Literaturwissenschaftliches Jahrbuch: 11. Band (1970) [1 ed.] 9783428423996, 9783428023998

Das Literaturwissenschaftliche Jahrbuch wurde 1926 von Günther Müller gegründet. Beabsichtigt war, in dieser Publikation

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Literaturwissenschaftliches Jahrbuch: 11. Band (1970) [1 ed.]
 9783428423996, 9783428023998

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LITERATURWISSENSCHAFTLICHES JAHRBÜCH IM AUFTRAGE DER GÖRRES-GESELLSCHAFT HERAUSGEGEBEN V O N PROF* DR. H E R M A N N K U N I S C H

N E U £ FOLGE / ELFTER

BAND

1970

Das ,Literaturwissenschaftliche Jahrbuch' wird im Auftrage der Görresgesellsdiaft herausgegeben von Professor Dr. Hermann Kunisch, 8 München 19, NürnbergerStraße 63. Schriftleitung:

Professor

D r . W o l f gang F r ü h w a l d ,

89 Augsburg,

Nesselwanger-

straße 18 und D r . Günter N i g g l , 8 München 19, Löfftzstraße 1.

Das ,Literaturwissenschaftliche Jahrbuch* erscheint als Jahresband jeweils im Umfang von etwa 20 Bogen. Manuskripte sind an den Herausgeber zu senden. Unverlangt eingesandte Beiträge können nur zurückgesandt werden, wenn Rückporto beigelegt ist. Es wird dringend gebeten, die Manuskripte druck fertig, einseitig in Maschinenschrift einzureichen. Den Verfassern wird ein Merkblatt für die typographische Gestaltung übermittelt. Die Einhaltung der Vorschriften ist notwendig, damit eine einheitliche Ausstattung des ganzen Bandes gewährleistet ist. Besprechungsexemplare von Neuerscheinungen aus dem gesamten Gebiet der europäischen Literaturwissenschaft, einschließlich Werkausgaben, werden an die Adresse der Schriftleitung erbeten. Eine Gewähr für die Besprechung kann nicht übernommen werden. Verlag: Duntker & Humblot, 1 Berlin 41 (Steglitz), Dietrich-Schäfer-Weg 9

LITERATURWISSENSCHAFTLICHES JAHRBÜCH ELFTER

BAND

Eigenhändiger Brief Wolfgang H e l m h a r d von Hohbergs an Sigmund v o n Birken

LITERATURWISSENSCHAFTLICHES JAHRBUCH I M AUFTRAGE DER GÖRRES-GESELLSCHAFT HEUAUSGEGEBEN VON H E R M A N N

N E U E FOLGE / ELFTER

KUNISCH

BAND

1970

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Schriftleitung; Wolfgang Frühwald und Günter N i g g l

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung für sämtliche Beiträge vorbehalten © 1971 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1971 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany I S B N 3 428 02399 4

INHALT AUFSÄTZE Urs Herzog (Zürich), Jakob Gretsers Leben und Werk. Ein Uberblick

1

Martin Bircher (Montreal), Wolfgang Helmhard von Hohberg (1612—1688). Briefe und frühe Gelegenheitsdichtungen

37

Elisabeth Stopp (Cambridge), A romantic reaction to ,Die Wahlverwandtschaften': Zacharias Werner and Goethe

67

John Fetzer (Davis, Calif.), Old and new directions in Clemens Brentano research (1931—1968)

87

Annelise Raub-Domnick (Münster in Westf.), Friedrich Carl von Savigny an seine Kinder Bettina und Leo. Zwei Dokumente aus den Jahren 1821 und 1836

121

Konrad Kienesberger Hugo

189

(Kremsmünster), Zum Problem des Übels bei Victor

Ingrid Schuster (Montreal), Theodor Storm und E. T. A. Hoffmann

209

Margarete Kupper (Würzburg), Der Nachlaß Else Lasker-Schülers ( I I I ) . Epistolographie (I): Register der veröffentlichten und der unveröffentlichten Briefe von Else Lasker-Schüler 225 Hansjörg Dörr (Frankfurt am Main), Thomas Mann und Adorno. Ein Beitrag zur Entstehung des ,Doktor Faustus'

285

Ludo Verbeeck (Leuven), Literarkritische und zeitkritische Aufsätze von Konrad Weiß 323 Paula Sack (Gräfelfing), Das Gustav-Sadt-Ardiiv (II). Ein Nachlaß-Bericht

357

Helmut F. Pfanner (Durham, New Hampshire), Der Nachlaß Oskar Maria Grafs in New York

369

Bruno Hillebrand (Mainz), Beckett und die Konsequenzen

387

BUCHBESPRECHUNGEN Harald Weinrich , Linguistik der Lüge. (Von Sigbert Latzel)

399

Mondsee-Wiener Liederhandschrift aus Codex Vindobonensis 2856. Wissenschaftlicher Kommentar Hedwig Heger. (Von Franz Viktor Spechtler) 403 Xenja von Ertzdorff , Rudolf von Ems. Untersuchungen zum höfischen Roman im 13. Jahrhundert. (Von Gabriele v. Malsen) 410 Helmut Brackert , Rudolf von Ems. Dichtung und Gesdiidite. (Von Gabriele v. Malsen) 410 Helmut Arntzen y Die ernste Komödie. Das deutsche Lustspiel von Lessing bis Kleist. (Von Leonhard M. Fiedler) 418

VI

Inhalt

Ruth. J. Kilchenmanriy Josef Donnenberg)

Die Kurzgeschichte.

Formen und Entwicklung. (Von 425

Friedrich Leopold Graf zu Stolberg y Numa. Ein Roman. Herausgegeben von Jürgen Behrens. (Von Henning Boetius) 428 Paul Konrad Kurz y Künstler. Tribun. Apostel. Heinrich Heines Auffassung vom Beruf des Dichters. (Von Norbert Altenhofer) 429 Claude R. Owen y Heine im spanischen Sprachgebiet. graphie. (Von Norbert Altenhofer)

Eine kritische Biblio436

Georg Büchner, Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe mit Kommentar. Herausgegeben von Werner Lehmann. (Von Jürgen Behrens) 438

NACHWEIS DER A B B I L D U N G E N Titelbild: Eigenhändiger Brief Wolfgang Helmhard von Hohbergs an Sigmund von Birken. Im Besitz des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg, dessen Direktion wir für die Genehmigung des Abdruckes danken. Nach S. 162 u. 172: Friedrich Carl von Savigny, [Schreiben an Bettina (1821)], S. 1 und ,Zur Erinnerung für Leo an die Osterzeit 1836', S. 1. Beide Dokumente sind im Besitz der Universitätsbibliothek Münster, deren Direktion wir für die Reproduktionserlaubnis danken.

J A K O B GRETSERS L E B E N U N D W E R K E i n Oberblick* V o n Urs Herzog Profecto libros ejus specula appellare possisy in quibus vitae suae et morum effigiem clare relucentem orbi reliquit 1. I.

Humilitas

Die Geschichtsschreibung der Societas Jesu kann sich bereits für die Gründerzeit auf die zuverlässig detaillierten Annalen der Ordenshäuser u n d -provinzen beziehen. Für einzelne, selbst bedeutendste ihrer Mitglieder aber ist das Quellenmaterial ungleich spärlicher. Petrus Faber oder Petrus Canisius, deren Gestalt bis ins Intime faßbar ist, sind seltene Ausnahmen. * Der vorliegende Aufsatz ist als Ergänzung meines Buches Jakob Gretsers „Udo von Magdeburg" 1598. Edition und Monographie' (Quellen und Forschungen 33, Berlin 1970) gedacht. Daß er, an dieser Stelle, vor einem größeren, allgemeiner interessierten Publikum erscheint, rechtfertigt sich insofern, als Gretsers Lebenswerk, in seiner polyhistorischen Ausfächerung hier nur umrissen, eine kultur- und geistesgeschichtliche Bedeutung zu erkennen gibt, die es nicht verdient, von der Historie der beginnenden Gegenreformation fast oder gar völlig unbeachtet zu sein. Zur nötigsten bibliographischen Vororientierung: Gretsers 17bändiges Gesamtwerk ist zwischen 1734 und 1741 in Regensburg verlegt worden: Jacobi Gretseri Societatis Jesu theologi Opera O m n i a . . . (sumpt. Joannis Conradi Peez, et Felicis Bader) (zit. Gretser, Opera). Eine Bibliographie der bis 1610 im Druck erschienenen Werke hat Gretser selbst erstellt (darin „Lectori": » . . . non ad vllam nominis mei gloriolam, sed ad laudem eius, à quo descendit omne datum optimum y et omne donum perfectum"): Catalogus librorum, quos Iacobus Gretserus Societatis Iesu evulgavit, usque ad octobrem Anni 1610... Ingolstadii. 1674 hat Georg Heser S. J. in München eine Gretser-Bibliographie erscheinen lassen. Gewürdigt wird Gretser im 18. Jahrhundert bei: Johann Heinrich Zedier, Grosses vollständiges Universal Lexicon, Bd. X I , Halle und Leipzig 1735, Sp. 864—868; Christian Gottlieb Jöcher , Allgemeines Gelehrten-Lexicon, 2. T., Leipzig 1750, Sp. 1173—1175 (Sp. 1173 ist Gretsers Geburtsdatum fälschlicherweise mit 1560 angegeben). Das umfänglichste Verzeichnis der Werke Gretsers bietet noch immer: De Backer-Sommer vogeU Bibliothèque de la Compagnie de Jésus, Bruxelles—Paris 1892ss., tom. I I I , col. 1743—1809 (zit. Sommervogel). — Häufig hält sich der Verf. hier an Anton Dürrwächtery Jakob Gretser und seine Dramen. Ein Beitrag zur Geschichte des Jesuitendramas in Deutschland, Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes, Bd. I X , Freiburg i. Br. 1912 (zit. Dürrwächter). 1 Gretser, Opera I, p. V I I . 1 Literaturwissenschaftliches Jahrbuch, 11. Bd.

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Urs Herzog

Es fehlt neben diesbezüglichen sekundären Zeugnissen vor allem an autobiographischem Material und Briefen 2 . Daß dieser Umstand der Quellennot für die betreffenden Persönlichkeiten und überhaupt für das Selbstverständnis des Ordens bezeichnend und primär keineswegs zeitbedingt ist, macht ein Vergleich m i t dem Humanismus und Späthumanismus i n Deutschland deutlich: „ D i e Tausende, die eindeutig zur Schicht der g e l e h r t e n ' gehörten, haben mit größter Genauigkeit über sich und ihre Schicht Aufzeichnungen gemacht. I h r Standesgefühl, ihr Selbstbewußtsein, ihr Stolz, ihre Ruhmsucht, ihre Eitelkeit und ihre literarische Einstellung dem Leben gegenüber hatten zur Folge, daß sie über sich und über ihre Freunde, über alle, die Gelehrte waren, und alles, was ihren Stand betraf, Buch führten." 3 Uberzeugt von der eigenen historischen Bedeutung, ist man m i t allen M i t t e l n bemüht, sich späteren Zeiten gebührend i n Erinnerung zu bringen. Neben Autobiographie, Tagebuch, Schul-, Hochschul- und Kirchenakten w i r d v o r allem der literarische, gelehrte und ebenso der freundschaftlich private Brief zum Vehikel persönlichen Prestiges. A n Cicero und Seneca neu geschult, n i m m t man sich dabei Petrarca und, i n direkter Nachfolge, Enea Silvio Piccolomini zu Vorbildern 4 . So sind nicht nur die Lebensläufe der Exponenten, sondern auch die von zweit- und drittrangigen Humanisten zum größten Teil sehr gut bekannt. V ö l l i g anders liegen die Verhältnisse für Jakob Gretser, dessen R u f als Theologe und Gelehrter zu Lebzeiten und weit darüber hinaus i n beiden Konfessionslagern Deutschlands ungemein groß war. Denn: „ C u m talis tantusque esset i n existimatione V i r o r u m Principum, cum tanquam oraculum passim consuleretur, cum maximam apud externos aequfe, ac domesticos venerationem obtineret, omnem tarnen superbiam, et magnos, quibus docti vulgö tument, spiritus adeö compressos habuit, ut nemo inter Religiosos i l l o 2 Bernhard Duhr, Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge Bd. I (im X V I . Jahrhundert), Freiburg i. Br. 1907, weiß darüber zu klagen in der Einleitung zu seinen ,Charakterbildern' (S. 755). 3 Erich Trum, Der deutsche Späthumanismus um 1600 als Standeskultur, in: Deutsche Barockforschung, hrsg. v. R. Alewyn, Köln/Berlin 1965, S. 147—181 (S. 158). 4 Als erster sammelt, redigiert und ediert Petrarca mehrere Briefsammlungen. Über Enea Silvio spricht Richard Newald, Probleme und Gestalten des deutschen Humanismus, Berlin 1963, S. 203. Maßgeblich für die humanistische Epistolographie des 16. Jahrhunderts ist vor allem auch des Erasmus (innerhalb achtzig Jahren mehr als achtzig Mal neu aufgelegtes) ,De conscribendis epistolis opus' (vor 1500 entstanden, in Basel 1522 gedruckt). Dazu Johan Huizinga, Europäischer Humanismus: Erasmus, Hamburg 1958 (übers, v. Werner Kaegi), S. 87 f. — Zu einer eigenen, von den Lateinern, vorab von Cicero (,Epistolae familiares') bezogenen Kunst des Briefes kommen bereits im Hochmittelalter vereinzelte Ansätze vor (— auch die, eben für die Renaissance-Humanisten dann typische Literatureitelkeit schon). Vgl. Richard Newald, Nachleben des antiken Geistes im Abendland bis zum Beginn des Humanismus, Tübingen 1960, S. 296 und 318.

Jakob Gretsers Leben und Werk

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modestior humiliörque; ita ut qu6 excelsior aliis videbatur, tantö ipse abjectorem se haberet, ac v i l i o r e m . " 5 Als Beispiel solch außerordentlicher humilitas berichtet Gretsers Biograph, wie die Bürgerschaft seines Geburtsortes u m ein Porträt ihres berühmten Sohnes gebeten und zur A n t w o r t erhalten habe: man möge besser das B i l d eines Esels anbringen. Weniger drastisch, doch um so erstaunlicher für einen damaligen Literaten: Gretser soll i n seiner Bescheidenheit den Wunsch geäußert haben, seine Arbeiten anonym zu veröffentlichen. I n Anbetracht der „temporum ratio et rei necessitas" 6 wollte die Ordensleitung dem nicht willfahren. Wie wenig kontrollierbar dieser Attest völliger Selbstlosigkeit auch bleibt, auffällig ist jedenfalls, wie Gretsers Person i n den wenigen „privaten" D o kumenten, vor allem i n den erhaltenen Briefen an Mathäus Rader S. J. 7 und den Ubersetzer seiner Schriften, Carolus Stengelius OSB i n Augsburg 8 , ganz zurücktritt. Hastig hingeworfen, i n späteren Jahren immer fahriger und fast unleserlich gekritzelt, enthalten sie — ohne jede persönliche N o t e oder gar jene Herzlichkeit, die sich Bidermann oder Drexel mitunter gestatten — 9 rein Geschäftliches: Bestellungen von Büchern, Nachfragen wissenschaftliche Arbeiten betreffend, Anweisungen für Drucke oder Ubersetzungen und ähnliches. Es sind sachliche, schmucklose Briefe, ganz für den Tag, keine literarischen Vermächtnisse für die Nachwelt. — Geistliche Tagebücher oder sonstige autobiographische Aufzeichnungen sind von Gretser keine erhalten. Unter diesen dürftigen Voraussetzungen für eine biographische Erfassung müssen w i r uns — m i t allen älteren Darstellungen i n Lexika und kleineren Monographien — begnügen, die wenigen Daten und Hinweise aus der Einleitung „ D e vita, virtute, et doctrina venerabilis P. Jacobi Gretseri S. J." zum ersten Band der Gretserschen Gesamtausgabe zu referieren. Mehr als hundert Jahre nach seinem Tode war die lebendige Erinnerung bereits verblaßt, so daß hier mehr von „virtus et doctrina" als v o m Leben des Autors berichtet w i r d 1 0 . Die Darstellung ist unvollständig, übergeht kurz die Stu5

Gretser, Opera I, p. V. A.a.O., p. VI. Vgl. Clm. 1610—1611 (aus den Jahren 1602 bis 1622). 8 Vgl. Clm. 1616 und 1617 (aus den Jahren 1608 bis 1617). 9 Vgl. die Briefe der beiden an Mathäus Rader (Clm. 1610). 10 Die Verehrung, mit der man aus der Distanz des frühen 18. Jahrhunderts auf Gretser zurückblickte, formulieren die Distichen „ I n eandem effigiem" (als Bildlegende zu einem nebenstehenden Kupferstich): Dum libris studet edendis Doctissimus Auetor, Vivere sie studuit, factus ut ipse Liber. Scriba celer dictante Deo, quod scripserat haustum De coelo, in vitam rettulit omne suam. Atque ita caelestis doctrinae viva Synopsis, Imo virtutum Bibliotheca fuit. (Gretser, Opera I, p. X V I ) . 6

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Urs Herzog

dienzeit und weiß — i n unserem Zusammenhang besonders bedauerlich — von Gretsers Tätigkeit als Theaterschriftsteller ebensowenig, als keines seiner Dramen i n die Gesamtausgabe aufgenommen wurde (17 Bände). Daß man davon überhaupt keine Kenntnis mehr hatte, ist denkbar 1 0 a . II. H e r k u n f t

und

Studien

A m 27. M ä r z (Karfeitag) 1 1 des Jahres 1562 w i r d Jakob Gretser 1 2 i m schwäbischen, damals bischöflich konstanzischen Städtchen M a r k d o r f geboren. Über seine Familie ist nichts bekannt. M i t dreizehn Jahren verliert er seinen V a t e r 1 3 und k o m m t 1576 auf das 1562 eröffnete Innsbrucker St.-Nikolaus-Kollegium. Das oberschwäbische Theaterleben des ausgehenden 16. Jahrhunderts ist wenig bezeugt. V o n bestimmten Theatereindrücken Gretsers wissen w i r nichts. Dürrwächter ist der Frage geflissentlich nachgegangen u n d nur zu dem vagen Schluß gekommen: „Jedenfalls lag dem V o l k , dem Gretser entstammte und unter dem er seine Knabenjahre verbrachte, die Neigung zu Theater und Drama i m B l u t e . " 1 4 Besser unterrichtet ist man über die Verhältnisse am Innsbrucker H o f des theaterfreudigen Erzherzogs Ferdinand von T i r o l , der 1584 selbst als A u t o r des Stückes ,Speculum vitae humanae* a u f t r a t 1 5 : Als erste Innsbrucker Jesuitenaufführung ist ein ,Euripus f v o n 1563 belegt; später eine kleine Terenz- und eine größere ,Hekaste c -Aufführung. 1577 dann w i r d v o r versammelter Innsbrucker, Grazer und Müchner Fürstlichkeit eine aufwendige ,S. Catharina v o n Alexandrien' gegeben: Während acht Stunden wurde gespielt; von 200 Schülern, unter denen auch der Zögling Gretser anzunehmen ist 1 6 . 10a Dazu Leibniz: „Patres isti non edunt opera posthuma suorum, sed ea varie dispergunt, ipsiqve, ubi sint, ignorant. Unde MSta qvaedam Patris Balde ipsis ignota alicubi reperta sunt" (Otium Hanoveranum Sive Miscellanea . . . Godofr. Guilielmi L e i b n i t i i . . . Lipsiae M D C C X I I X . , p. 156). 11 Man hat dieses Datum, sicher in Gretsers Sinn, als Horoskop gedeutet: „Certe amor, et scientia Crucis, uti postea commonstratum est in opere praestantissimo de S. Cruce, necnon totius vitae methodo, dotes fuere jam in ipsa nativitate, et cum sacro baptismate divinitus infusae" (Gretser, Opera I, p. I). 12 Urkundlich auch Gretscher, Grätscher u. ä. 13 Vermutlich war der Ratsherr Veitin Grätscher d. Ä. (gest. 1575) sein Vater (vgl. Leonhard Lenk, Gretser [Gretscher], Jacob, in: N D B Bd. 7, Berlin 1966, S. 57). 14 Dürrwächter S. 7. 15 Speculum vitae humanae. Ein Draina von Erzherzog Ferdinand I I . von Tirol, hrsg. v. Jacob Minor, Neudrucke deutscher Litteraturwerke des X V I . u. X V I I . Jahrhunderts, Halle a. S. 1889. 19 Vgl. Bernhard Duhr, a.a.O. S. 339 (im folgenden zit. Duhr /). Das ,Speculum vitae humanae* und der weit wichtigere ,Euripus 4 des Minoriten Levin Brecht werden dann in Jakob Gretsers „Udo von Magdeburg" 1 näher einzusehen sein.

Jakob Gretsers Leben und "Werk

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A m 24. Oktober 1578 t r i t t Gretser dem Orden bei („Societatem Jesu complexus est Adolescens v i x sedecim annos natus"), verläßt Innsbruck als Humanista und k o m m t für ein Probejahr an das eben eröffnete Novizenhaus i n Landsberg am Lech. 1579 w i r d er nach damaligem Ordensreglement auf eine Bettelreise geschickt: Die N o v i z e n waren zu zweit und sollten sich unter harten Entbehrungen i n Demut und Entsagung erproben. Ziel der Reise ist für Gretser Pont-^-Mousson i m französischen Lothringen. Doch: „Jacobus Gretserus peste i n v i a contracta dies aliquot i n monasterio Carthusianorum prope Friburgum satis periculose decubuit." 1 7 Anschließend treffen w i r Gretser i n München, w o er zunächst die verpaßte Rhetorikklasse nachholt 1 8 , u m darauf das philosophische Triennium zu absolvieren. Nach dieser ersten Studienzeit folgt eine dreijährige Schultätigkeit: Den jungen Gretser schickt man nach Freiburg i. Ü . und übergibt i h m die i m Sommer 1584 neu eröffnete Humaniora-Klasse: „ A d tres classes Grammatices adiecta est initio Septembris schola Humanitatis et studiorum renovatio facta." 1 9 — Gretser feiert den Anlaß i n seiner Rede „ D e humaniorum litterarum praestantia" und debütiert am 15. Oktober 1584 m i t seinem dramatischen Erstling , T i m o n ' 2 0 .

III. T h a l i a

Inachia — Thalia

Hebraea

(Dramen aus Freiburg) Rein quantitativ bereits erstaunt die dramatische Produktion der beiden Freiburger Jahre und gibt einen ersten Begriff v o n der stupenden Arbeitskapazität, die Gretser immer wieder nachgerühmt w i r d . Noch aus dem Jahre 1584 stammen drei comoediae: neben dem genannten ,Timon' die beiden Bibelstücke ,Caecus illuminatus' 2 1 und »Lazarus resuscitatus Theaterkomödienc': „ M i t dem ,Sturm und Drang 4 trennen sich in der deutschen Literaturgeschichte endgültig die Komödie als Drama und die Komödie als Theaterstück voneinander." (S. 102). Bei dem Versuch, dicht an den gesellschaftlichen Problemen zu bleiben, und d. h. für ihn, die Gesellschaft als eine von Falschspielern zu zeigen (,Die falschen Spieler*, ,Der Schwur'), entfernt sich Klinger von den Gegebenheiten der Bühne und von den Erwartungen des Publikums immer weiter. Auch Goethe (im ,Großcophta') produziert, i m Bewußtsein dieses Zustands der Gesellschaft, nicht i n d i v i duelle Figuren, sondern in erster Linie Repräsentanten einer zerfallenden Gesellschaft. „ D i e dramatische Reflexion der Komödiendichter führt zu Strukturen, die das Publikum ablehnt, weil sie nicht mehr den Genuß der Identifikation zulassen." (S. 113) Diesen vermitteln ihm weiterhin Autoren wie Schröder und I f f l a n d ( I X . ,Die Komödie als Ideologie'), weniger, indem sie die Tradition des Mimus fortsetzen, als, indem sie einen historischen Status der literarischen Komödie fixieren und zur Konsolidierung von ideologischen Vorstellungen benützen. „Bringt der Einzelne bei Molière die vorsichtig ausbalancierte M i t t e i n Gefahr, so ist er jetzt nur noch Exempel, an dem die Macht des Etablierten demonstriert w i r d . " (S. 114) Rührstück und Familiengemälde huldigen dieser Tendenz und bleiben lange erfolgreich. Tieck ( X . ,Die Welt als Schein') thematisiert ( i m ,Gestiefelten Kater') diesen Teil der Komödienproduktion und das Publikum, das sie honoriert. Dieser Perspektivismus — Theater i m Theater, Publikum auf der Bühne — , der sich bei Tieck wiederholt und i n der ,Verkehrten W e l t ' auf die Spitze getrieben w i r d , ist nach A . mehr Darstellungsziel als Darstellungsmittel: „Das Theater w i r d als Theater negiert, und zwar nicht nur als isoliert literarisches Phänomen, das überdies lediglich ein Postulat wäre, sondern durchaus als Weise der Darstellung und Reflexion von Realität" (S. 137). U m freilich diesen unmittelbaren Realitätsbezug — nicht nur eine „Theaterkomödie", sondern die Darstellung der „ W e l t als Schein" — zu erweisen, sieht sich der Verf. gezwungen, den Epilog des Stücks und eine in den Zusammenhang des Stücks gehörende programmatische Äußerung aus dem ,Phantasus' zu zitieren. Gleichwohl kommt er zu dem Ergebnis: „,Der gestiefelte Kater' ist das erste Beispiel einer Un-Komödie. Sie ist effektiv nur noch eine für den Autor, nicht für den realen Zuschauer" (S. 138). I n potenzierter Form t r i f f t das laut A . auf weitere Lustspielversuche Tiecks zu, auf die ,Verkehrte W e l t ' etwa oder auf ,Kaiser Octavianus, ein Lustspiel i n zwei Teilen', zu dem A . feststellt: „ D i e Poesie w i r d zum alleinigen Gehalt der Poesie, und zwar eine, die sich gerade nicht mehr als eigentümliche Weltvermittlung versteht, son-

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Buchbesprechungen

dem als eigene Wirklichkeit. Das ist nicht nur die Umkehrung der bisherigen Relationen von Dichtung und Wahrschein zu der von der Dichtung als wahrer Wirklichkeit gegenüber dem bloß Scheinhaften der Realität (was die Umkehrung zu einer Umwertung macht, ein Vorgang, der die Geschichte der absoluten Dichtung einleitet), es ist die Abschaffung des Dramas und damit auch der Komödie. Denn erst i m Realitätsbezug konstituiert sich, wenn nicht Kunst überhaupt, so jedenfalls das Drama, wie noch die U n Dramen Tiecks es deutlich machen" (S. 153 f.). D a m i t ist für A . „die adäquate Realisierung der Komödienintention" nicht mehr gegeben. Ebensowenig i n Brentanos ,Ponce de Leon 4 . (Kap. X I . ,Das Spiel der Maskierten 4 .) Denn auch hier steht „der A u t o r über der Sache statt i n i h r " , als ein Spieler m i t Figuren und Worten. Daß die Maskierung aller das ganze Stück hindurch aufrecht erhalten bleibt und nicht etwa durch ihre A u f hebung ein kritisches Moment auftaucht, daß das Wortspiel aller nicht eines ist, das zur Charakterisierung der Figuren beiträgt, sondern nur Spiel des Autors, daß Brentano laut der „Vorerinnerung" zu dem Stück nur „das Lustige i n dem M u t w i l l schöner Menschen" geben und deren Sprache „durchaus frei und m i t sich selbst spielend" gestalten w i l l , erscheint dem Verf. prinzipiell undramatisch und i m Sinne der Realisierung der „ I n t e n t i o n " der Komödie illegitim. Die dramatische Produktion Kotzebues und die von i h m abgeleiteten Spielopern ( X I I . ,Die Komödie als Ware') sind so erfolgreich, weil sie nicht, wie die unpopulären Versuche der Romantiker, das Publikum thematisieren bzw. i n Frage stellen, sondern weil Konflikte, w o sie auftauchen, bagatellisiert und die Zuschauer m i t dem gefüttert werden, was sie erwarten: k r i t i k lose Identifikation m i t der bestehenden Gesellschaft und ihren Konventionen. „ D i e totale Apologie des zahlenden Publikums und die totale Verwerfung des Publikums schlechthin ergeben ein Analoges: Stücke, die die Entleerung der Komödie sind — als Schein des Scheins dort, als Ware hier." (S. 177.) Die letzte Etappe ist Kleist ( X I I I . ,Die Komödie des Bewußtseins'). Dem ,Zerbrochenen K r u g ' versucht A . dadurch zu seinem Recht zu verhelfen, daß er nicht, wie die meisten Interpreten, eine „Komödie v o m Dorfrichter A d a m " sieht, sondern in erster Linie die zentrale Bedeutung des i m T i t e l betonten corpus delicti als auslösendes Moment eines Prozesses, „der als ganzer ein gesellschaftlicher ist, w e i l in i h m die Bewußtseins- und Handlungsstrukturen der Dorfbewohner und der Mächtigen als die der Gesellschaft i n nuce erscheinen" (S. 185). Die Aufdeckung dieser Bewußtseinsstrukturen als Befangenheit aller Beteiligten i m Vorurteil, die so lange die Entlarvung des Schuldigen nicht zuläßt, macht die Komödie aus. „Was die Verhandlung in der Komödie nicht erbringt, vermittelt die Komödie als Ganzes: Erkenntnis, und zwar darüber, w a r u m das Urteil, die Lösung, die Aufklärung ausbleiben und am Schluß die Forderung nach Fortsetzung des Prozesses stehen muß" (S. 196). — „ D i e Gerichtskomödie ist wahrhaft eine Gesellschaftskomödie: Der Prozeß u m den zerbrochenen K r u g ist einer der desintegrierten, der zerfallenden Gesellschaft" (S. 198).

Buchbesprechungen Wichtiges enthält A.s ,Amphitryon e -Interpretation. Künftige KleistForscher werden sie kaum unberücksichtigt lassen können. Z w a r ist Kleists Lustspiel bereits verschiedentlich unter dem Aspekt des Bewußtseins der Figuren untersucht worden 1 , und die Feststellung, in der Figur des Sosias sei das Herr-Knecht-Verhältnis Molares zum Identitätsproblem umgewandelt, wie überhaupt die Deutung der Sosiasszenen, geht kaum über das, was etwa Szondi 2 erarbeitet hat, hinaus. Dagegen führt die Durchleuchtung des Bewußtseins i m Fall Alkmenes, der Versuch, die vielzitierte „ V e r w i r r u n g des Gefühls" zu deuten, zu wesentlichen Ergebnissen. V o n einer Gegenüberstellung der Szenen I , 4 (Jupiters Besuch) und I I , 2 (Amphitryons Rückkehr) ausgehend, kommt A . über die Feststellung, daß Alkmene die Unterscheidung zwischen „Geliebtem" und „Gatten" sehr deutlich praktiziere, zu dem Ergebnis, daß die „ V e r w i r r u n g des Gefühls" nichts sei als Flucht vor der Reflexion, Selbstbetrug, also Schuld Alkmenes. V o n dieser H a l t u n g werde die Figur bis zum Ende des Stücks bestimmt. D a m i t rechnet A . m i t der von zahlreichen Interpreten verfolgten Tendenz einer Idealisierung und Tragisierung der Alkmene-Gestalt ab und rehabilitiert sie als Komödienfigur. Zur Unterstützung seiner These (der komödienhaften Elemente im Stück) weist A . auf die parodierend-deiktische Form, die der Dialog, gelegentlich geradezu opernhaft (z. B. in I I , 2), annimmt, und auf die Parodie i n den Sosias-Charis-Szenen hin, die als Deutung des „hohen Geschehens" als eines Komödiengeschehens zu verstehen ist. Soweit die Hauptergebnisse der Kapitel. Als wichtigste Erkenntnis aus der Gesamtheit seiner Untersuchungen hält A . fest: die wesentlichen deutschen Komödienautoren von Lessing bis Kleist haben erkannt, daß zu ihrer Zeit die gesellschaftlichen Konflikte und Probleme ihren G r u n d i n der Problematik jedes Einzelnen haben. Deshalb realisieren sie die Komödienintention — K r i t i k und Utopie — , indem sie, von Lessings „ K o m ö d i e des I n d i viduums" bis zu Kleists „Komödie des Bewußtseins" die Gesellschaft als Summe von Einzelnen verstehen und Einzelne zum Subjekt und Objekt des Konflikts machen, also vor allem psychologisch vorgehen, u m gesellschaftliche Phänomene aufzuzeigen und zu erklären. Daher auch ihr „Ernst". Diese H a l t u n g ist, meint A., die Grundform der deutschen Komödie überhaupt, bis heute. I h r Ursprung liegt zwischen Lessing und Kleist. Z u diesem Ergebnis kommt A . über seine Frage nach der „ I n t e n t i o n K o mödie" — gegen das Verfahren, „die Geschichte einer Gattung unter dem Aspekt der allgemeinen oder speziellen Gattungstheorie zu schreiben", hat er berechtigte, „generelle Einwände" (S. 126). H i e r erhebt sich allerdings die Frage, wie weit A.s Methode ihrerseits von einem solchen Verfahren entfernt ist. Z w a r geht A . von empirischen Analysen aus. Wenn er aber seine 1 Zuletzt von Hans Georg Gadamer, Der Gott des innersten Gefühls, in: Die Neue Rundschau, Bd. 72 (1961), S. 340—349, und P. Szondi (vgl. die folgende Anm.). 2 Peter Szondi, Amphitryon. Kleists Lustspiel nach Molière, in: P. S., Satz und Gegensatz. Sechs Essays, Frankfurt a. Main 1964, S. 44—57.

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Ergebnisse verallgemeinert und den daraus abgeleiteten theoretischen Ansatz als absolute Forderung allen weiteren Untersuchungen voranstellt, so entsteht etwas, das man w o h l als „spezielle Gattungstheorie" bezeichnen könnte. N u r unter dem Aspekt einer Gattungstheorie kommen Wertungen und Ansprüche zustande wie: „ I m ,Derwisch' v o n Klinger aber soll sich die Komödienintention i n der Spannung v o n Negation und Bestätigung noch einmal rein aktualisieren" (S. 72) — bei Tieck und Brentano ist eine „adäquate Realisierung der Komödienintention" nicht mehr gegeben. Oder: „Was folgt, ist daran zu messen, ob es der Realisierung der Komödienintention gerecht w i r d , wie sie jenen Autoren gelang. Doch zeitigt die kurze Epoche auch Verengungen und Verflüchtigungen der Komödienintention i n negativen Beispielen" (S. 248). Demgegenüber wäre zu fragen: 1. ob sich die Komödienintention bei Aristophanes, Shakespeare und Molière tatsächlich i n den von A . herausgestellten Kategorien erschöpft, 2. ob sich „die Intention K o m ö d i e " überhaupt so eindeutig und letztlich abstrakt (ahistorisch) festlegen läßt. A . fragt nie: wessen Intention? Intention setzt jedoch ein Subjekt voraus. I m Falle der „Komödienintention" kann dies nur der Komödienautor sein. M a n kann nun zwar Gemeinsamkeiten einer „ I n t e n t i o n Komödie" feststellen, doch ist kaum zu leugnen, daß die Intention, und zwar die Intention selbst, nicht nur die Form ihrer Realisierung, von A u t o r zu A u t o r variierbar ist, und daß sie sich jeweils aus mehreren Komponenten zusammensetzt. D a z u gehören zweifellos i n sehr vielen Fällen die von A . erkannten und vielleicht erstmals so deutlich aufgezeigten. Doch ist kaum zu verkennen, daß bei den meisten Lustspielautoren, bei Aristophanes, Shakespeare und Molière zum Beispiel und bei vielen, die A . als „ernst" bezeichnet, auch z. B. „Spiel" zur Intention gehört 8 , ebenso wie bei vielen auch die Absicht, sich an Mustern der Gattung zu orientieren, wenn auch sie verändernd oder ironisierend. Gerade diese beiden Komponenten stellen ja meist den ersten K o n t a k t zur Gesellschaft, nämlich zum Theaterpublikum, her. Die Frage der publikumssoziologischen Funktion der Tradition etwa oder die, warum die Romantiker in ihren Lustspielen zwar auf Shakespeare und auf die Spanier zurückgreifen, nicht aber auf Molière, wären es wert, i n diesem Rahmen berücksichtigt zu werden. W o h l gehört auch K o m i k (wie sie A . z. B. bei Teilheim und A l k mene sieht), als wesentlicher Bestandteil des Spiels für den Zuschauer, und nicht bloß auf ihre Rolle als Funktion der K r i t i k beschränkt, gelegentlich zur Komödienintention i m engsten Sinn. Es würde sich lohnen, z. B. die romantische Komödie, die komplexen Gebilde Tiecis und Brentanos — die auch von zahlreichen anderen Interpreten, m i t anderer Motivierung, abgelehnt werden 4 — einmal unter diesen Aspekten eingehend zu untersuchen 5 . 3 „Doch selbst die ,ernstesten" Lustspiele verzichten nie auf Elemente spielerischer Übertreibung und verbieten deshalb eine einseitige, die kritische Haltung isolierende Betrachtung." (Eckehard Catholy y Das deutsche Lustspiel, Vom Mittelalter bis zum Ende der Barockzeit, Stuttgart 1969, S. 11). 4 Vgl. z. B. Fritz Güttinger (Die romantische Komödie und das deutsche Lust-

Buchbesprechungen Vielleicht würde Brentanos Zurückgreifen auf Formen und Figuren der spanischen und italienischen Komödie und seine erklärte und praktizierte Intention eines „Lust-Spiels" i m wörtlichen Sinn dafür sprechen, daß audi er zur Geschichte des Lustspiels gehört. U n d vieles würde dafür sprechen, daß die romantische Komödie trotz (oder wegen) ihrer Komplexität eine spezifische Form des deutschen Lustspiels ist. A.s „ernster" Blick nen er auf den einmal lichkeiten aus. Das ist dige Richtigstellungen sche Lustspiel eröffnet.

und die Konsequenz und Ausschließlichkeit, m i t deformulierten Kriterien beharrt, klammert diese Mögum so bedauerlicher, als sein Beitrag einige notwenenthält und zugleich neue Perspektiven auf das deut-

„So ist es bis zu Lessing und Kleist ein weiter Weg: zu beschwerlich für Spieler, zu gefährlich für Traditionalisten" heißt der letzte Satz des Buches. „ Z u verschlungen für Systematiker" werden die Spieler und die Traditionalisten vielleicht entgegnen können. Leonhard M. Fiedler, Frankfurt am M a i n Ruth J. Kilchenmann, Die Kurzgeschichte. Formen amd Entwicklung. 2., unveränderte Auflage, Stuttgart 1968. Verlag Kohlhammer. 218 S. Schon der Umstand, daß der Verlag innerhalb eines Jahres Ruth J. K i l chenmanns Buch über die Kurzgeschichte neu auflegen mußte, um der Nachfrage zu entsprechen, zeigt, daß hier eine Lücke i m Angebot des wissenschaftlichen Sachbuchs zu füllen war. Z w a r gibt es hier seit dem Ende des 19. Jahrhunderts mehr und mehr Untersuchungen, die sich der werdenden Prosakurzform zuwenden, aber es sind nur wenige Arbeiten, die heute noch als wichtig und grundlegend bezeichnet werden können. Die meines Wissens erste eingehende gattungs-, form- und stilgeschichtliche Untersuchung der K G , die (ungedruckte) Dissertation von O. Hirschmann (Wien 1933) blieb ohne Echo; H . Halms Studie über Tschechows K G und deren Vorläufer (Weimar 1933) (sie berücksichtigte auch die westeuropäische und die angloamerikanische Entwicklung) stieß in den folgenden borniert deutsch-national orientierten Jahren auf massive Ablehnung. Die 1936 gedruckte Dissertation von H . - A . Ebing (Die deutsche Kurzgeschichte. Wurzeln und Wesen einer neuen literarischen Kunstform) wurde nach 1945 begreiflicherweise nicht wiederaufgelegt; ihr wissenschaftlicher Wert ist gering. Auch die 1953 gedruckte Dissertation von Klaus Doderer (Die Kurzgeschichte i n Deutschland. Form und Entwicklung) erlebte keine Neuauflage*, obwohl sie als der spiel, Frauenfeld/Leipzig 1939), der die romantische Komödie unter der Klassifizierung ,Zweiter Teil. Irrungen der Komödie' (S. 99) abhandelt. 5 Eine solche Untersuchung hätte auch Eichendorff, Arnim und möglichst auch die noch unveröffentlichten Lustspiele aus Brentanos Nachlaß zu berücksichtigen. * Nach Fertigstellung dieser Besprechung entnahm der Rezensent dem Arbeitsbericht 97 der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, daß ein Nachdruck von Klaus

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entscheidende Schritt zur Herausarbeitung der K G als eigenständige literarische Form eine weitere Verbreitung verdient hätte. Doch hat K . Doderer mit zwei Zeitschriftenaufsätzen über die K G (1953 und 1957) wesentlich dazu beigetragen, die K G als literarische Gattung zu etablieren. Gegen Ende der 50er Jahre und i n den 60er Jahren mehrten sich die Untersuchungen, kundig zusammengestellten und eingeleiteten Anthologien, Interpretationen und Interpretationssammlungen. Als besonders wichtig und einflußreich erwiesen sich die Versuche einer Ortsbestimmung und Definition der K G , die H . Bender und W . Höllerer 1962 i n den ,Akzenten* vorlegten, aber sie waren als Vorträge konzipiert, wollten und konnten schon deswegen keine ausgearbeitete Theorie der K G vorlegen. Daran hat sich allerdings auch R. Kilchenmann nicht herangewagt, aber sie hat den bisher umfassendsten, eingehendsten Überblick über „Formen und Entwicklung" der K G gegeben, dabei nicht nur den deutschen Sprachraum berücksichtigt, sondern i n gleicher Weise den west- und osteuropäischen und nicht nur den nord-, sondern auch den südamerikanischen Bereich einbezogen. Es ist ihr gelungen, an einer Fülle von Beispielen die Vielfalt der Formen und Strukturen aufzuzeigen, die hier in Betracht kommen. Die Stärke und der Gewinn ihrerArbeit liegen demnach einerseits i n dem weiten H o r i z o n t und dem bis i n die 60er Jahre reichenden Material der Untersuchung, andererseits in der modernen, vergleichend-strukturanalytischen, die Formen der Erzählens berücksichtigenden Methodik ihrer Analysen und Interpretationen (die allerdings an Dichte und Einläßlichkeit einbüßen, je näher die Untersuchung an die Gegenwart heranreicht). Gerade diese Vielfalt und Variationsbreite der analysierten Prosaformen hat die Verfasserin veranlaßt, sich nicht nur von den herkömmlichen, zum Teil widersprüchlichen Definitionsversuchen zu distanzieren, sondern auch den Versuch einer formal-ästhetischen, gattungstheoretischen Ortsbestimmung und Abgrenzung als prinzipiell unangemessen abzulehnen (S. 16). Sowohl in ihrer grundsätzlichen methodischen Orientierung wie i n ihrer konkreten Vorgangsweise ist sie der Position verpflichtet, die Manfred Schunicht — dessen Berufung auf B. Croce und W . Papst sie übernimmt — i m Streit um die Novelle eingenommen hat (Der ,Falke 4 am ,Wendepunkt 4 . Z u den Novellentheorien Tiecks und Heyses. I n : G R M 1960, S. 44—65): „Über die Gattung etwas zu sagen, kann nur bedeuten, die historische Entwicklung der einzelnen Typen unter gleicher Fragestellung zu untersuchen 44 (a. O . S. 65). Diese (von Kilchenmann übernommene) Fragestellung ist eine dreifache: „Neben der Funktion des Erzählers interessiert die Situation des Lesers, und abschließend ist das Problem der besonderen Struktur novellistischer Wirklichkeit zu erörtern. 44 Bei Kilchenmann heißt es „kurzgeschichtlicher Wirklichkeit 4 4 . So sehr sich die Orientierung an dieser dreifachen konkreten Fragestellung sachlich als ergiebig erweist, so sehr steht die Orientierung an der auf die alte Novellen-Kontroverse reagierenden, auf Croce Doderers ,Die Kurzgeschichte in Deutschland. Ihre Form und ihre Entwicklung4 seit Anfang 1970 in der genannten Buchgesellschaft erhältlich ist.

Buchbesprechungen und Papst (die sich gegen die heute überwundene statisch-klassizistische Gattungsform wenden) sich berufenden Grundposition Schunichts einer neuen gattungstheoretischen Besinnung i m Wege. Diesbezügliche Ansätze i n Wellek-Warrens Literaturtheorie, i n Sengles Versuch einer neuen, die literarischen Zweckformen einbeziehenden Formenlehre, und i n Heißenbüttels ,Theorie der Erzählung 1963* bleiben leider außer Betracht. Gewiß, K i l chenmann hat keine neue Theorie der K G geben wollen, aber sie hat das Streben danach als I r r t u m und als unangemessen bezeichnet — und deswegen mußte darauf kritisch hingewiesen werden. D a z u kommt, daß auch sie den Schwierigkeiten, die sich dem Versuch einer gattungsgeschichtlichen Darstellung entgegenstellen, nicht entkam: M a n muß eine bestimmte Vorstellung von dem, was i n seinen „Formen" und i n seiner Entwicklung erfaßt und dargestellt werden soll, mitbringen, vor allem, wenn man es — wie Kilchenmann — keineswegs unterläßt, Prosakurzformen hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit, Nähe oder Ferne zur Kurzgeschichte zu beurteilen und zu bewerten, und zwar nicht nur i n struktureller Perspektive. So spricht sie von ,Vorstufen* (S. 102) und ,Anklängen* (S. 145) wie von »konsequenten* (S. 137) und ,vollkommenen* (S. 145) Formen, von »echten* (S. 148, 179) ,richtigen* (S. 110), ,eigentlichen* (S. 169, 192) und ,Pseudo-Formen* (S. 178) der K G . Dahinter steht eben die herkömmliche Vorstellung von der K G (abgehoben von der N o velle, der Erzählung, aber auch der amerikanischen short story), die sie i m wesentlichen unverändert und i m ganzen unreflektiert übernahm, was auch daraus hervorgeht, daß das B i l d v o m Gang der Entwicklung und die Reihe der diskutierten Autoren und Beispiele nicht wesentlich von dem in der bisherigen Sekundärliteratur gezogenen Rahmen abweicht (ausgenommen natürlich die neueste Entwicklung). Wenn sie einerseits faktisch um so etwas wie einen Gattungsbegriff, einen „ Prototyp ** der K G (den sie prinzipiell ablehnt) nicht herumkommt, so w i r d andererseits vielfach die Tendenz deutlich, das „Kurzgeschichtliche**, die „kurzgeschichtliche Form** als eine für das 20. Jh. zeittypische Stilqualität herauszustellen, die quer durch heutige literarische Kunstformen hindurchgeht, und i m Schlußkapitel w i r d als ihre spezielle These formuliert: „Das Kurzgeschichtliche ist mehr als Gattung oder Typus: es ist Form gewordene Einstellung, Haltung, Denk- und Daseinsweise, das zum ursprünglichen Ausdruck des Erlebens des Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts w i r d als Kern, Nucleus und Zentrum literarischen Schaffens** (S. 194). D a m i t w i r d klar, wohin die Ablehnung einer gattungstheoretischen Reflexion f ü h r t : zum Versuch, die ,Gattung* inhaltlich zu bestimmen. Die Kurzgeschichte w i r d zum „kurzgeschichtlichen Erleben**, die Gattungsform w i r d aufgelöst zur „Urform**, die „ a m Anfang zeitgenössischer Schöpfung** stehe. So sehr also die Arbeit Kilchenmanns zu begrüßen ist als umfassender Überblick über Formen und Entwicklung** der K G , so sehr w i r d an ihr auch deutlich, daß eine gattungstheoretische Besinnung zu leisten bleibt, die eine dynamisch sich entwickelnde Form nicht in ein Prokrustesbett zwängt und

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die insbesondere auch den gerade bei der K G sehr wichtigen und ergiebigen Aspekt der Beziehung zwischen sog. Trivialliteratur und sog. hoher Literatur berücksichtigt, etwa in der Weise, wie dies Manfred Smuda (in: Poetica 3, 1970, S. 165—187) i m Hinblick auf E. A . Poe dargelegt hat. Josef Donnenberg,

Salzburg

Friedrich Leopold Graf zu Stolberg. Numa. E i n Roman. Herausgegeben v o n Jürgen Behrens, Neumünster 1968. (Kieler Studien zur deutschen Literaturgeschichte Bd. 7). K a r l Wachholtz Verlag. 172 S. Jürgen Behrens fand 1960 i m Steiermärkischen Landesarchiv i n Graz Friedrich Leopold Stolbergs zweiten Roman ,Numa', v o n dem man bis zu diesem Zeitpunkt nur den Namen kannte. Stolberg schrieb an diesem Fragment in den Jahren 1787/88, also zu einer Zeit, die gerade einen Boom der so lange v o m V e r d i k t der Poetiken in den literarischen Untergrund gedrängten Gattung Roman erlebte. Spätestens seit Wielands ,Agathon' (ab 1766) wußte man, daß sich der Roman wie kaum eine Form sonst dazu eignete, Ideen fiktiver Wirklichkeit zu geben oder Wirklichkeit i m Interesse einer Veranschaulichung von Ideen zu arrangieren. Der Entwicklungs- und Bildungsroman wurde Mode, ebenso der empfindsame Seelenroman v o m Schlage des ,Werther'. Erinnert sei nur an die folgenden Exponenten dieser Phase: Wieland, Goethe, Jacobi, Heinse, Lenz, K a r l Philipp M o r i t z . Vergegenwärtigt man sich diese Umgebung des ,Numa', dann w i r d begreiflich, daß Stolberg selbst schon einsehen mußte, wie wenig der Leserwelt m i t einer Publikation seines zweiten Romans gedient sein würde. Er erkannte seinen Hauptfehler, seinen „ K e i m des Todes", wie w i r aus den von Behrens i m V o r w o r t zitierten Briefen erfahren. Dieser Hauptfehler dürfte auch das M o t i v zu dem Autodafé abgegeben haben, das die erste Fassung des Romans teilweise vernichtete. Stolberg umschreibt ihn in einem Brief an Jacobi so: „Es ist der, daß es i h m an einem bestimmten Hauptzweck fehlt." Der ,Numa' verfolgte nur Nebenzwecke: nach A r t eines Fürstenspiegels verschiedene moralisch-politische Lehren zu erteilen. I h m fehlte v ö l l i g ein konzentriertes Zusammenwirken von Ideen und deren Anwendung i n einer entsprechenden Romanhandlung. Stolbergs primär weltanschauliches Interesse hielt ihn vielmehr dazu an, in lockerer Folge längs eines „dünnen historischen Fadens" die Perlen seiner politischen und ethischen Ansichten aufzureihen. Die vier Hauptlaster, gegen die sein H e l d N u m a demonstrativ zu verstoßen hat, zählt Stolberg i n einem Brief an seine Schwägerin Luise auf (zit. nach der Briefausgabe von Behrens, Kieler Studien Bd. 5, S. 218): „Tiranney, Geld, Frivolität, Unglauben". Der Grafenspiegel des Grafen Stolberg wandte sich vornehmlich an eine Minderheit edel gesinnter, gegen A b solutismus wie Gottlosigkeit gleichermaßen opponierender Aristokraten. Ihnen präsentierte Stolberg i m ,Numa' seine idealistische Schattenwelt (vgl. den oben zit. Brief), die er nur mühsam und ohne erzählerisches Talent in die H ü l l e eines Bildungsromans verpackte. I h n heute, 180 Jahre nach seiner

Buchbesprechungen Entstehung, abzudrucken, heißt also, keine die Zeit überdauernden Werte der Kunst, sondern ein historisch-soziales Dokument zugänglich machen. Eine solche Aufgabe erfüllt der vorliegende Druck v o l l und ganz: der Herausgeber hat den Mittelweg zwischen kritischer Edition und einer kommentarlosen Wiedergabe i n modernisierter Form gewählt. Wäre der ,Numa' etwa von der Qualität des ,Anton Reiser', hätte man sowohl zu dem einen wie zum anderen Extrem greifen können. Aber die Handschrift des ,Numa' könnte weder zum Leseerlebnis werden, noch lohnte sich eine Darstellung ihrer Genese m i t H i l f e eines Variantenapparates. A l l e i n der diplomatisch getreue Abdruck des Textes, ergänzt um einen Sachkommentar, erfüllt in diesem Falle den Zweck, ein Dokument wie den ,Numa' zugänglich zu machen. Seine Auslegung, weniger als Roman, der zu sein er nur vorgibt, denn als Zeugnis einer vergangenen, für eine bestimmte Gruppe repräsentativen, Weltanschauung steht noch aus. Ihre Voraussetzungen sind jedoch durch den vorliegenden Band in angemessener Form geschaffen. Henning Boetius , Frankfurt am M a i n Paul Konrad Kurz, Künstler. Tribun. Apostel. Heinrich Heines Auffassung v o m Beruf des Dichters, München 1967. W i l h e l m Fink Verlag. 249 S. „Sein Herz und seine Schriften waren eins und dasselbe. Diese Eigenschaft, diese Ganzheit finden w i r auch bei den Schriftstellern des heutigen Jungen Deutschlands, die ebenfalls keinen Unterschied machen wollen z w i schen Leben und Schreiben, die nimmermehr die Politik trennen von Wissenschaft, Kunst und Religion, und die zu gleicher Zeit Künstler, Tribüne und Apostel sind." Heines rühmende Worte über Jean Paul als den geistigen Vater des Jungen Deutschland haben dem hier zu besprechenden Buch seinen T i t e l gegeben; einen beziehungsvollen Titel für den Leser von heute, dem die Diskussion um das Engagement des Schriftstellers als ein Thema des Tages vertraut ist. Der Verfasser weicht denn auch keineswegs m i t der Askese des reinen Literarhistorikers dem Aktualitätsbezug aus, den schon der Titel seiner (aus einer Münchener Dissertation hervorgegangenen) Arbeit suggeriert: Einleitung und Schluß verweisen auf Enzensberger, Grass, Boll, Weiss und vor allem Brecht. Daß diese Namen nur genannt, daß die verbindenden Linien zu dem großen Vorgänger nicht ausgezogen werden, w i r d man dem Verfasser, der sich in zahlreichen Aufsätzen m i t den genannten Autoren auseinandergesetzt hat, nicht zum V o r w u r f machen. Sein Gegenstand ist Heine, der engagierte Dichter; und er ist seinem Gegenstand schon darin gerecht geworden, daß er ein engagiertes, stellenweise (vgl. S. 241, A n m . 46) persönlich bekenntnishaftes Buch geschrieben hat. A u d i wer die an solchen u n d ähnlichen Stellen angedeuteten weltanschaulichen Voraussetzungen des Verfassers nicht teilt und gegen sein methodisches Vorgehen Bedenken anzumelden hat wie i m Folgenden der Rezensent, w i r d der Vorurteilslosigkeit, m i t der sich der Verfasser als katholischer Christ den Provokationen des „ideell, zeitkritisch und politisch engagierten Dichters" (S. 243) Heine stellt, seinen Respekt nicht versagen.

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K u r z ist nicht den bequemen Weg gegangen: er hat Heine nicht zum Künstler par excellence stilisiert, um das Ärgernis seiner Aggressivität zu beseitigen oder zu mildern; er hat sogar (aus, wie mir scheint, nicht restlos überzeugenden Gründen) darauf verzichtet, den späten Heine m i t seiner — angeblichen oder tatsächlichen — Wendung zum Religiösen i n die Untersuchung einzubeziehen. Es gehört sicher zu den größten Verdiensten dieses Buchs, daß es nicht den sterbenden Lazarus Heine dem christlichen Verständnis zu gewinnen sucht, und schon gar nicht den katholisierenden Sänger der frühen „Madonnengedichte", sondern den leidenschaftlich vernunftgläubigen, antiklerikalen, ja antichristlichen (genauer: antispiritualistischen) Kämpfer der mittleren Jahre. „ D a ß solche Auseinandersetzung in der Welt als ,Schöpfung* mitgegeben ist, vermögen selbst die Christen heute besser zu erkennen" (S. 243) — diese Einsicht, die der Bereitschaft des Verfassers zu historischer Gerechtigkeit und christlicher Selbstkritik ein schönes Zeugnis ausstellt, könnte einer fruchtbareren Auseinandersetzung m i t Heines Werk von christlicher, insbesondere katholischer Seite den Weg bereiten, als sie sich i n den 130 Jahren seit den Polemiken des jungen Ignaz von Döllinger, teilweise verzerrt durch Affekte antiliberaler und leider auch antisemitischer A r t , entwickelt hat. M a n würde der Bedeutung dieses Buchs nicht gerecht, wollte man i n i h m nur einen literaturwissenschaftlichen Beitrag zur Geschichte des dichterischen Selbstverständnisses und nicht auch ein Zeugnis für den Wandel i m Selbstverständnis des Katholizismus sehen. Was K u r z unter dem „Beruf des Dichters" verstanden sehen w i l l , erläutert er in seiner Einleitung (die auch einen kurzen Uberblick über die bisherige Forschung zu Heines Selbstverständnis gibt): „Diese Untersuchung geht in ihrer Zielrichtung nicht auf das Dichtertum, sondern auf den Dichterberuf aus; beim Dichterberuf nicht so sehr auf die Verwirklichung als auf die Auffassung dieses Berufes. Dichtertum wäre der umfassendere Begriff. Er betont eine Ordnung objektiver A r t [ . . . ] , das Vorgegebene, i n sich selbst Gewordene und Gefügte. Dichterberuf meint Person und Tätigkeit unter dem Aspekt des Bewußten, persönlich Aufgegebenen, Verpflichtenden, des gegenüber Welt und Gesellschaft zu Leistenden. I n seiner höchsten Form w i r d der Beruf zur Berufung, die persönliche Existenz verpflichtet durch überpersönliche Mächte und K r a f t . Dem Auftrag muß der Dienst, der Intensität des Anrufs die Radikalität der Hingabe antworten. Nach der Auffassung des Dichterberufs fragen heißt nach dem reflektierten Selbstverstehen des Dichters fragen, nach seiner Formulierung i n Begriff und B i l d " (S. 14). Für dieses reflektierte Selbstverstehen sind bei Heine zwei Momente wesentlich: das Bewußtsein einer umfassenden Krise, die auch das Selbstverständnis des Dichters erfaßt, und ein intensives Streben nach Einheit, bei dem rational-diskursives Bemühen um eine Synthesis i n der „Idee" (Freiheit, Fortschritt) und intuitiv-mystische Sehnsucht nach „Ganzheit" (pantheisierende Tendenzen) zusammenwirken (vgl. S. 15 f., 152 f.). Dieses „ P r i n z i p der Einheit", eine „gesuchte und gewußte M i t t e " (S. 15) liegt allen Schriften Heines, den poetischen, politischen, philosophischen wie theologi-

Buchbesprechungen sehen gleichermaßen zugrunde. Allerdings würde eine statische Deutung H e i nes Werk verfehlen (S. 18). Sein dichterischer Weg und die Entwicklung seines Selbstverständnisses müssen als eine Bewegung zur „Idee" hin verstanden werden, die ihre „Gipfellinie" i m Jahre 1835 erreicht und sich dann, nach einer „starken inneren Ernüchterung und Ermüdung" Heines (S. 18) nach unten neigt. „ D e r Veränderung von Heines Auffassung, seiner Rücknahme des Dichterberufes aus dem gesellschaftlich-politischen Raum ins mehr Innerliche und Persönliche, bedingt durch die Krankheit der letzten Lebensperiode", geht die Arbeit „aus thematischen und methodischen Gründen" (S. 19) nicht mehr nach. K u r z begründet das damit, daß „ i n dieser mittleren Lebensperiode von 1830/31 bis zum Einsetzen der Krankheit und dem Beginn der ^omanzero-Gedichte', 1845/48, [...] sich die neue,programmatische Auffassung vom Dichterberuf" v o l l ausbilde, die anhand der Prosaschriften und Briefe als „hauptsächlichen Quellen" darzustellen seine Aufgabe sei; eine „Untersuchung für die Auffassung des Dichterberufs in [der] letzten Lebensperiode" hingegen „müßte bei der Interpretation jener späten Verse ansetzen, in denen der Beruf des Dichters nicht mehr programmiert, sondern thematisch w i r d " (S. 18 f.). Den hier referierten Prinzipien entsprechend konzentriert sich die Arbeit auf drei „Entwicklungsstufen" (S. 18). Sie setzt m i t der historischen D a r stellung bei zwei vorbereitenden Stufen i n den zwanziger Jahren ein, von denen die erste durch die Begegnung mit A . W . Schlegel und eine tastende Ausbildung literarischer Wertkriterien charakterisiert ist, während die zweite unter dem Einfluß der Ideen der französischen Revolution, der Philosophie Hegels und der Auseinandersetzung m i t den Schriften Goethes eine deutliche Hinwendung zu sozialen und politischen Fragestellungen bringt. M i t der dritten Stufe schließlich, die von der ersten Beschäftigung m i t der Lehre Saint-Simons 1830/31 bis zum Einsetzen der Krankheit und dem Beginn der ^ o m a n z e r o ' - L y r i k reicht, beschäftigt sich der größte Teil der Untersuchung, i n dem Heines Selbstverständnis als Schriftsteller anhand eines umfangreichen Belegmaterials hauptsächlich explizit-programmatischer Äußerungen historisch und systematisch entfaltet w i r d . I n diesen Kapiteln breitet K u r z die ganze Fülle seines ideengeschichtlichen Wissens aus; die Fußnoten erreichen denn auch stellenweise Kobersteinsches Format, so auf S. 111 ff., w o der Setzer, offensichtlich vor dem gelehrten Apparat kapitulierend, vor den Augen des erschrockenen Lesers den H a u p t t e x t unter 2V2 Seiten Fußnoten hinwegtauchen und erst auf S. 114 wieder an die Oberfläche gelangen läßt. (Leider sind auch zahllose, oft sinnentstellende Druckfehler stehengeblieben; allein auf S. 233 z. B. folgende teils harmlose, teils irreführende Versehen: „Überwendung" statt „ Ü b e r w i n d u n g " , „Mesisas" statt „Messias", „Gründlichkeiten" statt „Grünlichkeiten", „ E I I I 104" statt „ E I I I 304", „ A u g u " statt „ A u g e " und nochmals „ E I I I 104" statt „ E I I I 304".) Daß K u r z ' Arbeit trotz ihrer sorgfältigen Dokumentation und vielfältigen Auffächerung (vgl. das Inhaltsverzeichnis) insgesamt doch eigentümlich

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abstrakt und einseitig bleibt, scheint mir in einem unfruchtbaren methodischen Ansatz begründet zu liegen, der m i t K u r z ' Konzeption von „Dichterberuf" und „Dichtertum" (S. 14) zusammenhängt. I m ersten Abschnitt der Untersuchung werden H ö l d e r l i n und Heine als Gegensatztypen eines i n die Krise geratenen dichterischen Selbstverständnisses kontrastiert, das i n H ö l derlins Fall „den Weg schicksalhafter Innerlichkeit [...] i n die Vereinzelung", in Heines Fall den Weg in die Gesellschaft und die politische Öffentlichkeit gewählt habe (S. 9). U m so erstaunlicher ist es, daß K u r z i n seiner oben bereits angeführten Definition des „Dichterberufs" diesen Begriff i n einer rein idealistischen Weise bestimmt, die seine H e r k u n f t aus dem Umkreis H ö l d e r lins, bzw. der Hölderlin-Forschung, schon i m Sprachlichen dokumentiert: da ist die Rede v o m „Aufgegebenen", „Verpflichtenden", „gegenüber Welt und Gesellschaft zu Leistenden", von „Berufung" und „Existenz", von „überpersönlichen Mächten" und „[überpersönlicher] K r a f t " , von „ A u f t r a g " und „Dienst", von „ A n r u f " und „Hingabe", nicht aber von dem nüchternen und doch so wesentlichen Faktum, daß Dichterberuf auch schlicht ein Beruf sein kann, von dem — wie bei Heine seit den späten zwanziger Jahren — die Existenz des Dichter-Schriftstellers i m Geistigen wie i m Materiellen nicht zu trennen ist. Für Heine war „Dichterberuf" nicht nur „Berufung", sondern i n hohem Maße auch H a n d w e r k und Lebensunterhalt — eine Dimension, die bei K u r z fast v ö l l i g fehlt. Welch entscheidende Rolle sie für Heines Selbstverständnis spielt, hätte unter anderem eine sorgfältige Analyse der Briefe an Campe und Cotta (bzw. K o l b ) , den Verleger seiner Bücher und den Abnehmer seiner Korrespondenzen, zeigen können. Unbeachtet bleiben auch Heines Äußerungen über den zugleich bedrückenden und stilbildenden Zwang der Zensur, seine persönlichen Polemiken und ihre Rechtfertigung durch die Theorie eines modernen „demokratischen" (die Privatsphäre nicht respektierenden) Journalismus, das für seine Selbsteinschätzung so bedeutungsvolle Verhältnis zu Salomon Heine und dessen Erben — kurz, all die gemischten, teilweise recht materiellen Elemente, aus denen sich der engagierte Heine auch zusammensetzt, dessen dichterische Organisation bei K u r z nur von Ideen, von Philosophie, Kunst und Wissenschaft gespeist zu sein scheint. Bedenklicher als diese Stilisierung des „Engagements" zu einem reinen Dienst an der Idee scheint m i r jedoch die Entscheidung des Verfassers, den „programmatischen" Heine (d. h. i n erster Linie den Heine der mittleren Jahre) von einem späten Heine zu trennen, dem der „Dichterberuf" immer mehr „privates" Thema, Stoff zu einer resignierten Poesie der Innerlichkeit jenseits aller Programmatik (vgl. S. 19) werde (eine anfechtbare Charakteristik angesichts der Dominanz historischer Stoffe i n der späten L y r i k und Prosa und angesichts der geschichtsphilosophischen Perspektive, unter der alles persönliche Schicksal i m Spätwerk Heines erscheint). H i n t e r dieser K o n zeption steht unausgesprochen die Trennung von „Dichtertum" und „Dichterberuf", die schon i n der Einleitung von K u r z vorgenommen w i r d . Sie ist natürlich begrifflich möglich, hat aber i n der Anwendung Konsequenzen, die

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mir zu einer Heines schriftstellerischer Leistung nicht gemäßen Verengung der Fragestellung zu führen scheinen. K u r z trägt ein überwältigendes M a terial programmatischer Äußerungen Heines über den „Beruf" des Dichters zusammen. Aus der Einsicht, daß das Selbstverständnis des Dichters sich „ i n Begriff und B i l d " (S. 14) artikuliere, zieht er aber nicht die methodische Konsequenz, dem „ B i l d " die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken wie der expliziten begrifflichen Aussage. Er zieht, mit einer noch zu erwähnenden Ausnahme, „Bilder" fast nur heran, wenn sie sich dem Begrifflich-Programmatischen zu nähern scheinen (etwa i m B i l d des „Reveille-Trommlers", S. 108 f.), und nimmt sie als „Beleg". Dieses Sammeln von Belegen führt jedoch i n eine methodische Aporie, die K u r z selbst sieht, aber offenbar nicht für gravierend hält: „Eine besondere Schwierigkeit unserer Darstellung des Dichterberufes liegt in Heines unsystematischer Denkweise. M a n muß seine grundsätzliche Auffassung aus vielen Teilaussagen zusammensuchen, von denen die einen unverhüllt direkt und programmatisch, andere privates Bekenntnis und wieder andere nur indirekt durch die Gestalt dichterischer Prosa sprechen [sie!]. Nicht selten kann man bei Heine verschiedener A n sicht sein, ob und wie weit eine Ausage ironisch gemeint ist, und was in dieser Ironie dann noch steckt. Ambivalenz, Relativierung der Aussage durch eine spätere Gegenaussage, mit fortschreitenden Jahren eine zunehmende Skepsis, erschweren die Anordnung der Einzelerkenntnisse zu einem systematischen und zugleich individuellen Spannungsfeld. Deshalb muß nach dem Beziehungsgeflecht der Heineschen Auffassung v o m Dichterberuf in einer gewissen Breite gefragt werden, damit sein Umkreis, die angezielte M i t t e und bestehende Polarität erkannt werden" (S. 19). Trotz der in den Begriffen „ I r o n i e " , „ A m b i v a l e n z " , „Relativierung", „Spannungsfeld", „Beziehungsgeflecht" sich andeutenden Einsicht in die Problematik seines Vorgehens scheint mir K u r z jedoch über weite Strecken seiner Arbeit der Versuchung erlegen zu sein, qualitative Analyse durch quantitative Dokumentation zu ersetzen. I n der Praxis ist die „Breite" des Nachfragens nichts anderes als mögliche Vollständigkeit (und statistische Repräsentativität) der Belege. Das methodische Problem reduziert sich letztlich auf ein rechnerisches. Angesichts der von K u r z selbst vermerkten mangelnden Systematik von Heines begrifflich-programmatischem Denken kann dieses Verfahren nur zur Ermittlung eines arithmetischen Mittels führen, das die Widersprüche des Heineschen Denkens und Selbstverständnisses weder beseitigt noch erklärt. Widersprüche, die für ein dichterisches Selbstverständnis offensichtlich konstitutiv sind, können nicht systematisiert, sie müssen interpretiert werden, und dies in einem zugleich strukturellen und ideologischen Zusammenhang, der sie als „Signatur" (ein von Heine mehrfach gebrauchtes Wort) eines künstlerischen Bewußtseins begreifbar macht, das sich eben daran abmüht, der Erfahrung des Widerspruchs selbst i n Begriff und B i l d immer neuen Ausdruck zu verleihen. (Preisendanz ist dieser Frage in einem 1968 erschienenen Aufsatz über den ,Funktionsübergang von Dichtung und Publizistik bei Heine' nachgegangen, dessen methodische 28 Literaturwissenschaftliches Jahrbuch, 11. Bd.

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und sachliche Einsichten geeignet scheinen, die von K u r z mit Nachdruck wiedereröffnete Diskussion um Heines Engagement weiterzuführen und zugleich auf eine neue Grundlage zu stellen.) Z u m Verständnis der historischen Leistung Heines, i n der „Dichterberuf" und „Dichtertum" nicht voneinander abgehoben werden können, dürften weder die „immanente" Textinterpretation, noch die von K u r z weitgehend zugrundegelegte geistes- und ideengeschichtliche Methode das adäquate Instrument sein: erstere w i r d allzuschnell dazu neigen, die Brüche und Widersprüche entweder interpretierend zu harmonisieren oder (wie häufig geschehen) ästhetisch zu diskreditieren; die ideengeschichtliche Methode w i r d allzuleicht den Signaturcharakter der Widersprüche übersehen und das, was selbst schon thematisierte Erfahrung eines problematisch gewordenen Selbstverständnisses ist, als logischen Widerspruch i m „Programm" des „Dichterberufs" auffassen: „ D e r kritische Leser fragt sich: welches W o r t ist nun verbindlich? Das des Tribunen, der die Vernunft und die Freiheit vertritt und die Götter als Mythologeme entlarven muß?, das W o r t des Apostels Saint-Simonistischer Prägung oder das des Dichters, der seine ,Nachtträume' und seine ,ahnenden Träume' anmeldet? Wie verhält sich der Glaube, der auf Wissen und Wissenschaft begründet ist, zu Ahnung und Träumen? Kämpferisch vertritt Heine vorbehaltlos ,einen Glauben, der aus dem Wissen entsprang', den ,Glauben an den Fortschritt'. Träumerisch bewahrt er seine Ahnungen und die Verbindung m i t einem Reich der Götter" (S. 222). K u r z scheint mir hier Fragen zu stellen, die schon Heine selbst gestellt und hinter sich gelassen hat — nicht, indem er sie beantwortete, sondern indem er sie als ungelöste (zumindest vorläufig unlösbare) i n Begriffen und Bildern poetisch verschlüsselte, die Ausdruck seiner persönlichen N o t und ihrer historisch vermittelten Erkenntnis zugleich sind. I m Gegensatz zu K u r z scheint mir gerade die thematische Auseinandersetzung mit dem Problem des „Dichterberufs" beim frühen und mittleren ebenso intensiv und bedeutsam wie beim späten Heine — und zumindest ebenso wesentlich wie „programmatische" Äußerungen, die m i t mehr oder weniger Recht auch dem Kontext isoliert werden können. Daß K u r z dem zentralen künstlerischen Dokument all dieser Fragen i n der mittleren Lebensperiode, der Börne-Denkschrift, keine sorgfältige Analyse gewidmet hat, ist schwer verständlich. Eine Gesamtinterpretation des Werks wäre Voraussetzung gewesen; das Herausgreifen einzelner Belegstellen ist hier besonders fragwürdig, weil es die innere Spannung zerstört, die diese scheinbare A b rechnung m i t dem Gegner zu einem erregenden Gespräch Heines m i t sich selbst macht. Nicht zufällig hat Thomas M a n n in der Denkschrift Heines größtes Werk gesehen. Die eindringlichsten und ertragreichsten Passagen des Buches sind diejenigen, i n denen K u r z seine Methode modifiziert und darauf verzichtet, isolierte Textstellen auf ihren programmatischen Ideengehalt hin abzufragen. Dazu gehört vor allem das Kapitel über die Gestalt des Narren als eine „Figur der Diskrepanz" (S. 224). Ähnlich detaillierte Analysen hätte man

Buchbesprechungen sich für einige der zahlreichen übrigen Bild- und Motivkomplexe gewünscht, i n denen Heine sein Selbstverständnis verschlüsselt hat, m i t einer sprachlichen und gedanklichen Komplexität, die i n der ,Harzreise' oder den , N o r d see'-Gedichten keiner geringeren interpretatorischen Anstrengung bedarf als i n der ,Romantischen Schule' oder dem späten Gedicht ,Für die Mouche'. Z u den Bildern, die als zugleich persönliche und repräsentative Masken immer wiederkehren, gehören neben vielen anderen das des Ritters, sei es der v o m Heiligen Geist oder der von der traurigen Gestalt, und das der Götter i m Exil. Daß letzteres nicht erst seit Einsetzen der Krankheit für Heines Selbstverständnis zentrale Bedeutung gewinnt, hat eine 1967 erschienene Studie von A . I . Sandor (,The Exile of Gods') nachgewiesen. Eine Untersuchung dieser und ähnlicher Bildkomplexe i m Zusammenhang würde wahrscheinlich auch zu dem Ergebnis führen, daß die zeitlos-„existentielle" Bedeutung, die K u r z der Figur des Narren zuschreibt (S. 224), durch den geschichtsphilosophischen Gehalt dieser Bilder zumindest relativiert w i r d : sie sind zwar „Figuren der Diskrepanz", doch erscheint diese Diskrepanz in Heines Sicht weniger als „tragische" (S. 228), denn als eine dialektische des geschichtlichen Übergangs. K u r z selbst betont, daß i n der Trias „Künstler — Tribun — Apostel" (S. 153, 234) das Künstlertum der übergreifende und integrierende (nicht harmonisierende!) Faktor sei. Tatsächlich zeigt er nur, daß eine Spannung zwischen diesen Kräften besteht, nicht aber, wie diese Spannung innerhalb der künstlerischen Struktur sichtbar und literarisch fruchtbar w i r d . Liegt aber nicht hier, i m Bereich der nicht nur programmatischen „Aussage", vielleicht die interessanteste Dimension der Auffassung v o m „Dichterberuf"? K u r z selbst deutet ja an, daß i n diesem Bereich die Differenz zu Heines zeitgenössischen Mitstreitern zu suchen ist. Der Hinweis auf Heines „aristokratische Künstlerindividualität" und seinen „poetischen Genius" (S. 238), ist zu pauschal, um befriedigen zu können, selbst wenn sich fast gleichlautende Äußerungen Heines als Beleg anführen lassen. N u r eine eingehende Analyse der „programmatischen" wie der „thematischen" Begriffs- und Bildkomplexe nach der ihnen zugrundeliegenden poetischen und ideologischen „Erfahrungsstruktur" (Preisendanz) hätte zeigen können, wie sehr die Problematik des dichterischen Selbstverständnisses, des Widerspruchs von Künstlertum, Tribunat, Apostolat noch i m kleinsten Detail des Textes Form geworden ist, folglich auch dort aufgesucht werden muß. Die Trennung von „Dichtertum" und „Dichterberuf", von „ T h e m a t i k " und „ P r o g r a m m a t i k " verfehlt diese D i a l e k t i k und bleibt, bei allen weiterführenden Einsichten i m Einzelnen, doch den Nachweis des eigentlich „Neuen in der Auffassung des Dichterberufes" (S. 19) bei Heine schuldig. Norbert

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Claude R . Owen, Heine im spanischen Sprachgebiet. Eine kritische Bibliographie. Münster 1968 (Spanische Forschungen der Görresgesellschaft, 2, Reihe, 12. Band). Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung. 336 S. Die vorliegende Bibliographie hat sich nach den Worten des Verfassers „ z u m Vorsatz gemacht, künftigen Forschern und Heine-Forschungen i n dem gesamten spanischen Sprachgebiet als H i l f s m i t t e l zu dienen" (S. V I I ) . Was Owen bescheiden als „ H i l f s m i t t e l " künftiger Forschung bezeichnet, ist i n Wirklichkeit eine wissenschaftliche Pionierleistung auf einem bisher nur höchst mangelhaft erschlossenen Gebiet der Vergleichenden Literaturwissenschaft. Es genügt, einen Blick auf die knapp vier Seiten zu werfen, die das Kapitel der spanischen Ubersetzungen i n dem 1960 erschienenen Band I der Heine-Bibliographie von W i l h e l m und Galley umfaßte, um zu erkennen, welch enorme selbständige Forschungsarbeit i n dieses Buch investiert worden ist. Owen hat nicht nur die vorhandenen bibliographischen Vorarbeiten ausgewertet — wobei er gewissenhaft verzeichnet, was er den Hinweisen seiner Vorgänger verdankt — ; er hat sich darüber hinaus Einblick in die entlegensten spanischen und hispano-amerikanischen Publikationen, vor allem seltene Zeitschriften, verschafft. Angesichts der schweren Zugänglichkeit vieler T i t e l sind die knappen, informativen Inhaltsangaben bzw. Kommentare, durch die eine erste Orientierung in der Fülle des Materials ermöglicht w i r d , besonders zu begrüßen. Dem Verzeichnis der spanischen Übersetzungen von Heines Werken ist eine Ubersicht über die vorhandenen Bibliographien und bibliographischen H i l f s m i t t e l vorangestellt, außerdem ein Verzeichnis der von Owen ausgewerteten Zeitschriften, Sammlungen, Anthologien und Gesamtausgaben. Auch eine Liste der gesichteten Zeitschriften, in denen keine einschlägigen Beiträge enthalten waren, ist beigegeben, um späteren Forschern unnütze Doppelarbeit zu ersparen. Das Verzeichnis der Ubersetzungen folgt der Textanordnung, die Elster für seine siebenbändige Heine-Ausgabe gewählt hat. Wie zu erwarten, stellen die Gedichtübersetzungen den weitaus größten Anteil. Für jedes einzelne Gedicht werden sämtliche vorliegenden Ubersetzungen aufgeführt und von Fall zu Fall durch Zitate belegt oder kurz charakterisiert; eine A n o r d nung, die auch gewisse statistische Aufschlüsse darüber gibt, welche Einzelstücke das besondere Interesse der spanischen Ubersetzer gefunden haben. Auch in der hispanischen Welt ist Heines Ruhm in erster Linie m i t dem seines „Buchs der Lieder" verknüpft; innerhalb des „Buchs der Lieder" wiederum scheinen durchweg die Gedichte besonders hoch in der Gunst der Übersetzer gestanden zu haben, die sich auch i m Deutschland des 19. Jahrhunderts schon größter Beliebtheit erfreuten — etwa „ E i n Fichtenbaum steht einsam . . . " und „ D u bist wie eine Blume . . . " . Dagegen kann Owen keine einzige vollständige Übertragung des Nachlaßgedichts ,Für die Mouche' verzeichnen; nur eine einzelne Strophe dieses bedeutenden Gedichts ist übersetzt worden. Für die vergleichende Geschmackssoziologie stellen sich hier inter-

Buchbesprechungen essante Fragen. Ähnlich steht es m i t dem Interesse an der erzählenden und essayistischen Prosa, obwohl kurioserweise die wahrscheinlich erste spanische Ubersetzung eines Heineschen Werks überhaupt eine Übersetzung der ,Romantischen Schule4 (nach der französischen Fassung in der ,Europe littéraire 4 ) war, die ein findiger Piratenübersetzer 1935—38 unter seinem eigenen N a men in der Zeitschrift ,E1 Propagador de la Libertad 4 erscheinen ließ. Es ist nicht der geringste Vorzug dieser m i t ebensoviel Sorgfalt wie philologischem Spürsinn erarbeiteten Bibliographie, daß sie nicht nur zum Nachschlagen, sondern auch zum Lesen — und Staunen! — einlädt. Die erwähnten Beispiele sind charakteristisch für die unberechenbare A r t und Weise, in der sich die Rezeption des Heineschen Werks in Spanien vollzog. Zwei Faktoren sind dabei immer wieder von Bedeutung gewesen: die Vermittlung durch Frankreich — ein großer Teil der Ubersetzungen ist nach dem Französischen und nicht nach dem deutschen Original gefertigt — und nicht zuletzt der Zufall individueller Wege und Begegnungen, der ja überhaupt bei der Aufnahme deutscher Literatur und Philosophie in Spanien eine eigentümliche Rolle gespielt hat, etwa wenn man daran denkt, daß die nicht vorhersehbare Begegnung eines jungen spanischen Universitätslehrers namens Julián Sanz del Río mit den Schriften des schon zu seinen Lebzeiten vergessenen deutschen Philosophen K a r l Christian Friedrich Krause (1781—1832) — nicht etwa m i t dem Werk Kants, Fichtes oder Hegels! — zu der folgenreichen intellektuellen Reformbewegung des spanischen krausismo geführt hat. Wer von dem notwendigen „Prozeßcharakter 44 geistiger Entwicklungen überzeugt ist, w i r d bei solch irrationaler Personalpolitik des Weltgeistes aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr herauskommen. Wenn aus diesen Verhältnissen (umgekehrt, für die Rezeption spanischer K u l t u r in Deutschland, gelten andere Regeln) eine Lehre zu ziehen ist, so diejenige, daß hier mit spekulativen Völkertypologien oder geistesgeschichtlichen K o n struktionen wenig zu gewinnen ist, w o h l aber mit empirisch-historischer Detailforschung. Owen hat die Lehre beherzigt und in mühseliger Kleinarbeit der komparatistischen Heine-Forschung ein Feld bestellt, auf dem solide Erkenntnisse genereller A r t erst reifen können. Von besonderem Interesse für eine zu schreibende Geschichte der Rezeption deutscher K u l t u r i m spanischen Sprachgebiet dürften die beiden Kapitel sein, in denen Owen „Imitationen, Paraphrasen, Beeinflussungen 44 und „ K r i tiken, Widmungen, Ehrungen, Huldigungen, Berichte und Diskussionen über Heine 4 4 zusammengetragen hat. Als Beispiel für die Akribie, m i t der hier Reaktionen verschiedenster A r t und verschiedensten Gewichts festgehalten sind, soll nur ein auf S. 278 (unter GG-9) verzeichneter mündlicher Ausspruch von Jorge Luis Borges über Heine angeführt werden: „Somos todos un tanto heineanos44 — „ W i r sind alle in gewissem Grade Heineaner 44 . K r i t i k und Ergänzungen können sich bei einem solchen Standardwerk nur auf geringfügige Details beziehen. Einige Hinweise: Es scheint inkonsequent, daß Owen die den „Jungen Leiden 44 und dem „Lyrischen Intermezzo" gewidmeten Abschnitte mit den Überschriften ßucb

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der Lieder, Junge Leiden' und ,Buch der Lieder, Lyrisches Intermezzo' versieht, die entsprechenden Abschnitte für die restlichen Teilzyklen des ,Buchs der Lieder' aber nur mit den Titeln yDie Heimkehr', ,Aus der Harzreise', yDie Nordsee* > als seien letztere nicht ebenso Bestandteil der Gedichtsammlung. — Bei den Übertragungen fremdsprachiger Zitate ins Deutsche fallen stellenweise sprachliche Härten oder Ungeschicklichkeiten auf, etwa S. 279, GG-12b, wo eine witzige Pointe durch die Ubersetzung zerstört w i r d . (Die Äußerung Heines über Scribe ist übrigens nicht von Camba erfunden, sondern mehrfach in Erinnerungen der Zeitgenossen überliefert.) — Stichproben ergaben, daß das Register nicht immer zuverlässig ist, so z. B. S. 327 unter „ H u r t a d o y J. de la Serna" (FF-9 statt FF-9e) oder S. 336 unter „Vicens i [ = y?] G i r a l t " (JJ-18b statt JJ-18d) und unter „ W i l h e l m " (A-55 statt A-56). — Unter der Sekundärliteratur zum Thema Heine i n Spanien wäre innerhalb von Owens Berichtszeit der Forschungsbericht von Egon Schwarz ,The Reception of German Culture in Spain' i m Yearbook of Comparative and General Literature 1965 nachzutragen. — Entgangen ist Owen eine spanische Ubersetzung des Gedichts „ E i n Fichtenbaum steht, einsam . . .", die J. Nassen in seinem Buch ,Neue Heine-Funde', Leipzig 1898, ohne Angabe des Ubersetzers abgedruckt hat (S. 110 f.). Sie sei, einem im V o r w o r t (S. V I I ) vom Verfasser geäußerten Wunsch entsprechend, hier abschließend mitgeteilt: Se alza un pino solitario Del Norte en paramo yerto. Dormita: con alba veste Hielo y nieve lo han eubierto. Suena con una palmera Que en el Oriente distante, Sola, en silencio se aflige En un peiiasco abrasante. Norbert

Altenhofer,

Frankfurt am M a i n

Georg Büchner, Sämtliche Werke u n d Briefe. Historisch-kritische Ausgabe mit Kommentar, herausgg. v. Werner R. Lehmann, Hamburger Ausgabe 1 und Textkritische Noten, Prolegomena zur Hamburger Büchner-Ausgabe, Hamburg 1967. Christian Wegener-Verlag. 549 u. 76 S. I n den Prolegomena zur neuen Büchner-Ausgabe heißt es sehr zutreffend: „Der alte, ewig neue Grundsatz, daß die Deutung weitgehend durch die ,Güte' des Textes bedingt ist, hat ohne Einschränkung auch für die BüchnerForschung zu gelten" (S. 5). Wie unsicher die Textgrundlage der bisherigen Büchner-Forschung war, macht diese neue Ausgabe in fast erschreckendem Maße deutlich. Büchner ist beileibe kein Einzelfall: die nahezu totale Vernachlässigung der einfachsten Elemente der Quellenkunde auf den Universitäten hat schon manche

Buchbesprechungen seltsame Blüte getrieben. So kann der Rezensent Lehmann auch nicht zustimmen, wenn er Büchner als extremsten Fall der Entfernung der „ I n t e r pretation . . . von der Grundlagenforschung... in der neueren deutschen Literaturwissenschaft" bezeichnet — für Clemens Brentano gilt das mindestens ebenso, wie die in Arbeit befindliche Frankfurter Brentano-Ausgabe zeigen wird. Freilich, die Textlage bei Büchner ist extrem schwierig, beim ,Woyzeck 4 muß man sie als nahezu hoffnungslos bezeichnen. Die Verderbtheit der bisherigen Ausgaben belegt Lehmann mit einer Reihe von schlagenden Beispielen. Erstaunliche Ergebnisse bei der Aufhellung verderbter Textteile erzielt Lehmann dadurch, daß er der Frage der Zitatmontage bei Büchner m i t besonderer Intensität nachgegangen ist. Dadurch gelingt ihm zweierlei, zum einen bei Verderbtheit zweier kontroverser Überlieferungsträger durch den Nachweis, daß es sich bei der betreffenden Stelle um ein Zitat handelt, m i t dessen Wortlaut Büchners mutmaßliche Intention zu eruieren (ein gutes Beispiel aus ,Leonce und Lena 4 in den Prolegomena S. 10—12); diese Methode bezeichnet Lehmann als „eklektischen Heilungsversuch". I m ,Lenz 4 verwendet Lehmann diese Methode zur „ A u f f ü l l u n g aus der Stoffquelle" bei Textlücken durch Oberlins Aufzeichnungen. Daß diese Methode nicht zu restlos eindeutigen Ergebnissen führen kann, versteht sich von selbst, da die Variation des Zitats durch Büchner nicht zu erschließen ist, aber nach Lage der Dinge führt diese Methode zu optimalen Ergebnissen. Eines muß allerdings bemerkt werden: die Form, in der sich Lehmann vor allem m i t Bergemann auseinandersetzt, ist unerfreulich. Eine Edition ohne Fehler gibt es nicht, und die Auseinandersetzung mit dem Vorgänger — zumal wenn dieser sich nicht mehr wehren kann — sollte streng sachlich bleiben. Uberzeugend ist Lehmanns Regelung der Textkonstitution, die sich in Orthographie und Interpunktion streng an die Vorlage hält und einen Eingriff des Editors nur dann zuläßt, wenn es sich um offensichtliche Versehen, zumal wenn sie sinnentstellend sind, handelt (S. 12—16 der Prolegomena). D a solche Eingriffe i m Apparat nachgewiesen werden, sind sie auch in einer historisch-kritischen Ausgabe legitim. „Uber die allgemeinen Grundsätze der Edition w i r d in gebotener Ausführlichkeit im dritten Band der Ausgabe (Lesarten, Erläuterungen und Dokumente zur Lebensgeschichte) berichtet" (Prolegomena, S. 7). Es w i r d immer die K r u x historisch-kritischer Editionen bleiben, daß man Textbände ohne Apparatbände erscheinen läßt. Bis diese erscheinen, bleibt der Text unüberprüfbar, wie etwa zur Zeit noch in K . L. Schneiders Heym-Ausgabe, um nur ein Beispiel zu nennen. V o r allem aber besteht die Gefahr, daß — aus welchen Gründen auch immer — die Apparat-Bände nie erscheinen, wie z. B. bei Rankes Edition von Gottfrieds ,Tristan 4 oder Schüddekopfs Torso gebliebener Ausgabe von Clemens Brentanos sämtlichen Werken. Für diese Rezension hat das eingeschlagene Verfahren jedenfalls die Folge, daß über die Qualität der Edition nur Vorläufiges gesagt werden kann. Es wäre gut,

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wenn es sich in der Praxis der Editionen durchsetzen würde, daß Text und Apparat gleichzeitig erscheinen. Immerhin lassen der erste Band und die Prolegomena einige Schlüsse zu, i n welche Richtung etwa Lehmann tendiert. Die Frage der Edition ist — vor allem w o h l durch Seifferts Buch und Hans Zellers sich ganz von Beißner absetzender Meyer-Ausgabe — wieder stärker i n der wissenschaftlichen Diskussion. A u f den beiden Kolloquien der Forschungsgemeinschaft, vor allem auf dem zweiten in Marbach v o m 17. M a i 1968, schälten sich zwei Gruppen heraus, die man — vergröbernd — als Beißnerianer und Zellerianer bezeichnen könnte, wobei es innerhalb dieser Gruppen schon deshalb zum Teil erhebliche Differenzierungen gibt, weil die jeweilige Editionsmethode nicht zuletzt sehr stark v o m zu edierenden A u t o r mitbestimmt w i r d — und die Überlieferungslage ist jeweils eine ganz verschiedene. Immerhin widersprachen auf dem K o l l o q u i u m v o m 17. M a i 1968 weder Zeller noch Beißner, als Stackmann die beiden Positionen i n der „Alternative ,Hie Befund' (Zeller) — ,Hie Deutung' (Beißner)" sah (Erstes Protokoll, S. 2). Es kann nicht Aufgabe dieser Rezension sein, näher auf solche Fragen einzugehen, aber diese Polarisierung erleichtert es, Lehmanns Standort als etwa i n der M i t t e liegend zu bestimmen, vielleicht mehr Zellers Position zuneigend — das w i r d man endgültig erst nach Erscheinen des dritten Bandes sagen können. I n der Konsequenz geht es um die Frage der Trennung oder Integrierung von Text und Apparat. Während die eine Seite argumentiert, daß „Dichtung . . . doch irgendwo auch Kunstwerk" sei, „das ohne Lesarten konsumierbar sein muß" ( K r a f t , Erstes Protokoll, S. 8), w i l l die andere Seite auf „die Abdankung des schönen Textes als W e r t " hinaus (Schmidt, ebenda), wie sie Gerhard Seidel in seinen ,Studien zur Edition poetischer Werke von Bertolt Brecht' vorgeführt hat. Dabei bringt allerdings die sachlich nicht zu begründende Apposition „schön" vor „ T e x t " ein emotionales Moment in die Diskussion, das ihr nicht gut tut. Lehmann nimmt folgende Position ein: „Das Bestreben des Herausgebers ging dahin, dem Benutzer einen möglichst reinen, von handwerklichen Zutaten freien Text zu bieten und die philologischen Gerüste nach der Fertigstellung der Textgebäude wieder abzubrechen. Wer Einsicht i n die Probleme der Textentstehung und -Überlieferung nehmen w i l l , findet die erforderlichen Auskünfte i m textkritischen Apparat. Es war nach Möglichkeit zu vermeiden, daß der Apparat m i t all seinen diakritischen Hilfsmitteln und philologischen Prothesen i n den ,Text' verlegt wurde. Wenn sich das i n einigen Fällen nicht verwirklichen ließ, so liegt das an den intrikaten Verhältnissen der Überlieferung, die in der deutschen Dichtungsgeschichte des 19. Jahrhunderts schwerlich ihresgleichen haben dürften. Jedes einzelne Werk Büchners stellte den Herausgeber vor Probleme, für deren Lösung individuelle Wege beschritten werden mußten. Das gilt insbesondere für den ,Woyzeck'." Es w i r d also an der Trennung von Text und Apparat festgehalten, aber die — pragmatisch begründete — Durchbrechung dieses Prinzips ist de facto zum Teil so stark, daß ein eigentümlich zweispältiger Eindruck entsteht.

Buchbesprechungen Selbst wenn man zugestehen muß, daß die Überlieferungslage extrem schwierig ist, bleibt die sehr starke Verwendung diakritischer Zeichen und typographischer Unterscheidungen i m Text problematisch, zumal diese Verfahren den von ihnen betroffenen Textstellen zwangsläufig eine H e r v o r hebung zuteil werden lassen, die sie in dieser Form nicht haben sollen und also das, was Lehmann in den Prolegomena einen „ehrlichen T e x t " nennt (S. 30), eher einen irreführenden Charakter hat. Es scheint mir richtig, wenn Beißner auf dem oben erwähnten K o l l o q u i u m von der notwendigen „Doppeläugigkeit der Philologen, d. h. ein Auge auf dem Text, ein Auge auf dem Apparat" spricht, die die Voraussetzung für das Verständnis einer historisch-kritischen Ausgabe sei (Erstes Protokoll, S. 5). Es geht hier doch w o h l um die Frage, ob es nicht Aufgabe des Editors ist, nicht nur Befunde zu liefern, sondern sich für die ihm dem A u t o r am nächsten erscheinende Lesung zu entscheiden und diese Entscheidung dem Leser i m Apparat überprüfbar zu machen. Lehmann scheint mir mit seinem Verfahren auf der H ä l f t e des Weges stehen zu bleiben, der zur völligen Integrierung von Text und Apparat führt. A m weitesten geht Lehmann bei ,Woyzeck'. H i e r bringt er die Entstehungsstufen, Bruchstücke und die vorläufige Reinschrift i m Textteil und eine Synopse der Überlieferungsträger sowie eine Lese- und Bühnenfassung nicht i m Apparat, sondern in einem eigens dafür geschaffenen „ A n h a n g " . Lehmann schreibt dazu: „ D i e Schwierigkeiten und Widerstände, die die handschriftlichen Befunde des jWoyzeck' der editorischen Deutung entgegensetzen, sind so groß und so vielfältig, daß w i r uns i m Interesse der Sache und im Interesse des Lesers außerstande sahen, die Verantwortung für die Texterschließung allein zu tragen. Die Befunde verlangen dem Herausgeber Entscheidungen ab, die, wie w i r noch zeigen werden, daß Maß des Üblichen bei weitem übersteigen" (Prolegomena, S. 45). Später muß Lehmann aber natürlich einräumen, daß die Ausgabe „einen lesbaren und spielbaren Text bieten" solle (S. 59) und der steht nun etwas verschämt i m Anhang. H i e r wäre es meines Erachtens „ehrlicher" gewesen, das Ergebnis der editorischen Arbeit im Textteil zu bieten und die in diesem Falle einfach unumgänglichen Kontaminationen i m Apparat nachzuweisen und zu begründen — oder aber er hätte eben so ehrlich sein und auf einen lesbaren Text verzichten müssen. Die Zwischenlösung ist nicht überzeugend. A n diesem Fall zeigt sich exemplarisch, daß jene Meinung, der Editor habe nur Befunde zu liefern, zum Bankrott der Philologie führt; der Philologe, der es aufgibt, kritisch und nachprüfbar, einen Text nach bestem Wissen und Gewissen herzustellen, denaturiert zum bloßen Medium: die letzte Konsequenz ist der Faksimile-Druck aller vorhandenen Handschriften. D a hinter steckt w o h l nicht zuletzt die Angst, etwas falsch zu deuten, aber die endgültig letzte Ausgabe eines Dichters hat es nie gegeben und w i r d es nie geben. Den Schluß des vorliegenden Bandes, der neben den Dichtungen auch die Ubersetzungen enthält, bilden hochinteressante „Dokumentationen zur

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Stoffgeschichte", deren wichtigste die Gegenüberstellung von Büchners ,Lenz c und Oberlins Aufzeichnungen ist, für Büchners Zitat- und Montagetechnik ein faszinierendes Beispiel. Wenn der Rezensent auch glaubte, in einigen Punkten Einwendungen erheben zu sollen, so geschah das nicht, um das Verdienst von Lehmanns Leistung zu schmälern. Endgültig urteilen kann man erst später; soviel aber scheint mir festzustehen, daß w i r dieser Ausgabe allererst einen offenbar verläßlichen Büchner-Text zu verdanken haben — bei der immensen Schwierigkeit der Uberlieferungslage eine respektgebietende Leistung. Jürgen Behrens, Frankfurt am M a i n

ADRESSEN DER MITARBEITER Dr. Norbert Altenhofer, Deutsches Seminar, Universität Frankfurt, 6 Frankfurt am Main, Gräfstraße 74 Dr. Jürgen Behrens, Freies Deutsches Hochstift, 6 Frankfurt am Main, Großer Hirschgraben 23 Prof. Dr. Martin Bircher, Dept. of German, McGill University, Montreal 110, Canada Dr. Henning Boetius, Freies Deutsches Hochstift, 6 Frankfurt am Main, Großer Hirschgraben 23 Hansjörg Dörr, 6229 Schlangenbad-Georgenborn, Georgsweg 38 Dr. Josef Donnenberg, A-5020 Salzburg, Hofkirchenstraße 4 Prof. Dr. John Fetzer, Dept. of German, University of California, Davis, California 95616/USA Dr. Leonhard M. Fiedler, Deutsches Seminar, Universität Frankfurt, 6 Frankfurt am Main, Gräfstraße 74 Dr. Urs Herzog, Weite Gasse 7, CH-8003 Zürich, Schweiz Prof. Dr. Bruno Hillebrand, 8 München 27, Rauchstraße 8 P. Dr. Konrad Kienesberger OSB, Abtei Kremsmünster, A-4550 Kremsmünster, Oberösterreich Dr. Margarete Kupper, 87 Würzburg, Augustinerstraße 8 Dr. Sigbert Latzel, 8 München 13, Ainmillerstraße 6 Dr. Gabriele v. Malsen, Seminar für Deutsche Philologie II, Universität München, 8 München 13, Schellingstraße 3 Prof. Dr. Helmut F. Pfanner, Dept. of German and Russian, Hamilton Smith Hall, University of New Hampshire, Durham, New Hampshire 03824/USA Dr. Annelise Raub-Domnick, 44 Münster/Westf., Kanalstraße 71 Paula Sack, 8032 Lochham bei München, Alois-Deschler-Straße 8 Prof. Dr. Ingrid Schuster, Dept. of German, McGill University, Montreal 110, Canada Dr. Franz Viktor Spechtler, Institut für Deutsche Sprache und Literatur, Universität Salzburg, A-5020 Salzburg, Akademie-Straße 20 Dr. Elisabeth Stopp, 3 Drosier Road, Cambridge, Großbritannien Prof. Dr. Ludo Verbeeck, Kerkweg 14, B-3041 Pellenberg, Belgien

N A M E N - U N D SACHREGISTER von Hans Karl Bopp (Die Zahlen bedeuten die Seiten, A. = Anmerkung. Das Register wählt aus.) Abendland, abendländisch, s. Beckett, Samuel, s. Mann, Thomas Absurde s. Beckett, Samuel Adorno, Theodor W., s. Mann, Thomas Ananke s. Hugo, Victor Animismus s. Hugo, Victor Antisemitismus s. Brentano, Clemens von Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig s. Hohberg, Wolfgang Helmhard von Arnim, Achim von s. Brentano, Clemens, s. Savigny, Friedrich Carl von Ästhetik, ästhetisdi s. Weiss, Konrad Aufklärung s. Storm, Theodor Balde, Jacob s. Hohberg, Wolfgang Helmhard von Bang, Johann Heinrich Christian s. Savigny, Friedrich Carl von Barlach, Ernst s. Weiss, Konrad Barock s. Brentano, Clemens Beckett, Samuel 387-397 — Abendland, abendländisch 387, 396 — Aufbau, epischer 387 -Absurde, Absurdität 388, 389, 391 f., 393, 394, 395, 396 — Antiheld 388, 390 f. — Camus, Albert 391 f., 397 — Dadaismus 395 — Endsituation 389 f. — Verlust der Form 394 — Verlust des Inhalts 394 — Interpretationsproblem 387 — Joyce y James 387, 391 — Kafka , Franz 390 f., 393 — Kunst 394-397 — Mallarmé y Stefan 387 — Nietzsche y Friedrich 392

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Plato 396 Sprache 388, 394 f. Sprachanarchie 395 Stilmittel der Langeweile 388, 389, 390 — Stilmittel der Wiederholung 389, 393 — ,Tod Gottes ' 392 — tragisch 395 — Valeryy

Paul 387

— Zentralmotiv 395 — Werke ,Comment C'est' 388 ,Fin de partie' 396 jLTnnommable' 388, 392, 3?4 ,Malone meurt' 388 ,Murphy' 388 Beethoven, Ludwig van s. Mann, Thomas Berg, Alban s. Mann, Thomas Birken, Sigmund von s. Hohberg, Wolfgang Helmhard von Böhme, Jacob s. Werner, Zacharias Brentano, Bettina von s. Brentano, Clemens von Brentano, Clemens von (Forschungsbcricht) 87-119 — Antisemitismus 94 f., 95 A.15a — Arnimy Achim von 105 -Barock 115 f. — Biographische Studien 89-114 — Brentanoy Bettina von 104 — Dadaismus 115 — Dichter über Brentano 111-114 — Edition 87, 88, 89 A. 6 c, d — Einheit, zwiespältige 93, 95, 96, 97 — Emmericky Anna Katharina 91, 108-111

— Heine } Heinrich 117 f. — Hensely Luise 91, 106-108

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Namen- und Sachregister

— Hofmannsthal (Chandos-Brief) 114 -Hölderlin 116 f. -Katholizismus 91, 92, 94, 97, 98, 99, 100, 103, 106, 107, 112, 113 — Mereau y Sophie 91, 105, 106 -Moderne 114, 115,118 — Mutterbindung 103 — Novalis ( Hardenberg , Friedrich von) 117 — Ödipuskomplex 102 — Runge y Philipp Otto 117 — Schlegel, Friedrich 116,117 — Sprachkrise 113,114

Expressionismus s. Sack, Gustav, s. Weiss, Konrad Fischer, Hans W. s. Sack, Gustav Fortschrittsglaube s. Hugo, Victor Frischlin, Nicodemus s. Gretser, Jakob fruchtbringende Gesellschaft' s. Hohberg, Wolfgang Helmhard von

Gewissen s. Hugo, Victor Gezelle, Guido s. Weiss, Konrad Goethe, Johann Wolfgang von s. Savigny, Friedrich Carl von, s. Werner, Zacharias — Tiecky Ludwig 116 Graf, Oskar Maria 369-386 Büchner, Georg (Edition, historisch-kri— Aphorismen 379 f. tische) 438-442 — Arbeitspläne, letzte 383 f. — Editionsmethoden 440 — Archivmaterial, persönliches 384 f. — jWoyzedc' 439, 441 — Autobiographie, Autobiographisches 370, 376, 380 f., 383 Camus, Albert 193, s. auch Beckett, — Briefe an O. M. Graf (Register der Samuel Absender) 382 Christentum s. Hugo, Victor — Emigration 369-371, 383 — Erzählungen 374-376 Dadaismus s. Beckett, Samuel, s. Bren— Essays und Reden 377-379 tano, Clemens von — Hitlery Adolf 369, 377 Dawin s. Hugo, Victor, s. Storm, Theo— Nachlaß 369-386 dor — Nationalsozialismus 377, 383 Dekadenz s. Mann, Thomas — Provinzschriftsteller 369 f. Determinismus s. Hugo, Victor — Reden, politische 377-379 Dichtung — Romane 372-374 — und Geschichte s. Rudolf von Ems — Romane, politische 369, 386 — soziale s. Hugo, Victor -Stoffwahl 370 Doppelgängermotiv s. Storm, Theodor — Wirtschaftswunder 383 — Werke Edition s. Brentano, Clemens von, s. ,An manchen Tagen' 377 Büchner, Georg jBanscho' 373 Eichendorff, Joseph von s. Savigny, ,Das bayrische Dekameron' 369, Friedrich Carl von, s. Werner, Zacha385 rias ,Der Abgrund' 374 Emmerick, Anna Katharina s. Brentano, ,Die Eroberung der Welt' 373 ,Die Flucht ins Mittelmäßige' Clemens von 373 Endzeit, s. Mann, Thomas yEpistolae obscurorum virorum* s.Gret- — - Gedichte 371 f. ,Gelächter von außen' 370, ser, Jakob 380 f. Erbsünde, Ursünde s. Hugo, Victor ,Die Heimsuchung' 373 Erweckungsbewegung, süddeutsche s. ,Wir sind Gefangene' 370, 380, Savigny, Friedrich Carl von 385 Evolutionstheorie s. Hugo, Viktor, Greifenberg, Catharina Regina von s. s. Storm, Theodor Hohberg, Wolfgang Helmhard von Existenzialismus s. Hugo, Victor

Namen- und Sachregister Gretser, Jakob 1-36 — ,Ad fontes' 24, 25 — Bibliographie 1 — Biographisches 2, 3, 4, 5 — Editor 26 f. — yEpistolae obscurorum virorum' 8 — Dramen aus Ingolstadt 27-35 — Dramen aus Freiburg 5-14 — Frischlin , Nicodemus 12, 14, 33 — Grammatiker 15 — Humanisten, Humanismus 2, 6, 7, 8, 24, 25, 28, 29 -HumiLitas 1-4, 15, 21 — Ignatius von Loyola 19 — Jesuitentheater 4, 7 — Petrus Canisius 1, 8 — Petrus Faber 1,17 -Polemiker 15-22 — Religionsgespräch, Regensburger 15 f. — Schuldrama 28, 29 — Societas Jesu 1 f. — Stenius (Stein, Simon) 19, 20 -Stoffwahl 8-11 -Studien 5,13-15 — Tanner, Adam 16 — Theologe 22-25 — Werke Bibelstücke 5, 7 ,Caecus illuminatus' 5 ,De sancta Cruce' 22 f. ,Ita Doggia' 11 f. ,Lazarus resuscitatus' 5 ,Nicolaus Myriensis' 9,13 ,Regnum-Humanitatis-Trilogie' 28-33 ,Timon' 5 f. Grimm, Brüder s. Savigny, Friedrich Carl von Harsdörffer, Georg Philipp s. Hohberg, Wolfgang Helmhard von Heilsgeschichte, heilsgeschichtlich s. Weiss, Konrad Heine, Heinrich 429-438, s. auch Brentano, Clemens von — Dichtertum und Dichterberuf 430-435 — Hölderlin 432 — Mann, Thomas 434 — Übersetzungen, spanische 436-438 — Selbstverständnis 430 f., 433-435

Hensel, Luise s. Brentano, Clemens von Hermeneutik, mittelalterliche s. Weiss, Konrad Heyse, Paul s. Storm, Theodor Hitler, Adolf s. Graf, Oskar Maria yHochland* s. Weiss, Konrad Hofmannsthal (Chandos-Brief) s. Brentano, Clemens von Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus s. Storm, Theodor Hohberg, Wotfgang Helmhard von 37-65 — Anton Ulrich von Braunschweig 56 f. — Balde, Jacob 40 — Bilder, mythologische 40 — Birken , Sigmund von 52-58 — Freundeskreis 42, 45, 50, 51 — ,Fruchtbringende Gesellschaft* 41, 42, 43, 45 f., 55, 58-65 — Greifenberg , Catharina Regina von 51, 55 — Harsdörffer , Georg Philipp 41, 42, 43, 46, 58 — Kuef stein, Georg Adam von 42-46, 49, 50 — Schäferdichtung 38, 44, 45, 46, 59 — Stubenberg y Johann Wilhelm von 50-52 — Werke ,Die unvergnügte Proserpina' 37,45,49,51 »Georgia curiosa' 38, 51, 55 jHabspurgischer Ottobert' 37, 38, 44,51,52 ,Hirtengespräch' 42-50, Text 46 bis 49 ,Klag-Gedidit auf Maria Leopoldina' 38-41, 51, 52 ,Klinggedichte' 58, 59, Text 59-61 ,Lust- und Artzeney-Garten des Königlichen Propheten Davids' 38, 55, 64 — Werkverzeichnis, chronologisches 65 f. Hölderlin s. Brentano, Clemens von, s. Heine, Heinrich Hugo, Victor 189-207 — Ananke 199 — Animismus 191, 201, 207

448

Namen- und Sachregister

— Christentum 191, 200 f., 207 — Darwin 201 — Determinismus 198-201 — Dichtung, soziale 200 f. — Evolutionstheorie 201 — yFatalitê du coeur ' 200 — yFatalitê sociale' 200 — Fortschrittsglaube 201, 204-206 — Gewissen 195 — Gottesbild 195 f. — Humanismus 200 f. -Kabbala 191, 196 A. 25, 207 — Napoléon , Louis 190 — Nächstenliebe 204 — Pascaly Biaise 194 — Plato 193, 198, 207 — Rationalismus 196 — Romantik, französische 190 — Seelenwanderung 201-206 — Sprache, symbolreiche 205 — Todesstrafe 200, 201 - Ü b e l 189-207 Entstehung 195-198 — - Erbsünde, Ursünde 196-198 Existenzerfahrung 191-195 Existenzialismus 193 Leiden der Schöpfung 192, 193, 194 — - Soziales Übel 206 — Weltbild 198 f. — Welt, heile 194 — Wiedergeburt s. Seelenwanderung — Werke ,La Fin de Satan4 190, 200 - — ,La Legende des siècles' 190 ,Les Burgraves' 199-200, 201 ,Les Contemplations' 190, 193, 203 ,Les Miserables' 190, 199, 200 f. ,Notre-Dame de Paris' 199 Humanismus, Humanisten s. Gretser, Jakob, s. Hugo, Victor Humor s. Storm, Theodor Ironie, ironisch s. Storm, Theodor Jesuitentheater s. Gretser, Jakob Joyce, James s. Beckett, Samuel Kabbala s. Hugo, Victor Kafka, Franz s. Beckett, Samuel, s. Storm, Theodor

Katholizismus, katholisch, Konversion zum Katholizismus s. Brentano, Clemens von, s. Werner, Zacharias Kleist, Heinrich von s. Komödie Komödie 418-425 — Gattungstheorie 418, 423 f. -Gesellschaft 419-421,423 — Intention 419, 422-424 — Kleisty Heinrich von »Amphitryon' 423 ,Der zerbrochene Krug' 422 — Komödienfigur 419 — Lessingy Gotthold Ephraim ,Minna von Barnhelm' 419 — Sturm und Drang 420 f. — Tiecky

Ludwig

421 f.

Kreatur, Kreatürlichkeit s. Weiss, Konrad Kritik s. Weiss, Konrad Kuefstein, Georg Adam von s. Hohberg, Wolfgang Helmhard von Kunst s. Beckett, Samuel, s. Storm, Theodor, s. Weiss, Konrad Kurzgeschichte 425-428 — Gattung 426 f. Lasker-Schüler, Else (Nachlaß-Bericht, Epistolographie) 225-283 — Briefe an Else Lasker-Schüler (Register) 274-276 — Briefe von Else Lasker-Schüler (Register) 227-273 — Briefe von Else Lasker-Schüler publizierte (Register) 277-283 ylêre

(

s. Rudolf von Ems

Lessing, Gotthold Ephraim s. Komödie Liedforschung s. Mondsee-Wiener Liederhandschrift Linguistik s. Sprache Literaturwissenschaft, vergleichende s. Heine, Heinrich Lyrik, neue s. Weiss, Konrad Malerei (Münchner Schule) s. Weiss, Konrad Mallarmé, Stefan s. Beckett, Samuel Mann, Thomas s. Heine, Heinrich, s. Werner, Zacharias Mann, Thomas (,Doktor Faustus') und Adorno, Theodor 285-322

Namen- und Sachregister — Abendland, abendländisch 286 — und Adornos ,Minima Moralia' 290, 303, 304, 305 — und Adornos Musikphilosophie 287, 290 f., 295 f., 301, 310 — und Adornos ,Quasi una fantasia' 307 — und Adornos ,Spätstil Beethovens* 290, 292, 293, 294, 310 — Beethoven, ,Sonate Opus I I I * 291, 292, 294, 300 — Berg, Alban 307-309 — Dämonie 286, 299 -Dekadenz 285 -Endzeit 285-287, 293-295, 301-303 u. 303 A. 97, 304, 306, 310 — Faustkantate 301-304, 306 — Kretschmarvortrag 292-294, 301 — Kunstauffassung 294, 295, 300 f. — Magisches Quadrat 309 f. — ,musikalisch und deutsch' 286 — Nietzsche 287, 289 — Reihenmusik 297 f. — Schönberg, Arnold 286, 287, 295 bis 297, 305, 308 — Schopenhauer, Arthur 289 — Transzendenz 288, 303, 304 — Tschaikowsky 307,311 — Wagner 287, 289, 297, 308, 310 — Werke Adorno, Theodor ,Minima Moralia' 290, 303, 304, 305, Text 305 f., 320-322 »Philosophie der neuen Musik' 291, 295, 296, 301, Text 314-319 ,Quasi una fantasia' 307 ,Spätstil Beethovens' 290, 292 bis 294, Text 312 f. Mann, Thomas ,Doktor Faustus' 285-312, Text 312-322 ,Entstehung des Doktor Faustus' 290,311 -Zwölftontechnik 286 f., 295 f., 310 Märchendichtung s. Storm, Theodor Meditatives Denken s. Weiss, Konrad Mereau, Sophie s. Brentano, Clemens von Metapher s. Sprache Mittelalter s. Storm, Theodor

Moderne s. Brentano, Clemens von, s. Weiss, Konrad Mönch von Salzburg s. Mondsee-Wiener Liederhandschrift Mondsee-Wiener Liederhandschrift 403-410 — Mehrstimmigkeit 408-410 — Mönch von Salzburg 405, 406, 407, 409 — Oswald von Wolkenstein 405, 407, 410 — Spörly Peter 405 f. yMünchener Neueste Nachrichten' s. Weiss, Konrad Musik s. Mann, Thomas, s. Storm, Theodor Mystik s. Savigny, Friedrich Carl von Mythos s. Weiss, Konrad Napoleon, Louis s. Hugo, Victor Nietzsche, Friedrich s. Beckett, Samuel, s. Mann, Thomas Novalis (Hardenberg, Friedrich von) s. Brentano, Clemens von Novelle s. Kurzgeschichte, s. Storm, Theodor Offenbarung s. Weiss, Konrad Oswald von Wolkenstein s. MondseeWiener Liederhandschrift Paradies s. Storm, Theodor, s. Weiss, Konrad Pascal, Blaise s. Hugo, Victor Pestalozzi, Johann Heinrich s. Savigny, Friedrich Carl von Phantasie, phantastisch s. Storm, Theodor Pietismus s. Savigny, Friedrich Carl von Plato, platonisch s. Beckett, Samuel, s. Hugo, Victor Rationalismus s. Hugo, Victor Reihenmusik s. Mann, Thomas Religion, Religiosität s. Savigny, Friedrich Carl von, s. Weiss, Konrad, s. Werner, Zacharias Religionsgespräch, Regensburger s. Gretser, Jakob Rilke, Rainer Maria s. Weiss, Konrad Ringseis, Johann Nepomuk von s. Savigny, Friedrich Carl von

450

Namen- und Sachregister

Roman — Bildungsroman 428 — Höfischer Roman s* Rudolf von Ems Romantik, romantisch s. Hugo* Victor, s. Storm, Theodor, s. Weiss, Konrad Rudolf von Ems 410-418 — Dichtung und Geschichte 413, 414, 415-417 — Glücksradsymbol 416 - ,lere' 417 — Roman, höfischer 410, 411, 412 - ywdrheit ' 415, 416, 417 - Werke ,Alexander' 412, 413, 414, 415, 416 ,Der gute Gerhard' 413, 415 - - ,Weltchronik' 412, 415, 417 - - ,Willehalm' 412, 414 Runge, Philipp Otto s. Brentano, Clemens von Sack, Gustav 357-367 -Biographisches 357, 361, 362, 363, 364, 366, 367 — Expressionismus 364 - Fischer , Hans W. 359 — Nachlaß 357-367 — Selbstdarstellung 367 - Werke ,Aufsatzversuche' 359 f. - - ,Der Rubin' 360-362 ,Der Refraktär' 364 f. ,Die drei Reiter' (Gedichte) 357-359, 361 ,Ein Namenloser' 360 ,Ein verbummelter Student' 363 Feldpostbriefe 363 f. ,In Ketten durch Rumänien' 365, 366 ,Aus dem Tagebuch eines Refraktär^ 362, 363 - - ,Paralyse' 357, 359, 365 Sailer, Johann Michael s. Savigny, Friedrich Carl von Savigny, Bettina von s. Savigny, Friedrich Carl von Saivigny, Friedrich Carl von 121-187 s. auch Brentano, Clemens von -Abendmahl 151-155 — Arnim, Achim von 160

— Bang, Johann Heinrich Christian 122, 148 -Berufslehre 134-137, 149 —,Schreiben an Bettina ' 122, 124, 125, 126, 131, Text 161-171 - B i l d des Tempels 138 — Eichendorff , Joseph von 160 — Erweckungsbewegung, süddeutsche 155-159 — Goethe y Johann Wolf gang von 130, 135 — Brüder Grimm 127 — yKindersinn*

1 3 1 f., 1 6 0

— Kirche, Konfessionen 140-148, 150 f. — yünsichtbare , geheime Kirche ' 144 f., 147 f., 158, 159 - K u n s t 133 — ,Zur Erinnerung für Leo' 122-124, 126-140,143,146,147,151-156, Text 171-187 -Mystisches Erbe 149, 152, 154 u. A. 131, 157 f. -Nachlaß 123 u. A.9 — Pestalozzi , Johann Heinrich 135 -Pietismus 129,130,139,155,158 — Ringseisy Johann Nepomuk von 122, 156 f. — Sailer y Johann Michael 122,132 u. A. 50, 147, 151, 156, 157, 159 — Schleiermacher , Friedrich Daniel Ernst 135, 157 u. A. 153 — Selbstsucht und Liebe 126-128 — Simonisten 136 u. A. 60 -Sündenlehre 128-131 — Tauler , Johannes 158 — Thomas a Kempis (»Nachfolge Christi') 127, 141, 153, 158, 187 — yVita

activa'

139

— yVita contemplativa' 139 - W e l t 137-140,149 -Wissenschaft 133 Schäferdichtung s. Hohberg, Wolfgang Helmhard von Schäffer, Albrecht s. Weiss, Konrad Schlegel, Friedrich s. Brentano, Clemens von Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst s. Savigny, Friedrich Carl von Schönberg, Arnold s. Mann, Thomas

Namen- und Sachregister Schopenhauer, Arthur s. Mann, Thomas Schröder, Rudolf Alexander s. Weiss, Konrad Seelenwanderung s. Hugo, Victor Simonisten, s. Savigny, Friedrich Carl von Societas Jesu s. Gretser, Jakob Spörl, Peter s. Mondsee-Wiener Liederhandschrift Sprache 399-403, s. auch Beckett, Samuel — Lügende Sprache 399-403 — Metapher 399, 402 f. — Sprachkrise s. Brentano, Clemens von — Übersetzersprache 400 Stil, hermetischer s. Weiss, Konrad Stolberg, Friedrich Leopold Graf zu 428 f. Storm, Theodor und Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus 209-223 -Aufklärung 214, 219 — Autobiographisches 220 f. — Darwin 217 — Deformation des Menschlichen 217, 222 — Doppelgängermotiv 210 — Evolutionstheorie 217,219 -Gesellschaft 218,219,222 — Heyse , Paul 213 - H u m o r 214,215 — Ironie 212, 214 — Kafka, Franz 222 f. -Kunst 218 — Märchendichtung 209, 210, 212 — Mittelalter 219 - M u s i k 218,219 — Nachahmung 214 — Novellentechnik 210 — Paradies 211 — Phantasie, phantastisch 211, 215 — Vampirismus 220 -Vergänglichkeit 216, 217, 218, 219, 220 — Werke Hoffmann , Ernst Theodor Amadeus ,Das fremde Kind' 221-223 ,Lebensansichten des Katers Murr' 221

,Serapions-Brüder' 210, 213-217, 219, 220, 221-223 Storm , Theodor ,Der Herr Etatsrat' 221-223 ,Hinzelmeier' 209, 210, 211 ,Malerarbeit' 212 f., 215 ,Zerstreute Kapitel' 213-221 - Wirklichkeit 211 f., 214 f., 223 - Z e i t 213, 214, 219-221 Stubenberg, Johann Wilhelm von s. Hohberg, Wolfgang Helmhard von Sturm und Drang s. Komödie SymboLismus s. Weiss, Konrad Tanner, Adam s. Gretser, Jakob Tauler, Johannes s. Savigny, Friedrich Carl von Thomas a Kempis s. Savigny, Friedrich Carl von Tieck, Ludwig s. Brentano, Clemens von, s. Komödie ,Tod Gottes ' s. Beckett, Samuel Todesstrafe s. Hugo, Victor Transzendenz s. Mann, Thomas Tschaikowsky s. Mann, Thomas Übel s. Hugo, Victor Ulimann, Regina s. Weiss, Konrad Universalismus s. Weiss, Konrad Valery, Paul s. Beckett, Samuel Vampirismus s. Storm, Theodor Van Gogh s. Weiss, Konrad Vergänglichkeit s. Storm, Theodor Wagner, Richard s. Mann, Thomas yWarheit' s. Rudolf von Ems Weiss, Konrad 323-355 — Arbeiten, kritische (Texte) 331-355 ,Ernst Barlach als Selbstbiograph' Text 342-344 ,Die neue Lyrik' Text 334-342 ,Der flämische Dichter Guido Gezelle' Text 331-334 »Lyrisches Wort von heute — Zu Gedichten von Albrecht Schaffet Text 344-350 ,Des Dichters Heimat — Rudolf Alexander Schröders traumhaftes Wanderbuch' 351-355

452

Namen- und Sachregister

,Regina U Ilmann erzählt* Text 350-351 — Ästhetik, ästhetisch 327 — Md und Wort ' 324, 325 f. — Expressionismus 328 — Heilsgeschichte, heilsgeschichtlich 324, 325, 327 — Hermeneutik, mittelalterliche 326, 327 — yHochland ' 323 — Kunst 323, 328 — Kreatur, Kreatürlichkeit 324, 327, 329 — Kritisches Verfahren 325, 326 — Malerei (Münchner Schule) 328 — Mangel der Kreatur 324 f., 327 — Meditatives Denken 324, 326 — Moderne 327 — yMünchener Neueste Nachrichten ' 323 — Mythos 329 — Offenbarung 325, 328 — Paradies 324, 327 — Religiöse Existenz 328 — Rilke t Rainer Maria 327 — Romantik 329 — Symbolismus 328 — Universalismus 329 — Van Gogh 324, 327, 328 — Wirklichkeit 324 f., 328 — Wölffliny Heinrich 326 Werner, Zacharias und Goethe, Johann Wolfgang von (,Die Wahlverwandtschaften') 67-85 — Blumensymbolik 70 — Böhme, Jacob 70

— Christentum 69, 71, 79 — Eichendorff, Joseph von 73 — Entsagung 74, 75, 76, 77, 81 — Erlösung 79, 80 — ,Generalbeichte' 72, 81 -Heidentum 69, 71, 79 — Konversion 67 f., 81, 82, 83 — Liebestheorie 76, 79, 81 — Mann, Thomas 77 — Priestertum 84 f. — Romantischer Charakter 70 — Werke Goethe, Johann Wolfgang von ,Die Braut von Korinth' 75, 82 ,Die Wahlverwandtschaften' 67-85 ,Pandora' 69, 73, 75 Werner , Zacharias »Attila, König der Hunnen' 73 ,Das Kreuz an der Ostsee' 73 ,Der 24. Februar' 70, 72 ,Die Mutter der Makkabäer' 83 ,Martin Luther oder die Weihe der Kraft' 70, 73 ,Sonett auf Goethes »Wahlverwandtschaften' 67, 78 »Wanda, Königin der Sarmaten' 69, 70, 76 Wirklichkeit s. Storm, Theodor, s. Weiss, Konrad Wölfflin, Heinrich s. Weiss, Konrad Wort s. Sprache