Geschichte Alexanders des Großen. Band II: Lateinisch und deutsch 9783534181216, 9783534186433

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Geschichte Alexanders des Großen. Band II: Lateinisch und deutsch
 9783534181216, 9783534186433

Table of contents :
Front Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Inhalt der Bücher 7–10
Q. Curtius Rufus, Geschichte Alexanders des Großen (zweisprachig)
– Buch 7
– Buch 8
– Buch 9
– Buch 10
Anmerkungen
Zur Textgestaltung
Register
Bibliographie
Über die Reihe
Über den Inhalt
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E DI TION AN T I KE Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose

Q. CURTIUS RUFUS

GESCHICHTE ALEXANDERS DES GROSSEN BAND II Lateinisch und deutsch

Nach der Übersetzung von Johannes Siebelis überarbeitet von Christina Hummer (Buch 7), Christoph Fröhlich (Buch 8), Antonia Jenik (Buch 9) und Frank Fabian (Buch 10)

Verantwortlicher Bandherausgeber: Kai Brodersen Die EDITION ANTIKE wird gefördert durch den Wilhelm-Weischedel-Fonds der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Wissenschaftliche Redaktion und Schriftleitung: Federica Casolari (Ludwig-Maximilians-Universität München)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2007 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-darmstadt.de

ISBN 978-3-534-18121-6 Gesamtnummer Band I und Band II: ISBN 978-3-534-18643-3

Inhalt Inhalt der Bücher 7–10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Q. Curtius Rufus, Geschichte Alexanders des Großen (zweisprachig) . . . .

13

– Buch 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 – Buch 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 – Buch 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 – Buch 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Zur Textgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

Inhalt der Bücher 7–10 [Der folgenden Übersicht über die Bücher 7–10 liegt die entsprechende Inhaltsübersicht von Vogel – Weinhold (Leipzig 41903–31906, S. 9–20, hier: 14–20) zugrunde. Die in eckigen Klammern ausgeführten Angaben stammen aus der Parallelüberlieferung.]

Buch 7 Geschehnisse

Curt. 7

Diod. Iustin Plut. Arr. 17 12 Alex. Anab. 3

(Herbst 330) Der Lynkeste Alexander wird als 1,1–9 vermeintlicher Hochverräter getötet. Alexander vernimmt Amyntas und 1,10–40 Simmias, die Freunde des Philotas. Auf die Bitten des Heeres werden 2,1–10 sie mitsamt ihrem Bruder Polemon freigesprochen. Alexander gibt den Befehl, Par- 2,11–34 menion zu ermorden. Der König bildet ein Strafkorps 2,35–38 aus den Soldaten, die Parmenions Tod zu freimütig beklagt haben. Alexander unterwirft die Ari- 3,1–3 masper (Euergeten) und anschlie3,4f. ßend die Arachosier.

80

(14)











27







27

80

5

49

26

80

5





81

5



26

81

5



28

82

5



28

(Winter 330) Die Makedonen unternehmen einen Winterfeldzug in das Hochland der Parapamisaden. Dort

3,5–23

2

Inhaltliche Übersicht

Curt. 7

gründet Alexander die Stadt Alexandreia. Bessos wird nach dem Vorfall mit Gobares von seinen Anhängern verlassen und flieht über den Oxos.

Diod. Iustin Plut. Alex. 17 12

Arr. Anab. 3–4

4,1–21

(83)





3,28

4,22–31

83





3,28

4,32–40

83







5,1–18

83



(42)

3,29

5,19–26

83





3,29f.

5,27–35

(19, 90)



46



5,36–43

83

5



(3,30)

6,1–10







3,30





4,1

(Frühling 329) Nach einem mühevollen Marsch gelangen die Makedonen nach Baktrien. Es folgt eine Beschreibung des Landes. Erigyios besiegt unterdessen Satibarzanes im Zweikampf. Die Makedonen ziehen von Baktrien aus durch die Steppen von Sogdiana und geraten dort wegen Wassermangels in Gefahr. Anschließend überschreiten sie den Oxos. Alexander erhält Nachricht von der Gefangennahme des Bessos. Der Makedonenherrscher übt grausame Rache an den Branchiden, die aus Milet stammen. Alexander gelangt an den Tanaïs. Der gefangene Bessos wird dem Bruder des Dareios zur Bestrafung übergeben. Im Kampf mit den Bergvölkern am Tanaïs wird der König verwundet. Die Makedonen rücken bis Marakanda vor. Die abischen Skythen schicken eine Gesandtschaft an Alexander.

6,11–13

Buch 7

Curt. 7

3

Diod. Iustin Plut. 17 Alex. 12

Bei den Baktrianern und Sog- 6,13–23 dianern bricht unter Spitamenes und Katanes ein Aufstand aus. Die abgefallenen Städte werden bestraft. Bei der Eroberung von Kyropolis wird Alexander verwundet.

Arr. Anab. 4





2f.

5



1. 4. 3





1. 4. 3





5f.





5f.





(15)



45

3f.





6





(6)

(Sommer 329) Spitamenes wird in Marakanda 6,24–27 eingeschlossen. Am Tanaïs gründet Alexander die Stadt Alexandreia. Alexander zieht gegen die Sky- 7,1–29 then, welche die neue Niederlassung bedrohen. Menedemos erleidet vor Mara- 7,30–39 kanda einen Misserfolg. Die Makedonen treffen Vorberei- 8,1–8 tungen zur Überschreitung des Tanaïs. Die skythischen Gesandten hal- 8,9–30 ten eine Rede vor Alexander. Der König überschreitet den 9,1–19 Fluss und besiegt die Skythen. Die Saker unterwerfen sich freiwillig. Alexander eilt zur Befreiung sei- 9,20–22 ner Truppen nach Marakanda. Es folgt eine Beschreibung von 10,1–9 Sogdiana. Die gefangenen Sogdianer werden begnadigt.

L ü c k e b e i D i o d o r

4

Inhaltliche Übersicht

Curt. 7

Diod. Iustin Plut. 17 12 Alex.

(Winter 329) Alexander kehrt nach Baktra ins 10,10–12 Winterquartier zurück und lässt Bessos nach Ekbatana führen. Das Heer wird vergrößert.

(83)

Arr. Anab. 4





7



(43)

7



(5)











18f.

(Frühling 328) Nach der Überschreitung des 10,13–16 Ochos und Oxos (?) gründet Alexander sechs Kastelle bei der Stadt Margania. 11 Die letzte sogdianische Bergfestung, die Arimazes besetzt hält, wird eingenommen.

Buch 8 Curt. 8

Die Makedonen besiegen in ge- 1,1–7 trennten Heerscharen die meuternden baktrischen Horden sowie die eingedrungenen Massageten. Anschließend kehren sie nach Marakanda zurück. Alexander empfängt eine Ge- 1,8–10 sandtschaft der Chorasmier und Skythen. Im Wildpark von Bazaira findet 1,11–19 eine Jagd statt. Es folgt eine Erzählung über den Löwen des Lysimachos.

Diod. Iustin Plut. 17 12 Alex.

Arr. Anab. 4





16f.





15

(15,3)



(27?)

L ü c k e b e i

Buch 8

Curt. 8

5

Diod. Iustin Plut. 17 Alex. 12

(Sommer 328) Alexander ermordet im Rausch 1,20–52 seinen Freund Kleitos. 2,1–12 Der König bereut seine Tat. Das Heer marschiert über Xenip- 2,13–19 pa nach Nautaka weiter. Die Festung, die sich in der Nähe 2,20–40 von Nautaka befindet und dem Sisimithres untersteht, wird eingenommen. Der junge Adelige Philippos und der Feldherr Erigyios finden den Tod. Die Gattin des Spitamenes über- 3,1–15 bringt das Haupt ihres Mannes, den sie selbst getötet hat. Alexander richtet über verschie- 3,16f. dene untreue Statthalter.

D i o d o r

Arr. Anab. 4

6

50f.

8f.

6 —

50f. —

8f. 18



58

21?





17





18





(18)



(47. 58)

19f.





22

(7)

53

9–12

(Winter 328) [Nautaka dient den Makedonen 4,1–20 als Winterquartier.] Auf dem Weitermarsch nach Gazaba gerät das Heer in ein gefährliches Unwetter. Chorienes unterwirft sich dem 4,21–30 König. Alexander heiratet die Tochter des Oxyartes, Rhoxane. [Während der Rast bei Baktra] 5,1–4 rüsten sich die Soldaten für den Feldzug nach Indien. Krateros besiegt die Aufrührer Katanes und Haustanes. Alexander nimmt immer mehr 5,5–24 die Angewohnheiten eines persischen Despoten an und verlangt göttliche Ehren für seine Person. Dies erregt Anstoß bei vielen

L ü c k e b e i

6

Inhaltliche Übersicht

Curt. 8

Makedonen, besonders bei dem Philosophen und Geschichtsschreiber Kallisthenes. Hermolaos und andere Jungadelige planen eine Verschwörung gegen Alexander. Die Verdächtigen werden verhört und hingerichtet. Kallisthenes stirbt ohne Verhör. Das Heer marschiert in Indien ein. Es folgt eine Schilderung Indiens und seiner Bewohner.

6–8

Diod. Iustin Plut. 17 12 Alex.

D i o d o r

Arr. Anab. 4–5

7

54f.

4,13f.





4,22 5,4–6





4,22–25

7

58

5,1f.

84

7

59

4,26f.

85

7



4,28–30

86





4,28

9

(Frühling 327) Alexander unterwirft das Land 10,1–3 bis zum Indus und trifft Vorbereitungen zur Überschreitung dieses Flusses. Nysa wird belagert und ergibt 10,4–18 sich. Auf dem Berg Meros, der dem Vater Bakchos heilig ist, finden Festlichkeiten statt. Nach der Überschreitung des 10,19–36 Choaspis wird Mazaga eingenommen. Der König erleidet dabei eine Verwundung. Er begnadigt Kleophis, die Königin des Landes. 11 Alexanders verlustreicher Angriff auf das Räuberquartier Aornis bleibt erfolglos. Nach zwei Tagen räumen die Belagerten freiwillig den Platz. Alexander rückt nach Ekbolima 12,1–4 vor und von dort zum Indus.

Buch 9

Curt. 8

7

Diod. Iustin Plut. 17 Alex. 12

(Winter 327) Der indische Fürst Omphis (Taxi- 12,5–18 les) unterwirft sich den Makedonen und wird reich belohnt.

Arr. Anab. 5

86



59

3. 8

87

8

60

8f.





60

10–15

88f.

8

60

16–19

(Frühling 326) Das Heer marschiert zum Hy- 13,1–7 daspes weiter. Der indische König Poros bezieht den Makedonen gegenüber am Hydaspes Stellung. Alexander forciert den Übergang 13,8–27 über den Fluss. 14 Nach seinem großen Sieg über Poros begnadigt Alexander den indischen König und setzt ihn wieder in sein Reich ein.

Buch 9 Curt. 9

Diod. Iustin Plut. 17 Alex. 12

(Sommer 326) 89 Alexander lässt eine Flotte bauen 1,1–14 und gründet zwei Städte am Hydaspes. Anschließend marschiert das Heer zum Hyarotis. — Der Makedonenherrscher erobert 1,15–23 eine große Stadt [Sangala]. König Sophites und sein Nachbar 1,24–36 91–93 Phegeus unterwerfen sich.

Arr. Anab. 5–6





5,20f.





5,22–24

(8)



6,2

(8)

62f.

5,25–29

(Herbst 326) Am Hypasis weigert sich das Heer, weiterhin zu folgen. Ale-

2

94f.

8

Inhaltliche Übersicht

Curt. 9

xander hält eine Ansprache an seine Soldaten. Das Heer beharrt auf seiner 3,1–18 Weigerung und Koinos vertritt als Wortführer die Soldaten. Der König reagiert verärgert. Alexander errichtet zwölf Altäre 3,19–24 und kehrt zum Akesines zurück. Dort gründet er zwei Städte. Der König fährt den Fluss hinab 4,1–8 und unternimmt einen Streifzug gegen das Volk der Siber. Beim Einfahren in den Indus 4,9–14 gerät das Heer in Gefahr. Bei den Soldaten macht sich neue 4,15–23 Unzufriedenheit breit. Alexander besänftigt seine Truppen. Die Sudraker (Oxydraker) und 4,24–33 Maller fliehen vor den Makedonen. Eine Stadt der Sudraker wird belagert.

Diod. Iustin Plut. Alex. 17 12

Arr. Anab. 5–6

94f.

(8)

62f.

5,25–29

95

8

61

5,29. (5,19)

96

9



6,3–7

97





6,5









98f.

9

63

6,6. 8–11

(99)

9

63

6,11–13

99







100f.







(Winter 326) 5f. Beim Kampf in der Stadt wird Alexander lebensgefährlich verwundet. Auf Krateros’ Bitte, sein Leben nicht leichtsinnig aufs Spiel zu setzen, verteidigt Alexander sein Streben nach Ruhm. Die Kolonisten in Baktra erhe- 7,1–11 ben sich und kehren nach Griechenland, in ihre Heimat, zurück. Nach einem prunkvollen Fest- 7,12–26 mahl kommt es zum Zweikampf zwischen Dioxippos und Horratas.

Buch 9

9

Curt. 9

Diod. Iustin Plut. 17 Alex. 12

Arr. Anab. 6

8,1–16

102f.

(8?)



14. 15–17

102 (10?) Der König führt Krieg im Gebiet 8,17–28 des Königs Sambos. Ptolemaios wird dabei verletzt. — Die Makedonen unterwerfen die 8,28–30 (104?) Landschaft der Pataler.



16



17f.

Alexander fährt weiter den Indus hinab und unterwirft u. a. die Sabarken und Musikaner. (Frühling 325)

(Sommer 325) 104. 106

10

(66)

18f.

Nearchos und Onesikritos fahren 10,1–3 104f. mit der Flotte an der Küste entlang. Alexander legt eine Strecke flussaufwärts zurück. Das Heer zieht unter furchtbaren 10,4–17 104f. Strapazen auf dem Landweg durch das Gebiet der Horiter und der Inder an der Meeresküste. Alexander hält Rast im Gebiet 10,18–23 105 der Kedrosier. Das Heer unternimmt einen bak- 10,24–30 106 chantischen Festzug durch Karmanien.

10

66

21

10

66

21–26



66f.

27



67

27f.

Alexander unternimmt eine gefährliche Fahrt vom Indus in den Ozean und segelt 400 Stadien aufs offene Meer hinaus.

9

(Winter 325)

10

Inhaltliche Übersicht

Buch 10 Curt. 10 Diod. Iustin Plut. 17 12–13 Alex.

Die Schandtaten, die in den westlichen Satrapien mittlerweile verübt worden sind, werden streng bestraft. Nearchos und Onesikritos treffen mit Alexander zusammen und erhalten den Auftrag, an der Küste entlang bis Babylon zu fahren. Alexander trifft Vorbereitungen zur Durchführung seiner weitreichenden Pläne. Alexander kommt nach Parsagadai. Dort lässt er das Grab des Kyros öffnen und den Satrapen Orsines töten, den Bagoas bei der Graböffnung verleumdet hat. Aus Thrakien treffen Nachrichten ein.

Arr. Anab. 6–7

1,1–9

106

12,10

68

6,27

1,10–16

107



68

6,28

1,17–21

18,4



68

7,1

1,22–42





(67. 69)

6,29f.

1,43–45









(3,12)

17, 107

12,10

70

7,4

2,1–7

108f.

13,5



(7,12)

2,8–11

109

12,11

70

(7,7) 7,5

(Februar 324) [Alexander vermählt sich in Susa mit der Tochter des Dareios namens Stateira oder Barsine. ] Harpalos wird ermordet. Alexander ordnet die griechischen Angelegenheiten. Der Makedonenherrscher [fährt den Euphrat hinab und dann den Tigris hinauf bis Opis] bezahlt die Schulden seiner Soldaten und entlässt einen Teil in die Heimat.

Buch 10

11

Curt. 10 Diod. Iustin Plut. 17 12–13 Alex.

Das zurückgebliebene Heer meu- 2,12–30 tert. Alexander hält eine Strafrede. 3 Der König verkündet seinen asiatischen Soldaten, sich fortan ihrem Schutz anvertrauen zu wollen. 4 Die Makedonen empfinden Reue. Die Meuterer werden hart bestraft.

Arr. Anab. 7

(109)

12,11

71

8–11

(109)

12,12

71

11

(109)

12,12

71

11

110



72

13f.

110 111

12,12 —

72 72

14 15

112– 116

12,13

73f.

16–18. 22. 24

113

12,13



15

117

12,13

75

24f.

117

76

26

117

12, 15f. 13,1





118 —

13,1 12,16

— —

— 28–30

(Herbst 324) [Alexander zieht nach Ekbatana. Dort findet ein Gelage statt. Hephaistion stirbt. Das Heer unternimmt eine Expedition gegen das Bergvolk der Kossaier. Alexander kehrt nach Babylon zurück. Es gibt Vorzeichen für seinen nahen Tod. Aus Afrika, Europa und Asien treffen Gesandtschaften ein. Bei Medeios findet ein Festmahl statt. Der König erkrankt lebensgefährlich.] (11. Juni 323) Alexander nimmt Abschied von 5,1–6 seinem Heer und stirbt. Die Makedonen und Babylonier 5,7–18 trauern. 5,19–25 Sisygambis stirbt vor Gram. Es folgt eine Charakterisierung 5,26–37 von Alexander.

12

Inhaltliche Übersicht

Curt. 10 Diod. Iustin Plut. Arr. Alex. de succ. 18 13 Alex. Die Feldherrn verhandeln über 6 die Nachfolge. Perdikkas und Meleagros entzweien sich. Meleagros und seine Anhänger 7,1–15 rufen Philippos Arrhidaios, Alexanders Stiefbruder, zum König aus. An Alexanders Sarg entsteht ein 7,16–21 unwürdiger Streit. Perdikkas und Leonnatos trennen sich vom übrigen Heer. 8 Meleagros’ Anschlag auf das Leben des Perdikkas misslingt. Durch die Vermittlung von Philippos Arrhidaios kommt ein Vergleich zustande. Es folgt ein Preis auf den Zustand 9,1–6 des römischen Reiches im Vergleich zu den Verhältnissen im makedonischen Reich nach Alexanders Tod. Perdikkas lässt bei einer Entsüh- 9,7–21 nung des Heeres Meleagros’ Anhänger heimtückisch niedermetzeln. Meleagros selbst wird in einem Tempel getötet. Nach der Ordnung der Staats- 10,1–8 gewalt werden die Provinzen verteilt. Alexanders Leichnam wird ein- 10,9–19 balsamiert. Das Gerücht kommt auf, der König sei durch Antipatros’ Sohn Iollas vergiftet worden. Ptolemaios überführt später Ale- 10,20 xanders Leiche nach Alexandreia.

2

2



1

2



(77)

2



3



2

2

(4)



3









4





4

3

4



5f.

17, 118

12,14

77

(7,27)

18,28

13,4





Q. CURTII RUFI HISTORIAE ALEXANDRI MAGNI MACEDONIS (LIBRI VII–X) Q. CURTIUS RUFUS GESCHICHTE ALEXANDERS DES GROSSEN (BÜCHER 7–10)

LIBER VII 1 (1) Philotan sicut recentibus sceleris eius vestigiis iure adfectum supplicio censuerant milites, ita, postquam desierat esse quem odissent, invidia in misericordiam vertit. (2) Moverat et claritas iuvenis et patris eius senectus atque orbitas. (3) Primus Asiam aperuerat regi, omnium periculorum eius particeps semper alterum in acie cornu defenderat, Philippo quoque ante omnes amicus et ipsi Alexandro tam fidus, ut occidendi Attalum non alio ministro uti mallet. (4) Horum cogitatio subibat exercitum, seditiosaeque voces referebantur ad regem. Quis ille haud sane motus satisque prudens otii vitia negotio discuti edicit, ut omnes in vestibulo regiae praesto sint. (5) Quos ubi frequentes adesse cognovit, in contionem processit. Haud dubie ex composito Atarrhias postulare coepit, ut Lyncestes Alexander, qui multo ante quam Philotas regem voluisset occidere, exhiberetur. (6) A duobus indicibus, sicut supra diximus, delatus tertium iam annum custodiebatur in vinculis. Eundem in Philippi quoque caedem coniurasse cum Pausania pro comperto fuit, sed quia primus Alexandrum regem salutaverat, supplicio magis quam crimini fuerat exemptus; (7) tum quoque Antipatri soceri eius preces iustam regis iram morabantur. Ceterum recruduit suppuratus dolor: quippe veteris periculi memoriam praesentis cura renovabat. (8) Igitur Alexander ex custodia educitur iussusque dicere, quamquam toto triennio meditatus erat defensionem, tamen haesitans et trepidus pauca ex iis, quae composuerat, protulit, ad

BUCH 7 1 (1) Wie die Hinrichtung des Philotas den Soldaten gerecht erschienen war, solange ihnen die Spuren seines Verbrechens noch frisch vor Augen standen, so verwandelte sich ihr Unwille nach dem Tod des Verhassten in Mitleid. (2) Der herrliche Ruhm des jungen Mannes und das hohe Alter und die Verlassenheit seines Vaters hatten sie bewegt. (3) Als Erster hatte er dem König Asien erschlossen1, an allen seinen gefährlichen Unternehmungen teilgenommen, stets in der Schlacht den einen Flügel befehligt; auch war er mit Philipp vor allen anderen befreundet gewesen und dem Alexander selbst so treu, dass dieser bei der Ermordung des Attalos2 keinen anderen lieber zum Helfer haben wollte. (4) Die Erinnerung daran wurde im Heer lebendig und man hinterbrachte dem König aufrührerische Reden. Die aber kümmerten ihn keineswegs, und weil er wohl wusste, dass die Fehler des Müßiggangs durch Beschäftigung behoben werden, ließ er bekannt machen, dass alle am Eingang des Hauptquartiers erscheinen sollten. (5) Sobald er sah, dass sie zahlreich anwesend waren, trat er in die Versammlung. Zweifellos auf Verabredung stellte Atarrhias die Forderung, dass der Lynkeste Alexander3, der den König viel früher als Philotas habe töten wollen, vorgeführt werde. (6) Dieser war, wie oben bemerkt, von zwei Verrätern angezeigt worden und wurde nun schon das dritte Jahr in Gefangenschaft gehalten. Dass er sich mit Pausanias auch zur Ermordung Philipps verschworen hatte, war so gut wie sicher, aber weil er Alexander als Erster als König begrüßt hatte, war er, wenn schon nicht vom Vorwurf, so doch von der Strafe befreit worden. (7) Auch damals vermochten die Bitten seines Schwiegervaters Antipatros, den gerechten Zorn des Königs hinzuhalten. Nun aber brach der gärende Schmerz aufs Neue hervor, ja die Sorgen wegen der gegenwärtigen Gefahr ließen die Erinnerung an die frühere wieder aufkommen. (8) Alexander wurde also aus dem Gefängnis herausgeführt. Doch als man ihm zu sprechen befahl, brachte er, obwohl er die ganzen drei Jahre lang über seine Verteidigung nachgedacht hatte, unter Stocken und Zittern nur Weniges von dem, was

16

Q. Curtius Rufus

ultimum non memoria solum sed etiam mens eum destituit. (9) Nulli erat dubium, quin trepidatio conscientiae indicium esset, non memoriae vitium. Itaque ex iis, qui proximi adstiterant, obluctantem adhuc oblivioni lanceis confoderunt. (10) Cuius corpore ablato rex introduci iussit Amyntam et Simmiam; nam Polemon, minimus ex fratribus, cum Philotan torqueri comperisset, profugerat. (11) Omnium Philotae amicorum hi carissimi fuerant, ad magna et honorata ministeria illius maxime suffragatione producti, memineratque rex summo studio ab eo conciliatos sibi nec dubitabat huius quoque ultimi consilii fuisse participes. (12) Igitur olim sibi esse suspectos matris suae litteris, quibus esset admonitus, ut ab his salutem suam tueretur; ceterum se invitum deteriora credentem nunc manifestis indiciis victum iussisse vinciri. (13) Nam pridie quam detegeretur Philotae scelus, quin in secreto cum eo fuissent, non posse dubitari. Fratrem vero, qui profugerit, cum de Philota quaereretur, aperuisse fugae causam. (14) Nuper praeter consuetudinem officii specie amotis longius ceteris admovisse semetipsos lateri suo nulla probabili causa, seque mirantem, quod non vice sua tali fungerentur officio, et ipsa trepidatione eorum perterritum strenue ad armigeros, qui proxime sequebantur, recessisse. (15) Ad haec accedere, quod, cum Antiphanes scriba equitum Amyntae denuntiasset, pridie quam Philotae scelus deprehensum esset, ut ex suis equis more solito daret iis, qui amisissent equos, superbe respondisse‹t›, nisi incepto desisteret, brevi sciturum, quis ipse esset. (16) Iam linguae violentiam temeritatemque verborum, quae in semetipsum iacularentur, nihil aliud esse quam scelesti animi indicem ac testem. Quae si vera essent, idem meruisse eos quod Philotan, si falsa, exigere ipsum, ut refellant. (17) Productus deinde Antiphanes de equis non traditis

Geschichte Alexanders des Großen 7,1,8–7,1,17

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er sich zurechtgelegt hatte, hervor. Zuletzt verließ ihn nicht nur das Gedächtnis, sondern auch die Besinnung. (9) Niemand zweifelte, dass seine Verwirrung ein Zeichen schlechten Gewissens, nicht eine Schwäche des Gedächtnisses sei. Und so wurde er, während er noch Anstrengungen machte, sich zu besinnen, von den Nächststehenden mit den Lanzen durchbohrt. (10) Als man seinen Leichnam fortgetragen hatte, ließ der König Amyntas und Simmias hereinführen; denn Polemon, der jüngste der Brüder, war geflohen, als er von der Folterung des Philotas erfahren hatte. (11) Diese waren dem Philotas unter allen seinen Freunden die teuersten gewesen und hauptsächlich durch seine Begünstigung zu bedeutenden und ehrenvollen Posten befördert worden und der König erinnerte sich, wie eifrig jener sie ihm empfohlen hatte, und zweifelte nicht, dass sie auch an diesem letzten Plan beteiligt gewesen waren. (12) Daher erzählte er, schon längst seien sie ihm durch einen Brief seiner Mutter verdächtig gewesen, in dem sie ihn ermahnte, sich vor ihnen zu hüten. Obwohl er sonst ungern das Schlechtere glaube, sei er jetzt dennoch durch deutliche Hinweise bewogen worden, sie verhaften zu lassen. (13) Es bestehe nämlich kein Zweifel, dass sie tags zuvor, ehe das Verbrechen des Philotas entdeckt wurde, heimlich mit diesem zusammengewesen seien. Ihr Bruder, der geflohen sei, als man Philotas verhörte, habe ja deutlich den Grund für seine Flucht verraten. (14) Kürzlich hätten sie sich entgegen ihrer Gewohnheit scheinbar von Dienstes wegen, während die Übrigen weiter entfernt waren, ohne erklärbaren Grund an seine Seite gedrängt, so dass er voll Verwunderung, warum sie diesen Dienst nicht an ihrem Platz täten, und durch ihre Hast erschreckt schnell zu den nächstfolgenden Wachen weggegangen sei. (15) Dazu komme ferner: Als Antiphanes, der Zahlmeister der Reiterei, am Tag, bevor das Verbrechen des Philotas entdeckt worden sei, dem Amyntas angekündigt habe, er solle in gewohnter Weise von seinen Pferden denjenigen, die die ihren verloren hätten, abgeben, habe dieser hochmütig geantwortet, wenn er nicht von seinem Vorhaben ablasse, solle er bald sehen, mit wem er es zu tun habe. (16) Außerdem seien die beleidigenden Reden und die unbesonnenen Worte, die sie gegen ihn selbst gewöhnlich ausstießen, nichts anderes als Zeugnis und Beweis von verbrecherischer Gesinnung. Wenn diese Dinge wahr seien, hätten sie dasselbe verdient wie Philotas; wenn sie falsch seien, fordere er sie auf, ihn zu widerlegen. (17) Dann wurde Antiphanes vorgeführt und machte seine Aussage über die nicht abgelieferten Pferde und die hochmü-

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et adiectis etiam superbe minis indicat. (18) Tum Amyntas facta dicendi potestate ‘Si nihil’ inquit ‘interest regis, peto ut, dum dico, vinculis liberer.’ Rex solvi utrumque iubet, desiderantique Amyntae, ut habitus quoque redderetur armigeri, lanceam dari iussit. (19) Quam ut laeva comprehendit, evitato eo loco, in quo Alexandri corpus paulo ante iacuerat, ‘Qualiscumque’ inquit ‘exitus nos manet, rex, confitemur prosperum tibi debituros, tristiorem fortunae imputaturos. (20) Sine praeiudicio dicimus causam liberis corporibus animisque; habitum etiam, in quo te comitari solemus, reddidisti. Causam non possumus, fortunam timere desîmus. (21) Et, quaeso, permittas mihi id primum defendere, quod a te ultimum obiectum est. Nos, rex, sermonis adversus maiestatem tuam habiti nullius conscii sumus nobis. Dicerem iam pridem vicisse te invidiam, nisi periculum esset, ne alia malignius dicta crederes blanda oratione purgari. (22) Ceterum etiamsi militis tui vel in agmine deficientis et fatigati vel in acie periclitantis vel in tabernaculo aegri et vulnera curantis aliqua vox asperior esset accepta, merueramus fortibus factis, ut malles ea tempori nostro imputare quam animo. (23) Cum quid accidit tristius, omnes rei sunt: corporibus nostris, quae utique non odimus, infestas admovemus manus; parentes, liberis si occurrant, et ingrati et invisi sunt. Contra cum donis honoramur, cum praemiis onusti revertimur, quis ferre nos potest? quis illam animorum alacritatem continere? (24) Militantium nec indignatio nec laetitia moderata est. Ad omnes adfectus impetu rapimur: vituperamus laudamus, miseremur irascimur, utcumque praesens movit adfectio. Modo Indiam adire et Oceanum libet, modo coniugum et liberorum patriaeque memoria occurrit. (25) Sed has cogitationes, has inter se

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tigen und drohenden Reden, die er dem noch hinzugefügt hatte. (18) Als daraufhin dem Amyntas die Erlaubnis zu sprechen erteilt worden war, sagte er: „Wenn es dem König nichts ausmacht, bitte ich darum, dass mir für die Dauer meiner Rede die Fesseln abgenommen werden.“ Der König ließ sie beiden abnehmen, und als Amyntas den Wunsch aussprach, auch die Ausrüstung des Wachmanns zurückzubekommen, befahl er, ihm eine Lanze zu geben. (19) Diese ergriff er mit der Linken, und indem er vermied, auf die Stelle zu blicken, wo kurz zuvor der Leichnam Alexanders gelegen hatte, sprach er: „Welches Ende uns auch immer erwartet, König, wir bekennen, dass wir dir ein glückliches verdanken, ein unglückliches nur dem Schicksal anlasten werden. (20) Ohne ein vorgefasstes Urteil dürfen wir uns verteidigen, frei an Leib und Seele. Selbst die Ausrüstung, in der wir dich gewöhnlich begleiteten, hast du uns zurückgegeben. Die Anklage kann uns nicht schrecken, das Schicksal wollen wir nicht weiter fürchten. (21) Und daher lass mich bitte als Erstes das zurückweisen, was du uns als Letztes vorgeworfen hast. Wir sind uns, König, keiner Reden bewusst, die gegen deine Majestät gerichtet gewesen wären. Ich würde sagen, du seiest schon längst über neidische Äußerungen erhaben, wenn nicht die Gefahr bestünde, du könntest glauben, ich wolle andere böswillige Äußerungen durch Schmeichelei wiedergutmachen. (22) Selbst wenn nun aber von einem deiner Soldaten, wenn er entweder auf dem Marsch ermattet und erschöpft war, in der Schlacht sein Leben wagte oder krank und verwundet in seinem Zelt lag, ein zu heftiges Wort vernommen worden sein sollte, so hätten wir durch tapfere Taten verdient, dass du mehr geneigt wärest, dies unserer Lage als unserer Gesinnung anzurechnen. (23) Trifft uns etwas allzu hart, sind alle daran schuld: Gegen den eigenen Leib, der uns gewiss nicht verhasst ist, kehren wir dann die feindliche Hand; selbst die Eltern sind ihren Kindern unwillkommen und verhasst, wenn sie ihnen begegnen. Ehrt man uns dagegen mit Geschenken und kehren wir mit Beute beladen heim: Wer kann uns dann ertragen, wer unsere Ausgelassenheit im Zaum halten? (24) Krieger kennen kein Maß, weder in ihrem Unwillen noch in ihrer Freude. Leidenschaftlich lassen wir uns zu allen Empfindungen hinreißen: Wir tadeln, loben, bemitleiden, zürnen, wie es die augenblickliche Stimmung eingibt. Bald haben wir Lust, bis Indien und zum Ozean zu ziehen, bald kommt uns wieder die Erinnerung an Weib und Kind und Vaterland. (25) Aber diese Gedanken, diese Äußerungen in müßiger

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conloquentium voces signum tuba datum finit: in suos quisque ordines currimus, et quicquid irarum in tabernaculo conceptum est, in hostium effunditur capita. Utinam Philotas quoque intra verba peccasset! (26) Proinde ad id praevertar, propter quod rei sumus. Amicitiam, quae nobis cum Philota fuit, adeo non eo infitias, ut expetisse quoque nos magnosque ex ea fructus percepisse confitear. (27) An vero Parmenionis, quem tibi proximum esse voluisti, filium omnes paene amicos tuos dignatione vincentem cultum a nobis esse miraris? (28) Tu, hercules, si verum audire vis, rex, huius nobis periculi es causa. Quis enim alius effecit, ut ad Philotan decurrerent, qui placere vellent tibi? Ab illo traditi ad hunc gradum amicitiae tuae ascendimus. Is apud te fuit, cuius et gratiam expetere et iram timere possemus. (29) An non propemodum ‹in› tua verba tui omnes te praeeunte iuravimus eosdem nos inimicos amicosque habituros esse, quos tu haberes? Hoc sacramento pietatis obstricti aversaremur scilicet, quem tu omnibus praeferebas! (30) Igitur, si hoc crimen est, paucos innocentes habes, immo, hercules, neminem. Omnes enim Philotae amici esse voluerunt, sed totidem, quot volebant, esse non poterant. Ita, si a consciis amicos non dividis, ne ab amicis quidem separabis illos, qui idem esse voluerunt. (31) Quod igitur conscientiae adfertur indicium? Ut opinor, quia pridie familiariter et sine arbitris locutus est nobiscum. At ego purgare non possem, si pridie quicquam ex vetere vita ac more mutassem. Nunc vero, si, ut omnibus diebus, illo quoque, qui suspectus est, fecimus, consuetudo diluet crimen. (32) Sed equos Antiphani non dedimus, et pridie quam Philotas detectus est, hinc mihi cum Antiphane res erat. Qui si nos suspectos facere vult, quod illo die equos non dederimus, semetipsum, quod eos desideraverit, purgare non poterit. (33) Anceps enim crimen est inter retinentem et exigentem, nisi quod

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Unterhaltung beendet das Trompetensignal: Jeder läuft dann in Reih und Glied, und was immer sich im Zelt an Zorn angesammelt hat, das ergießt sich über die Häupter der Feinde. Wenn sich doch auch Philotas nur mit Worten vergangen hätte! (26) Ich wende mich daher dem zu, weswegen wir angeklagt sind. Unsere Freundschaft mit Philotas leugne ich so wenig, dass ich sogar bekenne: Wir haben sie gesucht und großen Vorteil von ihr gehabt. (27) Oder wunderst du dich etwa, wenn der Sohn des Parmenion, der dir nach deinem Wunsch am nächsten stand, wenn dessen Sohn, den du höher schätztest als fast alle deine Freunde, von uns geschätzt wurde? (28) Beim Herakles, wenn du die Wahrheit hören willst, König: Du selbst bist für uns die Ursache dieser Anklage. Denn wer anders brachte es dahin, dass sich zu Philotas drängte, wer dir gefallen wollte? Von ihm empfohlen sind wir zu dieser Stufe deines Vertrauens aufgestiegen. So viel galt er bei dir, dass wir nach seiner Gunst streben und seinen Zorn fürchten konnten. (29) Oder haben wir, alle die Deinen, nicht förmlich auf die uns von dir vorgesprochene Eidesformel geschworen, wir wollten die gleichen Feinde und Freunde haben wie du? Durch diesen Treueid gebunden sollten wir uns wohl von dem abwenden, den du allen Übrigen vorgezogen hast? (30) Nun, wenn das ein Vorwurf ist, dann hast du wenig Unschuldige, nein, wirklich keinen Einzigen um dich! Denn alle wollten Freunde des Philotas sein, aber so viele, wie es wollten, konnten es nicht sein. Wenn du also keinen Unterschied zwischen seinen Mitverschworenen und seinen Freunden machst, darfst du auch keinen zwischen seinen Freunden und denen machen, die es sein wollten. (31) Welchen Beweis für unsere Mitwisserschaft führt man denn an? Ich glaube, dass er tags zuvor vertraulich und ohne Zeugen mit uns gesprochen hat! In der Tat könnte ich es nicht rechtfertigen, wenn ich tags zuvor in irgendeiner Hinsicht von unserer alten Lebensweise und Gewohnheit abgewichen wäre. Wenn wir jetzt aber auch an jenem fraglichen Tag so gehandelt haben wie an allen anderen, muss die Gewohnheit den Vorwurf zerstreuen. (32) Aber wir haben dem Antiphanes die Pferde nicht gegeben und an dem Tag, bevor Philotas entlarvt wurde, hatte ich mit Antiphanes deswegen zu tun. Doch wenn er uns in Verdacht bringen will, weil wir ihm an jenem Tag die Pferde nicht gegeben haben, dann wird er sich selbst nicht rechtfertigen können, sie verlangt zu haben. (33) Denn es ist zweifelhaft, bei wem das Vergehen liegt: bei dem Verweigernden oder dem Fordernden, außer dass den besseren Grund

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melior est causa suum non tradentis quam poscentis alienum. (34) Ceterum, rex, equos decem habui, e quibus Antiphanes octo iam distribuerat iis, qui amiserant suos, omnino duos ipse habebam; quos cum vellet abducere homo superbissimus, certe iniquissimus, nisi pedes militare vellem, retinere cogebar. (35) Nec infitias eo liberi hominis animo locutum esse me cum ignavissimo et hoc unum militiae ius usurpante, ut alienos equos pugnaturis distribuat. Huc enim malorum ventum est, ut verba mea eodem tempore et Alexandro excusem et Antiphani. (36) At, hercule, mater de nobis inimicis tuis scripsit! Utinam prudentius esset sollicita pro filio et non inanes quoque species anxio animo figuraret! Quare enim non adscribit metus sui causam, denique non ostendit auctorem? Quo facto dictove nostro mota tam trepidas tibi litteras scripsit? (37) O miseram condicionem meam, quia forsitan non periculosius est tacere quam dicere! Sed utcumque cessura res est, malo tibi defensionem meam displicere quam causam. Agnosces autem, quae dicturus sum: quippe meministi, cum me ad perducendos ex Macedonia milites mitteres, dixisse te multos integros iuvenes in domo tuae matris abscondi. (38) Praecepisti igitur mihi, ne quem praeter te intuerer, sed detrectantes militiam perducerem ad te. Quod equidem feci et liberius, quam expediebat mihi, executus sum tuum imperium. Gorgiam et Hecataeum et Gorgatan, quorum bona opera uteris, inde perduxi. (39) Quid igitur iniquius est quam me, qui, si tibi non paruissem, iure daturus fui poenas, nunc perire, quia parui? Neque enim ulla alia matri tuae persequendi nos causa est, quam quod utilitatem tuam muliebri praeposuimus gratiae. (40) VI milia Macedonum peditum et DC equites adduxi, quorum pars secutura me non erat, si militiam detrectantibus indulgere voluissem. Sequitur ergo, ut,

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hat, wer sein Eigentum nicht herausgibt, als wer ein fremdes fordert. (34) Übrigens, König, hatte ich zehn Pferde, von denen Antiphanes bereits acht an die verteilt hatte, die die ihrigen verloren hatten; ich selbst hatte also im Ganzen nur noch zwei; da mir der unverschämte oder wenigstens ungerechte Kerl auch diese wegnehmen wollte, sah ich mich gezwungen, sie zu behalten, wenn ich nicht zu Fuß meinen Dienst tun wollte. (35) Auch leugne ich nicht, wie ein freier Mann mit diesem Feigling gesprochen zu haben, der seinen militärischen Rang nur dazu gebraucht, an die, die kämpfen wollen, fremde Pferde zu verteilen. Ja, so weit ist es gekommen, dass ich meine Worte gleichzeitig gegen Alexander und gegen Antiphanes rechtfertigen muss. (36) Aber beim Herakles, deine Mutter hat dir von unserer Feindschaft gegen dich geschrieben! Wenn sie doch mit mehr Einsicht um ihren Sohn besorgt wäre und seiner unruhigen Gemütsart nicht auch noch leere Gespenster vormalte! Warum schreibt sie denn den Grund ihrer Befürchtung nicht dazu, warum gibt sie nicht wenigstens einen Gewährsmann an? Welche unserer Handlungen oder Äußerungen hat sie dazu bewogen, dir diesen beunruhigenden Brief zu schreiben? (37) In was für einer unglücklichen Lage befinde ich mich, da es für mich vielleicht gefahrloser wäre zu schweigen als zu reden! Doch wie immer die Sache ausgehen wird: Ich will lieber, dass dir meine Verteidigung missfällt als meine Sache. Du wirst aber als wahr anerkennen, was ich jetzt sage: Als du mich abschicktest, um aus Makedonien Truppen zu holen, hast du mir gesagt – du wirst dich bestimmt daran erinnern –, dass sich viele kräftige junge Männer im Palast deiner Mutter verbergen. (38) Du befahlst mir also, auf niemand anderen als auf dich Rücksicht zu nehmen und diejenigen, die den Kriegsdienst verweigerten, zu dir zu bringen. Das habe ich getan und habe freimütiger, als es mir zuträglich war, deinen Befehl ausgeführt. Gorgias, Hekataios und Gorgatas, deren gute Dienste du in Anspruch nimmst, habe ich von dort hergebracht. (39) Was kann also ungerechter sein, als mich, der ich mit Recht bestraft worden wäre, wenn ich dir nicht gehorcht hätte, jetzt sterben zu lassen, weil ich gehorcht habe? Denn keinen anderen Grund, uns zu verfolgen, hat deine Mutter, als dass wir deinen Vorteil höher gestellt haben als Frauengunst. (40) 6 000 makedonische Fußsoldaten und 600 Reiter habe ich dir hergeführt4, von denen ein Teil mir nicht gefolgt wäre, wenn ich den Kriegsdienstverweigerern Nachsicht hätte schenken wollen. Es folgt also, dass du

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quia illa propter hanc causam irascitur nobis, tu mitiges matrem, qui irae eius nos obtulisti.’ 2 (1) Dum haec Amyntas agit, forte supervenerunt, qui fratrem eius Polemonem, de quo ante est dictum, fugientem consecuti vinctum reducebant. Infesta contio vix inhiberi potuit, quin protinus suo more saxa in eum iaceret. (2) Atque ille sane interritus ‘Nihil’ inquit ‘pro me deprecor, modo ne fratrum innocentiae fuga imputetur mea. Haec si defendi non potest, meum crimen sit. Horum ob id ipsum melior est causa, quod ego, qui profugi, suspectus sum.’ (3) At haec elocuto universa contio adsensa est; lacrimae deinde omnibus manare coeperunt adeo in contrarium repente mutatis, ut solum pro eo esset, quod maxime laeserat. (4) Iuvenis erat primo aetatis flore pubescens, quem inter equites tormentis Philotae conturbatos alienus terror abstulerat. Desertum eum a comitibus et haesitantem inter revertendi fugiendique consilium, qui secuti erant, occupaverunt. (5) Is tum flere coepit et os suum converberare maestus non suam vicem, sed propter ipsum periclitantium fratrum. (6) Moveratque iam regem quoque, non contionem modo, sed unus erat implacabilis frater, qui terribili vultu intuens eum ‘Tum’ ait, ‘demens, lacrimare debueras, cum equo calcaria subderes, fratrum desertor et desertorum comes. Miser, quo et unde fugiebas? Effecisti, ut reus capitis accusatoris uterer verbis.’ (7) Ille peccasse se, et gravius in fratres quam in semetipsum fatebatur. Tum vero neque lacrimis neque adclamationibus, quibus studia sua multitudo profitetur, temperaverunt. Una vox erat pari emissa consensu, ut insontibus et fortibus viris parceret. Amici quoque data misericordiae occasione consurgunt flentesque regem deprecantur. (8) Ille silentio facto ‘Et ipse’ inquit ‘Amyntan mea sententia fratresque eius absolvo. Vos autem, iuvenes, malo beneficii mei oblivisci quam periculi vestri

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deine Mutter, weil sie uns aus diesem Grund zürnt, besänftigen möchtest, da du uns ihrem Zorn ausgesetzt hast.“ 2 (1) Während Amyntas so redete, kamen zufällig diejenigen Männer dazu, die seinen Bruder Polemon, von dem ich oben sprach, auf der Flucht eingeholt hatten und gefesselt zurückbrachten. Die feindselig gestimmte Versammlung konnte kaum abgehalten werden, ihn sofort nach ihrer Sitte zu steinigen. (2) Er aber sprach ohne alle Furcht: „Für mich bitte ich nicht um Gnade; dass meine Flucht nur nicht meinen unschuldigen Brüdern zur Last gelegt wird! Wenn sich die Flucht nicht rechtfertigen lässt, soll sich der Vorwurf gegen mich richten. Deren Sache steht gerade darum besser, weil nun ich, der Geflohene, verdächtig bin.“ (3) Auf diese Worte hin stimmte ihm die ganze Versammlung zu; dann begannen allen die Tränen zu fließen, weil ihre Stimmung plötzlich so ins Gegenteil umgeschlagen war, dass das, was am meisten Anstoß erregt hatte, nur für ihn sprach: (4) Er war ein Jüngling in der ersten Blüte seiner Jahre und bei der Bestürzung der Reiter über die Folterung des Philotas hatte ihn der Schrecken der anderen mitgerissen. Verlassen von seinen Begleitern und unsicher, ob er zurückkehren oder weiter fliehen solle, ergriffen ihn die Verfolger. (5) Dann begann er zu weinen und sich ins Gesicht zu schlagen – traurig nicht über sein Geschick, sondern über das seiner Brüder, die seinetwegen in Gefahr waren. (6) Und nicht nur die Versammlung, auch den König hatte er bereits gerührt. Nur sein Bruder blieb unversöhnlich, der ihm einen furchtbaren Blick zuwarf und sagte: „Damals, du Narr, hättest du weinen sollen, als du deinem Pferd die Sporen gegeben, als du deine Brüder im Stich gelassen hast und den Fahnenflüchtigen nachgelaufen bist. Du Schuft, wohin und von wo wolltest du fliehen? Du hast erreicht, dass ich, selbst auf Leib und Leben angeklagt, wie ein Ankläger zu dir sprechen muss!“ (7) Jener gestand ein, dass er gegen seine Brüder einen schwereren Fehler begangen habe als gegen sich selbst. Da aber hielt die Menge weder Tränen noch Beifall zurück, durch den sie ihre Teilnahme bekundet. In allgemeiner Übereinstimmung tönte es wie eine Stimme, dass er die unschuldigen und tapferen Männer verschonen solle. Auch die Freunde erhoben sich jetzt, wo ihnen Gelegenheit gegeben war, ihr Mitleid zu bekunden, und baten weinend beim König für sie. (8) Dieser ließ für Ruhe sorgen und sprach: „Auch ich spreche durch meine Stimme den Amyntas und seine Brüder frei. Ihr aber, junge Männer, vergesst lieber meine Gnade, als euch an eure Anklage zu

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meminisse. Eadem fide redite in gratiam mecum, qua ipse vobiscum revertor. (9) Nisi, quae delata essent, excussissem, alte dissimulatio mea suppurare potuisset. Sed satius est purgatos esse quam suspectos. Cogitate neminem absolvi posse, nisi qui dixerit causam. (10) Tu, Amynta, ignosce fratri tuo; erit hoc simpliciter etiam mihi reconciliati animi tui pignus.’ (11) Contione deinde dimissa Polydamanta vocari iubet. Longe acceptissimus Parmenioni erat, proximus lateri in acie stare solitus. (12) Et quamquam conscientia fretus in regiam venerat, tamen, ut iussus est fratres suos exhibere admodum iuvenes et regi ignotos ob aetatem, fiducia in sollicitudinem versa trepidare coepit, saepius, quae nocere possent, quam quibus eluderet, reputans. (13) Iam armigeri, quibus imperatum erat, produxerant eos, cum exanguem metu Polydamanta propius accedere iubet summotisque omnibus ‘Scelere’ inquit ‘Parmenionis omnes pariter adpetiti sumus, maxime ego ac tu, quos amicitiae specie fefellit. (14) Ad quem persequendum puniendumque – vide, quantum fidei tuae credam – te ministro uti statui. Obsides, dum hoc peragis, erunt fratres tui. (15) Proficiscere in Mediam et ad praefectos meos litteras scriptas manu mea perfer. Velocitate opus est, qua celeritatem ‹famae› antecedas. Noctu pervenire illuc te volo, postero die, quae scripta erunt, exequi. (16) Ad Parmeniona quoque epistulas feres, unam a me, alteram Philotae nomine scriptam. Signum anuli eius in mea potestate est. Si pater credit a filio impressum, cum te viderit, nihil metuet.’ (17) Polydamas tanto liberatus metu impensius etiam, quam exigebatur, promittit operam conlaudatusque et promissis oneratus deposita veste, quam habebat, Arabica induitur. (18) Duo Arabes, quorum interim coniuges ac liberi, vinculum fidei, obsides apud regem erant, dati comites. Per deserta etiam ob siccitatem loca

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erinnern. Seid mir mit ebenso ehrlicher Gesinnung wieder freund, wie ich selbst es euch bin. (9) Hätte ich die Anschuldigungen gegen euch nicht geprüft, hätte mein heimlicher Verdacht sich tief einfressen können. Aber es ist besser, ihr seid gerechtfertigt als verdächtig. Bedenkt, dass niemand freigesprochen werden kann, wenn er sich nicht verteidigt hat. (10) Du, Amyntas, verzeihe deinem Bruder! Das wird auch für mich schlechthin das Pfand für deine Versöhnung sein.“5 (11) Als er die Versammlung entlassen hatte, ließ er den Polydamas rufen. Dieser war dem Parmenion bei weitem der liebste von seinen Freunden und gewohnt, in der Schlachtordnung an seiner Seite zu stehen. (12) Und obwohl er im Vertrauen auf sein reines Gewissen in das Königszelt gekommen war, so verwandelte sich doch, sobald ihm befohlen worden war, seine Brüder herbeizubringen, die noch ziemlich jung und dem König deshalb noch unbekannt waren, seine Zuversicht in Besorgnis. Er fing an zu zittern und mehr darüber nachzudenken, was ihn wohl in Verdacht bringen, als wie er dem Verdacht entgehen könne. (13) Schon hatten die Waffenträger sie wie befohlen vorgeführt, als der König den vor Furcht bleichen Polydamas näher treten ließ und, nachdem sie sich alle entfernt hatten, sagte: „Parmenions Verbrechen betrifft uns alle gleich, am meisten mich und dich, die er durch den Schein der Freundschaft getäuscht hat. (14) Ihn zu verfolgen und zu bestrafen habe ich, zum Beweis, wie sehr ich auf deine Treue baue, beschlossen, mich deiner Hilfe zu bedienen. Während du das ausführst, werden deine Brüder meine Geiseln sein. (15) Reise nach Medien und überbringe meinen Generälen eigenhändig von mir geschriebene Briefe. Du musst dich beeilen, damit du schneller bist als die Kunde von deinem Aufbruch. Ich will, dass du nachts dort ankommst und am folgenden Tag meinen schriftlichen Befehl ausführst. (16) Auch an Parmenion wirst du Briefe überbringen, den einen von mir, den anderen im Namen des Philotas geschrieben. Das Siegel seines Rings ist in meiner Hand. Glaubt der Vater, sein Sohn habe das Schreiben gesiegelt, wird er bei deinem Anblick nichts befürchten.“ (17) Polydamas, der sich von so schwerer Furcht befreit sah, versprach noch eifriger als verlangt seine Dienste. Mit Lobsprüchen und Versprechungen überhäuft, legte er das Gewand, das er trug, ab und zog ein arabisches an. (18) Zwei Araber, deren Weiber und Kinder unterdessen zum Unterpfand ihrer Treue als Geiseln beim König blieben, wurden ihm als Begleiter mitgegeben. Durch die schon wegen ihrer Trockenheit unbewohnte Wüste gelangten sie auf Kamelen am elften

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camelis undecimo die, quo destinaverat, perveniunt. (19) Et priusquam ipsius nuntiaretur adventus, rursus Polydamas vestem Macedonicam sumit et in tabernaculum Cleandri – praetor hic regius erat – quarta vigilia pervenit. (20) Redditis deinde litteris constituerunt prima luce ad Parmenionem coire; namque ceteris quoque litteras regis attulerat. Iam ad eum venturi erant, cum Parmenioni Polydamanta venisse nuntiaverunt. (21) Qui dum laetatur adventu amici, simulque noscendi, quae rex ageret, avidus – quippe longo intervallo nullam ab eo epistulam acceperat – Polydamanta requiri iubet. (22) Deversoria regionis illius magnos recessus habent amoenosque nemoribus manu consitis; ea praecipue regum satraparumque voluptas erat. (23) Spatiabatur in nemore Parmenion medius inter duces, quibus erat imperatum litteris regis, ut occiderent. Agendae autem rei constituerant tempus, cum Parmenion a Polydamante litteras traditas legere coepisset. (24) Polydamas procul veniens, ut a Parmenione conspectus est, vultu laetitiae speciem praeferente ad complectendum eum cucurrit. Mutua gratulatione functi Polydamas epistulam a rege scriptam ei tradidit, (25) Parmenion vinculum epistulae solvens, quidnam rex ageret, requirebat. Ille ex ipsis litteris cogniturum esse respondit. (26) Quibus Parmenion lectis ‘Rex’ inquit ‘expeditionem parat in Arachosios. Strenuum hominem et numquam cessantem! Sed tempus saluti suae tanta iam parta gloria parcere.’ (27) Alteram deinde epistulam Philotae nomine scriptam laetus, quod ex vultu notari poterat, legebat. Tum eius latus gladio haurit Cleander, deinde iugulum ferit; ceteri exanimum quoque confodiunt. (28) Et armigeri, qui ad aditum nemoris adstiterant, cognita caede, cuius causa ignorabatur, in castra perveniunt et tumultuoso nuntio milites concitant. (29) Illi armati ad nemus, in quo perpetrata caedes erat, coeunt et, ni Polydamas ceterique eiusdem noxae participes dedantur, murum circumdatum nemori eversuros denuntiant omniumque sanguine duci parentaturos. (30) Cleander

Geschichte Alexanders des Großen 7,2,18–7,2,29

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Tag an den Ort ihrer Bestimmung; (19) und bevor noch seine Ankunft gemeldet wurde, legte Polydamas wieder sein makedonisches Gewand an und begab sich um die vierte Nachtwache in das Zelt des königlichen Statthalters Kleandros. (20) Nach der Übergabe des Briefes beschlossen sie dann, nach Tagesanbruch zusammen zu Parmenion zu gehen; denn auch den Übrigen hatte er Briefe vom König mitgebracht. Sie wollten schon zu ihm gehen, als man Parmenion meldete, Polydamas sei gekommen. (21) Erfreut über die Ankunft des Freundes und zugleich begierig, zu erfahren was der König mache (er hatte ja seit langem keinen Brief von ihm erhalten), befahl er, Polydamas aufzusuchen. (22) Die Herbergen in jener Gegend haben weitausgedehnte und reizvolle Parkanlagen mit künstlichen Hainen, vornehmlich ein Genuss für die Könige und ihre Statthalter. (23) Parmenion spazierte in seinem Park mitten unter den Obersten, denen durch die Briefe des Königs befohlen war, ihn zu töten. Zur Ausführung aber hatten sie den Augenblick bestimmt, wenn Parmenion die von Polydamas übergebenen Briefe lesen würde. (24) Als Polydamas von fern herankam, eilte er, sobald ihn Parmenion erblickt hatte, mit scheinbar freudiger Miene herbei, um ihn zu umarmen. Nachdem sie sich einander ihre Freude bezeigt hatten, überreichte Polydamas ihm den vom König geschriebenen Brief. (25) Während er den Briefverschluss löste, fragte Parmenion, was der König mache, worauf jener erwiderte, er werde es aus dem Brief selbst ersehen. (26) Als er ihn gelesen hatte, sagte Parmenion: „Der König rüstet sich zu einem Feldzug gegen die Arachosier. Was für ein unermüdlicher Mann, der niemals rastet! Aber, wo er bereits so großen Ruhm errungen hat, wäre es an der Zeit, auf seine Gesundheit Rücksicht zu nehmen.“ (27) Dann las er voll Freude, soweit sich das aus seiner Miene erkennen ließ, den anderen unter dem Namen des Philotas geschriebenen Brief. Darauf durchbohrte ihm Kleandros seine Seite mit dem Schwert und stieß es ihm dann noch in die Kehle; auch die Übrigen durchbohrten den nun schon Entseelten. (28) Und als die Waffenträger, die am Eingang des Parks aufgestellt waren, von dem Mord erfuhren, dessen Ursache noch unbekannt war, eilten sie ins Lager und brachten durch die entsetzliche Botschaft die Soldaten in Aufruhr. (29) Diese strömten bewaffnet zu dem Park, wo der Mord verübt worden war, und drohten, sie würden die Mauer um den Park niederreißen und ihren Feldherrn mit dem Blut aller rächen, wenn ihnen Polydamas und die übrigen Teilnehmer an dem Verbrechen nicht ausgeliefert

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primores eorum intromitti iubet litterasque regis scriptas ad milites recitat, quibus insidiae Parmenionis in regem precesque, ut ipsum vindicarent, continebantur. (31) Igitur cognita regis voluntate non quidem indignatio, sed tamen seditio compressa est. Dilapsis pluribus pauci remanserunt, qui, saltem ut corpus ipsius sepelire permitterent, precabantur. (32) Diu id negatum est Cleandri metu, ne offenderet regem. Pertinacius deinde precantibus materiem consternationis subtrahendam ratus capite deciso truncum humare permisit; ad regem caput missum est. (33) Hic exitus Parmenionis fuit, militiae domique clari viri. Multa sine rege prospere, rex sine illo nihil magnae rei gesserat. Felicissimo regi et [ad] omnia ad fortunae suae exigenti modum satisfecit. LXX natus annos iuvenis ducis et saepe etiam gregarii militis munia explevit, acer consilio, manu strenuus, carus principibus, vulgo militum acceptior. (34) Haec impulerint illum ad regni cupiditatem an tantum suspectum fecerint, ambigi potest, quia, Philotas ultimis cruciatibus victus verane dixerit, quae facta probari non poterant, an falsis tormentorum petierit finem, re quoque recenti, cum magis posset liquere, dubitatum est. (35) Alexander, quos libere mortem Parmenionis conquestos esse compererat, separandos a cetero exercitu ratus in unam cohortem secrevit ducemque his Leonidam dedit, et ipsum Parmenioni quondam intima familiaritate coniunctum. (36) Fere idem erant, quos alioqui rex habuerat invisos. Nam cum experiri vellet militum animos, admonuit, qui litteras in Macedoniam ad suos scripsisset, iis, quos ipse mittebat, perlaturis cum fide traderet. Simpliciter ad necessarios suos quisque scripserat, quae sentiebat: aliis gravis erat, plerisque non ingrata militia. (37) Ita et agentium gratias [et que-

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würden. (30) Kleandros befahl, ihre Anführer hereinzuschicken, und las ihnen einen vom König an die Soldaten gerichteten Brief vor, der den Hinterhalt des Parmenion gegen den König und die Bitte, ihn selbst zu bestrafen, enthielt. (31) Nachdem sie also den Willen des Königs erfahren hatten, wurde zwar nicht ihre Entrüstung, aber wenigstens ihr Aufstand beschwichtigt. Die meisten zerstreuten sich und nur wenige blieben zurück, die baten, man möge ihnen wenigstens erlauben, seinen Leichnam zu bestatten. (32) Lange wurde ihnen dies von Kleandros, der damit beim König Anstoß zu erregen fürchtete, verweigert. Dann, als sie hartnäckig bei ihrer Bitte beharrten, glaubte er, ihnen die Grundlage ihrer Aufregung entziehen zu müssen, hieb den Kopf ab und erlaubte ihnen, den Rumpf zu beerdigen; dem König wurde das Haupt geschickt. (33) So starb Parmenion, ein ausgezeichneter Mann im Krieg und im Frieden. Vieles hatte er erfolgreich ohne den König, der König nichts Wichtiges ohne ihn vollbracht. Einem so vom Glück begünstigten König, der alles nach dem Maß seines eigenen Glücks beurteilte, wusste er zu genügen. Noch mit siebzig Jahren erfüllte er die Pflichten eines jungen Anführers und oft sogar die eines gemeinen Soldaten, scharfsinnig im Rat, entschlossen zur Tat, den Vornehmsten teuer, noch lieber aber der breiten Masse der Soldaten. (34) Ob ihn dies wirklich zum Streben nach der Herrschaft verleitet oder nur verdächtig gemacht hat, darüber lässt sich streiten: Denn selbst als das Ereignis noch frisch und darum besser zu beurteilen war, wurde bezweifelt, ob Philotas, von äußersten Qualen überwältigt, wahrheitsgemäß gesagt hat, was als Tatsache nicht bewiesen werden konnte, oder ob er durch falsche Angaben der Folter habe ein Ende machen wollen. (35) Alexander glaubte, diejenigen, von denen er erfahren hatte, dass sie freimütig den Tod des Parmenion beklagt hätten, vom übrigen Heer trennen zu müssen, und sonderte sie in eine einzige Kohorte ab, zu deren Führer er Leonidas bestimmte, der auch selbst einst mit Parmenion sehr eng befreundet gewesen war. (36) Es waren das ziemlich dieselben, die der König auch sonst schon hasste. Da er nämlich die Gesinnung seiner Soldaten auf die Probe stellen wollte, forderte er diejenigen, die Briefe an ihre Angehörigen nach Makedonien geschrieben hätten, auf, sie seinen eigenen Boten anzuvertrauen, die sie zuverlässig abliefern würden. Arglos hatte jeder an seine Angehörigen geschrieben, was er gerade dachte: Einigen war der Kriegsdienst lästig, den meisten nicht unangenehm. (37) So wurden sowohl die Briefe derer, die sich dankbar

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rentium] litterae exceptae sunt et qui forte taedium laboris per litteras erant questi. Hanc seorsus cohortem a ceteris tendere ignominiae causa iubet, fortitudine usurus in bello, libertatem linguae ab auribus credulis remoturus. Et consilium, temerarium forsitan – quippe fortissimi iuvenes contumelia inritati erant – sicut omnia alia felicitas regis excepit. (38) Nihil illis ad bella promptius fuit: incitabat virtutem et ignominiae demendae cupido et quia fortia facta in paucis latere non poterant. 3 (1) His ita compositis Alexander Drangarum satrape constituto iter pronuntiari iubet in Arimaspos, quos iam tunc mutato nomine Euergetas appellabant, ex quo frigore victusque penuria Cyri exercitum adfectum tectis et commeatibus iuverant. (2) Quintus dies erat, ut in eam regionem pervenerat. Cognoscit Satibarzanem, qui ad Bessum defecerat, cum equitum manu inrupisse rursus in Arios. Itaque Caranum ‹et› Erigyium cum Artabazo et Andronico eo ‹misit›; VI milia Graecorum peditum, DC equites sequebantur. (3) Ipse LX diebus gentem Euergetarum ordinavit magna pecunia ob egregiam in Cyrum fidem donata. (4) Relicto deinde, qui iis praeesset, Amedine – scriba is Darei fuerat – Arachosios, quorum regio ad Ponticum mare pertinet, subegit. Ibi exercitus, qui sub Parmenione fuerat, occurrit: sex milia Macedonum erant et CC nobiles et V milia Graecorum cum equitibus DC, haud dubie robur omnium virium regis. (5) Arachosiis datus Menon praetor IIII milibus peditum et DC equitibus in praesidium relictis. Ipse rex nationem ne finitimis quidem satis notam, quippe nullo commercio colentem mutuos usus, cum exercitu intravit. (6) Parapamisadae appellantur, agreste hominum genus et inter barbaros maxime inconditum. Locorum asperitas hominum quoque ingenia duraverat. (7) Gelidissimum septentrionis axem ex magna parte spectant, Bactrianis ab

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aussprachen, abgefangen als auch derer, die darin etwa ihren Überdruss an der Mühe beklagten. Diese Kohorte ließ er zu ihrer Schmach fern von den anderen kampieren, um zwar von ihrer Tapferkeit im Krieg Gebrauch zu machen, ihre freimütige Zunge aber von leicht empfänglichen Ohren fernzuhalten. Und doch fing das Glück des Königs auch diesen Entschluss, der vielleicht töricht war, da die tapfersten jungen Männer durch diese Schmach gereizt waren, wie alles andere auf. (38) Nichts befeuerte jene mehr zum Krieg: Teils stachelte der Wunsch, die Schmach zu tilgen, ihre Tapferkeit an, teils die Tatsache, dass tapfere Taten unter der geringen Zahl nicht verborgen bleiben konnten. 3 (1) Nachdem er diese Angelegenheiten auf diese Weise geordnet und einen Statthalter bei den Drangern eingesetzt hatte, ließ Alexander den Marschbefehl gegen die Arimasper geben, die man schon damals mit anderem Namen Euergeten nannte, seitdem sie das durch Kälte und Lebensmittelmangel geschwächte Heer des Kyros mit Obdach und Proviant unterstützt hatten. (2) Nach vier Tagen war er in diese Gegend gelangt. Er erfuhr, dass Satibarzanes, der zu Bessos abgefallen war, mit einer Reiterschar wieder in das Land der Areier eingefallen war und ließ deshalb Karanos und Erigyios mit Artabazos und Andronikos dorthin ziehen; 6 000 griechische Fußsoldaten und 600 Reiter folgten ihnen. (3) Er selbst ordnete innerhalb von sechzig Tagen die Angelegenheiten des Stammes der Euergeten und beschenkte sie wegen ihrer außerordentlichen Treue zu Kyros reichlich mit Geld. (4) Als er hierauf den ehemaligen Geheimschreiber des Dareios, Amedines, als Befehlshaber zurückgelassen hatte, unterwarf er die Arachosier, deren Gebiet sich bis zum Schwarzen Meer erstreckt. Hier traf er mit dem Heer zusammen, das unter Parmenion gestanden hatte: Es bestand aus 6 000 Makedonen und 200 Adligen sowie 5 000 Griechen mit 600 Reitern – ohne Zweifel der Kern der ganzen königlichen Streitmacht. (5) Bei den Arachosiern wurde Menon als Befehlshaber eingesetzt und 4 000 Fußsoldaten sowie 600 Reiter als Besatzung zurückgelassen. Der König selbst zog mit seinem Heer in das Land eines Stammes, der nicht einmal seinen Nachbarn hinreichend bekannt war, da sie keinen gegenseitigen Handelsverkehr hatten. (6) Sie nennen sich Parapamisaden, ein roher Menschenschlag und unter den Barbaren der ungebildetste. Das raue Klima der Gegend hatte auch die Menschen rau gemacht. (7) Ein großer Teil liegt nach dem kalten Norden zu, gegen Westen grenzen sie an die Baktrianer, das südliche

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occidente coniuncti sunt, meridiana regio ad mare Indicum vergit. (8) Tuguria latere ab imo struunt et, quia sterilis est terra materia [in] nudo etiam montis dorso, usque ad summum aedificiorum fastigium eodem laterculo utuntur. (9) Ceterum structura latior ab imo paulatim incremento operis in artius cogitur, ad ultimum in carinae maxime modum coit. Ibi foramine relicto superne lumen admittunt. (10) Vites et arbores, si quae in tanto terrae rigore durare potuerunt, obruunt penitus. Hieme defossae latent; cum ‹nix› discussa aperire humum coepit, caelo solique redduntur. (11) Ceterum adeo altae nives premunt terram gelu et perpetuo paene rigore constrictae, ut ne avium quidem feraeve ullius vestigium extet. Obscura caeli verius umbra quam lux nocti similis premit terram, vix ut, quae prope sunt, conspici possint. (12) In hac tum omnis humani cultus solitudine destitutus exercitus, quicquid malorum tolerari potest, pertulit, inopiam, frigus, lassitudinem, desperationem. (13) Multos exanimavit rigor insolitus nivis, multorum adussit pedes, plurimorum oculos. Praecipue perniciabilis fuit fatigatis: quippe in ipso gelu deficientia corpora sternebant, quae, cum moveri desissent, vis frigoris ita adstringebat, ut rursus ad surgendum coniti non possent. (14) A commilitonibus torpentes excitabantur, neque aliud remedium erat quam ut ingredi cogerentur. Tum demum vitali calore moto membris aliquis redibat vigor. (15) Si qui tuguria barbarorum adire potuerunt, celeriter refecti sunt. Sed tanta caligo erat, ut aedificia nulla alia res quam fumus ostenderet. (16) Illi numquam ante in terris suis advena viso cum armatos repente conspicerent, exanimati metu, quicquid in tuguriis erat, adferebant, ut corporibus ipsorum parceretur orantes. (17) Rex agmen circumibat pedes, iacentes quosdam erigens et alios, cum aegre sequerentur, adminiculo corporis sui excipiens. Nunc ad prima signa, nunc in medio, nunc in ultimo agmine itineris multiplicato labore aderat.

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Gebiet neigt sich dem Indischen Meer zu. (8) Ihre Hütten bauen sie gleich von Grund auf aus Ziegelsteinen, und weil das Land zumal auf dem kahlen Bergrücken arm an Holz ist, verwenden sie bis zur obersten Spitze der Gebäude ebenfalls Ziegelsteine. (9) Außerdem wird der unten breitere Bau nach oben immer enger und schließt sich endlich in Gestalt eines Schiffskiels zusammen. Dort bleibt eine Öffnung, durch die sie von oben Licht hereinlassen. (10) Weinstöcke und Bäume decken sie – soweit diese bei der Kälte des Landes überleben konnten – vollkommen zu, so dass sie während des Winters unter der Erde liegen. Wenn dann der Schnee aufbricht und den Boden allmählich wieder sichtbar werden lässt, lassen sie wieder Luft und Sonne daran. (11) Es bedeckt aber so tiefer Schnee die Erde und durch die Kälte und den fast ununterbrochenen Frost friert er so zusammen, dass nicht einmal eine Spur von Vögeln oder Wild zu sehen ist. Der Nacht ähnlich breitet sich mehr als das Licht eine unbestimmte Verfinsterung des Himmels über das Land, so dass man kaum sehen kann, was sich in der Nähe befindet. (12) In dieser Einöde ohne alle menschliche Kultur zurückgelassen, ertrug das Heer damals, was sich nur immer an Übeln erdulden lässt: Mangel, Kälte, Ermattung und Verzweiflung. (13) Vielen brachte die ungewohnte Kälte des Schnees den Tod, vielen erfroren darin die Füße, die meisten bekamen davon eine Augenentzündung. Besonders verderblich wurde er für die Ermatteten, denn sie warfen ihre erschöpften Leiber geradezu auf das Eis nieder. Wenn sie aber aufgehört hatten, sich zu bewegen, machte sie die Stärke der Kälte so steif, dass sie sich nicht wieder erheben konnten. (14) Die Erstarrten wurden von ihren Kameraden aufgerüttelt und es gab kein anderes Mittel, als dass man sie zwang, weiterzugehen. Und dann erst, wenn die Lebenswärme geweckt war, kehrte wieder etwas Kraft in die Glieder zurück. (15) Wenn einige in die Hütten der Barbaren gelangen konnten, erholten sie sich schnell wieder. Aber es war so finster, dass nur der Rauch die Gebäude verriet. (16) Jene Menschen, die niemals vorher in ihrem Land einen Fremden gesehen hatten, brachten, als sie plötzlich Bewaffnete erblickten, atemlos vor Angst alles, was sie in ihren Hütten hatten, herbei und baten, nur ihr Leben zu schonen. (17) Der König ging zu Fuß im Zug hin und her, richtete manche, die am Boden lagen, auf und stützte andere, die nur mit Mühe folgen konnten, mit seinem eigenen Körper. Bald war er bei den vordersten Reihen, bald in der Mitte, bald im hintersten Zug anwesend und vervielfältigte damit die Beschwer-

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(18) Tandem ad loca cultiora perventum est commeatuque largo

recreatus exercitus; simul et qui consequi non potuerant, in illa castra venerunt. (19) Inde agmen processit ad Caucasum montem, cuius dorsum Asiam perpetuo iugo dividit. Hinc simul mare, quod Ciliciam subit, illinc Caspium fretum et amnem Araxen aliaque regione Scythiae deserta spectat. (20) Taurus, secundae magnitudinis mons, committitur Caucaso; a Cappadocia se attollens Ciliciam praeterit Armeniaeque montibus iungitur. (21) Sic inter se iuga velut serie cohaerentia perpetuum habent dorsum, ex quo Asiae omnia fere flumina alia in Rubrum, alia in Caspium mare, alia in Hyrcanium et Ponticum decidunt. (22) XVII dierum spatio Caucasum superavit exercitus. Rupes in eo X in circuitu stadia complectitur, IIII in altitudinem excedit, in qua vinctum Promethea fuisse antiquitas tradidit. (23) Condendae in radicibus montis urbi sedes electa est. VII milibus seniorum Macedonum et praeterea militibus, quorum opera uti desisset, permissum in nova urbe considere. Hanc quoque Alexandream incolae appellaverunt. 4 (1) At Bessus Alexandri celeritate perterritus dis patriis sacrificio rite facto, sicut illis gentibus mos est, cum amicis ducibusque copiarum inter epulas de bello consultabat. (2) Graves mero suas vires extollere, hostium nunc temeritatem, nunc paucitatem spernere incipiunt. (3) Praecipue Bessus ferox verbis et parto per scelus regno superbus ac vix potens mentis dicere orditur socordia Darei crevisse hostium famam. (4) Occurrisse enim in Ciliciae angustissimis faucibus, cum retrocedendo posset perducere incautos in loca naturae situ tuta, tot fluminibus obiectis, tot montium latebris, inter quas deprehensus hostis ne fugae quidem, nedum resistendi occasio-

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den des Marsches für sich. (18) Endlich gelangte man in wohnlichere Gegenden, wo sich das Heer durch reichliche Lebensmittel stärkte. Zugleich kamen die, die nicht hatten folgen können, in das dort aufgeschlagene Lager. (19) Von hier rückte das Heer zum Kaukasos6 vor, dessen ununterbrochener Rücken Asien in zwei Teile teilt. Gleichzeitig sieht es auf der einen Seite nach dem Meer, das Kilikien bespült, auf der anderen nach dem Kaspischen Meer und dem Fluss Araxes und in anderer Richtung nach der Wüste Skythiens. (20) Mit dem Kaukasos hängt der Tauros, ein Gebirge geringerer Größe, zusammen; es erhebt sich von Kappadokien aus, zieht dann an Kilikien vorüber und schließt sich an die armenischen Gebirge an. (21) So hängen die Berge gleichsam in einer Reihe zusammen und bilden einen ununterbrochenen Rücken, von dem beinahe alle Ströme Asiens teils in das Rote, teils in das Kaspische, teils in das Hyrkanische und das Schwarze Meer hinabfließen. (22) In einem Zeitraum von siebzehn Tagen überschritt das Heer den Kaukasos. Ein Felsen darin hat einen Umfang von zehn und eine Höhe von mehr als vier Stadien; an ihm soll der Sage nach Prometheus angeschmiedet gewesen sein. (23) Am Fuß des Gebirges wurde ein Platz zur Gründung einer Stadt ausgesucht und 7 000 älteren Makedonen und außerdem den Soldaten, die man nicht mehr für den Dienst verwendete, die Erlaubnis gegeben, sich in der neuen Stadt niederzulassen. Auch diese nannten ihre Bewohner Alexandreia7. 4 (1) Bessos aber war durch die Schnelligkeit Alexanders eingeschüchtert und hielt, nachdem er den heimatlichen Gottheiten ein feierliches Opfer dargebracht hatte, nach der Sitte jener Völker mit seinen Freunden und Heerführern beim Mahl Kriegsrat. (2) Trunken vom Wein fing man an, mit der eigenen Macht zu prahlen und bald über die Tollkühnheit, bald über die geringe Zahl der Feinde zu spotten. (3) Besonders Bessos stellte mit leidenschaftlichen Worten und stolz auf seine durch Verbrechen gewonnene Herrschaft und auch kaum seiner Sinne mächtig die Behauptung auf, nur durch Dareios’ Schlaffheit sei der Ruhm der Feinde so gewachsen. (4) Sei er ihnen doch in den schmalen Engpässen Kilikiens begegnet, wo er die Unvorsichtigen durch einen Rückzug in Gegenden hätte locken können, die geschützt gewesen wären durch ihre natürliche Lage, durch die zahlreichen vorgelagerten Flüsse und Schlupfwinkel im Felsen: Ein Feind, der dazwischen überfallen worden wäre, hätte nicht einmal die Möglichkeit der Flucht, geschweige

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nem fuerit habiturus. (5) Sibi placere in Sogdianos recedere: Oxum amnem velut murum obiecturum hosti, dum ex finitimis gentibus valida auxilia concurrerent. (6) Venturos autem Chorasmios et Dahas Sacasque et Indos et ultra Tanain amnem colentes Scythas; quorum neminem adeo humilem esse, ut humeri eius non possent Macedonis militis verticem aequare. (7) Conclamant temulenti unam hanc sententiam salubrem esse, et Bessus circumferri merum largius iubet debellaturus super mensam Alexandrum. (8) Erat in eo convivio Gobares, natione Medus, sed magicae artis – si modo ars est, non vanissimi cuiusque ludibrium – magis professione quam scientia celeber, alioqui moderatus et probus. (9) Is cum praefatus esset scire servo utilius esse parere dicto quam adferre consilium, cum illos, qui pareant, idem quod ceteros maneat, qui vero suadeant, proprium sibi periculum ‹contrahant, Bessus eum dicere iussit intrepidum›, poculum etiam, quod habebat in manu, tradidit. (10) Quo accepto Gobares ‘Natura’ inquit ‘mortalium hoc quoque nomine prava et sinistra dici potest, quod in suo quisque negotio hebetior est quam in alieno. (11) Turbida sunt consilia eorum, qui sibi suadent. Obstat metus, alias cupiditas, nonnumquam naturalis eorum, quae excogitaveris, amor; nam in te superbia non cadit. Expertus es utique, quod ipse reppereris, aut solum aut optimum ducere. (12) Magnum onus sustines capite, regium insigne; hoc aut moderate perferendum est aut, quod abominor, in te ruet. Consilio, non impetu opus est.’ (13) Adicit deinde, quod apud Bactrianos vulgo usurpabant, canem timidum vehementius latrare quam mordere, altissima quaeque flumina minimo sono labi. Quae inserui, ut, qualiscumque inter barbaros potuit esse prudentia, traderetur. (14) [In] His audientium expectationem suspenderat. Tum consilium aperit utilius Besso quam gratius. ‘In vestibulo’ inquit ‘regiae tuae

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denn des Widerstands gehabt. (5) Seine Absicht sei, nach Sogdiana zurückzuweichen und dem Feind den Fluss Oxos wie eine Mauer in den Weg zu stellen, bis aus den benachbarten Völkerschaften schlagkräftige Hilfstruppen zusammenströmten. (6) Kommen würden die Chorasmier, Daher, Saker, Inder und die jenseits des Tanaïs wohnenden Skythen, von denen kein Einziger so klein sei, dass seine Schultern nicht auf gleicher Höhe mit dem Scheitel eines makedonischen Soldaten seien. (7) Alle schrien im Rausch, dies sei der einzige vernünftige Gedanke, und Bessos ließ noch reichlicher Wein herumreichen, um Alexander beim Zechgelage zu vernichten. (8) Bei diesem Gastmahl befand sich ein gewisser Gobares8, ein Meder, der aber mehr durch sein Bekenntnis zur magischen Kunst (wenn es überhaupt eine Kunst und nicht bloß ein Spielzeug aller Windbeutel ist) als durch deren wahre Kenntnis berühmt war, sonst ein besonnener und anständiger Mann. (9) Nachdem dieser vorausgeschickt hatte, er wisse wohl, dass es für einen Sklaven vorteilhafter sei, einem Befehl zu gehorchen als einen Rat zu geben, weil diejenigen, die gehorchten, nur das gleiche Schicksal wie die Übrigen erwarte, die Ratgeber aber noch eine ganz besondere Gefahr auf sich nähmen, forderte ihn Bessos auf, unverzagt zu sprechen, und reichte ihm sogar den Becher, den er selbst in der Hand hielt. (10) Gobares nahm ihn und sprach: „Die menschliche Natur kann auch deswegen verkehrt und linkisch genannt werden, weil jeder in seinen eigenen Angelegenheiten weniger Eifer zeigt als in fremden. (11) Verworren sind die Entschlüsse derer, die ihrem eigenen Rat folgen. Bald verblendet sie Furcht, bald Begierde, bisweilen die natürliche Vorliebe für das, was man sich selbst ausgedacht hat; dich trifft der Vorwurf des Stolzes ja nicht. Zumal hast du versucht, für das allein Richtige oder Beste zu halten, worauf du selbst gekommen bist. (12) Eine schwere Last, die königliche Krone, trägst du auf deinem Haupt; sie will entweder mit Mäßigung getragen sein oder sie wird dich, was die Götter verhüten mögen, erdrücken. Auf kluge Überlegung, nicht auf stürmische Entschlüsse kommt es an.“ (13) Dem fügt er ein baktrisches Sprichwort hinzu: Dass ein ängstlicher Hund heftiger belle als beiße und gerade die tiefsten Ströme am leisesten flössen. Das sei hier eingeflochten, um die Lebensklugheit der Barbaren, von welcher Art sie auch sei, zu überliefern. (14) Mit diesen Worten hatte er die Neugier der Hörer geweckt: Da eröffnete er nun seinen Rat, der Bessos mehr nützlich als angenehm war, und sprach: „Der König in seiner unvergleichli-

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velocissimus consistit rex. Ante ille agmen quam tu mensam istam movebis. (15) Nunc ab Tanai exercitum accerses et armis flumina oppones. Scilicet, qua tu fugiturus es, hostis sequi non potest! Iter utrique commune est, victori tutius. Licet strenuum metum putes esse, velocior tamen spes est. (16) Quin validioris occupas gratiam dedisque te, utcumque cesserit, meliorem fortunam deditus quam hostis habiturus? (17) Alienum habes regnum, quo facilius eo careas. Incipies forsitan iustus esse rex, cum ipse fecerit, qui tibi et dare potest regnum et eripere. (18) Consilium habes fidele, quod diutius exequi supervacuum est. Nobilis equus umbra quoque virgae regitur, ignavus ne calcari quidem concitari potest.’ (19) Bessus et ingenio et multo mero ferox adeo exarsit, ut vix ab amicis, quo minus occideret eum – nam strinxerat quoque acinacem –, contineretur. Certe convivio prosiluit haudquaquam potens mentis. Gobares inter tumultum elapsus ad Alexandrum transfugit. (20) VIII milia Bactrianorum habebat armata Bessus. Quae quamdiu propter caeli intemperiem Indiam potius Macedonas petituros crediderant, oboedienter imperata fecerunt; postquam adventare Alexandrum compertum est, in suos quisque vicos dilapsi Bessum reliquerunt. (21) Ille cum clientium manu, qui non mutaverant fidem, Oxo amne superato exustisque navigiis, quibus transierat, ne isdem hostis uteretur, novas copias in Sogdianis contrahebat. (22) Alexander Caucasum quidem, ut supra dictum est, transierat, sed inopia frumenti quoque prope ad famem ventum erat. (23) Suco ex sesama expresso haud secus quam oleo artus perunguebant. Sed huius suci ducenis quadragenis denariis amphorae singulae, mellis denariis trecenis nonagenis, trecenis vini aestimabantur; tritici nihil aut admodum exiguum reperiebatur. (24) Siros vocabant barbari ‹specus›, quos ita sollerter abscondunt, ut, nisi qui defoderunt, invenire non possint; in his conditae fruges erant. In quarum penuria milites flu-

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chen Schnelligkeit nimmt in der Vorhalle deines Palastes Aufstellung. Er wird eher mit seinem Heer als du von dieser Tafel aufbrechen. (15) Jetzt willst du ein Heer vom Tanaïs kommen lassen und den Bewaffneten die Flüsse in den Weg stellen. Natürlich kann der Feind auf deinem Fluchtweg nicht folgen! Die Straße ist für beide offen, und sie ist sicherer für den Sieger. Für wie rastlos du auch die Furcht halten magst, die Hoffnung ist doch schneller. (16) Warum suchst du also nicht lieber die Gunst des Mächtigeren zu gewinnen und ergibst dich ihm? Wie immer es kommen mag: Als Feind erwartet dich ein schlimmeres Los, als wenn du dich ergibst. (17) Ein fremder Thron ist es, den du innehast; und um so leichter wirst du auf ihn verzichten können. Vielleicht wirst du dann ein rechtmäßiger König sein, wenn der dich dazu macht, der dir den Königsthron geben und auch nehmen kann. (18) Da hast du meinen aufrichtigen Rat; ihn weiter auszuführen, ist überflüssig. Ein edles Ross lässt sich schon vom Schatten der Reitgerte regieren, ein träges nicht einmal durch den Sporn antreiben.“ (19) Darüber wurde Bessos, seiner Veranlagung nach und aufgrund des vielen Weins übermütig, so wütend, dass seine Freunde ihn kaum abhalten konnten, ihn zu töten – denn seinen Säbel hatte er schon gezogen. Doch wenigstens stürzte er, seiner Sinne nicht mehr mächtig, vom Gastmahl fort. Gobares aber entkam während der Verwirrung und lief zu Alexander über. (20) Bessos hatte 8 000 bewaffnete Baktrianer, die so lange gehorsam seine Befehle ausführten, wie sie geglaubt hatten, die Makedonen würden sich wegen des ungünstigen Klimas lieber Indien zuwenden. Nachdem sie aber erfahren hatten, dass Alexander näher rücke, flohen sie ein jeder in seine Heimat und verließen Bessos. (21) Dieser setzte mit einer Schar seiner Getreuen, die bei ihm geblieben waren, über den Oxos, verbrannte die Schiffe, auf denen er übergefahren war, damit sie nicht auch die Feinde benützen könnten, und zog in Sogdiana neue Truppen zusammen. (22) Alexander hatte zwar, wie oben erwähnt, den Kaukasos überschritten, aber wegen Getreidemangels war es fast zu einer Hungersnot gekommen. (23) Man presste den Saft aus Sesamkörnern und salbte sich damit nicht anders als mit Öl die Glieder. Aber ein Krug dieses Saftes kostete 240, ein Krug Honig 390, ein Krug Wein 300 Denare; Weizen fand sich gar nicht oder nur sehr wenig. (24) Es gibt dort Gruben, die die Barbaren Siren nennen und die sie so geschickt verbergen, dass sie nur auffinden kann, wer sie gegraben hat. Darin waren ihre Feldfrüchte aufbewahrt. In

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viatili pisce et herbis sustinebantur. (25) Iamque haec ipsa alimenta defecerant, cum iumenta, quibus onera portabant, caedere iussi sunt; horum carne, dum in Bactrianos perventum, traxere vitam. (26) Bactrianae terrae multiplex et varia natura est. Alibi multa arbor et vitis largos mitesque fructus alit. Solum pingue crebri fontes rigant; quae mitiora sunt, frumento conseruntur, cetera armentorum pabulo cedunt. (27) Magnam deinde partem eiusdem terrae steriles harenae tenent: squalida siccitate regio non hominem, non frugem alit; cum vero venti a Pontico mari spirant, quicquid sabuli in campis iacet, converrunt. Quod ubi cumulatum est, magnorum collium procul species est, omniaque pristini itineris vestigia intereunt. (28) Itaque qui transeunt campos, navigantium modo noctu sidera observant, ad quorum cursum iter dirigunt, et propemodum clarior est noctis umbra quam lux. (29) Ergo interdiu invia est regio, quia nec vestigium, quod sequantur, inveniunt et nitor siderum caligine absconditur. Ceterum si quos ille ventus, qui a mari exoritur, deprehendit, harena obruit. (30) Sed qua mitior terra est, ingens hominum equorumque multitudo gignitur; itaque Bactriani equites XXX milia expleverant. (31) Ipsa Bactra, regionis eius caput, sita sunt sub monte Parapamiso. Bactrus amnis praeterit moenia; is urbi et regioni dedit nomen. (32) Hic regi stativa habenti nuntiatur ex Graecia Peloponnesiorum Laconumque defectio – nondum enim victi erant, cum proficiscerentur tumultus eius principia nuntiaturi – et alius praesens terror adfertur, Scythas, qui ultra Tanaim amnem colunt, adventare Besso ferentes opem. Eodem tempore, quae in gente Ariorum Caranus et Erigyius gesserant, perferuntur. Commissum erat proelium inter Macedonas Ariosque. (33) Transfuga Satibarzanes barbaris praeerat; qui cum pugnam segnem utrimque aequis viribus stare vidisset, in primos ordines adequitavit demptaque galea inhibitis, qui tela iaciebant, si quis viri-

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Ermangelung daran nährten sich die Soldaten mit Flussfischen und Kräutern. (25) Und selbst diese Nahrungsmittel fehlten bereits, als der Befehl gegeben wurde, die Lasttiere zu schlachten. Mit ihrem Fleisch fristeten sie ihr Leben, bis sie nach Baktrien gelangten. (26) Die Natur des baktrischen Landes ist mannigfaltig und ungleichmäßig beschaffen. In einigen Gegenden bringen die zahlreichen Bäume und Weinstöcke reiche und edle Früchte hervor. Den fetten Boden bewässern häufige Quellen, und während die fruchtbaren Strecken mit Getreide besät sind, dienen die übrigen zur Weide für die Viehherden. (27) Einen großen Teil des Landes nehmen ferner unfruchtbare Sandwüsten ein. Die unwirtliche Trockenheit der Landschaft nährt weder Menschen noch Getreide, und wenn dann auch noch die Winde vom Schwarzen Meer9 her wehen, fegen sie den ganzen Sand aus den Ebenen zusammen. Sobald er sich dann aufgetürmt hat, hat er von fern das Aussehen hoher Hügel und alle Spuren des alten Wegs verschwinden. (28) Wer durch diese Sandflächen zieht, beobachtet daher wie die Seeleute in der Nacht die Sterne und richtet seinen Weg nach ihrem Lauf; ja das Dunkel der Nacht ist beinahe heller als das Tageslicht. (29) Darum ist die Gegend am Tag unwegsam, weil man keine Spur findet, der man folgen könnte, sondern der Glanz der Sterne vielmehr in Finsternis gehüllt ist. Wen nun aber jener Wind, der vom Meer herweht, erfasst, den begräbt er im Sand. (30) Aber wo das Land wirtlicher ist, da gibt es eine ungemeine Fülle von Menschen und Pferden, so dass die Baktrianer 30 000 Reiter zählten. (31) Baktra selbst, die Hauptstadt jenes Landes, liegt am Fuß des Parapamisosgebirges. Ihre Mauern bespült der Fluss Baktros, der der Stadt und dem Land den Namen gegeben hat. (32) Während der König hier ein Standlager hatte, wurde ihm aus Griechenland der Abfall der Peloponnesier und Lakedaimonier gemeldet – sie waren nämlich noch nicht besiegt, als die Boten aufbrachen, um ihm den Beginn des Aufstands zu melden – und aus der Nähe kam eine andere Schreckensbotschaft: Die jenseits des Tanaïs10 beheimateten Skythen rückten heran, um Bessos zu helfen. Gleichzeitig wurde ihm hinterbracht, was Karanos und Erigyios im Land der Areier getan hatten. Es war eine Schlacht zwischen den Makedonen und den Areiern geliefert worden. (33) Der Überläufer Satibarzanes befehligte die Barbaren; und als er gesehen hatte, dass bei beiderseits gleichen Kräften der Kampf nicht voranging, ritt er in die vordersten Reihen vor, nahm seinen Helm vom Kopf und forderte, nachdem er den Speerschüt-

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tim dimicare vellet, provocavit ad pugnam: nudum se caput in certamine habiturum. (34) Non tulit ferociam barbari ‹Erigyius› [dux illius exercitus], gravis quidem aetate, sed et animi et corporis robore nulli iuvenum postferendus. Is galea dempta canitiem ostentans ‘Venit’ inquit ‘dies, quo aut victoria aut morte honestissima, quales amicos et milites Alexander habeat, ostendam.’ (35) Nec plura elocutus equum in hostem egit. Crederes imperatum, ut acies utraeque tela cohiberent: protinus certe recesserunt dato libero spatio, intenti in eventum non ducum modo, sed etiam suae sortis, quippe alienum discrimen secuturi. (36) Prior barbarus emisit hastam, quam Erigyius modica capitis declinatione vitavit atque ipse infestam sarisam equo calcaribus concitato in medio barbari gutture ita fixit, ut per cervicem emineret. (37) Praecipitatus ex equo barbarus adhuc tamen repugnabat. Sed ille extractam e vulnere hastam rursus in os dirigit. Satibarzanes manu complexus, quo maturius interiret, ictum hostis adiuvit. (38) Et barbari duce amisso, quem magis necessitate quam sponte secuti erant, tunc haud immemores meritorum Alexandri arma Erigyio tradunt. (39) Rex his quidem laetus, de Spartanis haudquaquam securus, magno tamen animo defectum eorum tulit, dicens non ante ausos consilia nudare, quam ipsum ad fines Indiae pervenisse cognossent. (40) Ipse Bessum persequens copias movit; cui Erigyius barbari caput, opimum belli decus, praeferens occurrit. 5 (1) Igitur Bactrianorum regione Artabazo tradita sarcinas et impedimenta ibi cum praesidio relinquit, ipse cum expedito agmine loca deserta Sogdianorum intrat nocturno itinere exercitum ducens. (2) Aquarum, ut ante dictum est, penuria prius desperatione quam desiderio bibendi sitim accendit. Per CCCC stadia ne modicus quidem humor existit. (3) Harenas vapor aestivi solis accendit; quae

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zen Einhalt geboten hatte, jeden, der Lust habe, zum Zweikampf mit sich heraus: Er werde entblößten Hauptes kämpfen. (34) Unerträglich schien der Übermut des Barbaren dem Erigyios, der zwar schon betagt war, an geistiger und körperlicher Kraft aber keinem der jungen Männer nachstand. Er nahm seinen Helm ab, zeigte sein graues Haupt und rief: „Es kommt der Tag, an dem ich entweder durch Sieg oder Heldentod zeigen werde, was für Freunde und Soldaten Alexander hat!“ (35) Ohne ein weiteres Wort spornte er sein Pferd gegen den Feind. Man hätte glauben können, es sei beiden Heeren befohlen worden, das Schießen einzustellen: Ja sie traten sofort zurück und gaben freien Raum, nicht nur auf das Schicksal der Anführer, sondern auch auf ihr eigenes gespannt, da sie bereit waren, sich der Entscheidung zu fügen. (36) Zuerst warf der Barbar seinen Speer, dem Erigyios mit einer leichten Neigung des Kopfes auswich. Dann trieb dieser selbst sein Pferd mit den Sporen an und traf mit der tödlichen Lanze so mitten in die Kehle des Barbaren, dass sie durch den Nacken herausragte. (37) Der Barbar stürzte vom Pferd, leistete aber noch immer Widerstand. Jener aber zog ihm den Speer aus der Wunde und stieß ihn ihm aufs Neue in den Mund. Satibarzanes ergriff ihn mit der Hand, um schneller zu sterben, und verstärkte damit den Stoß des Feindes. (38) Nach dem Verlust ihres Führers, dem sie mehr gezwungen als freiwillig gefolgt waren, da lieferten die Barbaren in guter Erinnerung an die Verdienste Alexanders ihre Waffen dem Erigyios aus. (39) Obwohl sich der König darüber freute, so war er doch wegen der Spartaner keineswegs ohne Sorgen; dennoch nahm er die Nachricht von ihrem Abfall mit unerschütterlichem Sinn auf, indem er bemerkte, sie hätten nicht früher gewagt, ihre Absichten zu enthüllen, bis sie erfahren hätten, dass er an die Grenzen Indiens gelangt sei. (40) Hierauf ließ er das Heer zur Verfolgung des Bessos aufbrechen. Unterwegs begegnete ihm Erigyios, der das Haupt des Barbaren als herrliche Siegesbeute vor sich her trug. 5 (1) Nachdem er also dem Artabazos die Provinz Baktrien übergeben hatte, ließ er dort Gepäck und Tross unter Bedeckung zurück; er selbst drang mit einem schlagfertigen Heerestrupp in die Wüsten Sogdianas ein, wobei er die Truppen nachts marschieren ließ. (2) Der oben erwähnte Wassermangel verursacht Durst, weniger weil man trinken möchte als weil es keine Möglichkeit dazu gibt. Auf einer Strecke von 400 Stadien findet sich auch nicht ein Tropfen Wasser. (3) Die Hitze der Sommersonne durchglüht den Sand; und

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ubi flagrare coeperunt, haud secus quam continenti incendio cuncta torrentur. (4) Caligo deinde immodico terrae fervore excitata lucem tegit, camporumque non alia quam vasti et profundi aequoris species est. (5) Nocturnum iter tolerabile videbatur, quia rore et matutino frigore corpora levabantur. Ceterum cum ipsa luce aestus oritur, omnemque naturalem absorbet humorem siccitas; ora visceraque penitus uruntur. (6) Itaque primum animi, deinde corpora deficere coeperunt. Pigebat et consistere et progredi. (7) Pauci a peritis regionis admoniti praepararant aquam; haec paulisper repressit sitim, deinde crescente aestu rursus desiderium humoris accensum est. Ergo quicquid vini oleique erat oribus ingerebatur, tantaque dulcedo bibendi fuit, ut in posterum sitis non timeretur. (8) Graves deinde avide hausto humore non sustinere arma, non ingredi poterant, et feliciores videbantur, quos aqua defecerat, cum ipsi sine modo infusam vomitu cogerentur egerere. (9) Anxium regem tantis malis circumfusi amici ut meminisset orabant animi sui magnitudinem unicum remedium deficientis exercitus esse, (10) cum ex iis, qui praecesserant ad capiendum locum castris, duo occurrunt utribus aquam gestantes, ut filiis suis, quos in eodem agmine esse et aegre pati sitim non ignorabant, succurrerent. (11) Qui cum in regem incidissent, alter ex his utre resoluto vas, quod simul ferebat, implet porrigens regi. Ille accipit; percontatus, quibus aquam portarent, filiis ferre cognoscit. (12) Tunc poculo pleno, sicut oblatum est, reddito ‘Nec solus’ inquit ‘bibere sustineo nec tam exiguum dividere omnibus possum. Vos currite et liberis vestris, quod propter illos attulistis, date.’ (13) Tandem ad flumen Oxum ipse pervenit prima fere vespera, sed exercitus magna pars non potuerat consequi. In edito monte ignes iubet fieri, ut ii, qui aegre sequebantur, haud procul castris ipsos abesse cognoscerent; (14) eos autem, qui

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ist dieser einmal in Glut geraten, dann wird alles wie von einem anhaltenden Feuer verbrannt. (4) Finsternis wird durch die übermäßige Hitze des Erdbodens erzeugt und breitet sich dann über das Licht und die Sandflächen sehen nicht anders aus als das weite, tiefe Meer. (5) Der Marsch während der Nacht schien noch erträglich, weil die Körper durch den Tau und die Morgenkälte erfrischt wurden. Doch gleich mit Tagesanbruch steigt die Hitze auf und die Trockenheit saugt alle natürliche Feuchtigkeit auf; Gesicht und Eingeweide dörren völlig aus. (6) Deshalb begann sie zuerst der Mut, dann die Kraft zu verlassen; weder stehenzubleiben noch weiterzugehen hatten sie Lust. (7) Einige wenige hatten sich auf den Rat von Kennern der Gegend hin mit Wasser versorgt; das stillte ihren Durst zwar für eine Weile; als dann aber die Hitze zunahm, entbrannte das Bedürfnis nach Wasser aufs Neue. Was also an Wein und Öl vorhanden war, schüttete man sich in den Mund, und die Versuchung zu trinken war so groß, dass man den Durst für später nicht fürchtete. (8) Beschwert von der gierig geschluckten Feuchtigkeit, konnten sie dann weder die Waffen halten noch weitermarschieren, und es schien denjenigen, denen das Wasser ausgegangen war, besser zu gehen, während jene das maßlos Geschluckte wieder erbrechen mussten. (9) Den aufgrund solcher Übel besorgten König umringten seine Freunde und baten ihn, daran zu denken, dass seine Seelengröße die einzige Rettung für das dahinschwindende Heer sei, (10) als ihnen zwei von denen, die vorausgegangen waren, um einen Platz für das Lager abzustecken, mit Schläuchen voll Wasser begegneten, um damit ihren Söhnen zu Hilfe zu kommen, die sich, wie sie wohl wussten, im selben Heereszug befanden und von Durst schwer geplagt wurden. (11) Als sie auf den König trafen, öffnete der eine von ihnen seinen Schlauch, füllte ein Gefäß, das er bei sich trug, und reichte es dem König. Dieser nahm es; auf seine Frage, für wen sie das Wasser brächten, erfuhr er, es sei für ihre Söhne. (12) Da gab er den Becher so voll, wie er ihm gereicht worden war, zurück und sagte: „Allein mag ich nicht trinken und unter alle kann ich eine so kleine Menge nicht verteilen. Lauft also und gebt euren Söhnen, was ihr für sie mitgebracht habt.“11 (13) Endlich erreichte er selbst etwa mit Einbruch des Abends den Oxos12, aber ein Großteil des Heeres hatte ihm nicht folgen können. Er ließ daher auf einem hohen Berg Feuer anzünden, damit diejenigen, die sich mühsam nachschleppten, sähen, dass sie nicht weit vom Lager entfernt seien; (14) der Vorhut aber, die sich frühzeitig durch

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primi agminis erant, mature cibo ac potione firmatos implere alios utres, alios vasa, quibuscumque aqua portari posset, iussit ac suis opem ferre. (15) Sed qui intemperantius hauserant, intercluso spiritu extincti sunt, multoque maior horum numerus fuit, quam ullo amiserat proelio. (16) At ille thoracem adhuc indutus nec aut cibo refectus aut potu, qua veniebat exercitus, constitit nec ante ad curandum corpus recessit, quam praeterierant, qui agmen ‹claudebant› totamque eam noctem cum magno animi motu perpetuis vigiliis egit. (17) Nec postero die laetior erat, quia nec navigia habebat nec pons erigi poterat, circum amnem nudo ‹solo› et materia maxime sterili. Consilium igitur, quod unum necessitas subiecerat, init: utres quam plurimos stramentis refertos dividit. (18) His incubantes transnavere amnem, quique primi transierant, in statione erant, dum traicerent ceteri. Hoc modo sexto demum die in ulteriore ripa totum exercitum exposuit. (19) Iamque ad persequendum Bessum statuerat progredi, cum ea, quae in Sogdianis erant, cognoscit. Spitamenes erat inter omnes amicos praecipuo honore cultus a Besso, sed nullis meritis perfidia mitigari potest; (20) quae tamen iam minus in eo invisa esse poterat, quia nihil ulli nefastum in Bessum, interfectorem regis sui, videbatur. Titulus facinori speciosus praeferebatur, vindicta Darei; sed fortunam, non scelus oderat Bessi. (21) Namque ut Alexandrum flumen Oxum superasse cognovit, Dataphernem et Catanen, quibus a Besso maxima fides habebatur, in societatem cogitatae rei adsciscit. Illi promptius adnuunt quam rogabantur, adsumptisque VIII fortissimis iuvenibus talem dolum intendunt. (22) Spitamenes pergit ad Bessum et remotis arbitris comperisse ait se insidiari ei Dataphernen et Catanen, ut vivum Alexandro traderent, agitantes; a semet occupatos esse, vinctos teneri. (23) Bessus tanto merito, ut credebat, obligatus partim gratias agit, partim avidus explendi supplicii adduci eos iubet. (24) Illi manibus sua sponte religatis a participibus consilii trahebantur. Quos Bessus truci vultu intuens consurgit manibus non temperatu-

Geschichte Alexanders des Großen 7,5,14–7,5,24

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Speise und Trank gestärkt hatte, befahl er, Schläuche und alle möglichen Gefäße, in denen sich Wasser tragen ließ, zu füllen und ihren Kameraden zu helfen. (15) Denjenigen jedoch, die zu unbeherrscht getrunken hatten, blieb dabei die Luft weg und sie starben, und es waren mehr, als in irgendeiner Schlacht gefallen waren. (16) Jener aber stellte sich, noch immer im Panzer und weder durch Speise noch Trank gestärkt, dort hin, wo das Heer herankam, und zog sich nicht eher zurück, sich um sich selbst zu kümmern, als bis die Nachhut an ihm vorüber war. Die ganze Nacht aber durchwachte er in großer Aufregung. (17) Auch am folgenden Tag war er nicht fröhlicher, weil er weder Schiffe hatte noch eine Brücke bauen konnte, da der Boden rings um den Fluss ohne jedes Holz war. Er griff also zu dem einzigen Mittel, das ihm die Not an die Hand gab und ließ so viele Schläuche wie möglich mit Stroh füllen und verteilen. (18) Auf diese legten sie sich und schwammen so über den Fluss und wer zuerst drüben war, hielt Wache, bis die Übrigen übergesetzt wären13. Auf diese Weise brachte er schließlich nach fünf Tagen sein ganzes Heer ans andere Ufer. (19) Er hatte bereits beschlossen, die Verfolgung des Bessos aufzunehmen, als er von den Vorgängen in Sogdiana erfuhr. Unter all seinen Freunden hatte Bessos keinen mehr geehrt als Spitamenes, und doch kann Treulosigkeit durch kein Verdienst gemildert werden, (20) wenn sie hier auch weniger Abscheu erwecken konnte, weil keinem etwas gegen Bessos, den Mörder ihres Königs, unrecht schien. Der Vorwand für das Verbrechen war bestechend: die Rache für Dareios; aber Spitamenes war das Glück, nicht das Verbrechen des Bessos ein Dorn im Auge. (21) Sobald er nämlich erfuhr, Alexander habe den Oxos überschritten, zog er Dataphernes und Katanes, denen Bessos besonderes Vertrauen schenkte, zur Teilnahme an seinem Vorhaben hinzu. Eifriger, als sie gebeten wurden, nahmen sie an und ersannen in Verbindung mit acht der tapfersten jungen Männer die folgende List. (22) Spitamenes ging sofort zu Bessos und versicherte ihm unter vier Augen, er habe erfahren, dass Dataphernes und Katanes ihm nachstellten und planten, ihn lebend an Alexander auszuliefern; er aber habe sie gefasst und halte sie gefangen. (23) Bessos fühlte sich ihm durch dieses vermeintliche große Verdienst verpflichtet, sagte ihm seinen Dank und befahl zugleich, sie herbeizuführen, begierig, die Strafe an ihnen zu vollziehen. (24) Jene hatten sich ihre Hände freiwillig auf den Rücken binden lassen und wurden von den Mitverschworenen herbeigeschleppt. Bessos sah sie mit trotzigem Blick an und erhob

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rus. Atque illi simulatione omissa circumsistunt eum et frustra repugnantem vinciunt derepto ex capite regni insigni lacerataque veste, quam e spoliis occisi regis induerat. (25) Ille deos sui sceleris ultores adesse confessus adiecit non Dareo iniquos fuisse, quem sic ulciscerentur, sed Alexandro propitios esse, cuius victoriam semper etiam hostes adiuvissent. (26) Multitudo an vindicatura Bessum fuerit, incertum est, nisi illi, qui vinxerant, iussu Alexandri fecisse ipsos ementiti dubios adhuc animi terruissent. In equum impositum Alexandro tradituri ducunt. (27) Inter haec rex, quibus matura erat missio, electis nongentis fere bina talenta equiti dedit, pediti terna denarium milia, monitosque, ut liberos generarent, remisit domum. Ceteris gratiae actae, quod ad reliqua belli navaturos operam pollicebantur. (28) [Tum Bessus perducitur.] Perventum erat ad parvulum oppidum. Branchidae eius incolae erant. Mileto quondam iussu Xerxis, cum e Graecia rediret, transierant et in ea sede constiterant, quia templum, quod Didymeon appellatur, in gratiam Xerxis violaverant. (29) Mores patrii nondum exoleverant; sed iam bilingues erant, paulatim a domestico externo sermone degeneres. Magno igitur gaudio regem excipiunt urbem seque dedentes. Ille Milesios, qui apud ipsum militarent, convocari iubet. (30) Vetus odium Milesii gerebant in Branchidarum gentem. Proditis ergo, sive iniuriae sive originis meminisse mallent, liberum de Branchidis permittit arbitrium. (31) Variantibus deinde sententiis se ipsum consideraturum, quid optimum factu esset, ostendit. Postero die occurrentibus Branchidis secum procedere iubet, cumque ad urbem ventum esset, ipse cum expedita manu portam intrat; (32) phalanx moenia oppidi circumire iussa et dato signo diripere urbem, proditorum recepta-

Geschichte Alexanders des Großen 7,5,24–7,5,32

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sich, um selbst Hand an sie zu legen. Da gaben jene die Verstellung auf; sie umringten und fesselten ihn, während er sich vergeblich wehrte, rissen ihm das Abzeichen der Königswürde vom Haupt und zerfetzten ihm das Gewand, das er aus der Beute des ermordeten Königs angelegt hatte. (25) Bessos bekannte, dass dies die Rache der Götter für sein Verbrechen sei, und fügte hinzu, dass sie gegen Dareios zwar nicht ungerecht gewesen seien, da sie ihn jetzt so rächten, gegen Alexander aber besonders gnädig, dessen Sieg immer auch der Feind selbst befördert habe. (26) Ungewiss bleibt, ob die Menge Bessos zu Hilfe gekommen wäre, wenn nicht diejenigen, die ihn gefesselt hatten, vorgegeben hätten, auf Alexanders Befehl gehandelt zu haben, und so die noch unschlüssigen Gemüter in Schrecken versetzt hätten. Auf einem Pferd führte man ihn fort, um ihn Alexander auszuliefern. (27) Unterdessen wählte der König aus denen, für deren Entlassung es Zeit war, ungefähr 900 Mann aus und gab jedem Reiter zwei Talente, jedem Fußsoldaten 3 000 Denare. Dann entließ er sie mit der Ermahnung, Familien zu gründen, nach Hause. Den anderen dankte er, weil sie ihm für die noch übrige Kriegszeit ihre Dienste versprachen. (28) Man war zu einer kleinen Stadt gekommen, die von den Branchiden bewohnt war. Sie waren einst auf Befehl des Xerxes bei dessen Rückkehr aus Griechenland aus Milet mit herüber gekommen und hatten sich an dieser Stelle niedergelassen, weil sie den so genannten didymeischen Tempel Xerxes zu Gefallen beraubt hatten14. (29) Ihre heimatlichen Sitten waren noch nicht verschwunden; aber sie sprachen schon eine Mischsprache, ihre eigene Sprache war durch die fremde allmählich entartet. Mit großer Freude also nahmen sie den König auf und übergaben ihm sich und ihre Stadt. Jener ließ die Milesier, die in seinem Heer dienten, zusammenrufen. (30) Die Milesier hegten aber einen alten Hass gegen das Volk der Branchiden. Also überließ er den Verratenen die freie Entscheidung über die Branchiden, ob sie sich lieber an das Unrecht oder an ihren gemeinsamen Ursprung erinnern wollten. (31) Als daraufhin verschiedene Ansichten laut wurden, versprach er ihnen, er werde selbst überlegen, was zu tun am besten sei. Als die Branchiden nun am folgenden Tag zu ihm kamen, befahl er ihnen, mit ihm zu gehen, und als man bei der Stadt angelangt war, trat er selbst mit einer kampfbereiten Schar beim Tor ein, (32) während der Phalanx befohlen war, die Stadtmauern zu umzingeln und auf ein gegebenes Zeichen hin die Stadt, dieses Verräternest, zu plündern, die Einwohner selbst

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culum, ipsosque ad unum caedere. (33) Illi inermes passim trucidantur, nec aut commercio linguae aut supplicum velamentis precibusque inhiberi crudelitas potest. Tandem, ut deicerent fundamenta murorum, ab imo moliuntur, ne quod urbis vestigium extaret. (34) Nemora quoque ‹et› lucos sacros non caedunt modo, sed etiam extirpant, ut vasta solitudo et sterilis humus excisis etiam radicibus linqueretur. (35) Quae si in ipsos proditionis auctores excogitata essent, iusta ultio esse, non crudelitas videretur; nunc culpam maiorum posteri luere, qui ne viderant quidem Miletum, ideo et Xerxi non potuerant prodere. (36) Inde processit ad Tanain amnem. Quo perductus est Bessus non vinctus modo sed etiam omni velamento corporis spoliatus. Spitamenes eum tenebat collo inserta catena, tam barbaris quam Macedonibus gratum spectaculum. (37) Tum Spitamenes ‘Et te’ inquit ‘et Dareum, reges meos, ultus interfectorem domini sui adduxi eo modo captum, cuius ipse fecit exemplum. Aperiat ad hoc spectaculum oculos Dareus! Existat ab inferis, qui illo supplicio indignus fuit et hoc solacio dignus est!’ (38) Alexander multum conlaudato Spitamene conversus ad Bessum ‘Cuius’ inquit ‘ferae rabies occupavit animum tuum, cum regem de te optime meritum prius vincire, deinde occidere sustinuisti? Sed huius parricidii mercedem falso regis nomine persolvisti tibi.’ (39) Ille facinus purgare non ausus regis titulum se usurpare dixit, ut gentem suam tradere ipsi posset; qui si cessasset, alium fuisse regnum occupaturum. (40) Et Alexander Oxathren, fratrem Darei, quem inter corporis custodes habebat, propius iussit accedere tradique Bessum ei, ut cruci adfixum mutilatis auribus naribusque sagittis configerent barbari adservarentque corpus, ut ne aves quidem contingerent. (41) Oxathres cetera sibi curae fore pollicetur, aves non ab alio quam a Catane posse prohiberi adicit eximiam eius artem cupiens

Geschichte Alexanders des Großen 7,5,32–7,5,41

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aber bis auf den letzten Mann niederzumachen. (33) So wurden jene allerorts wehrlos niedergemetzelt und weder die gemeinsame Sprache noch die Bittzeichen der Schutzflehenden und ihr Flehen konnten die Grausamkeit bremsen. Damit der Unterbau der Mauern einfiele, wurden diese schließlich untergraben, damit auch nicht eine Spur von der Stadt übrig bleibe. (34) Auch die Wälder und heiligen Haine holzten sie nicht nur ab, sondern rotteten sie aus, indem sie selbst die Wurzeln ausgruben, so dass sie nichts als wüste Einöde und unfruchtbares Erdreich zurückließen. (35) Hätte man dies gegen die Urheber des Verrats selbst ersonnen, so schiene es gerechte Rache, nicht Grausamkeit zu sein. Jetzt aber mussten die Nachkommen die Schuld der Vorfahren büßen, die Milet nicht einmal gesehen hatten, es also auch nicht an Xerxes hatten verraten können. (36) Von da rückte er an den Tanaïs vor. Dorthin wurde Bessos15 gebracht, nicht nur gefesselt, sondern auch jeder Bedeckung des Körpers beraubt. Spitamenes hielt ihn an einer am Hals befestigten Kette: ein willkommenes Schauspiel für die Barbaren wie die Makedonen. (37) Da sprach Spitamenes: „Zur Rache für dich und Dareios, meine Könige, bringe ich hier den Mörder seines Herrn, auf gleiche Weise gefangen, wie er selbst das Beispiel gegeben hat. Möchte Dareios doch seine Augen zu diesem Schauspiel öffnen und aus der Unterwelt heraufkommen, er, der nicht jenes Ende, wohl aber diesen Trost verdient hat!“ (38) Alexander erteilte dem Spitamenes großes Lob und sagte, zu Bessos gewandt: „Die Wut welcher Bestie hat dich ergriffen, als du imstande warst, deinen König, der sich so sehr um dich verdient gemacht hat, erst zu fesseln und dann zu ermorden? Aber den Lohn für diesen Mord hast du dir mit dem angemaßten Königstitel ausgezahlt.“ (39) Weil jener nicht wagte, seine Tat zu entschuldigen, entgegnete er, den Titel „König“ führe er nur deshalb, um sein Volk an Alexander übergeben zu können; wenn er gezögert hätte, hätte sich ein anderer der Herrschaft bemächtigt. (40) Alexander ließ nun Oxathres, den Bruder des Dareios, der zu seiner Leibgarde gehörte, näher treten und ihm den Bessos ausliefern, damit ihm Ohren und Nase abgeschnitten, er ans Kreuz geschlagen und von den Barbaren mit Pfeilen durchbohrt würde. Sein Leichnam sollte bewacht werden, damit nicht einmal die Vögel an ihn herankämen. (41) Oxathres versprach für das Übrige zu sorgen, die Vögel aber, fügte er hinzu, könnten von keinem anderen wie von Katanes abgehalten werden, auf dessen ausgezeichnete Kunst er aufmerksam machen wollte; mit so sicherer

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ostendere; namque adeo certo ictu destinata feriebat, ut aves quoque exciperet. (42) Nunc forsitan sagittarum tam celebri usu minus admirabilis videri ars haec possit, tum ingens visentibus miraculum magnoque honori Catani fuit. (43) Dona deinde omnibus, qui Bessum adduxerant, data sunt. Ceterum supplicium eius distulit, ut eo loco, in quo Dareum ipse occiderat, necaretur. 6 (1) Interea Macedones ad petendum pabulum incomposito agmine egressi a barbaris, qui de proximis montibus decurrerunt, opprimuntur, pluresque capti sunt quam occisi; (2) barbari autem captivos prae se agentes rursus in montem recesserunt. XX milia latronum erant; fundis sagittisque pugnam invadunt. (3) Quos dum obsidet rex, inter promptissimos dimicans sagitta ictus est, quae in medio crure fixa reliquerat spiculum. (4) Illum quidem maesti et attoniti Macedones in castra referebant, sed nec barbaros fefellit subductus ex acie: quippe ex edito monte cuncta prospexerant. (5) Itaque postero die misere legatos ad regem, quos ille protinus iussit admitti solutisque fasciis magnitudinem vulneris dissimulans crus barbaris ostendit. (6) Illi iussi considere adfirmant non Macedonas quam ipsos tristiores fuisse cognito vulnere ipsius; cuius si auctorem repperissent, dedituros fuisse: cum dis enim pugnare sacrilegos tantum. (7) Ceterum se gentem in fidem dedere superatos vulnere illius. Rex fide data et captivis receptis gentem in deditionem accepit. (8) Castris inde motis lectica militari ferebatur, quam pro se quisque eques pedesque subire certabant. Equites, cum quibus rex proelia inire solitus erat, sui muneris id esse censebant; pedites contra, cum saucios commilitones ipsi gestare adsuevissent, eripi sibi proprium officium tum potissimum, cum rex gestandus esset, querebantur. (9) Rex in tanto utriusque partis certamine et sibi difficilem

Geschichte Alexanders des Großen 7,5,41–7,6,9

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Hand nämlich traf er, was er anvisierte, dass er sogar Vögel im Flug erreichte. (42) Bei der heutzutage so häufig anzutreffenden Geschicklichkeit im Bogenschießen mag dieses Kunststück vielleicht weniger bewundernswert scheinen, aber damals galt es denen, die es sahen, für ein ungeheueres Wunder und brachte dem Katanes großen Ruhm ein. (43) Dann wurden allen, die den Bessos hergeführt hatten, Geschenke gegeben. Seine Hinrichtung aber wurde verschoben, damit er an derselben Stelle, wo er den Dareios ermordet hatte, getötet würde. 6 (1) Unterdessen wurden die Makedonen, die in ungeordneten Haufen zum Futterholen ausgezogen waren, von Barbaren, die von den nächsten Bergen herabliefen, überfallen und in größerer Zahl gefangen als getötet; (2) die Barbaren aber zogen sich, die Gefangenen vor sich hertreibend, wieder ins Gebirge zurück. 20 000 Räuber waren es; mit Schleudern und Pfeilen gingen sie in die Schlacht. (3) Während der König sie belagerte, wurde er, als er unter den Schlagfertigsten kämpfte, von einem Pfeil getroffen, der mitten ins Schienbein fuhr, so dass seine Spitze darin zurückblieb. (4) Jenen trugen die Makedonen voll Trauer und Bestürzung ins Lager zurück, aber auch den Barbaren war seine Wegführung aus der Schlacht nicht entgangen, da sie von einem hohen Berg alles überblickt hatten. (5) Deshalb schickten sie am folgenden Tag Gesandte zum König, der sie sogleich vorzulassen befahl. Er löste den Verband und zeigte den Barbaren dann, nicht ohne die Größe der Wunde zu leugnen, sein Bein. (6) Aufgefordert, sich zu setzen, beteuern jene, die Makedonen könnten nicht betrübter gewesen sein als sie selbst, als sie von seiner Verwundung erfahren hätten; hätten sie deren Urheber ausfindig machen können, hätten sie ihn ausgeliefert: Nur Bösewichter legten sich nämlich mit Göttern an. (7) Nun aber ergebe sich ihr Volk, durch seine Verwundung dazu bewogen. Der König gab ihnen sein Wort und nahm, als er die Gefangenen zurückerhalten hatte, die Unterwerfung des Volkes an. (8) Als er daraufhin mit dem Heer aufbrach, trug man ihn auf einer Feldsänfte, die tragen zu dürfen sich ein jeder Reiter und Fußsoldat stritt. Die Reiter, mit denen der König für gewöhnlich die Schlachten begann, meinten, das sei ihre Aufgabe; die Fußsoldaten dagegen, die die verwundeten Kameraden selbst zu tragen pflegten, beschwerten sich, es werde ihnen ihr Dienst gerade dann abgenommen, wenn der König zu tragen sei. (9) Da der König meinte, bei diesem heftigen Streit beider Parteien werde die Wahl für ihn selbst schwierig

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et praeteritis gravem electionem futuram ratus invicem subire eos iussit. (10) Hinc quarto die ad urbem Maracanda perventum est – LXX stadia murus urbis amplectitur; arx alio cingitur muro – ac praesidio urbi relicto proximos vicos depopulatur atque urit. (11) Legati deinde Abiorum Scytharum superveniunt, liberi, ex quo decesserat Cyrus, tum imperata facturi. Iustissimos barbarorum constabat: armis abstinebant, nisi lacessiti; libertatis modico et aequali usu principibus humiliores pares fecerant. (12) Hos benigne adlocutus ad eos Scythas, qui Europam incolunt, Derdam quendam misit ex amicis, qui denuntiaret his, ne Tanain amnem [regionis] iniussu regis transirent. Eidem mandatum, ut contemplaretur locorum situm et illos quoque Scythas, qui super Bosphorum colunt, viseret. (13) Condendae urbi sedem super ripam Tanais elegerat, claustrum et iam perdomitorum et quot deinde adire decreverat. Sed consilium distulit Sogdianorum nuntiata defectio, quae Bactrianos quoque traxit. (14) VII milia equitum erant, quorum auctoritatem ceteri sequebantur. Alexander Spitamenen et Catanen, a quibus ei traditus erat Bessus, haud dubius, quin eorum opera redigi possent in potestatem, [coercendo] qui novaverant res, iussit accersi. (15) At illi, defectionis, ad quam coercendam evocabantur, auctores, vulgaverant fama Bactrianos equites a rege omnes, ut occiderentur, accersi, idque imperatum ipsis; non sustinuisse tamen exequi, ne inexpiabile in populares facinus admitterent. Non magis Alexandri saevitiam quam Bessi parricidium ferre potuisse. Itaque sua sponte iam motos metu poenae haud difficulter ad arma concitaverunt. (16) Alexander transfugarum defectione comperta Craterum obsidere Cyropolim iubet, ipse aliam urbem regionis eiusdem corona

Geschichte Alexanders des Großen 7,6,9–7,6,16

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und für die Übergangenen kränkend sein, befahl er, ihn wechselweise zu tragen. (10) Von hier kamen sie am vierten Tag zur Stadt Marakanda16 – die Stadtmauer hat einen Umfang von siebzig Stadien; die Burg wird von einer weiteren Mauer umfasst – und nachdem Alexander der Stadt eine Besatzung zurückgelassen hatte, ließ er die nächsten Ortschaften verwüsten und verbrennen. (11) Hierauf kamen Gesandte der abischen Skythen zu ihm, die seit Kyros’ Tod frei und jetzt bereit waren, seinen Befehlen zu gehorchen. Sie waren als die gerechtesten der Barbaren bekannt: Sie griffen nicht zu den Waffen, wenn sie nicht gereizt wurden; sie machten von ihrer Freiheit so maßvoll und gleichmäßig Gebrauch, dass sie eine Gleichstellung der niederen Bürger mit den Vornehmsten erreicht hatten. (12) Nachdem er diese freundlich begrüßt hatte, sandte er einen seiner Freunde namens Derdas zu den Skythen auf europäischem Boden und ließ ihnen die Weisung geben, den Fluss Tanaïs17 nicht ohne Erlaubnis des Königs zu überschreiten. Zugleich gab er ihm den Auftrag, das Gelände in Augenschein zu nehmen und auch jene Skythen, die jenseits des Bosporus wohnen, zu besuchen. (13) Über dem Ufer des Tanaïs hatte er einen Platz zur Gründung einer Stadt18 ausgewählt, als Schlüssel sowohl der bereits unterworfenen Gegenden wie all derer, in die er weiterhin vorzudringen beschlossen hatte. Seinen Plan verzögerte jedoch die Meldung vom Abfall der Sogdianer, der auch den der Baktrianer nach sich zog. (14) 7 000 Reiter waren es, deren Beispiel sich die Übrigen anschlossen. Alexander ließ also Spitamenes und Katanes, die ihm Bessos ausgeliefert hatten, herbeirufen, da er nicht zweifelte, dass mit ihrer Hilfe die Revolutionäre wieder in seine Gewalt gebracht werden könnten. (15) Jene aber, die Urheber des Aufstands, zu dessen Unterdrückung sie aufgefordert wurden, hatten das Gerücht verbreitet, der König lasse sämtliche baktrische Reiter herbeirufen, um sie zu töten, und ihnen selbst sei der Befehl dazu gegeben worden; doch hätten sie es nicht übers Herz bringen können, ihn zu vollziehen, um nicht ein unsühnbares Verbrechen an ihren Landsleuten zu begehen. Ebensowenig wie den Königsmord des Bessos hätten sie die Grausamkeit Alexanders ruhig mit ansehen können. So nun trieben sie absichtlich die Leute, die aus Furcht vor Strafe ohnehin schon unruhig waren, ohne große Mühe zu den Waffen. (16) Sobald Alexander vom Abfall der Überläufer erfahren hatte, gab er Krateros den Befehl, die Stadt Kyropolis zu belagern, er selbst schloss eine andere Stadt in eben dieser Gegend ringsum ein und erstürmte sie,

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capit, signoque, ut puberes interficerentur, dato reliqui in praedam cessere victoris. Urbs diruta est, ut ceteri cladis eius exemplo continerentur. (17) Memaceni, valida gens, obsidionem non ut honestiorem modo sed etiam ut tutiorem ferre decreverant. Ad quorum pertinaciam mitigandam rex L equites praemisit, qui clementiam ipsius in deditos simulque inexorabilem animum in devictos ostenderent. (18) Illi nec de fide nec de potentia regis ipsos dubitare respondent equitesque tendere extra munimenta urbis iubent; hospitaliter deinde exceptos gravesque epulis et somno intempesta nocte adorti interfecerunt. (19) Alexander haud secus quam par erat motus urbem corona circumdedit, munitiorem, quam ut primo impetu capi posset. Itaque Meleagrum et Perdiccan in obsidionem iungit, ‹ipse proficiscitur ad Craterum›, Cyropolim, ut ante dictum est, obsidentem. (20) Statuerat autem parcere urbi conditae a Cyro: quippe non alium gentium illarum magis admiratus est quam hunc regem et Samiramin, quos et magnitudine animi et claritate rerum longe emicuisse credebat. (21) Ceterum pertinacia oppidanorum iram eius accendit; itaque captam urbem diripi iussit. Deleta ea Memacenis haud iniuria infestus ad Meleagrum et Perdiccam redit. (22) Sed non alia urbs fortius obsidionem tulit: quippe et militum promptissimi cecidere et ipse rex ad ultimum periculum venit. Namque cervix eius saxo ita icta est, ut oculis caligine offusa conlaberetur, ne mentis quidem compos; exercitus certe velut erepto [in] eo ingemuit. (23) Sed invictus adversus ea, quae ceteros terrent, nondum percurato vulnere acrius obsidioni institit naturalem celeritatem ira concitante. Cuniculo ergo suffossa moenia ingens nudavere spatium, per quod inrupit, victorque urbem dirui iussit. (24) Hinc Menedemum cum tribus milibus peditum et DCCC equitibus ad urbem Maracanda misit. Spitamenes transfuga praesidio Macedo-

Geschichte Alexanders des Großen 7,6,16–7,6,24

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und nachdem er das Zeichen gegeben hatte, alle Männer zu töten, gaben sich die Übrigen als Beute in die Hände des Siegers. Die Stadt wurde zerstört, um die anderen durch das Beispiel ihrer Niederlage zu zügeln. (17) Der starke Stamm der Memakener hatte beschlossen, die Belagerung nicht nur als das Ehrenvollere, sondern auch als das Sicherere auf sich zu nehmen. Um ihren Starrsinn aufzuweichen, schickte der König fünfzig Reiter voraus, die ihnen seine Milde gegen Untergebene, zugleich aber auch seine unerbittliche Strenge gegen Besiegte vor Augen stellen sollten. (18) Jene erwiderten, sie zweifelten weder an der ehrlichen Gesinnung noch an der Macht des Königs, und befahlen den Reitern, sich außerhalb der Stadtbefestigungen zu lagern; dann bewirteten sie sie gastfreundlich, fielen aber, als sie vom Mahl gesättigt schliefen, in tiefer Nacht über sie her und töteten sie. (19) Entsprechend aufgebracht schloss Alexander die Stadt ringsum ein, doch war sie zu stark befestigt, als dass sie mit dem ersten Angriff hätte eingenommen werden können. Deshalb vereinigt er Meleagros und Perdikkas zu ihrer Belagerung, er selbst begibt sich zu Krateros, der, wie vorher gesagt, Kyropolis belagert. (20) Er hatte aber beschlossen, die Stadt, die doch von Kyros erbaut worden war, zu schonen: Ja er bewunderte niemanden aus jenen Völkern so sehr wie diesen König und Semiramis, von denen er glaubte, dass sie durch ihre Geistesgröße und den Ruhm ihrer Taten alle anderen weit überstrahlt hätten. (21) Doch die Hartnäckigkeit der Bewohner erregte seinen Zorn; und so befahl er, die eingenommene Stadt zu plündern. Nach ihrer Zerstörung kehrte er, den Memakenern nicht zu Unrecht feindlich gesinnt, zu Meleagros und Perdikkas zurück. (22) Doch keine andere Stadt ertrug die Belagerung tapferer: Nicht genug, dass die tüchtigsten Soldaten fielen, auch der König selbst geriet in größte Gefahr. Es traf ihn nämlich ein Stein so im Nacken, dass ihm schwarz vor Augen wurde und er ohnmächtig zusammenbrach; da allerdings stöhnte das Heer auf, als wäre er ihnen entrissen. (23) Aber unbesiegt in allem, was die Übrigen schreckt, setzte er, noch ehe seine Wunde ausgeheilt war, die Belagerung nur um so energischer fort, da der Zorn seine natürliche Schnelligkeit befeuerte. Es wurde also durch einen unterirdischen Gang die Mauer untergraben und ein großer Raum freigelegt, durch den er einbrach und als Sieger befahl, die Stadt zu zerstören. (24) Hierauf schickte er Menedemos mit 3 000 Fußsoldaten und 800 Reitern zur Stadt Marakanda. Der Überläufer Spitamenes hatte nämlich die makedonische Besatzung von dort vertrieben und

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num inde deiecto muris urbis eius incluserat se, haud oppidanis consilium defectionis adprobantibus; sequi tamen videbantur, quia prohibere non poterant. (25) Interim Alexander ad Tanain amnem redit et, quantum soli occupaverat castris, muro circumdedit: LX stadiorum urbis murus fuit. Hanc quoque urbem Alexandream appellari iussit. (26) Opus tanta celeritate perfectum est, ut XVII die, quam munimenta excitata erant, tecta quoque urbis absolverentur. Ingens militum certamen inter ipsos fuerat, ut suum quisque munus – nam divisum erat – primus ostenderet. (27) Incolae novae urbi dati captivi, quos reddito pretio dominis liberavit. Quorum posteri nunc quoque non apud eos tam longa aetate propter memoriam Alexandri exoleverunt. 7 (1) At rex Scytharum, cuius tum ultra Tanaim imperium erat, ratus eam urbem, quam in ripa amnis Macedones condiderant, suis impositam esse cervicibus, fratrem, Carthasim nomine, cum magna equitum manu misit ad diruendam eam proculque amne submovendas Macedonum copias. (2) Bactrianos Tanais ab Scythis, quos Europaeos vocant, dividit; idem Asiam et Europam finis interfluit. (3) Ceterum Scytharum gens haud procul Thracia sita ab oriente ad septentrionem se vertit, Sarmatarumque, ut quidam credidere, non finitima, sed pars est. (4) Recta deinde regione saltum ultra Istrum iacentem colit; ultima Asiae, qua Bactra sunt, stringit. Habitant, quae septentrioni propiora sunt; profundae inde silvae vastaeque solitudines excipiunt. Rursus quae Tanain et Bactra spectant, humano cultu haud disparia sunt primis. (5) Cum hac gente non provisum bellum Alexander gesturus, cum in conspectu eius obequitaret hostis, adhuc aeger ex vulnere, praecipue voce deficiens, quam et modicus cibus et cervicis extenuabat dolor, amicos in consilium advocari iubet. (6) Terrebat eum non hostis, sed iniquitas temporis. Bactriani defecerant, Scythae etiam lacessebant: ipse non insistere in terra,

Geschichte Alexanders des Großen 7,6,24–7,7,6

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sich innerhalb der Mauern dieser Stadt verschanzt, obwohl die Bewohner seinen Entschluss abzufallen nicht billigten; doch weil sie ihn nicht daran hindern konnten, schien es, als folgten sie ihm. (25) Unterdessen kehrte Alexander an den Tanaïs zurück und umgab den ganzen Bereich, den er mit seinem Lager besetzt hatte, mit einer Mauer: 60 Stadien war die Stadtmauer lang. Auch diese Stadt ließ er Alexandreia nennen. (26) Die Arbeit wurde mit solcher Schnelligkeit beendet, dass siebzehn Tage, nachdem der Mauerbau begonnen hatte, auch schon die Häuser der Stadt fertig wurden. Ein ungeheurer Wetteifer hatte unter den Soldaten geherrscht, so dass jeder seine Aufgabe – denn man hatte die Aufgaben verteilt – als Erster vorzeigen wollte. (27) Als Einwohner wurden in der neuen Stadt Kriegsgefangene angesiedelt, die er von ihren Herren loskaufte und so befreite. Ihre Nachkommen sind wegen der Erinnerung an Alexander trotz so langer Zeit auch heute noch nicht bei ihnen in Vergessenheit geraten. 7 (1) Doch der König der Skythen, dessen Herrschaftsbereich damals jenseits des Tanaïs gelegen war, argwöhnte, die Stadt, die die Makedonen am Ufer des Flusses angelegt hatten, sei ihnen auf den Nacken gesetzt, und sandte daher seinen Bruder Karthasis mit einer großen Reiterschar aus, um sie zu zerstören und die makedonischen Truppen weit vom Fluss wegzutreiben. (2) Der Tanaïs trennt nämlich Baktrien von den so genannten europäischen Skythen, wie er auch der Grenzfluss zwischen Europa und Asien ist. (3) Das Skythenvolk aber, das nicht weit von Thrakien wohnt, erstreckt sich von Osten nach Norden und grenzt, wie manche geglaubt haben, nicht an die Sarmaten an, sondern ist ein Teil von ihnen. (4) In gerader Richtung bewohnt es dann die Waldgegend jenseits des Istros19; und es grenzt an die äußersten Teile Asiens, wo Baktra liegt. Es bewohnt die nördlicheren Landstriche; daran schließen sich dann tiefe Wälder und unendliche Einöden an. Was wiederum zum Tanaïs und zu Baktra hin liegt, ist den zuerst genannten Gebieten hinsichtlich menschlicher Kultur nicht unähnlich. (5) Im Begriff, mit diesem Volk einen unvorhergesehenen Krieg zu führen, ließ Alexander, obwohl er noch an seiner Wunde litt und vor allem kaum imstande war zu sprechen, weil die schmale Kost und der Schmerz im Nacken seine Stimme schwächten, die Freunde zu einer Beratung rufen, als der Feind in seiner Sichtweite heranritt. (6) Dieser schreckte ihn nicht, aber der ungünstige Zeitpunkt. Die Baktrianer waren abgefallen, die Skythen griffen ihn sogar an: Und er selbst vermochte

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non equo vehi, non docere, non hortari suos poterat. (7) Ancipiti periculo implicitus deos quoque incusans querebatur se iacere segnem, cuius velocitatem nemo antea valuisset effugere: vix suos credere non simulari valetudinem. (8) Ita, qui post Dareum victum hariolos et vates consulere desierat, rursus ad superstitionem, humanarum mentium ludibria revolutus Aristandrum, cui credulitatem suam addixerat, explorare eventum rerum sacrificiis iubet. Mos erat haruspicibus exta sine rege spectare et, quae portenderentur, referre. (9) Inter haec rex, dum fibris pecudum explorantur eventus latentium rerum, propius ipsum considere [deinde] amicos iubet, ne contentione vocis cicatricem infirmam adhuc rumperet. Hephaestio, Craterus et Erigyius erant cum custodibus in tabernaculum admissi. (10) ‘Discrimen’ inquit ‘me occupavit meliore hostium quam meo tempore; sed necessitas ante rationem est, maxime in bello, quo raro permittitur tempora eligere. (11) Defecere Bactriani, in quorum cervicibus stamus, et, quantum in nobis animi sit, alieno Marte experiuntur. Haud dubia fortuna: si omiserimus Scythas ultro arma inferentes, contempti ad illos, qui defecerunt, revertemur; (12) si vero Tanaim transierimus et ubique invictos esse nos Scytharum pernicie ac sanguine ostenderimus, quis dubitabit parere etiam Europae victoribus? (13) Fallitur, qui terminos gloriae nostrae metitur spatio, quod transituri sumus. Unus amnis interfluit: quem si traicimus, in Europam arma proferimus. (14) Et quanti aestimandum est, dum Asiam subigimus, in alio quodammodo orbe tropaea statuere et, quae tam longo intervallo natura videtur diremisse, una victoria subito committere? (15) At, hercule, si paulum cessaverimus, in tergis nostris Scythae haerebunt. An soli sumus, qui flumina transnare

Geschichte Alexanders des Großen 7,7,6–7,7,15

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nicht auf den Füßen zu stehen, nicht aufs Pferd zu steigen, seine Leute nicht zu unterweisen oder zu ermuntern. (7) In dieser doppelten Gefahr beschuldigte er selbst die Götter und klagte darüber, dass er, dessen Schnelligkeit niemand vorher habe entkommen können, müßig daliege: Kaum glaubten es die Seinen, dass er sich nicht bloß krank stelle. (8) So verfiel er, der seit dem Sieg über Dareios aufgehört hatte, Zeichendeuter und Wahrsager zu befragen, wieder in Aberglauben, der mit den Einsichten der Menschen sein Spiel treibt, und befahl Aristandros, dem er sich in seiner Leichtgläubigkeit ergeben hatte, den Ausgang der Ereignisse durch Opfer zu erforschen. Es war der Brauch der Opferschauer, die Eingeweide in Abwesenheit des Königs zu untersuchen und ihm dann mitzuteilen, was sie verkündeten. (9) Während nun aus den Eingeweiden von Tieren der verborgene Ausgang der Ereignisse erforscht wird, befiehlt der König unterdessen seinen Freunden, sich näher zu ihm zu setzen, damit die Anstrengung des Sprechens die noch schwache Vernarbung nicht wieder aufbrechen lasse. Hephaistion, Krateros und Erigyios waren zusammen mit den Leibwächtern in das Zelt eingelassen. (10) „Die Gefahr“, sprach er, „hat mich zu einer Zeit überrascht, die günstiger für die Feinde ist als für mich; aber Notwendigkeit geht über Berechnung, besonders im Krieg, in dem man selten den Zeitpunkt wählen kann. (11) Die Baktrianer, denen wir im Nacken sitzen, sind von uns abgefallen und erproben durch einen Kampf, in den sie uns mit anderen verwickelt haben, wie mutig wir sind. Unser Schicksal ist klar: Wenn wir den Skythen, die uns von sich aus mit Krieg bedrohen, ausweichen, werden wir verachtet zu jenen zurückkehren, die von uns abgefallen sind; (12) setzen wir dagegen über den Tanaïs und zeigen wir uns durch die Vernichtung und ein Blutbad der Skythen überall unbesiegt, wer wird dann noch zögern, uns, die wir auch über Europa gesiegt haben, zu gehorchen? (13) Man täuscht sich, wenn man die Grenzen unseres Ruhms nach dem Raum bemisst, den wir durchschreiten wollen. Ein einziger Strom fließt dazwischen: Überschreiten wir ihn, dringen wir nach Europa vor. (14) Wie hoch aber ist das anzuschlagen, gewissermaßen in einem anderen Erdteil Siegeszeichen aufzurichten, während wir noch Asien unterwerfen, und was die Natur durch einen so weiten Zwischenraum getrennt zu haben scheint, durch einen einzigen Sieg plötzlich zu verbinden? (15) Aber, beim Herakles, wenn wir nur ein wenig zögern, werden uns die Skythen im Nacken sitzen. Oder sind wir es allein, die durch Flüsse schwimmen

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possumus? Multa in nosmetipsos reccident, quibus adhuc vicimus. (16) Fortuna belli artem victos quoque docet. Utribus amnem traiciendi exemplum fecimus nuper: hoc, ut Scythae imitari nesciant, Bactriani docebunt. (17) Praeterea unus gentis huius exercitus adhuc venit, ceteri expectantur. Ita bellum vitando alemus et, quod inferre possumus, accipere cogemur. (18) Manifesta est consilii mei ratio. Sed an permissuri sint mihi Macedones animo uti meo, dubito, quia, ex quo hoc vulnus accepi, non equo vectus sum, non pedibus ingressus. (19) Sed si me sequi vultis, valeo, amici. Satis virium est ad toleranda ista; aut, si iam adest vitae meae finis, in quo tandem opere melius extinguar?’ (20) Haec quassa adhuc voce subdeficiens vix proximis exaudientibus dixerat, cum omnes a tam praecipiti consilio regem deterrere coeperunt, (21) Erigyius maxime, qui, haud sane auctoritate proficiens apud obstinatum animum, superstitionem, cuius potens non erat rex, incutere temptavit dicendo deos quoque obstare consilio magnumque periculum, si flumen transisset, ostendi. (22) Intranti Erigyio tabernaculum regis Aristander occurrerat tristia exta fuisse significans: haec ex vate comperta Erigyius nuntiabat. (23) Quo inhibito Alexander non ira solum sed etiam pudore confusus, quod superstitio, quam celaverat, detegebatur, Aristandrum vocari iubet. (24) Qui ut venit, intuens eum ‘Non rex’ inquit, ‘sed privatus clam, sacrificium ut faceres, mandavi: quid eo portenderetur, cur apud alium quam apud me professus es? Erigyius arcana mea et secreta te prodente cognovit: quem certum, mehercule, habeo extorum interprete uti metu suo. (25) Tibi autem, qui sapis ‹plus› quam ‹taceri› potest, denuntio, ipsi mihi indices,

Geschichte Alexanders des Großen 7,7,15–7,7,25

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können? Vieles, wodurch wir bis jetzt gesiegt haben, wird auf uns selbst zurückfallen. (16) Ihr Schicksal lehrt auch die Besiegten die Kriegskunst. Auf Schläuchen über einen Fluss zu setzen, dazu haben wir neulich das Beispiel gegeben: Gesetzt den Fall, die Skythen wüssten das nicht nachzumachen, so werden es ihnen die Baktrianer zeigen. (17) Im Übrigen ist bis jetzt nur ein einziges Heer dieses Volkes erschienen, andere werden erwartet. So wird dem Krieg durch unser Ausweichen nur Nahrung gegeben und zuletzt werden wir gezwungen, den Kampf, den wir jetzt selbst beginnen können, anzunehmen. (18) Der vernünftige Grund für meinen Plan liegt auf der Hand. Aber ich bin im Zweifel, ob mir die Makedonen erlauben werden, meinem Gefühl zu folgen, weil ich nicht geritten und keinen Schritt gegangen bin, seitdem ich diese Wunde empfangen habe. (19) Aber wenn ihr mir folgen wollt, meine Freunde, bin ich stark. Ich habe Kraft genug, all dies auszuhalten; oder, wenn mein Lebensende bereits da ist, bei welchem Unternehmen könnte ich schöner sterben?“ (20) Dies hatte er noch mit schwacher Stimme gesagt, nach und nach ermattend, so dass ihn kaum die Nächsten verstehen konnten, als alle anfingen, den König von einem so übereilten Entschluss abzubringen, (21) zumal Erigyios. Als dieser bei dem verstockten Sinn des Königs durch seinen Rat nicht recht vorankam, versuchte er, ihm abergläubische Furcht, über die dieser nicht Herr war, einzuflößen, indem er sagte, selbst die Götter stünden seinem Plan im Weg und große Gefahr zeige sich, wenn er den Fluss überschreite. (22) Beim Eintritt in das Zelt des Königs war dem Erigyios Aristandros begegnet, der ihm angedeutet hatte, die Eingeweide hätten Unheil geweissagt: Diese Mitteilung des Wahrsagers verkündete nun Erigyios. (23) Alexander hieß ihn schweigen, nicht nur vor Zorn, sondern auch durch Scham verstört, weil sein Aberglauben, den er verborgen gehalten hatte, offenbar wurde, und befahl, Aristandros zu rufen. (24) Als dieser kam, sprach er, den Blick auf ihn gerichtet: „Nicht als König, sondern als Privatmann habe ich dir aufgetragen, heimlich ein Opfer darzubringen: Warum hast du einem anderen als mir verraten, was dadurch angezeigt wurde? Durch deinen Verrat hat Erigyios meine verborgenen Geheimnisse erfahren: Beim Herakles, ich bin überzeugt, dass er sich aufgrund seiner eigenen Angst an den Deuter der Eingeweide gewandt hat. (25) Dir aber, der du mehr weißt, als man verschweigen kann, befehle ich: Mir selbst sollst du anzeigen, was du aus den

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quid extis cognoveris, ne possis infitiari dixisse, quae dixeris.’ (26) Ille exanguis attonitoque similis stabat per metum etiam voce suppressa, tandemque eodem metu stimulante, ne regis expectationem moraretur, ‘Magni’ inquit ‘laboris, non inriti discrimen instare praedixi, (27) nec me ars mea quam benevolentia perturbat. Infirmitatem valetudinis tuae video et, quantum in uno te sit, scio. Vereor, ne praesenti fortunae tuae sufficere non possis.’ (28) Rex iussit eum confidere felicitati suae: ad alia ‹aliis›, sibi ad gloriam concedere deos. (29) Consultanti inde cum isdem, quonam modo flumen transirent, supervenit Aristander non alias laetiora exta vidisse se adfirmans, utique prioribus longe diversa: tum sollicitudinis causas apparuisse, nunc prorsus egregie litatum esse. (30) Ceterum, quae subinde nuntiata sunt regi, continuae felicitati rerum eius imposuerant labem. (31) Menedemum, ut supra dictum est, miserat ad obsidendum Spitamenen, Bactrianae defectionis auctorem. Qui comperto hostis adventu, ne muris urbis includeretur, simul fretus excipi posse, qua venturum sciebat, consedit occultus. (32) Silvestre iter aptum insidiis tegendis erat: ibi Dahas condidit. Equi binos armatos vehunt, quorum invicem singuli repente desiliunt, equestris pugnae ordinem turbant. (33) Equorum velocitati par est hominum pernicitas. Hos Spitamenes saltum circumire iussos pariter et a lateribus et a fronte et a tergo hosti ostendit. (34) Menedemus undique inclusus, ne numero quidem par, diu tamen resistit clamitans nihil aliud superesse locorum fraude deceptis quam honestae mortis solacium ex hostium caede. (35) Ipsum praevalens equus vehebat, quo saepius in cuneos barbarorum effusis habenis evectus magna strage

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Eingeweiden erfahren hast, damit du nicht leugnen kannst, was du gesagt hast.“ (26) Jener stand bleich und wie vom Donner gerührt da und vor Furcht versagte ihm dabei die Stimme. Endlich, da ihm die gleiche Furcht zusetzte, den König in seiner Neugier nicht zu lange hinzuhalten, begann er: „Dass eine mit großer, nicht aber vergeblicher Anstrengung verbundene Gefahr bevorsteht, habe ich prophezeit; (27) aber es ist nicht meine Seherkunst, sondern meine Zuneigung zu dir, die mich in große Unruhe versetzt. Ich sehe deine angeschlagene Gesundheit und weiß, wie viel auf dir allein beruht. Ich fürchte, deine Kräfte reichen für die gegenwärtige Lage nicht aus.“ (28) Der König befahl ihm, seinem königlichen Glück zu vertrauen: Die Götter schenkten dem einen dies, dem anderen jenes, ihm aber nur Glück. (29) Während er noch mit den Vorigen beriet, wie sie den Fluss überschreiten wollten, kam Aristandros dazu und versicherte, kein anderes Mal habe er Günstigeres verheißende Eingeweide gesehen, zumal von den vorigen seien sie ganz verschieden; damals hätten sich Ursachen zur Besorgnis gezeigt, jetzt habe das Opfer einen vollkommen glücklichen Ausgang versprochen. (30) Nun hatte aber das, was dem König gleich darauf gemeldet wurde, einen Schatten auf das ununterbrochene Glück seiner Unternehmungen geworfen. (31) Wie oben gesagt20, hatte er Menedemos abgeschickt, um Spitamenes, den Anstifter des baktrischen Aufstands, zu belagern. Als dieser aber von der Ankunft des Feindes erfuhr, legte er sich, um nicht innerhalb der Stadtmauern eingeschlossen zu werden, und zugleich im Vertrauen, Menedemos auf dem Weg abfangen zu können, auf dem dieser, wie er wusste, kommen werde, heimlich in einen Hinterhalt, (32) den zu verbergen der Waldweg geeignet war: Dort verbarg er die Daher. Jedes ihrer Pferde trägt zwei Bewaffnete, die abwechselnd plötzlich herabspringen und so die Ordnung des Reitergefechts stören. (33) So schnell die Pferde sind, so behende sind die Männer. Diesen befahl Spitamenes, das Waldtal zu umgehen und sich dem Feind zugleich zu den Seiten, von vorn und im Rücken zu zeigen. (34) Überall eingeschlossen und ihnen nicht einmal an Zahl gleich, leistete Menedemos dennoch lange Widerstand und rief dabei, es bleibe ihnen jetzt, da sie sich einmal durch das Gelände hätten täuschen lassen, nur der Trost, nach einem Blutbad unter den Feinden ehrenvoll zu sterben. (35) Er selbst ritt ein sehr starkes Pferd, auf dem er mehrmals mit verhängtem Zügel in die Kolonnen der Barbaren hineingesprengt war und sie mit großem Verlust auseinandergetrieben hatte.

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eos fuderat. (36) Sed cum unum omnes peterent, multis vulneribus exanguis Hypsiclem quendam ex amicis hortatus est, ut in equum suum escenderet et se fuga eriperet. Haec agentem anima defecit, corpusque ex equo defluxit in terram. (37) Hypsicles poterat quidem effugere, sed amisso amico mori statuit. Una erat cura, ne inultus occideret: itaque subditis calcaribus equo in medios hostis se immisit et memorabili edita pugna obrutus telis est. (38) Quod ubi videre, qui caedi supererant, tumulum paulo quam cetera editiorem capiunt; quos Spitamenes fame in deditionem subacturus obsedit. (39) Cecidere eo proelio peditum II milia, CCC equites. Quam cladem Alexander sollerti consilio texit, morte denuntiata iis, qui ex proelio advenerant, si acta vulgassent. 8 (1) Ceterum cum animo disparem vultum diutius ferre non posset, in tabernaculum super ripam fluminis de industria locatum secessit. (2) Ibi sine arbitris singula animi consulta pensando noctem vigiliis extraxit saepe pellibus tabernaculi adlevatis, ut conspiceret hostium ignes, e quibus coniectare poterat, quanta hominum multitudo esset. (3) Iamque lux adpetebat, cum thoracem indutus procedit ad milites, tum primum post vulnus proxime acceptum. (4) Tanta erat apud eos veneratio regis, ut facile periculi, quod horrebant, cogitationem praesentia eius excuteret. (5) Laeti ergo et manantibus gaudio lacrimis consalutant eum et, quod ante recusaverant bellum, feroces deposcunt. (6) Ille se ratibus equitem phalangemque transportaturum esse pronuntiat; super utres iubet nare levius armatos. (7) Plura nec dici res desideravit nec rex dicere per valetudinem potuit. Ceterum tanta alacritate militum rates iunctae sunt, ut intra triduum ad XII milia effecta sint. (8) Iamque ad transeundum omnia aptaverant, cum legati Scytharum XX more gentis per castra equis vecti nuntiari iubent regi velle ipsos ad eum mandata perferre. (9) Admissi in tabernaculum iussique considere in

Geschichte Alexanders des Großen 7,7,36–7,8,9

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(36) Als sich jedoch alle ihre Angriffe auf ihn allein richteten,

ermahnte er, durch seine vielen Wunden erschöpft, Hypsikles, einen seiner Freunde, sein Pferd zu besteigen und sich durch die Flucht zu retten. Während er noch sprach, hauchte er sein Leben aus und sein Körper sank vom Pferd auf die Erde. (37) Hypsikles hätte zwar entkommen können, aber nach dem Verlust seines Freundes beschloss auch er zu sterben. Seine einzige Sorge war, nicht ungerächt zu fallen, und so gab er seinem Pferd die Sporen, ritt mitten in die Feinde hinein und wurde nach einem denkwürdigen Kampf unter einem Hagel von Geschossen begraben. (38) Als das die Überlebenden des Gemetzels sahen, zogen sie sich auf einen Hügel zurück, der die Gegend ein wenig überragte; hier belagerte sie Spitamenes, um sie auszuhungern und sie so zur Übergabe zu zwingen. (39) In diesem Kampf fielen 2 000 Fußsoldaten und 300 Reiter. Alexander verheimlichte diese Niederlage klugerweise, indem er denen, die aus der Schlacht zurückgekehrt waren, den Tod androhte, falls sie von den Geschehnissen erzählten. 8 (1) Da er nun aber nicht länger eine Miene zeigen konnte, die seiner Gemütsstimmung widersprach, zog er sich in sein Zelt zurück, das er sich mit Absicht oberhalb des Flussufers hatte aufstellen lassen. (2) Dort erwog er ohne Zeugen seine einzelnen Vorhaben und brachte so die Nacht mit Wachen zu; oft hob er dabei die Pelle seines Zeltes auf, um auf die Lagerfeuer der Feinde zu blicken, aus denen er auf die Menge der Männer schließen konnte. (3) Und schon brach der Tag an, als er in seinem Panzer vor die Soldaten trat, zum ersten Mal nach seiner letzten Verwundung. (4) In so hoher Verehrung stand der König bei ihnen, dass seine Gegenwart leicht jeden Gedanken an die gefürchtete Gefahr verscheuchte. (5) Froh also und unter Tränen der Freude begrüßen sie ihn und fordern jetzt stürmisch den Kampf, gegen den sie sich vorher gesträubt haben. (6) Jener kündigt ihnen an, die Reiter und die Phalanx wolle er auf Flößen hinüberschaffen; den Leichtbewaffneten befiehlt er, auf Schläuchen hinüberzuschwimmen. (7) Mehr zu sagen war weder notwendig, noch erlaubte es dem König seine Schwäche. Nun aber wurden die Flöße von den Soldaten mit solchem Eifer zusammengefügt, dass innerhalb von drei Tagen an die 12 000 hergestellt wurden. (8) Schon hatte man alles zum Übergang vorbereitet, als zwanzig Gesandte der Skythen nach der Sitte ihres Volkes durch das Lager gesprengt kamen und dem König zu melden befahlen, sie wünschten Aufträge an ihn auszurichten. (9) In sein Zelt eingelas-

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vultu regis defixerant oculos; credo, quia magnitudine corporis animum aestimantibus modicus habitus haudquaquam famae par videbatur. (10) Scythis autem non ut ceteris barbaris rudis et inconditus sensus est: quidam eorum sapientiam quoque capere dicuntur, quantamcumque gens capit semper armata. (11) Sic, quae locutos esse apud regem memoriae proditum est, abhorrent forsitan moribus nostris et tempora et ingenia cultiora sortitis. Sed ut possit oratio eorum sperni, tamen fides nostra non debet; quae, utcumque sunt tradita, incorrupta perferemus. (12) Igitur unum ex his maximum natu locutum accepimus: ‘Si di habitum corporis tui aviditati animi parem esse voluissent, orbis te non caperet: altera manu Orientem, altera Occidentem contingeres, et hoc adsecutus scire velles, ubi tanti numinis fulgor conderetur. Sic quoque concupiscis, quae non capis. (13) Ab Europa petis Asiam, ex Asia transis in Europam; deinde, si humanum genus omne superaveris, cum silvis et nivibus et fluminibus ferisque bestiis gesturus es bellum. (14) Quid? tu ignoras arbores magnas diu crescere, una hora extirpari? Stultus est, qui fructus earum spectat, altitudinem non metitur. Vide ne, dum ad cacumen pervenire contendis, cum ipsis ramis, quos comprehenderis, decidas. (15) Leo quoque aliquando minimarum avium pabulum fuit, et ferrum robigo consumit. Nihil tam firmum est, cui periculum non sit etiam ab invalido. (16) Quid nobis tecum est? Numquam terram tuam attigimus. Qui sis, unde venias, licetne ignorare in vastis silvis viventibus? Nec servire ulli possumus nec imperare desideramus. (17) Dona nobis data sunt, ne Scytharum gentem ignores, iugum boum et aratrum, sagitta, hasta, patera. His utimur et cum amicis et adversus inimicos. (18) Fruges amicis damus boum

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sen und aufgefordert sich zu setzen, waren ihre Augen lange auf das Antlitz des Königs geheftet – wahrscheinlich weil ihnen, die die geistigen Eigenschaften nach der Körpergröße abschätzten, seine mäßige Statur in keinem Verhältnis zu seiner Berühmtheit zu stehen schien. (10) Die Skythen aber sind nicht wie die übrigen Barbaren von roher und ungebildeter Sinnesart: Einige von ihnen sollen sogar für die Lehren der Weisheit empfänglich sein, soweit sie ein Volk fassen kann, das immer unter Waffen steht. (11) Daher weicht, was sie der Überlieferung nach vor dem König gesprochen haben sollen, vielleicht von unseren Sitten ab, da wir in einer Zeit höherer Geistesbildung leben. Doch mag man ihre Rede auch für gering halten; das Gleiche gilt nicht von der Zuverlässigkeit meiner Darstellung. Das, wie auch immer es überliefert ist, werde ich unverfälscht berichten. (12) Einer von ihnen also, der Älteste, soll folgendermaßen gesprochen haben: „Hätten die Götter gewollt, dass deine Körpergröße der Gier deines Herzens gleichkäme, vermöchte dich der Erdkreis nicht zu fassen: In der einen Hand würdest du den Orient, in der anderen den Okzident halten und hättest du das erreicht, würdest du wissen wollen, wo sich der Glanz der Gottheit verberge. Aber auch so begehrst du, was du nicht fassen kannst. (13) Von Europa aus greifst du nach Asien, von Asien setzt du nach Europa über; dann, wenn du das ganze Menschengeschlecht überwunden hast, wirst du mit Wäldern, Schneeflächen, Strömen und wilden Tieren Krieg führen wollen. (14) Wie nun? Ist dir unbekannt, dass hohe Bäume lange wachsen, aber in einem Augenblick entwurzelt werden? Töricht ist, wer ihre Früchte anschaut, ohne ihre Höhe zu ermessen. Sieh nur zu, dass du nicht, während du den Gipfel zu erreichen suchst, mit eben den Ästen, die du ergriffen hast, hinunterstürzt. (15) Auch der Löwe ist schon manchmal ein Fraß für die kleinsten Vögel geworden und Rost zerfrisst Eisen. Nichts ist so stark, dass ihm nicht auch von einem Schwachen Gefahr droht. (16) Was haben wir mit dir zu schaffen? Niemals haben wir dein Land betreten. Muss es uns, die wir in endlosen Wäldern leben, kümmern, wer du bist und woher du kommst? Wir können weder jemandem dienen, noch sehnen wir uns danach zu herrschen. (17) Damit dir das Skythenvolk nicht ganz unbekannt bleibe: Als Gaben besitzen wir ein Joch Ochsen und den Pflug, den Pfeil, den Speer und die Trinkschale. Diese Dinge benützen wir zusammen mit unseren Freunden und gegen unsere Feinde. (18) Die Feldfrüchte, die wir durch die Arbeit der Stiere gewonnen haben, geben wir unseren

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labore quaesitas, patera cum isdem vinum dis libamus; inimicos sagitta eminus, hasta comminus petimus. Sic Syriae regem et postea Persarum Medorumque superavimus, patuitque nobis iter usque in Aegyptum. (19) At tu, qui te gloriaris ad latrones persequendos venire, omnium gentium, quas adisti, latro es. Lydiam cepisti, Syriam occupasti, Persidem tenes, Bactrianos habes in potestate, Indos petisti: iam etiam ad pecora nostra avaras et insatiabiles manus porrigis. (20) Quid tibi divitiis opus est, quae esurire te cogunt? Primus omnium satietate parasti famem, ut, quo plura haberes, acrius, quae non habes, cuperes. (21) Non succurrit tibi, quam diu circum Bactra haereas? Dum illos subigis, Sogdiani bellare coeperunt: bellum tibi ex victoria nascitur. Nam ut maior fortiorque sis quam quisquam, tamen alienigenam dominum pati nemo vult. (22) Transi modo Tanain: scies, quam late pateant, numquam tamen consequeris Scythas. Paupertas nostra velocior erit quam exercitus tuus, qui praedam tot nationum vehit. Rursus, cum procul abesse nos credes, videbis in tuis castris. Eadem enim velocitate et sequimur et fugimus. (23) Scytharum solitudines Graecis etiam proverbiis audio eludi; at nos deserta et humano cultu vacua magis quam urbes et opulentos agros sequimur. (24) Proinde fortunam tuam pressis manibus tene: lubrica est nec invita teneri potest. Salubre consilium sequens quam praesens tempus ostendit melius: impone felicitati tuae frenos, facilius illam reges. (25) Nostri sine pedibus dicunt esse Fortunam, quae manus et pinnas tantum habet: cum manus porrigit, pinnas quoque comprehende. (26) Denique, si deus es, tribuere mortalibus beneficia debes, non sua eripere; sin autem homo es, id quod es, semper esse te cogita. Stultum est eorum meminisse, propter quae tui obliviscaris. (27) Quibus bellum non intuleris, bonis amicis poteris uti. Nam et firmissima est inter pares amicitia, et videntur pares,

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Freunden, aus der Trinkschale spenden wir den Göttern mit eben diesen zusammen Wein; auf den Feind zielen wir aus der Ferne mit dem Pfeil, aus der Nähe mit dem Speer. Auf diese Weise haben wir den König von Syrien21 und nachher den der Perser und Meder besiegt, und es stand uns der Weg bis nach Ägypten offen. (19) Du aber, der du dich rühmst, zur Verfolgung der Räuber zu kommen, bist selbst ein Räuber aller Völker, deren Gebiet du betreten hast. Lydien hast du eingenommen, Syrien besetzt, Persien gehört dir, Baktrien ist in deiner Gewalt, auf Indien hast du Anspruch erhoben: Nun streckst du deine gierigen und unersättlichen Hände sogar nach unseren Viehherden aus. (20) Wozu brauchst du Schätze, die dich nur zu hungern zwingen? Du bist von allen der Erste, der durch Sättigung nur hungriger geworden ist, so dass du, je mehr du hattest, desto heftiger begehrtest, was du nicht hast. (21) Kommt dir nicht in den Sinn, wie lange du schon in Baktra festsitzt? Während du jene unterwarfst, haben die Sogdianer Krieg angefangen: Der Sieg bringt dir neuen Krieg. Denn gesetzt den Fall, du seiest größer und tapferer als irgendein anderer, so will doch niemand einen fremden Herrn dulden. (22) Gehe nur über den Tanaïs: Du wirst nur sehen, wie weit sich das Land der Skythen erstreckt, aber du wirst sie dennoch niemals einholen. Unsere Armut wird schneller sein als dein Heer, das die Beute so vieler Völker mit sich herumschleppt. Wenn du uns wiederum weit entfernt glauben wirst, wirst du uns in deinem Lager erblicken. Denn mit gleicher Schnelligkeit verfolgen und fliehen wir. (23) Mit den Einöden der Skythen treibt man, wie ich höre, sogar in griechischen Sprichwörtern sein Spiel; wir dagegen ziehen Wüsten und Einöden ohne menschliche Kultur Städten und reichen Saatfeldern vor. (24) Klammere dich also ruhig an dein Glück! Es ist schlüpfrig und lässt sich wider seinen Willen nicht halten. Ob ein Entschluss heilsam ist, zeigt die Zukunft besser als der gegenwärtige Augenblick: Lege deinem Glück Zügel an, dann wirst du es leichter regieren. (25) Bei uns sagt man, die Glücksgöttin habe keine Füße, sondern nur Hände und Flügel: Wenn sie dir die Hände reicht, musst du zugleich auch ihre Flügel erfassen. (26) Wenn du schließlich ein Gott bist, musst du den Sterblichen Wohltaten erweisen, nicht ihnen ihren Besitz rauben; bist du aber ein Mensch, so sei immer dessen, was du bist, gewärtig. Es ist töricht, an Dinge zu denken, um deretwillen du deine eigene Natur vergisst. (27) Gegen wen du keinen Krieg begonnen hast, den kannst du zum guten Freund haben. Denn die Freundschaft zwischen Gleichen ist

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qui non fecerunt inter se periculum virium. (28) Quos viceris, amicos tibi esse cave credas: inter dominum et servum nulla amicitia est; etiam in pace belli tamen iura servantur. (29) Iurando gratiam Scythas sancire ne credideris: colendo fidem iurant. Graecorum ista cautio est, qui pacta consignant et deos invocant; nos religionem in ipsa fide novimus: qui non reverentur homines, fallunt deos. Nec tibi amico opus est, de cuius benevolentia dubites. (30) Ceterum nos et Asiae et Europae custodes habebis: Bactra, nisi dividat Tanais, contingimus, ultra Tanain [et] usque ad Thraciam colimus, Thraciae Macedoniam coniunctam esse fama fert. Utrique imperio tuo finitimos hostes an amicos velis esse, considera.’ Haec barbarus. 9 (1) Contra rex fortuna sua et consiliis eorum se usurum esse respondet: nam et fortunam, cui confidat, et consilium suadentium, ne quid temere et audacter faciat, secuturum. (2) Dimissisque legatis in praeparatas rates exercitum imposuit. In proris clipeatos locaverat iussos in genua subsidere, quo tutiores essent adversus ictus sagittarum. (3) Post hos, qui tormenta intenderent, stabant et ab utroque latere et a fronte circumdati armatis. Reliqui, qui post tormenta constiterant, remigem lorica ‹non› indutum scutorum testudine armati protegebant. (4) Idem ordo in illis quoque ratibus, quae equitem vehebant, servatus est. Maior pars a puppe nantes equos loris trahebat. At illos, quos utres sarmento repleti vehebant, obiectae rates tuebantur. (5) Ipse rex cum delectis primus ratem solvit et in ripam dirigi iussit. Cui Scythae admotos ordines equitum in primo ripae margine opponunt, ut ne adplicari quidem terrae rates possent. (6) Ceterum praeter hanc speciem ripis praesidentis exercitus ingens navigantes terror invaserat: namque cursum guber-

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die festeste und gleich stark scheinen die, die noch nicht ihre Kräfte gegeneinander gemessen haben. (28) Wen du aber besiegt hast, den hüte dich für deinen Freund zu halten: Zwischen dem Herrn und dem Sklaven gibt es keine Freundschaft; auch im Frieden gilt zwischen ihnen das Kriegsrecht. (29) Glaube nicht, dass die Skythen ihr Wohlwollen mit einem Eid besiegeln: Ihr Eid besteht im Worthalten. Das ist eine Vorsicht der Griechen, Verträge zu unterzeichnen und die Götter als Zeugen anzurufen; wir kennen Gottesfurcht im Worthalten selbst: Wer vor Menschen keine Scheu hat, der täuscht auch die Götter. Und du brauchst keinen Freund, an dessen Wohlwollen du dann zweifelst. (30) Übrigens können wir dir als Wächter Asiens und Europas dienen. An Baktra grenzen wir, wenn uns der Tanaïs nicht davon trennte, unmittelbar an, jenseits des Tanaïs wohnen wir bis nach Thrakien, an Thrakien aber, sagt man, stößt Makedonien. Überlege also, ob du die Grenznachbarn deiner beiden Reiche zu Feinden oder zu Freunden haben willst.“ Soweit der Barbar. 9 (1) Der König erwidert, er wolle sich seines Glücks und ihrer Ratschläge bedienen: Er wolle nämlich sowohl seinem Glück, dem er vertraue, als auch ihrem Rat, nichts unbesonnen und wagemutig zu unternehmen, folgen. (2) Und als er die Gesandten entlassen hatte, schiffte er sein Heer auf den bereitgehaltenen Flößen ein. Vorn hatte er die Schildträger aufgestellt, mit dem Befehl, sich auf die Knie niederzulassen, um so vor Pfeilschüssen sicherer zu sein. (3) Hinter ihnen standen diejenigen, die die Wurfmaschinen bedienten, vorn und auf beiden Seiten von Bewaffneten umgeben. Die Übrigen, die sich hinter den Wurfmaschinen aufgestellt hatten, deckten durch ein aus ihren Schilden gebildetes Schutzdach die nicht gepanzerten Ruderer. (4) Die gleiche Aufstellung wurde auch auf den Flößen, auf denen die Reiterei fuhr, gewahrt. Die meisten Reiter zogen vom hinteren Teil der Flöße aus die schwimmenden Pferde an den Zügeln nach. Jene aber, die auf Schläuchen schwammen, die mit Reisig gefüllt waren, wurden durch die Flöße vor ihnen geschützt. (5) Der König selbst stieß mit ausgewählten Männern zuerst sein Floß vom Land und ließ es an das andere Ufer steuern. Sofort rücken die Skythen mit ihren Reitergeschwadern heran und stellen sie ihm am äußersten Uferrand entgegen, damit die Flöße nicht einmal anlegen könnten. (6) Aber außer diesem Anblick des die Ufer verteidigenden Heeres hatte den Übersetzenden noch etwas anderes einen gewaltigen Schrecken eingejagt: Die Steuer-

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natores, cum obliquo flumine impellerentur, regere non poterant, vacillantesque milites et, ne excuterentur, solliciti nautarum ministeria turbaverant. (7) Ne tela quidem conati nisu vibrare poterant, cum prior standi sine periculo quam hostem incessendi cura esset. Tormenta saluti fuerunt, quibus in confertos ac temere se offerentes haud frustra excussa sunt tela. (8) Barbari quoque ingentem vim sagittarum infudere ratibus, vixque ullum fuit scutum, quod non pluribus simul spiculis perforaretur. (9) Iamque terrae rates adplicabantur, cum acies clipeata consurgit et hastas certo ictu, utpote libero nisu, mittit e ratibus. Et ut territos recipientesque equos videre, alacres mutua adhortatione in terram desilire, turbatis acriter pedem inferre coeperunt. (10) Equitum deinde turmae, quae frenatos habebant equos, perfregere barbarorum aciem. Interim ceteri agmine dimicantium tecti aptavere se pugnae. (11) Ipse rex, quod vigoris aegro adhuc corpori deerat, animi firmitate supplebat. Vox adhortantis non poterat audiri nondum bene obducta cicatrice cervicis, sed dimicantem cuncti videbant. (12) Itaque ipsi quidem ducum fungebantur officio, aliusque alium adhortati in hostem salutis immemores ruere coeperunt. (13) Tum vero non ora, non arma, non clamorem hostium barbari tolerare potuerunt omnesque effusis habenis – namque equestris acies erat – capessunt fugam. Quos rex, quamquam vexationem invalidi corporis pati non poterat, per LXXX tamen stadia insequi perseveravit. (14) Iamque linquente animo suis praecepit, ut, donec lucis aliquid superesset, fugientium tergis inhaererent; ipse exhaustis etiam animi viribus in castra se recepit ‹ibique diei› reliquum substitit. (15) Transierant iam Liberi Patris terminos, quorum monumenta lapides erant crebris intervallis dispositi arboresque procerae, quarum stipites hedera contexerat.

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leute nämlich konnten den Kurs wegen der Gewalt des seitwärts andrängenden Flusses nicht halten und durch die Besorgnis der Soldaten, in ihrer schwankenden Stellung heruntergestoßen zu werden, wurden die Ruderer in ihrer Arbeit behindert. (7) Nicht einmal die Wurfspieße konnten sie mit nachdrücklichem Schwung schleudern, weil sie sich mehr darum sorgten, sicher zu stehen, als den Feind anzugreifen. Rettung brachten die Wurfmaschinen, mit denen auf die dicht gedrängten und sich dem Angriff blindlings aussetzenden Feinde nicht vergebens Geschosse geschleudert wurden. (8) Auch die Barbaren überschütteten die Flöße mit einem gewaltigen Pfeilregen, und kaum wurde ein Schild nicht zugleich von mehreren Pfeilen durchbohrt. (9) Und schon legten die Flöße an, als die Reihe der Schildträger sich erhob und ihre Speere von den Flößen aus treffsicher warf, weil sie nun frei ausholen konnte. Und sobald sie die Feinde erschrecken und ihre Pferde zurückziehen sahen, begannen sie, freudig unter wechselseitigen Zurufen an Land zu springen und den versprengten Feinden heftig zuzusetzen. (10) Dann durchbrachen die Reitergeschwader, die ihre Rosse aufgezäumt hatten, die Schlachtordnung der Barbaren. Unterdessen machten sich die Übrigen, durch die Scharen der Streitenden gedeckt, zum Kampf fertig. (11) Der König selbst ersetzte, was seinem immer noch kranken Körper an Kraft fehlte, durch unerschütterlichen Mut. Seine ermutigende Stimme konnte man nicht vernehmen, weil die Wunde in seinem Nacken22 noch nicht völlig vernarbt war, aber alle sahen ihn kämpfen. (12) Daher übernahmen sie selbst die Anführerpflicht und, indem einer den anderen anfeuerte, begannen sie, sich ohne Rücksicht auf das eigene Leben auf den Feind zu stürzen. (13) Da konnten die Barbaren vollends weder dem Blick noch den Waffen noch dem Geschrei der Feinde mehr standhalten und alle ergriffen mit verhängtem Zügel die Flucht – es waren nämlich lauter Reiter. Obwohl der König keine Erschütterung seines kranken Körpers vertragen konnte, setzte er dennoch ihre Verfolgung über achtzig Stadien hin fort. (14) Als er bereits der Ohnmacht nahe war, befahl er den Seinen, den Flüchtigen auf den Fersen zu bleiben, solange noch ein Schimmer Tageslicht übrig sei; er selbst zog sich, da er auch seelisch erschöpft war23, ins Lager zurück und brachte dort den Rest des Tages zu. (15) Man hatte bereits die Grenzen überschritten, bis zu denen Vater Bakchos24 vorgedrungen war und als deren Markierungen Steine, die in geringen Abständen aufgestellt waren, und schlanke Bäume dienten, deren Stämme von Efeu überzogen

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(16) Sed Macedonas ira longius provexit: quippe media fere nocte

in castra redierunt multis interfectis, pluribus captis, equosque M et DCCC abegere. Ceciderunt autem Macedonum equites LX, pedites C fere, M saucii fuerunt. (17) Haec expeditio deficientem magna ex parte Asiam fama tam opportunae victoriae domuit. Invictos Scythas esse crediderant; quibus fractis nullam gentem Macedonum armis parem fore confitebantur. Itaque Sacae misere legatos, qui pollicerentur gentem imperata facturam. (18) Moverat eos regis non virtus magis quam clementia in devictos Scythas: quippe captivos omnes sine pretio remiserat, ut fidem faceret sibi cum ferocissimis gentium de fortitudine, non de ira fuisse certamen. (19) Benigne igitur exceptis Sacarum legatis comitem Elpinicon dedit, adhuc admodum iuvenem, aetatis flore conciliatum sibi, qui cum specie corporis aequaret Hephaestionem, ei lepore haud sane virili par non erat. (20) Ipse Cratero cum maiore parte exercitus modicis itineribus sequi iusso ad Maracanda urbem ‹contendit›, ex qua Spitamenes comperto eius adventu Bactra perfugerat. (21) Itaque quadriduo rex longum itineris spatium emensus pervenerat in eum locum, in quo Menedemo duce duo milia peditum et CCC equites amiserat. Horum ossa tumulo contegi iussit et inferias more patrio dedit. (22) Iam Craterus cum phalange subsequi iussus ad regem pervenerat. Itaque, ut omnes, qui defecerant, pariter belli clade premerentur, copias dividit urique agros et interfici puberes iubet. 10 (1) Sogdiana regio maiore ex parte deserta est: octingenta fere stadia in latitudinem vastae solitudines tenent. (2) Ingens spatium rectae regionis est, per quam amnis – Polytimetum vocant incolae – fertur. Torrentem eum ripae in tenuem alveum cogunt, deinde caverna accipit et sub terram rapit. (3) Cursus absconditi indicium

Geschichte Alexanders des Großen 7,9,15–7,10,3

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waren. (16) Die Wut der Verfolgung aber riss die Makedonen noch weiter fort: Ja sie kehrten erst gegen Mitternacht zurück, nachdem sie viele getötet25 und noch mehr gefangen genommen hatten, und brachten 1 800 Pferde mit. Von den Makedonen aber sind sechzig Reiter und etwa hundert Fußsoldaten gefallen; tausend Mann waren verwundet. (17) Durch die Kunde von diesem Sieg zu einem so günstigen Augenblick unterwarf dieser Kriegszug das großenteils im Abfall begriffene Asien. Die Skythen hatte man für unbesiegbar gehalten; nachdem ihre Macht aber gebrochen war, gestand man ein, dass kein Volk den Waffen der Makedonen gewachsen sein werde. Daher schickten die Saker26 Gesandte mit dem Versprechen, dass ihr Volk seinen Befehlen gehorchen werde. (18) Es hatte sie ebenso die Tapferkeit des Königs wie seine Milde gegen die besiegten Skythen bewegt: Ja er hatte alle Gefangenen ohne Lösegeld zurückgeschickt, um zu beweisen, dass er mit diesem kriegerischsten aller Stämme nur um Tapferkeit, nicht in Erbitterung gekämpft habe. (19) Er nahm die Gesandten der Saker also wohlwollend auf und gab ihnen als Begleiter Elpinikos, einen noch ziemlich jungen Mann, den er aufgrund seiner blühenden Jugend liebgewonnen hatte und der dem Hephaistion an körperlicher Schönheit gleichkam, ihm aber an Anmut, die nicht recht zu einem Mann passt, nachstand. (20) Nachdem er Krateros befohlen hatte, mit dem größeren Teil des Heeres in mäßigen Tagesmärschen zu folgen, eilte er selbst zur Stadt Marakanda, von wo Spitamenes auf die Nachricht von seinem Anmarsch nach Baktra geflohen war. (21) Als der König so in vier Tagen eine lange Wegstrecke zurückgelegt hatte, war er zu der Stelle gelangt, wo er unter der Führung des Menedemos 2 000 Fußsoldaten und 300 Reiter verloren hatte. Er ließ ihre Gebeine in einem Grabhügel beisetzen und veranstaltete nach dem Brauch der Väter Totenopfer. (22) Schon war Krateros, der Befehl hatte, mit der Phalanx nachzufolgen, beim König eingetroffen. Und so verteilte er, damit alle Abgefallenen gleichmäßig vom Verderben des Krieges betroffen würden, seine Truppen und befahl, die Ländereien zu verwüsten und die waffenfähigen Männer zu töten. 10 (1) Die Provinz Sogdiana ist zum größeren Teil Wüste: Fast 800 Stadien in die Breite erstrecken sich weite Einöden. (2) Eine ungeheure Strecke der Länge nach ist es, durch die ein Strom – die Einwohner nennen ihn Polytimetos27 – fließt. Diesen Wildbach dämmen seine Ufer in ein schmales Bett ein, dann aber nimmt ihn eine Höhle auf und entführt ihn unter die Erde. (3) Seinen verborgenen

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est aquae meantis sonus, cum ipsum solum, sub quo tantus amnis fluit, ne modico quidem resudet humore. (4) Ex captivis Sogdianorum ad regem XXX nobilissimi corporum robore eximio perducti erant. Qui ‹ut› per interpretem cognoverunt iussu regis ipsos ad supplicium tradi, carmen laetantium modo canere tripudiisque et lasciviori corporis motu gaudium quoddam animi ostentare coeperunt. (5) Admiratus [est] rex tanta magnitudine animi oppetere mortem, revocari eos iussit, causam tam effusae laetitiae, cum supplicium ante oculos haberent, requirens. (6) Illi, si ab alio occiderentur, tristes morituros fuisse respondent; nunc a tanto rege, victore omnium gentium, maioribus suis redditos honestam mortem, quam fortes viri voto quoque expeterent, carminibus sui moris laetitiaque celebrare. (7) Tum rex admiratus magnitudinem animi ‘Quaero’ inquit, ‘an vivere velitis non inimici mihi, cuius beneficio victuri estis.’ (8) Illi numquam se inimicos ei, sed bello lacessitos se inimicos hosti fuisse respondent: si quis ipsos beneficio quam iniuria experiri maluisset, certaturos fuisse, ne vincerentur officio. (9) Interrogantique, quo pignore fidem obligaturi essent, vitam, quam acciperent, pignori futuram esse dixerunt: reddituros, quandoque repetisset. Nec promissum fefellerunt. Nam qui remissi domos erant, fide continuere populares; quattuor inter custodes corporis retenti nulli Macedonum in regem caritate cesserunt. (10) In Sogdianis Peucolao cum III milibus peditum – neque enim maiore praesidio indigebat – relicto Bactra pervenit. Inde Bessum Ecbatana duci iussit interfecto Dareo poenas capite persoluturum. (11) Isdem fere diebus Ptolomaeus et Menidas peditum IIII milia et equites M adduxerunt mercede militaturos. (12) Asander quoque ex Lycia cum pari numero peditum et D equitibus venit. Totidem ex Syria Asclepiodo-

Geschichte Alexanders des Großen 7,10,3–7,10,12

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Lauf verrät das Rauschen des strömenden Wassers, während der Boden selbst, unter dem ein so großer Strom fließt, auch nicht die geringste Feuchtigkeit aufweist. (4) Von den gefangenen Sogdianern waren dreißig der Vornehmsten von ausnehmender Körperkraft zum König gebracht worden. Als diese durch den Dolmetscher erfuhren, dass sie auf Befehl des Königs zur Hinrichtung geführt würden, begannen sie, ein Lied zu singen, wie wenn sie sich freuten, und durch Tanz und recht ausgelassene Bewegungen eine gewisse innere Freude auszudrücken. (5) Verwundert, dass sie mit solch einem Heldenmut dem Tod entgegengingen, befahl der König, sie zurückzurufen und fragte sie nach dem Grund für ihre so ausgelassene Freude, da sie doch ihre Hinrichtung vor Augen hätten. (6) Jene erwidern, sie wären traurig gestorben, wenn ein anderer sie töten ließe; nun aber, da sie von einem so großen König, dem Sieger über alle Völker, zu ihren Vorfahren entsandt würden, feierten sie diesen ehrenvollen Tod, den sich tapfere Männer sogar wünschen sollten, mit ihren üblichen Gesängen und Freudenbezeigungen. (7) Da staunt der König über ihren Heldenmut und fragt: „Wollt ihr leben, ohne mir, durch dessen Gnade ihr leben sollt, feind zu sein?“ (8) Jene antworten, sie hätten niemals Feindschaft gegen ihn gehegt, sondern seien zum Krieg herausgefordert und so seine Gegner geworden: Hätte man sie lieber mit einer Wohltat als mit Ungerechtigkeit auf die Probe stellen wollen, hätten sie darum gerungen, an Pflichttreue nicht übertroffen zu werden. (9) Und auf die Frage, durch welches Pfand sie ihre Treue verbürgen wollten, sagten sie, das Leben, das sie empfingen, werde als Pfand dienen: Sie würden es ihm zurückgeben, wann immer er es fordern würde. Und sie wurden ihrem Versprechen nicht untreu. Denn diejenigen von ihnen, die nach Hause entlassen worden waren, hielten ihre Stammesgenossen in Gehorsam; vier aber, die zurückbehalten und unter die Leibwächter aufgenommen wurden, standen keinem der Makedonen in der Liebe zum König nach. (10) Nachdem er Peukolaos mit 3 000 Fußsoldaten – denn einer größeren Besatzung bedurfte es nicht – in Sogdiana zurückgelassen hatte, gelangte er nach Baktra. Von dort ließ er Bessos nach Ekbatana führen, wo er für die Ermordung des Dareios mit dem Leben bezahlen sollte. (11) Fast zur gleichen Zeit führten ihm Ptolemaios und Menidas 4 000 Fußsoldaten und 1 000 Reiter zu, die ihm um Sold dienen wollten. (12) Auch Asandros kam aus Lykien mit einer ebenso großen Anzahl Fußsoldaten und 500 Reitern. Ebensoviel folgten dem Asklepiodoros aus

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rum sequebantur. Antipater Graecorum VIII milia, in quis DC equites erant, miserat. (13) Itaque exercitu aucto ad ea, quae defectione turbata erant, componenda processit, interfectisque consternationis auctoribus quarto die ad flumen Oxum perventum est. Hic, quia limum vehit, turbidus semper, insalubris est potui. (14) Itaque puteos miles coeperat fodere, nec tamen humo alte egesta existebat humor. Tandem in ipso tabernaculo regis conspectus est fons, quem quia tarde notaverant, subito extitisse finxerunt, rexque ipse credi voluit ‹deum› donum id fuisse. (15) Superatis deinde amnibus Ocho et Oxo ad urbem Marganiam pervenit. Circa eam VI oppidis condendis electa sedes est: duo ad meridiem versa, IIII spectantia orientem modicis inter se spatiis distabant, ne procul repetendum esset mutuum auxilium. (16) Haec omnia sita sunt in editis collibus: tum velut freni domitarum gentium, nunc originis suae oblita serviunt, quibus imperaverunt. 11 (1) Et cetera quidem pacaverat rex. Una erat petra, quam Arimazes Sogdianus cum XXX milibus armatorum obtinebat alimentis ante congestis, quae tantae multitudini vel per biennium suppeterent. (2) Petra in altitudinem XXX eminet stadia, circuitu C et L complectitur; undique abscisa et abrupta semita perangusta aditur. (3) In medio altitudinis spatio habet specum, cuius os artum et obscurum est; paulatim deinde ulteriora panduntur, ultima etiam altos recessus habent. Fontes per totum fere specum manant, e quibus conlatae aquae per prona montis flumen emittunt. (4) Rex loci difficultate spectata statuerat inde abire; cupido deinde incessit animo naturam quoque fatigandi. (5) Prius tamen quam fortunam obsidionis experiretur, Cophen – Artabazi hic filius erat – misit ad barbaros, qui suaderet, ut dederent rupem. Arimazes loco fretus super-

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Syrien. Antipatros hatte 8 000 Griechen, darunter 600 Reiter, geschickt. (13) Und als er so sein Heer vergrößert hatte, ging er daran, die Gegenden, die durch den Aufstand in Unordnung geraten waren, zu beruhigen und nach der Hinrichtung der Urheber des Aufruhrs gelangte man am vierten Tag zum Fluss Oxos. Da dieser Schlamm mit sich führt und er immer trüb ist, ist es ungesund, sein Wasser zu trinken. (14) Deshalb hatten die Soldaten begonnen, Brunnen zu graben, doch obwohl man tief Erdreich ausgehoben hatte, fand sich dennoch kein Wasser. Endlich kam gerade im Zelt des Königs ein Quell zum Vorschein, von dem man sich, weil man ihn erst spät bemerkt hatte, einbildete, er sei plötzlich entsprungen. Und dem König selbst lag daran, dass man glaubte, er sei ein Geschenk der Götter gewesen. (15) Nachdem er dann die Flüsse Ochos und Oxos überschritten hatte, gelangte er zur Stadt Margania. In ihrer Umgebung wurden Plätze zur Gründung von sechs Städten ausgesucht: Die zwei, die gegen Süden, und die vier, die gegen Osten lagen, waren in mäßiger Entfernung voneinander getrennt, damit wechselseitige Hilfe nicht von weit her geholt werden müsse. (16) Sie alle liegen auf hohen Hügeln: Damals dienten sie als Zwingburgen der besiegten Völker, jetzt haben sie ihren Ursprung vergessen und dienen denjenigen, über die sie einst geherrscht haben. 11 (1) Das übrige Land nun hatte der König unterworfen. Einen einzigen Felsen28 gab es noch, den der Sogdianer Arimazes mit 30 000 Bewaffneten besetzt hielt, nachdem er vorher so viele Lebensmittel zusammengetragen hatte, dass sie für diese große Anzahl sogar zwei Jahre lang ausreichen konnten. (2) Der Felsen ragt dreißig Stadien in die Höhe und hat einen Umfang von 150 Stadien; nach allen Seiten fällt er steil ab und nur ein ganz enger Fußpfad bildet den Zugang. (3) Auf halber Höhe hat er eine Höhle, deren Eingang eng und dunkel ist; nach hinten verbreitert sie sich dann allmählich und ihr Innerstes verliert sich noch in tiefe Gänge. Quellen fließen fast durch die ganze Höhle, die ihr Wasser zu einem Fluss vereinigen, der über die Abhänge des Berges hinabfließt. (4) Als der König das unzugängliche Gelände in Augenschein genommen hatte, war er erst entschlossen, wieder abzuziehen; dann aber überkam ihn das Verlangen, selbst die Natur durch Ausdauer zu überwinden. (5) Bevor er jedoch eine Belagerung mit all ihren Zufällen versuchte, schickte er Kophes, den Sohn des Artabazos, zu den Barbaren, ihnen zu raten, den Felsen preiszugeben. Arimazes

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be multa respondit; ad ultimum, an Alexander etiam volare posset, interrogat. (6) Quae nuntiata regi sic accendere animum, ut adhibitis, cum quibus consultare erat solitus, indicaret insolentiam barbari eludentis ipsos, quia pinnas non haberent; se autem proxima nocte effecturum, ut crederet Macedones etiam volare. (7) ‘CCC’ inquit ‘pernicissimos iuvenes ex suis quisque copiis perducite ad me, qui per calles et paene invias rupes domi pecora agere consueverant.’ (8) Illi praestantes et levitate corporum et ardore animorum strenue adducunt. Quos intuens rex ‘Vobiscum’ inquit, ‘o iuvenes et mei aequales, urbium invictarum ante me munimenta superavi, montium iuga perenni nive obruta emensus sum, angustias Ciliciae intravi, Indiae sine lassitudine vim frigoris sum perpessus. Et mei documenta vobis dedi et vestra habeo. (9) Petra, quam videtis, unum aditum habet, quem barbari obsident, cetera neglegunt: nullae vigiliae sunt, nisi quae castra nostra spectant. (10) Invenietis viam, si sollerter rimati fueritis aditus ferentes ad cacumen. Nihil tam alte natura constituit, quo virtus non possit eniti. Experiendo, quae ceteri desperaverint, Asiam habemus in potestate. (11) Evadite in cacumen; quod cum ceperitis, candidis velis signum mihi dabitis, ego copiis admotis hostem in nos a vobis convertam. (12) Praemium erit ei, qui primus occupaverit verticem, talenta X; uno minus accipiet, qui proximus ei venerit, eademque ad decem homines servabitur portio. Certum autem habeo vos non tam liberalitatem intueri meam quam voluntatem.’ (13) His animis regem audierunt, ut iam cepisse verticem viderentur; dimissique ferreos cuneos, quos inter saxa defigerent, validosque funes parabant. (14) Rex circumvectus petram, qua minime asper ac praeruptus aditus videbatur, secunda

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jedoch erwiderte im Vertrauen auf das Gelände mit vielen überheblichen Reden; schließlich fragte er, ob Alexander denn sogar fliegen könne. (6) Diese Nachricht machte den König so zornig, dass er seine üblichen Berater kommen ließ und ihnen daraufhin von der Dreistigkeit des Barbaren erzählte, der sie verhöhne, weil sie keine Flügel hätten; er aber wolle ihn in der nächsten Nacht glauben machen, dass die Makedonen auch fliegen könnten. (7) „Bringt mir“, sagte er, „aus euren sämtlichen Truppenteilen dreihundert der gewandtesten jungen Männer, die gewohnt waren, in ihrer Heimat die Viehherden über Bergpfade und fast ungangbare Felsen zu treiben.“ (8) Jene führten sogleich diejenigen herbei, die sich durch das geringste Körpergewicht und zugleich durch den größten Wagemut auszeichneten. Den Blick auf diese gerichtet sagte der König: „Mit euch, ihr jungen Männer und Altersgenossen, habe ich Befestigungswerke von Städten überwunden, die vor mir noch niemand besiegt hat, habe unter ewigem Schnee begrabene Gebirgskämme überschritten, bin in die Engpässe Kilikiens eingedrungen und habe ohne Ermüdung die gewaltige Kälte Indiens ertragen. Euch habe ich Beweise von mir gegeben und ich habe sie von euch. (9) Der Felsen, den ihr seht, hat nur einen Zugang, den die Barbaren besetzt halten, während sie das Übrige unbewacht lassen: Nur unserem Lager gegenüber haben sie Wachtposten aufgestellt. (10) Wenn ihr aufmerksam nach Zugängen Ausschau haltet, die zum Gipfel führen, werdet ihr einen Weg finden. Nichts hat die Natur so hoch gebaut, dass Manneskraft es nicht erklimmen könnte. Dadurch, dass wir Dinge versuchten, woran andere verzweifelten, haben wir Asien in unserer Gewalt. (11) Ersteigt den Gipfel, und wenn ihr ihn besetzt habt, gebt ihr mir durch weiße Tücher ein Zeichen, dann werde ich meine Truppen heranrücken lassen und den Feind von euch ab auf uns lenken. (12) Als Belohnung wird derjenige, der den Gipfel zuerst erreicht, zehn Talente erhalten; eines weniger wird bekommen, wer als Nächster nach ihm kommt, und dasselbe Verhältnis wird bis zum Zehnten durchgehalten. Ich bin jedoch überzeugt, dass ihr nicht so sehr meine Freigebigkeit wie meinen Wunsch im Auge habt.“ (13) Sie hörten den König mit einem Mut an, dass sie sich schon im Besitz des Gipfels wähnten; und als sie entlassen waren, richteten sie eiserne Keile, die sie in die Felsspalten einschlagen könnten, und starke Seile her. (14) Der König war dort noch um den Felsen geritten, wo der Zugang am wenigsten steil und abschüssig zu sein schien und gab ihnen dann um die zweite Nacht-

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vigilia, quod bene verteret, ingredi iubet. Illi alimentis in biduum sumptis gladiis modo atque hastis armati subire coeperunt. (15) Ac primo pedibus ingressi sunt; deinde, ut in praerupta perventum est, alii manibus eminentia saxa complexi levavere semet, alii adiectis funium laqueis evasere, quidam, cum cuneos inter saxa defigerent, gradus subdidere, quis insisterent. Diem inter metum laboremque consumpserunt. (16) Per aspera enisis duriora restabant, et crescere altitudo petrae videbatur. Illa vero miserabilis erat facies, cum ii, quos instabilis gradus fefellerat, ex praecipiti devolverentur: mox eadem in se patienda alieni casus ostendebat exemplum. (17) Per has tamen difficultates enituntur in verticem montis, omnes fatigatione continuati laboris adfecti, quidam mulcati parte membrorum, pariterque eos et nox et somnus oppressit. (18) Stratis passim corporibus in inviis et asperis saxorum periculi instantis obliti in lucem quieverunt; tandemque, velut ex alto sopore excitati, occultas subiectasque ipsis valles rimantes, ignari, in qua parte petrae tanta vis hostium condita esset, fumum specu infra se ipsos evolutum notaverunt. (19) Ex quo intellectum illam hostium latebram esse. Itaque hastis imposuere, quod convenerat signum; totoque e numero II et XXX in ascensu interisse adgnoscunt. (20) Rex non cupidine magis potiundi loci quam vice eorum, quos ad tam manifestum periculum miserat, sollicitus toto die cacumina montis intuens restitit; noctu demum, cum obscuritas conspectum oculorum ademisset, ad curandum corpus recessit. (21) Postero die nondum satis clara luce primus vela, signum capti verticis, conspexit. Sed, ne falleretur acies, dubitare cogebat varietas caeli, nunc internitente lucis fulgore

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wache mit dem Wunsch eines glücklichen Ausgangs den Befehl, sich auf den Weg zu machen. Mit Lebensmitteln für zwei Tage versehen und nur mit Schwertern und Lanzen bewaffnet, begannen jene den Aufstieg. (15) Und zuerst gingen sie wie gewöhnlich; dann, als sie an die steilen Felsen gelangt waren, klammerten sich die einen mit den Händen an die vorspringenden Felsblöcke und zogen sich so in die Höhe, die anderen klommen mittels darumgeworfener Seilschlingen empor, einige schlugen die Keile in die Felsspalten ein und legten sich auf diese Weise Stufen an, auf die sie treten konnten. So brachten sie zwischen Furcht und Anstrengung den Tag hin. (16) Diese Schwierigkeiten hatten sie überwunden, aber es warteten noch größere auf sie und es schien, als nehme die Höhe des Felsens zu. Es war in der Tat ein kläglicher Anblick, als diejenigen, die eine unsichere Stufe getäuscht hatte, aus steiler Höhe herabstürzten: Das Beispiel des fremden Falls zeigte ihnen, dass sie bald Gleiches an sich würden erfahren müssen. (17) Dennoch kommen sie durch diese Schwierigkeiten bis zum Gipfel des Berges empor, alle infolge der ununterbrochenen Anstrengung von Müdigkeit erschöpft, einige an einem Teil ihrer Glieder zerschunden; und zugleich mit der Nacht überkam sie auch der Schlaf. (18) Hier und da auf den unwegsamen und rauen Felsen hingestreckt, ruhten sie, die ihnen drohende Gefahr vergessend, bis zu Tagesanbruch; endlich erwachten sie wie aus tiefer Betäubung, spähten durch die versteckten, unter ihnen liegenden Täler, ohne zu wissen, an welchem Teil des Felsens jene große Streitmacht der Feinde verborgen liege, da bemerkten sie Rauch, der aus einer Höhle unterhalb von ihnen emporstieg. (19) Daran erkannten sie, dass dort der Schlupfwinkel der Feinde war. Daher befestigten sie an Lanzen das verabredete Zeichen; und aus der ganzen Anzahl ersahen sie, dass zweiunddreißig von ihnen beim Hinaufsteigen umgekommen waren. (20) Der König, den ebensosehr das Verlangen umtrieb, sich des Ortes zu bemächtigen, wie das Schicksal derer, die er in eine so offenkundige Gefahr geschickt hatte, stand den ganzen Tag da und blickte zum Gipfel des Bergs; erst nachts, als es die Dunkelheit unmöglich gemacht hatte, etwas mit den Augen zu erkennen, zog er sich zurück, um sich zu stärken. (21) Am folgenden Tag, als es noch nicht ganz hell war, war er der Erste, der die Tücher als Zeichen, dass der Berggipfel besetzt sei, erblickte. Doch damit sich sein Auge auch nicht täusche, zwang ihn das wechselnde Aussehen des Himmels noch zu zögern, da der Sonnenschein bald durchbrach, bald

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‹nunc› condito. Verum ut liquidior lux apparuit caelo, dubitatio exempta est; (22) vocatumque Cophen, per quem barbarorum animos temptaverat, mittit ad eos, qui moneret, nunc saltem salubrius consilium inirent; sin autem fiducia loci perseverarent, ostendi a tergo iussit, qui ceperant verticem. (23) Cophes admissus suadere coepit Arimazi petram tradere gratiam regis inituro, si tantas res molientem in unius rupis obsidione haerere non coegisset. Ille ferocius superbiusque quam antea locutus abire Cophen iubet. (24) At is prensum manu barbarum rogat, ut secum extra specum prodeat. Quo impetrato iuvenes in cacumine ostendit ‹et› eius superbiae haud immerito inludens pinnas habere ait milites Alexandri. (25) Iamque ‹e› Macedonum castris signorum concentus et totius exercitus clamor audiebatur. Ea res, sicut pleraque belli vana et inania, barbaros ad deditionem traxit: quippe occupati metu paucitatem eorum, qui a tergo erant, aestimare non poterant. (26) Itaque Cophen – nam trepidantes reliquerat – strenue revocant et cum eo XXX principes mittunt, qui petram tradant et, ut incolumibus abire liceat, paciscantur. (27) Ille quamquam verebatur, ne conspecta iuvenum paucitate deturbarent eos barbari, tamen et fortunae suae confisus et Arimazi superbiae ‹infensus› nullam se condicionem deditionis accipere respondit. (28) Arimazes desperatis magis quam perditis rebus cum propinquis nobilissimisque gentis suae descendit in castra; quos omnis verberibus adfectos sub ipsis radicibus petrae crucibus iussit adfigi. (29) Multitudo deditorum incolis novarum urbium cum pecunia capta dono data est, Artabazus in petrae regionisque, quae adposita esset ei, tutela relictus.

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sich verbarg. Sobald sich aber klareres Licht am Himmel zeigte, zerstreute sich der Zweifel; (22) er ruft Kophes, durch den er die Gesinnung der Barbaren auf die Probe gestellt hatte, und schickt ihn dann zu ihnen mit der Mahnung, jetzt wenigstens einen ihnen zuträglicheren Entschluss zu fassen; blieben sie aber im Vertrauen auf das Gelände beharrlich, solle er ihnen in ihrem Rücken die zeigen, die den Gipfel besetzt hatten. (23) Bei Arimazes vorgelassen, begann Kophes diesem zuzureden, den Felsen zu übergeben, um sich die Gunst des Königs zu erwerben, wenn er ihn, der so große Unternehmen bewältige, nicht zwinge, sich bei der Belagerung eines einzigen Felsens aufzuhalten. Doch jener antwortete noch trotziger und hochmütiger als vorher und schickte Kophes fort. (24) Dieser aber ergriff den Barbaren bei der Hand und bat ihn dann, mit ihm vor die Höhle zu treten. Als er dies erreicht hatte, zeigte er ihm die Männer auf dem Berggipfel und sagte nicht zu Unrecht seiner Überheblichkeit zum Spott, die Soldaten Alexanders hätten eben doch Flügel. (25) Und schon ließ sich aus dem makedonischen Lager der Schall der Signale und das Geschrei des ganzen Heeres vernehmen. So wie vieles im Krieg auf Schein und Täuschung beruht, drängte dieser Umstand die Barbaren zur Übergabe: Denn vor lauter Angst konnten sie die geringe Anzahl derer, die in ihrem Rücken standen, nicht abschätzen. (26) Daher rufen sie Kophes – denn er hatte sie in ihrer Bestürzung verlassen – eilig zurück und schicken mit ihm dreißig der Vornehmsten, die den Felsen übergeben und sich freien Abzug ausbedingen sollten. (27) Obwohl jener fürchtete, die Barbaren könnten die geringe Anzahl der Männer wahrnehmen und sie herabwerfen, erwiderte er doch, im Vertrauen auf sein Glück und aufgebracht über die Überheblichkeit des Arimazes, er werde sich auf keine Bedingung der Übergabe einlassen. (28) Arimazes, der mehr an seiner Lage verzweifelte, als dass sie wirklich verloren gewesen wäre, stieg mit seinen Verwandten und den Vornehmsten seines Volkes ins Lager hinab; sie alle ließ Alexander geißeln und daraufhin unmittelbar am Fuß des Felsens ans Kreuz schlagen. (29) Das übrige Volk, das sich ergab, wurde samt dem erbeuteten Geld unter die Einwohner der neuen Städte als Geschenk verteilt und Artabazos zum Schutz des Felsens und der umliegenden Gegend zurückgelassen.

LIBER VIII 1 (1) Alexander maiore fama quam gloria in dicionem redacta petra, cum propter vagum hostem spargendae manus essent, in tres partes divisit exercitum. Hephaestionem uni, Coenon alteri duces dederat; ipse ceteris praeerat. (2) Sed non eadem mens omnibus barbaris fuit: armis quidam subacti, plures ante certamen imperata fecerunt, quibus eorum, qui in defectione perseveraverant, urbes agrosque iussit attribui. (3) At exules Bactriani cum DCCC Massagetarum equitibus proximos vicos vastaverunt. Ad quos coercendos Attinas, regionis eius praefectus, CCC equites insidiarum, quae parabantur, ignarus eduxit. (4) Namque hostis in silvis – et forte campo erant iunctae – armatum militem condidit paucis propellentibus pecora, ut improvidum ad insidias praeda perduceret. (5) Itaque incomposito agmine solutisque ordinibus Attinas praedabundus sequebatur; quem praetergressum silvam, qui in ea consederant, ex improviso adorti cum omnibus interemerunt. (6) Celeriter ad Craterum huius cladis fama perlata est, qui cum omni equitatu supervenit. Et Massagetae quidem iam refugerant, Dahae M oppressi sunt, quorum clade totius regionis finita defectio est. (7) Alexander quoque Sogdianis rursus subactis Maracanda repetit. Ibi Derdas, quem ad Scythas super Bosphorum colentes miserat, cum legatis gentis occurrit. (8) Phrataphernes quoque, qui Chorasmiis praeerat, Massagetis et Dahis regionum confinio adiunctus, miserat, qui facturum imperata pollicerentur. (9) Scythae petebant, ut regis sui

BUCH 8 1 (1) Alexander hatte mehr durch seinen Ruf als durch echten Kriegsruhm die Felsenburg eingenommen. Da er wegen der lockeren Aufstellung des Feindes seine Mannschaften verteilen musste, gliederte er sein Heer in drei Teile1. Dem einen hatte er Hephaistion, dem anderen Koinos als Anführer zugeteilt; er selbst befehligte die Übrigen. (2) Doch hatten nicht alle Barbaren die gleiche Gesinnung. Einige wurden mit Waffengewalt unterworfen, die Mehrzahl kam seinen Befehlen nach, bevor es zum Kampf kam. Ihnen ließ er die Städte und Ländereien derer zuteilen, die auf ihrer Abspaltung beharrt hatten. (3) Aber die aus ihrem Vaterland vertriebenen Baktrianer verheerten zusammen mit 800 massagetischen Reitern die benachbarten Dörfer. Um sie zu bezwingen, zog Attinas, der Befehlshaber über jenes Gebiet, mit 300 Reitern aus, ohne den Hinterhalt zu ahnen, der ihm gelegt wurde. (4) Der Feind verbarg nämlich in den Wäldern, die zufällig an die Ebene grenzten, bewaffnete Soldaten, während einige wenige Vieh vor sich hertrieben, um den Ahnungslosen mit dieser Beute in den Hinterhalt zu locken. (5) Attinas folgte ihnen also voll Beutegier, ohne seine Schar geordnet und die Reihen geschlossen zu haben. Als er aber an dem Wald vorüber war, griffen ihn die Leute, die sich darin niedergelassen hatten, unerwartet an und töteten ihn mit seiner gesamten Mannschaft. (6) Schnell drang die Kunde von dieser Niederlage zu Krateros, der mit seiner gesamten Reiterei zu Hilfe kam. Und waren auch die Massageten bereits geflohen, so wurden doch 1 000 Daher überwältigt. Mit ihrer Niederlage aber fand die Abspaltung des ganzen Gebiets ein Ende. (7) Als auch die Sogdianer aufs Neue unterjocht worden waren, zog Alexander wieder nach Marakanda. Dort stieß Derdas, den er zu den Skythen jenseits des Bosporus geschickt hatte, mit Gesandten dieses Volksstammes2 zu ihm. (8) Ebenso hatte Phrataphernes3, der nahe an der Grenze zu den Gebieten der Massageten und Daher die Chorasmier befehligte, Boten gesandt mit dem Versprechen, Alexanders Befehlen nachkommen zu wollen. (9) Die Skythen baten, er möge sich mit der Tochter ihres Königs vermäh-

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filiam matrimonio sibi iungeret: si dedignaretur adfinitatem, principes Macedonum cum primoribus suae gentis conubio coire pateretur; ipsum [regum] quoque regem venturum ad eum pollicebantur. (10) Utraque legatione benigne audita Hephaestionem et Artabazum opperiens stativa habuit. Quibus adiunctis in regionem, quae appellatur Bazaira, pervenit. (11) Barbarae opulentiae in illis locis haud ulla sunt maiora indicia quam magnis nemoribus saltibusque nobilium ferarum greges clusi. (12) Spatiosas ad hoc eligunt silvas, crebris perennium aquarum fontibus amoenas; muris nemora cinguntur turresque habent venantium receptacula. (13) Quattuor continuis aetatibus intactum saltum fuisse constabat. Quem Alexander cum toto exercitu ingressus agitari undique feras iussit. (14) Inter quas cum leo magnitudinis rarae ipsum regem invasurus incurreret, forte Lysimachus, qui postea regnavit, proximus Alexandro venabulum obicere ferae coeperat. Quo rex repulso et abire iusso adiecit tam a semet uno quam a Lysimacho leonem interfici posse. (15) Lysimachus enim quondam, cum venarentur in Syria, occiderat quidem eximiae magnitudinis feram solus, sed laevo humero usque ad ossa lacerato ad ultimum periculi pervenerat. (16) Id ipsum exprobrans ei rex fortius quam locutus est fecit: nam feram non excepit modo, sed etiam uno vulnere occidit. (17) Fabulam, quae obiectum leoni a rege Lysimachum temere vulgavit, ab eo casu, quem supra diximus, ortam esse crediderim. (18) Ceterum Macedones, quamquam prospero eventu defunctus erat Alexander, tamen scivere gentis suae more, ne aut pedes venaretur aut sine delectis principum atque amicorum. (19) Ille IIII milibus ferarum deiectis in eodem saltu cum toto exercitu epulatus est. Inde Maracanda reditum est, acceptaque aetatis excusatione ab Artabazo provinciam

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len; verschmähe er aber diese Verwandtschaft, so solle er den vornehmsten Makedonen gestatten, mit den ersten Töchtern ihres Stammes Ehen zu schließen. Sie versprachen, dass auch ihr König selbst zu ihm kommen werde. (10) Beide Gesandtschaften wurden freundlich angehört. Während Alexander Hephaistion und Artabazos erwartete, hielt er ein Standlager. Als diese sich ihm angeschlossen hatten, gelangte er in die Gegend, welche Bazaira heißt. (11) Für den Reichtum der Barbaren in jenen Gegenden gibt es keinen auffälligeren Beweis als die Rudel edlen Wilds, das man in großen Hainen und Bergwäldern hegt. (12) Man wählt zu diesem Zweck weit ausgedehnte Wälder, die wegen ihrer zahlreichen, ständig fließenden Quellen reizvoll sind. Mauern umschließen die Haine, und darin befinden sich Türme als Zufluchtsstätten für die Jäger. (13) Vier Generationen hintereinander war – wie feststand – ein solcher Bergwald unberührt geblieben. In ihn war Alexander mit seinem ganzen Heer gezogen und gab Befehl, das Wild von allen Seiten aufzujagen. (14) Als darunter ein Löwe von seltener Größe auf den König selbst losstürzte und ihn anfallen wollte, hatte sich Lysimachos, der spätere Herrscher, gerade in unmittelbarer Nähe des Alexander befunden und begonnen, seinen Jagdspieß auf das Untier zu richten. Doch der König wies ihn zurück, befahl ihm wegzugehen und fügte dann hinzu, er könne ebenso geschickt wie Lysimachos den Löwen allein töten. (15) Lysimachos hatte nämlich einmal bei einer Jagd in Syrien ein Tier von beträchtlicher Größe zwar allein erlegt, war aber in äußerste Gefahr geraten, weil es ihn an der linken Schulter bis auf die Knochen zerfleischt hatte. (16) Ebendies hielt ihm der König jetzt vor und handelte noch tapferer, als seine Worte waren; denn er wehrte das Tier nicht nur ab, sondern tötete es auch durch einen einzigen Stoß. (17) Aufgrund dieses eben erzählten Vorfalls dürfte nach meinem Dafürhalten das Gerücht entstanden sein, das unbesonnen verbreitete, Lysimachos sei vom König einem Löwen vorgeworfen worden.4 (18) Obwohl Alexander das Ereignis so glücklich hinter sich gebracht hatte, fassten doch die Makedonen nach ihrer Volkssitte den Beschluss, dass er weder zu Fuß noch ohne Begleiter, die man unter den Vornehmsten und seinen Vertrauten ausgewählt hatte, jagen solle. (19) Nachdem man 4 000 Stück Wild erlegt hatte, hielt er in eben jenem Bergwald mit seinem ganzen Heer ein Mahl. Von dort kehrte man nach Marakanda zurück, und weil er Artabazos’ Entschuldigungsgrund – nämlich sein hohes Alter – akzeptiert hatte, gab er dessen Provinz dem Klei-

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eius destinat Clito. (20) Hic erat, qui apud Granicum amnem nudo capite regem dimicantem clipeo suo texit et Rhosacis manum capiti regis imminentem gladio amputavit, vetus Philippi miles multisque bellicis operibus clarus. (21) Hellanice, quae Alexandrum educaverat, soror eius, haud secus quam mater a rege diligebatur. Ob has causas validissimam imperii partem fidei eius tutelaeque commisit. (22) Iamque iter parare in posterum iussus sollemni et tempestivo adhibetur convivio. In quo rex cum multo incaluisset mero, immodicus aestimator sui celebrare, quae gesserat, coepit, gravis etiam eorum auribus, qui sentiebant vera memorari. (23) Silentium tamen habuere seniores, donec Philippi res orsus obterere nobilem apud Chaeroneam victoriam sui operis fuisse iactavit ademptamque sibi malignitate et invidia patris tantae rei gloriam. (24) Illum quidem seditione inter Macedones milites et Graecos mercennarios orta debilitatum vulnere, quod in ea consternatione acceperat, iacuisse, non alias quam simulatione mortis tutiorem; se corpus eius protexisse clipeo suo, ruentesque in illum sua manu occisos. (25) Quae patrem numquam aequo animo esse confessum, invitum filio debentem salutem suam. Itaque post expeditionem, quam sine eo fecisset ipse in Illyrios, victorem scripsisse se patri fusos fugatosque hostes nec adfuisse usquam Philippum. (26) Laude dignos esse non qui Samothracum initia viserent, cum Asiam uri vastarique oporteret, sed eos, qui magnitudine rerum fidem antecessissent. (27) Haec et his similia laeti audiere iuvenes, ingrata senioribus erant, maxime propter Philippum, sub quo diutius vixerant, (28) cum Clitus, ne ipse quidem satis sobrius, ad eos, qui infra ipsum cubabant, conversus Euripidis rettulit carmen, ita ut sonus magis quam sermo exaudiri posset a rege, (29) quo significabatur male instituisse Graecos, quod tropaeis regum dumtaxat nomina inscriberent: alieno enim

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tos. (20) Das war der Mann, der am Fluss Granikos den König, als er mit ungeschütztem Haupt kämpfte, mit seinem Schild deckte und die Hand des Rhosakes, die dieses Haupt bedrohte, mit dem Schwert abhieb – ein alter Soldat Philipps, der durch viele Kriegstaten berühmt war. (21) Seine Schwester Hellanike, die Alexander aufgezogen hatte, wurde vom König wie eine Mutter geliebt. Deswegen vertraute dieser den kriegerischsten Teil des Reiches seiner Treue und seinem Schutz an. (22) Und schon war Kleitos angewiesen, sich am nächsten Tag in Marsch zu setzen, als er zu einem festlichen, zeitig beginnenden Mahl eingeladen wurde. Dabei begann der König, als er vom vielen Wein erhitzt war, in maßloser Selbstüberschätzung seine Taten zu rühmen, und es wurde selbst für die Zuhörer zu viel, die das Gefühl hatten, dass er die Wahrheit berichte. (23) Dennoch schwiegen die Älteren still, bis er anfing, Philipps Taten herabzusetzen, und dann prahlte, der berühmte Sieg bei Chaironeia sei sein Werk und nur durch den Neid und die Missgunst seines Vaters sei ihm der Ruhm dieser so bedeutenden Tat entrissen worden. (24) Als nämlich ein Aufstand unter den makedonischen Truppen und griechischen Söldnern ausgebrochen sei, habe jener wegen einer Wunde, die er bei diesem Aufruhr erlitten hatte, erschöpft dagelegen, weil es für ihn das Sicherste gewesen sei, sich tot zu stellen. Er dagegen habe ihn mit seinem Schild beschützt und die Leute, die auf jenen eindrangen, mit eigener Hand getötet. (25) Dies habe aber sein Vater nie mit Gelassenheit eingestanden, da er ungern dem Sohn sein Leben verdankt habe. Nach dem Feldzug also, den er ohne den Vater gegen die Illyrier unternommen habe, habe er als Sieger an ihn geschrieben, die Feinde seien zerstreut und in die Flucht geschlagen; nirgends aber sei Philipp dabei gewesen. (26) Ruhm verdiene, fügte er hinzu, nicht derjenige, der die samothrakischen Mysterien besuche, als man Asien hätte niederbrennen und verheeren müssen, sondern derjenige, der durch seine Heldentaten Unglaubliches geleistet habe. (27) Dies und Ähnliches hörten die jungen Männer gern, die älteren verdross es, hauptsächlich wegen Philipp, unter dem sie ihre meisten Jahre verbracht hatten. (28) Da wandte sich Kleitos, der selbst auch nicht mehr ganz nüchtern war, zu denen, die zu seiner Rechten bei Tisch lagen, und zitierte so leise, dass der König mehr den Klang als den Inhalt der Worte hören konnte, eine Stelle des Euripides5. (29) Darin wurde angedeutet, es sei ein schlechter Brauch bei den Griechen, auf die Trophäen nur die Namen der Könige zu schreiben. Denn so werde der Ruhm

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sanguine partam gloriam intercipi. Itaque rex, cum suspicaretur malignius habitum esse sermonem, percontari proximos coepit, quid ex Clito audissent. (30) Et illis ad silendum obstinatis Clitus paulatim maiore voce Philippi acta bellaque in Graecia gesta commemorat, omnia praesentibus praeferens. (31) Hinc inter iuniores senesque orta contentio est, et rex, velut patienter audiret, quis Clitus obterebat laudes eius, ingentem iram conceperat. (32) Ceterum cum animo videretur imperaturus, si finem procaciter orto sermoni Clitus imponeret, nihil eo remittente magis exasperabatur. (33) Iamque Clitus etiam Parmenionem defendere audebat et Philippi de Atheniensibus victoriam Thebarum praeferebat excidio, non vino modo sed etiam animi prava contentione provectus. (34) Ad ultimum, ‘Si moriendum’ inquit ‘est pro te, Clitus est primus; at cum victoriae arbitrium agis, praecipuum ferunt, qui procacissime patris tui memoriae inludunt. (35) Sogdianam regionem mihi attribuis, totiens rebellem et non modo indomitam, sed quae ne subigi quidem possit. Mittor ad feras bestias praecipitia ingenia sortitas. Sed, quae ad me pertinent, transeo. (36) Philippi milites spernis oblitus, nisi hic Atarrhias senex iuniores pugnam detrectantes revocasset, adhuc nos circa Halicarnasum haesuros fuisse. (37) Quomodo igitur Asiam etiam cum istis iunioribus subegisti? Verum est, ut opinor, quod avunculum tuum in Italia dixisse constat, ipsum in viros incidisse, te in feminas.’ (38) Nihil ex omnibus inconsulte ac temere iactis regem magis moverat quam Parmenionis cum honore mentio inlata. Dolorem tamen repressit, contentus iussisse, ut convivio excederet. (39) Nec quicquam aliud adiecit quam forsitan eum, si diutius locutus foret, exprobraturum sibi fuisse vitam a semet ipso datam: hoc enim superbe saepe iactasse. (40) Atque illum cunctantem adhuc surgere, qui proximi ei cubuerant, iniectis manibus iurgantes monentesque conabantur abducere. (41) Clitus, cum abstraheretur, ad pristinam violentiam ira quoque adiecta, suo pectore

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unterschlagen, den man durch fremdes Blut gewonnen habe. Da nun der König argwöhnte, dass ein allzu böswilliges Gespräch geführt worden sei, begann er deshalb, die Tischnachbarn auszufragen, was sie von Kleitos gehört hätten. (30) Doch als diese hartnäckig schwiegen, erinnerte Kleitos allmählich mit lauterer Stimme an Philipps Kriegstaten in Griechenland, die er alle den gegenwärtigen vorziehe. (31) Hierauf entstand ein Streit zwischen den Jüngeren und Alten, während den König, der scheinbar Kleitos’ Worte, die seinen Ruhm herabsetzten, geduldig anhörte, bereits ein ungeheurer Zorn ergriffen hatte. (32) Aber obwohl es schien, als könne er sich beherrschen, wenn Kleitos seine unverschämt begonnene Rede beende, wurde er nur noch gereizter, da dieser nicht nachgab. (33) Schon wagte Kleitos, sogar Parmenion zu verteidigen, und gab – nicht nur vom Wein, sondern auch von bösartiger Streitsucht mitgerissen – Philipps Sieg über die Athener den Vorzug vor der Zerstörung Thebens. (34) Zuletzt rief er: „Wenn es für dich zu sterben gilt, so ist Kleitos der Erste; aber wenn du dann die Entscheidung über den Siegespreis fällst, dann tragen den Vorzug die davon, welche am unverschämtesten das Andenken deines Vaters verhöhnen. (35) Mir teilst du die Provinz Sogdiana6 zu, die sich so oft empört und nicht nur noch unbezwungen, sondern geradezu unbezwingbar ist. Mich schickt man unter wilde Bestien gefährlichster Art. Doch übergehe ich das, was mich selbst angeht. (36) Aber du verachtest Philipps Soldaten und vergisst, dass wir noch heute bei Halikarnassos festsäßen, hätte nicht dieser alte Atarrhias7 die jüngeren Leute, die den Kampf verweigerten, zurückgeholt. (37) Wie hast du es denn fertiggebracht, Asien mit eben diesen jüngeren Männern da zu unterwerfen? Aber ich meine, es ist wahr, was bekanntlich dein Onkel8 in Italien gesagt hat: Er selbst sei auf Männer, du auf Frauen gestoßen.“ (38) Nichts von all diesen unbedachten und unbesonnenen Äußerungen hatte den König mehr gereizt als die ehrenvolle Erwähnung Parmenions. Dennoch unterdrückte er seinen Unwillen und begnügte sich mit dem Befehl, jener solle das Gastmahl verlassen. (39) Er fügte lediglich hinzu, wenn Kleitos noch länger spräche, würde er ihm vielleicht auch noch vorwerfen, dass er selbst ihm sein Leben geschenkt habe, womit er ja oftmals geprahlt habe. (40) Und als jener noch zögerte aufzustehen, versuchten die Leute, die in seiner unmittelbaren Nähe zu Tisch gelegen hatten, ihn unter Schelten und Zureden gewaltsam wegzuführen. (41) Als Kleitos weggeschleppt wurde, bekam er zusätzlich zu seiner vorigen Heftig-

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tergum illius esse defensum, nunc, postquam tanti meriti praeterierit tempus, etiam memoriam invisam esse proclamat. (42) Attali quoque caedem obiciebat et ad ultimum Iovis, quem patrem sibi Alexander adsereret, oraculum eludens veriora se regi quam patrem eius respondisse dicebat. (43) Iam tantum irae conceperat rex, quantum vix sobrius ferre potuisset. Enimvero olim mero sensibus victis ex lecto repente prosiluit. (44) Attoniti amici ne positis quidem, sed abiectis poculis consurgunt in eventum rei, quam tanto impetu acturus esset, intenti. (45) Alexander rapta lancea ex manibus armigeri Clitum adhuc eadem linguae intemperantia furentem percutere conatus a Ptolomaeo et Perdicca inhibetur. (46) Medium complexi et obluctari perseverantem morabantur; Lysimachus et Leonnatus etiam lanceam abstulerant. (47) Ille militum fidem implorans comprehendi se a proximis amicorum, quod Dareo nuper accidisset, exclamat signumque tuba dari, ut ad regiam armati coirent, iubet. (48) Tum vero Ptolomaeus et Perdiccas genibus advoluti orant, ne in tam praecipiti ira perseveret spatiumque potius animo det: omnia postero die iustius executurum. (49) Sed clausae erant aures obstrepente ira. Itaque impotens animi procurrit in regiae vestibulum et vigili excubanti hasta ablata constitit in aditu, quo necesse erat iis, qui simul cenaverant, egredi. (50) Abierant ceteri, Clitus ultimus sine lumine exibat. Quem rex, quisnam esset, interrogat. Eminebat etiam in voce sceleris, quod parabat, atrocitas. (51) Et ille iam non suae, sed regis irae memor Clitum esse et de convivio exire respondit. (52) Haec dicentis latus hasta transfixit morientisque sanguine adspersus ‘I nunc’ inquit ‘ad Philippum et Parmenionem et Attalum.’

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keit auch noch einen Zornausbruch und schrie laut, dass er mit seiner Brust Alexanders Rücken gedeckt habe; nachdem nun die Zeit seiner so großen, verdienstvollen Tat vorüber sei, sei ihm selbst die Erinnerung daran verhasst. (42) Zugleich warf er ihm die Ermordung des Attalos9 vor und spottete schließlich über das Orakel des Zeus, den Alexander sich als Vater zuschrieb, wobei er verkündete, er habe dem König wahrheitsgemäßer geantwortet als dessen Vater. (43) Jetzt empfand der König solchen Zorn, wie er ihn als Nüchterner kaum noch hätte beherrschen können. Da seine Sinne aber schon vorher vom Wein benommen waren, sprang er plötzlich von der Liege auf. (44) Bestürzt stellten die Vertrauten ihre Becher nicht einmal mehr ab, sondern warfen sie weg und erhoben sich voll gespannter Erwartung auf den Ausgang der Handlung, die er in so ungeheurer Aufregung vollführen werde. (45) Er riss einem Waffenträger die Lanze aus der Hand und versuchte, Kleitos zu durchbohren, der immer noch mit gleich unbändiger Rede tobte; doch Ptolemaios und Perdikkas hinderten ihn daran. (46) Sie hielten ihn um die Mitte umklammert und versuchten, ihn aufzuhalten, obwohl er beharrlich Widerstand leistete; Lysimachos und Leonnatos hatten auch die Lanze entfernt. (47) Alexander beschwor die Soldaten bei ihrem Eid und rief, er werde von seinen nächsten Vertrauten ergriffen, wie es vor kurzem Dareios ergangen sei. Und er befahl, mit der Trompete das Zeichen zu geben, sich bewaffnet beim Königszelt zu versammeln. (48) Da aber hatten sich Ptolemaios und Perdikkas vor ihm auf die Knie geworfen und flehten ihn an, er solle nicht in so besinnungslosem Zorn verharren und sich lieber Zeit zum Nachdenken gönnen; alles werde er morgen auf gerechtere Weise zu Ende bringen. (49) Aber seine Ohren waren verschlossen, denn der Zorn tobte in ihm. So rannte er, seiner Sinne nicht mehr mächtig, hinaus in die Vorhalle des Königszeltes, nahm einem der Wachestehenden den Speer weg und stellte sich am Eingang auf, aus dem diejenigen, die mit ihm gespeist hatten, heraustreten mussten. (50) Die Übrigen hatten sich entfernt; Kleitos ging als Letzter ohne Licht hinaus. Der König fragte ihn, wer er sei. Selbst aus seiner Stimme klang die entsetzliche Tat heraus, die er plante. (51) Und jener erwiderte, weil er nicht mehr an seinen Zorn, sondern an den des Königs dachte, er sei Kleitos und verlasse das Gastmahl. (52) Während er dies sagte, durchbohrte ihm Alexander die Seite mit dem Speer und rief, vom Blut des Sterbenden bespritzt: „Geh nun zu Philipp, Parmenion und Attalos!“

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2 (1) Male humanis ingeniis natura consuluit, quod plerumque non futura, sed transacta perpendimus. Quippe rex, postquam ira mente decesserat, etiam ebrietate discussa magnitudinem facinoris sera aestimatione perspexit. (2) Videbat tunc immodice libertate abusum, sed alioqui egregium bello virum et, nisi erubesceret fateri, servatorem sui occisum. Detestabile carnificis ministerium occupaverat rex, verborum licentiam, quae vino poterat imputari, nefanda caede ultus. (3) Manabat toto vestibulo cruor paulo ante convivae; vigiles attoniti et stupentibus similes procul stabant, liberioremque paenitentiam solitudo exciebat. (4) Ergo hastam ex corpore iacentis evolsam retorsit in semet; iamque admoverat pectori, cum advolant vigiles et repugnanti e manibus extorquent adlevatumque in tabernaculum deferunt. (5) Ille humi prostraverat corpus gemitu eiulatuque miserabili totam personans regiam. Laniare deinde os unguibus et circumstantes rogare, ne se tanto dedecori superstitem esse paterentur. (6) Inter has preces tota nox extracta est. Scrutantemque, num ira deorum ad tantum nefas actus esset, subit anniversarium sacrificium Libero Patri non esse redditum stato tempore: itaque inter vinum et epulas caede commissa iram dei fuisse manifestam. (7) Ceterum magis eo movebatur, quod omnium amicorum animos videbat attonitos: neminem cum ipso sociare sermonem postea ausurum: vivendum esse in solitudine velut ferae bestiae terrenti alias timentique. (8) Prima deinde luce tabernaculo corpus, sicut adhuc cruentum erat, iussit inferri. Quo posito ante ipsum lacrimis obortis, ‘Hanc’ inquit ‘nutrici meae gratiam rettuli, cuius duo filii apud Miletum pro mea gloria occubuere mortem, hic frater, unicum orbitatis solacium, a me inter epulas occisus est. (9) Quo nunc se conferet misera? Omnibus eius unus supersum, quem solum aequis

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2 (1) Schlecht hat die Natur für das menschliche Wesen gesorgt; erwägen wir doch meist nicht das, was kommen wird, sondern das, was bereits geschehen ist. Denn als sein Jähzorn verraucht und auch sein Rausch verflogen war, erkannte der König in später Einsicht die Größe seiner Schandtat. (2) Er sah, dass er einen Mann getötet hatte, der zwar die Redefreiheit maßlos missbraucht hatte, sonst aber ein hervorragender Krieger und – wollte er nicht erröten, es einzugestehen – sein Lebensretter war. Er selbst, der König, hatte das grauenvolle Amt des Henkers vollzogen, da er die zügellosen Worte, die sich wohl dem Genuss des Weines zuschreiben ließen, durch frevelhaften Mord gerächt hatte. (3) Die ganze Vorhalle schwamm vom Blut eines Mannes, der kurz zuvor noch sein Gast gewesen war. Bestürzt und wie erstarrt standen die Wachen fern von ihm, und seine Vereinsamung verursachte nur noch eine ungehemmtere Reue. (4) So zog er den Speer aus dem Körper des Daliegenden und richtete ihn dann gegen sich selbst. Schon hatte er ihn auf seine Brust gesetzt, als die Wachen herbeistürzten, ihm den Speer trotz seines Widerstrebens aus den Händen wanden, den König aufhoben und in das Zelt trugen. (5) Jener hatte sich zu Boden geworfen und ließ das Zelt von seinem jammervollem Stöhnen und Wehgeschrei widerhallen. Dann zerfleischte er sich das Gesicht mit den Nägeln und flehte die Umstehenden an, ihn eine so entsetzliche Schande nicht überleben zu lassen. (6) Unter solchen Bitten zog sich die ganze Nacht hin. Und als er zu ergründen suchte, ob ihn der Zorn der Götter zu einer solchen Untat getrieben habe, fiel ihm ein, dass dem Vater Bakchos sein jährliches Opfer nicht zur festgesetzten Zeit dargebracht worden war; dadurch, dass der Mord beim Genuss von Wein und Speisen geschehen sei, habe sich der Zorn des Gottes offenbart. (7) Doch mehr noch beunruhigte ihn, dass er alle seine Vertrauten in Bestürzung sah. Keiner werde fortan wagen, mit ihm ein Gespräch anzuknüpfen; er werde einsam leben müssen wie ein wildes Tier, das die anderen in Schrecken versetzt und sie zugleich fürchtet. (8) Dann, bei Tagesanbruch, befahl er, den Leichnam – noch blutig wie er war – in das Zelt zu tragen. Als man ihn vor ihm niedergelegt hatte, rief er unter strömenden Tränen: „Das ist nun der Dank, den ich meiner Amme erstattet habe. Zwei ihrer Söhne haben bei Milet für meinen Ruhm den Tod gefunden, diesen ihren Bruder, den einzigen Trost in ihrer Verlassenheit, habe ich beim Mahl ermordet. (9) Wohin wird sich nun die Unglückliche wenden? Alle die Ihren überlebe ich allein, den sie als Einzi-

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oculis videre non poterit. Et ego, servatorum meorum latro, revertar in patriam, ut ne dexteram quidem nutrici sine memoria calamitatis eius offerre possim!’ (10) Et cum finis lacrimis querellisque non fieret, iussu amicorum corpus ablatum est. Rex triduum iacuit inclusus. (11) Quem ut armigeri corporisque custodes ad moriendum obstinatum esse cognoverunt, universi in tabernaculum inrumpunt diuque precibus ipsorum reluctatum aegre vicerunt, ut cibum caperet. (12) Quoque minus caedis puderet, iure interfectum Clitum Macedones decernunt sepultura quoque prohibituri, ni rex humari iussisset. (13) Igitur X diebus maxime ad confirmandum pudorem apud Maracanda consumptis cum parte exercitus Hephaestionem in regionem Bactrianam misit commeatus in hiemem paraturum. (14) Quam Clito ante destinaverat provinciam, Amyntae dedit, ipse Xenippa pervenit. Scythiae confinis est regio habitaturque pluribus ac frequentibus vicis, quia ubertas terrae non indigenas modo detinet, sed etiam advenas invitat. (15) Bactrianorum exulum, qui ab Alexandro defecerant, receptaculum fuerat; sed postquam regem adventare compertum est, pulsi ab incolis II milia fere et D congregantur. (16) Omnes equites erant, etiam in pace latrociniis adsueti: tum ferocia ingenia non bellum modo sed etiam veniae desperatio efferaverat. Itaque ex improviso adorti Amyntan, praetorem Alexandri, diu anceps proelium fecerant; (17) ad ultimum DCC suorum amissis, quorum CCC hostis cepit, dedere terga victoribus haud sane inulti: quippe LXXX Macedonum interfecerunt, praeterque eos CCC et L saucii facti sunt. (18) Veniam tamen etiam post alteram defectionem impetraverunt. (19) His in fidem acceptis in regionem, quam Nautaca appellant, rex cum toto exercitu venit. Satrapes erat Sisimithres, duobus ex sua matre filiis genitis: quippe apud eos

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gen nicht mit freundlichen Augen ansehen können wird. Und ich, der heimtückische Mörder meiner Retter, soll in das Vaterland zurückkehren, um meiner Amme nicht einmal die Hand reichen zu können, ohne an ihr Unglück zu denken!“ (10) Und als seine Tränen und Klagen nicht aufhörten, wurde der Leichnam auf Befehl der Vertrauten entfernt. Drei Tage lang lag der König eingeschlossen. (11) Als die Bewaffneten und die Leibwächter merkten, dass er entschlossen sei zu sterben, drangen sie alle miteinander in sein Zelt ein und brachten ihn, nachdem er sich ihren Bitten lange widersetzt hatte, mit Mühe dazu, Nahrung zu sich zu nehmen. (12) Und damit er sich weniger über den Mord schäme, entschieden die Makedonen, dass Kleitos mit Recht getötet worden sei. Sie hätten ihm sogar das Begräbnis verweigert, hätte der König nicht befohlen, ihn zu beerdigen. (13) Nachdem er also zehn Tage bei Marakanda zugebracht hatte – hauptsächlich um das Schamgefühl zu überwinden –, entsandte er Hephaistion mit einem Teil des Heeres in die Gegend von Baktrien, um Proviant für den Winter zu beschaffen. (14) Diese Provinz, die er vorher für Kleitos bestimmt hatte, gab er dem Amyntas. Er selbst gelangte nach Xenippa. Das Gebiet grenzt an Skythien und hat mehrere dicht bewohnte Dörfer, weil die Fruchtbarkeit des Landes nicht nur die Eingeborenen an sich bindet, sondern auch Fremde anlockt. (15) Für die aus Baktrien Vertriebenen, die von Alexander abgefallen waren, war es ein Zufluchtsort gewesen. Nachdem man aber in Erfahrung gebracht hatte, dass der König heranrücke, wurden sie – ungefähr 2 500 – von den Einwohnern verjagt und scharten sich zusammen. (16) Alle waren beritten und auch im Frieden an Raubzüge gewohnt. Jetzt aber hatte nicht allein der Krieg, sondern auch die Hoffnungslosigkeit, begnadigt zu werden, die ohnehin wilden Menschen noch wilder gemacht. So griffen sie unversehens Alexanders Feldherrn Amyntas an. Lange hatte die Schlacht unentschieden geschwankt. (17) Nach einem Verlust von 700 Mann, von denen 300 vom Feind gefangen wurden, kehrten sie schließlich den Siegern den Rücken – freilich nicht, ohne sich gerächt zu haben; denn 80 Makedonen wurden getötet und außerdem 350 verwundet. (18) Dennoch erlangten sie auch nach diesem zweiten Abfall10 Begnadigung. (19) Als sie sich unterworfen hatten, kam der König mit seinem ganzen Heer in die Gegend, die Nautaka heißt. Dort herrschte der Satrap Sisimithres, der mit seiner eigenen Mutter zwei Söhne gezeugt hatte, da es bei

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parentibus stupro coire cum liberis fas est. (20) Is armatis popularibus fauces regionis, qua in artissimum cogitur, valido munimento saepserat. Praeterfluebat torrens amnis, terga petra claudebat; hanc manu perviam incolae fecerant. (21) Sed aditu specus accipit lucem; interiora nisi inlato lumine ob‹scura› sunt. Perpetuus cuniculus iter praebet in campos ignotum nisi indigenis. (22) At Alexander, quamquam angustias naturali situ munitas [ac] valida manu barbari tuebantur, tamen arietibus admotis munimenta, quae manu adiuncta erant, concussit fundisque et sagittis propugnantium plerosque deiecit; quos ubi dispersos fugavit, ruinas munimentorum supergressus ad petram admovit exercitum. (23) Ceterum interveniebat fluvius coeuntibus aquis ex superiore fastigio in vallem, magnique operis videbatur tam vastam voraginem explere. (24) Caedi tamen arbores et saxa congeri iussit, ingensque barbaros pavor rudes ad talia opera concusserat excitatam molem subito cernentes. (25) Itaque rex ad deditionem metu posse compelli ratus Oxarten misit nationis eiusdem, sed dicionis suae, qui suaderet duci, ut traderet petram. (26) Interim ad augendam formidinem et turres admovebantur et excussa tormentis tela emicabant. Itaque verticem petrae omni alio praesidio damnato petiverunt. (27) At Oxartes trepidum diffidentemque rebus suis Sisimithren coepit hortari, ut fidem quam vim Macedonum mallet experiri neu moraretur festinationem victoris exercitus in Indiam tendentis: cui quisquis semet offerret, in suum caput alienam cladem esse versurum. (28) Et ipse quidem Sisimithres deditionem adnuebat; ceterum mater eademque coniunx morituram se ante denuntians, quam in ullius veniret potes-

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ihnen erlaubt ist, dass sich Eltern und Kinder in Blutschande verbinden. (20) Dieser hatte seine Landsleute bewaffnet und die Pässe an der engsten Stelle des Gebiets durch ein starkes Befestigungswerk versperrt. Daran strömte ein reißender Gießbach vorbei; die Rückseite umschloss ein Felsen, durch den die Einwohner einen künstlichen Durchgang gebrochen hatten. (21) Doch nur durch den Eingang der Höhle dringt noch das Tageslicht, das Innere ist dunkel, wenn man es nicht beleuchtet. Ein unterirdisch fortlaufender Gang schafft einen Weg ins freie Feld, der nur den Eingeborenen bekannt ist. (22) Obwohl nun die Barbaren den schon durch seine natürliche Lage gesicherten Pass noch mit einer starken Mannschaft verteidigten, ließ Alexander dennoch die Sturmböcke heranbringen, zerschlug dann die künstlich hinzugefügten Befestigungswerke und verjagte mit Schleudern und Pfeilen den größten Teil der Verteidiger. Sobald er diese zerstreut und in die Flucht getrieben hatte, überschritt er die Trümmer der Befestigungswerke und rückte mit dem Heer an den Felsen heran. (23) Dazwischen lag aber der Fluss, dessen Gewässer vom oberen Scheitel des Gebirges her im Tal zusammenflossen, und es schien ein großes Stück Arbeit, eine so weite Schlucht auszufüllen. (24) Dennoch befahl er, Bäume zu fällen und Felsblöcke zusammenzuschichten, und schon war den Barbaren, die mit derartigen Arbeiten nicht vertraut waren, ein gewaltiger Schrecken eingejagt, als sie plötzlich sahen, wie ein Damm errichtet wurde. (25) Darum sandte der König, in der Meinung, sie könnten durch Furcht zur Übergabe bewogen werden, Oxartes11, der zwar ihr Landsmann, aber ihm untertan war, um ihrem Anführer zu raten, den Felsen zu übergeben. (26) Währenddessen ließ er, um ihre Angst noch zu steigern, Belagerungstürme heranrücken, und es schwirrten Geschosse, die von den Wurfmaschinen abgeschleudert worden waren. Deshalb flüchteten sich die Feinde auf den Gipfel des Felsens, da jede andere Schutzwehr versagt hatte. (27) Aber Oxartes begann, den verzagten und an seiner Lage verzweifelnden Sisimithres aufzufordern, es lieber auf den Schutz als auf die Waffengewalt der Makedonen ankommen zu lassen und nicht den Eilmarsch des siegreichen Heeres aufzuhalten, das gegen Indien vordringe. Denn wer immer sich diesem entgegenstelle, werde die Niederlage, die anderen zugedacht sei, auf sein eigenes Haupt lenken. (28) Und Sisimithres selbst stimmte zwar der Übergabe zu; als ihm jedoch seine Mutter und zugleich Gemahlin ankündigte, sie wolle eher sterben als in irgendjemands Gewalt kommen,

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tatem, barbari animum ad honestiora quam tutiora converterat, pudebatque libertatis maius esse apud feminas quam apud viros pretium. (29) Itaque dimisso internuntio pacis obsidionem ferre decreverat. Sed cum hostis vires suasque pensaret, rursus muliebris consilii, quod praeceps magis quam necessarium esse credebat, paenitere eum coepit, (30) revocatoque strenue Oxarte futurum se in regis potestate respondit, unum id precatus, ne voluntatem et consilium matris suae proderet, quo facilius venia illi quoque impetraretur. (31) Praemissum igitur Oxarten cum matre liberisque et totius cognationis grege sequebatur, ne expectato quidem fidei pignore, quod Oxartes promiserat. (32) Rex equite praemisso, qui reverti eos iuberet opperirique praesentiam ipsius, supervenit et victimis Minervae [ac] Victoriae caesis imperium Sisimithri restituit spe maioris etiam provinciae facta, si cum fide amicitiam ipsius coluisset. (33) Duos illi iuvenes patre tradente secum militaturos sequi iussit. Relicta deinde phalange ad subigendos, qui defecerant, cum equite processit. (34) Arduum et impeditum saxis iter primo utcumque tolerabant, mox equorum non ungulis modo attritis, sed corporibus etiam fatigatis sequi plerique non poterant, et rarius subinde agmen fiebat pudorem, ut fere fit, immodico labore vincente. (35) Rex tamen subinde equos mutans sine intermissione fugientes insequebatur. Nobiles iuvenes comitari eum soliti defecerant praeter Philippum. Lysimachi erat frater, tum primum adultus et, quod facile appareret, indolis rarae. (36) Is pedes – incredibile dictu – per D stadia vectum regem comitatus est, saepe equum suum offerente Lysimacho, nec tamen, ut digrederetur a rege, effici potuit, cum lorica indutus arma gestaret. (37) Idem, cum perventum esset in saltum, in quo se barbari abdiderant, nobilem edidit pugnam regem-

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hatte sich der Barbar wieder dem zugewandt, was mehr Ehre als Sicherheit einbrachte, und schämte sich, dass die Freiheit bei Frauen in höherem Wert stehe als bei Männern. (29) Darum hatte er den Friedensunterhändler entlassen und war entschlossen, die Belagerung auf sich zu nehmen. Als er jedoch die feindlichen Streitkräfte mit den eigenen verglich, bereute er allmählich wieder den Rat der Frau, den er mehr für vorschnell als notwendig hielt. (30) Schleunigst rief er Oxartes zurück, gab ihm den Bescheid, er wolle sich dem König unterwerfen, und bat nur um das Eine – dass er nichts von dem Willen und Rat seiner Mutter berichte, damit man auch für sie desto eher Gnade erlange. (31) Er ließ also Oxartes vorausgehen und folgte ihm mit seiner Mutter, seinen Söhnen und der ganzen Schar seiner Verwandten, ohne selbst ein Unterpfand des Schutzes abgewartet zu haben, das ihm Oxartes versprochen hatte. (32) Der König schickte einen Reiter voraus mit dem Befehl, sie sollten zurückkehren und sein Erscheinen abwarten. Dann kam er selbst zu ihnen und setzte, nachdem er der siegbringenden Athene Opfer dargebracht hatte, Sisimithres wieder in seine Herrschaft ein, nachdem er ihm zugleich Hoffnung auf eine noch größere Provinz gemacht hatte, wenn er in Treue an der Freundschaft mit ihm festhalte. (33) Als ihm der Vater seine beiden jungen Söhne übergab, befahl er ihnen, ihm zu folgen, um auf seiner Seite zu kämpfen. Als er dann die Phalanx zurückgelassen hatte, um die Abgefallenen zu unterwerfen, zog er mit der Reiterei weiter. (34) Anfangs überwanden sie den steilen und von Felsen versperrten Weg, so gut sie es eben aushielten. Weil bald jedoch nicht nur die Hufen der Pferde abgerieben, sondern auch ihre Kräfte erschöpft waren, konnten die meisten nicht weiter folgen, und der Zug wurde allmählich lichter, da das Übermaß der Anstrengung – wie es meist geschieht – das Ehrgefühl übertraf. (35) Dennoch verfolgte der König, der von Zeit zu Zeit die Pferde wechselte, ohne Unterbrechung die Flüchtigen. Die adligen Diener, die ihn gewöhnlich begleiteten, hatten ihn verlassen – mit Ausnahme des Philippos. Er war ein Bruder des Lysimachos, damals eben erwachsen und – wie sich leicht zeigte – von seltenen Anlagen. (36) Er begleitete – so unglaublich dies klingt – zu Fuß den König auf einem Ritt von 500 Stadien. Obwohl ihm Lysimachos mehrmals sein Pferd anbot, konnte er dennoch nicht bewogen werden, vom König zu weichen, weil er, selbst mit dem Panzer bekleidet, die Waffen des Königs trug. (37) Als man in einen Bergwald gelangt war, in dem sich die Barbaren versteckt hatten, kämpfte

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que comminus cum hoste dimicantem protexit. (38) Sed postquam barbari in fugam effusi deseruere silvas, animus, qui in ardore pugnae corpus sustentaverat, liquit, subitoque ex omnibus membris profuso sudore arboris proximae stipiti se adplicuit; (39) deinde ne illo quidem adminiculo sustinente manibus regis exceptus est, inter quas conlapsus extinguitur. Maestum regem alius haud levis dolor excepit. (40) Erigyius inter claros duces fuerat; quem extinctum esse, paulo ante quam reverteretur in castra, cognovit. Utriusque funus omni apparatu atque honore celebratum est. 3 (1) Dahas deinde statuerat petere; ibi namque Spitamenen esse cognoverat. Sed hanc quoque expeditionem, ut pleraque alia, fortuna indulgendo ei numquam fatigata pro absente transegit. Spitamenes uxoris immodico amore flagrabat; quam aegre fugam et nova subinde exilia tolerantem in omne discrimen comitem trahebat. (2) Illa malis fatigata identidem muliebres adhibere blanditias, ut tandem fugam sisteret victorisque Alexandri clementiam expertus placaret, quem effugere non posset. (3) Tres adulti erant liberi ex eo geniti; quos cum pectori patris admovisset, ut saltem eorum misereri vellet, orabat; et, quo efficaciores essent preces, haud procul erat Alexander. (4) Ille se prodi, non moneri ratus et formae profecto fiducia cupere eam quam primum dedi Alexandro acinacem strinxit percussurus uxorem, nisi prohibitus esset fratrum eius occursu. (5) Ceterum abire e conspectu iubet addito metu mortis, si se oculis eius obtulisset, et ad desiderium levandum noctes agere inter paelices coepit. (6) Sed penitus haerens amor fastidio praesentium accensus est. Itaque rursus uni ei deditus orare non destitit, ut tali

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ebenderselbe Philippos heldenhaft und beschützte den König, der mit einem Feind im Nahkampf stand. (38) Als sich jedoch die Feinde zur Flucht zerstreut und die Wälder geräumt hatten, verließ ihn die Willenskraft, die ihn in der Hitze des Kampfes aufrechterhalten hatte. Nachdem ihm der Schweiß aus allen Gliedern in Strömen hervorgebrochen war, lehnte er sich an den nächsten Baumstamm. (39) Doch weil nicht einmal diese Stütze genügte, nahm ihn der König in seine Arme. In ihnen sank er zusammen und hauchte sein Leben aus. Zu der Trauer hierüber kam für den König noch ein anderer, nicht geringer Schmerz. (40) Erigyios hatte zu seinen ausgezeichneten Feldherren gehört. Alexander erfuhr, dass er kurz vor seiner Rückkehr ins Lager gestorben sei. Das Begräbnis beider wurde mit Pracht und Ehrerbietung begangen. 3 (1) Hierauf hatte er beschlossen, gegen die Daher zu ziehen. Denn er hatte erfahren, dass sich Spitamenes bei ihnen aufhielt. Aber auch dieses Unternehmen nahm ihm – wie das meiste Andere – das Glück ab, das nie müde war, ihm noch in Abwesenheit seine Gunst zu erweisen. Spitamenes brannte in grenzenloser Liebe zu seiner Gattin. Obwohl sie die Flucht und die immer neuen Verbannungsziele kaum zu ertragen vermochte, führte er sie in jede Gefahr als Begleiterin mit sich. (2) Von Leiden erschöpft, wandte sie wiederholt weibliche Schmeicheleien an, damit er endlich seine Flucht beende und – nachdem er die Milde des siegreichen Alexander auf die Probe gestellt hatte – den zu besänftigen versuche, dem er nicht entfliehen könne. (3) Sie hatte drei erwachsene Söhne mit ihm; diese legte sie an die Brust des Vaters und flehte ihn dann an, sich wenigstens ihrer erbarmen zu wollen; und Alexander war nicht weit entfernt, so dass ihre Bitten dadurch noch mehr Gewicht hatten. (4) Doch er war voll Argwohn, dass sie ihn verraten und nicht nur ermahnen wolle und sicherlich – im Vertrauen auf ihre Schönheit – so bald wie möglich in Alexanders Gewalt zu kommen wünsche, zückte daher den Säbel und hätte seine Frau durchbohrt, wäre er nicht durch das Dazwischenspringen ihrer Brüder daran gehindert worden. (5) Doch befahl er ihr, aus seinem Blickfeld zu gehen, nachdem er sie mit dem Tod bedroht hatte, wenn sie vor seine Augen trete. Und um die Sehnsucht nach ihr zu mildern, fing er an, die Nächte mit Dirnen zuzubringen. (6) Aber der Ekel vor dem Umgang mit ihnen entflammte die in seinem Innern noch fest verwurzelte Liebe aufs Neue. Als er sich wieder einzig seiner Gattin hingegeben hatte, hörte er nicht auf, sie zu beschwören, sie solle von

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consilio abstineret patereturque sortem, quamcumque iis fortuna fecisset: sibi mortem deditione esse leviorem. (7) At illa purgare se, quod, quae utilia esse censebat, muliebriter forsitan, sed fida tamen mente suasisset; de cetero futuram in viri potestate. (8) Spitamenes simulato captus obsequio de die convivium apparari iubet vinoque et epulis gravis et semisomnus in cubiculum fertur. (9) Quem ut alto et gravi somno sopitum esse sensit uxor, gladium, quem veste occultaverat, stringit caputque eius abscisum cruore respersa servo suo conscio facinoris tradit. (10) Eodem comitante, sicuti erat cruenta veste, in Macedonum castra pervenit nuntiarique Alexandro iubet esse, quae ex ipsa deberet agnoscere. (11) Ille protinus barbaram iussit admitti. Quam ut respersam cruore conspexit, ratus ad deplorandam contumeliam venisse, dicere quae vellet iubet. (12) At illa servum, quem in vestibulo stare iusserat, introduci desideravit. Qui, quia caput Spitamenis veste tectum habebat, suspectus scrutantibus, quid occuleret, ostendit. (13) Confuderat oris exanguis notas pallor, nec, quis esset, nosci satis poterat. Ergo rex, certior factus humanum caput adferre eum, tabernaculo excessit percontatusque, quid rei sit, illo profitente cognoscit. (14) Variae hinc cogitationes invicem animum diversa agitantem commoverant. Meritum ingens in semet esse credebat, quod transfuga et proditor, tantis rebus, si vixisset, iniecturus moram, interfectus esset. Contra facinus ingens aversabatur, cum optime meritum de ipsa, communium parentem liberum, per insidias interemisset. (15) Vicit tamen gratiam meriti sceleris atrocitas, denuntiarique iussit, ut excederet castris neu licentiae barbarae exemplar in Graecorum mores et mitia

Geschichte Alexanders des Großen 8,3,6–8,3,15

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einem solchen Plan Abstand nehmen und jedes Los, das ihnen das Schicksal bereitet habe, auf sich nehmen; er wolle lieber sterben als sich ergeben. (7) Seine Frau dagegen entschuldigte sich, dass sie vielleicht weibisch, aber dennoch treuen Sinnes zu dem geraten habe, was sie für nützlich hielt; im Übrigen sei sie ihrem Mann untertan. (8) Durch diesen vorgeheuchelten Gehorsam gewonnen, ließ Spitamenes am helllichten Tag ein Gastmahl herrichten und wurde, vom Wein betrunken und mit Speisen gesättigt, schon halb schlummernd in sein Schlafgemach getragen. (9) Sobald aber seine Frau merkte, dass er tief und fest schlief, zog sie das Schwert, das sie unter ihrem Kleid verborgen hatte, schlug ihm den Kopf ab und übergab ihn – blutbespritzt wie sie war – ihrem Sklaven, der in die Tat eingeweiht war. (10) In Begleitung desselben Sklaven kam sie, noch im blutigen Gewand, wie sie war, in das makedonische Lager und ließ Alexander melden, sie habe etwas Wichtiges, was er von ihr selbst erfahren müsse. (11) Dieser ließ die Barbarin sofort hereinführen. Als er sie mit Blut bespritzt erblickte, meinte er, sie sei gekommen, um sich über Schmach zu beklagen, die man ihr zugefügt hatte, und forderte sie auf zu sagen, was sie wünsche. (12) Doch sie verlangte, man solle den Sklaven hereinführen, dem sie befohlen hatte, in der Vorhalle zu warten. Weil dieser nun das Haupt des Spitamenes unter seinem Gewand versteckt hielt, schien er verdächtig, und als man nachforschte, was er verberge, zeigte er es. (13) Todesblässe hatte die Züge des blutlosen Gesichtes entstellt, und man konnte nicht deutlich genug erkennen, wer der Tote sei. Nachdem man den König also benachrichtigt hatte, dass der Sklave ein menschliches Haupt bringe, trat er aus dem Zelt und erfuhr auf seine Frage, was das zu bedeuten habe, durch das Geständnis jenes Menschen den Sachverhalt. (14) Hierauf war er abwechselnd von verschiedenen Gedanken aufgewühlt und überlegte hin und her. Er hielt es für einen großen Verdienst um seine Person, dass der Überläufer und Verräter getötet worden sei, der so wichtige Unternehmungen verzögert hätte, wenn er am Leben geblieben wäre. Dagegen verabscheute er die furchtbare Tat, da sie den Mann, der sich um sie sehr verdient gemacht hatte, den Vater ihrer gemeinsamen Kinder heimtückisch ermordet hatte. (15) Doch überwog die Grässlichkeit des Verbrechens das dankbare Gefühl für den geleisteten Dienst, und er ließ ihr sagen, sie solle sich aus dem Lager entfernen und dieses Beispiel barbarischer Zügellosigkeit nicht auf die

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ingenia transferret. (16) Dahae Spitamenis caede comperta Dataphernen, defectionis eius participem, vinctum Alexandro seque dedunt. Ille maxima praesentium curarum parte liberatus convertit animum ad vindicandas iniurias eorum, quibus a praetoribus suis avare ac superbe imperabatur. (17) Ergo Phratapherni Hyrcaniam et Mardos cum Tapuris tradidit mandavitque, ut Phradaten, cui succedebat, ad se in custodiam mitteret. Arsami, Drangarum praefecto, substitutus est Stasanor, Arsaces in Mediam missus, ut Oxydates inde discederet. Babylonia demortuo Mazaeo Stameni subiecta est. 4 (1) His compositis tertio mense ex hibernis movit exercitum regionem, quae Gazaba appellatur, aditurus. (2) Primus dies quietum iter praebuit; proximus ei nondum quidem procellosus et tristis, obscurior tamen pristino non sine minis crescentis mali praeterît. (3) Tertio ab omni parte caeli emicare fulgura et nunc internitente luce nunc condita non oculos modo meantis exercitus, sed etiam animos terrere coeperunt. (4) Erat prope continuus caeli fragor, et passim cadentium fulminum species visebatur, attonitisque auribus stupens agmen nec progredi nec consistere audebat. (5) Tum repente imber grandinem incutiens torrentis modo effunditur. Ac primo quidem armis suis tecti exceperant, sed iam nec retinere arma lubrica [et] rigentes manus poterant nec ipsi destinare, in quam regionem obverterent corpora, cum undique tempestatis violentia maior, quam vitabatur, occurreret. (6) Ergo ordinibus solutis per totum saltum errabundum agmen ferebatur, multique prius metu quam labore defatigati prostraverant humi corpora, quamquam imbrem vis frigoris concreto gelu adstrinxerat. (7) Alii se stipitibus arborum admoverant: id plurimis et adminiculum et suffugium erat.

Geschichte Alexanders des Großen 8,3,15–8,4,7

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milderen Sitten und Gemüter der Griechen übertragen. (16) Als die Daher von der Ermordung des Spitamenes erfahren hatten, lieferten sie Dataphernes, der zusammen mit ihm abtrünnig geworden war, gebunden an Alexander aus und ergaben sich auch selbst. Von dem größten Teil seiner gegenwärtigen Sorgen befreit, wandte jener sein Augenmerk darauf, die Ungerechtigkeit zu bestrafen, die man den Leuten zugefügt hatte, welche von ihren Befehlshabern auf habsüchtige und übermütige Weise beherrscht wurden. (17) Darum übergab er Hyrkanien und das Gebiet der Marder mitsamt dem der Tapurer dem Phrataphernes mit dem Auftrag, seinen Vorgänger Phradates in seinen Gewahrsam zu schicken. Arsames, der Statthalter der Dranger, wurde durch Stasanor ersetzt; Arsakes wurde nach Medien geschickt, damit sich Oxydates von dort entferne. Babylon kam nach dem Tod des Mazaios unter den Befehl des Stamenes. 4 (1) Nachdem er dies geordnet hatte, holte er im dritten Monat12 das Heer aus dem Winterlager, um in das Gebiet zu marschieren, das Gazaba heißt. (2) Der erste Tag bot einen ungestörten Marsch; der zweite war zwar auch noch nicht stürmisch und unfreundlich, jedoch trüber als der vorige und verstrich nicht ohne drohende Anzeichen eines aufkommenden Unwetters. (3) Am dritten Tag begannen aus allen Himmelsrichtungen Blitze zu leuchten und durch ihr bald hervorleuchtendes, bald verborgenes Licht nicht nur die Augen, sondern auch die Gemüter des marschierenden Heeres zu erschrecken. (4) Fast ohne Unterbrechung rollte der Donner, und allerorts sah man Blitze einschlagen. Die Ohren der Soldaten waren von dem Getöse betäubt, und der erstarrte Zug wagte weder weiterzumarschieren noch Halt zu machen. (5) Da ergoss sich plötzlich unter Hagelschlag und nach Art eines Gießbachs eine Regenflut. Und anfangs hatten sie sich, von ihren Schilden bedeckt, noch dagegen geschützt, doch bald konnten ihre starren Hände die glitschig gewordenen Waffen nicht mehr halten, und sie wussten nicht mehr, wohin sie sich wenden sollten, da ihnen die Gewalt des Unwetters von allen Seiten zu mächtig entgegenschlug, als dass man ihr hätte ausweichen können. (6) Als sich die Reihen aufgelöst hatten, zerstreute sich der umherirrende Zug im ganzen Bergwald. Viele aber hatten sich, mehr von der Furcht als von der Anstrengung erschöpft, zu Boden geworfen, obwohl die starke Kälte den Regen zu festem Eis hatte gefrieren lassen. (7) Andere hatten sich Baumstämmen genähert. Das diente sehr vielen als Stütze und Zufluchts-

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(8) Nec fallebat ipsos morti locum eligere, cum immobilis vitalis

calor linqueret; sed grata erat pigritia corporum fatigatis, nec recusabant extingui quiescendo. Quippe non vehemens modo sed etiam pertinax vis mali insistebat, lucemque, naturale solacium, praeter tempestatem haud disparem nocti silvarum quoque umbra suppresserat. (9) Rex unus tanti mali patiens circumire milites, contrahere dispersos, adlevare prostratos, ostendere procul evolutum ex tuguriis fumum hortarique, ut proxima quaeque suffugia occuparent. (10) Nec ulla res magis saluti fuit, quam quod multiplicato labore sufficientem malis, ‹quis› ipsi cesserant, regem deserere erubescebant. (11) Ceterum efficacior in adversis necessitas quam ratio frigoris remedium invenit. Dolabris enim silvas sternere adgressi passim acervos struesque accenderunt. (12) Continenti incendio ardere crederes saltum et vix inter flammas agminibus relictum locum. Hic calor stupentia membra commovit, paulatimque spiritus, quem continuerat rigor, meare libere coepit. (13) Excepere alios tecta barbarorum, quae in ultimo saltu abdita necessitas investigaverat, alios castra, quae in humido quidem, sed iam caeli mitescente saevitia locaverunt. Duo milia militum atque lixarum calonumque pestis illa consumpsit. (14) Memoriae proditum est quosdam adplicatos arborum truncis et non solum viventibus, sed etiam inter se conloquentibus similis esse conspectos durante adhuc habitu, in quo mors quemque deprenderat. (15) Forte Macedo gregarius miles ‹aegre› seque et arma sustentans tamen in castra pervenerat; quo viso rex, quamquam ipse tum maxime admoto igne refovebat artus, ex sella sua exiluit torpentemque militem et vix compotem mentis demptis armis in sua sede iussit considere. (16) Ille diu nec, ubi requiesceret, nec, a quo esset exceptus, agnovit. Tandem recepto

Geschichte Alexanders des Großen 8,4,7–8,4,16

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ort. (8) Und es entging ihnen nicht, dass sie sich nur einen Platz zum Sterben aussuchten, da die Lebenswärme schwand, sobald sie aufhörten, sich zu bewegen. Aber diese Trägheit war den Ermatteten willkommen, und sie wehrten sich nicht dagegen, bei diesem Ausruhen zu sterben. Denn das nicht nur heftige, sondern auch lang anhaltende Unwetter bedrängte sie, und der natürliche Trost – das Licht – war ihnen außer durch das Ungewitter, das einer Nacht nicht ungleich war, auch noch durch das Dunkel der Wälder entzogen. (9) Einzig und allein der König hielt solchem Unheil stand; er ging bei den Soldaten herum, sammelte die Zerstreuten, richtete die am Boden Liegenden auf, zeigte ihnen den Rauch, der in einiger Entfernung aus Hütten aufstieg, und ermunterte sie, jede beliebige nächste Zuflucht zu erreichen. (10) Und nichts trug mehr zur Rettung bei, als dass man sich schämte, den König im Stich zu lassen, der sich bei all der vielfachen Anstrengung den Leiden, denen sie selbst unterlegen waren, gewachsen zeigte. (11) Doch die Not, die in schlimmer Lage mehr bewirkt als ruhige Überlegung, fand ein Mittel gegen die Kälte. Als man sich nämlich daran gemacht hatte, mit Äxten Bäume zu fällen, zündete man überall aufgeschichtete Holzstöße an. (12) Man hätte glauben können, der ganze Wald brenne und es gebe zwischen den Flammen kaum noch Raum für die Heeresabteilungen. Diese Wärme machte die starren Glieder wieder beweglich, und der vom Frost beengte Atem begann, allmählich freier zu gehen. (13) Die einen fanden Aufnahme in den Hütten der Barbaren – die Not hatte sie diese aufspüren lassen, obwohl sie am Rande des Bergwaldes verborgen waren –, die anderen im Lager, das man zwar noch im Nassen, aber bereits dann aufschlug, als die Strenge des Unwetters nachließ. 2 000 von den Soldaten, Marketendern und Reitknechten raffte dieses Unglück dahin. (14) Es wird berichtet, dass man Männer an Baumstämme gelehnt sah, gerade, als ob sie nicht nur noch lebten, sondern auch miteinander sprächen, weil sie noch immer in der Stellung waren, in der sie der Tod jeweils ereilt hatte. (15) Zufällig war ein gemeiner makedonischer Soldat ins Lager gelangt, obwohl er sich mit seinen Waffen kaum noch aufrecht halten konnte. Als ihn der König erblickt hatte, sprang er von seinem Sitz auf, obwohl er sich selbst am Feuer die Glieder erwärmte, und ließ den erstarrten und fast besinnungslosen Mann auf seinem Stuhl niedersitzen, nachdem man ihm die Waffen abgenommen hatte. (16) Dieser merkte lange nicht, wo er ausruhte, noch, wer ihm Platz gemacht hatte. Als er endlich wieder von

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calore vitali, ut regiam sedem regemque vidit, territus surgit. (17) Quem intuens Alexander ‘Ecquid intellegis, miles’ inquit, ‘quanto meliore sorte quam Persae sub rege vivatis? Illis enim in sella regis consedisse capital foret, tibi saluti fuit.’ (18) Postero die convocatis amicis copiarumque ducibus pronuntiari iussit ipsum omnia, quae amissa essent, redditurum. Et promisso fides extitit. (19) Nam Sisimithres multa iumenta et camelorum II milia adduxit pecoraque et armenta; quae distributa pariter militem et damno et fame liberaverunt. (20) Rex, gratiam sibi relatam a Sisimithre praefatus, sex dierum cocta cibaria ferre milites iussit, Sacas petens. Totam hanc regionem depopulatus XXX milia pecorum ex praeda Sisimithri dono dat. (21) Inde pervenit in regionem, cui Chorienes, satrapes nobilis, praeerat, qui se regis potestati fideique permisit. Ille imperio ei reddito haud amplius, quam ut duo ex tribus filiis secum militarent, exegit. (22) Satrapes etiam eo, qui penes ipsum relinquebatur, tradito barbara opulentia convivium, quo regem accipiebat, instruxerat. (23) Id cum multa comitate celebraret, introduci XXX nobiles virgines iussit. Inter quas erant ‹filiae suae virgines et› filia Oxyartis, Roxane nomine, eximia corporis specie et decore habitus in barbaris raro. (24) Quae quamquam inter electas processerat, omnium tamen oculos convertit in se, maxime regis minus iam cupiditatibus suis imperantis inter obsequia fortunae, contra quam non satis cauta mortalitas est. (25) Itaque ille, qui uxorem Darei, qui duas filias virgines, quibus forma praeter Roxanen comparari nulla potuerat, haud alio animo quam parentis aspexerat, tunc in amorem virgunculae, si regiae stirpi compararetur, ignobilis ita effusus est, ut diceret ad stabiliendum regnum pertinere Persas et Macedones

Geschichte Alexanders des Großen 8,4,16–8,4,25

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Lebenswärme durchdrungen war, sprang er erschrocken auf, sobald er den königlichen Stuhl und den König erkannte. (17) Doch Alexander sah ihn an und sprach: „Siehst du wohl, Soldat, wie viel glücklicher ihr unter eurem König lebt als die Perser? Für sie wäre es ein todeswürdiges Verbrechen, auf dem königlichen Stuhl gesessen zu haben, dir brachte es Erholung.“ (18) Am folgenden Tag rief er die Vertrauten und Truppenführer zusammen und ließ dann bekannt machen, er selbst wolle alles, was verloren gegangen sei, wiedererstatten. Und was er versprach, hielt er auch. (19) Denn Sisimithres führte eine große Menge Zugtiere und 2 000 Kamele sowie Schafe und Rinder herbei. Diese wurden gleichmäßig verteilt, ersetzten so den Soldaten den Verlust und stillten ihren Hunger. (20) Der König rühmte die Gefälligkeit, die ihm Sisimithres erwiesen hatte, und befahl dann den Soldaten, Brot für sechs Tage mitzunehmen, weil er gegen die Saker ziehen wollte. Nachdem er diesen ganzen Landstrich ausgeplündert hatte, machte er Sisimithres 30 000 Stück Vieh aus der Beute zum Geschenk. (21) Von dort gelangte er in die Landschaft, die der edle Satrap Chorienes beherrschte, der sich der Macht und dem Schutz des Königs anvertraute. Jener verlangte, als er ihm die Herrschaft zurückgegeben hatte, nichts weiter, als dass zwei von seinen drei Söhnen als Soldaten mit ihm ziehen sollten. (22) Als ihm der Satrap auch noch den übergeben hatte, der bei ihm selbst zurückbleiben sollte, hatte er mit barbarischer Pracht zum Empfang des Königs ein Gastmahl vorbereitet. (23) Während er dies mit viel Heiterkeit feierte, ließ er dreißig edle Jungfrauen hereinführen. Unter ihnen befanden sich seine eigenen jungfräulichen Töchter und die Tochter des Oxyartes namens Rhoxane, von ausnehmender Schönheit und würdevollem Auftreten, das bei den Barbaren selten ist. (24) Obwohl sie inmitten einer auserlesenen Mädchenschar eingetreten war, zog sie doch aller Blicke auf sich, besonders die des Königs, der bei den Gefälligkeiten des Glücks, gegen das die menschliche Natur nicht hinreichend vorsichtig ist, seine Begierden schon weniger beherrschte. (25) Jener, der die Gattin des Dareios und dessen zwei jungfräuliche Töchter, mit denen sich an Schönheit keine andere außer Rhoxane hatte vergleichen können, nicht anders als ein Vater betrachtet hatte, stürzte sich jetzt dermaßen in die Leidenschaft zu einem – verglichen mit Mädchen königlicher Abstammung – niedrig geborenen Mädchen, dass er behauptete, es diene zur Befestigung seiner Herrschaft, wenn Perser und Makedonen Ehebündnisse schlössen. Nur so lasse sich

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conubio iungi: hoc uno modo et pudorem victis et superbiam victoribus detrahi posse. (26) Achillem quoque, a quo genus ipse deduceret, cum captiva coisse. Ne inferri nefas arbitrentur, illam matrimonii iure velle iungi. (27) Insperato gaudio laetus pater sermonem eius excipit, et rex in medio cupiditatis ardore iussit adferri patrio more panem – hoc erat apud Macedonas sanctissimum coeuntium pignus – quem divisum gladio uterque libabat. (28) Credo eos, qui gentis mores condiderunt, parco et parabili victu ostendere voluisse iungentibus opes, quantulo contenti esse deberent. (29) Hoc modo rex Asiae et Europae introductam inter convivales ludos matrimonio sibi adiunxit, e captiva geniturus, qui victoribus imperaret. (30) Pudebat amicos super vinum et epulas socerum ex deditis esse delectum, sed post Cliti caedem libertate sublata vultu, qui maxime servit, adsentiebantur. 5 (1) Ceterum Indiam et inde Oceanum petiturus, ne quid a tergo, quod destinata impedire posset, moveretur, ex omnibus provinciis XXX milia iuniorum legi iussit et ad se armata perduci, obsides simul habiturus et milites. (2) Craterum autem ad persequendos Haustanen et Catanen, qui ab ipso defecerant, misit; quorum Haustanes captus est, Catanes in proelio occisus. Polypercon quoque regionem, quae Bubacene appellatur, in dicionem redegit. Itaque omnibus compositis cogitationes in bellum Indicum vertit. (3) Dives regio habebatur non auro modo sed gemmis quoque margaritisque, ad luxum magis quam ad magnificentiam exculta. (4) Periti militares auro et ebore fulgere dicebant. Itaque, necubi vinceretur, cum ceteris praestaret, scutis argenteas laminas, equis frenos aureos addidit, loricas quoque alias auro, alias argento adornavit. CXX

Geschichte Alexanders des Großen 8,4,25–8,5,4

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den Besiegten die Scham und den Siegern der Stolz nehmen. (26) Auch Achill, von dem er selbst sein Geschlecht herleite, habe eine Kriegsgefangene13 in sein Bett geholt. Damit man es aber nicht für ein Unrecht halte, wolle er sich rechtmäßig mit ihr vermählen. (27) Hocherfreut über das unverhoffte Glück vernahm der Vater seine Worte, und der König, mitten in der Glut der Leidenschaft, ließ nach Vätersitte ein Brot herbeibringen. Dieses galt bei den Makedonen als das heiligste Unterpfand für Vermählte; man teilte es mit dem Schwert, und beide aßen davon. (28) Meines Erachtens wollten die Begründer der Volkssitte durch diese sparsame und leicht zu beschaffende Kost denen, die ihren Besitz vereinigten, anzeigen, mit wie wenig sie zufrieden sein müssten. (29) Auf diese Weise vermählte sich der König über Asien und Europa mit einem Mädchen, das man bei den Spielen eines Gastmahls hereingeführt hatte, um mit einer Kriegsgefangenen den zu zeugen, der über die Sieger herrschen sollte. (30) Die Freunde schämten sich, dass er sich beim Genuss von Wein und Speisen aus den Unterworfenen den Schwiegervater ausgewählt habe; da jedoch seit der Ermordung des Kleitos die freie Meinungsäußerung aufgehoben war, gaben sie durch ihr Mienenspiel, das sich besonders nach Sklavenart beherrschen lässt, ihre Zustimmung zu erkennen. 5 (1) Weil er also nach Indien und von dort zum Ozean ziehen wollte, ließ er, damit nicht hinter seinem Rücken irgendetwas geschehe, was sein Vorhaben hindern könne, aus allen Provinzen 30 000 junge Männer ausheben und bewaffnet zu ihm führen, um sich ihrer zugleich als Geiseln und als Soldaten zu bedienen. (2) Zur Verfolgung von Haustanes und Katanes, die von ihm abgefallen waren, sandte er Krateros ab; von diesen beiden wurde Haustanes gefangen genommen und Katanes in einem Gefecht getötet. Polyperchon unterwarf auch die Landschaft namens Bubakene. Nachdem also alles geordnet war, wandte er seine Gedanken dem indischen Krieg zu. (3) Das Land hielt man für reich, nicht nur an Gold, sondern auch an Edelsteinen und Perlen, wobei es mehr auf üppige Verschwendung als auf großartige Pracht ausgerichtet war. (4) Landeskundige erzählten, die Krieger schimmerten von Gold und Elfenbein. Um also bei seiner Überlegenheit in den übrigen Dingen in keiner Hinsicht unterlegen zu sein, ließ er die Schilde mit Silberblech überziehen, den Pferden goldenes Zaumzeug geben und auch die Panzer teils mit Gold, teils mit Silber verzieren. 120 000 Bewaff-

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milia armatorum erant, quae regem ad id bellum sequebantur. (5) Iamque omnibus praeparatis ‹ratus›, quod olim prava mente conceperat, tunc esse maturum, quonam modo caelestes honores usurparet coepit agitare. Iovis filium non dici tantum se, sed etiam credi volebat, tamquam perinde animis imperare posset ac linguis, (6) iussitque more Persarum Macedonas venerabundos ipsum salutare prosternentes humi corpora. Non deerat talia concupiscenti perniciosa adulatio, perpetuum malum regum, quorum opes saepius adsentatio quam hostis evertit. (7) Nec Macedonum haec erat culpa – nemo enim illorum quicquam ex patrio more labare sustinuit – sed Graecorum, qui professionem honestarum artium malis corruperant moribus. (8) Agis quidam Argivus, pessimorum carminum post Choerilum conditor, et ex Sicilia Cleo – hic quidem non ingenii solum sed etiam nationis vitio adulator – et cetera urbium suarum purgamenta [quae] propinquis etiam maximorumque exercituum ducibus a rege ‹prae›ferebantur. Hi tum caelum illi aperiebant Herculemque et Patrem Liberum et cum Polluce Castorem novo numini cessuros esse iactabant. (9) Igitur festo die omni opulentia convivium exornari iubet, cui non Macedones modo et Graeci principes amicorum, sed etiam ‹barbari› nobiles adhiberentur. Cum quibus cum discubuisset rex, paulisper epulatus convivio egreditur. (10) Cleo, sicut praeparatum erat, sermonem cum admiratione laudum eius instituit; merita deinde percensuit, quibus uno modo referri gratiam posse, si, quem intellegerent deum esse, confiterentur, exigua turis impensa tanta beneficia pensaturi. (11) Persas quidem non pie solum sed etiam prudenter reges suos inter deos colere: maiestatem enim imperii salutis esse tutelam. Ne Herculem quidem et Patrem Liberum prius dicatos deos, quam vicissent secum viventium invi-

Geschichte Alexanders des Großen 8,5,4–8,5,11

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nete waren es, die dem König in diesen Krieg folgten. (5) Und als alles vorbereitet war, meinte er, es sei jetzt an der Zeit, das auszuführen, was er sich einstmals in übler Absicht vorgenommen hatte, und begann deshalb zu überlegen, wie er für sich göttliche Ehren in Anspruch nehmen könne. Er wollte, dass man ihn nicht nur Zeus’ Sohn nannte, sondern auch dafür hielt, als ob er in gleicher Weise über die Herzen wie über die Zungen gebieten könne. (6) Und er verlangte, die Makedonen sollten ihn nach persischer Sitte ehrfürchtig grüßen14, indem sie sich ausgestreckt auf den Boden warfen. Als er solches begehrte, mangelte es auch nicht an verderblicher Schmeichelei – ein ständiges Übel bei Königen, deren Macht öfter durch Schmeichelei als durch den Feind gestürzt wird. (7) Doch war dies nicht die Schuld der Makedonen – denn keiner von jenen hätte es ertragen, einen Teil der heimischen Sitte ins Wanken zu bringen –, sondern die der Griechen, welche die Pflege der edlen Künste durch üble Sitten verdorben hatten. (8) Agis aus Argos freilich, der nach Choirilos15 die schlechtesten Gedichte verfasste, und Kleon aus Sizilien – dieser war aufgrund eines Lasters, das nicht nur seiner Veranlagung zu eigen, sondern auch für seinen Stamm typisch war, ein Schmeichler – sowie sonstiger Auswurf ihrer Heimatstädte wurden vom König seinen Angehörigen und den Anführern der größten Heeresabteilungen vorgezogen. Diese Leute versuchten ihm damals den Himmel zu eröffnen und prahlten, dass Herakles, Vater Bakchos und Kastor mitsamt Polydeukes dem neuen Gott weichen würden. (9) An einem Festtag also ließ er mit aller Pracht ein Gastmahl herrichten, zu dem nicht nur seine engsten makedonischen und griechischen Vertrauten, sondern auch adlige Barbaren hinzugezogen werden sollten. Nachdem der König sich mit diesen niedergelegt hatte, entfernte er sich wieder vom Gastmahl, als er ein wenig gegessen hatte. (10) Jetzt begann Kleon, wie verabredet war, eine Rede voll Bewunderung für Alexanders Ruhmestaten. Dann zählte er seine Verdienste auf, für die man sich nur auf eine einzige Weise dankbar erweisen könne, wenn sie, die ihn ja für einen Gott hielten, das nun auch offen bekennten, um ihm durch eine geringe Spende an Weihrauch so große Wohltaten zu vergelten. (11) Die Perser verehrten nicht aus Frömmigkeit, sondern auch aus Klugheit ihre Könige als Götter; denn die Hoheit der Herrschergewalt sei ein Schutz für ihre persönliche Sicherheit. Nicht einmal Herakles und Vater Bakchos seien eher zu Göttern erklärt worden, als bis sie die Missgunst ihrer Zeitgenossen überwunden hätten; und

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diam: tantundem quoque posteros credere, quantum praesens aetas spopondisset. (12) Quodsi ceteri dubitent, semetipsum, cum rex inisset convivium, prostraturum humi corpus. Debere idem facere ceteros et in primis sapientia praeditos: ab illis enim cultus in regem exemplum esse prodendum. (13) Haud perplexe in Callisthenen dirigebatur oratio. Gravitas viri et prompta libertas invisa erat regi, quasi solus Macedonas paratos ad tale obsequium moraretur. (14) Is tum silentio facto unum illum intuentibus ceteris ‘Si rex’ inquit ‘sermoni tuo adfuisset, nullius profecto vox responsuri tibi desideraretur: ipse enim peteret, ne in peregrinos ritus externosque degenerare se cogeres neu rebus felicissime gestis invidiam tali adulatione contraheres. (15) Sed quoniam abest, ego tibi pro illo respondeo nullum esse eundem et diuturnum et praecoquem fructum, caelestesque honores non dare te regi, sed auferre. Intervallo enim opus est, ut credatur deus, semperque hanc gratiam magnis viris posteri reddunt. (16) Ego autem seram immortalitatem precor regi, et ut vita diuturna sit et aeterna maiestas. Hominem consequitur aliquando, numquam comitatur divinitas. (17) Herculem modo et Patrem Liberum consecratae immortalitatis exempla referebas. Credisne illos unius convivii decreto deos factos? Prius ab oculis mortalium amolita natura est, quam in caelum fama perveheret. (18) Scilicet ego et tu, Cleo, deos facimus: a nobis divinitatis suae auctoritatem accepturus est rex! Potentiam tuam experiri libet: fac aliquem regem, si deum potes facere! Facilius est caelum dare quam imperium? (19) Di propitii sine invidia, quae Cleo dixit, audierint eodemque cursu, quo fluxere adhuc res, ire patiantur. Nostris moribus velint nos esse contentos. Non pudet patriae, nec desidero, ad quem modum rex mihi colendus sit, discere ‹a victis›. (20) Quos

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gerade das, was die Gegenwart verheißen habe, glaube auch die Nachwelt. (12) Trügen die anderen auch Bedenken – er seinerseits werde sich zu Boden werfen, sobald der König zum Mahl zurückkehre. Doch dasselbe müssten auch die Übrigen tun und besonders diejenigen, die Weisheit besäßen: Diese müssten ein Beispiel für die Verehrung des Königs geben. (13) Ganz eindeutig waren diese Worte an Kallisthenes gerichtet. Die Würde und der offene Freimut dieses Mannes war dem König verhasst, als ob er allein die Makedonen in ihrer Bereitwilligkeit zu solchem Gehorsam zurückhalte. (14) Als es hierauf still geworden war und aller Blicke sich auf ihn allein richteten, sagte dieser: „Wäre der König bei deiner Rede zugegen gewesen, so würde die Stimme desjenigen nicht auf sich warten lassen, der dir antwortete. Er selbst nämlich würde dich bitten, ihn nicht zu zwingen, sich zu fremden und ausländischen Bräuchen herabzuwürdigen und seine äußerst glücklich vollbrachten Taten nicht durch derartige Schmeicheleien dem Neid auszusetzen. (15) Doch weil er nicht anwesend ist, so will ich dir statt seiner antworten: Keine Frucht ist zugleich dauerhaft und frühreif, und du verleihst dem König keine himmlischen Ehren, sondern entreißt sie ihm. Denn um für einen Gott gehalten zu werden, muss eine gewisse Zeit verstreichen, und stets erweist die Nachwelt großen Männern diesen Dank. (16) Ich meinerseits erflehe für den König vielmehr eine späte Unsterblichkeit, damit sein Leben von langer und seine Erhabenheit von ewiger Dauer sei. Göttliche Verehrung folgt irgendwann dem Menschen, niemals begleitet sie ihn im Leben. (17) Du führtest eben Herakles und Vater Bakchos als Beispiele für die Erhebung unter die Unsterblichen an. Glaubst du denn, dass jene durch den Beschluss eines einzigen Gastmahls zu Göttern gemacht worden sind? Erst entführte sie ihre menschliche Natur den Blicken der Sterblichen, ehe sie ihr Ruhm in den Himmel erhob. (18) Natürlich, Kleon, du und ich, wir machen Götter! Dann wird der König von uns die Würde seiner Göttlichkeit annehmen! Magst du doch deine Macht erproben: Mach irgendeinen zum König, wenn du ihn zum Gott machen kannst. Ist es leichter, jemandem den Himmel als eine irdische Herrschaft zu schenken? (19) Mögen die gnädigen Götter ohne Neid Kleons Worte gehört haben und zulassen, dass die Ereignisse denselben Lauf nehmen wie bisher! Mögen sie uns gestatten, mit unseren eigenen Sitten zufrieden zu sein! Ich schäme mich meiner Heimat nicht und wünsche nicht, von Besiegten zu lernen, auf welche Weise ich den König verehren soll. (20) Denn ich

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equidem victores esse confiteor, si ab illis leges, quis vivamus, accipimus.’ Aequis auribus Callisthenes, veluti vindex publicae libertatis, audiebatur. Expresserat non adsensionem modo sed etiam vocem, seniorum praecipue, quibus gravis erat inveterati moris externa mutatio. (21) Nec quicquam eorum, quae invicem iactata erant, rex ignorabat, cum post aulaea, quae lectis obduxerat, staret. Igitur ad Agin et Cleonem misit, ut sermone finito barbaros tantum, cum intrasset, procumbere suo more paterentur, et paulo post, quasi potiora quaedam egisset, convivium repetit. (22) Quem venerantibus Persis Polypercon, qui cubabat super regem, unum ex iis mento contingentem humum per ludibrium coepit hortari, ut vehementius id quateret ad terram, elicuitque iram Alexandri, quam olim animo capere non poterat. (23) Itaque rex ‘Tu autem’ inquit ‘non veneraberis me? An tibi uni digni videmur esse ludibrio?’ Ille nec regem ludibrio nec se contemptu dignum esse respondit. (24) Tum detractum eum lecto rex praecipitat in terram et, cum is pronus corruisset, ‘Videsne’ inquit ‘idem te fecisse, quod in alio paulo ante ridebas?’ Et tradi eo in custodiam iusso convivium solvit. 6 (1) Polyperconti quidem postea castigato diu ignovit; in Callisthenen olim contumacia suspectum pervicacioris irae fuit. Cuius explendae matura obvenit occasio. (2) Mos erat, ut supra dictum est, principibus Macedonum adultos liberos regibus tradere ad munia haud multum servilibus ministeriis abhorrentia. (3) Excubabant servatis noctium vicibus proximi foribus eius aedis, in qua rex adquiescebat. Per hos paelices introducebantur alio aditu, quam quem armati obsidebant. (4) Idem acceptos ab agasonibus equos,

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jedenfalls gestehe offen, dass jene die Sieger sind, wenn wir von ihnen die Gesetze annehmen, nach denen wir leben sollen.“ Voller Wohlwollen vernahm man Kallisthenes wie einen Verteidiger der allgemeinen Freiheit. Er hatte ihnen nicht nur stumme, sondern selbst laute Zustimmung entlockt, besonders vonseiten der Älteren, denen die von außen her drohende Änderung ihrer altgewohnten Sitten unangenehm war. (21) Doch blieb nichts von dem, was man auf beiden Seiten gesprochen hatte, dem König verborgen, da er hinter den Vorhängen stand, die er um die Liegen hatte ziehen lassen. Daher schickte er an Agis und Kleon, sie sollten das Gespräch beenden und dann bei seinem Eintreten nur die Barbaren sich nach ihrer Sitte vor ihm niederwerfen lassen; und kurz darauf kehrte er zum Mahl zurück, als ob er irgendetwas Wichtigeres erledigt habe. (22) Als ihm nun die Perser ihre Verehrung darbrachten, fing Polyperchon, der dem König zur Linken lag, an, einen von diesen, der mit dem Kinn den Boden berührte, spöttisch aufzufordern, es noch derber auf die Erde zu schlagen, und brachte dadurch den Zorn Alexanders, den dieser schon lange nicht mehr im Herzen fassen konnte, zum Ausbruch. (23) Deshalb rief der König: „Du aber wirst mich nicht verehren? Oder scheine ich etwa allein dir verspottenswert?“ Jener antwortete, weder der König verdiene Spott noch er selbst eine verächtliche Behandlung. (24) Da zerrte ihn der König von der Liege und warf ihn auf die Erde, und als er vornüber zu Boden gestürzt war, rief er: „Siehst du, dass du jetzt dasselbe getan hast, was du kurz vorher an einem anderen verlacht hast?“ Und als er befohlen hatte, ihn ins Gefängnis abzuführen, hob er das Gastmahl auf. 6 (1) Dem Polyperchon16 wenigstens verzieh er später, nachdem er ihn lange gezüchtigt hatte; gegen Kallisthenes aber, der ihm schon längst wegen seiner Widerspenstigkeit verdächtig war, bewahrte er einen hartnäckigeren Groll. Bald bot sich ihm die Gelegenheit, diesen Groll zu befriedigen. (2) Wie oben bemerkt, war es bei dem makedonischen Adel Sitte, die erwachsenen Söhne den Königen zu Aufgaben zu übergeben, die sich von Sklavendiensten nicht sehr unterschieden. (3) Sie hielten nachts nach einer feststehenden Reihenfolge nahe bei der Tür des Zimmers Wache, in dem der König schlief. Von ihnen wurden durch einen anderen Eingang als den, welchen die Bewaffneten besetzten, die Nebenfrauen hineingeführt. (4) Desgleichen führten sie die Pferde vor, die sie von den Stallknechten in Empfang genommen hatten, wenn der König aufsitzen

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cum rex ascensurus esset, admovebant comitabanturque et venantem et in proeliis, omnibus artibus studiorum liberalium exculti. (5) Praecipuus honor habebatur, quod licebat sedentibus vesci cum rege. Castigandi eos verberibus nullius potestas praeter ipsum erat. (6) Haec cohors velut seminarium ducum praefectorumque apud Macedonas fuit: hinc habuere posteri reges, quorum stirpi post multas aetates Romani opes ademerunt. (7) Igitur Hermolaus, puer nobilis ex regia cohorte, cum aprum telo occupasset, quem rex ferire destinaverat, iussu eius verberibus adfectus est. Quam ignominiam aegre ferens deflere apud Sostratum coepit. (8) Ex eadem cohorte erat Sostratus, amore eius ardens. Qui cum laceratum corpus, in quo deperibat, intueretur, forsitan olim ob aliam quoque causam regi infestus, iuvenem sua sponte iam motum data fide acceptaque perpulit, ut occidendi regem consilium secum iniret. (9) Nec puerili impetu rem executi sunt: quippe sollerter legerunt, quos in societatem sceleris adsciscerent. Nicostratum, Antipatrum Asclepiodorumque et Philotan placuit adsumi; per hos adiecti sunt Anticles, Elaptonius et Epimenes. (10) Ceterum agendae rei haud sane facilis patebat via: opus erat eadem omnis coniuratos nocte excubare, ne ab expertibus consilii impedirentur, forte autem alius alia nocte excubabat. (11) Itaque in permutandis stationum vicibus ceteroque apparatu exequendae rei XXX et duo dies absumpti sunt. (12) Aderat nox, qua coniurati excubare debebant, mutua fide laeti, cuius documentum tot dies fuerant. Neminem metus spesve mutaverat: tanta omnibus vel in regem ira vel fides inter ipsos fuit. (13) Stabant igitur ad fores aedis eius, in qua rex vescebatur, ut convivio egressum in cubiculum deducerent. (14) Sed fortuna ipsius simul-

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wollte, und begleiteten ihn auf der Jagd und im Kampf, weil sie in allen kunstvollen Beschäftigungen, die einem Freien zukommen, ausgebildet waren. (5) Als eine besondere Ehre galt es, dass es ihnen erlaubt war, sitzend mit dem König zu speisen. Niemand außer ihm selbst hatte das Recht, sie durch Schläge zu züchtigen. (6) Diese Schar war gleichsam die Pflanzschule für Heerführer und Befehlshaber bei den Makedonen. Aus ihr hatte die Nachwelt ihre Könige, deren Abkömmlingen erst viele Generationen danach die Römer ihre Macht entrissen. (7) Ein adeliger Knabe aus dieser königlichen Kohorte namens Hermolaos erhielt nun, da er einen Eber, den der König hatte erlegen wollen, vorher mit dem Spieß getroffen hatte, auf dessen Befehl Schläge. Weil er über diese Schmach erbittert war, begann er, sich unter Tränen bei Sostratos zu beklagen. (8) Sostratos stammte aus der gleichen Kohorte und war in Liebe zu ihm entbrannt. Als nun dieser den Körper, in den er so unsterblich verliebt war, von Striemen entstellt sah, brachte er – vielleicht schon längst auch aus anderem Grund dem König feindselig gesonnen – den ohnehin schon erregten jungen Mann nach gegenseitigen Schwüren dahin, einen Plan zur Ermordung des Königs zu schmieden. (9) Ihr Unternehmen führten sie aber nicht mit jugendlichem Ungestüm durch, sondern wählten geschickt aus, wen sie zur Beteiligung an dem Verbrechen hinzuziehen wollten. Es wurde beschlossen, Nikostratos, Antipatros, Asklepiodoros und Philotas dazuzunehmen. Durch diese kamen noch Antikles, Elaptonios und Epimenes hinzu. (10) Doch zur Ausführung ihres Unternehmens stand ihnen kein ganz leichter Weg offen. Notwendigerweise mussten sämtliche Verschworene in ein und derselben Nacht Wache halten, damit sie nicht von den Leuten, die nicht in ihren Plan eingeweiht waren, gehindert würden; zufällig aber hielt jeder in einer anderen Nacht Wache. (11) Deshalb verstrichen beim Tausch der Reihenfolge ihres Wachdienstes und den übrigen Vorbereitungen zur Ausführung der Tat zweiunddreißig Tage. (12) Die Nacht, in der die Verschworenen Wache halten mussten, war da, und sie waren froh über ihre gegenseitige Treue, für die sie so viele Tage Zeugnis abgelegt hatten. Keinen hatte Furcht oder Hoffnung umgestimmt; so groß war bei allen entweder der Zorn auf den König oder ihre Treue zueinander. (13) Sie standen also an der Tür des Zimmers, in dem der König speiste, um ihn in sein Schlafgemach zu geleiten, wenn er das Mahl verlassen hatte. (14) Aber sein eigenes Glück und zugleich die Heiterkeit der Speisenden verleiteten alle zu reich-

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que epulantium comitas provexit omnes ad largius vinum; ludi etiam convivales extraxere tempus, nunc laetantibus coniuratis, quod sopitum adgressuri essent, nunc sollicitis, ne in lucem convivium extraheret. (15) Quippe alios in stationem oportebat prima luce succedere ipsorum post septimum diem reditura vice, nec sperare poterant in illud tempus omnibus duraturam fidem. (16) Ceterum cum iam lux adpeteret, et convivium solvitur et coniurati exceperunt regem, laeti occasionem exequendi sceleris admotam, cum mulier attonitae, ut creditum est, mentis conversari in regia solita, quia instinctu videbatur futura praedicere, non occurrit modo abeunti, sed etiam semet obiecit vultuque et oculis motum praeferens animi, ut rediret in convivium, monuit. (17) Et ille per ludum bene deos suadere respondit revocatisque amicis in horam diei ferme secundam convivii tempus extraxit. (18) Iam alii ex cohorte in stationem successerant ante cubiculi fores excubituri, adhuc tamen coniurati stabant vice officii sui expleta: adeo pertinax spes est, quam humanae mentes devoraverunt. (19) Rex benignius quam alias adlocutus discedere eos ad curanda corpora, quoniam tota nocte perstitissent, iubet. Data singulis L sestertia conlaudatique, quod etiam aliis tradita vice tamen excubare perseverassent. (20) Illi tanta spe destituti domos abeunt. Et ceteri quidem expectabant stationis suae noctem; Epimenes sive comitate regis, qua ipsum inter coniuratos exceperat, repente mutatus, sive quia coeptis deos obstare credebat, fratri suo Eurylocho, quem antea expertem esse consilii voluerat, quid pararetur, aperit. (21) Omnibus Philotae supplicium in oculis erat. Itaque protinus inicit fratri manum et in regiam per-

Geschichte Alexanders des Großen 8,6,14–8,6,21

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licherem Weingenuss, und zugleich zogen Spiele während des Gastmahls die Zeit in die Länge. Bald freuten sich die Verschworenen, dass sie ihn im Schlaf überfallen würden, bald waren sie besorgt, er werde das Mahl bis zum hellen Morgen ausdehnen. (15) Denn bei Tagesanbruch mussten andere an ihrer Stelle die Wache übernehmen, während sie selbst erst nach sieben Tagen wieder an die Reihe kommen würden, und sie konnten kaum hoffen, dass bis dahin die Treue bei allen andauern werde. (16) Doch als nun bereits der Tag graute, wurde das Gastmahl aufgehoben, und die Verschworenen empfingen den König, froh darüber, dass die Gelegenheit zur Ausführung ihres Verbrechens da war. Da aber trat eine Frau, die es gewohnt war, sich im Haus des Königs aufzuhalten, weil sie anscheinend aus innerer Eingebung die Zukunft verkünden konnte, voller Bestürzung – wie man glaubte – dem König beim Weggehen nicht nur entgegen, sondern warf sich ihm sogar in den Weg, wobei sie in Miene und Blick ihre innere Erregung zum Ausdruck brachte, und forderte ihn auf, er solle zum Mahl zurückkehren. (17) Und er antwortete scherzhaft, dass die Götter einen guten Rat gäben, rief die Freunde zurück und dehnte dann die Dauer des Gelages noch fast bis zur zweiten Tagesstunde aus. (18) Schon hatten andere aus der Kohorte den Posten übernommen, um vor der Tür des Schlafgemaches Wache zu halten, aber dennoch standen die Verschworenen immer noch da, obwohl sie die Aufgabe ihres Dienstes erfüllt hatten. So hartnäckig ist die Hoffnung, in die sich die Herzen der Menschen einmal verbissen haben. (19) Gütiger als sonst redete sie der König an und befahl ihnen wegzugehen, um sich Erholung zu gönnen, da sie die ganze Nacht hindurch dagestanden hätten. Er ließ jedem Einzelnen fünfzig Sesterzen auszahlen und lobte sie dann ungemein, dass sie, selbst nachdem sie den Posten anderen übergeben hätten, dennoch auf Wache ausgeharrt hätten. (20) So gingen jene, in ihrer so großen Hoffnung getäuscht, nach Hause. Und die Übrigen warteten zwar auf die Nacht, in der sie Wache hätten; Epimenes dagegen – sei es nun, dass ihn die Freundlichkeit, mit der der König gerade ihn unter den Verschworenen hervorgehoben hatte, plötzlich umgestimmt hatte, sei es, dass er glaubte, die Götter widersetzten sich ihrem Vorhaben – eröffnete seinem Bruder Eurylochos, den er vorher an ihrem Plan nicht hatte teilhaben lassen wollen, was vorbereitet werde. (21) Allen stand noch die Bestrafung des Philotas vor Augen. Daher ergriff Eurylochos sofort seinen Bruder und eilte mit ihm zum Zelt des Königs. Als er die Leibwächter geweckt

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venit excitatisque custodibus corporis ad salutem regis pertinere, quae adferret, adfirmat. (22) Et tempus, quo venerant, et vultus haud sane securi animi index et maestitia e duobus alterius Ptolomaeum ac Leonnatum excubantes ad cubiculi limen excitaverunt. Itaque apertis foribus et lumine inlato sopitum mero ac somno excitant regem. Ille paulatim mente collecta, quid adferrent, interrogat. (23) Nec cunctatus Eurylochus non ex toto domum suam aversari deos dixit, quia frater ipsius, quamquam impium facinus ausus foret, tamen et paenitentiam eius ageret et per se potissimum profiteretur indicium. In eam ipsam noctem, quae decederet, insidias comparatas fuisse; auctores scelesti consilii esse, quos minime crederet rex. (24) Tum Epimenes cuncta ordine consciorumque nomina exponit. Callisthenen non ut participem facinoris nominatum esse constabat, sed solitum puerorum sermonibus vituperantium criminantiumque regem faciles aures praebere. (25) Quidam adiciunt, cum Hermolaus apud eum quoque verberatum se a rege quereretur, dixisse Callisthenen meminisse debere eos iam viros esse; idque ad consolandam patientiam verberum an ad incitandum iuvenum dolorem dictum esset, in ambiguo fuisse. (26) Rex animi corporisque sopore discusso, cum tanti periculi, quo evaserat, imago oculis oberraret, Eurylochum L talentis et cuiusdam Tiridatis opulentis bonis protinus donat fratremque, antequam pro salute eius precaretur, restituit. (27) Sceleris autem auctores, interque eos Callisthenen, vinctos adservari iubet. Quibus in regiam adductis toto die et nocte proxima mero ac vigiliis gravis adquievit. (28) Postero autem frequens consilium adhibuit, cui patres propinquique eorum, de quibus agebatur, intererant, ne de sua quidem salute securi: quippe Macedonum more perire debebant omnium devotis capitibus, qui sanguine conti-

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hatte, beteuerte er, dass das, was er melde, das Leben des Königs betreffe. (22) Die Zeit, zu der sie erschienen waren, ihre Mienen, die keineswegs Selbstsicherheit verrieten, und die Niedergeschlagenheit des einen von beiden alarmierten Ptolemaios und Leonnatos, die an der Schwelle des Schlafgemachs Wache hielten. Nachdem sie deshalb die Tür geöffnet und Licht gebracht hatten, weckten sie den König, der infolge des Weins und der Müdigkeit eingeschlafen war. Als dieser allmählich zu sich gekommen war, fragte er, was sie brächten. (23) Und Eurylochos sagte ohne Zögern, dass sich die Götter nicht völlig von seinem Haus abwendeten, da sein eigener Bruder, obwohl er eine so gottlose Tat gewagt hätte, dennoch Reue darüber empfinde und selbständig Anzeige erstatte. Für eben diese Nacht, die jetzt vergehe, sei ein Anschlag vorbereitet gewesen; Urheber des verbrecherischen Plans seien Männer, von denen es der König am wenigsten glauben könne. (24) Hierauf erläuterte Epimenes alles der Reihe nach und gab die Namen der Mitwisser an. Dass Kallisthenes nicht als Teilnehmer an der Tat genannt worden war, stand fest, aber auch, dass er häufig den Reden der Jungen willig Gehör geschenkt hatte, wenn sie den König tadelten und sich über ihn beschwerten. (25) Einige fügen noch hinzu, dass Kallisthenes erwidert habe, als Hermolaos sich auch bei ihm über die vom König erhaltenen Schläge beklagte, sie sollten bedenken, dass sie bereits Männer seien; und es sei unklar gewesen, ob er dies gesagt habe, um sie zu ermutigen, die Schläge geduldig zu ertragen, oder um den Unwillen der jungen Leute anzustacheln. (26) Als sich der König seine geistige und körperliche Betäubung abgeschüttelt hatte, beschenkte er, da ihm das Bild der so großen Gefahr, der er entgangen war, vor Augen schwebte, Eurylochos mit fünfzig Talenten und den reichen Besitztümern eines gewissen Tiridates und setzte auch dessen Bruder wieder in seine alten Rechte ein, bevor er noch für dessen Leben beten konnte. (27) Diejenigen aber, die das Verbrechen geplant hatten, und darunter auch den Kallisthenes, ließ er fesseln und in Gewahrsam halten. Als man sie in seinen Palast gebracht hatte, schlief er, müde vom Weingenuss und Wachen, den ganzen Tag und die folgende Nacht. (28) Am folgenden Tag aber berief er eine Ratsversammlung ein, unter deren zahlreichen Teilnehmern auch die Väter und Verwandten derer waren, über die man verhandelte; und diese waren nicht einmal ihres eigenen Lebens sicher. Denn nach makedonischer Sitte mussten sie sterben, da alle, die mit den Angeklagten blutsverwandt waren, dem Tod geweiht

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gissent reos. (29) Rex introduci coniuratos praeter Callisthenen iussit, atque, quae agitaverant, sine cunctatione confessi sunt. (30) Increpantibus deinde universis eos ipse rex, quo suo merito tantum in semet cogitassent facinus, interrogat. 7 (1) Stupentibus ceteris Hermolaus ‘Nos vero’ inquit, ‘quoniam, quasi nescias, quaeris, occidendi te consilium inîmus, quia non ut ingenuis imperare coepisti, sed quasi in mancipia dominaris.’ (2) Primus ex omnibus pater ipsius Sopolis parricidam etiam parentis sui clamitans esse consurgit et ad os manu obiecta scelere et malis insanientem ultra negat audiendum. (3) Rex inhibito patre dicere Hermolaum iubet, quae ex magistro didicisset Callisthene. Et Hermolaus ‘Utor’ inquit ‘beneficio tuo et dico, quae nostris malis didici. (4) Quota pars Macedonum saevitiae tuae superest? quotus quidem non e vilissimo sanguine? Attalus et Philotas et Parmenio et Lyncestes Alexander et Clitus, quantum ad hostes pertinet, vivunt, stant in acie, te clipeis suis protegunt et pro gloria tua, pro victoria vulnera excipiunt. Quibus tu egregiam gratiam rettulisti. (5) Alius mensam tuam sanguine suo adspersit, alius ne simplici quidem morte defunctus est; duces exercituum tuorum in eculeum impositi Persis, quos vicerant, fuere spectaculo. Parmenio indicta causa trucidatus est, per quem Attalum occideras. (6) Invicem enim miserorum uteris manibus ad expetenda supplicia et, quos paulo ante ministros caedis habuisti, subito ab aliis iubes trucidari.’ (7) Obstrepunt subinde cuncti Hermolao, pater supremum strinxerat ferrum, percussurus haud dubie, ni inhibitus esset a rege: quippe Hermolaum dicere iussit petîtque, ut causas supplicii augentem patienter audirent. (8) Aegre ergo coercitis rursus Hermolaus ‘Quam liberaliter’ inquit

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waren. (29) Der König ließ die Verschworenen mit Ausnahme des Kallisthenes hereinführen, und sie bekannten ohne Zögern, was sie geplant hatten. (30) Während hierauf alle Versammelten in Schmähungen gegen sie ausbrachen, fragte sie der König selbst, womit er es denn verdient habe, dass sie eine so furchtbare Tat gegen ihn geplant hätten. 7 (1) Während die Übrigen in dumpfem Schweigen verharrten, sagte Hermolaos: „Weil du uns also fragst, als ob du es nicht wüsstest: Wir haben deswegen den Entschluss gefasst, dich zu töten, weil du anfingst, über uns nicht wie über Freigeborene zu regieren, sondern uns wie Sklaven zu beherrschen.“ (2) Da sprang als Erster von allen sein Vater Sopolis auf, schrie, er sei auch der Mörder seines eigenen Vaters, und rief, als er ihm die Hand vor den Mund gehalten hatte, man solle ihn nicht weiter anhören, da er durch sein Verbrechen und Unglück17 rasend geworden sei. (3) Der König jedoch hielt den Vater zurück und befahl dem Hermolaos, zu sagen, was er von seinem Lehrer Kallisthenes gelernt habe. Und Hermolaos sprach: „Ich mache Gebrauch von deiner Gnade und sage, was ich durch unser Unglück gelernt habe. (4) Welch kleiner Teil der Makedonen hat deine Grausamkeit überlebt? Wie viele von denen, die zumindest nicht von niedrigster Abkunft sind? Attalos, Philotas, Parmenion, der Lynkeste Alexander und Kleitos – sie alle, soweit es am Feind liegt, sind noch am Leben, kämpfen in der Schlacht, decken dich mit ihrem Schild und erleiden für deinen Ruhm und für deinen Sieg Wunden! Herrlich hast du ihnen dafür gedankt. (5) Der eine hat deinen Tisch mit seinem Blut bespritzt, der andere starb nicht einmal eines leichten Todes. Die Anführer deiner Heere wurden gefoltert und boten so den Persern, die sie selbst besiegt hatten, ein Schauspiel. Parmenion wurde ohne Verhör niedergemetzelt – er, durch den du den Attalos hattest umbringen lassen. (6) Denn du gebrauchst gegenseitig die Hände der Unglücklichen, um deine Hinrichtungen zu vollstrecken, und lässt die, die du kurz zuvor als Helfer für den Mord benutzt hast, plötzlich von anderen niedermetzeln.“ (7) Daraufhin tobten sämtliche Anwesenden gegen Hermolaos los. Sein Vater hatte das Schwert zum tödlichen Stoß gezogen und hätte ihn zweifellos durchbohrt, wäre er nicht vom König daran gehindert worden. Dieser befahl nämlich Hermolaos weiterzureden und bat, man solle geduldig anhören, wie er die Ursachen für sein Todesurteil noch vermehre. (8) Nachdem sie also mit Mühe zur Ruhe gebracht worden waren, sprach Hermolaos von

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‘pueris rudibus ad dicendum agere permittis! At Callisthenis vox carcere inclusa est, quia solus potest dicere. (9) Cur enim non producitur, cum etiam confessi audiuntur? Nempe quia liberam vocem innocentis audire metuis ac ne vultum quidem pateris. (10) Atqui nihil eum fecisse contendo. Sunt hic, qui mecum rem pulcherrimam cogitaverunt: nemo est, qui conscium fuisse nobis Callisthenen dicat, cum morti olim destinatus sit a iustissimo et patientissimo rege. (11) Haec ergo sunt Macedonum praemia, quorum ut supervacuo et sordido abuteris sanguine! At tibi XXX milia mulorum captivum aurum vehunt, cum milites nihil domum praeter gratuitas cicatrices relaturi sint. Quae tamen omnia tolerare potuimus, antequam nos barbaris dederes et novo more victores sub iugum mitteres. (12) Persarum te vestis et disciplina delectat, patrios mores exosus es. Persarum ergo, non Macedonum regem occidere voluimus et te transfugam belli iure persequimur. (13) Tu Macedonas voluisti genua tibi ponere venerarique te ut deum; tu Philippum patrem aversaris et, si quis deorum ante Iovem haberetur, fastidires etiam Iovem. (14) Miraris, si liberi homines superbiam tuam ferre non possumus? Quid speramus ex te, quibus aut insontibus moriendum est aut, quod tristius morte est, in servitute vivendum? (15) Tu quidem, si emendari potes, multum mihi debes. Ex me enim scire coepisti, quid ingenui homines ferre non possint. De cetero parce: quorum orbas senectutem, suppliciis ne oneraveris. Nos iube duci, ut, quod ex tua morte petieramus, consequamur ex nostra.’ Haec Hermolaus. 8 (1) At rex ‘Quam falsa sint’ inquit, ‘quae iste tradita a magistro suo dixit, patientia mea ostendit. (2) Confessum enim ultimum facinus tamen non solum ipse ‹audivi, sed ut vos› audiretis expressi, non imprudens, cum permisissem latroni huic dicere, usurum eum rabie,

Geschichte Alexanders des Großen 8,7,8–8,8,2

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Neuem: „Wie großzügig erlaubst du doch den im Reden unerfahrenen Knaben, ihre Sache zu vertreten! Kallisthenes’ Stimme dagegen ist im Kerker verschlossen, weil er allein zu reden versteht. (9) Denn warum wird er nicht vorgeführt, da selbst Geständige angehört werden? Doch wohl deshalb, weil du dich scheust, das freie Wort eines Unschuldigen zu hören, und nicht einmal seinen Blick ertragen kannst. (10) Nun behaupte ich aber, dass er nichts getan hat! Hier stehen die, die mit mir die herrlichste Tat geplant haben! Es gibt niemanden, der aussagt, dass Kallisthenes unser Mitwisser gewesen ist, obwohl er schon längst von diesem gerechtesten und geduldigsten König zum Tode bestimmt ist. (11) Das also sind die Belohnungen für die Makedonen, deren Blut du vergießt, als wäre es etwas Überflüssiges und Schmutziges! Dir dagegen schleppen 30 000 Maultiere dein erbeutetes Gold, während deine Soldaten nichts als unbelohnte Narben in die Heimat zurückbringen werden. Doch all das konnten wir noch ertragen, bevor du uns den Barbaren ausliefertest und nach einem ganz neuen Brauch die Sieger unter das Joch schicktest. (12) Dir gefallen Gewand und Lebensweise der Perser, die heimischen Sitten sind dir verhasst. Den Perserkönig also, nicht den der Makedonen wollten wir töten, und wir verfolgen dich nach Kriegsrecht als einen Überläufer. (13) Du wolltest, dass die Makedonen vor dir die Knie beugen und dich wie einen Gott verehren; du wendest dich von deinem Vater Philipp ab, und wenn irgendein Gott mehr gälte als Zeus, so würdest du auch Zeus verschmähen. (14) Wunderst du dich also, wenn wir als freie Menschen deinen Hochmut nicht ertragen können? Was sollen wir noch von dir hoffen, wenn wir entweder schuldlos sterben oder – was noch trauriger ist als der Tod – in Knechtschaft leben müssen? (15) Kannst du dich aber noch bessern, dann verdankst du mir gewiss viel; denn von mir zuerst hast du erfahren, was freigeborene Männer nicht zu ertragen vermögen. Im Übrigen gewähre Schonung: Belaste nicht die noch mit der Todesstrafe, die du im Alter ihrer Kinder beraubt hast. Uns aber lass abführen, damit wir das, was wir durch deinen Tod zu erlangen hofften18, durch unseren erreichen!“ So sprach Hermolaos. 8 (1) Aber der König sagte: „Wie falsch das ist, was der da von seinem Lehrer gehört und hier wiederholt hat, zeigt meine Geduld. (2) Denn ihn, der sich zur äußersten Schandtat bekannt hat, habe ich nicht nur angehört, sondern auch euch dazu gezwungen, ihn anzuhören. Denn ich wusste genau, wenn ich diesem Mordgesellen zu reden erlaubte, so werde er seine Wut offenbaren, die ihn dazu

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Q. Curtius Rufus

qua compulsus est, ut me, quem parentis loco colere deberet, vellet occidere. (3) Nuper cum procacius se in venatione gessisset, more patrio et ab antiquissimis Macedoniae regum usurpato castigari eum iussi. Hoc et oportet fieri et ferunt a tutoribus pupilli, a maritis uxores; servis quoque pueros huius aetatis verberare concedimus. (4) Haec est saevitia in ipsum mea, quam impia caede voluit ulcisci. Nam in ceteros, qui mihi permittunt uti ingenio meo, quam mitis sim non ignoratis: commemorare supervacuum est. (5) Hermolao parricidarum supplicia non probari, cum eadem ipse meruerit, minime hercule admiror. Nam cum Parmenionem et Philotan laudat, suae servit causae. (6) Lyncestem vero Alexandrum bis insidiatum capiti meo liberavi, a duobus indicibus rursus convictum per triennium tamen distuli, donec vos postularetis, ut tandem debito supplicio scelus lueret. (7) Attalum, antequam rex essem, hostem meo capiti fuisse meministis. Clitus utinam non coegisset me sibi irasci! cuius temerariam linguam probra dicentis mihi et vobis diutius tuli, quam ille eadem me dicentem tulisset. (8) Regum ducumque clementia non in ipsorum modo sed etiam in illorum, qui parent, ingeniis sita est. Obsequio mitigantur imperia; ubi vero reverentia excessit animis et summa imis confundi videmus, vi opus est, ut vim repellamus. (9) Sed quid ego mirer istum crudelitatem mihi obiecisse, qui avaritiam exprobrare ausus sit? Nolo singulos vestrum excitare, ne invisam mihi liberalitatem meam faciam, si pudori vestro gravem fecero. Totum exercitum adspicite: qui paulo ante nihil praeter arma habebat, nunc argenteis cubat lectis; mensas auro onerant, servorum greges ducunt, spolia de hostibus sustinere non possunt. (10) At enim Persae, quos vicimus, in magno honore sunt apud me! Equidem moderationis meae certissimum indicium est, quod ne victis

Geschichte Alexanders des Großen 8,8,2–8,8,10

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getrieben hat, mich, den er wie einen Vater ehren müsste, ermorden zu wollen. (3) Als er sich neulich auf der Jagd allzu unverschämt benommen hatte, habe ich ihn nach heimischer Sitte, die schon von den ältesten makedonischen Königen ausgeübt wurde, züchtigen lassen. Das muss so sein, und das ertragen von ihren Vormündern die Mündel, von ihren Gatten die Ehefrauen; wir gestatten sogar Sklaven19, Knaben dieses Alters zu schlagen. (4) Dies ist meine Grausamkeit gegen ihn, die er durch ruchlosen Mord rächen wollte. Denn wie mild ich gegen die Übrigen bin, die mir gestatten, meiner Sinnesart zu folgen, das wisst ihr genau, und es ist überflüssig, davon zu sprechen. (5) Dass Hermolaos die Bestrafung der Hochverräter nicht billigt, da er selbst Gleiches verdient hat, wundert mich wahrlich nicht im Geringsten. Denn wenn er Philotas und Parmenion lobt, so dient er damit seiner eigenen Sache. (6) Den Lynkesten Alexander aber habe ich, obwohl er zweimal meinem Leben nachstellte, freigesprochen20. Als er dann von zwei Anzeigen wiederum überführt war, habe ich es dennoch drei Jahre lang aufgeschoben, bis ihr fordertet, dass er endlich sein Verbrechen durch die verdiente Strafe büße. (7) Von Attalos erinnert ihr euch doch, dass er, bevor ich König wurde, mein Todfeind gewesen ist. Hätte doch Kleitos mich nicht gezwungen, ihm zu zürnen! Seine unbesonnene Rede, als er gegen mich und euch Schmähungen vorbrachte, habe ich länger ertragen, als er es ertragen hätte, wenn ich dergleichen gesagt hätte. (8) Die Milde der Könige und Fürsten beruht nicht bloß auf ihrer eigenen Sinnesart, sondern auch auf der jener Leute, die ihnen untergeben sind. Folgsamkeit mildert die Strenge der Herrschaft; wenn aber die Ehrfurcht aus den Herzen entschwunden ist und man sieht, wie sich das Höchste mit dem Niedrigsten vermischt, dann bedarf es der Gewalt, um Gewalt abzuwehren. (9) Doch was wundere ich mich, dass mir der da Grausamkeit vorwirft, da er es ja auch gewagt hat, mir Habgier vorzuwerfen? Ich will nicht jeden Einzelnen von euch aufrufen, um mir nicht meine Freigebigkeit verhasst zu machen, wenn ich sie auf eurem Schamgefühl schon schwer lasten gelassen habe. Seht das ganze Heer an: Diejenigen, die kurz zuvor nur ihre Waffen hatten, ruhen jetzt auf silberverzierten Lagern, beladen ihre Tische mit Gold, führen Herden von Sklaven mit sich und können ihre beim Feind gemachte Beute kaum schleppen. (10) Ja, aber die von uns besiegten Perser stehen bei mir in großen Ehren! Gewiss, das sicherste Zeichen meiner Mäßigung ist es, dass ich nicht einmal über die Besiegten mit Hochmut herrsche.

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Q. Curtius Rufus

quidem superbe impero. Veni enim in Asiam, non ut funditus everterem gentes nec ut dimidia parte terrarum solitudinem facerem, sed ut illos, quos bello subegissem, victoriae meae non paeniteret. (11) Itaque militant vobiscum, pro imperio vestro sanguinem fundunt, qui superbe habiti rebellassent. Non est diuturna possessio, in quam gladio inducimur; beneficiorum gratia sempiterna est. (12) Si habere Asiam, non transire volumus, cum his communicanda est nostra clementia: horum fides stabile et aeternum faciet imperium. Et sane plus habemus quam capimus. Insatiabilis autem avaritiae est adhuc implere velle, quod iam circumfluit. (13) Verumtamen eorum ‹mores› in Macedonas transfundo! In multis enim gentibus esse video, quae non erubescamus imitari; nec aliter tantum imperium apte regi potest, quam ut quaedam et tradamus illis et ab isdem discamus. (14) Illud paene dignum risu fuit, quod Hermolaus postulabat a me, ut aversarer Iovem, cuius oraculo adgnoscor. (15) An etiam, quid di respondeant, in mea potestate est? Obtulit nomen filii mihi: recipere ipsis rebus, quas agimus, haud alienum fuit. Utinam Indi quoque deum esse me credant! Fama enim bella constant, et saepe etiam, quod falso creditum est, veri vicem obtinuit. (16) An me luxuriae indulgentem putatis arma vestra auro argentoque adornasse? Adsuetis nihil vilius hac videre materia volui ostendere Macedonas invictos ceteris ne auro quidem vinci. (17) Oculos ergo primum eorum sordida omnia et humilia expectantium capiam et docebo nos non auri aut argenti cupidos, sed orbem terrarum subacturos venire. Quam gloriam tu, parricida, intercipere voluisti et Macedonas rege adempto devictis gentibus dedere. (18) At nunc mones me, ut vestris parentibus parcam! Non oportebat quidem vos scire, quid de his statuissem, quo tristiores periretis, si qua vobis

Geschichte Alexanders des Großen 8,8,10–8,8,18

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Denn ich bin nicht nach Asien gekommen, um ganze Völker von Grund auf auszurotten, auch nicht, um aus der Hälfte des Erdkreises eine Einöde zu machen, sondern damit jene, die ich im Krieg unterworfen habe, meinen Sieg nicht bereuen. (11) Darum üben sie mit euch zusammen den Kriegsdienst aus und vergießen ihr Blut für eure Herrschaft – sie, die bei hochmütiger Behandlung Widerstand geleistet hätten. Ein Besitz, den man mit dem Schwert gewonnen hat, ist nicht von Dauer, der Dank für Wohltaten aber hat Bestand. (12) Wollen wir Asien besitzen, nicht bloß durchziehen, so müssen wir seinen Völkern Anteil an unserer Milde gewähren; dann wird ihre Treue unsere Herrschaft dauerhaft und ewig machen. Und in der Tat besitzen wir schon mehr, als wir zu fassen vermögen; aber es ist ein Zeichen von unersättlicher Habsucht, das noch mehr anfüllen zu wollen, was schon überfließt. (13) Aber freilich, ich übertrage deren Sitten auf die Makedonen! Denn ich sehe bei so vielen Völkern Dinge, die wir ohne Erröten nachahmen dürfen. Nur so lässt sich ein so ungeheures Reich angemessen regieren, wenn wir ihnen manches übergeben, manches wieder von ihnen lernen. (14) Das aber ist nahezu lächerlich, dass Hermolaos von mir verlangte, ich solle mich von Zeus abwenden, dessen Orakel mich als seinen Sohn anerkannt hat. (15) Oder steht es etwa in meiner Macht, was die Götter antworten? Er hat mir den Sohnesnamen angetragen; ihn anzunehmen war für diese Unternehmungen, die wir durchführen, nicht unpassend. Wenn mich doch auch die Inder für einen Gott hielten! Denn die Kriege hängen vom Ruf der Kämpfer ab, und oft hat sich sogar das, was man fälschlicherweise glaubte, an die Stelle der Wahrheit gesetzt. (16) Oder glaubt ihr etwa, ich hätte eure Waffen mit Gold und Silber verziert, weil ich der Prunksucht erliege? Nein, denen, die gewohnt sind, nichts für billiger zu halten als solche Dinge, wollte ich zeigen, dass die Makedonen, die in allem Übrigen unbesiegbar sind, auch nicht durch Gold besiegt werden. (17) Die Blicke derjenigen werde ich zuerst fesseln, die erwarten, alles sei bei uns ärmlich und dürftig, und sie belehren, dass wir nicht aus Begierde nach Gold oder Silber kommen, sondern um den Erdkreis zu unterwerfen. Und diesen Ruhm, du Hochverräter, wolltest du mir stehlen und die Makedonen, nachdem du sie ihres Königs beraubt hast, den schon völlig besiegten Völkern ausliefern! (18) Jetzt aber mahnst du mich, eure Eltern zu schonen! Zwar hättet ihr nicht wissen müssen, was ich über sie beschlossen habe, damit ihr umso betrübter sterbt, wenn ihr euch noch in irgendeiner Hinsicht

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parentum memoria et cura est; sed olim istum morem occidendi cum scelestis insontes propinquos parentesque solvi et profiteor in eodem honore futuros omnes eos, in quo fuerunt. (19) Nam tuum Callisthenen, cui uni vir videris, quia latro es, scio, cur produci velis: ut coram his probra, quae in me modo iecisti, modo audisti, illius quoque ore referantur. Quem, si Macedo esset, tecum introduxissem, dignissimum te discipulo magistrum; nunc Olynthio non idem iuris est.’ (20) Post haec consilium dimisit tradique damnatos hominibus, qui ex eadem cohorte erant, iussit. Illi, ut fidem suam saevitia regi adprobarent, excruciatos necaverunt. (21) Callisthenes quoque tortus interiit, initi consilii in caput regis innoxius, sed haudquaquam aulae et adsentantium accommodatus ingenio. (22) Itaque nullius caedes maiorem apud Graecos Alexandro excitavit invidiam, quod praeditum optimis moribus artibusque, a quo revocatus ad vitam erat, cum interfecto Clito mori perseveraret, non tantum occiderit, sed etiam torserit indicta quidem causa. (23) Quam crudelitatem sera paenitentia consecuta est. 9 (1) Sed ne otium serendis rumoribus natum aleret, in Indiam movit, semper bello quam post victoriam clarior. (2) India tota ferme spectat orientem, minus in latitudinem quam recta regione spatiosa. (3) Quae austrum accipiunt, in altius terrae fastigium excedunt; plana sunt cetera multisque inclitis amnibus Caucaso monte ortis placidum per campos iter praebent. (4) Indus gelidior est quam ceteri; aquas vehit a colore maris haud multum abhorrentes. (5) Ganges, omnium ab Oriente fluvius eximius, ad meridianam regionem decurrit et magnorum montium iuga recto alveo stringit; inde eum obiectae rupes inclinant ad orientem. (6) Uterque Rubro

Geschichte Alexanders des Großen 8,8,18–8,9,6

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Gedanken und Sorgen um eure Eltern macht. Doch schon längst habe ich jene Sitte, mit den Verbrechern auch die unschuldigen Verwandten und Eltern zu töten, aufgehoben und versichere, dass sie alle dieselbe Ehrenstelle behalten sollen, die sie besessen haben. (19) Warum du freilich deinen Kallisthenes, dem allein du als Mann erscheinst, weil du ein Mordgeselle bist, vorgeführt haben willst, weiß ich wohl – damit in Gegenwart dieser Versammlung die Schimpfreden, die du bei ihm bald gegen mich ausgestoßen, bald gehört hast, auch aus seinem Mund wiederholt werden. Wäre er nun ein Makedone, so hätte ich ihn, den Lehrer, der einen solchen Schüler wie dich überaus verdient hat, mit dir hereinführen lassen; nun aber hat er als Olynthier nicht denselben Rechtsanspruch.“ (20) Hierauf entließ er die Versammlung und befahl, die Verurteilten an die Leute auszuliefern, die aus derselben Kohorte waren. Um dem König ihre Treue durch Grausamkeit zu bezeugen, töteten sie diese nach vielen Martern. (21) Auch Kallisthenes starb, nachdem er gefoltert worden war, zwar ohne Schuld an der Verschwörung gegen das Leben des Königs, doch weil er wegen seiner Wesensart für den Hof und die Schmeichler keineswegs geeignet war. (22) Darum hat keine andere Hinrichtung größeren Hass bei den Griechen gegen Alexander hervorgerufen, da er einen Mann, der sich durch seinen Charakter und seine Fähigkeiten so auszeichnete und ihn noch dazu wieder ins Leben zurückgerufen hatte, als er nach der Ermordung des Kleitos darauf beharrte zu sterben, ohne Verhör nicht nur hatte töten, sondern auch hatte foltern lassen. (23) Doch folgte dieser Grausamkeit allzu späte Reue. 9 (1) Um aber den Müßiggang nicht zu fördern, der zur Ausstreuung von Gerüchten geeignet ist, brach er nach Indien auf – im Krieg stets herrlicher als nach einem Sieg. (2) Indien liegt beinahe ganz im Osten und dehnt sich weniger in die Breite als in gerader Richtung21 aus. (3) Die dem Südwind zugewandten Teile erheben sich zu einem ziemlich bedeutenden Hochland; alle übrigen Teile sind eben und bieten mit ihren vielen berühmten Strömen, die im Kaukasosgebirge entspringen, einen angenehmen Weg durch die Ebenen. (4) Der Indus ist kälter als die übrigen. Er führt Wasser, das sich von der Farbe des Meeres nicht sehr unterscheidet. (5) Der Ganges, unter allen Flüssen im Osten der größte, strömt erst südwärts, und sein Flussbett zieht sich an einer hohen Gebirgskette entlang; dann drängen ihn schroff emporragende Felsen in Richtung Osten ab. (6) Beide Flüsse münden in das Rote Meer22. Der Indus

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mari accipitur. Indus ripas multasque arbores cum magna soli parte exorbet, saxis quoque impeditus, quis crebro reverberatur; (7) ubi mollius solum repperit, stagnat insulasque molitur. Acesines eum auget. (8) Ganges ‹***› decursurum in mare intercipit, magnoque motu amnis uterque conliditur: quippe Ganges asperum os influenti obicit, nec repercussae aquae cedunt. (9) Diardines minus celeber auditu est, quia per ultima Indiae currit; ceterum non crocodillos modo, uti Nilus, sed etiam delphinos ignotasque aliis gentibus beluas alit. (10) Ethymantus crebris flexibus subinde curvatus ab accolis rigantibus carpitur; ea causa est, cur tenues reliquias iam sine nomine in mare emittat. (11) Multis praeter hos amnibus tota regio dividitur, sed ignobiles, quia non adeuntur, fluunt. (12) Ceterum quae propiora sunt mari, aquilone maxime deuruntur; is cohibitus iugis montium ad interiora non penetrat, ita alendis frugibus mitia. (13) Sed adeo in illa plaga mundus statas temporum vices mutat, ut, cum alia fervore solis exaestuant, Indiam nives obruant, rursusque, ubi cetera rigent, illic intolerandus aestus existat. Nec, cur ibi se natura ‹verterit, cernitur› causa. (14) Mare certe, quo adluitur, ne colore quidem abhorret a ceteris: ab Erythro rege inditum est nomen, propter quod ignari rubere aquas credunt. (15) Terra lini ferax; inde plerisque sunt vestes. Libri arborum teneri haud secus quam chartae litterarum notas capiunt. (16) Aves ad imitandum humanae vocis sonum dociles sunt, animalia invisitata ceteris gentibus nisi

Geschichte Alexanders des Großen 8,9,6–8,9,16

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nimmt Uferstellen und zahlreiche Bäume mit einem Großteil des Erdreiches in sich auf und wird ebenfalls von Felsen gehemmt, von denen er häufig abprallt; (7) wo er aber weicheren Boden findet, bildet er Sümpfe und Inseln. Der Akesines lässt seinen Wasserspiegel noch mehr steigen. (8) Der Ganges nimmt dann ‹***› auf seinem Lauf zum Meer auf, wobei beide Ströme mit großem Wirbel zusammenstoßen; denn der Ganges stellt dem einfließenden Strom seine brausende Mündung entgegen, aber die zurückgeworfenen Wassermassen geben deshalb nicht nach. (9) Der Diardines ist weniger berühmt, weil er durch die entferntesten Gegenden Indiens strömt; doch gibt er nicht nur Krokodilen Nahrung wie der Nil, sondern auch Delphinen und Flussungeheuern, die bei anderen Völkern unbekannt sind. (10) Der Ethymantos, der sich in häufigen Biegungen unablässig krümmt, wird von den Anwohnern zur Bewässerung abgeleitet. Dies ist der Grund, warum er nur schwache und schon namenlose Wasserüberreste ins Meer entsendet. (11) Außer diesen wird das ganze Gebiet von vielen Strömen durchschnitten, die aber als wenig bekannte Ströme dahinfließen, weil man hierher nicht kommt. (12) Die dem Meer näher liegenden Landstriche aber erstarren vornehmlich wegen des Nordostwinds in Eiseskälte; weil er von Bergketten abgehalten wird, kann er in die inneren Teile nicht eindringen, und daher haben sie ein milderes Klima zum Anbau von Feldfrüchten. (13) So sehr jedoch verändert in jener Zone das Wetter den festgesetzten Wechsel der Jahreszeiten, dass, während andere Gegenden in der Sonnenhitze erglühen, Indien von Schneemassen bedeckt wird und dass wiederum, während andere Gegenden in Kälte erstarren, dort eine unerträgliche Glut aufkommt. Die Ursache, warum sich die natürlichen Gegebenheiten dort verändert haben, kennt man nicht. (14) Das Meer jedenfalls, wo es anspült, unterscheidet sich nicht einmal in der Farbe von den übrigen Meeren. Es hat seinen Namen Erythräisches Meer von einem König Erythros23, weshalb die Leute, die das nicht wissen, glauben, dass es rotes Wasser habe. (15) Das Land bringt viel Flachs hervor, und daraus sind die Kleider der meisten Eingeborenen gefertigt. Auf den zarten Bast der Bäume lassen sich genauso wie auf Papyrus Buchstaben schreiben. (16) Die Vögel dort kann man lehren, die Laute der menschlichen Stimme nachzuahmen; auch finden sich dort Tiere, die man bei anderen Völkern nicht kennt, außer wenn man sie eingeführt hat. Dieses Land bietet

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invecta. Eadem terra rhinocerotas alit, non generat. (17) Elephantorum maior est vis quam quos in Africa domitant, et viribus magnitudo respondet. (18) Aurum flumina vehunt, quae leni modicoque lapsu segnes aquas ducunt. (19) Gemmas margaritasque mare litoribus infundit, neque alia illis maior opulentiae causa est, utique postquam vitiorum commercium vulgavere in exteras gentes: quippe aestimantur purgamenta exaestuantis freti pretio, quod libido constituit. (20) Ingenia hominum, sicut ubique, apud illos locorum quoque situs format. (21) Corpora usque pedes carbaso velant; soleis pedes, capita linteis vinciunt; lapilli ex auribus pendent; bracchia quoque et lacertos auro colunt, quibus inter populares aut nobilitas aut opes eminent. (22) Capillum pectunt saepius quam tondent, mentum semper intonsum est, reliquam oris cutem ad speciem levitatis exaequant. (23) Regum tamen luxuria, quam ipsi magnificentiam appellant, super omnium gentium vitia. Cum rex semet in publico conspici patitur, turibula argentea ministri ferunt totumque iter, per quod ferri destinavit, odoribus complent. (24) Aurea lectica margaritis circumpendentibus recubat; distincta sunt auro et purpura carbasa, quae indutus est; lecticam sequuntur armati corporisque custodes, (25) inter quos ‹***› ramis aves pendent, quas cantu seriis rebus obstrepere docuerunt. (26) Regia auratas columnas habet: totas eas vitis auro caelata percurrit, aviumque, quarum visu maxime gaudent, argenteae effigies opera distinguunt. (27) Regia adeuntibus patet, cum capillum pectit atque ornat: tunc responsa legationibus, tunc iura popularibus reddit. Demptis soleis odoribus inlinuntur pedes. (28) Venatus maximus labor est inclusa vivario animalia inter vota cantusque paelicum figere. Binum cubitorum sagittae sunt, quas emittunt maiore nisu quam effectu: quippe telum,

Geschichte Alexanders des Großen 8,9,16–8,9,28

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auch Nahrung für das Rhinozeros, ist jedoch nicht sein Herkunftsland. (17) Die Elefanten haben größere Kraft als die, welche man in Afrika zähmt, und den Kräften entspricht die Größe. (18) Die Flüsse, die in sanftem und mäßigem Gefälle mit trägem Wasser dahingleiten, führen Gold mit sich. (19) Edelsteine und Perlen spült das Meer an den Strand, und sie sind für die Einwohner die größte Quelle des Reichtums, besonders seitdem sie den Handel mit diesen verderblichen Luxusgütern auf auswärtige Völker ausgedehnt haben; denn man schätzt diesen Auswurf der anbrandenden Wogen nach dem Preis, den die Ausschweifung festgesetzt hat. (20) Wie überall, wirkt auch bei jenen Leuten die Lage des Landes auf die Anlagen der Bewohner ein. (21) Den Körper hüllen sie bis auf die Füße in ein feines Leinengewand, um die Füße binden sie Sandalen, um das Haupt Leinen; von ihren Ohren hängen Edelsteine, und auch den Unter- und Oberarm schmücken diejenigen mit Gold, die sich durch Geburt oder Reichtum vor ihren Landsleuten auszeichnen. (22) Das Haar wird öfter gekämmt als geschoren, das Kinn bleibt immer ungeschoren, und die übrige Gesichtshaut rasieren sie so, dass sie ganz glatt erscheint. (23) Der Luxus der Könige schließlich, den sie selbst nur als Pracht bezeichnen, übersteigt an Lasterhaftigkeit alle Völker. Wenn der König sich selbst in der Öffentlichkeit sehen lässt, tragen Diener silberne Weihrauchpfannen und hüllen den ganzen Weg, den er sich tragen lassen will, in Wohlgerüche. (24) Er liegt in einer goldenen Sänfte, die mit Perlen behängt ist; das Leinengewand, das er trägt, ist mit Gold und Purpur bestickt; der Sänfte folgen Bewaffnete und Leibwächter, (25) in deren Mitte ‹***› auf Zweigen Vögel schaukeln, die man abgerichtet hat, durch ihren Gesang alles Ernste zu verscheuchen. (26) Der Königspalast hat vergoldete Säulen. Diese umzieht in ihrer ganzen Länge ein aus Gold getriebener Weinstock, und silberne Bildnisse solcher Vögel, an deren Anblick man sich am meisten erfreut, verzieren das Kunstwerk. (27) Der Palast steht Besuchern offen, wenn der König sein Haar kämmt und schmückt: Bald erteilt er den Gesandtschaften Bescheid, bald spricht er Recht über seine Untertanen. Auch lässt er sich, wenn er die Sandalen ausgezogen hat, die Füße mit duftenden Ölen salben. (28) Bei der Jagd besteht seine hauptsächliche Mühe darin, unter den Wünschen und Gesängen seiner Nebenfrauen die in einem Zwinger eingeschlossenen Tiere zu treffen. Die Pfeile, die man mit mehr Anstrengung als Wirkung abschießt, sind zwei Ellen lang; denn das Geschoss, dessen Kraft

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cuius in levitate vis omnis est, inhabili pondere oneratur. (29) Breviora itinera equo conficit; longior ubi expeditio est, elephanti vehunt currum, et tantarum beluarum corpora tota contegunt auro. Ac ne quid perditis moribus desit, lecticis aureis paelicum longus ordo sequitur; separatum a reginae ordine agmen est aequatque luxuriam. (30) Feminae epulas parant; ab isdem vinum ministratur, cuius omnibus Indis largus est usus. Regem mero somnoque sopitum in cubiculum paelices referunt patrio carmine noctis invocantes deos. (31) Quis credat inter haec vitia curam esse sapientiae? Unum agreste et horridum genus est, quod sapientes vocant. (32) Apud hos occupare fati diem pulchrum, et vivos se cremari iubent, quibus aut segnis aetas aut incommoda valetudo est. Expectatam mortem pro dedecore vitae habent, nec ullus corporibus, quae senectus solvit, honos redditur: inquinari putant ignem, nisi qui spirantes recipit. (33) Illi, qui in urbibus publicis moribus degunt, siderum motus scite spectare dicuntur et futura praedicere. Nec quemquam admovere leti diem credunt, cui expectare interrito liceat. (34) Deos putant, quicquid colere coeperunt, arbores maxime, quas violare capital est. (35) Menses in quinos denos discripserunt dies, anni plena spatia servantur. (36) Lunae cursu notant tempora, non, ut plerique, cum orbem sidus implevit, sed cum se curvare coepit in cornua, et idcirco breviores habent menses, quia spatium eorum ad hunc lunae modum dirigunt. (37) Multa et alia traduntur, quibus morari ordinem rerum haud sane operae videbatur. 10 (1) Igitur Alexandro finis Indiae ingresso gentium suarum reguli occurrerunt imperata facturi, illum tertium Iove genitum ad

Geschichte Alexanders des Großen 8,9,28–8,10,1

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sonst auf der Leichtigkeit beruht, wird durch das unhandliche Gewicht beschwert. (29) Kürzere Reisen macht der König zu Pferde; sobald er einen längeren Zug unternimmt, ziehen Elefanten seinen Wagen, und die Leiber dieser so großen Tiere sind völlig mit Gold bedeckt. Und damit ja keine Art der Sittenverderbnis fehle, folgt in goldenen Sänften eine lange Reihe von Nebenfrauen. Ihr Zug ist von der Schar der Königin getrennt, kommt ihm aber an Luxus gleich. (30) Die Frauen bereiten das Mahl, desgleichen schenken sie den Wein ein, den alle Inder in reichem Maß verwenden. Ist der König infolge des Weines und der Müdigkeit eingeschlafen, so tragen ihn die Nebenfrauen in sein Schlafgemach, wobei sie in einem heimischen Lied die Götter der Nacht anrufen. (31) Wer sollte nun glauben, dass man inmitten dieser Laster noch Sorge um die Weisheit trägt? Es gibt eine einzige Bevölkerungsgruppe, die ganz ungepflegt auf dem Land lebt; die nennt man die Weisen. (32) Bei ihnen gilt es als löblich, den Tag ihres Todes selbst vorwegzunehmen, und sie machen es sich zum Gesetz, sich selbst zu verbrennen, wenn ihnen entweder ihr hohes Alter lästig oder ihre Gesundheit hinfällig wird; den Tod, den man abgewartet hat, halten sie für eine Schändung ihres Lebens. Und wenn das Alter jemanden dahinrafft, so wird seinem Leichnam nicht die geringste Ehre erwiesen; denn sie glauben, das Feuer werde befleckt, wenn es den Körper anders als lebend empfange. (33) Jene, die in Städten nach allgemeinem Brauch leben, sollen den Lauf der Gestirne voller Erfahrung beobachten und die Zukunft vorhersagen. Auch glauben sie, dass niemand den Tag des Todes herbeirufe, wenn er ihn unerschrocken erwarten kann. (34) Für Götter halten sie alles, was sie einmal zu verehren begonnen haben – namentlich Bäume, und diese zu verletzen, ist ein todeswürdiges Verbrechen. (35) Die Monate haben sie in je fünfzehn Tage eingeteilt, wobei sie jedoch am vollen Kreislauf des Jahres festhalten. (36) Die Zeit bezeichnen sie nach dem Lauf des Mondes, nicht jedoch – wie die meisten Völker –, wenn dieses Gestirn seine volle Scheibe hat, sondern wenn es sich zum Horn zu krümmen beginnt, und deshalb haben sie kürzere Monate, weil sie ihre Dauer nach dieser Mondphase bemessen. (37) Noch vieles andere wird berichtet, doch schien es nicht sonderlich der Mühe wert, damit den Gang der Ereignisse aufzuhalten. 10 (1) Als nun Alexander die Grenzen Indiens überschritten hatte, kamen ihm die Kleinfürsten ihrer Stämme entgegen, um seinen Befehlen zu gehorchen. Sie sagten, er sei der dritte Sohn des Zeus,

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ipsos pervenisse memorantes: Patrem Liberum atque Herculem fama cognitos esse, ipsum coram adesse cernique. (2) Rex benigne exceptos sequi iussit, isdem itinerum ducibus usurus. Ceterum cum amplius nemo occurreret, Hephaestionem et Perdiccan cum copiarum parte praemisit ad subigendos, qui aversarentur imperium, iussitque ad flumen Indum procedere et navigia facere, quis in ulteriora transportari posset exercitus. (3) Illi, quia plura flumina superanda erant, sic iunxere naves, ut solutae plaustris vehi possent rursusque coniungi. (4) Ipse Cratero cum phalange iusso sequi equitatum ac levem armaturam eduxit eosque, qui occurrerunt, levi proelio in urbem proximam compulit. (5) Iam supervenerat Craterus. Itaque, ut principio terrorem incuteret genti nondum arma Macedonum expertae, praecipit ne cui parceretur munimentis urbis, quam obsidebat, incensis. (6) Ceterum, dum obequitabat moenibus, sagitta ictus. Cepit tamen oppidum, et omnibus incolis eius trucidatis etiam in tecta saevitum est. (7) Inde domita ignobili gente ad Nysam urbem pervenit. Forte castris ante ipsa moenia in silvestri loco positis nocturnum frigus vehementius quam alias horrore corpora adfecit, opportunumque remedium ignis oblatum est: (8) caesis quippe silvis flammam excitaverunt. Quae lignis alita oppidanorum sepulcra comprendit. Vetusta cedro erant facta conceptumque ignem late fudere, donec omnia solo aequata sunt. (9) Et ex urbe primum canum latratus, deinde etiam hominum fremitus auditus est. Tunc et oppidani hostem et Macedones ad urbem ipsos venisse cognoscunt. (10) Iamque rex eduxerat copias et moenia obsidebat, cum hostium, qui discrimen temptaverant, obruti telis sunt. Aliis ergo deditionem,

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der zu ihnen gekommen sei: Vater Bakchos und Herakles seien ihnen zwar nur vom Hörensagen bekannt, er selbst aber sei in ihrer Gegenwart anwesend und sichtbar. (2) Nachdem der König sie gütig aufgenommen hatte, befahl er ihnen zu folgen, um sich ihrer als Führer auf den Märschen zu bedienen. Als ihm aber weiter niemand entgegenkam, schickte er Hephaistion und Perdikkas mit einem Teil der Truppen voraus, um die zu unterjochen, welche seine Herrschaft nicht anerkannten; und er befahl ihnen, bis zum Fluss Indus vorzudringen und Schiffe zu bauen, auf denen das Heer an das jenseitige Ufer übergesetzt werden könne. (3) Da nun mehrere Flüsse zu überschreiten waren, ließen jene die Schiffe so zimmern, dass man sie auseinandernehmen, dann auf Wagen fortschaffen und wieder zusammenbauen konnte. (4) Als er Krateros den Befehl erteilt hatte, mit der Phalanx zu folgen, führte er selbst die Reiterei und die Leichtbewaffneten voraus und jagte die, welche ihm entgegentraten, in einem leichten Gefecht in die nächste Stadt. (5) Schon war auch Krateros dazugekommen. Um daher dem Volk, das die makedonischen Waffen noch nicht erlebt hatte, von vornherein Schrecken einzujagen, gebot er, niemanden zu schonen, wenn die Befestigungswerke der von ihm belagerten Stadt angezündet seien. (6) Übrigens traf ihn, während er an den Mauern entlang ritt, ein Pfeil. Dennoch nahm er die Stadt ein, und als man alle Einwohner niedergemacht hatte, wütete man auch gegen die Gebäude. (7) Nachdem er diesen wenig bekannten Volksstamm unterworfen hatte, gelangte er hierauf zu der Stadt Nysa. Als man das Lager zufällig gerade vor den Stadtmauern an einer waldigen Stelle aufgeschlagen hatte, ließ sie die nächtliche Kühle heftiger als sonst erschauern, und als passendes Gegenmittel bot sich ihnen Feuer dar. (8) Man fällte nämlich Bäume und entfachte dann eine Flamme. Sie wurde mit Holz unterhalten und griff auf die städtischen Grabmäler über. Diese waren aus altem Zedernholz erbaut und ließen, wenn sie einmal Feuer gefangen hatten, den Brand weit um sich greifen, bis alles dem Erdboden gleichgemacht war. (9) Und aus der Stadt hörte man zunächst das Bellen der Hunde, dann auch das Geschrei von Menschen. Da erst merkten die Städter, dass der Feind da sei, und die Makedonen, dass sie selbst vor einer Stadt stünden. (10) Schon aber war der König mit den Truppen ausgerückt und belagerte die Stadtmauern, wobei sie von den Feinden, die den Entscheidungskampf versucht hatten, mit Geschossen überschüttet wurden. Die einen beschlossen, sich zu ergeben, die anderen, es auf einen Kampf

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aliis pugnam experiri placebat. Quorum dubitatione comperta circumsederi tantum eos et abstineri caedibus iussit; tandemque obsidionis malis fatigati dedidere se. (11) A Libero Patre conditos se esse dicebant, et vera haec origo erat. (12) Sita est ‹urbs› sub radicibus montis, quem Meron incolae appellant; inde Graeci mentiendi traxere licentiam Iovis femine Liberum Patrem esse celatum. (13) Rex situ montis cognito ex incolis cum toto exercitu praemissis commeatibus verticem eius ascendit. Multa hedera vitisque toto gignitur monte; multae perennes aquae manant. (14) Pomorum quoque varii salubresque suci sunt sua sponte fortuitorum seminum fruges humo nutriente. Lauri baccarisque [et] multa in illis rupibus agrestis est silva. (15) Credo equidem non divino instinctu sed lascivia esse provectos, ut passim hederae ac vitium folia decerperent redimitique fronde toto nemore similes bacchantibus vagarentur. (16) Vocibus ergo tot milium praesidem nemoris eius deum adorantium iuga montis collesque resonabant, cum orta licentia a paucis, ut fere fit, in omnes se repente vulgasset. (17) Quippe velut in media pace per herbas adgestamque frondem prostravere corpora. Et rex fortuitam laetitiam non aversatus large ad epulas omnibus praebitis per X dies Libero Patri operatum habuit exercitum. (18) Quis neget eximiam quoque gloriam saepius fortunae quam virtutis esse beneficium? Quippe ne epulantes quidem et sopitos mero adgredi ausus est hostis, haud secus bacchantium ululantiumque fremitu perterritus, quam si proeliantium clamor esset auditus. Eadem felicitas ab Oceano revertentes temulentos comissantesque inter ora hostium texit. (19) Hinc ad regionem, quae Daedala vocatur, perventum est. Deseruerant incolae sedes et in avios silvestresque montes confugerant.

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ankommen lassen. Als der König von ihrer Unschlüssigkeit erfahren hatte, gebot er, sie nur ringsum einzuschließen, aber von Mordtaten Abstand zu nehmen. Und endlich ergaben sie sich, weil sie von den Leiden der Belagerung erschöpft waren. (11) Sie sagten, dass ihr Volk von Vater Bakchos hier angesiedelt worden sei, und dies war wirklich ihr Ursprung. (12) Die Stadt liegt am Fuß eines Berges, den die Einwohner Meros24 nennen. Daher nahmen sich die Griechen die Freiheit, fälschlicherweise zu behaupten, Vater Bakchos sei in Zeus’ Schenkel verborgen gewesen. (13) Als der König von den Einwohnern über die Lage des Berges unterrichtet worden war, bestieg er mit dem ganzen Heer den Gipfel, nachdem er Proviant vorausgeschickt hatte. Auf dem ganzen Berg gedeihen Efeu und Wein in Fülle; nie versiegende Wasser strömen in Menge. (14) Auch die Obstbäume haben verschiedene heilsame Säfte, während der Boden aus zufällig verstreuten Samen von selbst Früchte hervorbringt. Auf jenen Felsen findet sich ein dichter und wild wuchernder Wald von Lorbeer und Baldrian. (15) Es geschah meines Erachtens wohl weniger aus göttlicher Eingebung als aus Ausgelassenheit, dass man weit und breit Efeu- und Weinranken abbrach und gleich Bakchanten mit Laub bekränzt im ganzen Wald umherschweifte. (16) Also hallten der Bergrücken und die Hügel von den Stimmen so vieler Tausend Menschen wider, die den Beschützer dieses Hains als Gott anbeteten, da sich der von wenigen Leuten ausgegangene Übermut – wie es meistens geht – plötzlich bei allen verbreitet hatte. (17) Denn wie mitten im Frieden streckten sie sich im Gras und auf zusammengehäuftem Laub aus. Und der König, der der zufällig entstandenen Fröhlichkeit nicht abgeneigt war, verteilte reichlich alle Dinge für Gastmähler und ließ das Heer sich zehn Tage lang dem Dienst an Vater Bakchos widmen. (18) Wer möchte da leugnen, dass auch Ruhm häufiger eine Wohltat des Glückes als eine Auszeichnung für die eigene Tüchtigkeit ist? Denn der Feind wagte nicht einmal, sie anzugreifen, als sie speisten und vom Wein betäubt waren, da ihn das Toben der brüllenden Bakchanten nicht weniger in Schrecken versetzte, als wenn er das Kampfgeschrei vernommen hätte. Das gleiche Glück beschützte sie, als sie auf der Rückkehr vom Ozean unter den Augen der Feinde betrunken umherzogen25. (19) Von hier gelangte man in die Landschaft, die Daidala heißt. Die Einwohner hatten ihre Wohnsitze verlassen und waren in weglose und waldige Gebirge geflohen. Er zog also nach Akadira,

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Ergo Acadira transit aeque usta et destituta incolentium fuga. (20) Itaque rationem belli necessitas mutavit: divisis enim copiis pluribus simul locis arma ostendit, oppressique, ubi non expectaverant hostem, omni clade perdomiti sunt. (21) Ptolomaeus plurimas urbes, Alexander maximas cepit; rursusque, quas distribuerat, copias iunxit. (22) Superato deinde Choaspe amne Coenon in obsidione urbis opulentae – Beira incolae vocant – reliquit, ipse ad Mazagas venit. Nuper Assacano, cuius regnum fuerat, demortuo regioni urbique praeerat mater eius Cleophis. (23) XXXVIII milia peditum tuebantur urbem non situ solum sed etiam opere munitam. Nam qua spectat orientem, cingitur amne torrenti, qui praeruptis utrimque ripis aditum ad urbem impedit. (24) Ab occidente et a meridie velut de industria rupes praealtas obmolita natura est, infra quas cavernae et voragines longa vetustate in altum cavatae iacent, quaque desinunt, fossa ingentis operis obiecta est. (25) XXXV stadium murus urbem complectitur, cuius ima saxo, superiora crudo latere sunt structa. Lateri vinculum lapides sunt, quos interposuere, ut duriori materiae fragilis incumberet, simulque terra humore diluta. (26) Ne tamen universa consideret, impositae erant trabes validae, quibus iniecta tabulata muros et tegebant et pervios fecerant. (27) Haec munimenta contemplantem Alexandrum consiliique incertum, quia nec cavernas nisi aggere poterat implere nec tormenta aliter muris admovere, quidam e muro sagitta percussit. (28) [Tum] Forte in suram incidit telum; cuius spiculo evolso admoveri equum iussit, quo vectus ne obligato quidem vulnere haud segnius destinata exequebatur. (29) Ceterum cum crus saucium penderet et cruore siccato frigescens vulnus adgravaret dolorem, dixisse fertur se qui-

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das jedoch ebenso niedergebrannt und verlassen war, weil die Einwohner geflohen waren. (20) Daher änderte sich notwendigerweise die Art der Kriegsführung. Er teilte seine Truppen und zeigte dann gleichzeitig an mehreren Orten seine Waffen, und weil die Bewohner unerwartet vom Feind überrascht wurden, wo sie ihn nicht erwartet hatten, bezwang er sie durch ihre vollständige Niederlage. (21) Ptolemaios nahm die meisten, Alexander die größten Städte ein, und anschließend vereinigte er die vorher geteilten Truppen wieder. (22) Als er dann den Fluss Choaspis überschritten hatte, ließ er Koinos zur Belagerung einer reichen Stadt zurück, die bei den Einwohnern Beira heißt; er selbst kam nach Mazaga. Dort war kürzlich Assakanos gestorben, der die Herrschaft innegehabt hatte, und Stadt und Landschaft standen unter der Herrschaft seiner Mutter Kleophis. (23) 38 000 Mann zu Fuß bewachten die Stadt, die nicht nur durch ihre Lage, sondern auch durch Befestigungen geschützt war. Denn auf der östlichen Seite umgibt sie ein reißender Fluss, der durch seine Ufer, die auf beiden Seiten steil abfallen, den Zugang zu ihr verhindert. (24) Im Westen und Süden hat die Natur wie mit Absicht mächtige, hohe Felsen aufgetürmt, unter denen Höhlen und Schluchten liegen, die durch die Länge der Zeit tief ausgehöhlt worden sind. Wo diese aufhören, stellt sich ein mit ungeheurer Mühe ausgehobener Graben entgegen. (25) Eine Mauer von 35 Stadien umgibt die Stadt, deren Untergrund aus Bruchstein und deren oberer Teil aus ungebrannten Ziegeln aufgeschichtet sind. Als Bindemittel der Ziegelsteine dienen dazwischengelegte andere Steine, damit das zerbrechliche Material auf dem härteren aufliegt, und mit Wasser aufgelöste Tonerde. (26) Damit sich jedoch die ganze Masse nicht senkte, waren starke Balken angebracht, und ein darüber errichteter Holzbau bedeckte die Mauern und machte sie ringsum zugänglich. (27) Während Alexander diese Befestigungswerke betrachtete und in seinem Entschluss schwankte, weil er die Schluchten nur mit einem Damm ausfüllen und auch die Wurfmaschinen nicht anders an die Mauern heranbringen konnte, durchbohrte ihn ein Mann von der Mauer aus mit einem Pfeil. (28) Zufällig fuhr ihm das Geschoss in die Wade. Als der Pfeil herausgezogen war, ließ er sein Pferd vorführen und auf diesem führte er unbeirrt sein Vorhaben aus, ohne dass er die Wunde hatte verbinden lassen. (29) Da der verwundete Schenkel herabhing und die im geronnenen Blut erstarrende Wunde so seinen Schmerz vergrößerte, soll er gesagt haben, man nenne ihn zwar Zeus’ Sohn, dennoch

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dem Iovis filium dici, sed corporis aegri vitia sentire. (30) Non tamen ante se recepit in castra, quam cuncta perspexit et, quae fieri vellet, edixit. Ergo, sicut imperatum erat, alii extra urbem tecta demoliebantur ingentemque vim materiae faciendo aggeri detrahebant, alii magnarum arborum stipites [cumulis] ac moles saxorum in cavernas deiciebant. (31) Iamque agger aequaverat summae fastigium terrae. Itaque turres erigebantur, quae opera ingenti militum ardore intra nonum diem absoluta sunt. Ad ea visenda rex nondum obducta vulneri cicatrice processit laudatisque militibus admoveri machinas iussit, e quibus ingens vis telorum in propugnatores effusa est. (32) Praecipue rudes talium operum terrebant mobiles turres, tantasque moles nulla ope, quae cerneretur, adiutas deorum numine agi credebant; pila quoque muralia et excussas tormentis praegraves hastas negabant convenire mortalibus. (33) Itaque desperata urbis tutela concessere in arcem. Inde, quia nihil obsessis praeter deditionem patebat, legati ad regem descenderunt veniam petituri. (34) Qua impetrata regina venit cum magno nobilium feminarum grege aureis pateris vina libantium. (35) Ipsa genibus regis parvo filio admoto non veniam modo sed etiam pristinae fortunae impetravit decus: quippe appellata regina est. Et credidere quidam plus formae quam miserationi datum. (36) Puero quoque certe postea ex ea utcumque genito Alexandro fuit nomen. 11 (1) Hinc Polypercon ad urbem Noram cum exercitu missus inconditos oppidanos proelio vicit: intra munimenta compulsos secutus urbem in dicionem redegit. (2) Multa ignobilia oppida deserta a suis venere in regis potestatem. Quorum incolae armati petram Aornin nomine occupaverunt. Hanc ab Hercule frustra obsessam esse terraeque motu coactum absistere fama vulgaverat.

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aber fühle er die Schwächen eines kranken Körpers. (30) Und dennoch zog er sich nicht eher ins Lager zurück, als bis er alles genau überprüft und angeordnet hatte, was geschehen sollte. Also zerstörten die einen, wie es von ihm befohlen war, die Gebäude außerhalb der Stadt und schleppten eine ungeheure Menge Holz zur Errichtung des Damms herbei; die anderen warfen große Baumstämme und Steinblöcke in die Höhlungen hinab. (31) Und schon hatte der Damm den Bodenrand erreicht. Deshalb wurden auch Türme errichtet, und bei dem Rieseneifer der Soldaten vollendete man diese Bauten innerhalb von neun Tagen. Der König erschien, um sie zu besichtigen, noch ehe seine Wunde vernarbt war, lobte die Soldaten und gab dann Befehl, die Maschinen herbeizuschaffen, von denen nun ein ungeheuerer Geschosshagel auf die Verteidiger niederging. (32) Besonders erschreckten die beweglichen Türme die Menschen, die an solche Bauwerke nicht gewohnt waren, und man glaubte, dass diese so großen Massen, die sich ohne eine sichtbare Hilfe bewegten, durch göttlichen Beistand vorangetrieben würden. Sie meinten, dass auch die Mauerpfeile und die aus Wurfmaschinen geschleuderten überschweren Lanzen keine Waffen sterblicher Menschen seien. (33) Darum gaben sie die Hoffnung auf den Schutz der Stadt auf und zogen sich deshalb in die Burg zurück. Da den Belagerten kein anderer Weg offenstand als die Übergabe, stiegen von dort Gesandte zum König hinab, um ihn um Gnade zu bitten. (34) Als Alexander sie ihnen gewährt hatte, kam die Königin mit einer großen Schar vornehmer Frauen, die aus goldenen Schalen Wein ausgossen. (35) Sie selbst legte ihren kleinen Sohn auf die Knie des Königs und erlangte dann nicht nur Begnadigung, sondern behielt auch die Würde ihres früheren Ranges; denn man nannte sie „Königin“. Manche glaubten, dies sei ihr mehr wegen ihrer Schönheit als aus Mitleid gewährt worden. (36) Jedenfalls hieß der Knabe, den sie später gebar – von welchem Vater auch immer26 – Alexander. 11 (1) Hierauf wurde Polyperchon mit einer Heeresabteilung zur Stadt Nora gesandt und besiegte die ungeordneten Scharen der Einwohner in einem Gefecht. Er trieb sie hinter ihre Befestigungsmauern, verfolgte sie und unterwarf die Stadt. (2) Auch viele unbedeutende Städte, die von den Bewohnern verlassen waren, fielen in die Gewalt des Königs. Ihre bewaffneten Einwohner besetzten einen Felsen namens Aornis27. Von ihm ging die Sage, Herakles habe ihn vergeblich belagert und sei dann durch ein Erdbeben gezwungen worden, die Belagerung aufzugeben. (3) Während Ale-

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(3) Inopem consilii Alexandrum, quia undique praeceps et abrupta rupes erat, senior quidam peritus locorum cum duobus filiis adiit, si pretium operae esset, aditum se monstraturum esse promittens. (4) LXXX talenta constituit daturum Alexander et altero ex iuvenibus obside retento ipsum ad exequenda, quae obtulerat, dimisit. (5) Leviter armatis dux datus est Mullinus, scriba regis; hos enim circuitu, quo fallerent hostem, in summum iugum placebat evadere. (6) Petra non, ut pleraeque, modicis ac mollibus clivis in sublime fastigium crescit, sed in metae maxime modum erecta est, cuius ima spatiosiora sunt, altiora in artius coeunt, summa in acutum cacumen exurgunt. (7) Radices eius Indus amnis subit, praealtus, utrimque asperis ripis; ab altera parte voragines eluviesque praeruptae sunt. Nec alia expugnandi patebat via, quam ut replerentur. (8) Ad manum silva erat, quam rex ita caedi iussit, ut nudi stipites iacerentur; quippe rami fronde vestiti impedissent ferentes. Ipse primus truncam arborem iecit, clamorque exercitus [se], index alacritatis, secutus est nullo detrectante munus, quod rex occupavisset. (9) Intra septimum diem cavernas expleverant, cum rex sagittarios et Agrianos iubet per ardua eniti. Iuvenesque promptissimos ex sua cohorte XXX delegit; (10) duces his dati sunt Charus et Alexander, quem rex nominis, quod sibi cum eo commune esset, admonuit. Ac primo, quia tam manifestum periculum erat, ipsum regem discrimen subire non placuit; (11) sed ut signum tuba datum est, vir audaciae promptae conversus ad corporis custodes sequi se iubet primusque invadit in rupem. Nec deinde quisquam Macedonum substitit, relictisque stationibus sua sponte regem sequebantur. (12) Multorum miserabilis fuit casus, quos ex praerupta rupe lapsos amnis praeterfluens hausit, triste spectaculum etiam non periclitantibus; cum vero

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xander noch ratlos war, weil der Felsen nach allen Seiten abschüssig und schroff war, kam ein älterer Mann, der die Örtlichkeit kannte, mit seinen beiden Söhnen zu ihm und versprach, ihnen einen Zugang zu zeigen, wenn er eine ausreichende Belohnung erhalte. (4) Alexander beschloss, ihm 80 Talente zu geben; und nachdem er einen der beiden jungen Leute als Geisel zurückbehalten hatte, entließ er den alten Mann zur Ausführung seines Angebots. (5) Die leichten Truppen erhielten den Schreiber des Königs, Mullinos, als Anführer. Er beschloss nämlich, dass sie auf einem Umweg die Höhe des Bergrückens erklimmen sollten, um so den Feind zu täuschen. (6) Der Felsen steigt nicht – wie es meist der Fall ist – in mäßigen und sanften Steigungen zur Höhe seines Gipfels empor, sondern erhebt sich ganz ähnlich einem Kegel, der unten einen größeren Umfang hat, sich weiter oben verengt und ganz oben in eine Spitze ausläuft. (7) Seinen Fuß bespült der Fluss Indus, der sehr tief ist und auf beiden Seiten felsige Ufer hat; nach der anderen Richtung befinden sich steile Abgründe und ausgewaschene Schluchten. Und es gab keine andere Möglichkeit zur Eroberung, als diese aufzufüllen. (8) Ein Wald war zur Hand, den der König so zu fällen befahl, dass man Baumstämme ohne Äste hineinwerfen konnte, da die belaubten Zweige beim Transport hinderlich gewesen wären. Er selbst warf als Erster einen Baumstamm ohne Äste und daraufhin folgte lautes Beifallsgeschrei des Heeres, das seinen Eifer bekundete, und niemand sträubte sich gegen eine Arbeit, die auch der König zuvor geleistet hatte. (9) Innerhalb von sieben Tagen waren die Schluchten aufgefüllt, als der König den Bogenschützen und Agrianern Befehl gab, den Steilhang zu besteigen. Und aus seiner Leibkohorte wählte er 30 der entschlossensten jungen Männer aus. (10) Ihnen gab er Charos und Alexander als Anführer, den der König an seinen Namen erinnerte, den er mit ihm gemeinsam habe. Weil die Gefahr so offenbar war, fand man anfangs keinen Gefallen daran, dass der König das Risiko auf sich nehme; (11) sowie jedoch das Signal mit der Trompete ertönte, wandte er sich als ein Mann von entschlossener Kühnheit seinen Leibwächtern zu, befahl, ihm zu folgen, und erklomm als Erster den Felsen. Und da blieb nun kein Makedone mehr ruhig stehen, sondern sie verließen ihre Stellungen und folgten freiwillig dem König nach. (12) Viele nahmen ein jämmerliches Ende, als sie vom Felsen abglitten und dann von dem vorüberfließenden Strom verschlungen wurden – ein trauriges Schauspiel selbst für diejenigen, die nicht in Gefahr schwebten. Da

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alieno exitio, quid ipsis timendum foret, admonerentur, in metum misericordia versa non extinctos sed semet ipsos deflebant. (13) Et iam eo perventum erat, unde sine pernicie nisi victores redire non possent, ingentia saxa in subeuntes provolventibus barbaris, quis perculsi instabili et lubrico gradu praecipites reccidebant. (14) Evaserant tamen Alexander et Charus, quos cum XXX delectis praemiserat rex, et iam pugnare comminus coeperant; sed cum superne tela barbari ingererent, saepius ipsi feriebantur quam vulnerabant. (15) Ergo Alexander et nominis sui et promissi memor, dum acrius quam cautius dimicat, confossus undique obruitur. (16) Quem ut Charus iacentem conspexit, ruere in hostem omnium praeter ultionem immemor coepit multosque hasta, quosdam gladio interemit. Sed cum tot unum incesserent manus, super amici corpus procubuit exanimis. (17) Haud secus quam par erat promptissimorum iuvenum ceterorumque militum interitu commotus rex signum receptui dedit. (18) Saluti fuit, quod sensim et intrepidi se receperunt, et barbari hostem depulisse contenti non institere cedentibus. (19) Ceterum Alexander, cum statuisset desistere incepto – quippe nulla spes potiundae petrae offerebatur – tamen speciem ostendit in obsidione perseverantis: nam et itinera obsideri iussit et turres admoveri et fatigatis alios succedere. (20) Cuius pertinacia cognita Indi per biduum quidem ac duas noctes cum ostentatione non fiduciae modo sed etiam victoriae epulati sunt tympana suo more pulsantes. (21) Tertia vero nocte tympanorum quidem strepitus desierat audiri, ceterum ex tota petra faces refulgebant, quas accenderant barbari,

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sie nun aber durch den Untergang anderer an das gemahnt wurden, was sie selbst zu fürchten hatten, hatte sich ihre Anteilnahme in Furcht verwandelt, und sie beklagten nicht die Toten, sondern sich selbst. (13) Und schon war man dorthin gelangt, von wo aus man gefahrlos nur als Sieger zurückkehren konnte, da die Barbaren ungeheure Steine auf sie herabwälzten, als sie sich von unten näherten; wenn die Leute von ihnen getroffen worden waren, stürzten sie von ihrem unsicheren und schlüpfrigen Standort jählings in die Tiefe. (14) Dennoch waren Charos und Alexander davongekommen, die der König mit den 30 ausgewählten Männern vorausgeschickt hatte, und schon hatten sie den Nahkampf begonnen. Da aber die Barbaren von oben her ihre Geschosse auf sie schleuderten, wurden sie häufiger getroffen, als sie ihrerseits Wunden zufügen konnten. (15) Deshalb wurde Alexander, während er eingedenk seines Namens und Versprechens mit mehr Mut als Vorsicht kämpfte, durchbohrt und von allen Seiten mit Geschossen überschüttet. (16) Als ihn Charos am Boden liegen sah, stürzte er auf den Feind los, ohne an etwas anderes zu denken als daran, ihn zu rächen, und tötete viele mit dem Speer, einige auch mit dem Schwert. Da so viele Scharen auf den einen Mann eindrangen, sank er entseelt über dem Leichnam des Freundes nieder. (17) Der König war – wie es recht und billig war – über den Tod dieser entschlossenen jungen Männer und der anderen Soldaten erschüttert und gab das Zeichen zum Rückzug. (18) Es brachte ihnen die Rettung, dass sie sich allmählich und ohne Furcht zurückzogen und die Barbaren, die damit zufrieden waren, den Feind vertrieben zu haben, den Weichenden nicht nachsetzten. (19) Obwohl Alexander entschlossen war, von seinem Vorhaben abzulassen, da keine Hoffnung bestand, die Felsenburg zu erobern, gab er sich dennoch den Anschein, als beharre er auf der Belagerung. Denn er ließ die Wege besetzt halten, Belagerungstürme heranrücken und die ermatteten Soldaten durch andere ersetzen. (20) Als nun die Inder seine Hartnäckigkeit bemerkt hatten, feierten sie zwar zwei Tage und Nächte lang Festgelage, wobei sie nach ihrer Sitte die Handpauken schlugen, und stellten dabei nicht nur ihr Selbstvertrauen, sondern auch ihren Sieg zur Schau. (21) In der dritten Nacht jedoch hatte man den Lärm der Pauken nicht mehr vernehmen können, sondern auf dem ganzen Felsen erglänzten Fackeln, welche die Barbaren angezündet hatten, damit sie sicherer flüchten könnten, wenn sie in finsterer

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ut tutior esset ipsis fuga obscura nocte per invia saxa cursuris. (22) Rex Balacro, qui specularetur, praemisso cognoscit petram fuga Indorum esse desertam. Tum dato signo, ut universi conclamarent, incomposite fugientibus metum incussit, (23) multique, tamquam adesset hostis, per lubrica saxa perque invias cotes praecipitati occiderunt, plures aliqua membrorum parte mulcati ab integris deserti sunt. (24) Rex, locorum magis quam hostium victor, tamen magnae victoriae ‹speciem› sacrificiis et cultu deum fecit. Arae in petra locatae sunt Minervae Victoriae[que]. (25) Ducibus itineris, quo subire iusserat leviter armatos, etsi promissis minora praestiterant, pretium cum fide redditum est, petrae regionisque ei adiunctae Sisocosto tutela permissa. 12 (1) Inde processit Ecbolima et, cum angustias itineris obsideri XX milibus armatorum ab Erice quodam comperisset, gravius agmen exercitus Coeno ducendum modicis itineribus tradidit. (2) Ipse praegressus ‹per› funditores ac sagittarios deturbatis, qui obsederant saltum, sequentibus se copiis viam fecit. (3) Indi sive odio ducis sive gratiam victoris inituri Ericen fugientem adorti interemerunt caputque eius atque arma ad Alexandrum detulerunt. Ille facto impunitatem dedit, honorem denegavit exemplo. (4) Hinc ad flumen Indum sextisdecumis castris pervenit omniaque, ut praeceperat, ad traiciendum praeparata ab Hephaestione repperit. (5) Regnabat in ea regione Omphis, qui patri quoque fuerat auctor dedendi regnum Alexandro et post mortem parentis legatos miserat, qui consulerent eum, regnare se interim vellet an privatum opperiri eius adventum. (6) Permissoque, ut regnaret, non tamen ius datum usurpare sustinuit. Is benigne quidem exceperat Hephaestionem gratui-

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Nacht über die weglosen Felsen steigen mussten. (22) Durch Balakros, den er als Späher vorausgeschickt hatte, erfuhr der König, dass die Felsenburg von den Indern fluchtartig verlassen worden sei. Da ließ er auf ein gegebenes Zeichen das ganze Heer ein Geschrei erheben und jagte dadurch den Barbaren, die in ungeordneten Scharen flohen, Furcht ein. (23) Und viele kamen um, weil sie über die glatten Felsen und weglosen Klippen herabgestürzt waren, als ob der Feind da wäre; noch mehr aber wurden von den Unversehrten im Stich gelassen, weil ihre Gliedmaßen in irgendeiner Weise verstümmelt waren. (24) Obwohl der König eher ein Sieger über den Ort als über den Feind war, gab er dennoch seinem Sieg durch Opfer und Verehrung der Götter den Anschein von Wichtigkeit. Für die siegbringende Athene wurden auf der Felsenburg Altäre errichtet. (25) Den Führern auf dem Weg, den er die Leichtbewaffneten hatte gehen lassen, wurde dennoch ihr Lohn getreulich ausbezahlt, obwohl sie weniger als versprochen geleistet hatten. Die Bewachung der Felsenburg und ihrer Umgebung wurde Seisokostos28 anvertraut. 12 (1) Von dort rückte er nach Ekbolima vor; und als er erfahren hatte, dass ein gewisser Erikes den Engpass des Weges mit 20 000 Bewaffneten besetzt halte, übergab er Koinos den schwerer bewaffneten Teil des Heeres, damit er ihn in mäßigeren Tagesmärschen nachführe. (2) Er selbst zog voraus, verjagte mit Hilfe der Schleuderer und Bogenschützen die, welche das Gebirge besetzt hatten, und öffnete so den nachfolgenden Truppen den Weg. (3) Die Inder – sei es aus Hass gegen ihren Anführer, sei es, um sich die Gunst des Siegers zu sichern, überfielen Erikes auf der Flucht, töteten ihn und brachten sein Haupt und seine Waffen zu Alexander. Dieser ließ zwar ihre Tat ungestraft, verweigerte ihr aber eine Ehrung, da sie als Beispiel hätte dienen können. (4) Von hier aus gelangte er in sechzehn Tagesmärschen an den Fluss Indus, und fand alles – wie er befohlen hatte – von Hephaistion zum Übergang über den Fluss vorbereitet. (5) In dieser Gegend herrschte Omphis, der schon seinem Vater geraten hatte, die Herrschaft an Alexander zu übergeben, und nach dem Tod seines Vaters Gesandte an Alexander geschickt hatte, die ihn fragen sollten, ob er inzwischen regieren oder als Privatmann seine Ankunft erwarten solle. (6) Als ihm erlaubt worden war zu regieren, wagte er dennoch nicht, von dem ihm verliehenen Recht Gebrauch zu machen. Hephaistion hatte er zwar freundlich aufgenommen und seinen Truppen ohne Bezahlung

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tum frumentum copiis eius admensus, non tamen ei occurrerat, ne fidem ullius nisi regis experiretur. (7) Itaque venienti obviam cum armato exercitu egressus est; elephanti quoque per modica intervalla militum agmini immixti procul castellorum fecerant speciem. (8) Ac primo Alexander non socium sed hostem adventare credebat iamque et ipse arma milites capere et equites discedere in cornua iusserat paratus ad pugnam. At Indus cognito Macedonum errore iussis subsistere ceteris ipse concitat equum, quo vehebatur; idem Alexander quoque fecit, sive hostis sive amicus occurreret, vel sua virtute vel illius fide tutus. (9) Coiere, quod ex utriusque vultu posset intellegi, amicis animis; ceterum sine interprete non poterat conseri sermo. Itaque adhibito eo barbarus occurrisse se dixit cum exercitu totas imperii vires protinus traditurum nec expectasse, dum per nuntios daretur fides. (10) Corpus suum et regnum permittere illi, quem sciret gloriae militantem nihil magis quam famam timere perfidiae. Laetus simplicitate barbari rex et dexteram fidei suae pignus dedit et regnum restituit. (11) LVI elephanti erant, quos tradidit Alexandro, multaque pecora eximiae magnitudinis, tauros ad III milia, pretiosum in ea regione acceptumque animis regnantium armentum. (12) Quaerenti Alexandro, plures agricultores haberet an milites, cum duobus regibus bellanti sibi maiore militum quam agrestium manu opus esse respondit. (13) Abisares et Porus erant, sed in Poro eminebat auctoritas. Uterque ultra Hydaspen amnem regnabat et belli fortunam, quisquis arma inferret, experiri decreverat. (14) Omphis permittente Alexandro et regium insigne sumpsit et more gentis suae nomen, quod patris fuerat: Taxilen appellavere populares sequente nomine imperium, in quemcumque transiret. (15) Igitur cum per triduum hospitaliter Alexandrum accepisset,

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Getreide zuteilen lassen, war jedoch nicht persönlich mit ihm zusammengetroffen, um sich einzig und allein nur dem Schutz des Königs anzuvertrauen. (7) Deshalb zog er ihm bei seinem Eintreffen mit einem bewaffneten Heer entgegen. Da sich in geringen Abständen auch Elefanten unter den Heereszug der Soldaten gemischt hatten, erweckten sie von weitem den Eindruck von Kastellen. (8) Anfangs glaubte Alexander, es nahe nicht ein Bundesgenosse, sondern ein Feind, und hatte kampfbereit auch schon selbst Befehl gegeben, die Soldaten sollten die Waffen ergreifen und die Reiterei solle sich auf die Flügel verteilen. Als jedoch der Inder den Irrtum der Makedonen bemerkt und die Übrigen hatte Halt machen lassen, spornte er selbst sein Pferd an, auf dem er ritt. Gleiches tat auch Alexander, wobei er sich – mochte ihm nun ein Feind oder Freund begegnen – entweder auf seine persönliche Tapferkeit oder auf die treue Ergebenheit jenes Mannes verließ. (9) Sie trafen, wie man aus ihren Mienen erkennen konnte, freundschaftlich zusammen, doch konnte ohne einen Dolmetscher kein Gespräch stattfinden. Als man einen herangezogen hatte, erklärte der Barbar, er sei ihm mit seinem Heer entgegengekommen, um ihm sogleich sämtliche Streitkräfte seines Reiches zu übergeben, und er habe nicht warten wollen, bis ihm durch Boten Schutz versprochen würde. (10) Leben und Reich überlasse er demjenigen, der – wie er wisse – für seinen Ruhm kämpfe und daher nichts mehr fürchte als den Ruf der Treulosigkeit. Der König war erfreut über die Treuherzigkeit des Barbaren, reichte ihm als Unterpfand seiner Treue die Rechte und setzte ihn wieder in seine Herrschaft ein. (11) Es waren 56 Elefanten, die er Alexander überließ, dazu noch eine Menge Vieh von ausnehmender Größe und an die 3 000 Stiere – ein Tier, das in dieser Gegend kostbar und den Fürsten willkommen ist. (12) Auf die Frage Alexanders, ob er mehr Bauern oder mehr Soldaten habe, erwiderte er, er brauche eine größere Anzahl an Soldaten als an Bauern, da er mit zwei Königen Krieg führe. (13) Er meinte Abisares und Poros, aber Poros zeichnete sich durch seine Macht besonders aus. Beide herrschten jenseits des Flusses Hydaspes und waren entschlossen, das Kriegsglück zu versuchen – wer auch immer sie angreife. (14) Omphis nahm mit Erlaubnis Alexanders die königlichen Abzeichen und nach Sitte seines Volkes den Namen an, welchen sein Vater getragen hatte. Er hieß nun bei seinen Untertanen Taxiles, da dieser Name mit der Herrschaft auf den jeweiligen Nachfolger überging. (15) Als er Alexander nun drei Tage gast-

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quarto die et, quantum frumenti copiis, quas Hephaestion duxerat, praebitum a se esset, ostendit et aureas coronas ipsi amicisque omnibus, praeter haec signati argenti LXXX talenta dono dedit. (16) Qua benignitate eius Alexander mire laetus et, quae is dederat, remisit et M talenta ex praeda, quam vehebat, adiecit multaque convivalia ex auro et argento vasa, plurimum Persicae vestis, XXX equos ex suis cum isdem insignibus, quis adsueverant, cum ipsum veherent. (17) Quae liberalitas sicut barbarum obstrinxerat, ita amicos ipsius vehementer offendit. E quibus Meleager super cenam largiore vino usus gratulari se Alexandro dixit, quod saltem in India repperisset dignum talentis M. (18) Rex haud oblitus, quam aegre tulisset, quod Clitum ob linguae temeritatem occidisset, iram quidem tenuit, sed dixit invidos homines nihil aliud quam ipsorum esse tormenta. 13 (1) Postero die legati Abisarae adiere regem. Omnia dicioni eius, ita ut mandatum erat, permittebant firmataque invicem fide remittuntur ad regem. (2) Porum quoque nominis sui fama ratus ad deditionem posse compelli misit ad eum Cleocharen, qui denuntiaret ei, ut stipendium penderet et in primo suorum finium aditu occurreret regi. Porus alterum ex his facturum sese respondit, ut intranti regnum suum praesto esset, sed armatus. (3) Iam Hydaspen Alexander superare decreverat, cum Barzaentes, defectionis Arachosiis auctor, vinctus trigintaque elephanti simul capti perducuntur, opportunum adversus Indos auxilium: quippe plus in beluis quam in exercitu spei ac virium illis erat. (4) Samaxus quoque, rex exiguae partis Indorum, qui Barzaenti se coniunxerat, vinctus adductus est. (5) Igitur transfuga et regulo in custodiam, elephantis autem Taxili traditis ad amnem Hydaspen pervenit, in cuius ulte-

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freundlich bewirtet hatte, zeigte er ihm am vierten, wie viel Getreide er den Truppen, die Hephaistion hergeführt hatte, gegeben hatte, und beschenkte ihn selbst und alle seine Vertrauten mit goldenen Kränzen und außerdem mit 80 Talenten geprägten Silbers. (16) Weil Alexander über diese seine Freundlichkeit außerordentlich erfreut war, sandte er ihm das zurück, was er ihnen gegeben hatte, und fügte aus der Beute, die er mit sich führte, noch 1 000 Talente hinzu, ferner viele goldene und silberne Tafelgefäße, eine sehr große Menge persischer Gewänder und 30 seiner Pferde mit denselben Abzeichen, die sie zu tragen pflegten, wenn sie ihn selbst trugen. (17) Wie diese Freigebigkeit einerseits den Barbaren für ihn gewonnen hatte, so erregte sie andererseits bei seinen Vertrauten heftigen Anstoß. Von ihnen sagte Meleagros während eines Mahles, als er ziemlich viel Wein genossen hatte, er beglückwünsche Alexander, dass er wenigstens in Indien einen gefunden habe, der ihm tausend Talente wert sei. (18) Der König jedoch, der nicht vergessen hatte, wie sehr es ihn geschmerzt hatte, dass er Kleitos wegen seiner unbesonnenen Rede getötet hatte, hielt zwar seinen Zorn zurück, sagte aber, Neidische seien nichts anderes als ihre eigenen Folterwerkzeuge. 13 (1) Am folgenden Tag kamen Gesandte des Abisares zum König. Sie unterstellten – wie es ihnen aufgetragen war – alles seiner Macht und wurden nach gegenseitiger Bekräftigung ihrer Treue zu ihrem König zurückgeschickt. (2) Da Alexander glaubte, dass auch Poros durch den Ruhm seines Namens veranlasst werden könne, sich zu ergeben, schickte er Kleochares zu ihm, um ihn aufzufordern, er solle Tribut zahlen und ihm als seinem König an der Grenze seines Reiches entgegenkommen. Poros antwortete, er werde Letzteres tun, nämlich, wenn jener sein Reich betrete, zur Stelle sein – aber bewaffnet. (3) Schon hatte Alexander beschlossen, den Hydaspes zu überschreiten, als Barsaentes, der den Aufstand der Arachosier veranlasst hatte, gefesselt zu ihm gebracht wurde mit dreißig gefangenen Elefanten – eine willkommene Hilfe gegen die Inder. Denn jene setzten ihre Hoffnung und Kraft mehr auf diese Ungeheuer als auf ihre Streitkräfte. (4) Auch Samaxos, der König eines kleinen indischen Gebiets, der sich mit Barsaentes verbündet hatte29, wurde gefesselt zu ihm geführt. (5) Als er nun den Überläufer und den Fürsten ins Gefängnis hatte bringen lassen, übergab er die Elefanten dem Taxiles und gelangte dann selbst zum Fluss Hydaspes, an dessen jenseitigem Ufer sich Poros gelagert hatte, um

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riore ripa Porus consederat transitu prohibiturus hostem. (6) LXXX et V elephantos obiecerat eximio corporum robore, ultraque eos currus CCC et peditum XXX fere milia, in quis erant sagittarii, sicuti ante dictum est, gravioribus telis, quam ut apte excuti possent. (7) Ipsum vehebat elephantus super ceteras beluas eminens, armaque auro et argento distincta corpus rarae magnitudinis honestabant. Par animus robori corporis et, quanta inter rudes poterat esse, sapientia. (8) Macedonas non conspectus hostium solum, sed etiam fluminis, quod transeundum erat, magnitudo terrebat. IIII in latitudinem stadia diffusus profundo alveo et nusquam vada aperiente speciem vasti maris fecerat. (9) Nec pro spatio aquarum late stagnantium impetum coercebat, sed quasi in artum coeuntibus ripis torrens et elisus ferebatur, occultaque saxa inesse ostendebant pluribus locis undae repercussae. (10) Terribilior facies erat ripae, quam equi virique compleverant. Stabant ingentes vastorum corporum moles et de industria inritatae horrendo stridore aures fatigabant. (11) Hinc amnis, hinc hostis capacia quidem bonae spei pectora et saepe se experta improviso tamen pavore percusserant. Quippe instabiles rates nec dirigi ad ripam nec tuto adplicari posse credebant. (12) Erant in medio amne insulae crebrae, in quas et Indi et Macedones nantes levatis super capita armis transibant. Ibi levia proelia conserebantur, et uterque rex parvae rei discrimine summae experiebatur eventum. (13) Ceterum in Macedonum exercitu temeritate atque audacia insignes fuere Hegesimachus et Nicanor, nobiles iuvenes et perpetua partium felicitate ad spernendum omne periculum accensi. (14) Quis ducibus promptissimi iuvenum lanceis modo armati transnavere in insulam, quam frequens hostis tenebat, multosque Indorum nulla re melius quam audacia armati interemerunt. (15) Abire cum gloria poterant, si umquam temeritas felix

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dem Feind den Übergang zu verwehren. (6) Er hatte 85 riesige Elefanten, 300 Wagen und ungefähr 30 000 Mann zu Fuß aufgestellt, darunter Bogenschützen, deren Geschosse – wie oben bemerkt30 – zu schwer waren, als dass sie wirksam hätten abgeschossen werden können. (7) Ihn selbst trug ein Elefant, der die übrigen Ungeheuer noch überragte; gold- und silberverzierte Waffen schmückten Poros’ Körper von ungewöhnlicher Größe. Sein Mut und seine Geisteskraft – soweit davon unter ungebildeten Völkern die Rede sein konnte – kamen seiner Körpergröße gleich. (8) Die Makedonen erschreckte nicht nur der Anblick der Feinde, sondern auch der mächtige Fluss, den man überschreiten musste. Mit einer Breite von vier Stadien und mit einem tiefen Flussbett, das auch nirgends eine Furt zeigte, hatte er das Aussehen eines weiten Meeres. (9) Auch strömte er nicht langsam entsprechend der Ausdehnung seiner weiten Wasserfläche, sondern schoss, als ob sich seine Ufer eng zusammendrängten, rasend und überschäumend dahin, und die an mehreren Stellen zurückprallenden Wogen zeigten, dass Felsen im Wasser verborgen waren. (10) Noch furchtbarer war der Anblick des Ufers, das von Pferden und Männern dicht besetzt war. Da standen die ungeheuren Kolosse mit ihren ungeschlachten Leibern und quälten, da man sie absichtlich gereizt hatte, mit ihrem grässlichen Brüllen die Ohren. (11) Hier hatte der Fluss, dort der Feind den Mut der Soldaten, der zwar sonst voll Hoffnung und schon oft auf die Probe gestellt worden war, dennoch durch unerwartete Furcht erschüttert. Denn man fürchtete, dass man die schwankenden Flöße weder ans Ufer lenken noch dort sicher befestigen könne. (12) Mitten im Fluss befanden sich zahlreiche Inseln, zu denen sowohl Inder als auch Makedonen hinschwammen, wobei sie ihre Waffen über den Kopf hielten. Dort wurden leichte Gefechte ausgetragen, und beide Könige versuchten, aus der Entscheidung eines unbedeutenden Kampfes auf den Ausgang des Hauptkampfes zu schließen. (13) Nun waren im makedonischen Heer Hegesimachos und Nikanor für ihre Unbesonnenheit und Tollkühnheit bekannt – vornehme junge Männer, die auch durch das ununterbrochene Glück ihrer Abteilung angefeuert worden waren, jegliche Gefahr zu verachten. (14) Unter ihrer Führung schwammen die entschlossensten jungen Männer, nur mit Lanzen bewaffnet, zu einer Insel hinüber, die von zahlreichen Feinden besetzt war, und töteten eine Menge Inder, wobei ihnen ihr Wagemut als beste Waffe diente. (15) Jetzt hätten sie ruhmvoll zurückkehren können, wenn eine Verwegenheit, die vom

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inveniret modum; sed dum supervenientes contemptim et superbe quoque expectant, circumventi ab iis, qui occulti enaverant, eminus obruti telis sunt. (16) Qui effugerant hostem, aut impetu amnis ablati sunt aut verticibus impliciti. Eaque pugna multum Pori fiduciam erexit cuncta cernentis e ripa. (17) Alexander inops consilii tandem ad fallendum hostem talem dolum intendit. Erat insula in flumine amplior ceteris, silvestris eadem et tegendis insidiis apta. Fossa quoque praealta haud procul ripa, quam tenebat ipse, non pedites modo sed etiam cum equis viros poterat abscondere. (18) Igitur ut a custodia huius opportunitatis oculos hostium averteret, Ptolomaeum omnibus turmis obequitare iussit procul insula et subinde Indos clamore terrere, quasi flumen transnaturus foret. (19) Per complures dies Ptolomaeus id fecit eoque consilio Porum quoque agmen suum ei parti, quam se petere simulabat, coegit advertere. (20) Iam extra conspectum hostis insula erat. Alexander in diversa parte ripae statui suum tabernaculum iussit adsuetamque comitari ipsum cohortem ante id tabernaculum stare et omnem apparatum regiae magnificentiae hostium oculis de industria ostendi. (21) Attalum etiam, aequalem sibi et haud disparem habitu oris et corporis, utique cum procul viseretur, veste regia exornat praebiturum speciem ipsum regem illi ripae praesidere nec agitare de transitu. (22) Huius consilii effectum primo morata tempestas est, mox adiuvit, incommoda quoque ad bonos eventus vertente fortuna. (23) Traicere amnem cum ceteris copiis in regionem insulae, de qua ante dictum est, parabat averso hoste in eos, qui cum Ptolomaeo inferiorem obsederant ripam, cum procella imbrem vix sub tectis tolerabilem effundit, obrutique milites nimbo in terram refugerunt

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Glück begünstigt wird, je ein Maß fände. Stattdessen erwarteten sie voll Verachtung und auch Übermut noch diejenigen, die neu hinzukamen, wurden aber von denen, die heimlich hinübergeschwommen waren, umringt und aus der Ferne unter einem Hagel von Geschossen begraben. (16) Die, welche dem Feind entkommen waren, wurden entweder durch die heftige Strömung des Flusses fortgerissen oder von Wirbeln verschlungen. Und dieser Kampf erhöhte die Zuversicht des Poros sehr, der alles vom Ufer aus beobachtete. (17) Alexander aber war ratlos und griff endlich zu folgender List, um den Feind zu täuschen. Eine Insel im Fluss war größer als die übrigen, zugleich bewaldet und darum zur Deckung eines Hinterhalts geeignet. Auch befand sich nicht weit von dem Ufer, das er selbst besetzt hielt, ein sehr tiefer Graben, der nicht nur Fußvolk, sondern auch Reiter samt den Pferden verbergen konnte. (18) Um also die Blicke der Feinde von der Beobachtung dieser günstigen Stelle abzulenken, ließ Alexander den Ptolemaios mit allen Reitergeschwadern in weiter Entfernung von der Insel vorbeireiten und die Inder immer wieder durch Geschrei erschrecken, als ob er durch den Fluss schwimmen wollte. (19) Dies tat Ptolemaios mehrere Tage hintereinander und zwang durch diesen Plan auch den Poros, seine Heerschar der Stelle zuzuwenden, zu der er – wie er vorgab – hinzog. (20) Schon lag bereits die Insel außerhalb des Gesichtskreises der Feinde. Alexander befahl, dass sein Zelt an einem weit davon entfernten Teil des Ufers aufgeschlagen werde, dass die Leibwache, die ihn gewöhnlich begleitete, sich vor diesem Zelt aufstelle und dass man allen Glanz der königlichen Pracht absichtlich vor den Augen der Feinde zur Schau stellen solle. (21) Er stattete auch Attalos, der gleichaltrig mit ihm und – jedenfalls von weitem gesehen – ihm an Gesicht und Gestalt nicht unähnlich war, mit einem königlichen Gewand aus, damit er den Anschein erwecke, als kommandiere der König selbst auf jenem Uferabschnitt und denke nicht an einen Übergang. (22) Die Ausführung seines Planes wurde durch ein Unwetter erst verzögert, bald aber unterstützt, weil das Glück auch das Ungünstige zu einem günstigen Ausgang wandte. (23) Er schickte sich eben an, mit seinen übrigen Truppen in Richtung der vorher erwähnten Insel über den Fluss zu setzen, während sich der Feind gegen diejenigen gewandt hatte, die mit Ptolemaios das Ufer weiter unten besetzt hielten, als ein Sturm einen Regenguss schickte, der kaum unter einem Dach zu ertragen war, und die Soldaten, die vom Sturzregen überschüttet worden waren, wieder auf das

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navigiis ratibusque desertis. Sed tumultuantium fremitus obstrepentibus ventis ab hoste non poterat audiri. (24) Deinde momento temporis repressus est imber, ceterum adeo spissae intendere se nubes, ut conderent lucem, vixque conloquentium inter ipsos facies noscitarentur. (25) Terruisset alium obducta nox caelo, cum ignoto amne navigandum esset, forsitan hoste eam ipsam ripam, quam caeci atque improvidi ‹petebant, tenente›. (26) At rex periculo gloriam accersens et obscuritatem, quae ceteros terrebat, suam occasionem ratus dato signo, ut omnes silentio escenderent in rates, eam, qua ipse vehebatur, primam iussit expelli. (27) Vacua erat ab hostibus ripa, quae petebatur: quippe adhuc Porus Ptolomaeum tantum intuebatur. Una ergo navi, quam petrae fluctus inliserat, haerente ceterae evadunt, armaque capere milites et ire in ordines iussit. 14 (1) Iamque agmen in cornua divisum ipse ducebat, cum Poro nuntiatur armis virisque ripam obtineri et rerum adesse discrimen. Ac primo humani ingenii vitio spei suae indulgens Abisaren belli socium – et ita convenerat – adventare credebat. (2) Mox liquidiore luce aperiente aciem hostium C quadrigas et IIII milia equitum venienti agmini obiecit. Dux erat copiarum, quas praemisit, Spitaces, frater ipsius. Summa virium in curribus: (3) senos viros singuli vehebant, duos clipeatos, duos sagittarios ab utroque latere dispositos, aurigae erant ceteri haud sane inermes: quippe iacula complura, ubi comminus proeliandum erat, omissis habenis in hostem ingerebant. (4) Ceterum vix ullus usus huius auxilii eo die fuit. Namque, ut supra dictum est, imber violentius quam alias fusus campos lubricos et inequitabiles fecerat, gravesque et propemodum immobiles currus inluvie ac voraginibus haerebant. (5) Contra Alexander

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Land flohen und Schiffe und Flöße im Stich ließen. Doch konnte ihr Lärmen und Geschrei bei dem Toben des Windes vom Feind nicht gehört werden. (24) Dann ließ der Regen für einen Augenblick nach, aber es zogen sich so dichte Wolken zusammen, dass sie das Tageslicht verdunkelten und diejenigen, die sich unterhielten, kaum das Gesicht ihres Gegenübers erkennen konnten. (25) Einen anderen hätte die Finsternis erschreckt, die den Himmel bedeckt hatte, da man einen unbekannten Strom befahren sollte, während vielleicht der Feind gerade den Teil des Ufers besetzt hielt, auf den sie blind und unvorsichtig lossteuerten. (26) Der König aber, der in der Gefahr Ruhm erwerben wollte, betrachtete das Dunkel, das die anderen schreckte, gerade als die für ihn passendste Gelegenheit und ließ auf das gegebene Zeichen hin, dass alle schweigend die Flöße besteigen sollten, das eigene zuerst ablegen. (27) Das Ufer, auf das man lossteuerte, war frei von Feinden, da die Aufmerksamkeit des Poros noch immer allein auf Ptolemaios gerichtet war. So kamen mit Ausnahme eines einzigen Schiffes, das von den Wellen auf einen Felsen geworfen worden war und hängen blieb, alle übrigen hinüber, und er ließ die Soldaten die Waffen ergreifen und Kampfstellung beziehen. 14 (1) Und schon rückte er selbst mit seinem in zwei Flügel geteilten Heer vor, als Poros gemeldet wurde, das Ufer sei mit bewaffneten Männern besetzt und der Entscheidungskampf sei da. Und weil er sich anfangs noch aus menschlicher Schwäche seiner Hoffnung hingab, glaubte er, sein Bundesgenosse im Krieg, Abisares, rücke heran – und so war es auch ausgemacht. (2) Als jedoch das hellere Tageslicht bald die Schlachtreihe der Feinde erkennen ließ, warf er dem herannahenden Heereszug 100 Streitwagen und 4 000 Reiter entgegen. Anführer dieser Truppen, die er vorausgeschickt hatte, war sein eigener Bruder Spitakes; ihre größte Stärke beruhte auf den Wagen. (3) Jeder von ihnen trug je sechs Männer: zwei mit Schilden bewaffnet und zwei Bogenschützen, die auf beiden Seiten aufgestellt waren; die beiden übrigen waren die Wagenlenker, die jedoch keineswegs waffenlos waren. Denn sobald man aus der Nähe kämpfen musste, ließen sie die Zügel fahren und schleuderten dann ziemlich viele Speere auf den Feind. (4) Doch war dieses Hilfsmittel an diesem Tag kaum von Nutzen; denn, wie oben bemerkt, hatte der Regen, der heftiger als gewöhnlich strömte, die Ebene schlüpfrig und unbefahrbar gemacht, und schwer und nahezu unbeweglich blieben die Wagen im Morast und in Löchern stecken. (5) Alexan-

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expedito ac levi agmine strenue invectus est. Scythae et Dahae primi omnium invasere Indos, Perdiccam deinde cum equitibus in dextrum cornu hostium emisit. (6) Iam undique pugna se moverat, cum ii, qui currus agebant, illud ultimum auxilium suorum rati effusis habenis in medium discrimen ruere coeperunt. (7) Anceps id malum utrisque erat. Nam et Macedonum pedites primo impetu obterebantur et per lubrica atque invia immissi currus excutiebant eos, a quibus regebantur. (8) Aliorum turbati equi non in voragines modo lacunasque, sed etiam in amnem praecipitavere curricula; pauci telis hostium exacti penetravere ad Porum acerrime pugnam cientem. (9) Is, ut dissipatos tota acie currus vagari sine rectoribus vidit, proximis amicorum distribuit elephantos. (10) Post eos posuerat peditem ac sagittarios ‹et› tympana pulsare solitos: id pro cantu tubarum Indis erat, nec strepitu eorum movebantur olim ad notum sonum auribus mitigatis. (11) Herculis simulacrum agmini peditum praeferebatur: id maximum erat bellantibus incitamentum, et deseruisse gestantis militare flagitium habebatur. (12) Capitis etiam sanxerant poenam iis, qui ex acie non rettulissent, metu, quem ex illo hoste quondam conceperant, etiam in religionem venerationemque converso. Macedonas non beluarum modo sed etiam ipsius regis aspectus parumper inhibuit. (13) Beluae dispositae inter armatos speciem turrium procul fecerant; ipse Porus humanae magnitudinis propemodum excesserat formam. Magnitudini Pori adicere videbatur belua, qua vehebatur, tantum inter ceteras eminens, quanto aliis ipse praestabat. (14) Itaque Alexander contemplatus et regem et agmen Indorum ‘Tandem’ inquit ‘par animo meo periculum video: cum bestiis simul et cum egregiis viris res est.’ (15) Intuensque Coenon ‘Cum ego’ inquit ‘Ptolomaeo Perdiccaque et Hephaesti-

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der dagegen drang mit seiner kampffertigen und leichtbeweglichen Heeresschar entschlossen vor. Als Erste von allen griffen die Skythen und Daher die Inder an; darauf entsandte er Perdikkas mit seinen Reitern gegen den rechten feindlichen Flügel. (6) Schon war überall der Kampf entbrannt, als die Wagenlenker glaubten, jenes sei die letzte Hilfe für ihre Leute, und begannen, sich mit verhängtem Zügel mitten in das Gefecht zu stürzen. (7) Dies wurde für beide Teile gefährlich: Denn einerseits wurde das makedonische Fußvolk beim ersten Angriff niedergeritten, andererseits warfen die Wagen, die über schlüpfrige und unbefahrbare Stellen gejagt wurden, ihre Lenker ab. (8) Die scheuenden Pferde von anderen stürzten die Wagen nicht nur in Löcher und Tümpel, sondern sogar in den Fluss. Nur wenige, die von den Geschossen der Feinde verjagt worden waren, gelangten wieder zu Poros zurück, der aufs heftigste den Kampf zu entfachen versuchte. (9) Als er sah, dass seine Wagen auf dem ganzen Schlachtfeld zerstreut und ohne Lenker umherirrten, verteilte er an seine nächsten Vertrauten die Elefanten. (10) Hinter diesen hatte er das Fußvolk und die Bogenschützen sowie die Leute, die gewöhnlich die Pauken schlugen, aufgestellt. Denn die Pauken dienten den Indern als Trompetenklang, und die Elefanten wurden durch deren Dröhnen nicht gereizt, da ihre Ohren schon längst an den bekannten Schall gewohnt waren. (11) Dem Fußvolk wurde das Bild des Herakles vorangetragen. Das war die stärkste Anfeuerung für die Kämpfer, und es galt bei den Soldaten als eine Schandtat, die Träger im Stich gelassen zu haben. (12) Sie hatten sogar die Todesstrafe für diejenigen festgesetzt, die es nicht aus der Schlacht zurückbrächten, weil die Furcht, die sie einstmals vor jenem Feind empfunden hatten, sich jetzt sogar in gottesfürchtige Verehrung verwandelt hatte. Die Makedonen ließ nicht nur der Anblick der Ungeheuer, sondern auch der des Königs selbst einen Augenblick innehalten. (13) Die zwischen den Bewaffneten verteilten Tiere hatten von weitem wie Türme ausgesehen. Poros selbst überstieg fast das Maß menschlicher Größe. Seine Größe schien das Ungetüm, auf dem er ritt, noch zu steigern, weil es so viel unter den übrigen Tieren hervorragte, wie Poros unter den Menschen. (14) Alexander rief daher, als er den König und das indische Heer betrachtet hatte: „Endlich sehe ich eine Gefahr, die zu meinem Mut passt! Ich habe es mit Bestien und überragenden Männern zugleich zu tun!“ (15) Dann schaute er Koinos an und sagte: „Wenn ich in Begleitung von Ptolemaios, Perdikkas und Hephaistion einen

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one comitatus in laevum hostium cornu impetum fecero viderisque me in medio ardore certaminis, ipse ‹ad› dextrum move et turbatis signa infer. Tu, Antigene, et tu, Leonnate, et Tauron, invehemini in mediam aciem et urgebitis frontem. (16) Hastae nostrae praelongae et validae non alias magis quam adversus beluas rectoresque earum usui esse poterunt: deturbate eos, qui vehuntur, et ipsas confodite. Anceps genus auxilii est et in suos acrius furit: in hostem enim imperio, in suos pavore agitur.’ (17) Haec elocutus concitat equum primus. Iamque, ut destinatum erat, invaserat ordines hostium, cum Coenus ingenti vi in laevum cornu invehitur. (18) Phalanx quoque mediam Indorum aciem uno impetu perrupit. At Porus, qua equitem invehi senserat, beluas agi iussit; sed tardum et paene immobile animal equorum velocitatem aequare non poterat. Ne sagittarum quidem ullus erat barbaris usus: (19) quippe longas et praegraves, nisi prius in terra statuerent arcum, haud satis apte et commode imponunt. Tum humo lubrica et ob id impediente conatum molientes ictus celeritate hostium occupantur. (20) Ergo spreto regis imperio – quod fere fit, ubi turbatis acrius metus quam dux imperare coepit – totidem erant imperatores, quot agmina errabant. (21) Alius iungere aciem, alius dividere, stare quidam et nonnulli circumvehi terga hostium iubebant. Nihil in medium consulebatur. (22) Porus tamen cum paucis, quibus metu potior fuerat pudor, colligere dispersos, obvius hosti ire pergit elephantosque ante agmen suorum agi iubet. (23) Magnum beluae iniecere terrorem, insolitusque stridor non equos modo, tam pavidum ad omnia animal, sed

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Angriff auf den linken Flügel der Feinde gemacht habe und du mich mitten im heißen Kampf siehst, so setze du dich selbst gegen den rechten Flügel in Bewegung und greif die Verwirrten an. Du, Antigenes, und du, Leonnatos, und Tauron – ihr stürmt auf die mittlere Schlachtreihe los und bedrängt sie von ihrer Vorderseite. (16) Unsere ungeheuer langen und starken Lanzen werden uns, wie zu keiner anderen Zeit mehr von Nutzen sein können als jetzt gegen diese Ungetüme und ihre Treiber; stoßt diejenigen, die auf den Tieren reiten, herunter und durchbohrt die Ungetüme selbst! Sie sind eine zweifelhafte Art von Hilfe und wüten nur noch heftiger gegen die eigenen Leute. Denn gegen den Feind treibt sie der Befehl, gegen die Ihren jedoch der Schreck.“ (17) Nach diesen Worten spornte er als Erster sein Pferd an; und schon war er – wie ausgemacht – in die Reihen der Feinde eingedrungen, als Koinos mit riesiger Gewalt auf den linken Flügel31 einstürmte. (18) Auch die Phalanx durchbrach in einem einzigen Ansturm die mittlere Schlachtreihe der Inder. Poros dagegen ließ die Elefanten dahin treiben, wo – wie er bemerkt hatte – die Reiter vorstürmten. Aber die langsamen und fast unbeweglichen Tiere konnten es der Schnelligkeit der Pferde nicht gleichtun. Nicht einmal von ihren Pfeilen hatten die Barbaren irgendwelchen Nutzen. (19) Denn bei ihrer Länge und ihrem großen Gewicht lassen sie sich nicht ausreichend genau und bequem auflegen, wenn man nicht zuvor den Bogen auf die Erde stemmt. Weil jetzt aber der Boden schlüpfrig war und sie deshalb an diesem Versuch hinderte, kamen ihnen die Feinde in ihrer Schnelligkeit zuvor, als sie sich mit dem Schießen abmühten. (20) Weil nun der Befehl des Königs unbeachtet geblieben war – was meist geschieht, wenn den Verwirrten nachdrücklicher ihre Furcht als ihr Feldherr zu gebieten beginnt –, gab es ebenso viele Befehlshaber wie umherirrende Heerscharen. (21) Einer befahl, die Reihe zu schließen, ein anderer, sich zu verteilen, manche, stehen zu bleiben, und einige, dem Feind in den Rücken zu fallen. Nicht ein einziger gemeinsamer Entschluss wurde gefasst. (22) Poros hörte jedoch mit einigen wenigen, deren Ehrgefühl stärker war als ihre Furcht, nicht auf, die Versprengten zu sammeln und sich gegen den Feind zu wenden, und befahl, die Elefanten vor dem Heereszug seiner Leute herzutreiben. (23) Die Bestien jagten großen Schrecken ein, und ihr ungewohntes Trompeten hatte nicht nur die Pferde – Tiere, die bei allem so leicht scheuen –, sondern auch die Männer und ihre Reihen in Verwirrung

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viros quoque ordinesque turbaverat. (24) Iam fugae circumspiciebant locum paulo ante victores, cum Alexander Agrianos et Thracas leviter armatos, meliorem concursatione quam comminus militem, emisit in beluas. (25) Ingentem hi vim telorum iniecere et elephantis et regentibus eos; phalanx quoque instare constanter territis coepit. (26) Sed quidam avidius persecuti beluas in semet inritavere vulneribus. Obtriti ergo pedibus earum ceteris, ut parcius instarent, fuere documentum. (27) Praecipue terribilis illa facies erat, cum manu arma virosque corriperent et super se regentibus traderent. (28) Anceps ergo pugna nunc sequentium nunc fugientium elephantos in multum diei varium certamen extraxit, donec securibus – id namque genus auxilii praeparatum erat – pedes amputare coeperunt. (29) Copidas vocabant gladios leviter curvatos, falcibus similes, quis adpetebant beluarum manus. Nec quicquam inexpertum non mortis modo, sed etiam in ipsa morte novi supplicii timor omittebat. (30) Ergo elephanti vulneribus tandem fatigati suos impetu sternunt, et, qui rexerant eos, praecipitati in terram ab ipsis obterebantur. Itaque pecorum modo magis pavidi quam infesti ultra aciem exigebantur, (31) cum Porus destitutus a pluribus tela multa ante praeparata in circumfusos ex elephanto suo coepit ingerere multisque eminus vulneratis expositus ipse ad ictus undique petebatur. (32) Novem iam vulnera hinc tergo illinc pectore exceperat multoque sanguine profuso languidis manibus magis elapsa quam excussa tela mittebat. (33) Nec segnius belua instincta rabie nondum saucia invehebatur ordinibus, donec rector beluae regem conspexit fluentibus membris omissisque armis vix compotem mentis. (34) Tum beluam in fugam concitat sequente Alexandro; sed equus eius multis vulneribus confossus deficiensque procubuit posito magis rege

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gebracht. (24) Schon blickten sich die Leute, die kurz zuvor gesiegt hatten, nach einer Gelegenheit zur Flucht um, als Alexander die Agrianer und leichtbewaffneten Thraker, die sich besser zum Geplänkel als zum Nahkampf eigneten, gegen die Ungetüme vorschickte. (25) Diese überschütteten mit einem Hagel von Geschossen die Elefanten und ihre Lenker, und auch die Phalanx begann nun, stetig auf die Erschreckten einzudringen. (26) Manche jedoch, welche die Tiere zu eifrig verfolgten, reizten sie durch Verwundungen gegen sich selbst auf; sie wurden also von ihren Füßen zertrampelt und dienten den Übrigen als Warnung, zurückhaltender anzudrängen. (27) Ein besonders schrecklicher Anblick war es, wenn sie mit ihrem Rüssel Waffen und Männer packten und sie über sich ihren Lenkern reichten. (28) Während man also, ohne den Kampf zu entscheiden, die Elefanten bald verfolgte, bald vor ihnen floh, zog sich der wechselnde Kampf bis spät in den Tag hinein, bis man begann, mit Beilen – denn diese Art von Hilfsmittel hatte man sich vorher beschafft – ihnen die Füße abzuhauen. (29) Copiden hießen leicht gekrümmte, sichelähnliche Schwerter, mit denen man nach den Rüsseln der Ungetüme hieb; denn die Angst – nicht nur vor dem Tod an sich, sondern auch vor der neuen Todesart – ließ kein Mittel unversucht. (30) Weil die Elefanten endlich durch ihre Wunden erschöpft waren, trampelten sie ihre eigenen Leute bei ihrem Ansturm nieder, und ihre bisherigen Lenker, die kopfüber zu Boden fielen, wurden von ihnen selbst zerstampft. So wurden sie wie Schafe, eher furchtsam als feindselig, aus der Schlachtlinie zurückgetrieben. (31) Da begann Poros, der von der Mehrzahl verlassen worden war, die zahlreichen Geschosse, die schon vorher vorbereitet worden waren, von seinem Elefanten herab auf Feinde zu schleudern, die ihn umdrängten, und verwundete zwar viele aus der Ferne, war dann aber selbst den Schüssen ausgesetzt, die ihn von allen Seiten trafen. (32) Schon hatte er neun Wunden hier im Rücken, da auf der Brust erlitten, und seinen Händen, die nach dem großen Blutverlust ermattet waren, entglitten die Speere mehr, als dass er sie noch schleuderte. (33) Aber um nichts träger rannte sein Tier, das noch unverwundet war, auf die feindlichen Reihen los, nachdem man seine Wut aufgestachelt hatte, bis der Lenker des Ungetüms wahrnahm, dass der König mit erschlafften Gliedern die Waffen hatte sinken lassen und kaum noch bei Bewusstsein war. (34) Jetzt trieb er das Tier zur Flucht an, während Alexander ihm folgte; doch sein Pferd war von vielen Wunden durchbohrt und sank erschöpft zu Boden, nachdem

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quam effuso. Itaque, dum equum mutat, tardius insecutus est. (35) Interim frater Taxilis, regis Indorum, praemissus ab Alexandro monere coepit Porum, ne ultima experiri perseveraret dederetque se victori. (36) At ille, quamquam exhaustae erant vires deficiebatque sanguis, tamen ad notam vocem excitatus, ‘Agnosco’ inquit ‘Taxilis fratrem, imperii regnique sui proditoris’, et telum, quod unum forte non effluxerat, contorsit in eum, quod per medium pectus penetravit ad tergum. (37) Hoc ultimo virtutis opere edito fugere acrius coepit; sed elephantus quoque, qui multa exceperat tela, deficiebat. Itaque sistit fugam peditemque sequenti hosti obiecit. (38) Iam Alexander consecutus erat et pertinacia Pori cognita vetabat resistentibus parci. Ergo undique et in pedites et in ipsum Porum tela congesta sunt, quis tandem gravatus labi ex belua coepit. (39) Indus, qui elephantum regebat, descendere eum ratus more solito elephantum procumbere iussit in genua; qui ut se submisit, ceteri quoque – ita enim instituti erant – demisere corpora in terram. Ea res et Porum et ceteros victoribus tradidit. (40) Rex spoliari corpus Pori, interemptum esse credens, iubet, et, qui detraherent loricam vestemque, concurrere, cum belua dominum tueri et spoliantes coepit adpetere levatumque corpus eius rursus dorso suo imponere. Ergo telis undique obruitur, confossoque eo in vehiculum Porus imponitur. (41) Quem rex ut vidit adlevantem oculos, non odio sed miseratione commotus ‘Quae, malum’ inquit, ‘amentia te coegit rerum mearum cognita fama belli fortunam experiri, cum Taxilis esset in deditos clementiae meae tam propinquum tibi exemplum?’ (42) At ille ‘Quoniam’ inquit ‘percontaris, respondebo ea

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es den König mehr niedergesetzt als abgeworfen hatte. Deshalb konnte er nur langsamer folgen, während er das Pferd wechseln musste. (35) Inzwischen jedoch versuchte der Bruder des Inderkönigs Taxiles, den Alexander vorausgeschickt hatte, Poros zu überreden, er solle nicht darauf beharren, es bis zum Äußersten kommen zu lassen, und sich dem Sieger ergeben. (36) Jener aber, obwohl seine Kraft erschöpft war und er viel Blut verloren hatte, rief, erregt durch die ihm bekannte Stimme: „Ich erkenne den Bruder des Taxiles, des Verräters an seiner Herrschaft und seinem Reich!“ und schleuderte das Geschoss, das ihm als Einziges zufällig nicht entglitten war, so gegen ihn, dass es mitten durch die Brust bis in den Rücken fuhr. (37) Nach dieser letzten tapferen Tat begann er, seine Flucht umso eifriger fortzusetzen. Doch auch seinen Elefanten, den viele Geschosse getroffen hatten, verließ die Kraft. Daher hörte er auf zu fliehen und warf das Fußvolk, das ihn begleitete, dem Feind entgegen. (38) Schon hatte ihn Alexander erreicht, und als er die Hartnäckigkeit des Poros bemerkt hatte, verbot er, diejenigen, die Widerstand leisteten, zu schonen. Darum wurden von allen Seiten auf die Soldaten und auf Poros selbst Geschosse geschleudert, und als er davon schließlich schwer getroffen war, glitt er allmählich von dem Tier herab. (39) Weil der Inder, der den Elefanten lenkte, glaubte, er wolle herabsteigen, befahl er dem Elefanten, sich nach gewohnter Weise auf die Knie niederzulassen. Sobald er sich nach unten beugte, ließen sich auch die übrigen Elefanten – denn so waren sie abgerichtet – auf den Boden nieder. Diese Handlung lieferte Poros und die Übrigen den Siegern aus. (40) Weil der König meinte, Poros sei tot, befahl er, seinen Leichnam der Rüstung zu berauben, und schon liefen Leute zusammen, um ihm Panzer und Gewand auszuziehen. Da begann der Elefant, seinen Herrn zu verteidigen, die Plünderer anzugreifen, dessen Körper aufzuheben und wieder auf seinen Rücken zu setzen. Also wurde der Elefant von allen Seiten mit Geschossen überschüttet, und als er ganz durchbohrt war, wurde Poros auf einen Wagen gelegt. (41) Sobald ihn nun der König die Augen aufschlagen sah, sprach er, nicht aus Hass, sondern aus Mitleid: „Welche Torheit – was für ein Übel – hat dich dazu getrieben, das Kriegsglück zu versuchen, obwohl dir der Ruhm meiner Taten bekannt war, während du doch an Taxiles ein so naheliegendes Beispiel hattest für meine Gnade gegenüber denjenigen, die sich mir ergeben haben?“ (42) Poros erwiderte: „Weil du mich fragst, so will ich dir mit demselben Freimut antworten, den du mir

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libertate, quam interrogando fecisti. Neminem me fortiorem esse censebam. Meas enim noveram vires, nondum expertus tuas: fortiorem esse te belli docuit eventus. Sed ne sic quidem parum felix sum, secundus tibi.’ (43) Rursus interrogatus, quid ipse victorem statuere debere censeret, ‘Quod hic’ inquit ‘dies tibi suadet, quo expertus es, quam caduca felicitas esset.’ (44) Plus monendo profecit, quam si precatus esset: quippe magnitudinem animi eius interritam ac ne fortuna quidem infractam non misericordia modo sed etiam honore excipere dignatus est. (45) Aegrum curavit haud secus, quam si pro ipso pugnasset; confirmatum contra spem omnium in amicorum numerum recepit, mox donavit ampliore regno, quam tenuit. (46) Nec sane quicquam ingenium eius solidius aut constantius habuit quam admirationem verae laudis et gloriae; simplicius tamen famam aestimabat in hoste quam in cive. Quippe a suis credebat magnitudinem suam destrui posse, eandem clariorem fore, quo maiores fuissent, quos ipse vicisset.

Geschichte Alexanders des Großen 8,14,42–8,14,46

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durch deine Frage gezeigt hast. Ich meinte, niemand sei tapferer als ich. Denn meine Kraft kannte ich; die deinige hatte ich noch nicht erprobt. Nun hat mich der Ausgang des Krieges belehrt, dass du tapferer bist. Aber auch so bin ich nicht allzu unglücklich, denn ich bin der Zweite nach dir.“ (43) Als er wiederum gefragt wurde, was der Sieger seiner Meinung nach über ihn beschließen müsse, antwortete er: „Was dir der heutige Tag rät, an dem du erfahren hast, wie hinfällig das Glück ist.“ (44) Mit dieser Mahnung richtete er mehr aus, als wenn er eine Bitte vorgetragen hätte. Denn Alexander hielt dessen unerschrockene und selbst im Unglück ungebrochene innere Größe für würdig, ihn nicht nur mitleidig, sondern auch ehrenvoll aufzunehmen. (45) Solange er krank war, ließ er ihn so pflegen, als ob er für ihn selbst gekämpft hätte; nachdem er gegen aller Erwartung32 wieder genesen war, nahm er ihn unter die Zahl seiner Vertrauten auf und beschenkte ihn bald mit einem größeren Königreich, als er vorher besaß. (46) Und in der Tat war in seinem Charakter nichts fester und beständiger als die Bewunderung für wahren Verdienst und Ruhm. Dennoch schätzte er die Berühmtheit in einem Feind aufrichtiger als in einem Landsmann. Denn er meinte, dass seine eigene Größe durch die Seinen Einbuße erleiden könne, dass sie dagegen umso herrlicher strahlen werde, je größer die Feinde waren, die er selbst besiegt hatte.

LIBER IX 1 (1) Alexander tam memorabili victoria laetus, qua sibi Orientis finis apertos esse censebat, Soli victimis caesis milites quoque, quo promptioribus animis reliqua belli obirent, pro contione laudatos docuit, quicquid Indis virium fuisset, illa dimicatione prostratum: (2) cetera opimam praedam fore celebratasque opes in ea regione eminere, quam peterent. Proinde iam vilia et obsoleta esse spolia de Persis: gemmis margaritisque et auro atque ebore Macedoniam Graeciamque, non suas tantum domos repleturos. (3) Avidi milites et pecuniae et gloriae, simul quia numquam eos adfirmatio eius fefellerat, pollicentur operam; dimissisque cum bona spe navigia exaedificari iubet, ut, cum totam Asiam percucurrisset, finem terrarum, mare, inviseret. (4) Multa materia navalis in proximis montibus erat; quam caedere adgressi magnitudinis invisitatae repperere serpentes. (5) Rhinocerotes quoque, rarum alibi animal, in isdem montibus erant. Ceterum hoc nomen beluis inditum a Graecis sermonis eius ignaris; ‹Indi› aliud lingua sua usurpant. (6) Rex duabus urbibus conditis in utraque fluminis, quod superaverat, ripa copiarum duces coronis et M aureis singulos donat. Ceteris quoque proportione aut gradus, quem in amicitia obtinebant, aut navatae operae honos habitus est. (7) Abisares, qui, priusquam cum Poro dimicaretur, legatos ad Alexandrum miserat, rursus alios misit pollicentes omnia facturum, quae imperasset, modo ne cogeretur corpus suum dedere: neque enim aut sine regio imperio victurum aut reg-

BUCH 9 1 (1) Alexander war erfreut über diesen so denkwürdigen Sieg, durch den ihm – wie er meinte – die Grenzen des Orients offen standen. Als er dem Sonnengott1 Opfertiere dargebracht hatte, lobte er auch die Soldaten in einer Heeresversammlung, damit sie umso bereitwilliger die restlichen Strapazen des Krieges auf sich nähmen, und erklärte ihnen, dass alle Streitkräfte, welche die Inder besessen hätten, in jenem Kampf niedergeworfen worden seien. (2) Im Übrigen werde es reiche Beute geben und gerade in dieser Gegend, in die sie zögen, befänden sich vorzugsweise die berühmten Schätze. Demnach sei nun die Beute, die sie bei den Persern gemacht hätten, schon wertlos und gewöhnlich. Mit Edelsteinen und Perlen, mit Gold und Elfenbein würden sie ganz Makedonien und Griechenland und nicht nur ihre eigenen Häuser anfüllen. (3) Begierig nach Geld und Ruhm, und weil seine Zusicherung sie noch niemals getäuscht hatte, versprachen die Soldaten ihre Dienste. Und nachdem Alexander sie voll froher Hoffnung entlassen hatte, ließ er Schiffe bauen, um das Ende der Welt, das Meer, zu befahren, wenn er ganz Asien durchzogen hätte. (4) Auf den nahen Bergen gab es viel Holz zum Schiffbau. Als die Leute daran gingen, es zu fällen, fanden sie Schlangen von unbekannter Größe. (5) Auch Rhinozerosse, Tiere, die andernorts selten sind, lebten in eben diesen Bergen. Diese Bezeichnung haben die Ungetüme übrigens von den Griechen erhalten, welche die indische Sprache nicht kennen; die Inder verwenden in ihrer eigenen Sprache eine andere Bezeichnung. (6) Als der König an beiden Ufern des Flusses, den er überschritten hatte, je eine Stadt2 gegründet hatte, beschenkte er die einzelnen Truppenführer mit Kränzen und 1 000 Golddenaren. Auch die Übrigen wurden entweder nach dem Rang, den sie unter seinen Vertrauten innehatten, oder nach dem Dienst, den sie geleistet hatten, geehrt. (7) Abisares, der vor dem Kampf gegen Poros3 Gesandte zu Alexander geschickt hatte, schickte wiederum andere, die versprachen, er werde alle Befehle ausführen, wenn man ihn nur nicht zwinge, sich selbst auszuliefern. Denn er könne weder ohne seine

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naturum esse captivum. (8) Cui Alexander nuntiari iussit, si gravaretur ad se venire, ipsum ad eum esse venturum. Hinc †poro amne superato ad interiora Indiae processit. (9) Silvae erant prope in immensum spatium diffusae procerisque et in eximiam altitudinem editis arboribus umbrosae. (10) Plerique rami instar ingentium stipitum flexi in humum rursus, qua se curvaverant, erigebantur, adeo ut species esset non rami resurgentis, sed arboris ex sua radice generatae. (11) Caeli temperies salubris, quippe et vim solis umbrae levant et aquae large manant e fontibus. (12) Ceterum hic quoque serpentium magna vis erat squamis fulgorem auri reddentibus. Virus haud ullum magis noxium est: quippe morsum praesens mors sequebatur, donec ab incolis remedium oblatum est. (13) Hinc per deserta ventum est ad flumen Hyarotim. Iunctum erat flumini nemus opacum arboribus alibi invisitatis agrestiumque pavonum multitudine frequens. (14) Castris inde motis oppidum haud procul positum corona capit obsidibusque acceptis stipendium imponit. Ad magnam deinde, ut in ea regione, urbem pervenit, non muro solum sed etiam palude munitam. (15) Ceterum barbari vehiculis inter se iunctis dimicaturi occurrerunt: tela aliis hastae, aliis secures erant, transiliebantque in vehicula strenuo saltu, cum succurrere laborantibus suis vellent. (16) Ac primo insolitum genus pugnae Macedonas terruit, cum eminus vulnerarentur. Deinde spreto tam incondito auxilio ab utroque latere vehiculis circumfusi repugnantes fodere coeperunt. (17) Et vincula, quis conserta erant, iussit incidi, quo facilius singula circumvenirentur. Itaque VIII milibus suorum amissis in oppidum refugerunt. (18) Postero die scalis undique admotis muri occupantur. Paucis pernicitas saluti fuit, qui cognito urbis exci-

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Königsherrschaft leben noch als Gefangener herrschen. (8) Alexander ließ ihm melden, dass er selbst zu Abisares kommen werde, falls dieser Schwierigkeiten mache, zu ihm zu kommen. Als er hierauf (...) den Fluss überschritten hatte, rückte er ins innere Indien vor. (9) Hier gab es Wälder von fast unermesslicher Ausdehnung mit schlanken, außerordentlich hochgewachsenen Bäumen, die Schatten spendeten. (10) Die meisten Äste waren wie riesige Stämme zur Erde zurückgebogen und richteten sich da, wo sie sich gekrümmt hatten, erneut auf, so dass sie nicht aussahen wie Äste, die wieder aufstiegen, sondern wie Bäume, die aus ihren eigenen Wurzeln entsprossen waren. (11) Das milde Klima ist gesund, denn der Schatten mäßigt die Sonnenhitze und aus Quellen strömt reichlich Wasser. (12) Aber hier gab es auch viele Schlangen, deren Schuppen wie Gold glänzten. Kein anderes Gift ist schädlicher als das ihrige; auf den Biss folgte nämlich sofort der Tod, bis die Einwohner ein Heilmittel brachten. (13) Von hier aus kam man durch Wüsten zum Fluss Hyarotis. An den Fluss grenzte ein schattiger Hain mit andernorts unbekannten Bäumen, der von einer Menge wilder Pfauen bevölkert war. (14) Nachdem man von dort aufgebrochen war, eroberte Alexander eine nicht weit entfernt gelegene Stadt durch einen Belagerungsring und erlegte ihr einen Tribut auf, als sie ihm Geiseln gestellt hatte. Danach gelangte er zu einer – wenigstens für diese Gegend – großen Stadt, die nicht nur durch eine Mauer, sondern auch durch einen Sumpf geschützt war. (15) Außerdem zogen ihnen die Barbaren auf Wagen, die miteinander verbunden waren, entgegen, um gegen sie zu kämpfen. Als Waffen trugen die einen Speere, die anderen Streitäxte, und sie sprangen geschickt von Wagen zu Wagen, wenn sie ihren Leuten, die in Bedrängnis geraten waren, Hilfe bringen wollten. (16) Und zuerst erschreckte die ungewohnte Kampfweise die Makedonen, weil sie aus der Ferne verwundet wurden. Dann aber empfanden sie Verachtung für ein so plumpes Hilfsmittel, umringten deshalb die Wagen von beiden Seiten und machten sich daran, die Leute, die Widerstand leisteten, zu durchbohren. (17) Alexander ließ auch die Stricke durchhauen, mit denen die Wagen zusammengebunden waren, damit sie einzeln umso leichter umzingelt werden konnten. So flohen die Barbaren in die Stadt zurück, als sie 8 000 ihrer Leute verloren hatten. (18) Am folgenden Tag wurden überall Sturmleitern angelegt und dann die Mauern erklommen. Wenige Leute retteten sich durch Schnelligkeit. Als sie den Fall der Stadt erkannt hatten,

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dio paludem transnavere ‹et› in vicina oppida ingentem intulere terrorem, invictum exercitum et deorum profecto advenisse memorantes. (19) Alexander ad vastandam eam regionem Perdicca cum expedita manu misso partem copiarum Eumeni tradidit, ut is quoque barbaros ad deditionem compelleret; ipse ceteros ad urbem validam, in quam aliarum quoque confugerant incolae, duxit. (20) Oppidani missis, qui regem deprecarentur, nihilo minus bellum parabant. Quippe orta seditio in diversa consilia diduxerat vulgum: alii omnia deditione potiora, quidam nullam opem in ipsis esse ducebant. (21) Sed dum nihil in commune consulitur, qui deditioni imminebant, apertis portis hostem recipiunt. (22) Alexander quamquam belli auctoribus iure poterat irasci, tamen omnibus venia data et obsidibus acceptis ad proximam deinde urbem castra movit. (23) Obsides ducebantur ante agmen. Quos cum ex muris agnovissent, utpote gentis eiusdem, in conloquium convocaverunt. Illi clementiam regis simulque vim commemorando ad deditionem eos compulere; ceterasque urbes simili modo domitas in fidem accepit. (24) Hinc in regnum Sophitis perventum est. Gens, ut barbari credunt, sapientia excellet bonisque moribus regitur. (25) Genitos liberos non parentum arbitrio tollunt aluntque, sed eorum, quibus spectandi infantum habitum cura mandata est. Si quos insignes aut aliqua parte membrorum inutiles notaverunt, necari iubent. (26) Nuptiis coeunt non genere ac nobilitate coniunctis, sed electa corporum specie, quia eadem aestimatur in liberis. (27) Huius gentis oppidum, cui Alexander admoverat copias, ab ipso Sophite obtinebatur. Clausae erant portae, sed nulli in muris turribusque se armati ostende-

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schwammen sie durch den Sumpf und verbreiteten in den benachbarten Städten riesigen Schrecken, indem sie erzählten, ein unbesiegbares Heer – sicherlich von Göttern – sei angekommen. (19) Nachdem Alexander Perdikkas mit einer kampfbereiten Schar losgeschickt hatte, um diese Gegend zu verwüsten, übergab er Eumenes4 einen Teil der Truppen, damit auch er die Barbaren zur Unterwerfung zwinge. Er selbst führte die Übrigen zu einer befestigten Stadt, in die sich auch die Einwohner anderer Städte geflüchtet hatten. (20) Obwohl die Stadtbewohner Boten geschickt hatten, die den König um Gnade bitten sollten, rüsteten sie gleichwohl zum Krieg. Es war nämlich ein Streit ausgebrochen und hatte die Volksmenge in entgegengesetzte Lager gespalten. Die einen meinten, alles sei besser als die Unterwerfung; andere glaubten, sie könnten sich selbst nicht helfen. (21) Aber während man noch beriet, ohne zu einem gemeinsamen Beschluss zu kommen, öffneten diejenigen, die zur Unterwerfung drängten, die Tore und ließen den Feind ein. (22) Obwohl Alexander den Leuten, die den Krieg veranlasst hatten, mit Recht hätte zürnen können, begnadigte er dennoch alle und brach dann zur nächsten Stadt auf, nachdem man ihm Geiseln gestellt hatte. (23) Die Geiseln wurden dem Heereszug vorangeführt. Als man sie von den Mauern herab erkannt hatte, da sie ja dem gleichen Stamm angehörten, rief man sie zu einem Gespräch heran. Jene berichteten von der Milde und zugleich der Macht des Königs und bewegten die Stadtbewohner so zur Unterwerfung. Auch die übrigen Städte bezwang er in ähnlicher Weise und nahm ihre Unterwerfung an. (24) Von hier aus gelangte man in das Königreich des Sophites. Dieser Stamm zeichnet sich – wie die Barbaren glauben – durch seine Weisheit aus und wird nach guten Sitten regiert. (25) Die neugeborenen Kinder werden nicht nach dem Gutdünken der Eltern anerkannt und aufgezogen, sondern nach dem Ermessen derer, denen man die Aufgabe übertragen hat, die äußere Erscheinung der Kinder zu prüfen. Wenn sie an ihnen Auffälligkeiten oder irgendwelche mangelhaft ausgebildeten Gliedmaßen bemerkt haben, dann lassen sie diese Kinder töten. (26) Eheliche Verbindungen schließt man nicht nach Abstammung und Adel, sondern nach auserlesenem Äußeren, weil gerade dies auch an den Kindern geschätzt wird. (27) Die Stadt dieses Stammes, an die Alexander seine Truppen hatte heranrücken lassen, stand unter Sophites’ Kommando. Die Tore waren geschlossen, aber auf den Mauern und Türmen zeigten sich keine Bewaffneten und die Makedonen

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bant, dubitabantque Macedones, deseruissent urbem incolae an fraude se occulerent, (28) cum subito patefacta porta rex Indus cum duobus adultis filiis occurrit multum inter omnes barbaros eminens corporis specie. (29) Vestis erat auro purpuraque distincta, quae etiam crura velabat; aureis soleis inseruerat gemmas; lacerti quoque et bracchia margaritis ornata erant. (30) Pendebant ex auribus insignes candore ac magnitudine lapilli. Baculum aureum berylli distinguebant. Quo tradito precatus, ut sospes acciperet, se liberosque et gentem suam dedidit. (31) Nobiles ad venandum canes in ea regione sunt; latratu abstinere dicuntur, cum viderunt feram, leonibus maxime infesti. (32) Horum vim ut ostenderet Alexandro, in consaeptum leonem eximiae magnitudinis iussit emitti et quattuor omnino admoveri canes, qui celeriter feram occupaverunt. Tum ex iis, qui adsueverant talibus ministeriis, unus canis leoni cum aliis inhaerentis crus avellere et, quia non sequebatur, ferro amputare coepit. (33) Ne sic quidem pertinacia victa rursus aliam partem secare institit et inde non segnius inhaerentem ferro subinde caedebat. Ille in vulnere ferae dentes moribundus quoque infixerat: tantam [in] illis animalibus ad venandum cupiditatem ingenerasse naturam memoriae proditum est. (34) Equidem plura transcribo quam credo: nam nec adfirmare sustineo, de quibus dubito, nec subducere, quae accepi. (35) Relicto igitur Sophite in suo regno ad fluvium Hypasin processit Hephaestione, qui diversam regionem subegerat, coniuncto. (36) Phegeus erat gentis proximae rex; qui popularibus suis colere agros, ut adsueverant, iussis Alexandro cum donis occurrit, nihil, quod imperaret, detrectans. 2 (1) Biduum apud eum substitit rex. Tertio die amnem superare decreverat, transitu difficilem non spatio solum aquarum, sed etiam

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waren im Zweifel, ob die Einwohner die Stadt verlassen hätten oder sich aus Tücke versteckt hielten. (28) Da öffnete sich plötzlich ein Tor und der indische König zog ihnen mit seinen beiden erwachsenen Söhnen entgegen. Er hob sich von allen anderen Barbaren in seinem Äußeren deutlich ab. (29) Sein Gewand, das auch die Unterschenkel bedeckte, war mit Gold und Purpur verziert; die goldenen Sandalen hatte er mit Edelsteinen besetzen lassen und auch seine Ober– und Unterarme waren mit Perlen geschmückt. (30) Von den Ohren hingen Edelsteine von auffälliger Schönheit und Größe herab; das goldene Zepter zierten Berylle. Dieses überreichte er mit der Bitte, dass er es wohlbehalten in Empfang nehme, und unterwarf sich mitsamt seinen Kindern und seinem Stamm. (31) In dieser Gegend gibt es edle Jaghunde. Man sagt, dass sie nicht bellen, wenn sie ein Wild sehen, und sie sind besonders wütende Feinde der Löwen. (32) Um Alexander deren Kraft zu zeigen, befahl Sophites, in einem Gehege einen außerordentlich großen Löwen loszulassen und insgesamt nur vier Hunde auf ihn zu hetzen, die schnell über das wilde Tier herfielen. Dann machte sich einer von den Leuten, die an derartige Dienste gewöhnt waren, daran, einen Hund, der sich mit den anderen in den Löwen verbissen hatte, am Schenkel loszureißen und anschließend sein Bein mit dem Schwert abzutrennen, weil das Tier nicht nachgab. (33) Nachdem es sich aber nicht einmal dadurch seine Beharrlichkeit hatte nehmen lassen, fuhr er fort, ein weiteres Stück abzutrennen, und als sich der Hund darauf nicht weniger festbiss, erschlug er ihn gleich danach mit dem Schwert. Jener aber hatte auch noch im Sterben die Zähne in die Wunde des wilden Tieres geschlagen. So große Jagdwut soll jenen Tieren laut Überlieferung von Natur aus angeboren sein. (34) Ich meinerseits schreibe mehr ab als ich selbst glaube: Denn weder möchte ich als gesichert angeben, woran ich zweifle, noch fortlassen, was ich nur gehört habe. (35) Alexander ließ nun Sophites in seinem Reich zurück und zog dann zum Fluss Hypasis5 weiter, nachdem Hephaistion, der eine abgelegene Gegend unterworfen hatte, wieder zu ihm gestoßen war. (36) Phegeus war der König des nächsten Stammes. Dieser befahl seinen Landsleuten, ihre Felder in gewohnter Weise zu bestellen, und zog Alexander mit Geschenken entgegen, ohne seinem Befehl etwas zu verweigern. 2 (1) Der König machte zwei Tage bei ihm Halt. Am dritten Tag war er entschlossen, den Fluss zu überschreiten. Die Überquerung war schwierig, nicht nur wegen der Breite des Wassers, sondern auch

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saxis impeditum. (2) Percontatus igitur Phegea, quae noscenda erant, XI dierum ultra flumen per vastas solitudines iter esse cognoscit, (3) excipere deinde Gangen, maximum totius Indiae fluminum, ulteriorem ripam colere gentes Gangaridas et Prasios eorumque regem esse Aggrammen, XX milibus equitum ducentisque peditum obsidentem vias. (4) Ad hoc quadrigarum II milia trahere et, praecipuum terrorem, elephantos, quos III milium numerum explere dicebat. (5) Incredibilia regi omnia videbantur. Igitur Porum – nam cum eo erat – percontatur, an vera essent, quae dicerentur. (6) Ille vires quidem gentis et regni haud falso iactari adfirmat; ceterum, qui regnaret, non modo ignobilem esse, sed etiam ultimae sortis: quippe patrem eius, tonsorem vix diurno quaestu propulsantem famem, propter habitum haud indecorum cordi fuisse reginae. (7) Ab ea in propiorem eius, qui tum regnasset, amicitiae locum admotum interfecto eo per insidias sub specie tutelae liberum eius invasisse regnum necatisque pueris hunc, qui nunc regnat, generasse, invisum vilemque popularibus, magis paternae fortunae quam suae memorem. (8) Adfirmatio Pori multiplicem animo regis iniecerat curam. Hostem beluasque spernebat, situm locorum et vim fluminum extimescebat. (9) Relegatos in ultimum paene rerum humanarum persequi terminum et eruere arduum videbatur; rursus avaritia gloriae et insatiabilis cupido famae nihil invium, nihil remotum videri sinebat. (10) Et interdum dubitabat, an Macedones tot emensi spatia terrarum, in acie et in castris senes facti, per obiecta flumina, per tot naturae obstantes difficultates secuturi essent: abundantes onustosque praeda magis parta frui velle quam adquirenda fatigari. (11) Non idem sibi et militibus animi esse: ‹se› totius orbis imperium mente complexum adhuc in operum suorum primor-

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weil Felsen seinen Lauf hemmten. (2) Er fragte also Phegeus nach allem, was man wissen musste, und erfuhr, dass jenseits des Flusses der Weg elf Tage lang durch wüste Einöden führe; (3) danach schließe sich der Ganges an, der größte Fluss in ganz Indien. Sein jenseitiges Ufer bewohnten die Stämme der Gangariden und Prasier und ihr König sei Aggrammes, der mit 20 000 Reitern und 200 000 Fußsoldaten die Wege besetzt halte. (4) Dazu führe er 2 000 vierspännige Wagen mit sich und – was besonders furchterregend sei – Elefanten, nach Phegeus Worten volle 3 000 an der Zahl. (5) All dies erschien dem König unglaubhaft. Folglich fragte er Poros – denn dieser begleitete ihn –, ob die Aussagen wahr seien. (6) Jener bestätigte, dass die Streitkräfte des Stammes und des Königreiches sicherlich nicht zu Unrecht gerühmt würden. Der Herrscher aber sei nicht nur von gewöhnlicher Herkunft, sondern sogar aus niedrigstem Stand. Denn sein Vater, der als Bartscherer mit seinem täglichen Verdienst kaum seinen Hunger stillen konnte, habe wegen seiner nicht unansehnlichen äußeren Erscheinung der Königin gefallen. (7) Durch sie sei er in den Kreis der engeren Vertrauten des damaligen Herrschers gekommen. Als dieser hinterlistig umgebracht worden war, habe er unter dem Schein der Vormundschaft über dessen Kinder die Herrschaft an sich gerissen und nach der Ermordung der Knaben den jetzigen Herrscher gezeugt, der bei seinen Landsleuten verhasst und verachtet sei, da er mehr an die Stellung seines Vaters als an die eigene erinnere. (8) Die Bestätigung des Poros hatte den König in vielfältige Sorgen versetzt. Er verachtete zwar die Feinde und die Ungetüme, fürchtete aber das Gelände und die Gewalt der Flüsse. (9) Menschen, die es fast bis an die äußerste Grenze menschlicher Wohnsitze verschlagen hatte, zu verfolgen und aufzustöbern, schien schwierig. Andererseits ließen ihm seine Ruhmsucht und seine unersättliche Begierde nach Berühmtheit nichts unzugänglich und nichts entlegen erscheinen. (10) Manchmal war er jedoch im Zweifel, ob die Makedonen, die schon so viele weite Länder durchzogen hatten und in der Schlacht und im Lager zu Greisen geworden waren, ihm durch die Flüsse, die vor ihnen lagen, und über so viele natürliche Hindernisse, die sich ihnen entgegenstellten, folgen würden. Denn sie waren im Überfluss mit Beute beladen und würden wohl lieber das Errungene genießen, als sich mit dem Erwerb neuer Beute abmühen wollen. (11) Er und seine Soldaten hätten nicht dieselbe Absicht: Er halte in Gedanken die Herrschaft über die ganze Erde in Händen und stehe deshalb noch am Anfang

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dio stare, militem labore defetigatum proximum quemque fructum finito tandem periculo expetere. (12) Vicit ergo cupido rationem, et ad contionem vocatis militibus ad hunc maxime modum disseruit: ‘Non ignoro, milites, multa, quae terrere vos possent, ab incolis Indiae per hos dies de industria esse iactata. (13) Sed non est improvisa vobis mentientium vanitas. Sic Ciliciae fauces, sic Mesopotamiae campos, Tigrim et Euphraten, quorum alterum vado transiimus, alterum ponte, terribiles fecerant Persae. (14) Numquam ad liquidum fama perducitur: omnia illa tradente maiora sunt vero. Nostra quoque gloria, cum sit ex solido, plus tamen habet nominis quam operis. (15) Modo quis beluas offerentes moenium speciem, quis Hydaspem amnem, quis cetera auditu maiora quam vero sustineri posse credebat? Olim, hercules, fugissemus ex Asia, si nos fabulae debellare potuissent. (16) Creditisne elephantorum greges maiores esse quam usquam armentorum sunt, cum et rarum sit animal nec facile capiatur multoque difficilius mitigetur? (17) Atqui eadem vanitas copias peditum equitumque numeravit. Nam flumen, quo latius fusum est, hoc placidius stagnat: quippe angustis ripis coercita et in angustiorem alveum elisa torrentes aquas invehunt; contra spatio alvei segnior cursus est. (18) Praeterea in ripa omne periculum est, ubi adplicantes navigia hostis expectat: ita, quantumcumque flumen intervenit, idem futurum discrimen est evadentium in terram. (19) Sed omnia ista vera esse fingamus. Utrumne vos magnitudo beluarum an multitudo hostium terret? Quod pertinet ad elephantos, praesens habemus exemplum: in suos vehementius quam in nos incucurrerunt; tam vasta corpora securibus falcibusque mutilata sunt. (20) Quid autem interest, totidem sint, quot Porus habuit, an III milia, cum uno aut altero vulneratis ‹constet› ceteros

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seiner Taten; die Soldaten dagegen seien durch die Mühe völlig erschöpft und verlangten nach dem nächstbesten Genuss, wenn die Gefahr endlich beendet sei. (12) Nun siegte aber die Begierde über die Vernunft, und nachdem er die Soldaten zu einer Heeresversammlung einberufen hatte, sprach er etwa folgendermaßen: „Ich weiß wohl, Soldaten, dass die Einwohner Indiens in diesen Tagen mit vielem, was euch erschrecken könnte, absichtlich geprahlt haben. (13) Aber das leere Geschwätz von Lügnern kommt für euch nicht unerwartet. So hatten uns die Perser die Engpässe Kilikiens, so auch die Ebenen Mesopotamiens, den Tigris und den Euphrat – denen einen haben wir durch eine Furt, den anderen auf einer Brücke überquert – als Schrecknisse dargestellt. (14) Durch ein Gerücht lässt sich keine Klarheit verschaffen; alles ist größer als in Wirklichkeit, wenn es etwas berichtet. Auch unser Ruhm, obwohl er doch sicher begründet ist, beruht dennoch mehr auf unserem Ruf als auf unseren Taten. (15) Wer hätte eben noch geglaubt, dass man Ungetümen, die wie ein Gebäude aussehen, dass man dem Fluss Hydaspes und allem Übrigen, das sich schlimmer anhört, als es in Wirklichkeit ist, standhalten kann? Bei Herakles, wir wären schon längst aus Asien geflohen, wenn uns Märchen hätten bezwingen können! (16) Glaubt ihr denn, dass die Elefantenherden hier größer sind als anderswo die Rinderherden, obwohl der Elefant doch ein seltenes Tier ist und sich nicht leicht fangen und noch viel schwerer zähmen lässt? (17) Nun aber hat dasselbe leere Geschwätz die Truppen an Fußsoldaten und Reitern gezählt. Denn je breiter ein Fluss sich ergießt, desto ruhiger tritt er aus. Wenn Flüsse nämlich zwischen engen Ufern eingeschlossen und in ein allzu enges Bett gepresst sind, dann strömen sie mit reißenden Fluten dahin; in einem breiten Flussbett dagegen ist ihr Lauf träger. (18) Außerdem lauert jede Gefahr nur am Ufer, wo der Feind die Leute erwartet, wenn sie mit den Schiffen anlegen. Deshalb wird stets die gleiche Gefahr für diejenigen bestehen, die an Land gehen – wie breit der Fluss nun auch immer sein mag. (19) Aber stellen wir uns einmal vor, all das sei wahr – erschreckt euch die Größe der Ungeheuer oder die Menge der Feinde? Was die Elefanten betrifft, so haben wir einen Beweis aus der Gegenwart: Sie sind gegen ihre eigenen Leute wütender angestürmt als gegen uns; ihre so riesigen Körper sind von Streitäxten und Sicheln verstümmelt worden. (20) Was aber macht es für einen Unterschied, ob es ebenso viele sind, wie Poros hatte, oder 3 000, wenn doch bekannt ist, dass die Übrigen fluchtartig abbiegen,

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in fugam declinari? (21) Dein paucos quoque [et] incommode regunt; congregata vero tot milia ipsa se elidunt, ubi nec stare nec fugere potuerint inhabiles vastorum corporum moles. Equidem sic animalia ista contempsi, ut, cum haberem ipse, non opposuerim, satis gnarus plus suis quam hostibus periculi inferre. (22) At enim equitum peditumque multitudo vos commovet! Cum paucis enim pugnare soliti estis et nunc primum inconditam sustinebitis turbam. (23) Testis adversus multitudinem invicti Macedonum roboris Granicus amnis et Cilicia inundata cruore Persarum et Arbela, cuius campi devictorum a nobis ossibus strati sunt. (24) Sero hostium legiones numerare coepistis, postquam solitudinem in Asia vincendo fecistis. Cum per Hellespontum navigaremus, de paucitate nostra cogitandum fuit: nunc nos Scythae sequuntur, Bactriana auxilia praesto sunt, Dahae Sogdianique inter nos militant. (25) Nec tamen illi turbae confido: vestras manus intueor, vestram virtutem rerum, quas gesturus sum, vadem praedemque habeo. Quamdiu vobiscum in acie stabo, nec mei nec hostium exercitus numero. Vos modo animos mihi plenos alacritatis ac fiduciae adhibete. (26) Non in limine operum laborumque nostrorum, sed in exitu stamus. Pervenimus ad solis ortum et Oceanum; nisi obstat ignavia, inde victores perdomito fine terrarum revertemur in patriam. Nolite, quod pigri agricolae faciunt, maturos fructus per inertiam amittere e manibus. (27) Maiora sunt periculis praemia: dives eadem et imbellis est regio. Itaque non tam ad gloriam vos duco quam ad praedam. Digni estis, qui opes, quas illud mare litoribus invehit, referatis in patriam, digni, qui nihil inexpertum, nihil metu omissum relinquatis. (28) Per vos gloriamque vestram, qua humanum fastigium exceditis, perque et mea

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sobald der eine oder andere verletzt ist? (21) Ferner lassen sich selbst wenige nur mit Mühe lenken; haben sich aber so viele Tausende zusammengeschart, so erdrücken sie sich selbst, wenn sie mit der plumpen Masse ihrer ungeschlachten Körper weder eine Möglichkeit zu stehen noch zu fliehen finden. Ich jedenfalls habe diese Tiere so zu verachten gelernt, dass ich sie nicht gegen den Feind aufstellen würde, wenn ich selbst welche hätte, weil ich zur Genüge weiß, dass sie für die eigenen Leute gefährlicher sind als für die Feinde. (22) Aber natürlich erschreckt euch die Menge der Reiter und Fußsoldaten! Denn ihr seid daran gewöhnt, mit wenigen zu kämpfen, und werdet nun zum ersten Mal einer ungeordneten Schar standhalten. (23) Zeugen dafür, dass die Kraft der Makedonen unbesiegbar ist, wenn sie gegen eine Menge kämpfen, sind der Fluss Granikos und Kilikien, das mit dem Blut der Perser getränkt ist, und Arbela, dessen Ebenen mit den Gebeinen derer bedeckt sind, die wir völlig besiegt haben. (24) Ihr habt spät damit begonnen, die Legionen der Feinde zu zählen, nachdem ihr Asien durch eure Siege in eine Einöde verwandelt habt. Als wir durch den Hellespont segelten, da hätte man sich über unsere geringe Anzahl Gedanken machen müssen! Jetzt folgen uns Skythen, baktrische Hilfstruppen sind uns zu Diensten, Daher und Sogdianer leisten Kriegsdienst in unseren Reihen. (25) Und dennoch vertraue ich jener Schar nicht. Auf eure Hände schaue ich, eure Tapferkeit habe ich als Bürgen und Gewährsmann für die Taten, die ich vollbringen will! Solange ich mit euch in der Schlachtreihe stehen werde, zähle ich weder meine Heere noch die meiner Feinde. Zeigt ihr mir nur euren freudigen Eifer und euer Vertrauen! (26) Wir stehen nicht an der Schwelle unserer Taten und Mühen, sondern an ihrem Ausgang. Wir sind bis zum Aufgang der Sonne und zum Ozean gelangt; wenn uns die Feigheit nicht im Weg steht, werden wir von dort als Sieger in die Heimat zurückkehren, nachdem wir das Ende der Welt völlig bezwungen haben. Lasst nicht wie faule Bauern die reifen Früchte durch Trägheit aus euren Händen entgleiten! (27) Die Belohnungen sind größer als die Gefahren! Die Gegend ist reich und unkriegerisch zugleich. Deshalb führe ich euch nicht so sehr zum Ruhm als vielmehr zur Beute. Ihr seid würdig, die Schätze, die jenes Meer an seine Küsten spült, in die Heimat zu bringen; ihr seid würdig, nichts zurückzulassen, das ihr nicht erprobt oder aus Furcht aufgegeben habt. (28) Bei euch und eurem Ruhm, der euch über menschliches Maß hinaushebt, bei meinen Verdiensten um euch und bei euren Verdiensten um mich –

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in vos et in me vestra merita, quibus invicti contendimus, oro quaesoque, ne humanarum rerum terminos adeuntem alumnum commilitonemque vestrum, ne dicam regem, deseratis. (29) Cetera vobis imperavi, hoc unum debiturus sum. Et is vos rogo, qui nihil umquam vobis praecepi, quin primus me periculis obtulerim, qui saepe aciem clipeo meo texi. Ne infregeritis in manibus meis palmam, qua Herculem Liberumque Patrem, si invidia afuerit, aequabo. (30) Date hoc precibus meis et tandem obstinatum silentium rumpite. Ubi est ille clamor, alacritatis vestrae index? ubi ille meorum Macedonum vultus? Non agnosco vos, milites, nec agnosci videor a vobiis. Surdas iamdudum aures pulso, aversos animos et infractos excitare conor.’ (31) Cumque illi in terram demissis capitibus tacere perseverarent, ‘Nescio quid’ inquit ‘in vos imprudens deliqui, quod me ne intueri quidem vultis. In solitudine mihi videor esse. Nemo respondet, nemo saltem negat. (32) Quos adloquor? quid autem postulo? Vestram gloriam et magnitudinem vindicamus. Ubi sunt illi, quorum certamen paulo ante vidi contendentium, qui potissimum vulnerati regis corpus exciperent? Desertus, destitutus sum, hostibus deditus. (33) Sed solus quoque ire perseverabo. Obicite me fluminibus et beluis et illis gentibus, quarum nomina horretis. Inveniam qui desertum a vobis sequantur: Scythae Bactrianique erunt mecum, hostes paulo ante, nunc milites nostri. (34) Mori praestat quam precario imperatorem esse. Ite reduces domos! ite deserto rege ovantes! Ego hic a vobis desperatae victoriae aut honestae morti locum inveniam.’ 3 (1) Ne sic quidem ulli militum vox exprimi potuit. Expectabant, ut duces principesque ad regem perferrent vulneribus et continuo labore militiae fatigatos non detrectare munia, sed sustinere non

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darum haben wir ja miteinander gewetteifert, ohne dass es einen Sieger gab –, bitte und beschwöre ich euch: Lasst euren Zögling und Kameraden – um nicht zu sagen, euren König – nicht im Stich, wenn er sich den Grenzen menschlicher Wohnsitze nähert! (29) Alles Übrige habe ich euch befohlen, dieses eine nur will ich euch verdanken. Und ich bitte euch darum als einer, der euch niemals etwas befohlen hat, ohne sich als Erster den Gefahren auszusetzen, und der oft mit seinem Schild die Schlachtreihe gedeckt hat. Zerbrecht nicht die Siegespalme in meinen Händen, mit der ich Herakles und Vater Bakchos gleichkommen werde, wenn es mir neidlos vergönnt ist! (30) Gewährt dies meinen Bitten und brecht endlich euer beharrliches Schweigen! Wo ist jenes wohlbekannte Jubelgeschrei, das Anzeichen für euren Eifer? Wo ist jener wohlbekannte Gesichtsausdruck meiner Makedonen? Ich kenne euch nicht wieder, Soldaten, und auch ihr scheint mich nicht zu kennen. Meine Rede stößt schon längst auf taube Ohren und ich versuche, euch zu aufzumuntern, obwohl ihr abweisend und entmutigt seid.“ (31) Und als jene die Köpfe zur Erde gesenkt hatten und beharrlich schwiegen, sprach er: „Irgendetwas muss ich unabsichtlich an euch verschuldet haben, dass ihr mich nicht einmal ansehen wollt. Ich glaube, ich bin in einer Einöde. Niemand antwortet, niemand sagt auch nur „nein“. (32) Zu wem spreche ich? Was verlange ich denn? Euren Ruhm und eure Größe fordere ich! Wo sind jene Leute, deren Wetteifer ich noch vor kurzem gesehen habe, als sie darum stritten, wer am ehesten den verwundeten König tragen dürfe? Ich bin verlassen, preisgegeben, den Feinden ausgeliefert! (33) Aber ich werde auch allein beharrlich weiterziehen. Werft mich den Flüssen, den Ungeheuern und jenen Stämmen vor, deren bloßer Namen euch schaudern lässt! Ich werde schon Leute finden, die mir folgen, wenn ihr mich verlassen habt: Skythen und Baktrianer werden mich begleiten, vor kurzem noch unsere Feinde, jetzt unsere Soldaten. (34) Es ist besser zu sterben, als nur aus Gnade Feldherr zu sein. Geht und kehrt nach Hause zurück! Geht und jubelt, nachdem ihr euren König verlassen habt! Ich werde hier einen Platz finden, um zu siegen – worauf ihr nicht mehr hofft – oder ehrenhaft zu sterben!“ 3 (1) Doch nicht einmal so konnte er irgendeinem Soldaten einen Laut entlocken. Sie warteten darauf, dass ihre Heerführer und Offiziere dem König vortrugen, sie seien von ihren Wunden und der ständigen Mühe des Kriegsdienstes erschöpft und würden daher ihre Pflichten nicht verweigern, sondern könnten sie nicht mehr auf

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posse. Ceterum illi metu attoniti in terram ora defixerant. (2) Igitur primo fremitus sua sponte, deinde gemitus quoque oritur, paulatimque liberius dolor erigi coepit manantibus lacrimis, adeo ut rex ira in misericordiam versa ne ipse quidem, quamquam cupierat, temperare oculis potuerit. (3) Tandem universa contione effusius flente Coenus ausus est cunctantibus ceteris propius tribunal accedere, significans se loqui velle. (4) Quem ut videre milites detrahentem galeam capiti – ita enim regem adloqui mos est – hortari coeperunt, ut causam exercitus ageret. (5) Tum Coenus ‘Dii prohibeant’ inquit ‘a nobis impias mentes! Et profecto prohibent: idem animus est tuis, qui fuit semper, ire quo iusseris, pugnare, periclitari, sanguine nostro commendare posteritati tuum nomen. Proinde si perseveras, inermes quoque et nudi et exangues, utcumque tibi cordi est, sequimur vel antecedimus. (6) Sed si audire vis non fictas tuorum militum voces, verum necessitate ultima expressas, praebe, quaeso, propitias aures imperium atque auspicium tuum constantissime secutis et, quocumque pergis, secuturis. (7) Vicisti, rex, magnitudine rerum non hostes modo sed etiam milites. Quicquid mortalitas capere poterat, implevimus. Emensis maria terrasque melius nobis quam incolis omnia nota sunt. (8) Paene in ultimo mundi fine consistimus. In alium orbem paras ire et Indiam quaeris Indis quoque ignotam. Inter feras serpentesque degentes eruere ex latebris et cubilibus suis expetis, ut plura quam sol videt victoria lustres. (9) Digna prorsus cogitatio animo tuo, sed altior nostro. Virtus enim tua semper ‹in› incremento erit, nostra vis iam in fine est. (10) Intuere corpora exanguia, tot perfossa vulneribus, tot cicatricibus putria. Iam tela hebetia sunt, iam arma deficiunt. Vestem Persicam induti, quia

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sich nehmen. Aber jene waren vor Furcht betäubt und hatten ihren Blick starr zu Boden gerichtet. (2) Da erhob sich zuerst ganz von selbst ein Murmeln, dann auch ein Stöhnen und allmählich brach ihr Schmerz freier hervor und ihre Tränen flossen, sodass der Zorn des Königs in Mitleid umschlug und dann nicht einmal er selbst seine Tränen zurückhalten konnte, obwohl er es gern gewollt hätte. (3) Als schließlich die ganze Heeresversammlung immer heftiger weinte, wagte es Koinos, sich der Tribüne zu nähern, während alle Übrigen noch zögerten, und deutete an, dass er sprechen wolle. (4) Sobald die Soldaten sahen, wie er seinen Helm abnahm – denn so verlangt es der Brauch, den König anzusprechen –, forderten sie ihn auf, die Sache des Heeres zu vertreten. (5) Da sprach Koinos: „Mögen die Götter uns vor frevelhaften Gedanken bewahren! Und sie tun es in der Tat! Wir, deine Leute, haben dieselbe Absicht wie früher, nämlich zu gehen, wohin du befiehlst, zu kämpfen, uns in Gefahr zu begeben und mit unserem Blut deinen Namen der Nachwelt zu überliefern. Wenn du also darauf bestehst, so folgen wir dir auch unbewaffnet, nackt und ausgeblutet – wie es dir auch immer gefällt – oder wir ziehen dir voran. (6) Wenn du aber von deinen Soldaten keine Heucheleien hören willst, sondern das, was die äußerste Notlage zu sagen uns zwingt, so schenke – ich bitte dich – den Leuten gnädig Gehör, die deinem Befehl und Kommando mit größter Standhaftigkeit gefolgt sind und weiterhin folgen werden, wohin auch immer du dich aufmachst. (7) Du hast, oh König, durch deine großen Taten nicht nur deine Feinde, sondern auch deine eigenen Soldaten besiegt. Alles, was sterbliche Menschen zu leisten vermochten, haben wir erfüllt. Nachdem wir Meere und Länder durchzogen haben, ist uns alles besser bekannt als den Einwohnern selbst. (8) Wir stehen fast am äußersten Ende der Welt. Du beabsichtigst, in eine andere Welt zu gehen, und suchst ein Indien, das sogar den Indern unbekannt ist. Du strebst danach, Menschen, die unter wilden Tieren und Schlangen leben, aus ihren Schlupfwinkeln und Lagerstätten aufzustöbern, um mehr Länder siegreich zu durchwandern als die Sonne sieht. (9) Dieses Denken ist deiner ganz und gar würdig, aber zu erhaben für uns. Denn deine Tüchtigkeit wird immer wachsen, unsere Kraft aber ist schon zu Ende. (10) Betrachte die ausgebluteten Körper, die von so vielen Wunden durchbohrt, von so vielen Narben zermürbt sind. Schon sind unsere Wurfgeschosse stumpf, schon gehen uns die Waffen aus. Wir tragen persische Kleidung, weil man die heimische nicht herbeischaffen kann,

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domestica subvehi non potest, in externum degeneravimus cultum. (11) Quoto cuique lorica est? quis equum habet? Iube quaeri, quam multos servi ipsorum persecuti sint, quid cuique supersit ex praeda. Omnium victores omnium inopes sumus. Nec luxuria laboramus, sed bello instrumenta belli consumpsimus. (12) Hunc tu pulcherrimum exercitum nudum obicies beluis? Quarum ut multitudinem augeant de industria barbari, magnum tamen esse numerum etiam ex mendacio intellego. (13) Quodsi adhuc penetrare in Indiam certum est, regio a meridie minus vasta est; qua subacta licebit decurrere in illud mare, quod rebus humanis terminum voluit esse natura. (14) Cur circuitu petis gloriam, quae ad manum posita est? Hic quoque occurrit Oceanus. Nisi mavis errare, pervenimus, quo tua fortuna ducit. (15) Haec tecum quam sine te cum his loqui malui, non uti inirem circumstantis exercitus gratiam, sed ut vocem loquentium potius quam gemitum murmurantium audires.’ (16) Ut finem orationi Coenus imposuit, clamor undique cum ploratu oritur regem, patrem, dominum confusis appellantium vocibus. (17) Iamque et alii duces praecipueque seniores, quis ob aetatem et excusatio honestior erat et auctoritas maior, eadem precabantur. (18) Ille nec castigare obstinatos nec mitigari poterat iratus. Itaque inops consilii desiluit e tribunali claudique regiam iussit omnibus praeter adsuetos adire prohibitis. (19) Biduum irae datum est. Tertio die processit e regia ‹erigi›que duodecim aras ex quadrato saxo, monumentum expeditionis suae, munimenta quoque castrorum iussit extendi cubiliaque amplioris formae quam pro corporum habitu relinqui, ut speciem omnium augeret, posteritati fallax miraculum praeparans. (20) Hinc repetens, quae emensus erat, ad flumen Acesinen locat castra.

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und haben uns so zu fremder Lebensweise herabwürdigen lassen. (11) Wie wenige besitzen noch einen Panzer? Wer hat noch ein Pferd? Lass fragen, wie vielen Soldaten eigene Sklaven gefolgt sind und was jeder von der Beute noch übrig hat! Wir, die Sieger über alle, leiden Mangel an allem. Und wir leiden nicht wegen unserer Schwelgerei, sondern wir haben im Krieg die Mittel zum Krieg aufgebraucht. (12) Willst du dieses herrliche Heer nackt den Ungetümen vorwerfen? Mögen die Barbaren deren Menge auch absichtlich vergrößern – dass es dennoch eine große Zahl ist, erkenne ich auch an der Lüge. (13) Wenn es also wirklich beschlossen ist, noch weiter nach Indien vorzudringen, so ist die Gegend im Süden weniger wüst. Nach ihrer Unterwerfung wird es uns möglich sein, zu jenem Meer hinabzuziehen, das nach dem Willen der Natur die Grenze menschlicher Wohnsitze markiert. (14) Warum erstrebst du auf einem Umweg den Ruhm, der zum Greifen nahe liegt? Auch hier stößt man auf den Ozean. Wenn du nicht lieber in die Irre gehen willst, dann sind wir schon dorthin gelangt, wohin dich dein Schicksal führt. (15) Dies wollte ich lieber mit dir als in deiner Abwesenheit mit diesen Leuten hier besprechen – nicht um mir die Gunst des umstehenden Heeres zu erwerben, sondern damit du lieber offen ausgesprochene Worte als gemurmeltes Stöhnen vernimmst.“ (16) Sobald Koinos seine Rede beendet hatte, erhob sich von allen Seiten lautes Geschrei und Wehklagen unter den Soldaten, die Alexander wild durcheinander als ihren König, Vater und Herrn anriefen. (17) Und schon erbaten auch die anderen Heerführer, besonders die bejahrteren, die wegen ihres Alters einen ehrenvolleren Grund zur Entschuldigung hatten und größeren Einfluss besaßen, dasselbe. (18) Jener konnte sie in ihrer Entschlossenheit weder tadeln noch sich selbst in seinem Zorn besänftigen lassen. Deshalb sprang er ratlos von der Tribüne, ließ das Königszelt schließen und verwehrte allen außer seinen Vertrauten den Zutritt. (19) Zwei Tage lang überließ er sich seinem Zorn. Am dritten Tag trat er aus dem Königszelt und ließ zwölf Altäre6 aus Quaderstein als Denkmal seines Feldzuges errichten. Außerdem befahl er, auch die Verschanzung des Lagers auszudehnen und Lagerstätten von größerem Umfang, als es ihrem Körperbau entsprach, zu hinterlassen, um allem einen größeren Anschein zu geben. So schuf er für die Nachwelt ein trügerisches und wunderbares Bild. (20) Hierauf suchte er die Gegend wieder auf, die er bereits durchzogen hatte, und schlug beim Fluss Akesines sein Lager auf. Dort starb zufällig Koinos an

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Ibi forte Coenus morbo extinctus est; cuius morte ingemuit quidem rex, adiecit tamen propter paucos dies longam orationem eum exorsum, tamquam solus Macedoniam visurus esset. (21) Iam in aqua classis, quam aedificari iusserat, stabat. Inter haec Memnon ex Thracia in supplementum equitum V milia, praeter eos ab Harpalo peditum VII milia adduxerat armaque XXV milibus auro et argento caelata pertulerat. (22) Quis distributis vetera cremari iussit. Mille navigiis aditurus Oceanum discordesque et vetera odia retractantes Porum et Taxilen, Indiae reges, firmatae per adfinitatem gratiae reliquit in suis regnis, summo in aedificanda classe amborum studio usus. (23) Oppida quoque duo condidit, quorum alterum Nicaeam appellavit, alterum Bucephalam, equi, quem amiserat, memoriae ac nomini dedicans urbem. (24) Elephantis deinde et impedimentis terra sequi iussis secundo amne defluxit quadraginta ferme stadia singulis diebus procedens, ut opportunis locis exponi subinde copiae possent. 4 (1) Perventum erat in regionem, in qua Hydaspes amnis Acesini committitur. Hinc decurrit in fines Siborum. (2) Hi de exercitu Herculis maiores suos esse memorant: aegros relictos [esse] cepisse sedem, quam ipsi obtinebant. (3) Pelles ferarum pro veste, clavae tela erant, multaque etiam, cum Graeci mores exolevissent, stirpis ostendebant vestigia. (4) Hinc escensione facta CC et L stadia excessit depopulatusque regionem oppidum, caput eius, corona cepit. (5) XL milia peditum alia gens in ripa fluminum opposuerat; quae amne superato in fugam compulit inclusosque moenibus expugnat. Puberes interfecti sunt, ceteri venierunt. (6) Alteram deinde urbem expugnare adortus magnaque vi defendentium pulsus multos Macedonum amisit. Sed cum in obsidione perseverasset, oppidani

Geschichte Alexanders des Großen 9,3,20–9,4,6

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einer Krankheit. Der König beklagte zwar seinen Tod, fügte jedoch hinzu, dass er nun wegen der wenigen Tage die lange Rede gehalten habe, als ob er allein Makedonien hätte wiedersehen wollen. (21) Schon lag die Flotte, die er hatte bauen lassen, im Wasser vor Anker. Unterdessen hatte Memnon aus Thrakien zur Verstärkung 5 000 Reiter und außerdem von Harpalos 7 000 Fußsoldaten herbeigeführt und 25 000 Rüstungen, die aus Gold und Silber getrieben waren, überbracht. (22) Nach ihrer Verteilung befahl Alexander, die alten Rüstungen zu verbrennen. Weil er mit 1 000 Schiffen zum Ozean fahren wollte, ließ er die indischen Könige Poros und Taxiles, die im Zwist miteinander lagen und deren alter Hass neu aufflammte, in ihren Reichen zurück. Zuvor hatte er sein gutes Verhältnis zu ihnen durch verwandtschaftliche Beziehungen gefestigt und beim Bau der Flotte ihre eifrige Unterstützung in Anspruch genommen. (23) Er gründete auch zwei Städte, von denen er die eine Nikaia und die andere Bukephala nannte und sie somit dem Gedenken und dem Namen des Pferdes7 weihte, das er verloren hatte. (24) Als er befohlen hatte, dass die Elefanten und der Tross auf dem Landweg folgen sollten, fuhr er dann flussabwärts und legte täglich ungefähr vierzig Stadien zurück, sodass an geeigneten Orten immer wieder Truppen an Land gehen konnten. 4 (1) Man war in die Gegend gelangt, wo sich der Fluss Hydaspes mit dem Akesines vereinigt. Von hier fließt er ins Gebiet der Siber hinab. (2) Diese erzählen, dass ihre Vorfahren aus dem Heer des Herakles stammten; sie seien krank zurückgelassen worden und hätten den Wohnsitz in Besitz genommen, den sie jetzt selbst noch innehatten. (3) Felle8 dienten ihnen als Kleidung, Keulen als Waffen und auch vieles andere zeigte noch die Spuren ihrer Herkunft, obwohl die griechischen Bräuche verschwunden waren. (4) Nach der Landung marschierte Alexander von hier aus 250 Stadien weiter, verwüstete die Gegend und eroberte dann ihre Hauptstadt durch einen Belagerungsring. (5) Ein anderer Stamm hatte am Ufer der Flüsse 40 000 Fußsoldaten gegen ihn aufgestellt. Nach der Überschreitung des Flusses schlug er diese in die Flucht, schloss sie in den Mauern ihrer Stadt ein und eroberte diese. Die erwachsenen Männer wurden getötet, alle übrigen Bewohner verkauft. (6) Dann ging er daran, eine andere Stadt zu erobern, wurde aber durch die heftige Gegenwehr der Verteidiger zurückgeschlagen und verlor viele Makedonen. Da er jedoch die Belagerung fortsetzte, gaben die Stadtbewohner die Hoffnung auf ihre Rettung auf, legten Feuer an

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desperata salute ignem subiecere tectis seque ac liberos coniugesque incendio cremant. (7) Quod cum ipsi augerent, hostes extinguerent, nova forma pugnae erat: delebant incolae urbem, hostes defendebant. Adeo etiam naturae iura bellum in contrarium mutat. (8) Arx erat oppidi intacta, in qua praesidium dereliquit. Ipse navigiis circumvectus arcem. Quippe III flumina tota India praeter Gangen maxima munimento arcis adplicant undas: a septentrione Indus adluit, a meridie Acesines Hydaspi confunditur. (9) Ceterum amnium coetus maritimis similes fluctus movet, multoque ac turbido limo, quod aquarum concursu subinde turbatur, iter, qua meatur navigiis, in tenuem alveum cogitur. (10) Itaque cum crebri fluctus se inveherent et navium hinc proras, hinc latera pulsarent, subducere nautae vela coeperunt. Sed ministeria eorum hinc aestu, hinc praerapida celeritate fluminum occupantur. (11) In oculis omnium duo maiora navigia submersa sunt; leviora, cum et ipsa nequirent regi, in ripam tamen innoxia expulsa sunt. Ipse rex in rapidissimos vertices incidit, quibus intorta navis obliqua et gubernaculi impatiens agebatur. (12) Iam vestem detraxerat corpori proiecturus semet in flumen, amicique, ut exciperent eum, haud procul nabant, apparebatque anceps periculum tam nataturi quam navigare perseverantis. (13) Ergo ingenti certamine concitant remos, quantaque vis humana esse poterat admota est, ut fluctus, qui se invehebant, everberarentur. (14) Findi crederes undas et retro gurgites cedere. Quibus tandem navis erepta non tamen ripae adplicatur, sed in proximum vadum inliditur. Cum amne bellum fuisse crederes. Ergo aris pro numero fluminum positis sacrificioque facto XXX stadia processit. (15) Inde ventum est in regionem Sudracarum Mallorumque, quos alias bellare inter se solitos tunc periculi societas iunxerat. Nonaginta milia iuniorum peditum in armis erant, praeter hos equi-

Geschichte Alexanders des Großen 9,4,6–9,4,15

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die Häuser und verbrannten sich zusammen mit ihren Kindern und Frauen. (7) Da sie selbst den Brand schürten, die Feinde ihn aber löschten, kam es zu einer neuen Art von Kampf: Die Einwohner zerstörten die Stadt, die Feinde verteidigten sie. So sehr verkehrt der Krieg selbst die natürlichen Verhältnisse in ihr Gegenteil. (8) Die Burg der Stadt war unversehrt und Alexander ließ in ihr eine Besatzung zurück. Er selbst umfuhr die Burg mit Schiffen. Denn die drei größten Flüsse in ganz Indien mit Ausnahme des Ganges schlagen mit ihren Wellen an die Verschanzung der Burg: Im Norden bespült sie der Indus, im Süden ergießt sich der Akesines in den Hydaspes. (9) Die Vereinigung der Flüsse bewirkt jedoch Wogen, die denen des Meeres ähneln, und durch den vielen trüben Schlamm, der von den zusammenströmenden Wassern immer wieder aufgewirbelt wird, verengt sich der Fahrweg für die Schiffe zu einem schmalen Bett. (10) Als demnach die Wogen häufig heranströmten und teils an den Bug, teils an die Seite der Schiffe schlugen, machten sich die Seeleute daran, die Segel zu reffen. Aber ihre Arbeit wurde teils von der Flut, teils von der überaus reißenden Strömung der Flüsse behindert. (11) Vor aller Augen versanken zwei größere Schiffe; die leichteren wurden unversehrt ans Ufer getrieben, obwohl auch sie sich nicht mehr steuern ließen. Der König selbst geriet in die reißendsten Strudel, von denen das Schiff herumgewirbelt wurde und dann in Schräglage dahintrieb, ohne dem Steuerruder zu gehorchen. (12) Schon hatte er sein Gewand abgelegt, um sich in den Fluss zu stürzen, und seine Vertrauten schwammen nicht weit entfernt, um ihn aufzufangen. In beiden Fällen drohte offensichtlich Gefahr, ob er nun schwimmen wollte oder seine Fahrt fortsetzte. (13) Also setzten sie mit ungeheurem Wetteifer die Ruder in Bewegung und wandten alle Kraft an, die Menschen zur Verfügung steht, sodass die heranströmenden Wogen aufgepeitscht wurden. (14) Man hätte glauben können, dass die Wellen sich spalteten und die Strudel zurückwichen. Als man ihnen endlich das Schiff entrissen hatte, landete es dennoch nicht am Ufer, sondern wurde in die nächste Untiefe getrieben. Man hätte glauben können, Krieg mit dem Fluss geführt zu haben. Deshalb ließ Alexander entsprechend der Anzahl der Flüsse Altäre aufstellen, opferte und zog dann dreißig Stadien weiter. (15) Von dort gelangte man ins Gebiet der Sudraker und Maller, die sich sonst gewöhnlich bekämpften, jetzt aber in der gemeinsamen Gefahr verbündet hatten. 90 000 ziemlich junge Fußsoldaten standen unter Waffen, außerdem 10 000 Reiter

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tum X milia nongentaeque quadrigae. (16) At Macedones, qui omni discrimine iam defunctos se esse crediderant, postquam integrum bellum cum ferocissimis Indiae gentibus superesse cognoverunt, improviso metu territi rursus seditiosis vocibus regem increpare coeperunt: (17) Gangen amnem et, quae ultra essent, coactum transmittere non tamen finisse, sed mutasse bellum. Indomitis gentibus se obiectos, ut sanguine suo aperirent ei Oceanum. (18) Trahi extra sidera et solem cogique adire, quae mortalium oculis natura subduxerit. Novis identidem armis novos hostes existere. Quos ut omnes fundant fugentque, quod praemium ipsos manere? caliginem ac tenebras et perpetuam noctem profundo incubantem mari, repletum immanium beluarum gregibus fretum, immobiles undas, in quibus emoriens natura defecerit. (19) Rex non sua, sed militum sollicitudine anxius contione advocata docet imbelles esse, quos metuant. Nihil deinde praeter has gentes obstare, quominus terrarum spatia emensi ad finem simul mundi laborumque perveniant. (20) Cessisse ‹se› illis metuentibus Gangen et multitudinem nationum, quae ultra amnem essent; declinasse iter eo, ubi par gloria, minus periculum esset. (21) Iam prospicere se Oceanum, iam perflare ad ipsos auram maris. Ne inviderent sibi laudem, quam peteret. Herculis et Liberi Patris terminos transituros illos, regi suo parvo impendio immortalitatem famae daturos. Paterentur se ex India redire, non fugere. (22) Omnis multitudo et maxime militaris mobili impetu effertur: ita seditionis non remedia quam principia maiora sunt. (23) Non alias tam alacer clamor ab exercitu est redditus iubentium, duceret dis secundis aequaretque gloria, quos aemularetur. Laetus

Geschichte Alexanders des Großen 9,4,15–9,4,23

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und 900 vierspännige Wagen. (16) Die Makedonen hatten geglaubt, jede Gefahr überstanden zu haben. Als sie nun aber erkannt hatten, dass ein neuer Krieg mit den wildesten Stämmen Indiens noch bevorstehe, wurden sie plötzlich von Furcht ergriffen und begannen, den König erneut mit aufrührerischen Worten zu schmähen: (17) Er sei zwar gezwungen worden, den Ganges und alle Länder, die jenseits davon lägen, aufzugeben, habe aber dennoch den Krieg nicht beendet, sondern nur den Schauplatz geändert. Sie selbst seien unbezwungenen Stämmen vorgeworfen worden, damit sie ihm mit ihrem Blut den Ozean erschlössen. (18) Sie müssten bis hinter die Sterne und die Sonne ziehen und würden gezwungen, Länder aufzusuchen, welche die Natur den Augen der Sterblichen entzogen habe. Für immer neue Waffen entstünden stets neue Feinde. Und selbst wenn sie all diese besiegten und in die Flucht schlügen, welcher Lohn erwarte sie dann? Nebel, Dunkelheit und ständige Nacht, die über dem tiefen Meer liege, eine See voll von Scharen riesiger Ungetüme und unbewegliche Wellen, in denen die ersterbende Natur ihre Kraft verloren habe. (19) Der König war besorgt – nicht weil er selbst beunruhigt war, sondern wegen der Unruhe seiner Soldaten – und erklärte nach Einberufung einer Heeresversammlung, dass die Leute unkriegerisch seien, vor denen sie sich fürchteten. Ferner stehe ihnen außer diesen Stämmen nichts mehr im Wege, um gleichzeitig zum Ende der Welt und zum Ende ihrer Mühen zu gelangen, nachdem sie weite Länder durchzogen hätten. (20) Er habe wegen ihrer Furcht schon auf den Ganges und die Menge an Völkern verzichtet, die jenseits des Flusses lägen. Er habe einen Weg dorthin eingeschlagen, wo der gleiche Ruhm sei, aber weniger Gefahr herrsche. (21) Schon erblicke er in der Ferne den Ozean, schon wehe die Meeresluft zu ihnen hin. Sie sollten ihm seinen Ruf nicht missgönnen, den er erstrebe. Mit der Überschreitung der Grenzen, die Herakles und Vater Bakchos erreicht hätten, würden sie ihrem König mit geringem Aufwand den Ruf der Unsterblichkeit verleihen. Sie sollten doch zulassen, dass er aus Indien zurückkehre und nicht fliehe! (22) Jede Menschenmenge – und besonders, wenn sie aus Soldaten besteht – lässt sich durch schwungvolle Begeisterung mitreißen. So ist es auch nicht schwieriger, eine Meuterei zu beenden, als sie anzuzetteln. (23) Niemals sonst kam vom Heer so begeistertes Jubelgeschrei wie jetzt, als die Soldaten ihn aufforderten, er solle sie mit dem Beistand der Götter führen und den Leuten an Ruhm gleichkommen, denen er nacheifere. Ale-

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his adclamationibus ad hostes protinus castra movit. (24) Validissimae Indorum gentes erant et bellum impigre parabant ducemque ex natione Sudracarum spectatae virtutis elegerant. Qui sub radicibus montis castra posuit lateque ignes, ut speciem multitudinis augeret, ostendit, clamore quoque ac sui moris ululatu identidem adquiescentes Macedonas frustra terrere conatus. (25) Iam lux adpetebat, cum rex fiduciae ac spei plenus alacres milites arma capere et exire in aciem iubet. Sed – haud traditur metune an oborta seditione inter ipsos – subito profugerunt barbari; (26) certe avios montes et impeditos occupaverunt. Quorum agmen rex frustra persecutus impedimenta cepit. Perventum deinde est ad oppidum Sudracarum, in quod plerique confugerant, haud maiore fiducia moenium quam armorum. (27) Iam admovebat rex, cum vates monere eum coepit, ne committeret aut certe differret obsidionem: vitae eius periculum ostendi. (28) Rex Demophontem – is namque vates erat – intuens ‘Si quis’ inquit ‘te arti tuae intentum et exta spectantem sic interpellet, non dubitem, quin incommodus ac molestus videri tibi possit.’ (29) Et cum ille ita prorsus futurum respondisset, ‘Censesne’ inquit ‘tantas res, non pecudum fibras ante oculos habenti ullum esse maius impedimentum quam vatem superstitione captum?’ (30) Nec diutius quam respondit moratus admoveri iubet scalas cunctantibusque ceteris evadit in murum. Angusta muri corona erat: non pinnae, sicut alibi, fastigium eius distinxerant, sed perpetua lorica obducta transitum saepserat. (31) Itaque rex haerebat magis quam stabat in margine clipeo undique incidentia tela propulsans; (32) nam undique eminus ex turribus petebatur, nec subire milites poterant, quia superne vi telorum obruebantur. Tandem magnitudinem [telorum]

Geschichte Alexanders des Großen 9,4,23–9,4,32

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xander war erfreut über diese Zurufe und rückte sogleich gegen die Feinde vor. (24) Es waren dies die stärksten Stämme der Inder. Sie rüsteten unverdrossen zum Krieg und hatten als Heerführer einen Mann aus dem Volk der Sudraker von bewährter Tapferkeit gewählt. Dieser schlug sein Lager am Fuß eines Berges auf und ließ weithin seine Lagerfeuer sehen, um den Anschein zu erwecken, als habe er eine größere Menge an Soldaten. Dabei versuchte er auch vergeblich, mit Geschrei und Geheul, wie es bei ihnen Brauch ist, die Makedonen, die gerade rasteten, immer wieder zu erschrecken. (25) Schon brach der Tag an, als der König voll Zuversicht und Hoffnung seinen eifrigen Soldaten befahl, die Waffen zu ergreifen und zur Schlacht ausziehen. Aber plötzlich – es wird nicht überliefert, ob aus Furcht oder weil sich bei ihnen ein Aufstand erhoben hatte – flohen die Barbaren. (26) Jedenfalls besetzten sie die abgelegenen und unzugänglichen Berge. Als der König ihre Heerschar vergeblich verfolgt hatte, bemächtigte er sich ihres Trosses. Dann gelangte man zur Stadt der Sudraker, in die sich die meisten geflüchtet hatten, ohne jedoch größeres Vertrauen in die Stadtmauern als in ihre Waffen zu setzen. (27) Schon rückte der König heran, als ein Seher begann, ihn zu mahnen, er solle die Belagerung nicht durchführen oder doch wenigstens aufschieben: Es drohe Gefahr für sein Leben. (28) Der König schaute Demophon an – denn so hieß der Seher – und sagte: „Wenn dich jemand so unterbräche, während du dich aufmerksam deiner Kunst widmest und die Eingeweide betrachtest, dann zweifle ich wohl nicht daran, dass er dir unbequem und lästig erscheinen würde.“ (29) Und als jener dies in seiner Antwort bejaht hatte, sprach er: „Meinst du, dass es für einen, der so große Taten und nicht Tiereingeweide vor Augen hat, irgendein größeres Hindernis geben kann, als einen Seher, der vom Aberglauben befangen ist?“ (30) Und er hielt sich nicht länger auf, als er zur Antwort brauchte, ließ die Sturmleitern anlegen und erklomm die Mauer, während die Übrigen noch zögerten. Der Mauerkranz war schmal und oben nicht mit Zinnen verziert so wie anderswo, sondern eine ohne Unterbrechung vorgezogene Brustwehr versperrte den Übergang. (31) Deshalb hing der König mehr an dem Rand, als dass er darauf stand, und wehrte mit seinem Schild die Wurfgeschosse ab, die von überall her zu ihm heranflogen. (32) Denn von allen Seiten zielte man aus der Ferne von den Türmen auf ihn und die Soldaten konnten nicht herankommen, weil sie von oben mit einem Geschosshagel überschüttet wurden. Schließ-

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periculi pudor vicit: quippe cernebant cunctatione sua dedi hostibus regem. (33) Sed festinando morabantur auxilia. Nam dum pro se quisque certat evadere, oneravere scalas; quis non sufficientibus devoluti unicam spem regis fefellerunt. Stabat enim in conspectu tanti exercitus velut in solitudine destitutus. 5 (1) Iamque laevam, qua clipeum ad ictus circumferebat, lassaverat clamantibus amicis, ut ad ipsos desiliret, stabantque excepturi, cum ille rem ausus est incredibilem atque inauditam multoque magis ad famam temeritatis quam gloriae insignem. (2) Namque in urbem hostium plenam praecipiti saltu semet ipse immisit, cum vix sperare posset dimicantem certe et non inultum esse moriturum: quippe antequam adsurgeret, opprimi poterat et capi vivus. (3) Sed forte ita libraverat corpus, ut se pedibus exciperet. Itaque stans init pugnam, et, ne circumiri posset, fortuna providerat. (4) Vetusta arbor haud procul muro ramos multa fronde vestitos velut de industria regem protegentes obiecerat. Huius spatioso stipiti corpus, ne circumiri posset, adplicuit clipeo tela, quae ex adverso ingerebantur, excipiens. (5) Nam cum [comminus] unum procul tot manus peterent, nemo tamen audebat propius accedere; missilia ramis plura quam clipeo incidebant. (6) Pugnabat pro rege primum celebrati nominis fama, deinde desperatio, magnum ad honeste moriendum incitamentum. (7) Sed cum subinde hostis adflueret, iam ingentem vim telorum exceperat clipeo, iam galeam saxa perfregerant, iam continuo labore gravata genua succiderant. (8) Itaque contemptim et incaute, qui proximi steterant, incurrerunt; e quibus duos gladio ita excepit, ut ante ipsum exanimes procumberent. Nec cuiquam deinde propius incessendi eum animus fuit: procul iacula sagittasque mittebant. (9) Ille ad omnes ictus expositus non aegre tamen

Geschichte Alexanders des Großen 9,4,32–9,5,9

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lich siegte ihre Beschämung über die große Gefahr, denn sie sahen, dass durch ihr Zögern der König den Feinden ausgeliefert wurde. (33) Aber durch ihre Eile verzögerte sich die Hilfe. Denn während jeder für sich darum wetteiferte, hinaufzusteigen, überlasteten sie die Leitern. Weil diese dem Gewicht nicht gewachsen waren, stürzten die Soldaten herab und nahmen damit dem König seine einzige Hoffnung. Denn er stand vor den Augen eines so großen Heeres wie in einer Einöde verlassen da. 5 (1) Und schon war seine Linke ermüdet, mit der er den Schild ringsum gegen die Schüsse wandte, während seine Vertrauten riefen, er solle zu ihnen herabspringen; und sie standen bereit, um ihn aufzufangen, als jener eine unglaubliche und unerhörte Tat wagte, die ihm viel eher den Ruf der Unbesonnenheit als echten Ruhm einbringen musste. (2) Denn er stürzte sich mit jähem Sprung in die Stadt voller Feinde, obwohl er kaum hoffen konnte, dort wenigstens im Kampf und nicht ungerächt zu sterben. Ehe er sich nämlich erhob, hätte er überwältigt und lebendig gefangen genommen werden können. (3) Aber er hatte sich zufällig so im Gleichgewicht gehalten, dass er auf die Füße zu stehen kam. Deshalb begann er den Kampf im Stehen und das Glück hatte Vorkehrungen getroffen, damit man ihn nicht umzingeln könne. (4) Ein alter Baum hatte nicht weit von der Mauer entfernt seine dicht belaubten Äste ausgebreitet, als ob sie den König absichtlich beschützen wollten. Er lehnte sich an den mächtigen Stamm dieses Baumes, damit man ihn nicht umzingeln könne, und fing mit dem Schild die Wurfgeschosse ab, die ihm von vorne entgegenflogen. (5) Denn obwohl so viele Hände von ferne auf einen einzigen Mann zielten, wagte dennoch niemand, näher heranzugehen. Die Geschosse trafen mehr in die Äste als auf den Schild. (6) Für den König kämpften zuerst sein Ruf und sein gefeierter Name, dann seine Verzweiflung – ein großer Ansporn zu einem ehrenhaften Tod. (7) Als aber die Feinde allmählich heranströmten, hatte er schon eine riesige Menge an Wurfgeschossen mit dem Schild abgefangen, hatten schon Steine seinen Helm zerschmettert und seine Knie schon nachgegeben, weil sie von der andauernden Mühe schwer geworden waren. (8) Deshalb rannten die Nächststehenden geringschätzig und unvorsichtig herbei. Zwei von ihnen empfing er so mit dem Schwert, dass sie leblos vor ihm niederfielen. Und danach hatte niemand mehr den Mut, ihn aus größerer Nähe anzugreifen; von fern entsandten sie Wurfspeere und Pfeile. (9) Obwohl jener allen Schüssen ausgesetzt und in die Knie

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exceptum poplitibus corpus tuebatur, donec Indus duorum cubitorum sagittam – namque Indis, ut antea diximus, huius magnitudinis sagittae erant – ita excussit, ut per thoracem paulum super latus dexterum infigeret. (10) Quo vulnere adflictus magna vi sanguinis emicante remisit arma moribundo similis adeoque resolutus, ut ne ad vellendum quidem telum sufficeret dextra. (11) Itaque ad spoliandum corpus, qui vulneraverat, alacer gaudio accurrit. Quem ut inicere corpori suo manus sensit, credo, ultimi dedecoris indignitate commotus linquentem revocavit animum et nudum hostis latus subiecto mucrone hausit. (12) Iacebant circa regem tria corpora procul stupentibus ceteris. Ille ut, antequam ultimus spiritus deficeret, dimicans tamen extingueretur, clipeo se adlevare conatus est, (13) et, postquam ad conitendum nihil supererat virium, dextera impendentes ramos complexus temptabat adsurgere. Sed ne sic quidem potens corporis rursus in genua procumbit manu provocans hostes, si quis congredi auderet. (14) Tandem Peucestes per aliam oppidi partem deturbatis propugnatoribus muri vestigia persequens regis supervenit. (15) Quo conspecto Alexander iam non vitae salutem, sed mortis solacium supervenisse ratus clipeo fatigatum corpus excepit. Subinde Timaeus et paulo post Leonnatus, huic Aristonus supervenit. (16) Indi quoque, cum intra moenia regem esse comperissent, omissis ceteris illuc concurrerunt urgebantque protegentes. Ex quibus Timaeus multis adverso corpore vulneribus acceptis egregiaque edita pugna cecidit; (17) Peucestes quoque tribus iaculis confossus non se tamen scuto, sed regem tuebatur; Leonnatus, dum avide ruentes barbaros submovet, cervice graviter icta semianimis procubuit ante regis pedes. (18) Iam et Peucestes vulneribus fatigatus submiserat clipeum. In Aristono spes ultima haerabat. Hic quo-

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gesunken war, schützte er sich dennoch ohne große Mühe, bis ein Inder einen zwei Ellen langen Pfeil – denn die Inder besaßen, wie vorher erwähnt, Pfeile von dieser Länge – so abschoss, dass er durch den Brustpanzer schlug und ein wenig oberhalb der rechten Seite stecken blieb. (10) Dadurch verwundet ließ er, während ein heftiger Blutstrom hervorschoss, die Waffen sinken, einem Sterbenden ähnlich, und er war so entkräftet, dass seine Rechte nicht einmal das Wurfgeschoss herauszuziehen vermochte. (11) Deshalb rannte derjenige, der ihn verwundet hatte, voll Freude und Eifer herbei, um ihm die Rüstung abzunehmen. Sobald Alexander jedoch fühlte, dass er Hand an ihn legte – so glaube ich –, war er empört über diese äußerste Schmach, rief sein schwindendes Bewusstsein zurück und durchbohrte von unten mit dem Dolch die nackte Seite des Feindes. (12) Rings um den König lagen drei Leichen, während die übrigen Leute starr in der Ferne blieben. Um wenigstens im Kampf zu sterben, bevor ihm der letzte Atemzug entwich, versuchte jener, sich mithilfe seines Schildes aufzurichten. (13) Und als ihm keine Kraft mehr blieb, sich aufzustützen, umfasste er mit seiner Rechten die herabhängenden Äste und versuchte aufzustehen. Aber nicht einmal so war er Herr über seinen Körper, fiel wieder auf die Knie und forderte mit der Hand die Feinde heraus, ob einer es wage, mit ihm zu kämpfen. (14) Schließlich kam ihm Peukestes9 zu Hilfe, der in einem anderen Stadtteil die Leute, welche die Mauer verteidigten, verjagt hatte und den Spuren des Königs folgte. (15) Als er ihn erblickt hatte, glaubte Alexander, er sei zwar nicht mehr als sein Lebensretter, aber als Trost im Tod zu Hilfe gekommen, und ließ sich erschöpft auf seinen Schild sinken. Gleich danach kam Timaios dazu, wenig später Leonnatos und zu diesem noch Aristonos. (16) Auch die Inder hatten alles Übrige im Stich gelassen, nachdem sie erfahren hatten, dass der König innerhalb der Stadtmauern sei, liefen dort zusammen und bedrängten seine Beschützer. Von diesen fiel Timaios mit vielen Wunden vorne auf der Brust nach einem ausgezeichneten Kampf. (17) Obwohl auch Peukestes von drei Wurfspießen durchbohrt war, schützte er dennoch mit seinem Schild nicht sich selbst, sondern den König. Leonnatos war schwer am Nacken getroffen worden, während er die Barbaren fernhielt, die kampflustig heranstürmten, und fiel halbtot zu Füßen des Königs nieder. (18) Und schon hatte auch Peukestes, von seinen Wunden erschöpft, den Schild sinken lassen. Die letzte Hoffnung setzte man auf Aristonos. Aber auch dieser war schwer verletzt und konnte der

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que graviter saucius tantam vim hostium ultra sustinere non poterat. (19) Inter haec ad Macedonas regem cecidisse fama perlata est. Terruisset alios, quod illos incitavit. Namque periculi omnis immemores dolabris perfregere murum et, qua moliti erant aditum, inrupere in urbem Indosque plures fugientes quam congredi ausos ceciderunt. (20) Non senibus, non feminis, non infantibus parcitur: quisquis occurrerat, ab illo vulneratum regem esse credebant. Tandemque internecione hostium iustae irae parentatum est. (21) Ptolomaeum, qui postea regnavit, huic pugnae adfuisse auctor est Clitarchus et Timagenes; sed ipse, scilicet gloriae suae non refragatus, afuisse se missum in expeditionem memoriae tradidit. Tanta componentium vetusta rerum monumenta vel securitas vel, par huic vitium, credulitas fuit. (22) Rege in tabernaculum relato medici lignum sagittae corpori infixae ita, ne spiculum moveretur, abscidunt. (23) Corpore deinde nudato animadvertunt hamos inesse telo nec aliter id sine pernicie corporis extrahi posse quam ut secando vulnus augerent. (24) Ceterum, ne secantes profluvium sanguinis occuparet, verebantur: quippe ingens telum adactum erat et penetrasse in viscera videbatur. (25) Critobulus, inter medicos artis eximiae, sed in tanto periculo territus, ‹manus› admovere metuebat, ne in ipsius caput parum prosperae curationis reccideret eventus. (26) Lacrimantem eum ac metuentem et sollicitudine propemodum exanguem rex conspexerat: ‘Quid’ inquit ‘quodve tempus expectas et non quam primum hoc dolore me saltem moriturum liberas? An times, ne reus sis, cum insanabile vulnus acceperim?’ (27) At Critobulus tandem vel finito vel dissimulato metu hortari eum coepit, ut se continendum praeberet, dum spiculum evelleret: etiam levem corporis motum

Geschichte Alexanders des Großen 9,5,18–9,5,27

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so großen Übermacht der Feinde nicht länger standhalten. (19) Inzwischen drang das Gerücht zu den Makedonen, der König sei gefallen. Andere hätte das erschreckt, was jene nur antrieb. Denn ohne Rücksicht auf irgendeine Gefahr durchbrachen sie die Mauer mit Spitzhacken, drangen dort, wo sie sich einen Zugang geschaffen hatten, in die Stadt ein und töteten die Inder, die in der Mehrzahl eher flüchteten, als zu kämpfen wagten. (20) Man schonte weder Greise noch Frauen noch Kinder; jeder, der ihnen entgegenkam, hatte ihrer Meinung nach den König verwundet. Und schließlich verschafften sie durch Vernichtung der Feinde ihrem gerechten Zorn eine Genugtuung. (21) Kleitarchos und Timagenes berichten, dass der spätere Herrscher Ptolemaios an diesem Kampf teilgenommen habe; er selbst jedoch, der doch sicher seinen eigenen Ruhm nicht geschmälert hätte, überliefert, er sei nicht dabei gewesen, weil man ihn auf einen Streifzug geschickt habe. So groß war die Sorglosigkeit oder – ein Fehler, der ihr gleichkommt – die Leichtgläubigkeit bei den Verfassern der alten Geschichtswerke. (22) Als man den König in sein Zelt gebracht hatte, schnitten die Ärzte den hölzernen Schaft des Pfeils, der im Körper steckte so ab, dass seine Spitze sich nicht bewegte. (23) Nachdem sie Alexander entkleidet hatten, bemerkten sie, dass das Wurfgeschoss mit Widerhaken versehen war und sie es ohne Lebensgefahr für den König nur dann entfernen könnten, wenn sie durch einen Schnitt die Wunde erweiterten. (24) Aber sie fürchteten, dass ein Blutfluss sie beim Schneiden behindern könne: Denn das Geschoss, das ihn getroffen hatte, war gewaltig und schien bis zu den inneren Organen vorgedrungen zu sein. (25) Kritobulos, der sich unter den Ärzten zwar durch seine außerordentliche Geschicklichkeit auszeichnete, aber durch so große Gefahr erschreckt war, fürchtete sich davor, Hand anzulegen, damit die Verantwortung für den Ausgang einer wenig erfolgreichen Behandlung nicht auf ihn selbst zurückfalle. (26) Als der König sah, wie er vor Furcht weinte und vor Unruhe beinahe totenblass war, fragte er: „Worauf oder auf welchen Zeitpunkt wartest du denn noch und befreist mich nicht so schnell wie möglich von diesen Schmerzen, da ich ja doch sterben werde? Oder fürchtest du, dass du schuld bist, dass ich unheilbar verwundet bin?“ (27) Schließlich aber hatte Kritobulos seine Furcht entweder überwunden oder zumindest verborgen und forderte den König auf, er solle sich festhalten lassen, während er die Pfeilspitze entferne; selbst eine leichte

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Q. Curtius Rufus

noxium fore. (28) Rex cum adfirmasset nihil opus esse iis, qui semet continerent, sicut praeceptum erat, sine motu praebuit corpus. Igitur patefacto latius vulnere et spiculo evolso ingens vis sanguinis manare coepit linquique animo rex et caligine oculis offusa velut moribundus extendi. (29) Cumque profluvium medicamentis frustra inhiberent, clamor simul atque ploratus amicorum oritur regem expirasse credentium. Tandem constitit sanguis, paulatimque animum recepit et circumstantes coepit agnoscere. (30) Toto eo die ac nocte, quae secuta est, armatus exercitus regiam obsedit confessus omnes unius spiritu vivere. Nec prius recesserunt quam compertum est somno paulisper adquiescere. Hinc certiorem spem salutis eius in castra rettulerunt. 6 (1) Rex VII diebus curato vulnere necdum obducta cicatrice, cum audisset convaluisse apud barbaros famam mortis suae, duobus navigiis iunctis statui in medium undique conspicuum tabernaculum iussit, ex quo se ostenderet perisse credentibus, conspectusque ab incolis spem hostium falso nuntio conceptam inhibuit. (2) Secundo deinde amne defluxit aliquantum intervalli a cetera classe praecipiens, ne quies perinvalido adhuc necessaria pulsu remorum impediretur. (3) Quarto postquam navigare coeperat die pervenit in regionem desertam quidem ab incolis, sed frumento et pecoribus abundantem. Placuit is locus et ad suam et ad militum requiem. (4) Mos erat principibus amicorum et custodibus corporis excubare ante praetorium, quotiens adversa regi valetudo incidisset. Hoc tum quoque more servato universi cubiculum eius intrant. (5) Ille sollicitus, ne quid novi adferrent, quia simul venerant, percontatur, num hostium repens nuntiaretur adventus. (6) At Craterus, cui mandatum erat, ut amicorum preces perferret ad eum, ‘Credisne’ inquit ‘adventu magis hostium – ut iam in vallo consisterent – sollicitos

Geschichte Alexanders des Großen 9,5,27–9,6,6

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Körperbewegung werde schädlich sein. (28) Nachdem der König versichert hatte, man benötige niemanden, der ihn festhielte, bot er nach der Vorschrift unbeweglich seinen Körper dar. Nachdem man also die Wunde weiter geöffnet und die Pfeilspitze entfernt hatte, begann ein starker Blutstrom herauszufließen. Der König verlor die Besinnung, ihm wurde schwarz vor Augen, und er streckte sich aus wie ein Sterbender. (29) Und während man mit Heilmitteln den Blutfluss vergeblich zu stillen suchte, erhob sich zugleich ein lautes Geschrei und Wehklagen unter seinen Vertrauten, weil sie glaubten, der König sei gestorben. Endlich kam das Blut zum Stehen, der König erlangte allmählich seine Besinnung wieder und erkannte die Umstehenden. (30) Diesen ganzen Tag und die darauf folgende Nacht umlagerte das Heer in Waffen das Königszelt und bekannte so, dass ihrer aller Leben von seinem Atemzug allein abhing. Und sie zogen sich nicht eher zurück, als sie erfahren hatten, dass er sich im Schlaf ein wenig ausruhe. Hierauf nahmen sie eine zuverlässigere Hoffnung auf seine Rettung mit ins Lager zurück. 6 (1) In sieben Tagen war die Wunde verheilt, aber noch nicht vernarbt. Als der König vernommen hatte, dass sich bei den Barbaren das Gerücht von seinem Tod verfestigt habe, ließ er auf zwei Schiffen, die miteinander verbunden waren, in der Mitte ein Zelt aufschlagen, das von allen Seiten weithin sichtbar war, um sich von hier aus den Leuten zu zeigen, die ihn für tot hielten. Und weil die Einwohner ihn sahen, dämpfte er so die Hoffnung, die seine Feinde aufgrund der falschen Meldung geschöpft hatten. (2) Dann fuhr er flussabwärts, der übrigen Flotte ein beträchtliches Stück voraus, damit die Ruhe, die er in seiner großen Schwäche noch benötigte, nicht durch den Ruderschlag gestört würde. (3) Am vierten Tag nach Beginn der Fahrt gelangte er in eine Gegend, die zwar von den Einwohnern verlassen war, aber Getreide und Vieh im Übermaß besaß. Dieser Ort gefiel ihm, um sich mit seinen Soldaten dort zu erholen. (4) Es war Brauch, dass seine engsten Vertrauten und Leibwachen vor dem Feldherrnzelt Wache hielten, sooft den König eine Krankheit befallen hatte. Auch jetzt hatten sie diesen Brauch bewahrt und betraten alle zusammen sein Schlafgemach. (5) Jener war in Sorge, sie könnten eine schlechte Nachricht bringen, weil sie gleichzeitig gekommen waren, und fragte, ob es eine Meldung gebe, dass die Feinde plötzlich anrückten. (6) Aber Krateros, dem man aufgetragen hatte, die Bitten der Vertrauten vorzubringen, sprach: „Glaubst du, dass wir durch die Ankunft der Feinde – selbst wenn

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Q. Curtius Rufus

esse quam cura salutis tuae, ut nunc est, tibi vilis? (7) Quantalibet vis omnium gentium conspiret in nos, impleat armis virisque totum orbem, classibus maria consternat, invisitatas beluas inducat: tu nos praestabis invictos. (8) Sed quis deorum hoc Macedoniae columen ac sidus diuturnum fore polliceri potest, cum tam avide manifestis periculis offeras corpus oblitus tot civium animas trahere te in casum? (9) Quis enim tibi superstes aut optat esse aut potest? Eo pervenimus auspicium atque imperium secuti tuum, unde, nisi te reduce, nulli ad penates suos iter est. (10) Quodsi adhuc de Persidis regno cum Dareo dimicares, etsi nemo vellet, tamen ne admirari quidem posset tam promptae esse te ad omne discrimen audaciae: nam ubi paria sunt periculum ac praemium, et secundis rebus amplior fructus est et adversis solacium maius. (11) Tuo vero capite ignobilem vicum emi, quis ferat non tuorum modo militum, sed ullius gentis barbarae civis, qui tuam magnitudinem novit? (12) Horret animus cogitationem rei, quam paulo ante vidimus. Eloqui timeo invicti corporis spolia inertissimas manus fuisse infecturas, nisi te interceptum misericors in nos fortuna servasset. (13) Totidem proditores, totidem desertores sumus, quot te non potuimus persequi. Universos licet milites ignominia notes, nemo recusabit luere id quod ne admitteret praestare non potuit. (14) Patere nos, quaeso, alio modo esse viles tibi. Quocumque iusseris, ibimus. Obscura pericula et ignobiles pugnas nobis deposcimus: temetipsum ad ea serva, quae magnitudinem tuam capiunt. Cito gloria obsolescit in sordidis hostibus, nec quicquam indignius est quam consumi eam, ubi non possit ostendi.’ (15) Eadem fere Ptolomaeus et similia his ceteri. Iamque confusis vocibus flentes eum orabant, ut tandem exatiatus

Geschichte Alexanders des Großen 9,6,6–9,6,15

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sie schon auf dem Wall stünden – mehr beunruhigt wären als durch die Sorge um dein Wohl, das dir jetzt so wenig wert ist? (7) Mag eine noch so große Streitmacht aller Stämme sich gegen uns verschwören, mit bewaffneten Männern die ganze Erde erfüllen, mit Flotten die Meere bedecken und unbekannte Ungetüme gegen uns anführen – du wirst dafür sorgen, dass wir unbesiegt sind. (8) Aber wer unter den Göttern kann uns versprechen, dass diese Säule und dieser Stern Makedoniens ewig stehen werden, wenn du dich so begierig den offensichtlichen Gefahren aussetzest und dabei vergisst, dass du das Leben so vieler Mitbürger mit dir in den Untergang ziehst? (9) Denn wer wünscht, dich zu überleben, oder wer vermag es? Wir sind hierher gelangt, weil wir deinem Kommando und Befehl gefolgt sind, und von dort gibt es für keinen einen Weg nach Hause, wenn du nicht mit uns zurückkehrst. (10) Wenn du noch immer mit Dareios um das Königreich Persien kämpftest, so könnte sich – auch wenn er es nicht gern sähe – doch niemand wundern, dass du dich so bereitwillig und kühn in jede Gefahr stürzest. Denn wo Gefahr und Lohn gleich groß sind, da ist im Glück der Erfolg bedeutender, im Unglück der Trost größer. (11) Dass aber mit deinem Leben ein unbedeutendes Dorf erkauft wird, wer dürfte das hinnehmen – sei er nun einer deiner Soldaten oder sogar ein Angehöriger irgendeines barbarischen Stammes, der deine Größe kennt! (12) Wir schaudern heute noch bei dem Gedanken an das, was wir vor kurzem gesehen haben. Ich scheue mich, es auszusprechen, dass die feigsten Hände die Rüstung, die dich, den Unbesiegten schützt, befleckt hätten, wenn dich das Schicksal nicht aus Mitleid für uns entrissen und bewahrt hätte. (13) Wir sind allesamt Verräter, allesamt Deserteure, die wir dir nicht folgen konnten. Tadle und beschimpfe doch deine alle Soldaten – niemand wird sich weigern, für das zu büßen, was er nicht abwenden konnte. (14) Zeige uns – ich bitte dich – auf eine andere Weise, dass wir dir nichts wert sind! Wir werden überall dorthin gehen, wohin du befiehlst. Eindringlich verlangen wir für uns Gefahren, die im Verborgenen bleiben, und Kämpfe, die keinen Ruhm bringen. Dich selbst aber bewahre für das, was deine Größe zu leisten vermag! Ruhm, der bei niedrigen Feinden gewonnen ist, verliert schnell seine Geltung und nichts ist unwürdiger, als den Ruhm da zu verschwenden, wo er nicht deutlich sichtbar wird.“ (15) Ptolemaios sagte fast dasselbe und auch die Übrigen sprachen Ähnliches. Und schon baten sie ihn wild durcheinander und unter Tränen, endlich an seinem Ruhm

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laudi modum faceret ac saluti suae, id est publicae, parceret. (16) Grata erat regi pietas amicorum; itaque singulos familiarius amplexus considere iubet (17) altiusque sermone repetito ‘Vobis quidem’ inquit, ‘o fidissimi piissimique civium atque amicorum, grates ago habeoque non solum eo nomine, quod hodie salutem meam vestrae praeponitis, sed quod a primordiis belli nullum erga me benevolentiae pignus atque indicium omisistis, adeo ut confitendum sit numquam mihi vitam meam fuisse tam caram, quam esse coepit, ut vobis diu frui possim. (18) Ceterum non eadem est cogitatio eorum, qui pro me mori optant, et mea, ‹qui› quidem hanc benevolentiam vestram virtute meruisse me iudico. Vos enim diuturnum fructum ex me, forsitan etiam perpetuum percipere cupiatis: ego me metior non aetatis spatio, sed gloriae. (19) Licuit paternis opibus contento intra Macedoniae terminos per otium corporis expectare obscuram et ignobilem senectutem: quamquam ne pigri quidem sibi fata disponunt, sed unicum bonum diuturnam vitam existimantes saepe acerba mors occupat. Verum ego, qui non annos meos, sed victorias numero, si munera fortunae bene computo, diu vixi. (20) Orsus a Macedonia imperium Graeciae teneo, Thraciam et Illyrios subegi, Triballis Maedisque imperito, Asiam, qua Hellesponto, qua Rubro mari subluitur, possideo. Iamque haud procul absum fine mundi, quem egressus aliam naturam, alium orbem aperire mihi statui. (21) Ex Asia in Europae terminos momento unius horae transivi. Victor utriusque regionis post nonum regni mei, post vicesimum atque octavum annum ‹vitae› videorne vobis in excolenda gloria, cui me uni devovi, posse cessare? Ego vero non deero et, ubicumque pug-

Geschichte Alexanders des Großen 9,6,15–9,6,21

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Genüge zu finden, ihm eine Grenze zu setzen und auf sein Wohl – das heißt auf das öffentliche Wohl – Rücksicht zu nehmen. (16) Dem König war die Ergebenheit seiner Vertrauten angenehm. Deshalb umarmte er jeden Einzelnen recht herzlich, ließ sie dann Platz nehmen, (17) und er holte für seine Rede weiter aus und sagte: „Ihr treuesten und ergebensten Mitbürger und Vertrauten, zwar danke ich euch herzlich – nicht nur deshalb, weil ihr heute mein Wohl dem eurigen voranstellt, sondern weil ihr seit Anfang des Krieges kein Unterpfand und keinen Beweis eures Wohlwollens mir gegenüber ausgelassen habt. Daher muss ich jetzt gestehen, dass mir mein Leben niemals so teuer gewesen ist, wie es jetzt zu sein begonnen hat, damit ich mich noch lange an euch erfreuen kann. (18) Aber die Gedanken derer, die für mich zu sterben wünschen, sind nicht dieselben wie meine, der ich freilich der Ansicht bin, dass ich mir dieses euer Wohlwollen durch meine Tüchtigkeit verdient habe. Denn ihr dürftet wünschen, euch lange, vielleicht auch ewig an mir zu erfreuen; ich aber messe mich nicht nach der Dauer meiner Lebenszeit, sondern nach der meines Ruhmes. (19) Es wäre mir möglich gewesen, zufrieden mit der Macht, die ich von meinem Vater ererbt habe, innerhalb der Grenzen Makedoniens in Muße und ohne körperliche Anstrengung ein Greisenalter zu erwarten, das im Verborgenen bleibt und keinen Ruhm bringt. Dennoch können nicht einmal faule Leute über ihr Schicksal verfügen, sondern häufig werden sie vom bitteren Tod überrascht, während sie ein langes Leben für das einzige Gut halten. Ich aber, der ich nicht meine Jahre, sondern meine Siege zähle, habe lange gelebt, wenn ich die Gaben des Schicksals richtig zusammenrechne. (20) Ausgehend von Makedonien halte ich die Herrschaft über Griechenland in meinen Händen, habe Thrakien und die Illyrier unterworfen, gebiete den Triballern und Maidern und besitze Asien, wo es vom Hellespont und vom Roten Meer bespült wird. Und schon bin ich nicht weit vom Ende der Welt entfernt. Ich habe beschlossen, mir eine andere Natur und eine andere Erde zu erschließen, wenn ich diese Grenze überschritten habe. (21) Aus Asien bin ich im Zeitraum einer einzigen Stunde zu den Grenzen Europas hinübergegangen. Glaubt ihr, dass ich, der Sieger über beide Erdteile, nach dem neunten Jahr meiner Herrschaft und nach dem 28. Jahr meines Lebens aufhören kann, meinen Ruhm zu vermehren, dem allein ich mich geweiht habe? Nein, ich werde nicht aufhören und überall wo ich

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nabo, in theatro terrarum orbis esse me credam. (22) Dabo nobilitatem ignobilibus locis, aperiam cunctis gentibus terras, quas natura longe submoverat. In his operibus extingui mihi, si fors ita feret, pulchrum est: ea stirpe sum genitus, ut multam prius quam longam vitam debeam optare. (23) Obsecro vos, cogitate nos pervenisse in terras, quibus feminae ob virtutem celeberrimum nomen est. Quas urbes Samiramis condidit! quas gentis redegit in potestatem! quanta opera molita est! Nondum feminam aequavimus gloria, et iam nos laudis satietas cepit? (24) Di faveant, maiora adhuc restant. Sed ita nostra erunt, quae nondum adiimus, si nihil parvum duxerimus, in quo magnae gloriae locus est. Vos modo me ab intestina fraude et domesticorum insidiis praestate securum: belli Martisque discrimen impavidus subibo. (25) Philippus in acie tutior quam in theatro fuit: hostium manus saepe vitavit, suorum effugere non valuit. Aliorum quoque regum exitus si reputaveritis, plures a suis quam ab hoste interemptos numerabitis. (26) Ceterum, quoniam olim rei agitatae in animo meo nunc promendae occasio oblata est, mihi maximus laborum atque operum meorum erit fructus, si Olympias mater immortalitati consecretur, quandoque excesserit vita. Hoc, si licuerit, ipse praestabo: hoc, si me praeceperit fatum, vos mandasse ‹me› mementote.’ Ac tum quidem amicos dimisit; ceterum per complures dies ibi stativa habuit. 7 (1) Haec dum in India geruntur, Graeci milites nuper in colonias a rege deducti circa Bactra orta inter ipsos seditione defecerant, non tam Alexandro infensi quam metu supplicii. (2) Quippe occisis quibusdam popularium, qui validiores erant arma spectare coeperunt et Bactriana arce, quae casu neglegentius adservata erat,

Geschichte Alexanders des Großen 9,6,21–9,7,2

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kämpfen werde, da will ich glauben, auf der Bühne der ganzen Erde zu stehen. (22) Ich werde unbedeutenden Orten Berühmtheit verschaffen, ich werde allen Stämmen die Länder erschließen, welche die Natur weithin entrückt hatte. Bei diesen Taten zu sterben, wenn es der Zufall so mit sich bringen wird, ist schön für mich. Ich stamme aus einem solchen Geschlecht, dass ich mir viel eher ein reiches als ein langes Leben wünschen muss. (23) Ich beschwöre euch – denkt daran, dass wir in Länder gelangt sind, wo der Name eine Frau wegen ihrer Tüchtigkeit hoch gepriesen wird. Was für Städte hat Samiramis gegründet! Was für Stämme hat sie unterworfen! Welch große Bauwerke hat sie errichtet! Noch sind wir einer Frau an Ruhm nicht gleichgekommen und schon ist unsere Begierde nach Berühmtheit gesättigt? (24) Nein, mögen uns die Götter gewogen sein – uns bleibt noch Größeres übrig! Aber nur so wird das uns gehören, was wir noch nicht aufgesucht haben, wenn wir nichts für gering halten, wo sich Gelegenheit zu großem Ruhm bietet. Sorgt ihr nur dafür, dass ich vor Hinterlist im eigenen Lager und Nachstellungen unserer Leute sicher bin! Die Gefahren im Kampf und im Krieg werde ich unerschrocken auf mich nehmen. (25) Philipp war in der Schlacht sicherer als im Theater10. Den Händen der Feinde ist er oft entgangen, den Händen seiner eigenen Leute konnte er nicht entfliehen. Wenn ihr auch das Ende anderer Könige bedenkt, so werdet ihr mehr zählen, die von ihren eigenen Leuten als von den Feinden getötet worden sind. (26) Übrigens, da sich die Gelegenheit bietet, jetzt etwas auszusprechen, worüber ich schon seit Langem immer wieder nachgedacht habe – es wird für mich der größte Erfolg meiner Mühen und Anstrengungen sein, wenn man meine Mutter Olympias zu einer unsterblichen Göttin erhebt, wenn sie irgendwann einmal aus dem Leben scheidet. Dafür werde ich, wenn es mir erlaubt ist, selbst sorgen; wenn mich das Geschick vorher hinwegrafft, so erinnert euch daran, dass ich es euch aufgetragen habe.“ Und dann entließ er seine Vertrauten und hielt dort noch mehrere Tage ein Standlager. 7 (1) Während dieser Vorgänge in Indien war unter den griechischen Soldaten, die der König vor kurzem in Kolonien rings um Baktra angesiedelt hatte, ein Aufstand ausgebrochen und sie waren abtrünnig geworden, nicht so sehr aus Hass gegen Alexander wie aus Furcht vor Strafe. (2) Denn nach der Ermordung einiger ihrer Landsleute dachten die Stärkeren unter ihnen allmählich an Krieg. Und als sie die Burg von Baktra, die zufällig allzu nachlässig bewacht

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occupata barbaros quoque in societatem defectionis impulerant. (3) Athenodorus erat princeps eorum, qui regis quoque nomen adsumpserat non tam imperii cupidine quam in patriam revertendi cum iis, qui auctoritatem ipsius sequebantur. (4) Huic Biton quidam nationis eiusdem, sed ob aemulationem infestus comparavit insidias invitatumque ad epulas per Boxum quendam Bactrianum in convivio occidit. (5) Postero die contione advocata Bito ultro insidiatum sibi Athenodorum plerisque persuaserat; sed aliis suspecta erat fraus Bitonis, et paulatim in plures coepit manare suspicio. (6) Itaque Graeci milites arma capiunt occisuri Bitonem, si daretur occasio; ceterum principes eorum iram multitudinis mitigaverunt. (7) Praeter spem suam Biton praesenti periculo ereptus paulo post insidiatus auctoribus salutis suae. Cuius dolo cognito et ipsum comprehenderunt et Boxum. (8) Ceterum Boxum protinus placuit interfici, Bitonem etiam per cruciatum necari. Iamque corpori tormenta admovebantur, cum Graeci – incertum ob quam causam – lymphatis similes ad arma discurrunt. (9) Quorum fremitu exaudito, qui torquere Bitonem iussi erant, omisere veriti, ne id facere tumultuantium vociferatione prohiberentur. (10) Ille, sicut nudatus erat, pervenit ad Graecos, et miserabilis facies supplicio destinati in diversum animos repente mutavit, dimittique eum iusserunt. (11) Hoc modo poena bis liberatus cum ceteris, qui colonias a rege attributas reliquerunt, revertit in patriam. Haec circa Bactra et Scytharum terminos gesta. (12) Interim regem duarum gentium, de quibus ante dictum est, C legati adeunt. Omnes curru vehebantur eximia magnitudine corporum, decoro habitu: lineae vestes intexto auro purpuraque distinctae. (13) Ei se dedere ipsos, urbes agrosque referebant, per tot aetates inviolatam libertatem illius primum fidei dicionique

Geschichte Alexanders des Großen 9,7,2–9,7,13

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worden war, erobert hatten, verleiteten sie auch die Barbaren dazu, gemeinsam mit ihnen abtrünnig zu werden. (3) Ihr Anführer war Athenodoros, der sogar den Königstitel angenommen hatte – nicht so sehr aus Herrschsucht wie aus dem Wunsch heraus, mit den Leuten, die sich von seinem Einfluss leiten ließen, in die Heimat zurückzukehren. (4) Ein gewisser Biton, der zwar aus dem gleichen Volk stammte, ihm aber aus Eifersucht feindlich gesinnt war, stellte ihm nach, lud ihn zu einem Festmahl ein und ließ ihn durch Boxos, einen gewissen Baktrianer, während des Gelages töten. (5) Am folgenden Tag hatte Biton eine Versammlung einberufen und schon die meisten davon überzeugt, dass ihm Athenodoros ohne Veranlassung nachgestellt habe. Aber den anderen war Bitons Tücke verdächtig und allmählich verbreitete sich der Verdacht bei mehreren Leuten. (6) Deshalb griffen die griechischen Soldaten zu den Waffen, um Biton zu töten, wenn sich eine Gelegenheit ergebe. Aber ihre Anführer beschwichtigen den Zorn der Menge. (7) Entgegen seiner Erwartung wurde Biton der drohenden Gefahr entrissen und stellte kurz darauf den Leuten nach, die seine Rettung veranlasst hatten. Als man seine Arglist erkannt hatte, ergriff man ihn und Boxos. (8) Und man beschloss, Boxos sofort hinzurichten und Biton sogar unter Folterqualen zu töten. Und schon wollte man bei ihm mit der Folter beginnen, als die Griechen – es ist unklar, aus welchem Grund –, Wahnsinnigen ähnlich, zu den Waffen liefen. (9) Da man ihr Toben deutlich vernommen hatte, ließen diejenigen, denen man befohlen hatte, Biton zu foltern, ihn los, weil sie fürchteten, dass das Geschrei der Lärmenden sie an dieser Tat hindern könne. (10) Jener gelangte, nackt wie er war, zu den Griechen und der erbärmliche Anblick des Mannes, der zum Tode bestimmt war, ließ die Stimmung plötzlich ins Gegenteil umschlagen und sie befahlen, ihn loszulassen. (11) Nachdem er auf diese Weise zweimal von seiner Strafe befreit worden war, kehrte er mit den Übrigen, welche die Kolonien verließen, die ihnen der König zugeteilt hatte, in die Heimat zurück. Dies geschah rings um Baktra und an den Grenzen der Skythen. (12) Unterdessen kamen hundert Gesandte der zwei vorher erwähnten Stämme11 zum König. Alle fuhren auf Wagen, waren außerordentlich groß und von edlem Äußeren: Ihre Leinengewänder waren mit Gold durchwirkt und mit Purpur verziert. (13) Sie teilten mit, dass sie sich selbst unterwürfen, ihm die Städte und Felder überließen und ihre Freiheit, die sie so viele Generationen hindurch unbeschadet bewahrt hätten, nun erstmals

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permissuros: deos sibi deditionis auctores, non metum, quippe intactis viribus iugum excipere. (14) Rex consilio habito deditos in fidem accepit stipendio, quod Arachosiis utraque natio pensitabat, imposito. Praeterea II milia et D equites imperat, et omnia oboedienter a barbaris facta. (15) Invitatis deinde ad epulas legatis gentium regulisque exornari convivium iussit. C aurei lecti modicis intervallis positi erant, lectis circumdederat aulaea purpura auroque fulgentia, quicquid aut apud Persas vetere luxu aut apud Macedonas nova immutatione corruptum erat, confusis utriusque gentis vitiis in illo convivio ostendens. (16) Intererat epulis Dioxippus Atheniensis, pugil nobilis et ob eximiam virtutem virium iam et regi pernotus et gratus. Invidi malignique increpabant per seria et ludum saginati corporis sequi inutilem beluam: cum ipsi proelium inirent, oleo madentem praeparare ventrem epulis. (17) Eadem igitur in convivio Horratas Macedo iam temulentus exprobrare ei coepit et postulare, ut, si vir esset, postero die secum ferro decerneret: regem tandem vel de sua temeritate vel de illius ignavia iudicaturum. (18) Et a Dioxippo contemptim militarem eludente ferociam accepta condicio est. Ac postero die rex, cum et iam acrius certamen exposcerent, quia deterrere non poterat, destinata exequi passus est. (19) Ingens vis militum, inter quos erant Graeci, Dioxippo studebant. Macedo iusta arma sumpserat, aereum clipeum hastamque – sarisam vocant – laeva tenens, dextera lanceam, gladioque cinctus, velut cum pluribus simul dimicaturus. (20) Dioxippus oleo nitens et coronatus laeva puniceum amiculum, dextra validum nodosumque stipitem prae-

Geschichte Alexanders des Großen 9,7,13–9,7,20

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ihm bedingungslos in die Hände legen wollten. Die Götter, nicht ihre eigene Furcht habe sie zur Unterwerfung veranlasst, denn sie nähmen das Joch auf sich, obwohl ihre Streitkräfte ungeschwächt seien. (14) Der König hielt eine Versammlung ab und nahm anschließend, da die Gesandten sich ergeben hatten, ihre Unterwerfung an, nachdem er ihnen einen Tribut12 auferlegt hatte, den beide Völker den Arachosiern zahlten. Außerdem befahl er ihnen, 2 500 Reiter zu stellen, und die Barbaren erledigten alles gehorsam. (15) Als er dann die Gesandten und Fürsten der Stämme zu einem Festmahl eingeladen hatte, ließ er ein Gelage ausrichten. Hundert goldene Liegen waren in geringen Abständen voneinander aufgestellt worden und darauf hatte man Decken gelegt, die von Purpur und Gold schimmerten. Alle Verdorbenheit, die es entweder bei den Persern gab, weil es als althergebrachter Luxus galt, oder bei den Makedonen, weil sie sich neuerdings verändert hatten, stellte Alexander bei jenem Gelage zur Schau, wobei die Laster beider Völker miteinander verschmolzen waren. (16) Am Festmahl nahm auch der Athener Dioxippos teil, ein berühmter Faustkämpfer, der wegen seiner außerordentlichen Tüchtigkeit und Kraft auch schon dem König genau bekannt und teuer war. Neidische und böswillige Leute schalten im Ernst und im Scherz, dass er dem Heer als unnützes Mastvieh folge; während sie selbst in die Schlacht zögen, rüste er seinen öltriefenden Bauch für das Mahl. (17) Dasselbe begann der Makedone Horratas ihm nun auf dem Gelage vorzuwerfen, als er schon betrunken war, und forderte ihn auf, er solle, wenn er ein Mann sei, am folgenden Tag die Sache durch einen Schwertkampf entscheiden; der König werde dann endlich beurteilen, ob entweder er selbst unbesonnen oder jener feig sei. (18) Und mit geringschätzigem Spott über die Kampfeslust des Soldaten nahm Dioxippos die Herausforderung an. Am folgenden Tag, als sie den Wettkampf sogar noch heftiger forderten, ließ sie der König ihr Vorhaben ausführen, weil er sie nicht davon abbringen konnte. (19) Eine riesige Menge an Soldaten, unter diesen die Griechen, ergriffen Partei für Dioxippos. Der Makedone hatte seine üblichen Waffen angelegt: Den ehernen Schild und den Speer, Sarisa genannt, hielt er in seiner Linken, in der Rechten die Lanze und er hatte das Schwert umgegürtet, als ob er mit mehreren Leuten zugleich kämpfen wollte. (20) Dioxippos glänzte von Öl und hatte einen Kranz auf dem Haupt; in seiner Linken trug er einen purpurroten Mantel, in der Rechten einen kräftigen Knotenstock. Gerade diese Tatsache hatte alle in

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Q. Curtius Rufus

ferebat. Ea ipsa res omnium animos expectatione suspenderat: quippe armato congredi nudum dementia, non temeritas videbatur. (21) Igitur Macedo, haud dubius eminus interfici posse, lanceam emisit. Quam Dioxippus cum exigua corporis declinatione vitasset, antequam ille hastam transferret in dextram, adsiluit et stipite mediam eam fregit. (22) Amisso utroque telo Macedo gladium coeperat stringere. Quem occupatum complexu pedibus repente subductis Dioxippus arietavit in terram ereptoque gladio pedem super cervicem iacenti imposuit stipitem intentans elisurusque eo victum, ni prohibitus esset a rege. (23) Tristis spectaculi eventus non Macedonibus modo sed etiam Alexandro fuit, maxime quia barbari adfuerant: quippe celebratam Macedonum fortitudinem ad ludibrium reccidisse verebatur. (24) Hinc ad criminationem invidorum adapertae sunt regis aures. Et post paucos dies inter epulas aureum poculum ex composito subducitur, ministrique, quasi amisissent, quod amoverant, regem adeunt. (25) Saepe minus est constantiae in rubore quam in culpa: coniectum oculorum, quibus ut fur destinabatur, Dioxippus ferre non potuit et, cum excessisset convivio, litteris conscriptis, quae regi redderentur, ferro se interemit. (26) Graviter mortem eius tulit rex existimans indignationis esse, non paenitentiae testem, utique postquam falso insimulatum eum nimium invidorum gaudium ostendit. 8 (1) Indorum legati dimissi domos paucis post diebus cum donis revertuntur. CCC erant equites, MXXX currus, quos quadriiugi equi ducebant, lineae vestis aliquantum, mille scuta Indica et ferri candidi talenta C, (2) leonesque rarae magnitudinis et tigres, utrumque animal ad mansuetudinem domitum, lacertarum quoque ingentium pelles et dorsa testudinum. (3) Cratero deinde imperat rex, haud procul amne, per quem erat ipse navigaturus, copias duceret; eos

Geschichte Alexanders des Großen 9,7,20–9,8,3

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gespannte Erwartung versetzt, denn es schien ja schon Wahnsinn und nicht mehr nur Unbesonnenheit zu sein, nackt mit einem Bewaffneten zu kämpfen. (21) Deshalb zweifelte der Makedone nicht daran, dass er ihn aus der Ferne töten könne, und warf seine Lanze. Als Dioxippos ihr mit einer knappen Körperdrehung ausgewichen war, sprang er herbei, ehe jener den Speer von der linken in die rechte Hand nehmen konnte, und schlug ihn mit seinem Stock mitten durch. (22) Nachdem der Makedone beide Wurfgeschosse verloren hatte, wollte er gerade das Schwert ziehen. Dioxippos aber umschlang ihn, zog ihm plötzlich die Füße weg und stieß ihn zu Boden. Und als er ihm das Schwert entrissen hatte, stellte er seinen Fuß auf den Nacken des Makedonen, der am Boden lag, streckte dabei den Stock aus und hätte den Besiegten damit zerschmettert, wenn er nicht vom König daran gehindert worden wäre. (23) Der Ausgang des Schauspiels war nicht nur für die Makedonen, sondern auch für Alexander betrüblich – besonders, weil Barbaren dabei gewesen waren. Er fürchtete nämlich, dass die gefeierte Tapferkeit der Makedonen zum Gespött geworden sei. (24) Daher hatte der König ein offenes Ohr für die Beschuldigungen der Neider. Und nach wenigen Tagen wurde gemäß einer Absprache während des Mahles ein goldener Becher entwendet und die Diener gingen zum König, als ob sie ihn verloren hätten, obwohl sie ihn doch selbst beiseite geschafft hatten. (25) Oft verleiht die Beschämung weniger Standhaftigkeit als die Schuld. Dioxippos konnte die Blicke, die sich auf ihn richteten und ihn zum Dieb stempelten, nicht mehr ertragen. Und als er das Gelage verlassen und einen Brief geschrieben hatte, den man dem König aushändigen sollte, tötete er sich mit dem Schwert. (26) Der König war bestürzt über seinen Tod, weil er ihn für ein Zeugnis seiner Empörung, nicht aber seiner Reue hielt – besonders, als später die übermäßige Freude der Neider zeigte, dass er zu Unrecht beschuldigt worden war. 8 (1) Die Gesandten der Inder wurden nach Hause entlassen und kehrten wenige Tage später mit Geschenken zurück. Es waren dies 300 Reiter, 1 030 Wagen, die von Viergespannen gezogen wurden, eine beträchtliche Anzahl an Leinengewändern, 1 000 indische Langschilde und 100 Talente weißen Eisens13, (2) Löwen von seltener Größe und Tiger – alle völlig zahm – und dazu auch Häute riesiger Eidechsen und Schildkrötenpanzer. (3) Der König befahl dann Krateros, die Truppen nahe an dem Fluss entlang zu führen, auf dem er selbst dahinfahren wollte; diejenigen aber, die ihn gewöhnlich

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autem, qui comitari eum solebant, imponit in naves et in fines Mallorum secundo amne devehitur. (4) Inde Sabarcas adiit, validam Indiae gentem, quae populi, non regum imperio regebatur. LX milia peditum habebant, equitum VI milia; has copias currus D sequebantur. III duces spectatos virtute bellica elegerant. (5) At qui in agris erant proximi flumini – frequentes autem vicos maxime in ripa habebant – ut videre totum amnem, qua prospici poterat, navigiis constratum et tot militum arma fulgentia, territi nova facie deorum exercitum et alium Liberum Patrem, celebre in illis gentibus nomen, adventare credebant. (6) Hinc militum clamor, hinc remorum pulsus variaeque nautarum voces hortantium pavidas aures impleverant. (7) Ergo universi ad eos, qui in armis erant, currunt furere clamitantes et cum dis proelium inituros: navigia non posse numerari, quae invictos viros veherent. Tantumque in exercitum suorum intulere terroris, ut legatos mitterent gentem dedituros. (8) His in fidem acceptis ad alias deinde gentes quarto die pervenit. Nihilo plus animi his fuit quam ceteris fuerat. Itaque oppido ibi condito, quod Alexandream appellari iusserat, fines eorum, qui Musicani appellantur, intravit. (9) Hic de Teriolte satrape, quem Parapamisadis praefecerat, isdem arguentibus cognovit multaque avare ac superbe fecisse convictum interfici iussit. (10) Oxyartes, praetor Bactrianorum, non absolutus modo sed et iam iure amoris amplioris imperii donatus est finibus. Musicanis deinde in dicionem redactis urbi eorum praesidium imposuit. (11) Inde Praestos, et ipsam Indiae gentem, perventum est. Porticanus rex erat, qui se munitae urbi cum magna manu popularium incluserat. Hanc Alexander tertio die, quam coeperat obsidere, expugnavit. (12) Et Porticanus, cum in arcem confugisset, legatos de condicione deditionis misit ad regem;

Geschichte Alexanders des Großen 9,8,3–9,8,12

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begleiteten, ließ er die Schiffe besteigen und fuhr flussabwärts ins Gebiet der Maller. (4) Von dort kam er zu den Sabarken, einem mächtigen Stamm in Indien, der durch eine Volksherrschaft und keine Königsherrschaft regiert wurde. Sie besaßen 60 000 Fußsoldaten und 6 000 Reiter. Diesen Truppen folgten 500 Wagen. Sie hatten drei Heerführer gewählt, die sich durch ihre kriegerische Tapferkeit bewährt hatten. (5) Sobald aber die Leute auf den Feldern nahe am Fluss – sie besaßen nämlich zahlreiche Dörfer, besonders am Ufer – sahen, dass der ganze Strom, so weit man sehen konnte, mit Schiffen bedeckt war und die Waffen so vieler Soldaten blitzten, erschraken sie über den ungewohnten Anblick und glaubten, ein Heer von Göttern und ein zweiter Vater Bakchos, dessen Namen bei jenen Stämmen gefeiert ist, käme herbei. (6) Teils waren das Geschrei der Soldaten, teils der Ruderschlag und die verschiedenen Rufe der Matrosen, die einander anfeuerten, den furchtsamen Leuten zu Ohren gekommen. (7) Also rannten sie allesamt zu denen, die unter Waffen standen, und riefen, sie seien rasend und würden eine Schlacht gegen Götter beginnen. Die Schiffe ließen sich nicht zählen, die unbesiegbare Männer mit sich trügen. Und sie verbreiteten so großen Schrecken im Heer ihrer Leute, dass sie Gesandte schickten, welche die Unterwerfung des Stammes melden sollten. (8) Als der König ihre Unterwerfung angenommen hatte, gelangte er dann am vierten Tag zu anderen Stämmen. Diese hatten nicht mehr Mut als die Übrigen. Als er deshalb dort eine Stadt gegründet hatte, die er Alexandreia nennen ließ betrat er das Gebiet der so genannten Musikaner. (9) Hier hielt er eine Untersuchung über den Satrapen Terioltes ab, den die Parapamisaden angeklagt hatten, über die er von Alexander eingesetzt worden war. Und als man ihn überführt hatte, viele habgierige und hochmütige Handlungen begangen zu haben, ließ Alexander ihn hinrichten. (10) Oxyartes, der Statthalter bei den Baktrianern, wurde nicht nur freigesprochen, sondern sogar wegen seiner Ansprüche aus Liebesbanden14 mit einem größeren Herrschaftsgebiet beschenkt. Als Alexander die Musikaner dann unterworfen hatte, setzte er in ihrer Stadt eine Besatzung ein. (11) Von dort gelangte man zu den Praisten, ebenfalls einem indischen Stamm. Ihr König war Portikanos, der sich mit einer großen Schar von Landsleuten in einer befestigten Stadt verschanzt hatte. Alexander eroberte sie am dritten Tag nach Beginn der Belagerung. (12) Und nachdem Portikanos sich in die Burg geflüchtet hatte, schickte er Gesandte zum König wegen der Bedin-

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sed antequam adirent eum, duae turres cum ingenti fragore prociderant, per quarum ruinas Macedones evasere in arcem, qua capta Porticanus cum paucis repugnans occiditur. (13) Diruta igitur arce et omnibus captivis venundatis Sambi regis fines ingressus est multisque oppidis in fidem acceptis validissimam gentis urbem cuniculo cepit. (14) Barbaris simile monstri visum est rudibus militarium operum: quippe in media ferme urbe armati terra existebant nullo suffossi specus ante vestigio facto. (15) LXXX milia Indorum in ea regione caesa Clitarchus est auctor multosque captivos sub corona venisse. (16) Rursus Musicani defecerunt, ad quos opprimendos missus est Pithon, qui captum principem gentis eundemque defectionis auctorem adduxit ad regem. Quo Alexander in crucem sublato rursus amnem, in quo classem expectare se iusserat, repetit. (17) Quarto deinde die secundo amne pervenit ad oppidum, quod in regno erat Sambi. Nuper se ille dediderat, sed oppidani detrectabant imperium et clauserant portas. (18) Quorum paucitate contempta rex D Agrianos moenia subire iussit et sensim recedentes elicere extra muros hostem secuturum profecto, si fugere eos crederet. (19) Agriani, sicut imperatum erat, lacessito hoste subito terga verterunt. Quos barbari effuse sequentes in alios, inter quos ipse rex erat, incidunt. Renovato ergo proelio ex III milibus barbarorum DC caesi sunt, M capti, ceteri moenibus urbis inclusi. (20) Sed non ut prima specie laeta victoria, ita eventu quoque fuit: quippe barbari veneno tinxerant gladios. Itaque saucii subinde expirabant, nec causa tam strenuae mortis excogitari poterat a medicis, cum etiam leves plagae insanabiles essent. (21) Barbari autem speraverant incautum et

Geschichte Alexanders des Großen 9,8,12–9,8,21

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gungen für seine Unterwerfung. Aber bevor diese zu ihm gelangten, waren mit gewaltigem Krachen zwei Türme eingestürzt. Durch ihre Trümmer hindurch drangen die Makedonen in die Burg ein und bei ihrer Einnahme fiel Portikanos, der mit wenigen Leuten Widerstand leistete. (13) Nachdem man also die Burg zerstört und alle Gefangenen verkauft hatte, betrat Alexander das Gebiet des Königs Sambos. Als er die Unterwerfung vieler kleiner Städte angenommen hatte, eroberte er die am stärksten befestigte Stadt des Stammes mit Hilfe eines unterirdischen Stollens. (14) Das erschien den Barbaren wie ein Wunder, da sie mit solchen militärischen Techniken nicht vertraut waren. Denn etwa in der Mitte der Stadt tauchten Bewaffnete aus der Erde auf, ohne dass zuvor eine Spur von einer Höhle zu sehen gewesen wäre, die man unter der Erde angelegt hatte. (15) Kleitarchos berichtet, dass 80 000 Inder in dieser Gegend getötet und viele Gefangene als Sklaven verkauft worden seien. (16) Wiederum wurden die Musikaner abtrünnig; Peithon wurde ausgesandt, um sie zu überwältigen, und führte den Fürst des Stammes, der auch die Leute zur Abtrünnigkeit veranlasst hatte, als Gefangenen zum König. Nach dessen Kreuzigung suchte Alexander den Fluss wieder auf, wo ihn die Flotte nach seinem Befehl erwarten sollte. (17) Am vierten Tag danach gelangte er flussabwärts zu einer Stadt, die im Königreich des Sambos lag. Jener hatte sich zwar vor kurzem unterworfen, aber die Stadtbewohner verweigerten den Gehorsam, und hatten die Tore verschlossen. (18) Aus Verachtung über ihre geringe Zahl befahl der König 500 Agrianern, sich der Stadtmauer zu nähern und durch langsames Zurückweichen die Feinde aus den Mauern herauszulocken, die ihnen sicherlich folgen würden, wenn sie glaubten, sie würden fliehen. (19) Die Agrianer hatten gemäß dem Befehl den Feind gereizt und wandten sich plötzlich zur Flucht. Als die Barbaren sie ohne feste Ordnung verfolgten, stießen sie auf die anderen, unter denen sich auch der König selbst befand. Die Schlacht wurde also wieder aufgenommen und von 3 000 Barbaren fielen 600, 1 000 wurden gefangen und die Übrigen in den Stadtmauern eingeschlossen. (20) Aber der Ausgang des Sieges war nicht so glücklich, wie es zuerst den Anschein erweckt hatte. Denn die Barbaren hatten ihre Schwerter in Gift getaucht. Deshalb starben die Verwundeten plötzlich und die Ärzte konnten sich keine Ursache für einen so raschen Tod denken, da sogar leichte Wunden unheilbar waren. (21) Die Barbaren aber hatten gehofft, es könne den unvorsichtigen und unbesonnenen König treffen. Aber er war

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temerarium regem excipi posse. Et forte inter promptissimos dimicans intactus evaserat. (22) Praecipue Ptolomaeus, laevo humero leviter quidem saucius, sed maiore periculo quam vulnere adfectus, regis sollicitudinem in se converterat. Sanguine coniunctus erat, et quidam Philippo genitum esse credebant; certe paelice eius ortum constabat. (23) Idem corporis custos promptissimusque bellator et pacis artibus quam militiae maior et clarior, modico civilique cultu, liberalis imprimis adituque facili nihil ex fastu regiae adsumpserat. (24) Ob haec regi an popularibus carior esset, dubitari poterat. Tum certe primum expertus suorum animos, adeo ut fortunam, in quam postea ascendit, in illo periculo Macedones ominati esse videantur: (25) quippe non levior illis Ptolomaei fuit cura quam regis. Qui et proelio et sollicitudine fatigatus cum Ptolomaeo adsideret, lectum, in quo ipse adquiesceret, iussit inferri. (26) In quem ut se recepit, protinus altior insecutus est somnus. Ex quo excitatus per quietem vidisse se exponit speciem draconis oblatam herbam ferentis ore, quam veneni remedium esse monstrasset; (27) colorem quoque herbae referebat, agniturum, si quis repperisset, adfirmans. Inventam deinde – quippe a multis simul erat requisita – vulneri imposuit, protinusque dolore finito intra breve spatium cicatrix quoque obducta est. (28) Barbaros ut prima spes fefellerat, se ipsos urbemque dediderunt. Hinc in proximam gentem Pataliam perventum est. Rex erat Moeris, qui urbe deserta in montes profugerat. (29) Itaque Alexander oppido potitur agrosque populatur. Magnae inde praedae actae sunt pecorum armentorumque, magna vis reperta frumenti. (30) Ducibus deinde sumptis amnis peritis defluxit ad insulam medio ferme alveo enatam. 9 (1) Ibi diutius subsistere coactus, quia duces socordius adservati profugerant, misit, qui conquirerent alios; nec repertis pervicax

Geschichte Alexanders des Großen 9,8,21–9,9,1

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durch Zufall unversehrt davongekommen, obwohl er unter den Vordersten gekämpft hatte. (22) Die Sorge des Königs galt besonders Ptolemaios, der zwar nur leicht an der linken Schulter verletzt war, aber in größerer Gefahr schwebte, als es eigentlich der Wunde entsprach. Er war blutsverwandt mit Alexander und manche glaubten, er stamme von Philipp ab. Jedenfalls stand fest, dass ihn eine von dessen Nebenfrauen geboren hatte. (23) Er gehörte zu Alexanders Leibwache und war ein sehr tapferer Krieger, aber in den Künsten des Friedens noch größer und berühmter als in denen des Krieges. In seiner Lebensweise zeigte er sich bescheiden wie ein einfacher Bürger, war besonders freigiebig und umgänglich und hatte keinen königlichen Hochmut angenommen. (24) Ob er deshalb dem König oder seinen Landsleuten teurer war, konnte man nicht entscheiden. Damals lernte er jedenfalls die Gesinnung seiner Leute zum ersten Mal kennen, sodass es scheint, als hätten die Makedonen die Stellung, zu der er später aufstieg, in jener Gefahr vorausgeahnt. (25) Denn jene sorgten sich um Ptolemaios nicht weniger als um den König. Als dieser, erschöpft von der Schlacht und seiner Sorge, bei Ptolemaios saß, ließ er seine Liege hereinbringen, um selbst darauf zu ruhen. (26) Sowie er sich darauf niederlegte, umfing ihn sofort ein ziemlich tiefer Schlaf. Nachdem er aus ihm erwacht war, erklärte er, im Schlaf das Traumbild einer Schlange mit einem Kraut im Maul gesehen zu haben, das sie als Heilmittel gegen das Gift bezeichnet habe. (27) Er gab auch die Farbe des Krautes an und versicherte, er werde es wieder erkennen, wenn es jemand fände. Als es dann gefunden war – denn viele hatten es gleichzeitig gesucht –, legte er es auf die Wunde; und sofort hörte der Schmerz auf und in kurzer Zeit vernarbte auch die Wunde. (28) Als sich die Barbaren in ihrer ersten Hoffnung getäuscht sahen, unterwarfen sie sich und überließen ihm ihre Stadt. Hierauf gelangte man zum nächsten Stamm, dem der Pataler. Ihr König war Moiris, der die Stadt verlassen hatte und in die Berge geflüchtet war. (29) Deshalb bemächtigte sich Alexander der Stadt und verwüstete die Felder. Daraufhin machte man große Beute an Kleinvieh und Rindern und fand eine große Menge Getreide. (30) Als man danach Führer aufgegriffen hatte, die den Fluss kannten, fuhr Alexander stromabwärts zu einer Insel, die sich etwa in der Mitte des Stromes erhob. 9 (1) Dort war er gezwungen, länger haltzumachen, weil die Führer geflohen waren, die man allzu sorglos bewacht hatte, und er schickte Leute aus, die andere suchen sollten. Doch obwohl man

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cupido visendi Oceanum adeundique terminos mundi sine regionis peritis flumini ignoto ‹compulit› caput suum totque fortissimorum virorum salutem permittere. (2) Navigabant ergo omnium, per quae ferebantur, ignari. Quantum inde abesset mare, quae gentes colerent, quam placidum amnis os, quam patiens longarum navium esset, anceps et caeca aestimatio augurabatur. Unum erat temeritatis solacium perpetua felicitas. (3) Iam CCCC stadia processerant, cum gubernatores agnoscere ipsos auram maris et haud procul videri sibi Oceanum abesse indicant regi. (4) Laetus ille hortari nauticos coepit, incumberent remis: adesse finem laboris omnibus votis expetitum. Iam nihil gloriae deesse, nihil obstare virtuti, sine ullo Martis discrimine, sine sanguine orbem terrae ab illis capi. Ne naturam quidem longius posse procedere: brevi incognita nisi immortalibus esse visuros. (5) Paucos tamen navigio emisit in ripam, qui agrestes vagos exciperent, e quibus certiora nosci posse sperabat. Illi scrutati omnia tuguria tandem latentes repperere. (6) Qui interrogati, quam procul abessent mari, responderunt nullum ipsos mare ne fama quidem accepisse; ceterum tertio die perveniri posse ad aquam amaram, quae corrumperet dulcem. Intellectum est mare destinari ab ignaris naturae eius. (7) Itaque ingenti alacritate nautici remigant, et proximo quoque die, quo propius spes admovebatur, crescebat ardor animorum. Tertio iam die mixtum flumini subibat mare leni adhuc aestu confundente dispares undas. (8) Tum aliam insulam medio amni sitam evecti paulo lentius, quia cursus aestu reverberabatur, adplicant classem et ad commeatus petendos discurrunt, securi casus eius, qui supervenit ignaris. (9) Tertia ferme hora erat,

Geschichte Alexanders des Großen 9,9,1–9,9,9

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keine gefunden hatte, trieb ihn seine unbezwingliche Begierde, den Ozean zu sehen und sich den Grenzen der Welt zu nähern, dazu, auch ohne Ortskundige sein eigenes Leben und das Wohl so vieler überaus tapferer Männer einem unbekannten Fluss anzuvertrauen. (2) Sie fuhren also dahin, ohne die Landschaften zu kennen, durch die sie trieben. Wie weit das Meer von dort entfernt sei, welche Stämme das Land bewohnten, ob die Flussmündung ruhig und inwieweit sie für Kriegsschiffe befahrbar sei, das versuchte man aus ungewissen und blinden Mutmaßungen herzuleiten. Der einzige Trost in ihrer Unbesonnenheit war ihr ununterbrochenes Glück. (3) Schon waren sie 400 Stadien vorgedrungen, als die Steuerleute dem König meldeten, sie röchen die Seeluft und der Ozean scheine ihnen nicht mehr weit entfernt zu sein. (4) Jener war erfreut und forderte die Matrosen auf, sich in die Riemen zu legen: Das Ende ihrer Mühsal, das sie in all ihren Gebeten erfleht hätten, sei jetzt da. Schon fehle nichts mehr zu ihrem Ruhm, nichts stehe ihrer Tapferkeit mehr im Weg; ohne jede kriegerische Entscheidung, ohne Blutvergießen nähmen jene die Erde in Besitz. Nicht einmal die Natur könne sich weiter erstrecken: In Kürze würden sie das sehen, was allen außer den Unsterblichen unbekannt sei. (5) Dennoch schickte er einige wenige Leute auf einem Schiff ans Ufer, um herumstreifende Landbevölkerung abzufangen, von denen man – wie er hoffte – Genaueres erfahren könne. Jene durchsuchten alle Hütten und fanden schließlich Leute, die sich versteckt hielten. (6) Auf die Frage, wie weit das Meer noch von ihnen entfernt sei, antworteten sie, sie hätten nicht einmal vom Hörensagen von irgendeinem Meer erfahren. Aber man könne am dritten Tag zu einem bitteren Wasser gelangen, welches das süße verderbe. Man begriff, dass die Leute damit das Meer meinten, weil sie seine natürlichen Eigenschaften nicht kannten. (7) Deshalb ruderten die Seeleute mit riesigem Eifer und auch am folgenden Tag wuchs ihre Begeisterung, je näher das erhoffte Ziel rückte. Schon am dritten Tag drang ihnen das Meer, mit dem Flusswasser vermischt, entgegen und die noch mäßig starke Flut ließ die ungleichen Wellen ineinanderfließen. (8) Als sie dann – etwas langsamer, weil sie auf der Fahrt durch die Flut zurückgetrieben wurden – eine andere Insel erreicht hatten, die in der Mitte des Flusses lag, legten sie mit der Flotte an und liefen auseinander, um Lebensmittel zu suchen, ohne sich vor dem Unglück zu fürchten, das über die Unwissenden kommen sollte. (9) Es war etwa um die dritte Stunde, als der Ozean, der nach seinem festge-

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cum stata vice Oceanus exaestuans invehi coepit et retro flumen urgere. Quod primo coercitum, deinde vehementius pulsum maiore impetu adversum agebatur, quam torrentia praecipiti alveo incurrunt. (10) Ignota vulgo freti natura erat, monstraque et irae deum indicia cernere videbantur. Identidem intumescens mare et in campos paulo ante siccos descendere superfusum. (11) Iamque levatis navigiis et tota classe dispersa, qui expositi erant, undique ad naves trepidi et improviso malo attoniti recurrunt. (12) Sed in tumultu festinatio quoque tarda est. Hi contis navigia pellebant, hi, dum ‹tumultuantur›, remos aptari prohibebant; consederant (13) quidam enavigare properantes, sed non expectatis, qui simul esse debebant, clauda et inhabilia navigia languide moliebantur; aliae navium inconsulte ruentes non receperant, pariterque et multitudo et paucitas festinantes morabatur. (14) Clamor hinc expectare, hinc ire iubentium dissonaeque voces nusquam idem atque unum tendentium non oculorum modo usum sed etiam aurium abstulerant. (15) Ne in gubernatoribus quidem quicquam opis erat, quorum nec exaudiri vox a tumultuantibus poterat nec imperium a territis incompositisque servari. (16) Ergo conlidi inter se naves abstergerique invicem remi et alii aliorum navigia urgere coeperunt. Crederes non unius exercitus classem vehi, sed duorum navale inisse certamen. (17) Incutiebantur puppibus prorae, premebantur a sequentibus, qui antecedentes turbaverant; iurgantium ira perveniebat etiam ad manus. (18) Iamque aestus totos circa flumen campos inundaverat tumulis dumtaxat eminentibus velut insulis parvis, in quos plerique

Geschichte Alexanders des Großen 9,9,9–9,9,18

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setzten Flutwechsel aufbrandete, allmählich heranströmte und den Fluss zurückdrängte. Dieser wurde zunächst gestaut, daraufhin heftiger getrieben und mit größerer Gewalt in die entgegengesetzte Richtung gedrängt, als Wildbäche in abschüssigem Bett dahineilen. (10) Der Menge waren die natürlichen Eigenschaften des Meeres unbekannt und sie glaubte, darin Wunder und Anzeichen für den Zorn der Götter zu sehen. Immer wieder schwoll das Meer an und überflutete auch die Felder, die kurz davor noch trocken gewesen waren. (11) Und als es schon die leichten Schiffe hochgehoben15 und die ganze Flotte zerstreut hatte, liefen die Leute, die an Land gegangen waren, von allen Seiten zu den Schiffen zurück, denn sie waren ängstlich und über das unvorhergesehene Übel bestürzt. (12) Aber im Getümmel ist auch die Eile lähmend. Die einen versuchten, die Schiffe mit Ruderstangen fortzustoßen, die anderen verhinderten während ihres Lärmens, dass man die Ruder einlegte. Sie hatten sich niedergelassen, (13) wobei manche eilends wegzufahren suchten. Aber weil sie nicht auf diejenigen gewartet hatten, die gleichzeitig anwesend sein mussten, bewegten sie die Schiffe, die auf einer Seite ohne Ruder und daher schwer zu lenken waren, nur träge von der Stelle. Andere Schiffe hatten die Leute, die sich unüberlegt hineinstürzten, nicht fassen können und so waren die Menge und die geringe Zahl für ihre Eile in gleicher Weise hinderlich. (14) Das Geschrei der Leute, die teils befahlen, zu warten, teils aber, loszufahren, und die verworrenen Zurufe der Menschen, die nirgends dasselbe wollten, hatten es nicht nur unmöglich gemacht, die Augen zu gebrauchen, sondern auch die Ohren. (15) Nicht einmal die Steuerleute konnten in irgendeiner Weise Hilfe bringen, weil die Leute in dem Lärm ihre Stimme nicht hören konnten und in ihrem Schrecken und dem Durcheinander einen Befehl auch nicht zu beachten vermochten. (16) Also stießen die Schiffe allmählich zusammen, zerbrachen einander die Ruder und die Leute brachten ihre Fahrzeuge gegenseitig in Bedrängnis. Man hätte glauben können, dass hier nicht die Flotte eines einzigen Heeres fahre, sondern dass zwei verschiedene eine Seeschlacht begonnen hätten. (17) Immer wieder schlug ein Bug auf ein Heck und diejenigen, welche die Vorausfahrenden in Verwirrung gebracht hatten, wurden selbst wieder von den Nachfolgenden bedrängt. In dem zornigen Streit kam es sogar zu Handgreiflichkeiten. (18) Und schon hatte die Flut alle Felder rings um den Fluss überschwemmt, während lediglich Hügel wie kleine Inseln herausragten, und die meisten verließen in

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trepidi omissis navigiis enare properant. (19) Dispersa classis partim in praealta aqua stabat, qua subsederant valles, partim in vado haerebat, utcumque inaequale terrae fastigium occupaverant undae, cum subito novus et pristino maior terror incutitur. (20) Reciprocari coepit mare magno tractu aquis in suum fretum recurrentibus reddebatque terras paulo ante profundo salo mersas. Igitur destituta navigia alia praecipitantur in proras, alia in latera procumbunt. Strati erant campi sarcinis, armis, avulsarum tabularum remorumque fragmentis. (21) Miles nec egredi in terram nec in nave subsistere audebat, identidem praesentibus graviora, quae sequerentur, expectans. Vix, quae perpetiebantur, videre ipsos credebant, in sicco naufragia, in amni mare. (22) Nec finis malorum: quippe aestum paulo post mare relaturum, quo navigia adlevarentur, ignari famem et ultima sibimet ominabantur. Beluae quoque fluctibus destitutae terribiles vagabantur. (23) Iamque nox adpetebat, et regem quoque desperatio salutis aegritudine adfecerat. Non tamen invictum animum curae obruunt, quin tota nocte persederet in speculis equitesque praemitteret ad os amnis, ut, cum mare rursus exaestuare sensissent, praecederent. (24) Navigia quoque et lacerata refici et eversa fluctibus erigi iubet paratosque esse et intentos, cum rursus mare terras inundasset. (25) Tota ea nocte inter vigilias adhortationesque consumpta celeriter et equites ingenti cursu refugere et secutus est aestus. Qui primo aquis leni tractu subeuntibus coepit levare navigia, mox totis campis inundatis etiam impulit classem. (26) Plaususque militum, nauticorum insperatam salutem immodico celebrantium gaudio litoribus ripisque resonabat. Unde tantum redisset subito

Geschichte Alexanders des Großen 9,9,18–9,9,26

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ihrer Angst die Schiffe und schwammen dann eilig zu diesen Hügeln. (19) Die Flotte war zerstreut; teils lag sie in sehr tiefem Wasser, wo sich vorher Talsenken befunden hatten, teils saß sie auf einer Untiefe fest, je nachdem wie die Wellen den unebenen Boden bedeckt hatten. Da wurde den Leuten plötzlich ein neuer Schrecken eingejagt, der noch größer war als der vorige. (20) Die See strömte allmählich zurück, während das Wasser in gewaltigem Strom in sein Meer zurücklief, und gab das Land wieder frei, das kurz davor noch in hoher Salzflut versunken war. Deshalb wurden die Schiffe vom Wasser freigegeben und stürzten teils nach vorn auf den Bug, teils legten sie sich auf die Seite. Die Felder waren mit Gepäck, Waffen und Splittern von losgerissenen Brettern und Rudern bedeckt. (21) Die Soldaten wagten nun weder an Land zu gehen noch auf dem Schiff zu bleiben, weil sie immer wieder erwarteten, es werde etwas folgen, das noch schlimmer sei als das gegenwärtige Übel. Kaum vermochten sie ihren eigenen Augen zu trauen angesichts dessen, was sie erduldeten: auf dem Trockenen Schiffbruch und mitten im Fluss das Meer! (22) Und die Übel nahmen kein Ende. Da sie ja nicht wussten, dass die Flut kurz darauf das Meer zurückbringen und dadurch die Schiffe flott machen werde, sagten sie sich Hunger und äußerste Not voraus. Es streiften auch schreckliche Ungetüme umher, welche die Fluten zurückgelassen hatten. (23) Und schon brach die Nacht herein und sogar der König war bekümmert, weil er die Hoffnung auf ihre Rettung aufgegeben hatte. Dennoch überwältigten die Sorgen seinen unbesiegbaren Mut nicht, sondern er blieb die ganze Nacht ununterbrochen auf dem Beobachtungsposten und schickte Reiter zur Flussmündung voraus, die schnell zurückkommen sollten, wenn sie bemerkten, dass das Meer wieder aufbrande. (24) Er ließ auch die zertrümmerten Schiffe wieder ausbessern und die, welche von den Fluten umgeworfen worden waren, aufrichten und befahl den Leuten, sich bereit zu halten und aufmerksam zu sein, wenn das Meer das Land wieder überflute. (25) Nachdem man so mit Wachen und Ermahnungen diese ganze Nacht zugebracht hatte, kamen auch die Reiter eilig zurück und schnell folgte die Flut. Zunächst machte sie allmählich die Schiffe flott, während das Wasser mit mäßig starker Strömung heranfloss, und bald setzte sie auch die Flotte in Bewegung, als sie die ganzen Felder überschwemmt hatte. (26) Das Beifallsklatschen der Soldaten und der Seeleute, die sich über ihre unverhoffte Rettung unmäßig freuten, hallte von Küsten und Ufern wider. Sie fragten verwundert, woher dieses so

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mare, quo pridie refugisset, quaenam esset eius elementi natura modo discors, modo imperio temporum obnoxia, mirabundi requirebant. (27) Rex cum ex eo, quod acciderat, coniectaret post solis ortum statum tempus esse, media nocte, ut aestum occuparet, cum paucis navigiis secundo amne defluxit. Evectusque os eius CCCC stadia processit in mare tandem voti sui compos. Praesidibusque et maris et locorum dis sacrificio facto ad classem rediit. 10 (1) Hinc adversum flumen subit classis et altero die adpulsa est haud procul lacu salso, cuius incognita natura plerosque decepit temere ingressos aquam. Quippe scabies corpora invasit, et contagium morbi etiam in alios vulgatum est. Oleum remedio fuit. (2) Leonnato deinde praemisso, ut puteos foderet, qua terrestri itinere ducturus exercitum videbatur – quippe sicca erat regio –, ipse cum copiis subsistit vernum tempus expectans. (3) Interim et urbes plerasque condidit ‹et› Nearcho atque Onesicrito nauticae rei peritis imperavit, ut validissimas navium deducerent in Oceanum progressique, quoad tuto possent, naturam maris noscerent: vel eodem amne vel Euphrate subire eos posse, cum reverti ad se vellent. (4) Iamque mitigata hieme et navibus, quae inutiles videbantur, crematis terra ducebat exercitum. (5) Nonis castris in regionem Arabiton, inde totidem diebus in Cedrosiorum perventum est. Liber hic populus concilio habito dedidit se, nec quicquam deditis praeter commeatus imperatum est. (6) Quinto hinc die venit ad flumen: Arabum incolae appellant. Regio deserta et aquarum inops excipit. Quam emensus in Horitas transit. Ibi maiorem exercitus partem Hephaestioni tradidit, levem armaturam cum Ptolomaeo Leonnatoque partitus est. (7) Tria simul agmina populabantur Indos, magnaeque praedae actae sunt: maritimos Ptolomaeus, ceteros ipse rex

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große Meer plötzlich zurückgekehrt sei, wohin es am vorigen Tag zurückgewichen sei und was das für eine Naturgewalt sei, die einerseits so wechselhaft, andererseits an das Gesetz der Zeiten gebunden sei? (27) Da der König aus dem Ereignis den Schluss zog, dass nach Sonnenaufgang der bestimmte Zeitpunkt eintreten werde, fuhr er um Mitternacht mit wenigen Schiffen flussabwärts, um der Flut zuvorzukommen. Und als er die Flussmündung erreicht hatte, drang er 400 Stadien weit ins Meer vor und sah seinen Wunsch endlich erfüllt. Nachdem er den Schutzgöttern des Meeres und der Landschaft geopfert hatte, kehrte er zur Flotte zurück. 10 (1) Hierauf fuhr die Flotte flussaufwärts und legte am folgenden Tag nicht weit von einem Salzsee an. Seine natürlichen Eigenschaften waren unbekannt und so ließen sich die meisten täuschen, die unbesonnen ins Wasser gingen. Denn es befiel sie ein Ausschlag und die ansteckende Krankheit verbreitete sich auch unter den anderen. Öl diente als Heilmittel. (2) Alexander schickte daraufhin Leonnatos voraus, um dort Brunnen zu graben, wo er das Heer auf dem Landweg führen wollte; die Gegend war nämlich trocken. Er selbst machte mit seinen Truppen Halt und wartete die Frühlingszeit ab. (3) Unterdessen gründete er sehr viele Städte und befahl Nearchos und Onesikritos, die in der Seefahrt bewandert waren, die stärksten Schiffe zum Ozean zu bringen und soweit hinauszufahren, wie sie es ohne Gefahr könnten, um die natürlichen Eigenschaften des Meeres kennen zu lernen. Sie könnten dann entweder auf demselben Fluss oder auf dem Euphrat hinauffahren, wenn sie zu ihm zurückkehren wollten. (4) Und als der Winter schon milder geworden war und man die Schiffe, die unbrauchbar schienen, verbrannt hatte, führte Alexander das Heer auf dem Landweg weiter. (5) In neun Tagesmärschen gelangte man in die Gegend der Arabiter und von dort in ebenso vielen Tagen in die der Kedrosier16. Dieses freie Volk unterwarf sich ihm, nachdem es eine Versammlung abgehalten hatte, und er befahl ihnen, als sie sich unterworfen hatten als Einziges, Proviant zu liefern. (6) Hierauf gelangte man am fünften Tag zu einem Fluss – die Einwohner nennen ihn Arabos. Auf ihn folgt eine öde und wasserarme Gegend. Als er diese durchzogen hatte, gelangte er zu den Horitern. Dort übergab er Hephaistion den Großteil des Heeres und teilte die Abteilung der Leichtbewaffneten mit Ptolemaios und Leonnatos. (7) So verwüsteten drei Heerscharen zugleich das Land der Inder und man führte reiche Beute fort. Ptolemaios verheerte die Landschaften, die am Meer lagen, der

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et ab alia parte Leonnatus urebant. In hac quoque regione urbem condidit, deductique sunt in eam Arachosii. (8) Hinc pervenit ad maritimos Indos. Desertam vastamque regionem late tenent ac ne cum finitimis quidem ullo commercii iure miscentur. (9) Ipsa solitudo natura quoque immitia efferavit ingenia: prominent ungues numquam recisi, comae hirsutae et intonsae sunt. (10) Tuguria conchis et ceteris purgamentis maris instruunt. Ferarum pellibus tecti piscibus sole duratis et maiorum quoque beluarum, quas fluctus eiecit, carne vescuntur. (11) Consumptis igitur alimentis Macedones primo inopiam, deinde ad ultimum famem sentire coeperunt, radices palmarum – namque sola ea arbor gignitur – ubique rimantes. (12) Sed cum haec quoque alimenta defecerant, iumenta caedere adgressi ne equis quidem abstinebant; et cum deessent, quae sarcinas veherent, spolia de hostibus, propter quae ultima Orientis peragraverant, cremabant incendio. (13) Famem deinde pestilentia secuta est: quippe insalubrium ciborum novi suci, ad hoc itineris labor et aegritudo animi vulgaverant morbos, et nec manere sine clade nec progredi poterant: manentes fames, progressos acrior pestilentia urgebat. (14) Ergo strati erant campi paene pluribus semivivis quam cadaveribus. Ac ne levius quidem aegri sequi poterant: quippe agmen raptim agebatur tantum singulis ad spem salutis ipsos proficere credentibus, quantum itineris festinando praeciperent. (15) Igitur, qui defecerant, notos ignotosque, ut adlevarentur, orabant; sed nec iumenta erant, quibus excipi possent, et miles vix arma portabat, imminentisque et ipsis facies mali ante oculos erat. Ergo saepius revocati ne respicere quidem suos sustinebant misericordia in formidinem versa. (16) Illi relicti deos testes et sacra communia

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König selbst die übrigen und Leonnatos diejenigen auf der anderen Seite. Auch in dieser Gegend gründete er eine Stadt und siedelte die Arachosier in ihr an. (8) Von hier aus gelangte man zu den Indern, die am Meer leben. Sie bewohnen in weiter Ausdehnung eine öde und wüste Gegend und stehen mit ihren Nachbarn nicht einmal durch irgendwelche Handelsbeziehungen in Kontakt. (9) Eben diese Einöde hat ihre von Natur aus schon rohe Wesensart noch mehr verwildern lassen. Ihre Nägel ragen weit vor, ohne je geschnitten zu werden, ihr Haar ist struppig und ungeschoren. (10) Ihre Hütten bauen sie aus Muscheln und anderen Dingen, die das Meer auswirft. Sie sind mit Tierfellen bekleidet und ernähren sich von Fischen, die man an der Sonne gedörrt hat, und auch vom Fleisch größerer Tiere, welche die Wogen an Land gespült haben. (11) Nachdem die Makedonen nun ihre Nahrungsmittel aufgebraucht hatten, verspürten sie zuerst allmählich Mangel, dann zuletzt Hunger und gruben überall nach Palmenwurzeln – denn nur dieser Baum wächst dort. (12) Als aber auch diese Nahrungsmittel ausgegangen waren, gingen sie daran, die Lasttiere zu schlachten, und verschonten nicht einmal die Pferde. Und weil nun Tiere fehlten, die ihr Gepäck trugen, verbrannten sie die Beute, die sie bei den Feinden gemacht hatten und für die sie die Länder des äußersten Orients durchstreift hatten. (13) Auf den Hunger folgte dann eine Seuche. Die ungewohnten Säfte ungesunder Nahrung und dazu der mühsame Marsch und der Kummer hatten nämlich zur Verbreitung von Krankheiten geführt und man konnte ohne Verluste weder bleiben noch weiterziehen. Wenn sie blieben, quälte sie der Hunger, wenn sie weiterzogen, die Seuche, die noch schlimmer war. (14) Daher waren die Felder fast mit mehr Halbtoten als Leichen bedeckt. Und nicht einmal diejenigen, die nur leicht erkrankt waren, vermochten zu folgen. Denn der Heereszug wurde eilends weitergetrieben, da jeder Einzelne glaubte, er selbst käme der erhofften Rettung umso näher, je mehr Wegstrecke er eilends zurücklege. (15) Also baten diejenigen, die niedergesunken waren, Bekannte und Unbekannte, sie aufzuheben. Aber es gab auch keine Lasttiere, auf die man sie hätte setzen können; die Soldaten konnten kaum ihre Waffen tragen und ihnen stand selbst der Anblick des drohenden Übels vor Augen. Als sie nun immer öfter zurückgerufen wurden, wagten sie nicht einmal, zu ihren Leuten zurückzuschauen, da ihr Mitleid in Furcht umgeschlagen war. (16) Jene, die man im Stich gelassen hatte, riefen die Götter und die gemeinsamen Heiligtümer zu Zeugen und flehten den

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regisque implorabant opem, cumque frustra surdas aures fatigarent, in rabiem desperatione versi parem suo exitum similesque ipsis amicos et contubernales precabantur. (17) Rex dolore simul ac pudore anxius, quia causa tantae cladis ipse esset, ad Phrataphernen, Parthyaeorum satrapen, misit, qui iuberet camelis cocta cibaria adferri, aliosque finitimarum regionum praefectos certiores necessitatis suae fecit. Nec cessatum est ab his. (18) Itaque fame dumtaxat vindicatus exercitus tandem in Cedrosiae fines perducitur. Omnium rerum sola fertilis regio est, in qua stativa habuit, ut vexatos milites quiete firmaret. (19) Hic Leonnati litteras accepit conflixisse ipsum cum VIII milibus peditum et CCCC equitibus Horitarum prospero eventu. A Cratero quoque nuntius venit Ozinen et Zariaspen, nobilis Persas, defectionem molientes oppressos a se in vinculis esse. (20) Praeposito igitur regioni Sibyrtio – namque Menon, praefectus eius, nuper interierat morbo – in Carmaniam ipse processit. (21) Astaspes erat satrapes gentis, suspectus res novare voluisse, dum in India rex est. Quem occurrentem dissimulata ira comiter adlocutus, dum exploraret, quae delata erant, in eodem honore habuit. (22) Cum inde praefecti, sicut imperatum erat, equorum iumentorum‹que› iugalium vim ingentem ex omni, quae sub imperio erat, regione misissent, quibus deerant impedimenta, restituit. (23) Arma quoque ad pristinum refecta sunt cultum: quippe haud procul a Perside aberant non pacata modo sed etiam opulenta. (24) Igitur, ut supra dictum est, aemulatus Patris Liberi non gloriam solum, quam ex illis gentibus deportaverat, sed etiam famam, sive illud triumphus fuit ab eo primum institutus, sive bacchantium lusus, statuit imitari animo super humanum fastigium elato. (25) Vicos, per quos iter erat, floribus coronisque sterni iubet, liminibus aedium

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König um Hilfe an; aber als ihre Bitten ohne Wirkung blieben und stets auf taube Ohren stießen, gerieten sie aus ihrer Verzweiflung in Raserei und wünschten ihnen das gleiche Verderben und ähnliche Vertrauten und Kameraden. (17) Der König war aus Schmerz und Beschämung zugleich beunruhigt, weil er sich selbst als Ursache für ein so großes Unglück sah. Daher schickte Boten zu Phrataphernes, dem Satrapen der Parthyaier, der auf Kamelen Brot herbeischaffen lassen solle, und benachrichtigte auch die anderen Befehlshaber der benachbarten Gegenden von seiner Notlage. Und diese zögerten nicht. (18) Deshalb gelangte das Heer, wenigstens vom Hunger befreit, schließlich in das Gebiet der Kedrosier. Nur diese Gegend ist in jeder Weise fruchtbar und er hielt in ihr ein Standlager, damit sich die geplagten Soldaten ausruhen und stärken konnten. (19) Hier erhielt er einen Brief von Leonnatos, dass er erfolgreich gegen 8 000 Fußsoldaten und 400 Reiter der Horiter gekämpft habe. Auch von Krateros kam eine Nachricht, dass Ozines und Zariaspes, zwei vornehme Perser, die beabsichtigt hätten, abtrünnig zu werden, von ihm niedergeworfen worden seien und sich in Haft befänden. (20) Nachdem Alexander also Sibyrtios zum Befehlshaber über diese Gegend ernannt hatte – denn Menon, ihr Befehlshaber, war vor kurzem an einer Krankheit gestorben –, zog er selbst nach Karmanien weiter. (21) Der Satrap dieses Stammes war Astaspes, der im Verdacht stand, einem Umsturz gewünscht zu haben, während der König in Indien war. Als er ihm entgegenkam, verbarg Alexander seinen Zorn, sprach ihn freundlich an und beließ ihn in seinem früheren Amt, bis er ermittelt hatte, was man ihm hinterbracht hatte. (22) Nachdem hierauf die Befehlshaber gemäß dem Gebot eine große Menge von Pferden und Lasttieren aus jeder Gegend, die ihnen unterstellt war, geschickt hatten, ersetzte er denen den Tross, denen er fehlte. (23) Die Soldaten wurden auch mit denselben Waffen ausgestattet wie früher. Denn sie waren nicht weit von Persien entfernt, das nicht nur unterworfen, sondern auch reich war. (24) Weil Alexander nun, wie oben erwähnt, nicht nur dem Ruhm des Vaters Bakchos, den dieser über jene Stämme davongetragen hatte, sondern auch seinem Ruf nacheiferte – mochte der nun darin bestehen, dass Bakchos als Erster einen Triumphzug oder ein Bakchantenfest veranstaltet hatte –, beschloss er nun, dies nachzuahmen. Denn in seinem Sinn hatte er sich schon über menschliches Maß erhoben. (25) Er ließ die Gassen, durch die ihn sein Weg führte, mit Blumen und Kränzen bestreuen, an den Schwellen der Häuser

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creterras vino repletas et alia eximiae magnitudinis vasa disponi, vehicula deinde constrata, ut plures capere milites possent, in tabernaculorum modum ornari, alia candidis velis, alia veste pretiosa. (26) Primi ibant amici et cohors regia variis redimita floribus coronisque – alibi tibicinum cantus, alibi lyrae sonus audiebatur – item vehiculis pro copia cuiusque adornatis comissabundus exercitus armis, quae maxime decora erant, circumpendentibus. Ipsum convivasque currus vehebat creterris aureis eiusdemque materiae ingentibus poculis praegravis. (27) Hoc modo per dies VII bacchabundum agmen incessit, parata praeda, si quid victis saltem adversus comissantes animi fuisset: mille, hercule, viri modo et sobrii, VII dierum crapula graves in suo triumpho capere potuerunt. (28) Sed fortuna, quae rebus famam pretiumque constituit, hoc quoque militiae probrum vertit in gloriam. Et praesens aetas et posteritas deinde mirata est per gentes nondum satis domitas incessisse temulentos barbaris, quod temeritas erat, fiduciam esse credentibus. (29) Hunc apparatum carnifex sequebatur: quippe satrapes Astaspes, de quo ante dictum est, interfici iussus est: adeo nec luxuriae quicquam crudelitas nec crudelitati luxuria obstat.

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Mischkrüge voll Wein und andere Gefäße von außerordentlicher Größe aufstellen, dann Wagen, die man mit Brettern belegt hatte, damit sie mehrere Soldaten fassen konnten, nach Art von Zelten teils mit weißen Tüchern, teils mit kostbaren Teppichen ausstatten. (26) An der Spitze liefen die Vertrauten und die königliche Kohorte, geschmückt mit bunten Blumen und Kränzen – hier hörte man Flötenspiel, dort den Klang der Lyra – und ebenso folgte das umherschwärmende Heer in Wagen, die nach der Möglichkeit eines jeden ausgeschmückt waren, und ringsum hingen die schönsten Waffen. Den König selbst und seine Gäste trug ein Wagen, der mit goldenen Mischkrügen und riesigen Bechern aus dem gleichen Material schwer beladen war. (27) Auf diese Weise zog das Heer sieben Tage lang in bakchantischem Schwärmen einher – eine leichte Beute für die Besiegten, wenn sie nur ein wenig Mut gegenüber den Umherschwärmenden besessen hätten. Bei Herakles, tausend Leute, wenn sie nur Männer und nüchtern gewesen wären, hätten diejenigen, die vom siebentägigen Rausch betrunken waren, mitten auf ihrem eigenen Triumphzug gefangen nehmen können. (28) Aber das Glück, das den Ruf und den Preis für alle Taten bestimmt, verwandelte auch diese Schande für den Kriegsdienst in Ruhm. Sowohl die damalige Zeit als auch dann die Nachwelt wunderte sich darüber, dass sie betrunken bei Stämmen einherzogen, die noch nicht völlig bezwungen waren, wobei die Barbaren glaubten, das sei Selbstvertrauen, was in Wirklichkeit Unbesonnenheit war. (29) Diesem aufwändigen Zug folgte der Henker. Denn es wurde befohlen, den vorher erwähnten Satrapen Astaspes hinzurichten. So sehr steht weder die Grausamkeit der Schwelgerei noch die Schwelgerei der Grausamkeit in irgendeiner Weise im Weg.

LIBER X 1 (1) Isdem fere diebus Cleander et Sitalces et cum Agathone Heracon superveniunt, qui Parmenionem iussu regis occiderant. (2) V milia peditum cum equitibus M, sed et accusatores eos e provincia, cui praefuerant, sequebantur; nec tot facinora, quot admiserant, compensare poterat caedis perquam gratae regi ministerium. (3) Quippe cum omnia profana spoliassent, ne sacris quidem abstinuerant, virginesque et principes feminarum stupra perpessae corporum ludibria deflebant. (4) Invisum Macedonum nomen avaritia eorum ac libido barbaris fecerat. (5) Inter omnes tamen eminebat Cleandri furor, qui nobilem virginem constupratam servo suo paelicem dederat. (6) Plerique amicorum Alexandri non tam criminum, quae palam obiciebantur, atrocitatem quam memoriam occisi per illos Parmenionis, quod tacitum prodesse reis apud regem poterat, intuebantur, laeti reccidisse iram in irae ministros, nec ullam potentiam scelere quaesitam cuiquam esse diuturnam. (7) Rex cognita causa pronuntiavit ab accusatoribus unum et id maximum crimen esse praeteritum, desperationem salutis suae: numquam enim talia ausuros, qui ipsum ex India sospitem aut optassent reverti aut credidissent reversurum. (8) Igitur hos quidem vinxit, DC autem militum, qui saevitiae eorum ministri fuerant, interfici iussit. (9) Eodem die sumptum est supplicium de iis quoque, quos auctores defectionis

BUCH 10 1 (1) Ungefähr zur selben Zeit trafen Kleandros, Sitalkes und neben Agathon Herakon1 ein, die im königlichen Auftrag den Parmenion ermordet hatten; (2) 5 000 Mann Infanterie, 1 000 Mann Kavallerie, aber auch die Kläger aus den Provinzen, die sie verwaltet hatten, folgten ihnen. Die vielen Verbrechen, die sie begangen hatten, konnten durch die Ausführung des Mordes nicht aufgewogen werden, obwohl gerade der dem König sehr entgegenkam. (3) Denn nach der Plünderung des gesamten Besitzes hatten sie sich noch nicht einmal von den Heiligtümern ferngehalten, und junge Mädchen und vornehme Damen aus den höchsten Kreisen beklagten die Schmach, die sie durch die Schändung ihrer Körper erlitten hätten. (4) Habgier und Lüsternheit dieser Männer hatten die Bezeichnung „makedonisch“ bei den Barbaren verhasst werden lassen. (5) Vor allem jedoch sorgte Kleandros’ Wahnsinn für Aufsehen: Er hatte seinem Sklaven ein vornehmes, von ihm selbst geschändetes junges Mädchen zur Konkubine gegeben. (6) Die meisten von Alexanders Freunden hatten weniger die Abartigkeit der Verbrechen vor Augen, die diesen Männern in aller Öffentlichkeit zur Last gelegt wurden; sie erinnerten sich vielmehr an die Ermordung Parmenions durch jene – das Verschweigen dieser Tat hätte nämlich den Angeklagten vor dem König helfen können – und sie freuten sich, dass sein Zorn die Diener seines Zorns getroffen hatte und dass keine durch Verbrechen gewonnene Macht für jemanden von Dauer sei. (7) Der Fall wurde untersucht, und der König erklärte, von den Anklägern sei ein Vorwurf übergangen worden, und zwar der wichtigste: Sie hätten die Hoffnung aufgegeben, dass er noch am Leben sei. Niemals hätte nämlich jemand, der sich Alexanders glückliche Rückkehr aus Indien gewünscht oder daran geglaubt hätte, zu so etwas den Mut gehabt. (8) Er ließ sie also ins Gefängnis werfen; 600 Soldaten aber, die ihnen als Werkzeug für ihre Gewalttaten gedient hatten, ließ er hinrichten. (9) Am selben Tag wurde die Todesstrafe auch an denjenigen vollstreckt, die Krateros als Anstifter der persischen Abtrünnigkeit vor Gericht

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Persarum Craterus adduxerat. (10) Haud multo post Nearchus et Onesicritus, quos longius in Oceanum procedere iusserat, superveniunt. (11) Nuntiabant autem quaedam audita, alia comperta: insulam ostio amnis obiectam auro abundare, inopem equorum esse: singulos eos compererant ab iis, qui ex continenti traicere auderent, singulis talentis emi. (12) Plenum esse beluarum mare: aestu secundo eas ferri magnarum navium corpora aequantes, truci cantu deterritas sequi classem cum magno aequoris strepitu velut demersa navigia subisse aquas. (13) Cetera incolis crediderant, inter quae: Rubrum mare non a colore undarum, ut plerique crederent, sed ab Erythro rege appellari; (14) esse haud procul a continenti insulam palmis frementibus consitam et in medio fere nemore columnam eminere, Erythri regis monumentum, litteris gentis eius scriptam. (15) Adiciebant navigia, quae lixas mercatoresque vexissent, famam auri secutis gubernatoribus in insulam esse transmissa nec deinde ab iis postea visa. (16) Rex cognoscendi plura cupidine accensus rursus eos terram legere iubet, donec ad Euphratis ‹os› adpellerent classem; inde adverso amne Babylona subituros. (17) Ipse animo infinita complexus statuerat omni ad orientem maritima regione perdomita ex Syria petere Africam, Carthagini infensus, inde Numidiae solitudinibus peragratis cursum Gadis dirigere – ibi namque columnas Herculis esse fama vulgaverat –, (18) Hispanias deinde, quas Hiberiam Graeci a flumine Hibero vocabant, adire et praetervehi Alpes Italiaeque oram, unde in Epirum brevis cursus est. (19) Igitur Mesopotamiae praetoribus imperavit [ut] materia in Libano monte caesa devectaque ad urbem Syriae Thapsacum septingentarum carinas navium ponere: septiremis omnes esse deducique Baby-

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gebracht hatte. (10) Nicht lange darauf trafen Nearchos und Onesikritos ein, die Alexander weiter in den Ozean hatte vordringen lassen. (11) Sie meldeten teils Gehörtes, teils Selbsterlebtes: Eine vor der Mündung des Stroms liegende Insel habe Überfluss an Gold, aber Mangel an Pferden, und daher zahle man – wie sie in Erfahrung gebracht hatten – für jedes Tier ein Talent an diejenigen aus, die den Mut aufbrächten, die Pferde vom Festland aus überzusetzen. (12) Das Meer wimmle von Ungeheuern. Wenn die Flut günstig sei, würden sie von ihr angeschwemmt, groß wie schwere Schiffe. Man habe sie durch wildes Geschrei davon abgeschreckt, der Flotte zu folgen, und sie seien im tosenden Meer wie sinkende Schiffe in den Wellen untergetaucht. (13) Den Rest hatten sie den Einwohnern geglaubt, unter anderem Folgendes: Das Rote Meer habe seinen Namen nicht – wie man meist annehme – von der Farbe seines Wassers, sondern vom König Erythros2. (14) Nicht weit vom Festland aus liege eine mit rauschenden Palmen bewachsene Insel; dort rage ungefähr aus der Mitte des Palmenhains eine Säule hervor, ein Denkmal des Königs Erythros, mit einer Inschrift in den Schriftzeichen seines Volkes. (15) Sie fügten hinzu, es seien Schiffe mit Händlern und Kaufleuten zur Insel übergesetzt, deren Steuermänner dem Ruf des Goldes gefolgt seien. Später habe man keines von ihnen wieder gesehen. (16) Der König wollte unbedingt noch mehr wissen und befahl, erneut an der Küste entlangzufahren, bis sie mit der Flotte die Euphratmündung erreichten. Von dort aus sollten sie flussaufwärts nach Babylon kommen. (17) Er selbst, grenzenlos in seinem Streben, war entschlossen, nach der Eroberung des gesamten östlichen Küstenlandes von Syrien aus nach Afrika zu segeln, weil er den Karthagern feind war, anschließend die Wüsten Numidiens zu durchqueren und von dort aus den Weg nach Gades einzuschlagen – einer weitverbreiteten Sage nach lagen dort nämlich die Säulen des Herakles. (18) Er hatte vor, im Anschluss daran Spanien aufzusuchen, das die Griechen nach dem Fluss Hiberos Hiberien nannten, und an den Alpen und der Küste Italiens vorbeizusegeln, von wo aus es nicht weit nach Epeiros ist. (19) Deshalb gab er den Statthaltern von Mesopotamien den Befehl, im Gebirge des Libanon Baumaterial zu fällen, es zur syrischen Stadt Thapsakos zu schaffen und 700 Schiffskiele auf die Werften legen zu lassen, lauter Siebenruderer, die dann flussabwärts nach Babylon gebracht werden sollten. Die zypriotischen Könige

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lona. Cypriorum regibus imperatum, ut aes stuppamque et vela praeberent. (20) Haec agenti Pori et Taxilis regum litterae traduntur, Abisaren morbo, Philippum, praefectum ipsius, ex vulnere interisse oppressosque, qui vulnerassent eum. (21) Igitur Philippo substituit Eudaemonem – dux erat Thracum –, Abisaris regnum filio eius attribuit. (22) Ventum est deinde Parsagada: Persica est gens, cuius satrapes Orsines erat, nobilitate ac divitiis inter omnes barbaros eminens. (23) Genus ducebat a Cyro, quondam rege Persarum; opes et a maioribus traditas habebat et ipse longa imperii possessione cumulaverat. (24) Is regi cum omnis generis donis, non ipsi modo ea sed etiam amicis eius daturus, occurrit. Equorum domiti greges sequebantur currusque argento et auro adornati, pretiosa supellex et nobiles gemmae, aurea magni ponderis vasa vestesque purpureae et signati argenti talentum III milia. (25) Ceterum tanta benignitas barbaro causa mortis fuit. Nam cum omnes amicos regis donis super ipsorum vota coluisset, Bagoae spadoni, qui Alexandrum obsequio corporis devinxerat sibi, nullum honorem habuit, (26) admonitusque a quibusdam aeque Alexandro cordi esse, respondit amicos regis, non scorta se colere, nec moris esse Persis mares ducere, qui stupro effeminarentur. (27) His auditis spado potentiam flagitio et dedecore quaesitam in caput nobilissimi et insontis exercuit. Namque gentis eiusdem levissimos falsis criminibus adstruxit, monitos tum demum ea deferre, cum ipse iussisset. (28) Interim quotiens sine arbitris erat, credulas regis aures implebat dissimulans causam irae, quo gravior criminantis auctoritas esset. (29) Nondum suspectus erat Orsines, iam tamen vilior. Reus enim in secreto agebatur

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erhielten den Auftrag, Kupfer, Werg und Segeltuch zu liefern. (20) Während er damit beschäftigt war, brachte man ihm briefliche Nachricht von den Königen Poros und Taxiles, dass Abisares an einer Krankheit und Alexanders Statthalter Philippos an seiner Verwundung gestorben seien und dass man die, die ihn verwundet hätten, beseitigt habe. (21) Daraufhin ersetzte er Philippos durch Eudaimon – er war der Anführer der Thraker. Abisares’ Reich übertrug er auf dessen Sohn. (22) Schließlich erreichte man Parsagadai. Es handelt sich um einen persischen Stamm, dessen Satrap Orsines war, ein Mann, der durch Geburt und Reichtum unter allen Barbaren herausragte. (23) Seine Abstammung führte er zurück auf Kyros, den einstigen König der Perser. Seinen Reichtum hatte er teils von seinen Vorfahren ererbt, teils selbst im Laufe seiner langen Herrschaft angehäuft. (24) Er zog dem König mit allerlei Geschenken entgegen, die er nicht nur ihm selbst, sondern auch seinen Freunden überreichen wollte. Ihm folgten Herden gezähmter Rosse, Wagen mit Silber und Gold geschmückt, kostbare Gebrauchsgegenstände, herrliche Edelsteine, schwere Goldgefäße, Purpurgewänder und 3 000 Talente Silber in Münzen. (25) Doch in eben dieser großen Freigebigkeit lag die Ursache für den Tod des Barbaren. Während er nämlich alle Freunde des Königs mit mehr Geschenken bedacht hatte, als die es sich hätten wünschen können, erwies er dem Eunuchen Bagoas, der Alexander durch seine körperliche Hingabe an sich gebunden hatte, nicht die geringste Ehre. (26) Und als ihn einige daran erinnerten, dass Bagoas dem Alexander gleichermaßen am Herzen liege, erwiderte Orsines, er erweise den Freunden des Königs seine Ehre, nicht seinen Lustknaben, und es sei nicht üblich bei den Persern, diejenigen für Männer zu halten, die sich durch ihre Hurerei zu Frauen machten. (27) Als der Eunuch davon gehört hatte, setzte er seine durch Schimpf und Schande gewonnene Macht gegen das Leben eines so überaus edlen und unschuldigen Mannes ein. Er stiftete nämlich absolut charakterlose Männer aus demselben Volk zu falschen Anschuldigungen an, die sie aber erst dann vorbringen sollten, wenn er selbst den Befehl dazu gegeben habe. (28) Unterdessen lag er dem leichtgläubigen König in den Ohren, sooft er ohne Zeugen war, wobei er jedoch die Ursache für seine Wut verborgen hielt, damit seine Anschuldigungen umso mehr Gewicht bekämen. (29) Man hegte zwar gegen Orsines noch keinen Verdacht, doch sein Ansehen war bereits gesunken. Denn ohne dass er von der verborgenen Gefahr etwas

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latentis periculi ignarus, et importunissimum scortum, ne in stupro quidem et dedecoris patientia fraudis oblitum, quotiens amorem regis in se accenderat, Orsinen modo avaritiae, interdum etiam defectionis arguebat. (30) Iam matura erant in perniciem innocentis mendacia, et fatum, cuius inevitabilis sors est, adpetebat. Forte enim sepulchrum Cyri Alexander iussit aperiri, in quo erat conditum eius corpus, cui dare volebat inferias. (31) Auro argentoque [conditum] repletum esse crediderat – quippe ita fama Persae vulgaverant –, sed praeter clipeum eius putrem et arcus duos Scythicos et acinacem nihil repperit. (32) Ceterum corona aurea imposita amiculo, cui adsuerat ipse, solium, in quo corpus iacebat, velavit miratus tanti nominis regem tantis praeditum opibus haud pretiosius sepultum esse, quam si fuisset e plebe. (33) Proximus erat lateri spado, qui regem intuens ‘Quid mirum’ inquit ‘est inania sepulchra esse regum, cum satraparum domus aurum inde egestum capere non possint? (34) Quod ad me attinet, ipse hoc bustum antea non videram, sed ex Dareo ita accepi, III milia talentum condita esse cum Cyro. (35) Hinc illa benignitas in te, ut, quod impune habere non poterat Orsines, donando etiam gratiam iniret.’ (36) Concitaverat iam animum in iram, cum ii, quibus negotium idem dederat, superveniunt: hinc Bagoas, hinc ab eo subornati falsis criminibus occupant aures. (37) Antequam accusari se suspicaretur, Orsines in vincula est traditus. Non contentus supplicio insontis spado ipse morituro manum iniecit. Quem Orsines intuens ‘Audieram’ inquit ‘in Asia olim regnasse feminas; hoc vero novum est, regnare castratum!’ (38) Hic fuit exitus nobilissimi Persarum nec insontis modo, sed eximiae quoque benignitatis in regem. (39) Eodem tempore Phradates regnum adfectasse suspectus occiditur. Coeperat esse praeceps ad repraesentanda supplicia, item ad deteriora credenda.

Geschichte Alexanders des Großen 10,1,29–10,1,40

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ahnte, wurde heimlich gegen ihn Anklage geführt, und der unverschämte Lustknabe, der nicht einmal bei seinem scham- und ehrlosen Geschlechtsverkehr seine hinterlistigen Absichten vergaß, beschuldigte Orsines bald der Habsucht und bald sogar der Abtrünnigkeit, sooft er den König für sich entflammt hatte. (30) Jetzt war das Lügengewebe reif für das Verderben des unschuldigen Mannes, und das unvermeidliche Verhängnis nahte. Zufällig ließ Alexander nämlich das Grab des Kyros3 öffnen, worin der Leichnam beigesetzt war, um ihm Totenopfer darzubringen. (31) Er hatte geglaubt, es sei voller Gold und Silber – denn so hatte es die Sage bei den Persern verbreitet –, doch fand er nichts darin außer dessen morschem Schild, zwei skythischen Bogen und einem Säbel. (32) Daher legte er auf den Sarg, in dem sich der Leichnam befand, eine goldene Krone und bedeckte ihn mit seinem eigenen Mantel und war ganz erstaunt, dass ein so berühmter und ungeheuer reicher König nicht prunkvoller begraben worden sei, als wäre er aus dem Volk gewesen. (33) Dicht an der Seite Alexanders stand der Eunuch; er blickte den König an und sagte: „Wen wundert es, wenn die Königsgräber leer sind, wo doch die Paläste der Satrapen das von hier geraubte Gold gar nicht fassen können? (34) Was mich betrifft: Ich hatte dieses Grabmal zuvor zwar nicht gesehen, aber von Dareios habe ich gehört, dass dem Kyros 3 000 Talente beigegeben worden seien. (35) Daher diese Freigebigkeit des Orsines dir gegenüber: Indem er dir schenkte, was er nicht ungestraft besitzen konnte, wollte er auch noch deine Gunst erwerben.“ (36) Er hatte Alexanders Wut schon entfacht, als zusätzlich noch die hinzukamen, denen er den gleichen Auftrag gegeben hatte. Auf der einen Seite lag Bagoas, auf der anderen Seite lagen die von ihm dazu Angestifteten dem König mit falschen Beschuldigungen in den Ohren. (37) Ehe Orsines von seiner Anklage etwas ahnte, wurde er ins Gefängnis geworfen. Und weil der Eunuch nicht zufrieden mit der Hinrichtung eines Unschuldigen war, legte er selbst noch Hand an ihn, als man ihn zur Hinrichtung führte. Orsines schaute ihn an und sagte: „Dass einst in Asien die Frauen regiert haben, war mir bekannt; neu ist mir aber, dass ein Kastrierter regiert.“ (38) So endete der Edelste der Perser, der nicht nur unschuldig, sondern auch dem König gegenüber überaus wohlwollend gesinnt war. (39) Gleichzeitig wurde auch Phradates4 getötet, der im Verdacht stand, nach der Herrschaft gestrebt zu haben. Alexander hatte begonnen, überstürzt die Todesstrafe zu verhängen und ebenso jeweils das Schlimmste zu glauben. (40) Natür-

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(40) Scilicet res secundae valent commutare naturam, et raro quis-

quam erga bona sua satis cautus est. Idem enim paulo ante Lyncestem Alexandrum delatum a duobus indicibus damnare non sustinuerat, (41) humiliores quoque reos contra suam voluntatem, quia ceteris videbantur insontes, passus absolvi; hostibus victis regna reddiderat: (42) ad ultimum tamen ita ab semetipso degeneravit, ut in‹victi› quondam adversus libidinem animi arbitrio scorti aliis regna daret, aliis adimeret vitam. (43) Isdem fere diebus litteras a Coeno accipit de rebus in Europa et Asia gestis, dum ipse Indiam subegit. (44) Zopyrio, Thraciae praepositus, cum expeditionem in Getas faceret, tempestatibus procellisque subito coortis cum toto exercitu oppressus erat. (45) Qua cognita clade Seuthes Odrysas, populares suos, ad defectionem compulerat. Amissa propemodum Thracia ne Graecia quidem ‹***› 2 (1) Igitur XXX navibus Sunium transmittunt – promunturium est Atticae terrae – unde portum urbis petere decreverant. (2) His cognitis rex Harpalo Atheniensibusque iuxta infestus classem parari iubet Athenas protinus petiturus. (3) Quod consilium clam agitanti litterae redduntur: Harpalum intrasse quidem Athenas, pecunia conciliasse sibi principum animos; mox concilio plebis habito iussum urbe excedere ad Graecos milites pervenisse, quibus in Cretam traiectis a‹mico› quodam auctore interemptum per insidias. (4) His laetus in Europam traiciendi consilium omisit, sed exules praeter eos, qui civili sanguine aspersi erant, recipi ab omnibus Graecorum civitatibus, quis pulsi erant, iussit. (5) Et Graeci haud ausi imperium aspernari, quamquam solvendarum legum id principium esse censebant, bona quoque, quae extarent, restituere damnatis. (6) Soli Athenienses, non suae modo sed etiam publicae vindices ‹liber-

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lich vermag ein glückliches Schicksal den Charakter zu ändern, und nur selten ist jemand gegenüber seinem Wohlstand vorsichtig genug. Derselbe Mann nämlich, der kurz zuvor den Lynkesten Alexander trotz der Anklage durch zwei Zeugen nicht zu verurteilen gewagt hatte, (41) derselbe Mann, der es zuließ, dass auch niedrigere Angeklagte gegen seinen Willen freigesprochen wurden, weil sie den Übrigen unschuldig erschienen, derselbe Mann, der besiegten Feinden ihre Reiche zurückgegeben hatte, (42) der verlor sich zuletzt selbst so sehr, dass er, obwohl er einst über seine eigenen Triebe geherrscht hatte, nach dem Willen seines Lustknabens den einen Reiche schenkte, den anderen das Leben nahm. (43) Ungefähr zur selben Zeit erhielt er von Koinos5 schriftlichen Bericht über das, was in Europa und Asien vorgefallen war, während er selbst Indien unterwarf. (44) Der thrakische Kommandant Zopyrion war, als plötzlich Unwetter und Stürme hereinbrachen, auf seinem Zug gegen die Geten mit dem ganzen Heer umgekommen. (45) Auf die Nachricht von Zopyrions Niederlage hin hatte Seuthes seine Landsleute, die Odryser, zum Abfallen bewegt. Nachdem Thrakien so fast verloren war, blieb nicht einmal Griechenland ‹***›6 2 (1) Sie setzten also mit dreißig Schiffen nach Sunion, einem Vorgebirge Attikas, über, von wo aus sie in den Hafen der Stadt einlaufen wollten. (2) Auf diese Nachricht hin befahl der König, gleichermaßen wütend auf Harpalos wie auf die Athener, eine Flotte zu rüsten, um sofort gegen Athen zu ziehen. (3) Als er sich insgeheim mit diesem Plan befasste, wurde ihm ein Brief überbracht: Harpalos sei zwar nach Athen gekommen und habe die führenden Köpfe des Volkes durch Bestechung für sich gewonnen, doch er habe bald darauf von der Volksversammlung den Befehl erhalten, die Stadt zu verlassen. Er sei zu seinen griechischen Soldaten gegangen, sei mit ihnen nach Kreta übergesetzt und sei dort hinterlistig umgebracht worden, wofür einer seiner Freunde gesorgt habe. (4) Alexander war darüber erfreut und gab den Plan, nach Europa überzusetzen, auf; er befahl aber, dass die Verbannten von all den griechischen Staaten, aus denen sie vertrieben worden waren, wieder aufgenommen werden sollten, ausgenommen diejenigen, die sich mit Bürgerblut besudelt hatten. (5) Und die Griechen, die nicht wagten, sich dieser Anweisung zu widersetzen, gaben sogar den Verurteilten ihre Besitztümer – soweit vorhanden – zurück, obwohl sie meinten, dass dies der Anfang vom Ende ihrer Gesetze sei. (6) Allein die Athener, die nicht nur ihre eigene, sondern die allgemeine Freiheit ver-

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tatis›, colluvionem ordinum hominumque aegre ferebant non regio imperio, sed legibus moribusque patriis regi adsueti. (7) Prohibuere igitur exules finibus omnia potius toleraturi, quam purgamenta quondam urbis suae, tunc etiam exilii, admitterent. (8) Alexander senioribus militum in patriam remissis XIII milia peditum et II milia equitum, quae in Asia retineret, eligi iussit existimans modico exercitu continere posse Asiam, quia pluribus locis praesidia disposuisset nuperque conditas urbes colonis replesset res novare cupi‹entes coerc›entibus. (9) Ceterum priusquam excerneret, quos erat retenturus, edixit, ut omnes milites aes alienum profiterentur. Grave plerisque esse compererat et, quamquam ipsorum luxu contractum erat, dissolvere tamen ipse decreverat. (10) Illi temptari ipsos rati, quo facilius ab integris sumptuosos discerneret, prolatando aliquantum extraxerant temporis. Et rex satis gnarus professioni aeris pudorem, non contumaciam obstare, mensas totis castris poni iussit et X milia talentum proferri. (11) Tum demum ‹cum› fide facta professio est. Nec amplius ex tanta pecunia quam C et XXX talenta superfuere. Adeo ille exercitus tot divitissimarum gentium victor plus tamen victoriae quam praedae deportavit ex Asia. (12) Ceterum ut cognitum est alios remitti domos, alios retineri, perpetuam eum regni sedem in Asia habiturum rati vaecordes et disciplinae militaris immemores seditiosis vocibus castra complent regemque ferocius quam alias adorti omnes simul missionem postulare coeperunt deformia ora cicatricibus canitiemque capitum ostentantes. (13) Nec aut praefectorum castigatione aut verecundia regis deterriti tumultuoso clamore et militari violentia volentem loqui inhibe-

Geschichte Alexanders des Großen 10,2,6–10,2,13

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teidigten, waren unzufrieden über das Gemisch von Ständen und Einzelnen, denn sie waren es gewohnt, sich nicht durch die Macht eines Königs regieren zu lassen, sondern durch die Gesetze und die Sitten ihres Vaterlandes. (7) Deshalb hielten sie die Verbannten von ihren Grenzen zurück und wollten alles lieber ertragen, als diesem Auswurf vormals ihrer Stadt und jetzt sogar der Verbannungsorte Zutritt zu gestatten. (8) Alexander entließ die älteren Soldaten in die Heimat und befahl, 13 000 Mann Infanterie und 2 000 Mann Kavallerie auszuwählen, um sie in Asien zurückzubehalten. Er glaubte nämlich, Asien mit einem recht bescheidenen Heer halten zu können, weil er auf mehrere Orte Besatzungen verteilt und die von ihm neulich gegründeten Städte mit Kolonisten besiedelt hatte, die die Unruhestifter in Schach halten sollten. (9) Bevor er jedoch diejenigen aussortierte, die er zurückbehalten wollte, ließ er bekanntmachen, dass alle Soldaten ihre Schulden melden sollten. Wie er nämlich erfahren hatte, lasteten auf den meisten große Schulden, und obwohl sie diese infolge ihrer eigenen Verschwendung gemacht hatten, hatte Alexander sich dennoch entschlossen, selbst dafür aufzukommen. (10) Die Soldaten vermuteten jedoch, er wolle sie auf die Probe stellen, damit er umso leichter die Verschwender von den Unverschuldeten unterscheiden könne, und sie hatten das Ganze lange Zeit hinausgezögert. Weil der König genau wusste, dass nicht der Ungehorsam, sondern die Scham die Soldaten daran hinderte, ihre Schulden zu melden, ließ er im ganzen Lager Tische aufstellen und 10 000 Talente darauf legen. (11) Da erst fassten sie Vertrauen und meldeten ihre Schulden. Von einer so großen Geldsumme blieben nicht mehr als 130 Talente übrig. Auf diese Weise brachte das Heer, das so viele der reichsten Nationen unterworfen hatte, mehr Sieg als Beute aus Asien heim. (12) Wie jedoch bekannt wurde, dass der eine Teil in die Heimat entlassen, der andere Teil zurückbehalten werde, glaubten die Soldaten, Alexander wolle den ständigen Sitz seiner Herrschaft nach Asien verlegen, und erfüllten wie besessen und ohne an ihre militärische Zucht zu denken, das Lager mit aufrührerischem Geschrei. Trotziger denn je stürmten sie auf den König ein und fingen an, allesamt ihre Entlassung zu fordern, indem sie auf ihre narbenentstellten Gesichter und ihr ergrautes Haar zeigten. (13) Sie ließen sich weder durch die Schelten ihrer Führer noch durch die Ehrfurcht dem König gegenüber davon abbringen: Sie ließen ihn, als er sprechen wollte, durch Toben und Brüllen und durch kriegerische Gewalt nicht zu Wort

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bant palam professi nusquam inde nisi in patriam vestigium esse moturos. (14) Tandem silentio facto, magis quia motum esse credebant quam quia ipsi moveri poterant, quidnam acturus esset, expectabant. (15) Ille ‘Quid haec’ inquit ‘repens consternatio et tam procax atque effusa licentia denuntiat? Eloqui metuo. Palam certe rupistis imperium, et precario rex sum, cui non adloquendi, non noscendi monendique aut intuendi vos ius reliquistis. (16) Equidem cum alios dimittere in patriam, alios mecum paulo post deportare statuerim, tam illos adclamantes video, qui abituri sunt, quam hos, cum quibus praemissos subsequi statui. (17) Quid hoc est rei? dispari in causa idem omnium clamor est. Pervelim scire, utrum qui discedunt an qui retinentur de me querantur.’ (18) Crederes uno ore omnes sustulisse clamorem: ita pariter ex tota contione responsum est omnes queri. (19) Tum ille ‘Non, hercule’ inquit, ‘potest fieri, ut adducar querendi simul omnibus hanc causam esse, quam ostenditis, in qua maior pars exercitus non est, utpote cum plures dimiserim quam retenturus sum. (20) Subest nimirum altius malum, quod omnes avertit a me. Quando enim regem universus deseruit exercitus? Ne servi quidem uno grege profugiunt dominos, sed est quidam in illis pudor a ceteris destitutos relinquendi. (21) Verum ego tam furiosae consternationis oblitus remedia insanabilibus conor adhibere. Omnem, hercule, spem, quam ex vobis conceperam, damno nec ut cum militibus meis – iam enim esse desistis – sed ut cum ingratissimis operis agere decrevi. (22) Secundis rebus, quae circumfluunt vos, insanire coepistis obliti status eius, quem beneficio exuistis meo, digni, hercule, qui in eodem consenescatis, quoniam

Geschichte Alexanders des Großen 10,2,13–10,2,22

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kommen, indem sie offen erklärten, sie wollten nirgendwohin auch nur einen Schritt setzen außer in ihre Heimat. (14) Als sie endlich zur Ruhe gekommen waren – mehr weil sie glaubten, er habe sich umstimmen lassen, als weil sie selbst sich umstimmen lassen konnten –, warteten sie ab, was er tun werde. (15) Er sprach: „Was hat dieser plötzliche Aufruhr und diese so dreiste und schamlose Frechheit zu bedeuten? Ich scheue mich davor, es laut auszusprechen. Ganz offen habt ihr den Gehorsam gebrochen, und ich bin nur noch König von euren Gnaden, dem ihr nicht das Recht gelassen habt, euch anzureden, euch zu mustern und zu ermahnen oder euch auch nur anzusehen. (16) Nachdem ich mich dazu entschlossen habe, den einen Teil in die Heimat zu entlassen und den anderen Teil etwas später mit mir dahin zurückzubringen, sehe ich diejenigen, welche abziehen sollen, ebenso ein Geschrei erheben wie die, mit welchen ich denen folgen will, die vorausgeschickt wurden. (17) Was hat es damit auf sich? Bei ungleichen Voraussetzungen stimmen alle in das gleiche Geschrei ein! Ich möchte wirklich gerne wissen, ob sich diejenigen über mich beschweren, die abziehen, oder diejenigen, die zurückbehalten werden.“ (18) Man hätte glauben können, dass alle aus einem Mund schrien, so einstimmig erschallte die Antwort der ganzen Versammlung, dass sie sich alle beschwerten. (19) Daraufhin antwortete der König: „Beim Herakles, es kann nicht sein, dass ich mich dazu verleiten lasse, zu glauben, dass ihr alle zur selben Zeit den Grund zur Klage habt, den ihr angebt, von dem der größte Teil des Heeres gar nicht betroffen ist, zumal ich ja mehr von euch entlassen habe, als ich zurückbehalten will. (20) Dahinter steckt sicher ein größeres Übel, das mir euch alle abspenstig macht. Denn wann hat je ein ganzes Heer seinen König im Stich gelassen? Nicht einmal Sklaven laufen alle in einer Gruppe vor ihren Herren davon, sondern sie haben eine gewisse Scheu davor, diejenigen zu verlassen, die von den Übrigen verlassen sind. (21) Doch ich vergesse jetzt euren so rasenden Aufruhr und probiere meine Heilmittel an Unheilbaren aus. Nein, ich gebe alle Hoffnung, die ich in euch gesetzt hatte, auf, und es ist mein Entschluss, mit euch nicht mehr wie mit Soldaten – das seid ihr ja schon nicht mehr –, sondern wie mit den undankbarsten Mietsklaven zu verfahren. (22) Das Glück, in dem ihr schwimmt, hat euch euren Verstand geraubt, und ihr habt die Lage vergessen, aus der euch mein Verdienst befreit hat. Beim Herakles, ihr verdient, in eurem früheren Zustand

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facilius est vobis adversam quam secundam regere fortunam. (23) En tandem, Illyriorum paulo ante et Persarum tributariis Asia et tot gentium spolia fastidio sunt! Modo sub Philippo seminudis amicula ex purpura sordent, aurum et argentum oculi ferre non possunt: lignea enim vasa desiderant et ex cratibus scuta rubiginemque gladiorum. (24) Hoc cultu nitentes vos accepi et D talenta aeris alieni, cum omnis regia supellex haud amplius quam LX talent‹a esset, tant›orum mox operum fundamenta: quibus tamen – absit invidia – imperium maximae terrarum partis imposui. (25) Asiaene pertaesum est, quae vos gloria rerum gestarum dis pares fecit? In Europam ire properatis rege deserto, cum pluribus vestrum defuturum viaticum fuerit, ni aes alienum luissem, nempe in Asiatica praeda. (26) Nec pudet profundo ventre devictarum gentium spolia circumferentes reverti velle ad liberos coniugesque, quibus pauci praemia victoriae potestis ostendere: nam ceterorum, dum etiam spei vestrae obviam istis, arma quoque pignori sunt. (27) Bonis vero militibus cariturus sum, paelicum suarum concubinis, quibus hoc solum ex tantis opibus superest, in quod impenditur! Proinde fugientibus me pateant limites: facessite hinc ocius, ego cum Persis abeuntium terga tutabor. Neminem teneo: liberate oculos meos, ingratissimi cives! (28) Laeti vos excipient parentes liberique sine vestro rege redeuntes; obviam ibunt desertoribus transfugisque! (29) Triumphabo, mehercule, de fuga vestra et, ubicumque ero, expetam poenas hos, cum quibus me relinquitis, colendo praeferendoque vobis. Iam autem scietis, et quantum sine rege valeat exercitus et quid opis in me uno sit.’ (30) Desiluit deinde frendens de tribunali et in medium armatorum agmen se immisit, notatos quoque, qui ferocissime oblo-

Geschichte Alexanders des Großen 10,2,22–10,2,30

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alt und grau zu werden, da ihr Unglück leichter meistert als Glück. (23) Seht her: Die Männer, die noch vor kurzem den Illyriern und den Persern tributpflichtig7 waren, haben jetzt von Asien und der Beute so vieler Völker genug. Die Männer, die noch unter Philipp halbnackt gingen, achten Purpurmäntel gering und ertragen den Anblick von Gold und Silber nicht. Sie sehnen sich nämlich nach ihren hölzernen Schüsseln, ihren geflochtenen Schilden und rostigen Schwertern. (24) So herrlich geschmückt habe ich euch angenommen und mit euch 500 Talente Schulden, während der ganze königliche Hausrat nicht mehr als 60 Talente wert war! Dies war die Ausgangsbasis für mein Riesenwerk, auf der ich dennoch – ohne Neid aufkommen zu lassen – meine Herrschaft über den größten Teil der Erde errichtet habe. (25) Asien, das euch durch den Ruhm eurer Taten den Göttern gleichgestellt hat, ekelt euch also an? Ihr beeilt euch, nach Europa zu ziehen, nachdem ihr euren König im Stich gelassen habt, obwohl den meisten unter euch das Reisegeld gefehlt hätte, wenn ich nicht eure Schulden getilgt hätte – und das trotz eurer Beute aus Asien. (26) Ihr tragt das Beutegut der besiegten Völker tief in eurem Magen spazieren und schämt euch gar nicht, zu euren Frauen und Kindern zurückkehren zu wollen, denen nur wenige von euch einen Lohn für die Siege vorzuweisen haben? Die Waffen der Übrigen sind nämlich sogar verpfändet worden, noch während ihr eurer Hoffnung entgegengezogen seid. (27) Auf wirklich schöne Soldaten werde ich da verzichten, die nichts als Beischläfer für ihre Nebenfrauen sind und denen von so wertvollen Schätzen allein das bleibt, wofür sie alles ausgeben! Wenn ihr mich also verlassen wollt: Die Tore stehen euch offen! Macht nur recht schnell, dass ihr von hier fortkommt! Ich werde euch zusammen mit den Persern den Rücken decken, wenn ihr abzieht! Ich halte keinen auf; befreit mich von eurem Anblick, ihr äußerst undankbares Bürgerpack! (28) Eure Eltern und Kinder werden euch hocherfreut empfangen, wenn ihr ohne euren König zurückkehrt! Sie werden Deserteuren und Fahnenflüchtigen entgegengehen! (29) Beim Herakles, ich werde über eure Flucht triumphieren und mich, egal wo ich sein werde, dadurch rächen, dass ich denen meine Ehre erweise und die euch vorziehe, mit denen ihr mich zurücklasst. Dann erst werdet ihr erfahren, wie viel ein Heer ohne seinen König leisten kann und was ihr an mir, mir allein habt!“ (30) Zähneknirschend sprang Alexander daraufhin von der Tribüne, stürzte sich mitten in den Haufen Bewaffneter, packte auch einzelne von denen,

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cuti erant, singulos manu corripit nec ausos repugnare XIII adservandos custodibus corporis tradidit. 3 (1) Quis crederet saevam paulo ante contionem obtorpuisse subito metu, (2) etiam cum ad supplicium videret trahi nihilo ausos graviora quam ceteros? (3) Sive nominis, quod gentes, quae sub regibus ‹vivunt, reges› inter deos colunt, sive propria ipsius veneratio sive fiducia tanta vi exercentis imperium conterruit eos: (4) singulare certe ediderunt patientiae exemplum adeoque non sunt accensi supplicio commilitonum, cum sub noctem interfectos esse cognossent, ut nihil omiserint, quod singuli magis oboedienter et pie facerent. (5) Nam cum postero die prohibiti aditu venissent Asiaticis modo militibus admissis, lugubrem totis castris edidere clamorem, denuntiantes protinus esse morituros, si rex perseveraret irasci. (6) At ille pervicacis ad omnia, quae agitasset, animi peregrinorum militum contionem advocari iubet Macedonibus intra castra cohibitis et, cum frequentes coissent, adhibito interprete talem orationem habuit: (7) ‘Cum ex Europa traicerem in Asiam, multas nobiles gentes, magnam vim hominum imperio meo me additurum esse sperabam. Nec deceptus sum, quod de his credidi famae. (8) Sed ad illa hoc quoque accessit, quod video fortes viros ‹et› erga reges suos pietatis invictae. (9) Luxu omnia fluere credideram et nimia felicitate mergi in voluptates. At, hercules, munia militiae hoc animorum corporumque robore aeque impigre toleratis et, cum fortes viri sitis, non fortitudinem magis quam fidem colitis. (10) Hoc ego [non] nunc primum profiteor, sed olim scio. Itaque et dilectum e vobis iuniorum habui et vos meorum militum corpori immiscui. Idem habitus, eadem arma sunt vobis, obsequium vero et patientia imperii

Geschichte Alexanders des Großen 10,2,30–10,3,10

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die am heftigsten widersprochen hatten und die er sich gemerkt hatte, und gab sie den Leibwächtern in Gewahrsam; es waren 13 an der Zahl, und sie wagten nicht, sich zu widersetzen. 3 (1) Wer hätte glauben können, dass die kurz zuvor so wütende Versammlung plötzlich in Furcht erstarrt war, (2) als sie sogar sah, dass diejenigen, die nichts Schlimmeres als die Übrigen gewagt hatten, zur Bestrafung fortgeschleppt wurden? (3) Ob es nun die Ehrfurcht vor dem Herrschertitel war – Völker, die unter Königen leben, verehren Könige als Götter – oder die Ehrfurcht vor Alexanders Person oder die Sicherheit, mit der er seine Macht mit so großer Gewalt durchsetzte – es erschreckte die Soldaten zutiefst. (4) Sie gaben gewiss ein einzigartiges Beispiel von Fügsamkeit ab; als sie erfuhren, dass ihre Kameraden nachts getötet worden seien, wurden sie so wenig über deren Hinrichtung aufgebracht, dass sie nichts unverrichtet ließen, was jeder Einzelne von ihnen mit noch größerem Gehorsam und noch größerer Ergebenheit hätte tun können. (5) Denn als sie am folgenden Tag den Zutritt zum König versperrt fanden und nur asiatische Soldaten vorgelassen wurden, stießen sie im ganzen Lager klägliches Geschrei aus und verkündeten, sie wollten auf der Stelle sterben, wenn der König weiterhin wütend auf sie sei. (6) Doch Alexander, der in allem, was er tat, hartnäckig war, ließ eine Versammlung für die ausländischen Soldaten einberufen, während die Makedonen das Lager nicht verlassen durften; und als sie in großer Zahl zusammengekommen waren, hielt er mit Hilfe eines Dolmetschers folgende Rede: (7) „Als ich von Europa nach Asien übersetzte, hoffte ich darauf, viele berühmte Völker und eine große Masse von Menschen meinem Reich einverleiben zu können. Und ich habe mich in dem, was ich über sie gehört habe, nicht getäuscht. (8) Doch dazu kam auch dies, dass ich tapfere Männer vorfinde, die in unbestechlicher Treue zu ihren Königen hielten. (9) Ich hatte geglaubt, alles schwelge hier in Luxus und vor lauter Wohlstand sei man völlig im Vergnügen versunken. Stattdessen aber, beim Herakles, ertragt ihr die Strapazen des Kriegsdienstes geistig und körperlich problemlos mit derselben Stärke; und da ihr tapfere Männer seid, haltet ihr es mit Treue und Tapferkeit gleichermaßen. (10) Das sage ich hier jetzt zum ersten Mal laut, aber ich weiß es schon längst. Darum habe ich nicht nur eine Aushebung junger Mannschaften unter euch vorgenommen, sondern euch zudem meinem Heereskörper einverleibt. Ihr tragt dieselbe Kleidung, dieselben Waffen; euer Gehorsam aber und eure Ergebenheit gegen-

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longe praestantior est quam ceteris. (11) Ergo ipse Oxyartis Persae filiam mecum [in] matrimonio iunxi non dedignatus ex captiva liberos tollere. (12) Mox deinde cum stirpem generis mei latius propagare cuperem, uxorem Darei filiam duxi proximisque amicorum auctor fui ex captivis generandi liberos, ut hoc sacro foedere omne discrimen victi et victoris excluderem. (13) Proinde genitos esse vos mihi, non ascitos milites credite. Asiae et Europae unum atque idem regnum est. Macedonum vobis arma do, inveteravi peregrinam novitatem: et cives mei estis et milites. (14) Omnia eundem ducunt colorem: nec Persis Macedonum morem adumbrare nec Macedonibus Persas imitari indecorum. Eiusdem iuris esse debent qui sub eodem rege victuri sunt.’ ‹***› 4 (1) ‘Quousque’ inquit ‘animo tuo etiam per supplicia et quidem externi moris obsequeris? Milites tui, cives tui incognita causa et captivis suis ducentibus trahuntur ad poenam. Si mortem meruisse iudicas, saltem ministros supplicii muta.’ (2) Amico animo, si veri patiens fuisset, admonebatur, sed in rabiem ira pervenerat. Itaque rursus – nam parumper, quibus imperatum erat, dubitaverant – mergi in amnem, sicut vincti erant, iussit. (3) Nec hoc quidem supplicium seditionem militum movit. Namque copiarum duces atque amicos eius manipuli adeunt petentes, ut, si quos adhuc pristina noxa iudicaret esse contactos, iuberet interfici: offerre se corpora irae, trucidaret. ‹***› 5 (1) Intuentibus lacrimae obortae praebuere speciem iam non regem, sed funus eius visentis exercitus. (2) Maeror tamen circumstantium lectum eminebat; quos ut rex aspexit, ‘Invenietis’ inquit,

Geschichte Alexanders des Großen 10,3,10–10,5,2

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über Befehlen übertrifft die der Übrigen bei weitem. (11) Ich selbst habe daher die Tochter des Persers Oxyartes geheiratet und hielt es nicht für unter meiner Würde, mit einer Kriegsgefangenen Kinder zu bekommen. (12) Kurze Zeit später habe ich die Tochter des Dareios zur Frau genommen, weil ich mir wünschte, an meinem Stammbaum noch weitere Triebe sprießen zu lassen, und ich habe meine engsten Vertrauten dazu gebracht, mit gefangenen Frauen Kinder zu zeugen, um durch dieses heilige Bündnis jeden Unterschied zwischen Siegern und Besiegten abzubauen. (13) Glaubt mir, demnach geltet ihr mir als Stammmannschaft und nicht als angeworbene Soldaten. Asien und Europa bilden jetzt ein einziges Reich. Ich gebe euch makedonische Waffen und habe damit das Fremde und Neue tief im Alten verwurzelt. Ihr seid meine Bürger und meine Soldaten. (14) Alles trägt nun die gleiche Farbe: Es ist weder für die Perser unschön, makedonische Sitten anzunehmen, noch für die Makedonen unschön, persische Sitten nachzuahmen. Gleiches Recht muss für all diejenigen gelten, die unter demselben König leben sollen.“ ‹***› 4 (1) „Wie lange noch“, sprach er8, „willst du deiner Hinrichtungslaune nachgehen – und das sogar nach Art der Fremden? Deine Soldaten, deine Bürger werden von ihren eigenen Kriegsgefangenen ohne Anhörung zur Bestrafung fortgeschleppt. Wenn du glaubst, dass wir den Tod verdient haben, dann nimm wenigstens andere Henker für die Hinrichtung.“ (2) Durch die Stimme eines Freundes – wenn der König nur der Wahrheit gegenüber noch aufgeschlossen gewesen wäre – wurde er ermahnt, doch sein Zorn hatte sich zu rasender Wut gesteigert. Daher gab er erneut die Anweisung – diejenigen nämlich, denen er den Befehl gegeben hatte, hatten einen Augenblick gezögert –, die Männer, gefesselt wie sie waren, im Fluss zu ertränken. (3) Doch nicht einmal diese Hinrichtung bewirkte bei den Soldaten eine Rebellion. Haufenweise kamen sie nämlich zu den Truppenführern und zu den Freunden des Königs und baten um Folgendes: Wenn er glaube, dass irgendwelche noch mit früher begangener Schuld befleckt seien, so solle er sie töten lassen; sie böten ihre Körper seinem Zorn dar, er solle sie niedermetzeln. ‹***›9 5 (1) Die aufsteigenden Tränen erweckten bei einem Betrachter den Eindruck, das Heer sehe in ihm nicht mehr den König, sondern bereits seine Leiche. (2) Noch größer war der Schmerz derer, die um sein Lager herumstanden. Als der König sie so sah, sprach er:

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Q. Curtius Rufus

‘cum excessero, dignum talibus viris regem?’ (3) Incredibile dictu audituque, in eodem habitu corporis, in quem se composuerat, cum admissurus milites esset, durasse, donec a toto exercitu illud ultimum persalutatus est. Dimissoque vulgo velut omni vitae debito liberatus fatigata membra reiecit, (4) propiusque adire iussis amicis – nam et vox deficere iam coeperat – detractum anulum digito Perdiccae tradidit adiectis mandatis, ut corpus suum ad Hammonem ferri iuberent. (5) Quaerentibusque his, cui relinqueret regnum, respondit ei, qui esset optimus; ceterum providere iam se ob id certamen magnos funebres ludos parari sibi. (6) Rursus Perdicca interrogante, quando caelestes honores haberi sibi vellet, dixit tum velle, cum ipsi felices essent. Suprema haec vox fuit regis, et paulo post extinguitur. (7) Ac primo ploratu lamentisque et planctibus tota regia personabat; mox velut in vasta solitudine omnia tristi silentio muta torpebant, ad cogitationes, quid deinde futurum esset, dolore converso. (8) Nobiles pueri custodiae corporis eius adsueti nec doloris magnitudinem capere nec se ipsos intra vestibulum regiae tenere potuerunt: vagique et furentibus similes tantam urbem luctu ac maerore compleverant nullis questibus omissis, quos in tali casu dolor suggerit. (9) Ergo qui extra regiam adstiterant Macedones pariter barbarique concurrunt, nec poterant victi a victoribus in communi dolore discerni. Persae iustissimum ac mitissimum dominum, Macedones optimum ac fortissimum regem invocantes certamen quoddam maeroris edebant. (10) Nec maestorum solum sed etiam indignantium voces exaudiebantur, tam viridem et in flore aetatis fortunaeque invidia deum ereptum esse rebus humanis. Vigor eius et vultus educentis in proelium milites, obsidentis urbes, evadentis in muros, fortes viros pro contione donantis occurrebant oculis. (11) Tum Macedones divinos honores negasse ei paenitebat,

Geschichte Alexanders des Großen 10,5,2–10,5,11

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„Werdet ihr nach meinem Tod einen König finden, der solcher Männer würdig ist?“ (3) Es klingt unglaublich, wenn man hört, er sei in derselben Körperhaltung, die er angenommen hatte, als er die Soldaten hereinließ, verblieben, bis er vom ganzen Heer den letzten Gruß erhalten hatte, und erst als die Menge entlassen war, lehnte er seine ermatteten Glieder zurück, als ob er von allen Verpflichtungen im Leben frei sei. (4) Er ließ seine Freunde näher herantreten – die Stimme hatte ihm nämlich schon zu versagen begonnen –, zog seinen Ring vom Finger und gab ihn Perdikkas zusammen mit dem Auftrag, seinen Leichnam zum Zeus Ammon bringen zu lassen. (5) Auf ihre Frage, wem er sein Reich hinterlasse, erwiderte er: dem Besten. Aber er sehe schon voraus, dass man im Zuge dieses Wettstreites große Leichenspiele für ihn veranstalten werde. (6) Als Perdikkas erneut fragte, wann er wünsche, dass ihm göttliche Ehren erwiesen würden, antwortete er: Er wolle es dann, wenn sie selbst glücklich seien. Dies waren die letzten Worte des Königs; bald darauf verstarb er. (7) Und zunächst hallte der ganze Palast vom Schluchzen, Wehklagen und Jammern wider. Bald erstarrte alles wie in einer menschenleeren Wüste in düsterem Schweigen, als sich ihr Schmerz dem Gedanken zuwandte, was nun werden solle. (8) Die Edelknaben, die daran gewöhnt waren, sich um den König persönlich zu kümmern, konnten weder die Heftigkeit ihres Schmerzes verkraften noch ertrugen sie es, selbst in der Vorhalle des Palastes zu bleiben: Wie die Wahnsinnigen rannten sie herum und hatten die große Stadt mit Trauer und Trübsal erfüllt, wobei sie keine der Klagen ausließen, die bei einem solchen Schicksalsschlag der Schmerz mit sich bringt. (9) So also strömten sie zusammen, Makedonen ebenso wie Barbaren, die draußen vor dem Palast gestanden hatten, und man konnte Besiegte und Sieger in ihrem gemeinsamen Schmerz nicht unterscheiden. Indem die Perser nach ihrem gerechtesten und gnädigsten Gebieter, die Makedonen nach ihrem besten und tapfersten König riefen, veranstalteten sie gewissermaßen einen Trauerwettkampf. (10) Aber nicht nur Stimmen der Trauer, sondern auch des zornigen Schmerzes wurden laut, dass er in so frischer Kraft und in der Blüte seiner Jahre und seines Glücks durch den Neid der Götter den Menschen auf Erden entrissen worden sei. Seine Kraft und sein Gesichtsausdruck, wenn er die Soldaten in die Schlacht führte, Städte belagerte, Mauern erklomm und tapfere Männer vor der Versammlung belohnte, traten ihnen vor Augen. (11) Da bereuten die Makedonen, ihm die göttlichen Ehren verwei-

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Q. Curtius Rufus

impiosque et ingratos fuisse se confitebantur, quod aures eius debita appellatione fraudassent. Et cum diu nunc in veneratione nunc in desiderio regis haesissent, in ipsos versa miseratio est. (12) Macedonia profecti ultra Euphraten ‹in› mediis hostibus novum imperium aspernantibus destitutos se esse cernebant: sine certo regis herede, sine herede regni publicas vires ad se quemque tracturum. (13) Bella deinde civilia, quae secuta sunt, mentibus augurabantur: iterum, non de regno Asiae, sed de rege, ipsis sanguinem esse fundendum, novis vulneribus veteres rumpendas cicatrices: (14) senes, debiles, modo petita missione a iusto rege, nunc morituros pro potentia forsitan satellitis alicuius ignobilis. (15) Has cogitationes volventibus nox supervenit terroremque auxit. Milites in armis vigilabant, Babylonii alius e muris, alius culmine sui quisque tecti prospectabant quasi certiora visuri. (16) Nec quisquam lumina audebat accendere. Et quia oculorum cessabat usus, fremitus vocesque auribus captabant ac plerumque vano metu territi per obscuras semitas alius alii occursantes invicem suspecti ac solliciti ferebantur. (17) Persae comis suo more detonsis in lugubri veste cum coniugibus ac liberis non ut victorem et modo [ut] hostem, sed ut gentis suae iustissimum regem vero desiderio lugebant. Adsueti sub rege vivere non alium, qui imperaret ipsis, digniorem fuisse confitebantur. (18) Nec muris urbis luctus continebatur, sed proximam regionem ab ea, deinde magnam partem Asiae cis Euphraten tanti mali fama pervaserat. (19) Ad Darei quoque matrem celeriter perlata est. Abscissa ergo veste, quam induta erat, lugubrem sumpsit laceratisque crinibus humi corpus abiecit. (20) Adsidebat ei altera ex neptibus nuper amissum Hephaestionem, cui nupserat, lugens propriasque causas

Geschichte Alexanders des Großen 10,5,11–10,5,20

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gert zu haben, und sie gaben zu, dass sie pflichtvergessen und undankbar gewesen seien, weil sie ihm die gebührende Anrede vorenthalten hätten. Und als sie sich lange bald der Verehrung, bald der Sehnsucht nach ihrem König überlassen hatten, wandte sich ihr Bedauern dem eigenen Schicksal zu. (12) Sie waren von Makedonien bis über den Euphrat gekommen und sahen sich verlassen mitten unter Feinden, die sich der neuen Herrschaft noch widersetzten: Ohne einen bestimmten Erben für den König und ohne einen Thronfolger wolle jeder die Staatsgewalt an sich reißen. (13) Sie sahen ferner die Bürgerkriege, die bald folgten, im Geist voraus: Erneut und nicht für die Herrschaft über Asien, sondern für einen König würden sie ihr Blut vergießen, die alten Narben durch neue Wunden aufreißen müssen; (14) alt und schwach würden sie nun vielleicht für die Macht irgendeines unbedeutenden Trabanten den Tod finden, nachdem sie eben von ihrem rechtmäßigen König ihre Entlassung verlangt hätten. (15) Während sie darüber nachdachten, brach die Nacht herein und vergrößerte ihre Furcht. Bewaffnete Soldaten hielten Wache, und die Babylonier hielten Ausschau, der eine von den Mauern, der andere vom Dach seines eigenen Hauses, als ob sie von dort etwas Genaueres sehen würden. (16) Niemand wagte es, Licht anzuzünden; und weil sich mit den Augen nichts mehr wahrnehmen ließ, achteten sie mit den Ohren auf jedes Gemurmel und auf jede Stimme. Meist von der bloßen Furcht erschreckt, liefen sie durch die dunklen Gassen und stießen oft zusammen, wobei sie sich gegenseitig verdächtigten und unruhig waren. (17) Die Perser hatten sich gemäß ihrem Brauch das Haar geschoren und trauerten in Trauerkleidern mit ihren Frauen und Kindern um den König: nicht wie um ihren Besieger und eben noch ihren Staatsfeind, sondern mit echter Sehnsucht wie um den gerechtesten König ihres Volkes. Gewohnt, unter Königen zu leben, gaben sie zu, dass kein anderer es mehr verdient hätte, über sie zu herrschen. (18) Aber die Trauer beschränkte sich nicht nur auf die Stadt, sondern bald hatte die Nachricht von dem so großen Unglücksfall die nähere Umgebung, dann auch einen großen Teil Asiens diesseits des Euphrat erreicht. (19) Sie war auch schnell zu Dareios’ Mutter10 gebracht worden. Diese zerriss ihr Kleid, das sie trug, legte ihre Trauerkleidung an, raufte sich die Haare und warf sich auf den Boden. (20) An ihrer Seite saß eine ihrer beiden Enkelinnen, die noch um ihren kürzlich verlorenen Ehemann Hephaistion trauerte und nun in der allgemeinen Trauer ihren eige-

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doloris in communi maestitia retractabat. (21) Sed omnium suorum mala Sisigambis una capiebat: illa suam, illa neptium vicem flebat. Recens dolor etiam praeterita revocaverat. Crederes modo amissum Dareum, et pariter miserae duorum filiorum exequias esse ducendas. Flebat simul mortuos vivosque. (22) Quem enim puellarum acturum esse curam? quem alium futurum Alexandrum? iterum esse se captas, iterum excidisse regnum. Qui mortuo Dareo ipsas tueretur, repperisse; qui post Alexandrum respiceret, utique non reperturas. (23) Subibat inter haec animum LXXX fratres suos eodem die ab Ocho, saevissimo regum, trucidatos adiectumque stragi tot filiorum patrem; e septem liberis, quos genuisset ipsa, unum superesse; ipsum Dareum floruisse paulisper, ut crudelius posset extingui. (24) Ad ultimum dolori succubuit obvolutoque capite accidentes genibus suis neptem nepotemque aversata cibo pariter abstinuit et luce. Quinto, postquam mori statuerat, die extincta est. (25) Magnum profecto Alexandri indulgentiae in eam iustitiaeque in omnes captivos documentum est mors huius, quae cum sustinuisset post Dareum vivere, Alexandro esse superstes erubuit. (26) Et, hercule, iuste aestimantibus regem liquet bona naturae eius fuisse, vitia vel fortunae vel aetatis. (27) Vis incredibilis animi, laboris patientia propemodum nimia, fortitudo non inter reges modo excellens, sed inter illos quoque, quorum haec sola virtus fuit, (28) liberalitas saepe maiora tribuentis, quam a dis petuntur, clementia in devictos – tot regna aut reddita, quibus ea ademerat bello, aut dono data –, (29) mortis, cuius metus ceteros exanimat, perpetua contemptio, gloriae laudisque ut iusto maior cupido, ita ut iuveni et in

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nen Schmerz erneut aufbrechen ließ. (21) Das Unglück all ihrer Angehöriger brach über Sisygambis auf einmal herein. Sie weinte um ihr eigenes Schicksal und um das ihrer Enkelinnen. Der neue Schmerz hatte auch die Vergangenheit wieder wachgerufen. Man hätte glauben können, sie habe eben erst Dareios verloren und die Unglückliche müsse zugleich die Leichen zweier Söhne zu Grabe tragen. Ihre Tränen galten den Toten wie den Lebenden. (22) Wer werde sich nämlich um die Mädchen kümmern? Wer werde ein zweiter Alexander sein? Zum zweiten Mal seien sie gefangen genommen worden, zum zweiten Mal hätten sie ihre Herrschaft verloren. Nach Dareios’ Tod habe sich jemand gefunden, um sie zu beschützen; sie würden sicherlich niemanden finden, der nach Alexanders Tod sie beschützen werde. (23) Dabei kam ihr in den Sinn, dass ihre 80 Brüder am gleichen Tag von Ochos11, dem grausamsten aller Könige, abgeschlachtet wurden, dass zu dem Haufen so vieler erschlagener Söhne der Vater hinzukam, dass von den sieben Söhnen, die sie selbst zur Welt gebracht hatte, nur noch einer übrig war12 und dass Dareios selbst nur kurze Zeit an der Macht war, um dann umso grausamer umgebracht zu werden. (24) Zuletzt erlag sie ihrem Schmerz; sie verhüllte ihr Haupt, wandte sich von Enkelin und Enkel ab, die vor ihr auf die Knie fielen, und hielt sich von Nahrung und Tageslicht gleichermaßen fern. Sie starb am fünften Tag, nachdem sie zu sterben beschlossen hatte. (25) Ihr Tod ist in der Tat ein deutlicher Beweis für Alexanders Güte ihr gegenüber und für seine Gerechtigkeit allen Gefangenen gegenüber: Denn während sie es geschafft hatte, Dareios zu überleben, brachte sie es nicht fertig, dass sie Alexander überlebte. (26) Und, beim Herakles, für jemanden, der den König gerecht beurteilt, ist es klar, dass die guten Eigenschaften von seiner Natur, die Fehler entweder vom Schicksal oder von seinem Alter herrührten. (27) Die unglaubliche innere Kraft, die schier unerschöpfliche Ausdauer im Ertragen von Leid, die Tapferkeit, die sich nicht nur von den übrigen Königen abhob, sondern auch von denjenigen, die sie als einzige Tugend hatten, (28) seine Großzügigkeit, oft mehr auszuteilen, als man von den Göttern verlangt, seine Milde den Besiegten gegenüber – so viele Reiche hatte er denen zurückgegeben, denen er sie im Krieg weggenommen hatte, oder zum Geschenk gemacht –, (29) seine unerschütterliche Verachtung des Todes, während die Furcht davor andere um den Verstand bringt, seine zwar ungebührlich große Gier nach Ruhm und Ehre, die man einem jungen Mann angesichts so

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tantis sane remittenda rebus; (30) iam pietas erga parentes, quorum Olympiada immortalitati consecrare decreverat, Philippum ultus erat, (31) iam in omnes fere amicos benignitas, erga milites benevolentia, consilium par magnitudini animi et, quantam vix poterat aetas eius capere, sollertia, (32) modus immodicarum cupiditatum, veneris intra naturale desiderium usus nec ulla nisi ex permisso voluptas – ingenii profecto dotes erant. (33) Illa fortunae: dis aequare se et caelestes honores accersere et talia suadentibus oraculis credere et dedignantibus venerari ipsum vehementius quam par esset irasci, in externum habitum mutare corporis cultum, imitari devictarum gentium mores, quos ante victoriam spreverat. (34) Nam iracundiam et cupidinem vini sicuti iuventa inritaverat, ita senectus mitigare potuisset. (35) Fatendum est tamen, cum plurimum virtuti debuerit, plus debuisse fortunae, quam solus omnium mortalium in potestate habuit. Quotiens illum a morte revocavit! quotiens temere in pericula vectum perpetua felicitate protexit! (36) Vitae quoque finem eundem illi quem gloriae statuit. Expectavere eum fata, dum Oriente perdomito aditoque Oceano, quicquid mortalitas capiebat, impleret. (37) Huic regi ducique successor quaerebatur, sed maior moles erat, quam ut unus subire eam posset. Itaque nomen quoque eius et fama rerum in totum propemodum orbem reges ac regna diffudit, clarissimique sunt habiti, qui etiam minimae parti tantae fortunae adhaeserunt. 6 (1) Ceterum Babylone – inde enim devertit oratio – corporis eius custodes in regiam principes amicorum ducesque copiarum advocavere. Secuta est militum turba cupientium scire, in quem Alexandri fortuna esset transitura. (2) Multi duces frequentia militum exclusi regiam intrare non poterant, cum praeco exceptis, qui nomi-

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bedeutender Verhältnisse nachsehen muss, (30) bald die Liebe zu seinen Eltern – er hatte den Entschluss gefasst, Olympias Unsterblichkeit zu verleihen, und hatte Philipp gerächt –, (31) bald seine Freundlichkeit beinahe all seinen Freunden gegenüber, sein Wohlwollen gegenüber seinen Soldaten, seine Entschlusskraft, die der Größe seines Mutes entsprach, und die für sein Alter ungewöhnliche Gewandtheit, (32) sein Maßhalten in maßlosen Begierden, sein Verhalten in der körperlichen Liebe innerhalb des natürlichen Bedürfnisses ohne ein Vergnügen außerhalb des Erlaubten – alles das waren sicher außerordentliche Geistesgaben. (33) Seinem Schicksal dagegen ist es zuzuschreiben, dass er sich den Göttern gleichstellte, dass er sich himmlische Ehren anmaßte, dass er den Orakeln, die ihm dazu rieten, Glauben schenkte, dass er auf diejenigen, die ihm die Anbetung verweigerten, über die Maßen zornig war, dass er ausländische Kleidung anzog und dass er die Gepflogenheiten der besiegten Völker nachahmte, die er vor seinem Sieg verachtet hatte. (34) Denn so wie die Jugend für Jähzorn und Liebe zum Wein gesorgt hatte, so hätte das Alter für Mäßigung sorgen können. (35) Trotzdem muss man zugeben, dass er, wie viel er auch seiner eigenen Leistung verdanken mochte, mehr noch dem Glück verdankte, das er als Einziger unter allen Sterblichen in seiner Gewalt hatte. Wie oft hat es ihn vor dem Tod bewahrt, wie oft hat es ihn mit endloser Huld beschützt, wenn er sich blindlings in Gefahren stürzte. (36) Auch seinem Leben steckte es das gleiche Ende wie seinem Ruhm: Das Verhängnis wartete auf ihn, bis er als Sieger über den Orient bis zum Ozean vorgedrungen war und alles erreicht hatte, was die Sterblichkeit vermochte. (37) Für diesen König und Führer suchte man einen Nachfolger, aber die Last war zu groß, als dass ein Einziger ihr gewachsen gewesen wäre. Daher hat allein schon sein Name und der Ruhm seiner Taten fast überall auf dem Erdkreis Könige und Königreiche entstehen lassen, und für hochangesehen galt, wer sich auch nur einen winzigen Teil von dieser so großen Erbschaft verschaffen konnte. 6 (1) Währenddessen berief Alexanders Leibgarde in Babylon – dort ist unsere Darstellung nämlich in einen Exkurs übergegangen – die engsten Vertrauten und die Führer der Truppen im Palast zusammen. Ihnen strömten Scharen von Soldaten nach, die wissen wollten, auf wen Alexanders Position übergehen sollte. (2) Viele Führer – von der großen Menge der Soldaten abgesperrt – konnten nicht in den Palast gelangen, obwohl ein Herold allen, mit Aus-

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natim citarentur, adire prohiberet. Sed precarium spernebatur imperium. (3) Ac primum eiulatus ingens ploratusque renovatus est, deinde futuri expectatio inhibitis lacrimis silentium fecit. (4) Tunc Perdicca regia sella in conspectum volgi data, in qua diadema vestisque Alexandri cum armis erant, anulum sibi pridie traditum a rege in eadem sede posuit. Quorum aspectu rursus obortae omnibus lacrimae integravere luctum. (5) Et Perdicca ‘Ego quidem’ inquit ‘anulum, quo ille regni atque imperii vi res obsignare erat solitus, traditum ab ipso mihi reddo vobis. (6) Ceterum quamquam nulla clades huic, qua adfecti sumus, par ab iratis dis excogitari potest, tamen magnitudinem rerum, quas egit, intuentibus credere licet, tantum virum deos adcommodasse rebus humanis, quarum sorte completa cito repeterent eum suae stirpi. (7) Proinde quoniam nihil aliud ex eo superest, quam quod semper ab immortalitate seducitur, corpori nominique quam primum iusta solvamus haud obliti, in qua urbe, inter quos simus, quali praeside ac rege spoliati. (8) Tractandum est, commilitones, cogitandumque, ut victoriam partam inter hos, de quibus parta est, obtinere possimus. Capite opus est: hocine uno an pluribus, in vestra potestate est. Illud scire debetis, militarem sine duce turbam corpus esse sine spiritu. (9) Sextus mensis est, ex quo Roxane praegnans est. Optamus, ut marem enitatur, cuius regnum dis adprobantibus futurum, quandoque adoleverit. Interim a ‹quot› quibusque regi velitis, destinate.’ Haec Perdicca. (10) Tum Nearchus Alexandri modo sanguinem ac stirpem regiae maiestati convenire neminem ait posse mirari; (11) ceterum expectari nondum ortum regem et, qui iam sit, praeteriri, nec animis Macedonum convenire nec tempori rerum. Esse e Barsine filium

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nahme derjenigen, die namentlich aufgerufen wurden, den Zutritt versagte. Doch man achtete nicht auf seine nur vorübergehende Amtsgewalt. (3) Zunächst brach erneut endloses Heulen und Schluchzen aus, dann stillte die Erwartung dessen, was kommen werde, die Tränen und sorgte für Stillschweigen. (4) Daraufhin ließ Perdikkas den königlichen Thronsessel vor den Augen der Menge aufstellen, auf dem sich das Diadem und das Gewand zusammen mit Alexanders Waffen befanden, und er legte auf diesen Thron auch den Ring, den ihm der König am Tag zuvor überreicht hatte. Dieser Anblick rief wieder bei allen Tränen hervor und erneuerte die Trauer. (5) Und Perdikkas sagte: „Ich gebe euch den Ring zurück, mit dem er für gewöhnlich machtvoll die Angelegenheiten des Reiches und seiner Herrschaft besiegelte und den er mir selbst übergeben hat. (6) Obwohl von zornigen Gottheiten kein Verlust ersonnen werden kann, der unserem entspricht, so darf man doch im Hinblick auf die Größe der Taten, die Alexander vollbracht hat, annehmen, dass die Götter diesen so großen Mann nur deshalb in die irdischen Geschicke eintreten ließen, um ihn sofort wieder zurück in ihr Volk zu holen, sobald er ihre Bestimmung erfüllt hatte. (7) Weil demnach nichts anderes von ihm übrig ist, als das, was stets von der Unsterblichkeit ausgeschlossen bleibt, so wollen wir dem Leichnam und seinem Namen so bald als möglich die gebührende Ehre erweisen und nicht vergessen, in welcher Stadt und in welchem Volk wir uns befinden und welches Oberhaupt und welchen König man uns genommen hat. (8) Kameraden, wir müssen uns genau überlegen, wie wir unseren errungenen Sieg mitten unter denen verteidigen können, über die wir ihn errungen haben. Wir brauchen eine Führungspersönlichkeit. Ob eine oder mehrere, das liegt bei euch. Ihr sollt nur wissen, dass ein Haufen Soldaten ohne Führer ein Körper ohne Atem ist. (9) Es ist der sechste Monat, seitdem Rhoxane schwanger ist. Wir wünschen uns, dass sie einen Knaben zur Welt bringt: Er wird, sobald er erwachsen ist, die Herrschaft besitzen, wenn die Götter ihm wohlgesonnen gegenüberstehen. In der Zwischenzeit bestimmt nun, von wie vielen und von welchen Männern ihr regiert werden wollt.“ Das waren Perdikkas’ Worte. (10) Daraufhin sagte Nearchos, es könne niemanden verwundern, dass nur Alexanders Blut und Nachkommenschaft sich für die königliche Würde eigne. (11) Doch einen noch nicht geborenen König zu erwarten und den schon vorhandenen zu übergehen, das passe weder zur Gesinnung der Makedonen noch zur momentanen

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regis: huic diadema dandum. (12) Nulli placebat oratio. Itaque suo more hastis scuta quatientes obstrepere perseverabant, iamque prope ad seditionem pervenerant Nearcho pervicacius tuente sententiam. (13) Tum Ptolomaeus ‘Digna prorsus est suboles’ inquit, ‘quae Macedonum imperet genti, Roxanes vel Barsines filius, cuius nomen quoque Europam dicere pigebit maiore ex parte captivi! (14) Est, cur Persas vicerimus, ut stirpi eorum serviamus, quod iusti illi reges Dareus et Xerxes tot milium agminibus tantisque classibus nequiquam petiverunt! (15) Mea sententia haec est, ut sede Alexandri in regia posita, qui consiliis eius adhibebantur, coeant, quotiens in commune consulto opus fuerit, eoque, quod maior pars eorum decreverit, stetur; duces praefectique copiarum his pareant.’ (16) Ptolomaeo quidam, pauciores Perdiccae adsentiebantur. Tum Aristonus orsus est dicere Alexandrum consultum, cui relinqueret regnum, voluisse optimum deligi; iudicatum autem ab ipso optimum Perdiccam, cui anulum tradidisset. (17) Neque enim unum eum adsedisse morienti, sed circumferentem oculos ex turba amicorum delegisse, cui traderet. Placere igitur summam imperii ad Perdiccam deferri. (18) Nec dubitavere, quin vera censeret. Itaque universi procedere in medium Perdiccam et regis anulum tollere iubebant. Haerebat inter cupiditatem pudoremque et, quo modestius, quod expectabat, adpeteret, pervicacius oblaturos esse credebat. (19) Itaque cunctatus diuque, quid ageret, incertus ad ultimum tamen recessit et post eos, qui sederant proximi, constitit. (20) At Meleager, unus e ducibus, confirmato animo, quem Perdiccae cunctatio erexerat, ‘Nec di sierint’ inquit, ‘ut Alexandri fortuna tantique regni fastigium in istos humeros ruat: homines certe non ferent. Nihil dico de

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Lage. Es gebe doch einen Königssohn durch Barsine. Dem müsse man die Krone geben. (12) Seine Rede gefiel niemandem, so dass sie nicht aufhörten, dagegen zu protestieren, indem sie ihre Speere gegen ihre Schilde schlugen, wie es bei ihnen Brauch war. Und es wäre fast schon zu einem Aufstand gekommen, als Nearchos ziemlich hartnäckig seine Ansicht weiterverfocht. (13) Da ergriff Ptolemaios das Wort: „Ja, ein wirklich würdiger Nachkomme ist, um über das makedonische Volk zu herrschen, ein Sohn der Rhoxane oder der Barsine! Schon seinen Namen auszusprechen, wird sich Europa schämen – ist er doch in erster Linie ein Gefangener! (14) Ist das der Grund, dass wir die Perser besiegt haben, damit wir ihrem Abkömmling dienen, etwas, worum jene rechtmäßigen Könige Dareios und Xerxes mit ihren Zigtausend Verbänden und ihren gewaltigen Flotten vergeblich gerungen haben? (15) Mein Vorschlag ist der: Stellt Alexanders Thronsessel im Palast auf; dort sollen sich seine Ratgeber versammeln, sooft eine Beratung für die Allgemeinheit nötig ist, und was dann die Mehrzahl von ihnen beschließt, soll gelten und von den Offizieren und Truppenführern befolgt werden.“ (16) Dem Ptolemaios stimmten einige zu, dem Perdikkas weniger. Da begann Aristonos zu sprechen: Alexander habe auf die Frage, wem er das Reich hinterlasse, gewollt, dass man den Besten auswählen solle. Er selbst habe aber den Perdikkas für den Besten erklärt, da er ihm den Siegelring überreicht habe. (17) Denn dieser habe nicht allein bei dem Sterbenden gesessen; als er sich umgeschaut habe, habe er unter den Freunden Perdikkas erkoren, um ihm den Ring zu übergeben. Deshalb sei er dafür, die Oberbefehlsgewalt auf Perdikkas zu übertragen. (18) Und man zweifelte nicht daran, dass seine Meinung die richtige war; das gesamte Volk rief also, Perdikkas solle in die Mitte treten und den Siegelring des Königs an sich nehmen. Er schwankte zwischen Verlangen und Zurückhaltung und glaubte, je bescheidener er nach dem trachte, was er erwartete, desto beharrlicher werde man es ihm entgegenbringen. (19) Er zögerte also und blieb lange unschlüssig, was er tun sollte. Schließlich zog er sich doch zurück und stellte sich hinter die, die ihm am nächsten saßen. (20) Einer der Feldherrn aber, Meleagros, rief voller Trotz, der ihm aus Perdikkas’ Zögern erwachsen war: „Die Götter sollen es nicht zulassen, dass Alexanders Macht und das Oberkommando über ein so großes Reich auf diese Schultern da fallen! Die Menschen werden sich das sicher nicht gefallen lassen. Ich spreche nicht von denen, die vornehmer sind als

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nobilioribus quam hic est, sed de viris tantum, quibus invitis nihil perpeti necesse est. (21) Nec vero interest, Roxanes filium, quandoque genitus erit, an Perdiccan regem habeatis, cum iste sub tutelae specie regnum occupaturus sit. Itaque nemo ei rex placet, nisi qui nondum natus est, et in tanta omnium festinatione non iusta modo sed etiam necessaria exactos menses solus expectat et iam divinat marem esse conceptum. Quem vos dubitetis paratum esse vel subdere? (22) si, mediusfidius, Alexander hunc nobis regem pro se reliquisset, id solum ex iis, quae imperasset, non faciendum esse censerem. (23) Quin igitur ad diripiendos thesauros discurritis? harum enim opum regiarum utique populus est heres.’ (24) Haec elocutus per medios armatos erupit, et, qui abeunti viam dederant, ipsum ad pronuntiatam praedam sequebantur. 7 (1) Iamque armatorum circa Meleagrum frequens globus erat in seditionem ac discordiam versa contione, cum quidam plerisque Macedonum ignotus ex infima plebe (2) ‘Quid opus est’ inquit ‘armis civilique bello habentibus regem, quem quaeritis? Arrhidaeus, Philippo genitus, Alexandri paulo ante regis frater, sacrorum caerimoniarumque consors modo, nunc solus heres, praeteritur a vobis. Quo suo merito? quidve fecit, cur etiam gentium communi iure fraudetur? Si Alexandro similem quaeritis, numquam reperietis, si proximum, hic solus est.’ (3) His auditis contio primo silentium velut iussa habuit; conclamant deinde pariter Arrhidaeum vocandum esse mortemque meritos, qui contionem sine eo habuissent. (4) Tum Pithon plenus lacrimarum orditur dicere, nunc vel maxime miserabilem esse Alexandrum, qui tam bonorum civium militumque fructu et praesentia fraudatus esset: nomen enim memoriamque regis sui tantum intuentes ad cetera caligare eos, (5) haud ambigue

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er, sondern nur von den Männern an sich, für die es keine Notwendigkeit gibt, etwas gegen ihren Willen zu dulden. (21) Es macht aber überhaupt keinen Unterschied, ob ihr den Sohn der Rhoxane – wann immer der auch geboren wird – zum König habt oder Perdikkas, da er doch unter dem Deckmantel der Vormundschaft den Thron an sich reißen wird. Darum findet bei ihm kein anderer König außer dem noch nicht geborenen Beifall, und während alles nicht nur gerechterweise, sondern auch notwendigerweise zur größten Eile drängt, wartet er allein auf das Verstreichen der Monate und prophezeit schon die Empfängnis eines männlichen Kindes. Und zweifelt ihr daran, dass dieser Mann dazu bereit ist, es sogar unterzuschieben? (22) Bei den Göttern, wenn Alexander diesen Mann für uns als seinen königlichen Nachfolger hinterlassen hätte, so dürfte man meiner Ansicht nach diesen Befehl als einzigen von allen nicht befolgen. (23) Warum lauft ihr nicht gleich los zur Plünderung der Schatzhäuser? Das Volk ist nämlich jedenfalls Erbe dieser königlichen Schätze!“ (24) Nach diesen Worten bahnte er sich mit Gewalt einen Weg mitten durch die Bewaffneten, und diejenigen, die dem Abgehenden Platz gemacht hatten, folgten ihm zur verheißenen Beute. 7 (1) Schon hatte sich eine große bewaffnete Menge um Meleagros geschart, während die Versammlung sich in Aufruhr und Unruhe aufgelöst hatte, als ein Mann aus der untersten Volksschicht, der den meisten Makedonen unbekannt war, rief: (2) „Wozu braucht ihr Waffen und einen Bürgerkrieg, wenn ihr den König habt, den ihr sucht? Arrhidaios, der Sohn des Philipp und Bruder des eben verstorbenen Königs Alexander – bisher nur Teilhaber bei den Opferzeremonien, jetzt sein alleiniger Erbe – wird von euch übergangen. Was ist seine Schuld? Oder was hat er getan, dass man ihn um das bei allen Völkern gültige Recht betrügt? Sucht ihr einen, der Alexander ähnlich ist, so werdet ihr ihn nie finden; sucht ihr aber einen, der ihm am nächsten steht, so ist er es allein.“ (3) Als die Versammlung das gehört hatte, schwieg sie zuerst wie auf Befehl; dann schrien alle zusammen, man solle Arrhidaios rufen und die Leute, die die Versammlung ohne ihn abgehalten hätten, hätten den Tod verdient. (4) Darauf begann Peithon unter Tränen zu sprechen, dass Alexander jetzt im höchsten Maß zu beklagen sei, weil er um die Freude an so braven Bürgern und Soldaten und um ihre Anwesenheit gebracht worden sei. Weil sie nur auf den Namen und das Andenken ihres Königs schauten, seien sie für das Übrige

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iuvenem, cui regnum destinabatur, impugnans. Sed probra, quae obiecerat, magis ipsi odium quam Arrhidaeo contemptum attulerunt: quippe dum miserentur, etiam favere coeperunt. (6) Igitur non alium regem se quam eum, qui ad hanc spem genitus esset, passuros pertinaci adclamatione declarant vocarique Arrhidaeum iubent. (7) Quem Meleager infestus invisusque Perdiccae strenue perducit in regiam, et milites Philippum consalutatum regem appellant. (8) Ceterum haec vulgi erat vox, principum alia sententia. E quibus Pithon consilium Perdiccae exequi coepit tutoresque destinat filio ex Roxane futuro Perdiccam et Leonnatum, stirpe regia genitos. (9) Adiecit, ut in Europa Craterus et Antipater res administrarent. Tum iusiurandum a singulis exactum futuros in potestate regis geniti Alexandro. (10) Meleager – haud iniuria metu supplicii territus cum suis secesserat – rursus Philippum trahens secum inrupit regiam clamitans suffragari spei publicae de novo rege paulo ante conceptae robur aetatis: experirentur modo stirpem Philippi et filium ac fratrem regum duorum: sibimet ipsis potissimum crederent. (11) Nullum profundum mare, nullum vastum fretum et procellosum tantos ciet fluctus, quantos multitudo motus habet, utique si nova et brevi duratura libertate luxuriat. (12) Pauci Perdiccae modo electo, plures Philippo, quem spreverant, imperium dabant. Nec velle nec nolle quicquam diu poterant, paenitebatque modo consilii, modo paenitentiae ipsius. Ad ultimum tamen in stirpem regiam inclinavere studiis. (13) Cesserat ex contione Arrhidaeus principum auctoritate conterritus, et abeunte illo conticuerat magis quam elanguerat militaris favor. Itaque revocatus vestem fratris, eam ipsam, quae in sella posita fuerat, induitur. (14) Et Meleager

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blind. (5) Damit zielte er zweifellos auf den jungen Mann ab, der zum König bestimmt wurde. Aber die Vorwürfe, die er gemacht hatte, brachten ihm selbst mehr Missgunst ein als dem Arrhidaios Verachtung, da das Mitleid der Leute auch ihre Gunst steigen ließ. (6) Sie erklärten also mit beharrlichem Schreien, sie würden keinen anderen König dulden als den, der durch seine Geburt dazu bestimmt sei, und sie verlangten, dass man Arrhidaios rufe. (7) Meleagros, voll feindseligem Hass gegen Perdikkas, führte ihn rasch in den Königspalast und die Soldaten begrüßten ihn mit dem Namen Philippos und riefen ihn zum König aus. (8) Doch das war nur die Stimme der Menge; die Anführer waren anderer Meinung. Unter ihnen begann Peithon den Plan des Perdikkas auszuführen und schlug als Vormunde für den von Rhoxane zu erwartenden Sohn Perdikkas und Leonnatos vor, die aus königlichem Geschlecht stammten. (9) Er fügte hinzu, dass Krateros und Antipatros die Angelegenheiten in Europa leiten sollten. Daraufhin musste jeder gesondert einen Eid leisten, dem von Alexander gezeugten König untertan sein zu wollen. (10) Meleagros, der nicht zu Unrecht fürchtete, dass man ihn mit dem Tod bestrafen werde, hatte sich mit seinem Gefolge von den anderen getrennt. Da brach er erneut in den Palast ein, schleppte Philippos mit sich und schrie, dass die Kraft des Alters von Philippos für die allgemeine Hoffnung, die man kurz vorher auf einen neuen König gesetzt habe, spreche. Man solle es mit ihm, dem Spross des Philipp, dem Sohn und Bruder zweier Könige, wenigstens versuchen; am meisten sollten sie auf sich selbst vertrauen. (11) Kein tiefes Meer, keine weite und stürmische See schlägt solche Wogen wie eine in Bewegung geratene Volksmenge, besonders wenn sie im Rausch einer ungewohnten und kurz dauernden Freiheit schwelgt. (12) Wenige sprachen die Herrschaft dem soeben erkorenen Perdikkas zu, die meisten dem Philippos, den sie gerade verschmäht hatten. Was sie wollten oder nicht wollten, das konnten sie nicht lange aufrechterhalten; bald reute sie ihr Entschluss, bald reute sie die Reue darüber. Zuletzt jedoch wandten sie ihre Aufmerksamkeit dem Spross des Königshauses zu. (13) Arrhidaios war durch die Autorität der Anführer in Schrecken versetzt worden und aus der Versammlung davongelaufen, aber durch seinen Weggang war die Gunst der Soldaten mehr nur zum Schweigen gebracht worden, als dass sie sich verflüchtigt hätte. Man rief ihn daher zurück und legte ihm das Gewand seines Bruders an, dasselbe, das auf dem Thronsessel gelegen hatte. (14) Unterdessen

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thorace sumpto capit arma, novi regis satelles. Sequitur phalanx hastis clipeos quatiens, expletura se sanguine illorum, qui adfectaverant nihil ad ipsos pertinens regnum. (15) In eadem domo familiaque imperii vires remansuras esse gaudebant: hereditarium imperium stirpem regiam vindicaturam: adsuetos esse nomen ipsum colere venerarique, nec quemquam id capere nisi genitum, ut regnaret. (16) Igitur Perdicca territus conclave, in quo Alexandri corpus iacebat, obserari iubet. DC cum ipso erant spectatae virtutis; Ptolomaeus quoque se adiunxerat ei puerorumque regia cohors. (17) Ceterum haud difficulter a tot milibus armatorum claustra perfracta sunt. Et rex quoque inruperat stipatus satellitum turba, quorum princeps Meleager. (18) Iratusque Perdicca hos, qui Alexandri corpus tueri vellent, sevocat, sed qui inruperant eminus tela in ipsum iaciebant. Multisque vulneratis tandem seniores demptis galeis, quo facilius nosci possent, precari eos, qui cum Perdicca erant, coepere, ut absisterent bello regique et pluribus cederent. (19) Primus Perdicca arma deposuit, ceterique idem fecere. Meleagro deinde suadente, ne a corpore Alexandri discederent, insidiis locum quaeri rati diversa regiae parte ad Euphraten fugam intendunt. (20) Equitatus, qui ex nobilissimis iuvenum constabat, Perdiccam et Leonnatum frequens sequebatur, placebatque excedere urbe et tendere in campis. (21) Sed Perdicca ne pedites quidem secuturos ipsum desperabat; itaque, ne abducendo equites abrupisse a cetero exercitu videretur, in urbe subsistit. 8 (1) At Meleager regem monere non destitit ius imperii Perdiccae morte sanciendum esse: ni occupetur impotens animus, res novaturum. Meminisse eum, quid de rege meruisset; neminem autem

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nahm Meleagros als Gefolgsmann des Königs den Harnisch und ergriff die Waffen. Es folgte die Phalanx, die mit den Speeren auf die Schilde schlug und bereit war, sich mit dem Blut derer zu sättigen, die nach einem Reich getrachtet hatten, das ihnen nicht zustand. (15) Man war darüber erfreut, dass die Herrschaftsgewalt im selben Haus und in derselben Familie verbleiben und dass ein Spross aus dem Königshaus die Erbherrschaft beanspruchen werde. Es sei bei ihnen so üblich, schon allein den Titel sehr zu ehren; niemand solle ihn annehmen, wenn er nicht zum Herrschen geboren sei. (16) Weil Perdikkas dadurch mit der Angst zu tun bekam, befahl er, den Saal, in dem Alexanders Leichnam lag, abzusperren. Bei sich hatte er 600 Mann, die ihre Tapferkeit unter Beweis gestellt hatten. Auch Ptolemaios und das Korps der königlichen Pagen hatten sich ihm angeschlossen. (17) Doch von so vielen Tausend Bewaffneten wurde die Sperre ohne große Mühe durchbrochen. Der König selbst war auch eingedrungen, umgeben von seiner Schar aus Gefolgsleuten, die Meleagros anführte. (18) Zornig rief Perdikkas diejenigen zu sich, die den Leichnam Alexanders schützen wollten. Die aber, die eingedrungen waren, schleuderten von weitem Geschosse nach ihm. Nachdem viele verwundet waren, nahmen die Älteren schließlich die Helme ab, damit man sie leichter erkennen konnte, und baten die Gefolgsleute des Perdikkas darum, den Kampf aufzugeben und vor dem König und der Mehrheit zu weichen. (19) Als Erster legte Perdikkas die Waffen nieder, und die Übrigen taten das Gleiche. Meleagros riet ihnen darauf, bei Alexanders Leichnam zu bleiben; doch da sie glaubten, man suche nach einer Gelegenheit, sie zu überlisten, flohen sie durch einen anderen Palastausgang zum Euphrat. (20) Die Kavallerie, die aus den vornehmsten jungen Männern bestand, folgte Perdikkas und Leonnatos in großer Zahl, und man beschloss, die Stadt zu verlassen und im Freien zu lagern. (21) Perdikkas gab jedoch die Hoffnung noch nicht auf, dass ihm auch die Infanterie folgen werde; daher blieb er in der Stadt zurück, damit es nicht so aussah, als habe er die Kavallerie vom übrigen Heer trennen wollen, indem er sie wegführte. 8 (1) Meleagros aber ließ nicht davon ab, den König daran zu erinnern, dass er sein Recht auf die Herrschaft durch Perdikkas’ Tod sichern müsse. Komme man dessen maßlosem Ehrgeiz nicht zuvor, werde er einen Umsturz herbeiführen. Er erinnere sich daran, wie sehr er sich um den König verdient gemacht habe, aber nie-

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ei satis fidum esse, quem metuat. (2) Rex patiebatur magis quam adsentiebatur. Itaque Meleager silentium pro imperio habuit misitque regis nomine, qui Perdiccam accerserent; isdem mandatum, ut occiderent, si venire dubitaret. (3) Perdicca nuntiato satellitum adventu sedecim omnino pueris regiae cohortis comitatus in limine domus suae constitit castigatosque et Meleagri mancipia identidem appellans sic animi vultusque constantia terruit, ut vix mentis compotes fugerint. (4) Perdicca pueros equos iussit conscendere et cum paucis amicorum ad Leonnatum pervenit iam firmiore praesidio vim propulsaturus, si quis inferret. (5) Postera die indigna res Macedonibus videbatur Perdiccam ad mortis periculum adductum, et Meleagri temeritatem armis ultum ire decreverant. (6) Atque ille seditione provisa ‹***› cum regem adisset, interrogare eum coepit, an Perdiccam comprehendi ipse iussisset. Ille Meleagri instinctu se iussisse respondit; ceterum non debere tumultuari eos, Perdiccam enim vivere. (7) Igitur contione dimissa Meleager equitum maxime defectione perterritus inopsque consilii – quippe in ipsum periculum recciderat, quod inimico paulo ante intenderat – triduum fere consumpsit incerta consilia volvendo. (8) Et pristina quidem regiae species manebat, nam et legati gentium regem adibant et copiarum duces aderant et vestibulum satellites armatique compleverant. (9) Sed ingens sua sponte maestitia ultimae desperationis index erat, suspectique invicem non adire propius, non conloqui audebant secretas cogitationes intra se quoque volvente, et ex comparatione regis novi desiderium excitabatur amissi. (10) Ubi ille esset, cuius imperium, cuius auspicium secuti erant, requirebant. Destitutos se inter infestas indomitasque gentes expetituras tot suarum cladium poenas, quandoque oblata esset occasio. (11) His cogitationibus animos exedebant, cum adnuntiatur equites, qui sub Perdicca essent,

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mand sei demjenigen uneingeschränkt treu, den er fürchte. (2) Der König verhielt sich mehr passiv, als dass er ihm zugestimmt hätte. Daher deutete Meleagros das Stillschweigen als einen Befehl und schickte im Namen des Königs Leute aus, um Perdikkas herbeizuholen. Zugleich gab er den Auftrag, ihn zu töten, falls er zögern sollte, zu kommen. (3) Als dem Perdikkas die Ankunft der Gefolgsleute gemeldet worden war, stellte er sich, von nur sechzehn königlichen Pagen begleitet, auf die Schwelle seines Hauses, bezeichnete sie unter Schelten wiederholt als Meleagros’ Sklaven und erschreckte sie durch seinen festen Mut und Blick dermaßen, dass sie völlig kopflos die Flucht ergriffen. (4) Perdikkas befahl den Pagen, ihre Pferde zu besteigen, und gelangte in Begleitung einiger weniger Freunde zu Leonnatos, um von nun an mit stärkerem Schutz jeden gewaltsamen Angriff zurückzuschlagen. (5) Am folgenden Tag kam es den Makedonen würdelos vor, Perdikkas’ Leben in tödliche Gefahr gebracht zu haben, und sie waren entschlossen, sich aufzumachen, um Meleagros’ unbesonnene Tat mit Waffengewalt zu rächen. (6) Weil jener einen Aufstand vorhergesehen hatte, ‹***› ging er zum König und fragte ihn, ob er nicht selbst befohlen habe, Perdikkas zu ergreifen. Dieser erwiderte, er habe es auf Meleagros’ Anregung hin befohlen; doch gebe es keinen Grund für sie, in Aufruhr zu geraten, denn Perdikkas sei am Leben. (7) Nachdem die Versammlung aufgelöst worden war, brütete Meleagros fast drei Tage lang über schwankenden Plänen; hauptsächlich war er durch den Abfall der Reiter bestürzt und ratlos, da die Gefahr, die er kurz zuvor seinem Feind bereitet hatte, auf ihn selbst zurückgefallen war. (8) Äußerlich blieb der Palast zwar derselbe wie zuvor, denn es kamen Gesandte der Völker zum König, die Truppenführer waren anwesend und die Vorhalle war voller Gefolgsleute und Bewaffneter. (9) Aber eine tiefe, von selbst entstandene Niedergeschlagenheit verriet die äußerst verzweifelte Stimmung. Weil man sich gegenseitig misstraute, wagte man nicht, sich nahezukommen und zu unterhalten, da jeder im Inneren geheime Gedanken hegte, und bei dem Vergleich mit dem neuen König erwachte die Sehnsucht nach dem verlorenen. (10) Sie wollten wissen, wo derjenige sei, dessen Oberbefehl und glücklicher Leitung sie gefolgt seien. Sie seien inmitten feindlicher und unzivilisierter Völker im Stich gelassen worden, die sich für ihre so zahlreichen Niederlagen rächen würden, sobald sich ihnen Gelegenheit biete. (11) Solche Gedanken setzten ihnen zu. Da kam die Nachricht, dass die Reiter unter

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occupatis circa Babylona campis frumentum, quod in urbem vehebatur, retinuisse. (12) Itaque inopia primum, deinde fames esse coepit, et, qui in urbe erant, aut reconciliandam cum Perdicca gratiam aut armis certandum esse censebant. (13) Forte ita acciderat, ut, qui in agris erant, populationem villarum vicorumque veriti confugerent in urbem, oppidani, cum ipsos alimenta deficerent, ‹excederent› urbe, et utrique generi tutior aliena sedes quam sua videretur. (14) Quorum consternationem Macedones veriti in regiam coeunt, quaeque ipsorum sententia esset, exponunt. Placebat autem legatos ad equites mitti [et] de finienda discordia armisque ponendis. (15) Igitur a rege legatur Pasas Thessalus et Amissus Megalopolitanus et Perilaus. Qui cum mandata regis edidissent, non aliter posituros arma equites, quam si rex discordiae auctores dedidisset, tulere responsum. (16) His renuntiatis sua sponte arma milites capiunt. Quorum tumultu e regia Philippus excitus ‘Nihil’ inquit ‘seditione est opus; nam inter se certantium praemia, qui quieverint, occupabunt. (17) Simul mementote rem esse cum civibus, quibus spem gratiae cito abrumpere ad bellum civile properantium est. (18) Altera legatione, an mitigari possint, experiamur. Et credo nondum regis corpore sepulto ad praestanda ei iusta omnis esse coituros. (19) Quod ad me attinet, reddere hoc imperium malo quam exercere civium sanguine, et si nulla alia concordiae spes est, oro quaesoque, eligite potiorem.’ (20) Obortis deinde lacrimis diadema detrahit capiti dexteram, qua id tenebat, protendens, ut, si quis se digniorem profiteretur, acciperet. (21) Ingentem spem indolis ante eum diem fratris claritate suppressae tam moderata excitavit oratio. Itaque cuncti instare coeperunt, ut, quae agitasset, exequi vellet.

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Perdikkas die Gegend um Babylon besetzt hätten und das Getreide, das zur Stadt gebracht wurde, zurückhielten. (12) So herrschte zunächst Mangel, dann Hungersnot, und in der Stadt war man der Ansicht, man müsse sich entweder mit Perdikkas aussöhnen oder mit Waffengewalt eine Entscheidung erzwingen. (13) Der Zufall hatte es so gefügt, dass die Leute auf dem Land aus Furcht vor Plünderung ihrer Häuser und Siedlungen in die Stadt flohen, die Einwohner der Stadt dagegen die Stadt verließen, weil ihnen die Nahrungsmittel ausgingen; beiden Teilen schien ein anderer Wohnsitz sicherer als der eigene. (14) Weil sie die Bestürzung dieser Leute scheuten, kamen die Makedonen im Palast zusammen und legten dort ihre Ansicht dar. Man hielt es für das Beste, Gesandte zu den Reitern zu schicken, damit der Streit beendet werde und sie die Waffen niederlegten. (15) Der König sandte also Pasas aus Thessalien, Amissos aus Megalopolis und Perilaos als Gesandte ab. Als sie die Aufträge des Königs übermittelt hatten, erhielten sie die Antwort, die Reiterei werde nur dann die Waffen niederlegen, wenn der König ihnen die Verantwortlichen für den Streit ausgeliefert habe. (16) Als diese Meldung zurückkam, griffen die Soldaten aus eigenem Antrieb zu den Waffen. Philippos wurde durch ihren Lärm aufmerksam, trat aus dem Palast und sprach: „Euer Aufstand ist völlig unnötig; denn diejenigen, die sich ruhig verhalten haben, werden die Belohnungen derer bekommen, die jetzt miteinander streiten. (17) Denkt auch daran, dass ihr es mit euren Mitbürgern zu tun habt! Ihnen vorschnell die Hoffnung auf Versöhnung zu nehmen, hieße, sich in einen Bürgerkrieg zu stürzen. (18) Lasst uns durch eine zweite Gesandtschaft herausfinden, ob sie sich nachgiebiger stimmen lassen! Ich glaube, dass sich, da der Leichnam des Königs noch nicht bestattet ist, alle zusammentun werden, um ihm die gebührenden Ehren zu erweisen. (19) Was mich betrifft, so will ich diese Herrschergewalt lieber zurückgeben als sie durch Bürgermord ausüben. Gibt es keine andere Hoffnung auf eine Einigung, so bitte und beschwöre ich euch: Wählt jemanden, der es besser machen kann.“ (20) Daraufhin nahm er mit Tränen in den Augen das Diadem vom Haupt und hielt es mit der Rechten vor sich ausgestreckt, damit derjenige es nehmen könne, der sich für würdiger hielt. (21) Seine so maßvolle Rede erregte mächtige Hoffnung auf seine Fähigkeiten, die bis dahin durch den glänzenden Ruhm seines Bruders in den Schatten gestellt worden waren. Daher begannen alle, ihn zu drängen, dass er zu Ende bringen solle, woran er gearbeitet

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(22) Eosdem rursus legat petituros, ut Meleagrum tertium ducem

acciperent. Haud aegre id impetratum est; nam et abducere Meleagrum Perdicca a rege cupiebat et unum duobus imparem futurum esse censebat. (23) Igitur Meleagro cum phalange obviam egresso Perdicca equitum turmas antecedens occurrit. Utrumque agmen mutua salutatione facta coit, in perpetuum, ut arbitrabantur, concordia et pace firmata. 9 (1) Sed iam fatis admovebantur Macedonum genti bella civilia; nam et insociabile est regnum et a pluribus expetebatur. (2) Primum ergo conlisere vires, deinde disperserunt; et cum pluribus corpus, quam capiebat, ‹capitibus› onerassent, cetera membra deficere coeperunt, quodque imperium sub uno stare potuisset, dum a pluribus sustinetur, ruit. (3) Proinde iure meritoque populus Romanus salutem se principi suo debere profitetur, qui noctis, quam paene supremam habuimus, novum sidus inluxit. (4) Huius, hercule, non solis ortus lucem caliganti reddidit mundo, cum sine suo capite discordia membra trepidarent. (5) Quot ille tum extinxit faces! quot condidit gladios! quantam tempestatem subita serenitate discussit! Non ergo revirescit solum sed etiam floret imperium. (6) Absit modo invidia, excipiet huius saeculi tempora eiusdem domus utinam perpetua, certe diuturna posteritas. (7) Ceterum, ut ad ordinem, a quo me contemplatio publicae felicitatis averterat, redeam, Perdicca unicam spem salutis suae in Meleagri morte ponebat: vanum eundem et infidum celeriterque res novaturum et sibi maxime infestum occupandum esse. (8) Sed alta dissimulatione consilium premebat, ut opprimeret incautum. Ergo clam quosdam ex copiis, quibus praeerat, subornavit, ut, quasi ignoraret ipse, quererentur palam Mele-

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habe. (22) Er sandte dieselben Gesandten noch einmal mit der Bitte, Meleagros als dritten Führer anzuerkennen. Und ohne Schwierigkeit wurde das erreicht. Perdikkas wünschte nämlich, Meleagros vom König zu trennen, und meinte, dass jener allein ihnen beiden nicht gewachsen sein werde. (23) Also traf Perdikkas an der Spitze der Reitergeschwader mit Meleagros zusammen, der ihm mit der Phalanx entgegengerückt war. Beide Heereszüge vereinigten sich nach gegenseitiger Begrüßung, und so waren Eintracht und Frieden auf Dauer – wie man glaubte – hergestellt. 9 (1) Doch schon brachte das Schicksal dem makedonischen Volk Bürgerkriege. Herrschaft ist nämlich unteilbar und wurde doch von zu vielen erstrebt. (2) Zuerst also ließen sie ihre Kräfte zusammenstoßen, dann zerstreuten sie diese; und als sie dem Staatskörper mehr Köpfe aufgebürdet hatten, als er fassen konnte, begannen die übrigen Glieder zu erlahmen. So stürzte das Reich, das unter einem einzigen Mann hätte Bestand haben können, zusammen, als mehrere es zu halten suchten. (3) Deshalb bekennt das römische Volk mit vollem Recht, dass es sein Wohlergehen seinem Fürsten verdankt, der in der Nacht, die beinahe unsere letzte gewesen wäre, als neuer Stern13 erstrahlte. (4) Beim Herakles, nicht das Aufgehen der Sonne, sondern das Aufgehen dieses Sterns hat der im Dunkeln liegenden Welt das Licht wiedergegeben, als die Gliedmaßen kopflos im Streit miteinander lagen und zitterten. (5) Wie viele Brandfackeln hat er damals gelöscht, wie viele Schwerter in die Scheide gesteckt, welch gewaltiges Unwetter durch sein plötzliches Erstrahlen vertrieben! Das Reich kommt also nicht nur wieder zu Kräften, sondern es blüht sogar auf. (6) Möge nur der Neid fernbleiben; dann wird auf die Zeit unseres Jahrhunderts aus ebendiesem Regentenhaus eine Nachkommenschaft folgen, hoffentlich eine für die Ewigkeit oder doch wenigstens eine, die für lange Zeit Bestand hat. (7) Um nun zum Gang der Ereignisse, von dem mich die Betrachtung unseres staatlichen Wohlergehens abgelenkt hatte, zurückzukehren: Perdikkas setzte die einzige Hoffnung für seine Rettung auf Meleagros’ Tod. Da dieser Mann in seiner Eitel- und Treulosigkeit schnell wieder Unruhe stiften werde und er ihm besonders feindlich gesinnt sei, müsse man ihm zuvorkommen. (8) Doch er verbarg seinen Plan hinter undurchsichtigen Verstellungen, um ihn, wenn er unvorsichtig sei, zu überraschen. Also stiftete er heimlich einige Leute der Truppen, die er befehligte, dazu an, sich scheinbar ohne sein Wissen öffentlich über die Gleichstellung von

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agrum aequatum esse Perdiccae. (9) Quorum sermone Meleager ad se relato furens ira Perdiccae, quae comperisset, exponit. Ille velut nova re exterritus admirari, queri dolentisque speciem ostentare ei coepit; ad ultimum convenit, ut comprehenderentur tam seditiosae vocis auctores. (10) Agit Meleager gratias amplexusque Perdiccam fidem eius in se ac benevolentiam conlaudat. (11) Tum communi consilio rationem opprimendi noxios ineunt. Placet exercitum patrio more lustrari, et probabilis causa videbatur praeterita discordia. (12) Macedonum reges ita lustrare soliti erant milites, ut discissae canis viscera ultimo in campo, in quem deduceretur exercitus, ab utraque abicerent parte, intra id spatium armati omnes starent, hinc equites, illinc phalanx. (13) Itaque eo die, quem huic sacro destinaverant, rex cum equitibus elephantisque constiterat contra pedites, quis Meleager praeerat. (14) Iam equestre agmen movebatur, et pedites subita formidine ob recentem discordiam haud sane pacati quicquam expectantes parumper addubitavere, an in urbem subducerent copias: quippe pro equitibus planities erat. (15) Ceterum veriti, ne temere commilitonum fidem damnarent, substitere praeparatis ad dimicandum animis, si quis vim inferret. Iam agmina coibant, parvumque intervallum erat, quod aciem utramque divideret: (16) itaque rex cum una ala obequitare peditibus coepit discordiae auctores, quos tueri ipse debebat, instinctu Perdiccae ad supplicia deposcens, minabaturque omnes turmas cum elephantis inducturum se in recusantes. (17) Stupebant improviso malo pedites, nec plus in ipso Meleagro erat aut consilii aut animi. Tutissimum ex praesentibus videbatur expectare potius quam movere fortunam. (18) Tum Perdicca, ut torpentes et obnoxios vidit, CCC fere, qui Meleagrum erumpentem ex contione, quae prima

Geschichte Alexanders des Großen 10,9,8–10,9,18

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Meleagros und Perdikkas zu beschweren. (9) Als man ihre Aussage dem Meleagros hinterbracht hatte, hielt er Perdikkas wutentbrannt das vor, was er gehört hatte. Als habe ihn die Neuigkeit erschreckt, wunderte und beklagte der sich darüber und gab sich ihm gegenüber den Anschein des Bedauerns. Zuletzt kam man überein, diejenigen, die so aufrührerische Behauptungen aufgestellt hatten, gefangenzunehmen. (10) Meleagros dankte Perdikkas, umarmte ihn und hob dessen Treue und Wohlwollen ihm gegenüber hervor. (11) Daraufhin entwarfen sie in gemeinsamer Beratung einen Plan, um die Schuldigen zu beseitigen. Man beschloss, das Heer nach heimischem Brauch zu entsühnen, und die vorangegangene Meuterei schien ein passender Grund dafür zu sein. (12) Die makedonischen Könige entsühnten ihre Soldaten für gewöhnlich auf folgende Weise: Die Eingeweide einer zerlegten Hündin legten sie zu beiden Seiten an den Enden eines freien Platzes aus, auf den das Heer geführt wurde, und alle Bewaffneten standen innerhalb dieses Raumes – auf der einen Seite die Reiterei, auf der anderen die Phalanx. (13) An dem Tag also, der für diese Feierlichkeit bestimmt war, hatte sich der König mit den Reitern und Elefanten gegenüber dem Fußvolk aufgestellt, das Meleagros befehligte. (14) Schon setzte sich der Reiterzug in Bewegung. Da geriet das Fußvolk, das sich plötzlich fürchtete und wegen der Streitigkeiten vor kurzem eine nicht gerade friedliche Aktion erwartete, einen Augenblick in Zweifel, ob es nicht seine Abteilungen in die Stadt führen sollte, da die Ebene für die Reiterei günstig war. (15) Weil sie sich jedoch davor scheuten, unüberlegt ihre Kameraden der Treulosigkeit zu bezichtigen, blieben sie stehen, waren aber kampfbereit für den Fall, dass jemand sie angreifen sollte. Schon näherten sich die Züge einander, und nur noch ein geringer Abstand trennte die beiden Reihen voneinander. (16) Da begann der König, mit einem Heeresflügel dem Fußvolk entgegenzureiten, und forderte es auf Perdikkas’ Anregung hin auf, die Verantwortlichen des Streits, die er eigentlich hätte schützen müssen, zur Bestrafung auszuliefern; und zugleich drohte er, alle Schwadronen samt den Elefanten gegen sie zu führen, wenn sie sich weigerten. (17) Das Fußvolk stand starr vor Entsetzen über die unerwartete Gefahr da, und auch Meleagros fehlte es an Entschlossenheit und Mut. Das Sicherste in der gegenwärtigen Lage schien, lieber abzuwarten, als das Schicksal herauszufordern. (18) Darauf sonderte Perdikkas, als er sah, dass sie betäubt und wehrlos waren, von den Übrigen ungefähr 300 ab, die sich Meleagros ange-

296

Q. Curtius Rufus

habita est post mortem Alexandri, secuti erant, a ceteris discretos elephantis in conspectu totius exercitus obicit, omnesque beluarum pedibus obtriti sunt nec prohibente Philippo nec auctore: (19) apparebatque id modo pro suo vindicaturum, quod adprobasset eventus. Hoc bellorum civilium Macedonibus et omen et principium fuit. (20) Meleager sero intellecta fraude Perdiccae tum quidem, quia ipsius corpori vis non adferebatur, in agmine quietus stetit; (21) [et] mox damnata spe salutis, cum eius nomine, quem ipse fecerat regem, in perniciem suam abutentis videret inimicos, confugit in templum ac ne loci quidem religione defensus occiditur. 10 (1) Perdicca perducto in urbem exercitu consilium principum virorum habuit, in quo imperium ita dividi placuit, ut rex quidem summam eius obtineret, satrapes Ptolomaeus Aegypti ‹esset› et Africae gentium, quae in dicione erant. (2) Laomedonti Syria cum Phoenice data est, Philotae Cilicia destinata, Lyciam cum Pamphylia et maiore Phrygia obtinere iussus Antigonus, in Cariam Cassander, Menander in Lydiam missi. Phrygiam minorem Hellesponto adiunctam Leonnati provinciam esse iusserunt. (3) Cappadocia Eumeni cum Paphlagonia cessit; praeceptum est, ut regionem eam usque ad Trapezunta defenderet, bellum cum Ariarathe gereret: solus hic detrectabat imperium. (4) Pithon Mediam, Lysimachus Thraciam adpositasque Thraciae Ponticas gentes obtinere iussi. Qui Indiae quique Bactris et Sogdianis ceterisque aut Oceani aut Rubri maris accolis praeerant, quibus quisque finibus habuisset imperium, obtinerent decretum est; Perdicca ut cum rege esset copiisque praeesset, quae regem sequebantur. (5) Credidere quidam testamento Alexandri distributas esse provincias; sed famam eius rei, quamquam ab

Geschichte Alexanders des Großen 10,9,18–10,10,5

297

schlossen hatten, als er aus der ersten Versammlung nach Alexanders Tod fortgestürzt war, und warf sie vor den Augen des ganzen Heeres den Elefanten vor. Sie wurden alle von den Füßen der Ungetüme zertrampelt, ohne dass Philippos es verhindert oder befohlen hätte. (19) Und es war offensichtlich, dass er nur das als seinen eigenen Entschluss beanspruchen werde, was der Erfolg gerechtfertigt hätte. Dies war für die Makedonen Vorzeichen und Anfang der Bürgerkriege. (20) Meleagros, der zu spät Perdikkas’ Hinterlist erkannt hatte, verhielt sich jetzt zwar ruhig im Heereszug, weil ihm persönlich keine Gewalt angetan wurde; (21) bald jedoch gab er die Hoffnung auf Rettung auf, als er bemerkte, dass seine Feinde den Namen desjenigen, den er selbst zum König gemacht hatte, zu seinem Verderben missbrauchten, floh in einen Tempel und wurde dort, ohne selbst in der Heiligkeit des Ortes Schutz zu finden, getötet. 10 (1) Nachdem das Heer in die Stadt geführt worden war, hielt Perdikkas eine Ratsversammlung mit den führenden Männern ab, in der man beschloss, die Herrschaft folgendermaßen aufzuteilen: Der König sollte natürlich die höchste Machtstellung behalten; über Ägypten und die unterworfenen Völker Afrikas sollte Ptolemaios Statthalter werden; (2) Laomedon erhielt Syrien und Phoinikien, Philotas bekam Kilikien zugeteilt; Lykien zusammen mit Pamphylien und Großphrygien erhielt laut Befehl Antigonos, nach Karien wurde Kassandros, nach Lydien Menandros geschickt. Das an den Hellespont grenzende Kleinphrygien bestimmten sie zur Provinz des Leonnatos. (3) Kappadokien fiel zusammen mit Paphlagonien an Eumenes; ihm wurde der Auftrag erteilt, diese Gegend bis nach Trapezunt hin zu schützen und gegen Ariarathes Krieg zu führen, der noch als Einziger den Gehorsam verweigerte. (4) Peithon erhielt den Befehl, Medien zu verwalten; Lysimachos dagegen Thrakien und die an Thrakien angrenzenden Schwarzmeervölker. Jeder von denjenigen schließlich, die über Indien, Baktra, Sogdiana und die übrigen Anwohner des Ozeans oder des Roten Meeres als Statthalter eingesetzt waren, sollte entsprechend dem Beschluss die Herrschaft über seine bisherigen Gebiete behalten; Perdikkas aber sollte beim König bleiben und die Truppen befehligen, die dem König folgten. (5) Manche glaubten, die Provinzen seien nach Alexanders Testament verteilt worden; doch ich habe in Erfahrung gebracht, dass es sich dabei um ein haltloses Gerücht gehandelt hat,

298

Q. Curtius Rufus

auctoribus tradita est, vanam fuisse comperimus. (6) Et quidem suas, ‹quas› quisque opes divisis imperii partibus tuebantur, ipsi fundaverant, si umquam adversus immodicas cupiditates terminus staret. (7) Quippe paulo ante regis ministri specie imperii alieni procurandi singuli ingentia invaserant regna sublatis certaminum causis, cum et omnes eiusdem gentis essent et a ceteris sui quisque imperii regione discreti. (8) Sed difficile erat eo contentos esse, quod obtulerat occasio: quippe sordent prima quaeque, cum maiora sperantur. Itaque omnibus expeditius videbatur augere regna, quam fuisset accipere. (9) Septimus dies erat, ex quo corpus regis iacebat in solio, curis omnium ad formandum publicum statum a tam sollemni munere aversis. (10) Et non alia quam Mesopotamiae regione fervidior aestus existit, adeo ut pleraque animalia, quae in nudo solo deprendit, extinguat: tantus est vapor solis et caeli, quo cuncta velut igne torrentur. (11) Fontes aquarum et rari sunt et incolentium fraude celantur: ipsis usus patet, ignotus est advenis. (12) Traditum magis quam creditum refero: ut tandem curare corpus exanimum amicis vacavit, nulla tabe, ne minimo quidem livore corruptum videre, qui intraverant. Vigor quoque, qui constat ex spiritu, nondum destituerat vultum. (13) Itaque Aegyptii Chaldaeique iussi corpus suo more curare primo non sunt ausi admovere velut spiranti manus. Deinde precati, ut ius fasque esset mortalibus attrectare deum, purgavere corpus, repletumque est odoribus aureum solium et capiti adiecta fortunae eius insignia. (14) Veneno necatum esse credidere plerique: filium Antipatri inter ministros, Iollam nomine, patris iussu dedisse. Saepe certe audita erat vox Alexandri Antipatrum regium adfectare fastigium maioremque esse praefecti

Geschichte Alexanders des Großen 10,10,5–10,10,14

299

obwohl es von den Geschichtsschreibern überliefert worden ist. (6) Zwar hatte ein jeder die Macht, die er nach Teilung des Reiches zu schützen versuchte, selbst begründet, wenn es nur jemals eine Grenze für maßlose Begierden gäbe. (7) Denn kurz zuvor hatte sich jeder Einzelne als Diener des Königs unter dem Vorwand, das Reich eines anderen zu verwalten, ein gewaltiges Herrschaftsgebiet verschafft, ohne dass es Grund für Streitigkeiten gegeben hätte, da zum einen alle dem gleichen Stamm angehörten und sie zum anderen durch die Lage ihres jeweiligen Gebiets von den Übrigen getrennt waren. (8) Aber es fiel ihnen schwer, mit dem zufrieden zu sein, was eine günstige Gelegenheit dargeboten hatte, da ja alles, was man zuerst besitzt, öde wird, sobald man auf Größeres hofft. Daher schien es allen leichter, ihre Reiche zu vergrößern, als es ihnen damals leichtfiel, sie zu erlangen. (9) Es war der siebte Tag, seitdem der Leichnam des Königs im Sarg lag; währenddessen hatte sich die Aufmerksamkeit aller von einer so feierlichen Pflicht abund der Gestaltung der staatlichen Angelegenheiten zugewandt. (10) Nirgends ist die Hitze glühender als in der Landschaft Mesopotamiens, so dass sie die meisten Tiere, die ihr auf kahlem Boden ausgesetzt sind, tötet. Die Glut der Sonne und der Luft ist so groß, dass sie wie ein Feuer alles versengt. (11) Wasserquellen sind selten und werden von den Einwohnern schlau versteckt; nur sie allein haben die Möglichkeit, sie zu nutzen, während sie dem Ortsfremden unbekannt sind. (12) Was ich jetzt erzähle, ist überliefert, ohne dass man es zu glauben braucht. Als seine Freunde endlich Zeit fanden, sich um Alexanders Leichnam zu kümmern, fanden sie ihn beim Eintreten von keiner Verwesung, nicht einmal durch den kleinsten Fleck entstellt. Selbst die Frische, die nur beim Atmen vorhanden ist, war noch nicht aus seinem Gesicht gewichen. (13) Daher wagten die Ägypter und Chaldaier, die damit beauftragt waren, den Leichnam ihren Bräuchen gemäß14 zu behandeln, zuerst gar nicht, Hand anzulegen, so als atme er noch. Dann beteten sie, dass es ihnen als Sterblichen nach menschlichem und göttlichem Recht erlaubt sein möge, einen Gott zu berühren. Sie wuschen den Körper, füllten den goldenen Sarg mit Wohlgerüchen und setzten auf das Haupt das Abzeichen seiner Würde. (14) Sehr viele glaubten, dass er durch Gift getötet worden sei und dass Antipatros’ Sohn, einer seiner Diener, namens Iollas es ihm auf Befehl seines Vaters gegeben habe. Natürlich hatte man Alexander oft sagen hören, Antipatros strebe nach der Königswürde, sei für einen Statthalter zu mächtig und schreibe

300

Q. Curtius Rufus

opibus ac titulo Spartanae victoriae inflatum, omnia a se data adserentem sibi; (15) credebant etiam Craterum cum veterum militum manu ad interficiendum eum missum. (16) Vim autem veneni, quod in Macedonia gignitur, talem esse constat, ut ferrum quoque exurat; ungulam iumenti dumtaxat patientem esse constat suci. (17) Stygem appellant fontem, ex quo pestiferum virus emanat. Hoc per Cassandrum adlatum traditumque fratri Iollae et ab eo supremae regis potioni inditum. (18) Haec, utcumque sunt credita, eorum, quos rumor asperserat, mox potentia extinxit. Regnum enim Macedoniae Antipater et Graeciam quoque invasit; (19) suboles deinde excepit interfectis omnibus, quicumque Alexandrum etiam longinqua cognatione contigerant. (20) Ceterum corpus eius a Ptolomaeo, cui Aegyptus cesserat, Memphim et inde paucis post annis Alexandream translatum est, omnisque memoriae ac nomini honos habetur.

Geschichte Alexanders des Großen 10,10,14–10,10,20

301

sich, da ihm sein Ruhm als Sparta-Besieger zu Kopf gestiegen sei, alles, was er ihm verliehen habe, selbst zu. (15) Auch glaubte man, Krateros sei mit einer Schar von Veteranen abgeschickt worden, um ihn zu töten. (16) Die Stärke aber des Giftes, wie es in Makedonien vorkommt, ist bekanntlich so groß, dass es selbst Eisen zerfrisst und dass nur der Huf von Lasttieren der Flüssigkeit widersteht. (17) Die Quelle, aus der das unheilbringende Gift fließt, nennt man Styx. Man sagt, das Gift sei durch Kassandros herbeigeschafft und seinem Bruder Iollas gegeben worden, der es dem letzten Getränk des Königs beigemischt habe. (18) Ob man diesem Gerede Glauben schenkte oder nicht: Die Macht derer, die von dem Gerücht betroffen waren, erstickte es bald. Denn Antipatros riss die Herrschaft über Makedonien und auch über Griechenland an sich. (19) Auf ihn folgte dann sein Sohn, nachdem er alle umgebracht hatte, die auch nur entfernt mit Alexander verwandt gewesen waren. (20) Im Übrigen wurde sein Leichnam von Ptolemaios, dem Ägypten zugefallen war, nach Memphis und von da einige Jahre später nach Alexandreia überführt, und seinem Andenken und Namen erweist man noch heute jede Ehre.

Anmerkungen Buch 7 1 Parmenion hatte für Philipp II. die Eroberung Kleinasiens vorbereitet; vgl. Iust. 9,5,8; Diod. 16,91,2 und die Inhaltsübersicht in der vorliegenden Ausgabe (Bd. I, S. 2). 2 Vgl. Diod. 17,2,5–6. 5,2. 3 Siehe die Inhaltsübersicht in der vorliegenden Ausgabe (Bd. II, S. 1). 4 „Habe ich dir hergeführt“: vgl. Curt. 5,1,40. 5 Amyntas fiel bald beim Angriff auf eine Stadt (vgl. Arr. Anab. 3,27,3). 6 Zum Kaukasos vgl. Bd. I, Anm. 43, S. 321. 7 Vgl. Arr. Anab. 3,28,4; Diod. 17,83,1. 8 Diodor (17,83,7) gibt statt „Gobares“ die Namensform „Bagodaras“. 9 Curtius Rufus setzt das Ponticum Mare offenbar mit dem Kaspischen Meer gleich. 10 Zum Tanaïs (= Jaxartes, d. h. Syr Darja) vgl. Bd. I, Anm. 43, S. 321. 11 Eine ähnliche Szene bieten in anderem Kontext Plutarch (Alex. 42,7) und Arrian (Anab. 6,26,1–3). 12 Der Oxos (Amu Darja) trennt Baktrien und Sogdiana. 13 Vgl. Arr. Anab. 3,29,2–4. 14 Anders Herodot (6,19), der einen Raubzug der Perser unter Dareios I. nennt. 15 Vgl. Arr. Anab. 3,30,1–5. 16 Mit Marakanda ist das heutige Samarkand bezeichnet. 17 Als Tanaïs bezeichnet der Autor offenbar hier (wie 7,4,32) den Jaxartes (Syr Darja). 18 Alexandria Ultima (Kodschent). 19 Mit Istros ist die heutige Donau gemeint. 20 „Wie oben gesagt“: vgl. Curt. 7,6,24 und Arr. Anab. 4,5,2–6,2. 21 Zu „Syrien“ vgl. Bd. I, Anm. 16, S. 325. 22 Vgl. Curt. 7,6,22. 23 Arrian (Anab. 4,4,8) gibt an, dass Alexander an einer von verunreinigtem Wasser hervorgerufenen Erkrankung litt. 24 Zu „Vater Bakchos“ (= Dionysos) vgl. Bd. I, Anm. 58, S. 317.

304

Anmerkungen

25

Arrian (Anab. 4,4,8) beziffert die Verluste der Skythen auf 1 000 Mann. Als Saker werden die jenseits des Tanaïs/Jaxartes (vgl. 7,4,32) siedelnden Skythen bezeichnet (vgl. Bd. I, Anm. 69, S. 328). 27 Der Polytimetos-Strom ist der heutige Zeravshan (Zarafshan). 28 Arrian (Anab. 4,18,4ff.) datiert die Einnahme des Felsens erst ins Folgejahr. 26

Buch 8 1

Arrian (Anab. 4,16,2) nennt fünf Teile. Vgl. Curt. 7,6,12. 3 Arrian (Anab. 4,15,4) nennt richtig Pharasmanes; Phrataphernes hatte sich Alexander ergeben (vgl. Curt. 6,4,23) und wurde bald Satrap von Hyrkanien (vgl. Curt. 8,3,17). 4 Zur der von Curtius Rufus verworfenen Geschichte vgl. Sen. dial. 3,17,1f. [= de ira], clem. 1,25,1; Plin. nat. 8,59; Paus. 1,9,5; Iust. 15,3,7f.; Luc. DMort. 14,4 u. a. 5 Eur. Andr. 693. 6 Genauer Sogdiana und Baktrien (vgl. Curt. 7,5,1). 7 Vgl. Curt. 5,2,5. 8 Alexander von Epeiros, der Bruder von Alexanders Mutter Olympias, führte seit 334 v. Chr. in Italien Krieg (vgl. Liv. 9,19,10). 9 Zu Attalos vgl. Curt. 7,1,3 und Bd. I, Anm. 53, S. 331. 10 Zum ersten Abfall vgl. Curt. 7,6,13. 11 Arrian (Anab. 4,21,6) gibt den Namen „Oxyartes“. 12 Gemeint ist das Jahr 327 v. Chr. 13 Gemeint ist Briseïs. 14 Curtius Rufus bezieht sich auf den persischen Brauch der Proskynese, eine unterwürfige Grußgeste. 15 Vgl. etwa Hor. epist. 2,1,233. 16 Laut Curtius Rufus (8,5,2) war Polyperchon gerade abwesend; Arrian (Anab. 4,12,2) nennt an seiner statt Leonnatos. 17 Hermolaos bezieht sich auf das Unglück der Makedonen insgesamt. 18 Nur der Tod konnte, wie es schien, die Befreiung von der Sklaverei bringen. 19 Die dem Sklavenstand angehörigen Pädagogen konnten ihre Zöglinge züchtigen. 20 Vgl. Curt. 7,1,5–9. 2

Buch 9

305

21

Von Westen nach Osten. Zum Begriff „Rotes Meer“ vgl. Bd. I, Anm. 22, S. 315 und Anm. 35, S. 326. 23 erythros ist griechisch für „rot“ (ejruqrov"). 24 meros ist griechisch für „Schenkel“ (mhrov"). 25 Vgl. Curt. 9,10,24–28. 26 Iustin (12,7,10) nennt Alexander d. Gr. als Vater. 27 Der Fels „Aornos“ (so die häufigere Namensform), der „vogel-lose“, ist der heutige Pir-Sar. 28 Arrian (Anab. 4,30,4) gibt den Namen als „Seisikottos“ wieder. 29 Vgl. Curt. 6,6,36. 30 Vgl. Curt. 8,9,28. 31 Curtius Rufus gibt die Lagebezeichnung vom Blickwinkel der Makedonen wieder (vgl. etwa 4,15,2 und 4,15,20). 32 Laut Diodor (17,88,7) hatte sich schon das Gerücht vom Tod des Poros verbreitet. 22

Buch 9 1 Nach Diodor (17,89,3) hatte der Sonnengott Helios (= Sol) Alexander den Osten der Welt zur Eroberung überlassen. 2 Gegründet wurden Nikaia und Bukephala (vgl. Curt. 9,3,23). 3 Vgl. Curt. 8,13,1 und Arr. Anab. 5,20,5. 4 Eumenes von Kardia (vgl. Arr. Anab. 5,24,6). 5 Die übliche Namensform ist Hyphasis (heute Beas). 6 So, wie die „Säulen des Herakles“ die Welt im Westen begrenzten, sollten diese Altäre die Ostgrenze markieren (vgl. dazu auch Bd. I, Anm. 58, S. 317). 7 Alexanders Pferd Bukephalas (vgl. Curt. 8,14,34) gab der Stadt Bukephala den Namen. 8 Fell und Keule waren Attribute des Herakles. 9 Arrian (Anab. 6,9,3) berichtet, dass Peukestes den Heiligen Schild aus dem Athene-Tempel in Troja bei der Erstürmung der Stadt trug. 10 Alexanders Vater Philipp II. war im Theater von Aigai ermordet worden. 11 Sudraker und Maller. 12 Der Tribut war dem von Alexander eingesetzten Satrapen von Arachosien zu zahlen.

306

Anmerkungen

13

Als „weißes Eisen“ wird wohl weißes Kupfer oder Zinn bezeichnet. Oxyartes war der Vater von Alexanders Gattin Rhoxane. 15 Die Flut hatte die Schiffe auf den Strand gehoben und damit festgesetzt. 16 Kedrosier nennt Curtius Rufus auch 9,10,18; ob hier ein anderes Volk gemeint ist, lässt sich abschließend nicht klären. 14

Buch 10 1

Curtius Rufus nennt 7,2,19ff. nur Kleandros. Zu erythros vgl. oben Anm. 23, S. 305 (zu Curt. 8,9,14). 3 Ein „Grab des Kyros“ wird nordöstlich von Persepolis gezeigt. 4 Vgl. Curt. 8,3,17. 5 Curtius Rufus hat freilich 9,3,20 vom Tod des Koinos berichtet. 6 Verloren sind Textteile, in denen wohl vom Weitermarsch Richtung Susa, von der dortigen Massenhochzeit und von der Flucht des Harpalos mit dem Reichsschatz die Rede war. 7 Die Tributpflicht hatte gegenüber Dareios I. und Amyntas, dem Vater Philipps II., bestanden. 8 Es spricht einer der zur Hinrichtung geführten Makedonen. 9 Verloren sind Textteile, in denen wohl von der Versöhnung und vom Sühnopfer zu Opis, vom Tod Hephaistions, von den Todesvorzeichen und der Krankheit Alexanders sowie vom Wunsch der Soldaten die Rede war, ihren König zu sehen. 10 Sisygambis, die Mutter des Dareios, hielt sich wohl noch in Susa auf (vgl. Curt. 5,2,17). 11 Hier ist Artaxerxes III. Ochos gemeint (vgl. dazu Bd. I, Anm. 73, S. 318). 12 Nach Curtius Rufus (3,11,8) hatte allein Oxathres überlebt. 13 Zur Bedeutung dieser Passage für die Datierung des Werkes s. die Einleitung in Bd. I, S. IX. 14 Curtius Rufus bezieht sich auf die Einbalsamierung. 2

Zur Textgestaltung Der lateinische Text folgt im Wortlaut der Ausgabe von J. E. Atkinson (Milano 1998–2000). Für Textabweichungen wird jeweils nur eine der folgenden Ausgaben angegeben: Vogel – Weinhold [= V.–W.] (Leipzig 41903–31906), Hedicke [= H.] (Lipsiae 21908), Bardon [= B.] (Paris 1947–1948) und Müller [= M.] (München 1954). Dabei können sich die aufgenommenen Abweichungen durchaus auch in mehreren der aufgeführten Textausgaben finden. Die restlichen Abweichungen (Lesarten der Codices oder Konjekturen) finden sich alle im textkritischen Apparat von Atkinson. Atkinson

Abweichungen

3,12,25

nequiquam perductum esse fauces, munimenta ... naturali situ imitante placide manantis exceperat Castabalum hic iam tot urbes ex peditibus XXX ad tabernaculum ... pervenit capio

3,13,11

eruebantur

nequaquam (M.) perductum ad se (H.) fauces munimenta ... naturali situ imitantes (H.) placide meantis (Paladini) esse coeperat (H.) Castabulum (M.) his (M.) tot urbes (V.–W.) ex peditibus CCC (H.) in tabernaculum ... pervenit (H.) capere (Shackleton-Bailey) cernebantur (H.)

verterant aggerebatur

verterunt (H.) aggerabatur (V.–W.)

Buch 3 3,1,18 3,3,4 3,4,2 3,4,8 3,5,1 3,7,5 3,9,5 3,10,7 3,11,27 3,12,7

Buch 4 4,2,13 4,3,9

308

Zur Textgestaltung

Atkinson

Abweichungen

4,3,25 4,4,3 4,5,3 4,8,2 4,9,16 4,10,28

propugnatores invisitatae quasi inde alius quantuscumque ... honos ab iis ... servatus est

4,11,9 4,13,28

quaedam †Huius agminis princeps Amyntas erat pro fortuna instantibus suis ne ... abeuntem hostem intermitteret sequi, eo die

oppugnatores (Fisher) inusitatae (B.) quas (M.) ‹de›inde (Castiglioni) alius ‹amnis› (H.) quantuscumque ... honos ab his ... haberi potest, ... servatus est (H.) quidem (H.) Huius agminis princeps Amyntas erat (H.) pro! fortuna (M.) instantibus suis, ... abeuntem hostem permitteret sequi, (V.–W.) hoc die (V.–W.)

ductu ‹alieno, auspicio› imperioque Alexandri terram secare reperiunt sed matronarum virorumque, apud quos milia his ... data missam cum iis perpellere coniecti [ad mare] praesentium carius [est]. miseretur: redit aperires? Aegre rex paruit Artabazo quasi solas

ductu imperioque Alexandri (M.) terras secare (V.–W.) reppererunt (V.–W.) sed matronarum virginumque, apud quas (M.) milia iis ... data (V.–W.) missam cum his (V.–W.) pellere (codd.) eiecti (B.) ad mare (H.) praesentia (H.) carius esset. (H.) misertus (V.–W.) rediit (V.–W.) aperires! (V.–W.) Aegre paruit Artabazo (H.) quas solas (M.)

4,16,10 4,16,18

4,16,20 Buch 5 5,1,1 5,1,14 5,1,29 5,1,38 5,1,43 5,2,18 5,3,9 5,3,21 5,4,7 5,5,16 5,5,20 5,5,24 5,6,19 5,9,9 5,9,13 5,10,15

Zur Textgestaltung

309

Atkinson

Abweichungen

5,11,10

‹nec serie› nexuque

‹equidem fato crediderim›

5,12,16 5,12,18

ac su‹mm›is cum iis

nexuque (M.) ac suis (B.) cum his (V.–W.)

Buch 6 belli ut ... liceret, ‹Te›geatae parere repente reum quidem, sed etiam quo periturus eram

bellicam (B.) ut ... liceret precati (M.) ‹se› tradere (Watt) repente ne reum quidem, sed iam (V.–W.) ‹quod› operturus eram (M.)

ipsis privatus, [sum] ponimus

ipsius (M.) privatus clam, (H.) novimus (B.)

quidem

quidam (M.)

10,1,14

palmetis frequentibus

10,2,8

res novare ‹vix› cupientibus non hortandi vires

palmis frementibus (codd.) res novare cupi‹entes coerc›entibus (M.) non noscendi (M.) vi res (Watt)

6,1,16 6,1,20 6,5,21 6,9,26 6,10,21 Buch 7 7,2,31 7,7,24 7,8,29 Buch 8 8,5,8 Buch 10

10,2,15 10,6,5

Register Zugrunde gelegt ist der Indice dei Nomi, den J. E. Atkinson in Zusammenarbeit mit T. Gargiulo (Q. Curzio Rufo: Storie di Alessandro Magno. Vol. II: libri VI–X, a cura di J. E. Atkinson. Traduzione di T. Gargiulo, Milano 2000, S. 587–604) erstellt hat. Die zahlreichen Stellen, an denen Alexander der Große genannt wird, werden aber im Folgenden nicht einzeln aufgeführt. Abdalonymus 4,1,19. 21. 23. 26 Abii Scythae 7,6,11 Abisares 8,12,13. 13,1. 14,1; 9,1,7; 10,1,20. 21 Abistamenes 3,4,1 Abulites 5,2,8. 9. 17 Acadira 8,10,19 Acarnan 3,6,1 Acarnanes 3,2,16 Acesines 8,9,7; 9,3,20. 4,1. 8 Achaei 4,13,29; 6,1,20. 3,2 Achaia 4,5,14 Achilles 4,6,29; 8,4,26 Aegyptii 4,1,28. 30. 7,1. 5. 8. 10,7; 10,10,13 Aegyptius 4,10,4 Aegyptus 3,7,11. 11,10; 4,1,27. 28. 30. 4,1. 6,13. 30. 7,2. 5. 8,3. 4. 5. 9,1. 14,1; 7,8,18; 10,10,1. 20 Aeolis 4,5,7; 6,3,3 Aeschylus 4,8,4 Aesculapius 3,7,3 Aethiopes 4,7,18. 19 Aethiopia 4,8,3 Aetoli 3,2,16

Africa 4,3,20. 4,19. 8,5. 9,1; 8,9,17; 10,1,17. 10,1 Africus 4,2,7. 8 Agathon 1 (Befehlshaber der Burg von Babylon) 5,1,43 Agathon 2 (Sohn des Tyrimmas, Anführer der odrysischen Reiterei) 10,1,1 Agenor 4,4,15. 19 Aggrammes 9,2,3 Agis 1 (Dichter) 8,5,8. 21 Agis 2 (König von Sparta) 4,1,39; 6,1,12 Agriani 3,9,10; 4,13,31; 5,3,3. 6; 8, 11,9. 14,24; 9,8,18. 19 Agrianus 4,15,21. 22 Alexander Magnus 3,1,1 et passim Alexander 2 (Ahnherr Alexanders des Großen) 6,11,26 Alexander 3 (Sohn Alexanders des Großen und Kleophis’) 8,10,36 Alexander 4 (makedonischer Soldat) 8,11,10. 14. 15 Alexander Lyncestes 7,1,5. 8. 19; 8, 7,4. 8,6; 10,1,40

Register

Alexandrea 1 (in Indien) 9,8,8 Alexandrea 2 (am Kaukasos) 7,3,23 Alexandrea 3 (in Ägypten) 4,8,2. 5; 10,10,20 Alexandrea 4 (am Tanaïs) 7,6,25 Alpes 10,1,18 Amanicae Pylae 3,8,13 Amazones 6,4,17. 5,24. 27 Amedines 7,3,4 Amissus 10,8,15 Amphoterus 3,1,19; 4,5,14. 17. 21. 8,15 Amyntas 1 (Sohn des Andromenes) 3,9,7; 4,6,30. 13,28; 5,1,40. 42. 4,20. 30; 6,4,2; 7,1,10. 15. 18. 2,1. 8. 10 Amyntas 2 (Sohn des Antiochos, Söldnerführer) 3,11,18; 4,1,27. 31. 33. 7,1 Amyntas 3 (Chiliarch) 5,2,5 Amyntas 4 (Mitverschworener des Dymnos) 6,7,15 Amyntas 5 (Sohn des Perdikkas III. [= Perdiccas 1] ) 6,9,17. 10,24 Amyntas 6 (Feldherr, vielleicht = Amyntas 3) 6,9,28. 29 Amyntas 7 (Sohn des Nikolaos, Satrap von Baktrien) 8,2,14. 16 Amyntas Lyncestes (Chiliarch) 5,2,5 Ancyra 3,1,22 Andromachus 4,5,9. 8,9. 11 Andromenes 5,1,40 Andronicus 7,3,2 Andrus 4,1,37 Anticles 8,6,9 Antigenes 1 (Chiliarch) 5,2,5 Antigenes 2 (Anführer der Argyraspiden) 8,14,15 Antigonus 4,1,35. 5,13; 10,10,2 Antipater 1 (Statthalter von Makedonien) 3,1,20; 4,1,39; 5,1,40; 6,

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1,17. 18. 19. 6,35; 7,1,7. 10,12; 10, 7,9. 10,14. 18 Antipater 2 (Sohn des Asklepiodoros [= Asclepiodorus 2]) 8,6,9 Antiphanes 7,1,15. 17. 32. 34. 35 Aornis 8,11,2 Aphobetus 6,7,15 Apollo 4,3,21. 22 Apollodorus 5,1,43 Apollonides 4,5,15. 16. 17 Apollonius 4,8,5 Arabes 4,2,24. 6,30. 7,18; 7,2,18 Arabia 4,3,1. 7; 5,1,11 Arabicus 7,2,17 Arabitae 9,10,5 Arabs 4,6,15 Arabus (Fluss) 9,10,6 Arachosii 4,5,5. 12,6; 7,2,26. 3,4. 5; 8,13,3; 9,7,14. 10,7 Aradus 4,1,5 Araxes 1 (Fluss in Armenien) 7,3,19 Araxes 2 (Fluss in Persepolis) 4,5,4; 5,4,7. 5,2. 3. 7,9 Arbela 4,9,9. 16,9; 5,1,2. 3. 10; 6,1, 21; 9,2,23 Arbelitae 4,12,10 Archelaus 1 (König von Makedonien) 6,11,26 Archelaus 2 (Sohn des Theodoros, Feldherr) 5,2,16 Archepolis 6,7,15 Aretes 4,15,13. 18 Argyraspides 4,13,27 Ariarathes 10,10,3 Arii 6,6,20; 7,3,2. 4,32 Arimaspi 7,3,1 Arimazes 7,11,1. 5. 23. 27. 28 Ariobarzanes 4,12,7; 5,3,17. 4,15. 20. 33

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Register

Aristander 4,2,14. 6,12. 13,15. 15,27; 5,4,2; 7,7,8. 22. 23. 29 Aristogiton 3,13,15 Aristomedes 3,9,3 Aristomenes 4,1,36 Ariston 4,9,24. 25 Aristonicus 4,5,19. 21. 8,11 Aristonus 9,5,15. 18; 10,6,16 Armenia 4,9,14. 12,12; 5,1,13. 44; 6,3,3; 7,3,20 Armenii 3,2,6; 4,12,10 Arrhidaeus (Philippus) 10,7,2. 3. 5. 6. 7. 10. 12. 13. 8,16. 9,18 Arsaces 8,3,17 Arsames 1 (Satrap von Kilikien) 3, 4,3 Arsames 2 (Satrap von Drangiana) 8,3,17 Artabazus 3,13,13; 5,9,1. 12. 13. 17. 10,10. 11. 12,7. 8. 18; 6,5,1. 4. 5. 6. 22; 7,3,2. 5,1. 11,5. 29; 8,1,10. 19 Artacana 6,6,33 Artaxerxes 6,6,13 Arvae 6,4,23 Asander 7,10,12 Asclepiodorus 1 (Sohn des Eunikos, Feldherr) 7,10,12 Asclepiodorus 2 (Mitverschworener des Hermolaos) 8,6,9 Asia 3,1,13. 16. 3,5. 7,11. 10,4; 4,1,13. 20. 38. 3,11. 4,1. 5,14. 10,34; 5,1,1. 39. 4,9. 5,9. 9,4. 10,3; 6,2,13. 14. 6,6. 11,29; 7,1,3. 3,19. 21. 7,2. 4. 14. 8, 13. 30. 9,17. 11,10; 8,1,26. 37. 4,29. 8,10. 12; 9,1,3. 2,15. 24. 6,20. 21; 10,1,37. 43. 2,8. 11. 12. 23. 25. 3,7. 13. 5,13. 18 Asiaticus 10,2,25. 3,5 Assacanus 8,10,22 Astaspes 9,10,21. 29

Atarrhias 5,2,5; 6,8,19. 8,20. 21; 7, 1,5; 8,1,36 Athenae 3,2,10; 10,2,2. 3 Athenagoras 4,5,15. 17 Athenienses 3,1,9. 10,7. 13,15; 4,8,12; 8,1,33; 10,2,2. 6 Atheniensis 3,2,10; 4,5,22; 5,5,17. 7,12; 6,5,9; 9,7,16 Athenodorus 9,7,3. 5 Atizyes 3,11,10 Attalus 1 (Anführer der Agrianer) 4,13,31 Attalus 2 (Onkel der mit Philipp II. vermählten Kleopatra) 6,9,17; 7, 1,3; 8,1,42. 52. 7,4. 5. 8,7 Attalus 3 (Doppelgänger Alexanders) 8,13,21 Attica 10,2,1 Attinas 8,1,3. 5 Augaeus 5,2,5 Babylon 4,9,6; 5,1,7. 17. 35. 6,9; 10, 1,16. 19. 6,1. 8,11 Babylonia 3,2,2. 3,3; 4,6,2. 9,2. 16,7; 5,1,43. 44. 45; 8,3,17 Babylonii 4,12,10; 5,1,15. 19. 22. 37; 10,5,15 Babylonius 5,1,16. 23. 13,3 Bactra 3,10,5; 4,5,4. 8. 11,13; 5,8,1. 9,5. 8. 16. 10,6. 9. 11,6. 13,2. 18; 6, 3,9. 6,22. 11,32; 7,4,31. 7,4. 8,21. 30. 9,20. 10,10; 9,7,1. 11; 10,10,4 Bactriani 3,2,9; 4,6,2. 3. 9,2. 13,5. 15, 18. 20. 22; 5,9,10. 16. 12,6. 13. 19; 7,3,7. 4,13. 20. 25. 5,1. 6,13. 7,2. 6. 11. 16. 8,19; 9,2,33. 8,10 Bactrianus 4,12,6; 5,8,4. 10,5. 12; 6, 6,18; 7,4,26. 30. 6,15. 7,31; 8,1,3. 2,13. 15; 9,2,24. 7,2. 4 Bactrus (Fluss) 7,4,30

Register

Bagistanes 5,13,3 Bagoas 1 (Eunuch, Helfer des Dareios III. [= Dareus 2]) 6,3,12. 4,10 Bagoas 2 (Günstling Alexanders) 6,5,23; 10,1,25. 36 Bagophanes 5,1,20. 44 Balacrus 1 (Feldherr in Kleinasien) 4,5,13. 13,28 Balacrus 2 (Befehlshaber von Leichtbewaffneten, vielleicht = Balacrus 1) 8,11,22 Barcanus 3,2,5 Barsine 10,6,11. 13 Barzaentes 6,6,36; 8,13,3. 4 Bazaira 8,1,10 Beira 8,10,22 Belus 3,3,16; 5,1,24 Bessus 4,6,2. 4. 12,6. 15,2; 5,8,4. 9,2. 8. 10. 11. 16. 10,1. 12. 11,2. 7. 8. 12,1. 5. 6. 14. 19. 13,6. 9. 11. 13. 15. 18; 6,3,9. 12. 15. 18. 4,8. 6,13. 19. 20. 21. 36; 7,3,2. 4,1. 3. 7. 14. 19. 20. 32. 40. 5,19. 20. 21. 22. 23. 24. 26. 36. 38. 40. 43. 6,14. 15. 10,10 Betis 4,6,7. 20. 25 Bion 4,13,36 Biton 9,7,4. 5. 6. 7. 8. 9 Boeotia 3,10,7; 4,4,19; 6,3,2 Bolon 6,11,1 Borysthenes 6,2,13 Bosphorus 6,2,13. 14; 7,6,12; 8,1,7 Boumelus 4,9,10 Boxus 9,7,4. 7. 8 Branchidae 7,5,28. 30. 31 Brochubelus 5,13,11 Bubacene 8,5,2 Bubaces 5,11,4. 12,10 Bucephala 9,3,23 Bucephalas 6,5,18 Byblos 4,1,15

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Cadusii 4,12,12. 14,3. 15,12 Calas 3,1,24; 4,5,13 Calis 6,11,36. 37 Callicrates 5,2,17 Callicratides 3,13,15 Callisthenes 8,5,13. 20. 6,1. 24. 25. 27. 29. 7,3. 8. 10. 8,19. 21 Cappadoces 4,1,34. 12,12 Cappadocia 3,1,24. 4,1; 6,3,3; 7,3,20; 10,10,3 Caranus 7,3,2. 4,32 Caria 6,3,3; 10,10,2 Carmania 9,10,20 Carthaginienses 4,2,10. 3,19. 23. 4,18 Carthago 4,2,10. 11. 3,20. 22. 4,19; 10,1,17 Carthasis 7,7,1 Caspii 4,12,9 Caspium mare 3,2,8; 6,4,16. 18; 7,3, 19. 21 Cassander 1 (vielleicht = Asander) 10,10,2 Cassander 2 (Sohn des Antipatros [= Antipater 1]) 10,10,17 Castabulum 3,7,5 Castor 8,5,8 Castra Alexandri 4,7,2 Castra Cyri 3,4,1 Catanes 7,5,21. 22. 41. 42. 6,14; 8,5,2 Cataones 4,12,11 Caucasus 4,5,5; 5,4,5; 6,5,25; 7,3,19. 20. 21. 4,22; 8,9,3 Caunii 3,7,4 Cebalinus 6,7,16. 17. 18. 19. 21. 22. 23. 24. 31. 32. 33. 8,11. 13. 9,7. 9. 10,5. 8. 17. 19. 20. 34 Cedrosia 9,10,18 Cedrosii 9,10,5 Celaenae 3,1,1 Cercetae 6,4,17

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Register

Chaeronea 8,1,23 Chaldaei 3,3,6; 5,1,22; 10,10,13 Chalybes 6,4,17 Chares 4,5,22 Charidemus 3,2,10 Charus 8,11,10. 14. 16 Chii 4,8,12 Chius 3,1,19; 4,1,37. 5,14. 19 Choaspes 1 (Fluss in Susiana) 5,2,9 Choaspes 2 (Fluss in Indien) 8,10,22 Choerilus 8,5,8 Chorasmii 7,4,6; 8,1,8 Chorienes 8,4,21 Cilicia 3,4,1. 2. 3. 4. 6. 7. 5,1. 10. 7,1. 8,12; 4,1,39. 5,8. 9. 9,3. 22. 13,6. 14,1. 10. 14; 5,1,43. 3,22. 7,12; 6,3,3. 16; 7,3,19. 20. 4,4. 11,8; 9,2,13. 23; 10,10,2 Cilicium mare 3,1,12 Cleander 3,1,1; 4,3,11; 7,2,19. 27. 30. 32; 10,1,1. 5 Cleo 8,5,8. 10. 18. 19. 21 Cleochares 8,13,2 Cleomenes 4,8,5 Cleophis 8,10,22 Clitarchus 9,5,21. 8,15 Clitus 4,13,26; 8,1,19. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 41. 45. 50. 51. 2,12. 14. 4,30. 7,4. 8,7. 22. 12,18 Coele Syria 4,1,4. 5,9 Coenos/Coenus 3,9,7; 4,13,28. 16,32; 5,4,20. 30; 6,8,17. 9,30. 11,10. 11; 8,1,1. 10,22. 12,1. 14,15. 17; 9,3,3. 5. 16. 20; 10,1,43 Cophes 7,11,5. 22. 23. 26 Corycium nemus 3,4,10 Cossaei 4,12,10 Cous 3,1,19 Craterus 3,9,8; 4,3,1. 11. 13,29; 5,4, 14. 15. 29. 34. 6,11; 6,4,2. 23. 6,25.

33. 8,2. 9. 17. 11,10. 11. 12. 14. 18; 7,6,16. 19. 7,9. 9,20. 22; 8,1,6. 5,2. 10,4. 5; 9,6,6. 8,3. 10,19; 10,1,9. 7,9. 10,15 Creta 4,1,38. 8,15; 10,2,3 Cretenses 3,7,15. 9,9; 4,1,40 Cretensis 3,7,12; 4,13,31 Critobulus 9,5,25. 27 Croesus 3,4,1 Cydnus 3,4,8. 5,1 Cymaeus 5,5,9 Cyprii 4,3,11. 8,14; 10,1,19 Cyprus 4,1,27. 3,11 Cyrenenses 4,7,9 Cyropolis 7,6,16. 19 Cyrus 3,4,1; 4,12,8. 14,24; 5,6,10; 6,3,12; 7,3,1. 3. 6,11. 20; 10,1,23. 30. 34 Daedala 8,10,19 Dahae 4,12,6; 6,3,9; 7,4,6. 7,32; 8,1,6. 8. 3,1. 16. 14,5; 9,2,24 Damascus 3,8,12. 12,27. 13,2. 4; 4,1, 4. 11,11 Dareus 1 (Dareios I., König von Persien) 3,10,8; 4,1,10; 5,6,1 Dareus 2 (Dareios III. Kodomannos) 3,1,8. 10. 19. 2,1. 17. 3,5. 6. 22. 28. 5,6. 10. 12. 16. 6,4. 7,1. 12. 8,1. 5. 13. 16. 24. 27. 9,10. 11,1. 7. 9. 11. 18. 19. 23. 24. 26. 12,1. 4. 5. 6. 11. 12. 13. 24. 26. 13,1. 6. 12. 13. 17; 4, 1,1. 7. 10. 16. 29. 34. 36. 5,1. 7. 13. 15. 6,1. 5. 15. 7,4. 8,14. 16. 9,1. 10,9. 15. 16. 18. 20. 24. 25. 26. 29. 11,2. 4. 8. 9. 16. 12,4. 5. 14. 18. 13,9. 11. 23. 35. 36. 14,8. 15,1. 2. 10. 18. 23. 28. 29. 30. 32. 16,3. 8. 15; 5,1,2. 3. 23. 2,8. 10. 14. 3,12. 15. 6,11. 7,12. 9,1. 2. 9. 12. 17. 10,1. 3. 6. 7. 10. 12.

Register

14. 11,4. 7. 11. 12,3. 7. 20. 13,1. 2. 4. 6. 7. 11. 15. 20. 23; 6,1,21. 2,7. 9. 11. 3,9. 12. 13. 17. 4,8. 9. 10. 23. 5,1. 7. 10. 22. 23. 6,4. 6. 8. 10. 11,29; 7,3, 4. 4,3. 5,20. 25. 37. 40. 43. 7,8. 10,10; 8,1,47. 4,25; 9,6,10; 10,1,34. 3,12. 5,19. 21. 22. 23. 25. 6,14 Dataphernes 7,5,21. 22; 8,3,16 Demetrius 6,7,15. 9,5. 11,35. 36. 37 Democrates 6,5,9 Demophon 9,4,28 Derdas 7,6,12; 8,1,7 Diardines 8,9,9 Didymeon 7,5,28 Dioxenus 6,7,15 Dioxippus 9,7,16. 18. 19. 20. 21. 22. 25 Drangae 6,6,36; 8,3,17 Dropides 3,13,15 Dymnus 6,7,2. 6. 8. 13. 24. 29. 30. 34. 8,26. 9,5. 8. 16. 10,6. 9. 19. 20. 21. 11,30 Ecbatana 4,5,8; 5,8,1. 13,1; 7,10,10 Ecbolima 8,12,1 Elaptonius 8,6,9 Elei 6,1,20 Elpinicos 7,9,19 Epimenes 8,6,9. 20. 24 Epirus 10,1,18 Eresii 4,8,11 Erices 8,12,1. 3 Erigyius 6,4,3. 23. 8,17; 7,3,2. 4,32. 34. 36. 38. 40. 7,9. 21. 22. 24; 8,2,40 Erythrus 8,9,14; 10,1,13. 14 Ethymantus 8,9,10 Euboicus 4,12,11 Euctemon 5,5,9. 16. 23 Eudaemon 10,1,21 Euergetae 7,3,1. 3 Eumenes 9,1,19; 10,10,3

315

Euphrates 3,1,10. 3,7. 7,1; 4,1,3. 5,4. 8,16. 9,6. 9. 12. 11,5. 13. 19. 14,10. 15; 5,1,12. 28. 29; 6,2,12; 9,2,13. 10,3; 10,1,16. 5,12. 18. 7,19 Euripides 8,1,28 Europa 3,10,4; 4,1,38; 5,5,14. 6,1. 7,8; 6,2,13. 14. 6,6; 7,6,12. 7,2. 12. 13. 8,13. 30; 8,4,29; 9,6,21; 10,1,43. 2,4. 25. 3,7. 13. 6,13. 7,9 Europaeus 7,7,2 Eurylochus 8,6,20. 23. 26 Eurysilaus 4,8,11 Furiae 6,10,14 Gades 4,4,19; 10,1,17 Gangaridae 9,2,3 Ganges 8,9,5. 8; 9,2,3. 4,8. 17. 20 Gaza 4,5,10. 6,7. 7,2 Gazaba 8,4,1 Getae 10,1,44 Gobares 5,6,10; 7,4,8. 10. 19 Gordium 3,1,12 Gordius 3,1,14 Gordyaei 5,1,14 Gordyaei montes 4,10,8 Gorgatas 7,1,38 Gorgias 7,1,38 Gortuae 4,12,11 Graeci 3,1,2. 9. 2,9. 3,6. 8,7. 10,8. 11, 18; 4,1,3. 10. 27. 39. 5,11. 18. 8,12. 10,6. 14,21; 5,1,1. 32. 5,9. 6,1. 7,3. 11. 8,3. 10,7. 11,1. 5. 12,3. 7; 6,1,19. 2,15. 3,15. 5,6. 7; 7,3,4. 8,29. 10,12; 8,1,29. 3,15. 5,7. 8,22. 10,12; 9,1,5. 7,8. 10. 19; 10,1,18. 2,4. 5 Graecia 3,10,8; 4,1,10. 11. 36. 38. 5, 11; 5,5,8. 10. 22. 7,4. 8. 8,16. 11,6; 6,2,5. 6,35; 7,4,32. 5,28; 8,1,30; 9, 1,2. 6,20; 10,1,45. 10,18

316

Register

Graecus 3,1,20. 8,1. 9,2. 13,6; 4,3,11. 10,16; 5,3,3. 4,4. 5,5. 9,15. 11,4. 7. 11. 12,18; 6,2,17. 5,1; 7,3,2. 8,23; 8,1,24. 5,9; 9,4,3. 7,1. 6; 10,2,3 Granicus 3,1,9. 10,7; 4,9,22. 14,1. 10; 8,1,20; 9,2,23 Halicarnasus 3,7,4; 5,2,5; 8,1,36 Halys 4,5,1. 11,5 Hammon 4,7,5. 22. 8,1; 6,9,18. 10,28. 11,5; 10,5,4 Hammonii 4,7,20 Harpalus 9,3,21; 10,2,2. 3 Haustanes 8,5,2 Hecataeus 7,1,38 Hecatompylos 6,2,15 Hector 4,8,7. 8; 6,9,27 Hegelochus 3,1,19; 4,5,14. 17. 21; 6, 11,22. 27 Hegesimachus 8,13,13 Hellanice 8,1,21 Hellanicus 5,2,5 Hellespontus 3,1,19. 20. 5,7. 12,18; 4, 1,10. 36. 5,1. 7. 11,5. 14,9; 6,3,3. 15; 9,2,24. 6,20; 10,10,2 Heneti 3,1,22 Hephaestion/Hephaestio 3,12,15. 26; 4,1,16. 17. 18. 5,10. 16,32; 6,2,9. 8,17. 11,10. 11; 7,7,9. 9,19; 8,1,1. 10. 2,13. 10,2. 12,4. 6. 15. 14,15; 9,1,35. 10,6; 10,5,20 Heracon 10,1,1 Hercules 3,10,5. 12,27; 4,2,2. 4. 17. 3,22. 8,16; 8,5,8. 11. 17. 10,1. 11,2. 14,11; 9,2,29. 4,2. 21; 10,1,17 Hermolaus 8,6,7. 25. 7,1. 3. 7. 8. 15. 8,5. 14 Hiberia 10,1,18 Hiberus 10,1,18 Hispaniae 10,1,18

Hister 4,11,13 Horitae 9,10,6. 19 Horratas 9,7,17 Hyarotis 9,1,13 Hydarnes 4,5,13 Hydaspes 4,5,4; 8,12,13. 13,3. 5; 9, 2,15. 4,1. 8 Hypasis 9,1,35 Hypsicles 7,7,36. 37 Hyrcani 3,2,6 Hyrcania 4,5,4; 5,13,11. 18; 6,3,9. 4,2. 3. 19. 25. 5,1. 11. 22. 24; 8,3,17 Hyrcanium mare 6,4,18; 7,3,21 Hyrcanus 3,9,5 Hystaspes 6,2,7 Ilioneus 3,13,13 Illyricum 6,6,35 Illyrii 3,10,6. 9; 4,13,31; 5,1,1; 6,3,2; 8,1,25; 9,6,20; 10,2,23 Imbrus 4,5,22 Immortales 3,3,13 Indi 3,2,9. 10,5; 4,5,5. 9,2. 11,13. 12, 9; 5,9,5; 6,2,18. 3,9; 7,4,6. 8,19; 8,8,15. 9,30. 11,20. 22. 12,3. 13,3. 4. 12. 14. 18. 14,5. 10. 14. 18. 35; 9,1,1. 3,8. 4,24. 5,9. 16. 19. 8,1. 15. 10,7. 8 India 5,2,10; 6,4,19. 6,36; 7,1,24. 4,20. 39. 11,8; 8,2,27. 5,1. 9,1. 2. 9. 13. 10,1. 12,17; 9,1,8. 2,3. 12. 3,8. 13. 22. 4,8. 16. 21. 7,1. 8,4. 11. 10,21; 10,1,7. 43. 10,4 Indicum mare 7,3,7 Indicus 8,5,2; 9,8,1 Indus 1 8,12,8. 14,39; 9,1,28. 5,9 Indus 2 (Fluss) 8,9,4. 6. 10,2. 11,7. 12,4; 9,4,8 Iolaus 6,7,15 Iolla 10,10,14. 17 Iones 4,5,7; 6,3,3

Register

Ionius 4,1,10 Iphicrates 3,13,15 Issos 3,7,6. 7. 8. 8,14; 4,1,34 Ister 7,7,4 Isthmia 4,5,11 Italia 8,1,37; 10,1,18 Iuppiter 3,1,14. 3,11. 12,27; 4,7,5. 8. 24. 25. 28. 30. 13,15; 5,5,8; 6,9,18. 10,26. 27. 11,5. 6. 7. 23; 8,1,42. 5,5. 7,13. 8,14. 10,1. 12. 29 Lacedaemonii 3,13,15; 4,1,39; 6,1,3. 6. 8. 16. 20. 5,6. 7. 10 Lacones 6,1,11. 12; 7,4,32 Laomedon 10,10,2 Leonidas 7,2,35 Leonnatus 3,12,7. 10. 12; 6,8,17; 8, 1,46. 6,22. 14,15; 9,5,15. 17. 10,2. 6. 7. 19; 10,7,8. 20. 8,4. 10,2 Lesbus 3,1,19 Leucosyri 6,4,17 Libanus 4,2,18. 24; 10,1,19 Liber Pater 3,10,5. 12,18; 7,9,15; 8,2, 6. 5,8. 11. 17. 10,1. 11. 12. 17; 9,2,29. 4,21. 8,5. 10,24 Locrenses 4,13,29 Lycaonia 4,5,13 Lycia 3,1,1; 5,4,10; 7,10,12; 10,10,2 Lycius 5,4,11. 7,12 Lycus 1 (Fluss in Phrygien) 3,1,5 Lycus 2 (Fluss in Armenien) 4,9,9. 16,8. 16 Lydi 4,14,24 Lydia 3,4,1; 4,1,34. 35. 5,7. 8. 11,5; 6, 3,3. 6,35; 7,8,19; 10,10,2 Lyncestae 4,13,28 Lyncestes s. Alexander, Amyntas Lyrnesus 3,4,10 Lysimachus 8,1,14. 15. 17. 46. 2,35. 36; 10,10,4

317

Macedo 3,11,2; 4,8,4; 5,1,40. 13,24; 6,6,2. 11,4; 7,1,40. 4,6; 8,1,24. 4,15. 8,19; 9,7,17. 19. 21. 22 Macedones 3,1,17. 2,13. 3,5. 26. 8,14. 16. 28. 9,7. 8. 10,2. 4. 5. 11,9. 10; 4, 1,36. 40. 2,1. 3. 8. 13. 14. 24. 3,4. 14. 21. 4,3. 5. 7. 9. 12. 15. 5,15. 17. 22. 6,14. 30. 7,31. 8,6. 12,18. 19. 23. 24. 13,13. 14. 14,4. 17. 15,4. 9. 14. 18. 28. 16,1. 21. 26. 33; 5,1,43. 45. 2,10. 16. 3,10. 4,12. 31. 33. 6,11. 7,9. 10. 8,14; 6,1,8. 16. 5,9. 7,30. 8,25. 9,34. 35. 10,22. 23. 11,10. 20. 37; 7,3,4. 23. 4,20. 32. 5,36. 6,1. 4. 6. 24. 7,1. 18. 9,16. 17. 10,9. 11,6. 25; 8,1,9. 18. 2,12. 17. 27. 3,10. 4,25. 27. 5,6. 7. 9. 13. 6,2. 6. 28. 7,4. 11. 12. 13. 8,13. 16. 17. 10,5. 9. 11,11. 12,8. 13,8. 12. 13. 14,7. 12; 9,1,16. 27. 2,10. 23. 30. 4,6. 16. 24. 5,19. 7,15. 23. 8,12. 24. 10,11; 10,1,4. 3,6. 12. 13. 14. 5,9. 11. 6,11. 13. 7,1. 8,5. 14. 9,1. 12. 19 Macedonia 3,1,24. 6,1. 7,8; 4,1,8. 10. 39. 6,30. 11,13; 5,1,42. 2,18. 8,16; 6, 2,15. 6,10. 9,17; 7,1,37. 2,36. 8,30; 8,8,3; 9,1,2. 3,20. 6,8. 19. 20; 10,5,12. 10,16. 18 Macedonicus 3,9,2. 11,1; 5,2,18; 7,2,19 Maedi 9,6,20 Maeotia palus 6,4,18 Magi 3,3,9. 10; 5,1,22 Malienses 4,13,29 Malli 9,4,15. 8,3 Mallus 3,7,5 Manapis 6,4,25 Maracanda 7,6,10. 24. 9,20; 8,1,7. 19. 2,13 Marathos 4,1,6 Mardi 4,12,7; 5,6,17; 6,5,11; 8,3,17 Mardonius 4,1,11

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Register

Mardus 3,13,2. 3 Mareotis palus 4,7,9. 8,1 Margania 7,10,15 Mars 4,1,8. 5,7. 15,29; 6,1,7; 7,7,11; 9,6,24. 9,4 Marsyas 3,1,2 Massagetae 4,12,7. 15,2; 6,3,9; 8,1,3. 6. 8 Mazaces 4,1,32. 7,4 Mazaeus 4,9,7. 12. 14. 23. 10,14. 11, 20. 12,1. 4. 5. 15. 18. 15,5. 16,1. 4. 7; 5,1,17. 20. 44. 8,12. 13,11; 8,3,17 Mazagae 8,10,22 Medates 5,3,4. 12. 15 Medi 3,2,4. 9,5; 4,12,11. 12. 14,24; 6, 3,3; 7,8,18 Media 4,5,4; 5,1,9. 14. 4,2. 7,12. 8,1. 13,1; 6,2,11. 8,18. 9,11. 22. 11,6; 7, 2,15; 8,3,17; 10,10,4 Medus 1 3,9,5; 7,4,8 Medus 2 (Fluss) 5,4,7 Megalopolitani 6,1,20 Megalopolitanus 10,8,15 Meleager 1 (Sohn des Neoptolemos) 3,9,7; 5,4,14; 7,6,19. 21; 8,12,17; 10, 6,20. 7,1. 7. 10. 14. 17. 19. 8,1. 2. 3. 5. 6. 7. 22. 23. 9,7. 8. 9. 10. 13. 17. 18. 20 Meleager 2 (Reiterführer) 4,13,27 Melon 5,13,7 Memaceni 7,6,17. 21 Memno 3,1,21. 2,1. 3,1. 4,3. 13,14 Memnon 1 (Offizier Alexanders) 9, 3,21 Memnon 2 (Sohn des Tithonos) 4,8,3 Memphis 4,1,30. 7,4. 5. 8,2; 10,10,20 Menander 10,10,2 Menedemus 7,6,24. 7,31. 34. 9,21 Menetes 5,1,43

Menidas 4,12,4. 15,12. 16,32; 7,10,11 Mennis 5,1,16 Menon 1 (Sohn des Kerdimmas) 4,8,11 Menon 2 (Satrap von Arachosien) 7,3,5; 9,10,20 Mentor 3,3,1. 13,14 Meros 8,10,12 Mesopotamia 3,2,3. 8,2; 4,9,1. 6; 5,1, 15; 9,2,13; 10,1,19. 10,10 Methymnaei 4,5,19. 8,11 Metron 6,7,22. 9,7. 9 Midas 3,1,11. 14 Milesii 4,1,37; 7,5,29. 30 Miletus 4,5,13; 7,5,28. 35; 8,2,8 Minerva 3,7,3. 12,27 Minerva Victoria 4,13,15; 8,2,32. 11, 24 Mithracenes 5,13,9 Mithrenes 3,12,6; 5,1,44. 8,12 Mithres 4,13,12 Moeris 9,8,28 Monimus 3,13,15 Mossyni 6,4,17 Mullinus 8,11,5 Musicani 9,8,8. 10. 16 Myndii 3,7,4 Mytilenaei 4,8,13 Mytilene 4,5,22 Nabarzanes 3,7,12. 9,1; 5,9,2. 3. 11. 10,1. 12. 13. 11,8. 12,14. 13,18; 6,3,9. 4,8. 5,22. 23 Nasamones 4,7,19 Nautaca 8,2,19 Nearchus 9,10,3; 10,1,10. 6,10. 12 Neptunus 4,2,20. 4,5 Nicaea 9,3,23 Nicanor 1 (Sohn des Parmenion) 3, 9,7; 4,13,27; 5,13,19; 6,6,18. 9,13. 27

Register

Nicanor 2 (Mitverschworener des Dymnos) 6,7,15 Nicanor 3 (Jungadeliger) 8,13,13 Nicarchides 5,6,11 Nicomachus 6,7,2. 16. 25. 8,1. 12. 9,7. 10,5. 7. 11,37. 38 Nicostratus 8,6,9 Nilus 4,7,3. 8,4; 8,9,9 Ninus 3,3,16 Nora 8,11,1 Numidia 10,1,17 Nysa 8,10,7 Occidens 7,8,12 Oceanus 3,12,18; 4,4,19. 5,5. 14,9; 7, 1,24; 8,5,1. 10,18; 9,2,26. 3,14. 22. 4,17. 21. 9,1. 3. 9. 10,3; 10,1,10. 5,36. 10,4 Ochus 1 (Beiname des Perserkönigs Artaxerxes III.) 3,13,12. 13; 6,2,7. 8. 4,25. 5,2; 10,5,23 Ochus 2 (Sohn des Dareios III. [= Dareus 2]) 4,11,6. 14,22 Ochus 3 (Fluss) 7,10,15 Odrysae 10,1,45 Olympias 5,2,22; 9,6,26; 10,5,30 Olynthius 8,8,19 Omphis 8,12,5. 14 Onchae 4,1,3 Onesicritus 9,10,3; 10,1,10 Onomastorides 3,13,15 Orestae 4,13,28 Oriens 3,2,12. 10,4. 6; 4,9,16; 5,1,29. 5,14. 7,8. 8,16; 6,2,18. 11,29; 7,8,12; 8,9,2. 5; 9,1,1. 10,12; 10,5,36 Orontobates 4,12,7 Orsilos 5,13,9 Orsines 4,12,8; 10,1,22. 29. 35. 37 Oxartes 8,2,25. 27. 30. 31

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Oxathres 3,11,8. 13,13; 6,2,9; 7,5,40. 41 Oxus 7,4,5. 21. 5,13. 21. 10,13. 15 Oxyartes 8,4,23; 9,8,10; 10,3,11 Oxydates 6,2,11; 8,3,17 Ozines 9,10,19 Paeones 4,9,24 Paeonia 4,12,22 Palaetyros 4,2,4 Pamphylia 3,1,1; 5,3,22; 6,3,3; 10,10,2 Paphlagones 4,1,34; 6,11,4 Paphlagonia 3,1,22; 4,5,13; 6,3,3; 10, 10,3 Paraetacene 5,13,2 Parapamisadae 7,3,6; 9,8,9 Parapamisus 7,4,31 Parmenio/Parmenion 3,4,15. 6,4. 9. 14. 7,6. 8. 9,7. 8. 10. 11,3. 13. 12,27. 13,2. 3. 4. 8; 4,1,4. 5,9. 8,7. 10,17. 11,11. 14. 12,21. 13,4. 7. 8. 11. 20. 22. 27. 35. 15,6. 7. 16,1. 2. 3. 4. 6. 19; 5,3,16. 6,11; 6,6,18. 7,18. 8,7. 11. 18. 9,4. 13. 27. 10,34. 11,20. 29. 39; 7, 1,27. 2,11. 13. 16. 20. 23. 24. 25. 26. 30. 33. 35. 3,4; 8,1,33. 38. 52. 7,4. 5. 8,5; 10,1,1. 6 Parsagada 5,6,10; 10,1,22 Parthi 4,12,11; 5,7,9. 8,1; 6,2,14 Parthiene 5,12,18; 6,2,12. 3,3. 4,2. 5,32 Parthyaei 4,12,11; 9,10,17 Pasas 10,8,15 Pasitigris 5,3,1 Patalia gens 9,8,28 Patron 5,9,15. 11,1. 3. 4. 7. 9. 12. 12, 4. 7 Pausanias 7,1,6 Pausippus 3,13,15 Peloponnenses 4,13,29

320

Register

Peloponnesii 3,9,8; 7,4,32 Peloponnesus 3,1,1; 5,1,41; 6,3,2 Pelusium 4,1,29. 30. 7,2. 3 Perdiccas 1 (König von Makedonien) 6,10,24. 11,26 Perdiccas/Perdicca 2 (Sohn des Orontes, Feldherr) 3,9,7; 4,3,1. 16,32; 6, 8,17; 7,6,19. 21; 8,1,45. 48. 10,2. 14, 5. 15; 9,1,19; 10,5,4. 6. 6,4. 5. 9. 16. 17. 18. 20. 21. 7,7. 8. 12. 16. 18. 19. 20. 21. 8,1. 2. 3. 4. 5. 6. 11. 12. 22. 23. 9,7. 8. 9. 10. 16. 18. 20. 10,1. 4 Perilaus 10,8,15 Persae 3,1,23. 2,4. 3,6. 8. 10. 13. 19. 4,14. 7,4. 9. 8,14. 10,1. 5. 10. 11,1. 4. 13. 15. 27. 12,13. 14. 13,5. 7. 15; 4,1,27. 28. 30. 35. 5,17. 18. 22. 6,3. 5. 30. 7,1. 3. 8,15. 9,25. 10,6. 10. 23. 12,7. 8. 23. 13,13. 16. 14,2. 20. 24. 15,10. 19. 20. 21. 23. 28. 31. 16,5. 24. 26; 5,2,19. 4,10. 5,5. 6,17. 7,3. 11. 9,4. 16. 17. 10,7. 8. 12,6. 7. 13. 19. 13,9; 6,2,1. 7. 3,12. 18. 4,14. 5,7. 6,5; 7,8,18; 8,4,17. 25. 5,6. 11. 22. 7, 5. 12. 8,10; 9,1,2. 2,13. 23. 7,15. 10, 19; 10,1,9. 23. 26. 31. 38. 2,23. 27. 3,14. 5,9. 17. 6,14 Persepolis 4,5,8; 5,4,33. 6,11. 19 Perses 3,7,11; 6,2,11; 10,3,11 Persicum mare 5,3,2 Persicus 3,1,9. 3,4. 6. 12,6; 4,1,26. 37. 9,16; 5,3,2. 4,4; 6,6,2. 4. 7; 8,12,16; 9,3,10; 10,1,22 Persis 3,11,19; 4,10,6. 14,24; 5,1,37. 2,16. 3,3. 16. 17. 4,4. 5. 11. 6,1. 3. 12. 17. 7,12; 6,3,3; 7,8,19; 9,6,10. 10,23 Peucestes 1 (Befehlshaber der makedonischen Besatzung in Ägypten) 4,8,4

Peucestes 2 (Sohn des Alexander, aus Mieza) 9,5,14. 17. 18 Peucolaus 1 (Verschwörer) 6,7,15. 9,5 Peucolaus 2 (Feldherr) 7,10,10 Pharnabazus 3,3,1. 8,1. 13,14; 4,1,37. 5,15. 17. 19. 20 Pharos 4,8,1 Phasis 6,5,25 Phegeus 9,1,36. 2,2 Philippus 1 (Arzt Alexanders) 3,6,1. 4. 9. 12. 13. 14. 17; 4,6,17; 6,10,34 Philippus 2 (König von Makedonien, Vater Alexanders) 3,7,11. 10,7; 4, 1,12. 7,27. 10,3. 15,8; 5,9,1; 6,4,25. 5,2. 6,9. 11,23; 7,1,3. 6; 8,1,20. 23. 25. 27. 30. 33. 36. 52. 7,13; 9,6,25. 8,22; 10,2,23. 5,30. 7,2. 10 Philippus 3 (Sohn des Balakros [= Balacrus 1]) 4,13,28 Philippus 4 (Sohn des Menelaos) 4,13,29; 6,6,35 Philippus 5 (Bruder des Lysimachos) 8,2,35 Philippus 6 (Sohn des Machatas, Statthalter im Gebiet zwischen Indos und Hydaspes) 10,1,20. 21 Philippus Arrhidaeus s. Arrhidaeus Philotas 1 (Befehlshaber über die Gegend um Tyros) 4,5,9 Philotas 2 (Sohn des Parmenion) 4,13,26; 5,2,15. 4,20. 30; 6,6,19. 7, 18. 19. 27. 28. 30. 31. 32. 33. 8,1. 2. 5. 12. 16. 20. 24. 9,5. 7. 10. 12. 13. 16. 20. 25. 28. 30. 32. 35. 36. 10,1. 22. 36. 11,2. 8. 11. 13. 20. 21. 34. 36. 37. 39; 7,1,1. 5. 10. 11. 13. 15. 16. 25. 26. 28. 30. 32. 2,4. 16. 34; 8,6,21. 7,4. 8,5

Register

Philotas 3 (Augaeus, Chiliarch) 5,2,5 Philotas 4 (Mitverschworener des Hermolaos) 8,6,9 Philotas 5 (Satrap von Kilikien) 10,10,2 Phoenice 4,1,15. 2,1. 2. 6. 5,10; 6,3,3; 10,10,2 Phradates 4,12,9; 6,4,24. 25. 5,21; 8, 3,17; 10,1,39 Phrataphernes 1 (Satrap von Hyrkanien und Parthyene) 6,4,23; 8,3,17; 9,10,17 Phrataphernes 2 (richtig: Pharasmanes, Fürst der Chorasmier) 8,1,8 Phryges 3,1,17; 4,12,11; 6,11,4 Phrygia 3,1,11; 6,3,3; 10,10,2 Pinarus 3,8,16. 28. 12,27 Pisidae 6,3,3 Pithon 9,8,16; 10,7,4. 8. 10,4 Platon 5,7,12 Pnytagoras 4,3,11 Poeni 4,2,11. 3,19. 22 Polemon 1 (Sohn des Theramenes) 4,8,4 Polemon 2 (Sohn des Andromenes) 7,1,10. 2,1 Pollux 8,5,8 Polydamas 4,15,6. 7; 7,2,11. 13. 17. 19. 2,20. 21. 23. 24. 29 Polypercon 4,13,7. 28; 5,4,20. 30; 8,5, 2. 22. 6,1 Polystratus 5,13,24 Polytimetus 7,10,2 Ponticum mare 3,1,12; 7,3,4. 21. 4,27 Ponticus 10,10,4 Porticanus 9,8,11. 12 Porus 8,12,13. 13,2. 5. 16. 19. 27. 14,1. 8. 13. 18. 22. 31. 35. 38. 39. 40; 9,1,7. 2,5. 8. 20. 3,22; 10,1,20

321

Praesti 9,8,11 Prasii 9,2,3 Prometheus 7,3,22 Ptolomaeus 1 (Sohn des Seleukos) 3,9,7 Ptolomaeus 2 (Feldherr) 7,10,11 Ptolomaeus 3 (Sohn des Lagos) 8, 1,45. 48. 6,22. 10,21. 13,18. 19. 23. 27. 14,15; 9,5,21. 6,15. 8,22. 25. 10, 6. 7; 10,6,13. 16. 7,16. 10,1. 20 Punicus 4,2,11 Pylae (Ciliciae) 3,4,2. 11 Pylae Amanicae s. Amanicae Pylae Pylae Susides s. Susides Pylae Pyramus 3,4,8. 7,5 Rheomithres 3,11,10 Rhidagnus 6,4,6 Rhodii 4,5,9. 8,12 Rhodius 4,8,4 Rhosaces 8,1,20 Romani 8,6,6 Romanus 4,4,21; 10,9,3 Roxane 8,4,23. 25; 10,6,9. 13. 21. 7,8 Rubrum mare 3,2,9; 4,7,18. 12,9; 5, 1,15. 4,5; 6,2,12; 7,3,21; 8,9,6; 9,6, 20; 10,1,13. 10,4 Sabaces 3,11,10; 4,1,28 Sabarcae 9,8,4 Sacae 5,9,5; 6,3,9; 7,4,6. 9,17. 19; 8, 4,20 Samaritae 4,8,9 Samaxus 8,13,4 Sambus 9,8,13. 17 Samiramis 5,1,24; 7,6,20; 9,6,23 Samothraces 8,1,26 Sangarius 3,1,12 Sardes 3,12,6; 5,1,44

322

Register

Sarmatae 7,7,3 Satibarzanes 6,6,13. 20. 21. 22. 25. 34; 7,3,2. 4,33. 37 Satropates 4,9,7. 25 Saturnus 4,3,23 Scythae 4,6,3. 9,2. 13,5. 14,3. 15,12. 13. 18; 6,2,13. 14. 6,13; 7,4,6. 32. 6,11. 12. 7,1. 2. 3. 6. 11. 12. 15. 16. 8,8. 10. 17. 22. 23. 29. 9,5. 17. 18; 8, 1,7. 9. 14,5; 9,2,24. 33. 7,11 Scythia 4,12,11; 7,3,19; 8,2,14 Scythicus 10,1,31 Seuthes 10,1,45 Sibi 9,4,1 Sibyrtius 9,10,20 Sicilia 8,5,8 Sidon 4,1,15. 4,15 Sidonii 4,1,16. 4,15 Simmias 7,1,10 Simui 4,7,19 Sinopenses 6,5,6 Siphnus 4,1,37 Sisenes 3,7,11. 12. 13. 14 Sisigambis 3,3,22. 12,17. 24; 4,15,10. 11; 5,2,18. 2,20. 3,12. 13; 10,5,21 Sisimithres 8,2,19. 27. 28. 32. 4,19. 20 Sisocostus 8,11,25 Sitalces 10,1,1 Sittacene 5,2,1 Socrates 4,5,9 Sogdiani 3,2,9; 4,5,5. 12,7; 6,3,9; 7,4, 5. 21. 5,1. 19. 6,13. 8,21. 10,4. 10; 8, 1,7; 9,2,24; 10,10,4 Sogdianus 7,10,1. 11,1; 8,1,35 Sol 3,3,11; 4,7,22. 13,12; 9,1,1 Soli 3,7,2 Sophites 9,1,24. 27. 35 Sopolis 8,7,2 Sostratus 8,6,7. 8 Sparta 6,1,16. 3,2

Spartani 4,1,40. 8,15; 7,4,39 Spartanus 10,10,14 Spitaces 8,14,2 Spitamenes 7,5,19. 22. 36. 37. 38. 6, 14. 24. 7,31. 33. 38. 9,20; 8,3,1. 8. 12. 16 Stamenes 8,3,17 Stasanor 8,3,17 Statira 4,5,1 Strato 1 (König von Arados) 4,1,6 Strato 2 (König von Sidon) 4,1,16. 26 Styx 10,10,17 Sudracae 9,4,15. 24. 26 Sunium 10,2,1 Susa 5,1,7. 2,8. 16. 3,3. 6,9 Susiani 4,12,6; 5,3,3. 16 Susianus 5,2,17 Susides Pylae 5,3,17 Syracusae 4,3,22 Syracusani 4,3,20 Syri 4,1,5. 12,12 Syria 3,8,12. 13. 12,27; 4,1,4. 2,1. 2. 6. 5,9. 8,9. 14,1. 10; 5,1,35. 13,11; 6, 3,3; 7,8,18. 19. 10,12; 8,1,15; 10, 1,17. 19. 10,2 Syrticus 4,7,19 Tabae 5,13,2 Tanais 4,5,5; 6,2,13. 14. 6,13; 7,4,6. 15. 32. 5,36. 6,12. 13. 25. 7,1. 2. 4. 12. 8,22. 30 Tapuri 6,4,24. 25; 8,3,17 Tapurus 3,2,6 Tarsos 3,4,14 Tauron 5,3,6. 10; 8,14,15 Taurus 7,3,20 Taxiles 8,12,14. 13,5. 14,35. 36. 41; 9, 3,22; 10,1,20 Tenedus 4,5,14 Terioltes 9,8,9

Register

Thais 5,7,3 Thalestris 6,5,25. 29 Thapsacus 10,1,19 Theaetetus 5,5,17 Thebae 4,4,19; 8,1,33 Thebe 3,4,10 Themiscyra 6,5,24 Theodotus 5,2,5 Thermodon 6,5,24 Thersippus 4,1,14 Thessali 3,9,8. 11,14. 15 Thessalus 3,2,16. 9,3. 11,3. 13; 4,13,29. 16,5; 6,6,35; 10,8,15 Thraces 3,4,13. 9,9. 10,9; 4,13,31; 5, 1,41. 3,3; 8,14,24; 10,1,21 Thracia/Thraecia 3,9,10. 10,6; 5,1,1; 6,2,13. 3,2; 7,7,3. 8,30; 9,3,21. 6,20; 10,1,44. 45. 10,4 Thymodes 3,3,1. 8,1. 9,2 Tigris 4,5,4. 9,6. 7. 8. 14. 16. 10,8. 14, 10. 15. 16,7; 5,1,12. 3,1; 6,2,12; 9, 2,13 Timaeus 9,5,15. 16 Timagenes 9,5,21 Tiridates 5,5,2. 6,11; 8,6,26 Tithonus 4,8,3

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Trapezus 10,10,3 Triballi 6,3,2; 9,6,20 Tripolis 4,1,27 Trogodytae 4,7,18 Typho 3,4,10 Tyrii 4,2,2. 10. 13. 15. 20. 21. 24. 3,2. 5. 9. 12. 13. 16. 20. 4,5. 6. 9. 12. 15 Tyriotes 4,10,25. 28. 30. 32 Tyrius 4,4,7. 8. 8,16 Tyros 4,2,1. 2. 18. 3,22. 4,2. 19. 5,9. 8,14 Uxii 5,3,1. 3. 16 Veneti 3,1,22 Vergiliae 5,6,12 Xenippa 8,2,14 Xenophilus 5,2,16 Xerxes 3,2,2. 10,8; 4,1,11; 5,6,1. 7,11; 7,5,28. 35; 10,6,14 Zariaspes 9,10,19 Ziobetis 6,4,4 Zoilus 6,6,35 Zopyrio 10,1,44

Bibliographie (zusammengestellt von Holger Koch) In folgender Bibliographie sind nur die Titel, die in der vorliegenden Ausgabe verwendet sind, sowie die neueste Forschungsliteratur aufgeführt. Zur Forschungsliteratur bis 1999 siehe H. Koch, Hundert Jahre Curtius-Forschung (1899–1999). Eine Arbeitsbibliographie, St. Katharinen 2000 (mit ausführlichem Stellenregister).

Editionen, Übersetzungen, Kommentare in Auswahl J. Freinsheim, Alexander Magnus Duobus Tomis Repraesentatiis (sic): Quorum Hic Historiam Q. Curtii Rufi Cum Supplementis Et Indice ... Complectitur ..., Argentorati 1640. – Q. Curtii Rufi de Gestis Alexandri Magni Regis Macedonum libri qui supersunt octo. 2 Theile. Mit kritischen und exegetischen Anmerkungen, besonders zum Schulgebrauch, hrsg. von J. Mützell, Berlin 1841 (ND Hildesheim / New York 1976). – Q. Curti Rufi Historiarum Alexandri Magni Macedonis libri qui supersunt: zwei Bände in einem Band, für den Schulgebrauch erkl. von T. Vogel, besorgt von A. Weinhold, Leipzig 41903–31906 (ND Hildesheim / Zürich / New York 2002). – Q. Curti Rufi Historiarum Alexandri Magni Macedonis libri qui supersunt, rec. E. Hedicke, Lipsiae 21908. – Quintus Curtius: History of Alexander, Vol. 1–2, ed. by J. C. Rolfe, Cambridge (Massachusetts) / London 1946 (mehrfach nachgedruckt). – Quinte-Curce: Histoires. Tome I–II. Texte établi et traduit par H. Bardon, Paris 1947–1948 (mehrfach nachgedruckt; Tome I zitiert als Bardon 1947a). – Q. Curtius Rufus: Geschichte Alexanders des Großen. Lat. und dt. von K. Müller und H. Schönfeld, München 1954. – Q. Curzio Rufo: Storie di Alessandro Magno. Vol. I: libri III–V, a cura di J. E. Atkinson. Traduzione di V. Antelami, Milano 1998 (zitiert als Atkinson 1998a); Q. Curzio Rufo: Storie di Alessandro Magno. Vol. II: libri VI–X, a cura di J. E. Atkinson. Traduzione di T. Gargiulo, Milano 2000 (zitiert als Atkinson 2000a): Der lateinische Text dieser zweisprachigen Edition mit umfangreicher Bibliographie ist der vorliegenden Ausgabe zugrunde gelegt. .

Bibliographie

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Über die Reihe Edition Antike Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose Die neue Reihe zweisprachiger Textausgaben bei der WBG bietet wichtige Texte der antiken Literatur mit modernen Übersetzungen und in einer zeitgemäßen Ausstattung. Es sind Leseausgaben – auf einen umfangreichen kritischen Apparat wurde bewusst verzichtet. Die Einleitung stellt jeweils Autor und Werk in ihrer Zeit vor und gibt auch einen kurzen Überblick über das Nachwirken des Textes. Thomas Baier ist Professor für Klassische Philologie (Latinistik) an der Universität Bamberg Kai Brodersen ist Professor für Alte Geschichte an der Universität Mannheim Martin Hose ist Professor für Klassische Philologie (Gräzistik) an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Über den Inhalt Das Wirken Alexanders des Großen behandelt der kaiserzeitliche Autor Curtius Rufus in Gestalt einer farbenprächtigen romanhaften Monographie. Trotz fiktiver Elemente und einer Tendenz zur dramatischen Zuspitzung der Geschehnisse bildet der Text auch eine zentrale historische Quelle. Während vieler Jahrhunderte war er das meistgelesene Alexander-Buch, das zahlreiche Dramen, Opern und Werke der bildenden Kunst zumal während der Frühen Neuzeit inspiriert hat.