbaut, nach einigen im Jahre 1206, nach anderen 1228,*2) und Meisterlin nimmt gar erst das Ende des 13. Jahrhunderts für die Schenkung der Nassauer an das Kloster an.3) Dann wird wieder behauptet, König Adolf habe dem Barfüfserkloster seinen lustigen Garten am Wasser geschenkt.4) Man sieht, eine Behauptung hebt die andere zum Teil wenigstens auf und straft sie Lügen. Nun ist es ja unleugbar, dafs die Grafen von Nassau Wohltäter des Klosters waren, aber nicht dessen Stifter, ihre Schenkungen fallen erst in das 14. Jahr­ hundert, wie dies aus den in der Kirche einst vorhandenen Grabmälern von Angehörigen des Nassauer Geschlechts hervorgeht. 5) Wenn Meisterlin den Grafen von Nassau auch den Besitz von Schwabach für die älteste Zeit zuschreibt, so sind wir in der Lage, den Erwerb dieses Königsguts mit anderen J) Hocker, Hailsbronnischer Antiquitätenschatz (1731), S. 72. 2) Journ. von und für Franken II, 35. Das Jahr 1228 nimmt Müllner in seinen Annalen an und nach ihm die meisten Späteren. Wagenseil, De Norimbergae rebus notabilibus, setzt die Gründung durch die Grafen von Nassau und die Waldstromer in das Jahr 1206. Das Jahr 1228 geht auf den Totenkalender des Klosters zurück, der für dieses Jahr die ältesten Jahrtage verzeichnet: 4. Aug. 1228. Adelhaidis de Hohenfels, uxor domini Hermanni de Lapide, tota amica fratrum et magnam eleemosynam dedit prae aedificiis conventus, ferner 5. Aug. 1228. Pamod Kramer et Magdalena, uxor ejus. Oetter, Hist. Bibi., Totenkalender, S. 53. s) Er behauptet nämlich, dafs die von Nassau, Grafen und Bürger, »eine klein Weil« nach der Errichtung des Dominikanerklosters durch Hermann Winkler, die Stätte »zu sant Franciscen convent« gegeben hätten. 4) Sing. Norimb. 256 nach Müllner. 5) Nach dem Totenkalender des Klosters lagen in dessen Kirche be­ graben der 12jährige Emicho, Sohn des Grafen Johann und der Anna von Nassau (8. Junii 1343), und seine Schwester Helena (1344) sowie die Gräfin Anna von Nassau selbst, Tochter des Burggrafen Friedrich und der Helena, einer gebornen Herzogin von Sachsen, welche als grofse Wohltäterin des Klosters aufgeführt wird. Von anderen Angehörigen der Familie, die in dem Kloster begraben liegen, ist im Totenkalender, der bis 1228 zurückreicht, nicht die Rede. S. den Totenkalender bei Oetter.

9 Besitzungen ganz genau zu bestimmen. Im Jahre 1299 nämlich verpfändete König Albrecht unter Zustimmung der Kurfürsten die Feste Kammerstein, dann die Dörfer Schwabach, Altdorf und Heroldsberg an Graf Emicho von Nassau und dessen Ge­ mahlin Anna. J) Dafs diese bedeutenden Güter um Nürnberg Graf Emicho als Reichspfandschaften zufielen, hatte wohl ohne Zweifel darin seinen Grund, dafs er durch seine Heirat mit des Burggrafen Friedrichs III. Tochter Anna (zwischen 1295 und 1297) Nürnberg aufserordentlich nahe getreten war. Einen nassauischen Besitz, der auch schon in frühester Zeit an die Familie gekommen und unter König Adolf verschenkt worden wäre, nimmt Meisterlin noch bei Kloster Heilsbronn an. Meint er etwa die Besitzungen zu Ickelheim, Breitenau und Westheim südlich von Windsheim? Aber diese kamen erst im Jahre 1302 durch Kauf von Burggraf Friedrich IV. an dessen Schwester Gräfin Anna von Nassau. 2) Auch auf die zwischen Schwabach und Heilsbronn gelegenen zum Amte Schwabach gehörigen Be­ sitzungen pafst Meisterlins Behauptung nicht, da sie erst 1299 an Emicho von Nassau kamen. Oder sollte Meisterlin sich etwa durch den Besitz der Grafen von Nassau in Nürnberg, denen er ja auch den Heilsbronnerhof für die älteste Zeit zuschreibt, zu einer Verwechslung desselben mit Gütern bei ]) Am 30. Januar 1299 bekennt sich König Albrecht gegenüber Emicho von Nassau und seiner Gemahlin Anna zu einer Schuld von 500 Mark Silber, die er bis zum nächsten Ziel Martini zu zahlen verspricht, widrigenfalls die von ihm bestellten Bürgen Ludwig Graf von Öttingen, Graf Eberhard von Wirtenberg, Konrad von Weinsberg, Dietrich von Schellenberg und Heinrich Küchenmeister von Nortenberg auf erfolgte Mahnung, entweder persönlich oder durch ihre Söhne oder durch eine Mehrzahl von Rittern vertreten, nach der alten Sitte der Bürgen (obsidum) zu Nürnberg ins Einlager reiten sollen. Die dann nicht lange darauf ausgestellte Urkunde über die Verpfändung von Kammerstein, Schwabach und Heroldsberg ist leider weder im Original noch in einer Abschrift auf uns gekommen, wohl aber die kurfürstlichen Willebriefe zu dieser Verpfändung und zwar der des Erzbischofs Gerhard von Mainz vom 21. Febr. 1299, des Erzbischofs Wichbold von Köln vom selben Tage, des Herzogs Rudolf von Baiern vom 13. August 1299, des Herzogs Rudolf von Sachsen vom 8. Febr. 1300 und des Markgrafen Otto von Brandenburg vom 15. Juli 1301. Die Urkunde K. Albrechts über die Verpfändung der ge­ nannten Orte liegt also innerhalb der beiden Fristen vom 30. Januar und 21. Februar 1299 (die Urk. s. bei Oetter, Dritter Versuch einer Gesch. des Herrn Burggrafen zu Nürnberg S. 157 ff. und Mon. Zoll. II, Nr. 431). 2; Siehe das Regest bei Lang, Reg. Boica, V, 32, das genauer ist als die Urk. in den Mon. Zoll. II, Nr. 447, welche gerade an den in Betracht kommenden Stellen Lücken aufweist.

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Kloster Heilsbronn haben verleiten lassen? Unmöglich wäre ja eine solche Verwirrung bei Meisterlin keineswegs! Ein Verstofs gegen die geschichtliche Wahrheit ist es auch, wenn Meisterlin wie Müllner behaupten, die Grafen von Nassau seien schon in ältester Zeit Nürnberger Bürger gewesen. Als solche sind sie auch im 14. Jahrhundert, als sie in der Stadt ansässig waren, nicht nachzuweisen. Auch davon, dafs König Rudolf von Habsburg den Grafen Adolf von Nassau als obersten Richter des kaiserlichen Hofgerichts eingesetzt hätte, als er selbst nach Österreich gezogen wäre, weifs die Geschichte nichts. Auch diese Erzählung ist eine von jenen vielen Erdichtungen, an denen Meisterlins Chronik so reich ist. Aus all dem Gesagten aber wird klar, welchen Glauben Meisterlin und seine Nachbeter verdienen. Sie nehmen den Sagenstoff, der ihnen zufliefst, ohne Scheu in ihre Darstellung auf, dichten nach ihrer subjektiven Anschauung, die sie ohne alle urkundliche Unterlage aus den äufseren, den örtlichen Ver­ hältnissen ableiten, Neues hinzu, legen sich die Dinge zurecht, wie es ihnen gerade pafst, und setzen Ereignisse einer späteren Zeit um Jahrhunderte zurück. Nicht allein in den angeführten Fällen, sondern auch sonst ist die Nürnberger Geschichte für Meisterlin ein Tummelplatz seiner grundlosen Erzählungen und Phantastereien.*) Die Grafen von Nassau führt er um 320 Jahre zu früh in die Nürnberger Geschichte ein. Alle Nach­ forschungen, auch jene im königlichen Staatsarchiv zu Wies­ baden, das mir seine Materialien in zuvorkommendster Weise zur Verfügung stellte, lassen sie erst seit dem Jahre 1299 in der Nürnberger Gegend nachweisen, und der erste urkundliche Nachweis eines Besitzes in der Stadt selbst — des Nassauerhofs hinter St. Lorenzen — geht über das Jahr 1326 nicht zurück.

x) Auf Schritt und Tritt begegnen wir Meisterlin, dein durch die Ver­ öffentlichung seiner Chronik in den Städtechroniken beinahe zu viel Ehre erwiesen worden ist, den gröbsten Lügen und Entstellungen. Ich konnte hier nur insoweit darauf eingehen, als unser Gegenstand davon berührt wird. Schon der Verfasser (Siebenkees) des grundlegenden Aufsatzes : »Von dem Aufenthalt und den Besitzungen der Grafen von Nassau in Franken«, im Journal von und für Franken, Bd. II, S. 30 ff. und Bd. VIII, 424 ff., dem ich einzelne Angaben entnommen habe, hat auf eine ganze Reihe von Irrtümern bei Meisterlin hin­ gewiesen, ohne sie indes in ihrer Gesamtheit erschöpfen zu können.

Noch auf eine weitere Aufzeichnung, die jüngste von allen, mufs hier eingegangen werden. Sie bildet den Eingang zum Kopialbuch der Schlüsselfelderschen Stiftung, und wenn sie auch erst dem Jahre 1767 angehört, so weifs sie doch ganz überraschende Neuigkeiten zu berichten. Danach hat Graf Adolf von Nassau, der spätere König, 1283 den »unteren Turm« der St. Lorenzkirche nach der Pegnitz zu bauen lassen, »wie dann«, fügt diese Aufzeichnung hinzu, »dasWappen daran in Stein gehauen«. Weiter bemerkt sie, dafs das gewaltige Haus gegenüber, das die Schlüsselfelder besitzen, im gleichen Jahr zu bauen angefangen wurde. Dazu habe noch das Eifslersche Haus und das neue Methaus — das jetzige Tietzsche Warenhaus — gehört, so dafs es ein ganzer Stock gewesen und frei gestanden habe, wie heute noch im Kiefhabergäfslein zu sehen. Am Haus im mittleren Gaden habe er eine schöne Kapelle und oberhalb derselben unter dem Dach einen schönen steinernen Gang bauen lassen, daran der sieben Kurfürsten und der Grafen von Nassau Wappen in Stein gehauen. Die Kapelle ist nach dieser Aufzeichnung von Berthold, dem 18. Bischof von Bamberg, der ein Graf von Leiningen, und Hildebrand von Möhren bei Pappenheim (die Aufzeichnung meint Meran), dem 36. Bischof von Eichstätt, unter König Rudolf I. neben anderen Geistlichen von St. Sebald und St. Lorenz geweiht worden, an St. Lorenztag, weshalb sie wegen des Tages und wegen der Kirche St. Lorenzkapelle genannt worden sei. Graf Dietrich von Nassau, ein Bruder des Königs Adolf und Mönch im Predigerkloster, hätte dann die erste Messe in der neuen Kapelle gehalten, und es wäre viel Ornat und Kirchenzierde hinein gestiftet worden. Man mufs nur so staunen, wenn man diesen Bericht liest, der von Erdichtungen strotzt, die dem Schreiber wohl zum Teil zugetragen worden sind, und die er auch zum Teil selbst er­ funden haben mag • und man fragt sich unwillkürlich, welchen Zweck er dabei im Auge gehabt hat. Wollte er die Bedeutung des sog. Nassauerhauses etwa in das ihm entsprechende glän­ zende Licht rücken, als er niederschrieb, die Balustrade sei im Jahre 1283 durch Adolf von Nassau, den nachmaligen deutschen

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König, erbaut worden ? Ich werde nachher zeigen, dafs sie ungefähr 150 Jahre später erbaut worden ist. Dafs der Nordturm der Lorenzkirche von den Grafen von Nassau und zwar von Adolf von Nassau erbaut worden sein müsse, wird, wie anderswo auch, aus dem Nassauer Wap­ pen abgeleitet, das angeblich an diesem Turm angebracht ist. Nun ist aber gar nicht das Nassauer Wappen, sondern das böhmische Wappen am Turm zu sehen. Das Nassauer Wappen, ein goldener Löwe im blauen Feld, weist nämlich noch eine Reihe von Querschindeln auf, die im Schild des Wappens an der Lorenzkirche gänzlich fehlen. Das Wappen rührt von Kaiser Karl IV. her. *) Ebenso ist das in der Galerie des Nassauerhauses angebrachte Wappen nicht das nassauische, son­ dern gleichfalls das böhmische, und zwar das des Königs von Böhmen in seiner Eigenschaft als Kurfürst. Das weitere Löwenwappen am Nassauerhause ist das kurbayrische, das nassauische sucht man vergebens. Das Nassauerhaus soll wie der nördliche Turm von St. Lorenz 1283 von Adolf von Nassau erbaut worden sein, als er noch nicht König war, und zwar mit der Kapelle und Galerie. Die Galerie mit den Wappen des Reichs und der Kurfürsten hätte aber Adolf erst als König, also erst in der Zeit von 1291—1298 erbauen können. Weiter setzt unser Verfasser die Einweihung der angeb­ lichen Kapelle gleichfalls in die Zeit, als Adolf von Nassau noch nicht König war, und läfst sie durch Bischof Berthold von Bamberg und Hildebrand von Eichstätt einweihen. Aber wie kann das richtig sein, da der Bau des Hauses erst 1283 begonnen sein soll, und Bischof Hildebrand von Eichstätt schon im Jahre 12 79 starb? 12) Dann soll noch Dietrich von Nassau, der Bruder Adolfs, Mönch des Predigerklosters zu Nürnberg, in der neuen Kapelle die erste Messe gehalten haben. Dafs Dietrich von Nassau Mönch im Predigerkloster gewesen, hat der Verfasser ohne Zweifel der Chronik Meisterlins3) entnommen, der hier auch schon geflunkert hatte, die erste Messe hat dann der Verfasser 1) Städtechron. III, S. 114, Anmerkung 3. 2) S. Jul. Sax, die Bischöfe und Reichsfürsten von Eichstätt, I," 119. 3) Städtechr. III, 107.

13 wohl hinzugedichtet. Nach einer archivalischen Nachricht vom Jahre 1314 wurde Dietrich von Nassau und zwar ohne Wissen seiner Mutter Predigermönch, aber nicht zu Nürnberg, sondern zu Mainz und dann Erzbischof zu Trier. *) Diese Nachricht hat mehr Anrecht auf Glaubwürdigkeit als Sigmund Meisterlin, und Johannes Müllner fügt daher in seinen Annalen mit Recht hinzu : Fides sit penes autorem. Bezüglich des Nassauerhofes hinter St. Lorenz behauptet die Aufzeichnung, die Grafen von Nassau, die später in Nürn­ berg zu einem bürgerlichen Geschlechte namens Schweicker herabgesunken — auch eine ganz unglaubliche und sinnlose Erdichtung, die keine weitere Grundlage hat als die Thatsache, dafs die Schweicker seit 1500 ein Haus mit Nebengebäuden und Gärten in diesem Komplex besafsen — 12), hätten den Hof, den man sonst die goldene Lilie genannt, um 800 fl. verkauft, und es wäre ihre letzte Hofstatt in Nürnberg gewesen. Die letzte Hofstatt der Nassauer konnte dieser Hof schon aus dem Grunde nicht sein, weil sie überhaupt nie mehr als diesen Hof in Nürnberg besessen haben. Unrichtig ist weiter, dafs der Nassauerhof und die goldene Lilie eins und dasselbe gewesen *, die goldene Lilie bildete vielmehr nur einen kleinen Teil des Nassauerhofes. Nicht etwa die Schweicker, wie sich die Nürn­ berger Grafen von Nassau, nachdem sie Bürger geworden wären, genannt hätten, verkauften dann endlich den Hof, son­ dern es verkaufte ihn, wie wir gesehen haben, Graf Johann zu Nassau, Herr zu Hadamar, am 4. September 1363 an den Nürnberger Bürger Hertwig Volkemare oder Volkmeir oder, wie wir heute die Familie nennen, Volckamer. Was ist nun von all dem Geschreibsel dieses Chronisten als historisch halt­ bar übrig geblieben ? Nicht ein blauer Dunst. Aus allem aber geht bis jetzt das hervor, dafs die Grafen von Nassau das Barfüfserkloster nicht gegründet haben, dafs ihnen auch der Bau des Nassauerhauses nicht zugeschrieben werden kann, am allerwenigsten aber dem König aus diesem Geschlecht, Adolf von Nassau. Die ausgedehnten Besitzungen, 1) Journ. von und für Franken II, S. 45. 2) S. S. 5, Anmerkung.

14 die ihnen in Nürnberg angedichtet werden, schrumpfen zu* sammen auf den Nassauerhof, den sie 1326 erwarben und schon 1363 wieder verkauften. Von den Reichslehen bei Nürnberg, Kammerstein, Schwabach, Altdorf und Heroldsberg, die schon 1299 als Pfandschaften an Graf Emicho von Nassau gekommen waren, verkaufte Graf Johann von Nassau 1360 Altdorf mit seinen Zuge­ hörungen an Burggraf Albrecht von Nürnberg um 10 160 Pfund Haller. *) Es war das ein höchst ansehnlicher Besitz, der fol­ gende Bestandteile umfafste: den Markt Altdorf, den Amtshof und den Kirchensatz daselbst, die Dörfer Ober- und Nieder­ rieden, 6 Huben in dem Dorfe Rasch, das Dorf Wetzelsberg, 2 Lehen zu Schwarzenbruck, Einkünfte aus einem Lehen zu Feucht, die Gauchsmühle und die Besitzungen zu Mosbach und Heimisch-Schwand, 2) die Dörfer Winkelhaid und Richt­ hausen 3), ein Lehen zu Netzstall und Einkünfte von einem Gut daselbst und zu Fuhrenberg, das Dorf Brunn, die Rehs-Mühle, die jetzige Rösmühle im Ursprungthal, die Obermühle eben­ daselbst, ein Lehen zu Heimendorf, das Dorf Niederheideibach, eine Hube zu Oberheidelbach, die Dörfer Winden, Ernhofen, Weifsenbrunn, Palgern4), Raschbach, Otelheim, 5) Pühlheim, Hegnenberg, Ober- und Unterwellizleiten, eine Mühle und ein Lehen zu Pregtal 6), die Besitzungen zu Schwaig und zu Laufamholz mit allen Zugehörungen an Gerichten, Zehnten, Gülten und Diensten, ferner die Zehnten zu Diepersdorf, Hengendorf,7) Oberheidelbach, Leinburg, Ungelstetten,8) Grünsberg, Schwarzenbach, Peunting, Steinbach,{>) Grub, Patten­ hofen 10) und Rasch. Ausgenommen wurde das Dorf Kornburg mit Gerichten, Rechten und allen Zugehörungen, das früher auch zum Gericht Altdorf gehört hatte, dann die Güter zu J) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

Urk. vom 22. Februar 1360. Mon. Zoll. III, Nr. 429. Schwand, östlich von Rednitzhembach. Urkunde: Reuthausen. In den Mon. Zoll, steht unrichtig Rewchausen. eingegangener Ort bei Weifsenbrunn. Urkunde : Okelheim. Pretthaimühle. Hengdorf bei Schwabach. 8) Urkunde: Ylichstetten. B) Urkunde : Steynelbach, später in Steindelbach umgewandelt, jetzt Steinbach. 10; Urkunde: Pettenhofen.

15 Ober- und Unter-Minnberg*) und der Zehnte zu Vyhtech,2) womit Graf Johann von Nassau seinen Getreuen Engelhard den Yolkolt von Tann (Burgthann) zu seiner Veste Kammerstein verburghutete. Das Dorf Heroldsberg mit Amt und Gericht ging im Jahre 1361 durch Kauf um die Summe von 2260 Pfund, 13 Schilling der kurzen und vier Haller von Graf Johann von Nassau und seinem gleichnamigen Sohn an Burggraf Albrecht über3) und drei Jahre später 4) auch die Feste Kammer­ stein, der Markt Schwabach und Kornburg. Damit hatte sich Graf Johann von Nassau auch des letzten Besitzes entäufsert, den er noch in der Nürnberger Gegend hatte.

II.

Das sogen. Nassauer Haus, seine Besitzer und der Erbauer. Karl IV. Erbauer des Nassauerhauses ? Ansichten der Historiker und Kunsthistoriker über Alter und Bedeutung des Hauses. Essenweins neue Aufstellung. Waren die beiden unteren Geschosse Magazine? Bevorzugte Lage des Hauses. Das Nassauerhaus — ein Patrizier-, Bürger- und Kaufhaus. Die Urkunden über das Nassauerhaus. Der bekannte Zweitälteste Besitzer, Jobst Haug, Erbauer des Hauses 1422. Die folgenden Besitzer. Teilung des Nassauerhauses und des Neben­ hauses in der Karolinenstrafse durch Ulrich und Endres Haller im Jahre 1470. Ergebnisse. Wie konnte die Sage vom Nassauerhaus entstehen ?

Wenn ich nun das Besitztum der Grafen von Nassau in Nürnberg auf einen einzigen Hof beschränkt und ihnen das sogenannte Nassauerhaus völlig abgesprochen habe, so wird man nicht ohne alle Berechtigung die Frage stellen, wem hat denn das Haus gehört, wenn nicht den Grafen von Nassau und zwar *) 2) 3) 4)

Urkunde : Ober- und Nieder-Munperg. Waldmark bei Winkelhaid. Mon. Zoll. III, Nr. 468. Urk. vom 22. Februar 1361. ebend. IV, Nr. 34. Urk. vom 4. August 1364.

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einem König aus diesem Geschlechte, der dann ja nur König Adolf gewesen sein könnte? Man wird von mir verlangen, dafs ich, nachdem ich den nun seit Jahrhunderten bestehenden, von der Sage aufgeführten und aufrecht erhaltenen Bau eingerissen, jetzt auch einen anderen, einen besser gefügten an des alten Stelle setze. Wenn man nun auch dem Kritiker, der mit grund­ losen Meinungen und dem wirren Geranke der Sage aufzuräumen hat, nichts stets zumuten kann, dafs er die Dinge so vorführe, wie sie in der Tat waren — es ist dies in vielen Fällen wegen der kaum noch sickernden Quellen gar nicht möglich —, so ist er doch verpflichtet, allen Spuren, die sich ihm zeigen, nachzugehen, um der wahren Gestalt der Dinge, so viel ihm möglich, auf den Grund zu kommen, um auf dem von Schutt und Trümmern befreiten Bauplatz ein neues, besser gegründetes Gebäude aufzuführen. Ich will es versuchen. Man nimmt wohl an, dafs das Nassauerhaus noch im 14. Jahrhundert, um die Mitte oder doch im letzten Viertel, erbaut worden sei. Dann müfste der Bau noch in die Regierungszeit Karls IV. fallen; denn es ist beinahe ausgeschlossen, dafs er unter der Regierung des tatenlosen, apathischen und durch und durch faulen Königs Wenzel entstanden sei. Nach dem Charakter des Baues, der die Wappen der ersten geistlichen und weltlichen Mächte, des Papstes und des Kaisers sowie der sämtlichen Kur­ fürsten aufweist, ist nämlich anzunehmen, dafs er entweder von einem deutschen König oder Kaiser aufgeführt worden ist, oder doch den innigsten Beziehungen zu einem solchen seine Entstehung verdankt. Wenigstens gilt das von der Galerie mit den Wappen. Denn kein Bürger und auch nicht der Rat der Reichsstadt * wäre befugt gewesen, diese Wappen an einem Privat- oder Stadthause in einer so auffallenden Weise und in einer so erschöpfenden Vollständigkeit anzubringen. Für die Entstehung des Hauses zu jener Zeit in der jetzigen Gestalt würde allerdings manches sprechen. Die deutschen Kaiser sahen nicht stets in der auf der Höhe des Burgbergs gelegenen Burg, die nach jahrelanger Nichtbenützung wohl recht ungastlich und ungemütlich sein mochte, ein geeignetes und gemütliches Quartier. Kann man es doch höchst auf-

fallend finden, dafs schon Kaiser Ludwig wiederholt bei hervor­ ragenden Bürgern der Stadt, wie bei dem Spitalgründer Konrad Grofs, bei Heinrich Weigel am Milchmarkt und Albrecht Ebner am Salzmarkt, zu Gast *) war. König Maximilian herbergte 1489 bei Christoph Scheurl dem älteren, worüber Christoph Scheurl, der Sohn, berichet: »König Maximilian herbriget in unserm haus unter der vesten, unser muter was im wildpat, unser vatter lert uns, wie wir sein mt. entpfahn solltn. Das geschah in der grofn stubn«. 2) Sollte es nicht denkbar sein, dafs sich der reiche und prachtliebende Kaiser Karl IV. in einer Stadt wie Nürnberg eine eigene Residenz erbaut hätte, wie er sich den sogenannten Frauensaal, die Marienkirche, als königlichen Betsaal und wohl auch zu dem Zweck erbaut hatte, um von dessen Vorhalle herab dem auf dem Markte harrenden Volke die Reichskleinodien zeigen zu können? Die Brüstung beider Bauten ist sich so ähnlich, dafs man zu der Annahme gezwungen wird, dafs jene der Frauenkirche der des Nassauerhauses als Vorbild gedient habe. Und so könnte Karl IV., wie er der Erbauer der Frauenkirche war, auch der Erbauer des Nassauerhauses ge­ wesen sein. Um so eher könnte man gerade damals die Entstehung eines besonderen Königbaues neben der Burg für durchaus möglich, ja völlig in den Rahmen der Verhältnisse passend annehmen, als gerade in jener Zeit Nürnberg allgemein als das Herz des deutschen Reiches galt. Nürnberg nennt der Kaiser selbst in einer Urkunde von 1366 die »vornemste. und bafs gelegenste stat des richs«, wo er mit Herrn und Städten, um ihre Geschäfte zu handeln, Wohnung und Hof zu halten pflege. 3) In Nürnberg liefs er die 23 ersten Kapitel der goldenen Bulle ausarbeiten und verkündete sie auf dem glänzenden Reichstag daselbst am 10. Januar 1356. In einem Kapitel der goldenen Bulle bestimmte er ausdrücklich, dafs jeder neuerwählte deutsche König seinen ersten Reichstag in Nürnberg abzuhalten habe. x) Dafs er deshalb auch bei ihnen wohnte, geht allerdings daraus nicht mit Sicherheit hervor. 2) Städtechroniken V, 499, Var. 1. 3) v. Wölckern, Hist. Nor. dipl., Nr. 201.

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Auch die päpstlichen Urkunden wissen die Bedeutung der Stadt wohl zu würdigen. In einer älteren Übersetzung einer vom Papst Innocenz VI. am 30. April 1361 *) ausgestellten Bulle wird von Nürnberg hervorgehoben, dafs es »so grofs, namhaft und berühmt sei, dafs schier der Dritteil der Menschen der ganzen Diözese Bamberg allda innewohne und auch die römischen Kaiser daselbst zu Zeiten ihr Anwesen zu haben und ihre Parlamente zu halten gepflogen hätten«. Wie innig das Verhältnis Karls IV. zu der bevorzugten Reichsstadt sich gestaltet hatte, geht vornehmlich daraus hervor, dafs er, abgesehen allerdings von Kaiser Ludwig dem Bayer, von allen deutschen Königen und Kaisern am häufigsten, ja ganz unverhältnismäfsig oft in Nürnberg weilte, an die 50 Male und wiederholt ganze Monate lang. Der machtvolle und energische Regent fafste sogar den Plan, seine Hausmacht, die sich vorzugweise in dem Königreich Böhmen repräsentierte, bis hart an Nürnbergs Tore hinauszurücken. Mit welcher Tat­ kraft er an die Durchführung dieses grofsen Werkes ging, beweist am besten die in St. Peter zu Rom am 5. April 1355 erlassene Urkunde*2), wodurch er die Städte, Festen und Märkte: Sulzbach, Rosenberg, Neidstein, Hartenstein, Hohen­ stein, Hilpoltstein, Lichteneck, Durndorf, Frankenberg, Auerbach, Hersbruck, Lauf, Velden, Plech, Eschenbach, Pegnitz, Hauseck, Werdenstein, Spiefs, Ruprechtstein und Bernau der Krone Böhmen einverleibte und diesem weitausgedehnten Bezirk eine besondere Landesordnung verlieh. In Lauf, wo er eine besondere Residenz, ein Schlofs, besafs, weilte er zu wiederholten Malen. 3) Und wie heimisch hatte er sich im Nürnberger Reichswald ein­ gerichtet. Bei Brunn im Wald lagen des Königs Wildbänne und Federspiele. In der kleinen Waldfeste bei Brunn pflegte er zu übernachten und auszurasten, wenn er des edlen Weid­ werks pflegte. Im Jahre 1348 stellte er diese Burg unter die 4) Kopialbuch im städt. Archiv zu Nürnberg. 2) Lünig, Reichsarchiv, 6b. 467. v. Wölckern, Hist. dipl. Nor., S. 357 ff. Reg. Boica VIII, 317. Böhmer-Huber Nr. 2019, wo die weiteren Fundorte angegeben sind. 8) Erlangen erwarb der Kaiser durch Urkunde vom 23. Dezember 1361 von Bischof Lupoid von Bamberg für 2225 Pfund Haller. Lammers, Geschichte der Stadt Erlangen, S. 183. Urkunde Bischof Lupolds vom 26. Dezember 1361 bei Pelzel, Karl IV, 2. Bd. S. 281.

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Obhut des Nürnberger Rats, »die Burg Brunn im Walde, in all der Weise und Meinung und mit all den Rechten, wie er ihm seine Burg und den Turm ob Nürnberg empfohlen hatte, ihm damit zu gewarten«. Sobald aber der Thron verwaist war, sollte die Feste Brunn dem Rate ebenso gehören und zustehen wie die Burg zu Nürnberg bis auf einen künftigen König. Ich wiederhole es, ein Kaiser, der zu der Reichsstadt in einem so innigen Verhältnisse stand wie Karl IV., konnte wohl daran denken, sich in der Stadt mitten unter den Bürgern ein besonderes Haus, eine eigene Residenz zu erbauen. Ich habe auch anfangs daran gedacht, dafs dieser Kaiser der Erbauer gewesen, aber je mehr ich mich in Gedanken mit dem eigen­ artigen Gebäude beschäftigte, desto mehr kam ich von dieser Ansicht ab. Die Bauweise der Brüstung pafst gar nicht in die Zeit Karls IV., sie ist freilich nach dem Muster der Vorhalle der Frauenkirche gebaut worden, aber doch wesentlich später. Bevor wir indes der Frage nach der Zeit der Erbauung des Nassauerhauses auf Grund der Urkunden und der Momente, die der Bau selbst darbietet, näher treten, erscheint es nicht nur anziehend und lehrreich, sondern auch durchaus geboten, uns mit den Ansichten der Historiker und Kunsthistoriker in dieser Beziehung näher bekannt zu machen. Nach Lochner bot der Bau schon in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts den Anblick eines Turmes dar, und er will daraus, dafs »die Wappen *) an der oben herumlaufenden Galerie dieselben sind wie über dem Portal und an der Galerie der Frauenkirche«, den Schlufs ziehen, dafs »auch der ganze Bau ursprünglich und in seinen Hauptbestandteilen aus derselben Zeit, also aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, herrühre«. Lübke 2) bemerkt, dafs »das um 1350 erbaute Haus Nassau« sich im Gegensatz zum »steinernen Haus in Frankfurt a. M., das eine überwiegend breite, fast kastellartige Physiognomie zeigt, in schlanker Anlage erhebe, ebenfalls mit Zinnenkranz und zierlichen Ecktürmchen sowie mit einem erkerartigen eleganten Chörlein, wie es bei stattlichen Bürgerhäusern und ’) Die noch vorhandenen Abzeichen Nürnberger Häuser. Zusammen­ getragen und geordnet von einem Forscher in alten Dingen. Nürnberg 1855. S. 51. *) Geschichte der Architektur. Leipzig 1886. 2 Bd., S. 174. 2

Rathäusern sich oft zu finden pflegt«. Nach Springer1) gehört der turmartig in die Höhe steigende Nassauerhof dem 14. Jahr­ hundert an. Aber trotz dieser turmartigen Gestalt »deuten der Erker oder das Chörlein, in der Nürnberger Architektur so sehr beliebt, und noch mehr die Anordnung des Hofes und der inneren Räume den friedlich bürgerlichen Charakter des Hauses an«. Abweichend von diesen beiden nimmt Essenwein2) das Nassauerhaus als ein festes Haus in Anspruch und setzt seine Erbauung in den Beginn des 15. Jahrhunderts. Zur Ermög­ lichung einer näheren Kritik und Prüfung seiner Ansichten, die nicht zu umgehen ist, setze ich die ganze Stelle über das Nassauerhaus in ihrem genauen Wortlaut hieher: »In die Reihe der festen Häuser gehört auch das der Lorenzkirche zu Nürnberg gegenüber stehende, weit bekannte Schlüsselfeldersche Stiftungshaus, das in den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts errichtet worden ist. Es enthält zu unterst zwei Geschosse, die vollständig umgebaut sind, über deren ur­ sprüngliche Gestaltung gar nichts feststeht, von denen wir eben deshalb glauben, annehmen zu sollen, dafs überhaupt dieselben ursprünglich nur als Magazine dienten; denn nicht blofs wen­ dete sich die Front damals dem Friedhofe der Lorenzkirche zu •, sondern man würde auch kaum später zu solch totalem Umbaue gekommen sein, wenn früher schon Wohnräume vor­ handen gewesen wären. Auch über die Treppenanlage, wie sie ursprünglich in dem nahezu quadratisch angelegten Bau wohl vorhanden war, fehlt jeder Aufschlufs. Ebenso wenig ist be­ kannt, wo der Eingang lag und wie er beschaffen war. Der ganze turmartige Bau macht den Eindruck, als sei er schon ursprünglich Teil einer gröfseren Anlage gewesen, obwohl sich nachweisen läfst, dafs die auf beiden Seiten anstofsenden Nachbargebäude nach Norden und Westen früher nicht dazu gehört haben, sondern dafs selbst die jetzt dazu gehörigen, auf der Westseite, erst später dazu gekommen sind. Es liegt also keine Veranlassung vor, von der im Grundrisse nahezu quadratischen Anlage, deren Ähnlichkeit mit den Wohntürmen *) Handbuch der Kunstgeschichte 4. Aufl. Leipzig 1895. S. 222, 223. 2) Im Handbuch der Architektur von Prof. Jos. Durm. II. Teil, 4. Bd., I. Heft. Der Wohnbau von Dr. Aug. v. Essenwein, S. 187.

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der früheren Periode (insbesondere dem Friesacher) sofort auf­ fallen mufs, mehr zu erwähnen als die schöne Frontenbildung der Ost- und Südseite«. Weiter bemerkt er noch : *) »Es ist daher kein normales Patrizierhaus, welches wir . . den Lesern vorführen, das Schlüsselfeldersche Haus, welches der Erbauer so recht als seine Burg der Lorenzer-Kirche gegenüberstellte, welches im Besitze der Familie bis zu deren Aussterben blieb und jetzt noch wie für künftige Zeiten im Besitze der Schlüsselfelderschen Stiftung zu bleiben hat, die aus dem Vermögen der ausge­ storbenen Familie gebildet ist«. Und um bezüglich seiner Meinung keinen Zweifel übrig zu lassen, stellt er dann folgenden markanten Satz auf: »Es ist ein festes Haus, ein Donjon im vollsten Sinne des Wortes, und nur weil diese Türme den Besitzern sichere Wohnung bieten sollten, haben wir auch unter den Wohn­ gebäuden derselben zu gedenken«. In der weiteren Ausführung nimmt er eine Kapelle über zwei Geschossen von Vorratskammern an, darüber den eigent­ lichen Wohnraum und endlich die Wehrplatte. Diese Kapelle soll zugleich als Palas gedient haben. Die Wohnung, welche bescheiden und klein gewesen, verlegt er ausschliefslich in das oberste Geschofs. »Das Auffallendste an der ganzen Woh­ nung«, betont er dann wieder, »bleibt immer die Frage nach der ursprünglichen Treppe. Im Innern des Hauses war sie nicht*, das zeigt die Kapelle, durch welche sie ja hindurch­ gegangen sein müfste. An der Nordseite stiefs von jeher ein fremdes Haus an-, das jetzt dazu gehörende Haus an der West­ seite wurde erst vor kurzem dazu erworben und hatte früher nie dazu gehört. Der Anschlufs dieses Hauses an den Turm zeigt jedoch, dafs ursprünglich eine jetzt dazu gezogene kleine Reihe sich dazwischen befand*, in dieser mufs, solange sie noch geöffnet war, etwa an der Stelle, wo jetzt die neue liegt, die Treppe gelegen haben ; ohne Zweifel eine Holztreppe, welche der Erbauer zu beseitigen gedachte, sobald sein Turm ange-

*) ebend. Heft 2, S. 86, 87.

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griffen werden sollte, so dafs alsdann wie bei den Burgtürmen nur ein Aufzug noch den Eintritt in das Innere gestattete«.1) Was hier von den verschiedenen Historikern über das Alter, den Charakter und die Bedeutung dieses Hauses gesagt ist, wird in der Beleuchtung, die die erhaltenen Urkunden ge­ währen, zu betrachten sein. Insbesondere ist dies, wie wir später sehen werden, auch bezüglich der von Essenwein auf­ gestellten Behauptung über die Treppenanlage der Fall. Wenn

Die weiteren Arbeiten, die auf das Nassauerhaus Bezug nehmen, gehen auf Essenweins Aufstellungen zurück. Vorsichtiger als Essenwein spricht sich allerdings Ree in seinem »Nürnberg« aus, wenn er auch den Charakter einer Burg für das Haus beansprucht. A. a. O. S. 47 bemerkt er: »Mit seinen Quadermauern und verhältnismäfsig kleinen Fenstern, die wahrscheinlich ihre ursprüngliche Form haben und nicht, wie vermutet worden ist, einst spitzbogig abschlossen, macht das Nassauerhaus den Eindruck eines Befestigungs­ zwecken dienenden starken Mauerturmes, der einst Teil einer gröfseren Anlage war. Die mit der gegenüberliegenden Kirche in Bezug auf Pracht und Zierlich­ keit wetteifernde Ausstattung : die reichen Mafswerkverzierungen der Eck­ türmchen, der Zinnen und der wappenbesetzten Brüstung, der prunkvolle Schmuck der auf schöngegliederter Konsole ruhenden, mit biblischen Relief­ darstellungen versehenen und in eine schlanke Laterne auslaufenden fünfseitigen Chörleins und die Aufstellung des betenden Engels unter zierlichem Baldachin an der Ecke des Hauses lassen vermuten, dafs wir hier die Wohnung eines kunstsinnigen Patriziers vor uns haben, der seine Burg für sich haben wollte, diese mit einer Hauskapelle versah und deren Chor in so anmutigerWeise aus der Mauerfläche hervortreten liefs«. Den Grafen von Nassau spricht er den Besitz des Hauses mit Recht ab, nennt aber als die ersten Besitzer die Haller (nach Lochner im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Jahrg. 1853, Sp. 65. Richtig ist der Sachverhalt dargestellt bei Lochner, Abzeichen, S. 51 ff.), dann die Schlüsselfelder. Hans Stegmann, der schon vor R6e die geschichtliche und kunstgeschichtliche Einleitung für die Festschrift zur 40. Haupt­ versammlung des Vereins deutscher Ingenieure'(1899) schrieb, weist mit Recht darauf hin (S. 27), dafs der festungsartige Charakter des Hauses in Nürnberg durch Bürgerunruhen und Parteikämpfe nicht bedingt sein konnte, und findet ihn auffallend. Als ursprünglichen Zugang nimmt er nach Essenwein eine entfernbare Treppe aufsen auf der Westseite an. Die bekannten ältesten Besitzer sind bei ihm richtig angegeben. Die Abhandlung über »Häuser und Wohnungen in Nürnberg« in der Festschrift zur 24. Versammlung des deutschen Vereins für Gesundheitspflege in Nürnberg (1899), S. 15. endlich nimmt Essenweins Ansicht in ihrem vollen Umfang beinahe wörtlich wieder auf. Es heifst daselbst: »Das in jüngster Zeit vielgenannte sog. Nassauer­ haus gegenüber der St. Lorenzkirche ist kein normales Patrizierhaus, es ist mehr eine Art »Donjon«, ein Wohnturm, ein festes Haus, welches seinem Besitzer Sicherheit gegen äufsere Feinde bieten sollte ; es ist dieses Gebäude in jeder Beziehung eine Ausnahme vom städt. Wohnhause überhaupt und dem in Nürnberg gebräuchlichen insbesondere«. Diese Aufstellung ist dann ihrem ganzen Wortlaut nach in den Bericht zur Lage des Denkmalschutzes, erstattet in der Generalversammlung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine zu Strafsburg i. E. 1899, übergegangen (Pro­ tokolle dess. S. 224).

23 Essenwein weiter meint, dafs über die ursprüngliche Gestaltung der beiden unteren Geschosse gar nichts feststehe und dafs er deshalb annehmen müsse, dafs sie überhaupt nur als Magazine dienten, nicht allein, weil sie in der Front dem Lorenzer Fried­ hofe zugewendet waren, sondern auch weil man sich später kaum zu einem totalen Umbau verstanden haben würde, wenn früher schon Wohnräume vorhanden gewesen, so mufs diesen durch keine nur irgendwie stichhaltigen Gründe gestützten Annahmen doch auf das entschiedenste entgegengetreten werden. Von einem totalen Umbau kann zunächst bei dem Gewölbe des Erdgeschosses nicht die Rede sein. Wesentliche bauliche Änderungen hat der Raum nicht erlitten. Nur eine Scheide­ wand ist eingesetzt worden, und die ursprünglich kleinen Licht­ öffnungen sind nach der Breite wie Höhe weiter in die Gewölbe­ kappen hinein ausgeschnitten. Sonst trägt der Raum in seiner ganzen Ausgestaltung den Charakter des 13 Jahrhunderts, dem er angehört. Dafs dieses Gewölbe als Magazin gedient hat, halte ich nicht allein für möglich, sondern auch für höchst wahrscheinlich und befinde mich in diesem Punkte mit Essenwein in Über­ einstimmung. Dagegen mufs diese Annahme bezüglich des Gewölbes im 1. Stockwerk doch stark in Zweifel gezogen werden. Als Magazine waren doch sonst die Räumlichkeiten im Erdgeschofs verwendet, und dieser Raum ist denn doch zu grofs und mit seiner alten Decke zu schön ausgestattet, als dafs man in ihm nur ein Magazin vermuten könnte. Für die Verwendung dieses Raumes als Magazin soll besonders der Umstand sprechen, dafs er dem Lorenzer Friedhof zugekehrt war. Es läfst sich dagegen einwenden, dafs die weiteren Stockwerke, die dieselbe Lage hatten, von jeher den vornehmsten Nürnberger Geschlechtern zur Wohnung dienten. Warum denn nicht auch der geräumige Saal im ersten Stockwerk? Essenwein wird allem Anschein nach zu dieser Aufstellung durch die Annahme bestimmt, der Lorenzer Friedhof habe sich noch über einen guten Teil der heutigen Königsstrafse hin erstreckt, eine Anschauung, die der Wirklichkeit durchaus widersprechen würde. Eine der lebhaftesten Strafsen vielmehr, welche von dem uralten Stadttor »hinter den Juden« von der

24 Sebalder Stadthälfte durch die Plobenhofstrafse über die älteste Brücke der Stadt — die Barfüfser- oder heutige Museums­ brücke — führte und ursprünglich allein den Verkehr zwischen den beiden Stadthälften vermittelte, lief unmittelbar an unserem Hause vorbei, eine Strafse, die weiter hinausführte zum Frauen­ tor, dem Ausgangspunkt der alten, bedeutenden Handelsstrafsen nach Regensburg, Wien, Ungarn und dem Orient und nach Augsburg, Lindau, München, Tirol und Italien. Da mufs es denn doch als ganz undenkbar bezeichnet werden, dafs der Friedhof von St. Lorenz die Königsstrafse ganz oder auch nur zu einem erheblichen Teil eingenommen habe. Nicht weit über die westliche Frontlinie der Kirche hinausgehend, nahm er hauptsächlich die Nord-, Ost- und Südseite von der Kirche ein und war wohl auch früher, bevor er als Begräbnisplatz — seit den 20 er Jahren des 16. Jahrhunderts — einging, durch eine Mauer befriedet. Die breite, lebhafte Strafse gegenüber der herrlichen Front der Kirche mufste damals schon trotz des Kirchhofs, der hier wenig stören konnte, als eine der schönsten und begehrenswertesten Lagen gelten, sicher aber konnte der unliebsame Anblick des Friedhofs keinen Grund abgeben, die unteren Stockwerke des Hauses ausschliefslich als Magazine zu verwenden. Wollte man diesem Umstande auch nur einiges Gewicht beilegen, so müfste man auch die höheren Stockwerke zu Wohnräumen ungeeignet finden, denn von hier aus konnte man den Friedhof noch viel besser übersehen. Die Gegend bei St. Lorenz galt denn auch als eine ganz bevorzugte Lage *), und die Familien, die insbesondere seit alter Zeit das sog. Nassauerhaus bewohnten, gehörten zu den ältesten und edelsten Patriziergeschlechtern. Wie fast alle diese Familien, trieben sie Grofsgewerbe, Grofshandel, Kaufmann­ schaft. Deshalb haben sie das Haus in ganz analoger Weise eingerichtet, wie die Häuser der übrigen Kaufherrn. »In den Kaufhäusern«, schreibt ein trotz neuerer Arbeiten auf dem Ge­ biete der Nürnberger Kunstgeschichte immer noch nicht ganz

*) Gerade in dieser Gegend wohnten eine Reihe von Patrizierfamilien wie die Nützel, die Imhoff, die Paumgartner, die Pömer, die Holzschuher, Löffelholz, Pfinzing, Schmidmair u. a.

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veralteter Nürnberger Kunsthistoriker, *) »ist (wie in Venedig, an das überhaupt manche Einrichtung, selbst in der Verfassung erinnert) das Erdgeschofs ausschliefslich für den Handelsbetrieb und ausgedehnte Warenlager eingerichtet *, in den oberen Stock­ werken ist für eine meist grofse und durch verhältnismäfsig eng beisammengehaltene Haushaltung eine Menge von Kammern hergerichtet, einige mit schwerem, oft schön geschnitztem Täfelwerk gedeckt* u. s. w. Schöne Beispiele Altnürnberger Kaufhäuser sind das alte Imhoffsche — jetzt Bankier Kohnsches Haus in der Königsstrafse — mit seiner bemerkenswerten Tenne gleich im Eingang und seinem schönen spätgotischen Hof, dann aber ganz besonders das ehemalige Kraftsche, jetzt magistratische Haus in der Theresienstrafse — auch ein altes patrizisches Haus, das u. a. auch den Stromern zur Rose, so­ genannt nach diesem Hause, gehörte —, mit ausgesprochenen italienischen Anklängen in der Gestaltung des Hofes mit den weitgespannten Bögen der Galerien, Gerade dieses Haus ge­ währt in seinem geräumigen, von kräftigen Säulen getragenen Tennengewölbe, das leider infolge des vor einigen Jahren vor­ genommenen Umbaus nicht mehr in seiner ganzen Ausdehnung als Tenne erhalten ist, das anschaulichste Bild von der Be­ schaffenheit eines alten nürnbergischen Kaufhauses. Der weit ausgedehnte, gleich am Eingang gelegene Tennenraum war eben zur Annahme und Abfertigung der Güter bestimmt, und das gleich danebenliegende Kontor ermöglichte es dem Ge­ schäftsleiter, den ganzen Betrieb zu jeder Zeit aus unmittel­ barster Nähe zu überblicken. Auch im Nassauerhaus war die Einrichtung nicht anders. Vor dem jetzigen Umbau des ursprünglich schon dazugehörigen Nebenhauses in der Karolinenstrafse war noch der sehr ge­ räumige, hohe und eindrucksvolle Tennenraum zu sehen, in dem die an den Wänden angebrachten Zierden auf den ehe­ maligen Charakter des Hauses hinwiesen. Das Haus war nämlich von jeher ein Bürger- oder Patrizierhaus, und es will notwendig erscheinen, diesen Umstand ganz besonders zu betonen. Schon aus diesem Grunde könnte J) R. v. Rettberg, Nürnbergs Kunstleben in seinen Denkmalen. Stutt­ gart 1864. S. 60.

26 es weder Adolf von Nassau noch Karl IV. erbaut haben. Der erste urkundlich beglaubigte Besitzer ist Hermann Steiner aus patrizischem Geschlecht, der die Kemnate, wie man in Nürn-' berg derartige turmartige Gebäude, *) wie z. B. auch den vor mehreren Jahren abgebrochenen Turm in der Tetzeigasse, den sog. Kleeweishof, zu benennen liebte, im Jahre 1398 besafs. 2) Es gehörte noch dazu das anstofsende Haus in der Karolinenstrafse. Ferner besafs Hermann Steiner bis ins Jahr 1398 auch das angrenzende Haus in der Königsstrafse, denn damals ver­ kaufte er das Haus zwischen seiner Kemenate und des Hein­ rich Recken Haus gelegen, gegenüber von St. Lorenz, an Fritz Frick von Eschenbach, als es mitsamt der Mauer hinten an dem Loche und der Wand mit den zweien Säulen gerade auf sich erstreckt (gerichts auf begriffen hat) . . . mit dem Rechte, dafs derselbe Frick und seine Erben an der Mauer gegen den Steiner Recht haben sollen nach der Stadt Recht, und sollen dort kein Licht machen noch haben dann zwei Gaden hoch über der Erde also, dafs sie oberhalb der Rinne, wie hoch sie wollen, einfallende Lichter in der Weite von zwei Schuhen, so­ viel sie wollen, machen mögen. Es soll auch das Wasser von des Steiners Kemnate auf den Frick fallen und die Mauer zwischen dem Frick und Reck im Keller zu beiden Häusern gehören. Im Eigenbesitz der Familie Steiner war das sog. Nassauerhaus wohl schon lange Zeit vorher, und man könnte vielleicht vermuten, dafs das Haus des Heinrich de Lapide (Heinrich von Stein oder Steiner),3) dem gegenüber an der ]) Das Turmartige ist übrigens für die Benennung derartiger Häuser nicht das Entscheidende. Es waren Steinhäuser, in denen eine Kaminanlage gefahrlos war, und von dem Vorhandensein des Kamins führten sie ihren Namen. Es ist eben zu berücksichtigen, dafs in der älteren Zeit, da Holzund Fachwerkbauten die Regel waren und zwar in dem Mafse, dafs Stein­ bauten häufig genug als etwas ganz Aufserordentliches, ja sogar zur Bestimmung von Örtlichkeiten angeführt werden. a) Die Hausurkunden über das sog. Nassauerhaus hinterliegen im Archiv der Schlüsselfelderschen Stiftung, in welchem sich auch ein Kopialbuch mit den allerdings vielfach fehlerhaften Abschriften der Originale befindet. Nach diesen Abschriften hat Lochner die Abschriften für seine Norica (städt. Archiv) genommen. Benützt, aber in keiner Weise ausgenützt sind die Ur­ kunden von Lochner, Abzeichen, S. 51 ff. 3) Auf die Familie der Grofs (Magni) von Stein (Altenstein) werde ich in einem späteren Heft der Mitteilungen zurückkommen. — Wahrscheinlicher ist es allerdings, dafs der obengenannte Heinrich de Lapide mit dem Butigler

27 Ecke der Gasse ein Haus lag, das eine Frau Dietmundis, die Witwe Rüdigers, genannt Öger, 1254 dem Kloster Heilsbronn schenkte, **) kein anderes war, als das des Hermann Steiner in der Urkunde vom Jahre 1398, unser sog. Nassauerhaus. Von Hermann Steiner ging die Kemnate an Jobst Haug aus ehrbarem und angesehenem Geschlecht über. Zwischen ihm und seinem Nachbar Fritz Frick kam es im Jahre 1421 zu allerlei nachbarlichen Irrungen wegen der Lichte des letzteren in den Hof des Jobst Haug und wegen des heimlichen Gemachs. Fritz Frick wurde durch den Entscheid von 5 Bauverständigen vom 6. September in seinen Rechten geschützt, »nur das Ort Fensterlein (Fensterlein in quadratischer Form), das an des Jobs Haugen Kemnaten stöfst«, soll er »gerichts« (gerade, wohl mehr hinaufwärts, mehr rechteckig) wie die andern Fenster ausführen. Auch von des heimlichen Gemachs wegen, des hab’ derselbe Frick Recht und solle es auch dabei bleiben«. Dann aber — 1422 — fing Jobst Haug zu bauen an, und Fritz Frick beschwerte sich darüber, dafs er ihm Licht und Sonnenschein verbaue anders, dann er Recht habe. Insbeson­ dere oberhalb der Rinne, die die auf Bitten der beiden Teile aufgestellten Bauleute Wilhelm Rumei, Andres Volkmeir, Hilpolt Krefs, Kunz Paumgartner, Stephan Schüler, Jakob Topler und Hans Rieter gesehen, solle er ihm gar kein Licht noch Sonnen­ schein verbauen, wie er das mit einem versiegelten Brief er­ bringen wolle, worin ihm der Steiner solche Lichte oberhalb der Rinne gegeben und gegönnt habe. Auch hätten ihm — Fritz Frick — solche seine Fenster die Bauleute Andres Volk­ meir, Ulrich Fütrer, Kunz Paumgartner, Jakob Topler und Hans Rieter sowie das Gericht abermals zugesagt, wie er das gleichfalls mit einem besiegelten Briefe erbringen wolle. Des­ halb hoff’ er zu Gott und zu dem Rechten, Jobst Haug verbaue ihm oberhalb der Rinne seine Lichter und seinen Sonnenschein nicht und lafs ihn dabei und in seiner Gewere bleiben. Des Heinrich von Stein (von Hilpoltstein) identisch ist, der zu dem Kloster Heils­ bronn in nahen Beziehungen stand. Siegert, Gesch. der Herrschaft, Burg und Stadt Hilpoltstein, S. 105 ff. *) Urk. erwähnt bei Muck, Gesch. von Kloster Heilsbronn, I, 71. Ein­ geschrieben in das Kopialbuch des Klosters Heilsbronn : Documenta, tom I, Bl. 212 im kgl. Kreisarchiv Nürnberg.

28 hab’ er Schaden genommen 300 Guidein. Des verantwortete sich Jobs Haug und leugnete der Beschädigung und erklärte, er begehre dem Frick in seine Briefe und Lichte nichts zu reden, soweit er Recht hab’, und wenn er ihn anspräche, er wolle ihm seine Lichte anders verbauen, als er Recht hätte, so täte er ihm ungütlich daran, da er ungern anders bauen wollte, als es die Bauleute allweg ihr jedem zugelassen hätten und als es von Alter also herkommen wäre, dafs nämlich jeder des Seinen drei Schuh liegen lassen solle*, und das wollt’ er auch tun und hoffe, dafs er ihm darüber nichts mehr schuldig sei. Darauf entschied das Stadtgericht, sie sollten Bauleute dazu führen, die das sähen und ihr beider Bedürfnis und Briefe verhörten, und wenn die dann darüber sagten, wie sie es ge­ sehen, so sollt’ dann darnach geschehen, was Recht sei. Und darnach kamen vor Gericht die Bauleute Andres Volkmeir, Ulrich Fütrer, Jakob Topler und Hans Rieter und sagten aus, sie wären bei dem Gebäu und den Lichten gewesen und hätten auch beider Teile Briefe, Rede und Widerrede gehört und ver­ nähmen wohl aus den Briefen, wie Hermann Steiner sei. dem Fricken sein Haus zu Erb verkauft und ihm in dem Kauf aus­ drücklich verschrieben hätte, dafs derselbe Frick und seine Erben oberseit der Rinne Licht haben möchte, soviel er wollte in der Weite und Höhe, als es der Brief innehielte. Da nun der Haug meine, er könne aufbauen auf sich selbst in solcher Höhe, als sich gebühre, wenn er nur drei Schuh liegen lasse, der Frick aber meine, jener habe dazu kein Recht, da die Lichte seine verkauften und verschriebenen Lichte seien, und sollte jener also bauen, so möchten es nicht mehr Lichte sein und würden ihm also gekränkt und verbaut gegen seine Ver­ schreibung und Briefe, so wüfsten sie die beiden über solch Brief und Urkunde nicht zu bescheiden und zu unterweisen und empfählen das dem Rat. Jetzt kam die Sache an den Rat zur Entscheidung. Fritz Frick liefs durch Herrn Stephan Coler und Herrn Peter Volkmeir eidlich vor dem Stadtgericht bezeugen, dafs sie dabei gewesen in offenem Rat, als der obgenannte Fritz Frick auf der einen und Jobst Haug auf der anderen Seite ausgesagt und bekannt hätten, dafs sie die Sache ganz und gar zu der Minne (Güte,

29 gütlichen Entscheidung) dem Rat anheimgegeben, und also hätte der Rat zwischen ihnen zu der Minne geschieden und ge­ sprochen : Wenn der ehgenannte Jobst Haug bei des ob­ genannten Fricken Lichten aufbauen wolle, so solle er von der Stelle, wo des Fricken Lichte anfangen, sechs Stadtschuh ent­ fernt (herdan == von einem Orte her, weg) von der Mauer aufbauen und nicht mehr, ongefährde. Diese Urkunde ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert und wichtig. Einmal zeigt sie uns das Verfahren in Bau­ streitigkeiten in einer verhältnismäfsig frühen Zeit. Auf Grund der Urkunden und des Gutachtens der Bauverständigen (Bau­ leute) sucht das Stadtgericht zu entscheiden. Da aber die Sachverständigen zu einem festen Entscheid nicht gelangen, so stellt das Stadtgericht auf deren Antrag die Entscheidung dem Rat anheim, der dann den Streit in der Güte beilegt, was darauf vor dem Stadtgericht durch Zeugen bekundet und beur­ kundet wird. Zweitens aber geht aus dieser wie aus den gleich zu erwähnenden weiteren Urkunden unzweifelhaft hervor, dafs Jobst Haug an dem sog. Nassauerhaus bedeutende Bauten vornehmen liefs, ja dafs er als der eigentliche Erbauer des Hauses zu gelten hat. Wenn diese und weitere gleichzeitige Urkunden derart bestimmt und sicher die Erbauung des Hauses dem Jobst Haug zuschreiben, so besteht kein Grund an deren Zeugnis, dem zuverlässigsten von allen, zu zweifeln. Danach mufs Jobst Haug damals das Haus neu aufgebaut haben, mit Ausnahme zunächst des Kellers und des Gewölbes im Erdgeschosse, die vom früheren Bau stehen geblieben waren, und mit Ausnahme end­ lich der Galerie, die, wie wir später sehen werden, ihre Ent­ stehung einem ganz besonderen Anlasse verdankt. Der Keller des Nassauerhauses (der sog. Nassauerkeller) gehört mit seinem kurzen Pfeiler, dem darauf gesetzten, zwar roh gearbeiteten, aber in seiner Mächtigkeit immerhin wirkungs­ vollen Würfelkapitäl und dem darauf ruhenden Gewölbe von zugehauenen kleinen Sandsteinen, das durchgehende Diagonal­ gurte zeigt, dem 13. Jahrhundert an. Das Gewölbe des Erd­ geschosses wird getragen von einer kurzen Säule mit einfacher Base und einem ebensolchen Kapitäl, an dessen Unterseite sich noch die Spuren von Laubknollen erkennen lassen. Vom

30 Kapitäl gehen acht durchgehende Gurtbögen aus, die in den vier Ecken und in der Mitte der Mauern verlaufen. Sie zeigen die runde oder die elliptische Form, die nach den beiden Längsseiten hinübergehenden kleineren Gurtbögen weisen einen Ansatz zum Spitzbogen auf. All diese Stilcharaktere lassen er­ kennen, dafs dieses Gewölbe ebenso wie das des Kellers, mit dem es in der Anlage und der Ausführung (z. B. der durchgehenden Gurtbögen) so manches gemein hat, gleichfalls dem 13. Jahr­ hundert angehört. Ja, man darf wohl noch einen Schritt weiter gehen. Bei näherer Betrachtung des Hauses ergibt sich nämlich, dafs das erste Obergeschofs ganz in derselben Weise wie die unteren Teile in Bruchsteinmauerwerk ausgeführt ist, während für die beiden obersten Stockwerke der Quaderstein gewählt wurde. Jobst Haug liefs eben von dem alten Bau stehen, was fest und gut war, und setzte darauf seinen Neubau, den er übrigens höher hinaufführte, wie aus der Klage des Nachbars hervorgeht, der sich über Verbauung von »Licht und Sonnenschein« beschwert. Am 13. März 1423 verkauft Jobst Haug vor dem Stadt­ gericht sein Eigen vor St. Laurenzen über am Eck zwischen des Herzogen sei. und des Fritz Fricken Häusern gelegen dem Konrad Armbauer mit dem Recht auf drei Stühle des Privets im benachbarten Herzogenhaus, wie es von Alter herkommen. Sie sollten es auf gemeinschaftliche Kosten fürben — fegen, räumen — lassen und es durch des Herzogen Haus austragen. Ein weiteres Privet an dem Hause gelegen, das vordem dem Lypman, dann dem Drittler und jetzt des Heinrich Kreutzers sei. Witwe gehörte, wurde von dem Kreutzerschen und dem Armbauerschen Haus gemeinschaftlich gefegt und durch Kon­ rad Armbauers Haus ausgetragen. Weiter bestimmt die Ur­ kunde, dafs die Mauer im Keiler zwischen den beiden Häusern gemeinschaftlich sein und beide Recht daran haben sollen. Die Lichte und Trüpfen, die vom Kreutzerschen Hause auf das Armbauersche ausgehen, sollen unverbaut bleiben und das Wasser davon auf das Armbauersche Eigen laufen wie bisher. Es ist nicht ohne kulturhistorisches Interesse, zu sehen, wie derartige intime Verhältnisse in der alten Zeit geregelt waren. Am selben Tage — 13. März 1423 — ging auch die Eigenschaft an dem Hause St. Lorenzen gegenüber, an der Hein-

31 rieh Kreutzerin Haus gelegen, das Fritz Frick als Erbe inne hatte, gegen ein jährliches Eigengeld von vier Gulden Stadt­ währung von Jobst Haug an Konrad Armbauer über. Fritz Frick wird zu der Mauer des Armbauerschen Hauses am Eck Recht zugesprochen und die früher schon festgesetzten Rechte bezüglich der Lichte, des Wasserabfalls, der im Keller gemein­ schaftlichen Mauer zwischen Frick und der Kreutzerin und der Trüpfe werden hier wieder des näheren dargelegt und noch weiter im einzelnen bestimmt. Als für uns wichtiges Ergebnis dieser Urkunde ist zu ver­ zeichnen, dafs das unmittelbar an das Armbauersche (Nassauer-) Haus angrenzende gegenüber der Lorenzkirche das Fricksche (jetzt Lewaldscher Schuhbazar, Königsstrafse Nr. 20), und das diesem sich anschliefsende das Kreutzersche Haus, das spätere Methaus, dann Cafe' zur Sonne (jetzt Tietzisches Warenhaus, Königsstrafse Nr. 18) war. Mit Fritz Frick bekam der neue Besitzer Konrad Arm­ bauer noch im Jahre 1423 Baustreitigkeiten, die durch die von beiden Teilen bestellten Bauleute dahin verglichen wurden, dafs Armbauer einen grofsen Bogen in die Mauer gebrochen hätte einen Schuh zu tief und zu weit in des Fricken Teil und dafs er beim heimlichen Gemach etwas dazu gegraben. Wolle das Konrad Armbauer zu En. e führen, »dafs es ein heimlich Ge­ mach sull werden«, so solle er es drei Schuh von des Fricken Mauerteil entfernt setzen. Wegen des Überbauens entschieden sie noch, Fritz Frick sei überbaut worden an einer Stelle mehr als an der andern und Konrad Armbauer solle, soweit des Fricken Erbe sich erstrecke, vor den Lichten sechs Schuh Raum lassen, wie der Rat zuvor zu der Minne gesprochen und des Fricken Brief innehalte. Konrad Armbauer war nur kurze Zeit irti Besitz des Hauses, das schon 1424 an Heinrich Topler durch Kauf über­ ging. Am 4. Oktober dieses Jahres erklärt Topler vor dem Stadtgericht, der Bau, den Jobst Haug vormals gegen des Fricken Haus und seine Fenster und Lichte ausgeführt, solle ewiglich also bestehen und bleiben, doch dürfe er ihn zu seiner Notdurft mit Brettern wohl verschlagen oder verkleiben (mit Lehm verstreichen), Fritz Frick aber solle seine sechs Fenster ewiglich behalten in der Weite und Höhe wie jetzt, endlich

32 aber soll Topler an Frick wegen der Zwietracht bis auf nächste Mittfasten 100 Gulden zahlen. Eine weitere Urkunde vom 16. April 1426, wodurch Heinrich Topler die Eigenschaft des Nebenhauses, dessen Erbe den Frickischen Erben gehörte, an die beiden Brüder Erasmus und Sebald Schürstab verkaufte, ist deshalb in hohem Mafse beachtenswert, weil sie von dem Eckhaus gegenüber St. Lorenz ausdrücklich aussagt, dafs es »vormals Jobs Hauge gepauet habe«, ebenso, wie die weitere Urkunde vom 4. Februar 1427, wodurch die Eigenschaft des Nachbarhauses von den Schürstabischen Brüdern an Ulrich Ortlieb überging. Die beiden Schürstab hatten ohne Zweifel um diese Zeit — 1426 — auch die sog. Kemnate, das Eckhaus bei St. Lorenz, er­ worben, worüber allerdings keine Urkunde berichtet. Aber in der ebenerwähnten Urkunde vom 16. April 1426 wird unter anderen schon früher festgelegten Bestimmungen auch jene wiederholt, dafs das Wasser von der Kemnate auf des Fricken sei. Behausung fallen solle, die Kemnate aber ausdrücklich als die der Schürstab bezeichnet. Nach kurzem Besitz verkauften sie sie, wie schon bemerkt, am 4. Februar 1427 an Ulrich Ortlieb : »ir eigen haus bei sant Laurenzen am eck zwischen des Herzogen, metbrauers, und Fritzen Fricken sei. häusern gelegen . . . als das vorn und hinten mit der durchfart umb und umb und durch und durch begriffen het«. *) Die örtliche Bestimmung: »zwischen des Herzogen, Met­ brauers, und Fritzen Fricken sei. Häusern gelegen« könnte immer noch zu der Meinung Anlafs geben, das Frickische Haus habe auf der Westseite — in der Karolinenstrafse — an das Ortliebsche Haus gegrenzt, wie das Herzogsche Haus auf der Nordseite — in der Königsstrafse —. Das wäre die natürliche und sonst allgemein übliche Bestimmung der Lage gewesen. Und man könnte vielleicht auch noch, zumal bei der in der alten Zeit nicht immer ganz genauen Ortsbestimmung daran denken, die Urkunde habe ein Haus auf der Westseite im Auge gehabt. Diese Zweifel werden indes durch zwei weitere Ur­ kunden vom 23. Januar und 5. April 1430 vollständig beseitigt. In der Abschrift, die mir vorlag, steht »betroffen«, was keinen Sinn gibt, es mufs wie in den andern Urkunden »begriffen« gelesen werden.



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Durch die erste Urkunde verkaufen die Vormünder »des Fritz Fricken von Eschenbach, Bürgers zu Nürnberg, und Eisbeten, seiner ehlichen Wirtin seligen, Geschäfts« Heinrich Coler und Walther Spengler an Ulrich Ortlieb, dem schon die Eigenschaft an dem Hause zustand, auch »das Erb an dem Hause gen sant Lorenzen Kirchhof über bei dem Brunnen an des ehgenannten Ulrich Ortliebs Eckbehausung gelegen«. Durch die zweite Urkunde — 5. April 1430 — verleiht und vererbt Ulrich Ortlieb »sein Nebenhaus bei sant Lorenzen Prunne zenechst an desselben Ortliebs Eckhause gelegen, als das Umbfangen und Begriffen hätt, das vormals Fritzen Fricken und seiner Wirtin seligen gewesen wär«. Durch die nähere Bestimmung: >gen sant Lorenzen Kirchhof über bei dem Brunnen an des . . Ortliebs Eckbehausung« oder »bei sant Lorenzen Prunne zenechst an desselben Ortliebs Eckhause« wird dem Frickschen Hause seine Stelle ganz bestimmt in der Königsstrafse unmittelbar bei dem Ortliebschen Hause ange­ wiesen. Denn hier stand, wo er noch jetzt durch das im Jahre 1824 errichtete Standbild des Königs Adolf von Nassau ange­ zeigt wird, der Lorenzerbrunnen, wie aus dem Baumeisterbuch des Endres Tuchers (1464—1475) unwidersprechlich hervor­ geht. *) Das Ortliebsche Haus war eben auf der Nordostseite so in die von den beiden folgenden Häusern gebildete Ecke eingebaut, dafs man wohl sagen konnte, es sei zwischen ihnen gelegen. Das »Nebenhaus bei St. Lorenzen Brunnen« vererbte Ulrich Ortlieb durch Stadtgerichtsurkunde vom 5. April 1430 an Stephan Eidkircher mit der vorsichtigen Bestimmung, dafs das Wasser, wie es von der Kemnate auf das Nebenhaus ginge, auch in Zukunft diesen Weg nehmen solle, für den Fall, dafs Ortlieb »dieselben sein Kempnate fürbaz höher pauen und machen würde« . . ., ohne seinen und seiner Erben Schaden. Die sechs Fenster, welche ihnen Ortlieb in sein kleines Höflein gestattet hat, sollen mit eisernen Gittern und mit Glasfenstern J) v Herausgeg. von Dr. Math. Lexer, 64. Publikation des Litt. Vereins zu Stuttgart, S. 193 : »Item ein prunn mit vier eimern vor sant Laurentzen pei Jorg Hallers seligen haus«, d. i. das sog. Nassauerhaus.

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34 vermacht werden, so dafs man daraus nichts in das Höflein giefsen oder werfen könne. Als Eigengeld, das halb auf St. Wal­ purgen- und halb auf St. Michelstag an den Eigenherrn zu leisten war, wurde auf vier Gulden Nürnberger Stadtwährung festgesetzt. Von Ulrich Ortlieb kam unser Haus durch Erbgang an Georg Haller, der mit Ortliebs Tochter Petronella vermählt war. Die Söhne Georg Hallers, Ulrich und Endres, teilten am 30. April den Besitz ihres Vaters, und damals kam der vordere Teil nach der Königsstrafse — die Kemnate — an Ulrich, das Hinterhaus an der Karolinenstrafse an Endres Haller. Bei den schon im 16. Jahrhundert durch ganz durchgreifende Um­ bauten völlig veränderten Verhältnissen ist es aufserordentlicb schwierig, ja zum Teil unmöglich, den Angaben der Urkunde vom Jahre 1470 bis ins einzelnste zu folgen. Das liefse sich wohl nur in dem Falle ermöglichen, wenn uns ein genauer Ein­ teilungsplan der beiden Häuser aus jener Zeit erhalten geblieben wäre. Aber wer hat denn wohl schon Grundrisse und Durch­ schnitte von Privatbauten aus jener Zeit gesehen, die ja nicht einmal von den Öffentlichen Gebäuden — wenigstens gilt das für Nürnberg — auf uns gekommen sind ? Soviel wird übrigens auf den ersten Blick klar: Der vordere Teil konnte nicht auf die Kemnate beschränkt bleiben, wenn diese überhaupt noch bewohnbar bleiben sollte. Dieser beinahe quadratische und enge Bau hatte bis dahin keinen eigenen Eingang gehabt, dessen er auch nicht bedurfte, da er vom Nebenhaus aus zu­ gänglich war. Auch jetzt konnte er ihn nicht erhalten, wenn man seine Räume nicht völlig umbauen und bis zur Un­ wohnlichkeit beschränken wollte. Sollte nun einmal geteilt werden, so konnte die Kemnate nur dann unversehrt erhalten bleiben, wenn man den Zugang im Nebenhaus beliefs, wo er schon war. Es gab nun einen doppelten Weg, um dann dem vorderen Teil seinen Zugang zu sichern, indem man entweder die Stiege für beide Häuser gemeinschaftlich machte oder aber das ganze Stiegenhaus mit den in seinem Bereich gelegenen Gemächern zum Vorderhaus zog. Und diesen Weg schlug man ein, einmal wohl, um dem etwas im Raume beschränkten Vorderhause die notwendigen Nebengemächer zu schaffen, dann aber ganz gewifs auch aus dem Grunde, weil es nicht ange-

35 gangen wäre, den Zugang zu zwei Patrizierhäusern nur durch eine Stiege zu vermitteln. Sehen wir jetzt zu, wie die Teilungsurkunde vom 30. April 1470 beiden Teilen gerecht wurde. Das Vorderhaus soll beginnen vorn bei der Einfahrt an der Kellertür — also westlich vom Eingang in den sogen. Nassauer Keller —. Hier soll es mit einer Mauer untermacht werden aufserhalb der Stiege gerade hinüber bis an die Mauer — aller Wahrscheinlichkeit nach die nördliche Mauer im Hof —, soweit der Keller hinausgeht und wieder herauf an das vordere Tor und die Einfahrt — in der Karolinenstrafse und zwar westlich davon —. Die Tenne in ihrer ganzen Weite und Breite soll bis an den Schwibbogen, der in den Hof geht, vermacht werden. Wie die Urkunde erkennen läfst, waren, um den Bauleuten sichere Anhaltspunkte bei der Vornahme der Umbauten zu geben, Marken an den betreffenden Orten angebracht. Bei einem solchen Zeichen sollte der Schwib­ bogen, der in den Hof hinausging, vermauert werden, in der Höhe von drei Spannen aber ein Licht vom Hof in die Tenne gehen und mit einem eisernen Gitter vermacht werden. Dem vorderen Teil verbleibt das Gewölbe an der Tenne und das Kellerlein darunter, die Küche, das Stüblein und der kleine Boden darüber bis ins Dach mit den Lichten, die es hat, dazu der Tropfenfall (trupfen), die Rinne und der Ausflufs, doch irgendwelche fährliche Unsauberkeit ausgeschlossen, so zwar, dafs das Fenster und der Schwibbogen (d. h. das Fenster in demselben) an der Küche und das obere Stüblein mit eisernen Gittern vermacht und inwendig mit Fenstern verglast werden sollen, die nicht aufgetan werden können. Der Schwibbogen in der Küche — demnach wurde damals erst die Küche für den vorderen Teil nach dem Hof zu gebaut und zwar an den vermauerten Schwibbogen hin — soll unten vermauert, so hoch die untern Läden gehen, und in dem Schwibbogen in der Küche ein Gufsstein angebracht werden, darein der vordere Teil seinen Küchenausgufs ungefährlich haben soll. Letzterer soll an der Wand in einer hölzernen Rinne in den Hof gehen und durch eine Fortsetzung dieser Rinne durch den Hof »fürpas ewiglich an alle geverde«. Der Hof gehörte nämlich zum 3



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hinteren Teil, der, weil ein anderer Ausweg nicht möglich war, mit der Dienstbarkeit der Abführung des Küchenwassers durch seinen Hof belastet wurde. Dazu kam noch eine weitere Dienstbarkeit. Wenn der vordere Teil in Zukunft die Rinne auf dem Dach oberhalb der vorhin bezeichneten Gelasse machen wollte, so sollte die der hintere Teil ohne seinen Schaden durch seinen Hof hinaufbringen lassen. Weiter wurde bestimmt, dafs die vorgenannte Kellertür unter dem Gewölbe, die in den Hof ging, zugemauert werden solle. Die Stiege an dieser Seite bei der Kellertür, bei der Küche und der Stube darüber, die mit ihren Lichten in den Hof gehen, darf der hintere Teil bauen und bessern lassen, doch dergestalt, dafs dem vorderen Teil seine Lichte geschont und nicht verbaut werden, so gut das eben geschehen kann. Ferner gehörte dem vorderen Teil die steinerne Stiege, die von der Tenne ihren Ausgang hatte vor der Eckkemnate zur linken Hand, wie sie unten mit dem Zinshaus und Laden bis an die Wand an der Tenne und aufwärts mit Kammern, Stuben, Erkern, Boden und in Weite und Breite durch und durch bis ins Dach sich er­ streckte. Weiter soll im ersten Stockwerk zum vordem Teil kommen das Flötz (der Flur) vor der Stube und in derselben drei zwiefache Fenster, wie das mitten an der Säule und gegen­ über am Fensterpfeiler angezeichnet ist, dann das Flötz vor der Küche bis zu den Zeichen bei dem Schwibbogen und gegenüber bei dem Schlot an der Säule. In diesen Schlot darf der vordere Teil seine Stubenschlöte führen. In der genannten vorderen Stube und am Schwibbogen werden bei den Zeichen gute Scheidewände, durch die man nicht hören kann, aufgeführt. Alle diese Räume gehören zum vorderen Teil. Wenn man nun die Stiege bei der Küche hinaufgeht in den andern Gaden (Stockwerk), so sollen hier — im 2. Stock — die zwei Kammern aneinander bis zur grofsen Stube und das Flötz davor bis hinten bei dem Schwibbogen, wo man vom Gang hineingeht vor der grofsen Stube, bei den dort an den Wänden gemachten Zeichen abgeteilt und alles dem vorderen Teil zugehören. Wie hier im zweiten soll auch die Abteilung im dritten Stockwerk durchgeführt werden.. Auf dem Boden endlich sollen vor dem Schlot bei den dort angebrachten

37 Zeichen alle Böden mit Wänden untermacht werden und dem vorderen Teil alles zustehen, was auf seiner Seite liegt. Weiter erhielt der Besitzer des vorderen Teiles noch die Eigenschaft mit einem Zins von vier Gulden Währung aus Kunz Kreis Haus (das Tietzische Warenhaus, Königsstrafse Nr. 18) und den eigenen Stadel und Stallung mit dem Hofe an der Peunt gelegen. Wir kommen zum hinteren Teil des Häuserkomplexes. Er begann westlich von dem Eingang bei dem Keller, worin ein Barbier safs, und ging hinüber bis in die Mauer und den Keller hinter und hinterhin, so weit er sich erstreckte herauf bei des Barbiers Zinshaus, wo der hintere Teil seine Einfahrt hersteilen konnte. Ferner umfafste dieser Teil das Zinshaus, worin ein Büttner wohnte, dann den Hof, der zum grofsen (westlichen) Hause gehörte, in seiner ganzen Weite und Breite mit der hinteren Einfahrt (vom Kehrum- oder Kiefhabergäfschen aus, westlich vom ganzen Häuserkomplex), der Badstube, Kammer und anderen Gemächern im Hofe und mit allen »Ställen und Stallungen«, allen Gängen, wie die über einander rings im Hof herumliefen, mit allen heimlichen Ge­ mächern (Aborten), ferner das Gewölbe im Hof und die Kam­ mern und Baulichkeiten darüber bis ins Dach. Beim Eingang auf die Galerie vom Hof aus *) gehörte dem hinteren Teil der Schwibbogen bei den schon erwähnten Merkzeichen, das Flötzlein vor der Stube und die Stube selbst, die mit ihren Lichten in den Hof ging, sowie die Stube und Kammer vorn nach der Strafse hin (vorn an den weck) bis an die Zeichen in der vorderen Stube; im zweiten Stockwerk das Flötzlein beim Schwibbogen von den dort gemachten Zeichen an und die »gar grofse Stube«, die von der Strafse bis an den Hof reichte; endlich im dritten Stockwerk beim Gang in den Schwibbogen das Flötzlein vor den zwei Kammern, von denen die eine an die Strafse, die andere in den Hof hinausging; endlich auf dem Boden soll es da, wo die Zeichen beim Schlot angebracht sind, gerade hinauf abgeteilt werden. Endres Haller erhielt ferner noch zu seinem Teil die drei Eigenhäuser im Gäfslein (Kehrum- oder Kiefhabergäfslein) *) Mer als der hintertail im hof auf dem gang hinaufget . . .

38 zwischen dem Lintner und dem Schmidmer, dem heutigen Justizrat Josephthalschen Haus, Karolinenstrafse Nr. 6, und dem Hinterhaus des früher Leykaufschen Geschäftshauses, Königsstrafse Nr. 16, und 5 Gulden Ewiggeld auf Wiederkauf, einen um zwanzig Gulden (also zu 5 °/o), das Ludwig Haller von einigen Zehnten zu Mittelehrenbach und Dietzenhof entrichtete. Was nun bei den gemachten Zeichen an Abteilungsmauern und Wänden zwischen den beiden Teilen zu machen und in Zukunft zu bessern war, das sollte auf gemeinschaftliche Kosten ge­ schehen, was jeden Teil besonders berührte, auch von ihm übernommen, und was nicht in der gemeinsamen und beson­ deren Aufführung genannt worden war, das sollte gleichwohl dem Teil, in dessen Gebiet es war, obliegen, »als ob es mit sunderm namen bestimbt were«. Sind auch die Angaben der Urkunde aus den schon an­ geführten Gründen nicht überall klar und verständlich, so lassen sie doch im allgemeinen sehr wohl ein Urteil über die den beiden Parteien zugefallenen Teile des Häuserkomplexes zu. Der vordere Teil erhielt die Kemnate und vom Hinter­ haus in der Karolinenstrafse den Eingang oder die Einfahrt, die Tenne mit der steinernen Stiege und westlich davon noch eine Reihe von Stuben und Kammern. Aber es mufste alles noch durch eine Scheidemauer abgeteilt werden. Diese Mauer aber lief, wenn wir die ganzen baulichen Verhältnisse und ins­ besondere die Ausdehnung des Hofes nach Osten mit unserer Beschreibung Zusammenhalten, von der südlichen Umfassungs­ mauer in der Karolinenstrafse aus auf die östliche Abschlufsmauer des Hofes zu. Sie ist da anzunehmen, wo jetzt die westliche Abschlufsmauer des Blumenladens, und ist mit dieser identisch. Was westlich davon, gehörte dem hinteren, was öst­ lich, dem vorderen Teil. Ich habe bei der Teilungsurkunde vom Jahre 1470 etwas länger verweilt, und man könnte leicht den Vorwurf erheben, dafs eine so ins einzelne gehende Darlegung der Urkunde aus dem Grunde nicht gerechtfertigt erscheine, weil ja doch nicht stets gesicherte Ergebnisse gewonnen und insbesondere die Lage der einzelnen Zimmer und Gelasse nicht mit jener Ge­ nauigkeit und Bestimmtheit festgestellt worden sei, dafs man

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sich nun auch ein hinreichendes Bild machen könne. Aber andererseits mufs doch wieder gesagt werden, dafs nur auf diesem Wege, in der Erklärung der Urkunde in ihrem ganzen Zusammenhänge, eine Gewähr für ein Ergebnis überhaupt gelegen war und dafs dann auch ein Ergebnis zu Tage getreten ist, das als mehr denn genügend bezeichnet werden darf. Es kann meines Erachtens nicht einmal von besonderem Interesse sein, ganz genau im einzelnen zu wissen, wie die verschiedenen Zimmer in den beiden Häusern angeordnet waren. Aber worauf es im letzten Grund ankommt, hat die Betrachtung der Urkunde in hinreichendem Mafse erkennen lassen. Wir wissen jetzt, dafs das als Nassauerhaus bekannte Gebäude nicht für sich bestand, sondern, dafs dazu von jeher das anstofsende Haus in der Karolinenstrafse gehörte, welches erst 1470 davon abgetrennt wurde. Wir können ferner nicht mehr darüber im Zweifel sein, dafs der Aufgang in die Kemnate durch die Stiege im Nebenhause vermittelt wurde. Es war das der ur­ sprüngliche Zustand. Dafür spricht denn auch die ganze Bau­ art des Vorderhauses oder der Kemnate, die in dem älteren Erdgeschofs auch nicht eine Spur einer früheren Treppenanlage zeigt, es spricht dafür ferner die geringe räumliche Ausdehnung des Hauses, das bei der Annahme einer Stiege in demselben kaum noch als Wohnhaus, zumal für patrizische und ehrbare Familien, ausreichend gewesen wäre. Der Eingang oder die Einfahrt in das Nebenhaus an der Karolinenstrafse wurde erst durch die Teilung der Häuser im Jahre 1470 notwendig, ist in der Urkunde selbst vorgesehen und ohne Zweifel damals sofort hergestellt worden, und zwar da, wo er sich noch heute befindet. Endlich aber führte in dieses Haus noch eine Einfahrt vom Gäfschen auf der Westseite, dem Kehrum- oder Kiefhabergäfschen. Höchst auffallend ist es, dafs in allen Urkunden von einer Kapelle keine Rede ist. Der Raum, der dafür in An­ spruch genommen wird, weist auch gar nicht die Gestalt einer Kapelle auf. Was zu der Annahme einer solchen geführt hat, ist ohne Zweifel das Chörlein mit den bildlichen Darstellungen. Wäre in der Tat eine Kapelle vorhanden gewesen, so hätte

40 sicher die Teilungsurkunde vom Jahre 1470, die die Räumlich­ keiten in den einzelnen Stockwerken anführt, einmal darauf Bezug genommen. Diese Ergebnisse, die sich auf urkundliche Grundlagen stützen, können als historisch gesichert gelten. Auch die erst in neuerer Zeit aufgekommene und sich immer fester ein­ nistende Meinung, dem Hause habe der Charakter einer Burg, eines festen Hauses, eines Donjons beigewohnt, mufs vor der beweisenden Kraft der Urkunden zergehen. Das Haus wurde, wie wir gesehen, als ein bürgerliches Haus von einem Nürn­ berger Bürger und zwar höher, als es ursprünglich war, erbaut. Den Eindruck eines wehrhaften Baues erhält es hauptsächlich durch die mit trotzigen Ecktürmchen und Zinnen gekrönte und mit den Wappen von Kaiser und Reich ausgeschmückte Balustrade. Was für eine Bewandtnis es mit dieser hat, soll im nächsten Kapitel gezeigt werden. Eine feste Burg in der Mitte der Stadt, die einem Bürger gehört hätte, ist in Nürnberg überdies ganz undenkbar. Ähnliche Häuser hat es ja auch sonst noch in Nürnberg gegeben, am Hauptmarkt und in der Tetzeigasse, ohne dafs ihnen deshalb der Charakter einer Art Burg beigewohnt hätte. Es entsprach eben nicht den Gepflogenheiten des Nürnberger Rats, irgend einem Bürger Zugeständnisse zu machen, wodurch er sich aus der Menge der übrigen hervorgehoben hätte. Wie im Rat der Reichsstadt alle Mitglieder vom ersten Losunger bis auf den jüngsten Bürgermeister die gleichen Rechte und Befugnisse hatten und man es grundsätzlich vermied, einen über die andern hinauswachsen zu lassen, so liefs es der Rat auch nicht zu, dafs irgend einer der Seinigen im Leben über den andern sich gestellt hätte \ und er hat es gewifs nicht geduldet, dafs sich jemand, wer er auch sei, in der Stadt eine Burg anlegte, wo der Rat Herr und Meister war, eine feste Wohnung, die schliefslich auch gegen den Rat und die Stadt hätte ausgespielt werden können. Der Rat war in dieser Beziehung von der äufsersten Ängstlichkeit, wie das in manchen Fällen deutlich hervortritt. Ein festes Haus aber könnte hier nur in dem Fall angenommen werden, wenn es im Besitze des Rats selbst ge­ wesen wäre. Es war auch allgemein die Ansicht der Kunst­ historiker, dafs das Nassauerhaus ein bürgerliches Haus sei,

41 bis Essenwein ein festes Haus, eine Art Burg mitten in der Stadt darin erblicken zu müssen glaubte. Wenn nun mit dieser Ansicht aufgeräumt werden mufs, so zerfliefsen damit auch alle weiteren Folgerungen von dem Vorhandensein einer Wehrplatte, von einer Holztreppe, welche auf der Westseite den Zugang vermittelte und im Fall eines Angriffs durch einen Aufzug er­ setzt wurde u. s. f. Es sind dies alles leere Phantastereien! Wenn endlich Essenwein meint, dafs ursprünglich zwischen dem Nebenhaus in der Karolinenstrafse und dem Nassauerhaus (»dem Turm«) eine kleine Reihe sich befunden, von der aus die Treppe hinaufgeführt habe, so beruht diese Annahme auf einer Täuschung. Der hier an dem Ostende des Nebenhauses mit Fenstern nicht besetzte Raum bezeichnet nämlich nicht etwa die Stelle einer ehemaligen Reihe, sondern es ist dieser fensterfreie Streifen nur wegen des Aufzuges, dessen Vor­ handensein an dieser Stelle sich aus dem vorspringenden Dach* erker ergibt, belassen worden. Auch davon, dafs das Haus jemals die Wohnung der Pröbste von St. Lorenz gewesen sei, wie man wohl ange­ nommen, um seine aufsergewöhnliche Bauart zu erklären, wissen die Urkunden nichts. Diese Annahme ist schon deshalb abzu­ weisen, weil die Pfarrer von St. Lorenz erst im Jahre 1474 den Titel Pröbste erhielten. *) Das Lorenzer Pfarrhaus aber stand von jeher in der Häuserreihe südlich der Kirche, wo es heute noch steht. Eine Frage wäre hier vielleicht noch zu beantworten. Wie konnte es geschehen, dafs man das Schlüsselfeldersche Stiftungshaus seit etwa dem Ende des 16. Jahrhunderts als Be­ sitztum der Grafen von Nassau in Anspruch nahm ? Diese Legende konnte sich bilden auf Grund des ausgedehnten Be­ sitzes der Grafen von Nassau, die ihnen Meisterlin und seine Nachtreter gerade in jener Gegend angedichtet hatten. Dazu kam, dafs man das Nassauer Wappen wie am nördlichen Turm von St. Lorenz, so auch am Schlüsselfelderschen Stiftungshause entdeckt haben wollte, ein Irrtum, der der Annahme des nassauischen Besitzes aufserordentlich förderlich sein mufste. l)

Sp. 66.

Lochner im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Jahrg. 1853»



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Weiterhin aber sah man in dem Hause, das mit den Wappen der beiden höchsten Gewalten der Christenheit, dann mit den Hauswappen des Königs und der Königin sowie den Wappen der sieben Kurfürsten geschmückt war, irrtümlicher Weise ein königliches Haus. Und da aus dem Nassauer Geschlecht nur einer als König mit dem Hause in Verbindung gebracht werden konnte, König Adolf von Nassau, so schrieb man den Bau des Hauses ohne weitere Umstände diesem König zu.

III.

Die Brüstung am Nassauerhaus. Die Brüstung gehört ihrem Stil nach ins 15. Jahrhundert. Der Bau hat wegen der Wappen des Reichs, des Kaisers und der Kurfürsten Beziehungen zu Kaiser und Reich. Durch die Wappen der Grafschaft Cilly, das Hauswappen der Gemahlin Kaiser Sigmunds, und des Papstes Eugen IV. aus dem Hause Condolmieri wird der Bau in das Jahr 1432 verwiesen. In diesem Jahre verpfändete Kaiser Sigmund an den Besitzer des Hauses Ulrich Ortlieb die Kaiserkrone. Zum An­ denken an dieses Ereignis ist die Balustrade von Ulrich Ortlieb erbaut worden.

Das Nassauerhaus ist nach allem, was die Urkunden er­ geben, im Jahre 1422 von Jobst Haug erbaut worden, und es hat dann der folgende Besitzer Konrad Armbauer ein Jahr darauf noch weitere Bauten wahrscheinlich an dem Nebenhaus vorgenommen. Die Bildwerke an dem bemerkenswerten Chörlein auf der Ostseite, welche die Kreuzigung Christi in der Mitte und auf den Seiten die Verkündigung Mariens und die Geburt Christi sowie zwei heilige Väter mit Spruchbändern darstellen, stammen aus dieser Zeit, ebenso wie der betende Engel, der die Südostecke des Hauses ziert. Aber wie verhält es sich mit der Galerie? Mit ihrem Mafswerk, das schon Ansätze des Fischblasenornaments zeigt, gehört sie gleichfalls dem 15. Jahrhundert an. Es kann nur die Frage sein, ob sie schon gleich mit dem Bau des Jahres 1422 entstanden ist oder ob sie einem späteren Anlafs ihren

43 Ursprung verdankt. Ein ganz besonderer Anlafs aber mufs es gewesen sein, der zu dem Bau der Galerie führte und es deuten die daran angebrachten Wappen des Kaisers, des Reichs und der Kurfürsten darauf hin, dafs das Reich oder der Kaiser mit diesem Baue in irgend einer Weise in Beziehung stand. Es fragt sich nur, ob der Kaiser selbst der Erbauer war oder ob dieser Ausbau mit seiner Genehmigung zu einem Zwecke des Reichs oder aus irgend einem sonstigen Anlafs vorgenommen wurde. Urkundliche oder sonstige Nachrichten über diesen Bau und seine Bedeutung sind uns leider nicht erhalten. Aber es gibt vielleicht doch noch einen Weg, den Er­ bauer der Balustrade des Hauses und den Zweck, den er damit verfolgte, zu ermitteln : die Untersuchung der daran angebrachten Wappen. Es sind die folgenden: auf der Südseite nach der Karolinenstrafse hin das Wappen des Erzherzogtums Österreich, der sog. Jungfernadler der Stadt Nürnberg, das Wappen der Grafschaft Cilly, die Wappen von Kurtrier, Kurköln und Kur­ mainz, das Wappen des römischen Königs, das eines Papstes und auf der Ecke das des päpstlichen Stuhls; auf der Ostseite nach der Königsstrafse hin das Wappen des römischen Reichs (SPQR), das des römischen Kaisers (Doppeladler), dann jene von Kurböhmen, Kurpfalz, Kursachsen und Kurbrandenburg, endlich das Wappen der Kirche St. Lorenz, das Wappen der Stadt Nürnberg und jenes der Kirche von St. Sebald. Dem Kundigen mufs es nun in hohem Mafse auffallen, dafs an Wappen österreichischer Kronländer gerade 2 und nur 2 vertreten sind, das des Erzherzogtums Österreich und das der Grafschaft Cilly, und dafs das letztere Wappen eine erst ganz spät — erst 1456 — an Österreich gefallene Graf­ schaft darstellt. Es konnte demnach gar nicht. beabsichtigt sein, Kronländer als solche darzustellen, sondern es mufs ein ganz besonderer Umstand gewesen sein, der es als entsprechend und passend erscheinen liefs, gerade die Wappen dieser beiden Länder darzustellen. Nun war aber König Sigmund in zweiter Ehe seit dem Jahre 1408 mit Barbara, des Grafen Hermann von Cilly Tochter, verheiratet. Das Wappen der Stadt Nürn­ berg nimmt, um das hier anzumerken, eine hohe Ehrenstelle zwischen dem Hauswappen des Königs und der Königin ein,

44 Jetzt kommt schon einiges Licht in die Sache. Die Er­ bauung der Balustrade fällt demnach in den Zeitraum von 1410 bis 1437, in die Regierungszeit König Sigmunds. Ein zweiter Anhaltspunkt ergibt sich aus dem durch die Tiara ausgezeich­ neten Wappen. Ich konnte es mit den hier gegebenen Hilfs­ mitteln nicht feststellen und wandte mich um Auskunft an die kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München, der ich meine An­ sicht mitteilte, dafs es aus den angegebenen Gründen in die Zeit von 1410—1437 fallen müsse. Und zu meiner grofsen Freude konnte mir Herr Geheimrat Dr. Laubmann nach wenigen Tagen die für mich wichtige Mitteilung machen, dafs es das Wappen der Venezianer Familie Condolmieri (Condulmer) sei, dessen Sprosse Gabriel Condolmieri unter dem Namen Eugen IV. am 3. März 1431 die höchste Würde in der christlichen Kirche erlangte.*) Die Zeit der Erbauung der Balustrade wird damit auf die Jahre 1431 —1437 eingeengt. Damals war der Be­ sitzer des Hauses der schon genannte Ulrich Ortlieb. Worauf es jetzt ankam, war, besondere Beziehungen zwischen Ulrich Ortlieb und dem König oder dem Reich festzustellen. Und ich war bakL so glücklich, das ganz besondere, man möchte sagen, unerhörte Verhältnis aufzudecken, in das Ulrich Ortlieb zu König Sigmund trat. Es mutet an wie eine alte, verklun­ gene Sage, wie ein Märchen, und man würde es kaum glauben, wenn es nicht durch eine urkundliche Verlautbarung festgelegt wäre. In den von Wilhelm Altmann herausgegebenen Regesten Kaiser Sigmunds ist unterm 29. April 1431 das Folgende ver­ zeichnet: König Sigmund verpfändet seine goldene Krone dem Nürnberger Bürger Ulrich Ortlieb für 1500 rheinische Gulden. Ich wendete mich an das k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, in dessen Reichsregistratur-Band J, Bl. 131a die Ur­ kunde eingetragen ist. Eine Abschrift der Urkunde wurde mir vom k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in bereitwilligster Weise zur Verfügung gestellt. Ich will dies merkwürdige Stück *) Das Wappen stellt einen silbernen Schrägbalken in blauem Felde dar. S. dazu Onvphrii Fanvinii Veronensis fratris Eremitae Augustiniani XXVII Pontificum Maximorum Elogia et imagines accuratissime ad uiuum aeneis typis delineatae. Romae Anno MDLVIII. Ant. Lafreij Formeis. Bl. 11 und Dr. Fried. Phil. Abert, Assistent am bischöfl. Klerikalseminar zu Würzburg, Papst Eugen IV. Mainz. Kirchheim 1884.

45 wegen des höchst interessanten Inhalts in seinem ganzen Wort­ laute hier mitteilen. Es lautet: »Wir Sigmund u. s. w. bekennen u. s. w., das wir unsern lieben getruen Ulrichen Ortlieb, burger zu Nuremberg, und sein erben unser guldin cron, die wigt mit perln, stein, mit den andern einliff (elf) mark und ein halb lot, für funfczehenhundert r. guldin versetzt und verpfendet haben mit solichem unterscheid, das wir die von im oder seinen erben uff sandt Gilgen tag nechstkunftig widerlozen sollen. Teten wir aber e des nit, so erlouben und gunnen wir im und seinen erben wissentlich in crafft dis briefs und geben in ouch vollen gewalt, e das si die vorgenant crone fürbass verkouffen, versetzen, verpfenden und damit tun und lassen sollen und mögen als mit irem eigen gut on alles arglist und geverd; ouch so sollen si darinne wider uns noch das reich noch gen niemand getan noch gefrevelt haben, sunder si sollen von einem iglichen e unklaghafft und ungemant sein und bliben, noch für keinem gericht dorumb gelanget werden als von der sach wegen in dheinweifs. Ouch so versprechen wir in keinen lengern frist e domit zu tun mit briefen oder sust*, dann ob wir in uff sandt Gallen tag nit betzalten, so sollen si mit der vorgenanten e cronen tun und lassen als mit irer eigen hab, als vorgeschriben stet. Geben zu Nuremberg am suntag vor Philippi et Jacobi«. Die Urkunde ist durchstrichen und am Rande von anderer Hand die Bemerkung beigefügt: cassata est, ein Beweis, dafs die Krone von König Sigmund wieder eingelöst wurde. Der König hatte übrigens schon vorher eine nicht unbedeutende Geld­ summe bei Nürnberger Bürgern, darunter unserm Ulrich Ortlieb, aufgenommen, die gerade um diese Zeit hätte zurückgezahlt werden müssen. Am 30. Juli 1431 gab er nämlich den Nürn­ berger Bürgern Hans Rumei, Ulrich Ortlieb und Konrad Baum­ gartner urkundlich das Versprechen, die von ihnen entliehenen 6000 fl. rheinisch bis Weihnachten zurückzuzahlen. Bei den Verpflichtungen, die der König sonst eingegangen war, blieb ihm wahrscheinlich in der Not des Augenblicks nichts anderes übrig, als die Krone zu verpfänden. Man könnte nun fragen, welche Krone es gewesen, die

46 der König dem Ulrich Ortlieb versetzte. Jedenfalls war es nicht die sog. Krone Karls des Grofsen. Sie ruhte mit den sonstigen alten Reichskleinodien in der Spitalkirche zum hl. Geist und stand unter der Obhut des Nürnberger Rats. Der König würde es aber wohl kaum gewagt haben, diese Krone zu dem Zweck, den er im Auge hatte, herauszufordern, und der Rat hätte sie ihm auch sicher nicht gegeben. War er doch sogar nur schwer zu bewegen, sie für die Kaiserkrönung herauszugeben, und fand z. B. das Verlangen König Sigmunds, dafs sie für seine Kaiserkrönung in Rom 1433 verwendet werde, und König Albrechts, der sie für seine Königskrönung begehrte, für »äufserst lästig und bedrohlich«, obschon bei der Krönung Sigmunds Nürnberger Abgesandte zugegen waren und durch den Ritterschlag auf der Tiberbrücke besonders geehrt wurden.1) Die Überführung geschah dann in »grofser geheim«, so dafs die Fürsten, durch deren Gebiet der Zug ging, gar nicht erfuhren, was sie geleiteten. König Friedrich III. schlug man 1442 zunächst die Überführung der Reichskleinodien zur Krönung in Aachen mehrere Male ab. Der Rat liefs so­ gar die Genannten des gröfseren Rates besenden und ver* sicherte sich ihrer Zustimmung. Auch jetzt wieder wurden die Kleinodien mit der gröfsten Heimlichkeit nach Aachen ge­ sendet, und die Fürsten, die sie geleiteten, fügt der zeit­ genössische Bericht hinzu, wufsten nicht, dafs es Kaiser Karls Kleinodien waren. In Aachen selbst hielten sich die Nürn­ berger Ratsfreunde mit aller Vorsicht. Sie standen im Chor neben dem Altar und überreichten die Kleinodien eigenhändig zur Krönung und nahmen sie da wieder eigenhändig in Em­ pfang. 2) Diese Krone nun, die sog. Krone Karls des Grofsen, die aber zu dem grofsen Kaiser in gar keiner Beziehung stand, war es demnach nicht, die hier als Pfand entweiht wurde, son­ dern aller Wahrscheinlichkeit nach jene Krone, die der König auf seinen fortwährenden Reisen durch das Reich beständig mit sich führte, ebenso wie den übrigen kaiserlichen Ornat, womit er sich schmückte, wenn er in seiner königlichen Würde *) F. Frensdorff, Zur Geschichte der deutschen Reichsinsignien, in den Nachrichten von der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Phiiolog.-histor. Klasse. 1897. Heft 1, S. 73, 74. a) Städtechroniken III, 376, 377.

47 und Majestät sich zeigte, wenn er sub corona incedebat oder coronatus procedebat, mit anderen Worten, wenn er bei beson­ deren Anlässen im königlichen Ornat erschien. Über die Kaiserkronen und ihren Gebrauch teilt mir der Direktor des k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien, Herr Hofrat Dr. Winter, noch folgendes mit, das mir von hohem Interesse zu sein scheint: »Welche Krone Kaiser Sigmund dem Ulrich Ortlieb versetzt hat, läfst sich heute wohl kaum mehr entscheiden, da zu jener Zeit bestimmt zwei Kronen vorhanden waren, von denen gegenwärtig nur mehr Eine erhalten ist. Die fälschlich als »Krone Karls des Grofsen« bezeichnete, byzantinischer Provenienz, hat in ihrer gegenwärtigen, durch Kaiser Konrad II. umgestalteten Form während des 14. und 15. Jahrhunderts aller Wahrscheinlichkeit nach überhaupt nicht in Gebrauch gestanden*, sie lag — wie wohl noch lange darnach — lediglich als Reliquie im Kronschatze. *) Als tat­ sächliche kaiserliche Hoheitszeichen wurden dagegen kunstvolle gotische Kronen verwendet, die verschiedene Verbindungen einer bischöflichen Inful mit einer Bügelkrone darstellten. Speziell die Luxemburger bedienten sich, wie alle erhaltenen Porträtsiegel und sonstige Darstellungen zeigen, einer solchen, die den hohen Kronenbügel quer gestellt und die cornua mitrae hinten und vorne zeigt. Diese Kronen fielen den jeweiligen Umgestaltungen zum Opfer, bis schliefslich die sogenannte Rudolphinische Hauskrone, die seit 1804 als österreichische Kaiserkrone figuriert, an deren Stelle trat. Da nun weder der Wert und das Gewicht der ehemaligen gotischen Kronen bekannt sind, noch die in der Urkunde an­ gegebenen Daten über die versetzte Krone genügen, diese mit der in der kaiserlichen Schatzkammer verwahrten alten, seit dem 17. Jahrhundert als Krone des römischen Königs und erst seit 1804 endgiltig als Kaiserkrone heraldisch verwendeten zu identifizieren, so wird es wohl kaum gelingen, in dieser Frage zu einem abschliefsenden Resultate zu gelangen«. In welch trauriger Lage mufste sich das Haupt des deutschen Reiches und der Christenheit befinden, wenn es sich gezwungen sah, das höchste Symbol der kaiserlichen Herrschaft, ') D. h. hier im Spital zum h. Geist zu Nürnberg. S. vor. S.

48 das kostbarste Stück unter den Reichsinsignien, ein ihm als erstem Fürsten des Reichs anvertrautes heiliges Gut wie irgend ein anderes gewöhnliches Besitztum unter Festsetzung einer nur kurz bemessenen Wiedereinlösungsfrist einem Nürnberger Bürger zu verpfänden. Schmach und Schande war es für das Reich, dafs sein höchster Herr mit dem kostbarsten Ehrenschmuck so leichtfertig, ja freventlich verfuhr. Aber auf der anderen Seite war es eine grofse Ehre für den Empfänger dieses kostbaren Reichsguts, eine Ehre, die vor ihm noch keinem widerfahren war und nach ihm keinem mehr widerfuhr. Das Haus aber, das jetzt gewürdigt wurde, dieses höchste Symbol des Reiches aufzunehmen, erhielt dadurch eine ganz besondere Ausnahms­ stellung, eine höhere Weihe, es wurde gewissermafsen dadurch auf ewige Zeiten geheiligt, wenigstens in den Augen der da­ maligen Zeit. Und Ulrich Ortlieb wollte dieser Auffassung Ausdruck verleihen, er wollte das Andenken an dieses wunder­ bare, einzig in seiner Art dastehende Ereignis durch einen in die Augen fallenden Ausbau seines Hauses, der die Wappen der höchsten Gewalten des Reiches und der Stadt Nürnberg zeigte, verewigen. So entstand denn vielleicht schon im Jahre 1431 oder doch 1432 die schöne Balustrade am Schlüsselfelder­ schen Stiftungshaus. Nicht der König hat sie gebaut, denn er hatte keinen Anlafs, seine eigene Schande noch durch einen Bau zu verewigen, auch verbot es ihm seine finanzielle Be­ drängnis. Auch der Rat zu Nürnberg hat, wie man vielleicht aus den Nürnberger Wappen schliefsen könnte, wohl kaum die Galerie erbaut oder eine Beihilfe dazu gegeben. Er sah wohl sogar nur mit Mifsbehagen den prunkhaften Bau, konnte ihn aber nicht hindern, nachdem K. Sigmund dem Ulrich Ortlieb die Vergünstigung dazu ohne Zweifel erteilt hatte. K. Sigmund weilte 1431 vom 2. Februar bis zum 8. Mai — also 3 volle Monate — in Nürnberg, und es ist nicht un­ wahrscheinlich, dafs er bei Ulrich Ortlieb Wohnung genommen hat. Ein besonderer Vertrauter des Königs mufs nämlich Ulrich Ortlieb, von dem K. Sigmund unter so ganz aufsergewöhnlichen Umständen ein Anlehen aufnahm, wohl gewesen sein, und weiterhin darf man auch annehmen, dafs der König da wohnte, wo das höchste Symbol seiner Herrschaft verwahrt

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wurde. Die Ortlieb waren ein altes und reiches tairiziefgeschlecht. Um die Zeit, wo sie uns hier begegnen, waren sie unausgesetzt auf die Mehrung ihres Besitzes bedacht. 1420 verlieh König Sigmund dem Ulrich Ortlieb und dem Hans Groland den Zehnten zu Rofsstall, den sie von den Brüdern Sweiker und' Georg von Gundelfingen gekauft hatten, Hans Groland erhielt damals noch ein Gut zu Grofsreuth als Lehen. 1423 wurde Ulrich Ortlieb aufser dem Zehnten zu Rofsstall noch jener zu Ludershausen als Lehen verliehen, und 1428 vermehrten die Brüder Ulrich und Hans Ortlieb ihren Besitz durch die Erwerbung der reichslehenbaren Mühlen und des Fischwassers zu Doos, die ihnen gleichfalls von König Sigmund verliehen wurden. In den »Ratsgängen« treten die Ortlieb bis zum Jahre 1442 auf. Dr. Christoph Scheurl berichtet, *) dafs einmal 18 dieses Geschlechts zu Nürnberg gewohnt, die alle ihre eigenen Häuser gehabt hätten. Der letzte des Geschlechts soll nach ihm ein Hans Ortlieb gewesen sein. Unser Ulrich Ortlieb aber starb allem Anschein nach im Jahre 1442.

IV.

Das Nassauerhaus nach seiner Teilung im Jahre 1470. Das Vorderhaus und seine Besitzer. Es wird 1709 durch Joh. Karl Schlüsselfelder, den letzten seiner Familie, zu einem Stiftungshaus be­ stimmt. Das Nebenhaus und seine Besitzer. Wiedervereinigung der beiden Häuser 1862. Ausbau des Hofes des Nebenhauses unter Frau Dorothea Haller, Witwe des Georg Haller, 1519. Architektonische Be­ deutung des Hofes.

Nach der Teilung des Hauses im Jahre 1470 blieb das Vorderhaus oder die Kemnate zunächst im Besitz des Ulrich Haller, der im Jahre 1505 starb. Es scheint, dafs es als Mitgift an die beiden Töchter Margareta und Martha gefallen ist, von denen die eine mit dem Kurmainzischen Rat Dr. Johann Engelländer und die andere mit Jörg Kötzler verheiratet war. Am 15. September 1512 verkauften diese das Haus um 800 fl. rh, *) Müllner, Annalen I, 668, 669 im städt. Archiv.

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50 an Peter Imhoff d. ä., von dem es an seine Söhne Bern­ hardin, Sebastian und Hieronymus überging. Bernhardin ver­ kaufte seinen Anteil am 19. April 1540 an seine Brüder. Bei der Erbteilung zwischen Sebastian und Hieronymus im Jahre 1555 war das Haus — Behausung und Hofreit gegen St. Laurenzenkirchen und dem Fischbach über an einem Eck beim Brunnen gelegen — dem letzteren durch das Los zugefallen, durch Urkunde vom 15. Dezember 1556 kam es an Sebastian um 1600 fl. Es war damals, wie es in der Urkunde heifst, »mit Pauung stattlich gepessert« worden. Am 10. August 1581 ging es aus dem Besitz der Sebastian Imhoffschen Erben — Paulus, Gabriel und Sebastian, welche die Anteile ihrer Brüder Christoph, Jeremias und Alexander schon früher an sich ge­ bracht hatten — um den Preis von 2100 fl. an den Losunger der Stadt Nürnberg Wilibald Schlüsselfelder über. In diesem Kaufpreis waren auch die 300 fl. mit inbegriffen, die der Käufer mit Wissen der Verkäufer schon hineinverbaut hatte. Der letzte Sprofs der Familie, Johann Karl Schlüssel­ felder, bestimmte 1709 in seinem letzten Willen x), dafs * das alte sogenannte Schlüsselfeldersche Vorschickungshaus bei St. Lau­ renzen«, das nunmehr an ihn als den letzten seines Geschlechts gekommen, .... ein ewiges Fideikommifs-oder Vorschickungs­ haus bleiben solle, in dessen Genufs er zunächst seine Ehe­ frau Maria Helene, eine geborene Haller, die er zu seiner Universalerbin bestimmte, so lange sie im Witwenstand bleiben würde, einsetzte. Im Fall sie sich aber wieder verheiraten sollte oder nach ihrem Tode vermacht er es mit anderem Be­ sitztum seinem Vetter Karl Wilhelm Welser und seinem Schwager Ferdinand Sigmund Krefs und deren männlicher Nachkommen­ schaft unter der Voraussetzung, dafs sie von ehlicher Geburt, der Augsburgischen Konfession angehörig und Bürger der Stadt seien, und »so lange hiesiges Regiment bei adelichem Rat und gerichtsfähigen Familien bleiben wird«. Das Stiftungshaus soll abwechselnd von dem Ältesten der beiden Familien bewohnt und ebenso die Stiftung verwaltet werden, Christoph Michel Krefs aber nach dem Tode des Stifters und seiner Gemahlin den *) Abschrift Will VIII, 1118, 40 in der Stadtbibliothek.

51 Anfang machen. Zu dieser Familienstiftung gehörten aufser dem hinterlassenen Vermögen des Stifters, soweit er nicht anderweitig darüber verfügt hatte, das Gut Röthenbach bei St. Wolfgang (der Kugelhammer), mehrere Weiher bei Altdorf, die auch zu diesem Gut geschlagen wurden, 9^2 Kuxe vom Bergwerk zu Schlacken­ walde, die Nutzungen von den Domprobstei-Bambergischen und Leonrodschen Lehen, der Zehnte und das Gütlein zu Morsbrunn und Wiesen daselbst. Bezüglich des Stiftungshauses bestimmte er weiter, dafs der hintere Keller dem Besitzer des Hauses zustehen, der vordere Eckkeller (Nassauerkeller) aber vermietet, der Zins davon angelegt und zur baulichen Unterhaltung des Hauses verwendet werden solle. Da aber das Erträgnis nur gering, so bestimmt der Stifter noch 800 fl., von deren Nutzung gleichfalls die Unterhaltung des Hauses und die Haussteuer (Losung vom Haus) bestritten, während der Überrest fleifsig zusammengehalten und in Rechnung gestellt werden soll, damit, wenn ein Hauptbau erforderlich, dieser damit ausgeführt werden könne oder sonst der Baufonds von 800 fl. dadurch verstärkt werde. Die Erbin soll gleich nach dem Tode des Stifters das Schlüsselfeldersche Wappen, das er in 'Stein hat hauen lassen und das sich in der Peunt befindet, aufsen an dem Stiftungs­ haus in der Mitte und über den beiden nach dem Kirchhof sehenden Fenstern der unteren Stube sauber einmauern lassen. Dieses Wappen soll aus dem Ertrag des Baufonds sorgfältig erhalten werden. In dem mittleren grofsen Saal sollen nicht allein die alten schönen Schlüsselfelderschen Porträts wohl verwahrt, son­ dern auch die in der mittleren schönen Stube stehenden Bild­ nisse des Jobst Friedrich Tetzel und seines Weibes dahin ver­ bracht werden, ebenso die seines Vaters und seiner Mutter, wie endlich sein eigenes und das seiner Frau. In das Stiftungshaus, aund dafs es beständig darin bleiben soll«, vermacht er auch das grofse silberne und vergoldete Schiff, das bei 26 Mark wiegt, die zwei silbervergoldeten Bierbecher, das Dutzend silberne und ganz vergoldete Hof­ becher, ebenso seine Gläser, insbesondere diejenigen, worauf Kirchsittenbach und Röthenbach abgebildet sind, ferner die zwei 4

52 Gläser, die ihm vom Herrn Volckamer nach glücklich zu Ende geführtem Hohenstädter Prozefs verehrt worden sind. Der jedesmalige Besitzer des Hauses soll diese Stücke bei Hoch­ zeiten oder grofsen Gastungen auf die Kredenz oder anders­ wohin stellen und sich des Schiffes als eines Willkomms zum Andenken an ihn, den Stifter, bedienen. Endlich vermacht er noch zu dem Haus seinen schönen Schlitten mit dem Schlüssel­ felderschen Wappen und seine Equipage, deren sich der Ad­ ministrator bedienen kann. Aufser dem Stiftungshaus hat der Administrator auch den Genufs des Schlosses zu Röthenbach mit dem Stadel, dem grofsen Keller und den Stallungen, während er die Zinse der Nagelschmiede und des grofsen Zinshauses verrechnen mufs, ferner dem grofsen Mauergarten, dem kleinen Gärtlein, worin die neue Fontäne steht, dem Papierweiher, den drei Weiher­ lein, der Forellengrube bei der Kapelle, der Hammerwiese so­ wie dem Stücklein über den Sägweiher und darüber hinaus dem in Wiese verwandelten öden Weiher, der bis an des Gammersfelder sog. neue Wiese zu Feucht reicht. Aufserdem geniefst er alle unvererbten und zum Schlofs gehörigen Felder, aufser dem Stück, das an der Röthenbacher Strafse liegt und erst vor wenig Jahren ausgereutet und zu Feld gemacht worden ist, den zur Wiese gemachten grofsen Weiher an der Röthenbacher Strafse, vier Tagwerk Bodenwiese, die aus des Rupprechts Hof gezogen worden sind. Diese 3 letzten Stücke sollen verpachtet werden. Dem Administrator stehen ferner zu alle Schreib­ gebühren, Zählgelder, Inventurgebühren, dann die 22 MäfsHolz, die jährlich als Scheitholz vom Waldamt kostenlos zu empfangen sind; von allem übrigen aber, vererbt oder oinvererbt, soll er die Nutzung und den Ertrag, wie bei allen anderen zur Stif­ tung gewidmeten Gütern, Renten und Gefällen in ordentliche Rechnung bringen und in drei gleiche Teile teilen, welche an die verheirateten männlichen Erben der beteiligten Familien, auch den Administrator, falls er verheiratet ist, ausgezahlt, in einer weiteren Portion zur Ermöglichung einer Vermehrung der Stiftungsgüter durch Zukauf angelegt werden oder endlich den jungen stiftfähigen Söhnen auf den Universitäten sowie in Kriegs­ und Hofdiensten als eine Zulage gegeben werden sollen.

53 Es kann hier nicht noch näher auf das einzelne ein­ gegangen werden, da es uns von unserem Thema, dem Nassauer­ haus, zu weit entfernen würde. Ein Eingehen aber auf den letzten Willen des Johann Karl Schlüsselfelder schien mir inso­ weit geboten, als er mit dem Stiftungshaus bei St. Lorenz direkt oder indirekt in Beziehung steht. Er gibt uns zudem ein kulturgeschichtlich anziehendes Bild von der ganzen Anlage und der Beschaffenheit dieser Stiftung, in deren Vordergrund immer das Nassauerhaus stand und heute noch steht. Denn mit der Stiftung hat sich auch das Stiftungshaus bis auf den heutigen Tag in seinem alten unverfälschten Charakter unver­ sehrt erhalten, und man darf sich der Hoffnung hingeben, dafs dieses hervorragende, ja einzige Denkmal bürgerlicher Wohl­ habenheit, bürgerlichen Kunstsinns und Stolzes für alle Zeiten erhalten bleiben werde. Das Nebenhaus an der Karolinenstrafse, das bei der Teilung von 1470 an Endres Haller gefallen war, hinterliefs dessen Sohn Georg, als er am 1. April 1518 kinderlos verstarb, seiner Frau Dorothea, einer Tochter des Dr. Gabriel Paumgartner und Schwester des berühmten Hieronymus Paumgartner. Diese vermählte sich 1521 in zweiter Ehe mit Wilhelm Rumei, die gleichfalls kinderlos blieb, und 1534 mit Leo Schür­ stab, der, als sie 1549 starb, das Haus an seine Familie brachte. Von Leo Schürstab kam es auf seinen Sohn Hieronymus, dessen Tochter Susanna 1568 den Kaufmann Paulus Schenk heiratete, der es, als es die Schürstabsche Familie wegen der bedeutenden darauf lastenden Schulden nicht mehr halten konnte, übernahm. Die Kinder seiner zweiten Frau Margareta aus ihrer ersten Ehe mit dem aus Herzogenbusch stammenden Niederländer Heinrich Pilgram verkauften es 1608 an den Handelsherrn Gabriel Maul. Bis in das 19. Jahrhundert hinein war es in kaufmännischem Besitz, zuletzt in dem des Kauf­ manns Wilhelm Förderreuther, von dem es Paul Wilhelm von Ebner, bezw. die Schlüsselfeldersche Stiftung, am 10. Juli 1862 erwarb und so, nachdem es beinahe 400 Jahre von dem Vorder­ hause getrennt gewesen war, den ursprünglichen Zustand wieder herstellte. Das Haus in der Karolinenstrafse erhielt im 16. Jahr-

54 hundert eine höchst bemerkenswerte Umgestaltung, die ganz besonders in der Hofanlage zum Ausdruck kommt. Gleich die ersten Besitzer des abgeteilten Nebenhauses haben bauliche Veränderungen daran vorgenommen, wie aus den früher in einem Vorplatz des Hauses selbst, jetzt an der West­ mauer des Hofes eingefügten steinernen Wappen, einem HallerGeuderschen und einem Haller-Paumgartnerschen Allianzwappen, mit grofser Wahrscheinlickeit zu schliefsen sein dürfte. Das erstere kann nur dem 1491 gestorbenen Endres Haller zu­ geschrieben werden, der mit der Tochter des Sebald Geuder von Heroldsberg, Helena, vermählt war. *) Das zweite, eine schön ausgeführte Steinmetzarbeit, fällt in die Jahre 1505—1518, welche die Ehezeit des Georg Haller und der Felizitas Paumgartner, der Tochter des Dr. Gabriel Paumgartner und der Dorothea Stenglin, einschliefsen. Es könnte vielleicht noch als äufserste Grenze das Jahr 1519 angenommen werden, weil die Holz­ galerie auf der Nordseite, die dasselbe Allianzwappen aufweist, mit dieser Jahreszahl versehen ist. Ein völliger Neubau der Hofgalerie, wohl im Anschlufs an einen Neu- oder Umbau des Hauses selbst, erfolgte nämlich im 16. Jahrhundert. Von diesem bemerkenswerten und schönen Galeriebau sind die Ost- und Südseite noch sehr gut erhalten, während die Nordseite durch spätere Bauvornahmen erheblich gelitten hat und die Westseite dem letzten Umbau hat weichen müssen. Die auf der Nordseite in das spätgotische Mafswerk des Balkenfrieses eingesetzten Wappen mit der Jahreszahl 1519 ergeben nähere Anhaltspunkte zur Bestimmung der Person des Erbauers. 1519 war nämlich, wie schon bemerkt, das Haus im Besitz der Witwe des Georg Haller, des Sohnes des ebenerwähnten Endres Haller, der Felizitas. Sie hat also den Neubau der Galerie, den wohl schon ihr Gemahl im Anschlufs an den Umbau des Hauses geplant und möglicherweise auch in Angriff genommen hatte, im Jahre 1519 auf der Nordseite durchgeführt oder zum wenigsten doch vollendet. Es darf aber weiter angenommen werden, dafs sie die ganze Galerie erbaut hat, wenngleich man dagegen das Schenk-Schürstabsche Wappen ins Feld führen könnte. Der *) Biedermann, Geschlechtsregister des Patriziats, Taf. 108,

55 Kaufmann Paulus Schenk war nämlich, wie wir oben gesehen, durch die Vermählung mit der Susanna Schürstab im Jahre 1568 in den Besitz des Hauses gekommen und hat dann sein und seiner Ge­ mahlin Wappen im Mafswerk auf der Ostseite anbringen lassen. Für die spätere Einsetzung dieser Wappen spricht die ganze stilistische Behandlung derselben, insbesondere auch die Aus­ führung der Helmdecken. Die der Zeit der Nürnberger Früh­ renaissance angehörende Galerie ist von schöner Wirkung. Auf der Nordseite ist der untere Balken, wie vorhin schon erwähnt, mit spätgotischem Mafswerk geschmückt, aus dem sich die Jahreszahl und die beiden Wappen klar und deutlich abheben. Kurze Holzpfeiler mit einfach profilierten Basen und Kapitälen tragen die Gesimse der Brüstung. Die Füllungen der letzteren waren höchst wahrscheinlich in der gleichen Weise ausgeführt wie jene auf der Süd- und Ostseite, von denen gleich die Rede sein wird. Den unteren Balken des folgenden Stockwerks schmücken paarweise gegenseitig ansteigende Bandornamente, in deren Zwischenräumen Rosetten- und Vasenverzierungen liegen. Kunstvoller sind die beiden anderen Seiten ausgestaltet. Der untere Fries zeigt in den Metopen in wohltuender Ab­ wechslung Rosetten und gezierte Stierschädelornamente, durch Triglyphe von einander geschieden. Darüber hin zieht sich eine Balustrade von dünnen gedrehten Säulchen, die von zwei kurzen Pfeilern unterbrochen werden. Das diese Brüstung abschliefsende Gesims trägt schlanke an* und abschwellende Säulen mit korinthischen Kapitälen und darauf gesetzten Blätter­ konsolen, auf denen der mit Bandornamenten, Rosetten und einem Vasenornament ausgestattete Balken liegt, darüber, etwas zurücktretend, eine Brüstung mit spätgotischen Mafswerken zwischen kurzen Pfeilern, die das abschliefsende Gesims der Brüstung des zweiten Stockwerks tragen. Auf schlanken Säulen mit toskanischen Kapitälen, die denen im ersten Stockwerk im übrigen gleich gehalten sind, ruht der nur mit Rosetten ge­ schmückte Balken mit der einfachen Balustrade des dritten Ge­ schosses. Auf der Ostseite dieselbe Anordnung bis auf das fehlende dritte Stockwerk. Es ist dem jetzigen Stiftungsadministrator Herrn Oberstleutenant Freiherrn von Krefs als ein besonderes Verdienst

56 anzurechnen, dafs er beim Umbau des Nebenhauses auch den Hof in ansprechender Weise wieder hat herrichten lassen, so dafs nun die Galerien, soweit nicht eine Zeit der Geschmack­ losigkeit und Impietät ungehörige Änderungen daran vor­ genommen hat, wieder in ihrer alten Schönheit und Zierlichkeit auf uns einwirken.

Beilagen. I.

Regesten über den Besitz der Grafen von Nassau in und bei Nürnberg.

Zu dem umfassenden Reichslehenbesitz, in dem sie alle hoheitlichen Rechte ausübten und woraus ihnen Steuern und bedeutende Gefälle zugingen, hatten sich die Grafen von Nassau noch weitere Güter in der Gegend um Nürnberg erworben. Diesen Privatbesitz im einzelnen vollständig nachzuweisen, ist deshalb nicht wohl möglich, weil die urkundlichen Belege darüber in vielen Fällen mangeln. Die Lehenschaft an einem zu Erbrecht ausgeliehenen Gut besafsen sie . in Beringersdorf,*) ein Erb­ lehengut in Heroldsberga) und Gescheid,*3) *wo auch ein ihnen zinsbares Maierlehen genannt wird und wo sie auch sonst noch unterschiedliche Güter und Einkünfte hatten und zwar in Grofs- und Kleingescheid.4) Im Jahre 1329 erwarb Graf Emicho eine Mühle zu Schwabach aufserhalb des Marktes, wohl dieselbe, welche die Gräfin als Witwe im Jahre 1332 dem Franziskanerkloster zu Nürnberg schenkte,5) während sie die Mühle daselbst unterhalb der Reinbrücke, die alle Goldfasten ein Sümer Korns gültete, im Jahre 1343 dem Kloster Ebrach um der Seele ihres Herrn, des Grafen Emicho, und zum Ersatz des Schadens, der dem Kloster oftmals durch diese Mühle ent­ standen waf, zueignete.6) Bei der Mühle aufserhalb des Marktes hatte sie noch einen eigentümlichen Besitz, den sie im Jahre 1332 dem St. Klarakloster zu Nürnberg schenkungsweise über*) *) 8) *) 5) ®)

Reg. Nr. n, 12, 13 und 15. Reg. Nr. 14. Reg. Nr. 9. Reg. Nr. 16 und 17. Reg. Nr. 19 und 23. Reg. Nr. 27.

57 liefs.1) Als interessant ist es zu bezeichnen, dafs Graf Johann von Nassau im Jahre 1347 Juden zu Windsheim den Schutz für Schwabach, Kammerstein und Altdorf verlieh und ihnen alle Rechte der Juden zu Nürnberg einräumte.2) Nach Urkunden vom Jahre 1347 und 13503) standen der Gräfin Anna die Gerichtsbarkeit, die Schank- und Beckengerechtsame in Kornburg und die Mühl­ gerechtigkeit der Königsmühle bei Kleinschwarzenlohe im Schwarzachthaie zu. Von den zu Kammerstein gehörigen Gütern wird Albersreut4) genannt, aus dem die Gräfin Anna 1348 vier Pfund Burghutgeld an Konrad PfefFerbalg verwies. Zu Steinbach5) besafs die Gräfin auch ein Holz, die Nutzung genannt, das sie 1351 an die Bürger zu Schwabach Heinrich Kruse und Ulrich Neuwirt verkaufte. 6) Dann besafsen die Grafen zu Nassau schon früh zu Heckenhofen (Unter- und Oberhecken­ hofen, südlich und südwestlich von Roth a. S.) einen Hof, der später an die Nürnberger Bürgerin Margareta von Kornburg kam, die ihn im Jahre 1347 zur Feier eines Jahrtags für Emicho und seine Gemahlin durch die Barfüfser an das St. Klarakloster vermachte, 7) und waren auch in Rudelsdorf bei Bartelmesaurach angesessen. 8) 1349 bestimmte Gräfin Anna von Nassau dann auf Veran­ lassung ihrer Söhne Johann und Emicho die Anteile ihrer Töchter Margareta, Gräfin von Hohenburg, und Jutta, Gräfin von Dietz, an ihren Gütern »da oben im lant«. 9) Beiden wurden je 800 Pfund alter Nürnberger Haller zugewiesen und der Margareta dafür verschrieben die Güter und Gülten zum Schattenhof, zu Niedermedebach (jetzt Untermainbach), Nieder­ reichenbach und Weihersmühle und die Mühle zu Gauchsdorf, während Jutta die Güter zu Pirkenhof, Poppenreuth, Plöcken­ dorf (Urk. Pluckendorf) und zu Gauchsdorf erhielt. Beiden wurden dazu noch Anteile aus der Steuer im Markte und der Hofmark Schwabach zugewiesen. 10) Dann hatte die Gräfin Anna von Nassau vom Burggrafen Friedrich .von Nürnberg, ihrem Bruder, schon im Jahre 1302 eine Anzahl Güter südlich und südwestlich von Windsheim und zwar im Dorfe Tckelheim Reg. Nr. 22. Reg. Nr. 31. Reg. Nr. 28, 40. Reg. Nr. 32. Wahrscheinlich Ober- und Untersteinbach südlich von Roth am Sand. Reg. Nr. 44, 45. Reg. Nr. 30. 8) Reg. Nr. 62. 9) Reg. Nr. 38. i°) Die genannten Ortschaften liegen sämtlich in der Schwabacher Gegend.

58 vier Lehen, einen Hof, vier Hofstätten und mehrere Grundstücke, zu Breitenau fünf Lehen und zu Westheim einen Hof um die Summe von 200 Pfund Haller käuflich erworben.1) Später waren diese Güter, wie es scheint, zeitweilig an die Deutschordenskommende zu Virnsberg gekommen. Der Komtur Burggraf Bertold zu Nürnberg und der Konvent zu Virnsberg erklärten sich nämlich 1350 bereit, die vom Burggrafen Friedrich aus­ gestellte und der Kommende von der Gräfin Anna übergebene Urkunde über die genannten Güter sowie die weitere Urkunde, wodurch ihre Kinder dem Verkauf derselben zustimmten, jeder­ zeit herauszugeben.2) Dieser ganze Privatbesitz der Grafen von Nassau ging mit dem Zeitpunkt, da sie die gröfseren Reichslehen zu Kammer­ stein, Schwabach, Altdorf und Heroldsberg aufgaben, auch all­ mählich, soweit dies nicht schon vorher geschehen war, in andere Hände, besonders in die der Burggrafen von Nürnberg über. Nachstehend finden sich die Regesten der sämtlichen Urkunden über den nassauischen Besitz in und um Nürnberg, soweit sie uns bekannt geworden, in chronologischer Folge zusammengestellt. Es ergibt sich daraus in ganz augenfälliger Weise, was von einem Güterbesitz der Grafen von Nassau in der Gegend von Nürnberg vor 1299, den Meisterlin und seine Nachfolger konstruiert haben, in Wirklichkeit zu halten ist. Nürnberg 1299 Januar 30.

1. König Albrecht bekennt, dafs er Graf Emich von Nassau und seiner Gemahlin Anna 500 Mark Silber schuldig sei, und verspricht, sie bis zu nächstem Martinitag zu bezahlen, widrigenfalls er oder seine Bürgen in Nürnberg ins Einlager reiten wollen. Nurenberch III. kal. feb. . . 1299. Mon. Zoll. II, Nr. 425. Oetter, dritter Versuch einer Geschichte der Herrn Burggrafen, S. 157. Lang, Reg. Boic., IV, 683. Bingen 1299 Februar 21.

2. Erzbischof Gerhard von Mainz erteilt zu der (verloren gegangenen) Verpfändungsurkunde König Albrechts (zwischen dem 30. Januar und 21. Februar 1299) der Burg Kammerstein und der Dörfer Schwabach, Altdorf und Heroldsx) Reg. Nr. 7. 2) Reg. Nr. 41.

59 berg um 2000 Mark Silber an Graf Emicho von Nassau und seine Gemahlin Anna seine Zustimmung. Pingwia IX. kal. marcii . . 1299. Oetter, a. a. O., S. 161. Bingen 1299 Februar 21.

3. Erzbischof Wichbold (Wicholdus) von Köln erteilt zu dieser Verpfändung seine Zustimmung. Vom selben Tage. Ebend. S. 162. Efslingen 1299 August 13.

4. Herzog Rudolf von Bayern erteilt zu dieser Verpfändung seine Zustimmung. Ezzelingen id. augusti . . 1299. Ebend. S. 158. Ulm 1300 Februar 8.

5. Herzog Rudolf von Sachsen erteilt zu dieser Ver­ pfändung seine Zustimmung. Ulme VI. id. febr. . . 1300. Ebend. S. 160. Speier 1300 Dezember 16.

6. Markgraf Otto von Brandenburg erteilt zu dieser Ver­ pfändung seine Zustimmung. Spyra 1301 sexta feria ante festum Thome apostoli. Ebend. S. 159. 1302 August 25.

7. Burggraf Friedrich IV. von Nürnberg verkauft vier Lehen, einen Hof, vier Hofstätten und mehrere Grundstücke im Dorf zu Ickelheim, fünf Lehen zu Breitenau und einen Hof zu Westheim an seine Schwester Gräfin Anna von Nassau um 200 Pfund Haller. Zeugen: »unser lieber vetter Conrad der burcgrave von Nürnberg«, Albrecht von Vestenberg, Walther »der drussezze« von Seckendorf, Burchart von der Awe, Burchart von Vendebach, Arnolt und Ludewig von Seckendorf, »erber ritter«. Mit­ siegler: Elene, des Burggrafen Mutter, und sein Vetter Konrad. Reg. Boica V, 32. 1303 April 25.

8. Markgraf Hermann von Brandenburg erteilt zur Ver­ pfändung von Kammerstein etc. seine Zustimmung. 1303 in die Marci ewangeliste.

60 Gleichzeitige beglaubigte Abschrift auf Pergament mit dem Siegel der Gräfin Anna von Nassau im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden.*) Frankfurt 1305 März 31.

9. König Albrecht versetzt der edlen Matrone Anna, der Gemahlin des Grafen Emicho von Nassau, zur Sicherheit einer Schuld von 200 Mark Silber seine Einkünfte in Herolds­ berg und »zum Scheide« (Gescheid). . . Frankenfurt II. kalend. april . . . 1305. Oetter, Dritter Versuch einer Geschichte der Herrn Burg­ grafen, III, S. 174. 1313 Juli 4.

10. Graf Gerlach von Nassau gibt dem Benediktinerkloster Rot a. Inn auf Bitten seiner Schwester Machtilde, Pfalzgräfin bei Rhein und Herzogin zu Baiern, die ihm mit Eigenschaft und Recht zugehörige Jungfrau Elspet von Nassau.*2) München . . 1313 an sant Ulreichs tag. Mon. Boica I, 420. Reg. Boica V, 259. 1316 Mai 29.

11. Graf Emch von Nassau und Frau Anna, seine Gemahlin, urkunden, dafs Hermann Permitter und seine Frau Agnes ihr Erbe zu Behringersdorf (Urk.: Bergerstorf) besitzen sollen unter dem Vorbehalt, dafs der Anspruch auf etwaige Mehrleistung von einem Pfund Haller nach des Reichs Recht ausgetragen werden solle. 1316 an dem pfingest abende. Orig. Perg. im Freiherri. v. Tucherschen Familienarchiv mit anh. Fragment des Reitersiegels Graf Emichos von Nassau. 1316 Mai 29.

12. Graf Emch von Nassau und Frau Anna, seine Haus­ frau, urkunden, dafs Meister Hermann, der Permenter, Bürger zu Nürnberg, von seinem Erbe zu Behringersdorf (Urk.: Perngerstorf), in des Grafen Amt gelegen, nach der von ihm ausgebrachten Kundschaft nicht mehr als ein Pfund gewöhnlicher Münze zu Nürn­ berg jährlich dienen sollen, die gemeine Amtsbete ausgenommen. 1316 an dem pfingst abende. Orig. Perg. im Freiherri. v. Tucherschen Familienarchiv3) mit anhang. Reitersiegel Graf Emichos von Nassau. J) Herrn Archivdirektor Dr. Wagner zu Wiesbaden, der mich durch die Mitteilung einer Reihe von Urkunden verpflichtete, spreche ich hier meinen verbindlichsten Dank aus. 2) Wenngleich die Urkunde nicht hieher gehört, habe ich sie doch, um sie der Vergessenheit zu entreifsen, angeführt. 8) Die Urkunden Nr. 11 und 12 verdanke ich der Güte des Herrn Regierungsrats Christoph Freiherrn von Tücher.

61 1317 Juli 28.

13. Die Brüder Heinrich, Konrad und Seitz Schulir be­ kennen zugleich mit ihren Frauen Chunel, Treutel und Christin, dafs sie Herrn Leopold dem Schürstab ihr Erbe zu Behringers­ dorf, »daz da gehöret in das gericht zem Heroltsperg« ver­ kauft haben, und versprechen, es ihm zu stetigen von Herren­ hand vor den nächsten Pfingsten. Pfinztag nach sante Jacobstag 1317. Journal von und für Franken VI, 451. 1318 April 3.

14. Heinrich Eseler, Bürger zu Nürnberg, bekennt, von der Gräfin Anna von Nassau ein Erblehengut zu Heroldsberg erhalten zu haben. 1318 an dem montage nach mittervasten. Orig. Perg. mit 3 anh. Siegeln im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. 1319 August 9.

15. Emicho, Graf von Nassau, und seine Gemahlin Anna verleihen Lupoid Schürstab, Bürger zu Nürnberg, das Erbe an dem Gute zu Behringersdorf, »daz der alten Schulerinne was«, also, dafs man es mit seines Amtmanns Wort und Willen be­ setze und entsetze und ihm mit Dienst und andern Sachen von dem Gute leiste, wie andere Leute in dem Gericht. 1319 an sante Laurentien abente. Journal von und für Franken, Bd. VI, S. 452. Reg. Boic. V, 412. 1320 October 11.

16. Graf Emich und Frau Anna, Gräfin zu Nassau, urkunden, dafs die Mifshellung zwischen ihnen und Gottfried dem Schopper, Bürger zu Nürnberg, wegen des Maierlehens »ze dem Geschah« mit Rat Burggraf Friedrichs von Nürnberg und seiner Ratgeben also beschieden ist, dafs man alle Jahre zu Walburgenmesse 60 Haller geben und die Leute auf dem Gute jährlich drei Ehaftdinge vor Gericht stehen zu dem Heroldsberg, Graf Emich aber sonst mit dem Gute nichts zu schaffen, sondern Gottfried Schopper dasselbe besetzen und entsetzen solle. Zeugen: Arnolt von Seckendorf, Volkolt von Tanne, Dietrich von Wilhelmsdorf, Hourauf, Otto von Kipfenberg, Wolflin, Richter vom Heroldsberg, Heinrich von Stopfenheim, Hofmeister des Grafen Emicho, Reichwin, Kellner desselben, Gramliep Eseler und Seitz Stromaier, Bürger zu Nürnberg, »und ander gnuck«.

62 1320 an dem samstage vor sant Gallen tac. Abschrift in Bd. IV der Norica im städt. Archiv Nr. 206. Nürnberg 1320 October 17.

17. Ofmie (Eufemia), die Wiglerin (d. i. Weigelin), Bürgerin zu Nürnberg, bekennt, dafs ihr Streit mit der Gräfin Anna von Nassau »um die gut ze dem grofsen Gescheide (Grofsgescheid), daz drittail an zwain hüben, und ze dem wenigen Gescheide (Kleingescheid) ein gantziu hübe, diu min und miner erben rehtes erbe sint«, durch Vermittlung von Schiedsrichtern bei­ gelegt worden ist. . . . 1320 an dem fritage von sant Gallen tage. Orig. Perg. mit 2 anh. Siegeln im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. 1326 October 29.

18. Gebhard, Bischof von Eichstätt, und das Kapitel da­ selbst verkaufen ihren Hof neben dem Kirchhof von St. Lorenz zu Nürnberg, den der Ritter Konrad Grofs bewohnt, mit allen Zugehörungen, ausgenommen das Haus, das die Matrone, die Hirschbergerin genannt, bewohnt, an Graf Emcho von Nassau und seine Gemahlin Anna für 220 Pfund Haller mit Zustimmung des Probstes Friedrich von Herrieden, der die Nutzniefsung des genannten Hofes auf Lebenszeit hat. . . 1326 in crastino apostolorum Simonis et Jude. Journal von und für Franken VI, 453 ff. 1329 März 14.

19. Herman Schuster, Bürger zu Schwabach, verkauft die Mühle niederhalb Schwabach an seinen Herrn Graf Emichen von Nassau und dessen ehliche Hausfrau Anna um 54 Pfund Haller. . . ertag in der ersten fastwochen. Reg. Boic. VI, 285. Suntzin 1329 April 28.

20. Kaiser Ludwig gibt und verschafft in Ansehung der genehmen und nutzbaren Dienste, die ihm und dem Reich der edle Mann Emch, Graf von Nassau, getan hat, seinem Sohne Johann um den Dienst, den er ihm und dem Reich ein ganzes Jahr in welschen Landen tun soll, auf der Burg Kammerstein, auf der Hofmark zu Schwabach, auf der Hofmark zu Altdorf, auf dem Gerichte zu dem Heroltsberge, das auch die Hofmark genannt ist, und auf allen dazu gehörigen Gütern 2000 Pfund Haller über das Geld, wofür dem genannten Emchen und Annen

63 seiner Wirtin, des Kaisers Muhme, und ihren Erben die vor­ genannten Güter von König Albrecht versetzt worden sind, nach Laut der Briefe, die derselbe König Albrecht und er ihnen darüber gegeben haben. . . Suntzin an fritag vor sant Walpurg tag . . . 1329. Oetter, Dritter Versuch einer Geschichte der Herren Burggrafen etc., S. 177 f. v. Falckenstein, Antiquit. Nordg., IV, 115. 1331 Mai 30.

21. Kaiser Ludwig erteilt dem Grafen Emichen von Nassau die Gnade, dafs niemand die Burg Kammerstein und was dazu gehört und was ihm zu Pfand vom Reiche steht, lösen soll als er selbst und seine Nachkommen an dem Reich. Datum in Nürnberg in die corporis Christi, v. Oefele, Rer. Boic. scrip., I, 77 7. 1332 Januar 21.

22. Gräfin Anna von Nassau gibt zur Feier des Jahrtags ihres Sohnes Friedrich und ihrer Tochter Anna von Valkenstein ihr Eigen zu Schwabach an der Mühle auswendig des Marktes an die Frauen St. Klarenordens zu Nürnberg. Zeugen: Erkenbrecht Koler, Bertolf Pfinzing, Richwein von Derne, Heinrich von Limpurg. Geben uf St. Agnestag. Reg. Boica VII, 2. I332 Januar 21.

23. Dieselbe schenkt den Franziskanern zu Nürnberg eine Mühle zu Schwabach. Regest im Conspectus hist. Nassav. univers. von Erath und Rauschard im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden I, 123. *335 Juh 8. 24. Vor dem Schultheifsen Konrad Pfinzing und den Schöffen der Stadt Nürnberg bezeugt Reichwin, der Kästner der Gräfin Anna von Nassau, dafs der Streit zwischen ihr und den geist­ lichen Frauen des Klosters Seligenporten wegen eines Überbaus derselben in der Gräfin Hof zu Nürnberg gütlich beigelegt worden sei. Geben an sant Kilians tag . . . 1335. Perg.-Orig. im städt. Archiv zu Nürnberg mit anhangendem Stadtgerichtssiegel. Journal von und für Franken VI, 456 ff.

64 1336 J^i 21.

25. Konrad Pfinzing und die Schöffen der Stadt Nürnberg bestätigen den Verkauf eines Hofs zu Heckenhofen durch Konrad Lorrlein an Kunigund von Kürnburg, der edlen Frau Gräfin von Nassau Jungfrau. Geben am s. Albanstag. Reg. Boica VII, 153. 1336 November 11.

26. Gräfin Anna von Nassau gelobt ihrem Sohne, dem Grafen Johann von Nassau, die Einlösung des Hauses Kammer­ stein durch den Kaiser oder sonst jemand nicht ohne seinen Rat und Willen anzunehmen. 1336 uf sente Mertines dage des bischoves. Orig.-Perg. mit beschädigtem Siegel im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. 1343 August 23.

27. Gräfin Anna von Nassau gibt mit Rat ihres Sohnes Johann ihre Mühle zu Schwabach »unter der Reinbrücken«, die alle Goldfasten ein Sümmer Korns gültet, dem Abt und der Samnung des Klosters Ebrach wegen ihrer und ihres Herrn des Grafen Emichen Seele und für den Schaden, der dem Kloster durch die Mühle an den Wiesen oft geschehen ist. 1343 an s. Bartholomeus abend. Reg. Boica VII, 37 7. 1347 Januar 5.

28. Ritter Heinrich von Kurenburg (Kornburg) verträgt sich mit der Gräfin Anna von Nassau wegen der Gerichts­ barkeit und der Schank- und Backgerechtsame zu Kornburg und der Mühlgerechtigkeit der Königsmühle. . an dem obersten abent . . 1347. Orig.-Perg. im kgl. allg. Reichsarchiv zu München mit 2 anhangenden Siegeln. Oetter, dritter Versuch einer Gesch. der Herrn Burggrafen, S. 178 ff. 1347 Januar 7.

29. Gräfin Anna von Nassau vergleicht den Stullen und den Amman, ihre Bürger zu Schwabach. 1347 uf deme suntage nach dem obersten dage. Orig.-Perg. mit anhang. Siegel im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden.

65 1347 Mai 4.

30. Margarete von- Kürnburg, Bürgerin zu Nürnberg, ver­ macht ihren Hof zu Heckenhofen an das St. Klarakloster zu Nürnberg unter der Bedingung, dafs die Barfüfser ein Jahr­ gedächtnis für den Grafen Emich und seine Gemahlin Anna feiern sollen, weil das Gut von ihnen herkommt. Freitag nach s. Walpurgitag. Regest im Conspectus etc. im kgl. Staatsarchiv Wies­ baden I, 156. 1347 o. T.

31. Graf Johann von Nassau erteilt einigen Juden von Windsheim Schutz und die Erlaubnis, in seinem Markt zu Schwa­ bach, in Kammerstein oder Altdorf, wo sie wollen, in seinem Gebiet zu wohnen und alle Rechte der Juden in Nürnberg zu geniefsen. Ohne Angabe eines Tagesdatums. Regest im Conspectus etc. I, 157. 1348 Juli 8.

32. Konrad Pefferpalg bekennt, von der Gräfin Anna von Nassau auf deren Lebenszeit 4 Pfund Burghut, fallend zu Albrechtsreut, erhalten zu haben. 1348 uf sante Kilianis dag. Orig.-Perg. mit anhang. Siegel im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. Lienz 1348 Juli 30.

33. K. Karl IV. belehnt Johann, Grafen zu Nassau und Herrn zu Hadamar, mit dem Reichsgut zu Kammerstein und allen zu­ gehörigen Märkten und Dörfern, mit Schwabach, Heroldsberg, Kornburg, Altdorf und den Kirchensätzen daselbst. ... an der nächsten mittwochen nach s. Jacobstag. Reg. Boic. VIII, 139. Lienz 1348 Juli 30.

34. Derselbe gibt als König zu Böhmen und Kurfürst des Reichs zu dieser Belehnung seine Zustimmung. Vom selben Tag. Ebendas. Lienz 1348 Juli 30.

35. Kurfürst Rudolf von Sachsen gibt zu dieser Belehnung seine Zustimmung. Vom selben Tag. Reg. Karls IV. von Böhmer-Huber Nr. 724, 5

66 Lienz 1348 Juli 31.

36. Erzbischof Gerlach von Mainz gibt zu dieser Belehnung seine Zustimmung. Lienz an sant Peters abend . . . viücula. Reg. Boic. VIII, 139. 1349 Juni 25.

37. Kurfürst Rudolf (I) von der Pfalz gibt zu dieser Be­ lehnung seine Zustimmung. 1349 donnerstag nach nativitatis s. Johannis Baptiste. Regest im Conspectus etc. I, 166. 1349 Nov. 11.

38. Gräfin Anna von Nassau bestimmt auf Veranlassung ihrer Söhne Johann und Emich den Anteil, den ihre Töchter Margareta, Gräfin von Hohenberg, und Jutta, Gräfin von Dietz, an ihren Gütern >da oben in dem lant« haben sollen, wogegen die Töchter sich verpflichten, diese Teilung anzuerkennen. Es soll jede Tochter 800 Pfund alter Nürnberger Haller erhalten und ihnen dafür verschrieben werden, Margareta: die Güter und Gülten »zum Schattenhoffe und zu nidern Medebach und zu nidern Reichenbach und Weiersmul und die mul zu Gauchs­ torf« • Gräfin Jutta zu Dietz soll erhalten die Güter »zu dem Pirkenhoffe und zu Poppenreut und zu Plickendorf, zu Gauchs­ torf«. Beide erhalten die Güter frei von jeder Steuer oder sonstigen Beschwerung. Aufserdem sollen sie beide jährlich empfangen »auz der steur zu Swabach in dem markt 45 pfund alter haller, und auf dem lande in derselben hofemark zu Swabach 62 pfund alter haller«. Güter und Gülten erhalten die Töchter schon zu Lebzeiten der Mutter, nach deren Tode können sie die Brüder mit 1600 Pfund Haller geteilt oder beide zusammen ablösen. Die Töchter verzichten auf alle sonstigen Güter der Mutter »oben im lande«. Zeugen: Graf Berchtolt von Nürnberg, Friedrich von Heideck, Heinrich von Crummenau, Cunrat der Pfefferpalck und Heinrich Weitenstorfer, »unser richter«. Geben 1349 an s. Martinstag. Abschrift des 18. Jahrhunderts im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. Kammerstein 1349 o. T.

39. Gräfin Anna von Nassau überweist ihrer Tochter, der Gräfin Jutta von Dietz, 800 Pfund Haller. Datum anno domini 1349 zu dem Kamersteine. Orig.-Perg. mit zwei anh. Siegeln im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden.

67 1350 Februar I.

40. Agnes Maientalerin, Ludwig des Maientalers Witwe, Hartung, ihr Bruder, Friedrich, ihr Vetter, und sein Sohn und alle ihre Freunde begeben sich der Gräfin Anna von Nassau gegenüber aller ihrer Ansprüche auf die Königsmühle. »Des geb wir disen brif versigelt mit des egenanten Hartunges des Schwepfermans insigel, meins pruders, und auch mit des erbern, vesten ritters insigel hern Hainrichs von Kürnburch und mit hern Herdegens insigel, des Reuters, zu den Zeiten richter ze Altdorf« . . . . . an unserr frauen abnt ze lichtmefs , . . 1350. Orig.-Perg. im kgl. allg. Reichsarchiv zu München mit 3 anh. Siegeln. 1350 März 17.

41. Bertold, Burggraf zu Nürnberg und Deutschordens­ komtur, sowie der Konvent zu Virnsberg bekunden, dafs sie bereit sind, die vom Burggrafen Friedrich von Nürnberg seiner Schwester, der Gräfin Anna von Nassau, und von dieser ihnen gegebenen Urkunde über die Güter zu Ickelheim, Breitenau und Westheim sowie die Urkunde, wodurch ihre Kinder den Verkauf der Güter gestatten, jederzeit herauszugeben. 1350 an s. Gertrudentag. Ocig.-Perg. im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden mit anh. Siegel. 1350 April 19.

42. Arnold von Seckendorf, genannt von Obernzenn, Gottfried von Weitersdorf, Ritter, Konrad Pfefferbalg, Konrad Stromair, Bürger zu Nürnberg, und Friedrich Ebner, weiland Landschreiber zu Nürnberg, tun kund um den Krieg und Auf­ lauf, der sich seit langem zwischen dem Abt von den Schotten zu St. Gilgen (Egidien) zu Nürnberg einerseits und der Gräfin Anna von Nassau und ihrem Sohn Johann andererseits zuge­ tragen hat wegen zweier Güter zu Weifsenbrunn, die den Herrn von St. Gilgen gehören und von denen Frau Anna und ihr Sohn behaupten, »ez sullen die leut auf den guten durch recht ze Altorf dreu ehaftigeu geriht vorsten und auch eren auf der Preitigen (?) und auch kungs huner geben und daz heten si alles herbracht in nützlicher gewer«, während der Abt behauptet, dafs niemand über die Güter Vogtei oder Recht habe als das Kloster. Von den Schiedsleuten erkennen Konrad Pfefferbalg und Gottfried von Weitersdorf, dafs die Frau von Nassau —, Konrad Stromer und Friedrich Ebner, dafs der Abt die bessere Gewere habe. Darauf entscheidet Arnold von Seckendorf nach 5!

68

Rat der Herren, Ritter und Knechte und der Neuner, die über den Landfrieden gesetzt sind, auf seinen Eid, dafs der Abt und sein Kloster an den vorgeschriebenen Gütern zu Weifsenbrunn die bessere Kundschaft hätten an der Gewere. . . . 1350 an dem nehsten montag vor sant Gorgen tag, des heiligen merterers. Orig.-Perg. im städt. Archiv. Die fünf ursprünglich an­ hangenden Siegel der Schiedsmänner abgefallen. 1350 o. T.

43. Kaiser Karl befiehlt der Gräfin von Nassau, den Abt von St. Gilgen (Egidien) an den Gütern zu Weifsenbrunn nicht weiter zu schädigen. 1350, ohne Tagesangabe. Regest im Conspectus etc. I, 170. 1351 April 23.

44. Gräfin Anna verkauft Heinrich Kruse und Ulrich e Nuwirt, Bürgern zu Schwabach, das Holz, genannt die »Nutzung«, zu Steinbach. 1351 uf sant Jeorigin dag des heiligen marteris. Orig.-Perg. mit beschädigtem Siegel im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. e

1351 April 23.

45. Heinrich Kruse und Ulrich Nuwirt, Bürger zu Schwabach, bekunden die Zahlungsweise des Kaufpreises für das Holz zu Steinbach, die »Nutzung« genannt. 1351 uf sant Jeorigen dag des heiligen marterres. Orig.-Perg. mit 3 anh. Siegeln im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. 1352 Juni 12.

46. Willebrief des Markgrafen Ludwig von Brandenburg zu der Belehnung des Grafen Johann von Nassau mit der Burg Kammerstein. 1352, dinstag nach corporis Christi. Regest im Conspectus etc. I, 177. 1353 Juni 24.

'

47. Eberhard Odinberger bekennt, dafs ihm Gräfin Anna von Nassau das Amt und Gericht zu Heroldsberg verliehen hat. 1353 uf sant Johans tag, als er geporin wart. Orig.-Perg. im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. Siegel abgefallen.

69 Nürnberg 1353 Aug. 19.

48* König Karl IV. befiehlt den Grafen Johann und Emicho von Nassau, dem Abt vom Kloster Ebrach die Pfarrei zu Schwabach nebst den dazu gehörigen Zehnten zurück­ zugeben. Nürnberg an sant Sebalds tag. Reg. Boic. VIII, 2 75. 1355 März 22.

49. Auf der Gräfin Anna und ihrer Söhne, der Grafen Johann und Emicho von Nassau, Bitten wird vom Abt und Konvent des Klosters Ebrach die Bewilligung erteilt, dafs ihre Bürger zu Schwabach in der Pfarrkirche daselbst eine ewige Messe stiften. ... an dem nehsten suntag nach mittervasten. Conspectus etc. I, 190. Oetter, dritter Versuch einer Gesch. der Herrn Burg­ grafen, S. 182 ff. Kammerstein 1357 August 25.

50. Die Brüder Johann und Emche, Grafen zu Nassau und Lehenherrn der Pfarrei zu Altdorf, geben Gunst und Willen zu einer ewigen Frühmesse zu Altdorf. 1357 . . an dem nechsten tag nach sand Wartholomeus tag. Orig.-Perg. im kgl. allg. Reichsarchiv zu München mit 2 anhangenden Siegeln. Eichstätt 1357 October 21.

51. Bischof Berthold zu Eichstätt bestätigt die von Johann und Emicho, Grafen zu Nassau, seinen nächsten Blutsverwandten, sowie den Bürgern und der Gemeinde des Marktes Altdorf mit Zustimmung des Rektors der Pfarrei Heinrich von Berg, der zwei Zehnten aus den Dörfern Reuthaus und Winkelhaid, die zu derselben Pfarrei gehören, dazu gegeben hat, gestiftete Früh­ messe zu Altdorf. Datum Eistett ... 1357 in die undecim virginum. Orig.-Perg. im städt. Archiv. Siegel abgefallen. 1357 October 28.

52. Ritter Engelhart Volkolt von Tanne und seine Frau Offmy bekennen, dafs die Grafen Johann und Emich von Nassau ihnen 1000 Pfund Haller bezahlt haben und 500 Pfund noch schuldig bleiben, die sie nächsten Lichtmefstag bezahlen sollen in Nürn­ berger Währung, wofür Engelhart und Ofmy dann den ihnen

70 versetzten Amthof der Grafen und das Gericht zu Altdorf zurückstellen werden. 1357 an des h. zwelfpoten tag Simonis und Jude. Orig.-Perg. im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. 1357 Dezember 20.

53. Ritter Johann von Vestenberg, Richter des Land­ gerichts zu Nürnberg, bestätigt eine von ihm nicht datierte Ur­ kunde Graf Emichos von Nassau und seiner Gemahlin Anna, der Tochter des ehemaligen Burggrafen Friedrich von Nürn­ berg, wodurch Emicho auf das vermeintliche Recht, worüber ihm bei der Verpfändung der Feste Kammerstein und der Stadt Schwabach Bericht geworden, dafs nämlich die Leute des Klosters Heilsbronn in Volkersgau dreimal im Jahre in der Stadt Schwabach in Kriminal- und Civilsachen zu Recht zu stehen hätten, Verzicht leistet und nach einer Verhandlung am Gericht zu Schwabach unter seinem Offizial Ludwig von Seckendorf und dessen Bruder Hartmund als Prokuratoren des genannten Klosters in seiner Anwesenheit nach Vorbringung einer Ur­ kunde des Grafen Adolf von Nassau anerkennt, dafs jene Leute im Dorf und in der Mark Volkersgau nicht verpflichtet sind, in Schwabach zu Recht zu stehen, sondern dem Gericht des Abtes zu Heilsbronn unterworfen sind. Wenn aber jene Leute in der Mark oder dem Distrikt Schwabach sich vergehen oder gemeinsame Rechte, welche anderen auswärtigen Leuten zustehen, die seiner Gerichtsbarkeit nicht unterliegen, verletzen, so soll er über sie das Recht wahrnehmen. . . . 1357 in vigilia beati Thome apostoli. Oetter, dritter Versuch einer Geschichte der Herren Burggrafen zu Nürnberg, S. 170 ff. Reg. Boic. VIII, 385. Nürnberg 1359 Februar 20.

54. Das Stadtgericht zu Nürnberg bestätigt das Testament des Grafen Emicho von Nassau vom IQ. Februar 135Q (1359 dinstag vor cathedra Petri). Nürnberg, mittwoch vor s. Mathias. Regest im Conspectus I, 210. 1360 Februar 22.

55. Graf Johann von Nassau und sein Sohn Johann ver­ kaufen den Markt, den Amthof und Kirchensatz zu Altdorf mit allen zugehörigen Dörfern und Gütern an Burggraf Albrecht von Nürnberg um 10160 Pfund Haller. ... an sant Peterstag kathedra . , . 1360. Monf Zoll. III, Nr. 429.

71 1360 Februar 22.

56. Burggraf Albrecht von Nürnberg verspricht, die Kirche in Altdorf niemand anderem zu Lehen zu geben als einem Sohne seines Oheims, des Grafen Johann von Nassau. 1360 an s. Peters tag katedra. Orig.-Perg. mit anh. Siegel im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. 1360 Februar 22.

57. Graf Johann zu Nassau bekennt, dafs er mit seinem Oheim Burggraf Albrecht zu Nürnberg wegen des Dorfs und Gerichts zu Heroldsberg und aller Zugehörungen dahin über­ eingekommen ist, dafs er im Fall eines Verkaufs ihm das Gut zuerst anbieten solle in demselben Recht, wie er ihm Altdorf verkauft habe, je ein Pfund Herrengült um 40 Pfund Haller Nürnberger Währung, so zwar, dafs der Kaufpreis innerhalb zweier Monate nach abgeschlossenem Kaufgeschäft zu bezahlen sei. Sollte aber Graf Johann eins seiner Kinder mit Herolds­ berg und den dazugehörigen Gütern beraten wollen, so soll er dem Burggrafen zu nichts verbunden sein. 1360 an sant Peters kathedra tag. Orig.-Perg. mit anh. Reitersiegel Graf Johanns von Nassau im Freiherrlich von Geuderschen Familienarchiv zu Heroldsberg.*) Nürnberg 1360 Juni 27.

58. Kaiser Karl IV. verleiht auf Bitten des Grafen Johann von Nassau den Markt, Kirchensatz und Amthof zu Altdorf mit allen dazu gehörigen Dörfern, Gütern und Zehnten, die vom Reich zu Lehen gehen und die Graf Johann ihm und dem Reich aufgegeben hat, Burggraf Albrecht von Nürnberg. Nuremberg 1360 . . des nechsten sunabends nach sand Johanns tag zu sunebenden. Mon. Zoll. III, Nr. 440. Hist. Norimb. dipl. Nr. 170 u. a. Nürnberg 1360 Juni 28.

59. Derselbe gibt hiezu als König von Böhmen und Kur­ fürst seinen Willebrief. Sonntag nach St. Johann sonnwenden. Mon. Zoll. a. a. O. Glafey, Anecdota, Nr. 170. 1360 o. T.

60. Herzog Rudolf von Sachsen erteilt hiezu als Kurfürst seine Einwilligung. Ohne Tagesangabe. Mon. Zoll. III, Nr. 441. *) Die Urkunden Nr. 57, 61 und 81 wurden mir von Freiherm Adolf von Geuder in Heroldsberg in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt.

72 1361 Febr. 22.

61. Graf Johann zu Nassau, Herr zu Hadamar, und sein Sohn Johann verkaufen das Dorf zu dem Heroldsberg, das Amt und das Gericht daselbst mit allen Zugehörungen, das vom Reich zu Lehen geht, an Burggraf Albrecht von Nürnberg um 2260 Pfund, 13 Schilling der kurzen und 4 Haller. . . an sant Peters tag kathedra 1360. Orig.-Perg. mit anh. Reitersiegel Graf Johanns von Nassau im Freiherrlich von Geuderschen Familienarchiv zu Heroldsberg. Mon. Zoll. III, Nr. 468. Falckenstein, Urk. u. Zeugnisse, Nr. 174 u. a. Nürnberg 1361 März 2.

62. Willebrief Ludwig des Römers als Markgraf von Brandenburg zu dem Verkauf von Altdorf durch Johann Graf zu Nassau an Burggraf Albrecht von Nürnberg. Nuremberg am dinstag vor mittervasten. Mon. Zoll. III, Nr. 469. 1361 o. T.

63. Graf Johann von Nassau befreit die Untertanen und Güter Peter Stromers zu Rudolstadt (wahrscheinlich Rudelsdorf bei Barteimesaurach) von dem Ehaftgericht zu Schwabach. 1361 ohne Tagesangabe. Regest im Conspectus etc. I, 217. 1363 September 4.

64. Graf Johann zu Nassau, Herr zu Hadamar, Eisbet, seine ehliche Wirtin, und Heinrich, ihr ältester Sohn, verkaufen Hertwige dem Volkemare, Bürger zu Nürnberg, ihren Hof da­ selbst hinter St. Laurenzen allernächst an der Frauen Hof von der Selgen Porten von der vordem Pforte an St. Laurenzen an bis hinten hinaus an die hintere Nonnengasse. 1363 dez nesten maintagis vor unsir frauen tag, als sie geborn ward. Transsumpt aus der Bestätigungsurkunde des Nürnberger Stadtgerichts vom 10. April 1364 im städt. Archiv. Histor. Norimberg, dipl. Nr. 188. 1363 September 5.

65. Graf Johann von Nassau etc. machen den Bürger­ meistern, Schöffen, dem Rat und der Stadt Nürnberg Mitteilung von diesem Verkauf und bitten sie, den Hof zu fertigen und zu salen nach der Stadt Recht und Gewohnheit. 1363 uff den nesten dinstag vor unser frauwen tag, alse sie geborn ward.

73 Orig.-Perg. im städt. Archiv* Von den ursprünglich anhangenden Sekretsiegeln Johanns, Elsbets und ihres Sohnes Heinrich ist nur noch das letzte vorhanden. Hist. Nor. dipl. Nr. 188, Anm. 1364 April 10.

66. Konrad Grofs, Schultheifs, und die Schöffen der Stadt Nürnberg erkennen das vorbezeichnete Kaufgeschäft wegen des Nassauerhofs hinter St. Lorenz mit Häusern, Stallungen, Gärten etc. unter Einrückung der darüber aus­ gestellten Urkunde (Nr. 64) gerichtlich an. Geben am mitwochen vor Tiburcii und Valeriani 1364. Orig.-Perg. im städt. Archiv mit anhangendem Fragment des Stadtgerichtssiegels. 1364 August 4.

67. Graf Johann von Nassau, Herr von Hadamar, ver­ kauft Burggraf Friedrich von Nürnberg, seinem lieben Oheim, seine Feste Kammerstein und seinen Markt Schwabach und Kornburg mit allen Zugehörungen, wie er es vom Reich als rechtes Lehen hergebracht hat, um 15 400 Pfund Haller. . . suntag nach sant Peters tag ad vincula. Mon. Zoll. IV Nr. 34. Hist. Nor. hist. Nr. 141. Luckau 1364 November 10.

68. Kaiser Karl IV. verleiht Burggraf Friedrich von Nürn­ berg die Feste Kammerstein und die Märkte Schwabach und Kornburg mit ihren Zugehörungen, die von ihm und dem Reich zu Lehen rühren und die der edle Graf Johann zu Nassau dem Burggrafen verkauft hat. . . am sanct Martins abend. Hist. Nor. dipl. Nr. 142. Mon. Zoll. IV, Nr. 40. Luckau 1364 November 11.

69. Herzog Rudolf zu Willebrief. . . an sant Martins tag. Mon. Zoll. IV, Nr. 41.

Sachsen erteilt

dazu

seinen

Luckau 1364 November 11.

70. Markgraf Ludwig von Brandenburg erteilt dazu seinen Willebrief. Vom selben Tag. Ebend,

74 Heidelberg 1364 Dezember 14.

71. Ruprecht der ältere, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Bayern, erteilt dazu seinen Willebrief. . . an dem sampztage nach sant Luden tage. Ebend. Nr. 46. 1365 Februar 4.

72. Graf Heinrich von Nassau und seine Mutter Elisabeth quittieren den Burggrafen Friedrich zu Nürnberg über die Kauf­ summe von Kammerstein, Schwabach und Kornburg im Betrage von 15400 Pfund Haller. ... am dinstage nach unser frauwen tag lichtmesse. Mon. Zoll. IV, Nr. 52. 1365 Februar 4.

73. Konrad Klaffamer, Schreiber des Burggrafen Friedrich zu Nürnberg, bezeugt, dafs Gräfin Elisabeth und ihr Sohn Heinrich eine Quittung über den Empfang von 15 400 Pfund Haller als Kaufpreis für Kammerstein etc. ausgestellt hat. 1365 uff den dinstag na lichtmisse. Orig.-Perg. im kgl. Staatsarchiv zu Wiesbaden. Mainz 1365 Februar 5.

74. Graf Heinrich von Nassau erkennt den Verkauf von Kammerstein, Schwabach und Kornburg durch seinen sei. Vater an Friedrich, Burggraf von Nürnberg, an. ... an der mittwochen nach unser frauen dage liechtmesse. Mon. Zoll. IV, Nr. 53. 1365 September 5.

75. Kurfürst Kuno von Trier erteilt zum Verkauf von Kammerstein etc. seinen Willebrief. 1365 montag nach des h. creutzes tag. Regest im Conspectus etc. I, 231. Nürnberg 1367 Dezember 8.

76. Burggraf Friedrich von Nürnberg befreit zwei Gülten zu Kutschendorf von der Lehenschaft und übereignet sie dem St. Klarakloster zu Nürnberg unter der Bedingung, dafs sie die Gräfin Margareta von Nassau ihr Leben lang inne haben soll. Nürnberg . . 1367 an unser frauen tag conceptionis. Journal v. u, f. Franken VI, 458.

75 Würzburg 1369 April 13.

77. Bischof Albert von Würzburg bestätigt die von der edlen Irmengard, der Witwe des Grafen Gerlach von Nassau, und von Johannes, genannt Katzenstein, dem Rektor der Pfarr­ kirche in Leutershausen (zwischen Ansbach und Schillingsfürst) und anderen gestiftete Dotation der Kirche in Gastenfelden (nördlich von Schillingsfürst), trennt dieselbe mit dem Dorf Hagenau und der Mühle, genannt Leymül, von der Mutter­ kirche zu Leutershausen und erhebt sie zu einer selbständigen Pfarrkirche. Datum Herbipoli idus aprilis. Lang, a. a. O., IX, 214. Aiche 1372 Juni 27.

78. Erzbischof Friedrich von Köln erteilt zur Belehnung Burggraf Friedrichs mit Kammerstein und Schwabach seine Ein­ willigung. Aiche 1372 . . des nehsten sundages na sante Johans daig des dauffers. Mon. Zoll. IV, Nr. 198. Die Regesten dreier mir entgangener Urkunden gebe ich noch nachträglich: Parma 1329 November 24.

79. Kaiser Ludwig versetzt dem edlen Manne Graf Emich von Nassau die Burg und den Hofmarkt zu Kammerstein, die Hofmärkte zu Schwabach, Altdorf und Heroldsberg mit allen Zugehörungen als Reichspfandschaften. Parme des nehsten fritages na sant Cecilie tag . . 1329. Orig.-Perg. mit an grüngelber Seidenschnur anhang. Majestätssiegel im kgl. allg. Reichsarchiv zu München. Mon. Boica VI, 309. Nürnberg 1331 April 7.

80. Kaiser Ludwig bestätigt Graf Emchen von Nassau und seiner Hauswirtin Anna sowie ihrem Sohn alle Briefe, die sie über die Burg Kammerstein von König Albrecht und von ihm selbst innehaben, sowie die 500 Pfund Brautsteuer, die er ihnen »auf den Chammerstein geslagen« hat, die sie auf die Feste daselbst verbauen sollen. Nurinberg an dem suntag, swenn man singit quasi modo geniti ... 1331. Orig.-Perg. im kgl. allg. Reichsarchiv zu München mit anh. beschädigtem kaiserlichem Sekret. Mon. Zoll. II, Nr. 673. Reg. Boica VI, 366. ,

76 1331 August 25.

81. Burggraf Friedrich von Nürnberg entscheidet auf Grund zweier Kundschaften den Streit zwischen seiner Schwester, der Gräfin Anna Christine von Nassau, und Philipp Grofs zu Nürnberg wegen der Verpflichtung der Hintersassen des letzteren in Heroldsberg zur Unterhaltung der Kirche sowie wegen des Gerichtszwangs und des Verkaufsrechts derselben in Heroldsberg. 1331 an dem nächsten sonntag vor sant Egidien tag. Pap.-Abschr. aus dem 18. Jahrhundert im Freiherrlich von Geuderschen Familienarchiv zu Heroldsberg nach einer Abschrift des als sehr beschädigt bezeichneten Bestätigungs­ briefs des Landgerichts zu Nürnberg vom 15. September 1331.

II.

Urkunden das sog. Nassauerhaus betr. *) Die folgenden Urkunden sind hinsichtlich der Zeit der Erbauung, der Person des Erbauers und der Beschaffenheit des Nassauerhauses als ausschlaggebend zu betrachten. Während die drei ersten den Jobst Haug als den Erbauer des Hauses erweisen, ist die Teilungsurkunde vom Jahre 1470, die uns bezüglich des ursprünglichen Zusammenhangs der beiden Häuser, der Treppenanlage und Zufahrt Aufschlüsse gibt, ein Dokument von hervorragender ortsgeschichtlicher Bedeutung, dessen voll­ ständige Veröffentlichung zur Ermöglichung der Nachprüfung des in der Abhandlung Gesagten unbedingt erforderlich erschien. 1. 1424 October 4. Vor dem Stadtgericht zu Nürnberg erbringt Walther Spengler von Fritz Fricken und Elsen, seiner ehlichen Wirtin, wegen das Zeugnis, Heinrich Topler habe bekannt, dafs der Bau, den Jobst Haug vordem gegen des Fricken Fenster und Lichter aufgeführt, ewiglich bestehen und bleiben solle.

Ich Wigeleis vom Wolfstein, ritter, schultheifs, und wir die schepfen der stat zii Niiremberg veriehen offenlichen mit disem brief, daz für uns kome in gericht Walther Spengler von Friczen Fricken und Elsen, seiner elichen wirtin, wegen und erzeugt, *) Die Originale dieser Urkunden wurden mir vom Administrator der Schlüsselfelderschen Stiftung Herrn Obristleutnant Freiherm von Krefs in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt.

77

als recht was, mit den ersamen mannen hern Andres Volkmeir und hern Sebald Schiirstab, die sagten auf ir eide, daz sie des geladen zeugen wern, daz Heinrich Toppier veriehen und bekant het von des paues wegen, den Jobs Hauge vormals gen des vorgenanten Fricken haus und seinen venstern und liechten getan het, das derselb pau furbafs ewiclichen also besten und bleiben solt und möcht; doch so möcht er in zu seiner notdürft mit pretern wol verschlahen oder verkleiben. Auch so möcht der egenant Frick die sechs venäter, die er jeczund het, furbafs ewiclichen wol behaben in der weit vnd höh, als er sie ieczund het, und der vorgenant Toppier solt auch dem Fricken geben von der zwitracht wegen, di sie darumb gen einander gehabt hetten, hundert guidein, die solt er im bezalen auf mitfasten schierst und dafür het im Herman Reck gesprochen. Und des zü urkunde ist im dirre brief mit urteil von gericht geben versigelt mit des gerichts zu Nüremberg anhangendem insigel. Geben an sant Franciscen tag nach Crists gepurt vierzehenhundert und in dem vierundzweinzigisten jar, Orig.-Perg. mit anhang. Stadtgerichtssiegel im Schlüsselfelderschen Stif­ tungsarchiv.

2. 1426 April 16. Vor dem Stadtgericht zu Nürnberg erbringen Erasmus und Sebald Schür­ stab durch Zeugen, dafs ihnen Heinrich Topler sein Eigen an dem Hause gegenüber von St. Laurenzen zwischen dem Eckhaus, das vormals Jobst Haug gebaut hat, und der Heinrich Kreutzerin Haus gelegen, unter näher bezeichneten Bedingungen verkauft hat.

Ich Wigeleis vom Wolfstein, ritter, schultheifs, und wir die schepfen der stat zu Nüremberg veriehen öffenlichen mit disem briefe, daz für uns körnen in gericht Erasm und Sebald die Schürstab gebrüder und erzeugten, als recht was, mit den ersamen mannen hern Peter Volkmeir, hern Ulrich Haller und hern Cunzen Imhof, die sagten auf ir eide, daz sie des geladen zeugen wern, daz Heinrich Topler braht het mit einem guten brief, versiegelt mit des gerichts zu Nüremberg anhangendem insigel, den di egenanten zeugen gesehen und verhört heten, daz sein eigen an dem hause gen sant Laurenzen über zwischen dem eckhause, das vormals Jobs Hauge gepauet hete, an der Heinrich Kreuczerin hause gelegen, das des Friczen Fricken seligen erben erbe wer, jerlichen umb vier guidein der stat werung zu Nüremberg halb auf sant Walpurg tag und halb auf sant Michels tag, stünd in sein einshand, und von demselben gewalte so het derselb Heinrich Topler das selb sein eigen, als das umbfangen und begriffen het, und alle seine recht daran reht und redlichen zu kaufen geben den vorgenanten Erasm

78

und Sebolten den Schurstaben in und iren erben zu haben und zenissen fiirbaz ewiklichen, also daz ir jeder mit seinem halb­ teil daran mit sein einshant tunund lassen mocht, waz er wolte, und gelobte sie des also zu weren für eigen, als recht wer mit dem rechten, daz des vorgenanten . . Fricken erben in die maur gen dem egeschrieben eigen am eck gelegen, das etwen Jobs Haugen gewesen wer, recht haben solten nach der stat recht, und solten auch gen dem egenanten eckhause kein lieht machen noch haben dann zweier gadem hoch ob der erden, also daz sie ob der rinnen, wie hoch sie wolten, ein­ fallende lieht, die zweier schuhe weit wern, machen und haben mochten, wievil sie wolten, und solt auch das wasser von der obgenanten Schürstab kemnaten auf des vorgenanten . . Fricken seligen hause vallen. Ez solt auch die maur in dem keler gelegen zwischen desselben . . Fricken seligen und der Heinrich Kreuczerin heusern zu denselben beden heusern gehorn, und solten auch bede recht darein haben und die lieht und trüpfe, die von der . . Kreuczerin auf des . . Fricken seligen hause gingen, solten unverpaut bleiben, und solt auch das wasser auf desselben . . Fricken seligen hause ausgeen, als ez bizher ausgangen were, und die wasser, die auf desselben . . Fricken hause gevielen, solten desselben . . Fricken erben alle ausleiten on der vorgenanten , . Schürstäb und ir erben schaden. Auch von des paus wegen, als vormals Jobs Hauge, des das vorgenant eigen eckhause gewesen wer, gen des oftgenanten . . Fricken seligen hause seinen venstern und liehten getan het, derselb paue solt und moht fürbaz auch also besteen und beieiben, doch so mohten in di vorgenanten Schürstab oder ir erben zu irer notdürft mit pretern wol verslahen oder verkleiben. Auch so mohten des vorgenanten . . Fricken erben die sechs venster, die er in dem vorgenanten seinem hause gen dem obgenanten ekhaus gemacht het, fürbaz wol behaben in der weit und hohe, als die jeczo wern, ongeverd, als das der obgenant Heinrich Topler an dem kauf braht het mit guten briefen versigelt mit des gerichts zu Nüremberg an­ hangendem insiegel, die di obgenanten zeugen gesehen und ver­ hört heten. Und des zu urkund ist in dirre brief mit urteil von geriht geben versigelt mit des gerihts zu Nüremberg an­ hangendem insigel. Geben am eritag nach sant Tiburtii und Valeriani tag nach Christs gebürt vierzehenhundert und in dem sechsundzweinzigisten jar. Orig.-Perg. mit anhang. Stadtgerichtssiegel im Schlüsselfelderschen Stif­ tungsarchiv. 1427 Februar 4. Vor Wigileis vom Wolfstein, Ritter und Schultheifs, und den Schöffen der Stadt zu Nürnberg erbringt Ulrich Ortlieb durch das Zeugnis von

79 Wilhelm Ebner, Peter Pfinzing und Kunz Imhof, dafs Erasm und Sebald die Schürstab, Gebrüder, ihr Eigen an dem Hause gegen St. Laurenzen über

»zwischen dem eckhause, das vormals Jobs Hauge gepauet hettec, an der Heinrich Kreuczerin Haus gelegen, dessen Erbschaft des Fritz Fricken seligen Erben ist, ihm und seinen Erben verkauft haben. Die Bedingungen sind die gleichen wie in der Urkunde vom 16. April 1426. Auch kommt wieder die Stelle darin vor:

»Auch von des paus wegen, als vormals Jobs Hauge, des das vorgenant eigen eckhause gewesen wer, gen des oftgenanten Fricken seligen hause, seinen venstern und lihten getan het, derselb paue solt und moht fürbas auch also besteen und bleiben«. Geben am eritag nach sant Blasius tag nach Christi gepurt vierzehenhundert und in dem siben und zweinzigsten jar. Orig.-Perg. mit anhang. Stadtgerichtssiegel im Schlüsselfelderschen Stif­ tungsarchiv. 4*

1470 April 30.

Die Brüder Ulrich und Endres Haller teilen ihre grofse Behausung bei St. Lorenzen.

Ich Ulrich und ich Endres die Haller, gepruder, burger zu Nuremberg, bekennen für uns und unser erben und nachkumen mit diesem brief, das wir uns wolbedechtlich und mit guter wilkur einer entliehen und gruntlichen teilung umb unsers lieben vater und muter seligen grossen behausung bei sant Lorenzen gelegen und umb etlich ander nachvermelt stuck und gult freuntlich vereinet und vertragen haben, wie hernachvolgt und begriffen stet. Und ist mir Ulrich Haller der fodertail, haus gegen dem prunnen, mit seiner nachbenanten zugehorung und mir Endres Haller der hintertail, haus und hofe an des Lintners haus stossent, auch mit etlichen nachbenanten zugehorung worden. Und des egemelten fodern tail haus und zugehorung fecht sich an vorn bei der einfart an der kellertur und die selb kellerstigen und ausserhalb der selben stig gerichts hin über an die maur, do sol es mit einer maur unter­ macht werden, als weit und ferre der keller hinfurwartz geet und wider herauf das foder tor und einfart, die jecz in das benant haus get, und der selb tennen, als weit und prait der selb umbfangen hat pis an den swipogen, der in hoff get. Der selb swipogen sol bei dem selben zaichen vermaurt werden pis an bei dreien spannen hoch, do sol ein licht vom hofe in den selben swipogen in tennen gen, doch das solch licht mit eiserem gitter gemacht werden. Dem fodern tail sol auch pleiben das gewelb am tennen und das kellerlein dorunter, die kuch, das stublein und bodenlein dorob unz ins dach mitsambt den lichten, so es jetz hat, und darzu trupfen, rinnen und

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ausflufs, so darab kumen mag, doch einich ferlich unsauberkeit nit, doch also, das daz venster und swipogen an der gemelten kuchen mitsambt dem obern stublein mit eiserin gitern ge­ macht und inwendig mit venstern verglast, die nit aufgetan werden sollen. Es sol auch der selb swipogen in der kuchen unten vermaurt werden, als hoh die untern Ieden geen und in dem selben swipogen in der kuchen ein gusstein gemacht, dorein der fodertail sein kuchen ausgufs ongeverlich haben sol, und an der wende in einer hiilzein rinnen in den hofe gen und durch die selben hofrinnen durch den hofe furpas ewiglich an alle geverde. Auch ob der fodertail die rinnen auf dem dach ob den jecz vermelten gemechen kunftiglich machen wurd, so sol in der hinter tail an sein scheden die durch sein hofe hinauf bringen lassen, und des vorgemelten kelerttir unter dem gewelb, die in hof get, sol zugemaurt werden. Auch so mag der hintertail sein stigen an der selben seiten des vermelten kelers tur, gewelb, kuchen, stüben ob­ einander, die in hof mit den lichten gen, pauen und machen lassen, doch das solcher mafs bescheh, das dem fodern tail seiner licht an den gemelten gemechen geschont und nit verpaut werden, als best er kan und mag. Und als man darnach unten am tennen ein steineine stigen hinauf get, sol die selb steinein foder eckkemnat zu der • linken hant, als die unten iczunt mit dem zinshause und laden pis an die want am tennen und auf und auf mit kamern, Stuben, erkern, boden und an hoch, weit und prait durch und durch pis ins dach umbfangen und begriffen hat, dem fodern tail auch zusten. Mer das flecz, so man die selben gemelten steinein stigen hinauf kumbt, vor der Stuben und dreu zwifach venster in der Stuben, als das mitten an der seul und dargegen über an den vensterpfeiler gezaichent ist, und das flecz doselbst vor der kuchen pis auf die zaichen bei dem swipogen und dargegen über bei dem slat an der seul, und der fodertail mag auch sein stubensiet in den selben gemelten slat furen und machen, und in der jeczgemelten foderen Stuben und auch den berurten swipogen bei den selben zaichen mit guten wenten, die für horn sind von beden tailen unterschiden und gemacht werden, — alles zu dem fodern tail gehörnt. Und als man darnach die stigen bei der kuchen hinauf get auf das ander gaden, sollen die selben zwo kammer an einander pis an die grossen Stuben und das flecz vor den kamern pis hinhinter bei dem swipogen, da man vom gang hinein get vor der grossen Stuben, der selben zaichen in der wende und gegenüber sol es auch mit einer wende untermacht werden" und dem fodern tail zugehoren. Und darnach, als man die stigen auf ein ander gaden

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hinauf get, sol aber die selben fodern zwo kammer pis an die grossen kamern und das flecz davor pis hinten zu dem swipogen, als man auf den gank vor der grossen kamern get, derselben verzeichnus in der wende und dargegen über dem fodern tail zugehoren. Und als man darnach aber ein gaden hinauf get auf den poden bei dem slat, der mitten durch alle boden aufgeet, vor dem selben slat zaichen gemacht sind, der selben zaichnus sollen alle bede durch auf mit wenden untermacht werden und dem fodern tail gen im wartz zugehoren. Item und ist Ulrichen Haller zu dem gemelten fodern tail worden die eigenschaft mitsambt vier guidein werung aus Kunzen Kreis hause neben dem gemelten seinem fodern stok gelegen und darzu der eigen stadel und Stallung, als der mit dem hofe umbfangen und begriffen hat, an der peunt gelegen. Item so fecht sich der hinterteil auch an mit dem keler unter dem haus, dorinnen der palbirere in siezt, bei der vorgemelten verczaichnus neben an der stigen hin über in die maur und den keler hinter und hinterhin, als weit und ferr er geet, und her auf des selben balbirers zinshaus, da mag der hintertail sein einfart in sein haus machen, und mer darneben das zinshaus, do iecz *) ein putner in siezt, mer den hof, der zu dem grossen hause gehört hat, als weit und prait der allenthalben umbfangen und begriffen hat, mitsambt der hintern einfart und auch der padstuben, kamern und andern gemechen do selbst im hofe, auch alle stell und Stallung, als weit die umbfangen und begriffen haben, darzu mer mit allen gengen, als die obeinander gerings im hofe hinumb gen, mit* samt allen heimlichen gemechen, auch das gewelb im hof und die kamern und peu darob pis in das dach. ’ Mer als der hintertail im hof auf dem gang hinauf get, der selb swipogen und das floczlein vor der Stuben derselben vorgemelten verzaichnus, die selb stub, die mit den lichten in hofe get, und die Stuben und kammer, die vorn an weck gend pis an die vorgemelten verzaichniis in der fodern Stuben, darnach aber ein gaden hinauf das fleczlein bei dem swipogen der selben zaichen und die gar grofs Stuben, die an weck und in hofe gef, darnach aber ein gaden hinauf, als man vom gang in swipogen get, und das fleczlein in der selben zaichnus vor den zweien kamern, der eine an weck, die ander in hof get, und darnach darob auf dem boden pis an die vorgemelten zaichnus, die bei dem slat auf get, wie das gezaichent ist, sol es gerichts durch alle boden auf gen, und was gen dem hintertail ist in der zaichnus, das sol auch dem hintern tail zugehoren. Item *) Urk.: incz. 6

82 und ist Endresen Haller zu dem gemelten hintertail worden die drei eigen heuser im gefslein zwischen dem Lintner und Schmidmer gelegen und darzu mer die fünf guidein ewigs gelts auf widerkauf einen umb zweinzig guidein, so Ludwig Haller von etlichen zehenden Mittelernpach und Dieczenhof jerlich gibt nach laut der selben Verschreibung. Item und was vorgemelter unterschaid bei den zaichnussen von mauren und wenden zwischen beden tailn zu machen sind und kunftiglich zu bessern und machen notdurft würde, das alles sol von gleichem tail und anzal alles gemacht und zalt werden. Was aber iden tail in sunderhait berurt, sol er selber machen lassen, und was doruber in ider anzeigung und untermachung beder tail begrifen ist, das nit benant wer, das sol dem selben tail in der untermachnüs das ist, gleich wol verfolgen, als ob es mit sunderm namen bestimbt were. Des alles zu warem urkund haben wir obgenant Ulrich und Endres die Haller gepruder unser ider sein eigen insigel an diesen brief gehangen und zu merer sicherhait haben wir gepeten die erbern und weisen Peter Haller, unsern lieben vettern, und Hansen Haller, unsern lieben bruder, das sie ire insigel zu merer gezeugnus auch an diesen brief gehangen haben, des wir die jeczgenanten Peter und Hans die Haller also bekennen, doch uns und unsern erben an schaden. Der geben ist an sant Walpurgen abent nach Cristi gepurt vierzehenhundert und im sibenzigisten iaren. Orig.-Perg. Stiftung.

mit

4 anh. Siegeln

im Archiv der Schlüsselfelderschen

III.

Das Moler- oder Malertor (Müllertor), Das Moler- oder Malertor — wir würden es Müllertor nennen — wurde früher und bis in unsere Zeit hinein ganz unrichtig bestimmt. Wie so viele andere Unrichtigkeiten ist auch diese auf den Nürnberger Annalisten Johannes Müllner, der gegen Ende des 16. Jahrhunderts sein grofses Werk über Nürnberg schrieb, zurückzuführen. Müllners Annalen wurden früher als ein Evangelium betrachtet, und noch heute schreibt man ihm häufig genug nach, ohne seine Angaben einer näheren Nachprüfung zu unterziehen. Nach ihm soll nun1) nach der !) Annalen, Abschrift im städt. Archiv, I, S., 456, 457.

83 Zerstörung der Stadt im Jahre 1105 König Konrad (1024—1039) die Nürnberger, die sich an benachbarten Orten niedergelassen hätten, durch ein Edikt aufgefordert haben, ; die verheerte Stadt wiederum aufzubauen«. Zugleich hätte er auch den Befehl erteilt, die verfallene Stadtmauer wieder aufzurichten und zu erweitern. Darauf hin wäre der Bau von der Bürgerschaft mit Ernst vorgenommen worden, so zwar, dafs die Stadt auf der Seite des Wassers, wo St. Sebalds Pfarrei gelegen, in ihrer früheren Gröfse und Weite verblieben; »an der Pegnitz aber bei dem alten Turm an der Holzschuherschen Behausung (heutiges Tags oberhalb des Spitals)«2),* fährt Müllner fort, »ist man mit dem Bau über das Wasser hinüber gefahren und seind an den noch stehenden Schwibbögen, darauf die Stadtknechte wohnen, die Schofsgattern gehangen und dadurch das Wasser in die Stadt geflossen. Daselbst ist ein Stadttor gewest, so man das Molertor genennet, wie aus dem Stiftbrief des Spitals zu sehen. Von dannen ist die Stadtmauer hinauf­ gegangen bis an das Ort, da heutigs Tags das neue Korn- oder Zollhaus stehet . . .« Ich habe hier nicht darauf einzugehen, dafs der Bau über das Wasser erst seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts bewerkstelligt wurde, hier kommt es vielmehr darauf an, ob Müllner und seine Nachfolger Recht haben, wenn sie das Molertor auf das linke Pegnitzufer verlegen. Zunächst befindet sich nämlich Würfel1) mit Müllner in völliger Uebereinstimmung, wenn er in dem heute nicht mehr vorhandenen »Schwibbogen an dem Schrannenturm oder Weibereisen, da­ durch man nach der Mühl oder nach dem Marstall gehet« das Molertor erkennt. Was Würfel bringt, geben Waldau2) und Siebenkees8) beinahe wörtlich wieder. Am eingehendsten spricht sich Nopitsch4)* aus, aber gleichfalls in enger Anlehnung an seine Vorgänger: »Das Mühltor oder Müllertor wurde auch das Maler­ und in alten Chroniken das Möller- oder Mollerer-, Möler-, Molten-, Möllertor (molitoris porta, ostium, das Tor nach StKatharinenkloster) genannt, war auf der Lorenzerseite, ohnweit der Pegnitz gegen der Katharinenmühle und dem Katharinen1) Andr. Würfel, Histor., geneal. u. diplom. Nachrichten zur Erläuterung der Nürnbergischen Stadt-und Adelsgeschichte. i.Bd. (1766), S. 295, Anm. 2. Er fügt noch bei: »Hat seinen Namen von der gegenüber liegenden sehr alten Mühl bekommen, dafs es in alten Urkunden heifset Molten-, Möllertor, molitoris porta, ostium, das tor nach st. Kathereins closen«. 2) G. E. Waldau, Verm. Beiträge zur Geschichte der Stadt Nürnberg. IV. Bd. (1789), S. 549., Anm. 8) Joh. Chr. Siebenkees, Materialien zur Nürnbergischen Geschichte, III. (1794), S. 291. 4) Chr. Conr. Nopitsch, Wegweiser für Fremde in Nürnberg. 1801. Seite 112. 6*

84 kloster über, die vor Erweiterung der Stadt aufser dem Umfang der Mauer lagen. Man sieht noch den Schwibbogen von dem Tore, wenn man von der Schuldbrücke auf die Katharinen­ mühle zu oder rechts in den Marstall gehen will«* Der um die Erforschung der Nürnberger Geschichte und Topographie hochverdiente ehemalige Stadtarchivar Dr. Georg Wolfgang Karl Lochner hat die Lage des Molertores in seiner »Geschichte der Reichsstadt Nürnberg zur Zeit Karls IV.« (1873) S. 99 in aller Kürze richtig gestellt. Er schreibt: »Es ist wohl anzunehmen, dafs der jetzige Spitalplatz früher Spitalkirchhof erst in Folge der Stiftung des Spitals in die alte Ringmauer gezogen worden sei, wofür auch das am Ausgang des Heugäfsleins gewesene Molertor spricht, dessen, als es längst beseitigt war, noch 1493 in der ganz unverständ­ lichen Form »Malerthor« da gedacht wird, wo etwa jetzt S. 968 (Ebnersgasse Nr. 10) steht c. Irrtümer, die sich einmal festgesetzt haben, sind nur schwer auszurotten. Und so wird dieser Fehler denn auch wohl noch fortgeschleppt. Ganz - verwunderlich mufs es auch erscheinen, wenn in einer Darstellung das Malertor zwar richtig angegeben wird, zum Beweise aber auf die Stellen bei Siebenkees und Waldau hingewiesen ist, die, wie gezeigt, das Gegenteil behaupten. Nach allem erscheint es mir keine überflüssige Arbeit, einmal an der Hand der urkundlichen Quellen die Frage nach der Lage des Molertors im Zusammenhang zu erörtern. Durch Urkunde vom 2 7. September 13311) eignet Konrad Grofs, des Reichenheinz sei. Sohn, Bürger zu Nürnberg, zum Bau des Heiligengeistspitals seine Eigenwiese »zwischen Mölertor und Pegnitzen«, die an eine weitere früher den Barfüfsern gehörige Wiese stiefs. Schon diese älteste Urkunde, welche das Molertor anführt, weist ihm seine Stelle auf der Sebalder Stadtseite und zwar in der Nähe des späteren Heiligengeistspitals an. In gleicher Weise bestimmt die Bestätigungsurkunde, welche Burggraf Johann am 14. Juli 13342) über das Heiliggeistspital ausstellt, die Lage des Spitalgrundes: »zwischen Molertor und der Pegnitz«. Nach der Urkunde des Schultheifsen Konrad Grofs und der weiteren dea Rats, beide ausgestellt am 5. Februar 13413), *) Würfel, a. a. O., I, S. 294. Mon. Zoll. II, No. 679. 2) Städtechr. I, S. 419. 8) Die erstere Urkunde im Original im städtischen Archiv, die zweite abgedruckt bei v. Murr, Beschreibung der vornehmsten Merkwürdigkeiten, S. 664 ff. Ich gebe die in Betracht kommenden Stellen nach dem Original. Beide Urkunden sind auch in das älteste grofse Stiftbuch des Spitals ein­ getragen.

85 erstreckte sich der Spitalbesitz »von dez Steinhauses ecke gleich snrureht biz an der stat maur und zwischen der Begintz und der maur biz an den weck, do man von Malertor auz der stat get gen der neuen prugke gen sant Katherein, von dem kor des spitals unz an den turn ze Malertor, als ez itzund bezaichent ist mit ainer maur vor dem kirchofe mit allen den rehten . .«. Weiter kommt hier in Betracht die Stelle in der­ selben Urkunde: »Auch bekenn ich (Konrad Grofs), daz der weck hinten an meinem hof und gesezze, do ich itzunt inne bin,1) der durch und durch den spital get, unz hin hinter an den weck, do man von Malertor her auz get, sol an der weit haben und an der brait vier und zweinzig schuhe. So sol der wek hinter meinem, meins bruder Philippen und Fritzen dez Beheims heusern von dem tor hinter den juden genant auf dem see unz hin an die prugk, do man zu den parfuzzern get, haben an der brait sehs und zweinzig schuh und die zwen wege suln in der weit besten und gemein sein und unverbauet furbaz ewiglich*. Nach diesen Urkunden können wir uns über die ganze örtliche Beschaffenheit ein ganz deutliches Bild machen. Der Grund und Boden des Spitals erstreckte sich danach gegen Norden bis an die alte Stadtmauer, die in westöstlicher Rich­ tung über den südlichen Markt lief. Hier war auch das alte Stadttor »hinter den Juden genannt auf dem see«, das aller Wahrscheinlichkeit nach gleich nördlich vom Plobenhof stand, »do man zu den parfuzzern get«. Die Strafsen durch dieses Areal waren damals schon in der Breite angelegt, die sie jetzt noch haben, die Plobenhofstrafse 26 Schuh, die Spitalgasse 24 Schuh. Nach Osten hin dehnte sich der Spitalbesitz nach unseren Urkunden aus bis an den Weg, auf dem man vom Molerthor aus der Stadt ging zu der neuen Brücke nach St. Katharinen. Um aber jeden Zweifel auszuschliefsen, gibt die Urkunde des Schultheifsen die Ausdehnung des Grundstückes auf* der Ostseite von Süden nach Norden noch ganz besonders an: »von dem Tor des Spitals bis an den Turm beim Maler­ tor«. Diese Urkunden weisen dem Malertor seine Stelle am nordöstlichen Ende des Spitalgrundbesitzes an, also etwa bei der Neuen Gasse und der Ebnersgasse. Auch nach der Urkunde vom 12. März 1371 2), wodurch Fritz Zenner seinen Garten »an der spitalmaur gelegen«, der bis an das Molertor sich erstreckte, an Ulman Stromeyer •*) Der heutige sog. Plobenhof. 2) Städtechron. I, S. 203.

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verkauft, kann dieses nur auf der Nordostecke des Spitalgrundes angenommen werden. Denn einmal mufste doch dieser Garten aufserhalb des Bezirkes der ältesten Stadtmauer liegen und zugleich bei der Spitalumfassungsmauer (im Osten) an das Malertor angrenzen. Dafür bleibt nur die Gegend im Nord­ osten, da der Südwesten entweder zum Spital oder zur Altstadt gehörte. Also auch diese Urkunde läfst für die Lage des Tores nur die Gegend nordöstlich vom Spitalbesitz zu, da wo etwa Neue Gasse, Heugäfslein, Ebnersgasse und Spitalplatz zusammenlaufen. Auch die späteren Urkunden führen zu diesem Ergebnis. Eine Stadtgerichtsurkunde vom 23. Juni 1475, 1) wodurch der Maler Konrad Schon alle seine Rechte und Gerechtigkeiten an einer mit der Erbschaft von dem Schneider Heinrich Pütz ihm zugefallenen Behausung an den Spengler Jorg Hartmann ver­ kauft, bezeichnet sie als das »Eckhaus an der Permettergasse bei dem Malerthor genannt hinten an des Schilchers Häusern gelegen«. Weitere Urkunden aus den Jahren 1485, 1488, 1489, 1493 und 1515, welche sich auf dasselbe Haus beziehen, bestimmen es gleichfalls als die Eckbehausung an der Bermiteroder Bermetergasse (Pergamentergasse). Es mag bemerkt werden, dafs die Permetergasse mit der heutigen Ebnersgasse identisch ist. Jenes Eckhaus aber, das die Urkunde anführt, ist kein anderes als das Haus S. 968 = Ebnersgasse Nr. 10, die Wirtschaft zum Hans Sachs. Dieses Eckhaus bezeichnete man also noch 1515 als »die Eckbehausung ... an der Permentergafs bei der Maler Tor genannt«, ein Beweis, dafs letzteres in unmittelbarer Nähe jenes Hauses gestanden hat. Ob aber damals noch, ist sehr zweifel­ haft. Der Ausdruck »bei der Maler Tor genannt« scheint mir dagegen zu sprechen, sowie auch der Umstand, dafs der Name Permenter- oder Bermettergasse schon längst vorher auftritt. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts 2) bestand das Maler­ tor noch und wurde morgens und abends auf- und zugesperrt. Auch nach einer Urkunde vom Jahre 1413 8) * *und * * einer weiteren

*) Orig.-Urk. im städt. Archiv. 2) Item dedimus Hansen Hertzogen 2 guidein von Molerthor uf- und zuzesperren von Lucie bis pentecostes (Stadtrechnung im kgl. Kreisarchiv Nürn­ berg v. J. 1383). 8) Stadtgerichtsurkunde im Frhr. v. Stromerschen Familienarchiv über die Erbteilung der Kinder Ulman Stromers, Städtechr. I, 208, 209, wo es heifst: »und auch die eigenschaft an des Cunzen Riglers seligen hause bei dem Moler tor am ecke gelegen, darinnen jetzunden Peter Krag wonhaftig were . . .«

87 vom Jahre 1417 *) mufs angenommen werden, dafs das Maler­ tor damals noch nicht abgebrochen war. Wann das Tor abgebrochen worden ist, läfst sich mit den mir zu Gebote stehenden Urkunden nicht ermitteln, und wenn man bedenkt, wie rein zufällig und spärlich die Nach­ richten aus älterer Zeit über derartige topographische Ver­ hältnisse fliefsen, so wird man wohl kaum daran denken dürfen, darüber ins Klare zu kommen. Bemerkt sei noch zum Schlufs, dafs das Molertor schon der ältesten Befestigung angehörte und bei der folgenden Um­ mauerung im 13. Jahrhundert wieder dem neuen Werke ein­ gefügt wurde. Es vermittelte von jeher den Ausgang aus der Stadt zur Katharinenmühle. Später entsprach diesem Tor, dessen Umfang wir uns nicht zu grofs vorstellen dürfen, das Lederertürlein am Sand in dem weiteren Mauerringe. *) Stadtgerichtsurkunde im städt. Archiv vom 7. Juli 1417, wonach Elspet Drescherin ihr Erbe an dem Hause bei dem Neuenspital bei Moler­ tor zwischen Ulrichen Tumirnicht und Hansen Hirsperger, Wagner, gelegen an Margret Mentlerin verkauft.

Die Kartause in Nürnberg 1380—1525. Von

Heinrich Heerwagen. Als im Jahre 1857 die mehr und mehr wachsenden Samm­ lungen des Germanischen Museums die ihm zu eng gewordenen alten Räume verliefsen und die vom Staat ihm überlassenen Gebäude der alten Kartause bezogen, konnte man mit Fug und Recht auf den doppelten Gewinn hinweisen, der dadurch sich ergab: Vor allem wurden dem Museum Räumlichkeiten zuteil, wie sie sich neu kaum besser, nimmermehr aber gleich stimmungsvoll hätten beschaffen lassen, zum andern aber erstand damit gleichzeitig der ehrwürdigen Klosterstätte ein pietätvoller Erneurer, der mit seltener Liebe und Treue das Überkommene schonte, wie der Zerstörung von Zeit und Menschen­ hand Einhalt zu thun verstand und teilweise aus Ruinen heraus sein Erbe neu erstehen liefs. Nach wie vor sprechen Kirche und Kreuzgänge zu uns ihre beredte Sprache als Zeugen klöster­ lichen Geistes und seiner Kunstbetätigung, und wer einsam, wenn der grofse Schwarm der Besucher sich verlaufen, in seinen Räumen sich ergeht, der mag die Schatten seiner einstigen Bewohner beschwören und sich versucht fühlen, der stillen Geschichte des Klosters nachzuspüren. Eine stille und einfache Geschichte ist es. Das lag im Wesen des Ordens des hl. Bruno begründet, dem es ja gerade auf vollständige Abschliefsung von der Aufsenwelt ankam. Nur die Historie der Stiftung und das für das Kloster unheilvolle Jahr 1525 treten über den engen Rahmen einer mehr internen Klostergeschichte hinaus. Auch dieser ihr bescheidenes Recht zuteil werden zu lassen,. dies war meine Aufgabe, ein Rückblick auf die Vergangenheit der schönen Heimstätte der deutsche nationalen Anstalt zu deren Jubelfeste,

89 Die Kartause, die cella beatae Mariae apud Norimbergam, ist als sechste der Ordensprovinz Alemania inferior sive Franconica1) erstanden und sollte das letzte der in Nürnberg gestifteten Klöster2) sein. Der Stifter und Erbauer unseres Klosters, Marquard Mendel, war der Sprofs eines angesehenen ratsfähigen mit den patriziatischen Familien verschwägerten Geschlechtes.3) Als ältesten seines Namens nennt Roth 4) einen freilich sehr frag­ lichen Hermann Mendel 1305, 1354 erscheint die Familie zu­ erst in den Ratsverzeichnissen, 5) wo ein Heinrich Mendel aufgeführl ist. Durch glückliche Handelsgeschäfte wie durch kluge Hei­ raten 6) mag sich allmählich in der Familie jener Reichtum angesammelt haben, aus dem in der Folge die Brüder Marquard und Konrad7) mit vollen Händen spendeten. Vermehrt noch war dieses Vermögen worden durch die Grofsische Erbschaft, denn Mendels Mutter war Margarete Grofs, die Tochter des reichen Konrad Heinz gen. Grofs, des Stifters des Heiliggeist­ spitals. 1378 erscheint unser Mendel als angesehener Handels­ mann auch im Rate. 8) Wenn wir davon absehen, dafs Stiftungen derart dem Geist jener kirchlichen Zeit entsprachen, was gab Mendel den Anlafs zur Gründung eines Klosters und einer Kartause mit ihren strengen Formen im besonderen? Beim Versuche *) 1120. Tückeihausen: Cella salutis; 14. Jh: Würzburg: Hortus angelorum, Engelgarten; um 1348 Nova cella in Grunaw prope Wertheim; 1372 Mons S.’ Salvatoris apud Erfurtum [Tettau, Geschiehtl. Darstell, des Geb. d. St. Erfurt, S. 198 ff.; Mülverstedt, Hierographia Erfordensis, S. 14 ff.]; Domus sanctae Elisabeth apud Isenacum (Eisenach). Vgl. Mich. Kuen, Collectio scriptorum rerum historico-monastico-ecclesiasticarum variorum religiosorum ordinum 1755. 2°. II, 236 ff.; Nürnberger Kartause a. a. O. 237. Die älteste Kartause in Deutschland war die zu Seitz in Steiermark [1165]. 2) Egidienkloster um 1140; Augustinerkloster um 1220; Kloster Himmelsthron, später nach Gründlach verlegt; Barfüfser vor 1228; Domini­ kaner 1248; Karmeliter 1252; Klarissinnen 1280; Katharinenkloster 1292. 3) Vgl. Ulman Stromers Zeugnis (S. 92). Roths Genealogie der Mendel in seiner Geschichte und Beschreibung der Nürnberger Kartause 1790, S. 4—16. 4) a. a. O. S. 4. 5) v. Imhoffs Nürnberger Genealogisches Handbuch S. 257. 6) Roth S. 2. 7) Der Stifter des Mendlischen Zwölfbrüderhauses, auf das wir später zurückkommen. 8) Über den unrühmlichen Ausgang des Geschlechts mag man Roth S. 4 und 13 ff. vergleichen,

90 der Lösung dieser Frage kommen uns lediglich die Überlieferung der Kartause und im übrigen nur Vermutungen zuhilfe. Erstere berichtet uns, dafs der Tod seiner Ehefrau unserm Marquard den Gedanken an die Ewigkeit eingaben. Wir lesen: *) »So hat des Stifters eliche hausfrau geheifsen Kunigunda und was des Leipold Schürstabs tochter, der da wohnhaft war zu Nürnberg in dem haus bei den neuen tor, und war vorgemelten Marquard Mendel, Stifter, seine hausfrau Kunigunda ihm ehelich beigelegt an den erichtag nach obristen in dem jahr Christi 1370, und lebten beisammen bis in das jahr 1379 und zeugten mit einander 3 söhne und 3 töchter, da ve'rschied obgenannte frau Kunigunda an st. Francisci tag ein uhr vor tags zu Schönberg in der vestung12) und wurde herein geführt gen Nürnberg in den neuen spital und alda begraben mitten in die kirch zu ihren vatter und mutter zwischen zwei pfeilern, an einem steht unser frau, an andern der engel Gabriel von stein gehauen. Gott sei derer seel gnädig und barmherzig! Und derselben seiner frauen tod wurde Marquard Mendel zu wissen getan gen Bern, einer Stadt in Lombardien, da er zur selben zeit war im monat octobris 3) des 1379 jahrs. Von derselben zeit blieb er zu Bern bis auf die nechsten fastwochen, ungefährlich bei 3*/2 wochen, 4) und bat gottselige leut, dafs sie unsern herrn Jesum Christum und die liebe jungfrau Maria für ihn beten, dafs ihm gott ein solch leben zufügen wolte, dafs ihm und der lieben jungfrau Maria am allerlöblichsten und seiner seel am allernutzlichsten wäre. Und wie das geschah, gab ihm der fromme gott in seinem mut und sinn, das er gedacht auf dem romweg, wie er ein cartäusercloster möcht stiften zu Nürnberg . . .« Birgt diese Darstellung in ihrem Kern nichts, was gegen sie spräche, so zeigt eine andere Nachricht ganz das Gepräge 1) Klosterchronik, Hs. Nr. 17,609 der Bibi, des Germ. Mus. Bl. 87. 2) »Dahin sie vielleicht der zu Nürnberg damals grassirenden Pest halber geflohen war« (Germ. Mus. Hs. 16,622, Bl. 421b). 3) »Frau Kunigund Marquard Mendlin, Leupold Schürstabs Tochter, starb zu Schönberg den 4. Octobr. A. D. MCCCLXXIX, ligt im Spital be­ graben« (Akt im Stadtarchiv und anderorts wiederholt). 4) Hs. 16,622, 421b »und als ihme diese traurige zeitung kommen, ist er 44 wochen bis ins jahr 1380 darinnen verharret , , ,« Vgl. RothS. 18,

91 der Klosterlegende:*) > Auch* ist zu wissen, do der Stifter Marquard Mendl in der osterwochen 1380 von Rom schied, da nam er Urlaub von einer seligen kleusnerin, die hies Elspiesin und wos gewesen zu Rom zu sanct Michel in einer clausen bei 17 jarn in gots dinst, und er pat sie, das si got für in pet, wan er ir vor lang heimlich was gewesen. Da gesegent sie in hinwider und sprach: »Far hin, got wirt groslich seine wunder mit dir würken«, und das wer ir saur worden. Also schied er von ir, und zu Rom in der stat fiel er mit pferd und mit all darnider mit eim armbrost an der seiten neben einem stainen creuz, das daz pferd mit allen 4 fussen auf im lag, und was ein ebner weg. Da gab got sein gruntlos barmherzigkeit, das er vom selben fal nit beschädigt ward an seinem leib und das auch seiner gesellen ainer, der zu negst hinter im rait, sprach, er wist nit, wo er [hin] kumen wer und sein nit gesehn het unter dem pferd. Und alspald im got auf half, gab er im in seinen sin durch seiner gruntloser barmherzigkeit willen, wie er mocht anheben ein closter carteuserordens zu Nürn­ berg. Also ward er darauf gedenken, und er mein und hoffet zu got, das ims die selb clausnerin umb got erworben hab. Und das hat er darumb lassen schreiben, das ein ieglicher Sünder, als er leider was alweg, sollen gut selig leut lieb haben und in guts tun mit Worten und werken, die mugen im umb got vil gnaden und glücks erwerben, als da ist offenbar worden und uns widerfaren, des helf uns got der vater, sun und heiliger geist. Amen«.2) Wie dem nun auch sei, ob mehr der Schmerz des Witwers ihm den ersten Anlafs gab, den Klosterfrieden aufzusuchen oder ob er mit seiner Stiftung vornehmlich dem Himmel für die Rettung vom sicheren Tode danken wollte, so ist doch *) Was die Vorgeschichte unserer Kartause anlangt, sind wir lediglich auf die oft kopierte, von Müllner, Waldau (Neue Beytr. I) und Roth benutzte und in den Städtechroniken (Nbg. I, II, 355 Anm.) wie in den D. Reichs­ tagsakten [I (1867), 307 Anm.] als Quelle gewürdigte handschriftliche Kloster­ chronik angewiesen. Dieselbe, heute im Kreisarchiv Nürnberg (Konserv. Hs. Nr. 81) verwahrt, entstammt der I. Hälfte des 16. Jahrhunderts und hat den damaligen Schaffer des Klosters Sixt Oelhafen zum Verfasser. Dafs dem Chronisten ältere Aufzeichnungen Vorlagen, ist im Text wiederholt deutlich erkennbar. 2) Chronik p. 43 b und 44 a.

92 gewifs das Beispiel seines Grofsvaters Grofs nicht der letzte Ansporn geworden, und die Italienreisen des unternehmenden Handelsherrn, die ihm so manches Vorbild wiesen, vielleicht auch eine vermutlich von früher her datierende Freundschaft mit dem Prior der Würzburger Kartause, mögen ihn gemahnt haben, dem angesehenen und vornehmen Orden aus seinen reichen Mitteln auch in Nürnberg eine dessen würdige Stätte zu bereiten. Es ist hier der Ort, in kurzem des Ursprungs und Wesens des Kartäuserordens uns zu erinnern. Seinen Stifter, den hl. Bruno von Köln *), führte um das Jahr 1084 — eine Zeit erfüllt vom eifrigsten kirchlichen Geist — ungestillte Sehnsucht nach Einsamkeit mit wenigen gleichgesinnten Gefährten in die einsam eindrucksvolle Landschaft bei Grenoble, die von jeher den Namen »La Chartreuse« getragen hat. Hier liefsen sie in strenger Abgeschiedenheit von der Welt und einigermafsen selbst gegeneinander das uralt­ christliche Eremitentum neu erstehen, sonst an die Regel der Benediktiner sich haltend mit den herkömmlichen Gelübden der Armut, des Gehorsams und der Keuschheit, freilich in wesent­ lich strengerer Auffassung. Sechs Jahre der Einsamkeit waren Bruno dort vergangen, als ihm der Pabst Urban II., sein Schüler, auf den Bischofstuhl von Reggio berief. Gehorsam verliefs der fromme Eremit seine stille Welt, entzog sich aber dann den Versuchen der Hierarchie, ihn für sich zu gewinnen, und starb schliefslich 1101 im neu­ gegründeten Kloster zu La Torre, wo er eine zweite Chartreuse hatte wiederfinden dürfen. Sein Orden, der 1176 die päpstliche Bestätigung fand, errang sich bald allgemeine Hochachtung. Dessen lediglich nach innen gerichtete Tätigkeit, sein Fernbleiben von aller kirchlichen Politik, bewahrte ihn fast gänzlich vor innerem Unfrieden, und nur einmal, 1378, sollte das päpstliche Schisma (Clemens VII. und Urban VI.) eine Spaltung des Ordens zur Folge haben. Immerhin nur für kurze Zeit. Denn *) Sein Tag ist der 6. Oktober. Neben ihm gibt es noch 2 andere Heilige dieses Namens. Bekannt ist seine Legende, der u. a. auch Müllners Annalen gedenken. Vgl.: A. de Saussay, De causa conversionis S. Brunonis. Paris 1646; J. de Launoy (Launoius) de vera causa successionis S. Brunonis in eremum. Par. 1656.

03 schon 1410 sehen wir den Orden unter dem Generalat des Sachsen Johann von Greifenberg wieder einig dastehen. In­ zwischen war die Exemption des Ordens ausgesprochen worden, dem 1420 auch Zehentfreiheit für seine Güter zuteil ward. 1258 hatte man nach Götzinger insgesamt 56 Karthäuserklöster gezählt.*) Die Ordenstracht*2) besteht im wesentlichen aus einer weifsen Kutte, zusammengeschnürt durch einen hänfenen oder ledernen Gürtel, und einem weifsen Skapulier mit Kapuze. Ihr ähnelt die Tracht der Laienbrüder, die aber den Bart wachsen lassen. Die Ordensstrenge verlangt von Mönchen und Laien das härene Hemd mit Gürtelstrick auf blofsem Leib getragen. Erst 1134, durch den fünften Prior Guigo, erhielten die Kartäuser ihre Ordensregel,3)4 die Consuetudines Cartusiae, auch Statuta Guigonis genannt. Weltflucht und Sehnsucht nach Seelenfrieden, das sind die Grundfesten, auf denen sich auch die Kartause aufbaut, aber, konsequenter darin als jeder andere Orden, geht er in dieser Abschliefsung gegen die profane- und Ordenswelt soweit als möglich, ja selbst innerhalb der Kloster­ mauern ist dieses Eremitentum streng zur Geltung gebracht. Jeder Mönch lebt für sich in seiner Behausung, die etliche kleine Gemächer in sich, schliefst, darunter eine Studierstube und eine Werkstätte, daneben auch ein eigenes kleines Gärtchen. Stetiges Stillschweigen mit seltenen Ausnahmen ist Gebot für die Mönche, die einander nur vorübergehend zu sehen bekommen. Mäfsig im Essen und Trinken, ja geradezu Vegetarianer *) Am raschesten orientiert über alles, was den Orden angeht, etwa der kurze und doch inhaltreiche Artikel »Karthäuser« in der Real-Encyklop. von Herzog und Plith (VII. Bd. S. 546 ffA 2) Vgl. Köhlers Allg. Trachtenkunde VII, 172, Roth S. 25 mit Ab­ bildung. 8) Die von Mich, de Leone aufgezeichnete Ordensregel findet sich abgedruckt in J. F. Böhmers Fontes rerum Germanicarum 1, 454. 4) Laurentius Leodicensis in Historia Episcoporum Virdunensium (Kuen a. a. O. 228): »Cartusiensis religio mundo hactenus inaudita . . . angelos in terra, Joannem Baptistam et Paulum eremitam in deserto nobis hodie repraesentat«. Charakteristisch sind die Sprüche über den Zellen der grofsen Kar­ tause: »In silentio et spe erit fortitudo vestra«. »Ad quid venesti? Cur saeculum reliquisti?« »O sola beatitudo, o beata solitudo«. Vgl. V. v. Scheffel, Besuch in der grande chartreuse. In den Reisebildern, herausgegeben von Proelfs, und die Schilderung eines neueren Besuchers: E., La Grande Chartreuse: Schwab. Chronik (z. Schwab. Merkur) 1902, Nr. 21 vom 15. Januar.

94 — Fleisch- und Fischspeisen sind ihnen verboten —, führen sie in ihren Zellen ein beschauliches Leben, in dem die religiösen Übungen wechseln mit der Beschäftigung mit dem Handwerk oder im Garten und dem ihnen gestatteten Abschreiben von theologischen und Erbauungsbüchern. Frauen ist der Be­ such selbst der Kirchen verboten. *) Was die Organisation des Klosters anlangt, so ist der Prior des Mutterklosters zugleich Ordensvorsteher, und im Kapitelsaal der grofsen Kartause tritt auch das Generalkapitel alljährlich zusammen, die Prioren sämtlicher Klöster in Person oder durch Abgesandte oder Briefe vertreten, um die gemein­ samen Angelegenheiten zu verhandeln. *2) Aus Italien nach Deutschland3) zurückgekehrt, weilte Mendel, wenn wir dem Chronisten folgen dürfen, längere Zeit in Würzburg, um die Einrichtung der dortigen Kartause kennen zu lernen, deren Prior, Hans von St. Burckard, ihm auch in der Folgezeit mit Rat und Tat beistand. 4) Es galt nun für unseren Stifter einen Mann zu gewinnen, der auch im Rate der Stadt seinen Herzenswunsch vertreten und der Verwirklichung näher bringen wollte und konnte. In dem Ratsherrn Berthold Pfinzing glaubte er ihn gefunden zu haben. Die Unterstützung seiner Verwandten, deren nicht weniger als vier 5)6 dem Rate angehörten, konnte er wohl gewifs sein. In der Tat wurde ihm schon am Freitage nach Pfingsten 1380 —jene Begegnung mit Pfinzing soll am Pfingstsonntag *) Vgl. im einzelnen auch die Ausführungen bei Roth S. 22. 2) Ein Verzeichnis der sämtlichen Klöster des Ordens gibt Kuen, a. a. O., II, 228 ff. 8) Für das folgende sind insbesondere auch Müllners Annalen herangezogen. 4) »und nachdem er von Rom wiederkommen, ritt er gen Würzburg zu den cartäusern und sähe daselbst ihr gelegenheit und legte dem prior zu Würzburg seine meinung für, derselb prior hiefs herr hans von st. Burckhard, der stärket ihm mit Worten noch mehr, dafs er noch eiferiger würde, solches werk für zu nehmen, und nachdem er von Würzburg wieder gen Nürn­ berg kam, da ward das closter angefangen auf solche weise«. Hs. Germ. Mus. 17,609, S. 87b. — Ähnl. 16,622, 421b; Nr. 22,100, S. 8: »also hub er an ein capeln zu pauen zu liechtmes im 1382 [jar] an dem ort gegen dem teutschen haus mit rat und willen herrn Hansen von sant Purkhart, prior zu Wurzburg, der was gegeben dem Marquart Mendel, Stifter, zu einem lerrer und helfer, das closter carteuserordens auf zu pringen«. — Dafs für die Nürnberger Kartause die zu Würzburg als Muster gedient habe, nimmt auch Waldau, Neue Beiträge, I, 22, an. 6) Paulus Mendel, Brant, Philipp und Prant Grofs.

95 gleichen Jahres in der Spitalkirche gewesen sein — vom Rate eröffnet, dafs von seiner Seite der Gründung eines Kartäuser­ klosters in der Vorstadt nichts im Wege stünde, ja der Rat setzte sich selbst mit dem Prior der grofsen Kartause, Wilhelm, ins Benehmen, und dieser sandte unverzüglich einen Geistlichen seines Ordens, Nikolaus mit Namen, nach Nürnberg, der dem neuen Kloster künftig als Rektor vorstehen solle. Soweit schienen Mendels Vorbereitungen schnellen und ungehinderten Fortgang zu gewinnen, als sich plötzlich eine ungeahnte Schwierigkeit in den Weg legte. Gerade in jene Zeit fällt ein Schisma, indem gleichzeitig ein Papst zu Rom (Urban VI.) und zu Avignon (Clemens VII, »Gebeneus«) safs. Nun hatte sich wohl die Stadt für Urban VI. entschieden, der Prior Wilhelm aber hatte sich dem Gegenpapste angeschlossen. Den Sachverhalt klärte auf der damals in Nürnberg anwesende von Urban VI. ausgesandte Kardinal Pileus,*) An letzteren wandte sich denn eine Kommission, der neben Marquard Mendel drei Ratsmitglieder, jener Pfinzing nebst Ulrich Stromer und Michel Grundherr, angehörten. kDer Kardinal erteilte die Einwilligung des Papstes als dessen Stellvertreter. Hiezu kamen dann in der Folge Bestätigungen des Bischofs von Bamberg, Lamprecht, des Domkapitels, des Pfarrers Konr. Stör von St. Sebald und dessen Kapitels. Auf diese Urkunde soll späterhin zurückgekommen werden. Indes weifs uns die Klosterchronik noch von einem weiteren Zwischenfall zu berichten. »Darnach sprachen die burger vom rat darein, es wer in den obgemelten brifen vil vergessen worden und der Stifter sol ander brief gewinnen, zwen von dem Cardinal, zwen von dem bischof zü Bamberg und von dem capitel daselbst und von dem pfarrer zu sanct Lorenzen, und dieselben 4 brief steet je einer als der ander. Und der haben die burger derselben brief 2 behalten. So hat das closter auch 2 behalten, zum ersten den cardinalsprief herrn Pilei (»Pileus miseracione diuina etc.« »Lambertus dei gracia etc.«). *) Dessen gedenkt auch die Urkunde des Kardinals. — Von der kirchen sancte Praxedis«, bekannt auch durch den Ablafsbrief d. d. 1380 Juni 18, den er dem Kloster Pillenreut erteilte. Abgedruckt bei Würfel, Geschichte des ehern. Nonnenkloster zu Pillenreut, S. 25 ff.

96 Wir verlassen hier den mehr oder weniger unsicheren Boden der klösterlichen Tradition und wenden uns den ältesten Urkunden zu, die von der Gründung des Klosters uns zu berichten wissen. Es tritt uns zunächst jene zu Nürnberg aus­ gefertigte »Litera cardinalis de fundatione Carthusien. Nuremberge« entgegen, deren Datum dem 7. August 1380 entspricht.1) Sie legt vor allem den Platz fest, den das Kloster künftighin ein­ nehmen solle: »in loco libero, tuto, congruo et honesto, videlicet super fossatum (dem Stadtgraben) infra monasteria sanctimonialium sanctae Clarae et sancti Jacobi fratrum Teutonicorum, in suburbio opidi Nurembergensis sito. .« Im übrigen finden wir im Kardinalsbriefe folgende vor­ sichtige Bedingungen des Rates wieder:2) 1. Sollen in dies Kloster nicht mehr als 12 Ordensbrüder und 6 Conversi aufgenommen werden, über die ein Prior die Aufsicht haben soll. 3) 2. Das Kloster soll Mariens Zelle (Cella beatae Mariae) genannt werden; auch soll demselben niemand zu nahe oder ihm zum Schaden bauen. 3. Es soll niemand in das Kloster aufgenommen, noch jemanden darin zu wohnen verstauet werden, der dem Magistrat zuwider wäre. 4. Das Kloster soll zu ewigen Zeiten in des Rats Schutz sein, und derselbe nach des Stifters Abgang jederzeit einen Schaffer (Pfleger) ordnen, welcher alles mit eines Rats Wissen handeln soll. 5. Wenn das Gebäude des Klosters in kriegerischen Zeiten dem Rate gefährlich und nachteilig scheint, so soll er Macht haben, es niederzulegen. 6. In dem Kloster soll niemand begraben werden als die Ordensmänner und deren Dienstleute; nur der Stifter und die Schaffer des Klosters können ihr Be­ gräbnis darin suchen. Abgedruckt bei Waldau, Neue Beiträge, I. Heft, S. 26 ff., darnach bei Roth unter Nr. IV des Urkündenanhangs S. 174, darnach bei Ussermann, Episcop. Bamberg. Cod. prob., Nr. 244. 2) Müllners Annalen. Darnach bei Roth S. 35. 3) Entspricht auch der allg. Regel: »Nota de ordine Cartusiensium. Tredecim solent esse in uno claustro, scilicet duodecim monachi et unus prior«. Boehmers Fontes rer. Germ. I, 454.

97 7. Der Prior soll in weltlichen und hohen Sachen ohne Vorwissen des Schaffers und des Magistrats nichts vor­ nehmen. Er soll auch wider die Privilegien gemeiner Stadt nichts handeln, bei Kaisern und Königen um keine Freiheit, die dem Rate oder der Stadt nach­ teilig wären, anhalten, und, wenn er dergleichen erlangte, sollen sie unkräftig sein. 8. Des Klosters Bauerleute und Untertanen sollen vor den nürnbergischen Gerichten zu Recht stehen. 1381 erscheint Mendel persönlich in Bamberg und ver­ schafft sich den Bewilligungsbrief des Bischofs Lamprecht,*) in dem dieser gleichzeitig dem Kloster alle Güter zu Erlangen, zu Henfenfeld, zu Feinbach (Venbach), zu Welkenbach bei Her­ zogenaurach, zu Niederndorf und Merendorf eignet, welche Mendel zuvor vom Stift zu Lehen getragen. Noch vor der Erwirkung dieses Briefes, da er ja die päpstliche Bestätigung in Händen hatte, ging der Stifter an die Verwirklichung seiner Idee, die er durch planmäfsige Ankäufe von Hofstätten und Grundstücken, von Häusern, Scheunen und Gärten in der ihm angewiesenen »Vorstadt« (d. h. innerhalb der beiden letzten Ringmauern) 2) einleitete. Die nicht geringe Zahl der erworbenen Einzelgüter hier der Reihe nach aufzuführen, würde an dieser Stelle zu weit führen, es kann hier wohl ein­ fach auf das Verzeichnis hingewiesen werden, das nach alter Hand­ schrift Waldau in seinen Neuen Beiträgen I, 175 gebracht hat. 3) Müllner berichtet u. a.: »Es hat aber der Stifter zu erbauung difs closters eine hofstatt erkauft von den Wald­ stromern 4) und etlichen anderen bürgern, sind mehrerteils städel und gärten und andere schlechte häuslein gewest, so alles zusammen 700 schuhe betroffen, und dafür bezahlt 1314 fl., davon doch um 200 fl. land nicht in die mauern eingefangen J) Abgedruckt bei Roth unter Nr. Y auf S. 178 in deutscher Fas­ sung : »Wir Lamprecht, von gottes gnaden bischoff zu Bamberg, bekennen mit disem offen brief . . ., das für uns kam der ersam Markart Mendlein, burger zu Nuremberg . . .« In lateinischer Sprache bringt den Urkundentext die bereits genannte Hs. 15,119. a) Vgl Mummenhoff, Die Kettenstöcke ... in d. Mitt. d. V. f. Gr. d. St. Nbg. 13. Heft. 1899. S. 15 ff. 3) »Was der Stifter für hofstett gekauft«. Vgl. Roth S. 37 ff. 4) Vgl. auch Roth S. 37 mit Anm. 2.

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98 worden, weil der rat zu Nürnberg mehr nicht darzu kommen lassen wollen, als im rat erteilt worden, nämlich 540 schuh, als 500 schuh zum closter und 40 schuh zu zweien gassen neben dem closter, zu jeder 20 schuh. Hat also die hofstatt ohn allen bau gekostet 1114 fl.«. Urkunden im städtischen Archiv wissen uns übrigens noch von weiteren Erwerbungen zu erzählen. Ihm entstammen die im folgenden angefügten Regesten: 1382 Januar 28. Markart Mendel bekundet, dafs er »sein aigen an dem haus mit dem abseitlin« zu oberst an der Ecke an der Fleischgasse, zunächst an der Stadtmauer an das Haus der Greckenwirtin stofsend, Heinrich dem Hasen und seiner Frau Kunigunde überlassen habe mit dem Rechte des Tropfenfalls in seinen Garten gegen einen Zins von 2 $ Haller Nürnberger Stadtwährung. Andererseits hat ihm Heinrich Hase lediggesagt ein Erbe zunächst an Fritzen des Smugenhoffers Haus »und daz ist zu dem closter kumen cartheuserordens«. »Eritag vor unser frauen tag ze lichtmesse«. 1382 April 21. Vor Schultheifs und Schöffen der Stadt zu Nürnberg erscheint der Priester Herr Ulrich von Marquard Mendels wegen nebst Paul Mendel u»d Leopold Schurstab dem älteren, *) die eidlich bekunden, dafs Hans Waldstromer mit Zustimmung seiner Frau Anna dem M. Mendel verkauft habe sein Haus auf dem Graben an der Ecke zunächst an der Kartäuser Haus. »Montag vor sant Görgentag«. Während noch lediglich die ersten Anstalten zum Klosterbau getroffen waren, erschienen auch schon die für die neue Kartause bestimmten Mönche: *2) »Item darnach kamen die herren carteuser zu dem ersten her an sant Martins abent, was sambstag im 1380 jare, und waren vier, die hier wohnhaft solten sein. Hans Kemel von Würzburg-,3) Friedrich von Bamberg ist von Grunach4) kommen* Heinrich ist von Erfurt-, 5) Thomas von Tunckelhausen. 6) *) Des Stifters Schwager. a) Müllners Annalen. 3) Erscheint in manchen Handschriften wiederholt als Hans von Kemel, »von Wurzburg her gesant«. 4) Bei Wertheim, Kartause daselbst. 5) »der dritt herr Hainrich ward zu Erfurt empfangen und von Wurz­ burg her gesant« (Hs. 22,100). (Kartause in Monte S. Salvatoris bei Erfurt). •) Tückeihausen (Kartause) bei Ochsenfurt.

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Zu denen ist getreten a. 1381 an dem nächsten sambstag nach dem auffartstag Ulrich Ammon von Schnaittach, ein weltlicher priester, der des Stifters und seiner zwai brüder Conrad und Peters junkmaister gewest«.*) Die künftigen Klosterinsassen mufsten fürs erste provi­ sorische Unterkunft finden. Hiefür war bereits Vorsorge getroffen worden: »Darnach bat Marquard Mendel, der Stifter, die burger vom rat, dafs sie den herren den carteusern erlaubten, dafs sie dieweil sich mochten enthalten in einem haus, als vil zeit, das wir auf des closters hofstatt als viel mochten gepauen, dafs sie darein mochten ziehen. Also ward ihnen das erlaubt von den bürgern. Da bestund Marquard Mendel den herren carteusern ein haus, hof, und garten von dem Conrad Bamberger, ging in rat der zeit dritthalb jar, umb 27 fl.«, *2) Die erste bauliche Tätigkeit war die Einschliefsung des gewonnenen Areals mit Mauer und Zaun, wie das der Kloster­ chronist 3) folgendermafsen schildert: »Item den ersten pau, den der Stifter tet auf der hofstatt, das ist ein hofmaur und ist 150 schuch lang und zweier schuch dick, gelegen gegen dem deutsch haus an der eck gegen der gassen. Item darnach macht er ein hofmauer gegen sant Clarn bei 200 schuch lang und ist anderthalb schuch dick. Item die übrige hofrait ward darnach alle mit zäun umbfangen«. Am 16. Februar 1381 konnte nun an die Grundstein­ legung der Kirche selbst gedacht werden. Der damals, in den Monaten Januar und Februar jenes Jahres, in Nürnberg ab­ gehaltene Reichstag4) liefs mit König Wenzel eine stattliche Reihe von Fürsten und Herren in der Stadt verweilen, und Mendel erlebte die Freude, durch die persönliche Gegenwart derselben die Feier gehoben zu sehen. Offenbar einem alten gleichzeitigen Bericht folgend erzählt unser Chronist: 5) »Item darnach ward der erst stain gelegt zu dem tor an dem 16. tag des monats februarii in dem 1381. jar, und *) Dieses »hern Ulrich Amman von Snaita«, zuletzt seines Beicht­ vaters, gedenkt Mendel auch in seinem Testamente (Urk. Nr. VII bei Roth). 2) Klosterchronik f. 46 a. 3) a. a. O. f. 46 b. 4) Deutsche Reichstagsakten I (1867), S. 280 ff. 6) a. a. O. f. 46b und 47 a.

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denselben stain legt unser herr Wentzlaw, römischer konig, und der erwirdig herr der Cardinal Pileus *) von der kirch sant Praxedis und herr Hiltprant Blanlitus, bischof Pisiranensis, und dapei was auch herr Ludwig, erzbischof zu Menz, herr Johanns, erzbischof zu Präge, und herr Eberhart [richtig: Gerhart], bischof zu Wirzburk, und her Lamprecht, bischof zu Bamberg, und herr Cunrad, bischof zu Lübeck, und auch die herren und fürsten herr Wentzlaw, herzog zu Saxen, herr Bremsle, herzog Tessingensis, und ander vil herren geistlich und wertlich, ritter und knecht und burger von der Stadt und auch Marquard Mendl, Stifter, und Conrad und Peter, des Stifters brüder, und Paulus Mendl, ir vetter«. Seiner Anwesenheit gedenkt übrigens Wenzel selbst später­ hin wiederholt. Erstmals in einer Urkunde, d, d. 1386 März 13, *2) in der er dem Rat befiehlt, 300 Gulden der schuldigen Reichs­ steuer auf kommenden St. Martinstag dem Kartäuserkloster zu Nürnberg zu entrichten: »Wir haben durch sunderliche andacht, die wir zu dem ersamen und den geistlichen prior und convent unserr frauen closter zu Nuremberg cartuser orden, unsern lieben andechtigen, haben, do wir auch mit den andern des heiligen reichs fürsten den ersten stein geleget haben . . .«. Darnach in dem Freieignungs­ brief desselben Kaisers »über hundert gülden wert güter zum cartäusercloster gehörig«, ausgefertigt an dem Aschtag (Ascher­ mittwoch = 8. Febr.) 1391:3) »Wann wir vormals in dem stifte der cartauser zu Nürmberg den ersten stein gelegt . Eine glänzende Gesellschaft war es, die aber wider Er­ warten mit erhofften Zuwendungen geizte. Denn »auf denselben stein ward nichts geopfert, weder von dem könig, noch von den obgenannten herren, noch von irgend jemand, der ob­ geschrieben steht«! Doch »darnach denselben tag, als der stain gelegt ward, da kamen die edeln fürsten herzog Ruprecht, herzog Friedrich, herzog Steffan, herzog Klem, alle herzogen *) Der Kardinal schenkt der Kartäuserkirche in der Folge »unser frauen bild mit dem kindelein an einer tafel gemalt, daran er auch und sein wappen gemalt ist«. Roth S. 72. 2) »dinstag nach sand Gregorii tag«. K. allgem. Reichsarchiv München (Sign. K 74, L 1. Nürnberg X 20/1). 8) Abgedruckt bei Roth unter Nr. XII, S. 209.

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zu Pairen, und opferte jeglicher auf den stain 1 fl.«. *) Auch das war eben nicht viell Nachdem der erste Stein zum Chor gelegt war, wurde er »darnach in 20 tagen bei anderthalben man hoch gemaurt, und darnach über ein zeit wurd wider zu dem chor angehaben und ward bei 8 monaten gar unz unter das dach hinauf gemaurt und auch das dach gemacht und die 3 fronfenster darzu mit den scheiben«.1) Unserer Chronik zufolge wäre also die Kirche bereits 1382 fertig gestellt worden und hätte an unsrer Frauen Lichtmefstag des gleichen Jahres der Stifter mit jenem Ulrich Ammon oder Amman (»der nun ein carteuser worden ist«) und vier Laienbrüdern seinen Einzug gefeiert. Eine Chronik aus König Sigmunds Zeit2) verlegt die Einweihung ins Jahr 1383: »Item anno domini 1300 und 83 jar an dem dritten tag vor sant Dionisii, da ward geweihet karteuser closter hie zu Nuremberg, ir anfang was vor bei dreien jaren«.3) So viel ist sicher, dafs 1387 die Altäre die Weihe noch nicht erhalten hatten, denn dies bezeugt uns die littera domini episcopi Bambergensis vom gleichen Jahre. 4) Die Kirche sowohl wie der grofse Kreuzgang zeigen uns noch die unversehrten architektonischen Formen jener Zeit. Namentlich die Kirche war bei Übernahme durch das Museum wöhl erhalten, so dafs wir heute nach Abrechnung der dort aufgestapelten Kunstschätze das alte Bild des ehrwürdigen Gotteshauses wiedergewinnen. Die Anlage wirkt durch einfache würdige Formen: »eine einfache einschiffige Halle mit acht Gewölbejochen ohne besonders geschiedenen Chor, der in fünf Seiten des Achtecks schliefst. Ein prächtiges Rippengewölbe überdeckt den durch schöne Verhältnisse ausgezeichneten Raum«. An den grofsen lang sich ausdehnenden und mit breiten Mafswerkfenstern geschmückten Kreuzgang waren die Zellen der Mönche angegliedert, deren Einteilung und Aussehen jetzt freilich fast ganz verwischt ist. Von der Kirche führt eine kleinere *) Klosterchronik f. 47 a. 2) Städtechroniken I, 355. 3) »Die kirchweih ist geleget worden auf sonntag vor st. laurenzen tag« (Müllners Annalen). *) 1387 Aug. 13. Abgedr. bei Ussermann, ep. Bamb. Cod. prob., Nr. 249. Roth Nr. IX, S. 193.

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Türe in eine nördlich anstofsende Kapelle, die man sich viel­ leicht als ursprüngliche Sakristei zu denken hat. Ebenso führt die Türe an der Südwand unmittelbar am Chor in eine zweite Kapelle. Dieselbe, »einschiffig mit stark eingezogenem, drei­ seitigabgeschlossenem Chor und Netzgewölbe«, sei hier als schon dem Ende des 15. Jahrhundert angehörend nur erwähnt. Dem 15. Jahrhundert erst gehören gleichfalls an der kleinere Kreuz­ gang, dessen »originelles Halbtonnengewölbe« bewundert wird, im Süden der Kirche mit dem nach Westen anstofsenden Refektorium. Auch die kümmerlichen Spuren alter Wand­ malereien *) in den beiden nördlichen Schildbögen im nördlichen kleinen Kreuzgangflügel weisen auf die gleiche Zeit. So gut wie neu sind der Nord- und Ostflügel des Kreuzgangs, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch in Ruinen lag. Kreuz­ gang und Kirche umschlossen den Klosterhof, mit dem alten Ziehbrunnen ein oft bewundertes und oft konterfeites Idyll. Aber auch den Ölberg am Chorhaupt der Kirche müssen wir vom heutigen Bilde wegnehmen, wenn wir die alte Anlage uns zu vergegenwärtigen suchen. Wie das angemalte Wappen zum Teil uns kündet, ist er eine Harsdorferische Stiftung gewesen, im besonderen die des Peter Harsdörfer 1498 oder 1499. 12) Über die Gesamtkosten läfst sich die Klosterchronik 3) folgendermafsen aus: »Es ist auch zu wissen, dafs Marquard 1) Vgl. Anzeiger f. K. d. d. Y. IV. 1857. Sp. 253: »Über die Wand­ malereien im kleinen Kreuzgange«. 2) Die hier weggenommenen Figuren fanden 1820 am sog. »Ölberg« am Fufse der Burg Aufstellung. Vgl. von älteren Beschreibungen der Kartause neben Roth Murr, Be­ schreibung der vornehmsten Merkwürdigkeiten in der Reichsstadt Nürnberg. 1801. 8°, S. 152—155 und Würfels Diptycha: Beschreibung der übrigen Kirchen, Klöster und Kapellen in Nürnberg S. 44 ff. Eine Rekonstruktion versuchte Essenwein in seinem Plan: »Die Karthause im XV. (!) Jahrhundert«. Es mögen an dieser Stelle auch noch einige der Prospekte aus späterer Zeit genannt werden: Boener: Kafthäuserkloster und Mendelsche Kapelle. — Ansicht eines Gärtchens an den Zellen der Carthause zu Nürnberg. Nach der Zeichnung von C. Klein gestochen von G. Adam. Nürnberg bei Friedrich Campe. — Cartheuser-Kloster Marien Zell genannt in Nürnberg. Aus den C. M. Rothschen Prospekten der Kirchen Nürnbergs (Würfels Diptycha, Klöster und Kapellen, zu S. 44). Mit den vorigen zusammen in Barbecks Alt-Nürnberg: Kirchen und Kapellen, Bl. 14. Über die beiden Siegel vgl. Kiefhaber, Hist.-dipl. Beschreibung der Nümbergischen Kloster-Siegel, 1797, 40. S. 53—54 und Roth S. 42. Doch sind auf der dort beigegebenen Tafel diese nur schlecht, das Konventsiegel sogar unbegreiflich falsch wiedergegeben. s) a. a. O. f. 47 b.

103 Mendel, der Stifter, all seine aigen güter, auch alle seine lehen, die ihm der bischof von Bamberg geeigent (s. o. 1) hat, und auch alle seine cleinot, parschaft und hausrat und was er het, das gab er alles den cartausern. Also hat in dasselbe carteuser closter mit pau und mit dem, das er in dann geben hat, ge­ kostet mehr dann 9000 fl.«.1) Es kamen noch hinzu 900 fl., die Mendel für sein Begräbnis in Anschlag brachte. Unter den interessanten bezüglichen Details der Klosterchronik findet sich noch folgendes, das hier auch erwähnt werden soll: »Item zu wissen, dafs herr Ulrich Ammon, schaffer zu denselben Zeiten zu Nurmberg des closters unsrer frauen zell, und Marquard Mendel, Stifter desselben closters, gerechnet und über­ schlagen haben, dafs der gemainen zellen eine kost mit dem bau und mit dem gärtlein, mauer und mit dem dach zu dem creuzgang und mit hölzernen Säulen untersezt und mit steinen, als es dann zu selben Zeiten gestellt war, das kost über hun­ dert und fünfzig gülden. Eine zell aber, wie des Stifters zell, darinnen er wohnhaftig war, kostet bei zweihundert gülden, und das läfst er darumb schreiben, dafs man den leuten weifs zu sagen, was eine zell koste, die da eine neue bauen wollen«. 2) Der grofse Menschenandrang zur neuen Kartäuserkirche veranlafste Mendel weiterhin zur Stiftung einer Kapelle in mäfsiger Entfernung von jener, welche in der Folge die Kirche zu entlasten hatte, »von frieds wegen des klosters der karteuser, dafs die desto minder uberloffen wurden«. Der An­ fang wurde gemacht zu Lichtmefs 1382, am Afratage gleichen Jahres stand die Kapelle auch schon fertig und wurde vom Weihbischof des Bischofs von Bamberg, Herrn Heinrich vonTermopolens, eingeweiht und zwar »in der ehre aller 12 poten ansantAfra tag im 1382. jar und in derselben capellen drei altar«. Ferner heifst es: »Auch soll das kloster unser frauen zell allweg gewaltig sein derselben capeile mit allen ihren zugehörungen, als es auch verbrieft ist worden von dem obgenannten bischof *) »Er hat von seiner hab darzugegeben und gekauft mit allen dingen bei 9000 guidein inhalt des alten praunen pergamenen Stiftbüchlein, das Marquart Mendel hat«. Zettel in einem Akt des Stadtarchivs. 2) Vgl. Waldau, Neue Beitr., I, S. 176.

104 von Bamberg1) und von ihrem obersten und gemain capitel der cartaus, das zu denselben Zeiten zu Padony war«. — »Auch so hat Marquard Mendel, der Stifter, geschickt, das die carteuser all freitag in der zwelf potten capeln das almusen geben armen Schülern und armen leuten, darnach ihnen gott guetlich tut, und die schuler, denen man das almusen gibt, sollen singen das salve regina unser frauen zu lob und ehr, in der das carteuser closter gestift und an­ gefangen ist«. 2) Indessen müssen wir hier einer zweiten Stiftung gedenken, die in mehrfacher Weise mit der unseres Marquard Mendel verknüpft ist, und so mag an diesem Ort nach Roths Vorgang3) der Fortgang der Kartäusergeschichte unterbrochen werden. Es war der Bruder des Klosterstifters, Konrad Mendel, der nun im Jahre 1388, den Beispielen des Grofsvaters und Bruders folgend, auch seinerseits mit den ihm aus dem grofsen Vermögen der Familie zugefallenen Mitteln sich ein dauerndes Denkmal schuf. Er sollte in Nürnberg der erste sein, der die inzwischen längst in Deutschland heimisch gewordene Institution der Beguinengesellschaft in Gestalt eines Zwölfbrüderhauses aufgegriffen hat. Es waren kleinere Anstalten im Verhältnis zu den Spitälern, wenn man nur die Zahl ihrer Insassen ansah, die man der Zwölfzahl der Apostel angepafst. Auch wollten sie lediglich Altmännerhäuser 4) sein, die mit gewissen schweren Krankheiten und Gebrechen Behaftete von vornherein ausschlossen. Um­ fassender hinwiederum gestaltete sich ihre Wirksamkeit insofern, als sie alten Leuten auch ohne sonderliche Krankheit eben nur um ihrer Armut und ihres Alters willen sich auftaten. Charakteristisch ist der Ausschlufs des geistlichen Elements insoweit, als man die Verwaltung nicht dem Klerus anvertraute und nur Leute weltlichen Standes zuliefs. Die Stiftungsordnung vom Jahre 13885) *) Nach Würfel erlangte Konrad 1384 die confirmatio des Bischofs Lamprecht, in der Folge auch die des Papstes Martin und des Konstanzer Konzils (Diptycha, Klöster und Kapellen, 158). *) Klosterchronik f. 47 b. Über die weitere Geschichte der Zwölf­ boten- oder Totenkapelle vgl. Waldau, Nümbergisches Zion. 1787. 40. S. 82; Will, Bibi. Nor. II, Nr. 1460.20; Roth S. 47 ff. 8) S. 50 ff. 4) Vogt, Gesch. des Landauer Zwölfbrüderhauses. 1900. 6) Roth Nr. X, S. 195. Vgl. Diptycha a. a. O. 158—160.

105 verbreitet sich in ausführlicher Weise, »wie des Conrad Men­ dels bruderhaus gestift worden, was man bei einnehmen der brueder beobachten sol und was die brueder muessen aus­ üben«. Die Bestimmungen dieser Ordnung müssen sich wohl bewährt haben, wenn man bedenkt, wie Landauer für sein Brüderhaus mehr als hundert Jahre später dieselbe ohne wesentliche Änderung noch übernahm. *) Der Stifter hatte sich das Amt des Pflegers selbst Vorbehalten, wie auch in seinem Sohn, dem jüngeren Konrad, bereits seinen Nachfolger be­ stimmt. *2) Ein wesentlicher Unterschied, der bei Betrachtung der beiden Nürnberger Brüderhäuser alsbald ins Auge fällt, ist die verschiedenartige Fundierung, die ja freilich vom wirtschafts­ geschichtlichen Standpunkt aus nichts so sehr Überraschendes an sich hat. Während die Stiftung des beginnenden 16. Jahr­ hunderts mehr auf der Grundlage reicher Kapitalien erwuchs, hat unsere Stiftung noch der Anlage ihrer Mittel in Grund­ besitz den Vorzug gegeben.3) In näherer und weiterer Um­ gebung von Nürnberg besafs und erwarb die Mendelstiftung eine stattliche Zahl von Untertanen und Reichnissen.4) 1390, am 3. Mai, nimmt Johannes, der Prior der grofsen Kartause, die Insassen des Zwölfbrüderhauses der Mendelstiftung in die Brüderschaft der Kartäuser auf. 5) Im gleichen Jahre, am 3. August, kauft Konrad Memlein einen Garten von den Kartäusern. 6) Über einen Gang, den Mendel vom Brüder­ hause über die Strafse zur Zwölfbotenkapelle führen liefs, gibt eine Urkunde Nachricht, die hier ihrer baugeschichtlichen Details wegen Platz finden mag. 7) »Ich Conrad Mendel der elter, burger zu Nuremberg, be­ kenne offenlichen mit disem brief umb den gang, den mir die e e ersamen und weisen die burger dez rats der stat zu Nuremberg erlaubt haben zemachen und den ich gemachet han auz dem hause, darinne die zwelf armman wonhaft sind, die ich gestift *) Vogt, a. a. O., S. ii ff. 2) Nach dem 1397, »am mitwochn vor sant Paulstag, als er bekert war«, ausgestellten Stiftungsbrief, abgedr. bei Roth unter Nr. XIII, S. 210 ff. 3) Vogt S. 4; Roth 51, Anm. 4) Vgl. Roth 53. 5) Perg.-Urk. im Stadtarchiv. •) Perg.-Urk. im k. allgem. Reichsarchiv. 7) Nürnberger Stadtarchiv. 1399 April 5.

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han bei den karteusern, derselb über die gemeinen strazze geet in der zweitboten capeilen gen demselben hause über ge­ legen, wenn daz ist, das der rate zu Nuremberg oder ir nachkomen oder der merer teil daz heifset und haben wil, so sol ich oder, ob ich von tods wegen abgegangen wer, mein erben oder wer dann desselben almusens der zwelf armenman, die ich gestift han, pfleger ist, den genant gang zestunde prechen und wider abtun und die tur oben an der zwelf boten capeilen, als man von demselben gang hinein geet, wider zumachen und vermauren und fiirbaz von demselben hause in die capeilen keinen solchen gang mer machen noch haben on dez rats willen und wort. Und ob daz wer, daz ich oder, ob ich von tods wegen abgegangen wer, die pfleger dez obgenanten almusens, daz ich gestift han, gemant und geheizzen würden, daz wir den gang abtun und prechen solten, als oben begriffen ist, daz solten wir tun in acht tagen nach der manung. Geschehe dez niht, so haben die burger des rats gewalt, daz sie denselben gang mügen heifsen prechen und abtun, und ob der also geprochen und abgetan würde, daran so solten sie noch die, die daz teten, wider mich oder die pfleger dez obgenanten almusens noch wider jemanden anders niht gefrevelt oder getan haben in keiner weise. Und des zu urkunde gib ich disen brief versigelt mit meinem anhangendem insigel. Geben am samstag nach sant Ambrosii tag nach Crists gepurt dreuzehenhundert jar und in dem neunundneunzigisten iar«. Orig.-Perg. mit anhang. Siegel. Eine weitere ungedruckte Bestimmung Mendels möge hier angereiht werden: *) >Ich Conrad Mendel der elter und ich Conrad Mendel der junger, sein sun, bede burger zu Nuremberg, tun kunt offenüchen mit disem brief umb daz hause, stadel und hofreite bei den karteusern, gen der zwelfboten kappeilen über gelegen, das zu dem selgerete der zwelfhausarmen manne gehört, daz ich egenanter Conrad Mendel der elter gestift han, dasselb hause, stadel und hofreite man von dez rats wegen mit der eilen ausgemessen hat, und das vorn in dem hof gen der zwelfboten *) Ebenfalls im Stadtarchiv.

1402 August 16.

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capellen an der weite in der mauren hat dreiundzweinzig eilen und hinten in dem stadel gen dem Pirkheimer an dem tennen auch in der mauren zweinzig eilen weit ist, und von der strafse vorn gen den karteusern hinab an der lenge ahtundneunzig eilen hat, darumb bekennen wir, das dasselb hause, stadel und hofreite fürbaz ewiklichen beieiben sol in der weit und lenge, als ez jetzund hat und ausgemessen ist, als vorgeschriben stet, und sol weder an weiten noch lengen nihts mer hinzugelangen noch begriffen werden. Darzu bekennen wir, das dasselb almusen der zwelfhausarmen manne in solcher Ordnung gehalten werde und bleiben sol, als es jetzund ist und ich daz gestift han, on geverde, nach laut und sage des briefs, der unter der stat insigel zu Nüremberg darüber gemacht ist, und sol in kein ander Ordnung, selgerete noch orden geist­ lich oder weltlichen nicht verwandelt, geendert noch verkert werden furbaz ewiglichen. Und des zu urkunde geben wir disen brief versigelt mit unser beider anhangenden insigel. Geben am mitwochen nach unser frauen tag assumptionis nach Christi gepurt vierzehenhundert jare und darnach in dem andern jar«. Konrad Mendel starb nach der Aufschrift seiner Gedächtnis­ tafelx) am Donnerstag nach Ostern 1414 (12. April) und liegt in der Zwölfbotenkapelle vor dem Altar begraben. Seinem Vermächtnis gemäfs fielen seine hinterlassenen Güter, »Haus, Stadel und Hofrait am Eck gegen der Kartause über, zwei Bauernhöfe und acht Güter, fünf Morgen Ackers und 3*/* Tag­ werk Wiesen«, seiner Stiftung zu.*2) Hiemit verlassen wir die Zwölfbrüderstiftung wieder und kehren nach diesem kleinen Exkurs zurück zu unserem Marquard *) Diptycha a. a. O. 160. Roth S. 53. 2) Was die spätere Geschichte der Mendelsstiftung anlangt, so kann ich wohl billiger Weise auf Roths Kartause S. 53 ff. verweisen, um nicht ge­ nötigt zu sein, dessen Angaben hier lediglich wiederholen zu müssen. Als einer gewissen Originalität nicht entbehrend, möchte ich aber hier noch eine Neujahrsgratulation der 12 Brüder an den Rat von 1485 bringen (Stadtarchiv): »Gnedigen lieben herrn des ratz! Wir die zwelf armen man bei den carteusern schenken eurer Weisheit zu einem guten seligen neuen jar unser jeder fünf pater noster und fünf ave maria und dar zu zwai firtel malmasiers und sechs lofs semeln und vier hülzen pecher, als das her Cunrad Mendel, unser Stifter selig, geschicket und geordent hat, also das ir unser gedenkt und [lafst] uns euer Weisheit vast entpoten sein durch gotz willen«. Das dem Landauer Brüder­ buche entsprechende der Mendelstiftung, von der ältesten Zeit bis 1549, noch 166 gemalte Porträts enthaltend, verwahrt die Stadtbibliothek.

108 Mendel und den weiteren Schicksalen seiner Kartause. Nach­ dem, wie wir oben gesehen haben, die Bestätigung jenes ab­ trünnigen Priors Wilhelm vor dem rechtmäfsigen Papste sich als nichtig erwies, war Mendel von neuem bedacht, das rechte Verhältnis zwischen seiner Neugründung und dem Orden zu erreichen. So schlugen den vielgereisten Mann aufs neue Reise­ gedanken in Bann und er vereinigte sich mit den Vertretern anderer Kartausen: »Marquard Mendel ritt mit den kartäusern und prioren herrn Ulrich, prior zu Mainz, herrn Hainrich von Perching, x) prior zu Erfurt, herrn Ulrich, schaffer zu Coblenz, herrn Hans von St. Burkhart, prior zu Würzburg, herrn Seifried, prior zu Grunach, herrn Ulrich, prior zu Tunckelhausen (Tückeihausen), und schieden aus von Nurmberg in den vier tagen in der vasten 1382 und kamen alle frisch und gesund gen Rom«. Hier in Rom erreichte Mendel ein Doppeltes. So gelang es ihm zur Urkunde des päpstlichen Stellvertreters noch die persönliche Bestätigung Urbans VI. zu erhalten. 2) Aber schon vorher hatte er den neuen Prior, Johannes mit Namen, mit seinem Generalkapitel, das eben damals in Rom tagte, zur Erneuerung jener ungiltigen Bestätigung »mit gleichen articuln« zu bestimmen gewufst (»Frater Johannes, humilis prior maioris domus Cartusie, ceterique diffinitores Carthusien. in alma urbe Roma de mandato domini nostri pape pro capitulo generali celebrando congregati etc.c) 3). Nach Nürnberg zurückgekehrt, ging Mendel daran, in einem Testamente noch mancherlei zum Besten des Klosters in künftigen Zeiten zu ordnen, da ihn dieses nicht mehr zur Seite haben konnte. Dieses ausführliche Testament, welches das Datum »Eritag vor sant Georgen tag« (= 19. April) 1384 trägt,4) bringt neben den Bestimmungen über sein künftiges Begräbnis, die in der Tat auch so ausgeführt wurden, neben *) In der Folge der erste Prior der Nürnberger Kartause. *) Sie ist datiert 1382 Apr. 13. Roth S. 57. Indes weder hier noch sonst war es mir möglich, die Urkunde selbst oder auch nur ihren Inhalt kennen zu lernen. 3) d. d. 1382, April 10. Ussermann, Episcop. Bamberg. Cod. prob. Nr. 245. Roth Nr. VI auf S. 181, 82 Vgl. Müllners Annalen: Excurs zur Kartäusergesch. beim Jahre 1380. *) Roth Nr. VII, S. 182 ff.

109 Vermächtnissen an die Seinigen, Legaten für diese und jenen Almosen dem Kloster ansehnlichen Zuwachs aus dem immer noch beträchtlichen Mendelschen Besitz, Häuser, Hausgeräte, Kleinodien, seine Trinkgefäfse und 2000 Gulden Bargeld. Auch »die Spissin zu Rome« finden wir im Testamente wieder. An die Kartause sollte u. a. auch jenes Haus kommen »auf dem Graben an der Ecke zunächst an der Kartäuser Haus«, das Marquard von Hans Waldstromer mit Zustimmung von dessen Frau Anna gekauft hatte«.1) 1384, am 20. April, eignet Burggraf Friedrich zu Nürn­ berg den Kartäusern ein Stück Feld, »das da ligt zu nehsten hinter demselben closter, das da get von der aufsern Stadt­ mauer hinüber nach der lenge unz an den weg zwischen demselben felde und dem Galgenhofe« und freit jenen Teil der Hofreit, die die Waldstromer von ihm zu Lehen hatten. Dies alles seiner »sele heils willen und auch, das gotlicher dinste und gaistliche ordnunge gemeret und gepessert werde, von fleifsige pete und dinste wegen unser liben getreuen Hansen und Jacobs der Waldstromer zu Nuremberg, und nemblichn, das wir uns tailhaftig machen aller guten werke und ubunge, die ewiklichen geschehen an dem closter«. 2) Im folgenden Jahre finden wir Mendel schon wieder in Rom, offenbar von neuem bemüht, das Interesse des Papstes für seine Stiftung rege zu halten. Er sollte Deutschland und Nürnberg nicht mehr sehen. In Venedig erkrankte er an einem alten Übel, möglicherweise doch an den Folgen jenes Sturzes, dessen die Klosterchronik gedachte. In Venedig kam das Fieber dazu, das ihn vollends darnieder warf. Er starb nach der Überlieferung im Hause des Unterkäufels Marcardo Pis[a]nello bei Santa Lucia an St. Bonifacii Tag, am 5. Juni, 1385.3) Mit Übergehung der von dem Klosterchronisten geschil­ derten Einzelheiten der Überführung der Leiche des Selig­ vollendeten nach Nürnberg mit den dort mitgeteilten Wunder*) Perg.-Urk. im Stadtarchiv d. d. 1382 April 21. a) Kreisarchiv Nürnberg (Kopie) S. VII, L 99, Nr. 136. Nach Roth Nr. VIII, S. 191 in den Monum. Zoller. V, Nr. 136 vollst. abgedr. 8) So die Klosterchronik f. 48 a im Einklang mit der Grabinschrift. S. 5 bringt Roth fälschlich das Datum 4. Juli (richtig S. 59).

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geschichten *) mag hier nur noch darauf hingewiesen sein, dafs sein Begräbnis ganz den Verfügungen des Toten gemäfs aus­ gerichtet wurde, indem die Leiche im Chor der Kartäuser­ kirche bestattet wurde. Die die Gruft deckende Platte12) er­ hielt die Inschrift: »Anno Domini MCCCLXXXV Nona (alias: »quinta») Mensis Junii obiit Marquardus Mendel Venetiis, Fundator huius domus, huc Norimbergam delatus et hic sepultus. Cuius anima requiescat in pace«. Nur 140 Jahre Lebensdauer sollten dem Kloster nach des Stifters Tode noch beschieden sein. Es waren Jahre der Blüte und dem inneren Ausbau geweiht, nach aufsen aber hat es, wie dies die exklusive Art des Ordens mit sich brachte, bis in die Zeit der Reformation herein nur wenig oder viel­ mehr gar nicht von sich reden gemacht. Die Urkunden, auf die sich die Klostergeschichte jener anderthalb Jahrhunderte gründen kann, illustrieren in ihrer weit gröfseren Zahl mehr den Haushalt der Kartause, eine Untersuchung aber über den Kauf, Verkauf und Tausch kleiner und kleinster Güter, Rechte, Gülten, Zehnten und Zinse würde, bis in einzelne durchgeführt, nur ermüden, daher ich mich an dieser Stelle darauf be­ schränke, eine Zusammenstellung der Namen jener Orte zu bringen, an denen das Kloster teils längere, teils kürzere Zeit irgendwelche Güter, Rechte oder auch Hintersassen besafs: 3) Affalterbach (1425), Alstatt (1501), Auerbach (1522—25), Belching (1507), Breitenlohe (1480), Deiningen (1524), Dorfbrunn (1483), Ebenried (1485), Eibach (1483), Eismansdorf (1485), Eschenbach (1522—25), Fenbach (1387), Forchheim (1441), Galgenhof (1384), Godelndorf4) bezw. Gödeldorff, Gottelsdorf (1511), Hausen bei Altheim (1488), Hebleinsried (1485), Hegen­ bach (1510), Henfenfeld (1330, 55, 63, 87, 1408, 1494) 5), Hilpoltstein (1481, 1497), Iphofen (1406), Kirchsittenbach, 1) Roth S. 59 ff. 2) Abb. bei Roth auf der Tafel vor S. 103. Vgl. Roth S. 103; Murr S. 153 und sonst vielerorts. 8) Die Zahlen der Klammer bedeuten die Jahre der betreffenden Ur­ kunden. *) Roth S. 67. 5) Roth S. 67.

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Leutershofen (1416, 1480), Lind (1402), Lützelsdorf (1510), Mechelau (— 1483), Meckenhausen (1409, 48, 66), Möhrendorf (1387), Naterstorff (Notersdorff) (1427, 28, 83, 85), Neudorf (1488), Neundorf (1430)#, Niederndorf (1387), Niederpuchfeld (1485), Niederzaunsbach (Unterzaunsbach) (1489, 1513), Peunding (Peunting) bei Altdorf (1390, 1514), Pommer1) (seit 1483), Pretsfeld (1483) 2), Puchfeld (1483), Puschendorf (1489, 1514)3), Reckenhof (1507), Ristelbach (1514), Schnigling (1480), Schenprunn (1485), Schoppershof (1391), Mühle zu Seebach an der Rednitz (seit 1484), Seuckendorf, Tambach-Wannbach, Tendleins (1485), Treibberg (Triebberg) (1390), an der Truppach (1430), Ullstat (1406), Unterzaunsbach (Niederzaunsbach), Uttenhofen (1485), Waldhausen (1507), Wannbach (1430, 1501), Weigelshof (1390), Welckenbach (1387), Wenigenerlang (1387), Zaunsbach (1489, 1513). 4) Nach Ausscheidung solcher rein güterrechtlicher Urkunden erkennen wir etwa folgende Marksteine in der Entwicklung un­ seres Klosters bis zum Jahre 1525 : 1386 März 13. König Wenzel befiehlt dem Rat der Stadt Nürnberg, an Prior und Konvent von unser Frauen Kloster zu Nürnberg Cartäuserordens von der Reichsteuer 300 Gulden auf den nächsten St. Martinstag zu bezahlen. Dinstag nach *) Vgl. Chroniken Nbg. 2, 78. 2) Roth S. 70. 8) Müllners Annalen unterm Jahre 1380: »Anno 1489 haben Herman Winckler und Michel Pernolt die capell zu Buschendorf erbaut und dem cartäufsercloster die besetzung derselben aufgetragen, dann das ganze dorf dem closter zugehört. Sie ist ao. 1491 durch des bischofs zu Würzburg vicarium in geistlichen Sachen in st. Wolffgangs ehr geweihet worden. Darinnen hat Ursula, Berthold Teichslers wittib, eine ewige mefs gestiftet und die lehenschaft dem prior aufgetragen, das hat bischof Lorenz zu Würzburg confirmirt ao. 1513, und ist zu demselben ort, da dieselbe capell stehet, vor zeiten ein schlofs oder bürglich gebäu gestanden, wie dann der schlofsgraben noch vor äugen«. In der Folge hatte dann die Stadt den »Pfarreinsatz«. Vgl. Waldau, Nürnbergisches Zion. 1787, S. 81, die in einer Kopie erhaltene, 1514, Sambstag nach sant Margarethen-Tag dat. Urk. (Akt des Stadtarchivs, Hs. Nr. 539 d im kgl. Kreisarchiv): »Item in disem püchlein vindt man geschriben, wi und was die carteuser mit iren armen leuten zu Puschendorf glichlich und verainigung machen«. Roth S. 65, 68. Schornbaum, Aus der kirchlichen Vergangenheit Puschendorfs (Evangel Gemeindebl. f. d. Dekanats­ bezirk Nürnberg und Fürth 1900. Nr. 6—8). 4) Kuen., a. a. O., II, 236: »Coenobium quondam opulentum ac praeclarum fuit*.

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sand Gregorii tag. Orig.-Perg. mit anhangendem kgl. Majestäts­ siegel. *) 13 8 7 Mai 7 (»datum anno dni M°CCC°lxxx° septimo vero die mensis Maii. sedente nostro capitulo generali.«): Frater Johannes, humilis prior domus Cartusie, und die übrigen »diffinitores« des Generalkapitels bewilligen auf Bitten des Bruders Heinrich, Priors der Kartause zu Nürnberg (»celle beate Marie in Nürnberg nostri Cartusiens. ordinis«), dem Abte und dem ganzen Konvent des Marienklosters in Plangsteten, Benedictinerordens und Eichstätter Sprengels, für ewige Zeiten eine vollständige Teilnahme an allen geistlichen Gütern des Kartäuser­ ordens (»videlicet omnium missarum, oracionum, vigiliarum, abstinenciarum, elemosinarum, disciplinarum, laborum ac universaliter omnium bonorum spiritualium«) wegen der ihrem Orden und insbesondere dem Hause zu Nürnberg bewiesenen Gewogenheit (»exigente pie devotionis affectu, quem ad ordinem nostrum certis et veracibus experimur indiciis«). Ursprünglich mit dem Siegel der grofsen Kartause. l2) 1387 Aug. 13. Bischof Lampert von Bamberg erteilt der seiner Diözese angehörenden Kartause die bischöfliche Bestätigung und übergibt gleichzeitig dieser zu freiem Eigen des Marquard Mendels Lehen zu Erlangen, Henfenfeld, Fenbach, Wolkenbach, Niederndorf und Möhrendorf. 3) 1390 Mai 3. Johannes, Prior der grofsen Kartause, nimmt die Insassen des Zwölfbrüderhauses der Mendelstiftung in die Brüderschaft der Kartäuser auf. 4) 1390 Oktober 13 (d. d. »am nechsten Donnerstag nach sant Dyonisius tag, des heiligen marterers«): Revers des Priors Heinrich und des Konvents des Kartäuserklosters zu Nürnberg über ein Seelgerät und vier Gedächtnisse, welche dem Burg­ grafen Friedrich zu Nürnberg und seinen beiden Söhnen Johann und Friedrich, dann ihren Gemahlinnen, auch allen Vorfahren l) Urk. im k. allg. Reichsarchiv München, sign. K. 74, L, 1. Nürnberg X. 20. 1. Vgl. Müllners Annalen z J 1380: »König Wenzel hat dem closter von der stadt Nürnberg stadtsteuer jährlich 300 fl. zu reichen verschrieben«. a) Perg.-Urk im Archiv des Germ. Nationalmuseums #) K. Kreisarchiv Nürnberg: Kopie von 1816. Pap. Aus dem A. Bam­ berg 1883. Roth Nr. IX, S. 193. 4) Orig.-Perg. Stadtarchiv.

113 und Nachkommen im Burggrafentum jährlich gehalten werden sollen zur Erkenntlichkeit für die dem Kloster von Burggraf Friedrich geeignete Hälfte des Weigelshofs und 12 Morgen Acker hinten am Treibberg.*) 1390 Oktober 20 (»Onelspach am nechsten donnerstag Galli«): Eignungs- und Freiungsbrief Burggraf Friedrichs zu Nürnberg über den halben Weigelshof mit 12 Morgen hinten am Treibberg, welchen das Kartäuserkloster zu Nürnberg von Conz Haugen erkauft hat unter Ausbedingung eines ewigen Seelgerätes. *2) 1391 Februar 8 (»an dem aschtage«): K. Wenzel stellt der Kartause zu Nürnberg einen Freieignungsbrief aus über Güter bis zum Werte von 100 Gulden, welche das Kloster in der Folge kaufen oder von anderen Personen geschenkt erhalten würde. 3) 1401 Januar 19 (»am mitwochn vor sant Paulstag, als er bekert warte): K. Ruprecht erteilt einen Freieignungsbrief, wo­ nach die Kartäuser für ihr Kloster bis zum Werte von 100 Gulden Güter kaufen mögen. 4) 1407 April 21 (»am donerstag vor sant Georientag, des hailigen merterers«): K. Ruprecht erteilt dem Prior und Konvent der Kartäuser zu Nürnberg Befreiung von dem könig­ lichen Hofgericht oder Landgericht zu Amberg, Sulzbach, Urbach (Auerbach), Lengenfeld u. s. f., dermafsen, dafs sich das Kloster nur vor dem König, seinem obristen Hofmeister oder dem Rate zu Nürnberg zu verantworten brauche.5) 1422 Juli 10 (»des nechsten freitags nach sand Kilianstag«): Heinrich, der Prior, und der Konvent des Klosters »unser frauen zelle« zu Nürnberg, Kartäuser Ordens, ver­ pflichten sich, jährlich einen Gedächtnistag für Heinrich Geuder und seine Gattin Klara abzuhalten, wofür ihm Martin Geuder »Ausrichtung« getan hat.6)

') 2) 3) 4) 5) ß)

Orig, im k. allg. Reichsarchiv. Mon. Zoller. V, Nr. 261. Roth Nr. XI, S. 206. Mon. Zoller. Bd. V, Nr. 263. Roth Nr. XII, S. 209. Roth Nr. XIV, S. 215. Roth Nr. XVI, S. 218 ff. Org.-Perg. Nr. 8114 im Archiv des Germ. Nationalmuseums.

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114 1430 Juli 29 (»am samsztage nach sand Jacobstag«): Bischof Friedrich zu Bamberg eignet dem Kartäuserkonvent zu Nürnberg zwei lehenbare Wiesen an der Trubbach bei Wannbach.*) 1438 — — ein Kardinal Niclos gnt. (Nikolaus) erteilt dem Kloster viel Ablafs.12)* 1438 August 13 (ipso die sancti Ypoliti martiris«): Litterae reservales des Kartäuserklosters zu Nürnberg wegen eines ewigen Jahrtags für Bischof Albert von Eichstätt.8) 1440 Februar 28 (»Geben zu Amberg am suntage oculi in der vasten»): Pfalzgraf Johannes befreit des Kartäuser* klosters Leute und Güter von den Landgerichten zu Sulzbach, Auerbach oder Lengenfeld.4) 1451 April 16. (Nürnberg »die Veneris sexta decima mensis aprilis«). »Nicolaus, ecclesie sancti Petri ad vincula sacrosancte Romane ecclesie presbyter, cardinalis apostolice sedis, per Alemanniam legatus«, erteilt allen, die die Kapelle der zwölf Apostel bei den Kartäusern in Nürnberg besuchen und von ihrem Besitz spenden, hundert Tage Ablafs (Mit dem sehr gut erhaltenen Kardinalssiegel an roter Schnur).5) 1455 Februar 7 (»feria sexta post festum sancte Agathe, virginis et martiris«). Bruder Johannes, Prior, und der Konvent zu Marienzell Kartäuserordens zu Nürnberg nehmen die Äbtissin und den Konvent sowie den Prior und die Religiösen zu St. Salvator St. Brigittenordens in ihre Bruderschaft auf.6) 1467 — hat Petrus, cardinalis S. Vitalis und legatus a Latere, der damals gerade in Nürnberg war, dem Kloster viel Ablafs gegeben.7) Folgendes an sich nicht hieher gehörige Regest möchte ich wegen sonstigen Interesses hier einfügen: 1) Aus dem Kopeibuch des Bischof Friedrich zu Bamberg, Fol. 48. .Abschrift im Archiv des Germ. Mus. (Akt »Nürnberg. XIII. Klöster: Die Kartause 1303—1782«). 2) Müllners Annalen (zum Jahre 1580) und Roth S. 64. *) K. allg. Reichsarchiv. Org.-Perg. sig. No. 141-fasc. 103 (XVI 63/5). 4) Roth No. XX, S. 226. ö) Stadtarchiv. Org.-Perg. Müllners Annalen unter 1380. ®) Perg.-Urk. Nr. 2304 im Archiv des Germ. Museums. 7) Müllners Annalen unterm Jahre 1580; Roth S. 64.

115 1487 Januar 15 (Nürnberg — »am montag vor sant Anthonientag«). Georius Birkheimer, Prior, und der ganze Konvent des Klosters Maria-Zell Kartäuserordens zu Nürnberg verkaufen dem Kunz Scharpf, dem Schreiner, ein Haus in der Judengasse, an Mayer Johels, des Juden, Haus stofsend, mit Nebenhaus um 210 fl. rhein. unter der Bedingung, das Haus keinem Juden wieder zu verkaufen und einen jährlichen Eigenzins von 2 fl. Stadtwährung dem Kunz Behaim zu geben (Mit Prioren- und Konventssiegel). *) 1491 April 24. Papst Alexander VI. gibt den Kar­ täusern eine Bulle, dafs sie niemand betrüben soll bei Strafe des schwersten Bannes.*2) 1500 Oktober 9. Eine Verschreibung von Prior und Konvent des Kartäuserklosters in Nürnberg über jährlich 50 fl. von 1250 fl. Hauptsumme für Hans Thumer »mit verhenknus, gunst, wissen und willen des erwirdigen hern Johannsen, prior zu Erfurt, und hern Martins, priors zu Hessen, als obersten visitatorn des Ordens«.3) 1506 »hat Papst Julius II. den Carteusern verbotten, keine Weiber in ihre Kirchen gehen zu lassen«.4) 1509 — —: Franciscus, prior Cartusie majoris, und das Ordens-Generalkapitel erklären den Ritter Wolf von Parsperg, seine Ehefrau, Margarete von Wildenstein, und ihre Kinder Egidius, Haug, Margarete und Katharina wegen der Begünstigung der Kartäuser zu Nürnberg aller der Gottesdienste und Gebete teilhaftig, welche von dem Orden für Gönner gehalten zu werden pflegen.5) Den äufseren Frieden vermochte die weltabgeschiedene Kartause, von den mancherlei Kämpfen, die draufsen tobten, unangefochten, wohl zu erhalten. Wie viele indes in seinen Zellen gewohnt haben mögen, die hier herein ihren Zweifel, inneren Zwiespalt und selbst Streitgedanken geflüchtet, wer ver*) Archiv des Germ. Mus. Perg.-Urk. Nr. 7739. a) Roth S. 65. 3) Org.-Perg. im k. Kreisarchiv Nbg. S. VII, L. 115, Nr. 2. Rep. 17b. 4) Müllner beim Jahre 1380. Roth S. 66. 8) Orig.-Perg.-Urk. im Archiv des German. Museums Nr. 3442. Ver­ zeichnisse der Gultäter des Klosters gibt Roth namentlich auf Grund des Klosterbuches auf S. 70 bis 96.

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116 mag es zu sagen I Und dann kam die mächtige Bewegung, die selbst aus dem Klosterfrieden heraus gewachsen und geboren, auch vor Klosterpforten keinen Halt machte. In die Nürn­ berger Kartause trat die Reformation nicht unangemeldet. Unter den Männern, die hier in Nürnberg die in stiller Mönchszelle gewonnenen neuen Anschauungen von Gott, Welt und Kirche auch aus den Klostermauern hinaustrugen, begegnet uns der Name des Kartäuserkustos Franz Kolb.1) Dieser, ein geborener Badenser [1465 geb.], ursprünglich Prediger in Bern — deshalb auch immer »der Schweizer« genannt —, gehörte seit 1502 mit seinem Eintritt in eine schwäbische Kartause, in der er zwei Jahre zubrachte, dem Orden des hl. Bruno an, der ihn 1512 dem Nürnberger Kloster zuführte. Hier dem Studium der hl. Schrift obliegend, versah er als Kustos gleicherzeit mit Eifer des Klosters Predigtamt. Zu Luthers Schriften, die bald auch in der Kartause ihre Leser gefunden haben müssen, bekannte er sich öffentlich in seinen Predigten, bald freilich seine erklärte Anhängerschaft an die Schweizer Refor­ mation hervorkehrend, als der eifrigste Vertreter und Vorkämpfer derselben in unserer Stadt. Der grofse Zulauf, dessen sich der manchmal vielleicht zu heftige und allzu polemische Prediger erfreute, hatte für ihn eine Verfolgung von gegenreformatorischer Seite zur Folge. Der päpstliche Legat verlangte vom Rat die Verhaftung der entlaufenen Ordensgeistlichen, zu denen auch unser Franz Kolb gehörte, seit er am 26. Dezember die Kartause im Stiche gelassen und in dem dem Luthertum zugetanen Augustinerkloster fürs erste Unterkunft gefunden hatte. Der Rat nahm nun wohl die vom Legaten angegriffenen Geistlichen und Ordensleute in Schutz, es scheint aber, dafs ihm daran, gerade Kolb zu halten, am wenigsten gelegen war. Dieser zog es auch vor, freiwillig zu scheiden und sich um die Mitte des Jahres 1523 Wertheim zuzuwenden.2)

*) Kreisarchiv Nbg. Akt. SI, L 103, Nr. 3. Ygl. Ludwig Eissenlöffel, Franz Kolb, ein Reformator Wertheims, Nürnbergs und Berns. Erlanger Diss. 1893. 86» insbesondere S. 7—8, 17—21, 44 ff., 53 :* Frageartikel des Nürnberger Rats an Franz Kolb über dessen religiöse und politische Stellung und Kolbs Antwort mit Gutachten der Prediger. 2) Eissenlöffel a. a. O. 55. Roth, Einf. d. Reform, in Nbg., in.

117 Aufser Kolb und dem Kartäuserprediger Johann Heberlein erscheint bald unter den ersten Bekennern der neuen Lehre in der Kartause der Prior Blasius Stöckel1) selbst. Er entstammte einer Familie, die sich rühmte, zu Ulm und Geislingen des Rats und Gerichts gewesen und in Nürnberg mit den edlen Geschlechtern verschwägert zu sein.2) Schon bevor er Prior geworden (1524), hatte sich Stöckel als Prediger offen zur Lehre der Reformatoren bekannt3), nun nahm er mit um so gröfserer Energie, nur von wenigen unter­ stützt, den Kampf gegen des Klosters Traditionen auf* Es galt für ihn, »seinen Kartäusermönchen den Sack, darein sie bis­ her ihre gute Werk cumuliert und nach der Ellen verkauft oder unserm Hergott geschenkt, aufzutrennen«,4) im letzten Grund also eine freiwillige Übergabe des Klosters unter gewissen Beding­ ungen an den Rat herbeizuführen.5) Den Nürnberger zweiten evangelischen Ratschlag (1524) hat Kolb unterschrieben.6) Indes wehrte sich die immerhin starke Gegenpartei im Kloster, die bei der grofsen Kartause Klage gegen ihren Prior führte und auch deren Einschreiten zu erwirken wufste* So kamen denn Dezember des Jahres 1524 etliche Visi­ tatoren aus anderen Klöstern des Ordens nach Nürnberg. Die Absetzung des ketzerischen Priors war beschlossene Sache* Dieser seinerseits suchte sich hinter dem Rat zu decken, indem er demselben seine Bereitwilligkeit anzeigte, mit den Visitatoren der von ihm vertretenen Lehre halber zu disputieren. In der Tat übernahm der Rat diese Vermittlung, trat auf das herz­ lichste für den Angegriffenen ein und wünschte seinerseits dann zu diesem Religionsgespräch den Abt von St. Egidien, die zwei Pröbste, die Obern aller Klöster und sämtliche Prediger hiezu abzuordnen. 7) l) Müllners Annalen zum Jahre 1525. Würfel, Diptycha: St. Jacob, S. 26—28 und Beschreib, der Klöster und Kapellen in Nbg. S. 56. Roth, Kartause, 118 ff. Schornbaum, Stellung des Markgrafen Kasimir. 1900. S. 182 Anm. 169 und 170, Beilage II, S. 308. а) Wappenbuch. Hs. 7178 in der Bibi, des Germ. Mus. (Fol. 835). s) Müllner, Annalen z. J. 1525. 4) Ratschlagbuch Nr. 4, S. 180. 5) Vgl. Roth, Einf d. Reform, in Nbg., S. 186. б) Schornbaum a. a. O. 308. 7) Ratsverlafs 1524 Dez, 24. und Müllners Annalen z. J. 1525.

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Die Visitatoren ihrerseits gaben die ausweichende Er­ klärung ab, dafs sie hierauf nicht so ohne weiteres einzugehen vermöchten, da sie doch deswegen nicht nach Nürnberg ge­ kommen wären und hierin erst den Bescheid der grofsen Kartause abwarten müfsten. *) Dieser liefs nicht lange auf sich warten und ging kurz dahin, dafs Stöckel von seinem Priorat weichen und in die »Kartausen im Schwarzwald« gehen sollte. Inzwischen hatte aber der Prior sich nicht irre machen lassen, seine Überzeugung weiter vertreten, gestützt auf die kleine Partei der zu ihm sich haltenden Mönche und vor allem auch auf die seiner Bitte entsprechende nachdrückliche Unter­ stützung des Rats, der als des Klosters Schutzherr dem Kon­ vent befahl, mit der Wahl eines neuen Priors einzuhalten. *2) Blasius wurde vielmehr als Prior bestätigt und ihm überdies die Verwaltung des klösterlichen Einkommens von Rats wegen übertragen. 3) Ja man ging noch weiter: Dem Gutachten des Ratskonsulenten Dr. Michael Marstaller4) folgend, war man am Werk, die entschiedensten Gegner des beliebten Pre­ digers einfach unschädlich zu machen. Dem »alten Vater« Martin, 5) dem Führer der katholischen Partei im Kloster, wurde als einem Ruhestörer bedeutet, er habe binnen 3 Tagen Kloster und Stadt zu verlassen. 6) Begreiflicherweise gab sich der Gegner nicht gleich verloren. Martin erklärte unter anderem, er wäre doch kein Mörder, Dieb oder Schelm, dafs man so mit ihm umgehe, auch hätte der Rat ihm als einem Geistlichen nichts zu gebieten, das Kloster stünde eigentlich auf markgräflichem Grund u. s. f. Die Schaffer und Bruder Endres erschienen vor dem Rat und versuchten den P. Martin zu halten oder doch die Frist verlängert zu bekommen, mufsten aber unverrichteter Dinge umkehren. 7) Es blieb ihm nichts anderes übrig, als schliefslich doch der Gewalt zu weichen und die Stadt zu verlassen. Inzwischen nahm nun auch der *) *) 8) 4) 5) 6) 7)

Ratsverlafs 1524 Dez. 24. Ratsverlafs 1524 Dez. 24. und Müllner a. a. O. Würfel, Diptycha a. a O., S. 27. Roth, Kartause, S. 119. Kreisarchiv Akt S I, L 103, Nr. 3. Ratsverlafs 1525 Januar 14. Ratsverlässe, a. a. O., S. 10a.

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Rat Veranlassung, seinerseits eine Visitation1) der Kartause vorzunehmen und bestimmte für dieselbe eine Kommission, be­ stehend aus dem Abt von St. Egidien, dem Prediger von St. Sebald, Dr. Scheurl und Bernhard Paumgartner, welche den ganzen Handel, die Sache des Blasius wie die Einwände und Anfeindungen der Mönche gegen ihn, untersuchen sollten. Bald darauf sandte der Rat zwei gelehrte Ordensmänner, den Prediger aus dem Egidier- und den Prior vom Augustiner­ kloster, in die Kartause mit der Weisung, die Mönche dazu zu bringen, Stöckels evangelische Predigten anzuhören. 3) Die Mönche erklärten, 2) mit Stöckel als Prior unmöglich weiter Zusammenleben zu können. Blasius, nicht Martin sei es, der den Unfrieden ins Kloster gebracht. Er schände und ver­ damme ihren Orden, der ihm den Bauch fülle, und schelte ihr Leben unchristlich, wider göttliche und brüderliche Liebe, darin er doch mit Gewalt wolle Prior sein. Er sei es, der den Orden und sie verfolge, schände und Statuta laceriere, sich wider seine Obrigkeit und Observanz setze, er sei kein Kartäuser mehr, ob er gleich die Kutte trage u. s. w. Er sowohl müsse also aus dem Kloster scheiden wie die zwei jungen Geistlichen, Herr Wolf und Herr Hans, »seine Anhänger, die wider Ordens Gebrauch in die Stadt laufen, in Gestalt zum Wort Gottes, da sie doch genug im Kloster haben Tag und Nacht und dessen nicht grofs achten, und sie, die Alten und Kranken, die Zeit im Chor müfsten singen und Messe lesen, indes die Jungen und Wohlgestimmten sie verliefsen und allein zum Essen wider heim kämen und wenig täten denn essen, trinken, schwatzen, umherlaufen und Unruh machen«. Auf keinem Wege werde man ihnen einen solchen Prior aufdringen können. Die altgläubige Partei beharrte bei ihren Vorsätzen und bald erschienen auch die Visitatoren wieder mit der Vorstellung, der Rat möge das alte Verhältnis wieder herstellen und sie an der Durch­ führung des ihnen von ihren Obern gewordenen Auftrags ferner­ hin nicht hindern. An der Spitze des Klosters erscheint nun in der Folge Georg Koberer von Würzburg als rector coenobii. x) Ratsverlafs 1525 Jan. 26. (S. 18b.) 2) Müllner a. a. O. — Ratsverlafs 1525 Febr. 25. 8) Akt S I, L 103, N. 3 (Kreisarchiv).

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Der Rat aber hinwiederum liefs ihnen anzeigen, sie sollten ohne sein Vorwissen nichts vornehmen, denn er wäre Schutz­ herr über dieses Kloster. Im Fall nun der Rat befinden würde, dafs ihre Handlung zu christlicher Einigkeit und zu Ausbreitung christlicher Lehre gereiche, wollten sie sich auch darnach halten.x) Damit war denn jeder ernstliche Widerstand der Gegner gebrochen. Der Konvent beschlofs die Ablegung der Ordens­ kleider und »mit Essen und Trinken und anderer Ordnung sich der evangelischen Lehr gemäfs zu erzeigen«. *2) Nur ein ein­ ziger Mönch, Simon Reuter, der älteste Insasse des Klosters, brachte es, seiner Regel getreu, auch jetzt nicht über sich, dem Vorgehen der übrigen sich anzuschliefsen. Augustiner und Karmeliter waren mit der Übergabe ihrer Klöster an den Rat schon vorangegangen, als am 14. Juni 152 5 3) auch Prior und Konvent der Kartause ihm ihr Gesuch über­ antworteten, das Kloster mit seinen Gütern und Einkünften in den 1522 neu begründeten »Almoskasten« aufzunehmen. Das »hell und lauter Wort Gotts« hätte ihnen die falschen Wege aufgedeckt, auf denen sie als ?eigennutzsüchtige Kartäuser«, »so allein leibliche Ruhe und bäuchliche Fülle hier innen ge­ sucht«, gewandelt wären, nun sei der Rat als »zeitliche von Gott gesetzte Obrigkeit und Testamentsvollzieher schuldig aus christlicher und väterlicher Pflicht, den Irrtum abzutun« und des Klosters Hab und Gut, wie dies doch im letzten Grund des Stifters Absicht gewesen wäre, »den armen Leuten zuzu­ stellen«. Diese Verhandlungen zwischen Rektor, Prior und Konvent einer- und dem Rat andererseits führten endlich zur wirklichen Übergabe vor sitzendem Stadtgerichte am 9. November 1525 (»am mittwochen nach sand Leonhartstag«). Die unter diesem Datum hierüber ausgefertigte Urkunde 4) mit des Gerichts zu Nürn­ berg anhangendem Siegel wiederholt die bei dem vorgenannten *) *) 8) 4)

Müllner a. a. O. Müllners Annalen z. J. 1525. Perg.-Urk. im kgl. Kreisarchiv Nürnberg. Orig.-Perg. im k. Kreisarchiv Nürnberg (S VII, L. 4, Bd. 10, Nr. 5). Die Urkunde ist bis jetzt imgedruckt (auch Roth übernahm lediglich den Müllnerschen Auszug) und soll daher im Text anhangweise beigefügt werden.

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Ansuchen bereits geltend gemachten Beweggründe, betont also vor allem die Gefahr des Klosterlebens für die Seligkeit, das gleicherweise die Seelen der Stifter und der Mönche sich in falscher Ruhe einwiegen lasse. *) In der Urkunde nennen sich selbst folgende Mönche: 1. Georg Koberer, Rektor. 2. Sebastian Norprecht (Nortbrehht, Notbrecht). 3. Sixtus Ölhafen, Schaffer. 4. Georg Kraberger. 5. Wolfgang König. 6. Johannes Wullweber. 7. Wolfgang Settelstat, Kustos. 8. Blasius Stöcklein, Prediger. 9. Bruder Endres Amlinger. 10. Bruder Jobst Widmann. 11. Bruder Lorenz Mertz. 12. Bruder Ludwig Finck und 13. Hugo Schnitzler, Vicarius. Sie alle hatten jetzt zu bedenken und auch bedacht, wie sich ihr zukünftiges Leben gestalten solle. Diese Erwägungen finden als vertragsmäfsige Bestimmung ihren Niederschlag auch in unserer Urkunde. Die tauglichen Mönche sollten in Stadt oder Land als Pfarrer, Prediger und Kapläne Verwendung finden, die Unvermöglichen oder Un­ tauglichen aber auf Kosten des grofsen Almosens erhalten, die Heirat des einen oder anderen erleichtert und jedem das zu­ teil werden, was er in seiner Zelle oder sonst in Gebrauch hätte, »als Kleider, Bettlein, Büchlein und dergleichen Gerät«. Dazu solle der Rat bei jeder Anfechtung dieser Übergabe auch sie vertreten. Dies die Bedingungen des Konvents, die der Rat übernommen. Die drei Laienbrüder Jobst, Lorenz und Ludwig hatten sich mit Geld abfinden lassen, von den übrigen ist fast stets berichtet, dafs sie »ein Weib genommen«. Der bisherige Rektor des Klosters wurde nun Haushalter und blieb dies 8 Jahre lang. Der Schaffer Sixt Ölhafen, der sich verheiratete, wurde 1534 gleichfalls Haushalter. *2) Stöckel3) blieb seinem Predigerberufe treu, heiratete, war zunächst Früh­ messer in Heroldsberg, dann Pfarrer ebenda und starb nach mancherlei Amtsveränderungen 4) erst 1556, am 8. April, als *) Vgl. Roth, Kartause (nach Müllner), S. 121. Über die in der Kartause aufgefundene Weissagung s. Roth, Einf. der Reform., S. 218 m. Anm. 2) Müllners Annalen zum Jahre 1380. 3) Vgl. Diptycha: Nürnbergische Herren Mittag-Prediger bei St. Jacob. 5. 26—28. 4) Müllner (Annalen unterm Jahre 1380) berichtet: »Unter diesen ordenspersonen ist Blasius Stöckel ein Schulmeister und nachmals ein Stadtschreiber in einem kleinen städtlein, Johann Wullweber ein neberschmid worden«.

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Mittagsprediger bei St. Klara. Wullweber erwählte das Hand­ werk eines Neberschmieds.*) Ausdrücklich ausgenommen hatten die letzten Kartäuser »in ihrer Donation« ihren ehemaligen Mitbruder Franz Kolb*, *2) erst späterhin wird ein Anrecht des­ selben an das Almosen anerkannt und ihm eine Summe aus­ gehändigt. Die gereizte Stimmung, die eben doch einem kleinen Kreise überzeugungstreuer Anhänger der alten Lehre verblieben, spricht noch aus den Schlufsbetrachtungen unseres Kloster­ chronisten, der, auf mehrere Stellen in den Büchern der Mak­ kabäer hinweisend, in die Klage ausbricht: 3) »Also ists auch ergangen vor äugen und wirt werden mit der cartaus, dan itzo nichts darinnen ist dan Verachtung und Verunreinigung der haiden, nichts dan fressen, saufen, spülen, tanzen, alle Un­ zucht, schweren, schelten, er abschneiden und nichts guts, da­ vor singen, lesen, contempliren, predigen, fasten, peten upd andere Übung geschehen«. Und damit allein tröstet er sich und die anderen, dafs »got wirt den guten fürsatz der Stifter und so vil guts, so da geschehen, nit vergeblich lassen sein und die stet, so ain mal seinen namen und lob geheiligt, nit alweg in so gotlosen leben wie itzt ligen lassen, sonder etwas pessers mit schaffen, obs gleich kein cartaus wirt; wie wols auch mit unrat vermischt und warlich uberal mue ist«. Mit der Übernahme der Kartause durch den Rat be­ gannen auch gleich einzelne Veränderungen, die zusammen doch das Bild der alten Anlage merklich verschoben. Namentlich der Klostergarten wurde stark beeinträchtigt, indem man 1528 »einen Teil zur Gemein gemacht und den Bürgern erlaubt hat, Häuser darauf zu bauen und jedem noch drei Schuh gegen der Stadtmauern Platz geben«. Bäume und Weinstöcke des Gartens mufsten fallen, um einer neuen Gasse, die neben der Grasers­ gasse laufen sollte, Platz zu machen.4) Aus dem stehengebliebenen Garten führte man 1530 für die Tuchmacher etliche »Rahmen« *) Neber — eine Sorte kleiner Bohrer (Schmeller I, 1713). 2) Ratsverlässe 1525 Dezember 15 und 23. Vgl. Eissenlöffel a. a O. S. 53 und 126. 3) Hs. 21 im k. Kreisarchiv Nürnberg. Fol. 59b. 4) Roth, Kartause, 126.

123 bis zur Kapelle hin.*) Neben dieser erstand nun ein Tor und auch von der Grasersgasse her eröffnete sich ein neuer Zu­ gang. *2) In die eigentlichen Klosterräume aber zogen jene Mönche der aufgehobenen Klöster ein, denen bis zu ihrem Tod die Verpflegung aus dem Almosen gewährleistet war. Die Be­ nennung »bei den Kartäusern« erhielt sich als Lokalbezeich­ nung für die Nachbarschaft des einstigen Klosterareals bis in unsere Zeit. Die nicht geringe Bibliothek der Kartause kam mit den anderen Klosterbibliotheken ins Predigerkloster und wurde so ein Bestandteil der späteren Stadtbibliothek.3) Dafs der Orden ohne ein Wort zu verlieren den Verlust einer Kartause verschmerzen würde, dürfte der Rat wohl kaum angenommen haben, immerhin dauerte es doch mehr als 20 Jahre, bis beide Parteien wieder aufeinanderstiefsen. Die Seele jener Bestrebung, das Nürnberger Kloster dem Orden wiederzugewinnen, war der Provinzial und Visitator Theodoricus von Strattheim. Es haben sich, berichtet Müllner zum Jahre 1548, »difs Jahr, den 10. September, so ein Sonntag gewest, 2 Kartäusermönche, im Namen ihres Provinciais und Visitatorn, Theoderich von Strattheim, bei dem Bürgermeister angemeldet und begehrt, ihnen das Kartäuserkloster, so gedachtem Provincial zuge­ hörig, wieder einzuräumen«. Ein Schreiben4) ihres Obern, das sie überreichten, vergafs nicht die Drohung mit dem Interim und der »Reformation zu Augsburg im Reichstag in Druck aus­ gangen«, auch nicht den Hinweis, dafs eine Klage auf einem Reichstag am Ende schneller zum Ziel geführt hätte, aber dem Rate solche Rücksicht im Vertrauen auf sein Entgegenkommen geübt worden wäre. Er selbst, Strattheim, würde dann fünf Ordensleute senden, die er dem Rat als würdigste künftige Insassen preist: »Erliche, gelerte und frome, erfarne personen, nemblich einen prior, hab in in ainem andern haus absolviert, und meins gotzhaus Schaffner, sein beide vor jaren Chorherren *) Müllners Annalen. 2) Roth a. a. O. 8) Ein in den Jahren 1554—55 aufgestellter Katalog hat sich erhalten und findet sich abgedruckt als Beilage XXX bei Roth S. 259—88. Das Original in 40 befindet sich als Catalogus librorum