Fasti / Festkalender. Band II: Lateinisch und Deutsch 9783534181612, 9783534744053, 3534744055

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Fasti / Festkalender. Band II: Lateinisch und Deutsch
 9783534181612, 9783534744053, 3534744055

Table of contents :
Front Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Publii Ovidii Nasonis Fasti – Ovid, Festkalender
Liber quartus
Viertes Buch
Anmerkungen zum vierten Buch
Liber quintus
Fünftes Buch
Anmerkungen zum fünften Buch
Liber sextus
Sechstes Buch
Anmerkungen zum sechsten Buch
Bibliographie
Primärliteratur
Sekundärliteratur
Tabula deorum
Indices
Index feriarum
Index stellarum siderumque
Index nominum geographicorum
Index nominum
Über den Inhalt
Über die Reihe
Back Cover

Citation preview

EDITION ANTIKE Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose

OVID

FASTI FESTKALENDER Band II Lateinisch und deutsch

Übersetzt, eingeleitet und kommentiert von Andrea Themann-Steinke

Verantwortlicher Bandherausgeber: Thomas Baier Die EDITION ANTIKE wird gefördert durch den Wilhelm-Weischedel-Fonds der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Wissenschaftliche Redaktion und Schriftleitung: Federica Casolari-Sonders (Ludwig-Maximilians-Universität München)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2018 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: COMPUTUS Druck Satz & Verlag, 55595 Gutenberg Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-18161-2 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-74405-3

Inhalt Publii Ovidii Nasonis Fasti – Ovid, Festkalender  . . . . . . . . . . . . . .  7 Liber quartus / Viertes Buch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  8/9 Anmerkungen zum vierten Buch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  78 Liber quintus / Fünftes Buch  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  98/99 Anmerkungen zum fünften Buch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  152 Liber sextus / Sechstes Buch  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  166/167 Anmerkungen zum sechsten Buch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  226 Bibliographie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  249 Primärliteratur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  249 Sekundärliteratur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  250 Tabula deorum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  253 Indices  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Index feriarum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Index stellarum siderumque  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Index nominum geographicorum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Index nominum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Fasti Festkalender

LIBER QVARTVS

“Alma, fave”, dixi, “geminorum mater Amorum!”;   ad vatem voltus rettulit illa suos. “Quid tibi”, ait, “mecum? Certe maiora canebas.   Num vetus in molli pectore volnus habes?” “Scis, dea”, respondi, “de volnere.” Risit et aether   protinus ex illa parte serenus erat. “Saucius an sanus numquid tua signa reliqui?   Tu mihi propositum, tu mihi semper opus. Quae decuit, primis sine crimine lusimus annis;   nunc teritur nostris area maior equis. Tempora cum causis annalibus eruta priscis   lapsaque sub terras ortaque signa cano. Venimus ad quartum, quo tu celeberrima mense:   et vatem et mensem scis, Venus, esse tuos.” Mota Cytheriaca leviter mea tempora myrto   contigit et “coeptum perfice”, dixit, “opus!” Sensimus et causae subito patuere dierum:   dum licet et spirant flamina, navis eat! Siqua tamen pars te de fastis tangere debet,   Caesar, in Aprili, quod tuearis, habes: hic ad te magna descendit origine mensis   et fit adoptiva nobilitate tuus. Hoc pater, Iliades, cum longum scriberet annum,   vidit et auctores rettulit ipse tuos:

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VIERTES BUCH April „Gütige Mutter der Zwillingsamoren1, sei gnädig!“, sprach ich; zum Dichter wandte ihr Antlitz sie. „Was hast du mit mir zu schaffen?“, sprach sie. „Gewiss besangst du wichtigere Dinge. Hast du etwa die alte Wunde im weichen Herzen?“ 5 „Du, Göttin, weißt um die Wunde“, antwortete ich. Sie lachte und der Aether war unverzüglich von jener Seite her heiter. „Verwundet oder unversehrt, habe ich etwa deine Feldzeichen verlassen? Du bist für mich immer Ziel, du für mich immer Aufgabe. Ohne Schuld habe ich in den frühen Jahren spielerisch betrieben, die du dich ziemtest; 10 jetzt wird eine bedeutendere Bahn von meinen Pferden immerfort genommen. Die Zeiten mit den Erklärungen, die ich aus den altehrwürdigen Annalen ausgegraben habe, und die Sternbilder, die unter die Erde gleiten und wieder aufgehen, besinge ich.2 Wir sind zum vierten Monat gelangt, in dem dir am meisten gehuldigt wird: Dass beide, der Dichter und der Monat, dir gehören, weißt du , Venus.“ 15 Bewegt berührte sie sanft meine Schläfen mit Myrte von Cythera3 und sprach: „Bringe das begonnene Werk zur Vollendung!“ Ich habe es gespürt und plötzlich lagen die Erklärungen der Tage offen : solange es vergönnt ist und die Winde wehen, soll mein Schiff segeln! Wenn irgendein Teil von den Fasten allerdings Eindruck auf dich machen soll, 20 Caesar4, hast du im April etwas, was du betrachten kannst: Dieser Monat kommt aufgrund der bedeutenden Herkunft auf dich und wird der Deine durch die Adoption in den Adel. Darauf achtete der Stammvater, der Sohn der Ilia5, als er das lange Jahr einteilte, und führte selbst deine Vorfahren an:

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utque fero Marti primam dedit ordine sortem,   quod sibi nascendi proxima causa fuit, sic Venerem gradibus multis in gente repertam   alterius voluit mensis habere locum; principiumque sui generis revolutaque quaerens   saecula cognatos venit adusque deos. Dardanon Electra nesciret Atlantide natum   scilicet, Electran concubuisse Iovi? Huius Ericthonius, Tros est generatus ab illo,   Assaracon creat hic Assaracusque Capyn; proximus Anchises, cum quo commune parentis   non dedignata est nomen habere Venus: hinc satus Aeneas; pietas spectata per ignes   sacra patremque umeris, altera sacra, tulit. Venimus ad felix aliquando nomen Iuli,   unde domus Teucros Iulia tangit avos. Postumus hinc, qui, quod silvis fuit ortus in altis,   Silvius in Latia gente vocatus erat. Isque, Latine, tibi pater est; subit Alba Latinum;   proximus est titulis Epytus, Alba, tuis. Ille dedit Capyi repetita vocabula Troiae   et tuus est idem, Calpete, factus avus. Cumque patris regnum post hunc Tiberinus haberet,   dicitur in Tuscae gurgite mersus aquae. Iam tamen Agrippam natum Remulumque nepotem   viderat; in Remulum fulmina missa ferunt. Venit Aventinus post hos, locus unde vocatur,   mons quoque; post illum tradita regna Procae; quem sequitur duri Numitor germanus Amuli;   Ilia cum Lauso de Numitore sati. Ense cadit patrui Lausus; placet Ilia Marti   teque parit, gemino iuncte Quirine Remo.

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25 Und wie er dem grimmen Mars den ersten Rang in der Folge zuwies, weil er ihm der nächstverwandte Urheber seiner Geburt war, so wollte er , dass Venus die Stelle des zweiten Monats innehatte, weil er herausgefunden hatte, dass sie viele Generationen zuvor in der Familie gewesen war; seines Stammes Ursprung und vergangene Jahrhunderte 30 durchforstend gelangte er bis zu den blutsverwandten Göttern. Hätte er freilich nicht wissen können, dass Dardanus6 von Electra7, der Atlantide, geboren worden war, und Electra mit Iuppiter geschlafen hatte? Dessen Sohn war Ericthonius8, Tros entspross von jenem, Assaracus zeugt dieser und Assaracus Capys; 35 der Nächste war Anchises; Venus verschmähte es nicht, die gemeinsame Bezeichnung „Eltern“ zu haben: Dann wurde Aeneas gezeugt; seine weithin sichtbare Frömmigkeit trug, was heilig war, und den Vater, das andere Heilige, auf den Schultern durch die Feuer.9 Endlich sind wir zum glückverheißenden Namen des Iulus10 40 gekommen; daher berührt das iulische Haus die teucrischen11 Vorfahren. Postumus12 dann , der, weil er in tiefen Wäldern geboren wurde, im latinischen Stamm Silvius genannt wurde. Und der ist dein Vater, Latinus13; Alba folgt dem Latinus; der Nächste nach deiner Ehrenstellung, Alba, ist Epytus14. 45 Er gab dem Capys15 einen Namen, der an Troja erinnerte, und derselbe wurde dein Großvater, Calpetus16. Und als Tiberinus17 des Vaters Herrschaft nach ihm innehatte, soll er im Strudel des tuscischen18 Gewässers ertrunken sein. Gleichwohl hatte er noch seinen Sohn Agrippa und seinen 50 Enkel Remulus gesehen; in Remulus seien Blitze hineingefahren, sagt man.19 Nach ihnen kam Aventinus20; daher wird der Ort, auch der Berg bezeichnet; nach ihm wurde die Herrschaft dem Proca21 übertragen; ihm folgt Numitor22, der leibliche Bruder des hartherzigen Amulius; Ilia23 und mit ihr Lausus waren Kinder von Numitor. 55 Durch des Onkels Schwert fällt Lausus; Ilia gefällt dem Mars und gebiert dich, Quirinus24, der du mit deinem Zwillingsbruder Remus verbunden warst.

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Ille suos semper Venerem Martemque parentes   dixit et emeruit vocis habere fidem. Neve secuturi possent nescire nepotes,   tempora dis generis continuata dedit. Sed Veneris mensem Graio sermone notatum   auguror: a spumis est dea dicta maris. Nec tibi sit mirum Graeco rem nomine dici;   Itala nam tellus Graecia maior erat. Venerat Euander plena cum classe suorum,   venerat Alcides, Graius uterque genus, (hospes Aventinis armentum pavit in herbis   claviger, et tanto est Albula pota deo), dux quoque Neritius; testes Laestrygones exstant   et quod adhuc Circes nomina litus habet; et iam Telegoni, iam moenia Tiburis udi   stabant, Argolicae quod posuere manus. Venerat Atridae fatis agitatus Halaesus,   a quo se dictam terra Falisca putat. Adice Troianae suasorem Antenora pacis   et generum Oeniden, Apule Daune, tuum. Serus ab Iliacis et post Antenora flammis   attulit Aeneas in loca nostra deos. Huius erat Solimus Phrygia comes unus ab Ida,   a quo Sulmonis moenia nomen habent, Sulmonis gelidi, patriae, Germanice, nostrae.   Me miserum, Scythico quam procul illa solo est! Ergo ego tam longe – sed supprime, Musa, querellas!   Non tibi sunt maesta sacra canenda lyra. Quo non livor abit? Sunt qui tibi mensis honorem   eripuisse velint invideantque, Venus.

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Er nannte Venus und Mars stets seine Eltern und er verdiente es, Glauben für die Aussage zu finden. Und damit die zukünftigen Enkel ganz genau Bescheid 60 wissen könnten, gab er den Göttern seines Stammes aufeinanderfolgende Zeitspannen.

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Aber ich vermute, dass der Monat der Venus mit der griechischen Sprache bezeichnet wurde: vom Meeresschaum her ist die Göttin benannt.25 Und es soll für dich nicht verwunderlich sein, dass der Sachverhalt mit einer griechischen Bezeichnung benannt wird; das italische Land war nämlich ein größeres Griechenland26. Gekommen war Euander27 mit einer Flotte voll mit seinen Leuten, gekommen war der Alcide28, beide Griechen von der Herkunft her, (der keulentragende Gastfreund ließ das Vieh auf dem aventinischen Gras weiden und der so große Gott trank die Albula29 aus) auch der Heerführer vom Neriton30; als Zeugen stehen die Laestrygonen31 da und die Küste, die immer noch die Bezeichnung der Circe32 hat; und schon standen des Telegonos33, schon des feuchten Tibur34 Mauern, welches argolische Hände errichteten. Gekommen war Halaesus35, weggetrieben vom Schicksal des Atriden, das faliscische Land glaubt, nach ihm benannt worden zu sein.36 Führe Antenor37 mit an, der zum Frieden mit Troja riet, und deinen Schwiegersohn, den Oeniden38, apulischer Daunus39. Spät brachte Aeneas und nach Antenor aus den Feuern Ilions die Götter in unsere Gebiete. Irgendein Begleiter von ihm, vom phrygischen Ida-Gebirge40, war Solimus, von dem die Stadtmauer Sulmos ihren Namen her hat,41 des kalten Sulmo, meiner Heimat, Germanicus42! Weh mir, ich Elender! Wie weit vom scythischen43 Boden ist sie doch entfernt! Also ich so weit – aber unterdrück’, Muse, die Klagen! Du darfst mit der traurig klingenden Leier nicht heilige Dinge besingen.

85 Wohin begibt sich nicht der Neid? Es gibt Leute, die dir, Venus, die Ehre des Monats wegreißen wollen und sie dir missgönnen.

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Nam, quia ver aperit tunc omnia densaque cedit   frigoris asperitas fetaque terra patet, Aprilem memorant ab aperto tempore dictum,   quem Venus iniecta vindicat alma manu. Illa quidem totum dignissima temperat orbem,   illa tenet nullo regna minora deo iuraque dat caelo, terrae, natalibus undis   perque suos initus continet omne genus. Illa deos omnes (longum est numerare) creavit,   illa satis causas arboribusque dedit, illa rudes animos hominum contraxit in unum   et docuit iungi cum pare quemque sua. Quid genus omne creat volucrum, nisi blanda voluptas?   Nec coeant pecudes, si levis absit amor. Cum mare trux aries cornu decertat, at idem   frontem dilectae laedere parcit ovis; deposita sequitur taurus feritate iuvencam,   quem toti saltus, quem nemus omne tremit; vis eadem, lato quodcumque sub aequore vivit,   servat et innumeris piscibus implet aquas. Prima feros habitus homini detraxit: ab illa   venerunt cultus mundaque cura sui. Primus amans carmen vigilatum nocte negata   dicitur ad clausas concinuisse fores eloquiumque fuit duram exorare puellam   proque sua causa quisque disertus erat. Mille per hanc artes motae; studioque placendi,   quae latuere prius, multa reperta ferunt.

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Denn weil der Frühling dann alles öffnet, die Rauheit des kompakten Frostes weicht und das fruchtbare Land offen daliegt, erzählen die Leute, dass nach der neu geöffneten Jahreszeit der April benannt wurde,44 den die nährende Venus für sich beansprucht und ihre Hand darauf gelegt hat. Sie lenkt gewiss äußerst würdig den ganzen Erdkreis, sie hat Königreiche inne, die denen keines Gottes unterlegen sind, sie spricht Recht für den Himmel, die Erde, die Wogen, die sie gebaren, und durch ihr Eingreifen erhält sie jede Spezies. Sie erschuf alle Götter (es wäre weitschweifig aufzuzählen), sie gab den Saaten und Bäumen ihre Ursprünge, sie verband die kruden Gemüter der Menschen in Liebe und lehrte einen jeden, sich mit einem Partner zu vereinigen. Was außer der lockenden Lust bringt jede Vogelart hervor? Und Kleinvieh dürfte wohl nicht zusammenkommen, wenn sanfte Liebe fehlt. Gegen ein Männchen kämpft der Widder trotzig mit seinen Hörnern um die Entscheidung, jedoch hütet dasselbe Tier sich, die Stirn des geliebten Schafes zu verletzen; der Stier, vor dem ganze Waldschluchten, vor dem jeder Hain erschaudert, legt seine Wildheit ab und folgt der jungen Kuh; dieselbe Kraft bewahrt, was auch immer unter der weiten Meeresoberfläche lebt, und füllt die Gewässer mit unzähligen Fischen an. Sie entfernte als Erste die wilden Gewohnheiten vom Menschen: von ihr stellten sich Kultur und reinliche Pflege ihrer selbst ein. Ein Liebender soll als Erster vor verschlossener Türe ein Lied zu seiner Nachtwache ersonnen und angestimmt haben, weil die Nacht verweigert worden war, und es bedeutete Beredsamkeit, das hartherzige Mädchen mit Bitten umzustimmen, und für sein eigenes Anliegen war jeder beredt.45 Tausend Kunstfertigkeiten wurden durch sie hervorgebracht; und durch das Bestreben zu gefallen, wurden viele Dinge, die vorher verborgen lagen, ausfindig gemacht, so erzählt man.

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Hanc quisquam titulo mensis spoliare secundi   audeat? A nobis sit furor iste procul! Quid, quod ubique potens templisque frequentibus aucta,   urbe tamen nostra ius dea maius habet? Pro Troia, Romane, tua Venus arma ferebat,   cum gemuit teneram cuspide laesa manum. Caelestesque duas Troiano iudice vicit   (ah nolim victas hoc meminisse deas!) Assaracique nurus dicta est, ut scilicet olim   magnus Iuleos Caesar haberet avos. Nec Veneri tempus quam ver erat aptius ullum:   vere nitent terrae, vere remissus ager; nunc herbae rupta tellure cacumina tollunt,   nunc tumido gemmas cortice palmes agit. Et formosa Venus formoso tempore digna est,   utque solet, Marti continuata suo est. Vere monet curvas materna per aequora puppes   ire nec hibernas iam timuisse minas.

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C K APR F Rite deam colitis, Latiae matresque nurusque   et vos, quis vittae longaque vestis abest. Aurea marmoreo redimicula demite collo,   demite divitias: tota lavanda dea est! Aurea siccato redimicula reddite collo:   nunc alii flores, nunc nova danda rosa est! Vos quoque sub viridi myrto iubet ipsa lavari:   causaque, cur iubeat, discite, certa subest.

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115 Könnte es wohl irgendjemand wagen, sie des Ehrentitels des zweiten Monats zu berauben? Von mir möge dieser Wahnsinn fern sein! Was soll man dazu sagen, dass die Göttin überall mächtig ist und in zahlreichen Tempeln verehrt wird, sie dennoch in unserer Stadt ein größeres Privileg hat? Für dein Troja46, Römer, trug Venus die Waffen, 120 als sie, an ihrer zarten Hand durch einen Speer verletzt, aufstöhnte.47 Sie besiegte zwei Himmelsbewohnerinnen mit Hilfe des trojanischen Schiedsrichters (ah, ich wünschte, die besiegten Göttinnen würden sich nicht daran erinnern!)48 und wurde des Assaracus’49 Schwiegertochter genannt, auf dass freilich dereinst großer Caesar iulische Vorfahren hätte.50 125 Und Venus hatte keine passendere Zeit als den Frühling: im Frühling sieht das Land prächtig aus, im Frühling ist der Acker wieder locker; jetzt heben die Gräser ihre Spitzen durch die durchbrochene Erde hervor, jetzt bringt der Weinstock Knospen an der anschwellenden Rinde hervor. Und die hübsche Venus ist der hübschen Jahreszeit würdig 130 und hängt, wie üblich, mit ihrem Mars zusammen.51 Im Frühling mahnt sie die bauchigen Schiffe, über das Meer, das sie gebar,52 zu segeln und nicht mehr die winterlichen Sturmgebärden zu fürchten. 1. April Dem Brauche gemäß verehrt ihr die Göttin53, latinische Mütter und Schwiegertöchter und ihr, die ihr keine Opferbinden und kein langes Kleid tragt. 135 Entfernt goldenes Geschmeide vom marmorweißen Hals, entfernt den kostbaren Schmuck: ganz muss die Göttin gewaschen werden! Legt das goldene Geschmeide wieder an, wenn der Hals abgetrocknet ist: nun müssen andere Blumen, nun eine frische Rose gegeben werden! Sie selbst gebietet, dass auch ihr euch unter der grünen Myrte wascht: 140 Und eine bestimmte Erklärung, weshalb sie es befiehlt, liegt zugrunde, vernehmt .

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Litore siccabat rorantes nuda capillos:   viderunt satyri, turba proterva, deam. Sensit et opposita texit sua corpora myrto:   tuta fuit facto vosque referre iubet. Discite nunc, quare Fortunae tura Virili   detis eo, gelida qui locus umet aqua! Accipit ille locus posito velamine cunctas   et vitium nudi corporis omne videt; ut tegat hoc celetque viros, Fortuna Virilis   praestat et hoc parvo ture rogata facit. Nec pigeat tritum niveo cum lacte papaver   sumere et expressis mella liquata favis: cum primum cupido Venus est deducta marito,   hoc bibit; ex illo tempore nupta fuit. Supplicibus verbis illam placate: sub illa   et forma et mores et bona fama manet. Roma pudicitia proavorum tempore lapsa est:   Cumaeam, veteres, consuluistis anum. Templa iubet fieri Veneri: quibus ordine factis   inde Venus verso nomina corde tenet. Semper ad Aeneadas placido, pulcherrima, voltu   respice totque tuas, diva, tuere nurus!

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Dum loquor, elatae metuendus acumine caudae   Scorpios in virides praecipitatur aquas. DF Nox ubi transierit caelumque rubescere primo   coeperit, et tactae rore querentur aves,

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An der Küste trocknete sie in ihrer Nacktheit ihre triefenden Haare: es sahen die Göttin die Satyrn, eine freche Schar. Sie bemerkte es und bedeckte ihren Körper mit vorgehaltener Myrte: geschützt war sie durch diese Handlung und gebietet sie, dass ihr es ihr nachtut. Vernehmt nun, weshalb ihr der Fortuna Virilis54 Weihrauchkörner spendet an dem Ort, der von kaltem Wasser feucht ist! Jener Ort nimmt alle Frauen auf, nachdem sie ihre Kleidung abgelegt haben, und nimmt jeden Makel eines nackten Körpers wahr; Fortuna Virilis gewährt, dass sie diesen versteckt und vor den Männern verheimlicht, und tut dies, wenn sie mit ein wenig Weihrauch darum gebeten wurde. Und es soll nicht Verdruss erregen, gemahlenen Mohn mit schneeweißer Milch zu verkosten und flüssigen Honig nach Ausdrücken der Waben: Sobald Venus zum lüsternen Ehemann geleitet worden war, trank sie dies; von jenem Zeitpunkt an war sie eine Vermählte. Mit Worten des Flehens stimmt sie gnädig: unter ihrer Ägide bleiben die äußere Schönheit, die Sitten und der gute Ruf bestehen. Rom glitt vom Weg der Sittsamkeit zur Zeit der Vorväter ab: Ihr, Alte, habt die Frau von Cumae55 um Rat gefragt. Sie befiehlt einen Tempel für Venus zu errichten: nach dessen ordnungsgemäßer Fertigstellung erhält Venus daraufhin ihren Namen aufgrund des Sinneswandels. Sieh immer auf die Nachkommen des Aeneas mit gnädigem Blick, Wunderschöne, und schütze deine so zahlreichen Schwiegertöchter, Göttin! Während ich spreche, stürzt sich der Skorpion, der aufgrund des Stachels seines erhobenen Schwanzes gefürchtet werden muss, in die grünlichen Fluten. 2. April

165 Sobald die Nacht vorübergegangen ist und der Himmel begonnen hat, sich zuerst zu röten, werden die Vögel, vom Tau bedeckt, ein Klagelied singen,

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semustamque facem vigilata nocte viator   ponet, et ad solitum rusticus ibit opus, Pliades incipient umeros relevare paternos,   quae septem dici, sex tamen esse solent: seu quod in amplexum sex hinc venere deorum   (nam Steropen Marti concubuisse ferunt, Neptuno Alcyonen et te, formosa Celaeno,   Maian et Electran Taygetenque Iovi), septima mortali Merope tibi, Sisyphe, nupsit   – paenitet et facti sola pudore latet – sive quod Electra Troiae spectare ruinas   non tulit ante oculos opposuitque manum.

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FC Ter sine perpetuo caelum versetur in axe,   ter iungat Titan terque resolvat equos, protinus inflexo Berecyntia tibia cornu   flabit et Idaeae festa parentis erunt! Ibunt semimares et inania tympana tundent   aeraque tinnitus aere repulsa dabunt. Ipsa sedens molli comitum cervice feretur   Urbis per medias exululata vias. Scaena sonat ludique vocant: spectate, Quirites,   et fora Marte suo litigiosa vacent! Quaerere multa libet, sed me sonus aeris acuti   terret et horrendo lotos adunca sono. “Da, dea, quam sciter!” Doctas Cybeleia neptes   vidit et has curae iussit adesse meae.

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wird der Wanderer die halb abgebrannte Fackel ablegen nach durchwachter Nacht, wird der Bauer sich zur gewohnten Arbeit begeben, werden die Pleiaden56, die üblicherweise sieben genannt werden, jedoch sechs sind, 170 beginnen, die väterlichen Schultern zu entlasten: Sei es, weil sechs von hier in die Umarmung mit den Göttern gekommen sind (man erzählt nämlich, dass Sterope57 mit Mars geschlafen habe, mit Neptun Alcyone58 und du, hübsche Celaeno59, Maia60, Electra und Taygete61 mit Iuppiter), 175 die siebte, Merope62, dich, Sisyphus, einen Sterblichen geheiratet hat – sie bereut es und verbirgt sich als Einzige aus Scham über die Tat – oder weil Electra63 es nicht ertrug, die Trümmer Trojas zu erblicken, und die Hand vor die Augen legte. 4. April Dreimal möge der Himmel sich an seiner ewigen Achse drehen, 180 dreimal möge der Titan64 die Pferde anschirren und dreimal abspannen, dann wird die berecyntische65 Flöte mit ihrem gebogenen Ende blasen und es werden die Festlichkeiten66 der Mutter vom Ida-Gebirge67 stattfinden! Es werden marschieren Kastraten68 und hohle Pauken schlagen und Instrumente aus Erz, an Erz angeschlagen, werden klirrend erklingen. 185 Sie selbst wird auf dem weichen Nacken ihrer Begleiter sitzen und mitten durch die Straßen Roms unter lautem Geheul getragen werden. Die Bühne erklingt und die Spiele laden rufend ein: Quiriten, schaut zu und die streitsüchtigen öffentlichen Plätze sollen von ihrem Wortgefecht frei sein! Es gefällt , viel zu fragen, aber mich erschreckt der 190 Klang des schrillen Erzes und die gekrümmte Lotus-Flöte mit ihrem schreckenerregenden Ton. „Gib mir, Göttin, jemanden, den ich befragen kann!“ Die cybelische Göttin69 sah ihre gelehrten Enkelinnen70 an und gebot ihnen meiner Forschung beizustehen.

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“Pandite mandati memores, Heliconis alumnae,   gaudeat assiduo cur dea Magna sono!” Sic ego. Sic Erato (mensis Cythereius illi   cessit, quod teneri nomen amoris habet): “Reddita Saturno sors haec erat: ‘Optime regum,   a nato sceptris excutiere tuis.’ Ille suam metuens, ut quaeque erat edita, prolem   devorat immersam visceribusque tenet. Saepe Rhea questa est totiens fecunda nec umquam   mater et indoluit fertilitate sua. Iuppiter ortus erat (pro magno teste vetustas   creditur; acceptam parce movere fidem!). Veste latens saxum caelesti gutture sedit:   sic genitor fatis decipiendus erat. Ardua iamdudum resonat tinnitibus Ide,   tutus ut infanti vagiat ore puer. Pars clipeos sudibus, galeas pars tundit inanes:   hoc Curetes habent, hoc Corybantes opus. Res latuit priscique manent imitamina facti:   aera deae comites raucaque terga movent. Cymbala pro galeis, pro scutis tympana pulsant:   tibia dat Phrygios, ut dedit ante, modos.” Desierat; coepi: “Cur huic genus acre leonum   praebent insolitas ad iuga curva iubas?” Desieram; coepit: “Feritas mollita per illam   creditur; id curru testificata suo est.” “At cur turrifera caput est onerata corona?   An primis turres urbibus illa dedit?”

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„Offenbart, ihr Zöglinge des Helicon71, in Erinnerung an den Auftrag, warum die Göttin Magna sich über den anhaltenden Lärm freut!“ So ich. So Erato72 (der Monat der cytherischen Göttin73 wurde ihr zuteil, weil sie die Bezeichnung nach der jungen Liebe hat): „Berichtet worden war folgender Schicksalsspruch dem Saturn74: ‚Bester der Könige, von deinem Sohne wirst du von deinem Zepter vertrieben werden.’ Weil er seine eigene Nachkommenschaft fürchtet, verschlingt er jeden, wie er geboren worden war, und hält ihn verschluckt in seinen Eingeweiden fest. Oft klagte Rhea75 darüber, die ja so oft schwanger, aber niemals Mutter war, und empfand Schmerz über ihre eigene Fruchtbarkeit. Iuppiter war geboren (statt einem gewichtigen Zeugen wird der alten Überlieferung geglaubt; vermeide es, an der anerkannten Überzeugung zu rütteln!). Ein Stein, in ein Tuch eingehüllt, steckte in der göttlichen Kehle fest: So musste der Erzeuger durch das Schicksal getäuscht werden. Der steile Ida-Berg76 hallt schon lange mit schepperndem Klang wider, damit der Knabe mit seinem Baby-Mund sicher schreien kann. Ein Teil schlägt Schilde mit angespitzten Stöcken, ein Teil leere Helme, diese Aufgabe haben die Cureten, jene die Corybanten77. Die Angelegenheit blieb verborgen und die Nachahmung der alten Handlung bleibt bestehen: Erzinstrumente und dumpf tönende Fellpauken lassen die Begleiter der Göttin erschallen. Zimbeln schlagen sie statt der Helme, statt der Schilde Pauken: die Flöte gibt phrygische Weisen von sich, wie sie sie damals gab.“ Sie hatte ihre Rede beendet; ich begann: „Warum überlässt die wilde Spezies der Löwen ihr ihre Mähnen, die nicht an ein krummes Joch gewöhnt sind?“ Ich hatte meine Frage beendet; sie begann: „Man glaubt, ihre Wildheit sei durch sie gezähmt worden: dies bezeugte sie durch ihren Wagen.“ „Aber warum ist sie am Kopf mit einer Mauerkrone belastet? Ferner, gab sie den ersten Städten Türme?“

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Adnuit. “Unde venit”, dixi, “sua membra secandi   impetus?” Ut tacui, Pieris orsa loqui: “Phryx puer in silvis, facie spectabilis, Attis   turrigeram casto vinxit amore deam; hunc sibi servari voluit, sua templa tueri   et dixit: ‘Semper fac puer esse velis!’ Ille fidem iussis dedit et ‘si mentiar’, inquit,   ‘ultima, qua fallam, sit Venus illa mihi.’ Fallit et in nympha Sagaritide desinit esse,   quod fuit: hinc poenas exigit ira deae. Naida volneribus succidit in arbore factis,   illa perit; fatum Naidos arbor erat; hic furit et credens thalami procumbere tectum   effugit et cursu Dindyma summa petit; et modo ‘tolle faces!’, ‘remove’ modo ‘verbera!’, clamat,   saepe †Palaestinas† iurat adesse deas. Ille etiam saxo corpus laniavit acuto   longaque in immundo pulvere tracta coma est voxque fuit ‘merui: meritas do sanguine poenas!   Ah pereant partes, quae nocuere mihi!’ ‘Ah pereant!’, dicebat adhuc; onus inguinis aufert   nullaque sunt subito signa relicta viri. Venit in exemplum furor hic mollesque ministri   caedunt iactatis vilia membra comis.” Talibus Aoniae facunda voce Camenae   reddita quaesiti causa furoris erat. “Hoc quoque, dux operis, moneas precor, unde petita   venerit; an nostra semper in urbe fuit?” “Dindymon et Cybelen et amoenam fontibus Iden   semper et Iliacas Mater amavit opes:

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Sie nickte zustimmend. Ich sprach: „Woher kommt der Drang, sein eigenes Glied abzuschneiden?“ Sobald ich schwieg, hob die pierische zu sprechen an: „Ein phrygischer Knabe, Attis78, ansehnlich durch seine Erscheinung, überwältigte in den Wäldern die Göttin mit der Mauerkrone, weil seine Liebe rein war; sie wollte, dass er ihr erhalten bleibe, dass er ihren Tempel beschütze, und sprach: ‚Sorge dafür, dass du stets ein Knabe sein möchtest!’ Er gab den Befehlen sein Treueversprechen und sagte: ‚Wenn ich lügen sollte, soll jene Venus mir die Letzte sein, durch die ich betrügen kann.’ Er betrügt sie und hört bei der Nymphe von Sagaris79 auf zu sein, was er war: daraufhin fordert der Göttin Zorn die Strafen ein. Sie schlug Wunden in den Baum und tötete so die Naiade, sie stirbt; das Schicksal der Naiade war der Baum. Er wird wahnsinnig, flieht im Glauben, die Decke der Kammer stürze ein, und läuft eilig ganz hoch auf den Dindymos80; bald schreit er: ‚Nimm die Fackeln weg!’, bald: ‚Entferne die Peitschen!’, oft schwört er, die † palaestinischen †81 Göttinnen seien da. Er verstümmelte seinen Körper auch mit einem scharfen Stein, sein langes Haar wurde durch den schmutzigen Staub geschleift und es gab einen Schrei: ‚Ich habe es verdient: ich zahle die verdienten Strafen mit meinem Blute!82 Ah, vernichtet werden sollen die Körperteile, die mir Schaden zufügten! Ah, sie sollen vernichtet werden!’, sagte er immerzu; er entfernt das Gewicht seines Geschlechtsteils und plötzlich ist kein Hinweis darauf, dass er ein Mann ist, übrig. Dieser Wahnsinn kam in Mode, die femininen Diener hauen ihr nutzloses Glied ab und wirbeln dabei wild ihr Haar.“ Mit solchen Worten war durch die redegewandte Stimme der aonischen83 Camena84 der Grund für den Wahnsinn, nach dem ich gefragt hatte, genannt worden. „Berichte bitte, Wegweiserin meines Werkes, auch dies, woher angefordert sie kam; oder gab es sie immer in unserer Stadt?“85 „ Mater liebte stets den Dindymos86, die Cybele87, die liebliche Ida88 mit ihren Quellen und die Macht Ilions89:

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cum Troiam Aeneas Italos portaret in agros,   est dea sacriferas paene secuta rates, sed nondum fatis Latio sua numina posci   senserat adsuetis substiteratque locis. Post, ut Roma potens opibus iam saecula quinque   vidit et edomito sustulit orbe caput, carminis Euboici fatalia verba sacerdos   inspicit; inspectum tale fuisse ferunt: ‘Mater abest: matrem iubeo, Romane, requiras.   Cum veniet, casta est accipienda manu!’ Obscurae sortis patres ambagibus errant,   quaeve parens absit, quove petenda loco. Consulitur Paean, ‘divum’ que ‘arcessite Matrem’,   inquit; ‘in Idaeo est invenienda iugo.’ Mittuntur proceres. Phrygiae tum sceptra tenebat   Attalus; Ausoniis rem negat ille viris. Mira canam: longo tremuit cum murmure tellus   et sic est adytis diva locuta suis: ‘Ipsa peti volui: ne sit mora; mitte volentem!   Dignus Roma locus, quo deus omnis eat.’ Ille soni terrore pavens ‘proficiscere!’, dixit.   ‘Nostra eris: in Phrygios Roma refertur avos.’ Protinus innumerae caedunt pineta secures   illa, quibus fugiens Phryx pius usus erat. Mille manus coeunt et picta coloribus ustis   caelestum Matrem concava puppis habet. Illa sui per aquas fertur tutissima nati   longaque Phrixeae stagna sororis adit

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Als Aeneas Troja in die italischen Gebiete brachte,90 folgte die Göttin beinahe den Schiffen, die die Kultgegenstände transportierten, aber sie hatte instinktiv gespürt, dass ihre Gottheit durch das Schicksal noch nicht für Latium eingefordert wurde, und hatte sich in der gewohnten Umgebung niedergelassen. Später, sobald das durch seine Macht einflussreiche Rom schon fünf Jahrhunderte gesehen und nach vollständiger Unterwerfung des gesamten Erdkreises sein Haupt emporgehoben hat, untersucht ein Priester die Schicksalssprüche der euboischen91 Weissagung; man sagt, das Herausgefundene sei derart gewesen: ‚Die Mutter ist nicht da: ich befehle dir, Römer, die Mutter zu suchen. Wenn sie kommen wird, muss sie mit reiner Hand empfangen werden!‘ Die Vorväter streifen auf den Irrwegen des dunklen Schicksalsspruches umher, welche Mutter nicht da sei oder an welchem Orte sie zu suchen sei. Paean92 wird befragt und spricht: ‚Holt der Götter Mutter herbei! Sie ist auf dem Bergrücken des Ida zu finden.‘ Ausgesandt werden Vornehme. Phrygiens Zepter hatte Attalus93 zu dem Zeitpunkt inne; den ausonischen94 Männern verweigert er die Bitte. Wundersame Dinge werde ich besingen: Mit langanhaltendem Grollen erbebte die Erde und in ihrem Allerheiligsten sprach die Göttin folgendermaßen: ‚Ich selbst wollte gesucht werden: es soll keine Verzögerung geben; lass mich ziehen, da ich es will! Rom ist ein würdiger Ort, wohin ein jeder Gott gehen soll.‘ Jener sprach, voller Angst wegen des Schreckens des Klanges: ‚Zieh hinfort! Du wirst unsre sein: Rom wird auf phrygische95 Vorväter zurückgeführt.‘ Unverzüglich schlagen unzählige Äxte die Fichtenhaine, die der fromme Phrygier96 auf seiner Flucht zu Hilfe genommen hatte. Tausend Hände kommen zusammen, und bemalt mit eingebrannten Farben trägt das hohle Schiff die Mutter der Götter. Sie wird in größter Sicherheit durch die Wasser ihres eigenen Sohnes97 gefahren, kommt zu der langgezogenen Meerenge der Schwester des Phrixus98,

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Rhoeteumque rapax Sigeaque litora transit   et Tenedum et veteres Eetionis opes. Cyclades excipiunt Lesbo post terga relicta   quaeque Carysteis frangitur unda vadis; transit et Icarium, lapsas ubi perdidit alas   Icarus et vastae nomina fecit aquae. Tum laeva Creten, dextra Pelopeidas undas   deserit et Veneris sacra Cythera petit. Hinc mare Trinacrium, candens ubi tinguere ferrum   Brontes et Steropes Acmonidesque solent, aequoraque Afra legit Sardoaque regna sinistris   respicit a remis Ausoniamque tenet. Ostia contigerat, qua se Tiberinus in altum   dividit et campo liberiore natat: omnis eques mixtaque gravis cum plebe senatus   obvius ad Tusci fluminis ora venit. Procedunt pariter matres nataeque nurusque   quaeque colunt sanctos virginitate focos. Sedula fune viri contento bracchia lassant:   vix subit adversas hospita navis aquas. Sicca diu fuerat tellus, sitis usserat herbas:   sedit limoso pressa carina vado. Quisquis adest operi, plus quam pro parte laborat,   adiuvat et fortes voce sonante manus: illa velut medio stabilis sedet insula ponto;   attoniti monstro stantque paventque viri. Claudia Quinta genus Clauso referebat ab alto   nec facies impar nobilitate fuit;

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fährt am reißenden Meer des Rhoeteum99 und den 280 Stränden des Sigeum100 vorbei, ebenso an Tenedus101 und dem alten Machtbereich Eetions102. Die Cycladen nehmen sie auf und die Woge, die sich an den Untiefen von Carystus103 bricht, nachdem Lesbos im Rücken zurückgeblieben war; sie passiert auch das Icarische104 Meer, wo Icarus seine auseinandergefallenen Flügel verloren und somit dem unermesslichen Wasser seinen Namen gegeben hat. 285 Dann lässt sie auf der Linken Creta, auf der Rechten die Wogen an der Peloponnes hinter sich und eilt zum Heiligtum der Venus auf Cythera105. Von hier eilt sie ins trinacrische Meer106, wo das weißglühende Eisen Brontes, Steropes und Acmonides107 gewöhnlich ablöschen, segelt durch das Meer von Afrika, blickt auf das sardische 290 Reich108 von den Rudern auf der linken Seite zurück und nimmt Kurs auf Ausonia109. Ostia110 hatte sie erreicht, wo der Tiberinus sich ins Meer aufspaltet und auf einer freieren Fläche dahinströmt: Jeder Ritter und der ehrwürdige Senat mit dem bunt gemischten Volk kommt zur Mündung des tuscischen Flusses111 entgegen. 295 Gleichermaßen treten Mütter, Töchter, Schwiegertöchter und die Frauen hervor, die in ihrer Jungfräulichkeit für die heiligen Herdstätten Sorge tragen. Ihre eifrigen Arme erschöpfen die Männer mit dem angespannten Tau: kaum kommt das fremde Schiff gegen die entgegenströmenden Wassermassen an. Trocken war lang die Erde gewesen und der Durst hatte die Gräser ausgedörrt: 300 das beladene Schiff saß in der morastigen Untiefe fest. Jeder, der bei dem Werk mithilft, arbeitet härter, als es seinem Anteil zukommt, und unterstützt die wackeren Hände mit tönender Stimme: Es sitzt unverrückbar fest wie eine Insel mitten auf dem Meer; erschüttert über das Ungeheuerliche stehen die Männer da und haben Angst. 305 Claudia Quinta112 führte ihre Familie auf den hochgeborenen Clausus113 zurück und ihr Aussehen passte gut zu ihrer adligen Abstammung.

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casta quidem, sed non et credita: rumor iniquus   laeserat et falsi criminis acta rea est. Cultus et ornatis varie prodisse capillis   obfuit ad rigidos promptaque lingua senes. Conscia mens recti famae mendacia risit,   sed nos in vitium credula turba sumus. Haec ubi castarum processit ab agmine matrum   et manibus puram fluminis hausit aquam, ter caput inrorat, ter tollit in aethera palmas   (quicumque aspiciunt, mente carere putant) summissoque genu voltus in imagine divae   figit et hos edit crine iacente sonos: ‘Supplicis, alma, tuae, genetrix fecunda deorum,   accipe sub certa condicione preces! casta negor: si tu damnas, meruisse fatebor;   morte luam poenas iudice victa dea; sed si crimen abest, tu nostrae pignora vitae   re dabis et castas casta sequere manus.’ Dixit et exiguo funem conamine traxit;   mira, sed et scaena testificata loquar: mota dea est sequiturque ducem laudatque sequendo;   index laetitiae fertur ad astra sonus. Fluminis ad flexum veniunt (Tiberina priores   Atria dixerunt), unde sinister abit. Nox aderat: querno religant in stipite funem   dantque levi somno corpora functa cibo. Lux aderat: querno solvunt a stipite funem,   ante tamen posito tura dedere foco,

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Freilich war sie sittsam, aber ihr wurde nicht geglaubt: ein böswilliges Gerücht hatte ihr geschadet und sie wurde zur Angeklagten eines erdichteten Vorwurfs gemacht. Ihre Ausstaffierung und dass sie sich mit unterschiedlich frisiertem Haar in der Öffentlichkeit zeigte und ihre schlagfertige Zunge gegenüber den verstockten Alten schadeten ihr. Im Bewusstsein ihres eigenen richtigen Verhaltens konnte ihr Verstand die Lügen des Gerüchts verlachen, wir aber sind eine dem Laster gegenüber leichtgläubige Menge. Sobald sie aus der Schar der sittsamen Mütter hervorgetreten ist und mit ihren Händen klares Flusswasser geschöpft hat, benetzt sie dreimal ihr Haupt, dreimal hebt sie die Hände gen Himmel (wer sie betrachtet, muss glauben, sie sei verrückt), sinkt dann auf die Knie, richtet den Blick starr auf das Bildnis der Göttin und äußert folgende Worte mit ausgebreiteten Haaren: ‚Holde, fruchtbare Mutter der Götter, nimm das Gebet deiner Bittstellerin unter einer bestimmten Bedingung an! Mir wird abgesprochen, sittsam zu sein: Wenn du mich verurteilst, werde ich zugeben, es verdient zu haben; mit dem Tode werde ich die Strafe zahlen, wenn ich bezwungen bin und die Göttin meine Richterin ist; aber wenn keine Schuld da ist, wirst du durch die Sache ein Pfand für mein Leben geben und sittsam meinen sittsamen Händen folgen.‘ Sprach’s und zog das Tau mit geringer Mühe; Wundersames, aber sogar durch eine Bühnenaufführung Bezeugtes will ich erzählen: Bewegt wurde die Göttin, folgt ihrer Lenkerin und lobt sie durchs Folgen; als Anzeichen der Freude erhebt sich Lärm zu den Sternen. Man kommt zur Flussbiegung (unsere Vorfahren nannten sie „Hallen des Tiber“), von wo er nach links abzweigt.114 Die Nacht war da: An einem Eichenstamm binden sie das Tau fest und laben ihre Körper an einer Speise und geben sich dem leichten Schlaf hin. Der Tag war da: Vom Eichenstamm lösen sie das Tau, vorher aber stellten sie einen Herd auf und gaben Weihrauchkörner darauf,

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ante coronarunt puppem, sine labe iuvencam   mactarunt operum coniugiique rudem. Est locus, in Tiberim qua lubricus influit Almo   et nomen magno perdit in amne minor. Illic purpurea canus cum veste sacerdos   Almonis dominam sacraque lavit aquis. Exululant comites furiosaque tibia flatur   et feriunt molles taurea terga manus. Claudia praecedit laeto celeberrima voltu   credita vix tandem teste pudica dea; ipsa sedens plaustro porta est invecta Capena:   sparguntur iunctae flore recente boves. Nasica accepit; templi non perstitit auctor:   Augustus nunc est, ante Metellus erat.” Substitit hic Erato. Mora fit, si cetera quaeram.   “Dic”, inquam, “parva cur stipe quaerat opes!” “Contulit aes populus, de quo delubra Metellus   fecit”, ait; “dandae mos stipis inde manet.” Cur vicibus factis ineant convivia, quaero,   tum magis indictas concelebrentque dapes. “Quod bene mutarit sedem Berecyntia”, dixit,   “captant mutatis sedibus omen idem.” Institeram, quare primi Megalesia ludi   urbe forent nostra, cum dea (sensit enim) “illa deos”, inquit, “peperit: cessere parenti   principiumque dati Mater honoris habet.” “Cur igitur Gallos, qui se excidere, vocamus,   cum tanto a Phrygia Gallica distet humus?”

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335 vorher schmückten sie das Schiff mit einem Kranz und schlachteten eine junge Kuh ohne Makel, die unerfahren war in Arbeiten und einem Männchen. Es ist der Ort, wo der dahingleitende Almo115 in den Tiber hineinfließt und er als kürzerer seinen Namen an den längeren Fluss verliert. Dort wusch ein weißhaariger Priester mit Purpurgewand 340 die Herrin und die heiligen Gegenstände mit dem Wasser des Almo.116 Vor Freude jaulen die Gefährten auf, die wilde Flöte wird geblasen und weiche Hände schlagen die Trommeln aus Stierleder. Die viel umjubelte Claudia schreitet mit froher Miene voran, weil sie jetzt endlich als sittsam anerkannt wurde, da die Göttin ihre Zeugin war. 345 Sie selbst saß auf einem Wagen und fuhr durch die Porta Capena117: die angeschirrten Kühe werden mit frischen Blumen bestreut. Nasica118 empfing sie; der Tempelgründer119 bestand nicht fort: Jetzt ist es Augustus, davor war es Metellus120.“ Hier hielt Erato121 inne. Es entsteht eine Pause, ob ich wohl Weiteres fragen wolle. 350 „Sprich“, sagte ich, „warum sie mit kleiner Spende nach Reichtümern strebt!“ „Das Volk trug Kupfergeld zusammen, von dem Metellus ein Heiligtum errichten ließ“, sagte sie, „daher hat die Sitte, eine Spende zu geben, Bestand.“ Warum man abwechselnd Gastmähler aufsucht, frage ich, und warum man dann mehr angekündigte Bankette gemeinsam feiert. 355 „Weil die berecyntische122 Göttin ihren Sitz gut eingetauscht habe,“ sagte sie, „trachtet man durch Vertauschen der Sitze nach demselben guten Vorzeichen.“ Ich hatte angehoben, weshalb die Megalesia die ersten Spiele in unserer Stadt waren, als die Göttin (sie merkte es nämlich) sprach: „Jene gebar die Götter123: sie räumten ihrer Mutter den 360 Vorrang ein und den ersten Platz der dargereichten Ehre hat die Mutter.“ „Warum also nennen wir diejenigen Galli124, die sich selbst verstümmelt haben, obwohl die gallische Erde125 soweit von Phrygien126 entfernt ist?“

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“Inter”, ait, “viridem Cybelen altasque Celaenas   amnis it insana, nomine Gallus, aqua. Qui bibit inde, furit: procul hinc discedite, quis est   cura bonae mentis: qui bibit inde, furit!” “Non pudet herbosum”, dixi, “posuisse moretum   in dominae mensis: an sua causa subest?” “Lacte mero veteres usi narrantur et herbis,   sponte sua siquas terra ferebat”, ait; “candidus elisae miscetur caseus herbae,   cognoscat priscos ut dea prisca cibos.”

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G NON N Postera cum caelo motis Pallantias astris   fulserit et niveos Luna levarit equos, qui dicet: “Quondam sacrata est colle Quirini   hac Fortuna die Publica”, verus erit.

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H NP Tertia lux (memini) ludis erat ac mihi quidam   spectanti senior continuusque loco “haec”, ait, “illa dies, Libycis qua Caesar in oris   perfida magnanimi contudit arma Iubae. Dux mihi Caesar erat, sub quo meruisse tribunus   glorior: officio praefuit ille meo. Hanc ego militia sedem, tu pace parasti,   inter bis quinos usus honore viros.”

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„Zwischen dem grünen Cybele127 und dem hohen Celaenae128 fließt ein Strom namens Gallus mit seinem Wasser, das Wahnsinn hervorruft“, sprach sie. 365 „Wer daraus trinkt, wird verrückt: macht einen weiten Bogen darum, die ihr Sorge um euren gesunden Verstand habt: wer daraus trinkt, wird verrückt!“ „Man scheut sich nicht, einen Kräuterkloß auf den Tischen der gebietenden Göttin abzulegen“, sagte ich, „oder liegt ein spezieller Grund vor?“ Sie sprach: „Man erzählt, die Altvorderen hätten 370 unvermischte Milch und Kräuter in Gebrauch gehabt, wenn das Land irgendwelche freiwillig trug. Schneeweißer Käse wird mit gerebelten Kräutern gemischt, sodass die altehrwürdige Göttin altbewährte Speisen wiedererkennt.“ 5. April Wenn die Pallas-Tochter129 das nächste Mal am Himmel aufleuchtet, nachdem die Sterne untergegangen sind, und Luna ihre schneeweißen Pferde ausspannt, 375 dann wird der Recht haben, der sagen wird: „Ehedem wurde auf dem Hügel Quirinal an diesem Tag Fortuna Publica130 geweiht.“ 6. April Die Spiele dauerten schon den dritten Tag an (ich erinnere mich ) und irgendein Mann, der älter war und auf dem Nachbarsitz saß, sagte zu mir, während ich zuschaute: „Das ist jener Tag, an dem Caesar an den libyschen Küsten 380 die treulosen Waffen des stolzen Iuba131 zerschmetterte. Caesar war mein Feldherr, unter dem ich mich rühme, als Tribun gedient zu haben: jener befehligte meinen Dienst. Diesen Sitzplatz habe ich mir durch meinen Kriegsdienst bereitet, du durch Einsatz im Frieden, weil du die Ehrenstellung unter den zweimal je fünf Männern genossen hast.“132

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Plura locuturi subito seducimur imbre:   pendula caelestes Libra movebat aquas.

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CN Ante tamen, quam summa dies spectacula sistat,   ensiger Orion aequore mersus erit. DN Proxima victricem cum Romam inspexerit Eos   et dederit Phoebo stella fugata locum, Circus erit pompa celeber numeroque deorum   primaque ventosis palma petetur equis.

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FN Hinc Cereris ludi: non est opus indice causae;   sponte deae munus promeritumque patet. Panis erat primis virides mortalibus herbae,   quas tellus nullo sollicitante dabat; et modo carpebant vivax e caespite gramen,   nunc epulae tenera fronde cacumen erant. Postmodo glans nota est: bene erat iam glande reperta   duraque magnificas quercus habebat opes. Prima Ceres homine ad meliora alimenta vocato   mutavit glandes utiliore cibo. Illa iugo tauros collum praebere coegit:   tum primum soles eruta vidit humus. Aes erat in pretio, Chalybeia massa latebat:   eheu, perpetuo debuit illa tegi! Pace Ceres laeta est; et vos orate, coloni,   perpetuam pacem pacificumque ducem! Farra deae micaeque licet salientis honorem   detis et in veteres turea grana focos;

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385 Obwohl wir weitere Dinge besprechen wollen, werden wir durch einen plötzlich einsetzenden Platzregen getrennt: Die schwebende Waage setzte Wassermassen vom Himmel her in Bewegung. 9. April Bevor jedoch der letzte Tag die Schauspiele zu Ende bringt, wird der schwerttragende Orion133 im Meer untergegangen sein. 10. April Wenn die nächste Eos das siegreiche Rom erblickt hat 390 und der verscheuchte Stern dem Phoebus134 seinen Platz übergeben hat, wird der Circus prunkvoll durch den Festumzug und die Götterschar sein135 und die windschnellen Pferde werden den ersten Palmenzweig erstreben. 12. April

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Darauf folgen die Spiele der Ceres136: man braucht keinen Fachmann für den Grund; an und für sich liegt die Aufgabe und der Verdienst der Göttin offen zutage. Als „Brot“ dienten den ersten Sterblichen grüne Kräuter, welche die Erde darreichte, obwohl niemand sie pflügte; und bald pflückten sie saftiges Gras vom Rasen, nun diente als Schmaus ein Zweigspross mit seinem zarten Laub. Später lernte man die Eichel kennen: nach Entdeckung der Eichel ging es einem gut, und die widerstandsfähige Eiche hielt großartige Vorräte bereit. Als Erste rief Ceres den Menschen zu besseren Nahrungsmitteln und tauschte Eicheln gegen bekömmlichere Nahrung ein. Jene zwang die Stiere, ihren Nacken dem Joch darzubieten: dann sah die umgepflügte Erde zum ersten Mal Sonnenstrahlen. Erz stand im Wert, die chalybeische137 Masse lag noch verborgen: o weh, jene hätte auf ewig verdeckt bleiben müssen! Von Frieden ist Ceres beglückt; und ihr, Siedler, erbittet ewigen Frieden und einen friedenstiftenden Herrscher! Mögt ihr der Göttin Spelt und die Ehre knisternden Salzes darbringen und Weihrauchkörner auf die alten Opferherde138;

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et, si tura aberunt, unctas accendite taedas:   parva bonae Cereri, sint modo casta, placent! A bove, succincti, cultros removete, ministri,   bos aret; ignavam sacrificate suem! Apta iugo cervix non est ferienda securi:   vivat et in dura saepe laboret humo! Exigit ipse locus, raptus ut virginis edam:   plura recognosces, pauca docendus eris. Terra tribus scopulis vastum procurrit in aequor   Trinacris, a positu nomen adepta loci, grata domus Cereri: multas ea possidet urbes,   in quibus est culto fertilis Henna solo. Frigida caelestum matres Arethusa vocarat:   venerat ad sacras et dea flava dapes. Filia, consuetis ut erat comitata puellis,   errabat nudo per sua prata pede. Valle sub umbrosa locus est aspergine multa   uvidus ex alto desilientis aquae. Tot fuerant illic, quot habet natura, colores   pictaque dissimili flore nitebat humus. Quam simul aspexit, “comites, accedite”, dixit,   “et mecum plenos flore referte sinus!” Praeda puellares animos prolectat inanis   et non sentitur sedulitate labor. Haec implet lento calathos e vimine nexos,   haec gremium, laxos degravat illa sinus; illa legit calthas, huic sunt violaria curae,   illa papavereas subsecat ungue comas;

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und wenn Weihrauchkörner fehlen werden, zündet bestrichene Fackeln an: Kleinigkeiten gefallen der guten Ceres, mögen sie nur rein sein! Vom Rind haltet eure Messer fern, ihr hochgeschürzten Diener! Das Rind soll pflügen; die unnütze Sau opfert !139 415 Da der Nacken für das Joch tauglich ist, darf es nicht mit dem Beil geschlagen werden: es soll am Leben bleiben und oft auf dem harten Boden arbeiten!

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Der Ort selbst erfordert es, dass ich die Etappen des Raubes der Jungfrau berichte: Recht viel wirst du wiedererkennen, über weniges wirst du zu belehren sein.140 Das Land Trinacria141, das von der Anordnung des Ortes seinen Namen erhalten hat, springt mit drei Klippen ins weite Meer hinein – ein angenehmes Domizil für Ceres: sie nennt viele Städte ihr Eigen, unter denen das aufgrund seines bebauten Bodens fruchtbare Henna142 ist. Die kühle Arethusa143 hatte die Mütter der Himmelsbewohner eingeladen: Gekommen zu den heiligen Mahlen war auch die blonde Göttin144. Ihre Tochter145 irrte, wie sie in Begleitung der gewohnten Spielgefährtinnen war, mit nacktem Fuß über die ihr eigenen Wiesen. Unten im schattigen Tal gibt es einen Ort, feucht aufgrund des reichlichen Spritzens eines Wasserfalls aus der Höhe. Es gab dort so viele Farben, wie sie die Natur bereithält, und bunt von unterschiedlichen Blumen glänzte der Boden. Sowie sie ihn erblickt hatte, sprach sie: „Spielgefährtinnen, kommt herbei und tragt mit mir zusammen euren Gewandbausch voller Blumen zurück!“ Die unnütze Beute erfreut die jugendlichen Gemüter und man spürt wegen der Hingabe die Mühe nicht. Diese hier füllt Körbe, die aus biegsamen Weidenruten geflochten sind, diese dort ihren Schoß, jene hier beschwert ihren gelockerten Gewandbausch; jene da sammelt Dotterblumen, dieser hier liegen Veilchenbeete am Herzen, jene hier schneidet mit ihrem Fingernagel Mohnblüten ab;

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has, hyacinthe, tenes; illas, amarante, moraris;   pars thyma, pars rhoean et meliloton amat; plurima lecta rosa est, sunt et sine nomine flores:   ipsa crocos tenues liliaque alba legit. Carpendi studio paulatim longius itur   et dominam casu nulla secuta comes. Hanc videt et visam patruus velociter aufert   regnaque caeruleis in sua portat equis. Illa quidem clamabat: “Io, carissima mater,   auferor!” Ipsa suos abscideratque sinus. Panditur interea Diti via, namque diurnum   lumen inadsueti vix patiuntur equi. At chorus aequalis, cumulatae flore ministrae,   “Persephone”, clamant, “ad tua dona veni!” Ut clamata silet, montes ululatibus implent   et feriunt maesta pectora nuda manu. Attonita est plangore Ceres (modo venerat Hennam)   nec mora, “me miseram! Filia”, dixit, “ubi es?” Mentis inops rapitur, quales audire solemus   Threicias fusis maenadas ire comis. Ut vitulo mugit sua mater ab ubere rapto   et quaerit fetus per nemus omne suos, sic dea, nec retinet gemitus et concita cursu   fertur et e campis incipit, Henna, tuis. Inde puellaris nacta est vestigia plantae   et pressam noto pondere vidit humum; forsitan illa dies erroris summa fuisset,   si non turbassent signa reperta sues. Iamque Leontinos Amenanaque flumina cursu   praeterit et ripas, herbifer Aci, tuas:

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diese da hältst du fest, Hyazinthe; jene da fesselst du, Amarant; 440 ein Teil liebt Thymianblüten, ein anderer Teil wilden Mohn und Honigklee; am meisten wurden Rosen gesammelt, darunter sind auch namenlose Blumen: Sie selbst sammelt zierliche Krokusse und weiße Lilien. Im Eifer des Pflückens geht man allmählich weiter weg und keine Spielgefährtin war zufällig der Herrin gefolgt. 445 Sie erblickt der Onkel146 und trägt sie nach ihrem Erblicken rasch fort und bringt sie auf schwärzlichen Rossen in seine Reiche. Jene schrie freilich ununterbrochen: „Ach, liebste Mutter, ich werde weggetragen!“ Und hatte selbst ihren Gewandbausch aufgerissen. Es tut sich unterdessen ein Weg für Dis auf, denn die 450 Rosse ertragen kaum das Tageslicht, weil sie es nicht gewohnt sind. Die gleichaltrige Schar jedoch, Dienerinnen beladen mit Blumen, ruft aus: „Persephone, komm zu deinen Geschenken!“ Sobald die Gerufene schweigt, durchdringen sie die Berge mit Wehklagen und schlagen ihre entblößte Brust mit trauriger Hand. 455 Erschüttert wurde durch das Wehklagen Ceres (eben erst war sie nach Henna gekommen) und es gab kein Zögern – sie rief: „Ich Unselige! Tochter, wo bist du?“ Ihres Verstandes Herrin, eilt sie so fort, wie wir es für gewöhnlich von thracischen Maenaden147 hören, die mit aufgelöstem Haar laufen. Wie seine Mutter muht, weil ihr ihr Kalb vom Euter weggerissen wurde, 460 und sie ihre Kälbchen überall im ganzen Hain sucht, so auch die Göttin, und kann ihr Jammern nicht zurückhalten und stürzt aufgeregt im Lauf dahin und nimmt ihren Anfang von deinen Fluren aus, Henna. Dann fand sie zufällig die Abdrücke der Füße des Mädchens und sah die Erde, die von dem bekannten Gewicht eingedrückt war; 465 vielleicht wäre jener Tag der letzte ihres Herumirrens gewesen, wenn nicht Schweine die entdeckten Spuren unkenntlich gemacht hätten. Und schon passiert sie Leontinoi148 und den Fluss Amenanus149 eilends und deine Uferbereiche, grastragender Acis150:

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praeterit et Cyanen et fontes lenis Anapi   et te, verticibus non adeunde Gela. Liquerat Ortygien Megareaque Pantagienque,   quaque Symaetheas accipit aequor aquas, antraque Cyclopum positis exusta caminis,   quique locus curvae nomina falcis habet, Himeraque et Didymen Acragantaque Tauromenumque   sacrarumque Mylas pascua laeta boum: hinc Camerinan adit Thapsonque et Heloria tempe,   quaque iacet Zephyro semper apertus Eryx. Iamque Peloriadem Lilybaeaque iamque Pachynon   lustrarat, terrae cornua prima suae: quacumque ingreditur, miseris loca cuncta querellis   implet, ut amissum cum gemit ales Ityn. Perque vices modo “Persephone!”, modo “filia!”, clamat,   clamat et alternis nomen utrumque ciet; sed neque Persephone Cererem nec filia matrem   audit et alternis nomen utrumque perit; unaque, pastorem vidisset an arva colentem,   vox erat: “Hac gressus ecqua puella tulit?” Iam color unus inest rebus tenebrisque teguntur   omnia, iam vigiles conticuere canes: alta iacet vasti super ora Typhoeos Aetne,   cuius anhelatis ignibus ardet humus; illic accendit geminas pro lampade pinus:   hinc Cereris sacris nunc quoque taeda datur. Est specus exesi structura pumicis asper,   non homini regio, non adeunda ferae: quo simul ac venit, frenatos curribus angues   iungit et aequoreas sicca pererrat aquas.

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Sie kommt auch an der Cyane151 vorbei und an den Quellen des sanften Anapus152 und an dir, Gela153, an den man wegen deiner Strudel nicht herantreten darf. Hinter sich gelassen hatte sie Ortygia154, Megara155 und den Pantagias156 und , wo das Meer die Wassermassen des Symaethus157 aufnimmt, und die Grotten der Cyclopen, verkohlt durch die Kamine, die dort errichtet sind158, und den Ort, der die Bezeichnung einer gekrümmten Sichel hat,159 und Himera160, Didyma161, Acragas162 und Tauromenium163 und Mylae, die fruchtbaren Weiden der heiligen Kühe:164 Von da aus sucht sie Camerina165 auf, Thapsus166 und das Gebirgstal des Helorus167 und , wo Eryx168 immer frei zugänglich für Zephyrus169 liegt. Bald hatte sie Pelorias170 und Lilybaeum171, bald Pachynos172 durchmustert, die Hörner, die Spitzen ihres Landes: Wo immer sie einschreitet, erfüllt sie alle Orte mit elenden Klagen, wie wenn der Vogel den verlorenen Itys173 beklagt. Und abwechselnd ruft sie bald „Persephone!“, bald „Tochter!“, sie ruft und im Wechsel schreit sie beide Bezeichnungen; aber weder kann Persephone Ceres hören noch die Tochter ihre Mutter und im Wechsel gehen beide Bezeichnungen unter; mochte sie einen Hirten oder einen gesehen haben, der seine Fluren bebaute, es gab einen Ausruf: „Hat irgendein Mädchen seine Schritte hier vorbeigelenkt?“ Schon haftet nur eine einzige Farbe den Dingen an, von Dunkelheit wird alles bedeckt, schon verstummten die wachsamen Hunde: Hoch thront der Aetna über den Schlünden des riesigen Typhoeus174, von dessen ausgespienen Feuern die Erde brennt; dort entfacht sie zwei Pinien als Fackel: daher wird auch jetzt eine Fackel in die heiligen Riten der Ceres eingebaut.175 Es gibt eine Höhle, schroff durch die Beschaffenheit des zerfressenen Tuffsteins, einen Ort, den kein Mensch, kein Tier betreten sollte: Sobald sie dorthin gekommen ist, spannt sie gezäumte Schlangen an einen Wagen und irrt trocken über die Wassermassen des Meeres hinweg.

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Effugit et Syrtes et te, Zanclaea Charybdi,   et vos, Nisei, naufraga monstra, canes, Hadriacumque patens late bimaremque Corinthum:   sic venit ad portus, Attica terra, tuos. Hic primum sedit gelido maestissima saxo:   illud Cecropidae nunc quoque triste vocant. Sub Iove duravit multis immota diebus   et lunae patiens et pluvialis aquae. Fors sua cuique loco est: quod nunc Cerialis Eleusin   dicitur, hoc Celei rura fuere senis. Ille domum glandes excussaque mora rubetis   portat et arsuris arida ligna focis. Filia parva duas redigebat monte capellas   et tener in cunis filius aeger erat. “Mater”, ait virgo (mota est dea nomine matris),   “quid facis in solis incomitata locis?” Perstitit et senior, quamvis onus urget, et orat,   tecta suae subeat quantulacumque casae. Illa negat (simularat anum mitraque capillos   presserat); instanti talia dicta refert: “Sospes eas semperque parens; mihi filia rapta est.   Heu, melior quanto sors tua sorte mea est!” Dixit, et ut lacrimae (neque enim lacrimare deorum est)   decidit in tepidos lucida gutta sinus. Flent pariter molles animis virgoque senexque,   e quibus haec iusti verba fuere senis: “Sic tibi, quam raptam quaeris, sit filia sospes;   surge nec exiguae despice tecta casae!”

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Sie entkommt den Syrten176 und dir, Charybdis177 von 500 Zancle178, und euch, niseische Hunde179, ihr Schiffe zerstörende Ungeheuer, und der weithin offen daliegenden Adria und Corinth mit seinen zwei Meeren180: So gelangt sie zu deinen Häfen, attisches Land. Hier saß sie zum ersten Mal, äußerst betrübt, auf einem kalten Felsen: jenen nennen auch jetzt die Cecropiden181 „traurig“.182 505 Unter freiem Himmel harrte sie reglos viele Tage lang aus und ertrug sowohl den Mondschein als auch das Regenwasser. Jeder Platz hat sein eigenes Schicksal: die Fluren des alten Celeus183 waren das, was nunmehr das Eleusis184 der Ceres genannt wird. Jener trägt Eicheln und Brombeeren, die er von den Brombeersträuchern abgepflückt hatte, 510 nach Hause und trockene Holzscheite für den Herd, der brennen sollte. Die kleine Tochter trieb zwei Zicklein vom Berg heim und der zarte Sohn in der Wiege war krank. „Mutter“, sagte das junge Mädchen (bewegt wurde die Göttin durch die Bezeichnung Mutter), „was machst du ohne Begleitung an abgeschiedenen Orten?“ 515 Auch der recht alte Mann hielt an, obwohl die Last drückt, und bittet, sie möge unter das Dach seiner Hütte gehen, wie klein es auch sei. Jene lehnt es ab (sie hatte die Gestalt einer alten Frau angenommen und die Haare mit einem Kopftuch bedeckt); als er auf sie einredet, entgegnet sie ihm Derartiges: „Wohlbehalten mögest du dahingehen und immer ein Vater sein; mir ist die Tochter weggerissen worden. 520 Ach weh, um wie viel besser ist dein Schicksal als das meine!“ Sprach’s und wie Tränen (denn es ist nicht Art der Götter, Tränen zu vergießen) fällt ein glitzernder Tropfen auf den warmen Gewandbausch. Es weinen gleichermaßen weich in den Herzen das junge Mädchen und der Alte, von diesen waren das die Worte des rechtschaffenen Greises: 525 „So möge dir die Tochter, die du suchst, weil sie dir entrissen wurde, wohlbehalten sein; richte dich auf und verachte nicht das Dach der dürftigen Hütte!“

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Cui dea “duc”, inquit, “scisti, qua cogere posses!”   Seque levat saxo subsequiturque senem. Dux comiti narrat, quam sit sibi filius aeger   nec capiat somnos invigiletque malis. Illa soporiferum parvos initura penates   colligit agresti lene papaver humo. Dum legit, oblito fertur gustasse palato   longamque imprudens exsoluisse famem; quae quia principio posuit ieiunia noctis,   tempus habent mystae sidera visa cibi. Limen ut intravit, luctus videt omnia plena;   iam spes in puero nulla salutis erat. Matre salutata (mater Metanira vocatur)   iungere dignata est os puerile suo. Pallor abit subitasque vident in corpore vires:   tantus caelesti venit ab ore vigor. Tota domus laeta est, hoc est, materque paterque   nataque: tres illi tota fuere domus. Mox epulas ponunt, liquefacta coagula lacte   pomaque et in ceris aurea mella suis. Abstinet alma Ceres somnique papavera causas   dat tibi cum tepido lacte bibenda, puer. Noctis erat medium placidique silentia somni:   Triptolemum gremio sustulit illa suo terque manu permulsit eum, tria carmina dixit,   carmina mortali non referenda sono, inque foco corpus pueri vivente favilla   obruit, humanum purget ut ignis onus. Excutitur somno stulte pia mater et amens   “quid facis?”, exclamat membraque ab igne rapit.

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Ihm sagt die Göttin: „Leite mich, du wusstest , wie du mich zwingen kannst!“ Und sie erhebt sich vom Felsen und folgt dem alten Mann auf dem Fuße. Der Anführer erzählt seiner Begleiterin, wie krank sein Sohn ist und wie er keinen Schlaf findet und wie er wegen seiner Leiden wach liegt. Jene sammelt sanften Schlafmohn vom ländlichen Boden auf, als sie sich anschickt, zu den kleinen Penaten hineinzugehen. Während sie ihn auflas, soll sie mit ihrem vergessenen Gaumen davon gekostet haben und unabsichtlich ihr langwährendes Fasten beendet haben; weil sie zu Beginn der Nacht das Fasten brach, nehmen die Mysten den Anblick der Sterne als Zeitpunkt für das Essen.185 Sobald sie die Schwelle betrat, sieht sie alles voller Trauer; schon gab es beim Knaben keine Hoffnung auf Rettung mehr. Nachdem sie die Mutter begrüßt hatte (die Mutter heißt Metanira), befand sie den kindlichen Mund für würdig, ihn mit ihrem eigenen zu verbinden. Die Blässe schwindet und sie erblicken im Körper plötzlich Kräfte: so große Lebenskraft kam aus dem himmlischen Mund. Das ganze Haus ist fröhlich, das heißt Mutter, Vater und die Tochter: jene drei bildeten das ganze Haus. Bald tischen sie Speisen auf, in Milch aufgelöstes Lab, Obst und goldenen Honig in seinen eigenen Waben. Es enthält sich die holde Ceres und gibt dir, Knabe, als Schlafmittel Mohnkörner mit lauwarmer Milch zu trinken. Es war die Mitte der Nacht und es gab die Stille des sanften Schlafes: Triptolemus186 hob jene von ihrem Schoß hoch, dreimal liebkoste sie ihn mit der Hand und sprach drei Zauberformeln, Formeln, die nicht mit einem menschlichen Ton wiedergegeben werden dürfen, und bedeckte den Leib des Knaben auf dem Herd mit glühender Asche187, damit das Feuer die menschliche Bürde durch Reinigung wegnehme. Aus dem Schlafe wird die in törichter Weise liebevolle Mutter gerissen und schreit von Sinnen: „Was machst du da?“, und entreißt die Glieder dem Feuer.

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Cui dea “dum non es”, dixit, “scelerata fuisti:   inrita materno sunt mea dona metu. Iste quidem mortalis erit: sed primus arabit   et seret et culta praemia tollet humo.” Dixit et egrediens nubem trahit inque dracones   transit et aligero tollitur axe Ceres. Sunion expositum Piraeaque tuta recessu   linquit et in dextrum quae iacet ora latus. Hinc init Aegaeum, quo Cycladas aspicit omnes,   Ioniumque rapax Icariumque legit perque urbes Asiae longum petit Hellespontum   diversumque locis alta pererrat iter. Nam modo turilegos Arabas, modo despicit Indos;   hinc Libys, hinc Meroe siccaque terra subest; nunc adit Hesperios, Rhenum Rhodanumque Padumque,   teque, future parens, Thybri, potentis aquae. Quo feror? Immensum est erratas dicere terras:   praeteritus Cereri nullus in orbe locus. Errat et in caelo liquidique immunia ponti   adloquitur gelido proxima signa polo: “Parrhasides stellae, namque omnia nosse potestis,   aequoreas numquam cum subeatis aquas, Persephonen natam miserae monstrate parenti!”   Dixerat. Huic Helice talia verba refert: “Crimine nox vacua est. Solem de virgine rapta   consule, qui late facta diurna videt!” Sol aditus “quam quaeris”, ait, “ne vana labores,   nupta Iovis fratri tertia regna tenet.”

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Ihr sagte die Göttin: „Während du nicht frevlerisch bist, bist du es gewesen: Unwirksam sind meine Geschenke aufgrund der mütterlichen Furcht. Dieser da wird freilich sterblich sein: aber er wird als Erster pflügen, säen und Belohnungen aus dem kultivierten Boden davontragen.“ sprach Ceres, zieht im Weggehen eine Wolke an sich, geht zu ihren Schlangen hinüber und wird auf ihrem flügeltragenden Wagen emporgehoben. Sunion188, für jedermann sichtbar, und den sicheren Piraeus189 lässt sie durch ihr Scheiden hinter sich und die Küste, die sich zur rechten Seite hin ausdehnt. Von hier aus kommt sie zum Ägeischen190 Meer, wo sie alle Cycladen erblickt, umfährt das reißende Ionische191 und Icarische192 Meer, gelangt durch die Städte Asiens zum langgestreckten Hellespont193 und irrt hoch oben auf einem Weg, der hierhin und dorthin führt. Denn bald blickt sie von oben herab auf die Weihrauch sammelnden Araber, bald auf die Inder; hier liegt der Libyer, Meroë194 und das verdörrte Land tief unten; nun sucht sie die westlichen195 Flüsse, Rhein, Rhône und Po, auf und dich, Thybris196, zukünftiger Vater des gewaltigen Wassers. Wohin werde ich getragen? Es wäre zu weitschweifig, durchirrten Länder zu benennen: übergangen wurde von Ceres kein Ort auf der Welt. Sie irrt sogar im Himmel herum und spricht die Sternbilder an, die unberührt von den Strömungen des Meeres und sehr nah an dem eiskalten Pol sind: „Parrhasische Sterne197, ihr vermögt nämlich über alles Kenntnis zu haben, weil ihr niemals in die Wasser des Meeres untertaucht, zeigt der elenden Mutter ihre Tochter Persephone!“ hatte sie gesprochen. Ihr antwortet Helice solche Dinge: „Frei von einem Vorwurf ist die Nacht. Befrage Sol nach dem entführten Mädchen, der die weit und breit bei Tag begangenen Taten sieht!“ Sol, an den sie sich wandte, sagt: „Die, die du suchst – damit du dich nicht mit aussichtslosen Dingen abmühst – hat als Gemahlin von Iuppiters Bruder198 das dritte Königreich inne.“

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Questa diu secum sic est adfata Tonantem   maximaque in voltu signa dolentis erant: “Si memor es, de quo mihi sit Proserpina nata,   dimidium curae debet habere tuae. Orbe pererrato sola est iniuria facti   cognita: commissi praemia raptor habet. At neque Persephone digna est praedone marito   nec gener hoc nobis more parandus erat. Quid gravius victore Gyge captiva tulissem,   quam nunc te caeli sceptra tenente tuli? Verum impune ferat, nos haec patiemur inultae;   reddat et emendet facta priora novis!” Iuppiter hanc lenit factumque excusat amore,   “nec gener est nobis ille pudendus”, ait; “non ego nobilior: posita est mihi regia caelo,   possidet alter aquas, alter inane chaos. Sed si forte tibi non est mutabile pectus   statque semel iuncti rumpere vincla tori, hoc quoque temptemus, siquidem ieiuna remansit!   Si minus, inferni coniugis uxor erit!” Tartara iussus adit sumptis Caducifer alis   speque redit citius visaque certa refert: “Rapta tribus”, dixit, “solvit ieiunia granis,   Punica quae lento cortice poma tegunt.” Non secus indoluit, quam si modo rapta fuisset,   maesta parens longa vixque refecta mora est. Atque ita “nec nobis caelum est habitabile”, dixit;   “Taenaria recipi me quoque valle iube!” Et factura fuit, pactus nisi Iuppiter esset,   bis tribus ut caelo mensibus illa foret.

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585 Lange klagte sie bei sich, sprach sie Tonans199 so an und sehr deutliche Spuren gab es auf dem Antlitz der Trauernden: „Wenn du dich daran erinnerst, von wem mir Proserpina gezeugt wurde, muss sie die Hälfte deiner Sorge bekommen. Trotz Durchirren der Welt ist nur das Unrecht der 590 Schandtat bekannt: die Belohnungen für das Begangene hat der Entführer. Weder verdient Persephone jedoch einen Räuber als Ehemann noch durften wir zu einem Schwiegersohn auf diese Weise kommen. Was hätte ich als Gefangene Schlimmeres erdulden müssen, wenn Gyges200 der Sieger gewesen wäre, als ich nunmehr erduldet habe, während du des Himmels Zepter trägst? 595 Aber er soll straflos davonkommen, ungerächt werden wir dies ertragen; er soll sie zurückgeben und die früheren Taten durch neue ausgleichen!“ Iuppiter besänftigt sie und rechtfertigt die Tat durch Liebe und sagt: „Wir dürfen uns nicht für jenen als Schwiegersohn schämen. Ich bin nicht edler: meine Königsburg ist in den Himmel 600 gestellt, der Zweite besitzt die Wassermassen, der Dritte die leblose Unterwelt. Aber wenn etwa dein Herz nicht beeinflussbar ist und es feststeht, die Bänder der einmal vereinigten Betten zu zerreißen, lass’ uns auch dies versuchen, wenn sie mit leerem Magen geblieben ist! Wenn nicht, wird sie des unterirdischen Gemahls Gattin sein!“ 605 Caducifer201 nimmt seine Flügel auf, begibt sich, wie ihm befohlen war, zu den Gefilden des Tartarus202, kehrt wider Erwarten schnell zurück und berichtet Dinge, die er sicher gesehen hat: „Die Entführte brach das Fasten durch drei Kerne, die das punische Obst mit seiner zähen Schale bedeckt.“203 Nicht anders, als wenn sie gerade erst geraubt worden wäre, 610 empfand die traurige Mutter Schmerz und konnte sich kaum erholen, obwohl die Zeitdauer lang war. Und sie sprach so: „Auch für uns ist der Himmel nicht bewohnbar, gib den Befehl, dass auch ich vom taenarischen Tal204 aufgenommen werde!“ Und sie war im Begriff es zu tun, wenn Iuppiter nicht vereinbart hätte, dass jene für zweimal drei Monate im Himmel sein sollte.205

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Tum demum voltumque Ceres animumque recepit   imposuitque suae spicea serta comae: largaque provenit cessatis messis in arvis   et vix congestas area cepit opes. Alba decent Cererem: vestes Cerialibus albas   sumite! Nunc pulli velleris usus abest.

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G EID NP Occupat Apriles Idus cognomine Victor   Iuppiter: hac illi sunt data templa die. Hac quoque, ni fallor, populo dignissima nostro   atria Libertas coepit habere sua. HN Luce secutura tutos pete, navita, portus:   ventus ab occasu grandine mixtus erit. Scilicet et fuerit, tamen hac Mutinensia Caesar   grandine militia perculit arma sua.

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A FORD NP Tertia post Veneris cum lux surrexerit Idus,   pontifices, forda sacra litate bove! Forda ferens bos est fecundaque dicta ferendo:   hinc etiam fetus nomen habere putant. Nunc gravidum pecus est, gravidae quoque semine terrae:   Telluri plenae victima plena datur. Pars cadit arce Iovis, ter denas curia vaccas   accipit et largo sparsa cruore madet. Ast ubi visceribus vitulos rapuere ministri   sectaque fumosis exta dedere focis,

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615 Dann endlich gewann Ceres ihren Gesichtsausdruck wieder und fasste erneut Mut und legte Ährengirlanden auf ihr Haar: und üppige Ernte kam zum Vorschein auf den vernachlässigten Fluren und kaum konnte die Tenne die eingesammelten Schätze fassen. Weißes ziemt sich für Ceres: Weiße Gewänder legt an den Cerialien an! 620 Jetzt liegt der Gebrauch von dunkler Wolle fern.206 13. April Es nimmt die Iden des April sich zu eigen Iuppiter mit dem Beinamen Victor: an diesem Tage wurde jenem ein Tempel geweiht.207 Auch an diesem Tag erhielt, wenn ich mich nicht täusche, Libertas208, die unseres Volkes besonders würdig ist, ihr eigenes Atrium. 14. April 625 Am Tag, der folgen wird, suche sichere Häfen auf, Seemann: Der Wind vom Westen her wird mit Hagel gemischt sein. Mag es auch freilich sein, dennoch zerschlug an diesem Tag Caesar209 im Hagel mit seiner Militärmacht die mutinischen Waffen. 15. April Immer wenn der dritte Tag nach den Iden der Venus 630 angebrochen ist, bringt ein heiliges Opfer dar mit einer trächtigen Kuh, Priester! Forda210 wurde eine tragende Kuh genannt und fruchtbar vom „Tragen“ her: daher hat auch fetus seine Bezeichnung, wie man glaubt. Jetzt ist das Vieh schwanger, ebenso schwanger sind die Erdschollen von der Saat: Der trächtigen Tellus wird ein trächtiges Opfertier dargeboten. 635 Ein Teil wird auf Iuppiters Burg geopfert, dreimal zehn Kühe nimmt die Curie an und trieft, besprenkelt von reichlich Blut. Sobald jedoch die Diener die Kälbchen dem Inneren des Leibes entrissen und die herausgeschnittenen Eingeweide den rauchenden Herden übergeben haben,

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igne cremat vitulos, quae natu maxima virgo est,   luce Palis populos purget ut ille cinis. Rege Numa, fructu non respondente labori,   inrita decepti vota colentis erant. Nam modo siccus erat gelidis Aquilonibus annus,   nunc ager assidua luxuriabat aqua; saepe Ceres primis dominum fallebat in herbis   et levis obsesso stabat avena solo et pecus ante diem partus edebat acerbos   agnaque nascendo saepe necabat ovem. Silva vetus nullaque diu violata securi   stabat Maenalio sacra relicta deo. Ille dabat tacitis animo responsa quieto   noctibus; hic geminas rex Numa mactat oves. Prima cadit Fauno, leni cadit altera Somno;   sternitur in duro vellus utrumque solo. Bis caput intonsum fontana spargitur unda,   bis sua faginea tempora fronde tegit. Usus abest Veneris nec fas animalia mensis   ponere nec digitis anulus ullus inest. Veste rudi tectus supra nova vellera corpus   ponit adorato per sua verba deo. Interea placidam redimita papavere frontem   Nox venit et secum somnia nigra trahit; Faunus adest oviumque premens pede vellera duro   edidit a dextro talia verba toro: “Morte boum tibi, rex, Tellus placanda duarum:   det sacris animas una iuvenca duas!” Excutitur terrore quies: Numa visa revolvit   et secum ambages caecaque iussa refert. Expedit errantem nemori gratissima coniunx   et dixit: “Gravidae posceris exta bovis.”

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verbrennt die Virgo, die die älteste ist, im Feuer die 640 Kälbchen, damit jene Asche die Volksmassen am Tage der Pales211 entsühnt. Unter König Numa212 waren die Gebete des enttäuschten Bauern ohne Erfolg, weil die Ernte in keinem Verhältnis zur Mühe stand. Denn gerade erst war trocken das Jahr wegen der eisigen Aquilo213-Winde, jetzt war das Feld aufgequollen von beständigem Regenwasser; 645 oft täuschte Ceres den Gutsbesitzer bei den ersten Halmen, der unergiebige Hafer214 stand auf überwuchertem Boden, das Vieh brachte vor der Zeit noch unreife Leibesfrüchte hervor und das Lamm tötete oft bei der Geburt das Schaf. Ein Wald stand da, der alt und lange Zeit unverletzt durch ein Beil war, 650 dem maenalischen215 Gott als heiliger übrig gelassen. Jener gab in schweigenden Nächten dem ruhigen Gemüt Antworten; hier schlachtet König Numa zwei Schafe als Opfer. Das erste wird dem Faunus geopfert, dem milden Somnus216 das andere; ausgebreitet werden auf dem harten Boden beide Felle. 655 Zweimal wird das ungeschorene Haupt mit Quellwasser besprenkelt, zweimal bedeckt er seine Schläfen mit Buchenlaub. Der Genuss von Venus liegt fern217 und es ist nicht Recht, Tiere auf die Tische zu legen und kein Ring ist an den Fingern218. Bekleidet mit einem groben Gewand legt er seinen Körper 660 auf die neuen Felle, nachdem er mittels seiner ihm eigenen Worte zu dem Gott gebetet hat. In der Zwischenzeit kommt Nox,219 ihre friedliche Stirn mit Mohn umkränzt, und bringt mit sich dunkle Träume; Faunus220 ist da, stampft auf die Felle der Schafe mit hartem Huf und äußerte rechts vom Lager solche Worte: 665 „Durch den Tod von zwei Rindern musst du, König, Tellus besänftigen: Es soll den heiligen Riten zwei Leben geben eine einzige Kuh!“ Vertrieben wird durch den Schrecken der Schlaf: Numa wälzt immer wieder herum, was er gesehen hat, und wiederholt bei sich die rätselhaften Andeutungen und die undurchsichtigen Befehle. Seine Gattin221, die dem Hain äußerst lieb ist, befreit den 670 Verwirrten und sprach: „Einer trächtigen Kuh Eingeweide fordert man von dir.“

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Exta bovis gravidae dantur; fecundior annus   provenit et fructum terra pecusque ferunt. Hanc quondam Cytherea diem properantius ire   iussit et admissos praecipitavit equos, BN ut titulum imperii cum primum luce sequenti   Augusto iuveni prospera bella darent.

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CN Sed iam praeteritas quartus tibi Lucifer Idus   respicit; hac Hyades Dorida nocte tenent. E CER NP Tertia post Hyadas cum lux erit orta remotas,   carcere partitos Circus habebit equos. Cur igitur missae vinctis ardentia taedis   terga ferant volpes, causa docenda mihi est. Frigida Carseolis nec olivis apta ferendis   terra, sed ad segetes ingeniosus ager. Hac ego Paelignos, natalia rura, petebam,   parva, sed assiduis obvia semper aquis. Hospitis antiqui solitas intravimus aedes;   dempserat emeritis iam iuga Phoebus equis. Is mihi multa quidem, sed et haec narrare solebat,   unde meum praesens instrueretur opus: “Hoc”, ait, “in campo” (campumque ostendit) “habebat   rus breve cum duro parca colona viro.

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Die Eingeweide einer trächtigen Kuh werden dargeboten; recht ertragreich schreitet das Jahr voran und Früchte tragen Erde und Vieh. Die cythereische 222 befahl einst diesem Tag eilender voranzuschreiten und ließ die Pferde im Galopp hinabstürzen, 16. April 675 damit den Titel „Imperator“ möglichst bald am folgenden Tag dem jungen Augustus der günstig ausgegangene Krieg verlieh.223 17. April Aber auf die vergangenen Iden blickt schon der für dich vierte Morgenstern zurück; in dieser Nacht nehmen die Hyaden224 die Doris225 ein. 19. April Immer wenn der dritte Tag nach dem Versinken der Hyaden 680 angebrochen sein wird, wird der Circus die Pferde, in Stallboxen aufgeteilt, präsentieren.226 Warum also Füchse hineingeschickt werden und einen Rücken haben, der brennt, weil Fackeln darauf gebunden worden sind, muss ich erläutern.227 Kalt ist in Carseoli228 die Erde und nicht geeignet, Oliven zu tragen, aber für Saaten ist die Flur wie geschaffen. 685 Auf diesem eilte ich zu den Paelignern229, in meinen Geburtsort230, der klein, aber für die nie versiegenden Wasser immer gut zugänglich ist. Das vertraute Haus eines alten Gastfreundes betraten wir; schon hatte Phoebus den altgedienten Pferden das Joch abgenommen. Er erzählte mir für gewöhnlich freilich vieles, aber auch dies, 690 woher mein gegenwärtiges Vorhaben mit Kenntnissen bereichert wurde: „Auf diesem Feld“, sagt er (und deutet auf das Feld), „besaß eine sparsame Bauersfrau mit ihrem abgehärteten Mann ein kleines Stück Land.

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Ille suam peragebat humum, sive usus aratri,   seu curvae falcis, sive bidentis erat; haec modo verrebat stantem tibicine villam,   nunc matris plumis ova fovenda dabat, aut virides malvas aut fungos colligit albos   aut humilem grato calfacit igne focum; et tamen assiduis exercet bracchia telis   adversusque minas frigoris arma parat. Filius huius erat primo lascivus in aevo   addideratque annos ad duo lustra duos. Is capit extremi volpem convalle salicti:   abstulerat multas illa cohortis aves. Captivam stipula fenoque involvit et ignes   admovet: urentes effugit illa manus. Qua fugit, incendit vestitos messibus agros;   damnosis vires ignibus aura dabat. Factum abiit, monimenta manent: nam dicere †curtam†   nunc quoque lex volpem Carseolana vetat, utque luat poenas, gens haec Cerialibus ardet,   quoque modo segetes perdidit, ipsa perit.”

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FN Proxima cum veniet terras visura patentes   Memnonis in roseis lutea mater equis, de duce lanigeri pecoris, qui prodidit Hellen,   sol abit: egresso victima maior adest. Vacca sit an taurus, non est cognoscere promptum:   pars prior apparet, posteriora latent.

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Jener bearbeitete ohne Unterlass seinen Boden, sei es dass er Gebrauch machte von einem Pflug oder von einer gekrümmten Sichel oder von einem Karst; gerade erst kehrte sie das Bauernhaus, das auf einem Pfeiler stand, jetzt vertraute sie den Federn des Mutterhuhns die Eier zum Warmhalten an, sie sammelt entweder grüne Malven oder weiße Pilze oder heizt den dürftigen Herd mit willkommenem Feuer an; abgesehen davon übt sie ihre Arme mit den ununterbrochen laufenden Webschiffchen und bereitet Verteidigungsmaßnahmen gegen die Drohungen der Eiseskälte vor. Ihr Sohn war in seiner frühen Jugend übermütig und hatte zu seinen zwei Lustren231 zwei Jahre hinzugefügt. Er fängt einen Fuchs in einem Talkessel am Rand eines Weidengebüsches. Weggerafft hatte jener viel Geflügel des umzäunten Hofes. Den Gefangenen wickelt er in Stroh und Heu ein und führt Feuerzungen heran: jener entflieht den Händen, die sich anschicken, ihn zu verbrennen. Wohin er flieht, entfacht er die Felder, geschmückt mit Saaten; den verhängnisvollen Feuerzungen verlieh der Windhauch Kräfte. Die Tat ist vergangen, das Andenken bleibt: denn auch jetzt verbietet ein Gesetz aus Carseoli, einen Fuchs † verstümmelt † zu nennen, und damit diese Tierart büßt, brennt sie an den Cerialia und, auf welche Weise sie die Saaten vernichtete, so wird sie selbst vernichtet.“ 20. April

Immer wenn die rötlich-gelbe Mutter Memnons232 das nächste Mal auf ihren rosigen Pferden kommen wird, die offen daliegenden Länder zu schauen, 715 geht die Sonne weg vom Leittier des wolltragenden Viehs233, der Helle234 verriet. Wenn sie ihn verlassen hat, ist ein größeres Opfertier zur Stelle. Ob es eine Kuh oder ein Stier ist, ist nicht leicht auszumachen: der vordere Teil ist sichtbar, die hinteren liegen verborgen.

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Seu tamen est taurus, sive est hoc femina signum,   Iunone invita munus amoris habet.

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G PAR NP Nox abiit oriturque Aurora: Parilia poscor;   non poscor frustra, si favet alma Pales. Alma Pales, faveas pastoria sacra canenti,   prosequor officio si tua festa meo! Certe ego de vitulo cinerem stipulasque fabales   saepe tuli plena, februa tosta, manu; certe ego transilui positas ter in ordine flammas   udaque roratas laurea misit aquas. Mota dea est operique favet. Navalibus exit   puppis; habent ventos iam mea vela suos. I, pete virginea, populus, suffimen ab ara!   Vesta dabit, Vestae munere purus eris. Sanguis equi suffimen erit vitulique favilla,   tertia res durae culmen inane fabae. Pastor, oves saturas ad prima crepuscula lustra!   Unda prius spargat virgaque verrat humum! Frondibus et fixis decorentur ovilia ramis   et tegat ornatas longa corona fores. Caerulei fiant puro de sulpure fumi   tactaque fumanti sulpure balet ovis! Ure mares oleas taedamque herbasque Sabinas   et crepet in mediis laurus adusta focis! Libaque de milio, milii fiscella sequatur:   rustica praecipue est hoc dea laeta cibo! Adde dapes mulctramque suas dapibusque resectis   silvicolam tepido lacte precare Palem!

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Gleichwohl ob dieses Sternbild ein Stier oder ein weibliches Rind ist, 720 gegen Iunos Willen genießt es das Geschenk der Liebe.235 21. April

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Nox verschwand und Aurora geht auf: die Parilia236 fordert man von mir; nicht vergeblich fordert man es von mir, wenn die gütige Pales237 gewogen ist. Gütige Pales, mögest du dem, der die heiligen ländlichen Riten besingt, gewogen sein, wenn ich deine Festlichkeiten mit meiner Pflichterfüllung ehrend begleite! Gewiss habe ich oft mit voller Hand Asche vom Kalb und Bohnenstroh herbeigetragen, verbrannte Sühnemittel.238 Gewiss bin ich dreimal über Feuer, die in einer Reihe angeordnet waren, gesprungen und feuchter Lorbeer sandte Wassertropfen herab. Gerührt wurde die Göttin und sie ist meinem Werke gewogen: aus der Werft läuft mein Schiff aus; schon haben meine Segel günstige Winde. Geh, nimm Räucherwerk, Volk, vom jungfräulichen Herd! Vesta wird es gewähren, durch Vestas Geschenk wirst du rein sein. Das Blut eines Rosses wird das Räucherwerk sein und eines Kalbes Asche, die dritte Sache der leere Halm einer harten Bohne.239 Hirte, entsühne die satten Schafe bei der ersten Dämmerung! Wasser soll den Boden zuerst besprengen und ein Besen soll ihn kehren! Mit Laub und angebrachten Zweigen sollen die Schafzäune geschmückt werden und eine lange Girlande soll die verzierte Tür bedecken! Bläulicher Rauch soll aus reinem Schwefel entstehen und von rauchendem Schwefel berührt soll das Schaf blöken!240 Verbrenn’ männliche Olivenbäume, Fichtenholz und sabinische Kräuter, und es soll mitten auf den Herdstätten verkohlter Lorbeer knistern! Und ein Opferkuchen aus Hirse soll folgen und ein Hirsekörbchen: die ländliche Göttin ist über diese Nahrung besonders froh! Füge die ihr eigentümlichen Speisen und Milch hinzu und nach Zerteilen der Speisen bete zur Waldbewohnerin Pales mit lauwarmer Milch!

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“Consule”, dic, “pecori pariter pecorisque magistris:   effugiat stabulis noxa repulsa meis! Sive sacro pavi sedive sub arbore sacra   pabulaque e bustis inscia carpsit ovis, si nemus intravi vetitum nostrisve fugatae   sunt oculis nymphae semicaperque deus, si mea falx ramo lucum spoliavit opaco,   unde data est aegrae fiscina frondis ovi, da veniam culpae: nec, dum degrandinat, obsit   agresti fano subposuisse pecus! Nec noceat turbasse lacus: ignoscite, nymphae,   mota quod obscuras ungula fecit aquas! Tu, dea, pro nobis fontes fontanaque placa   numina, tu sparsos per nemus omne deos! Nec dryadas nec nos videamus labra Dianae   nec Faunum, medio cum premit arva die! Pelle procul morbos! Valeant hominesque gregesque   et valeant vigiles, provida turba, canes! Neve minus multos redigam quam mane fuerunt,   neve gemam referens vellera rapta lupo! Absit iniqua fames: herbae frondesque supersint,   quaeque lavent artus, quaeque bibantur, aquae! Ubera plena premam, referat mihi caseus aera   dentque viam liquido vimina rara sero!

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Sprich: „Kümmere dich gleichermaßen um das Vieh und die Hirten des Viehs: es soll aus meinen Ställen der Schaden vertrieben werden und entfliehen! Wenn ich auf heiligem das Vieh weidete und unter einem heiligen Baum saß und das Schaf in seiner Unbedarftheit von Gräbern Futter wegpflückte, wenn ich einen verbotenen Hain betrat oder durch meine Blicke Nymphen in die Flucht getrieben wurden und der Gott in seiner halbziegenhaften Gestalt241, wenn meine Sichel einen Hain eines Schatten spendenden Zweiges beraubte, von wo dem kranken Schaf ein Körbchen aus Laub gebracht wurde, gewähre mir Nachsicht für meine Schuld: Und es möge nicht zum Nachteil gereichen, mein Vieh, während es heftig hagelte, in einem ländlichen Heiligtum untergestellt zu haben! Und es möge nicht schaden, die Teiche aufgewirbelt zu haben: verzeiht , Nymphen, dass die Bewegung eines Hufes die Wassermassen trübe machte! Du, Göttin, besänftige in unserem Interesse die Quellen und Quellgottheiten, du die Götter, die überall im ganzen Hain verteilt sind! Und mögen wir nicht die Dryaden242 sehen, nicht das Baden der Diana243 und nicht Faunus, immer wenn er mitten am Tag auf den Fluren liegt! Treibe die Krankheiten weit fort! Es möge Menschen und Herden gut gehen und es möge den wachsamen Hunden, der aufmerksamen Schar, gut gehen! Und ich möge nicht weniger viele zurücktreiben als es am Morgen waren und möge ich nicht klagen, wenn ich Felle zurückbringe, die ich einem Wolfe entrissen habe! Möge beschwerlicher Hunger fern sein: Kräuter und Laub mögen reichlich vorhanden sein und Wasser, das die Glieder waschen soll und das getrunken werden soll! Volle Euter möge ich melken, es möge der Käse mir Geld einbringen und es möge das lückenhafte Weidengeflecht der flüssigen Molke den Weg bereiten!

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Sitque salax aries conceptaque semina coniunx   reddat et in stabulo multa sit agna meo! Lanaque proveniat nullas laesura puellas,   mollis et ad teneras quamlibet apta manus! Quae precor, eveniant et nos faciamus ad annum   pastorum dominae grandia liba Pali!” His dea placanda est: haec tu conversus ad ortus   dic quater et vivo perlue rore manus! Tum licet adposita, veluti cratere, camella   lac niveum potes purpureamque sapam. Moxque per ardentes stipulae crepitantis acervos   traicias celeri strenua membra pede! Expositus mos est; moris mihi restat origo:   turba facit dubium coeptaque nostra tenet. Omnia purgat edax ignis vitiumque metallis   excoquit: idcirco cum duce purgat oves? An, quia cunctarum contraria semina rerum   sunt duo discordes, ignis et unda, dei, iunxerunt elementa patres aptumque putarunt   ignibus et sparsa tangere corpus aqua? An, quod in his vitae causa est, haec perdidit exul,   his nova fit coniunx, haec duo magna putant? Vix equidem credo: sunt, qui Phaethonta referri   credant et nimias Deucalionis aquas. Pars quoque, cum saxis pastores saxa feribant,   scintillam subito prosiluisse ferunt; prima quidem periit, stipulis excepta secunda est:   hoc argumentum flamma Parilis habet?

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Und es möge geil sein der Widder und empfangene Samen möge seine Gattin als Gegenleistung zurückgeben und in meinem Stall möge es viele Lämmer geben! Und Wolle möge wachsen, die keine Mädchen verletzen wird, weich und passend zu den Händen, mögen sie noch so zart sein! Was ich erbitte, möge eintreten und lasst uns Pales, der Herrin der Hirten, übers Jahr gewaltige Kuchen backen!“ Durch diese Maßnahmen ist die Göttin zu besänftigen: wende dich nach Osten, sprich diese Worte viermal und wasche mit fließendem Wasser deine Hände! Dann kannst du eine Schale wie einen Mischkrug dazustellen und weiße Milch und purpurfarbenen Most trinken. Und bald sollst du über brennende Haufen von knisterndem Stroh deine kräftigen Glieder mit schnellem Fuß hinüberwerfen! Dargelegt ist die Sitte; der Sitte Ursprung , bleibt mir übrig: Die Vielzahl macht mich unsicher und hält unser Vorhaben auf. Alles reinigt das gefräßige Feuer und scheidet die Schlacken aus den Metallen aus: Entsühnt es deshalb mit dem Hirten die Schafe? Oder, weil zwei zwieträchtige göttliche Mächte, Feuer und Wasser, entgegengesetzte Grundstoffe aller Dinge sind, vereinigten unsere Vorfahren die Elemente und glaubten, dass es angemessen sei, mit Gluten und versprengtem Wasser ihren Körper zu berühren? Oder hält man diese zwei für bedeutend, weil in ihnen der Ursprung des Lebens liegt, sie der Verbannte verlor und durch sie die junge zur Gattin wird?244 Ich freilich kann das kaum glauben: Es gibt Leute, die glauben, dass Bezug auf Phaethon245 genommen wird und die allzu großen Wassermassen Deucalions246. Ein Teil berichtet auch, dass ein Funke plötzlich hervorsprang, als Hirten Steine mit Steinen schlugen; der erste ging freilich verloren, Stroh nahm den zweiten auf: hat diesen Grund die Flamme der Parilia?

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An magis hunc morem pietas Aeneia fecit,   innocuum victo cui dedit ignis iter? Num tamen est vero propius, cum condita Roma est,   transferri iussos in nova tecta Lares mutantesque domum tectis agrestibus ignem   et cessaturae subposuisse casae, per flammas saluisse pecus, saluisse colonos?   Quod fit natali nunc quoque, Roma, tuo. Ipse locum casus vati facit: Urbis origo   venit; ades factis, magne Quirine, tuis! Iam luerat poenas frater Numitoris et omne   pastorum gemino sub duce volgus erat; contrahere agrestes et moenia ponere utrique   convenit: ambigitur, moenia ponat uter. “Nil opus est”, dixit, “certamine” Romulus “ullo;   magna fides avium est: experiamur aves!” Res placet: alter init nemorosi saxa Palati,   alter Aventinum mane cacumen init. Sex Remus, hic volucres bis sex videt ordine; pacto   statur et arbitrium Romulus urbis habet. Apta dies legitur, qua moenia signet aratro:   sacra Palis suberant; inde movetur opus. Fossa fit ad solidum, fruges iaciuntur in ima   et de vicino terra petita solo; fossa repletur humo plenaeque imponitur ara   et novus accenso fungitur igne focus. Inde premens stivam designat moenia sulco;   alba iugum niveo cum bove vacca tulit.

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Oder begründete eher diese Sitte die Frömmigkeit des 800 Aeneas,247 dem nach seiner Niederlage das Feuer einen gefahrlosen Weg darbot? Ist es etwa doch näher an der Wahrheit, dass, als Rom gegründet wurde, die Laren wie geheißen in neue Häuser überführt wurden und die Leute bei ihrem Umzug Feuer unten an die ländlichen Häuser und die Hütte gelegt haben, die künftig ungenutzt bleiben sollte, 805 und durch die Flammen hindurch das Vieh sprang, die Siedler sprangen? Das ereignet sich auch jetzt an deinem Geburtstag, Rom. Der Zwischenfall selbst gibt dem Dichter die Gelegenheit: der Stadt Ursprung kommt jetzt; sei gewogen deiner Taten, großer Quirinus248! Schon hatte Buße gezahlt der Bruder249 Numitors250 und die gesamte 810 Menge der Hirten stand unter der Führung der Zwillinge; die Landbevölkerung zu versammeln und Mauern zu errichten, kommen beide überein: es steht im Zweifel, wer von den beiden die Mauern errichtet. „In keiner Weise ist irgendein Streit nötig“, sprach Romulus, „groß ist das Vertrauen in die Vögel: lass uns eine Probe mit den Vögeln machen!“251 815 Der Vorschlag gefällt : der eine betritt die Felsen des bewaldeten Palatin, der andere betritt in der Früh den Gipfel des Aventin. Sechs sieht Remus, Romulus der Vögel zweimal sechs in einer Reihe; der Vereinbarung bleibt man treu und die Entscheidungsgewalt über die Stadt hat Romulus. Ein geeigneter Termin wird ausgesucht, an dem er die Mauern mit einem Pflug vorzeichnen soll:252 820 Das heilige Fest der Pales stand kurz bevor; dann wird das Werk begonnen. Eine Grube wird bis zum festen Untergrund angelegt, Früchte werden tief hinein geworfen253 und Erde, die vom Nachbarboden geholt wurde. Die Grube wird mit Erde aufgefüllt, auf die volle wird ein Altar gesetzt und ein neuer Herd ist zuständig für das entfachte Feuer. 825 Dann drückt er den Pflugsterz hinein und zeichnet die Mauer mit einer Furche vor; eine weiße Kuh trug das Joch zusammen mit einem weißen Stier.

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Vox fuit haec regis: “Condenti, Iuppiter, urbem,   et genitor Mavors Vestaque mater, ades, quosque pium est adhibere deos, advertite cuncti:   auspicibus vobis hoc mihi surgat opus! Longa sit huic aetas dominaeque potentia terrae   sitque sub hac oriens occiduusque dies!” Ille precabatur, tonitru dedit omina laevo   Iuppiter et laevo fulmina missa polo. Augurio laeti iaciunt fundamina cives   et novus exiguo tempore murus erat. Hoc Celer urget opus, quem Romulus ipse vocarat,   “sint” que “Celer, curae”, dixerat, “ista tuae, neve quis aut muros aut factam vomere fossam   transeat; audentem talia dede neci!” Quod Remus ignorans humiles contemnere muros   coepit et “his populus”, dicere, “tutus erit?” Nec mora, transiluit: rutro Celer occupat ausum;   ille premit duram sanguinulentus humum. Haec ubi rex didicit, lacrimas introrsus obortas   devorat et clausum pectore volnus habet. Flere palam non volt exemplaque fortia servat   “sic” que “meos muros transeat hostis!”, ait. Dat tamen exsequias; nec iam suspendere fletum   sustinet et pietas dissimulata patet; osculaque adplicuit posito suprema feretro   atque ait: “Invito frater adempte, vale!”

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Dies war das Gebet des Königs: „Iuppiter, sei mir bei meiner Stadtgründung gewogen, und Vater Mavors254 und Mutter Vesta255, und ihr Götter, richtet alle eure Aufmerksamkeit hierher, die hinzuzuziehen die Frömmigkeit gebietet: unter eurem Schutz soll sich mir dieses Werk erheben! Sie möge eine lange Lebensdauer haben und als Herrin die Macht über die Welt und es möge ihr untergeordnet sein der Tag im Osten und im Westen!“ Jener betete, und mit einem Donner von der linken Seite gab Iuppiter Vorzeichen und Blitze, die er von der linken Seite des Himmels hinabsandte. Durch das Vorzeichen erfreut legen die Bürger die Fundamente und es gab eine neue Mauer innerhalb kurzer Zeit. Dieses Werk treibt Celer256 voran, den Romulus selbst herbeigerufen hatte und dem er aufgetragen hatte: „Es sollen, Celer, diese Dinge deiner Obhut obliegen und es soll niemand die Mauer oder den Graben, der mit dem Pflug gezogen wurde, überschreiten; den, der solches wagen sollte, überantworte dem Tode!“ In seiner Unwissenheit darüber hob Remus an, sich über die niedrige Mauer abschätzig zu äußern und zu sagen: „Durch diese wird Volk sicher sein?“ Und ohne zu zögern, sprang er hinüber: Mit einer Schaufel greift Celer ihn nach seinem kühnen Unterfangen an; jener liegt blutüberströmt auf dem harten Boden. Sobald der König davon Kenntnis erlangt hat, hält er die Tränen zurück, die in seinem Inneren aufkamen, und hält in seinem Herzen die Wunde unter Verschluss. Weinen will er nicht öffentlich, als Beispiel für Tapferkeit bewahrt er es und spricht: „ so soll ein Feind meine Mauern überqueren!“ Und doch gewährt er eine Leichenfeier; und er bringt es nicht mehr übers Herz, das Weinen zu unterdrücken, und seine verleugnete Liebe liegt für alle sichtbar da; letzte Küsse drückte er der Bahre auf, nachdem man sie abgestellt hatte, und sagte: „Gegen meinen Willen dahingeraffter Bruder, leb’ wohl!“

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Arsurosque artus unxit: fecere, quod ille,   Faustulus et maestas Acca soluta comas. Tum iuvenem nondum facti flevere Quirites;   ultima plorato subdita flamma rogo est. Urbs oritur (quis tunc hoc ulli credere posset?)   victorem terris impositura pedem. Cuncta regas et sis magno sub Caesare semper,   saepe etiam plures nominis huius habe! et, quotiens steteris domito sublimis in orbe,   omnia sint umeris inferiora tuis!

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H N et A VIN NP Dicta Pales nobis: idem Vinalia dicam.   Una tamen media est inter utramque dies. Numina, volgares, Veneris celebrate, puellae!   Multa professarum quaestibus apta Venus. Poscite ture dato formam populique favorem,   poscite blanditias dignaque verba ioco! Cumque sua dominae date grata sisymbria myrto   tectaque composita iuncea vincla rosa! Templa frequentari Collinae proxima portae   nunc decet; a Siculo nomina colle tenent, utque Syracusas Arethusidas abstulit armis   Claudius et bello te quoque cepit, Eryx, carmine vivacis Venus est translata Sibyllae   inque suae stirpis maluit urbe coli. Cur igitur Veneris festum Vinalia dicant,   quaeritis et quare sit Iovis ista dies?

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Und er salbte die Glieder ein, die zur Verbrennung bestimmt waren: was jener tat, machten Faustulus und Acca,257 nachdem sie ihre traurigen Haare gelöst hatte.258 855 Dann beweinten den jungen Mann diejenigen, die noch nicht Quiriten259 geworden waren; eine letzte Flamme wurde unter den Scheiterhaufen gelegt, den man bejammert hatte. Stadt entsteht, die bestimmt ist, den siegreichen Fuß auf die Länder zu setzen (wer hätte das damals irgendjemandem glauben können?). Mögest du alles beherrschen und immer dem großartigen Caesar untergeben sein, 860 oft sollst du auch mehrere dieses Namens haben! Und sooft du hochaufragend auf dem bezwungenen Erdkreis stehst, soll alles niedriger sein als deine Schultern! 22. April und 23. April Wir haben Pales besprochen: die Vinalia260 will ich als derselbe besingen. Ein einziger Tag steht doch mitten zwischen den beiden. 865 Die Göttlichkeit der Venus feiert , ihr leichten Mädchen!261 Venus passt gut zum Gewerbe derjenigen, die viel verheißen. Fordert nach der Spende von Weihrauch Schönheit und die Gunst des Volkes ein, fordert Charme ein und Worte, die des scherzhaften Spieles würdig sind! Und mit der ihr eigenen Myrte262 bringt der Herrin willkommene Minze dar 870 und Binsengeflechte, bedeckt mit daraufgesteckten Rosen! Den Tempel,263 ganz nah am Collinischen Tor, häufig zu besuchen, ziemt sich jetzt; vom sizilischen Hügel264 hat er seine Bezeichnung und, sobald Claudius265 Arethusas266 Syracus mit Waffen zerstört und auch dich im Kriege eingenommen hatte, Eryx, 875 wurde Venus aufgrund eines Spruches der langlebigen Sibylle267 hin überführt und wollte lieber in der Stadt ihrer Nachkommenschaft verehrt werden. Warum sie also die Vinalia ein Fest der Venus nennen, fragt ihr, und weshalb dieser Tag Iuppiters ist?

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Turnus an Aeneas Latiae gener esset Amatae,   bellum erat: Etruscas Turnus adorat opes. Clarus erat sumptisque ferox Mezentius armis   et vel equo magnus vel pede maior erat; quem Rutuli Turnusque suis adsciscere temptat   partibus. Haec contra dux ita Tuscus ait: “Stat mihi non parvo virtus mea: volnera testor   armaque, quae sparsi sanguine saepe meo. Qui petis auxilium, non grandia divide mecum   praemia, de lacubus proxima musta tuis! Nulla mora est operae: vestrum est dare, vincere nostrum.   Quam velit Aeneas ista negata mihi!” Adnuerant Rutuli. Mezentius induit arma,   induit Aeneas adloquiturque Iovem: “Hostica Tyrrheno vota est vindemia regi:   Iuppiter, e Latio palmite musta feres.” Vota valent meliora: cadit Mezentius ingens   atque indignanti pectore plangit humum. Venerat Autumnus calcatis sordidus uvis:   redduntur merito debita vina Iovi. Dicta dies hinc est Vinalia; Iuppiter illa   vindicat et festis gaudet inesse suis. C ROB NP Sex ubi, quae restant, luces Aprilis habebit,   in medio cursu tempora veris erunt et frustra pecudem quaeres Athamantidos Helles,   signaque dant imbres exoriturque Canis.

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Es gab einen Krieg, ob Turnus268 oder Aeneas der Schwiegersohn der Amata269 von Latium sein sollte: etruscische Hilfe erfleht Turnus. Berühmt war Mezentius270 und wild, wenn er zu den Waffen gegriffen hatte, und großartig auf dem Pferde oder noch großartiger zu Fuß; ihn versuchen die Rutuler und Turnus auf ihre Seite zu ziehen. Darauf spricht der tuscische Anführer so: „Meine Tapferkeit kostet mich nicht wenig: meine Wunden und Waffen sind meine Zeugen, die ich oft mit meinem Blut besprengt habe. Der du um Hilfe bittest, geringe Belohnungen teile mit mir, aus deinen Kufen den nächsten neuen Wein! Kein Zögern gibt es für der Aufgabe: eure Sache ist es zu geben, zu siegen unsere. Wie sehr dürfte Aeneas sich wünschen, dass mir dies verweigert wurde!“ Zugestimmt hatten die Rutuler. Mezentius legt die Waffen an, Aeneas legt sie an und spricht zu Iuppiter: „Die feindliche Weinlese ist dem tyrrhenischen271 König versprochen: Iuppiter, vom Weinstock aus Latium wirst du den neuen Wein erhalten.“ Die besseren Gelübde setzen sich durch: Es fällt der riesige Mezentius und schlägt voll Entrüstung mit der Brust auf den Boden. Gekommen war Autumnus,272 befleckt mit der zertretenen Trauben: Erstattet wird zu Recht dem Iuppiter der Wein, den man ihm schuldete. Benannt ist der Tag daher mit Vinalia; Iuppiter beansprucht jene für sich und freut sich, dass sie Bestandteil seiner Feste sind. 25. April Sobald der April sechs restliche Tage haben wird, die Frühlingszeiten sich in der Mitte ihres Laufes befinden werden und du vergeblich das Tier273 der Athamantide274 Helle suchen wirst, geben die Regengüsse Hinweise und der Hund275 geht auf.

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Hac mihi, Nomento Romam cum luce redirem,   obstitit in media candida turba via: flamen in antiquae lucum Robiginis ibat,   exta canis flammis, exta daturus ovis. Protinus accessi, ritus ne nescius essem;   edidit haec flamen verba, Quirine, tuus: “Aspera Robigo, parcas Cerialibus herbis   et tremat in summa leve cacumen humo! Tu sata sideribus caeli nutrita secundi   crescere, dum fiant falcibus apta, sinas! Vis tua non levis est: quae tu frumenta notasti,   maestus in amissis illa colonus habet. Nec venti tantum Cereri nocuere nec imbres,   nec sic marmoreo pallet adusta gelu, quantum si culmos Titan incalfacit udos:   tum locus est irae, diva timenda, tuae. Parce, precor, scabrasque manus a messibus aufer   neve noce cultis! Posse nocere sat est! Nec teneras segetes, sed durum amplectere ferrum,   quodque potest alios perdere, perde prior! Utilius gladios et tela nocentia carpes:   nil opus est illis; otia mundus agit. Sarcula nunc durusque bidens et vomer aduncus,   ruris opes, niteant; inquinet arma situs conatusque aliquis vagina ducere ferrum   adstrictum longa sentiat esse mora! At tu ne viola Cererem semperque colonus   absenti possit solvere vota tibi!” Dixerat; a dextra villis mantele solutis   cumque meri patera turis acerra fuit.

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905 Als ich von Nomentum276 nach Rom zurückging, trat mir an diesem Tage mitten auf dem Weg eine weiß Menge entgegen: Ein Flamen ging in den Hain der alten Robigo277 in der Absicht, die Eingeweide eines Hundes, die Eingeweide eines Schafes den Flammen darzubringen. Unverzüglich kam ich näher, um nicht in Unkenntnis über den Brauch zu sein; 910 es gab diese Worte dein Flamen278, Quirinus, von sich: „Raue Robigo, mögest du die jungen Saaten der Ceres verschonen und es möge die glatte Halmspitze hoch über dem Boden beben! Mögest du zulassen, dass die Saaten unter den Sternen eines günstigen Himmels genährt werden und wachsen, bis sie für die Sicheln bereit werden! 915 Deine Macht ist nicht geringfügig: Jenes Getreide, das du gezeichnet hast, rechnet der Landmann traurig unter das Verlorene. Weder haben die Winde noch die Regengüsse Ceres so viel geschadet noch ist sie so bleich, erfroren unter dem marmorweißen Frost, wie wenn Titan279 die feuchten Ähren erwärmt: 920 dann gibt es einen Zeitraum für deinen Zorn, furchterregende Göttin. Verschone , ich bitte dich darum, nimm deine rissigen Hände vom Getreide weg und schade nicht den bebauten Feldern! In der Lage zu sein, Schaden anzurichten, ist genug! Und umfasse nicht die zarten Saaten, sondern das harte Eisen und vernichte eher, was andere vernichten kann! 925 In nützlicherer Weise wirst du Schwerter und schädliche Waffen zerfressen: In keiner Weise sind jene nötig; Friedenszeiten hält die Welt. Jetzt sollen Hacken, der harte Karst und der gekrümmte Pflug, die Hilfsmittel der Flur, glänzen; der Rost soll die Waffen befallen und jemand, der versucht hat, das Schwert aus der Scheide 930 zu ziehen, soll spüren, dass es infolge langer Dauer festsitzt! Du jedoch, verletze Ceres nicht, und stets soll der Landmann dir in deiner Abwesenheit die Gelübde einlösen können!“ Sprach’s; auf der rechten Seite befand sich eine Serviette mit losen Fransen und ein Weihrauchkästchen mit einer Schale reinen Weins.

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LIBER QVARTVS

Tura focis vinumque dedit fibrasque bidentis   turpiaque obscenae (vidimus) exta canis. Tum mihi “cur detur sacris nova victima, quaeris?”   (quaesieram) “causam percipe!”, flamen ait. “Est Canis, Icarium dicunt, quo sidere moto   tosta sitit tellus praecipiturque seges: pro cane sidereo canis hic imponitur arae   et, quare fiat, nil nisi nomen habet.”

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F NP Cum Phrygis Assaraci Tithonia fratre relicto   sustulit immenso ter iubar orbe suum, mille venit variis florum dea nexa coronis;   scaena ioci morem liberioris habet. Exit et in Maias sacrum Florale Kalendas:   tunc repetam, nunc me grandius urget opus. Aufer, Vesta, diem: cognati Vesta recepta est   limine; sic iusti constituere patres. Phoebus habet partem: Vestae pars altera cessit:   quod superest illis, tertius ipse tenet. State, Palatinae laurus, praetextaque quercu   stet domus: aeternos tres habet una deos!

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VIERTES BUCH

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935 Auf den Herdstätten opferte er Weihrauch, Wein, Innereien eines Schafes und die hässlichen Eingeweide einer unreinen Hündin280 – wir haben es gesehen. Dann sagte mir der Flamen: „Warum ein neuartiges Opfertier bei den heiligen Riten geopfert wird, fragst du?“ – hatte ich gefragt – „Vernimm den Grund: Es gibt ein Sternbild Hund281, man nennt ihn „icarisch“; wenn er aufgegangen ist, 940 dürstet die ausgedörrte Erde und die Saat wird zu früh reif: Anstelle des Sternenhundes wird dieser Hund auf den Altar gelegt und er hat nichts außer dem Namen , weshalb es geschieht.“ 28. April Sobald Tithonia282 den Bruder des Phrygers Assaracus283 verlassen und ihren Strahlenkranz dreimal in der riesigen Welt erhoben hat, 945 kommt eine Göttin, umrankt von bunten Kränzen tausender Blumen; die Bühne bietet den Brauch freizügigeren Scherzes. Sogar bis zu den Kalenden des Mai erstreckt sich das heilige Fest der Flora284: dann will ich es wieder aufgreifen, für jetzt treibt mich ein großartigeres Projekt an. Nimm deinen Tag an, Vesta: Vesta wurde von der Schwelle ihres Verwandten285 950 empfangen; so setzten es die gerechten Väter fest. Phoebus286 besitzt einen Teil : der Vesta wurde ein anderer Teil überlassen. Was jene nicht brauchen, hat er selbst als Dritter inne. Habe Bestand, Lorbeer auf dem Palatin, und geschmückt mit dem Eichenkranz möge das Haus Bestand haben287: drei ewige Götter288 beherbergt ein einziges !

Anmerkungen zum vierten Buch 1. 2.

I. e. Aphrodite und ihre beiden Kinder, Eros und Anteros. Diese Dublette zu fast. 1.1f. lässt vermuten, dass die Überarbeitung des Werkes nicht abgeschlossen ist; in den VV. 79–84 wird deutlich, dass Ovid sehr wohl in Tomi am vierten Buch gearbeitet hat (s. auch Anm. zu fast. 4.81). 3. Auf Kythera gab es einen besonderen Aphrodite-Kult; vgl. Anm. zu fast. 3.611. Zur Verbindung von Aphrodite und Myrte s. fast. 4.139–144, 4.869f. 4. Augustus kann sich aufgrund der Adoption durch Iulius Caesar in die Gens Iulia auf die Abstammung von Venus berufen (vgl. zum konstruierten mythischen Stammbaum Anm. zu fast. 1.40 und zu 3.425f.). 5. I. e. Romulus, der Sohn von Rhea Silvia/Ilia; zur Identifikation von Ilia mit Rhea Silvia vgl. 3.62 und 3.233 jeweils m. Anm., 2.598, 4.54. Zur Jahresgestaltung des Romulus vgl. fast 1.27–44, bes. VV. 39f., fast. 3.71– 166 bes. VV. 75–78). 6. Dardanos, der Sohn von Zeus und Elektra, ist der mythische erste König Trojas und namensgebend für die Dardaner (z. B. fast. 1.519, 2.680, 6.42). 7. I. e. eine Pleiade (vgl. dazu Anm. zu fast. 3.105, speziell zu Elektra Anm. zu 4.177) und Mutter des Dardanos (Hyg. astr. 2.21). 8. Ericthonius, der Sohn von Dardanos und Bateia, galt als der reichste Mensch (Hom. Il. 20.219f.). Sein Sohn ist Tros, der eponyme König von Troja und Vater der drei Söhne Ilos, Assarakos und Ganymed (zu letzterem s. Anm. zu fast. 2.145). Assarakos wird durch seinen Sohn Kapys zum Großvater von Anchises (Hom. Il. 20.239). Zur Elternschaft von Venus und Anchises s. Hom. Il. 2.820f., 5.247f., 312f., 20.208f., Anm. zu fast. 3.426. Vgl. auch den ausführlichen Stammbaum bei Hom. Il. 20.214–240. 9. Zur sprichwörtlichen pietas des Aeneas, die sich in seinem treuen Dienst manifestiert, vgl. fast. 1.527f. m. Anm. und Anm. zu 3.422–424 sowie fast. 4.77f., 5.563, Verg. Aen. 2.705–724. 10. Die Gens Iulia leitete später ihre Abstammung von Iulus, dem Sohn des Aeneas und seiner ersten Frau Crëusa, ab, um eine göttliche Herkunft zu konstruieren (s. auch Anm. zu fast. 3.426). In der römischen Literatur wird er Ascanius genannt (z. B. Verg. Aen. 1.267f., 2.598, Liv. 1.3.2f., auch bei D.H. 1.70.3). 11. I. e. die Troas; „teukrisch“ ist also ein Synonym für „trojanisch“. 12. Dieser Postumus heißt bei Liv. 1.3.6 „Silvius“ und ist dort der mythische Sohn von Ascanius/Iulus. In einer anderen Tradition ist Postumus oder Silvius Postumus als posthumer Sohn des Aeneas mit Lavinia bezeugt.

Anmerkungen zum vierten Buch

13.

14. 15. 16. 17. 18. 19. 20.

21. 22. 23. 24.

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Die schwangere Lavinia musste vor ihrem Stiefsohn Ascanius fliehen und gebar Silvius in den Wäldern. Er gewann nach Ascanius’ Tod die Volksabstimmung über die Nachfolge gegen Iulus, den leiblichen Sohn des Ascanius (s. Verg. Aen. 6.760–766, D.S. 7.5.8, D.H. 1.70.1–4). Sowohl der Name Silvius (als „ein im Wald Geborener“) als auch Postumus („jemand, der nach dem Tod des biologischen Vaters geboren wurde“) sind Indizien dafür, dass die zweite Version wahrscheinlicher ist. Gemeint ist Latinus Silvius, der nicht mit Lavinias Vater Latinus, König der Laurenter, der einige Generationen zuvor gelebt hat, zu verwechseln ist. In der gängigen Genealogie ist Latinus nach Ascanius und Silvius der dritte König von Alba Longa. In den wichtigsten Quellen wird noch Aeneas Silvius vor Latinus eingefügt (Liv. 1.3.7, D.H. 1.71.1, D.S. 7.5.9). Es folgen in livianischer Tradition: Alba, Atys, Capys, Ca(l)petus, Tiberinus, Agrippa, Romulus Silvius, Aventinus, Procas, Amulius, Numitor (Liv. 1.3.8–11, 1.6.1–3). Für diese mythische Person sind mehrere Namensvarianten belegt: Epytus (Ovid), Atys (Livius), Capetus (Dionysios). Der trojanische Kapys war der Vater des Anchises; s. V. 34. Zu der hier belegten Namensform Calpetus gibt es die Variante Capetus (Liv. 1.3.8, Ov. met. 14.613, App. Reg. 1a.4). Erst Tiberinus gab dem Fluss Albula den Namen „Tiber“. Vgl. auch fast. 2.389f. S. Anm. zu 1.233. Der Name des vom Blitz getroffenen Königs ist nicht einheitlich überliefert. Neben Remulus ist auch Romulus Silvius, Aremulus (Aramulius) Silvius, Amulius oder Allodios belegt. Eine mögliche Erklärung für die Bezeichnung des Aventins rührt vom albanischen König Aventinus her, der auf dem Aventin im Kampf getötet und dort bestattet worden sein soll (Varro ling. 5.43, Fest. s. v. Aventinus 17L, Liv. 1.3.9, Ov. met. 14.620f.). I. e. der Vater des Numitor und Amulius. Zur Vertreibung des Königs Numitor und der Machtusurpation des Amulius s. fast. 2.384 m. Anm. und 3.49f. m. Anm. Zur Identifikation mit Rhea Silvia s. fast. 3.62, 3.233, 2.598 jeweils m. Anm. Gemeint ist Romulus. Zu Quirinus s. Anm. zu fast. 1.37, ebenfalls ana­ chronistisch in fast. 1.37, 1.199, 3.41. Zu den Phasen aus dem frühen Leben der Zwillinge s. fast. 3.9–48: Empfängnis und Geburt der Zwillinge, in fast. 3.49–52, 2.383–386, 403–406: Befehl des Amulius, und in fast. 2.407–422: Wölfin als Amme.

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Festkalender

25. Venus bzw. ihr griechisches Pendant Aphrodite soll aus dem Meeresschaum (ἀφρóς ) geboren worden sein. 26. In der Frühzeit waren große Teile Süditaliens und Siziliens griechische Kolonien, was sich auch später noch in der Bezeichnung Magna Graecia zeigte. Im Folgenden werden viele mythische griechische Personen angeführt, die nach Italien gekommen sein und Städte gegründet haben sollen. 27. Zur Flucht des Euander aus Arkadien und seiner Ankunft in Latium vgl. fast. 1.471–542 m. Anm. zu 1.471. 28. Zum Papponymikon „Alkide“ für Hercules s. Anm. zu 1.575; zu Hercules generell Anm. zu 1.543 und zu seiner Ankunft und dem Kampf mit Cacus 1.543–586. 29. I. e. der ursprüngliche Name des Tiber; s. fast. 2.389 m. Anm. 30. Gemeint ist Odysseus, der hier nach dem Gebirgszug auf seiner Heimatinsel Ithaka benannt ist (Hom. Od. 9.22, 13.351, Ov. met. 13.712, 14.563, trist. 1.5.57f.). 31. Gemeint sind die kannibalischen Riesen aus der Odyssee (Od. 10.80– 132), die in der Antike unterschiedlich verortet wurden, u. a. in Leontinoi auf Sizilien (Str. 1.2.9) oder in Formiae in Latium (Cic. Att. 2.13.2, Ov. met. 14.233f., Plin. nat. 3.59). 32. In der Odyssee wohnt Kirke auf der Insel Aiaia ganz im Osten (Hom. Od. 10.135–137, Od. 12.3f.). In späterer Zeit wird sie am Cap Circeium im nördlichen Kampanien verortet (Verg. Aen. 7.10–14, D.H. 4.63.1). 33. Zu Telegonos’ Gründung von Tusculum vgl. fast. 3.92 m. Anm. 34. Tibur, das heutige Tivoli, östlich von Rom, soll von Einwanderern aus Argos (Stadt auf der Peloponnes) gegründet worden sein (Verg. Aen. 7.670– 673, Serv. Aen. 7.670, Hor. carm. 2.6.5, Plin. nat. 16.237). 35. Dieser Gefährte oder uneheliche Sohn des mykenischen Herrschers Agamemnon soll, nachdem der Letztgenannte von seiner eigenen Frau Klytaimnestra ermordet worden ist, geflohen sein und in Italien Falerii gegründet haben (Verg. Aen. 7.723–725, Serv. Aen. 7.723). S. ausführlich Frazer (ad loc.). Agamemnon selbst wird hier mit dem Patronymikon „Atride“ bezeichnet. 36. Zu „faliskisch“ s. Anm. zu 1.84. 37. Dieser besonnene Trojaner riet zum Frieden mit den Griechen und dazu, Helena zurückzugeben. Nach dem Fall Trojas sei er nach Italien gekommen (Liv. 1.1.1, Str. 5.1.4, 12.3.8, 13.1.53) und habe Patavium, heute Padua, gegründet (Verg. Aen. 1.247). 38. Mit dem Papponymikon „Oenide“ ist Diomedes, Sohn des Tydeus (zu ihm s. Anm. zu fast. 1.491) und Enkel des Oineus, gemeint. Auch er kam nach dem Trojanischen Krieg nach Italien, unterstützte den dortigen Kö-

Anmerkungen zum vierten Buch

39. 40.

41. 42. 43. 44.

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nig Daunus im Krieg gegen die Messapier und bekam zum Dank dafür die Prinzessin zur Frau. König in Apulien. Der Ida-Gebirgszug liegt bei Troja. Die Ungenauigkeit, die Troas gehöre zu Phrygien, findet sich recht oft (s. auch E. Or. 1381–1383, Verg. Aen. 1.182, 1.381, 3.6, Ov. fast. 4.272, Anm. zu 4.182). Man kann das antike Phrygien, dessen bekanntester Vertreter der legendäre König Midas war, in Kleinasien (Anatolien) verorten. Als eponymer Gründer Sulmos sonst nur bei Sil. 9.70–76. Durch den Adressaten Germanicus wird klar, dass Ovid sich im Exil befindet, wo ihn die Erinnerung an seine Heimat Sulmo quält. Tomi, Ovids Exilort, lag also im Skythenland; s. Anm. zu 3.720. Ovid präferiert eindeutig die griechische Namensherleitung, anders als Cincius und Varro, beide zitiert bei Macrobius (Sat. 1.12.12–14) und Varro (ling. 6.33), die eine lateinische Etymologie von aperire (= „öffnen“, i. e. die Natur öffnet sich wieder) verfechten. Die beiden Distichen erinnern an ein elegisches Paraklausithyron („Lied vor verschlossener Tür“). Rom ist das „neue Troja“, so z. B. in Verg. Aen. 1.206, Ov. met. 15.431, rem. 281, Ov. fast. 1.523, 3.423, 4.251. Im Kampf zwischen Aeneas und Diomedes stand Venus ihrem Sohn bei, wurde jedoch verletzt (s. Hom. Il. 5.311–352). Der „Schiedsrichter“ Paris sollte in einem Wettbewerb über die Schönheit der drei Göttinnen Aphrodite, Hera und Athene entscheiden. Nach Bestechung durch Aphrodite, die schönste Frau auf Erden zu erhalten, übergab er Aphrodite den Goldenen Apfel. Durch den Raub der Helena entstand daraufhin der Trojanische Krieg. Die beiden düpierten Göttinnen, insbesondere Hera, hegten entsprechend gegenüber Aphrodite, aber auch ihren Begünstigten, also Troja, Aeneas und seinen Nachfahren, großen Zorn, sodass Hera/Iuno Aeneas mit Hass verfolgte (z. B. Verg. Aen. 1.25–28, 12.791–806). Sie ist die Schwiegertochter des Kapys, welcher wiederum ein Sohn des Assarakos ist; vgl. fast. 4.33–37 m. Anm., Hom. Il. 20.239. Zu der Abstammungsideologie s. Anm. zu 4.20 und 4.39 mit weiteren Verweisen. Dass der März und der April zueinander passen, lässt sich gut erklären, da auch die damit verbundenen Gottheiten Mars und Venus eine Affäre unterhielten; vgl. Ov. met. 4.171–189, Hom. Od. 8.267–366. Zum Mythos von Aphrodites Geburt vgl. Anm. zu 4.62. Gemeint ist die Göttin Venus Verticordia mit ihrem Fest am 1. April. Sie sollte zügellose Begierden und unerlaubte Liebe abwehren, sodass nur

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54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62.

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ehrbare Frauen mit ihren langen Stolen und typischen Haarbändern daran teilnehmen durften, hingegen keine Prostituierten. Sie erhielt während des zweiten Punischen Krieges einen ersten Tempel (Val. Max. 8.15.12, Plin. nat. 7.120). Auf Weisung der Sibyllinischen Bücher wurde im Jahre 114 v. Chr. ein weiterer Tempel für Verticordia errichtet, da drei Vestalinnen, Aemilia, Licinia und Marcia, wegen Unzucht angeklagt und zum Tode verurteilt wurden (Iulius Obsequens 37; zum Frevel der Vestalinnen: Liv. perioch. 63.4, Plu. quaest. R. 83). S. zur Etymologie von „Verticordia“ fast. 4.157–160. Auch Fortuna Virilis ist am 1. April verehrt worden, indem die Frauen entblößt in den Badeanlagen zur Göttin beteten, so belegt durch CIL 1.1 pp. 235, 314. I. e. die Sibylle; vgl. Anm. zu 3.534. Zu den sieben Pleiaden, Atlastöchtern, vgl. Anm. zu 3.105. Zu den einzelnen Pleiaden und dem Grund, warum nur sechs am Himmel sichtbar sind, vgl. die Übersetzung zu 4.171–178. Sterope wurde durch Ares mit Oinomaos, dem späteren König von Pisa, schwanger (Eratosth. Cat. 23, Hyg. astr. 2.21). Alkyone soll von Poseidon Aethusa, Hyrieus und Hyperenor (Apollod. 3.111) oder aber Anthas (Paus. 9.22.5) geboren haben. Auch Kelaino habe von Poseidon Lykos (Eratosth. Cat. 23, Apollod. 3.111), nach Hygin (astr. 2.21) zudem Nykteus erwartet. Zur Affäre des Iuppiter mit Maia s. 5.85–88 m. Anm. Aus dieser Liebschaft soll Lakedaimon entstanden sein. Einzig Merope soll einen Sterblichen, Sisyphos, geheiratet (Apollod. 3.110, Hyg. fab. 192) und Glaukos geboren haben (Apollod. 1.85, Hyg. astr. 2.21). Sie könnte diejenige sein, die aufgrund ihrer eigenen Scham nicht am Himmel strahlt. Zu Elektra s. Anm. zu 4.31. Als Mutter von Dardanos, dem ersten König Trojas, kann sie es nicht ertragen, Trojas Eroberung zu sehen, und schlägt sich die Hände vor die Augen. Gemeint ist Helios/Sol. Auch in 1.617, 2.73, 4.919 wird auf den Titanen verwiesen, um einen neuen Tag beginnen zu lassen. Die Berekynter gehörten zu den Phrygiern und huldigten insbesondere der Magna Mater bzw. Kybele. Die berekyntische Flöte wurde aus Lotos- oder Buchsbaum gefertigt und hatte einen durchdringend schrillen Klang (s. V. 190). Vom 4. – 10. April wurden traditionell die ludi Megalenses zu Ehren der Magna Mater (Kybele) gefeiert. Ovid rekapituliert die Genese dieses Festes und beginnt mit dem ohrenbetäubenden Lärm im Umzug (VV. 181–214). Es folgt die Erklärung zu den Kastraten (VV. 221–244), der

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Ursprung der Magna Mater und ihre Ankunft in Italien (VV. 247–338) gipfelnd in der rituellen lavatio (VV. 339f.) und dem Einzug nach Rom (VV. 341–347). Die rituelle Waschung im Almo und Prozession mit Beteiligung der galli (zu ihnen s. fast. 4.223–244, 361–366) fand erstmalig am 27. März des Jahres 204 v. Chr. statt und wurde fortan jährlich begangen. Erst mit den Versen 349–372 verlässt Ovid die Vorgeschichte, die eher in den März gehört, und geht auf die eigentlichen Festlichkeiten der Göttin ein, die am 4. April begannen und an denen die exzentrischen galli nicht teilnehmen durften. Die Feiertage selbst hingegen wurden sittsam begangen und es gab private Gastmähler (V. 353f.), Circusspiele (V. 187, Liv. 29.14.13f.) und ludi scaenici, Aufführungen im Theater (Liv. 34.54.3, Val. Max. 2.4.3). Ihren Ursprung hat Magna Mater in der „Mutter vom Ida-Gebirge“ oder „phrygischen Mutter“, i. e. Kybele (vgl. Anm. zu 2.55). Zu ihrer Überführung nach Rom s. 4.247–348, zur geographischen Ungenauigkeit, das trojanische Ida-Gebirge mit Phrygien in Verbindung zu bringen, vgl. Anm. zu 4.79. Zur Selbstverstümmelung der sog. galli s. fast. 4.223–244 m. Anm. zu 223, zur Etymologie galli fast. 4.361–366. I. e. Kybele, die am Berg Kybelum bzw. Kybela gesäugt worden sein soll (D.S. 3.58.1f.). Gemeint sind die Musen, die Töchter von Zeus und Mnemosyne (Hes. Th. 75f., 915–917, Apollod. 1.13). Hintergrund des aufgeführten Verwandtschaftsverhältnisses ist, dass Kybele schon früh mit Rhea, der Mutter des Zeus, identifiziert wurde. Am Helikon, dem Musenberg in Boiotien, lebten die Musen. Muse der Liebeslyrik. I. e. Aphrodite (s. auch Anm. zu 3.611, 4.15). Saturn/Kronos soll aus Angst, von einem seiner Kinder gestürzt zu werden, seine neugeborenen Kinder verschlungen haben. Rhea konnte Zeus durch einen Trick vor demselben Schicksal bewahren, sodass er auf Kreta aufwachsen und schließlich seine Geschwister, die späteren olympischen Götter, befreien konnte. Die Titanen, Kronos und seine Geschwister, wurden nach der Titanomachie in den Tartaros verbannt. Zur Vertreibung Saturns s. fast. 1.193 m. Anm., 1.233–240. Als Tochter des Uranos und der Gaia ist Rhea die Schwester, aber auch Gemahlin des Kronos und gebiert ihm Zeus, Hera, Demeter, Hestia, Hades und Poseidon (Hes. Th. 453–458). Hier ist das Ida-Gebirge von Kreta gemeint, das in einer Mythenvariante der Geburtsort von Zeus gewesen sein soll.

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77. Die Vegetationsdämonen auf Kreta, die sog. Kureten, sollen gelärmt haben, um zu verhindern, dass der kindliche Zeus entdeckt wird. Die Korybanten stammten eigentlich aus Kleinasien, allerdings wurden beide Gruppen schon früh miteinander vermischt und als Einheit im Gefolge der Kybele verstanden. 78. Im Mythos handelt es sich bei Attis um einen schönen Jüngling, der der Kybele ewige Treue schwor, allerdings bald mit der Naiade vom Sagaris ein Verhältnis einging. Zur Strafe schlug ihn Kybele mit Wahnsinn, so dass er sich selbst entmannte und damit das Vorbild für die späteren galli wurde (so auch: Catull. 63.1–26). 79. Die Nymphe ist die Tochter des phrygischen Flussgottes bzw. Flusses Sagaris (Ps.-Plu. Fluv. 12) oder Sangarios/Saggarius (Str. 12.3.7, 12.5.3 bzw. Plin. nat. 5.147). In V. 231 wird sie zwar als Naiade (= Flussnymphe) bezeichnet, in V. 232 ist allerdings offenkundig, dass eher eine Hama­ dryade gemeint ist, deren Leben eng mit dem des ihr zugewiesenen Baumes verknüpft ist. 80. I. e. ein Berg in Kleinasien, zwischen Lydien und Phrygien. 81. Hier liegt ein locus desperatus vor, der auch durch diverse Konjekturen nicht befriedigend zu heilen ist. S. dazu die Konjekturversuche im textkritischen Apparat bei Alton. 82. S. zum aus dem Blut wachsenden Veilchen fast. 5.227f. m. Anm. 83. Zu „aonisch“ in der Bedeutung „boiotisch“ s. Anm. zu 1.489. 84. I. e. die boiotische Muse; zu Camena als Identifikation einer Muse s. Anm. zu fast. 3.275. 85. Die Umstände der Überführung der Kybele als Magna Mater nach Rom liegen im Dunkeln und werden sehr unterschiedlich beschrieben. Livius (29.10.4–11.8, 29.14.5–14) berichtet, die Sibyllinischen Bücher hätten während des zweiten Punischen Krieges angeraten (von einer „vollständigen Unterwerfung des gesamten Erdkreises“ kann also noch nicht die Rede sein: 4.255–258), Kybele aus dem phrygischen Pessinus nach Rom zu holen. König Attalos I. Soter von Pergamon (241–197 v. Chr.) soll hierbei eine vermittelnde Funktion übernommen haben (Liv. 29.10.6f.). Pessinus als Heimat der Kybele findet sich auch bei Appian (Hann. 233), Diodor (34–35.33.2) und Cassius Dio (17.61). Vgl. auch die detaillierte Erörterung bei Frazer und Bömer ad loc. 86. Zum Dindymos vgl. Anm. zu 4.234. 87. Kybelum ist ein phrygischer Berg; vgl. fast. 4.192. 88. I. e. das Ida-Gebirge. 89. I. e. Troja. 90. S. z. B. auch die Verse 1.527f., 3.423–424.

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91. I. e. die Sibyllinischen Bücher in Cumae. „Euboisch“ leitet sich davon ab, dass das kampanische Cumae von Kolonisten aus dem griechischen Chalkis und Kyme auf Euboia gegründet worden sein soll. 92. Ursprünglich war er eine eigene Gottheit der Heilkunst, die allerdings später mit Apoll gleichgesetzt wurde. Hier ist das delphische Orakel des Apoll gemeint, das insgesamt zweimal befragt wurde (Liv. 29.10.6, 29.11.5f.). 93. Gemeint ist Attalos I. Soter; s. oben Anm. zu fast. 4.248. 94. Gemeint ist „italisch“; s. dazu Anm. zu 1.55. 95. Da Pergamon recht nahe bei Troja lag, welches allenthalben „phrygisch“ genannt wurde (zur geographischen Ungenauigkeit s. auch Anm. zu fast. 4.79), zog Kybele also aus der alten phrygischen Stadt in die neue phrygische Stadt Rom, die von Nachfahren des Phrygiers (= Trojaners) Aeneas gegründet wurde. 96. I. e. Aeneas. 97. Oft wird Kybele mit Rhea, der Mutter von Zeus, Poseidon, Hades, Hestia, Demeter und Hera, identifiziert (vgl. dazu Anm. zu fast. 4.192). 98. Gemeint ist der Hellespont (heute: Dardanellen), der nach Helle benannt sein soll (vgl. zu diesem Aition 3.851–876). 99. Küstenort in der Nähe von Troja, wo sich das Grab des Aias befinden soll (Str. 13.1.30, Mela 1.96, Plin. nat. 5.125). 100. Auch Sigeum liegt an der Küste der Troas. 101. Auf der Insel Tenedos versteckten sich die griechischen Krieger, bis sie im Dunkel der Nacht nach Troja übersetzen und mithilfe der Gefährten im trojanischen Pferd in die Stadt eindringen konnten (Hom. Od. 8.499– 520, Verg. Aen. 2.21–24). 102. Eetion war der König der Kilikier (Landstrich gegenüber von Lesbos), dessen Stadt von Achill erobert wurde (Hom. Il. 1.366f., 16.153). Seine Tochter Andromache war Hektors Frau (Hom. Il. 6.395–398, 22.479f.). 103. I. e. eine Küstenstadt im Süden von Euboia. 104. Gemeint ist der Teil des Ägeischen Meeres zwischen Samos und Mykonos, wo laut Mythos Ikaros auf seiner Flucht vor der Rache des Königs Minos mit den selbstgebauten Flügeln seines Vaters Daidalos ins Meer stürzte und ertrank (Str. 14.1.19, Ov. met. 8.183–235, ars 2.21–96, Hyg. fab. 40). 105. Zur Verbindung von Aphrodite und Cythera s. Anm. zu 3.611, 4.15, 4.195. 106. I. e. das Meer bei Sizilien. Zur Etymologie s. Anm. zu 4.419f. 107. Im Aetna, dem höchsten Berg auf Sizilien (Th. 3.116.1), sollen die Ky­ klopen Brontes, Steropes und Akmonides (bei Hes. Th. 139–141: Arges) die Waffenschmiede des Hephaistos/Volcanus sein. 108. I. e. Sardinien.

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109. I. e. das italienische Festland; s. Anm. zu 1.55. 110. Stadt an der Tibermündung, ca. 16 Meilen von Rom entfernt. 111. I. e. der Tiber; vgl. auch fast. 1.233, 1.500, 4.48, 5.628. 112. Wahrscheinlich handelt es sich bei ihr um die Enkelin des Ap. Clau­dius Caecus, die trotz der bösen Gerüchte über ihren Lebenswandel (z. B. bei App. Hann. 234) durch ihren sittsamen Charakter und ihr Handeln das Schiff habe befreien können (Liv. 29.14.11f., Plin. nat. 7.120, Suet. Tib. 2.3). 113. Gemeint ist der mutmaßliche Begründer der Gens Claudia, Attus Clausus, der kurz nach der Vertreibung des letzten Königs aus dem Sabinergebiet nach Rom gekommen sein und sich Appius Claudius genannt haben soll (Liv. 2.16.4–6). 114. Zur Topographie des veränderten Tiberlaufs sowie zu einem evtl. etruskischen Ursprung des Wortes atrium vgl. Frazer ad loc. 115. Vgl. auch fast. 2.601 m. Anm. 116. Hierbei handelt es sich um die rituelle lavatio, die traditionell am 27. März begangen wurde. 117. An diesem Stadttor nahe dem Circus Maximus begannen die beiden wichtigen Straßen Via Appia und Via Latina. 118. Das delphische Orakel wies an, vir optimus Romae (Liv. 29.11.6–8) solle die Magna Mater empfangen. Der Senat wählte daraufhin den noch sehr jungen C. Cornelius Scipio Nasica, den Sohn des 212/11 v. Chr. in Spanien gefallenen Cn. Cornelius Scipio Calvus und Cousin des Africanus Maior, aus. 119. In der ersten Zeit nach ihrer Ankunft residierte die Magna Mater im Tempel der Victoria auf dem Palatin (Liv. 29.14.13f.). Am 10. April 191 v. Chr. (CIL 1.1 pp. 235, 315) wurde der Tempel auf dem Palatin nahe dem späteren Haus des Augustus von M. Iunius Brutus eingeweiht (Liv. 36.36.3– 4). S. Frazer ad loc., Coarelli, Rom bes. 157–159. 120. Im Laufe der Zeit ist der Tempel zweimal niedergebrannt: erstmals im Jahre 111 v. Chr. und schließlich 3 v. Chr. Die erste Wiederherstellung ist durch einen Vertreter der Metelli durchgeführt worden, wobei nicht sicher feststellbar ist, wer der Gönner war. Frazer (ad loc.) spricht sich für den bekannten Q. Caecilius Metellus Numidicus (cos. 109 v. Chr.) aus, weitere mögliche Kandidaten bei Bömer (ad loc.). Nach dem zweiten Brand sorgte Augustus im Rahmen seiner Restaurationen für die Wiederherstellung (Val. Max. 1.8.11, Mon. Ancyr. 19.2). 121. Vgl. Anm. zu fast. 4.195. 122. S. Anm. zu 4.181. 123. Zur Identifikation von Kybele mit Rhea vgl. Anm. zu 4.278.

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124. Hier wird nun die Bezeichnung der Kastraten (s. auch 4.183, 221–244) etymologisch vom phrygischen Fluss Gallus hergeleitet, der sich nahe der Stadt Pessinus befand, dem ursprünglichen Kultort der Magna Mater. In der Antike gab es das Gerücht, dass sein Wasser verrückt mache (Fest. s. v. Galli 84L, Plin. nat. 31.9). 125. I. e. das heutige Frankreich. 126. S. Anm. zu 4.79. 127. S. Anm. zu 4.192, 4.249. 128. Stadt in Phrygien. 129. I. e. Aurora, die mythische Tochter des Titanen Hyperion (Hes. Th. 371– 374, Apollod. 1.8, h. Hom. 31.1–6). Ovid zeigt allerdings die Tendenz (so auch in fast. 6.567, met. 9.421, 15.191, 700), Pallas, Sohn des Titanen Kreios (Hes. Th. 375f.), als Vater der Eos/Aurora anzugeben. 130. Am 5. April wurde der Fortuna Publica (CIL 1.1 pp. 235, 315) auf dem Quirinal ein Tempel geweiht; ein weiterer Fortuna-Tempel auf dem Quirinal ist für den 25. Mai belegt (s. fast. 5.729f. m. Anm.). Zu den einzelnen Fortuna-Gottheiten vgl. Latte, Religionsgeschichte 176–183. 131. Caesar schlug am 6. April 46 v. Chr. bei Thapsus in Afrika die vereinten Truppen von Q. Caecilius Metellus Pius Scipio und Iuba, König der Numider. S. auch CIL 1.1 pp. 235, 315, allerdings ohne Referenz auf Scipio. 132. Altgediente Soldaten sowie Männer, die wie die Decemvirn ein öffentliches Amt mit einer Verwaltungsaufgabe bekleidet hatten, erhielten im Theater reservierte Plätze. 133. Zum Katasterismos des Orion s. fast. 5.537–544. 134. I. e. die Sonne, vgl. auch fast. 1.164, 1.651, 3.361, 3.415. 135. Am letzten Tag der Megalesia zog eine prächtige Prozession, in der die Bildnisse der Götter mitgetragen wurden, vom Capitol bis zum Circus Maximus, wo Circus-Spiele das Fest beschlossen. 136. Die Cerialia für Ceres (zu ihr s. Anm. zu fast. 1.671) wurden vom 12. bis zum 19. April gefeiert und fanden ihren Abschluss in Circus-Spielen. Der letzte Tag war ein Gedenktag für die Weihung des Ceres-Heiligtums von 493 v. Chr. Unter Dictator Aulus Postumius plagte 496 v. Chr. eine Getreideknappheit die römische Bevölkerung, sodass auf Anraten der Sibyllinischen Bücher ein Tempel für Ceres, Liber und Libera gelobt wurde, den der Consul Spurius Cassius drei Jahre später einweihen konnte (D.H. 6.17.2–4, Tac. ann. 2.49.1). Ähnlich wie bei den Megalesia ergeht sich Ovid hier in Erklärungen und mythischen Hintergründen: das segensreiche Wirken der Ceres (VV. 393–416), der Raub der Proserpina (VV. 417–618) und mit 619f. ein abschließendes genuin römisches Aition – denn das Fest an und für sich ist jedem Römer geläufig und bedarf keiner Erläuterung.

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137. Gemeint ist Eisen, das die Chalyber, ein skythischer Volksstamm im Kaukasus, entdeckt und zuerst verarbeitet haben sollen (Hecat. FGrH 1 F 202f., Str. 12.3.19–24, A.R. 2.375f., 1001–1008, Verg. georg. 1.58). 138. Weihrauch (fast. 1.75, 1.172, 1.719, 2.507, 2.564, 2.631, 3.418) sowie auch die mola salsa o.ä. (fast. 1.128, 1.337, 2.24, 2.538, 3.284, 4.409) fanden in Opferriten jeglicher Götter Verwendung. 139. Zum Sauopfer für Ceres s. fast. 1.349–353. 140. Diesen allseits bekannten Mythos vom Raub der Proserpina möchte Ovid nur pauca (V. 418) darstellen. Allerdings vergisst er seinen Vorsatz und erzählt ähnlich wie in den Metamorphosen (5.341–571) die Geschichte recht ausführlich (hier bis V. 620). 141. Gemeint ist das wie ein Dreieck geformte Sizilien mit den Spitzen (ἄκραι) Lilybaion, Pachynos und Peloros (so schon bei Hom. Od. 11.107, 12.127, 12.135, 19.275). 142. Diese auf Sizilien sehr zentral gelegene Stadt sei ein einziges Heiligtum für Ceres, umso schlimmer sei die Plünderung, ja quasi eine Blasphemie, durch Verres, so urteilt Cicero in dem berühmten Repetundenprozess (2.4.111). 143. Gemeint ist die Nymphe bzw. ihre Quelle auf der kleinen zu Syrakus gehörenden Insel Ortygia. 144. I. e. Ceres bzw. Demeter, deren blondes Haar an das reife Korn erinnert, das sie hervorbringt (Hom. Il. 5.500, h. Cer. 279, 302, Ov. met. 6.118). 145. Protagonistin der Episode ist Persephone/Proserpina, die Tochter von Demeter und Zeus. 146. I. e. Hades/Pluto, der Bruder von Zeus und Demeter, der im Lateinischen auch Dis Pater heißt. Persephone ist als Tochter von Zeus und Demeter die Nichte dieses Unterweltgottes. 147. „Maenaden“ bezeichnet hier die Anhängerinnen des besonders in Thrakien verehrten Dionysos/Bacchus, die auch Bacchantinnen genannt wurden. Ceres gleicht also einer rasenden Bacchantin, die für gewöhnlich mit gelöstem Haar und zu ekstatischer Musik bis zur Erschöpfung tanzt. Ceres gibt sich zwar nicht dem Tanz hin, ist aber genauso wie von Sinnen und sucht ihre Tochter bis zur völligen Erschöpfung. 148. Stadt griechischen Ursprungs im Osten Siziliens. 149. Fluss, der, am Aetna entspringend, bei Catania ins Meer fließt (heute: Giudicello). 150. Ebenfalls am Aetna beginnend, fließt er durch die Stadt Aci Reale und mündet bei Catania ins Meer. Im Mythos wurde der Geliebte der Nereide Galateia von ihr nach dem Mord durch Polyphemos in diesen Fluss verwandelt (vgl. Ov. met. 13.780–897).

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151. Kyane (heute: Ciani) heißt sowohl die Quelle als auch ein kleiner Fluss, der sich kurz vor Syrakus mit dem Anapos vereinigt. Die Nymphe Kyane, Frau des Anapos, soll sich dem Hades beim Raub der Persephone entgegengestellt haben, allerdings erfolglos ob der göttlichen Macht des Hades, und sich aus Gram zu Wasser verflüssigt haben (Ov. met. 5.409– 437, D.S. 5.4.2). 152. Sizilischer Flussgott und Fluss, der nach der Vereinigung mit der Kyane in den Hafen von Syrakus mündet. 153. Gemeint ist zunächst der sizilische Fluss (heute: Fiume di Terranova), der auch heute noch berühmt-berüchtigt für seine Strudel und reißenden Strömungen ist. 154. In diesem sizilischen Kontext ist unbestritten die kleine Insel bei Syrakus gemeint (Hes. Fr. 150, 26 M.-W., D.S. 5.3.5), wo sich auch die Quelle der Arethusa befand (dazu Anm. zu fast. 4.423). 155. Stadt nördlich von Syrakus. 156. Fluss, der bei Catania ins Meer mündet (heute: Porcari). 157. Fluss im Osten Siziliens, der zwischen Leontinoi und Syrakus ins Meer mündet (heute: Simeto). 158. Die Grotten der Kyklopen als Gehilfen des Gottes Hephaistos/Volcanus verortet Ovid unter dem Aetna (s. auch fast. 4.287f. m. Anm.). In der antiken Literatur gibt es keine einhellige Meinung, ob sie nicht vielleicht doch auf einer Liparischen Insel wohnen. 159. Gemeint ist das antike Zankle (heute: Messina) an der Nord-Ost-Küste Siziliens, das etymologisch auf das sikulische „Zankle“ zurückgeht, was „Sichel“ bedeutet (Th. 6.4.5). 160. Stadt im Norden Siziliens. 161. Didyma (heute: Salina) gehört zu den Liparischen Inseln. 162. So wurde ein Fluss und die gleichnamige Stadt (heute: Agrigento) im Süd-Westen von Sizilien bezeichnet. 163. Tauromenium, auch Tauromenion genannt (heute: Taormina), befindet sich an der sizilischen Ostküste zwischen Messina und Catania. 164. Ovid verweist hier auf die heiligen Rinder des Helios (vgl. Hom. Od. 12.260–419), die bei Mylai an der Nordostküste Siziliens (heute: Milazzo) geweidet haben sollen (so auch: App. BC 5.484, Plin. nat. 2.220). Daher entscheide ich mich für die Konjektur von Riese (Mylas) gegen das fast einhellig überlieferte Melan. 165. Diese Stadt liegt an der Südspitze Siziliens. 166. Thapsos liegt an der Ostküste Siziliens, nördlich von Syrakus. 167. I. e. ein Fluss im östlichen Sizilien (heute: Tellaro). 168. Dieser Berg im Nord-Westen Siziliens spielt eine bedeutende Rolle im Mythos um Aeneas. Seiner mythischen Mutter Venus (daher Venus Ery-

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cina) ist dieser Berg heilig, sodass Aeneas ihr ein besonderes Heiligtum dort gestiftet und infolgedessen auch seinen verstorbenen Vater Anchises dort bestattet haben soll. 169. Zum Zephyrus (Westwind) vgl. Anm. zu 2.148. 170. Es werden hier noch einmal die drei namensgebenden Spitzen Siziliens einzeln aufgeführt (s. Anm. zu fast. 4.419), um zu verdeutlichen, dass Demeter ganz Sizilien abgesucht und keine Spitze oder Ecke der Insel ausgelassen hat. Pelorias (heute: Capo Peloro oder Capo di Faro) ist das Kap im Nord-Osten von Sizilien (Plb. 1.11.6, 42.5, D.S. 4.23.1, 4.85.5, 5.2.2, 14.56.3, 6, 57.2, 23.1.3). 171. Lilybaion liegt im Westen von Sizilien (heute: Marsala). 172. Vorgebirge im Süd-Osten von Sizilien (heute: Capo Pássero). 173. Zugrunde liegt der Mythos um Itys, den seine Mutter Prokne getötet und ihrem Mann zum Mahl gereicht haben soll; vgl. dazu fast. 2.629f. m. Anm. Später soll Prokne in einen Vogel verwandelt worden sein. 174. Zu Typhoeus s. Anm. zu 1.573. 175. Die Verse 491–494 bieten ein Aition dafür, warum beim Demeter-Kult Fackeln Verwendung fanden (z. B. Cic. Verr. 2.4.109, D.S. 5.4.3, Lact. inst. 1.21.24). 176. Diese beiden Buchten an der nordafrikanischen Küste sind berüchtigt für ihre unberechenbaren Strömungen und Untiefen (vgl. dazu Str. 17.3.20, Plb. 1.39.3–5, Mela 1.35, Plin. nat. 5.26). 177. Schon in der Odyssee wird von der Charybdis als einer Klippe mit gefährlichem Strudel gesprochen (Od. 12.73, 101–106, 260), erst später lokalisierte man sie bei Messina auf der sizilischen Seite der Meerenge. 178. I. e. Messina; vgl. Anm. zu 4.474. 179. Schon bei Homer (Od. 12.86–92) wird beschrieben, wie Skylla, ein Monster mit zwölf Füßen, sechs Hälsen und ebenso sechs schrecklichen Köpfen, an der besagten Meerenge ihr Unwesen treibe und wie ein Hundewelpe aufjaule. Seltsam mutet allerdings die ovidische Formulierung „niseische Hunde“ an, da zwischen dem Ungeheuer Skylla und der gleichnamigen Tochter des Nisos keinerlei Verbindung besteht. Vermutlich ist Ovid hier eine Verwechslung unterlaufen, wie auch Verg. ecl. 6.74–77, Prop. 4.4.39f. 180. Gemeint ist einerseits das Ionische Meer im Westen und andererseits die Ägeis im Osten von Korinth. 181. I. e. die Athener. S. dazu Anm. zu 3.81. 182. I. e. die ἀγέλαστος πέτρα (Apollod. 1.30). 183. Der Demeter-Hymnos kennt Keleos als König von Eleusis, der zusammen mit seiner Frau Metaneira (h. Cer. 161, 206, 212, 234, 243, 255, Apollod.

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1.31) Demeter bei ihrer Suche aufnimmt. Ihren kleinen Sohn Demophon (bei Ovid in V. 550: Triptolemus) vertrauen sie ihr zur Pflege an. 184. Hier, nahe bei Athen, lag das berühmte Demeter-Heiligtum, wo auch die Eleusinischen Mysterien begangen wurden. 185. Den Mythos, wie Demeter unabsichtlich ihr Fasten gebrochen haben soll, als sie ein Heilmittel für das kranke Kind gebraut habe, nehmen die Mysten, Teilnehmer der Eleusinischen Mysterien, zum Vorbild, um es abends ihrer Göttin gleichzutun. 186. Im Demeter-Hymnos (234, 248) heißt das kranke Kind Demophon. Apollodor (1.31) unterstützt diese Variante und nennt Triptolemos den älteren Bruder des Demophon. 187. Die „Feuerbehandlung“ durch Götter wird zwei weiteren antiken Gestalten zuteil, damit dadurch alles Menschliche ausgebrannt wird und sie unsterblich werden. Jedoch wird die Prozedur jeweils vereitelt, da ein Elternteil störend eingreift; so auch bei Achill, den seine Mutter Thetis unsterblich machen möchte, von Peleus allerdings daran gehindert wird (A.R. 4.865–879, Apollod. 3.171) und bei Malkandros, dessen Mutter Saosis Isis bei dem Vorgang hindert (Plu. Moralia 357a–c). 188. I. e. das Kap Sunion im Süden Attikas, wo sich König Aigeus ins Meer gestürzt und der Ägeis ihren Namen gegeben haben soll; vgl. dazu Anm. zu fast. 2.41. 189. Drei Buchten südlich von Athen bildeten diesen Haupthafen. 190. Das nach König Aigeus benannte Meer reichte vom Hellespont bis nach Kreta (Str. 10.4.2) oder bis Attika (Str. 7.7.4). 191. Dazu gehören die Wassermassen von der Ostküste Siziliens über Apu­ lien und Kalabrien hin zum südwestlichen Albanien und wiederum bis zur Peloponnes. 192. S. Anm. zu 4.283. 193. Gemeint sind die Dardanellen zwischen der Ägeis und dem Marmarameer; vgl. Anm. zu 3.870, 4.278. 194. Meroë liegt im antiken Aethiopien (heute: Sudan) (Hdt. 2.29.6). 195. Ähnlich in fast. 1.498, wo mit „Hesperia“ Italien als ein westliches Land gemeint ist. 196. I. e. der Tiber; s. fast. 1.242 u. ö. 197. Parrhasien als Teil Arkadiens steht häufig als Pars pro toto (z. B. fast. 1.478, 1.618). Gemeint ist das Sternbild „Großer Bär“, das als Ganzes nie untergeht und somit jegliche Ereignisse auf der Erde sehen müsste. Zum Katasterismos der Arkadierin Kallisto vgl. fast. 2.153–192, zur Bezeichnung „Helike“ fast. 3.108 m. Anm. 198. I. e. Hades (s. Anm. zu 4.445). Die drei Götterbrüder, alles Kronossöhne, teilten sich die Welt wie folgt auf: Zeus durfte über den Himmel herr-

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schen, Poseidon über das Meer und Hades über die Unterwelt (Hom. Il. 15.187–193, s. auch fast. 4.599f.). 199. I. e. Iuppiter; vgl. auch Anm. zu 2.69. 200. Gyges gehört zu den Hekatoncheiren, die die Olympischen Götter in ihrem Kampf gegen die Titanen unterstützen (Hes. Th. 624–686, 713–718); vgl. dazu auch Anm. zu 3.805. Allerdings vermischt Ovid hier, wie bereits Frazer (ad loc.) anmerkt, die Wesen der Hekatoncheiren mit denen der Giganten, die den Olymp bestürmen. 201. Gemeint ist Mercurius, der in seiner Eigenschaft als Götterbote einen sog. caduceus („Heroldstab“) bei sich hat. Zu Mercurius s. Anm. zu 5.88 sowie zu 5.447 und 5.668. 202. Tartaros als Synonym für die Unterwelt; vgl. fast. 3.620 m. Anm. 203. Gemeint ist der Granatapfel, ursprünglich in Afrika beheimatet – daher die Bezeichnung Punica poma –, dann auch in Griechenland. Diese Frucht symbolisierte Fruchtbarkeit und gehörte aufgrund dessen zum Hochzeitsritual. Erst sekundär, indem sich Persephone durch den Verzehr der Kerne der Gemeinschaft der chthonischen Götter anschloss, wurde das Obst auch zur Frucht der Unterwelt. 204. Das Kap Tainaron liegt ganz im Süden der Peloponnes und soll der Eingang zur Unterwelt gewesen sein (Hecat. FGrH 1F 27, Pi. P. 4.43f.), den Herakles benutzt habe, um den Kerberos zu entführen (E. HF. 23f., Sen. Herc. f. 662–667, 813–817). 205. Nach Ovid (met. 5.564–567), Hygin (fab.146) und Servius (georg. 1.39) verweilte Persephone fortan sechs Monate bei den überirdischen Göttern, die restlichen sechs Monate bei Hades. 206. Neben den Cerialia am 12. April, an denen man sich weiß kleiden sollte, gab es ein weiteres Ceres-Fest am 10. August, für das dieselbe Vorschrift galt (vgl. z. B. Val. Max. 1.1.15). 207. Insgesamt spricht Ovid an zwei Daten, 13.4. und 13.6., von Tempeln für Iuppiter Victor bzw. Invictus. Q. Fabius Maximus Rullianus (zu ihm vgl. Anm. zu fast. 1.606) hat einen davon 295 v. Chr. gelobt (Liv. 10.29.14, 18). Ob dieser Tempel nun auf dem Quirinal oder dem Palatin gestanden hat, ist unsicher. 208. Gemeint sind wohl nicht die Hallen der Libertas nahe dem Forum, die spätestens 212 v. Chr. bestanden haben müssen (Liv. 25.7.12), sondern vielmehr der Tempel für Iuppiter Libertas auf dem Aventin (Fest. s. v. libertatis 108L), der von Ti. Sempronius Gracchus (dem Älteren) aus Strafgeldern, die er als Aedil 246 v. Chr. erhoben hatte, gestiftet wurde (Liv. 24.16.19). Ob der 13. April sich hierbei auf den ursprünglichen Bau oder die Restauration durch Augustus bezieht, bleibt fraglich.

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209. Die Schlacht bei Mutina (heute: Modena), die Octavian zusammen mit den Consuln A. Hirtius und C. Vibius Pansa gegen M. Antonius ausfocht, ist bei Cicero (fam. 10.30: Brief von Galba, einem Teilnehmer der besagten Schlacht), anders als bei Ovid hier, auf den 15. April datiert. In Anerkennung seiner Leistung wurde Octavian am 16. April von seinen Soldaten zum „Imperator“ ausgerufen; s. dazu fast. 4.675f. 210. Forda als „trächtige Kuh“ steht etymologisch mit ferre in Verbindung (auch Varro ling. 6.15). An den Fordicidia am 15. April (CIL 1.1 p. 315) wurde eine trächtige Kuh geopfert, wobei die ungeborenen Kälber herausgeschnitten und verbrannt wurden. Deren Asche wurde später im April an den sog. Parilia (s. dazu fast. 4.725f., 733f.) als Sühnemittel eingesetzt. 211. Varro (bei Serv. georg. 3.1 und bei Schol. Pers. 1.72, Fest. s. v. Pales 248L) stellt eine Verbindung zwischen der Hirtengöttin Pales und den sog. Parilia am 21. April her (so auch Frazer ad loc.: durch Konsonantenverschiebung). Der Consul M. Atilius Regulus soll der Pales Matuta am 7. Juli 267 v. Chr. einen Tempel in Rom gelobt haben (Flor. epit. 1.20), allerdings bezweifeln Latte (Religionsgeschichte 88) und Bömer (ad loc.), dass die Parilia ursprünglich wirklich der Pales geweiht gewesen seien, da der Stiftungstag, anders als es der Gewohnheit entspricht, Tempelgeburtstage auf die Hauptfeste zu legen (ibd.), nicht mit den Parilia zu vereinbaren sei. 212. Zu Numa als römischem König s. fast. 1.43 und diverse Stellen in Buch 3. 213. Zum Aquilo/Boreas vgl. fast. 2.147, 3.402. 214. In fast. 1.692: sterilis avena. 215. I. e. Pan; zur Verbindung von Mainalos mit Pan vgl. Anm. zu 3.84, zu Pan/ Faunus selbst Anm. zu 1.397 sowie zu 2.193. 216. Somnus, der Sohn der Nyx, wird mit dem griechischen Hypnos, dem Gott des Schlafes, identifiziert. 217. Zur Enthaltsamkeit an bestimmten religiösen oder mit einem Tabu belegten Tagen vgl. z. B. fast. 2.328–330, 6.231f. 218. Zum Gebot, bei rituellen Handlungen oder anderen Situationen mit „Grenz­erfahrung“ (z. B. Tiefschlaf oder bevorstehender Geburt) „gelöst zu sein“, vgl. fast. 2.282 m. Anm., 3.257, sowie Frazer, Bough 3.293–317. 219. Nox (= Göttin der Nacht), die Entsprechung der griechischen Nyx, ist Mutter von vielen dämonischen, zum Teil Übel bringenden Gottheiten wie z. B. Hypnos (Schlaf), den Oneiroi (Träumen), Thanatos (Tod), den Erinyen oder Nemesis (Vergeltung). Dass sie mit (Schlaf-) Mohn in Verbindung gebracht wird, ist nachvollziehbar; s. zur schlaffördernden Wirkung auch fast. 4.530f., 547f. 220. Faunus wird mit Pan identifiziert; zu ihm s. Anm. zu fast. 1.397 und zu 2.193. 221. Zu Egeria, einer Quellnymphe und Frau des Numa, s. Anm. zu 3.154.

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222. I. e. Aphrodite, s. fast. 3.611 m. Anm., 4.195. Die Ahnherrin der Gens Iulia schreitet hier zur Tat, um den wichtigen Tag für Octavian beginnen zu lassen. 223. Aus dieser Textstelle geht hervor, dass der junge Octavian – „Augustus“ ist ein Anachronismus, da er erst 27 v. Chr. diesen Ehrennamen erhielt – am 16. April 43 v. Chr. von seinen Soldaten als Anerkennung für seinen Sieg über Antonius zum „Imperator“ ausgerufen wurde; vgl. dazu Anm. zu fast. 4.628. Cic. Phil. 14.25, 28, 37 kann man entnehmen, dass Cicero erst am 21. April offiziell im Senat diesen Ehrentitel für Octa­vian beantragte. 224. Zu den Hyaden vgl. fast. 3.105 m. Anm. und fast. 5.163–182. 225. Diese Tochter des Okeanos und der Tethys wird hier metonymisch für das Meer verwendet. 226. Dies ist nun der letzte Tag der ludi Ceriales. S. Anm. zu 4.393. 227. Die Fuchshetze ist anderweitig nicht überliefert. 228. Stadt der Aequi am Tolenus. 229. Zu den Paelignern s. fast. 3.95 m. Anm. 230. I. e. Sulmo (vgl. auch Ov. trist. 4.10.3f., am. 3.15.11–14). 231. Er ist etwa zwölf Jahre alt; vgl. zum lustrum fast. 3.120 m. Anm. 232. I. e. Eos/Aurora, deren Sohn Memnon König der Äthioper und Held in der Aithiopis ist (Hom. Od. 4.188, Hes. Th. 984, Apollod. 3.147; vgl. Anm. zu fast. 3.403). 233. Gemeint ist das Sternbild „Widder“. 234. Zu Helle s. fast. 3.851–876. 235. Entweder ist der Stier gemeint, in dessen Gestalt Zeus Europa entführte, oder aber die Kuh symbolisiert Io; zu Io s. fast. 1.454 m. Anm. 236. Am 21. April wurden die Parilia begangen, die erst in späterer Zeit mit der Hirtengöttin Pales in Verbindung gebracht wurden (s. dazu Anm. zu 4.640). Ovid bietet in dieser Passage die ausführlichsten Informationen zu den Reinigungsriten mit Feuer, Wasser und Schwefel. Durch die Etymologie Parilia von parere hat man dieses Fest auch mit dem „Geburtstag“ der Stadt zusammengelegt (s. fast. 4.801–806 bes. 819f., Cic. div. 2.98, CIL 1.1 pp. 213, 262, 263, 315f. m. Erläuterung durch Mommsen). 237. S. Anm. zu 4.640. 238. S.o. 4.631 m. Anm. 239. Zur Asche des an den Fordicidia ungeborenen Kälbchens vgl. fast. 4.633– 640. Weiterhin wurde die Asche des verbrannten Schwanzes vom sog. Equus October, das bereits am 15. Oktober geopfert wurde, ausgestreut sowie die Asche von Bohnenstroh. 240. Schwefel ist in ritueller Reinigung seit Homer belegt (z. B. Od. 22.481– 494: nach der Ermordung der Freier).

Anmerkungen zum vierten Buch

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241. Gemeint ist Pan/Faunus; s. Anm. zu fast. 1.397 und zu 2.193. 242. I. e. Wald- und Baumnymphen. 243. Hier wird auf das Schicksal des Aktaion angespielt, der Artemis beim Baden überraschte, zur Strafe in einen Hirsch verwandelt und schlussendlich von seinen eigenen Hunden gerissen wurde (s. dazu met. 3.143–252). 244. Feuer und Wasser spielten eine wichtige Rolle im Hochzeitsritus: in einer Prozession wurde die Hochzeitsfackel vorangetragen und die Braut wurde mit Wasser besprenkelt. Genauso prominent sind diese beiden Elemente allerdings auch bei der Verbannung, deren Terminus Technicus aqua et igni interdicere lautet („vom Wasser und Feuer der Heimat abschneiden“). 245. In der gängigsten Version (met. 1.751–2.400) nimmt sich Phaethon den Sonnenwagen seines Vaters Helios, kann ihn allerdings nicht beherrschen, verursacht eine Feuerbrunst auf der Erde und stürzt selbst in die Tiefe. 246. Deukalion soll von seinem Vater Prometheus aufgefordert worden sein, ein großes Schiff für sich und seine Familie zu bauen, da Zeus wegen der Sünden der Menschen eine Flut plane (met. 1.262–415, Apollod. 1.47). 247. Zum pius Aeneas bzw. der pietas vgl. fast. 1.527, 2.543f., 3.601, 4.37f. 248. Zu Romulus als Quirinus s. Anm. zu 1.37; zur Empfängnis und Geburt der Zwillinge s. fast. 3.9–52; zur Kindheit und Adoleszenz fast. 3.53–76; zur Konkurrenz unter den Brüdern fast. 2.361–378 und schließlich zur Apotheose fast. 2.475–512. 249. I. e. Amulius; s. zu ihm Anm. zu 2.384 und zu 3.49; zu seiner Strafe fast. 3.67f. 250. S. Anm. zu 2.384 und zu 4.53. 251. Die Grundstimmung zwischen den Brüdern wird von Ovid als friedlich dargestellt und auch das Ergebnis des Auguriums wird nicht infrage gestellt. Im Folgenden wird nicht eindeutig geklärt, wer auf dem Palatin bzw. Aventin gestanden habe, aber die Aussage in 5.151f. stimmt mit der gängigen Überlieferung überein, dass sich Romulus auf dem Palatin aufgestellt habe (so Liv. 1.6.4, Flor. epit. 1.1.6, Ps. Aur. Vict. orig. 23.2, D.H. 1.86.2). 252. Bei der Stadtgründung vertraute man auf einen etruskischen Ritus, nach dem ein bronzener Pflug den Grundriss der Stadt, das sog. pomerium, das die heilige Außengrenze der Stadt wurde, zeichnete. 253. Die erwähnte Grube, in die man glücksverheißende Früchte als Opfergaben hineingab, war der sog. mundus (Mittelpunkt Roms). 254. I. e. Mars. Dass Mars der mythische Vater des Romulus ist, ist hinreichend besprochen worden. 255. Vesta wird oft mit dem Epitheton mater angesprochen (z. B. Verg. georg. 1.498); hier gilt es aber als besonders passend, da Romulus’ Mutter Silvia eine Vestalin war, und somit eine Metonymie mitgedacht werden muss.

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256. In Ovids Darstellung ist es Celer, der übereifrige Aufseher über den Mauer­bau, der eigenmächtig Remus erschlägt. Daneben gibt es aber auch Stimmen, die Romulus als den Brudermörder sehen (Cic. off. 3.41) oder zumindest beide Versionen schildern und sich letztendlich für die ihrer Meinung nach plausiblere entscheiden (Liv. 1.7.1f., Plu. Rom. 10.1f., D.H. 1.87.1–4). 257. Zu den Zieheltern Larentia und Faustulus s. fast. 3.55f. m. Anm. 258. Zum Trauerritus vgl. fast. 3.560–564 m. Anm. 259. Zur Bezeichnung „Quiriten“ s. Anm. zu fast. 2.477. 260. Neben dem frühen Weinfest am 23. April, den sog. vinalia priora, folgten im August und im Oktober weitere Weinfeste. Es wurde der Wein aus dem vergangenen Jahr hervorgeholt und dem Iuppiter als libatio dargebracht (s. dazu die folgenden Verse). 261. Venus/Aphrodite ist die Göttin der Liebe. Als Entsprechung der babylonischen Ischtar bzw. phönizischen Astarte kann sie auch mit Prostitution in Verbindung gebracht werden (s. dazu Val. Max. 2.6.15 und Themann-Steinke ad loc.). 262. Zur Myrte im Kult der Aphrodite/Venus vgl. fast. 4.139–144. 263. Der Tempel der Venus Erycina an der Porta Collina wurde 184 v. Chr. vom Consul L. Porcius Licinus gelobt und drei Jahre später eingeweiht (Liv. 40.34.4). 264. Zum sizilischen Berg Eryx s. Anm. zu fast. 4.478. 265. M. Claudius Marcellus (cos. 222, 216, 214, 210, 208 v. Chr.) nahm Syrakus 212 v. Chr. ein. Allerdings wurde die Venus Erycina bereits 217 v. Chr., also fünf Jahre vor der Eroberung von Syrakus, auf Weisung der Sibyllinischen Bücher überführt und ihr wurde 215 v. Chr. ein Tempel auf dem Capitol errichtet, nicht an der Porta Collina (Liv. 22.9.8–10, 22.10.10, 23.30.13f., 23.31.9). 266. Zur Arethusa s. Anm. zu 4.423. 267. Gemeint sind die Orakelsprüche der Sibyllinischen Bücher. 268. S. Anm. zu fast. 1.463. 269. Amata, Frau des Latinerkönigs Latinus und Mutter der Lavinia, wollte die versprochene Ehe zwischen ihrer Tochter und Turnus vollziehen und versuchte, die geplanten Bündnisse mit Aeneas zu vereiteln (D.H. 1.64.2, Verg. Aen. 7.56–58, Ps. Aur. Vict. orig. 13.5). 270. Nach Bestechung durch Turnus soll Mezentius, der König von Caere, jenen im Kampf gegen Aeneas unterstützt haben. 271. I. e. „etruskisch“ s. Anm. zu fast. 2.208. 272. Hier schreitet der personifizierte Herbst einher. 273. Gemeint ist der Widder.

Anmerkungen zum vierten Buch

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274. Mit dem Patronymikon ist Helle, Tochter des Athamas, gemeint. S. zu ihr fast. 3.851–876 m. Anm. zu 852. 275. S. zum Katasterismos des Hundes fast. 4.939 m. Anm. 276. Nomentum liegt nordöstlich von Rom und war das Refugium wohlhabender Römer. 277. Die Robigalia wurden am 25. April für Robigo (Colum. 10.342, Tert. spect. 5.8, Lact. inst. 1.20.17, Aug. civ. 4.21) oder Robigus (Varro ling. 6.16, rust. 1.1.6, Fest. s. v. robigalia 325L, Serv. georg. 1.151) gefeiert (CIL 1.1 pp. 210, 213, 224, 236, 316), um den Mehltau oder Getreidebrand abzuwehren (Plin. nat. 18.79, 161). 278. Gemeint ist hier der flamen Quirinalis; s. zu den flamines Anm. zu fast. 2.21. 279. I. e. Sol; s. auch fast. 1.617, 2.73, 4.180. 280. Hundeopfer gab es z. B. auch an den Lupercalien (Plu. Rom. 21.8–10, quaest. R. 68). 281. Ikarios soll von Dionysos eine Weinrebe erhalten haben, sodass er als Erster Wein anbauen konnte. Als er von betrunkenen Bauern erschlagen wurde, führte sein Hund Maira die Tochter Erigone zum Leichnam, woraufhin diese die Bestattungsriten durchführen konnte (Apollod. 3.191f., Serv. ­georg. 2.389). Zeus verstirnte daraufhin die Hündin, sowie Ikarios als „Bootes“ und Erigone als „Virgo“ (Hyg. astr. 2.4, fab. 130). 282. Gemeint ist Aurora/Eos, die Frau des Tithonos; vgl. Anm. zu fast. 1.461. 283. Nach Homer (Il. 20.231–239) sind Assarakos und Tithonos nicht Brüder, sondern ersterer ist der Onkel von Tithonos’ Vater Laomedon. Vgl. zu Tros bzw. Assarakos auch Anm. zu fast. 4.33. 284. Zu Flora und ihrem Fest, den Floralia, s. fast. 5.183–378. 285. Augustus soll am 28. April des Jahres 12 v. Chr. (CIL 1.1 pp. 236, 317, D.C. 54.27.2) als Pontifex Maximus (s. dazu Anm. zu fast. 3.419f.) der Vesta in seinem Palast auf dem Palatin einen Schrein und einen Altar aufgestellt haben (CIL 1.1 pp. 213, 317). Zur konstruierten Verwandtschaft mit Vesta s. Anm. zu fast. 3.425f. 286. Am 9. Oktober 28 v. Chr. weihte Augustus den berühmten Tempel des Apoll (= Phoebus) auf dem Palatin (Mon. Ancyr. 19.1, Suet. Aug. 29.1, Vell. 2.81.3, D.C. 53.1.3, CIL 1.1 pp. 214, 249, 331). 287. Zur corona querna civica für Augustus im Jahr 27 v. Chr. s. fast. 1.614 m. Anm.; zum Lorbeerkranz bzw. -laub an Gebäuden der flamines, der Vesta oder der Curie s. fast. 3.137 m. Anm. 288. I. e. Vesta, Apoll und selbstverständlich Augustus selbst, die gemeinsam die göttliche WG bilden.

LIBER QVINTVS

Quaeritis, unde putem Maio data nomina mensi?   Non satis est liquido cognita causa mihi. Ut stat et incertus, qua sit sibi, nescit, eundum,   cum videt ex omni parte viator iter, sic, quia posse datur diversas reddere causas,   qua ferar, ignoro copiaque ipsa nocet. Dicite, quae fontes Aganippidos Hippocrenes,   grata Medusaei signa, tenetis, equi! Dissensere deae; quarum Polyhymnia coepit   prima silent aliae dictaque mente notant: “Post chaos ut primum data sunt tria corpora mundo   inque novas species omne recessit opus, pondere terra suo subsedit et aequora traxit:   at caelum levitas in loca summa tulit. Sol quoque cum stellis nulla gravitate retentus   et vos, Lunares, exsiluistis, equi. Sed neque terra diu caelo nec cetera Phoebo   sidera cedebant: par erat omnis honos. Saepe aliquis solio, quod tu, Saturne, tenebas   ausus de media plebe sedere deus: nec latus Oceano quisquam deus advena iunxit   et Themis extremo saepe recepta loco est, donec Honor placidoque decens Reverentia voltu   corpora legitimis imposuere toris.

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FÜNFTES BUCH Mai Ihr fragt, woher dem Monat Mai meiner Meinung nach der Name gegeben wurde? Mir ist der Grund nicht mit genügender Gewissheit bekannt. Wie ein Wanderer dasteht und in seiner Unsicherheit nicht weiß, wohin er gehen soll, wenn er einen Weg von jeder Seite sieht, 5 so weiß ich nicht, weil es möglich ist, unterschiedliche Gründe anführen zu können, wohin ich mich begeben soll, und die Fülle selbst ist hinderlich.1 Sprecht ihr, die ihr die Quellen der Aganippischen Hippocrene2 innehabt, das willkommene Zeichen des Pferdes der Medusa3! Verschiedener Meinung waren die Göttinnen4; von denen hob Polyhymnia5 10 als Erste an, es schweigen die anderen und prägen sich die Worte im Geiste ein: „Sobald nach dem Chaos dem Weltall drei Grundstoffe gegeben worden waren und in neuartige Formen die gesamte Schöpfung aufgegangen war, 6 senkte sich die Erde unter ihrem eigenen Gewicht und zog die Meere mit sich: den Himmel jedoch hob sein eigenes leichtes Gewicht zu den höchsten Gefilden. 15 Auch die Sonne wurde gemeinsam mit den Sternen durch keinerlei Schwerkraft zurückgehalten und ihr, Lunas7 Pferde, sprangt empor. Aber lange stand weder die Erde dem Himmel noch die übrigen Sterne dem Phoebus nach: gleich war jede Ehre. Oft wagte es irgendein Gott mitten aus der Masse, auf dem 20 Thron Platz zu nehmen, den du, Saturn8, innehattest: Und kein neu angekommener Gott gesellte sich zur Seite des Oceanus9, und Themis10 wurde oft auf dem schlechtesten Platz empfangen, solange bis Honor11 und die anmutige Reverentia mit ihrem sanften Antlitz ihre Körper auf ein rechtmäßiges Ehebett legten.

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Hinc sata Maiestas, hos est dea censa parentes,   quaque die partu est edita, magna fuit. Nec mora, consedit medio sublimis Olympo   aurea, purpureo conspicienda sinu; consedere simul Pudor et Metus. Omne videres   numen ad hanc voltus composuisse suos. Protinus intravit mentes suspectus honorum:   fit pretium dignis nec sibi quisque placet. Hic status in caelo multos permansit in annos,   dum senior fatis excidit arce deus. Terra feros partus, immania monstra, Gigantas   edidit ausuros in Iovis ire domum. Mille manus illis dedit et pro cruribus angues   atque ait: ‘In magnos arma movete deos!’ Exstruere hi montes ad sidera summa parabant   et magnum bello sollicitare Iovem; fulmina de caeli iaculatus Iuppiter arce   vertit in auctores pondera vasta suos. His bene Maiestas armis defensa deorum   restat et ex illo tempore culta manet. Assidet inde Iovi, Iovis est fidissima custos   et praestat sine vi sceptra timenda Iovi. Venit et in terras: coluerunt Romulus illam   et Numa, mox alii, tempore quisque suo. Illa patres in honore pio matresque tuetur,   illa comes pueris virginibusque venit; illa datos fasces commendat eburque curule,   illa coronatis alta triumphat equis.” Finierat voces Polyhymnia: dicta probarunt   Clioque et curvae scita Thalia lyrae. Excipit Uranie: fecere silentia cunctae   et vox audiri nulla, nisi illa, potest.

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25 Von daher wurde Maiestas gezeugt, diese sah die Göttin als ihre Eltern an und sie war groß an dem Tage, an dem sie durch die Geburt hervorgebracht wurde. Und es gab kein Zögern, es setzte sich erhaben die Güldene mitten auf den Olymp, sehenswert mit ihrem purpurfarbenen Gewandbausch; zugleich setzten sich Pudor und Metus hin. Du hättest sehen können, 30 dass jede Gottheit ihre Miene an sie anpasste. Unverzüglich zog Bewunderung für Ehrerbietung in ihre Gemüter ein: Anerkennung ergibt sich für die Würdigen und keiner gefällt sich . Dieser Zustand dauerte im Himmel viele Jahre lang an, solange bis der ältere Gott12 durch Schicksalsfügung der Burg verlustig ging. 35 Die Erde brachte wilde Sprösslinge hervor, riesige Monster, die Giganten13, die es wagen sollten, das Haus Iuppiters zu betreten. Tausend Hände gab sie jenen und statt Unterschenkeln Schlangen14 und sprach: ‚Gegen die großen Götter erhebt die Waffen!‘ Berge bis zu den Sternen hoch oben aufzuschichten, schickten sie sich an15, 40 und den großen Iuppiter durch einen Krieg zu beunruhigen; von seiner Himmelsburg aus schleuderte Iuppiter Blitze hinab und wandte die ungeheuren Gewichte gegen ihre eigenen Baumeister. Durch diese Waffen der Götter gut verteidigt besteht Maiestas fort und bleibt seit jener Zeit verehrt. 45 Von da an sitzt sie bei Iuppiter, Iuppiters treueste Hüterin ist sie und verleiht Iuppiter furchterregende Zepter ohne Gewalt. Sie kam auch in die Länder: es verehrten jene Romulus und Numa, bald andere, ein jeder zu seiner Zeit. Jene schützt Väter und Mütter in pflichtbewusster Verehrung, 50 jene kommt als Begleiterin für Jungen und Mädchen einher; jene empfiehlt die zugewiesenen Fasces16 und das curulische Elfenbein17, jene feiert den Triumphzug hoch oben auf den bekränzten Rossen.“ Beendet hatte Polyhymnia ihre Ausführungen: den Worten stimmten sowohl Clio18 als auch Thalia19, die der krummen Leier kundig ist, zu. 55 Es ergreift das Wort Urania20: es verfielen alle in Schweigen, und man kann keine Stimme außer jener hören.

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“Magna fuit quondam capitis reverentia cani   inque suo pretio ruga senilis erat. Martis opus iuvenes animosaque bella gerebant   et pro dis aderant in statione suis; viribus illa minor nec habendis utilis armis   consilio patriae saepe ferebat opem; nec nisi post annos patuit tunc curia seros   nomen et aetatis mite senatus habet. Iura dabat populo senior finitaque certis   legibus est aetas, unde petatur honor, et medius iuvenum non indignantibus ipsis   ibat et interior, si comes unus erat. Verba quis auderet coram sene digna rubore   dicere? Censuram longa senecta dabat. Romulus hoc vidit selectaque pectora patres   dixit: ad hos urbis summa relata novae. Hinc sua maiores tribuisse vocabula Maio   tangor et aetati consuluisse suae. Et Numitor dixisse potest: ‘Da, Romule, mensem   hunc senibus!’, nec avum sustinuisse nepos. Nec leve propositi pignus successor honoris   Iunius a iuvenum nomine dictus habet.” Tunc sic neglectos hedera redimita capillos   prima sui coepit Calliopea chori: “Duxerat Oceanus quondam Titanida Tethyn,   qui terram liquidis, qua patet, ambit aquis; hinc sata Pleione cum caelifero Atlante   iungitur, ut fama est, Pleiadasque parit. Quarum Maia suas forma superasse sorores   traditur et summo concubuisse Iovi.

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„Groß war einst die Ehrerbietung gegenüber einem grauen Haupt und die Runzeln des Alters fanden die ihnen angemessene Anerkennung. Des Mars Werk und unerschrockene Kriege führten die jungen Leute aus und standen für ihre Götter auf dem Wachposten; jenes war schwächer an Körperkräften und nicht brauchbar, um Waffen zu halten, und brachte häufig durch seinen Rat der Heimat Hilfe; und nur nach langen Lebensjahren stand ehedem die Curie offen, und der Senat hat den gelassenen Namen des Alters. Rechtsregeln gab dem Volk der Ältere und festgesetzt wurde durch bestimmte Gesetze die Altersgrenze, ab der ein Ehrenamt erstrebt werden kann,21 und er (sc. der Ältere) ging für gewöhnlich in der Mitte zwischen jungen Leuten, wobei sie selbst nichts dagegen hatten, und auf der inneren Seite, wenn es einen Begleiter gab. Wer hätte es gewagt, vor einem alten Mann Worte zu äußern, die Schamesröte verdienen? Ein vorgerücktes, hohes Alter verlieh das Censorenamt. Romulus erkannte dies und bezeichnete ausgewählte Personen als patres: Ihnen wurde die Lenkung der neuen Stadt übertragen. Ich werde dazu bewegt , dass die maiores daher ihren Namen dem Mai zugewiesen haben und auf ihr eigenes Alter bedacht waren. Und Numitor kann gesprochen haben: ‚Romulus, gib diesen Monat den alten Leuten!‘, und dem Großvater kann der Enkel keinen Widerstand geleistet haben.22 Und keinen geringfügigen Beleg für die vorgeschlagene Ehre bietet der nachfolgende Juni, der nach dem Namen der iuvenes23 benannt ist.“ Dann hob Calliope24, die unfrisierten Haare mit Efeu umkränzt, als Erste ihres Reigens so an: „Heimgeführt hatte Oceanus25 einst die Titanide Tethys, der das Land mit klaren Wassern umschließt, wo es offen daliegt; daher wurde Pleione26 gezeugt und verbindet sich mit dem Himmel tragenden Atlas27, wie die Sage geht, und gebiert die Pleiaden28. Von denen soll Maia29 ihre Schwestern an Schönheit übertroffen und mit dem höchsten Iuppiter geschlafen haben.

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Haec enixa iugo cupressiferae Cyllenes,   aetherium volucri qui pede carpit iter; Arcades hunc Ladonque rapax et Maenalos ingens   rite colunt, luna credita terra prior. Exul ab Arcadia Latios Euander in agros   venerat impositos attuleratque deos. Hic, ubi nunc Roma est, orbis caput, arbor et herbae   et paucae pecudes et casa rara fuit: quo postquam ventum est, ‘consistite’, praescia mater,   ‘nam locus imperii rus erit istud’, ait. Et matri et vati paret Nonacrius heros   inque peregrina constitit hospes humo; sacraque multa quidem, sed Fauni prima bicornis   has docuit gentes alipedisque dei. Semicaper, coleris cinctutis, Faune, Lupercis,   cum lustrant celebres verbera secta vias; at tu materno donasti nomine mensem,   inventor curvae, furibus apte, fidis. Nec pietas haec prima tua est: septena putaris,   Pleiadum numerum, fila dedisse lyrae.” Haec quoque desierat: laudata est voce sororum.   Quid faciam? Turbae pars habet omnis idem. Gratia Pieridum nobis aequaliter adsit   nullaque laudetur plusve minusve mihi. A K MAI F Ab Iove surgat opus! Prima mihi nocte videnda   stella est in cunas officiosa Iovis:

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Sie gebar auf dem Bergrücken der Zypressen tragenden Cyllene30 ihn, der die luftige Bahn mit geflügeltem Fuß durchmisst;31 die Arcader verehren ihn und auch der reißende Ladon32 und der riesige Maenalos33 nach dem Brauch, ein Land für älter angesehen als der Mond.34 Als Verbannter war Euander35 von Arcadien zu den Fluren Latiums gekommen und hatte seine auf Schiffe verladenen Götter mitgebracht. Hier, wo jetzt Rom, die Hauptstadt des Erdkreises, ist, gab es Bäume, Gräser, wenig Vieh und selten ein Hüttchen: Nachdem man dorthin gekommen war, sprach die hellseherisch begabte Mutter36: ‚Siedelt euch hier an, denn dieses Land wird der Ort einer Weltherrschaft sein!‘ Der nonacrische37 Held gehorcht in ihrer Eigenschaft als Mutter und Seherin und siedelte sich als Gast auf fremdem Boden an; und er lehrte freilich diese Volksstämme viele heilige Riten, aber als erste die des zwei Hörner tragenden Faunus38 und des flügelfüßigen Gottes39. Halber Ziegenbock Faunus, du wirst verehrt von den umgürteten Luperci40, immer wenn die zurechtgeschnittenen Riemen die viel belebten Straßen entsühnen; du hast jedoch dem Monat den mütterlichen Namen zum Geschenk gemacht, Erfinder der gebogenen Leier, der du zu den Dieben passt41. Und diese der Mutterliebe ist nicht deine erste: man glaubt, du habest je sieben Saiten, der Pleiaden Zahl, der Leier gegeben.“ Auch sie hatte geendigt: Gelobt wurde sie durch die Stimme ihrer Schwestern. Was soll ich machen? Dieselbe Menge hat jede Seite. Die Gunst der Pieriden42 möge uns gleichermaßen beistehen und keine soll von mir mehr oder weniger gelobt werden. 1. Mai Mit Iuppiter soll sich mein Werk erheben! Der Stern, der in der ersten Nacht für mich sichtbar ist, erfüllt seinen Dienst an der Wiege Iuppiters:

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nascitur Oleniae signum pluviale Capellae;   illa dati caelum praemia lactis habet. Nais Amalthea, Cretaea nobilis Ida,   dicitur in silvis occuluisse Iovem. Huic fuit haedorum mater formosa duorum,   inter Dictaeos conspicienda greges, cornibus aeriis atque in sua terga recurvis,   ubere, quod nutrix posset habere Iovis. Lac dabat illa deo, sed fregit in arbore cornu   truncaque dimidia parte decoris erat. Sustulit hoc nymphe cinxitque recentibus herbis   et plenum pomis ad Iovis ora tulit. Ille ubi res caeli tenuit solioque paterno   sedit et invicto nil Iove maius erat, sidera nutricem, nutricis fertile cornu   fecit, quod dominae nunc quoque nomen habet. Praestitibus Maiae Laribus videre Kalendae   aram constitui parvaque signa deum. Voverat illa quidem Curius, sed multa vetustas   destruit; et saxo longa senecta nocet. Causa tamen positi fuerat cognominis illis,   quod praestant oculis omnia tuta suis: stant quoque pro nobis et praesunt moenibus Urbis   et sunt praesentes auxiliumque ferunt. At canis ante pedes saxo fabricatus eodem   stabat: Quae standi cum Lare causa fuit? Servat uterque domum, domino quoque fidus uterque,   compita grata deo, compita grata cani. Exagitant et Lar et turba Diania fures:   pervigilantque Lares pervigilantque canes.

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Es geht das regenbringende Sternbild der olenischen43 Ziege auf; jene hat als Belohnung für die gespendete Milch am Himmel. 115 Die Naiade Amalthea, berühmt auf dem cretischen Ida,44 soll Iuppiter in den Wäldern versteckt haben. Ihr gehörte eine schöne Mutter zweier Böcke, sehenswert unter den dictaeischen45 Herden, mit hoch aufragenden und zum eigenen Rücken zurückgebogenen 120 Hörnern und mit einem Euter, welches sie als Amme Iuppiters haben konnte. Milch gab jene für gewöhnlich dem Gott; aber sie brach sich ein Horn an einem Baum ab und sie war zur Hälfte ihrer Zierde beraubt. Die Nymphe hob es auf und umwickelte es mit frischen Kräutern und brachte es voll mit Obst zu Iuppiters Mund. 125 Sobald jener die Herrschaft über den Himmel innehatte und auf dem väterlichen Thron saß und es nichts Größeres als den unbesiegten Iuppiter gab, verwandelte er seine Ernährerin und das fruchtbare Horn46 der Ernährerin in Sterne – das Horn, das auch jetzt den Namen seiner Herrin trägt. Des Mai Kalenden sahen, dass den Lares Praestites47 130 ein Altar und kleine Götterbilder aufgestellt wurden. Es hatte jene freilich Curius gelobt, aber viele zerstörte die lange Zeit; sogar einem Felsen schadet langes Alter. Jene hatten aber einen guten Grund für die Verleihung des Beinamens, nämlich dass sie unter ihren Augen alles in Sicherheit aufrechterhalten. 135 Auch stehen sie auf unserer Seite, schützen die Mauern der Stadt, sind zur Stelle und bringen Hilfe herbei. Aber ein Hund, gemeißelt aus demselben Felsen, stand zu ihren Füßen: Was war der Grund für seine Position bei den Laren? Es hüten beide das Haus, auch dem Herrn sind beide treu, 140 die Kreuzungen liegen dem Gott am Herzen,48 die Kreuzungen liegen dem Hund am Herzen. Es scheuchen die Laren und das Rudel der Diana49 Diebe auf: Es durchwachen die Nächte die Laren, es durchwachen die Nächte die Hunde.

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Bina gemellorum quaerebam signa deorum   viribus annosae facta caduca morae: mille Lares Geniumque ducis, qui tradidit illos,   Urbs habet et vici numina terna colunt. Quo feror? Augustus mensis mihi carminis huius   ius dabit: interea Diva canenda Bona est. Est moles nativa, loco res nomina fecit:   appellant Saxum; pars bona montis ea est. Huic Remus institerat frustra, quo tempore fratri   prima, Palatinae, signa dedistis, aves; templa patres illic oculos exosa viriles   leniter adclini constituere iugo. Dedicat haec veteris Crassorum nominis heres   virgineo nullum corpore passa virum: Livia restituit, ne non imitata maritum   esset et ex omni parte secuta suum.

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BF Postera cum roseam pulsis Hyperionis astris   in matutinis lampada tollet equis, frigidus Argestes summas mulcebit aristas,   candidaque a Calabris vela dabuntur aquis. At simul inducent obscura crepuscula noctem,   pars Hyadum toto de grege nulla latet. Ora micant Tauri septem radiantia flammis,   navita quas Hyadas Graius ab imbre vocat; pars Bacchum nutrisse putat, pars credidit esse   Tethyos has neptes Oceanique senis. Nondum stabat Atlas umeros oneratus Olympo,   cum satus est forma conspiciendus Hyas: hunc stirps Oceani maturis nixibus Aethra   edidit et nymphas, sed prior ortus Hyas.

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Je zwei Bilder der Zwillingsgötter50 suchte ich, die durch die Mächte einer lang andauernden Zeit hinfällig geworden waren: 145 Tausend Laren und den Genius Herrschers, der jene ihr übergab, hat unsere Stadt, und die Stadtviertel verehren die drei Gottheiten zusammen.51 Wohin werde ich getragen? Der Monat August wird mir die Berechtigung für diesen Gedichtteil geben: in der Zwischenzeit ist Bona Diva52 zu besingen. Es gibt eine natürlich gewachsene Felsformation, der Örtlichkeit gab die Sache den Namen: 150 man nennt ihn saxum53; es ist ein beträchtlicher Teil des Berges. Auf ihn hatte sich Remus vergeblich gestellt zu der Zeit, als ihr, Vögel des Palatin, seinem Bruder die ersten Zeichen gabt.54 Einen Tempel, der männliche Augen verabscheut, errichteten die Väter auf dem leicht abfallenden Bergrücken. 155 Es weiht ihn eine Erbin vom alten Namen der Crassi55, die keinen Mann an ihrem jungfräulichen Körper geduldet hat: Livia56 stellte ihn wieder her, um ihrem Ehemann unbedingt nachzueifern und ihrem Gatten in jeder Hinsicht zu folgen. 2. Mai Immer wenn die Tochter57 Hyperions am folgenden Tag 160 nach Vertreibung der Sterne auf ihren morgendlichen Pferden die rosige Fackel erheben wird, wird der kalte Argestes58 die Ähren ganz oben sanft bewegen und von den calabrischen Gewässern her werden weiße Segel gesetzt werden. Aber sobald die dunkle Abenddämmerung die Nacht herbeiführen wird, bleibt kein Teil von der Hyaden59 ganzen Schar verborgen. 165 Das strahlende Antlitz des Stiers funkelt mit sieben Feuern, die der griechische Seemann vom Regen her Hyaden60 nennt; ein Teil glaubt, dass sie Bacchus genährt haben,61 ein Teil meinte, dass sie Enkelinnen der Tethys und des Greisen Oceanus seien.62 Noch stand Atlas nicht da, beladen mit dem Olymp auf den Schultern, 170 als Hyas63, der aufgrund seines Aussehens ansehnlich war, geboren wurde: Diesen brachte die Oceanus-Tochter Aethra in einer Geburt zur rechten Zeit zur Welt und die Nymphen, aber Hyas wurde früher geboren.

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LIBER QVINTVS

Dum nova lanugo est, pavidos formidine cervos   terret et est illi praeda benigna lepus: at postquam virtus annis adolevit, in apros   audet et hirsutas comminus ire leas; dumque petit latebras fetae catulosque leaenae,   ipse fuit Libycae praeda cruenta ferae. Mater Hyan et Hyan maestae flevere sorores   cervicemque polo subpositurus Atlas. Victus uterque parens tamen est pietate sororum:   illa dedit caelum, nomina fecit Hyas. “Mater, ades, florum, ludis celebranda iocosis:   distuleram partes mense priore tuas. Incipis Aprili, transis in tempora Maii:   alter te fugiens, cum venit, alter habet. Cum tua sint cedantque tibi confinia mensum,   convenit in laudes ille vel ille tuas. Circus in hunc exit clamataque palma theatris;   hoc quoque cum Circi munere carmen eat! Ipsa doce, quae sis! Hominum sententia fallax;   optima tu proprii nominis auctor eris!” Sic ego; sic nostris respondit diva rogatis   (dum loquitur, vernas efflat ab ore rosas): “Chloris eram, quae Flora vocor: corrupta Latino   nominis est nostri littera Graeca sono. Chloris eram, nymphe campi felicis, ubi audis   rem fortunatis ante fuisse viris.

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Während der Bartflaum frisch ist, versetzt er die schreckhaften Hirsche durch eine Wildscheuche in Angst und jener hat den Hasen als wohlgefällige Beute: 175 Nachdem seine Tapferkeit mit den Jahren angewachsen ist, getraut er sich jedoch, im Nahkampf gegen Eber und struppige Löwinnen anzugehen. Und während er die Verstecke und Jungen der säugenden Löwin aufsuchte, war er selbst die blutige Beute der libyschen Bestie. Die Mutter beweinte den Hyas und den Hyas beweinten die traurigen Schwestern 180 und Atlas, der seinen Nacken unter den Himmelspol legen sollte. Übertroffen wurden dennoch beide Elternteile durch die Liebe der Schwestern: Jene (sc. die Liebe) gab den Himmel, die Bezeichnung verlieh Hyas. „Mutter der Blumen64, sei gewogen, die du mit scherzhaften Spielen zu feiern bist: aufgeschoben hatte ich deine Rolle im vorigen Monat. 185 Du beginnst im April, gehst hinüber in die Zeiten des Mai: der eine hat dich im Scheiden, der andere, wenn er anbricht. Weil du Monatsgrenzen hast und sie sich dir unterordnen, passt jener oder jener zu deinen Lobeshymnen. Das Circusspiel fällt in diesen und laut ausgerufen ist im Theater der Siegespreis, 190 auch dieses Gedicht soll mit dem Circusspektakel voranschreiten! Lehre du selbst, wer du bist! Der Menschen Meinung ist irreführend; die beste Gewährsfrau für deinen eigenen Namen wirst du sein!“ So ich; so antwortete auf meine Fragen die Göttin (während sie spricht, haucht sie Frühlingsrosen aus ihrem Mund aus): 195 „Chloris war ich , die ich Flora genannt werde: Verunstaltet durch den lateinischen Laut wurde der griechische Buchstabe meines Namens.65 Chloris war ich, eine Nymphe des glückseligen Gefildes, wo, wie du hörst, beglückte Männer früher ihr Los hatten.66

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LIBER QVINTVS

Quae fuerit mihi forma, grave est narrare modestae,   sed generum matri repperit illa deum. Ver erat, errabam; Zephyrus conspexit, abibam;   insequitur, fugio: fortior ille fuit. Et dederat fratri Boreas ius omne rapinae   ausus Erecthea praemia ferre domo. Vim tamen emendat dando mihi nomina nuptae   inque meo non est ulla querella toro. Vere fruor semper: semper nitidissimus annus,   arbor habet frondes, pabula semper humus. Est mihi fecundus dotalibus hortus in agris;   aura fovet, liquidae fonte rigatur aquae. Hunc meus implevit generoso flore maritus   atque ait: ‘Arbitrium tu, dea, floris habe!’ Saepe ego digestos volui numerare colores   nec potui: numero copia maior erat. Roscida cum primum foliis excussa pruina est   et variae radiis intepuere comae, conveniunt pictis incinctae vestibus Horae   inque leves calathos munera nostra legunt; protinus accedunt Charites nectuntque coronas   sertaque caelestes implicitura comas. Prima per immensas sparsi nova semina gentes:   unius tellus ante coloris erat; prima Therapnaeo feci de sanguine florem   et manet in folio scripta querella suo. Tu quoque nomen habes cultos, Narcisse, per hortos,   infelix, quod non alter et alter eras. Quid Crocon aut Attin referam Cinyraque creatum,   de quorum per me volnere surgit honor?

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Welche Schönheit ich hatte, ist schwer für mich zu erzählen, weil ich bescheiden bin; aber jene (sc. Schönheit) fand als Schwiegersohn für meine Mutter einen Gott. Frühling war es, ich erging mich; Zephyrus67 erblickte , ich versuchte zu entweichen; er folgt, ich fliehe: stärker war jener. Und Boreas hatte seinem Bruder jegliches Recht auf einen Raubzug gegeben, nachdem er es gewagt hatte, aus dem Haus des Erechtheus seine Beute zu holen.68 Dennoch macht er die Gewalttat wieder dadurch gut, dass er mir die Bezeichnung einer Braut gibt, und in meinem Ehebett gibt es keine Beschwerde. Frühling genieße ich stets: stets ist Jahreszeit äußerst üppig, der Baum trägt stets Laub, Futter der Boden. Ich habe einen fruchtbaren Garten in den Fluren, die zur Mitgift gehören; die Luft wärmt ihn, und er wird feucht durch die Quelle von klarem Wasser. Diesen (sc. Garten) stattete mein Ehemann mit auserlesenen Blumen aus und sprach: ‚Du, Göttin, habe die Verfügung über die Flora!‘ Oft wollte ich die Farben ordnen und zählen, doch war ich nicht in der Lage dazu: die Fülle war größer als die Anzahl. Sobald von den Blättern der aufgetaute Reif herabgeschüttelt worden und das bunte Blattwerk von den Sonnenstrahlen warm geworden ist, kommen die Horen69 zusammen, mit Gürteln an ihren farbenfrohen Gewändern, und sammeln in ihren leichten Körben unsere Gaben; unverzüglich treten die Chariten70 dazu, flechten Kränze und Girlanden, die ihr himmlisches Haar umwinden sollen. Als Erste verstreute ich überall unter zahllosen Völkern neue Samen: Von einer einzigen Farbe nur war vorher die Erde; als Erste machte ich aus therapnaeischem71 Blut eine Blume und es bleibt auf ihrem Blatt geschrieben eine Klage. Auch du, Narcissus72, hast einen Namen überall in kultivierten Gärten, Unglücklicher, weil du nicht der eine und der andere warst. Was soll ich Crocus73 oder Attis74 und den von Cinyras Gezeugten75 anführen, aus deren Wunde durch mich sich Zierde erhebt?

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LIBER QVINTVS

Mars quoque, si nescis, per nostras editus artes;   Iuppiter hoc, ut adhuc, nesciat usque, precor. Sancta Iovem Iuno nata sine matre Minerva   officio doluit non eguisse suo. Ibat, ut Oceano quereretur facta mariti;   restitit ad nostras fessa labore fores. Quam simul aspexi, ‘quid te, Saturnia’, dixi,   ‘attulit?’ Exponit, quem petat, illa, locum; addidit et causam. Verbis solabar amicis.   ‘Non’, inquit, ‘verbis cura levanda mea est. Si pater est factus neglecto coniugis usu   Iuppiter et solus nomen utrumque tenet, cur ego desperem fieri sine coniuge mater   et parere intacto, dummodo casta, viro? Omnia temptabo latis medicamina terris   et freta Tartareos excutiamque sinus.’ Vox erat in cursu: voltum dubitantis habebam.   ‘Nescioquid, nymphe, posse videris’, ait. Ter volui promittere opem, ter lingua retenta est.   Ira Iovis magni causa timoris erat. ‘Fer, precor, auxilium!’, dixit. ‘Celabitur auctor’,   et Stygiae numen testificatur aquae. ‘Quod petis, Oleniis’, inquam, ‘mihi missus ab arvis   flos dabit: est hortis unicus ille meis. Qui dabat, ‹hoc›, dixit, ‹sterilem quoque tange iuvencam,   mater erit›. Tetigi, nec mora, mater erat.’

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Auch Mars wurde, sofern du es nicht weißt, durch unsere Künste auf die Welt gebracht;76 ich bitte darum, dass Iuppiter dies, wie bislang, weiterhin nicht wissen soll. Die ehrwürdige Iuno war verärgert, dass Iuppiter, weil Minerva ohne Mutter geboren worden77 war, ihrer ehelichen Pflicht nicht bedurft habe. Sie ging von dannen, um dem Oceanus78 ihr Leid über die Taten ihres Ehemannes zu klagen; erschöpft von der Anstrengung machte sie an unserer Türe halt. Sobald ich sie erblickt hatte, sagte ich: ‚Was hat dich, Tochter des Saturn79, hierhin geführt?‘ Jene legt dar, zu welchem Ort sie eilt; auch den Grund fügte sie hinzu. Mit freundschaftlichen Worten versuchte ich, sie zu trösten. Sie sprach: ‚Nicht mit Worten muss mein Kummer gelindert werden. Wenn Iuppiter Vater wurde, obwohl er den Umgang mit seiner Gattin vernachlässigte, und allein beide Bezeichnungen (sc. des Vaters und der Mutter) hat, warum soll ich die Hoffnung aufgeben, ohne einen Mann Mutter zu werden und zu gebären, ohne meinen Mann zu berühren, wenn ich nur treu bleibe? Alle Hilfsmittel in Ländern weit und breit will ich versuchen und will die Meere und die Schlünde des Tartaros80 erforschen.‘ Ihre Rede war im Gange: den Gesichtsausdruck einer, die überlegt, zeigte ich. ‚Irgendetwas, Nymphe, scheinst du zu vermögen‘, sprach sie. Dreimal wollte ich ihr Hilfe zusagen, dreimal wurde meine Zunge zurückgehalten. Der Zorn Iuppiters war der Grund für meine große Furcht. ‚Bring Hilfe, ich bitte !‘, sprach sie. ‚Verborgen bleiben wird die Ratgeberin.‘ Und des stygischen Wassers Gottheit81 nimmt sie als Zeugen. ‚Was du begehrst‘‚ sprach ich, ‚wird die Blume gewähren, die mir von den olenischen82 Gefilden gesandt wurde: in meinen Gärten ist jene einzigartig. Der sie gab, sagte: ›Berühre damit auch eine unfruchtbare Kuh, wird sie eine Mutter sein.‹ Ich habe sie berührt, es gab keine Pause, sie war eine Mutter.‘

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LIBER QVINTVS

Protinus haerentem decerpsi pollice florem;   tangitur et tacto concipit illa sinu. Iamque gravis Thracen et laeva Propontidos intrat   fitque potens voti Marsque creatus erat. Qui memor accepti per me natalis ‘habeto   tu quoque Romulea’, dixit, ‘in urbe locum!’ Forsitan in teneris tantum mea regna coronis   esse putes. Tangit numen et arva meum. Si bene floruerint segetes, erit area dives;   si bene floruerit vinea, Bacchus erit; si bene floruerint oleae, nitidissimus annus   pomaque proventum temporis huius habent. Flore semel laeso pereunt viciaeque fabaeque   et pereunt lentes, advena Nile, tuae. Vina quoque in magnis operose condita cellis   florent et nebulae dolia summa tegunt. Mella meum munus: volucres ego mella daturas   ad violam et cytisos et thyma cana voco. Nos quoque idem facimus tunc, cum iuvenalibus annis   luxuriant animi corporaque ipsa virent.” Talia dicentem tacitus mirabar; at illa   “ius tibi discendi, siqua requiris”, ait. “Dic, dea”, respondi, “ludorum quae sit origo.”   Vix bene desieram, rettulit illa mihi: “Cetera luxuriae nondum instrumenta vigebant;   aut pecus aut latam dives habebat humum (hinc etiam locuples, hinc ipsa pecunia dicta est);   sed iam de vetito quisque parabat opes. Venerat in morem populi depascere saltus   idque diu licuit poenaque nulla fuit;

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255 Unverzüglich pflückte ich die sich neigende Blume mit meinem Daumen ab; jene wird berührt und empfängt, nachdem ihr Schoß berührt wurde. Schon schwanger erreicht sie Thracien83 und die linke Seite der Propontis84 und sie sieht ihren Wunsch erfüllt und Mars war geboren. Er sprach in Erinnerung an den Geburtstag, welchen er durch mich empfangen hatte: 260 ‚Habe auch du einen Platz in der Stadt des Romulus!‘ Vielleicht könntest du glauben, dass mein Herrschaftsgebiet sich nur in zarten Kränzen befindet. Es berührt meine göttliche Macht auch die Fluren. Wenn die Saaten gut blühen, wird die Tenne reich sein; wenn der Weinstock gut blüht, wird Bacchus da sein; 265 wenn die Ölbäume gut blühen, wird das Jahr äußerst üppig sein und das Obst dieser Jahreszeit gedeiht. Wenn die Blume einmal beschädigt wurde, sterben Wicken und Bohnen ab und es sterben deine Linsen ab, fremder Nil. Auch Wein blüht, wenn er in großen Kammern mühsam eingekellert wurde, 270 und Schaumkronen bedecken den oberen Rand der Fässer. Honig ist meine Gabe: Bienen, die Honig geben sollen, rufe ich zum Veilchen, zu den Blüten des Klees und den weißen Blüten des Thymians. Auch wir machen dann dasselbe, wenn in den jugendlichen Jahren die Gemüter ausgelassen sind und die Körper selbst vor Kraft strotzen.“ 275 Schweigsam bewunderte ich sie, wie sie solches ausführte; jene jedoch sprach: „ Recht zu lernen hast du, wenn du irgendwelche Dinge erfahren willst.“ „Sprich, Göttin“, antwortete ich, „welcher der Ursprung der Spiele ist!“85 Kaum hatte ich gut geendet, berichtete jene mir: „Die übrigen Zeugnisse des Luxus standen noch nicht in Ansehen; 280 entweder ein Stück Vieh oder ein ausgedehntes Grundstück besaß ein Reicher (daher wurde auch ein Begüterter86, daher das Geld87 selbst bezeichnet); aber bald verschaffte sich jeder Reichtümer auf verbotenem Weg. Es war in Mode gekommen, die Weideplätze des Volkes abgrasen zu lassen und das war lange Zeit erlaubt und es gab keine Strafe ;

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LIBER QVINTVS

vindice servabat nullo sua publica volgus   iamque in privato pascere inertis erat. Plebis ad aediles perducta licentia talis   Publicios; animus defuit ante viris. Rem populus recipit, multam subiere nocentes:   vindicibus laudi publica cura fuit. Multa data est ex parte mihi magnoque favore   victores ludos instituere novos; parte locant clivum, qui tunc erat ardua rupes,   utile nunc iter est, Publiciumque vocant.” Annua credideram spectacula facta: negavit,   addidit et dictis altera verba suis: “Nos quoque tangit honor: festis gaudemus et aris   turbaque caelestes ambitiosa sumus. Saepe deos aliquis peccando fecit iniquos   et pro delictis hostia blanda fuit; saepe Iovem vidi, cum iam sua mittere vellet   fulmina, ture dato sustinuisse manum. At si neglegimur, magnis iniuria poenis   solvitur et iustum praeterit ira modum. Respice Thestiaden: flammis absentibus arsit;   causa est, quod Phoebes ara sine igne fuit. Respice Tantaliden: eadem dea vela tenebat;   virgo est, et spretos bis tamen ulta focos. Hippolyte infelix, velles coluisse Dionen,   cum consternatis diripereris equis. Longa referre mora est correcta oblivia damnis:   me quoque Romani praeteriere patres!

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285 weil es keinen Beschützer gab, musste das gemeine Volk versuchen, seinen öffentlichen Besitz zu schützen, und schon war es typisch für einen ungeschickten Mann, auf seinem Privatgrundstück grasen zu lassen. Zur der Volksaedilen, der Publicii88, ist eine derartige Willkür gebracht worden; die Zivilcourage fehlte vorher den Menschen. Das Volk greift die Angelegenheit auf, einer Strafe mussten sich die Schuldigen unterziehen: 290 Den Beschützern gereichte die Sorge um das Allgemeinwohl zum Ruhm. Die Geldstrafe wurde mir zum Teil gegeben und unter großem Beifall richteten die Sieger neuartige Spiele ein. Mit einem Teil geben sie auf dem Hügel in Auftrag, der damals ein steiler Felsen war und nun ein nützlicher Weg ist, und nennen ihn ‚Publicius‘.“ 295 Ich hatte geglaubt, dass die Spiele jährlich ausgerichtet wurden: sie verneinte es und fügte auch ihren Ausführungen andere Worte hinzu: „Auch auf uns macht Ehre Eindruck: über Feste freuen wir uns und über Altäre und eine ruhmsüchtige Menge sind wir Himmelsbewohner. Oftmals machte sich einer die Götter durch Verfehlungen zu Feinden 300 und für seine Vergehen war ein Opfertier willkommen; oftmals sah ich, dass Iuppiter, als er schon seine Blitze schleudern wollte, seine Hand zurückhielt, weil Weihrauch dargebracht worden war. Aber wenn wir gering geschätzt werden, wird das Unrecht mit schwerwiegenden Strafen abgebüßt und das gerechte Maß überschreitet der Zorn. 305 Betrachte den Thestiaden89: trotz der Entfernung der Flammen brannte er; der Grund ist, dass der Phoebe90 Altar ohne Feuer dastand. Betrachte den Tantaliden91: dieselbe Göttin hielt die Segel fest; eine Jungfrau ist sie und dennoch nahm sie zweimal Rache für die Miss­achtung der Herde. Unglücklicher Hippolytus92; hättest du doch gewollt, Dione93 verehrt zu haben, 310 als du von den scheuenden Pferden zerrissen wurdest. Es würde zu lange dauern, Akte des Vergessens zu berichten, die durch Strafen ausgeglichen wurden: auch mich übergingen die römischen Väter!

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LIBER QVINTVS

Quid facerem, per quod fierem manifesta doloris?   Exigerem nostrae qualia damna notae? Excidit officium tristi mihi: nulla tuebar   rura nec in pretio fertilis hortus erat; lilia deciderant, violas arere videres   filaque punicei languida facta croci. Saepe mihi Zephyrus ‘dotes corrumpere noli   ipsa tuas!’, dixit: dos mihi vilis erat. Florebant oleae, venti nocuere protervi:   florebant segetes, grandine laesa seges. In spe vitis erat, caelum nigrescit ab Austris   et subita frondes decutiuntur aqua. Nec volui fieri nec sum crudelis in ira;   cura repellendi sed mihi nulla fuit. Convenere patres et, si bene floreat annus,   numinibus nostris annua festa vovent. Adnuimus voto: consul cum consule ludos   Postumio Laenas persoluere mihi.” Quaerere conabar, quare lascivia maior   his foret in ludis liberiorque iocus; sed mihi succurrit numen non esse severum   aptaque deliciis munera ferre deam. Tempora sutilibus cinguntur tota coronis   et latet iniecta splendida mensa rosa; ebrius incinctis philyra conviva capillis   saltat et imprudens utitur arte meri; ebrius ad durum formosae limen amicae   cantat, habent unctae mollia serta comae. Nulla coronata peraguntur seria fronte   nec liquidae vinctis flore bibuntur aquae;

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Was hätte ich tun können, wodurch ich meinen Schmerz hätte offenbaren können? Strafen welcher Art hätte ich für meine Herabsetzung einfordern sollen? Es ist mir in meiner Trauer meine Pflicht entfallen: keine Fluren schützte ich und der ertragreiche Garten hatte für mich keinen Wert . Lilien waren herabgesunken, Veilchen hättest du verdorren sehen können und dass die Fäden des purpurfarbenen Krokus schlaff geworden waren. Oftmals sprach Zephyrus94 zu mir: ‚Verdirb du selbst nicht deine Mitgift!‘ Die Mitgift war wertlos für mich. Es standen die Ölbäume in voller Blüte, die heftigen Winde fügten ihnen Schaden zu: Es standen die Saatfelder in voller Blüte, durch Hagel wurde das Saatfeld beschädigt. Verheißungsvoll war die Weinrebe, der Himmel wird schwarz durch die Südwinde und durch Platzregen werden die Blätter herabgeschüttelt. Weder wollte ich, dass es geschieht, noch bin ich grausam in meinem Zorn; aber die Sorge, es abzuwenden, lag mir fern. Es kamen die Väter zusammen und geloben, falls das Jahr zu guter Blüte kommen sollte, unserer Gottheit jährliche festliche Aktivitäten. Wir nickten dem Gelübde zu: der Consul Laenas95 löste mir mit dem Consul Postumius die Spiele ein.“

Ich schickte mich an zu fragen, weshalb die Vergnügtheit bei diesen Spielen größer und der Scherz freimütiger sei; aber mir kam in den Sinn, dass die Gottheit nicht streng ist und die Göttin Gaben bringt, die zu den Vergnügungen passen. 335 Die Schläfen werden in ihrer Gänze mit geflochtenen Kränzen umwunden und verborgen liegt der glänzende Tisch, weil Rosen darüber gestreut sind. Berauscht tanzt der Trunkenbold, die Haare mit Lindenbast umwunden, und ahnungslos übt er die Kunst des Weines aus; berauscht singt er an der harten Schwelle der hübschen 340 Freundin,96 das parfümierte Haar trägt weiche Girlanden. Nichts Ernstes wird betrieben, wenn die Stirn bekränzt ist und klare Wasser werden nicht getrunken, wenn man mit Blumen umkränzt ist.

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LIBER QVINTVS

donec eras mixtus nullis, Acheloe, racemis,   gratia sumendae non erat ulla rosae. Bacchus amat flores: Baccho placuisse coronam   ex Ariadnaeo sidere nosse potes. Scaena levis decet hanc: non est, mihi credite, non est   illa cothurnatas inter habenda deas. Turba quidem cur hos celebret meretricia ludos,   non ex difficili causa petita subest. Non est de tetricis, non est de magna professis.   Volt sua plebeio sacra patere choro. Et monet aetatis specie, dum floreat, uti;   contemni spinam, cum cecidere rosae. Cur tamen, ut dantur vestes Cerialibus albae,   sic haec est cultu versicolore decens? An quia maturis albescit messis aristis,   et color et species floribus omnis inest? Adnuit et motis flores cecidere capillis,   accidere in mensas ut rosa missa solet. Lumina restabant, quorum me causa latebat,   cum sic errores abstulit illa meos: “Vel quia purpureis conlucent floribus agri,   lumina sunt nostros visa decere dies; vel quia nec flos est hebeti nec flamma colore   atque oculos in se splendor uterque trahit; vel quia deliciis nocturna licentia nostris   convenit: a vero tertia causa venit.” “Est breve praeterea, de quo mihi quaerere restat,   si liceat”, dixi, dixit et illa: “Licet”. “Cur tibi pro Libycis clauduntur rete leaenis   inbelles capreae sollicitusque lepus?” Non sibi respondit silvas cessisse, sed hortos   arvaque pugnaci non adeunda ferae.

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Solange du mit keinem Wein gemischt warst, Achelous97, hatte man keine Freude daran, Rosen zu nehmen. 345 Bacchus liebt Blumen: man kann am Sternbild der Ariadne98 erkennen, dass dem Bacchus der Kranz gefiel. Die unbeschwerte Bühne ziemt sich für sie: jene darf nicht, vertraut mir, jene darf nicht ihren Platz unter den Cothurn99 tragenden Göttinnen haben. Warum freilich die Schar der Prostituierten diese Spiele 350 feiert, dem liegt eine Erklärung zugrunde, die sich nicht schwer ermitteln ließ. Sie gehört nicht zu den Strengen und nicht zu denen, die Großes verheißen. Sie will, dass ihre heiligen Riten für den Reigen des Volkes offenstehen. Und sie mahnt, der Jugend Schönheit zu nutzen, solange sie blühe; , dass der Dorn verachtet wird, wenn die Rosenblüten abgefallen sind. 355 Warum jedoch ist sie ebenso passend in ihrem bunten Gewand, wie man an den Cerialien weiße Kleider gibt?100 Doch wohl weil die Ernte mit ihren reifen Ähren weiß wird und jegliche Farbe und Gestalt den Blumen innewohnen? Sie nickte zustimmend und Blumen fielen , weil sie 360 die Haare bewegte, wie Rosen für gewöhnlich herabrieseln und auf Tische fallen. Die Lichter blieben übrig, deren Grund mir verborgen war, als jene folgendermaßen meine Zweifel beseitigte: „Sei es weil von purpurfarbenen Blumen die Felder leuchten überall, schienen die Lichter sich für unsere Tage zu ziemen; 365 oder weil weder die Blume noch die Flamme von matter Farbe sind und der Glanz von beiden die Augen auf sich zieht; oder weil zu unseren Vergnügungen die nächtliche Ausgelassenheit passt: von der Wahrheit stammt der dritte Grund.“ „Außerdem ist es wenig, wonach zu fragen mir 370 übrig bleibt, wenn es erlaubt sein sollte“, sprach ich und jene sprach: „Es ist erlaubt.“ „Warum werden für dich statt libyscher Löwinnen mit einem Netz umschlossen friedfertige Ziegen und der scheue Hase?“ Dass nicht ihr die Wälder zufielen, antwortete sie, sondern die Gärten und Fluren, die das kampflustige, wilde Tier nicht betreten darf.

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Omnia finierat: tenues secessit in auras,   mansit odor; posses scire fuisse deam. Floreat ut toto carmen Nasonis in aevo,   sparge, precor, donis pectora nostra tuis.

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CC Nocte minus quarta promet sua sidera Chiron   semivir et flavi corpore mixtus equi. Pelion, Haemoniae mons, est obversus in Austros:   summa virent pinu, cetera quercus habet. Phillyrides tenuit; saxo stant antra vetusto,   quae iustum memorant incoluisse senem. Ille manus olim missuras Hectora leto   creditur in lyricis detinuisse modis. Venerat Alcides exhausta parte laborum   iussaque restabant ultima paene viro. Stare simul casu Troiae duo fata videres:   hinc puer Aeacides, hinc Iove natus erat. Excipit hospitio iuvenem Philyreius heros   et causam adventus hic rogat, ille docet. Respicit interea clavam spoliumque leonis   “vir” que ait, “his armis armaque digna viro!” Nec se, quin horrens auderent tangere saetis   vellus, Achilleae continuere manus. Dumque senex tractat squalentia tela venenis,   excidit et laevo fixa sagitta pede est. Ingemuit Chiron traxitque e corpore ferrum:   adgemit Alcides Haemoniusque puer.

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375 Alle hatte sie zu Ende gebracht: sie entschwand in leichte Lüfte, zurück blieb ihr Duft; man hätte wissen können, dass sie eine Göttin ist. Auf dass des Naso Gedicht in alle Ewigkeit blühe, bestreue, ich bitte dich, mit deinen Gaben mein Herz. 3. Mai

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In der Nacht, die um eine weniger ist als die vierte, wird Chiron101 sein Sternbild102 erscheinen lassen, ein Halbmensch und gemischt mit dem Körper eines falben Rosses. Pelion, ein Berg Haemoniens103, ist den Südwinden ausgesetzt: Die Gipfelregionen grünen von Fichten, die übrigen Regionen nehmen Eichen ein. Der Phillyride104 hauste : es stehen Höhlengewölbe aus altem Fels , welche, wie man erzählt, der gerechte Greis bewohnte. Jener habe die Hände beschäftigt, die dereinst Hector in den Tod schicken sollten,105 mit lyrischen Weisen, wie man glaubt. Gekommen war der Alcide106, überstanden war ein Teil der Mühen107, und es blieben beinahe letzte Aufträge für den Mann übrig. Zufällig zusammenstehen sehen hättest du die zwei Schicksale Trojas können:108 hier war der Junge, der Aeacide109, hier der Sohn Iuppiters. Es nimmt gastfreundlich den jungen Mann der Held, der Sohn der Philyra, auf und fragt nach dem Grund der Ankunft, jener klärt ihn auf. Zwischenzeitlich blickt er auf die Keule und das Fell des Löwen und sagt: „Der Mann ist würdig dieser Waffen und sind die Waffen würdig des Mannes!“ Und die Hände Achills konnten sich nicht zurückhalten, zu wagen, das von Zotteln starrende Fell zu berühren. Und während der Greis die mit Gift überzogenen Pfeile betastet, fällt ein Pfeil heraus und bleibt im linken Fuß stecken. Es stöhnte Chiron auf und zog aus dem Körper das Eisen: dazu stöhnt der Alcide auf und der Junge aus Haemonien.

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LIBER QVINTVS

Ipse tamen lectas Pagasaeis collibus herbas   temperat et varia volnera mulcet ope; virus edax superabat opem penitusque recepta   ossibus et toto corpore pestis erat. Sanguine Centauri Lernaeae sanguis echidnae   mixtus ad auxilium tempora nulla dabat. Stabat, ut ante patrem, lacrimis perfusus Achilles:   sic flendus Peleus, si moreretur, erat. Saepe manus aegras manibus fingebat amicis:   morum, quos fecit, praemia doctor habet. Oscula saepe dedit, dixit quoque saepe iacenti:   “Vive, precor, nec me, care, relinque, pater!” Nona dies aderat, cum tu, iustissime Chiron,   bis septem stellis corpora cinctus eras.

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EC Hunc Lyra curva sequi cuperet, sed idonea nondum   est via: nox aptum tertia tempus erit.

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FC Scorpios in caelo, cum cras lucescere Nonas   dicimus, a media parte notandus erit. A LEM N Hinc ubi protulerit formosa ter Hesperos ora,   ter dederint Phoebo sidera victa locum, ritus erit veteris, nocturna Lemuria, sacri:   inferias tacitis manibus illa dabunt. Annus erat brevior nec adhuc pia februa norant   nec tu dux mensum, Iane biformis, eras.

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FÜNFTES BUCH

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Selbst mischt er jedoch Kräuter, die er auf den Hügeln Pagasaes110 gesammelt hat, und lindert die Verwundungen mit verschiedenartigen Hilfsmitteln. Das gefräßige Gift besiegte die Hilfsmittel, und völlig aufgenommen in die Gebeine und den ganzen Leib war das Verderben. 405 Mit dem Blut des Centauren war das Blut der Schlange von Lerna111 gemischt und bot keine Zeit für Hilfe. Es stand, wie vor seinem Vater, tränenüberströmt Achill: So müsste Peleus112 beweint werden, wenn er stürbe. Oftmals streichelte er die kranken Hände mit seinen lieben Händen: 410 Die Belohnungen des Charakters, den er schuf, bekommt der Lehrer. Küsse gab er oftmals dem Darniederliegenden, er sprach auch oftmals zu ihm: „Lebe fort, ich flehe darum, und verlass‘ mich nicht, lieber Vater!“ Der neunte Tag war da, als du, gerechtester Chiron, mit zweimal sieben Sternen113 am Körper umgeben warst. 5. Mai Ihm würde die gebogene Leier folgen wollen, aber bereit ist noch nicht der Weg: die dritte Nacht wird der passende Zeitpunkt sein. 6. Mai Der Skorpion wird am Himmel von der Mitte an aufwärts sichtbar sein, wenn wir sagen können, morgen brechen die Nonen an. 9. Mai Sobald von da an sein hübsches Gesicht Hesperos114 dreimal 420 gezeigt hat, dreimal dem Phoebus115 die besiegten Sterne den Platz geräumt haben, wird es den Ritus eines alten heiligen Festes geben, die nächtlichen Lemuria116: Totenopfer werden jene (sc. Lemuria) den schweigenden Manen117 geben. Das Jahr war kürzer118 und man kannte noch nicht die frommen Entsühnungsriten (sc. des Februars) und du, zweigestaltiger Ianus119, warst nicht der Anführer der Monate.

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LIBER QVINTVS

Iam tamen exstincto cineri sua dona ferebant   compositique nepos busta piabat avi. Mensis erat Maius maiorum nomine dictus,   qui partem prisci nunc quoque moris habet. Nox ubi iam media est somnoque silentia praebet,   et canis et variae, conticuistis, aves, ille memor veteris ritus timidusque deorum   surgit (habent gemini vincula nulla pedes) signaque dat digitis medio cum pollice iunctis,   occurrat tacito ne levis umbra sibi. Cumque manus puras fontana perluit unda,   vertitur et nigras accipit ante fabas aversusque iacit; sed dum iacit, “haec ego mitto,   his”, inquit, “redimo meque meosque fabis!” Hoc novies dicit nec respicit: umbra putatur   colligere et nullo terga vidente sequi. Rursus aquam tangit Temesaeaque concrepat aera   et rogat, ut tectis exeat umbra suis. Cum dixit novies: “Manes exite paterni!”,   respicit et pure sacra peracta putat. Dicta sit unde dies, quae nominis exstet origo,   me fugit: ex aliquo est invenienda deo. Pliade nate, mone, virga venerande potenti:   saepe tibi est Stygii regia visa Iovis. Venit adoratus Caducifer. Accipe causam   nominis: ex ipso est cognita causa deo.

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425 Schon brachte man dennoch der erloschenen Asche die angemessenen Gaben und des beigesetzten Großvaters Grabstätte verehrte der Enkel. Der Monat war der Mai, benannt nach dem Wort maiores, der einen Teil des althergebrachten Brauches auch jetzt beibehält. Wenn schon Mitternacht ist und sie dem Schlafe 430 Ruhezeiten gewährt, ihr, Hund und verschiedenartiges Federvieh, verstummt seid, erhebt sich jener in Erinnerung an den alten Ritus und in Furcht vor den Göttern (die beiden Füße tragen keine Sandalen),120 legt die Finger um den Daumen in der Mitte herum und gibt ein Zeichen, damit ihm in seinem Schweigen nicht ein flüchtiger Schatten entgegentritt. 435 Und wenn er mit Quellwasser seine Hände rein gewaschen hat, dreht er sich um, nimmt vorher schwarze Bohnen und wirft sie abgewandt; aber während er sie wirft, sagt er: „Ich werfe es, mit diesen Bohnen kaufe ich mich und meine Angehörigen frei!“ Dies sagt er neunmal und blickt sich nicht um: Man glaubt, 440 der Schatten sammle sie und folge dem Rücken, ohne dass ihn jemand sieht. Erneut berührt er das Wasser, lässt Bronze von Temesa121 scheppern und bittet darum, dass aus seinem Haus der Schatten herausgehen möge. Sobald er neunmal gesagt hat: „Entschwindet, väterliche Manen!“, blickt er sich um und glaubt, er habe die heiligen Riten fehlerlos durchgeführt. 445 Woher der Tag bezeichnet ist, was sich als Ursprung der Bezeichnung herausstellt,122 entgeht mir: von Seiten eines Gottes muss er herausgefunden werden. Sohn der Pliade123, belehre , du, verehrungswürdig durch den mächtigen Stab124: Oftmals ist von dir die Königsburg des stygischen Iuppiter125 erblickt worden. Es kam der Caducifer auf die Anrufung hin. Vernimm den Grund 450 für die Bezeichnung: von dem Gott selbst konnte der Grund erfahren werden.

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LIBER QVINTVS

Romulus ut tumulo fraternas condidit umbras   et male veloci iusta soluta Remo, Faustulus infelix et passis Acca capillis   spargebant lacrimis ossa perusta suis; inde domum redeunt sub prima crepuscula maesti,   utque erat, in duro procubuere toro. Umbra cruenta Remi visa est adsistere lecto   atque haec exiguo murmure verba loqui: “En ego, dimidium vestri parsque altera voti,   cernite, sim qualis, qui modo qualis eram! Qui modo, si volucres habuissem regna iubentes,   in populo potui maximus esse meo, nunc sum elapsa rogi flammis et inanis imago:   haec est ex illo forma relicta Remo. Heu, ubi Mars pater est, si vos modo vera locuti   uberaque expositis ille ferina dedit! Quem lupa servavit, manus hunc temeraria civis   perdidit. O quanto mitior illa fuit! Saeve Celer, crudelem animam per volnera reddas   utque ego sub terras sanguinulentus eas. Noluit hoc frater, pietas aequalis in illo est:   quod potuit – lacrimas in mea fata dedit. Hunc vos per lacrimas, per vestra alimenta rogate,   ut celebrem nostro signet honore diem!” Mandantem amplecti cupiunt et bracchia tendunt:   lubrica prensantes effugit umbra manus. Ut secum fugiens somnos abduxit imago,   ad regem voces fratris uterque ferunt.

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Sobald Romulus in einem Grabhügel den brüderlichen Schatten beigesetzt hatte und die gebührenden Riten für den zu seinem Unglück schnellen Remus erwiesen worden waren,126 besprengten der unglückliche Faustulus und Acca,127 mit ihren herabwallenden Haaren, mit ihren Tränen die verkohlten Gebeine; dann gehen sie bei Anbruch der ersten Abenddämmerung traurig nach Hause und legten sich auf dem harten Lager, wie es war, nieder. Der blutüberströmte Schatten des Remus schien ans Bett zu treten und folgende Wort mit schwachem Murmeln zu sprechen: „Ach ich, die Hälfte und der eine Teil eures Wunsches, schaut, wie ich bin und wie ich gerade noch war! Der ich gerade noch in meinem Volke der Größte hätte sein können, wenn ich Vögel gehabt hätte, die die Herrschaft zuerkannt hätten,128 bin ich nunmehr ein Phantom, das des Scheiterhaufens Flammen entstiegen und nicht greifbar ist: dies ist die Gestalt, die von jenem Remus übrig blieb. Weh, wo ist mein Vater Mars, wenn ihr nur die Wahrheit gesprochen habt und jener uns, da wir ausgesetzt waren, die Zitzen des wilden Tieres gegeben hat! Den die Wölfin rettete, vernichtete die ungestüme Hand eines Bürgers. O, um wie viel milder war jene! Brutaler Celer129, mögest du deine grausame Seele unter Wunden zur Vergeltung hingeben und wie ich bluttriefend unter die Erde kommen. Gewollt hat er es nicht, eine gleichartige Bruderliebe steckt in jenem: Er gab hin, was er konnte, Tränen über mein Schicksal. Ihn bittet mittels eurer Tränen, mittels eurer Pflege und Ernährung, dass er einen Feiertag mit einer Ehrung für uns kennzeichnet!“ Den, der die Anweisung gibt, begehren sie zu umarmen und strecken die Arme aus: Der flüchtige Schatten entflieht den Händen, die ihn zu greifen versuchen. Sobald das schwindende Traumbild den Schlaf mit sich fortführte, überbringen beide des Bruders Worte dem König.

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LIBER QVINTVS

Romulus obsequitur lucemque Remuria dicit   illam, qua positis iusta feruntur avis. Aspera mutata est in lenem tempore longo   littera, quae toto nomine prima fuit. Mox etiam lemures animas dixere silentum:   hic sensus verbi, vis ea vocis erat. Fana tamen veteres illis clausere diebus,   ut nunc ferali tempore operta vides; nec viduae taedis eadem nec virginis apta   tempora: quae nupsit, non diuturna fuit. Hac quoque de causa, si te proverbia tangunt,   mense malas Maio nubere volgus ait. Sed tamen haec tria sunt sub eodem tempore festa   inter se nulla continuata die.

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C LEM N Quorum si mediis Boeotum Oriona quaeres,   falsus eris: signi causa canenda mihi. Iuppiter et lato qui regnat in aequore frater   carpebant socias Mercuriusque vias; tempus erat, quo versa iugo referuntur aratra   et pronus saturae lac bibit agnus ovis. Forte senex Hyrieus, angusti cultor agelli,   hos videt, exiguam stabat ut ante casam, atque ita “longa via est nec tempora longa supersunt”,   dixit, “et hospitibus ianua nostra patet!” Addidit et voltum verbis iterumque rogavit:   parent promissis dissimulantque deos.

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Romulus gehorcht und nennt jenen Tag Remuria130, 480 an dem die gebührenden Riten für die bestatteten Vorfahren durchgeführt werden. Der raue Buchstabe, der in der ganzen Bezeichnung an erster Stelle war, wurde im Laufe der langen Zeit in einen weichen abgewandelt. Bald nannte man die Seelen der Schweigenden auch „Lemuren“: Dies war der Sinn des Wortes, dies die Bedeutung der Bezeichnung. 485 Und doch schlossen die Altvorderen die Heiligtümer an jenen Tagen, wie du sie heute in der Zeit der Toten geschlossen siehst; weder für einer Witwe Hochzeitsfackeln noch für die einer Jungfrau sind dieselben Zeiten angemessen:131 Welche geheiratet hat, war nicht langlebig. Aus diesem Grunde auch, wenn dich die Sprichworte 490 berühren, sagt der Volksmund, dass im Monat Mai schlechte Frauen heiraten. Aber dennoch sind diese drei Feiertage während derselben Zeit untereinander durch keinen Tag verbunden. 11. Mai Wenn du in der Mitte dieser Tage den boeotischen132 Orion133 suchen wirst, wirst du dich irren: Des Sternbilds Grund muss ich besingen. 495 Iuppiter und sein Bruder, der auf dem weiten Meer herrscht, und Mercur legten gemeinsame Wege zurück; Es war die Zeit, in der die Pflugschar nach oben gewendet wurde und der Pflug mit dem Gespann zurückgebracht wird und das Lamm nach vorne gebeugt die Milch des fruchtbaren Schafes trinkt. Zufällig sieht sie der alte Hyrieus, der Bauer eines schmalen Ackerstückchens, 500 als er vor seiner bescheidenen Hütte stand, und sprach folgendermaßen: „Lang ist der Weg und keine lange (Tages-)Zeit ist übrig und Gästen steht unsere Türe offen!“ Er fügte seinen Worten auch einen Gesichtsausdruck hinzu und bat wiederum: Sie folgen der Einladung und verheimlichen ihre Göttlichkeit.

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LIBER QVINTVS

Tecta senis subeunt nigro deformia fumo;   ignis in hesterno stipite parvus erat: ipse genu nixus flammas exsuscitat aura   et promit quassas comminuitque faces. Stant calices; minor inde fabas, holus alter habebat   et spumat testo pressus uterque suo. Dumque mora est, tremula dat vina rubentia dextra:   accipit aequoreus pocula prima deus. Quae simul exhausit, “da nunc bibat ordine”, dixit,   “Iuppiter!” Audito palluit ille Iove. Ut rediit animus, cultorem pauperis agri   immolat et magno torret in igne bovem quaeque puer quondam primis diffuderat annis,   promit fumoso condita vina cado. Nec mora, flumineam lino celantibus ulvam,   sic quoque non altis, incubuere toris. Nunc dape, nunc posito mensae nituere Lyaeo;   terra rubens crater, pocula fagus erant. Verba fuere Iovis: “Si quid fert impetus, opta:   omne feres!” Placidi verba fuere senis: “Cara fuit coniunx, carae mihi prima iuventae   cognita. Nunc ubi sit, quaeritis? Urna tegit. Huic ego iuratus, vobis in verba vocatis,   ‘coniugio’, dixi, ‘sola fruere meo!’ Et dixi et servo; sed enim diversa voluntas   est mihi: nec coniunx et pater esse volo.” Adnuerant omnes. Omnes ad terga iuvenci   constiterant – pudor est ulteriora loqui.

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505 Sie gehen in das Haus des Greises hinein, das vom schwarzen Rauch verunstaltet ist; das Feuer am Holzscheit von gestern war klein: Er selbst, aufs Knie gestützt, facht die Flammen mit seinem Atem an, holt Kienspäne hervor und zerkleinert sie. Es stehen Töpfe da, der kleinere davon enthielt Bohnen, Kohl der andere 510 und beide schäumen zugedeckt mit ihrem Deckel . Und während eine Wartezeit eintritt, reicht er mit zitternder rechter Hand Rotwein: Es empfängt der Meeresgott den ersten Becher. Sobald er diesen ausgetrunken hatte, sagte er: „Lass jetzt in der richtigen Reihenfolge Iuppiter trinken!“ Er (sc. der Alte) hörte „Iuppiter“ und erblasste. 515 Sobald er wieder bei Sinnen ist, opfert er den Pflüger des ärmlichen Ackers und röstet im großen Feuer den Ochsen und er holt die Weinsorten hervor, die in einem rauchigen Krug gelagert waren und die er als Knabe einst in seinen frühen Jahren abgefüllt hatte. Und es gab kein Zögern, sie lagerten sich auf Liegen, die das Flussschilf mit 520 Leinentuch bedeckten und die auch so nicht hoch waren. Bald von Speise, bald vom aufgetischten Lyaeus134 erstrahlten die Tische; rötliche Erde war der Mischkrug, die Becher waren Buche. Dies waren die Worte Iuppiters: „Wenn dein Drang irgendetwas verlangt, wünsche es: Jedes Einzelne wirst du davontragen!“ Des ruhigen Greises Worte waren: 525 „Ich hatte eine liebe Gattin, die mir als Erste in ihrer lieben Jugend bekannt war. Wo sie nun ist, wollt ihr wissen? Eine Urne birgt sie. Ihr habe ich, nachdem ich euch als Zeugen zu meinen Worten hinzugerufen hatte, geschworen und gesagt: ‚An meiner Ehe wirst du dich als Einzige erfreuen!‘ Ich habe es gesagt und halte es; aber einen abweichenden 530 Wunsch habe ich ja: nicht Gatte, aber Vater will ich sein.“ Zugenickt hatten alle. Alle hatten sich an das Rückenfell des Stieres gestellt – ich schäme mich, das Weitere auszusprechen.135

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LIBER QVINTVS

Tum superiniecta texere madentia terra:   iamque decem menses et puer ortus erat. Hunc Hyrieus, quia sic genitus, vocat Uriona:   perdidit antiquum littera prima sonum. Creverat immensum: comitem sibi Delia sumpsit;   ille deae custos, ille satelles erat. Verba movent iras non circumspecta deorum:   “Quam nequeam”, dixit, “vincere, nulla fera est!” Scorpion immisit Tellus: fuit impetus illi   curva gemelliparae spicula ferre deae; obstitit Orion. Latona nitentibus astris   addidit et “meriti praemia”, dixit, “habe!”

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D NP Sed quid et Orion et cetera sidera mundo   cedere festinant noxque coartat iter? Quid solito citius liquido iubar aequore tollit   candida Lucifero praeveniente dies? Fallor an arma sonant? Non fallimur, arma sonabant:   Mars venit et veniens bellica signa dedit. Ultor ad ipse suos caelo descendit honores   templaque in Augusto conspicienda foro. Et deus est ingens et opus: debebat in urbe   non aliter nati Mars habitare sui. Digna Giganteis haec sunt delubra tropaeis:   hinc fera Gradivum bella movere decet, seu quis ab Eoo nos impius orbe lacesset,   seu quis ab occiduo sole domandus erit. Perspicit Armipotens operis fastigia summi   et probat invictas summa tenere deas;

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Sodann bedeckten sie das nasse mit Erde, die sie darüber warfen: Und schon waren zehn Monate und ein Knabe war geboren. 535 Ihn nennt Hyrieus, weil er so gezeugt wurde, Urion: Es büßte seinen alten Klang der erste Buchstabe ein. Er war ungeheuer gewachsen136: Als Gefährten nahm ihn sich die Göttin von Delos137; jener war der Göttin Wächter, jener ihr Gefolgsmann. Unüberlegte Worte erregen Zornesgedanken der Götter: 540 „Es gibt kein wildes Tier, das ich nicht besiegen könnte!“, sagte er. Einen Skorpion schickte Tellus138 vorbei: Jener hatte den Drang, seinen gekrümmten Stachel gegen die zwillingsgebärende Göttin139 auszufahren; entgegen trat Orion. Latona gesellte ihn zu den funkelnden Sternen und sprach: „Für dein Verdienst empfange die Belohnung!“140 12. Mai 545 Aber warum beeilen sich Orion und die übrigen Sternbilder vom Himmel zu schwinden und warum verkürzt die Nacht ihren Weg? Warum hebt der helle Tag schneller als gewohnt seinen lichten Glanz aus dem klaren Meer, wobei ihm der Morgenstern vorausgeht? Täusche ich mich oder dröhnen Waffen? Wir täuschen uns nicht, Waffen dröhnten: 550 Mars kommt und gab in seinem Kommen kriegerische Signale. Ultor141 stieg selbst vom Himmel zu seinen Ehrungen hinab und zu dem Tempel, der auf dem Augustus-Forum142 zu betrachten ist. Der Gott ist gewaltig und auch das Bauwerk: Es durfte in der Stadt seines Sohnes Mars nicht anderweitig wohnen. 555 Würdig der Trophäen aus dem Gigantenkrieg143 ist dieses Heiligtum: Dass von hier Gradivus144 grimmige Kriege heraufbeschwört, ist angemessen, sei es dass irgendein gottloser uns vom Morgenland her reizen wird, oder dass irgendjemand vom Abendland her künftig bezwungen werden muss. Der Waffengewaltige betrachtet die Giebel hoch oben am Bauwerk145 560 und billigt es, dass die unbesiegten Göttinnen die höchsten Punkte einnehmen;

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LIBER QVINTVS

perspicit in foribus diversae tela figurae   armaque terrarum milite victa suo. Hinc videt Aenean oneratum pondere caro   et tot Iuleae nobilitatis avos; hinc videt Iliaden umeris ducis arma ferentem   claraque dispositis acta subesse viris. Spectat et Augusto praetextum nomine templum   et visum lecto Caesare maius opus. Voverat hoc iuvenis tum, cum pia sustulit arma:   a tantis princeps incipiendus erat. Ille manus tendens hinc stanti milite iusto,   hinc coniuratis talia dicta dedit: “Si mihi bellandi pater est Vestaeque sacerdos   auctor et ulcisci numen utrumque paro, Mars, ades et satia scelerato sanguine ferrum   stetque favor causa pro meliore tuus! Templa feres et me victore vocaberis Ultor.”   Voverat et fuso laetus ab hoste redit. Nec satis est meruisse semel cognomina Marti:   persequitur Parthi signa retenta manu. Gens fuit et campis et equis et tuta sagittis   et circumfusis invia fluminibus; addiderant animos Crassorum funera genti,   cum periit miles signaque duxque simul. Signa, decus belli, Parthus Romana tenebat   Romanaeque aquilae signifer hostis erat;

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er betrachtet an den Türen die Waffen von unterschiedlicher Gestalt und Kriegswerkzeuge der ganzen Welt, bezwungen von seinem Heer. Von hier sieht er, wie Aeneas mit der teuren Last beladen ist und so viele Vorväter des iulischen Adels; von hier sieht er, wie der Iliade auf seinen Schultern des Anführers Waffen trägt und dass die ruhmvollen Taten unter den aufgestellten Männer stehen.146 Er schaut den Tempel, der auch mit dem Namen „Augustus“ verziert ist, und es schien das Bauwerk erhabener, nachdem er den Caesar gelesen hatte. Damals, als junger Mann147, hatte er dieses gelobt, als er die pflichterfüllenden Waffen aufnahm: Von so bedeutenden Taten her musste die Rolle des Princeps begründet werden. Jener hob die Hände und gab, als auf dieser Seite sein gerechtes Heer stand, auf jener Seite die Verschwörer, Worte von solcher Art von sich: „Wenn mein Vater und er in seiner Eigenschaft als Priester der Vesta148 für mich die Ursache des Kriegführens ist und ich mich anschicke, beide Gottheiten149 zu rächen, , Mars, sei mir gewogen und sättige mit dem Verbrecherblut das Schwert und deine Gunst möge für die bessere Sache stehen! Tempel150 wirst du davontragen und wirst, wenn ich der Sieger bin, Ul­ tor genannt werden.“ hatte er sein Gelübde abgelegt und glücklich kehrt er heim nach Bezwingen des Feindes. Und es ist nicht genug, einmal dem Mars den Beinamen eingebracht zu haben: Er setzt den Feldzeichen nach, die von des Parthers151 Hand einbehalten wurden. Es war ein Volksstamm durch Fluren, Pferde, Pfeile geschützt und unzugänglich, weil es Flüsse ringsum umflossen; es hatten die Begräbnisse der Crassi152 dem Volk den Mut vergrößert, als untergingen das Heer, die Feldzeichen und der Heerführer zugleich. Römische Feldzeichen, die Zier des Krieges, hielt der Parther in den Händen und des römischen Adlers Zeichenträger war der Feind.

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LIBER QVINTVS

isque pudor mansisset adhuc, nisi fortibus armis   Caesaris Ausoniae protegerentur opes. Ille notas veteres et longi dedecus aevi   sustulit: agnorunt signa recepta suos. Quid tibi nunc solitae mitti post terga sagittae,   quid loca, quid rapidi profuit usus equi? Parthe, refers aquilas, victos quoque porrigis arcus:   pignora iam nostri nulla pudoris habes. Rite deo templumque datum nomenque bis ulto   et meritus voti debita solvit honor. Sollemnes ludos Circo celebrate, Quirites:   non visa est fortem scaena decere deum.

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FC Pliadas aspicies omnes totumque sororum   agmen, ubi ante Idus nox erit una super: tum mihi non dubiis auctoribus incipit aestas   et tepidi finem tempora veris habent. Idibus ora prior stellantia tollere Taurum   indicat: huic signo fabula nota subest. Praebuit ut taurus Tyriae sua terga puellae   Iuppiter et falsa cornua fronte tulit, illa iubam dextra, laeva retinebat amictus   et timor ipse novi causa decoris erat. Aura sinus implet, flavos movet aura capillos:   Sidoni, sic fueras aspicienda Iovi! Saepe puellares subduxit ab aequore plantas   et metuit tactus adsilientis aquae; saepe deus prudens tergum demisit in undas,   haereat ut collo fortius illa suo.

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Und diese Schmach hätte sich bis jetzt gehalten, wenn nicht mit den tapferen Waffen Caesars die ausonische153 Macht verteidigt würde. Jener beseitigte die alten Male und die Schande einer langen Zeit: 590 die wiedergewonnenen Feldzeichen erkannten die Ihren wieder. Was nützten dir nun Pfeile, die du gewöhnlich hinter dich schossest, was das Gelände, was der Gebrauch des flinken Pferdes? Parther, du bringst die Adler zurück, auch die bezwungenen Bogen reichst du dar: Keine Beweise unserer Schmach hast du mehr. 595 Nach dem Ritus ist dem Gotte, dem zweimaligen Rächer, ein Tempel gestiftet und der Name verliehen worden und die wohlverdiente Ehre löst die Schuld aus dem Gelübde ein. Jährliche Spiele feiert im Circus, Quiriten: Die Bühne schien sich nicht für den tapferen Gott zu ziemen. 14. Mai154 Alle Pleiaden und die ganze Schar ihrer Schwestern wirst 600 du erblicken,155 sobald eine einzige Nacht vor den Iden übrig sein wird: Dann – die Informanten sind für mich nicht anzweifelbar – beginnt die Sommerzeit, des lauen Frühlings Zeiten finden ihr Ende. Der Tag vor den Iden zeigt an, dass der Stier sein funkelndes Antlitz156 erhebt: Diesem Sternbild liegt die bekannte Geschichte zugrunde. 605 Sobald Iuppiter als Stier dem tyrischen Mädchen157 seinen Rücken angeboten und seine falschen Hörner an der Stirn getragen hatte, hielt jene die Mähne mit der rechten Hand fest, mit der linken ihre Gewänder und die Furcht selbst war der Grund für den neuen Reiz. Eine Brise füllt den Bausch des Gewandes, die blonden Haare bewegt die Brise: 610 Sidonierin158, so hättest du von Iuppiter erblickt werden sollen! Oftmals zog sie ihre mädchenhaften Fußsohlen vom Meere weg und fürchtete die Berührungen mit dem hochspritzenden Wasser; oftmals tauchte der Gott absichtlich seinen Rücken in die Wogen, damit jene stärker an seinem Hals hinge.

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LIBER QVINTVS

Litoribus tactis stabat sine cornibus ullis   Iuppiter inque deum de bove versus erat. Taurus init caelum: te, Sidoni, Iuppiter implet   parsque tuum terrae tertia nomen habet. Hoc alii signum Phariam dixere iuvencam,   quae bos ex homine est, ex bove facta dea. Tum quoque priscorum virgo simulacra virorum   mittere roboreo scirpea ponte solet. Corpora post decies senos qui credidit annos   missa neci, sceleris crimine damnat avos. Fama vetus, tum, cum Saturnia terra vocata est,   talia fatidici dicta fuisse Iovis: “Falcifero libata seni duo corpora gentis   mittite, quae Tuscis excipiantur aquis!” Donec in haec venit Tirynthius arva, quotannis   tristia Leucadio sacra peracta modo; illum stramineos in aquam misisse Quirites,   Herculis exemplo corpora falsa iaci. Pars putat, ut ferrent iuvenes suffragia soli,   pontibus infirmos praecipitasse senes. Thybri, doce verum! Tua ripa vetustior Urbe est;   principium ritus tu bene nosse potes. Thybris harundiferum medio caput extulit alveo   raucaque dimovit talibus ora sonis: “Haec loca desertas vidi sine moenibus herbas:   pascebat sparsas utraque ripa boves et, quem nunc gentes Tiberim noruntque timentque,   tunc etiam pecori despiciendus eram. Arcadis Euandri nomen tibi saepe refertur:   ille meas remis advena torsit aquas.

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615 Nach Erreichen der Küstenregion159 stand Iuppiter ohne jegliche Hörner da und hatte sich vom Stier in einen Gott gewandelt. Der Stier geht an den Himmel: dich, Sidonierin, füllt Iuppiter an160 und der dritte Teil161 der Erde trägt deinen Namen. Dieses Sternbild, behaupteten andere, sei die pharische Färse162, 620 welche aus einem Menschen zum Rind, aus einem Rind zu einer Göttin wurde. Auch zu diesem Zeitpunkt wirft die Jungfrau für gewöhnlich Binsenpuppen163 alter Männer von der Holzbrücke. Wer glaubte, die Körper seien nach zehnmal sechs Jahren in den Tod geschickt worden, verurteilt die Vorfahren unter dem Vorwurf eines Verbrechens. 625 Es gibt eine alte Sage, dass damals, als „saturnisch“164 das Land genannt wurde, des weissagenden Iuppiter Worte solche waren: „Dem Sichel tragenden Greis165 gebt als Opfer zwei Körper eures Stammes hin, welche von den tuscischen166 Wassern aufgenommen werden sollen!“ Bis in diese Gefilde der Tirynthier167 kam, wurden jährlich 630 düstere Riten nach leucadischem168 Brauch durchgeführt. , dass jener die Quiriten169 aus Stroh ins Wasser geworfen habe, dass nach Hercules’ Beispiel nachgebildete Körper geworfen würden.170 Ein Teil glaubt, die jungen Leute hätten, damit sie allein ihre Stimmen abgeben könnten, die gebrechlichen Greise von Brücken gestürzt.171 635 Thybris172, lehre das Wahre! Dein Ufer ist älter als die Stadt; die Geburtsstunde des Brauches vermagst du gut zu kennen. Der Thybris hob sein Schilf tragendes Haupt mitten aus dem Flussbett heraus und bewegte die spröden Lippen mit solchen Tönen auseinander: „Dieses Gebiet sah ich als einsame Weiden ohne Stadtmauer: 640 Beide Uferseiten ließen vereinzelte Kühe weiden und damals war ich, den jetzt als Tiber die Völker kennen und fürchten, sogar für das Vieh verachtenswert. Des Arcaders Euander173 Name wird dir oftmals zur Kenntnis gebracht: jener wälzte meine Wassermassen als Ankömmling mit seinen Rudern um.

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Venit et Alcides turba comitatus Achiva:   Albula, si memini, tunc mihi nomen erat. Excipit hospitio iuvenem Pallantius heros   et tandem Caco debita poena venit. Victor abit secumque boves, Erytheida praedam,   abstrahit; at comites longius ire negant. Magnaque pars horum desertis venerat Argis:   montibus his ponunt spemque laremque suum. Saepe tamen patriae dulci tanguntur amore   atque aliquis moriens hoc breve mandat opus: ‘Mittite me in Tiberim, Tiberinis vectus ut undis   litus ad Inachium pulvis inanis eam!’ Displicet heredi mandati cura sepulcri:   mortuus Ausonia conditur hospes humo. Scirpea pro domino Tiberi iactatur imago,   ut repetat Graias per freta longa domos.” Hactenus et subiit vivo rorantia saxo   antra; leves, cursum sustinuistis, aquae.

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G EID NP Clare nepos Atlantis, ades, quem montibus olim   edidit Arcadiis Pleias una Iovi: pacis et armorum superis imisque deorum   arbiter, alato qui pede carpis iter, laete lyrae pulsu, nitida quoque laete palaestra,   quo didicit culte lingua docente loqui, templa tibi posuere patres spectantia Circum   Idibus. Ex illo est haec tibi festa dies. Te, quicumque suas profitentur vendere merces,   ture dato, tribuas ut sibi lucra, rogant. Est aqua Mercurii portae vicina Capenae;   si iuvat expertis credere, numen habet.

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645 Es kam auch der Alcide174 in Begleitung der achivischen Schar175: Wenn ich mich erinnere, hatte ich damals den Namen Albula176. Es nimmt den jungen Mann der pallantische Held177 gastlich auf und endlich kommt über Cacus178 die verdiente Strafe. Als Sieger geht er weg und mit sich zieht er die Rinder, die erytheische179 Beute, 650 weg; aber seine Gefährten weigern sich, weiter mitzugehen. Und ein großer Teil von ihnen war aus dem verlassenen Argos180 gekommen: Auf diese Berge setzen sie ihre Hoffnung und ihren Lar. Oftmals werden sie dennoch von der süßen Heimatliebe berührt und mancher gibt im Sterben diesen kurzen Auftrag: 655 ‚Werft mich in den Tiber, auf dass ich, getrieben von den Wellen des Tiber, als leere Asche zum Strand des Inachos181 gelange!‘ Es missfällt dem Erben, für das aufgetragene Begräbnis zu sorgen: Der gestorbene Fremde wird in ausonischer Erde182 bestattet. Ein Abbild aus Binsen wird anstelle der Person in den Tiber 660 geworfen, auf dass es durch die weiten Meere zurück zu den griechischen Wohnsitzen gelangt.“ Soweit und er trat in die tropfenden Höhlengewölbe aus natürlichem Fels ein; ihr, flinke Wasser, drosseltet euren Lauf. 15. Mai Berühmter Enkel183 des Atlas184, sei gewogen, den in den arcadischen185 Bergen einst eine Pleiade dem Iuppiter gebar: 665 Gebieter über Frieden und Waffen für die himmlischen und unterirdischen der Götter, der du mit geflügeltem Fuße deinen Weg durchmisst, der du froh über das Leierspiel bist, auch über die glänzende Ringhalle froh, durch dessen Unterricht die Zunge gebildet zu reden lernte,186 Tempel, die den Circus schauen, errichteten dir die Väter 670 an den Iden. Seit jener hast du diesen Feiertag.187 Dich bitten alle, die als Beruf angeben, ihre Waren zu verkaufen, nach der Opferung von Weihrauch, dass du ihnen Gewinne zuteilst. Ein Wasser des Mercur ist der Porta Capena188 benachbart; wenn es erfreut, erfahrenen Leuten zu glauben, hat es göttliche Kraft.

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Huc venit incinctus tunica mercator et urna   purus suffita, quam ferat, haurit aquam. Uda fit hinc laurus, lauro sparguntur ab uda   omnia, quae dominos sunt habitura novos. Spargit et ipse suos lauro rorante capillos   et peragit solita fallere voce preces: “Ablue praeteriti periuria temporis”, inquit,   “ablue praeteritae perfida verba die. Sive ego te feci testem falsove citavi   non audituri numina vana Iovis, sive deum prudens alium divamve fefelli,   abstulerint celeres improba verba Noti! Et pateant veniente die periuria nobis   nec curent superi, siqua locutus ero! Da modo lucra mihi, da facto gaudia lucro   et fac, ut emptori verba dedisse iuvet!” Talia Mercurius poscenti ridet ab alto,   se memor Ortygias subripuisse boves.

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DC “At mihi pande, precor, tanto meliora petenti,   in Geminos ex quo tempore Phoebus eat.” “Cum totidem de mense dies superesse videbis,   quot sunt Herculei facta laboris”, ait. “Dic”, ego respondi, “causam mihi sideris huius!”   Causam facundo reddidit ore deus: “Abstulerant raptas Phoeben Phoebesque sororem   Tyndaridae fratres, hic eques, ille pugil. Bella parant repetuntque suas et frater et Idas,   Leucippo fieri pactus uterque gener.

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675 Hierher kommt ein Kaufmann mit einem Gürtel um die Tunica und schöpft, rein , mit einer ausgeräucherten Urne, die er mitbringt, Wasser. Nass wird daher der Lorbeerzweig, von dem nassen Lorbeerzweig wird alles benetzt, was der neue Besitzer haben soll. Er benetzt auch selbst seine Haare mit dem tropfenden Lorbeerzweig 680 und trägt mit der Stimme, die gewöhnlich täuscht, ein Gebet vor: „Wasche die falschen Versprechungen der vergangenen Zeit ab!“, spricht er, „wasche die lügnerischen Worte des vergangenen Tages ab! Sei es dass ich dich zum Zeugen machte oder mich fälschlich auf die Gottheit Iuppiters berief, der auf Inhaltsloses nicht hören sollte, 685 sei es dass ich bewusst einen anderen Gott oder Göttin täuschte, es mögen die schnellen Südwinde meine nichtswürdigen Worte davontragen! Und freistehen mögen am kommenden Tag uns falsche Versprechungen und es mögen sich die Himmlischen nicht darum kümmern, wenn ich irgendwelche Dinge gesprochen haben werde! Gib mir nur Gewinnmargen, gib mir Freudengefühle, wenn ein Gewinn erzielt worden ist, 690 und mach, dass es hilft, den Käufer hinters Licht geführt zu haben!“ Mercur lacht aus der Höhe dem zu, der Derartiges fordert, in Erinnerung daran, dass er selbst die ortygischen189 Kühe geraubt hat. 20. Mai „Eröffne mir jedoch, da ich um so viel Besseres bitte, ich flehe an, von welchem Zeitpunkt an Phoebus190 in die Zwillinge geht.“ 695 „Immer wenn du sehen wirst, dass ebenso viele Tage vom Monat übrig sind, wie viele Taten herculischer Anstrengung191 es gibt“, spricht er. „Nenn mir“, antwortete ich, „den Grund für dieses Sternbild!“ Den Grund berichtete mit beredtem Mund der Gott: „Es hatten Phoebe192 und Phoebes Schwester geraubt und 700 verschleppt die Tyndariden-Brüder193, dieser ein Reiter, jener ein Faustkämpfer. Idas und sein Bruder194 bereiten Kriege vor und fordern die Ihren zurück, da jeder der beiden dazu bestimmt ist, dem Leucippus ein Schwiegersohn zu werden.

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His amor, ut repetant, illis ut reddere nolint,   suadet; et ex causa pugnat uterque pari. Effugere Oebalidae cursu potuere sequentes,   sed visum celeri vincere turpe fuga. Liber ab arboribus locus est, apta area pugnae:   constiterant illo (nomen Aphidna) loco. Pectora traiectus Lynceo Castor ab ense   non exspectato volnere pressit humum; ultor adest Pollux et Lyncea perforat hasta,   qua cervix umeros continuata premit. Ibat in hunc Idas vixque est Iovis igne repulsus;   tela tamen dextrae fulmine rapta negant. Iamque tibi, Pollux, caelum sublime patebat,   cum ‘mea’, dixisti, ‘percipe verba, pater! Quod mihi das uni caelum, partire duobus;   dimidium toto munere maius erit!’ Dixit et alterna fratrem statione redemit:   utile sollicitae sidus utrumque rati.”

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E AGON NP Ad Ianum redeat, qui quaerit, Agonia quid sint:   quae tamen in fastis hoc quoque tempus habent. FN Nocte sequente diem canis Erigoneius exit:   est alio signi reddita causa loco. G TVB NP Proxima Volcani lux est, Tubilustria dicunt:   lustrantur purae, quas facit ille, tubae.

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Diese überredet die Liebe, sie zurückzufordern, jene, sie nicht zurückgeben zu wollen, und aus gleichem Grunde kämpfen beide Seiten. Die Oebaliden195 hätten im Lauf den Verfolgern entfliehen können, aber es schien ihnen schändlich, durch schnelle Flucht zu siegen. Bar von Bäumen gibt es einen Ort, eine geeignete Fläche für einen Kampf: Sie hatten sich an jenem Ort aufgestellt (der Name ist Aphidna).196 Dem Castor wurde die Brust vom Schwert des Lynceus durchbohrt und er lag auf dem Boden, weil er die Verwundung nicht erwartet hatte. Als Rächer ist Pollux zur Stelle und durchbohrt Lynceus mit seiner Lanze, wo der Nacken direkt auf den Schultern sitzt. Es ging Idas auf ihn los und konnte kaum durch Iuppiters Feuer abgewehrt werden; doch leugnet man, dass die Geschosse seiner rechten Hand durch den Blitz fortgerissen wurden. Und schon stand dir, Pollux, der Himmel weit oben offen, als du sprachst: ‚Meine Worte vernimm, Vater! Den Himmel, den du mir allein gewährst, teile für uns zwei auf;197 eine Hälfte wird bedeutender sein als das ganze Geschenk!‘ Sprach’s und erlöste den Bruder durch den wechselnden Aufenthaltsort: Beide Sterne sind nützlich198 für das erschütterte Schiff.“ 21. Mai Zu Ianus soll zurückkehren, wer fragt, was die Agonia199 sind: Sie haben jedoch im Festkalender auch diesen Zeitpunkt. 22. Mai Wenn die Nacht dem Tage folgt, kommt der erigoneische Hund200 hervor: Es ist an einer anderen Stelle die Erklärung für das Sternbild berichtet worden. 23. Mai

725 Der folgende Tag gehört dem Volcanus, Tubilustria201 nennt man ihn: Es werden die reinen Trompeten, die er herstellt, entsühnt.

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HQRCF Quattuor inde notis locus est, quibus ordine lectis   vel mos sacrorum vel fuga regis inest. AC Nec te praetereo, populi Fortuna potentis   publica, cui templum luce sequente datum est. Hanc ubi dives aquis acceperit Amphitrite,   grata Iovi fulvae rostra videbis avis. B C et C C Auferet ex oculis veniens Aurora Booten   continuaque die sidus Hyantis erit.

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24. Mai Für vier Symbole ist dann Platz; wenn man sie der Reihe nach liest, steckt in ihnen entweder der Brauch eines heiligen Ritus oder die Flucht des Königs.202 25. Mai Auch dich übergehe ich nicht, Fortuna Publica des mächtigen 730 Volkes, der am folgenden Tag ein Tempel203 gewidmet wurde. Sobald die wasserreiche Amphitrite204 diesen aufgenommen hat, wirst du des bräunlichen Vogels Schnabel205 sehen, der Iuppiter willkommen ist. 26. Mai und 27. Mai Es wird den Blicken entziehen den Ochsentreiber206, wenn sie kommt, Aurora, und am folgenden Tage wird es das Sternbild des Hyas207 geben.

Anmerkungen zum fünften Buch 1. 2.

3. 4.

5.

6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Unschlüssig über die Etymologie des Monats Mai wendet sich der Sprecher an die Musen. Es folgen drei unterschiedliche Ansätze zur Erklärung: maiestas (V. 11–54), maiores (V. 55–78), die Göttin Maia (V. 79–106). In Boiotien (Aonien) befanden sich am Musenberg Helikon die beiden Quellen Aganippe und Hippokrene. Letztere sei dadurch entstanden, dass das Pferd Pegasus, aus dem abgeschlagenen Haupt der Medusa entsprungen (Hes. Th. 280f.), durch seinen Hufschlag die Quelle habe hervorspringen lassen (Ov. met. 5.256f., Paus. 9.31.3, Prop. 3.3.1f., Str. 9.2.25). S. auch Str. 8.6.21. Zu Medusa und zu Pegasus s. fast. 3.450–458 m. Anm. zu 450. Die Musen gelten generell als Inspirationsquelle für Dichter, aber sie bieten den Lehrdichtern im Speziellen auch Beistand bei ihrer Arbeit. So beteiligen sich folgende Musen, alles Kinder von Zeus und Mnemosyne, an der Diskussion über die Bezeichnung „Mai“: Polyhymnia, Thalia, Klio, Urania und Kalliope. Polyhymnia („die mit den vielen Gesängen”) wird durch ihren Namen eindeutig mit Lyrik und Musik in Verbindung gebracht, doch fehlt es an eindeutigen Zuordnungen. So erscheint sie in AP. 9.504.7 als Muse des Tanzes, in AP. 9.505.17f. als Muse der Pantomime. Sie plädiert für maiestas als Grundlage der Monatsbezeichnung und erfährt von Klio und Thalia Zustimmung. Zum als „Chaos“ bezeichneten Urzustand der Welt und der allmählich einsetzenden Ordnung s. fast. 1.103–110. Luna, die Mondgöttin, ist die Schwester des Sonnengottes Sol. Zur Vertreibung des Saturn s. Anm. zu 1.193, 1.233–238. Als Sohn von Uranos und Gaia ist er ein Titan (Hes. Th. 133–136, Apollod. 1.2) und zeugt mit seiner Schwester Tethys Flüsse und die sog. Okeaniden. Zu Themis, der Schwester des Okeanos und Mutter der Horen (zu ihnen s. Anm. zu fast. 1.125), s. Anm. zu fast. 3.658. Im Folgenden personifiziert Ovid abstrakte Werte bzw. Emotionen wie Honor, Reverentia, Maiestas, Pudor und Metus (letztgenannten in V. 29). I. e. Saturn. Gaia soll die Giganten hervorgebracht haben (Hes. Th. 183–187), die in der sog. Gigantomachie versuchten, Zeus aus dem Olymp zu vertreiben. Ovid vermischt hier einerseits die z. T. schlangenförmigen Giganten (Apollod. 1.34–38, Ov. met. 1.183–186) mit den sog. Hekatoncheiren, die allerdings mit einhundert, nicht mit eintausend Händen dargestellt wurden und auf Seiten Zeus’ in der Titanomachie und Gigantomachie gekämpft haben. S. dazu Anm. zu fast. 3.805 und zu fast. 4.593.

Anmerkungen zum fünften Buch

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15. Ovid lässt auch hier, wie in fast. 3.439–442, die Giganten die einzelnen Gebirge aufeinanderschichten; anders bei Hom. Od. 11.307–316: es sind die Aloaden Otos und Ephialtes. 16. Gemeint sind die Insignien hoher Magistrate. 17. Ein Insigne der curulischen Magistrate, s. fast. 1.82 m. Anm. 18. Klio ist die Muse der Geschichtsschreibung (z. B. AP. 9.505.12). 19. Thalia ist die Muse der Komödie (z. B. AP. 9.504.10) und generell der „Unterhaltung“. 20. Urania ist die Muse der Astronomie und ganz allgemein der Naturwissenschaften (AP. 9.504.9, 9.505.13f.). Sie spricht sich für die Benennung des Mai nach den maiores aus, wie auch Varro ling. 6.33. Macrobius 1.12.16 und Festus s. v. Maius 120L nennen diese Etymologie lediglich als eine Möglichkeit. 21. Livius (40.44.1) berichtet, erst L. Villius habe als Tribun 180 v. Chr. die sog. leges annales (Cic. Phil. 5.47) oder leges annariae (Fest. s. v. annaria lex 25L) veranlasst, nach denen das Mindestalter für die einzelnen Ämter festgelegt wurde. In späterer Zeit galten folgende Bestimmungen für die Ämterlaufbahn: 37 Jahre für die Aedilität, 40 Jahre für die Praetur und 43 Jahre für das Consulat. Erst Sulla (dict. 82–79 v. Chr.) nahm die Quaestur mit einem Mindestalter von 31 Jahren in den cursus honorum auf. 22. Zur Verwandtschaft s. fast. 4.54, Anm. zu 3.68 sowie zu 2.384. 23. S. dazu fast. 6.83–88. 24. Kalliope („die Schönstimmige“), die bedeutendste der Musen, ist dem Bereich „Epos“ zugeordnet. Sie leitet den Monat Mai von der Göttin Maia ab. Genauso interpretieren es auch Plutarch (Num. 19.5, quaest. R. 86) und Varro (laut Censorinus 22.10–12), was im Widerspruch steht zu ling. 6.33 (s. Anm. zu fast. 5.55). 25. S. Anm. zu 5.22. 26. Pleione, Tochter von Okeanos und Tethys, soll laut Ovid mit Atlas die Pleiaden gezeugt haben (Apollod. 3.110, schol. Hom. Od. 5.272). Weiterhin ist sie die Mutter des Hyas (Hyg. fab. 248) und der Hyaden (schol. Hes. op. 383a, Hyg. astr. 2.21, Hyg. fab. 192). 27. Atlas ist gemeinhin als Träger des Himmels bekannt (s. fast. 5.170). Er ist Vater der Pleiaden, des Hyas und der Hyaden (dazu fast. 5.168 m. Anm.). 28. Im Einzelnen sind es Maia, Elektra, Merope, Sterope, Alkyone, Kelaino und Taygete. Nach ihrer Verstirnung bilden sie den Körper des Sternbildes Stier. Zu den einzelnen Pleiaden s. fast. 4.169–178 mit Anmerkungen. 29. Die Pleiade Maia (Hes. Fr. 169) soll, von Zeus schwanger, Hermes geboren haben (s. Hes. Th. 938, h. Merc. 1). Unabhängig von der griechisch inspirierten Göttin hat es in Rom schon früh eine altitalische Vegetationsgottheit Maia gegeben (Gell. 13.23.2), die später wahrscheinlich von der

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44. 45. 46. 47.

48. 49.

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berühmteren griechischen Göttin überlagert worden ist (so Bömer ad loc., Latte, Religionsgeschichte 130 Anm. 4, 163 Anm. 1). Gebirge in Arkadien, das, weil Hermes hier geboren worden sein soll, eng mit ihm verbunden war (Hom. Od. 24.1, h. Merc. 304, 318, Paus. 8.17.1). I. e. Hermes/Mercurius. Er fungiert z. B. als Götterbote (z. B. Verg. Aen. 4.238–241, fast. 4.605) oder Psychopompos (z. B. Hom. Od. 24.1–14, fast. 2.608–612) und ist Gott der Händler und Diebe (s. dazu Anm. zu 5.104). Korrespondierend zu den einzelnen Aufgaben finden sich folgende typische Attribute: geflügelter Helm, Flügelschuhe und ein Geldbeutel. Fluss in Arkadien; s. auch fast. 2.274. Berg in Arkadien. S. zu dieser Thematik fast. 1.469f. m. Anm., 2.289f. Zu Euander und seinem Exil s. fast. 1.471–542 m. Anm. zu 1.471. Euander ist der Sohn von Hermes und Carmentis; s. zu ihr Anm. zu 1.462. I. e. Euander; „nonakrisch“ steht hier synonym für „arkadisch“. Zu Faunus s. Anm. zu 2.193. Gemeint ist Hermes; zu ihm s. Anm. zu fast. 5.88. Zur Priesterschaft für Faunus, s. fast. 2.377f. m. Anm.; zum Fruchtbarkeitsritual des Schlagens fast. 2.425–452; zu den Lupercalien, dem Fau­ nus-Fest, fast. 2.267–452. Hermes soll schon am Tag seiner Geburt seinem Bruder Apoll die Rinder gestohlen haben (h. Merc. 69–74, Hor. carm. 1.10.9–12, Ov. met. 2.685f.). Gemeint sind die Musen; vgl. Anm. zu 2.269. Die Ziege der Naiade Amaltheia, die aus Olenos in Achaia stammte (Str. 7.7.5), soll Zeus genährt haben. Zum Dank für ihre Dienste soll sie verstirnt worden sein und leuchtet nun als Capella, der hellste Stern im Sternbild „Fuhrmann“. Nach einer anderen Tradition sei Zeus im kretischen Ida-Gebirge geboren worden und aufgewachsen (D.S. 5.70.2, 4, Mela 2.113, Paus. 5.7.6, Arat. 31–35). S. auch fast. 4.197–214. Der Berg Dikte liegt ebenfalls auf Kreta. Das „Horn der Amaltheia“ steht für unerschöpfliche Fülle. Den Lares praestites wurde als Beschützern der Stadt am 1. Mai ein Tempel gestiftet. Etymologisch sind sie vermutlich von praestare oder praeesse abzuleiten. Am 27.6. wurde ein weiteres Laren-Heiligtum gestiftet (vgl. dazu Anm. zu fast. 6.791f.). Ovid greift hier andere Schutzgötter, die sog. lares compitales, Wächter der Straßenkreuzungen, auf; s. auch fast. 2.616 m. Anm. Als Jagdgöttin hat Diana (s. fast. 2.163) selbstverständlich Hunde bei sich. Trägt man darüber hinaus ihrer Identifikation mit Trivia (griech.:

Anmerkungen zum fünften Buch

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53. 54. 55.

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Hekate; zu ihr s. Anm. zu fast. 1.141) Rechnung, ist sie genauso wie die lares compitales für den Schutz der (Drei-) Wege zuständig. I. e. die Zwillings-Laren (compitales); s. dazu fast. 2.585–616. Im Rahmen der Reform um den Larenkult im Jahre 7 v. Chr. und der Neustrukturierung der einzelnen Stadtregionen (Suet. Aug. 30.1, D.C. 55.8.7) führte Augustus auch den Genius Augusti (zum genius s. Anm. zu fast. 2.545) ein, der zusammen mit den beiden lares compitales im Öffentlichen, aber auch im Privaten, in den heimischen Lararia, verehrt wurde. Am 1. Mai wurde der Göttin Bona Dea, die entweder als Frau (Plu. quaest. R. 20, Caes. 9.4) oder als Tochter (Macr. Sat. 1.12.24) des Faunus angesehen wurde, auf dem Aventin ein Tempel geweiht. Die rituelle Feier der Bona Dea wurde am 4. Dezember im Haus eines Magistrats cum imperio, i. e. in der Regel eines Consuln oder Praetoren, unter Ausschluss jeglicher Männer, dafür unter Beteiligung der Vestalinnen (Plu. Cic. 19.4f., 20.1f., 28.2–4, Caes. 9f., D.C. 37.45.1f.) begangen. Das Heiligtum der Bona Dea (subsaxana) befand sich unterhalb des saxum des Aventin. S. dazu die Schilderung in fast. 4.813–818. Die aus der Familie der Licinii Crassi stammende Vestalin Licinia soll 123 v. Chr. eine aedicula und ein pulvinar für Bona Dea geweiht haben (Cic. dom. 136), was allerdings von den pontifices als illegal angesehen wurde. Ovid verbindet diese kleineren Weihgaben mit dem eigentlichen Tempel auf dem Aventin, was nicht korrekt ist. I. e. Livia Drusilla (später Augusta). I. e. Eos/Aurora; s. zu ihrer Abstammung Anm. zu 4.373. Der Argestes ist ein Nordwestwind (Hes. Th. 870, Arist. Mete. 2 p. 363b24–27, Plin. nat. 2.119), der äußerst kräftig und kalt daher blies (Plin. nat. 18.338). Sie bilden den Kopf des Sternbildes „Stier“. Korrekt werden hier die Hyaden vom Griechischen ὕειν („regnen lassen“) hergeleitet, da der Aufgang des Sternbildes in eine regenreiche Zeit fällt. Diese Mythenvariante ist als Alternative durch Pherekydes FGrH. 3F 90 belegt, anders in fast. 3.715–718, 769f. Die Hyaden, ebenso wie deren Bruder Hyas, sind Kinder des Atlas und der Aithra (so Ovid, s. im Folgenden) oder der Pleione (Hyg. fab. 192 gibt beide Versionen an) und durch ihre Mutter Aithra/Pleione Enkelinnen von Okeanos und Tethys. S. zu Okeanos Anm. zu fast. 5.22, zu ihrer Ehe fast. 5.81f. Hyas, der Bruder der Hyaden und Pleiaden, soll entweder durch eine Löwin (fast. 5.178) oder einen Eber (auch hier verweist Hyg. fab. 192 auf

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65. 66. 67. 68. 69. 70. 71.

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beide Versionen) zu Tode gekommen sein, seine Schwestern sollen in ihrer tiefen Trauer verstirnt worden sein. Gemeint ist Flora, die altitalische Göttin der Blüte und des Blühens. Ihre Festlichkeiten, die Floralia, begannen am 28. April (s. fast. 4.943–948) und dauerten bis zum 3. Mai an (CIL 1.1 pp. 213, 221, 224). Der Flora-Tempel am Aventin (CIL 1.1 p. 236) wurde von den Aedilen L. und M. Publicius Malleolus entweder 241 oder 238 v. Chr. (vgl. Anm. zu fast. 5.287) geweiht. Obwohl die Floralia bereits um diese Zeit eingerichtet worden sein sollen (fast. 5.287–295), sei ein jährlicher Turnus erst 173 v. Chr. unter den Consuln L. Postumius Albinus und M. Popilius Laenas (s. fast. 5.329f.) festgelegt worden. Ovid lässt Flora ihren Namen sprachgeschichtlich vom griechischen χλωρίς („die Grünende“) herleiten und dann eine Lautverschiebung als Erklärung anführen, obwohl das lateinische flos bzw. florere zugrunde liegt. Gemeint sind die seit Homer (Od. 4.561–569) und Hesiod (Op. 167–173) bekannten „Felder der Seligen“. Zum Zephyrus s. Anm. zu 2.148. Boreas (s. Anm. zu 2.147) soll Oreithyia, die Tochter von Erechtheus, dem mythischen König von Athen, geraubt haben (Pl. Phdr. p. 229B4– D1, Paus. 1.19.5, A.R. 1.212–215, Apollod. 3.199, Ov. met. 6.675–721). Göttinnen der Jahreszeiten; s. auch Anm. zu 1.125. Diese Zeustöchter gelten als Göttinnen der Anmut und der Schönheit; vgl. auch Hes. Th. 907–909, Op. 73f. Im Folgenden werden mehrere Verwandlungen mythischer Figuren zu Blumen geschildert. Aus met. 10.162–219 lässt sich entnehmen, dass Apoll unabsichtlich seinen Geliebten, Hyakinthos aus dem spartanischen Therapne, mit einem Diskus erschlug, woraufhin er aus seinem Blut die Hyazinthe erwachsen ließ. Auf deren Blütenblättern ist der Klageruf „Aiai“ zu lesen. Der junge Narkissos verliebte sich in sein eigenes Spiegelbild, das er in einer Quelle sah. Mit der Erkenntnis, dass er selbst die ersehnte Person ist, verzweifelte er und verkümmerte zu einer Blume, der Narzisse (Ov. met. 3.402–510). Nachdem Hermes den jungen Krokos unabsichtlich getötet hatte, entsprang aus seinem Blut Safran (Galen 13.269 K). In den Metamorphosen berichtet Ovid jedoch, Krokos sei zusammen mit seiner Geliebten Smilax in Blumen verwandelt worden (met. 4.283). Attis, der seinen Treueschwur Kybele gegenüber nicht einhielt und zur Strafe mit Wahnsinn geschlagen wurde, entmannte sich selbst (s. dazu fast. 4.223–242 m. Anm. zu 223). Aus dem Blut seien Veilchen entstan-

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77. 78. 79. 80. 81. 82.

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84. 85. 86. 87. 88. 89.

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den (so auch bei Arnob. nat. 5.7). Anders hingegen eine Variante, nach der er in eine Fichte verwandelt worden sei (met. 10.103–105). I. e. Adonis, der Sohn von Myrrha und ihrem Vater Kinyras, dem König von Zypern (Ov. met. 10.465–514: Empfängnis und Geburt, Apollod. 3.182). Venus ließ aus dem Blut ihres von einem Eber getöteten Geliebten Adonis (Hyg. fab. 248) eine Anemone wachsen (met. 10.708–739). In antiker Tradition ist Ares/Mars üblicherweise ein Sohn von Zeus und Hera (Hom. Il. 5.896, Hes. Th. 921–923, Apollod. 1.13). Die von Ovid erzählte vaterlose Genese des Mars findet eine Parallele in Hephaistos, der ohne Vater von Hera geboren worden sei (vgl. Hes. Th. 927f.). Zur „Kopfgeburt“ der Athene/Minerva s. fast. 3.841f. Da Okeanos und Tethys die Zieheltern der Hera sind, wendet sie sich in prekären Situationen an sie (s. dazu fast. 2.191f. m. Anm.). Zu Okeanos s. fast. 5.22. S. auch fast. 1.266, 2.191. Zum Tartaros als Synonym für die Unterwelt vgl. fast. 3.620 m. Anm. Die Styx ist der wohl berühmteste Fluss der Unterwelt, den die Götter bei Eiden anrufen; vgl. auch fast. 3.322. Es ist nicht klar, welche Wunderblume gemeint ist. Allerdings lässt sich die Begebenheit mit Wahrscheinlichkeit in Olenos in Achaia lokalisieren, wo es ein Heiligtum des Asklepios gab; dort sind für ihn Befruchtungswunder belegt. „Thrakien“ umfasste ungefähr das Gebiet zwischen den Küsten des Schwarzen Meeres, des Marmarameeres und der Ägeis, nach Norden wurde es durch den Istros (Donau) oder aber den Haimos (Balkangebirge) begrenzt. I. e. das heutige Marmarameer, das das Schwarze Meer mit der Ägeis verbindet. Zur Datierung der ersten Spiele s. Anm. zu fast. 5.183. Etymologisch leitet sich locuples von locus und plenus oder locus und plere ab; ähnlich Cic. rep. 2.16. Pecunia als Ableitung von pecus auch bei Cic. rep. 2.16,Varro ling. 5.92, Fest. s. v. peculatus 233L, Colum. 6. praef. 4, Plin. nat. 18.11, 33.43. Gemeint ist das Brüderpaar L. und M. Publicius Malleolus als Volksaedi­ len 238 v. Chr. (so auch Varro ling. 5.158) oder als curulische Aedilen 241 v. Chr. (Fest. s. v. Publicius clivus 276L). Das Papponymikon bezeichnet Meleagros, den Sohn des kalydonischen Königs Oineus und der Althaia, die ihrerseits die Tochter von Thestios ist. Ein Orakel verkündete bei der Geburt, das Leben des Sohnes sei mit einem Holzscheit verbunden und sobald es ganz verbrannt sei, würde der Junge sterben. Althaia entriss daraufhin das Holzstück dem Feuer, warf es

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allerdings Jahre später aus Zorn wieder hinein, da der jugendliche Sohn bei der kalydonischen Jagd seine Onkel mütterlicherseits im Streit um das Beutefell des erlegten Ebers getötet hatte. Dieses Tier war aus Strafe für die vernachlässigte Religiosität des Oineus von Artemis geschickt worden und verwüstete die kalydonischen Felder. Vgl. auch die Darstellung in met. 8.270–525, B. 5.103–154, D.S. 4.34, Apollod. 1.65–71, Hyg. fab. 171, 174. 90. Gemeint ist Artemis; vgl. auch Anm. zu fast. 2.163. 91. Mit dem „Hyper-“ Papponymikon „Tantalide“ ist Agamemnon, der Urenkel des Tantalos, gemeint, der eine heilige Hirschkuh (so Hyg. fab. 98) bzw. einen Hirsch (so bei S. El. 568f.) der Artemis erlegte. Aus Zorn bewirkte sie eine Windflaute, sodass die Schiffe nur unter der Bedingung gegen Troja auslaufen konnten, dass Agamemnon seine Tochter Iphigenie opfern würde. S. dazu die Version der vollzogenen Opferung bei Aischylos (Ag. 228–248) und die der Substitution in letzter Minute bei Euripides (IA. 1540–1612, E. IT. 28f., Ael. NA 7.39). 92. S. zu den Umständen, die zu seinem Tod führten, fast. 6.737–756 m. Anm. zu 6.737; zu seiner Apotheose Anm. zu fast. 3.265. 93. Gemeint ist Aphrodite, die von Hippolytos nicht verehrt wurde (dazu Anm. zu fast. 6.737); zur Verrätselung s. Anm. zu fast. 2.461. 94. S. Anm. zu 2.148. 95. M. Popilius Laenas initiierte 173 v. Chr. in seinem Consulat zusammen mit seinem Amtskollegen L. Postumius Albinus (s. den folgenden Vers) jährliche Spiele für Flora. 96. Auch in fast. 4.109–112 findet sich, ebenfalls in Form eines Paraklausithyrons, ein Anklang an die frühere ovidische Liebeselegie. 97. Achelous ist ein Flussgott, der hier metonymisch für „Wasser“ steht. 98. Zum Katasterismos der Krone der Ariadne vgl. fast. 3.459–516. 99. Der Kothurn, ursprünglich ein geschnürter Jagdstiefel, symbolisiert seit Aristophanes (Ra. 47, 557) die ernste Tragödie, die anders als die scaena levis (V. 347) nicht zum unbeschwerten Fest der Flora passe. 100. S. dazu Anm. zu fast. 4.619f. 101. Kronos zeugte mit der Nymphe Philyra, einer Tochter von Okeanos und Tethys, den Kentaur Chiron, der durch seine Pferdegestalt verrät, in welcher Gestalt sich Kronos der Nymphe genähert hatte. Als einziger der Kentauren galt er als äußerst gelehrt, sodass viele Heroen und Götter zu ihm in die Ausbildung kamen, u. a. Achill (Hom. Il. 11.830–832, Ov. ars 1.11f.), Asklepios (Apollod. 3.119, Pi. P. 3.1–7) und Iason (Pi. P. 4.102f., 115). 102. Eigentlich ist Chiron als Gott unsterblich (A. Pr. 1027, S. Tr. 714f., Apollod. 2.85), allerdings stirbt er in einer Mythenversion verletzt durch ei-

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nen vergifteten Pfeil des Herakles (Eratosth. Cat. 40, Hyg. astr. 2.38, Ov. met. 2.649–654, fast. 5.397f., D.S. 4.12.8, Apollod. 2.119). Die vollzogene Verstirnung findet sich in VV. 413f. 103. Synonym für „Thessalien“; vgl. dazu Anm. zu fast. 2.40. 104. I. e. Chiron, bezeichnet durch das Matronymikon (s. Hes. Th. 1002, Pi. P. 3.1, 9.30, A.R. 1.554). 105. I. e. Achill, der wohl bekannteste Schüler des Chiron, der später Hektor im Trojanischen Krieg töten und seinen Leichnam schänden werden sollte (Hom. Il. 22.273–366, Verg. Aen. 1.483). 106. Zu Herakles s. Anm. zu 1.543; zum Papponymikon „Alkide“ vgl. Anm. zu 1.575. 107. Gemeint ist der kanonisch gewordene Dodekathlos, zu dem u. a. die Bezwingung des Kerberos (Hom. Il. 8.367–369, Od. 11.623), des Neme­ ischen Löwen (Hes. Th. 327–332), der Hydra (Hes. Th. 313–318) oder die Beschaffung der Rinder des Geryones (Hes. Th. 288–292, fast. 1.543f. m. Anm.) gehörten. 108. Nicht nur Achill bekämpfte Troja, sondern auch Herakles, der aus Zorn über den wortbrüchigen trojanischen König Laomedon (Hom. Il. 5.648– 651) die Stadt belagerte, sie zerstörte (Hom. Il. 14.250f.) und nur den Prinzen Priamos und die Tochter Hesione am Leben ließ (Apollod. 2.136). 109. Hier wohl als Papponymikon für Achill, abgeleitet von Aiakos, zu verstehen (so auch in Hom. Il. 9.191, 11.805, Ov. met. 12.82, 96, 168, 365, 603, 613 u. ö.). 110. Thessalische Stadt, die der Ausgangspunkt der Argonauten war, s. fast. 1.491. 111. Gemeint ist die Hydra, gezeugt von den Ungetümen Typhon und Echidna, die in den Sümpfen von Lerna, in der Nähe von Argos, hauste. Herakles tauchte seine Pfeile in ihr Blut, nachdem er sie im Rahmen seines Dodekathlos getötet hatte (s. dazu Hes. Th. 313–318, D.S. 4.11.5f., Apollod. 2.77–80, Paus. 2.37.4, Hyg. fab. 30). 112. Zu Achills Vater vgl. Anm. zu 2.39. 113. Man zählte in der Antike für Chiron unterschiedlich viele Sterne: von 24 Sternen (Eratosth. Cat. 40) bis zu 53 Sternen (Schol. Germ. 417). 114. Gemeint ist der Abendstern, s. auch fast. 2.314. 115. Zu Phoebus als Synonym für die Sonne vgl. Anm. zu 1.164. 116. Während an den Parentalia (13.–21. Februar) verstorbener Familienangehöriger gedacht wurde (s. Anm. zu fast. 2.534), sollten die Lemuria am 9., 11. und 13. Mai mit ihrem apotropäischen Charakter böse Geister der Verstorbenen bannen. 117. Ursprünglich bezeichneten die Manen die guten Geister der Verstorbenen (s. dazu Anm. zu fast. 2.52) in Abgrenzung zu den übel gesinnten Gei­

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stern, den sog. lemures oder larvae (s. dazu u. a. Hor. epist. 2.2.209, Plaut. Aul. 642, Capt. 598). Allerdings wurde in späterer Zeit, so wie hier, nicht mehr genau differenziert. 118. Zum Zehnmonatsjahr in der römischen Frühzeit s. fast. 1.27f., 43f., 3.99f., 119f. 119. Zu Ianus s. Anm. zu fast. 1.43; zu seinen Riten fast. 1.89–288. 120. Mit dem Pars pro toto vincula sind die Sandalen gemeint, die aus einer Sohle und verschiedenen Riemen und Knoten bestanden. Bei religiösen Riten durfte man keine Knoten oder Ringe tragen, da man „gelöst“ an der Zeremonie teilnehmen sollte (s. dazu Anm. zu fast. 2.282 sowie zu 4.658 und fast. 3.257). 121. Temesa ist eine Stadt mit Kupferminen in Lukanien oder auf Zypern. Neben den bereits ausgeführten apotropäischen Maßnahmen (Geste mit den Fingern, Händewaschen, schwarze Bohnen, sich nicht umschauen) gehörte zum Ritus auch das Scheppern des Erzes. 122. Zur Etymologie von „Lemuria“ vgl. VV. 479–484 m. Anm. zu 479. 123. Gemeint ist Hermes/Mercur, der Sohn der Pleiade Maia. Es ist naheliegend, den Gott nach der Bezeichnung für ein Totenfest zu befragen, der als Psychopompos die Verstorbenen in den Hades geleitet und sich somit dort bestens auskennt. Zu Hermes s. Anm. zu fast. 2.608 sowie zu 5.668; zu Maia als Pleiade fast. 4.169–178; zu der Elternschaft mit Zeus fast. 5.85–110 m. Anm. zu 5.85. 124. Gemeint ist der sog. caduceus des Hermes, woher er auch den Beinamen „Caducifer“ erhielt; vgl. dazu fast. 4.605. 125. Gemeint ist Pluto als Herrscher über die Unterwelt und somit auch über die Styx; s. dazu Anm. zu fast. 4.584, fast. 4.599f. 126. Die Vorgeschichte zur Stadtgründung, die letztendlich mit dem Tod des Remus endete, wurde bereits in fast. 4.807–856 erzählt. Weitere Episoden aus dem Leben der Zwillinge finden sich in fast. 3.9–46 (Empfängnis durch Rhea Silvia), 2.381–422 (Aussetzung und Säugen durch die Wölfin), 3.47–58 (Geburt, Säugen durch die Wölfin und Aufnahme durch Faustulus und Acca), 3.59–70 (junges Erwachsenenalter), 2.359– 380 (Wettstreit). 127. Zu den Zieheltern der Zwillinge s. Anm. zu fast. 3.55f. 128. S. fast. 4.813–818. 129. Zur Figur des Celer s. 4.837–844 m. Anm. zu 4.837. 130. Ovids Etymologie ist nicht haltbar: Romulus habe den Gedenktag nach seinem Bruder „Remuria“ genannt, und im Laufe der Zeit habe er eine Lautverschiebung von „r“ zu „l“ erfahren. Richtig ist hingegen die Ableitung vom griechischen λαμυρός (= gefräßig) oder λαμία (= Gespenst) (s. Walde / Hofmann, Wörterbuch I.781).

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131. Zu den einzelnen Regularien an Totenfesten s. fast. 2.557–564 m. Anm. zu 557. Ausführlich Frazer ad loc. 132. Boiotien mit seinen wichtigsten Städten Theben und Plataiai liegt nördlich von Attika. 133. Neben anderen Mythenvarianten berichtet Ovid, Hyrieus, ein ärmlicher Bauer (in anderen Versionen z. B. Hyg. fab. 195: König von Thrakien), habe das Göttertrio Zeus, Poseidon und Hermes bewirtet und sich aufgrund seiner Religiosität etwas wünschen dürfen. Um seinen unerfüllten Kinderwunsch, obwohl ein Witwer, zu realisieren, hätten die Götter auf ein Rinderfell uriniert oder ejakuliert (s. auch Hyg. astr. 2.34, Serv. Aen. 1.535), wobei Ovid diesen Akt nicht im Detail beschreibt, sondern nur in einer Aposiopese (5.531f.) andeutet. Zugrunde liegt die Herleitung aus dem Griechischen (οὖρον = Urin). 134. „Lyaeus“ als Beiname des Dionysos hier metonymisch für „Wein“; s. Anm. zu 1.395. 135. Der Erzähler durchbricht erneut die einzelnen Erzählebenen und gibt vor, den ungehörigen Akt nicht ausführen zu wollen. 136. Die riesenhafte Gestalt ist topisch (z. B. Hom. Od. 11.308–310, 572). 137. I. e. Artemis/Diana, die auf Delos geboren ist. 138. Tellus ist die Erdgottheit, die der griechischen Gaia entspricht. 139. I. e. Leto/Latona, die dem Zeus die Zwillinge Apoll und Artemis gebar (s. Ov. met. 6.335f.). 140. Auch zum Tod des Orion gibt es unterschiedliche Mythenvarianten. Dass Orion dem von Tellus geschickten Skorpion entgegentritt, ist auch bei Eratosth. Cat. 32, Hyg. astr. 2.26 belegt. Anders hingegen ist es in vielen Beschreibungen Artemis, die aus voneinander abweichenden Gründen Orion den Tod bringt. 141. Gemeint ist Mars Ultor. 142. In der Schlacht bei Philippi 42 v. Chr. gelobte Octavian dem Mars Ultor, dem „Rächer“, einen Tempel, wenn es ihm gelänge, die Mörder seines Adoptivvaters Iulius Caesar zu besiegen. Dieses Gelübde erfüllte er erst nach dem Partherfeldzug im Jahre 20 v. Chr. mit einem Tempel auf dem Capitol und dem Stiftungstag am 12. Mai (s. dazu D.C. 54.8.1–3). Dieser kleinere Tempel ist hier aber nicht gemeint, sondern der große Haupttempel des Ultor auf dem Forum Augustum, der erst 2 v. Chr. und zwar am 1. August gestiftet wurde (s. dazu D.C. 60.5.3, Suet. Aug. 29, Mon. Ancyr. 21.1f.). Anlässlich dieses Tempelgeburtstages fanden Circusspiele (ludi Martiales: D.C. 55.10.6–8, Mon. Ancyr. 22.2f.) statt. Ausführlich zum Forum Augustum und dem Tempel des Ultor Frazer ad loc. 143. Zur sog. Gigantomachie vgl. fast. 3.439–442 m. Anm. zu 440, 5.35–42 m. Anm. zu 35.

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144. I. e. Mars; s. Anm. zu 2.861. 145. Aus der Zeit des Claudius ist ein Marmorrelief des Giebels des besagten Tempels erhalten: Mars stand an prominenter Stelle unter dem höchsten Punkt des Giebels, flankiert von Venus und Fortuna. Als nächste kommen beidseitig Romulus und Roma, sodann Palatin und Tiber (vgl. Meneghini, Kaiserforen 44f.). 146. Auf dem Augustus-Forum standen Statuen der berühmten Vorväter Roms, allen voran Aeneas, der seinen Vater und die Penaten trug (s. Anm. zu fast. 1.527), und Romulus, der Iliade (= Sohn der Ilia bzw. Rhea Silvia; s. Anm. zu fast. 3.62 sowie zu 233). Romulus brachte dem Iuppiter Feretrius die erbeuteten Waffen aus dem Kampf mit Acro, dem König von Caenina, als erste spolia opima dar (vgl. auch Liv. 1.10.3–6, CIL 1.1 p. 189). Weiterhin werden andere Vorfahren des iulischen Geschlechts und Helden der römischen Republik, die große Triumphe davongetragen haben, mit Inschriften (elogiae) dort gestanden haben (D.C. 55.10.3). 147. D.h. 42 v. Chr. mit ungefähr 20 Jahren; s. Anm. zu fast. 5.552. 148. Caesar war Pontifex Maximus und damit für Vesta zuständig; s. Anm. zu fast. 3.699f. 149. I. e. Caesar und Vesta. 150. S. Anm. zu fast. 5.552. 151. Dieses Volk war ursprünglich im heutigen Iran, später auch in Mesopotamien (s. V. 582; heute: Irak) beheimatet. Erst 20 v. Chr. wurden die Standarten, die M. Licinius Crassus 53 v. Chr. bei Karrhai verlor, Augustus (Suet. Aug. 21.3, Liv. perioch. 141, Vell. 2.91.1) von den Parthern zurückgegeben, wobei Tiberius sie in Empfang nahm (Suet. Tib. 9.1), und sodann im Tempel des Mars Ultor abgelegt (D.C. 54.8.1–3, Mon. Ancyr. 5.40–43). 152. Gemeint sind der Proconsul M. Licinius Crassus Dives sowie sein Sohn P. Licinius Crassus (Plu. Crass. 18–33, D.C. 40.17–27, Liv. perioch. 106, Vell. 2.46.3f., Val. Max. 1.6.11, 6.9.9). Vgl. fast. 6.465f. m. Anmerkungen. 153. S. Anm. zu fast. 1.55. 154. Anders als die gängigen Ausgaben der Fasti interpretiere ich die Verse 599–602 als eine Dublette zu den Versen 603–620, die in einer leider nicht vollzogenen Überarbeitung seitens Ovid getilgt worden wären (ähnlich der Problematik in 1.393–440 bzw. 6.319–346, 3.49–56 bzw. 2.383–422, 3.99–134 bzw. 1.27–44 und vielleicht sprachlich: 1.1f. bzw. 4.11f.). Die zweite Passage stellt ein wesentlich ausführlicheres Aition des Stieres dar, sodass die ersten Verse obsolet gewesen wären. 155. S. Anm. zu fast. 3.105; im Einzelnen zu den Pleiaden 4.169–178 m. Anm. und zu den Hyaden fast. 5.163–182. 156. Gemeint sind die Hyaden.

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157. I. e. Europa, Tochter des phönizischen Königs Agenor aus Tyros (Ov. met. 2.858, Hyg. fab. 178, Apollod. 3.2). Am bekanntesten ist der Mythos wohl durch met. 2.836–875. „Tyrisch“ steht oft synonym für „phönizisch“. 158. Auch synonym für „phönizisch“ verwendet; s. Anm. zu fast. 3.107 sowie zu 3.649. 159. Kreta ist das Ziel der Reise. 160. König Minos von Kreta geht aus dieser Liaison hervor. 161. Die drei Erdteile Europa, Asien und Afrika (z. B. Hdt. 4.42.1). 162. Gemeint ist die Metamorphose von Io, der Tochter des Inachos (vgl. zu Io Anm. zu fast. 1.454). „Pharische Färse“ wird sie hier genannt, weil die verwandelte Kuh nach ihrer Ankunft in Äygpten in Pharos mit Isis identifiziert wurde. 163. Nach Dionysios (1.38.3) haben die pontifices, die Vestalinnen und die Praetoren am 15. Mai nach vollzogenen „Voropfern“ die 30 Argei (Strohpuppen; s. Varro ling. 7.44, Plu. quaest. R. 32) von dem pons sublicius in den Tiber geworfen. Vgl. die Ausführungen bei Frazer und Bömer ad loc. 164. Vgl. fast. 1.235–238 m. Anm. 165. Zu diesem Epitheton für Saturn s. fast. 1.234. 166. I. e. der Tiber; s. dazu Anm. zu 1.233. 167. I. e. Herakles; s. dazu fast. 1.548 m. Anm., 2.305, 2.349. 168. Auf der Insel Leukas im Ionischen Meer soll jährlich am Apoll-Fest ein Verbrecher als Opfer ins Meer gestürzt worden sein (Str. 10.2.9). 169. Hier liegt ein Anachronismus vor; s. fast. 4.855, 2.477 m. Anm. 170. Dass Herakles mit dem Ritus des „Ertränkens“ von Puppen in Verbindung steht, wird auch von Dionysios (1.38.2) berichtet. 171. Diese Erklärung für den eigentümlichen Brauch findet sich auch in Varro bei Non. Marc. 842 L, Fest. s. v. sexagenarios 452L. 172. Vgl. fast. 1.242. 173. Zur Ankunft des Euander in Italien s. fast. 1.471–542 m. Anm., 5.91–100. 174. I. e. Herakles; s. dazu 1.575 m. Anm. 175. Die Achiver sind die griechischen Gefährten des Herakles. 176. Zur Umbenennung des Albula in Tiber s. 2.389f. m. Anm. 177. I. e. Euander, bezeichnet nach dem arkadischen Pallantion (s. Anm. zu fast. 1.471); zu seiner Gastlichkeit s. fast. 1.543–548. 178. Zur Cacus-Episode s. 1.549–578 m. Anm. zu 1.550. 179. S. dazu Anm. zu 1.543. 180. Stadt auf der Peloponnes; s. fast. 4.72 m. Anm. 181. S. Anm. zu fast. 1.454. 182. Gemeint ist in „italischer“ Erde; s. Anm. zu fast. 1.55.

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183. I. e. Hermes, der durch seine Mutter, die Pleiade Maia (s. fast. 3.105, 5.85f. jeweils m. Anmerkungen), ein Enkel des Atlas ist. Zu ihm selbst s. Anm. zu fast. 2.608 sowie insbesondere zu 5.88. 184. Zu Atlas s. Anm. zu fast. zu 5.83f. 185. Bereits in den Versen 85–90 berichtet Ovid von der Geburt des Hermes auf dem Berg Kyllene. S. die Erläuterungen ad loc. 186. Zusätzlich zu den referierten Aufgaben (s. Anm. zu fast. 5.88) kommt Mercur noch die Rolle des Friedensbringers (vgl. Ov. met. 14.291, Plaut. Amph. 32), des Türhüters (h. Merc. 15), des Gottes der Palaestra (Cic. Verr. 6.185) und des Erfinders der Leier (h. Merc. 25–55, fast. 5.104) zu. 187. Der Tempel soll an den Iden des Mai des Jahres 495 v. Chr. geweiht worden sein (CIL 1.1 pp. 216, 221, 264, Liv. 2.27.5, Val. Max. 9.3.6) und lag zwischen dem Circus Maximus und dem Aventin. Etymologisch ist Mercur mit merx bzw. merces in Verbindung gebracht worden, sodass besonders Kaufleute sein Fest begingen (s. auch Fest. s. v. Maiis idibus 135L, Macr. Sat. 1.12.19). 188. Zur Porta Capena s. Anm. zu 4.346. Über die Quelle des Mercur ist sonst nichts weiter bekannt. 189. Hier ist nicht die kleine Insel bei Syrakus gemeint (so in fast. 4.471), sondern die Insel Ortygia (= Delos, der Geburtsort des Apoll). Zum Rinderdiebstahl vgl. fast. 5.104 m. Anm. 190. I. e. die Sonne; s. dazu Anm. zu 1.164. 191. Gemeint ist der Dodekathlos, d.h. die 12 Taten des Herakles. 192. Phoibe und Hilaeira, die Töchter des Leukippos, sollen von den Dioskuren entführt worden sein, obwohl sie bereits ihren Vettern Idas und Lynkeus versprochen gewesen seien. 193. Mit dem Patronymikon „Tyndariden“ sind die Zwillinge Kastor und Polydeukes/Pollux gemeint. In unterschiedlichen Varianten stammen entweder beide vom Spartanerkönig Tyndareos oder beide von Zeus (daher auch die Bezeichnung Dioskuren) ab oder aber nur Kastor von Tyndareos (s. Pi. N. 10.80–82, Apollod. 3.126, Hdt. 5.75.2, 9.73.2, Ov. met. 8.301, trist. 1.10.45, Hyg. fab. 77). 194. Gemeint sind Idas und Lynkeus, die Söhne des Aphareus und somit Vettern der Leukippiden, die sie auch heiraten sollten. 195. Dieses Papponymikon bezeichnet die Dioskuren nach ihrem spartanischen Großvater Oebalos (s. Apollod. 3.123, Paus. 3.1.4, Hyg. fab.78). 196. Dieser Kampf soll in Messenien oder Lakonien stattgefunden haben (Apollod. 3.134–137, Paus. 3.13.1, 4.3.1). Ovid nennt als Einziger Aphidna als Austragungsplatz. Es ist aber weder notwendig noch gerechtfertigt, ihm eine Ungenauigkeit oder bewusste Abwandlung zu unterstel-

Anmerkungen zum fünften Buch

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len (s. Bömer ad loc.), da auch Pausanias einen lakonischen Ort Aphidna kannte (3.18.4). 197. Polydeukes, Zeus’ Sohn, wollte seine Unsterblichkeit mit dem sterblichen Kastor teilen. 198. Nach ihrer Verstirnung sollen die Dioskuren das Sternbild „Zwillinge“ gebildet haben (vgl. Eratosth. Cat. 10). Sie bieten eine wichtige Orientierung in der Seefahrt und gelten traditionell auch als Retter in Seenot (h. Hom. 33.6–17, E. El. 1240f., Hdt. 2.43.2f.). 199. S. dazu Anm. zu fast. 1.318 und zur Etymologie 1.319–332. 200. Zum Katasterismos des Hundes der Erigone s. Anm. zu 4.939. 201. Das Fest der Reinigung der Trompeten im Mai wurde für Volcanus begangen (s. CIL 1.1 pp. 221, 243, 318). 202. Für die Abbreviaturen QRCF (so in CIL 1.1 pp. 211, 212, 213, 221, 242) oder QREXCF (CIL 1.1 p. 224) liefert Ovid zwei mögliche Erklärungen. Unwahrscheinlich ist ein Bezug zum sog. Regifugium, das am 24. Februar begangen wurde (s. dazu 2.685–852 m. Anm. zu 685). Die Abkürzung kann folgendermaßen aufgelöst werden: quando rex comitavit fas. Überliefert ist, dass der rex sacrorum auf dem comitium Riten zu vollziehen hatte, die den Tag zu einem dies fastus werden ließen (Varro ling. 6.31; ähnlich Fest. s. v. quandoc rex comitiavit fas 311L). Interessanterweise finden die beiden QRCF-Tage am 24. März und 24. Mai, an Folgetagen der Tubilustrien, statt. 203. Einer der Fortuna-Tempel auf dem Quirinal (s. Anm. zu fast. 4.376) ist der hier erwähnte vom 25. Mai. Er ist möglicherweise identisch mit demjenigen, den der Consul Sempronius Tuditanus 204 v. Chr. gelobt hat (Liv. 29.36.8) und der 194 v. Chr. eingeweiht worden ist (Liv. 34.53.5: hier allerdings falsch dem Consuln Sempronius Sophus aus dem Jahre 268 v. Chr. zugewiesen; im Falle der Identität der beiden Tempel wäre die Zuweisung des Livius an Fortuna Primigenia ebenfalls inkorrekt). Während Ovid die Widmungsträgerin Fortuna Publica Populi Potentis nennt, ist in den fasti Caeretani (CIL 1.1 pp. 213, 319) Fortuna Publica Populi Romani Quiritium belegt (so auch Latte, Religionsgeschichte 178f.). 204. Als Tochter des Nereus und der Okeanide Doris ist sie eine Meeresgottheit und steht hier metonymisch für das Meer. 205. I. e. der Adler als Begleiter des Zeus (s. Hom. Il. 24.310f., Pi. P. 1.6). Hier ist das Sternbild gemeint. 206. Zur Verstirnung des Ikarios zum Ochsentreiber (Bootes) s. Anm. zu fast. 4.939. Zur Gleichsetzung der Alternativ-Bezeichnungen „Bootes“ und „Arktophylax“ s. fast. 3.405f. m. Anm. 207. Gemeint sind die Hyaden, Hyas’ Schwestern; s. fast. 5.163–182.

LIBER SEXTVS

Hic quoque mensis habet dubias in nomine causas:   quae placeat, positis omnibus ipse lege! Facta canam; sed erunt, qui me finxisse loquantur   nullaque mortali numina visa putent. Est deus in nobis, agitante calescimus illo;   impetus hic sacrae semina mentis habet: fas mihi praecipue voltus vidisse deorum,   vel quia sum vates, vel quia sacra cano. Est nemus arboribus densum, secretus ab omni   voce locus, si non obstreperetur aquis: hic ego quaerebam, coepti quae mensis origo   esset, et in cura nominis huius eram. Ecce deas vidi, non quas praeceptor arandi   viderat, Ascraeas cum sequeretur oves nec quas Priamides in aquosae vallibus Idae   contulit; ex illis sed tamen una fuit. Ex illis fuit una, sui germana mariti;   haec erat, agnovi, quae stat in arce Iovis. Horrueram tacitoque animum pallore fatebar;   tum dea, quos fecit, sustulit ipsa metus. Namque ait: “O vates, Romani conditor anni,   ause per exiguos magna referre modos, ius tibi fecisti numen caeleste videndi,   cum placuit numeris condere festa tuis. Ne tamen ignores volgique errore traharis,   Iunius a nostro nomine nomen habet.

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Auch dieser Monat birgt in seinem Namen mehrdeutige Ursprünge:1 nach Darlegung aller Gründe wähle selbst den aus, welcher gefallen dürfte! Geschehenes will ich besingen; aber es wird Leute geben, die sagen, ich hätte es erfunden, und nicht glauben, dass Gottheiten sich einem Sterblichen gezeigt hätten. Es gibt in uns einen Gott, wenn jener tätig wird, erglühen wir; dieser Impuls birgt die Samen göttlicher Eingebung:2 Ich habe das besondere Recht, der Götter Antlitz zu schauen, sei es weil ich ein Dichter bin, sei es weil ich heilige Riten besinge. Es gibt einen Hain, dichtbewachsen von Bäumen, abgeschieden von jeglichem Geräusch ist dieser Ort, außer dass er von Wassern umrauscht wird: Hier versuchte ich herauszufinden, welcher der Ursprung des begonnenen Monats sei, und mein Interesse galt diesem Namen. Siehe da, Göttinnen erblickte ich, nicht die, die der Lehrmeister des Ackerbaus3 erblickt hatte, als er den ascraeischen Schafen folgte, und nicht die, die der Priamide4 in den Tälern des wasserreichen Ida verglich; eine von jenen war es aber trotzdem. Eine von jenen war es, ihres eigenen Mannes Schwester; sie war es, ich habe sie erkannt, die in der Burg Iuppiters steht.5 Ich war erschaudert und verriet meine Gemütslage durch stumme Blässe; da nahm die Göttin selbst die Ängste , die sie bewirkte. Sie sprach nämlich: „O Dichter, Verfasser des des römischen Jahres, der du es wagtest, in bescheidenen Versmaßen6 Großes zu berichten, du hast dir das Recht erworben, eine himmlische Gottheit zu schauen, indem es dir gefiel, mit deinen Versen Feste zu besingen. Damit du gleichwohl genau Bescheid weißt und nicht durch den Irrglauben der Masse verleitet wirst, der Juni hat von unserem Namen seinen Namen.

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Est aliquid nupsisse Iovi, Iovis esse sororem:   fratre magis, dubito, glorier anne viro. Si genus aspicitur, Saturnum prima parentem   feci, Saturni sors ego prima fui. A patre dicta meo quondam Saturnia Roma est:   haec illi a caelo proxima terra fuit. Si torus in pretio est, dicor matrona Tonantis   iunctaque Tarpeio sunt mea templa Iovi. An potuit Maio paelex dare nomina mensi,   hic honor in nobis invidiosus erit? Cur igitur regina vocor princepsque dearum,   aurea cur dextrae sceptra dedere meae? An facient mensem luces Lucinaque ab illis   dicar et a nullo nomina mense traham? Tum me paeniteat posuisse fideliter iras   in genus Electrae Dardaniamque domum! Causa duplex irae: rapto Ganymede dolebam,   forma quoque Idaeo iudice victa mea est. Paeniteat, quod non foveo Carthaginis arces,   cum mea sint illo currus et arma loco! Paeniteat Sparten Argosque measque Mycenas   et veterem Latio subposuisse Samon! Adde senem Tatium Iunonicolasque Faliscos;   quos ego Romanis succubuisse tuli. Sed neque paeniteat nec gens mihi carior ulla est:   hic colar, hic teneam cum Iove templa meo! Ipse mihi Mavors ‘commendo moenia’, dixit,   ‘haec tibi: tu pollens urbe nepotis eris!’ Dicta fides sequitur: centum celebramur in aris   nec levior quovis est mihi mensis honor.

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Es ist etwas Bedeutendes, verheiratet zu sein mit Iuppiter, Iuppiters Schwester zu sein: ich befinde mich im Zweifel, ob ich auf den Bruder mehr stolz sein soll oder auf den Ehemann. Wenn man die Geburt betrachtet, habe ich Saturn als Erste zum 30 Vater7 gemacht, Saturns erstes war ich schicksalsbedingt. Nach meinem Vater wurde einst Rom „Saturnia“8 genannt: dieser Landstrich war jenem nach dem Himmel der nächste. Wenn die Ehe etwas wert ist, werde ich Gattin des Tonans9 genannt und verbunden mit dem tarpeischen10 Iuppiter ist mein Tempel. 35 Oder konnte eine Nebenbuhlerin11 dem Monat Mai den Namen geben, wird diese Ehre für unsere Person Missgunst erregen? Warum werde ich also Königin12 und Erste unter den Göttinnen genannt, warum verlieh man meiner rechten Hand ein goldenes Zepter? Oder werden die Tage einen Monat ausmachen und ich Lucina13 40 nach jenen genannt werden und von keinem Monat einen Namen herleiten? Dann soll es mich reuen, aufrichtig die Zornesgefühle gegenüber dem Geschlecht der Electra14 und dem dardanischen Haus abgelegt zu haben! Einen doppelten Grund zum Zorn gab es: Über den Raub des Ganymedes15 empfand ich Schmerz, auch meine Schönheit ist durch den idaeischen Schiedsrichter16 herabgesetzt worden. 45 Es soll mich reuen, dass ich nicht die Burg Carthagos begünstige,17 obwohl sich an jenem Ort mein Wagen und meine Waffen befinden! Es soll mich reuen, Sparta, Argos, mein Mycene und das alte Samos18 Latium untergeordnet zu haben! Füge den alten Tatius19 hinzu und die Iuno verehrenden Faliscer20; 50 dass diese den Römern unterlagen, ertrug ich. Aber es soll auch nicht reuen und kein Volksstamm ist mir teurer: Hier soll ich verehrt werden, hier möchte ich einen Tempel zusammen mit meinem Iuppiter haben! Mavors21 selbst sprach zu mir: ‚Ich überantworte dir diese Stadtmauer: Du wirst mächtig in der Stadt deines Enkels22 sein!‘ 55 Den Worten folgt die Erfüllung: Auf einhundert Altären werden wir verehrt und die Ehre dieses Monats ist für mich nicht geringer als jede beliebige .

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Nec tamen hunc nobis tantummodo praestat honorem   Roma: suburbani dant mihi munus idem. Inspice, quos habeat nemoralis Aricia fastos   et populus Laurens Lanuviumque meum: est illic mensis Iunonius. Inspice Tibur   et Praenestinae moenia sacra deae, Iunonale leges tempus: nec Romulus illas   condidit, at nostri Roma nepotis erat.” Finierat Iuno, respeximus: Herculis uxor   stabat et in voltu signa vigoris erant. “Non ego, si toto mater me cedere caelo   iusserit, invita matre morabor”, ait. “Nunc quoque non luctor de nomine temporis huius:   blandior et partes paene rogantis ago remque mei iuris malim tenuisse precando   et faveas causae forsitan ipse meae. Aurea possedit socio Capitolia templo   mater et, ut debet, cum Iove summa tenet; at decus omne mihi contingit origine mensis:   unicus est, de quo sollicitamur, honor. Quid grave, si titulum mensis, Romane, dedisti   Herculis uxori posteritasque memor? Haec quoque terra aliquid debet mihi nomine magni   coniugis: huc captas adpulit ille boves, hic male defensus flammis et dote paterna   Cacus Aventinam sanguine tinxit humum. Ad propiora vocor: populum digessit ab annis   Romulus in partes distribuitque duas; haec dare consilium, pugnare paratior illa est,   haec aetas bellum suadet, at illa gerit.

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Und dennoch erweist nicht nur Rom uns diese Ehre: Die Leute aus den Vororten machen mir dasselbe Geschenk. Schau an,23 was für einen Festkalender das am Hain gelegene Aricia24 und das laurentische Volk25 und mein Lanuvium26 hat: Dort gibt es einen Monat Iunonius. Schau Tibur27 an und die heilige Stadtmauer der Göttin von Praeneste28, von einer Iuno-Zeit wirst du lesen: Aber Romulus gründete jene nicht, Rom gehörte jedoch unserem Enkel.“ Geendet hatte Iuno, ich schaute zurück: Hercules’ Frau29 stand und in ihrem Antlitz waren Zeichen von jugendlicher Energie. „Ich werde nicht gegen den Willen meiner Mutter verweilen, wenn meine Mutter befiehlt, dass ich dem Himmel gänzlich entweiche“, sprach sie. „Auch jetzt kämpfe ich nicht um die Bezeichnung dieser Zeit: Ich schmeichle und spiele die Rolle einer beinahe Bittenden und diesen Punkt meines Rechtsanspruches möchte ich lieber durch Flehen erreicht haben, und vielleicht dürftest du ja selbst meinem Anliegen gewogen sein. Das goldene Capitol besitzt meine Mutter mit einem gemeinsamen Tempel und sie besetzt mit Iuppiter, wie sie es soll, die höchste Stelle; jedoch wird mir meine ganze Würde durch den Ursprung des Monats zuteil: es ist die einzige Ehre, derentwegen ich beunruhigt bin. Was ist schlimm , wenn der Gattin des Hercules du, Römer, und die Nachwelt in Erinnerung den Ehrennamen des Monats gabt? Auch dieses Land schuldet mir irgendetwas wegen des Namens meines bedeutenden Gatten: Hierher trieb er die gefangenen Kühe, hier färbte Cacus30, weil er durch Flammen und die väterliche Gabe schlecht verteidigt war, den aventinischen Boden mit Blut. Zu Näherliegendem werde ich gerufen: Das Volk teilte Romulus nach den Jahren ein und gliederte es in zwei Teile auf; dieser ist geeigneter einen Rat zu erteilen, jener zu kämpfen, dieses Alter rät zum Krieg, jenes führt ihn jedoch.

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Sic statuit mensesque nota secrevit eadem:   Iunius est iuvenum; qui fuit ante, senum.” Dixit et in litem studio certaminis issent   atque ira pietas dissimulata foret: venit Apollinea longas Concordia lauro   nexa comas, placidi numen opusque ducis. Haec ubi narravit Tatium fortemque Quirinum   binaque cum populis regna coisse suis et lare communi soceros generosque receptos,   “his nomen iunctis Iunius”, inquit, “habet.” Dicta triplex causa est. “At vos ignoscite, divae!   Res est arbitrio non dirimenda meo! Ite pares a me! Perierunt iudice formae   Pergama: plus laedunt, quam iuvat una, duae!”

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H K IVN N Prima dies tibi, Carna, datur. Dea cardinis haec est:   numine clausa aperit, claudit aperta suo. Unde datas habeat vires, obscurior aevo   fama; sed e nostro carmine certus eris. Adiacet antiquus Tiberino lucus Alerni:   pontifices illuc nunc quoque sacra ferunt. Inde sata est nymphe (Cranaen dixere priores)   nequiquam multis saepe petita procis. Rura sequi iaculisque feras agitare solebat   nodosasque cava tendere valle plagas; non habuit pharetram, Phoebi tamen esse sororem   credebant nec erat, Phoebe, pudenda tibi. Huic aliquis iuvenum dixisset amantia verba,   reddebat tales protinus illa sonos:

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So setzte er es fest und unterschied die Monate mit demselben Kennzeichen: Der Juni ist der der jungen Leute; welcher vorher war, ist der der Alten.“31 Sprach’s und in einen Streit wären sie im Eifer des Gefechts geraten 90 und die Eltern-Kind-Liebe wäre durch den Zorn verleugnet worden: Es kam umkränzt mit apollinischem Lorbeer32 in ihrem langen Haar Concordia, Gottheit und Werk33 des sanften Lenkers. Sobald sie von Tatius34 und dem tapferen Quirinus35 erzählt hatte und dass beide Königreiche mit ihren Volksstämmen zusammengekommen seien36 95 und dass Schwiegerväter und -söhne in einem gemeinsamen Hause gastlich aufgenommen worden seien, sagte sie: „Durch deren Vereinigung hat der Juni seinen Namen.“ Eine dreifache Erklärung wurde angeführt. „Habt jedoch Nachsicht, Göttinnen! Die Angelegenheit darf nicht durch mein Urteil geschlichtet werden! Gleich scheidet von mir! Es ging Pergamon37 durch den 100 Schönheitsrichter unter: mehr schaden zwei, als eine Einzige nützt!“38 1. Juni Der erste Tag ist dir, Carna39, geweiht. Die Göttin der Türangel ist sie: Mit ihrem göttlichen Willen öffnet sie Verschlossenes, verschließt Offenes. Woher sie die ihr verliehenen Kräfte hat, darüber gibt es ein altersdunkles Gerücht; aber aus meinem Gedicht wirst du gut informiert sein. 105 Es liegt der alte Hain des Alernus40 am Tiberinus41: Priester bringen dorthin auch heute heilige Gegenstände. Dort wurde eine Nymphe gezeugt (Cranae42 nannten sie die Früheren) und wurde oft vergeblich von vielen Freiern bedrängt. Für gewöhnlich suchte sie die Fluren auf, jagte mit Speeren 110 wilde Tiere und spannte geknotete Netze im tiefen Tal; nicht besaß sie einen Köcher, und doch glaubte man, sie sei des Phoe­bus Schwester43, und du, Phoebus, durftest dich ihrer nicht schämen. ihr irgendein junger Mann liebevolle Worte gesagt hatte, entgegnete jene unverzüglich derartige Worte:

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“Haec loca lucis habent nimis et cum luce pudoris:   si secreta magis ducis in antra, sequor.” Credulus ante ut iit, frutices haec nacta resistit   et latet et nullo est invenienda modo. Viderat hanc Ianus visaeque cupidine captus   ad duram verbis mollibus usus erat. Nympha iubet quaeri de more remotius antrum   utque comes sequitur destituitque ducem. Stulta! Videt Ianus, quae post sua terga gerantur:   nil agis et latebras respicit ille tuas. Nil agis, en! Dixi: nam te sub rupe latentem   occupat amplexu speque potitus ait: “Ius pro concubitu nostro tibi cardinis esto:   hoc pretium positae virginitatis habe!” Sic fatus spinam, qua tristes pellere posset   a foribus noxas (haec erat alba) dedit. Sunt avidae volucres, non quae Phineia mensis   guttura fraudabant, sed genus inde trahunt: grande caput, stantes oculi, rostra apta rapinis;   canities pennis, unguibus hamus inest; nocte volant puerosque petunt nutricis egentes   et vitiant cunis corpora rapta suis; carpere dicuntur lactentia viscera rostris   et plenum poto sanguine guttur habent. Est illis strigibus nomen; sed nominis huius   causa, quod horrenda stridere nocte solent. Sive igitur nascuntur aves, seu carmine fiunt   neniaque in volucres Marsa figurat anus, in thalamos venere Procae: Proca natus in illis   praeda recens avium quinque diebus erat

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115 „Diese Gegend hat zu viel Licht und mit dem Licht zu viel Scham: Wenn du in eine recht abgeschiedene Höhle führst, folge ich.“ Sobald er leichtgläubig vorausgegangen ist, bleibt sie stehen, wenn sie auf Strauchwerk getroffen ist, versteckt sich und ist auf keine Weise zu finden. Gesehen hatte sie Ianus44 und ergriffen von Leidenschaft, da er sie gesehen, 120 hatte er an die Hartherzige weiche Worte gerichtet. Die Nymphe gebietet nach ihrer Gewohnheit, eine recht abgelegene Höhle aufzusuchen, folgt wie eine Begleiterin und lässt den Vorangehenden allein. Dummkopf! Es sieht Ianus , was hinter seinem Rücken geschieht: Nichts erreichst du, und jener erblickt dein Versteck. 125 Nichts erreichst du, da hast du’s! Ich hab’s gesagt: Obwohl du dich unter einem Felsen versteckt hältst, ergreift er dich nämlich in einer Umarmung und spricht im Besitz des Erhofften: „Die Befugnis über die Türangel sollst du für unseren Beischlaf haben: Behalte dies als Belohnung für deine abgelegte Jungfräulichkeit!“ So hatte er gesprochen und gab ihr einen Dorn (er war weiß),45 damit 130 sie damit trauerbringenden Schaden von den Türen abwehren konnte. Es gibt gierige Vögel46, nicht die, welche die Kehle des Phineus47 um ihre Mahlzeiten betrogen, aber sie leiten ihre Abstammung von da her: Gewaltig ist der Kopf, stier die Augen, die Schnäbel geeignet für Raubzüge; graue Farbe ist im Gefieder, in den Klauen eine Krümmung; 135 nachts fliegen sie herum, greifen Kinder an, wenn sie der Amme entbehren, rauben ihre Körper aus ihren Wiegen und verstümmeln sie; sie sollen Säuglingsfleisch mit ihren Schnäbeln herausreißen und sie haben ihre Kehle voll getrunkenen Blutes. Jene haben den Namen striges; aber der Grund dieses Namens ist, 140 dass sie für gewöhnlich in der schauerlichen Nacht kreischen. Sei es also dass sie als Vögel geboren werden oder durch einen Zauberspruch dazu werden und eine marsische Formel48 alte Frauen in Vögel verwandelt, sie kamen in die Gemächer des Proca49: Proca war in jenen geboren worden und war binnen fünf Tagen die neueste Beute der Vögel

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pectoraque exsorbent avidis infantia linguis;   at puer infelix vagit opemque petit. Territa voce sui nutrix accurrit alumni   et rigido sectas invenit ungue genas. Quid faceret? Color oris erat, qui frondibus olim   esse solet seris, quas nova laesit hiems. Pervenit ad Cranaen et rem docet. Illa “timorem   pone! Tuus sospes”, dixit, “alumnus erit!” Venerat ad cunas; flebant materque paterque.   “Sistite vos lacrimas, ipsa medebor”, ait. Protinus arbutea postes ter in ordine tangit   fronde, ter arbutea limina fronde notat, spargit aquis aditus (et aquae medicamen habebant)   extaque de porca cruda bimenstre tenet atque ita “noctis aves, extis puerilibus”, inquit,   “parcite! Pro parvo victima parva cadit. Cor pro corde, precor, pro fibris sumite fibras!   Hanc animam vobis pro meliore damus.” Sic ubi libavit, prosecta sub aethere ponit,   quique adsint sacris, respicere illa vetat: virgaque Ianalis de spina subditur alba,   qua lumen thalamis parva fenestra dabat. Post illud nec aves cunas violasse feruntur   et rediit puero, qui fuit ante, color. Pinguia cur illis gustentur larda Kalendis   mixtaque cum calido sit faba farre, rogas? Prisca dea est aliturque cibis, quibus ante solebat,   nec petit adscitas luxuriosa dapes. Piscis adhuc illi populo sine fraude natabat   ostreaque in conchis tuta fuere suis;

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145 und sie schlürfen des Säuglings Brust mit ihren gierigen Zungen aus; der unglückselige Knabe jedoch wimmert und ersucht Hilfe. Aufgeschreckt vom Schreien ihres Zöglings läuft die Amme herbei und findet die Wangen zerfleischt von harten Klauen vor. Was hätte sie tun sollen? Die Farbe des Gesichts war die, welche bisweilen 150 spätes Laub zu haben pflegt, das der Winterbeginn beschädigt hat. Sie erreicht Cranae und legt ihr die Sache dar. Jene sprach: „Die Furcht leg’ ab! Dein Zögling wird wohlbehalten sein!“ Sie war an die Wiege getreten; es weinten Mutter und Vater50 immerfort. „Hemmt eure Tränen! Ich selbst werde ihn heilen“, sprach sie. 155 Unverzüglich berührt sie mit Laub vom Erdbeerbaum die Türpfosten dreimal der Reihe nach, kennzeichnet dreimal mit dem Laub vom Erdbeerbaum die Schwelle, besprenkelt mit Wassertröpfchen die Eingänge (und die Wassertröpfchen hatten Heilkraft), hält die blutigen Eingeweide von einem zweimonatigen Schwein und spricht folgendermaßen: „Vögel der Nacht, verschont die kindlichen Eingeweide! 160 Anstelle des Kleinen wird ein kleines Tier geopfert. Nehmt Herz für Herz, für Eingeweide Eingeweide an, bitte ich! Dieses Leben geben wir euch für ein besseres.“ Sobald sie so ein Opfer dargebracht hat, legt sie die herausgeschnittenen Eingeweide unter freiem Himmel ab und verbietet denen, die bei den Opferhandlungen zugegen sind, zu jenen zurückzuschauen: 165 Und der Zweig vom weißen Dornstrauche, den sie von Ianus erhalten hat, wird dort untergelegt, wo das kleine Fenster den Gemächern Licht bot. Nach jener Begebenheit sollen sich Vögel nicht an Wiegen vergriffen haben und es kehrte dem Knaben die Gesichtsfarbe zurück, wie sie vorher war. Weshalb man von fetten Speckstücken an jenen Kalenden kostet 170 und Bohnen mit warmem Dinkel vermischt, fragst du?51 Eine altehrwürdige Göttin ist sie und wird mit den Speisen genährt, mit denen sie es früher zu tun pflegte, und sie verlangt nicht in prätentiöser Weise importierte Speisen.52 Fisch schwamm bis dahin ohne Schaden für jenes (Fisch-)Volk und Austern waren in ihren Muscheln sicher;

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nec Latium norat, quam praebet Ionia dives,   nec quae Pygmaeo sanguine gaudet avis; et praeter pennas nihil in pavone placebat   nec tellus captas miserat ante feras. Sus erat in pretio, caesa sue festa colebant;   terra fabas tantum duraque farra dabat. Quae duo mixta simul sextis quicumque Kalendis   ederit, huic laedi viscera posse negant. Arce quoque in summa Iunoni templa Monetae   ex voto memorant facta, Camille, tuo. Ante domus Manli fuerat, qui Gallica quondam   a Capitolino reppulit arma Iove. Quam bene, di magni, pugna cecidisset in illa   defensor solii, Iuppiter alte, tui! Vixit, ut occideret damnatus crimine regni:   hunc illi titulum longa senecta dabat. Lux eadem Marti festa est, quem prospicit extra   adpositum Tectae porta Capena Viae. Te quoque, Tempestas, meritam delubra fatemur,   cum paene est Corsis obruta classis aquis. Haec hominum monimenta patent: si quaeritis astra,   tunc oritur magni praepes adunca Iovis.

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AF Postera lux Hyadas, Taurinae cornua frontis,   evocat et multa terra madescit aqua. BC Mane ubi bis fuerit Phoebusque iteraverit ortus   factaque erit posito rore bis uda seges,

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175 weder kannte Latium den Vogel, den das fruchtbare Ionien liefert, noch den, der sich über das pygmaeische Blut53 freut; und außer den Federn fand man beim Pfau an nichts Gefallen, und die Erde hatte vorher nicht gefangene Wildtiere geschickt. Schwein galt als wertvoll, mit einem geschlachteten Schwein beging man Feste; 180 die Erde gab nur Bohnen und harten Dinkel her. Man leugnet, dass dem die Eingeweide verletzt werden können, wer immer diese beiden gemischt zugleich an den sechsten Kalenden gegessen hat. Man erzählt, auch hoch auf der Burg sei ein Tempel für Iuno Moneta54 infolge deines Gelübdes, Camillus55, errichtet worden. 185 Vormals hatte sich das Haus des Manlius56 befunden, der die gallischen Waffen dereinst vom capitolinischen Iuppiter vertrieb. Wie gut, große Götter, wäre er in jenem Kampf als Verteidiger deines Thrones, erhabener Iuppiter, gefallen! Er überlebte , um unter dem Vorwurf der Machtergreifung verurteilt zu sterben: 190 Diese Bezeichnung verlieh jenem sein langes Alter. Derselbe Tag ist ein Feiertag für Mars57, den die Porta Capena58 außerhalb an die Tecta Via59 angelehnt sieht. Auch du, Tempestas60, hast ein Heiligtum verdient, ich gebe es zu, dadurch dass beinahe die Flotte in den corsischen Wassern versenkt worden wäre. 195 Diese Denkmäler von Menschen liegen offen da: wenn ihr nach den Sternen fragt, dann geht des großen Iuppiter Vogel61 mit seinem krummen Schnabel auf. 2. Juni Der nächste Tag ruft die Hyaden62, die Hörner der Stierstirn63, herauf und vom vielen Wasser ist die Erde nass. 3. Juni Sobald zweimal der Morgen da ist und Phoebus wiederum 200 aufgegangen ist und die Saat zweimal nass geworden ist vom darauf liegenden Tau,

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hac sacrata die Tusco Bellona duello   dicitur et Latio prospera semper adest. Appius est auctor, Pyrrho qui pace negata   multum animo vidit, lumine captus erat. Prospicit a templo summum brevis area Circum:   est ibi non parvae parva columna notae; hinc solet hasta manu, belli praenuntia, mitti,   in regem et gentes cum placet arma capi.

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CC Altera pars Circi Custode sub Hercule tuta est,   quod deus Euboico carmine munus habet. Muneris est tempus qui Nonas Lucifer ante est;   si titulum quaeris, Sulla probavit opus.

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D NON N Quaerebam, Nonas Sanco Fidione referrem   an tibi, Semo pater; tum mihi Sancus ait: “Cuicumque ex istis dederis, ego munus habebo:   nomina terna fero: sic voluere Cures.” Hunc igitur veteres donarunt aede Sabini   inque Quirinali constituere iugo. Est mihi sitque, precor, nostris diuturnior annis   filia, qua felix sospite semper ero. Hanc ego cum vellem genero dare, tempora taedis   apta requirebam, quaeque cavenda forent:

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an diesem Tage soll Bellona64 im tuscischen Krieg geheiligt worden sein und Latium ist sie immer günstig gewogen. Appius65 ist der Stifter, der Pyrrhus66 den Frieden verweigerte und viel mit seinem Verstand sah, war er des Augenlichtes beraubt. 205 Es blickt vom Tempel aus eine kleine Fläche auf den obersten Teil des Circus67: Es gibt dort eine kleine Säule von nicht kleiner Vorbedeutungskraft; von hier wird für gewöhnlich eine Lanze, Vorbote des Krieges, mit der Hand geworfen, immer wenn man beschließt, gegen einen König oder Völker zu den Waffen zu greifen. 4. Juni Der andere Teil des Circus ist sicher unter Hercules Custos68, 210 weil der Gott die Aufgabe aufgrund des euböischen69 Spruches hat. Der Tag, der vor den Nonen liegt, ist die Zeit der Aufgabe. Wenn du nach der Inschrift fragst, Sulla70 hat das Bauwerk abgenommen. 5. Juni Ich wollte wissen, ob ich die Nonen dem Sancus Fidius71 oder dir, Vater Semo, zurechnen soll; da sagte mir Sancus: 215 „Wem auch immer von diesen du sie gibst, ich werde diese Gabe bekommen: Einen dreifachen Namen trage ich: so wollte es Cures72.“ Ihn beschenkten daher die alten Sabiner mit einem Tempel und errichteten ihn auf der Anhöhe des Quirinal. Ich habe, und sie möge, flehe ich, langlebiger als meine Jahre 220 sein, eine Tochter, über deren Wohlbefinden ich immer glücklich sein werde. Als ich sie einem Schwiegersohne überantworten wollte, fragte ich nach den Zeiten, die für die Hochzeitsfackeln73 geeignet seien und vor welchen man sich hüten müsse:

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tum mihi post sacras monstratus Iunius Idus   utilis et nuptis, utilis esse viris primaque pars huius thalamis aliena reperta est;   nam mihi sic coniunx sancta Dialis ait: “Donec ab Iliaca placidus purgamina Vesta   detulerit flavis in mare Thybris aquis, non mihi dentosa crinem depectere buxo,   non ungues ferro subsecuisse licet, non tetigisse virum, quamvis Iovis ille sacerdos,   quamvis perpetua sit mihi lege datus. Tu quoque ne propera! Melius tua filia nubet,   ignea cum pura Vesta nitebit humo.”

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FN Tertia post Nonas removere Lycaona Phoebe   fertur et a tergo non habet Ursa metum. Tunc ego me memini ludos in gramine Campi   aspicere et dici, lubrice Thybri, tuos. Festa dies illis, qui lina madentia ducunt   quique tegunt parvis aera recurva cibis.

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GN Mens quoque numen habet: Mentis delubra videmus   vota metu belli, perfide Poene, tui. Poene, rebellaras, et leto consulis omnes   attoniti Mauras pertimuere manus. Spem metus expulerat, cum Menti vota senatus   suscipit et melior protinus illa venit. Aspicit instantes mediis sex lucibus Idus   illa dies, qua sunt vota soluta deae.

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Da wurde mir der Juni nach den heiligen Iden als vorteilhaft für die Bräute, als vorteilhaft auch für die Männer angezeigt, 225 und der erste Teil davon wurde für das Hochzeitsbett als befremdlich befunden; denn mir sagte die ehrwürdige Frau des Dialis74 folgendermaßen: „Solange bis von der ilischen Vesta der sanft dahinfließende Thybris den Unrat75 mit seinen gelb-bräunlichen Wassern ins Meer weggespült hat, ist es mir nicht erlaubt, mein Haar mit gezahntem Buchsbaumkamm zu kämmen, 230 ist es nicht erlaubt, die Nägel mit einem Eisen abzuschneiden und den Mann zu berühren, wiewohl des Iuppiter Priester er ist, wiewohl er mir durch das ewig währende Gesetz gegeben wurde.76 Auch du beeil’ dich nicht! In besserer Weise wird deine Tochter heiraten, wenn die flammende Vesta mit reinem Boden glänzen wird.“ 7. Juni 235 Die dritte Phoebe77 nach den Nonen entfernt Lycaon78, sagt man, und vom Rücken her hat der Bär keine Angst . Dann erinnere ich mich, dass ich Spiele auf dem Rasen des Campus sah und dass sie die Deinen genannt werden, flüchtiger Thybris79. Es ist ein Festtag für jene, die ihre nassen Netze ziehen 240 und die ihre gekrümmten, bronzenen Haken mit kleinen Ködern bedecken.80 8. Juni Auch Mens hat ein göttliches Wesen: wir sehen, dass das Heiligtum der Mens81 aus Furcht vor deinem Krieg, treuloser Punier82, gelobt wurde. Punier, du hattest den Krieg erneut angestachelt und durch den Tod des Consuls83 erschüttert fürchteten alle die maurischen Hände sehr. 245 Furcht hatte die Hoffnung vertrieben, als der Senat sich zu Gelübden für Mens entschließt und jene sofort besser wiederkommt. Es sieht die Iden bevorstehen, wobei sechs Tage dazwischen liegen, jener Tag, an dem die Gelübde für die Göttin eingelöst wurden.

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H VEST N “Vesta, fave! Tibi nunc operata resolvimus ora,   ad tua si nobis sacra venire licet.” In prece totus eram: caelestia numina sensi   laetaque purpurea luce refulsit humus. Non equidem vidi (valeant mendacia vatum)   te, dea, nec fueras aspicienda viro; sed quae nescieram, quorumque errore tenebar,   cognita sunt nullo praecipiente mihi. Dena quater memorant habuisse Parilia Romam,   cum flammae custos aede recepta dea est, regis opus placidi, quo non metuentius ullum   numinis ingenium terra Sabina tulit. Quae nunc aere vides, stipula tum tecta videres   et paries lento vimine textus erat. Hic locus exiguus, qui sustinet Atria Vestae,   tunc erat intonsi regia magna Numae; forma tamen templi, quae nunc manet, ante fuisse   dicitur et formae causa probanda subest. Vesta eadem est et terra: subest vigil ignis utrique:   significant sedem terra focusque suam. Terra pilae similis nullo fulcimine nixa   aere subiecto tam grave pendet onus: ipsa volubilitas libratum sustinet orbem,   quique premat partes, angulus omnis abest. Cumque sit in media rerum regione locata   et tangat nullum plusve minusve latus, ni convexa foret, parti vicinior esset   nec medium terram mundus haberet onus. Arte Syracosia suspensus in aere clauso   stat globus, immensi parva figura poli,

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9. Juni „Vesta, sei gnädig! Für dich öffne ich den Mund, der dir dient, 250 wenn es mir erlaubt ist, zu deinen heiligen Riten84 zu kommen.“ Im Gebet befand ich mich in Gänze: himmlische Gottheiten spürte ich und der Boden strahlte glückverheißend zurück von purpurnem Licht. Freilich habe ich dich, Göttin, (fort mit den Lügengespinsten der Dichter) nicht gesehen und dich hatte kein Mann erblicken dürfen; 255 aber was ich nicht gewusst hatte und worüber ich im Irrtum gefangen war, wurde mir bekannt, obwohl es mich niemand lehrte. Viermal zehn Parilia85, so erzählt man, habe Rom gehabt, als die Göttin in ihrer Eigenschaft als Hüterin der Flamme in den Tempel aufgenommen wurde, eines friedfertigen Königs86 Werk, im Vergleich zu dem das sabinische Land 260 keinen gottesfürchtigeren Charakter hervorbrachte. Was du nunmehr mit Erz bedeckt siehst, hättest du damals mit Stroh bedeckt sehen können, und die Wand war aus biegsamem Weidengeflecht zusammengefügt. Dieser kleine Ort, der das Atrium der Vesta aufnimmt, war damals die große Königsburg des unrasierten Numa87; 265 doch es soll die Form des Tempels88, die nunmehr besteht, vorher gegeben haben, und ein glaubhafter Grund für die Form liegt zugrunde. Vesta und die Erde sind dasselbe: unten in beiden ist ein immer brennendes Feuer: Ihren eigenen Sitz bezeichnen Erde und der Herd.89 Die Erde ist einem Ball ähnlich und stützt sich auf keinen Pfeiler, 270 über der darunter liegenden Luft schwebt eine so schwere Last: Ihre Drehbarkeit selbst hält die Kugel im Gleichgewicht und jede Ecke, die gegen eine Seite drücken könnte, fehlt. Und da sie in der mittleren Region der Welt eingesetzt wurde und keine Seite mehr oder weniger berührt, 275 wäre sie, wenn sie nicht gerundet wäre, einem Teil näher benachbart, und das Weltall hätte nicht die Erde als Gewicht in der Mitte. Durch syracusanische Kunst90 aufgehängt, steht eine Kugel in geschlossener Luft, ein kleines Abbild des gewaltigen Alls,

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et quantum a summis, tantum secessit ab imis   terra; quod ut fiat, forma rotunda facit. Par facies templi; nullus procurrit in illo   angulus, a pluvio vindicat imbre tholus. Cur sit virginibus, quaeris, dea culta ministris?   Inveniam causas hac quoque parte suas. Ex Ope Iunonem memorant Cereremque creatas   semine Saturni; tertia Vesta fuit. Utraque nupserunt, ambae peperisse feruntur;   de tribus impatiens restitit una viri. Quid mirum, virgo si virgine laeta ministra   admittit castas ad sua sacra manus? Nec tu aliud Vestam quam vivam intellege flammam;   nataque de flamma corpora nulla vides! Iure igitur virgo est, quae semina nulla remittit   nec capit et comites virginitatis amat. Esse diu stultus Vestae simulacra putavi,   mox didici curvo nulla subesse tholo! Ignis inexstinctus templo celatur in illo:   effigiem nullam Vesta nec ignis habet. Stat vi terra sua: vi stando Vesta vocatur;   causaque par Grai nominis esse potest. At focus a flammis et, quod fovet omnia, dictus;   qui tamen in primis aedibus ante fuit. Hinc quoque vestibulum dici reor; inde precando   praefamur Vestam, quae loca prima tenet. Ante focos olim scamnis considere longis   mos erat et mensae credere adesse deos.

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und wie viel die Erde von den höchsten entfernt ist, soweit von den tiefsten; dass dies geschieht, bewirkt die runde Form. gleich ist das Aussehen des Tempels; kein Winkel springt an jenem hervor, vor dem Regenguss schützt ihn ein Kuppeldach. Warum wurde die Göttin von Jungfrauen als Dienerinnen um­ sorgt, fragst du? Ich will auch an dieser Stelle die passenden Gründe herausfinden. Man erzählt, aus Ops91 seien Iuno und Ceres durch den Samen des Saturn hervorgebracht worden; Vesta war die Dritte . Die beiden heirateten, sollen auch beide Kinder geboren haben;92 von den dreien blieb eine einzige, unfähig einen Mann zu ertragen, übrig. Was ist sonderbar , wenn eine Jungfrau, froh über eine jungfräuliche Dienerin, keusche Hände zu ihren heiligen Riten zulässt? Erkenn du in Vesta nichts anderes als eine lebendige Flamme; aus der Flamme geborene Körper siehst du keine! Mit Recht ist sie also eine Jungfrau, die keine Samen keimen lässt, auch nicht empfängt und Gefährtinnen in der Jungfräulichkeit schätzt. Dass es Abbilder der Vesta gebe, habe ich Narr lange geglaubt, bald danach habe ich gelernt, dass es keine93 unter dem runden Dach gibt! Unauslöschliches Feuer wird in jenem Tempel verborgen: Kein Bildnis hat Vesta – und auch nicht das Feuer. Es hat Bestand durch ihre eigene Kraft die Erde: danach, dass sie aus eigener Kraft Bestand hat, wird Vesta benannt;94 und der Grund für den griechischen Namen kann gleich sein. Aber der Herd ist nach den Flammen benannt, auch weil er alles wärmt.95 Doch befand er sich früher vorn im Haus. Daher auch wird das Vestibül bezeichnet, glaube ich;96 infolgedessen sprechen wir beim Beten zuerst Vesta an, die den ersten Platz einnimmt.97

305 Es war einst Brauchtum, sich vor den Herdstätten auf langen Bänken niederzulassen und zu glauben, dem Mahle würden Götter beiwohnen.

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Nunc quoque, cum fiunt antiquae sacra Vacunae,   ante Vacunales stantque sedentque focos. Venit in hos annos aliquid de more vetusto:   fert missos Vestae pura patella cibos. Ecce coronatis panis dependet asellis   et velant scabras florida serta molas. Sola prius furnis torrebant farra coloni   (et Fornacali sunt sua sacra deae): subpositum cineri panem focus ipse parabat   strataque erat tepido tegula quassa solo. Inde focum servat pistor dominamque focorum   et quae pumiceas versat asella molas. Praeteream referamne tuum, rubicunde Priape,   dedecus? Est multi fabula parva ioci. Turrigera frontem Cybele redimita corona   convocat aeternos ad sua festa deos; convocat et satyros et, rustica numina, nymphas;   Silenus, quamvis nemo vocarat, adest. Nec licet et longum est epulas narrare deorum:   in multo nox est pervigilata mero. Hi temere errabant in opacae vallibus Idae,   pars iacet et molli gramine membra levat. Hi ludunt, hos somnus habet; pars bracchia nectit   et viridem celeri ter pede pulsat humum. Vesta iacet placidamque capit secura quietem,   sicut erat, positum caespite fulta caput. At ruber hortorum custos nymphasque deasque   captat et errantes fertque refertque pedes;

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Auch in unserer Zeit steht und sitzt man, immer wenn die heiligen Riten für die altehrwürdige Vacuna98 durchgeführt werden, vor den Herdstätten der Vacuna. Es kam irgendetwas von diesem altertümlichen Brauch bis in diese Zeit: 310 Es trägt eine reine Opferschale Speisen, die der Vesta dargebracht wurden. Siehe da, Brot hängt von bekränzten Eseln herab, und es verhüllen Girlanden aus Blumen schmutzige Mühlsteine. Dinkelkörner allein rösteten ehedem in Öfen die Bauern (und es gibt ureigene heilige Riten für die Göttin, die für die Öfen zuständig ist99): 315 Brot, unter die Asche geschoben, buk der Herd selbst, und es war auf dem warmen Boden ein Stückchen Ziegel ausgebreitet. Daher hütet der Bäcker die Herdstätte und die Herrin der Herdstätten und die Eselin, die Mühlsteine aus Bimsstein dreht. Soll ich deine Demütigung, roter Priapus, auslassen oder sie 320 erzählen? Es ist eine kurze Anekdote von großem Spaß.100 Cybele,101 umkränzt an der Stirn mit einer Turmkrone, ruft die ewigen Götter zu ihrem Fest zusammen; sie ruft die Satyrn und die Nymphen, ländliche Gottheiten, zusammen; Silenus102 ist anwesend, obwohl niemand ihn gerufen hatte. 325 Es ist einerseits nicht erlaubt, andererseits wäre es zu lang, von dem Götterschmaus zu berichten: bei viel Wein durchwachte man die Nacht. Diese striffen leichtfertig in den Tälern des schattigen Ida-Gebirges103 umher, ein Teil liegt darnieder und entspannt die Glieder im weichen Gras. Diese spielen, diese hält der Schlaf fest; ein Teil schlingt 330 die Arme umeinander und stampft dreimal mit flinkem Fuße auf den grünen Boden. Vesta liegt da und genießt sorglos den friedlichen Schlaf, so wie sie war, und stützt ihr Haupt, gebettet auf ein Stück Rasen. Aber der rote Wächter der Gärten104 hascht nach Nymphen sowie Göttinnen und lenkt die umherirrenden Füße vor, zurück;

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aspicit et Vestam: dubium, nymphamne putarit   an scierit Vestam, scisse sed ipse negat. Spem capit obscenam furtimque accedere temptat   et fert suspensos corde micante gradus. Forte senex, quo vectus erat, Silenus asellum   liquerat ad ripas lene sonantis aquae; ibat, ut inciperet, longi deus Hellesponti,   intempestivo cum rudit ille sono. Territa voce gravi surgit dea; convolat omnis   turba, per infestas effugit ille manus. Lampsacos hoc animal solita est mactare Priapo,   “apta asini flammis indicis exta damus.” Quem tu, diva, memor de pane monilibus ornas;   cessat opus, vacuae conticuere molae. Nomine quam pretio celebratior arce Tonantis   dicam Pistoris quid velit ara Iovis. Cincta premebantur trucibus Capitolia Gallis:   fecerat obsidio iam diuturna famem. Iuppiter ad solium superis regale vocatis   “incipe!”, ait Marti; protinus ille refert: “Scilicet ignotum est, quae sit fortuna malorum,   et dolor hic animi voce querentis eget. Si tamen, ut referam breviter mala iuncta pudori,   exigis: Alpino Roma sub hoste iacet. Haec est, cui fuerat promissa potentia rerum,   Iuppiter? Hanc terris impositurus eras?

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335 er erblickt auch Vesta: es ist unsicher, ob er glaubte, dass es eine Nymphe war, oder wusste, dass es Vesta war, aber er selbst leugnet, dass er es gewusst habe. Er fasst eine unsittliche Hoffnung und versucht, sich heimlich zu nähern, und lenkt seine Schritte auf Zehenspitzen mit pochendem Herzen . Zufällig hatte der uralte Silenus seinen Esel, auf dem er geritten 340 war, am Ufer eines sanft rauschenden Gewässers zurückgelassen; es ging, um zu beginnen, dahin der Gott des langen Hellespontus105, als jener mit einem Schrei zur Unzeit losbrüllt. Von der tiefen Stimme aufgeschreckt, erhebt sich die Göttin; die ganze Schar strömt zusammen, jener entflieht mitten durch die feindlichen Hände. 345 Lampsacos106 schlachtete für gewöhnlich dieses Tier dem Priapus: „Wir opfern die Eingeweide des verräterischen Esels als passende für die Flammen.“ Ihn schmückst du, Göttliche, eingedenk mit Halsketten aus Brot; es ruht die Arbeit, die verwaisten Mühlen sind verstummt. Erzählen will ich, was der Altar des Iuppiter Pistor107 auf der 350 Burg des Tonans108 bedeutet, der berühmter aufgrund seiner Bezeichnung als aufgrund seines Wertes ist. Umzingelt von den grimmigen Galliern wurde dem Capitol hart zugesetzt: es hatte die schon lang anhaltende Belagerung eine Hungersnot ausgelöst.109 Iuppiter rief die überirdischen Götter zu seinem Königsthron zusammen und sprach Mars an: „Beginne!“; unverzüglich berichtet jener: 355 „Natürlich ist es unbekannt, welches das Schicksal der Unglückseligen ist, und dieser Schmerz meines Gemüts sehnt sich nach dem Klang des Klagens. Wenn du dennoch einforderst, dass ich kurz die mit Schmach verbundenen Übel darstelle: unter dem Feind aus den Alpen liegt Rom darnieder. Ist sie es, der die Macht über die Welt verheißen worden war, 360 Iuppiter? Sie hattest du vor, über die Länder zu stellen?

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Iamque suburbanos Etruscaque contudit arma:   spes erat in cursu: nunc lare pulsa suo est. Vidimus ornatos aerata per atria picta   veste triumphales occubuisse senes; vidimus Iliacae transferri pignora Vestae   sede: putant aliquos scilicet esse deos. At si respicerent, qua vos habitatis in arce,   totque domos vestras obsidione premi, nil opis in cura scirent superesse deorum   et data sollicita tura perire manu. Atque utinam pugnae pateat locus! Arma capessant   et, si non poterunt exsuperare, cadant! Nunc inopes victus ignavaque fata timentes   monte suo clausos barbara turba premit.” Tunc Venus et lituo pulcher trabeaque Quirinus   Vestaque pro Latio multa locuta suo est. “Publica”, respondit, “cura est pro moenibus istis”,   Iuppiter, “et poenas Gallia victa dabit. Tu modo, quae desunt fruges, superesse putentur,   effice nec sedes desere, Vesta, tuas! Quodcumque est solidae cereris, cava machina frangat   mollitamque manu duret in igne focus!” Iusserat et fratris virgo Saturnia iussis   adnuit et mediae tempora noctis erant. Iam ducibus somnum dederat labor. Increpat illos   Iuppiter et sacro, quid velit, ore docet:

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Und schon hat sie die Bewohner der Nachbarorte und die etruscischen Waffen niedergeschmettert: Die Hoffnung befand sich in schnellem Lauf: Nun ist sie von ihrem eigenen Lar weggetrieben worden. Wir haben gesehen, dass Greise, die einen Triumph gefeiert hatten, überall in den erzverzierten Atrien, geschmückt mit ihrem bestickten Gewand, hingesunken lagen. Wir haben gesehen, dass die heiligen Gegenstände der ilischen Vesta110 von ihrem Sitz weggeschafft wurden: man glaubt freilich, es gebe irgendwelche Götter. Wenn sie jedoch zurückblickten auf die Burg, in der ihr wohnt, und sähen, dass so viele eurer Häuser durch die Belagerung in Not sind, wüssten sie, dass in der Sorge um die Götter keine Hilfe vorhanden ist und dass die von besorgter Hand gespendeten Weihrauchkörner unnütz vergeudet werden. Und möge doch ein Platz für den Kampf offenstehen! Sollen sie zu den Waffen greifen und fallen, wenn sie nicht obsiegen können! Nun setzt die Barbarenschar denen hart zu, die in Ermanglung von Nahrung und Feiglingsschicksal fürchtend auf ihrem eigenen Berg eingeschlossen sind.“ Dann sprachen Venus und Quirinus, ansehnlich wegen seines Krummstabes und seiner Königstracht, und Vesta vieles zugunsten ihres Latiums. Es antwortete Iuppiter: „Unser gemeinsames Anliegen gilt diesen Stadtmauern und Gallien111 wird besiegt Strafe zahlen. Du bewirke nur, Vesta, dass man glaubt, Getreide, das fehlt, sei im Überfluss vorhanden, und lass deine Stätten nicht im Stich! Was auch immer an festem Getreide vorhanden ist, soll die hohle Mühle mahlen, und das per Hand weich Geknetete soll der Ofen im Feuer aushärten lassen!“ hatte er es befohlen und des Bruders Befehlen nickte die Jungfrau Saturnia112 zu und es war die Zeit der Mitternacht. Schon hatte den Heerführern die Mühe Schlaf gebracht. Es schilt jene Iuppiter und lehrt mit heiligem Mund, was er will:

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“Surgite et in medios de summis arcibus hostes   mittite, quam minime mittere voltis, opem!” Somnus abit quaeruntque novis ambagibus acti,   tradere quam nolint et iubeantur opem. Esse Ceres visa est; iaciunt Cerialia dona:   iacta super galeas scutaque longa sonant. Posse fame vinci spes excidit: hoste repulso   candida Pistori ponitur ara Iovi. Forte revertebar festis Vestalibus illa,   quae Nova Romano nunc Via iuncta foro est: huc pede matronam nudo descendere vidi;   obstipui tacitus sustinuique gradum. Sensit anus vicina loci iussumque sedere   adloquitur quatiens voce tremente caput: “Hoc, ubi nunc fora sunt, udae tenuere paludes;   amne redundatis fossa madebat aquis. Curtius ille lacus, siccas qui sustinet aras,   nunc solida est tellus, sed lacus ante fuit. Qua Velabra solent in Circum ducere pompas,   nil praeter salices cassaque canna fuit. Saepe suburbanas rediens conviva per undas   cantat et ad nautas ebria verba iacit. Nondum conveniens diversis iste figuris   nomen ab averso ceperat amne deus. Hic quoque lucus erat iuncis et harundine densus   et pede velato non adeunda palus. Stagna recesserunt et aquas sua ripa coercet   siccaque nunc tellus: mos tamen ille manet.”

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„Erhebt euch und werft mitten unter eure Feinde aus der luftigen Höhe der Burg das Gut, das ihr am wenigsten herabwerfen wollt!“ Der Schlaf scheidet und sie fragen, durch den neuen dunklen Spruch beunruhigt, 390 welches Gut sie nicht abgeben wollen und doch sollen. Es schien Brot zu sein; sie werfen die Gaben der Ceres hinab: Die von oben herabgeworfenen Gaben lassen die Helme und Langschilde ertönen. Die Hoffnung, sie könnten durch Aushungerung bezwungen werden, fällt weg: der Feind wurde vertrieben, und dem Iuppiter Pistor wird ein strahlender Altar errichtet. 395 Zufällig war ich am Vesta-Fest auf dem Rückweg auf jener Straße, die nun als Via Nova113 mit dem Forum Romanum verbunden ist: Hier sah ich eine Matrone mit nacktem Fuße herabsteigen; ich stutzte schweigend und hielt den Schritt an. Eine Alte bemerkte es, die nahe meinem Standort war, 400 und spricht mich an mit der Aufforderung, mich zu setzen, und schüttelt ihren Kopf, wobei ihre Stimme zittert: „Das, wo nun die Foren sind, nahmen die feuchten Sümpfe ein; ein Graben war übervoll, weil Wassermassen vom Strom her hinübergeflossen waren. Jener Lacus Curtius114, der den Altar trocken hält, ist nunmehr festes Land, war ehedem aber ein See. 405 Wo das Velabrum115 die Festumzüge für gewöhnlich zum Circus lenkt, gab es nichts außer Weidengewächsen und es gab hohles Schilfrohr. Oftmals kehrt ein Zechbruder über die Wellen der Vorstadt heim, singt und schleudert den Seemännern betrunkene Worte entgegen. Noch nicht hatte dieser Gott116 seinen Namen, der gut zu den unterschiedlichen Formen passt, 410 von der Biegung des Stroms erhalten. Auch war hier ein Hain, dicht bewachsen mit Binsengewächsen und Schilfrohr, und ein Sumpf, der nicht mit bekleidetem Fuße betreten werden sollte. Die Überschwemmungen haben sich zurückgezogen und das eigene Ufer schließt die Wasser ein, und trocken ist nunmehr das Land: jenes Brauchtum bleibt dennoch bestehen.“

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Reddiderat causam. “Valeas, anus optima”, dixi,   “quod superest aevi, molle sit omne, tui!” Cetera iam pridem didici puerilibus annis,   non tamen idcirco praetereunda mihi! Moenia Dardanides nuper nova fecerat Ilus   (Ilus adhuc Asiae dives habebat opes); creditur armiferae signum caeleste Minervae   urbis in Iliacae desiluisse iuga. Cura videre fuit: vidi templumque locumque;   hoc superest illi, Pallada Roma tenet. Consulitur Smintheus lucoque obscurus opaco   hos non mentito reddidit ore sonos: “Aetheriam servate deam, servabitis urbem:   imperium secum transferet illa loci!” Servat et inclusam summa tenet Ilus in arce   curaque ad heredem Laomedonta redit; sub Priamo servata parum: sic ipsa volebat,   ex quo iudicio forma revicta sua est. Seu gener Adrasti, seu furtis aptus Ulixes,   seu pius Aeneas, eripuisse ferunt; auctor in incerto, res est Romana: tuetur   Vesta, quod assiduo lumine cuncta videt. Heu, quantum timuere patres, quo tempore Vesta   arsit et est tectis obruta paene suis! Flagrabant sancti sceleratis ignibus ignes   mixtaque erat flammae flamma profana piae; attonitae flebant demisso crine ministrae:   abstulerat vires corporis ipse timor. Provolat in medium et magna “succurrite!” voce,   “non est auxilium flere!”, Metellus ait.

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415 Sie hatte die Erklärung berichtet. „Gehab dich wohl, beste Alte“, sprach ich, „was an deiner Lebenszeit übrig ist, soll gänzlich milde sein!“

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Das Übrige habe ich schon vor langer Zeit in meinen Kindheitstagen gelernt, dennoch darf ich es deswegen nicht übergehen! Neue Stadtmauern hatte unlängst der Dardanide Ilus117 erbaut (der reiche Ilus besaß bis dahin Asiens Schätze); man glaubt, die himmlische Statue der Waffen tragenden Minerva118 sei auf den Bergrücken der Stadt Ilion hinabgesprungen. Es lag am Herzen, sie zu schauen: Ich schaute den Tempel und den Ort; dieser bleibt jenem noch, Rom besitzt Pallas. Es wird Smintheus119 befragt und er äußerte, verborgen in seinem schattigen Hain, mit seinem Mund, der nicht gelogen hatte, folgende Worte: „Die himmlische Göttin schützt, werdet ihr die Stadt schützen können: die Herrschaft über den Ort wird jene mit sich überführen!“ Es schützt sie Ilus und hält sie ganz oben auf der Burg verschlossen und die Sorge fällt dem Erben Laomedon120 anheim. Unter Priamus121 wurde sie zu wenig geschützt: So wollte sie selbst es aufgrund des Schiedsspruches122, durch den ihre Schönheit besiegt wurde. Sei es dass es der Schwiegersohn123 des Adrastus124, sei es dass es Odysseus, der für Kriegslisten geeignet war, oder der fromme Aeneas , sie sollen sie weggerafft haben; der Gewährsmann ist ungewiss, es ist eine römische Sache: Vesta beschützt sie, weil sie im immerwährenden Licht alles sieht. Weh, wie viel fürchteten die Vorväter zu der Zeit, als der Vesta in Flammen stand und sie beinahe unter ihrem eigenen Dach begraben wurde!125 Es loderten heilige Feuer mit ruchlosen Feuern und vermischt mit frommer Flamme war die gottlose Flamme; bestürzt weinten die Dienerinnen, das Haar aufgelöst: Es hatte die Kräfte des Körpers die Furcht selbst weggerafft. Es stürzt in die Mitte hinein Metellus126 und ruft mit lauter Stimme: „Eilt zu Hilfe, Hilfe ist es nicht, zu weinen!

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“Pignora virgineis fatalia tollite palmis:   non ea sunt voto, sed rapienda manu! Me miserum! Dubitatis?”, ait. Dubitare videbat   et pavidas posito procubuisse genu. Haurit aquas tollensque manus “ignoscite”, dixit,   “sacra! Vir intrabo non adeunda viro! Si scelus est, in me commissi poena redundet!   Sit capitis damno Roma soluta mei!” Dixit et inrupit: factum dea rapta probavit   pontificisque sui munere tuta fuit. Nunc bene lucetis, sacrae, sub Caesare, flammae:   ignis in Iliacis nunc erit estque focis; nullaque dicetur vittas temerasse sacerdos   hoc duce nec viva defodietur humo: sic incesta perit, quia, quam violavit, in illam   conditur: et Tellus Vestaque numen idem. Tum sibi Callaico Brutus cognomen ab hoste   fecit et Hispanam sanguine tinxit humum. Scilicet interdum miscentur tristia laetis,   nec populum toto pectore festa iuvant. Crassus ad Euphraten aquilas natumque suosque   perdidit et leto est ultimus ipse datus. “Parthe, quid exsultas?”, dixit dea. “Signa remittes,   quique necem Crassi vindicet, ultor erit.” At simul auritis violae demuntur asellis   et Cereris fruges aspera saxa terunt, navita puppe sedens “Delphina videbimus”, inquit,   “umida cum pulso nox erit orta die.”

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445 Die Unterpfänder127 des Schicksals hebt mit jungfräulichen Händen hoch: nicht durch ein Gebet, sondern von eurer Hand müssen sie herausgerissen werden! O ich Unglückseliger! Zögert ihr?“, rief er. Dass sie zögerten und sich ängstlich mit geneigtem Knie niedergebeugt hatten, sah er. Wasser schöpft er, hob die Hände und sprach: „Gewährt Verzeihung, 450 ihr Kultgegenstände! Als Mann werde ich betreten, was ein Mann nicht betreten darf! Wenn es ein Frevel ist, soll die Strafe für das Begangene sich über mich ergießen! Es soll Rom durch den Verlust meines Hauptes befreit sein!“ Sprach’s und stürmte hinein: Die Göttin wurde ergriffen und hieß die Tat gut und durch ihres Priesters Dienst war sie in Sicherheit. 455 Nunmehr leuchtet ihr, heilige Flammen, hell unter Caesar128: Nunmehr gibt es und wird es das Feuer auf den ilischen Herdstätten geben; und man wird von keiner Priesterin sagen, dass sie ihre Opferbinden129 unter diesem Herrscher entweiht hat und keine wird in lebendiger Erde begraben werden: So kommt eine Unzüchtige um, weil sie in jener eingesperrt wird, 460 die sie entweihte: auch sind Tellus und Vesta dieselbe Gottheit.130 Da erwarb sich Brutus131 vom callaicischen132 Feinde seinen Beinamen und tränkte die spanische Erde mit Blut. Freilich wird bisweilen Trauriges mit Fröhlichem vermischt und die Feierlichkeiten erfreuen das Volk nicht tief in seinem Inneren. 465 Crassus133 verlor beim Euphrat die Legionsadler, seinen Sohn134 und seine Leute und wurde selbst als Letzter dem Tode übergeben. „Parther, was jubelst du?“, sprach die Göttin. „Die Feldzeichen wirst du zurückschicken, und es wird einen Rächer geben, der den Tod des Crassus ahndet.“135 Sobald jedoch die Veilchen von den langohrigen Eseln abgenommen werden 470 und der Ceres Feldfrüchte die rauen Felssteine zerreiben,136 sagt der Seemann, auf seinem Heck sitzend: „Den Delfin137 werden wir sehen, wenn der Tag vertrieben worden ist und die feuchte Nacht sich erhoben hat.“138

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B MATR N Iam, Phryx, a nupta quereris, Tithone, relinqui   et vigil Eois Lucifer exit aquis: ite, bonae matres, (vestrum Matralia festum)   flavaque Thebanae reddite liba deae! Pontibus et magno iuncta est celeberrima Circo   area, quae posito de bove nomen habet. Hac ibi luce ferunt Matutae sacra parenti   sceptriferas Servi templa dedisse manus. Quae dea sit, quare famulas a limine templi   arceat (arcet enim) libaque tosta petat, Bacche, racemiferos hedera distincte capillos,   si domus illa tua est, derige vatis opus! Arserat obsequio Semele Iovis: accipit Ino   te, puer, et summa sedula nutrit ope. Intumuit Iuno, raptum quod paelice natum   educet: at sanguis ille sororis erat. Hinc agitur furiis Athamas et imagine falsa   tuque cadis patria, parve Learche, manu; maesta Learcheas mater tumulaverat umbras   et dederat miseris omnia iusta rogis. Haec quoque, funestos ut erat laniata capillos,   prosilit et cunis te, Melicerta, rapit. Est spatio contracta brevi, freta bina repellit,   unaque pulsatur terra duabus aquis: huc venit insanis natum complexa lacertis   et secum celso mittit in alta iugo.

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Phryger Tithonus,139 du beklagst dich, schon von deiner Angetrauten140 verlassen zu werden, und der wachsame Morgenstern steigt aus den Gewässern der Eos heraus: Geht, gute Mütter, (euer Fest sind die Matralia141) und gebt gelbe Kuchen der thebanischen Göttin142! Mit Brücken143 und dem großen Circus144 ist das viel besuchte Gelände verbunden, das seine Bezeichnung von einer aufgestellten Rind hat.145 An diesem Tage, so erzählt man, hätten dort der Mutter Matuta die Zepter tragenden Hände des Servius146 einen geweihten Tempel gestiftet. Bacchus, geschmückt mit Efeu in deiner Trauben tragenden Haartracht, lenke, wenn jene deine Familie ist, des Dichters Werk , wer die Göttin ist, weshalb sie Dienerinnen von der Schwelle des Tempels abhält (sie hält sie nämlich ab) und gebackene Kuchen einfordert! Es hatte Semele147 in Flammen gestanden infolge von Iuppiters Gehorsam: es nimmt dich, Knabe148, Ino149 auf und nährt dich eifrig mit höchster Bemühung. Es schwoll vor Zorn Iuno an, weil sie (sc. Ino) den Sohn, der aus der Nebenbuhlerin herausgerissen worden war, aufziehe: jener war doch Blut ihrer Schwester. Daraufhin wird Athamas150 von Raserei und einer Wahnvorstellung heimgesucht und du, kleiner Learchus, fällst durch die väterliche Hand; untröstlich hatte die Mutter den Schatten des Learchus bestattet und dem unglücklichen Scheiterhaufen alle letzten Ehren erwiesen. Sie springt auch auf und reißt, zerrauft wie sie war mit ihren trauervollen Haaren, dich, Melicertes, aus der Wiege. Ein Land ist eingeengt durch einen schmalen Raum, wehrt zwei Meere ab151 und wird, obwohl es nur eins ist, von zwei Gewässern gepeitscht: Hierher kommt sie, die ihren Sohn mit ihren wahnsinnigen Armen umklammert hält, und wirft ihn mit sich zusammen von einer steil aufragenden Klippe in die tiefen Fluten hinab.

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Excipit inlaesos Panope centumque sorores   et placido lapsu per sua regna ferunt. Nondum Leucothea, nondum puer ille Palaemon   verticibus densi Thybridis ora tenent. Lucus erat; dubium, Semelae Stimulaene vocetur;   maenadas Ausonias incoluisse ferunt: quaerit ab his Ino, quae gens foret. Arcadas esse   audit et Euandrum sceptra tenere loci; dissimulata deam Latias Saturnia Bacchas   instimulat fictis insidiosa sonis: “O nimium faciles, o toto pectore captae,   non venit haec nostris hospes amica choris! Fraude petit sacrique parat cognoscere ritum:   quo possit poenas pendere, pignus habet.” Vix bene desierat, complent ululatibus auras   Thyiades effusis per sua colla comis iniciuntque manus puerumque revellere pugnant.   Quos ignorat adhuc, invocat illa deos: “Dique virique loci, miserae succurrite matri!”   Clamor Aventini saxa propinqua ferit. Adpulerat ripae vaccas Oetaeus Hiberas;   audit et ad vocem concitus urget iter: Herculis adventu, quae vim modo ferre parabant,   turpia femineae terga dedere fugae. “Quid petis hinc”, (cognorat enim) “matertera Bacchi?   An numen, quod me, te quoque vexat?”, ait. Illa docet partim, partim praesentia nati   continet et furiis in scelus isse pudet. Rumor, ut est velox, agitatis pervolat alis   estque frequens, Ino, nomen in ore tuum.

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Es empfangen sie unversehrt Panope152 und die hundert Schwestern und tragen sie in sanftem Gleiten durch ihre Reiche. Sie erreichen, sie noch nicht als Leucothea, jener Knabe noch nicht als Palaemon, die Mündung des Thybris, voll von Strudeln. Es gab einen Hain; es ist unklar, ob er der Hain der Semele oder Stimula153 genannt wird; die ausonischen Maenaden154 hätten ihn bewohnt, erzählt man: Es fragt sie Ino, was für ein Volk es sei. Dass es Arcader seien, hört sie, und dass Euander die Herrschaft über den Ort innehabe;155 es verheimlichte ihre Göttlichkeit die Saturn-Tochter156 und stachelt hinterhältig die latinischen Bacchen mit erlogenen Worten an: „O ihr allzu leicht zu Beeinflussenden, o ihr eures ganzen Verstandes Beraubten, sie kommt nicht als Gast, der unseren Reigen freundlich gesonnen ist! Mit Betrug strebt sie danach und schickt sich an, unseres heiligen Festes Ritus kennenzulernen: Sie hat ein Pfand157, mit dem sie büßen könnte.“ Kaum hatte sie geendet, da erfüllen die Thyiaden158 mit ihrem Heulen die Lüfte, ihre Haare wallten über ihre Nacken herab und sie legen Hand an den Jungen und trachten danach, ihn wegzureißen. Jene ruft die Götter an, die sie bislang nicht kennt: „Götter und Männer des Ortes, eilt der armen Mutter zu Hilfe!“ Das Geschrei trifft auf die Felsen des Aventin in der Nähe. Es hatte der Oetaeus159 die hiberischen Kühe160 ans Ufer herangetrieben; er hört es und beschleunigt eilends den Marsch zur Stimme hin: Bedingt durch Hercules’ Ankunft wandten sie, die sich gerade noch anschickten, Gewalt anzuwenden, ihm ihre schändlichen Rücken zur weibischen Flucht zu. „Was suchst du hier,“ (er kannte sie nämlich) „Tante161 des Bacchus? Oder sucht die Gottheit, die mich heimsucht, auch dich heim?“,162 sprach er. Jene erläutert es teilweise, teilweise hält die Gegenwart ihres Sohnes sie zurück und es beschämt sie, in Raserei in ein Verbrechen hineingeraten zu sein. Das Gerücht fliegt, flink wie es ist, mit heftig schlagenden Flügeln dahin und dein Name, Ino, ist wiederholt in Munde.

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Hospita Carmentis fidos intrasse penates   diceris et longam deposuisse famem. Liba sua properata manu Tegeaea sacerdos   traditur in subito cocta dedisse foco. Nunc quoque liba iuvant festis Matralibus illam:   rustica sedulitas gratior arte fuit. “Nunc”, ait, “o vates, venientia fata resigna,   qua licet: hospitiis hoc, precor, adde meis!” Parva mora est, caelum vates ac numina sumit   fitque sui toto pectore plena dei; vix illam subito posses cognoscere, tanto   sanctior et tanto, quam modo, maior erat! “Laeta canam: gaude, defuncta laboribus Ino!”,   dixit, “et huic populo prospera semper ades! Numen eris pelagi: natum quoque pontus habebit.   In vestris aliud sumite nomen aquis! Leucothea Grais, Matuta vocabere nostris;   in portus nato ius erit omne tuo, quem nos Portunum, sua lingua Palaemona dicet.   Ite, precor, nostris aequus uterque locis!” Adnuerat, promissa fides; posuere labores,   nomina mutarunt: hic deus, illa dea est. Cur vetet ancillas accedere, quaeritis? Odit   principiumque odii, si sinat illa, canam. Una ministrarum solita est, Cadmei, tuarum   saepe sub amplexus coniugis ire tui. Improbus hanc Athamas furtim dilexit; ab illa   comperit agricolis semina tosta dari:

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Du sollst als Gast das aufrichtige Haus der Carmentis163 betreten und den lang erlittenen Hunger gestillt haben. Kuchen habe die tegeische Priesterin164 eilends eigenhändig in einem schnell Ofen gebacken und ihr gegeben, so die Überlieferung. Auch jetzt erfreuen die Kuchen jene an den Matralia: Bäuerliche Emsigkeit war angenehmer als hohe Kunst. Sie sprach: „O Seherin, eröffne mir nunmehr das kommende Schicksal, soweit es erlaubt ist: Meiner gastfreundlichen Aufnahme füge das, ich bitte dich, hinzu!“ eine kleine Pause tritt ein, Himmel und göttliches Wirken nimmt die Seherin in sich auf und wird in der ganzen Brust von ihrem Gott erfüllt. Plötzlich hätte man jene kaum erkennen können, um so viel ehrwürdiger und um so viel größer war sie, als eben noch! „Fröhliches will ich besingen: freue dich, Ino, weil du deine Mühen überstanden hast!“, sprach sie, „und sei diesem Volke stets günstig gewogen! Eine Gottheit des Meeres wirst du sein: auch deinen Sohn wird die See in sich haben. In euren Wassern nehmt einen anderen Namen an! „Leucothea“ wirst du von den Griechen genannt werden, „Matuta“ von unseren Landsleuten; über die Häfen wird dein Sohn jedes Recht haben, den wir Portunus165 nennen werden und den seine eigene Sprache Palaemon nennen wird. Geht hin, ich bitte euch, ihr beiden, jeder unserem Gebiet gnädig!“ Sie hatte zugestimmt, versprochen ist der Beistand; sie wurden ihre Mühen los, die Namen änderten sie: Er ist ein Gott, jene eine Göttin.

Warum sie Dienerinnen heranzutreten verbietet, fragt ihr? Sie hasst sie und ich will den Ursprung des Hasses besingen, wenn jene es zulassen sollte. Eine deiner Dienerinnen, Cadmeis166, kam für gewöhnlich oftmals in die Arme deines Gatten. 555 Schamlos liebte sie Athamas heimlich; von jener erfährt er, dass den Bauern geröstete Saaten gegeben werden:

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ipsa quidem fecisse negas, sed fama recepit:   hoc est, cur odio sit tibi serva manus. Non tamen hanc pro stirpe sua pia mater adoret!   Ipsa parum felix visa fuisse parens! Alterius prolem melius mandabitis illi:   utilior Baccho quam fuit illa suis. Hanc tibi “quo properas?”, memorant dixisse, Rutili,   “luce mea Marso consul ab hoste cades.” Exitus accessit verbis flumenque Toleni   purpureum mixtis sanguine fluxit aquis. Proximus annus erat: Pallantide caesus eadem   Didius hostiles ingeminavit opes. Lux eadem, Fortuna, tua est, auctorque locusque;   sed superiniectis quis latet iste togis? Servius est, hoc constat enim: sed causa latendi   discrepat et dubium me quoque mentis habet. Dum dea furtivos timide profitetur amores   caelestemque homini concubuisse pudet (arsit enim magno correpta cupidine regis   caecaque in hoc uno non fuit illa viro), nocte domum parva solita est intrare fenestra,   unde Fenestellae nomina porta tenet. Nunc pudet et voltus velamine celat amatos   oraque sunt multa regia tecta toga. An magis est verum post Tulli funera plebem   confusam placidi morte fuisse ducis? Nec modus ullus erat, crescebat imagine luctus,   donec eum positis occuluere togis.

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Du selbst leugnest freilich, es getan zu haben, aber das Gerücht verbürgte es: Das ist , weshalb die Sklavinnen-Schar deinen Hass auf sich zieht. Nicht soll doch eine fromme Mutter sie für die eigenen Kinder anbeten! 560 Sie selbst schien eine zu wenig glückliche Mutter gewesen zu sein! Eines anderen Kinder werdet ihr jener besser anvertrauen: Nützlicher war jene für Bacchus als für ihre eigenen Kinder. Sie habe dir, Rutilius167, gesagt: „Wohin eilst du?“, so die Kunde, „an meinem Festtag wirst du als Consul von der Hand des marsischen Feindes fallen.“ 565 Das Ergebnis pflichtete den Worten bei und der Strom des Tolenus floss purpurfarben dahin, weil seine Wasser mit Blut vermischt worden waren. war das nächste Jahr da: am selben Tag168 niedergemetzelt verdoppelte Didius169 die feindliche Macht. Derselbe Tag, Fortuna, ist der Deine, und der Stifter und der Ort; 570 aber wer ist da verborgen unter darübergelegten Togen?170 Servius171 ist es, das steht nämlich fest: aber der Grund für das Verbergen ist strittig und Sinneszweifel halten auch mich fest. Während die Göttin ängstlich heimliche Liebesnächte gesteht und sich schämt, als Göttin mit einem Menschen geschlafen zu haben 575 (sie brannte nämlich ergriffen von großer Leidenschaft zum König und war nicht blind bei diesem einen Mann), betrat sie für gewöhnlich des Nachts das Haus durch ein kleines Fenster, woher das Tor die Bezeichnung fenestella trägt.172 Nun schämt sie sich und verhüllt die geliebten Gesichtszüge mit einem Schleier 580 und das königliche Antlitz ist durch viel Togastoff verdeckt. Oder ist es eher wahr, dass nach des Tullius Begräbniszeremonien das Volk erschüttert war über den Tod des milden Herrschers? Und es gab keine Mäßigung, es wuchs die Trauer durch das Bildnis, bis sie ihn mit überdeckenden Togastoffen verhüllten.

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Tertia causa mihi spatio maiore canenda est;   nos tamen adductos intus agemus equos. Tullia coniugio sceleris mercede peracto   his solita est dictis exstimulare virum: “Quid iuvat esse pares, te nostrae caede sororis   meque tui fratris, si pia vita placet? Vivere debuerant et vir meus et tua coniunx,   si nullum ausuri maius eramus opus! Et caput et regnum facio dotale parentis.   Si vir es, i, dictas exige dotis opes! Regia res scelus est: socero cape regna necato   et nostras patrio sanguine tingue manus!” Talibus instinctus solio, privatus, in alto   sederat: attonitum volgus in arma ruit: hinc cruor et caedes, infirmaque vincitur aetas:   sceptra gener socero rapta Superbus habet. Ipse sub Esquiliis, ubi erat sua regia, caesus   concidit in dura sanguinulentus humo. Filia carpento patrios initura penates   ibat per medias alta feroxque vias. Corpus ut aspexit, lacrimis auriga profusis   restitit; hunc tali corripit illa sono: “Vadis, an exspectas pretium pietatis amarum?   Duc, inquam, invitas ipsa per ora rotas!” Certa fides facti: dictus Sceleratus ab illa   vicus et aeterna res ea pressa nota.

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585 Den dritten Grund muss ich auf größerem Raum besingen; doch werde ich die Pferde mit angezogenen Zügeln auf der Innenseite antreiben. Tullia pflegte, nachdem die Ehe um den Preis eines Verbrechens zustande gekommen war, mit folgenden Worten ihren Mann anzustacheln:173 „Was nützt es , ein Paar zu sein, dir durch den Mord an meiner Schwester, 590 und mir durch den an deinem Bruder, wenn ein pflichtbewusstes Leben gefällt? Es hätten leben müssen mein Mann und deine Frau, wenn wir nicht bereit wären, ein größeres Werk in Angriff zu nehmen! Sowohl das Haupt als auch das Reich meines Vaters mache ich zur Mitgift. Wenn du ein Mann bist, geh hin, fordere die zugesagten Schätze der Mitgift ein! 595 Eine königliche Sache ist das Verbrechen: nach Ermordung deines Schwiegervaters ergreif sein Reich und färbe unsere Hände mit dem väterlichen Blute!“ Durch solche angestachelt, hatte er, der gewöhnliche Bürger, auf dem hohen Thron Platz genommen:174 Erschüttert stürzt das Volk zu den Waffen: Hierauf Blutvergießen und Morden, und das gebrechliche Alter wird besiegt: 600 Das Zepter entreißt der Schwiegersohn Superbus dem Schwiegervater und hält es dann in seinem Besitz. Er selbst wird unterhalb des Esquilin erschlagen, wo sich seine Königsburg befand, und fällt blutüberströmt auf den harten Erdboden. Die Tochter, im Begriff das väterliche Haus zu betreten, fuhr auf einem Wagen hochmütig und wild mitten durch das Straßengewirr. 605 Sobald er den Leichnam erblickt hatte, hielt der Wagenlenker tränenüberströmt an; ihn fährt jene mit derartigem Tonfall an: „Fährst du oder wartest du auf den bitteren Lohn für dein Pflichtbewusstsein? Lenk, so befehl’ ich es, die widerstrebenden Räder über das Gesicht selbst!“ Der Beweis für die Tat steht fest: die Gasse ist sceleratus nach jener 610 benannt und mit einem ewig währenden Schandmal ist dieser Sachverhalt belastet.

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Post tamen hoc ausa est templum, monimenta parentis,   tangere: mira quidem, sed tamen acta loquar. Signum erat in solio residens sub imagine Tulli;   dicitur hoc oculis opposuisse manum et vox audita est: “Voltus abscondite nostros,   ne natae videant ora nefanda meae!” Veste data tegitur; vetat hanc Fortuna moveri   et sic e templo est ipsa locuta suo: “Ore revelato qua primum luce patebit   Servius, haec positi prima pudoris erit!” Parcite, matronae, vetitas attingere vestes:   sollemni satis est voce movere preces sitque caput semper Romano tectus amictu,   qui rex in nostra septimus urbe fuit! Arserat hoc templum: signo tamen ille pepercit   ignis; opem nato Mulciber ipse tulit. Namque pater Tulli Volcanus, Ocresia mater   praesignis facie Corniculana fuit. Hanc secum Tanaquil sacris de more peractis   iussit in ornatum fundere vina focum: hinc inter cineres obsceni forma virilis   aut fuit aut visa est, sed fuit illa magis. Iussa foco captiva sedet: conceptus ab illa   Servius a caelo semina gentis habet. Signa dedit genitor tunc, cum caput igne corusco   contigit, inque comis flammeus arsit apex. Te quoque magnifica, Concordia, dedicat aede   Livia, quam caro praestitit ipsa viro.

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Danach wagte sie es doch, den Tempel, Bauwerk ihres Vaters, zu betreten: Sonderbares freilich, aber doch Geschehenes werde ich besprechen. Es gab da eine Statue, die auf einem Thron saß, darüber der Geist des Tullius; sie soll die Hand vor die Augen gelegt haben175 und eine Stimme konnte vernommen werden: „Hüllt mein Antlitz ein, auf dass es das ruchlose Gesicht meiner Tochter nicht sehe!“ Ein Gewand wurde gereicht und damit wird sie bedeckt; Fortuna verbietet, es wegzunehmen, und sprach selbst aus ihrem Tempel heraus folgendermaßen: „Dieser Tag, an dem Servius zum ersten Mal nach Enthüllung seines Antlitz’ den Blicken ausgesetzt sein wird, wird der erste Tag für das Schwinden des Schamgefühles sein!“ Hütet euch, Matronen, das Gewand trotz Verbot zu berühren: Genug ist’s, mit feierlicher Stimme Gebete vorzutragen, und er soll an seinem Haupte stets mit dem römischen Gewand bedeckt sein, der in unserer Stadt der siebte König176 war! Es hatte dieser Tempel in Flammen gestanden:177 Die Statue jedoch verschonte jenes Feuer; Hilfe brachte seinem Sohne Mulciber178 selbst. Denn der Vater des Tullius war Volcanus, die Mutter Ocresia179, eine besonders hübsche Frau aus Corniculum180 . Ihr befahl Tanaquil181, nachdem die heiligen Riten dem Brauch entsprechend vollzogen waren, zusammen mit ihr Wein auf den geschmückten Herd zu gießen: Dann gab es entweder unter der Asche die Gestalt eines männlichen Gliedes oder schien , aber eher war jene . Wie befohlen sitzt die Gefangene auf dem Herde: empfangen wurde von jener Servius und trägt vom Himmel her die Samen seiner Sippe. Zeichen gab dann der Erzeuger, indem er das Haupt mit schimmerndem Feuer berührte, und in den Haaren loderte eine Flammenspitze. Auch dich, Concordia, ehrt mit einem großartigen Tempel182 Livia, dich, Concordia, die sie selbst ihrem lieben Ehemann bewiesen hat.

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Disce tamen, veniens aetas: ubi Livia nunc est   porticus, immensae tecta fuere domus; urbis opus domus una fuit spatiumque tenebat,   quo brevius muris oppida multa tenent. Haec aequata solo est, nullo sub crimine regni,   sed quia luxuria visa nocere sua. Sustinuit tantas operum subvertere moles   totque suas heres perdere Caesar opes. Sic agitur censura et sic exempla parantur,   cum iudex, alios quod monet, ipse facit.

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C N et D EID N vel NP Nulla nota est veniente die, quam dicere possis;   Idibus Invicto sunt data templa Iovi. Et iam Quinquatrus iubeor narrare minores.   Nunc ades o coeptis, flava Minerva, meis! “Cur vagus incedit tota tibicen in Urbe?   Quid sibi personae, quid stola longa volunt?” Sic ego. Sic posita Tritonia cuspide dixit   (possim utinam doctae verba referre deae): “Temporibus veterum tibicinis usus avorum   magnus et in magno semper honore fuit: cantabat fanis, cantabat tibia ludis,   cantabat maestis tibia funeribus; dulcis erat mercede labor. Tempusque secutum,   quod subito Graiae frangeret artis opus. Adde, quod aedilis, pompam qui funeris irent,   artifices solos iusserat esse decem! Exilio mutant Urbem Tiburque recedunt.   Exilium quodam tempore Tibur erat!

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Lerne jedoch, nahende Zeit: Wo sich nunmehr die Porticus 640 der Livia befindet, gab es die Dächer eines riesigen Hauses. Dem Ausmaß einer Stadt entsprach ein einziges Haus und hielt einen Raum besetzt, zu dem im Vergleich viele Landstädte mit ihren Häusern einen geringeren Raum besetzt halten. Es wurde dem Erdboden gleichgemacht, ohne dass es irgendeinen Vorwurf Königsherrschaft gab, sondern weil es aufgrund seiner Üppigkeit Schaden zu bringen schien. 645 Caesar183 brachte es als Erbe übers Herz, so große Baumassen zu zerstören und so viel eigenen Reichtum zu vernichten. So wird die Zensur betrieben und so werden Beispiele gegeben, wenn der Richter selbst das macht, wozu er andere ermahnt. 12. und 13. Juni Kein Kalenderzeichen gibt es am kommenden Tag, das du ansprechen könntest; 650 an den Iden wurde dem Iuppiter Invictus184 ein Tempel geweiht. Und schon erzähle ich auf Geheiß von den kleinen Quinquatren185. Nun sei meinen Bemühungen gewogen, o blonde Minerva! „Weshalb strolcht der Flötenspieler ziellos in der ganzen Stadt umher? Was bedeuten die Masken, was das lange Gewand?“ 655 So ich. So sprach Tritonia186, nachdem sie die Lanze abgelegt hatte (hoffentlich kann ich die Worte der gelehrten Göttin wiedergeben): „Zu den Zeiten unserer Urahnen gab es reichlich Verwendung für den Flötenspieler und er stand immer in großen Ehren:187 Es spielte die Flöte in Tempeln, sie spielte bei Spielen; 660 es spielte die Flöte bei trauervollen Leichenumzügen; süß war die Mühe durch den Lohn. Und es folgte eine Zeit, die unerwartet die Beschäftigung mit der griechischen Kunst zunichtemachte. Füge hinzu, dass es auf Befehl eines Aedils nur zehn Künstler gebe, die an einem Leichenzug teilnehmen sollten.188 665 Gegen ein Exil tauschen sie die Stadt ein189 und ziehen sich nach Tibur190 zurück. Ein Exil war Tibur zu einer bestimmten Zeit!191

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Quaeritur in scaena cava tibia, quaeritur aris;   ducit supremos nenia nulla toros. Servierat quidam, quantolibet ordine dignus,   Tibure, sed longo tempore liber erat. Rure dapes parat ille suo turbamque canoram   convocat: ad festas convenit illa dapes. Nox erat et vinis oculique animique natabant,   cum praecomposito nuntius ore venit atque ita ‘quid cessas convivia solvere?’, dixit.   ‘Auctor vindictae nam venit ecce tuae!’ Nec mora, convivae valido titubantia vino   membra movent; dubii stantque labantque pedes. At dominus ‘discedite!’, ait plaustroque morantes   sustulit; in plaustro scirpea lata fuit. Adliciunt somnos tempus motusque merumque   potaque se Tibur turba redire putat. Iamque per Esquilias Romanam intraverat urbem   et mane in medio plaustra fuere foro. Claudius, ut posset specie numeroque senatum   fallere, personis imperat ora tegi admiscetque alios et, ut hunc tibicina coetum   augeat, in longis vestibus esse iubet; sic reduces bene posse tegi, ne forte notentur   contra collegae iussa redisse sui. Res placuit cultuque novo licet Idibus uti   et canere ad veteres verba iocosa modos.” Haec ubi perdocuit, “superest mihi discere”, dixi,   “cur sit Quinquatrus illa vocata dies.” “Martius”, inquit, “agit tali mea nomine festa   estque sub inventis haec quoque turba meis.

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Es wird auf der Bühne die hohle Flöte vermisst, sie wird bei Altären vermisst; es führt kein Klagegesang die letzten Bahren an. Ein Sklave war gewesen ein bestimmter Mann in Tibur, würdig jedes beliebigen Standes, 670 aber er war einen langen Zeitraum frei. Auf seinem Landsitz bereitet jener ein Bankett zu und ruft die spielende Schar zusammen: zu dem feierlichen Bankett kommt jene zusammen. Es war Nacht und vor Weingenuss schwammen Augen und Herzen, als ein Bote mit vorher einstudierter Miene kommt 675 und folgendermaßen rief: ‚Was zögerst du das Gastmahl aufzulösen? Siehe da, es kommt nämlich der Urheber deiner Freilassung!‘ Und es gibt keine Verzögerung, die Gäste bewegen ihre vom schweren Wein schwankenden Glieder; unsicher stehen und wanken die Füße. Der Hausherr rief jedoch: ‚Hinfort mit euch!‘, und hob die Zögernden auf einen Wagen; 680 auf dem Wagen gab es einen großen Aufbau aus Binsen. Es locken den Schlaf an die Zeit und die Bewegungen und der reine Wein, und die betrunkene Schar glaubt, sie kehre zurück nach Tibur. Und schon hatte sie die römische Stadt durch die Gebiete um den Esquilin herum betreten und der Wagen stand früh am Morgen mitten auf dem Forum. 685 Claudius192 befiehlt, ihre Gesichter mit Masken zu bedecken, damit sie den Senat durch Aussehen und Anzahl hinters Licht führen könne, und mischt andere darunter und gebietet, lange Kleider zu tragen, damit Flötenspielerinnen diese Versammlung vermehrten; , dass auf diese Weise die Zurückgekehrten gut verborgen werden könnten, damit nicht zufällig bemerkt werde, 690 dass sie gegen die Anordnungen seines Kollegen zurückgekehrt seien. Der Plan fand Beifall und es ist erlaubt, an den Iden die ungewöhnliche Tracht zu tragen und zu alten Weisen scherzhafte Texte zu singen.“ Sobald sie mich ausführlich belehrt hatte, sprach ich: „Es bleibt mir noch zu lernen übrig, weshalb jener Tag mit ‚Quinquatrus‘ benannt ist.“ 695 Sie sprach: „Der März begeht meine Feierlichkeiten unter einem solchen Namen193 und zu meinen Erfindungen gehört auch diese Schar.

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Prima terebrato per rara foramina buxo,   ut daret, effeci, tibia longa sonos. Vox placuit: faciem liquidis referentibus undis   vidi virgineas intumuisse genas. ‘Ars mihi non tanti est; valeas, mea tibia!’, dixi.   Excipit abiectam caespite ripa suo. Inventam satyrus primum miratur et usum   nescit et inflatam sentit habere sonum; et modo dimittit digitis, modo concipit auras   iamque inter nymphas arte superbus erat: provocat et Phoebum. Phoebo superante pependit:   caesa recesserunt a cute membra sua. Sum tamen inventrix auctorque ego carminis huius:   hoc est, cur nostros ars colat ista dies.”

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F Q ST D F et G C et H C Tertia nox veniet, qua tu, Dodoni Thyone,   stabis Agenorei fronte videnda bovis. Haec est illa dies, qua tu purgamina Vestae,   Thybri, per Etruscas in mare mittis aquas. Siqua fides ventis, Zephyro date carbasa, nautae,   cras veniet vestris ille secundus aquis! At pater Heliadum radios ubi tinxerit undis   et cinget geminos stella serena polos, tollet humo validos proles Hyriea lacertos;   continua Delphin nocte videndus erit.

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SECHSTES BUCH

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Ich habe als Erste Buchsbaumholz mit wenigen Löchern durchbohrt und so erreicht, dass eine lange Flöte Töne von sich gab.194 Der Ton bereitete Freude: als die klaren Wasser mein Gesicht widerspiegelten, 700 sah ich, dass sich meine jungen Wangen aufgebläht hatten. ‚Die Kunst ist mir nicht so viel wert; leb’ wohl, meine Flöte!’, sprach ich. Es empfängt sie nach dem Wegwerfen mit seinem Gras das Ufer. Ein Satyr195 bestaunt sie zunächst , als er sie fand, kennt ihre Verwendung nicht und bemerkt, dass sie, wenn man hineinbläst, einen Ton von sich gibt; 705 und bald entlässt er mit seinen Fingern die Lüfte, bald sammelt er sie und schon war er unter den Nymphen hochmütig wegen seiner Kunst: Er fordert auch Phoebus196 heraus. Phoebus siegte und er ist aufgehängt: Und seine geschändeten Glieder wurden von der Haut getrennt. Ich jedoch bin die Erfinderin und Urheberin dieser Flötenmusik: 710 Das ist der Grund, weshalb diese Kunst unseren Tagen die Ehre erweist.“ 15. Juni und 16. Juni und 17. Juni Die dritte Nacht wird kommen, in der du, dodonische197 Thyone198, an der Stirn des Stieres199 des Agenor200 sichtbar stehen wirst. Dies ist jener Tag, an dem du, Thybris201, den Kehricht Vesta durch deine etruscischen Wasser ins Meer ergießt.202 715 Wenn es irgendein Vertrauen in die Winde gibt, setzt dem Zephyrus203 eure Segel, Seeleute, morgen wird jener für eure Gewässer günstig daherkommen! Sobald aber der Vater der Heliaden204 seine Strahlen mit den Wogen benetzt hat und heitere Sterne die Zwillingspole umgürten werden, wird der Sohn205 des Hyrieus206 seine starken Arme aus der Erde heben; 720 in der sich anschließenden Nacht wird der Delfin zu sehen sein.

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LIBER SEXTVS

Scilicet hic olim Volscos Aequosque fugatos   viderat in campis, Algida terra, tuis; unde suburbano clarus, Tuberte, triumpho   vectus es in niveis postmodo victor equis. BC Iam sex et totidem luces de mense supersunt,   huic unum numero tu tamen adde diem! Sol abit a Geminis et Cancri signa rubescunt:   coepit Aventina Pallas in arce coli.

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CC Iam tua, Laomedon, oritur nurus ortaque noctem   pellit et e pratis uda pruina fugit: reddita, quisquis is est, Summano templa feruntur,   tum, cum Romanis, Pyrrhe, timendus eras. Hanc quoque cum patriis Galatea receperit undis   plenaque securae terra quietis erit, surgit humo iuvenis telis adflatus avitis   et gemino nexas porrigit angue manus. Notus amor Phaedrae, nota est iniuria Thesei:   devovit natum credulus ille suum. Non impune pius iuvenis Troezena petebat:   dividit obstantes pectore taurus aquas. Solliciti terrentur equi frustraque retenti   per scopulos dominum duraque saxa trahunt.

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Freilich hatte er einst auf deinen Feldern, Land am Algidus207, gesehen, wie die Volsker208 und Aequer209 in die Flucht geschlagen worden waren; von dort bist du, Tubertus210, berühmt durch deinen Triumph über die Nachbarstämme, danach als Sieger auf schneeweißen Pferden einhergeritten. 19. Juni 725 Schon sind die sechs und so viele Tage vom Monat übrig, zu dieser Zahl nimm du aber noch einen einzigen hinzu! Die Sonne verlässt die Zwillinge und des Krebses Sternbild färbt sich rot: man begann die Pallas211 auf der aventinischen Burg zu verehren.212 20. Juni Schon erhebt sich deine Schwiegertochter213, Laomedon214, 730 und nach ihrem Aufgang vertreibt sie die Nacht und von den Wiesen flieht der feuchte Tau: Gewährt worden sein soll ein Tempel dem Summanus215, wer auch immer er sein mag, damals als du, Pyrrhus216, von den Römern gefürchtet werden musstest. Sobald auch ihn Galatea217 mit väterlichen Wogen aufgenommen hat und die Erde voller sorgloser Ruhe sein wird, 735 erhebt sich aus der Erde der junge Mann218, der von großväterlichen Blitzen versengt wurde, und streckt seine Hände aus, die von Zwillingsschlangen umschlungen sind. Bekannt ist die Liebe der Phaedra219, bekannt ist das Unrecht des Theseus: Es verfluchte jener leichtgläubig seinen eigenen Sohn220. Nicht ungestraft eilte der pflichtbewusste junge Mann nach Troezen221: 740 Es teilt mit seiner Brust ein Stier die entgegenflutenden Wassermassen. Die aufgescheuchten Pferde werden erschreckt und nach dem vergeblichen Versuch, sie zurückzuhalten, schleifen sie ihren Herren über Felsstücke und harte Gesteinsbrocken.

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LIBER SEXTVS

Exciderat curru lorisque morantibus artus   Hippolytus lacero corpore raptus erat reddideratque animam multum indignante Diana.   “Nulla” Coronides “causa doloris”, ait, “namque pio iuveni vitam sine volnere reddam   et cedent arti tristia fata meae!” Gramina continuo loculis depromit eburnis:   profuerant Glauci manibus illa prius, tum, cum observatas augur descendit in herbas   usus et auxilio est anguis ab angue dato. Pectora ter tetigit, ter verba salubria dixit:   depositum terra sustulit ille caput. Lucus eum nemorisque sui Dictynna recessu   celat: Aricino Virbius ille lacu. At Clymenus Clothoque dolent, haec fila teneri,   hic fieri regni iura minora sui. Iuppiter exemplum veritus derexit in ipsum   fulmina, qui nimiae moverat artis opem. Phoebe, querebaris: deus est, placare parenti!   Propter te, fieri quod vetat, ipse facit.

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DC Non ego te, quamvis properabis vincere, Caesar,   si vetet auspicium, signa movere velim! Sint tibi Flaminius Trasimenaque litora testes   per volucres aequos multa monere deos! Tempora si veteris quaeris temeraria damni,   quintus ab extremo mense bis ille dies.

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Hippolytus war aus dem Wagen gefallen und, weil die Zügel seine Glieder behinderten, war er mit zerrissenem Körper fortgerissen worden und hatte sein Leben ausgehaucht, weshalb Diana222 in hohem Maße entrüstet war. „Es gibt keinen Anlass zum Kummer“, sprach der Coronide223, „denn ich werde dem frommen jungen Mann ein Leben ohne Wunden zurückgeben und weichen wird das traurige Schicksal meiner Kunst!“ Kräuter holt er unverzüglich aus Elfenbeinkästchen hervor: Es hatten jene vorher der Seele des Glaucus224 genützt zu dem Zeitpunkt, als der Augur zu den Kräutern, auf die er aufmerksam geworden war, hinabstieg, und die Schlange sich der Hilfe bediente, die ihr von einer Schlange gegeben worden war. Die Brust berührte er dreimal, dreimal sprach er heilbringende Worte: Das darniederliegende Haupt hob jener von der Erde. Der Wald und Diktynna225 in der Abgeschiedenheit ihres Hains verbergen ihn: am See von Aricia226 lebt jener als Virbius227. Jedoch empfinden Clymenus228 und Clotho229 Schmerz, sie, dass die Fäden aufgehalten werden, er, dass die Rechte seines Reiches geringer werden. Iuppiter lenkte aus Furcht vor dem Präzedenzfall seine Blitze gegen ihn selbst, der die Hilfe einer allzu gewaltigen Kunst herbeigeholt hatte. Phoebus230, du klagtest: Ein Gott ist er , versöhne dich mit deinem Vater! Deinetwegen tut er selbst, was er anderen zu tun verbietet.231 21. Juni

Ich möchte nicht, dass du, Caesar232, wie sehr du auch zu siegen eilst, zum Kampfe ausrückst, wenn das Vorzeichen es verbieten sollte! 765 Es mögen dir Flaminius233 und die Ufer des Trasimener Sees Zeugen sein, dass durch die Vögel gerechte Götter viele Warnungen erteilen! Wenn du nach den leichtsinnsgeprägten Zeiten des alten Verlustes fragst, jener ist der zweimal fünfte Tag vom Monatsende her 234.

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LIBER SEXTVS

EC Postera lux melior: superat Masinissa Syphacem   et cecidit telis Hasdrubal ipse suis.

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G C et H C et A C Tempora labuntur tacitisque senescimus annis   et fugiunt freno non remorante dies. Quam cito venerunt Fortunae Fortis honores!   Post septem luces Iunius actus erit. Ite, deam laeti Fortem celebrate, Quirites!   In Tiberis ripa munera regis habet. Pars pede, pars etiam celeri decurrite cumba   nec pudeat potos inde redire domum! Ferte, coronatae, iuvenum convivia, lintres,   multaque per medias vina bibantur aquas! Plebs colit hanc, quia qui posuit, de plebe fuisse   fertur et ex humili sceptra tulisse loco. Convenit et servis, serva quia Tullius ortus   constituit dubiae templa propinqua deae. Ecce suburbana rediens male sobrius aede   ad stellas aliquis talia verba iacit: “Zona latet tua nunc et cras fortasse latebit:   dehinc erit, Orion, aspicienda mihi.” At, si non esset potus, dixisset eadem   venturum tempus solstitiale die. BC Lucifero subeunte Lares delubra tulerunt   hic, ubi fit docta multa corona manu. Tempus idem Stator aedis habet, quam Romulus olim   ante Palatini condidit ora iugi.

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22. Juni Der nächste Tag ist besser: es besiegt Masinissa235 Syphax236 770 und es fiel durch seine eigenen Waffen Hasdrubal237 selbst. 24. Juni238 und 25. Juni und 26. Juni239 Die Zeiten gleiten hinfort, wir altern in schweigenden Jahren und es fliehen die Tage, während kein Zügel sie aufhält. Wie geschwind kam der Ehrentag der Fors Fortuna240 herbei! Nach sieben Tagen wird der Juni beendet sein. 775 Geht hin, feiert fröhlich die Göttin Fors, Quiriten! Am Ufer des Tiber hat sie das Geschenk des Königs. Zum Teil eilt zu Fuß, zum Teil auch auf einem schnellen Kahn herab, und es soll nicht Scham erregen, betrunken von dort nach Hause zurückzukehren! Tragt, ihr bekränzten Boote, die Gesellschaften junger Leute, 780 und viel Wein soll mitten auf dem Wasser getrunken werden! Die Volksmasse verehrt sie, weil der, der errichtet hat, aus dem Volk gestammt und aus niedrigem Stand das Szepter erhalten haben soll. Es passt auch zu Sklaven, weil Tullius von einer Sklavin abstammte241 und die benachbarte Tempelanlage der unzuverlässigen Göttin errichtete. 785 Siehe da, irgendeiner kehrt gar nicht nüchtern vom Vorstadt-Tempel zurück und schmettert zu den Sternen derartige Worte: „Dein Gürtel liegt jetzt verborgen da und wird vielleicht morgen verborgen da liegen: Danach wird er, Orion, für mich sichtbar sein.“ Wenn er nicht getrunken hätte, hätte er jedoch gesagt, 790 die Zeit der Sonnenwende242 würde an demselben Tag kommen. 27. Juni Am nachfolgenden Tag erhielten die Laren243 ein Heiligtum, dort, wo von geübter Hand viele Kränze hergestellt werden. Dieselbe Zeit des Tempelbaus hat Stator244, den Romulus ehedem vor dem Zugang zur palatinischen Kuppe errichtete.

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LIBER SEXTVS

DF Tot restant de mense dies, quot nomina Parcis,   cum data sunt trabeae templa, Quirine, tuae.

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EC Tempus Iuleis cras est natale Kalendis:   “Pierides, coeptis addite summa meis! Dicite, Pierides, quis vos addixerit isti,   cui dedit invitas victa noverca manus!” Sic ego. Sic Clio: “Clari monimenta Philippi   aspicis, unde trahit Marcia casta genus, Marcia, – sacrifico deductum nomen ab Anco –   in qua par facies nobilitate sua. Par animo quoque forma suo respondet; in illa   et genus et facies ingeniumque simul. Nec, quod laudamus formam, tu turpe putaris!   Laudamus magnas hac quoque parte deas. Nupta fuit quondam matertera Caesaris illi:   o decus, o sacra femina digna domo!” Sic cecinit Clio, doctae adsensere sorores;   adnuit Alcides increpuitque lyram.

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29. Juni 795 Es sind so viele Tage vom Monat übrig, wie es Namen für die Parzen245 gibt, als deinem Königsgewand, Quirinus246, ein Tempel gestiftet wurde. 30. Juni Die Kalenden des Juli haben morgen Geburtstag: „Pieriden247, fügt meinem begonnenen die letzten Teile hinzu! Sprecht, Pieriden, wer hat euch ihm248 zuerkannt, 800 dem die bezwungene Stiefmutter249 ungern die Hände reichte!“ So ich. So Clio250: „Des berühmten Philippus251 Bauwerk schaust du, woher die keusche Marcia252 ihre Abstammung herleitet, Marcia, – der Name ist abgeleitet vom Opfer stiftenden Ancus253 – bei der das Aussehen ihrem Adel entspricht. 805 Auch ihrem Gemüte entspricht die Schönheit und stimmt damit überein; bei jener finden sich Abstammung, Aussehen und Intelligenz gleichermaßen. Und halte die Tatsache, dass wir die Schönheit loben, nicht für verwerflich! Wir loben große Göttinnen auch in dieser Hinsicht. Verheiratet mit jenem254 war ehedem eine Tante Caesars255: 810 O Zierde, o Frau, würdig für das heilige Haus!“ So sang Clio, die gebildeten Schwestern stimmten zu; es nickte der Alcide256 zu und ließ die Leier erklingen.

Anmerkungen zum sechsten Buch 1.

Ähnlich wie in Buch fünf zur Etymologie des Mai bietet Ovid hier unterschiedliche Erklärungsansätze, überlässt die Deutung aber dem geneigten Leser. Entweder sei der Monat nach Iuno (fast. 6.21–64) bezeichnet, oder von iuniores (analog zu den maiores im Mai; fast. 6.65–88) bzw. von iungere/iunctum (fast. 6.91–96) abgeleitet. Während im fünften Buch die Musen Polyhymnia, Urania und Kalliope sich für die eine oder andere Etymologie aussprechen, finden sich im abschließenden Buch der Fasti die Göttinnen Iuno, Hebe und Concordia. 2. Der Dichter wird nicht nur von Musen beflügelt, sondern steht auch in einem ganz besonderen Verhältnis zu einer Gottheit; vgl. z. B. Pl. Phdr. 245A, Ov. Pont. 3.4.93f., 4.2.25f., ars 3.548–550. 3. I. e. Hesiod von Askra (um 700 v. Chr.), der beim Weiden seiner Schafe am Musenberg Helikon eine Epiphanie der Musen hatte. Durch deren Aufforderung sei er ein Lehrdichter geworden (s. Hes. Th. 22–35). 4. Mit dem Patronymikon ist Paris, der Sohn des trojanischen Königs Priamos, gemeint, der am Ida-Gebirge (s. dazu fast. 4.79 m. Anm.) die Entscheidung über die Schönheit der Göttinnen Hera, Athena und Aphrodite fällen sollte (s. dazu auch fast. 4.121f. m. Anm., fast. 6. 44, epist. 16.53–88). 5. Iuno, Schwester und Gattin des Iuppiter (s. auch Hom. Il. 4.59–61, Verg. Aen. 1.46f., 10.607, Ov. epist. 4.35), bildet zusammen mit ihm und Minerva die kapitolinische Trias, deren Tempel auf dem Capitol stand (D.H. 4.61.3f.). 6. Ovid habe sich angeschickt, gewichtige Themen (magna), die eigentlich im gravis numerus (i. e. dem daktylischen Hexameter) behandelt werden, mit einem bescheidenen Versmaß (i. e. dem Elegischen Distichon) zu besingen, so das anerkennende Urteil Iunos; s. zur Thematik auch fast. 2.3–8. 7. So in der Tradition Homers (Il. 4.59). 8. Zu Saturn (= Kronos) und seinem Einfluss auf Latium s. fast. 1.233–240 und 1.193 m. Anm. 9. I. e. Iuppiter; s. Anm. zu fast. 2.69. 10. Das saxum Tarpeium als Teil des Capitols steht hier als Pars pro toto für den gesamten Capitolsbereich; zum Tarpeiischen Felsen und der Namensgebung vgl. Anm. zu 1.79 sowie zu 1.261. 11. Gemeint ist Maia, Tochter des Atlas und der Pleione, die dem Zeus Hermes gebar. Zu ihrem Verhältnis zu Zeus s. fast. 5.81–106. 12. „Regina“ ist ein Beiname der Iuno, der ihr die erste Stellung unter den Göttinnen zuweist. In Rom gab es vier Tempel der Iuno Regina, u. a. in

Anmerkungen zum sechsten Buch

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15. 16. 17.

18. 19. 20.

21. 22. 23. 24. 25.

227

der linken der drei heiligen Cellae in dem großen Tempel der kapitolinischen Trias auf dem Capitol (Cic. Scaur. 47, dom. 144, Verr. 6.184; vgl. auch Coarelli, Rom 48). Gemeint ist Iuno Lucina als Geburtsgöttin; s. auch fast. 2.449–452 m. Anm. zu 2.450, fast. 3.255. Erste Ursache des Zorns ist der Ehebruch, den Zeus mit Elektra begeht. Der gemeinsame Sohn Dardanos begründet das trojanische Königshaus; zu Elektra selbst s. fast. 4.31, 4.177 m. Anmerkungen; zu Dardanos s. Anm. zu 4.31. I. e. der „Mundschenk“ der Götter, der von Zeus wegen seiner Schönheit aus Troja zum Olymp entführt wurde (s. fast. 2.145); homoerotisch gedeutet wird deren Beziehung seit Pi. O. 1.43–45, 10.105. Gemeint ist der Trojaner Paris, der Schiedsrichter im berühmten Schönheitswettbewerb; s. dazu auch Anm. zu 4.121f. Hera/Iuno begegnet aus unterschiedlichen Gründen allem Trojanischen mit Hass: z. B. Dardanos (V. 42), Ganymed (V. 43), Paris (V. 44), Aeneas (V. 45). Als Entsprechung der karthagischen Göttin Tinnit trifft es sie besonders hart, dass Dido aufgrund von Aeneas’ Untreue Selbstmord begeht. Am schlimmsten jedoch ist die Rolle, die Aeneas’ Nachfahren bei der endgültigen Zerstörung der Stadt im dritten Punischen Krieg spielen – eine Entwicklung, die selbst die Göttin Iuno nicht aufhalten kann. Argos, Mykene und Sparta seien Heras Lieblingsstädte (Hom. Il. 4.51f.), am bedeutendsten war allerdings der Hera-Kult auf Samos (vgl. Hdt. 3.60.4, Str. 14.1.14). Der Sabiner Tatius (s. Anm. zu 1.260) soll Iuno Curitis in Rom eingeführt haben (D.H. 2.50.3, Fest. s.v. curiales mensae 56L). 293 v. Chr. wurden die Falisker besiegt, nach ihrem Aufstand 241 v. Chr. wurde ihre Hauptstadt Falerii mit Ausnahme des Iuno-Heiligtums zerstört (CIL 1.1 p. 47, D.H. 1.21). Zu den Faliskern s. Anm. zu 1.84. Zum Iuno-Kult dort vgl. Tert. apolog. 24.8. Namensvariante des Mars; s. Anm. zu 3.171. I. e. Romulus, Sohn des Mars und somit Enkel von Iuno und Iuppiter. In diesem „Städtekatalog“ gibt es eine gewisse Reminiszenz an die Aufzählung der Orte, die auch für Mars einen Monat in ihrem Kalender reservieren; vgl. dazu fast. 3.85–98. S. Anm. zu fast. 3.91. Nach L. Cincius habe man auch in Aricia einen Monat Iunonius gehabt (bei Macr. sat. 1.12.30). Laurentum war die ursprüngliche Hauptstadt der Laurenter; s. dazu Anm. zu fast. 2.679.

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26. Lanuvium oder auch Lavinium war eine Neugründung von Aeneas und löste Laurentum als Hauptstadt ab. Dort besaß Iuno Sispes bzw. Sospes ein besonderes Heiligtum. 27. S. Anm. zu fast. 4.72. 28. Stadt in Latium östlich von Rom (heute: Palestrina), die der Iuno einen Monat gewidmet habe (Cincius bei Macr. Sat. 1.12.30). 29. Herakles’ himmlische Frau ist Hebe (= Iuventus) (Pi. N. 1.69–72), Tochter von Zeus und Hera (Hom. Od. 11.601–604, Hes. Th. 950–955, Apollod. 2.160). Als Göttin der Jugend-/ kraft spricht sie sich für eine Ableitung des Monatsnamens von den iuniores aus. 30. Zu Cacus, Sohn des Volcanus, s. Anm. zu fast. 1.550 sowie 1.554 m. Anm.; zur Cacus-Episode s. fast. 1.543–584. 31. Vgl. hierzu auch Macrobius (Sat. 1.12.16). Zur Argumentation s. auch Urania in fast. 5.57–78. 32. Zur Verbindung von Apoll mit Lorbeer vgl. Anm. zu fast. 3.139. 33. Gemeint ist einerseits die personifizierte Göttin der Eintracht (s. fast. 6.637f.), andererseits auch die von Augustus gestiftete Eintracht im Volk. Zu den Manifestationen der angeblichen gesellschaftlichen Eintracht und des Friedens s. Anm. zu fast. 1.639, fast. 3.882. 34. S. Anm. zu 1.260. 35. Analog ist der Anachronismus in fast. 1.37; die Apotheose findet in fast. 2.481–512 statt. 36. Der Verbindung der beiden Volksstämme ging der sog. Raub der Sabinerinnen voraus (fast. 3.179–204) und der Plan der weisen und kriegsmüden Ehefrauen (fast. 3.205–234). 37. Mit der Metonymie ist Troja (s. Anm. zu fast. 1.525) gemeint, das sich in relativer Nähe zum bekannten Pergamon befand, wo der berühmte Pergamon-Altar stand (s. Anm. zu fast. 4.272). 38. Durch die tragische Entscheidungssituation setzte Paris als Schiedsrichter (s. dazu fast. 4.121f. m. Anm., 6.15f., 6.44) den Trojanischen Krieg und damit auch den Untergang Trojas ins Werk. 39. Carna ist eine römische Göttin, deren Wesen und Ursprung im Dunklen liegen. Die Herleitung von cardo („Türangel“) ist wohl nicht haltbar. Wie Ovid im Folgenden zu entnehmen ist, oblag ihr der Schutz der inneren Organe sowie der Schutz vor den Kinder tötenden striges (s. fast. 6.131– 168). Iunius Brutus soll ihr nach der Vertreibung des Tarquinius Superbus einen Tempel auf dem mons Caelius gelobt haben (Macr. Sat. 1.12.31). 40. S. Anm. zu 2.67. 41. Hier steht König Tiberinus metonymisch für den Fluss, in dem er ertrunken und der nach ihm benannt worden sein soll (s. fast. 2.389f. m. Anm., 4.47f.).

Anmerkungen zum sechsten Buch

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42. Zu ihr ist anderweitig nichts bekannt. 43. I. e. Diana. 44. Zu Ianus s. Anm. zu 1.43, zu seiner Zweigestalt 1.133–144, entsprechend die Epitheta, z. B. in 1.65f., 1.89–92, 95f. u. ö. 45. Weißdorn ist als apotropäisches Mittel in der griechisch-römischen Antike allenthalben verbreitet (Varro bei Char. gramm. 1.144.10 p. 183B, Non. s. v. faxs [sic!] 161L, Diosc. m.m. 3.12) und schützt, an die Tür gebunden, den gesamten Haushalt, besonders aber Neugeborene vor den sog. striges (s. u.). 46. Gemeint sind die striges, Vampir-Vögel, die vor allem Neugeborene angreifen, sie verstümmeln und ihr Blut trinken (s. Petr. 63.4–8). Festus (s. v. strigae 414L) sieht die Bezeichnung etymologisch mit στρίγξ in Verbindung stehen, im Lateinischen ist es stridere („kreischen“). Ob diese Kreaturen bereits als Vögel in die Welt kamen oder durch Zaubersprüche in solche verwandelt wurden (Petr. 63.4–8, Apul. met. 3.21.4–6: Hexe in einen Uhu verwandelt), war in der Antike umstritten. 47. Der blinde thrakische König Phineus, ein Sohn des Agenor, erfuhr göttliche Strafe dadurch, dass die zweigestaltigen Harpyien, halb Mädchen, halb Vögel, ihm einen Teil seiner Speisen raubten, den anderen verkoteten, sodass er ungenießbar war (A.R. 2.178–193, Apollod. 1.120–122). 48. Die im mittelitalienischen Appennin heimischen Marser bedienten sich vielfach der Heilkräuter und erhielten somit den Ruf, besonders begabt auf dem Gebiet der Heilkunst, aber auch in der Magie zu sein. S. auch Ov. medic. 39, Verg. Aen. 7.757f., Plin. nat. 7.15, 21.78, 25.11, 86, 28.19, 30. 49. I. e. der spätere König Proca; s. fast. 4.51–56 m. Anm. zu 4.52. 50. I. e. Aventinus; vgl. Anm. zu fast. 4.51. 51. Nach diesem Ritus, der Carna an den Kalenden des Juni Speck (laridum) und Bohnenbrei (puls fabata) zu opfern, ist der Tag im Volksmund auch Kalendae fabariae (Macr. Sat. 1.12.31–33, CIL 1.1 p. 319) genannt worden; s. auch Varro bei Nonius Marcellus s. v. mactare 539 L. 52. Im Folgenden wird die topisch gewordene Bedürfnislosigkeit der frühen Zeit der Genusssucht und Dekadenz der späten Republik und frühen Kaiserzeit gegenübergestellt. Es werden hier besondere Delikatessen wie Fische bzw. Austern (VV. 173f.), Haselhuhn (V. 175), Kraniche (V. 176) und Pfauen (V. 177) aufgezählt, deren es in der guten alten Zeit nicht bedurfte. 53. Ovid spielt hier auf den Mythos an, nach dem Pygmäen, ein Volk von sehr kleinen Menschen in Ostafrika, und Kraniche verfeindet seien. S. Hom. Il. 3.3–7, Ov. met. 6.90–92, Hecat. FGrH. 1 F 328ab, Plin. nat. 7.26. 54. Laut der Inschrift aus den Fasti Venusini (InscrIt 13.2, p. 58) ist der 1. Juni der Stiftungstag des 344 v. Chr. eingeweihten Tempels für Iuno Mo-

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55. 56.

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neta (Liv. 7.28.5f.), den L. Furius Camillus 345 v. Chr. auf der Arx gelobt hatte (Liv. 7.28.4); vgl. auch fast. 1.638 m. Anm., Coarelli, Rom 48. I. e. L. Furius Camillus, Consul der Jahre 338 und 325 v. Chr., der in seiner Dictatur 345 v. Chr. Iuno Moneta einen Tempel gelobte. Gemeint ist M. Manlius, der 390 oder 387 v. Chr., gewarnt durch das Schnattern der heiligen Gänse, in herausragender Weise das Capitol gegen die belagernden Gallier verteidigen konnte und daher das Cognomen „Capitolinus“ erhielt (Liv. 5.47.1–5, Verg. Aen. 8.652–662, Plu. Cam. 27.2– 5). In den Ständekämpfen ist ihm dann jedoch unterstellt worden, nach der Alleinherrschaft zu streben, sodass er zur Strafe vom Tarpeischen Felsen gestürzt und sein Haus auf dem Capitol niedergerissen wurde (Cic. dom. 101, Liv. 6.20.12f., 7.28.5, Val. Max. 6.3.1a, Plu. Cam. 36.8f.). Gemeint ist der Mars-Tempel an der Porta Capena auf der Via Appia (App. BC 3.168, Serv. Aen. 1.292, CIL 6.10234.3). Der Tempel wurde 387 v. Chr. durch T. Quinctius (Liv. 6.5.8) am 1. Juni (NSA 18, 1921, 97) eingeweiht. Zur Porta Capena s. Anm. zu 4.346. Die hier gemeinte Tecta Via an der Porta Capena ist anderweitig nicht belegt, kann allerdings nicht identisch sein mit derjenigen am Marsfeld (belegt durch Sen. apocol. 13.1, Mart. 3.5.5, 8.75.2). Der Tempestas, dem personifizierten Sturm, die Seeleute für eine glückliche Heimkehr anriefen (s. Cic. nat. deor. 3.51), wurde von L. Corne­lius Scipio (cos. 259 v. Chr.) im Rahmen des ersten Punischen Krieges ein Tempel bei der Porta Capena errichtet, da er einem Schiffbruch vor Korsika entgangen war (CIL 1.2.9). Vgl. fast. 5.732. S. fast. 3.105 m. Anm. und fast. 5.163–182. Streng genommen bilden die Hyaden die Stirn des Stieres, die Hörner nennt man β und ζ Tauri. Der Bellona, einer römischen Kriegsgöttin, gelobte App. Claudius Caecus 296 v. Chr. im zweiten Samnitischen Krieg ein Heiligtum, dessen Weihdatum der 3. Juni ist (Liv. 10.19.17, CIL 1.1 p. 192, Latte, Religionsgeschichte 235). Dieser stand außerhalb des Pomeriums nahe dem Circus Flaminius (CIL 1.1 pp. 221, 319, Plu. Sull. 30.3). Gemeint ist App. Claudius Caecus, Censor von 312 v. Chr. und Consul der Jahre 307 und 296 v. Chr. Im Jahr 280 v. Chr. war es Caecus, der sich dezidiert gegen einen Frieden mit Pyrrhos aussprach (Cic. Cato 16, Plu. Pyrrh. 19.1–4, Val. Max. 8.13.5). Als Censor sorgte er dafür, dass sein Sekretär Cn. Flavius den Kalender der Gerichtstage veröffentlichte (Val. Max. 2.5.2).

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66. I. e. König Pyrrhos aus Epiros, der zwischen 280 und 275 v. Chr. den Tarentinern in Magna Graecia militärisch beistand (Plu. Pyrrh. 13.12f.) und Rom erhebliche Verluste zufügte (Iust. 18.1.1f.). 67. Gemeint ist der nach seinem Erbauer, dem Censor C. Flaminius, benannte Circus Flaminius aus dem Jahr 220 v. Chr. 68. Spätestens 218 v. Chr. wird es diesen Hercules-Tempel am anderen Ende des Circus Flaminius gegeben haben, wo vor der Schlacht am Trasimener See ein Opfer dargebracht wurde (Liv. 21.62.9). Stiftungstag ist nach den Fasti Venusini der 4. Juni (CIL 1.1 pp. 221, 319). 69. Gemeint sind die Sibyllinischen Bücher; s. fast. 4.257 m. Anm. Latte (Religionsgeschichte 219) deutet Ovids Text dahingehend, dass die Sibylle den Bau des Tempels angeordnet habe. Plausibler erscheint mir die Annahme, dass mit munus die Aufgabe für Hercules, als Custos zu dienen, gemeint ist. 70. Gemeint ist L. Cornelius Sulla Felix (138–78 v. Chr.), der nach anfänglichem gemeinsamen Kampf mit Marius gegen Iugurtha und die Kimbern zu dessen Hauptrivalen im Konflikt zwischen Optimaten und Popularen wurde. 71. Die ursprünglich wohl selbstständigen Schwurgottheiten Dius Fidius (Varro ling. 5.66) und Semo Sancus (D.H. 2.49.2, 4.58.4), in dem eventuell ein früher sabinischer König nach seiner Apotheose aufgegangen sein könnte (Aug. civ. 18.19, Lact. inst. 1.15.8), sind im Laufe der Zeit miteinander verschmolzen (so auch belegt D.H. 4.58.4, Aelius bei Varro ling. 5.66, Fest. s. v. praebia 276L, CIL 6.567, 568, 30994, 30995, Latte, Religionsgeschichte 126–128). S. auch sehr ausführlich Frazer ad loc. Für die Juni-Nonen des Jahres 466 v. Chr. ist die Weihung eines Tempels für Dius Fidius, durchgeführt vom Consul Spurius Postumius, belegt (CIL 1.1 pp. 221, 319, D.H. 9.60.8). 72. S. Anm. zu fast. 2.135. 73. Zu den Hochzeitsfackeln s. fast. 2.557–562 m. Anmerkungen. 74. Gemeint ist die sog. flaminica, die Gattin des flamen Dialis. Es galt als unheilvoll, an bestimmten Tagen, z. B. den Parentalia bzw. Feralia im Februar (s. dazu fast. 2.557–562 und Anm. zu 2.534), den dreißig Tagen der Salier-Tänze im März (s. Anm. zu fast. 3.394), am 9., 11. und 13. Mai, d.h. an den Lemuria (vgl. fast. 5.489f.), und in der ersten Juni-Hälfte bis zum 15. Juni, zu heiraten. 75. Hier wird auf das Fest Quando stercus delatum fas am 15. Juni verwiesen; s. dazu fast. 6.713f. m. Anm. 76. Der flamen Dialis und die flaminica mussten bestimmte strenge Regeln befolgen; s. dazu und zu weiteren Vorschriften fast. 2.282 m. Anm., fast. 3.397f. und Frazer, Bough 2.267–287.

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77. Wie bereits in fast. 2.163 ist Diana gemeint, die Zwillingsschwester von Phoebus Apoll. So wie Apoll mit dem Sonnengott identifiziert wird (s. dazu Anm. zu fast. 1.164), so steht Diana hier für die Mondgöttin. 78. Ovid bezieht sich hier auf den Arktophylax, den „Bärenhüter“, der der verstirnte Arkas, Enkel des Lykaon, ist. Zu Arkas vgl. Anm. zu fast. 1.470, zum Bärenhüter Anm. zu 3.405, zu Kallisto, der Tochter des Lykaon, fast. 2.156 und zu den beiden Katasterismoi fast. 2.153–192. 79. I. e. der Tiber; s. fast. 1.242. 80. Die sog. ludi piscatorii wurden von Fischern zu Ehren des Gottes Tiber(inus) unter Leitung des Praetor urbanus ausgerichtet. 81. Nachdem der Consul C. Flaminius 217 v. Chr. in der Schlacht am Trasimener See gefallen war (Liv. 22.6.4), wurde auf Weisung der Sibyllinischen Bücher ein Tempel für Mens in Auftrag gegeben. Am 8. Juni 215 v. Chr. wurde dieser auf dem Capitol neben dem der Venus Erycina eingeweiht (Liv. 23.31.9; zur Datierung: CIL 1.1 pp. 216, 221, 224, 319). 82. Der „treulose Punier“ ist topisch geworden; hier ist möglicherweise tatsächlich Hannibal selbst als Hauptgegner Roms im zweiten Punischen Krieg gemeint (anders als in fast. 3.148, wo sich die Aussage auf den dritten Punischen Krieg bezieht). 83. Gemeint ist C. Flaminius, der als Consul nach Missachtung schlechter Prodigien trotzdem in den Kampf zog, dann jedoch am 21. Juni 217 v. Chr. im zweiten Punischen Krieg am Trasimener See in einen Hinterhalt geriet, fiel und sein Heer mit sich in den Tod riss (zur Datierung auf den 21. Juni s. Anm. zu fast. 6.768). S. auch Cic. div. 1.77, fast. 6.765–768, zum Verlauf der Schlacht: Liv. 21.63.1–22.7.14, Plb. 3.80–84. 84. Die Vestalia, das Fest der Vesta, wurden jährlich am 9. Juni begangen (CIL 1.1 pp. 216, 221, 224, 266, 319, Lyd. Mens. 4.94). Vestalinnen bereiteten die sog. mola salsa (Fest. s. v. mola 125L, s. v. immolare 97L) vor und ließen an eben diesem Tag Frauen das Heiligste des Vesta-Tempels betreten (Reidinger, in RE s. v. Vesta VIII A,2 Sp. 1739). Auch Müller und Bäcker feierten die Vestalia im besonderen Maße und schmückten ihre Esel und Mühlen mit Girlanden (Ov. fast. 6.311f., 6.347f., Lyd. Mens. 4.94). 85. Laut Ovid soll Vesta 40 Jahre nach der Gründung Roms (s. zu den Parilien fast. 4.721 m. Anm.), also im Jahre 713 v. Chr., einen Tempel erhalten haben, was somit in die mythische Regierungszeit des Numa Pompilius (716–678 v. Chr.) fällt. 86. I. e. Numa (zu ihm s. Anm. zu fast. 1.43), der als sehr friedfertig galt (Plu. Num. 20.3, Liv. 1.18–21, D.H.2.60–76, Cic. rep. 2.25–27). 87. Numa soll die Regia (später das Amtshaus des Pontifex Maximus) beim Vesta-Tempel und dem Atrium Vestae (dem Amtsgebäude der Vestalin-

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nen) erbaut haben (so Plu. Num. 14.1, Serv. Aen. 8.363, Tac. ann. 15.41.1), anders stellt es Ovid hier dar, der Numas Wohnstätte mit dem Atrium Vestae identifiziert (vgl. auch trist. 3.1.29f.). S. dazu Coarelli, Rom 92–95. Der Vesta-Tempel mit seiner typischen runden Form (Fest. s. v. rutundam aedem 320L, Plu. Num. 11.1) auf dem Forum Romanum nördlich des Palatins galt als ältester Tempel Roms (s. Frazer ad loc.). Der ursprüngliche Tempel muss spätestens 241 v. Chr. (fast. 6.437f.), dann erneut 210 v. Chr. durch einen Brand stark beschädigt worden sein (Liv. 26.27.4), sodass Ovid den „Neubau“, der rund 200 Jahre alt gewesen sein dürfte, beschreibt. S. zum Vesta-Heiligtum und den damit verbundenen Gebäuden auch Coarelli, Rom 95–99. Der Vesta-Tempel mit seinem innenliegenden Feuer soll also das kosmische Zentralfeuer symbolisieren, das der Pythagoreer Philolaos postuliert hat (s. dazu Arist. Cael. 2, p. 293a18–b8, Ps.-Plu. Moralia 895E und Kirk, G.S./Raven, E./Schofield, M.: Die vorsokratischen Philosophen, Stuttgart/Weimar 1994, 374–376; Mansfeld, J./Primavesi, O.: Die Vorsokratiker, Stuttgart 2012, 109f.). Gemeint ist die sog. sphaera Archimedis, die M. Claudius Marcellus nach der Eroberung von Syrakus 212 v. Chr. (s. dazu fast. 4.874) nach Rom brachte (Cic. rep. 1.21, Tusc. 1.63, nat. deor. 2.88). Mit ihr ließen sich Bewegungen der Himmelskörper nachvollziehen. Ops wird als Gattin des Saturn mit der griechischen Rhea identifiziert (Cic. Tim. 39, Plaut. Cist. 515), der Mutter von Hestia, Demeter und Hera (= Vesta, Ceres und Iuno); bei Apollod. 1.4, Hes. Th. 453f. ist Hestia die älteste Tochter. Zeus soll mit seinen beiden Schwestern Kinder gezeugt haben: mit Hera/ Iuno, seiner in der mythischen Tradition einzigen Ehefrau, Ares, Hebe und Eileithyia (Hes. Th. 922), mit Demeter/Ceres lediglich Persephone (Hes. Th. 912f., h. Cer. 21). Scheinbar liegt hier ein Widerspruch zu fast. 3.45f. vor, wo dargelegt wird, dass die Vesta-Statue die Hände vor die Augen gelegt habe, als Rhea Silvia niederkam. Wichtig ist allerdings, dass Ovid hier lediglich das uralte Heiligtum auf dem Forum Romanum, die sog. aedes Vestae, meint, nicht allerdings ein generelles Bildverbot für die Göttin. Wie man anderer antiker Literatur entnehmen kann, gab es nämlich tatsächlich Abbilder, etwa die Vesta-Statue bei Cic. nat. deor. 3.80, de orat. 3.10 sowie als Teil der zwölf olympischen Götterstatuen auf dem Forum (Ennius bei Apul. Socr. 2, Varro rust. 1.1.4) und nicht zuletzt im neuen Vesta-Heiligtum auf dem Palatin, s. dazu Anm. zu fast. 3.419, 4.949–954 m. Anm. zu 949, CIL 1.1 pp. 213, 236, 317.

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94. Eine antike Etymologie verbindet Vesta mit vi stando als Analogiebildung zu Hestia aus ἑστάναι διὰ πάντως (Corn. ND 28.2); ähnlich bei Cic. nat deor. 2.67 und Serv. Aen. 1.292. 95. Focus („Herd“) wird auch von Varro (zitiert bei Serv. Aen. 3.134) und von Festus (s. v. focus 75L) von fovere abgeleitet. 96. Vestas Herd soll sich in der Frühzeit in der Eingangshalle (vestibulum) befunden haben, anders als sein späterer Platz im nach oben offenen Atrium. Eine derartige Ableitung findet sich auch bei Nonius (s. v. vestibula 75L). Die Etymologie ist noch nicht abschließend geklärt. Weitere bereits antike Hypothesen z. B. bei Gell. 16.5 und Macr. Sat. 6.8.14–23. 97. Diese Aussage birgt einen Widerspruch zu fast. 1.171–173, wo konstatiert wird, dass Ianus als Erster angerufen wurde; dies wird auch durch Cic. nat. deor. 2.67, Iuv. 6.385–397 bestätigt. Entweder ist die Aussage hier dem geschuldet, dass Vestas Herd sich in früheren Zeiten im Eingangsbereich des Wohnhauses befunden habe, oder aber Ovid referiert die griechische Sitte, nach der Hestia tatsächlich der erste Platz, sogar noch vor Zeus, zustand (s. dazu Paus. 5.14.4, E. Fr. 781, 35–37, Pl. Cra. 401B–D, Ar. Av. 865). 98. Diese alte, wahrscheinlich sabinische Gottheit (CIL 9.4636) wurde später mit unterschiedlichen Göttinnen identifiziert, u. a. mit Victoria (so Varro bei Ps. Acron, Schol. in Hor. epist. 1.10.49). 99. Zu Fornax und ihrem Fest, den Fornacalia, s. fast. 2.513–532. 100. Die folgende Passage bildet das Aition dafür, warum in Lampsakos am Hellespont Esel geopfert werden (insbesondere VV. 341–346). Der Inhalt der multi fabula parva ioci erinnert stark an fast. 1.391–440, wobei Priapus sich dort an der Nymphe Lotis vergreifen möchte. Für eine geplante Veröffentlichung hätte Ovid diese Dublette nach einer Überarbeitung sicherlich getilgt, da er insbesondere im Exil bemüht gewesen sein dürfte, alles, was bei Augustus oder im Kaiserhaus Anstoß hätte erregen können, zu tilgen – die keusche Vesta war schließlich mit dem Kaiserkult eng verbunden (s. dazu fast. 3.425f. m. Anm., 4.949). 101. Zu Kybele/Magna Mater s. Anm. zu fast. 2.55 sowie zu 4.182. 102. S. zu ihm Anm. zu fast. 1.399. 103. Zur Verbindung Kybeles mit dem Ida-Gebirge s. Anm. zu 4.182. 104. So auch in fast. 1.415. 105. I. e. Priapus; vgl. Anm. zu fast. 1.440; zur Etymologie von „Hellespontus“ s. fast. 3.852–874. 106. Stadt an der Ostküste des Hellespont (Str. 13.1.18f., Ptol. geog. 5.2.2) mit besonderer Kultstätte des Priapus. 107. Es ist nicht ganz klar, welches Bedeutungsspektrum Iuppiter Pistor hatte. Einerseits ist denkbar, dass die Ableitung von pinsere („zerstoßen“) mit

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dem Bäckerhandwerk in Verbindung steht (s. auch VV. 352, 373f., 381– 394), andererseits dass das Epitheton der „Zerschmetterer“ auf seine Rolle als Blitzeschleuderer hinweist (s. auch tonans V. 350). 108. I. e. Iuppiter Tonans; s. fast. 2.69 m. Anm. 109. Nach der verheerenden Niederlage der Römer an der Allia 390/387 v. Chr. (s. Liv. 5.38) versuchten wehrfähige Männer, das Capitol zu verteidigen, während die Zivilbevölkerung floh und die älteren heimatverbundenen Männer ihre Häuser nicht verlassen wollten (s. dazu VV. 363f.). Die heiligen Gänse der Iuno schlugen beim heimlichen nächtlichen Angriff der Gallier Alarm, sodass M. Manlius (s. fast. 6.185 m. Anm.) das Capitol retten konnte (s. Liv. 5.43–48). Durch die weiter ausgedehnte Belagerung entwickelte sich eine Hungersnot, die erst gelindert werden konnte, als der Dictator Furius Camillus mit seinem Heer von einem Feldzug aus Ardea zurückgekehrt war und die Gallier vertreiben konnte (Liv. 5.49.1– 6, Plu. Cam. 29). 110. Die Vestalinnen konnten auf ihrer Flucht nach Caere nicht alle Kultgegenstände mitnehmen und mussten einige vergraben in kleinen Fässern zurücklassen (Liv. 5.40.7–10, Coarelli, Rom 86). Zur Verbindung von Vesta mit Ilion (Troja) s. z. B. fast. 1.527f., 3.29, 3.141f. 111. Iuppiter verweist auf die endgültige Bezwingung Galliens durch Caesar im Jahre 51 v. Chr. 112. „Saturnia“ ist hier Vesta (hingegen in fast. 1.265, 2.191, 5.235: Iuno). 113. Die Nova Via ist, anders als es der Name vermuten lässt, eine der ältesten Straßen Roms, die sich vom Nordosten des Palatins hinter dem Amtsgebäude der Vestalinnen vorbei zum Nordwesten des Palatins und schließlich hinunter zum Velabrum erstreckte (s. auch Coarelli, Rom 56f.). 114. Varro erörtert recht ausführlich (ling. 5.148–150), weshalb der zu Ovids Zeit trocken gelegte Lacus Curtius, der sich mitten auf dem Forum befand, derart bezeichnet wurde. S. auch Coarelli, Rom 84–86, Frazer ad loc. 115. Das Velabrum befindet sich zwischen den Südhängen des Capitols und des Palatins. Beginnend auf dem Capitol zog die Prozession für die Circus-Spiele über das Forum Romanum und das Velabrum zum Forum Boarium bis hin zum Circus Maximus. Vgl. die ausführliche Darstellung bei Dionysios 7.72. 116. Gemeint ist Vortumnus oder Vertumnus, ein altetruskischer Gott (dazu Varro ling. 5.46, Prop. 4.2.3) mit einem Heiligtum auf dem Aventin (CIL 1.1 pp. 217, 244, 325), dessen Stiftungstag nach Latte (Religionsgeschichte 191) und Bömer (ad loc.) auf den 13. August fällt. Den Namen erhielt der Gott entweder daher, dass der Tiber sich an dieser Stelle zurückzog (Prop. 4.2.7–10, fast. 6.410) oder daher, dass er in seiner Gestalt wandelbar war (Prop. 4.2.47f., fast. 6.409, met. 14.623–771).

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117. Dardanos (vgl. Anm. zu fast. 4.31) war der Urgroßvater von Ilos. Dieser selbst ist Großvater des im Trojanischen Krieg auftretenden Königs Priamos. 118. Gemeint ist das sog. Palladion, eine Statue von Pallas Athene in voller Rüstung, die der Garant für den Fortbestand Trojas sein sollte. Solange es sich innerhalb der Mauern befände, wäre Troja nicht einzunehmen, so der Mythos. Ob nun Odysseus oder Diomedes allein (Ov. met. 13.335– 349) oder beide gemeinsam (Apollod. Epit. 5.9f., 13, Sil. 13.36–50, D.H. 1.69.2) diesen Kultgegenstand erbeuten konnten und somit den Untergang Trojas einleiteten oder aber Aeneas das Palladion mit sich nach Rom brachte und es der Vesta übergab (vgl. dazu auch fast. 1.527f. m. Anm., 3.422 m. Anm., D.H. 1.69.2, 2.66.5, Plu. Cam. 20.6, Paus. 2.23.5), ist nicht zu klären. Auch in den Fasti (6.433f.) findet sich ein Anklang an die unterschiedlichen Versionen zum Urheber. Die römische Sichtweise mit Aeneas als Protagonisten legt zugrunde, dass die Griechen lediglich eine Kopie erbeuteten, wohingegen das Original mit Aeneas nach Italien kam (D.H. 1.69.2–4, 2.66.5). S. auch die Erläuterungen bei Frazer ad loc. 119. Gemeint ist der Orakelgott Apoll (hier als „der Mäusegott“ bezeichnet), für den seit der Ilias (1.39) dieser Beiname – mutmaßlich als Beschützer vor Feldmäusen – belegt ist. 120. Sohn des Königs Ilos (s. V. 419) und Vater des Priamos (Hom. Il. 20.215– 240, insb. 236f.). 121. In die Regentschaft des Priamos fällt der Trojanische Krieg. Er ist der Vater u. a. von Paris, Hektor, Kassandra und Krëusa, der ersten Frau des Aeneas. 122. Zum Paris-Urteil s. fast. 4.121f. m. Anm., 6.15f., 6.44, 6.99f. 123. Gemeint ist nicht der Schwiegersohn des Adrastos, Tydeus, sondern vielmehr sein Enkel, Diomedes (s. zu ihm fast. 4.76 m. Anm.). Er soll nach einer Mythenvariante eine wichtige Rolle beim Diebstahl des Palladions gespielt haben, bevor er nach Italien kam. 124. Adrastos, König von Argos, nahm Tydeus von Kalydon auf, um ihn von einem Verwandtenmord zu entsühnen (s. fast. 1.491), und gab ihm seine Tochter Deipyle zur Frau, die ihm Diomedes gebar (s. Hom. Il. 14.113– 120, Apollod. 1.76, 3.59). 125. 241 v. Chr. fing der Vesta-Tempel Flammen und wäre mit seinen wertvollen Kultgegenständen zur Gänze vernichtet worden, wenn nicht der damalige Pontifex Maximus L. Caecilius Metellus (cos. 251 v. Chr.) beherzt hineingestürzt wäre und insbesondere das Palladion gerettet hätte (vgl. z. B. Cic. Scaur. 48, Liv. perioch. 19.14, Val. Max. 1.4.5, Plin. nat. 7.141, Oros. 4.11.9). 126. I. e. L. Caecilius Metellus; s. Anm. zu 6.438.

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127. Gemeint ist vor allem das Palladion; s. 6.421. 128. Gemeint ist Augustus als Pontifex Maximus; s. fast. 3.419f. m. Anm. 129. Zur vitta, die zur Ausstaffierung einer Vestalin gehörte, s. fast. 3.30 m. Anm. Wurde einer Jungfrau nachgewiesen, dass sie ihre Enthaltsamkeit gebrochen hatte, wurde sie in einer Prozession durch Rom zu einer unterirdischen Kammer nahe der Porta Collina gebracht, wo sie lebendig in ihr Grab auf dem campus sceleratus hinabsteigen musste; vgl. dazu D.H. 2.67.4, Plu. quaest. R. 96, Liv. 8.15.7f., Fest. s. v. sceleratus campus 449L. 130. Zu dieser Vorstellung s. fast. 6.267–282 m. Anm. 131. D. Iunius Brutus kämpfte zunächst als Consul (138 v. Chr.), später als Proconsul (137/136 v. Chr.) gegen die Lusitanier und die Kallaiker in Spanien (Liv. perioch. 56f., App. Hisp. 302–310, Str. 3.3.1, Plu. quaest. R. 34). Er erhielt einen Triumph und den Beinamen „Callaicus“ (Vell. 2.5.1). 132. Volk im Nordwesten Spaniens, namensgebend für Galicia. 133. M. Licinius Crassus Dives (cos. 70 und 55 v. Chr.) bildete 60/59 v. Chr. zusammen mit Pompeius und Caesar das erste Triumvirat. 55 v. Chr. zog er auf einem Feldzug gen Osten und fiel 53 v. Chr. bei Karrhai, von den Parthern geschlagen. Vgl. fast. 5.583f., D.C. 40.25–27, Plu. Crass. 22– 31, Liv. perioch. 106. 134. Gemeint ist P. Licinius Crassus, Sohn von M. Licinius Crassus. Ab Ende 54 v. Chr. kämpfte auch er in Syrien und starb 53 v. Chr. im Kampf gegen die Parther (Plu. Crass. 23–25). 135. Gemeint ist Augustus. Zu der von ihm veranlassten Rückführung der römischen Standarten und deren Opferung an Mars Ultor s. fast. 5.579–596 m. Anm. zu 580. 136. Zum Schmuck der Esel und Mühlsteine s. fast. 6.311–318. 137. Zur Verstirnung des Delfins s. fast. 2.79–118. 138. Da die Vestalia nur am 9. Juni begangen und in diesem Rahmen auch Mühlsteine und Esel mit Girlanden bekränzt wurden, ist es wahrscheinlich, dass am selben Abend auch das Festornament wieder abgenommen wurde und man mit Nachteinbruch (pulso die) den Aufgang des Delfins wahrnehmen konnte. M. E. ist es demnach nicht notwendig, diese Verse dem 10. Juni (so Alton, Frazer, Bömer und Holzberg) zuzuschreiben. 139. Zu Tithonos s. Anm. zu fast. 1.461. 140. Gemeint ist Eos/Aurora. 141. Die Matralia wurden jährlich am 11. Juni für die altitalische Mater Matuta gefeiert, an denen matronae univirae, d. h. Frauen, die nur mit einem Mann zusammengelebt haben, Kränze und Kuchen darbrachten sowie im Gebet der Kinder ihrer Schwestern gedachten (s. 6.559–562, Plu. quaest. R. 17, Plu. Cam. 5.2).

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142. Die römische Mater Matuta wurde mit Ino/Leukothea (zur Gleichsetzung dieser Frau bzw. Göttin s. V. 501, 545) identifiziert. „Thebanische Göttin“ meint hier Ino, die Tochter des Thebaners Kadmos, die zur Göttin Leukothea wurde. 143. Wahrscheinlich sind hier die Brücken Pons Sublicius (heute: Ponte Rotto) und Pons Aemilius (heute: Ponte Emilio) gemeint. 144. I.e der Circus Maximus. 145. Gemeint ist das Forum Boarium; dieselbe Namensherleitung findet sich auch bei Plin. nat. 34.10, Tac. ann. 12.24. Als genereller Rindermarkt war der Platz in der Antike bekannt (Varro ling. 5.146, Fest. s. v. Boarium forum 27L). Nach Ovids Beschreibung war das Forum Boarium viel ausgedehnter als heute, also bis zu S. Omobono (d. h. zu dem Tempel der Mater Matuta). Auf dem heute noch erhaltenen kleineren Areal befinden sich zwei Tempel, von denen der eine der des Hercules Victor ist (heute: S. Maria del Sole; Coarelli, Rom 303, 309f.), der andere der des Portunus (heute: S. Maria Egiziaca; s. Coarelli, Rom 303, 308; s. auch fast. 6.547). 146. I. e. Servius Tullius, der mythische sechste König Roms. Er soll der Mater Matuta (Liv. 5.19.6) und gleichzeitig der Fortuna (D.H. 4.27.7) am 11. Juni einen Tempel auf dem Forum Boarium bei der Porta Carmentalis (heute: nahe S. Omobono; s. Coarelli, Rom 302–306) geweiht haben. Für den Mater Matuta-Tempel ist das Weihedatum 11. Juni mehrfach inschriftlich belegt (CIL 1.1 pp. 216, 221, 224, 266). 396 v. Chr. soll schließlich M. Furius Camillus diesen uralten Tempel restauriert und neu geweiht haben (s. Liv. 5.19.6, 5.23.7, Plu. Cam. 5.1). Zu Servius und seinem Schicksal s. fast. 6.585–616 m. Anm. zu 6.587f., Liv. 1.47.1–48.7. 147. Zu Semeles Schwangerschaft und Tod s. fast. 3.503f. m. Anm. sowie fast. 3.715–718. 148. Gemeint ist Dionysos; s. die Verweise in Anm. 147. 149. Ino, die Schwester der Semele, soll den kleinen Dionysos (s. Apollod. 3.28, Ov. met. 3.313f., 4.420f.) aufgezogen haben. Während ihrer späteren Ehe mit Athamas floh sie mit ihrem jungen Sohn Melikertes vor ihrem wahnsinnig gewordenen Mann, stürzte sich zusammen mit dem Jungen von einer Klippe (Ov. met. 4.481–542, scholia Lyc. 229) und wurde nach ihrer Apotheose als Leukothea verehrt. Melikertes wurde als Palaimon vergöttlicht (s. 6.501, 545–547). Zu ihr als böser Stiefmutter von Atha­mas’ Kindern s. fast. 3.852–876 (m. Anm. zu 852). 150. Athamas, König von Boiotien, war in zweiter Ehe mit Ino verheiratet und bekam mit ihr die beiden Söhne Learchos und Melikertes. Hera schlug aus Zorn über Inos aufopfernde Haltung Athamas mit Wahnsinn, sodass dieser Learchos in seiner Raserei tötete (Ov. met. 4.416–519, anders: Apollod. 1.84, 3.28).

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151. Gemeint ist der Isthmos von Korinth; im Westen liegt das Ionische Meer, im Osten das Ägäische Meer. 152. Eine der Nereiden, also eine Tochter von Nereus und Doris. 153. Bei Stimula handelt es sich wohl um eine uritalische Gottheit, die später mit Semele, der Mutter des Bacchus, identifiziert wurde (s. dazu Latte, Religionsgeschichte 271f.). Ihr Hain befand sich in der Nähe des Aventin am Tiber, wie Hülsen (H. Jordan/C. Hülsen: Topographie der Stadt Rom im Altertum, Bd. 1.3, Berlin 1907, 171, mit Anm. 49) aus der Kombina­ tion von Liv. 39.12.4, 39.13.12 und Ov. fast. 6.518 erschließt. 154. Zu „ausonisch“ als Synonym für „süditalisch“ vgl. Anm. zu fast. 1.55, zu den Maenaden s. Anm. zu fast. 4.458. 155. Zu Euander und seiner Flucht nach Italien s. fast. 1.471–542 m. Anm. zu 471. 156. Zu diesem Patronymikon für Hera s. fast. 1.265, 2.191, 5.235. 157. I. e. Melikertes. 158. Hier synonym zu „Bacchantinnen“ bzw. „Maenaden“ verwendet (s. auch S. Ant. 1151, A.R. 1.636, Hor. carm. 3.15.10, Verg. Aen. 4.302). 159. Hier wird Herakles nach dem Berg Oeta in Thessalien bezeichnet, auf dem er sich selbst verbrannt haben soll (vgl. S. Tr. 1191–1263, D.S. 4.38.3–5, Apollod. 2.159f., Ov. met. 9.229–241, Hyg. fab. 36). 160. Zu den Rindern des Geryones als Teil des Dodekathlos s. Anm. zu fast. 1.543. 161. I. e. Ino, s. Anm. zu V. 486. 162. Gemeint ist Hera, die Herakles seit seiner Geburt mit ihrem Hass verfolgt und ihm beispielsweise die Schlangen in die Wiege schickt. Grund dafür ist seine Abstammung aus dem Seitensprung des Zeus mit Alkmene. 163. S. zu ihr fast. 1.461–540 m. Anm. zu 462. 164. Zu „tegeisch“ als Synonym für „arkadisch“ s. Anm. zu fast. 1.545 sowie zu 1.627. 165. Als uritalischem Gott ältester Ordnung sind ihm ein eigener flamen und ein Staatsfest, die sog. Portunalia am 17. August (CIL 1.1 pp. 217, 225, 240, 244, 248, 325, Varro ling. 6.19), zugewiesen. 166. Mit dem Patronymikon ist Ino, eine Tochter des Kadmos, gemeint; s. zu ihr fast. 6.486 m. Anm. und fast. 3.852–876. 167. P. Rutilius Lupus fiel als Consul am 11. Juni 90 v. Chr. am mittelitalischen Fluss Tolenus im Kampf gegen die Marser (Liv. perioch. 73.4, App. BC 1.191–194, Vell. 2.16.4, Oros. 5.18.11–13). 168. Zum Patronymikon Pallantis, hier metonymisch für „Tag“ verwendet, als Bezeichnung für Eos/Aurora s. fast. 4.373 m. Anm. 169. Eventuell hat Ovid hier Cato und Didius miteinander verwechselt (so Frazer; anders Bömer). T. Didius, der Volkstribun von 103 v. Chr. und

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Consul von 98 v. Chr., fiel nach alleiniger Aussage Ovids am 11. Juni 89 v. Chr. im Kampf gegen die Marser. Hingegen ist mehrfach bezeugt, dass am Jahrestag der Niederlage des Rutilius der Consul L. Porcius Cato in einer Schlacht gegen die Marser gefallen sei (s. Liv. perioch. 75.4, App. BC 1.217, Vell. 2.16.4; so auch Broughton, Magistrates 2.32). 170. Die verhüllte Statue im Fortuna-Tempel gab in der Antike schon Anlass zur Spekulation, nämlich ob es sich um ein Abbild der Göttin (so Plin. nat. 8.197, Varro bei Nonius Marcellus s. v. undulatum 278 L) oder um das des Servius selbst, wie es Ovid hier und in V. 613–616 darstellt, handelt. 171. Servius stand der Fortuna besonders nah, zum einen da die Göttin aus dem ehemaligen Sklaven den späteren König Roms machte (Plu. quaest. R. 74, fort. R. 10), zum anderen weil er ein Verhältnis mit Fortuna gehabt haben soll (so Ovid hier, Plu. fort. R. 10, quaest. R. 36). 172. Vgl. dazu Plutarch quaest. R. 36, fort. R. 10. Littlewood (ad. loc.) identifiziert es mit der nicht erhaltenen Porta Mugonia, die sich in der Nähe des heutigen Titus-Bogens befand. 173. Die skrupellose ältere Tullia trat an ihren Schwager Tarquinius Superbus heran, da ihr eigener Gatte keinen Verwandtenmord am König Servius Tullius begehen wollte. Man beschloss ein fatales Zweckbündnis, um zunächst die eigenen Ehepartner umzubringen und schließlich auch den Sturz des Königs in die Tat umzusetzen. Vgl. auch D.H. 4.28–30, Liv. 1.46.1–47.7. 174. Ausführlich dargestellt bei Liv. 1.47f., D.H. 4.31–38. 175. Zur Statue des Servius im Fortuna-Tempel s. fast. 6.571. Zur Beseelung einer Statue s. fast. 3.45f. m. Anm. 176. In der üblichen Königsliste erscheint Servius Tullius als sechster König Roms. Bömer und Holzberg vermuten, Ovid habe Titus Tatius als Mitregenten von Romulus mitgezählt. Zu erwägen ist auch, ob er eher an Remus, den Mitbegründer Roms, dachte. 177. 213 v. Chr. fingen sowohl der von Servius geweihte Tempel der Mater Matuta als auch der der Fortuna Feuer; beide wurden im folgenden Jahr wieder aufgebaut (s. dazu Liv. 24.47.15, 25.7.6). 178. I. e. Volcanus; s. Anm. zu fast. 1.554. 179. Um die Empfängnis des späteren Königs Servius Tullius ranken sich mehrere Mythen. Nach Ovid soll die Dienerin der Königin Tanaquil (s. Anm. zu V. 629), Ocresia, auf dem heiligen Herd des Palastes durch die Vereinigung mit dem dort erschienenen Phallus und dadurch mit dem Feuergott Volcanus selbst Servius Tullius empfangen haben. Dieser wuchs ob seiner Kräfte und des göttlichen Vorzeichens am Königshof auf (s. Plu. fort. R. 10, Plin. nat. 36.204). Als Zeichen für die Vaterschaft des Volcanus wurde der Feuerkranz gewertet, der dem Servius als Heranwachsen-

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dem über dem Kopf erschien (vgl. D.H. 4.2.4, Plu. fort. R. ibd., Plin. nat. 2.241, 36.204, Liv. 1.39.1f., Ov. fast. 6.635f.). 180. Diese Stadt (heute: Monticelli) lag in der Nähe von Collatia. 181. Tanaquil, eine äußerst begabte etrurische Seherin, und ihr Mann Lucumo, der spätere König Tarquinius Priscus, stammten aus Tarquinii, siedelten sich allerdings später in Rom an (D.H. 3.47.3f., 4.6.3, Liv. 1.34.4–9). Nach dem Tod des Königs Ancus Marcius gelang es dem Neuankömmling, die Herrschaft zu übernehmen, allerdings rächten sich Jahre später die rechtmäßigen Erben des Marcius, indem sie Bauern anstifteten, Tarquinius Priscus zu ermorden. Tanaquil verheimlichte seinen Tod so lange, bis ihr Schwiegersohn, Servius Tullius, den Thron bestieg; vgl. Liv. 1.40f., D.H. 4.4f. 182. Gemeint sein muss ein von Livia errichtetes Heiligtum für Concordia, die Manifestation der ehelichen Eintracht zwischen ihr und ihrem Mann Augustus. Es ist zwar nicht eindeutig lokalisierbar, muss sich aber bei der porticus Liviae befunden haben. Nachdem der dekadente und grausame Ritter Vedius Pollio (Tac. ann. 1.10.5, D.C. 54.23.1–4) 15 v. Chr. seinen Grundbesitz Augustus vermacht hatte, wurde das Privathaus abgerissen und an seiner Stelle die besagte Säulenhalle erbaut (D.C. 54.23.5f.), die allerdings erst 7 v. Chr. eingeweiht wurde. 183. Gemeint ist Augustus. 184. Iuppiter Invictus ist mutmaßlich identisch mit Iuppiter Victor; s. auch Anm. zu fast. 4.621f. 185. An den Quinquatrus minusculae trafen sich die Flötenspieler am Minerva-Tempel auf dem Aventin und zogen der Göttin zu Ehren durch die Straßen (Varro ling. 6.17, Fest. s. v. minusculae Quinquatrus 134f.L, Liv. 9.30.5–10; s. dazu auch Latte, Religionsgeschichte 165). Zu den Quinquatrus maiores im März s. fast. 3.809–850. 186. „Tritogeneia“ ist seit Homer als Beiname für Athena belegt (Hom. Il. 4.515, 8.39, 22.183, Od. 3.378), somit wird das ähnliche „Tritonia“ im Lateinischen für Minerva verwendet. 187. Das collegium tibicinum qui s(acris) p(ublicis) p(raesto) s(unt) habe Numa bereits als Zunft eingeführt (Plu. Num. 17.3). Die Teilnahme der Flötenspieler an religiösen und politisch wichtigen Ereignissen, wie z. B. während Gebeten, Opferhandlungen, Triumphzügen, feierlichen oder aber auch Trauerprozessionen (Cens. 12.2, Cic. leg. agr. 2.93, D.H. 7.72.5, 13, Ov. trist. 5.1.48, Suet. Iul. 84.4), war fester Bestandteil des öffentlichen Lebens. 188. Die Zwölf-Tafelgesetze bestimmten, dass lediglich zehn Flötenspieler Leichenzüge begleiten durften (Cic. leg. 2.59).

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189. Zum Auszug der Flötenspieler aus Rom vgl. auch Liv. 9.30.5–10, Val. Max. 2.5.4 und Plu. quaest. R. 55. Die Censoren des Jahres 312 v. Chr., App. Claudius Caecus und C. Plautius Venox, hätten den Flötenspielern das Privileg entzogen, im Tempel des Iuppiter zu speisen. Bei Ovid wählen die Musiker ihr Exil freiwillig, weil ihre Anzahl bei Leichenzügen auf zehn Teilnehmer begrenzt worden sei. Plutarch datiert den Auszug der Flötenspieler in eine viel frühere Zeit, da er in Appius Claudius, dem Decemvirn von 451 v. Chr., den Urheber sieht. Weiterhin gibt er als Tag des Geschehens die Iden des Januar an. In beiden Versionen mussten die tibicines überlistet werden, wieder zurückzukehren (s. VV. 671–682). S. dazu ausführlich Themann-Steinke zu Val. Max. ad loc. 190. Tibur (heute: Tivoli) liegt nordöstlich von Rom in Latium. Beliebt bei reichen Römern als Rückzugsort vor der Sommerhitze ist es besonders durch den wohl berühmtesten Bewohner, Kaiser Hadrian (76–138 n. Chr.), bekannt geworden. S. Anm. zu fast. 4.72. 191. In seinem eigenen Exil am Schwarzen Meer denkt Ovid sehnsüchtig an den Verbannungsort früherer Zeiten, Tibur, zurück (vgl. Pont. 1.3.81–84), der so viel angenehmer und zivilisierter sei als Tomi. 192. Anders als alle modernen Ausgaben, die anstelle des handschriftlich überlieferten callidus die Konjektur von Pighius, Plautius, übernehmen, folge ich den deteriores (Claudius), da Claudius Caecus in innenpolitischen Angelegenheiten als recht moderner, aufgeschlossener und umgänglicher Politiker auftrat, der z. B. 312 v. Chr. erstmalig Söhne von Freigelassenen in den Senat aufnahm (Liv. 9.29.7, 9.30.1f.) und seinen Schreiber Fla­ vius die Fasten öffentlich aufstellen ließ (Liv. 9.46.1–12, Val. Max. 2.5.2) und daher auch gegenüber den Flötenspielern nachsichtiger gewesen sein könnte als der Mitcensor Plautius Venox, der sein Amt 311 v. Chr. ob der revolutionären Neuerungen niederlegte (z. B. Liv. 9.29.7). 193. I. e. die sog. Quinquatrus maiores; s. dazu fast. 3.809–850. 194. Bei Hygin (fab. 165) verwendet Minerva Hirschknochen; Buchsbaumholz als Material für Flöten findet sich hingegen auch bei Plin. nat. 16.172. Bei ihrem „Flötenkonzert“ auf dem Olymp wurde Minerva jedoch von Iuno derart verspottet, dass sie das Instrument unter Verwünschungen von sich warf (s. Hyg. ibd., Prop. 2.30.16–18, Plu. Moralia 456 BC). 195. I. e. Marsyas, der die Flöte fand und das Flötenspiel zur Vollendung verfeinerte. In seinem Hochmut forderte er Apoll, den Gott der Leier, zu einem Musikerwettstreit heraus, wurde für seine Hybris allerdings schrecklich bestraft (D.S. 3.59.2–5, Ov. met. 6.382–400, Apollod. 1.24, X. An. 1.2.8, Liv. 38.13.6, Hdt. 7.26.3). 196. I. e. Apoll.

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197. Die aus Dodona stammenden Nymphen sollen Dionysos gesäugt haben (s. auch fast. 5.167 m. Anm., met. 3.314, Hyg. fab. 182) und zum Dank dafür als Hyaden verstirnt worden sein. 198. Thyone ist eine der sieben Hyaden (so auch in fast. 5.165f., Pherekydes bei Hyg. astr. 2.21; anders Hes. Fr. 291 Merkelbach/West: 5 Hyaden). S. fast. 3.105 m. Anm., 5.163–182. 199. Der Stier, der die phönizische Europa nach Kreta gebracht habe, sei später verstirnt worden (s. dazu Ov. met. 2.836–875, fast. 4.720 m. Anm., 5.603–618). 200. Agenor, Sohn des Poseidon und König von Phönizien, war der Vater des Kadmos und der von Zeus entführten Europa. 201. I. e. der Tiber. 202. Am Tag, der folgende Bezeichnung trägt: q(uando) st(ercum) d(elatum) f(as) (CIL 1.1 pp. 221, 224, 292), wurde der Vesta-Tempel gereinigt und der Schmutz entfernt. 203. S. Anm. zu fast. 2.148. 204. Die Heliaden waren die Töchter des Helios, die aus Trauer über ihren mit dem Sonnenwagen verunglückten Bruder Phaethon in Pappeln verwandelt wurden, die Bernstein absonderten (Ov. met. 2.340–366). 205. I. e. Orion. Zu seiner Entstehung vgl. fast. 5.493–536 m. Anm. zu 493, zu seinem riesenhaften Wesen s. fast. 5.537, zu seiner Verstirnung s. fast. 5.540–544 m. Anm. zu 544, zum Sternuntergang s. fast. 4.387f. 206. S. fast. 5.493–536. 207. Der Mons Algidus war ein wichtiger strategischer Punkt in den Albaner Bergen im Kampf gegen die Volsker und Aequer. 208. Dieser oskisch-samnitische Stamm wurde 389 v. Chr. besiegt. 209. Zu den Aequern bzw. Aequiculern s. Anm. zu fast. 3.93. 210. Gemeint ist der Dictator A. Postumius Tubertus, der 431 v. Chr. am Algidus über die Aequer und Volscer siegte (s. D.S. 12.64.1–3, Liv. 4.26.1– 29.6, CIL 1.1 p. 169) und dafür einen Triumph erhielt (Liv. 4.29.4, D.S. 12.64.3). Aber nicht er, sondern Camillus staffierte sich im Triumphzug über Veji 396 v. Chr. mit weißen Pferden aus, sodass Vorwürfe der Blasphemie aufkamen – nur den höchsten Göttern standen makellos weiße Tiere zu (Liv. 5.23.5f., Plu. Cam. 7.1f.). Dieser besagte Camillus konnte später, im Jahre 389 v. Chr., noch weitere Siege über die Volscer bei Lanuvium (Liv. 6.2.8–13) und Aequer bei Bolae (Liv. 6.2.14) feiern. 211. I. e. Minerva; s. zu ihr Anm. zu fast. 3.5. 212. Stiftungstag des Minerva-Tempels auf dem Aventin ist der 19. Juni (CIL 1.1 pp. 211, 243: Minervae in Aventino, NSA 18, 1921, 99). Dem entgegen scheint Fest. s. v. Quinquatrus 306L zu stehen, der den Tempel auf dem Aventin mit dem Quinquatrus-Fest, das am 19. März beginnt, in Ver-

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bindung bringt. In diesem Sinne rekonstruiert Mommsen eine fragmentarische Inschrift (CIL 1.1 pp. 234, 312f.). Denkbar ist, das eine Datum als Stiftungstag des ursprünglichen Tempels anzusetzen, das andere als Datum der augusteischen Restauration (Mon. Ancyr. 19.2). Die Aussage Ovids hier, dass am 19. Juni die Minerva-Verehrung auf dem Aventin begann, spricht deutlich für dieses Datum als Weihedatum des dortigen Tempels, entsprechend müsste dann der 19. März das Restaurationsdatum darstellen. Zum Tempel der Minerva Capta auf dem Caelius mit Stiftungstag am 19. März s. fast. 3.835–837 m. Anm. zu 837. 213. I. e. Eos, Göttin der Morgenröte und Frau des Tithonos. S. dazu Anm. zu fast. 1.461. 214. Laomedon, König von Troja, ist der Vater von Tithonos und Priamos. S. Anm. zu 6.430. 215. Bereits in der Antike bestand Unsicherheit über die Natur des Gottes (s. Latte, Religionsgeschichte 208f.). Im Krieg gegen Pyrrhos fiel eine Tonstatue des Iuppiter vom Blitz getroffen vom First (der höchsten Stelle, daher „Summanus“) des Tempels des Iuppiter Optimus Maximus (Cic. div. 1.16, Liv. perioch. 14.1f.), sodass man dies als göttlichen Wink verstand, ihm einen eigenen Tempel zu errichten (CIL 1.1 pp. 211, 221, 243, 320). 216. S. Anm. zu 6.203. 217. Als Nereide ist Galateia eine Tochter des Nereus und der Doris (Hom. Il. 18.45, Hes. Th. 250, Apollod. 1.11) und steht hier metonymisch für „Meer“ (ähnlich fast. 4.678, 5.731). 218. Gemeint ist das Sternbild des Ophiuchus oder lateinisch Anguitenens, später Serpentarius, in das der verstirnte Asklepios, Sohn der Koronis und des Apoll, aufgeht. Da Asklepios mit seinem medizinischen Wissen Sterbliche, u. a. Hippolytos, wiederbelebte, wurde er von Zeus getötet (Hyg. fab. 49, Apollod. 3.120–122). Seinem Sohn Apoll zuliebe verstirnte Zeus schließlich Asklepios doch (s. zum Sternbild Eratosth. Cat. 6, Hyg. astr. 2.14, Arat. 74–87, Man. 1.331–336). Zu Asklepios s. auch fast. 1.291–294. 219. Phaedra war als Tochter von Minos und Pasiphaë eine Schwester von Ariadne und Glaukos. Nachdem Theseus gemeinsam mit Ariadne von Kreta geflohen war und diese schließlich auf Naxos zurückgelassen hatte (s. fast. 3.459–516 m. Anm. zu 460), heiratete er eine Amazone, die ihm Hippolytos gebar. Phaedra, die die zweite Frau des Theseus wurde, wurde mit einem inzestuösen Verlangen zu ihrem Stiefsohn Hippolytos geschlagen, eigentlich als eine Strafe für ihn, da er nicht Aphrodite, sondern nur Artemis huldigen wollte. Aus Zorn über die Zurückweisung warf Phaedra ihrem Stiefsohn vor, sie vergewaltigt zu haben, beging sodann Selbstmord, sodass Theseus dieser erlogenen Version Glauben schenken musste und

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seinen leiblichen Vater Poseidon um Hilfe bat, seinen Sohn zu bestrafen. Zu dieser Tragödie s. E. Hipp, Ov. met. 15.497–529, Hyg. fab. 47, Apollod. Epit. 1.18f., Paus. 1.22.1–2, 2.32.1–4. 220. I. e. Hippolytos (lat.: Virbius). 221. Stadt an der Nordküste der Argolis mit bedeutendem Hippolytos- und Asklepiosheiligtum. 222. Zu Artemis und Hippolytos s. Anm. zu fast. 3.265f. und zu 6.737. 223. Mit diesem Matronymikon ist Asklepios gemeint, der Hippolytos wiederbelebte (so auch met. 15.534f., Apollod. 3.120–122, Eratosth. Cat. 6, Hyg. fab. 49, astr. 2.14). 224. Glaukos, ein Sohn von Minos und Pasiphaë, fiel als Kind in ein Honigfass und erstickte darin. Der Seher Polyidos wurde mit dem toten Jungen in eine Grabkammer gesperrt mit der Weisung, ihn wieder zum Leben zu erwecken. Die Reanimation gelang dem Seher dadurch, dass er sich die Vorgehensweise einer Schlange und das helfende Kraut abschaute (Hyg. fab. 136; bei dems. fab. 49, astr. 2.14 sowie Apollod. 3.120–122 handelt Asklepios selbst). 225. Diktynna, die Göttin vom Berg Dikte, ist nicht eindeutig von der kretischen Göttin Britomartis zu trennen; später wurde sie mit Artemis bzw. Diana identifiziert. 226. Zum Diana-Heiligtum und dem heiligen Hain mit dem sog. lacus Nemorensis s. fast. 3.261–272, zu Aricia selbst Anm. zu 3.91. 227. I. e. Hippolytos nach der Vergöttlichung; vgl. auch fast. 3.265 m. Anm., Verg. Aen. 7.774–780. 228. Mit Klymenos („der Berühmte“) ist Pluto gemeint, auf dessen Reich im Folgenden verwiesen wird (Paus. 2.35.9f., Ath. 14.19 p. 624e). 229. Zu den Moiren bzw. Parzen vgl. Anm. zu fast. 3.802. 230. I. e. Apoll, der Vater des Asklepios; zum Beinamen „Phoebus“ s. auch fast. 1.291, 2.106, 2.247 u. ö. 231. Zeus gab dem Wunsch seines Sohnes Apoll nach und erweckte seinen Enkel Asklepios zum Leben (vgl. Hyg. fab. 224). 232. Wahrscheinlich ist hier Germanicus der Adressat; vgl. die Argumenta­tion von Littlewood ad loc. 233. S. dazu Anm. zu 6.243. 234. Üblicherweise wird der 22. Juni als Jahrestag der Schlacht am Trasimener See angegeben, so auch von Alton, Frazer, Bömer, Holzberg, Binder, wofür es aber keine eindeutigen antiken Belege gibt. Die Angabe Ovids, die Schlacht am Trasimener See habe am 21. Juni stattgefunden, wird von Elvers (DNP s. v. Flaminius I.) und F.W. Walbank (A Historical Commentary on Polybius, 3 Bde., Oxford 1967–1979) zu Plb. 3.78.6 gestützt.

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235. Masinissa (*ca. 239, † 148 v. Chr.) stand auf Seiten Karthagos im Kampf gegen den Westnumider Syphax, den Verbündeten der Römer. 204 v. Chr. wechselte er die Seiten und kämpfte fortan mit Scipio Maior gegen Karthago und den neuen karthagischen Verbündeten Syphax. Masinissa wurde später als König von ganz Numidien eingesetzt (Liv. 30.9–12, 30.15.11, App. Pun. 36–121). 236. Als König der Massaesylier in Westnumidien war Syphax zunächst Gegner Karthagos (Liv. 24.48f., 27.4.5), bis er sich 206 v. Chr. mit Karthago durch eine arrangierte Heirat mit Hasdrubals Tochter Sophoniba, der eigentlichen Verlobten des Masinissa, verbündete. Nach seiner Gefangennahme bei Cirta durch die Römer (Liv. 30.11.6–12.4) wurde er nach Italien gebracht, wo er in Tibur verstarb (Liv. 30.45.4). 237. Gemeint ist hier nicht Hasdrubal, der jüngere Bruder Hannibals, sondern vielmehr der Schwiegervater des Syphax (s.o.; s. auch App. Pun. 158–160). 238. Die Zeitadverbien (nunc – cras – dehinc) in Vers 787f. verdeutlichen, dass von drei unterschiedlichen Nächten gesprochen wird. 239. Erstaunlicherweise wird auf die Adoption des Tiberius am 26. Juni 4 n. Chr. (Vell. 2.103.3, CIL 1.1 pp. 243, 320, Latte, Religionsgeschichte 43) gar nicht verwiesen. 240. Am 24. Juni wurde das Fest der Fors Fortuna (CIL 1.1 pp. 211, 221, 243, 266, 320) mit viel Musik und Wein gefeiert. Einen ersten Tempel ließ bereits Servius Tullius erbauen (Varro ling. 6.17), der sich am ersten Meilenstein der Via Portuensis befand (CIL 1.1 p. 243, Varro ling. 6.17, Tac. ann. 2.41.1, Plu. Brut. 20.3), den zweiten erbaute Spurius Carvilius im Jahre 293 v. Chr. (Liv. 10.46.14) am sechsten Meilenstein (CIL 1.1 p. 243). 241. I. e. der spätere König Servius Tullius; s. dazu fast. 6.627–636 insbesondere m. Anmerkung zu 628. 242. Ovids Angabe, die Sommersonnenwende finde am 26. Juni statt, wird zwar durch die fasti Venusini (CIL 1.1 p. 221) gestützt, steht aber im Widerspruch zur Datierung auf den 24. Juni (Plin. nat. 18.256). Eine Zwischenposition vertritt Columella (11.2.49), der sie in den Zeitraum vom 24.–26. Juni datiert. 243. Ein Laren-Heiligtum hat sich am höchsten Punkt der Via sacra, unweit des Tempels für Iuppiter Stator (s. Anm. zu V. 793) befunden; in späterer Zeit wurde dort der Titus-Bogen erbaut. Augustus hat sich dieses Bauwerks unter den Consuln Calvisius Sabinus und Passienus Rufus (= 4 v. Chr.) angenommen (s. CIL 6.456, Mon. Ancyr. 19.2), sei es als Neubau oder, was viel wahrscheinlicher ist, als Restauration (Hinweis darauf durch: NSA, 18, 1921, 99). S. zu den Laren Anm. zu fast. 2.616, zur Emp-

Anmerkungen zum sechsten Buch

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fängnis der lares compitales fast. 2.585–616, zum Fest der lares praestites fast. 5.129–146 m. Anm. 244. Gemeint ist Iuppiter in seiner Eigenschaft als Retter, der im Kampf des Romulus gegen den Sabiner Titus Tatius eingriff und dem römischen Heer Standhaftigkeit einflößte, sodass es den Sabinern nicht weiter gelang, die Römer an der Porta Mugonia am Nordostrand des Palatin zurückzudrängen (Liv. 1.12, Plu. Rom. 18.2–9, D.H. 2.50.3, Ps. Aur. Vict. vir. ill. 2.8). Hier soll Romulus dem Stator einen Tempel gelobt, sein Gelübde aber nie eingelöst haben (Liv. 10.37.15–16). Der Bau des Stator-Tempels an der Via Nova ist erst 294 v. Chr. durch M. Atilius Regulus aus Dank für die Unterstützung gegen die Samniten ins Werk gesetzt worden (Liv. 10.36.11). 245. Zu den drei Parzen s. Anm. zu fast. 3.802. 246. Zur Identifikation des Romulus nach seiner Apotheose (fast. 2.475–512) mit dem uritalischen Gott Quirinus s. Anm. zu fast. 1.37. Das Weihedatum 29. Juni bezieht sich wohl auf die Restaurationsmaßnahmen durch Augustus im Jahre 16 v. Chr., der dem „Begründer“ des römischen Staates im besonderen Maße huldigen wollte (Mon. Ancyr. 19.2, CIL 1.1 p. 221). Der ursprüngliche Tempel des Cursor wird im Rahmen der Quirinalia im Februar geweiht worden sein (s. dazu Anm. zu 2.511). 247. Gemeint sind die Musen; s. Anm. zu fast. 2.269. 248. Im Folgenden wird dieser Hercules-Tempel dem L. Marcius Philippus zugeschrieben (so auch Suet. Aug. 29.5), was allerdings lediglich eine Restauration aus dem Jahr 33 v. Chr. (Broughton, Magistrates 2.416) sein dürfte. M. Fulvius Nobilior erbaute ihn bereits 189 v. Chr. am Circus Flaminius nach dem Sieg über Ambrakia und ließ ihn mit den Musenstatuen des Künstlers Zeuxis ausstatten (dazu Plin. nat. 35.66, Eumenius oratio pro scholis restaurandis 7.3), weshalb das Heiligtum auch aedes Herculis Musarum genannt wurde (so Eumenius ibd., Macr. 1.12.16). 249. I. e. Hera/Iuno, die erst ablässt, Herakles/Hercules zu verfolgen (fast. 6.524 m. Anm.), als er in den Olymp aufgenommen wurde und Hebe/Iuventas heiraten durfte. 250. Muse der Geschichtsschreibung; s. auch fast. 5.54. 251. Der jüngere L. Marcius Philippus, Restaurator des o. g. Hercules-Tempels, und die jüngere Atia, eine Tante des Augustus, waren die Eltern der angesprochenen Marcia. 252. Marcia, Tochter des jüngeren Philippus und der jüngeren Atia, war eine Cousine des Augustus (s. dazu auch CIG 2629). Während ihr Mann Paul­ lus Fabius Maximus ein vertrauter Freund Ovids war, an den mehrere Bittbriefe des Dichters aus dem Exil wegen einer möglichen Rehabilitierung adressiert sind (s. dazu Pont. 1.2.127–142, 3.1.75–78), war Mar-

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cia selbst mit Ovids dritter Ehefrau befreundet (Pont. 1.2.137f., 3.1.77f.). Der adulatorische Tenor in der Schlusspassage der erhaltenen Fasti lässt auf eine Abfassung oder Überarbeitung dieser letzten Verse in der Verbannung schließen, was im Einklang steht mit den Hilfegesuchen an Fabius Maximus aus den Jahren 11/12 n. Chr. (Pont. 1.2). 253. Gemeint ist der vierte mythische König Roms, Ancus Marcius, von dem sich die gens Marcia ableitet, wie es auch Iulius Caesar in seiner Leichenrede für seine Tante Iulia, die mütterlicherseits aus der gens Marcia stammte, darstellt (Suet. Iul. 6.1). 254. I. e. L. Marcius Philippus Minor. Als Gatte von Atia Minor ist er ein angeheirateter Onkel von Augustus, als Sohn von Augustus’ Mutter Atia Maior aus erster Ehe ist er hingegen sein Halbbruder. 255. I. e. Atia Minor. 256. I. e. Herakles; s. zu ihm Anm. zu fast. 1.543, zum Papponymikon Anm. zu fast. 1.575.

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Tabula deorum Römischer Göttername Achelous Acmonides Aethra Alcyone Alernus Almo Amor / Cupido Amphitrite Anna Perenna Aquilo Arethusa Argestes Atlas Aurora Auster Bacchus Bellona Berecynthia, Beiname der Cybele Bona Diva Briareus Brontes Caducifer, Beiname des Mercurius Calliopea Camena Carmentis Carna / Cardea Castor Celaeno Ceres

Griechischer Göttername Acheloos Akmonides Aithra Alkyone

Eros Amphitrite Boreas Arethusa Argestes Atlas Eos Notos Dionysos Enyo Berekynthia teilweise identifiziert mit Kybele Briareus Brontes Kein Pendant zum Beinamen; Hermes Kalliope

ähnlich Artemis Kastor Kelaino Demeter

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Tabula deorum

Chaos Circe Clarius, Beiname des Apollo Clio Clotho Clusius, Beiname des Ianus Clymenus, Beiname des Pluto Concordia Consus Cupido / Amor Cybele Cynthia, Beiname der Diana Cynthius, Beiname des Apollo Cytherea, Beiname der Venus Delia, Beiname der Diana Delphicus, Beiname des Apollo Diana Dictynna Dione Dis, Beiname des Pluto Doris Egeria Electra Erato Faunus Faunus Lycaeus Fidius / Sancus Flora Fornax Fortuna Fortuna Fors Fortuna populi potentis (= Romani) Fortuna Publica Fortuna Virilis

Chaos Kirke Klarios, Beiname des Apollon Kleio Klotho Klymenos, Beiname des Pluton / Hades

Eros Kybele Kein Pendant zum Beinamen; Artemis Kynthios, Beiname des Apollon Kythereia, Beiname der Aphrodite Kein Pendant zum Beinamen; Artemis Kein Pendant zum Beinamen; Apollon Artemis Britomartis; später identifiziert mit Artemis Dione, Beiname der Aphrodite Kein Pendant zum Beinamen; Pluton / Hades Doris Elektra Erato Pan Kein Pendant zum Beinamen

Tyche Kein Pendant zu den Beinamen

Tabula deorum

Galatea Gradivus, Beiname des Mars Gratiae Gyges Hecate Hercules (wird zwar erst posthum vergöttlicht, tritt aber in den fasti überwiegend in göttlicher Funktion auf) Hercules Custos Hesperos Honor Horae Hymenaeus Hyperion Ianus Inachus Iuno Iuno Moneta Iuno Sospita Iuppiter Iuppiter Elicius Iuppiter Invictus Iuppiter Pistor Iuppiter Stator Iuppiter Tonans Iuppiter Victor Iustitia Iuturna Lares Lares Praestites Latona Leucothea Liber, Beiname des Bacchus Libertas Lucifer Lucina Luna

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Galateia Kein Pendant zum Beinamen; Ares Charites Gyges Hekate Herakles

Kein Pendant zum Beinamen Hesperos Horai Hymenaios Hyperion Inachos Hera Kein Pendant zu den Beinamen Zeus Kein Pendant zu den Beinamen

Dike

Leto Leukothea Kein Pendant zum Beinamen; Dionysos Phosphoros Eileithyia Selene

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Tabula deorum

Lyaeus, Beiname des Bacchus Maenalius, Beiname des Faunus Magna Mater, Synonym für Cybele Maia Maiestas Mars Mater Matuta, Synonym für Leucothea Mens Mercurius Merope Metus Minerva Minerva Capta Mulciber, Beiname des Volcanus Musa / Camena Muta dea, Synonym für Tacita Neptunus Nox Numicius Oceanus Ops Paean, Beiname des Apollo Pales Pallas, Beiname der Minerva Panope Parcae Patulcius, Beiname des Ianus Pax Phoebe, Beiname der Diana Phoebus, Beiname des Apollo Phrygia Mater, Synonym für Cybele Picus Pleione Pollux Polyhymnia Porrima Portunus

Lyaios, Beiname des Dionysos Kein Pendant zum Beinamen, Pan Kybele Maia Ares Leukothea Hermes Merope Athene Kein Pendant zum Beinamen Kein Pendant zum Beinamen; Hephaistos Musa Poseidon Nyx Okeanos identifiziert mit Rhea Paian, Beiname des Apollon Pallas, Beiname der Athene Panope Moirai Eirene Phoibe, Beiname der Artemis Phoibos, Beiname des Apollon Kybele Pleione Polydeukes Polyhymnia Palaimon

Tabula deorum

Postverta Priapus Proserpina Proteus Pudor Quirinus, Name des vergöttlichten Romulus Reverentia Rhea Robigo Rumina Salus Sancus Fidius / Semo Sancus Saturnia, Beiname der Iuno Saturnia, Beiname der Vesta Saturnus Smintheus, Beiname des Apollo Sol Somnus Sterope Steropes Stimula Styx Summanus Tacita Taygete Tellus / Terra Tempestas Terminus Tethys Thalia Themis Thyone Tiberis / Tiberinus / Thybris Titan, Synonym für Sol Tritonia, Beiname der Minerva Trivia Typhon

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Priapos Persephone Proteus

Rhea / Rheia

Hygieia Kein Pendant zum Beinamen; Hera Kein Pendant zum Beinamen; Hestia Kronos Smintheus, Beiname des Apollon Helios Hypnos Sterope Steropes Styx

Taygete Gaia

Tethys Thalia / Thaleia Themis Thyone Thybris Tritonis, Beiname der Athene Hekate oder Artemis Typhon / Typhoeus

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Tabula deorum

Ultor, Beiname des Mars Urania Vacuna Veiovis, identifiziert mit dem kleinen Iuppiter Venus Vesta Virbius, Name des vergöttlichten Hippolytus Volcanus Zephyrus

Kein Pendant zum Beinamen; Ares Urania / Uranie

Aphrodite Hestia Hephaistos Zephyros

Index feriarum Agnalia: 1.325 Agonalis: 1.318, 1.324 Agonia: 5.721

Parentales dies: 2.548 Parilia: 4.721, 6.257 Parilis flamma: 4.798

Caristia: 2.617 Cerialia: 4.619, 4.711, 5.355

Quinquatrus: 6.651, 6.694

Equirria: 2.859, 3.519

Regis fuga: 2.685 Remuria: 5.479

Feralia: 2.569 Florale sacrum: 4.947 Fornacalia: 2.527

Sementiva: 1.658

Larentalia: 3.57 Lemuria: 5.421

Tubilustria: 5.725

Matralia: 6.475, 6.533 Megalesia: 4.357

Stultorum festa: 2.513

Vestalia: 6.395 Vinalia: 4.863, 4.877, 4.899

Index stellarum siderumque Agenoreus bos (= Taurus): 6.712 Anguis (= Hydra): 2.243, 2.266 Aquarius: 2.457 Arctophylax: 2.190, 3.405 Arctos: 2.189, 2.192, 3.107, 3.793 Ariadnaeum sidus (= Corona borealis; s. u.): 5.346 Bootes: 3.405, 5.733 Cancer: 1.313, 6.727 Canis (maior): 4.904, 4.939 Capella Olenia (= Alpha Aurigae): 5.113 Capricornus: 1.651 Chiron (= Centaurus): 5.379 Corona Cnosis (= Corona borealis): 3.459f. Corvus: 2.243 Crater: 2.244, 2.266 Custos Ursae (= Bootes): 2.153f. (mit pedes = Zeta + Ypsilon Bootis) Cynosura (= Ursa minor): 3.107 Delphin: 1.457, 2.79, 6.471, 6.720 Erigoneius canis (= Canis maior; s.o.): 5.723 Gemini: 5.694, 6.727 Gemino angue iuvenis (= Ophiuchus + Serpens): 6.735f. Gorgoneus equus (= Pegasus): 3.450 (mit colla = Zeta und Xi Pegasi) Helice (= Ursa maior): 3.108, 4.580 Helles pecus (= Aries): 4.903 Hyades: 3.105, 4.678, 4.679, 5.164, 5.166, 6.197

Hyantis sidus (= Hyades): 5.734 Hyriea proles (= Orion): 6.719 (mit lacerti = insb. Beteigeuze, Alpha Orionis + Bellatrix, Gamma Orionis) Idaeus puer (= Aquarius): 2.145 Iovi grata avis (= Aquila): 5.732 Iovis praepes adunca (= Aquila): 6.196 Leo: 1.655f., 2.77 (mit in medio pectore ignis = Regulus, Alpha Leonis) Libra: 4.386 Lycaon (= Bootes): 6.235 Lyra: 1.316, 1.654, 2.76, 2.77, 5.415 Milvus: 3.794 Orion: 4.388, 5.493, 5.545, 6.787f. (mit zona = Mintaka, Delta Orionis + Alnilam, Epsilon Orionis + Alnitak, Zeta Orionis) Parrhasides stellae (= Ursa maior): 4.577 Pharia iuvenca (= Taurus): 5.619 Phrixea ovis (= Aries): 3.852 Piscis: 2.458, 3.400 Pl(e)iades: 3.105, 4.169, 5.599 Scorpius: 3.712, 4.164, 5.417 Taurina frons (= Hyades): 6.197 Taurus: 5.165, 5.603 Thyone (= Hyades): 6.711 Ursa (maior): 2.153, 6.236 Vindemitor (= Epsilon Virginis): 3.407

Index nominum geographicorum Achivus (adj.): 5.645 Acis: 4.468 Acragas: 4.475 Actiacus (adj.): 1.711 Aegaeum : 4.565 Aeneades: 1.717, 4.161 Aeolius (adj.): 2.456 Aequi: 6.721 Aequiculus: 3.93 Aetnaeus (adj.): 1.574 Aetne: 4.491 Afer (adj.): 4.289 Africa: 1.593 Alba Longa: 2.499 Albani: 3.89 Albanus (adj.): 3.91 Albula: 2.389, 4.68, 5.646 Algidus (adj.): 6.722 Almo: 4.337, 4.340 Alpinus (adj.): 6.358 Amenanus (adj.): 4.467 Anapus: 4.469 Aonius (adj.): 1.490, 3.456 Aphidna: 5.708 Apulus (adj.): 4.76 Ara Maxima: 1.581 Ara Pacis: 3.882 Arabes: 4.569 Arcadia: 1.478, 2.424, 5.91 Arcadius (adj.): 2.272, 2.423, 5.664 Arcas (Arcadier): 1.542, 2.272, 2.290, 5.89, 5.643, 6.505 Ardea: 2.721, 2.727, 2.749 Arethusis (adj.): 4.873 Argei: 3.791 Argi: 5.651, 6.47 Argolicus (adj.): 4.72 Aricia: 6.59 Aricini: 3.91

Aricinus (adj.): 3.263, 6.756 Arx Iovis: 4.635 Ascraeus (adj.): 6.14 Asia: 4.567, 6.420 Atria Libertatis: 4.624 Atria Tiberina: 4.329f. Atria Vestae: 6.263 Atticus (adj.): 4.502 Augustum forum: 5.552 Ausonia: 4.290 Ausonis (adj.): 2.94 Ausonius (adj.): 1.55, 1.542, 1.619, 4.266, 5.588, 5.658, 6.504 Aventinus (Berg): 3.295, 6.518 Aventinus (adj.): 1.551, 3.329, 3.884, 4.67, 4.816, 6.82, 6.728 Berecyntius (adj.): 4.181 Boeotus: 5.493 Bovillae: 3.667 Caelius: 3.522, 3.835 Caenina: 2.135 Calaber (adj.): 5.162 Callaicus (adj.): 6.461 Camere: 3.582 Camerina: 4.477 Campus (Martius): 1.464, 3.519, 6.237 Capena porta: 4.345, 5.673, 6.192 Capitolia: 1.203, 1.453, 2.667, 6.73, 6.351 Capitolinus (adj.): 2.69, 6.186 Caprae palus: 2.491 Carmentis porta: 2.201 Carseolanus (adj.): 4.710 Carseoli: 4.683 Carthago: 6.45 Carysteus (adj.): 4.282

262

Index nominum geographicorum

Cecropidae: 3.81, 4.504 Celaenae: 4.363 Chalybeius (adj.): 4.405 Cilissus (adj.): 1.76 Circus Flaminius: 6.205, 6.209 Circus Maximus: 2.392, 4.391, 4.680, 5.189, 5.190, 5.597, 5.669, 6.405, 6.477 Cnosis (adj.): 3.460 Colchus (adj.): 3.876 Collatia: 2.733 Collatius: 2.785 Collina porta: 4.871 Corinthus: 4.501 Corniculanus (adj.): 6.628 Corsus (adj.): 6.194 Cosyra: 3.567 Crathis: 3.581 Cremera: 2.205 Creta: 3.81, 4.285 Cretaeus (adj.): 5.115 Cretes: 1.594 Curensis (adj.): 3.94 Cures: 2.135, 2.480, 3.201, 6.216 Curia: 3.140 Curtius lacus: 6.403 Cyane: 4.469 Cybele: 4.249, 4.363 Cyclades: 4.281, 4.565 Cyllene: 5.87 Cythera: 4.286 Cytheriacus: 4.15 Dardanius: 1.519, 6.42 Dictaeus (adj.): 5.118 Didyme: 4.475 Dindymos: 4.249 Dindymus (adj.): 4.234 Dodonis: 6.711 Eleusin: 4.507

Erytheis (adj.): 1.543, 5.649 Eryx: 4.478, 4.874 Esquiliae = Esquilius: 2.435, 3.246, 6.601, 6.683 Etruscus (adj.): 1.641, 2.444, 4.880, 6.361, 6.714 Euboicus (adj.): 4.257, 6.210 Euphrates: 1.341, 2.463, 6.465 Falisci: 3.89, 3.843, 6.49 Faliscus (adj.): 1.84, 4.74 Fenestella porta: 6.578 fora: 1.258, 1.264, 2.391, 4.188, 6.401 Gabii: 2.690, 2.702, 2.783 Gabinus (adj.): 2.709 Gaetulus (adj.): 2.319 Galli: 6.351 Gallia: 6.378 Gallicus (adj.): 4.362, 6.185 Gallus: 4.364 Ganges: 3.729 Gelas: 4.470 Germania: 1.597, 1.645 Graecia: 1.90, 1.393, 2.37, 3.102 Graecia maior: 4.64 Graecus (adj.): 1.330, 4.63, 5.196 Grai: 4.66, 6.545 Graius (adj.): 3.108, 4.61, 5.166, 5.660, 6.300 Hadriacum : 4.501 Haemonia: 5.381 Haemonius (adj.): 2.40 Haemus: 1.390 Hebrus: 3.737 Helicon: 4.193 Hellespontus: 4.567, 6.341 Helorius (adj.): 4.477 Henna: 4.422, 4.455, 4.462

Index nominum geographicorum

Hernicus (adj.): 3.90 Hesperia: 1.498 Hesperius (adj.): 1.140, 2.73, 4.571 Hiberus (adj.): 6.519 Himera: 4.475 Hippocrene: 5.7 Hispanus (adj.): 6.462 Hypsipylaeus (adj.): 3.82 Ianiculus: 1.246 Icarium : 4.283, 4.566 Ida (Berg auf Kreta): 4.207, 5.115 Ida (Berg bei Troia): 4.79, 4.249, 6.15, 6.327 Idaeus (adj.): 2.145, 4.264 Idalius (adj.): 1.452 Iliacus (adj.): 3.29, 3.142, 3.418, 4.77, 4.250, 6.227, 6.365, 6.422, 6.456 Inachius (adj.): 5.656 Indi: 3.465, 4.569 India: 1.341 Indus: 3.720 Ionia: 6.175 Ionium : 4.566 Isaurus (adj.): 1.593 Ismarius (adj.): 3.410 Italis (adj.): 2.441 Italus (adj.): 4.64, 4.251 Ladon: 2. 274, 5.89 Lampsacos: 6.345 Lanuvium: 6.60 Latinus (adj.): 2.359, 3.177, 3.247, 5.195 Latium: 1.238, 2.589, 3.85, 4.253, 6.48, 6.175, 6.202, 6.376 Latius (adj.): 1.1, 1.539, 1.639, 2.270, 3.243, 3.606, 4.42, 4.133, 4.879, 4.894, 5.91, 6.507 Laurens (adj.): 2.679, 3.599, 6.60

263

Laurentes: 3.93 Leontini: 4.467 Lernaeus (adj.): 5.405 Lesbis (adj.): 2.82 Lesbos: 4.281 Leucadius (adj.): 5.630 Libycus (adj.): 2.209, 3.568, 3.631, 4.379, 5.178, 5.371 Libys: 4.570 Lilybaea: 4.479 Livia porticus: 6.639f. Luceres: 3.132 Lupercal: 2.381 Maenalis (adj.): 3.84 Maenalos: 5.89 Marsus (adj.): 6.142, 6.564 Maurus (adj.): 3.552, 6.244 Megarea: 4.471 Melite: 3.567 Meroe: 4.570 Messana: 1.595 Minoius (adj.): 3.81 Mons Sacer: 3.664 Mutinensis (adj.): 4.627 Mycenae: 3.83, 6.47 Mylae: 4.476 Naupactous (adj.): 2.43 Nilus: 5.268 Niseus (adj.): 4.500 Nomentum: 4.905 Nonacrinus (adj.): 2.275 Nova Via: 6.396 Numantinus (adj.): 1.596 Numidae: 1.595, 3.551 Oebalius (adj.): 3.230 Oceanus: 3.415 Olenius (adj.): 5.113, 5.251

264

Index nominum geographicorum

Olympus: 1.307, 3.415, 3.442, 5.27, 5.169 Oriens: 3.729 Ortygie: 4.471 Ortygius (adj.): 5.692 Ossa: 1.307, 3.441 Pachynos: 4.479 Padus: 4.571 Paeligni: 4.685 Paelignus (adj.): 3.95 Pagasaeus (adj.): 1.491, 5.401 Palaestinus (adj.): 2.464 Palatinus (adj.): 4.953, 5.152, 6.794 Palatium: 4.815 Pangaeus (adj.): 3.739 Pantagies: 4.471 Parrhasis (adj.): 4.577 Parrhasius (adj.): 2.276 Parthus: 5.580, 5.585, 5.593, 6.467 Pelasgi: 2.281 Peliacus (adj.): 1.308 Pelion: 3.441, 5.381 Pelopeias (adj.): 3.83 Pelopeis (adj.): 4.285 Pelorias: 4.479 Pergama: 1.525, 6.100 Persis: 1.385 Pharius (adj.): 5.619 Philippi: 3.707 Pholoe: 2.273 Phrygia: 4.265, 4.362 Phrygius (adj.): 4.79, 4.214, 4.272 Phryx: 4.274, 4.943, 6.473 Piraea: 4.563 Poenus: 3.148, 6.242, 6.243 Propontis: 5.257 Publicius clivus: 5.293f. Punicus (adj.): 4.608 Pygmaeus (adj.): 6.176

Quirinalis (adj.): 6.218 Quirini collis: 4.375 Ramnes: 3.132 Rhenus: 1.286, 4.571 Rhodanus: 4.571 Rhodope: 3.739 Rhoeteum: 4.279 Roma: 1.59, 1.198, 1.210, 1.243, 1.644, 1.718, 2.550, 3.151, 3.180, 4.157, 4.255, 4.270, 4.272, 4.389, 4.801, 4.806, 4.905, 5.93, 6.31, 6.58, 6.64, 6.257, 6.358, 6.424, 6.452 Romanum forum: 1.258, 2.529, 3.704, 6.396, 6.684 Romanus: 2.480, 3.187, 3.196, 3.433, 4.119, 4.259, 6.50, 6.77, 6.732 Romanus (adj.): 1.86, 2.19, 2.136, 2.483, 2.684, 2.687, 2.721, 3.24, 3.75, 3.103, 3.245, 3.292, 3.882, 5.312, 5.585, 5.586, 6.21, 6.435, 6.623, 6.683 Rutuli: 4.883, 4.891 Sabini: 1.261, 1.273, 2.431, 2.477, 6.217 Sabinus (adj.): 1.343, 3.95, 4.741, 6.260 Samos: 6.48 Sapaei: 1.389 Sardous (adj.): 4.289 Saturnia gens / Roma / terra: 1.237 / 6.31 / 5.625 Saxum : 5.150 Sceleratus vicus: 6.609f. Scythicus (adj.): 3.719, 4.82 Siculus (adj.): 2.93, 4.872 Sidonii: 3.108 Sigeus (adj.): 4.279

Index nominum geographicorum

Sithones: 3.719 Sparte: 3.83, 6.47 Stygius (adj.): 5.250 Stymphalis (adj.): 2.273 Styx: 2.536 Sulmo: 4.80, 4.81 Sunion: 4.563 Symaetheus (adj.): 4.472 Syracosius (adj.): 6.277 Syracusae: 4.873 Syri: 2.474 Syrtes: 4.499 Taenarius (adj.): 4.612 Tarentum: 1.501 Tarpeius (adj.): 1.79, 6.34 Tartara: 4.605 Tartareus (adj.): 3.620, 5.244 Tauromenum: 4.475 Tecta Via: 6.192 Tegeaeus (adj.): 1.545 Temesaeus (adj.): 5.441 Tenedus: 4.280 Teucrus (adj.): 4.40 Thapsos: 4.477 Therapnaeus (adj.): 5.223 Thrace: 5.257 Threicius (adj.): 4.458 Thybris: 1.242, 2.68, 3.524, 4.572, 6.228, 6.502, 6.714 Thyreatis (adj.): 2.663 Tiberinus: 4.291, 6.105 Tiberinus (adj.): 5.655

265

Tiberis: 2.389, 3.520, 4.337, 5.641, 5.655, 5.659, 6.776 Tibur: 4.71, 6.61, 6.665, 6.666, 6.670, 6.682 Titienses: 3.131 Tmolus: 2.313 Tolenus: 6.565 Trasimenus (adj.): 6.765 Tricrene: 2.276 Trinacris: 4.420 Trinacrium mare: 4.287 Troezen: 6.739 Troia: 1.523, 3.423, 4.45, 4.119, 4.177, 4.251, 5.389 Troianus (adj.): 4.75 Tuscus (adj.): 1.233, 1.500, 2.212, 4.48, 4.294, 5.628, 6.201 Tyrii: 3.555 Tyrius (adj.): 1.489, 2.107, 3.627 Tyrrhenus (adj.): 2.208, 3.723 Tyrus: 3.631 Urbs i.e. Roma: 1.27, 1.582, 2.553, 2.682, 2.684, 2.735, 3.270, 3.783, 4.186, 4.807, 5.135, 5.146, 5.635, 6.653, 6.665 Veiens (adj.): 2.195 Velabrum: 6.405 Virginea aqua: 1.464 Volsci: 6.721 Zanclaeus (adj.): 4.499

Index nominum Acastus: 2.40 Acca: 4.854, 5.453 Achates: 3.603, 3.607 Achelous: 2.43, 5.343 Achilles: 2.119, 5.407 Achilleus (adj.): 5.396 Acmonides: 4.288 Actorides: 2.39 Adrastus: 6.433 Aeacides: 5.390 Aegeus: 2.41 Aeneas: 1.527, 2.543, 3.424, 3.425, 3.545, 3.549, 3.601, 3.607, 3.628, 4.37, 4.78, 4.251, 4.879, 4.890, 4.892, 5.563, 6.434 Aeneius (adj.): 4.799 Aeolius (adj.): 2.456 Aethra: 5.171 Aganippis (adj.): 5.7 Agenoreus (adj.): 6.712 Agrippa: 4.49 Alba: 4.43, 4.44 Alcides: 1.575, 2.318, 2.355, 4.66, 5.387, 5.400, 5.645, 6.812 Alcyone: 4.173 Alernus: 2.67, 6.105 Almo: 2.601 Amalthea: 5.115 Amata: 4.879 Amor: 4.1 Ampelos: 3.409 Amphiareiades: 2.43 Amphitrite: 5.731 Amulius: 3.49, 3.67, 4.53 Anchises: 4.35 Ancus: 6.803 Anna (Schwester Didos): 3.559, 3.605, 3.607, 3.613 Anna (Bovillis): 3.667

Anna Perenna: 3.146, 3.523, 3.654, 3.660, 3.677, 3.690, 3.691 Antenor: 4.75, 4.77 Aonia Camena: 4.245 Apollineus (adj.): 6.91 Appius: 6.203 Aquilo: 3.401, 4.643 Arcadia dea: 1.462 Arcas: 1.470 Arethusa: 4.423 Argestes: 5.161 Ariadnaeus (adj.): 5.346 Arion: 2.83, 2.91, 2.95 Arionius (adj.): 2.93 Aristaeus: 1.363 Assaracus: 4.34, 4.123, 4.943 Athamantis: 4.903 Athamas: 6.489, 6.555 Atlanteus (adj.): 3.105 Atlantis: 4.31 Atlas: 2.490, 5.83, 5.169, 5.180, 5.663 Atrides: 4.73 Attalus: 4.266 Attis: 4.223, 5.227 Augusta: 1.536 Augusti: 1.531 Augustus: 1.590, 4.348, 4.676, 5.567 Aurora: 2.267, 3.711, 4.721, 5.733 Auster: 3.401, 5.323, 5.381 Autumnus: 4.897 Aventinus: 4.51 Azanis: 3.659 Baccha: 6.507 Bacchus: 1.360, 1.393, 2.313, 3.301, 3.410, 3.461, 3.468, 3.474, 3.481, 3.482, 3.497, 3.501, 3.713, 3.714, 3.736, 3.767, 3.772, 5.167, 5.264, 5.345, 6.483, 6.523, 6.562

Index nominum

Battus: 3.570 Bellona: 6.201 Berecyntia: 4.355 Bona Diva: 5.148 Boreas: 2.147, 5.203 Briareus: 3.805 Brontes: 4.288 Brutus (L. Iunius Brutus): 2.717, 2.837, 2.849 Brutus (D. Iunius Brutus Callaicus): 6.461 Cacus: 1.550, 1.551, 1.569, 5.648, 6.82 Cadmeis: 6.553 Cadmus: 1.490 Caducifer: 4.605, 5.449 Caesar (Augustus): 1.13, 1.599, 2.15, 2.138, 2.141, 2.637, 3.419, 3.422, 3.710, 4.20, 4.124, 4.627, 4.859, 5.568, 5.588, 6.455, 6.646, 6.809 Caesar (Germanicus): 1.3, 1.31, 6.763 Caesar (Iulius Caesar): 3.156, 3.702, 4.379, 4.381 Caesareus (adj.; Augustus): 1.282 Calliopea: 5.80 Callisto: 2.156 Calpetus: 4.46 Camena: 3.275, 4.245 Camillus: 6.184 Capta: 3.837 Capys (König von Troja): 4.34 Capys (König von Alba Longa): 4.45 Carmentis: 1.499, 6.529 Carna: 6.101 Castor: 5.709 Celaeno: 4.173 Celer: 4.837, 4.838, 4.843, 5.469 Celeus: 4.508

267

Centaurus: 5.405 Ceres: 1.349, 1.671, 1.673, 1.704, 2.520, 2.539, 3.666, 4.393, 4.401, 4.407, 4.412, 4.421, 4.455, 4.485, 4.494, 4.547, 4.562, 4.574, 4.615, 4.619, 4.645, 4.917, 4.931, 6.285, 6.391, 6.470 Cerialis (adj.): 1.127, 1.683, 4.507, 4.911, 6.391 Chaos:1.103 Charites: 5.219 Charybdis: 4.499 Chiron: 5.379, 5.399, 5.413 Chloris: 5.195, 5.197 Cinyras: 5.227 Circe: 4.70 Clarius deus: 1.20 Claudia Quinta: 4.305, 4.343 Claudius: 4.874 Clausus: 4.305 Clio: 5.54, 6.801, 6.811 Clotho: 6.757 Clusius: 1.130 Clymenus: 6.757 Collatinus: 2.787 Concordia: 1.639, 2.631, 3.881, 6.91, 6.637 Consus: 3.199 Coronides: 6.746 Coronis: 1.291 Corybantes: 4.210 Cranae: 6.107, 6.151 Crassi: 5.155, 5.583 Crassus: 6.465, 6.468 Cretides nymphae: 3.443f. Crocos: 5.227 Cumaea anus: 4.158 Cupido: 2.463 Curetes: 4.210 Curius: 5.131 Custos: 6.209

268

Index nominum

Cybele: 6.321 Cybeleius (adj.): 4.191 Cyclops: 4.473 Cynthia: 2.91, 2.159 Cynthius: 3.346, 3.353 Cytherea: 4.673 Cythereius heros: 3.611 Dardanides: 6.419 Dardanius dux: 2.680 Dardanos: 4.31 Daunus: 4.76 Delia: 5.537 Delphicus: 3.856 Deucalion: 4.794 Diana: 1.387, 2.155, 3.81, 3.261, 4.761, 6.745 Dianius (adj.): 5.141 Dictynna: 6.755 Didius: 6.568 Dido: 3.545, 3.550, 3.597, 3.640 Dione: 2.461, 5.309 Dis: 4.449 Doris: 4.678 Drusus (Sohn des Tiberius): 1.12 Drusus (Vater des Germanicus): 1.597 Eetion: 4.280 Egeria: 3.154, 3.275 Electra: 4.31, 4.32, 4.174, 4.177, 6.42 Elicius: 3.328 Elissa: 3.553, 3.612, 3.623 Eos: 3.877, 4.389 Eous (adj.): 1.140, 3.466, 5.557, 6.474 Epeus: 3.825 Epytus: 4.44 Erato: 4.195, 4.349 Erectheus (adj.): 5.204 Ericthonius: 4.33

Erigoneius (adj.): 5.723 Euander: 1.471, 1.497, 1.508, 1.580, 1.583, 1.620, 2.279, 4.65, 5.91, 5.643, 6.506 Fabii: 1.605, 2.196, 2.203, 2.223, 2.235, 2.375, 2.377 Fabius (adj.): 2.240 Faunus: 2.193, 2.268, 2.303, 2.306, 2.332, 2.361, 3.84, 3.291, 3.299, 3.312, 3.319, 4.653, 4.663, 4.762, 5.99, 5.101 Faunus Lycaeus: 2.424 Faustulus: 3.56, 4.854, 5.453 Fidius: 6.213 Flaminius: 6.765 Flora: 5.195 Floralis (adj.): 4.947 Fornacalis dea: 6.314 Fornax: 2.525 Fors: 6.773, 6.775 Fortuna: 1.209, 6.569, 6.617 Fortuna Fors: 6.773 Fortuna Publica: 4.376, 5.729f. Fortuna Virilis: 4.145, 4.149 Furius: 1.641 Galatea: 6.733 Galli: 4.361 Ganymedes: 6.43 Genius (Anchisae): 2.545 Genius (Augusti): 5.145 Germanicus: 1.3, 1.63, 1.285, 4.81 Giganteus (adj.): 5.555 Gigas: 3.439, 5.35 Glaucus: 6.750 Gorgoneus (adj.): 3.450 Gradivus: 2.861, 3.169, 3.677, 5.556 Gyges: 4.593

Index nominum

Haemonius puer: 5.400 Halaesus: 4.73 Hamadryades: 2.155 Hasdrubal: 6.770 Hecate: 1.141 Hector: 5.385 Heliades: 6.717 Helle: 3.857, 4.715, 4.903 Hellespontiacus deus: 1.440 Hercules: 1.584, 5.632, 6.65, 6.78, 6.521 Hercules Custos: 6.209 Herculeus (adj.): 2.237, 2.312, 5.696 Hesperos: 2.314, 5.419 Hippolytus: 3.265, 5.309, 6.744 Honor: 5.23 Horae: 1.125, 5.217 Hyades: 5.166 Hyas: 5.170, 5.172, 5.179, 5.182, 5.734 Hymenaeus: 2.561 Hyperion: 1.385 Hyperionis: 5.159 Hypsipylaeus (adj.): 3.82 Hyrieus: 5.499, 5.535 Hyriëus (adj.): 6.719 Ianalis (adj.): 6.165 Ianus: 1.43, 1.64, 1.65, 1.89, 1.95, 1.127, 1.166, 1.172 1.183, 1.287 1.318, 1.586, 2.1, 2.48, 2.49, 2.51, 3.881, 5.424, 5.721, 6.119, 6.123 Iarba: 3.552 Iason: 1.491, 2.627 Icarius (adj.): 4.939 Icarus: 4.284 Idaea parens: 4.182 Idaeus iudex: 6.44 Idas: 5.701, 5.713

269

Ilia: 2.598, 3.233, 4.54, 4.55 Iliacus deus: 1.528 Iliades: 3.62, 4.23, 5.565 Ilus: 6.419, 6.420, 6.429 Inachiotis: 1.454 Inachius (adj.): 3.658 Ino: 3.859, 6.485, 6.505, 6.528, 6.541 Itys: 4.482 Iuba: 4.380 Iuleus (adj.): 4.124, 5.564 Iulia: 1.536 Iulius (adj.): 4.40 Iulius Proculus: 2.499 Iulus: 4.39 Iuno: 1.55, 2.177, 2.436, 2.605, 3.83, 3.205, 3.247, 4.720, 5.231, 6.65, 6.285, 6.487 Iuno Moneta: 6.183 Iunonalis (adj.): 6.63 Iuppiter: 1.56, 1.85, 1.126, 1.201, 1.202, 1.236, 1.293, 1.559 1.579, 1.587, 1.608, 1.612, 1.650, 2.70, 2.118, 2.131, 2.138, 2.162, 2.178, 2.180, 2.182, 2.247, 2.289, 2.299, 2.462, 2.483, 2.488, 2.489, 2.585, 2.604, 2.607, 2.611, 2.668, 2.670, 2.676, 3.290, 3.316, 3.321, 3.324, 3.327, 3.330, 3.354, 3.366, 3.437, 3.440, 3.444, 3.448, 3.527, 3.660, 3.703, 3.716, 3.730, 3.796, 3.807, 4.32, 4.174, 4.203, 4.505, 4.584, 4.597, 4.613, 4.622, 4.635, 4.827, 4.834, 4.878, 4.892, 4.894, 4.898, 4.899, 5.36, 5.40, 5.41, 5.45, 5.46, 5.86, 5.111, 5.112, 5.116, 5.120, 5.124, 5.126, 5.230, 5.231, 5.240, 5.248, 5.301, 5.390, 5.448, 5.495, 5.514, 5.523, 5.606, 5.610, 5.616, 5.617, 5.626, 5.664, 5.684, 5.713, 5.732, 6.18, 6.27, 6.34,

270

Index nominum

6.52, 6.74, 6.186, 6.188, 6.196, 6.231, 6.353, 6.360, 6.378, 6.386, 6.485, 6.759 Iuppiter Invictus: 6.650 Iuppiter Pistor: 6.350, 6.394 Iustitia: 1.249 Iuturna: 1.708, 2.585, 2.603, 2.606

Lycaon: 6.235 Lycaonis: 2.173 Lycaonius (adj.): 3.793 Lycurgus: 3.722 Lyda puella: 2.356 Lynceus: 5.711 Lyncëus (adj.): 5.709

Laenas: 5.330 Laestrygones: 4.69 Laomedon: 6.430, 6.729 Lar: 1.136, 2.616, 2.634, 4.802, 5.138, 5.141, 5.142, 5.145, 6.791 Lara: 2.599 Larentia: 3.55 Lares Praestites: 5.129 Latinus: 2.544, 3.601, 4.43 Latona: 5.543 Lausus: 4.54, 4.55 Lavinia: 3.629, 3.633 Learcheus (adj.): 6.491 Learchus: 6.490 Ledaei dei: 1.706 Leucippus: 5.702 Leucothea: 6.501, 6.545 Liber: 1.403, 3.414, 3.465, 3.479, 3.508, 3.728, 3.744, 3.777 Libera: 3.512 Libertas: 4.624 Livia: 5.157, 6.638 Lotis: 1.416, 1.423 Lucifer: 1.46, 2.150, 2.568, 3.772, 3.877, 4.677, 5.548, 6.211, 6.474, 6.791 Lucina: 2.449, 2.451, 3.255, 6.39 Lucretia: 2.741, 2.795 Luna: 3.657, 3.883, 3.884, 4.374 Lunaris (adj.): 5.16 Luperci: 2.31, 2.267, 2.421, 2.423, 5.101 Lyaeus: 1.395

Maenalis diva: 1.634 Maenalius deus: 4.650 Maenas: 4.458, 6.504 Maeonides: 2.120 Maeonis: 2.310, 2.352 Magna dea: 4.194 Magnus: 1.603 Maia: 4.174, 5.85 Maiestas: 5.25, 5.43 Mamurius: 3.260, 3.383, 3.389, 3.392 Manlius: 6.185 Marcia: 6.802, 6.803 Mars: 1.39, 1.60, 1.520, 2.208, 2.419, 2.858, 3.2, 3.3, 3.21, 3.79, 3.85, 3.88, 3.136, 3.259, 3.429, 3.691, 4.25, 4.55, 4.57, 4.130, 4.172, 4.188, 5.59, 5.229, 5.258, 5.465, 5.550, 5.554, 5.575, 5.579, 6.191, 6.354 Martigena: 1.199 Martius (adj.): 3.37, 3.59, 3.232 Masinissa: 6.769 Mater: 2.55, 4.250, 4.263, 4.276, 4.360 Matuta: 6. 479, 6.545 Mavors: 3.171, 4.828, 6.53 Maximus: 2.241 Maximus (adj.):1.606 Medusa: 3.451 Medusaeus (adj.): 5.8 Melicertes: 6.494 Memnon: 4.714 Mens: 6.241, 6.245

Index nominum

Mercurius: 2.608, 5.496, 5.673, 5.691 Merope: 4.175 Metanira: 4.539 Metellus: 4.348, 4.351, 6.444 Metus: 5.29 Mezentius: 4.881, 4.891, 4.895 Minerva: 3.5, 3.176, 3.681, 3.693, 3.809, 3.812, 5.231, 6.421, 6.652 Minerva Capta: 3.837 Moneta: 1.638, 6.183 Mulciber: 1.554, 6.626 Musa: 1.660, 2.359, 4.83 Muta dea: 2.583 Naias: 1.512 Nais: 1.405, 2.599, 2.606, 4.231, 4.232, 5.115 Narcissus: 5.225 Nasica: 4.347 Naso: 5.377 Neptunius (adj.): 1.525 Neptunus: 4.173 Neritius dux: 4.69 Nestor: 3.533 Nonacrius heros: 5.97 Notus: 2.300, 3.588, 5.686 Nox: 1.455, 4.662, 4.721 Numa: 1.43, 2.69, 3.262, 3.276, 3.300, 3.305, 3.309, 3.312, 3.342, 3.348, 3.385, 4.641, 4.652, 4.667, 5.48, 6.264 Numicius: 3.647, 3.653 Numitor: 4.53, 4.54, 4.809, 5.75 Nysiades nymphae: 3.769 Oceanus: 5.21, 5.81, 5.168, 5.171, 5.233 Ocresia: 6.627 Oebalidae: 5.705 Oebalius (adj.): 1.260

271

Oenides: 4.76 Oetaeus (adj.): 6.519 Ops: 6.285 Orion: 5.543 Othryades: 2.665 Pacalis (adj.): 1.719 Paean: 4.263 Palaemon: 6.501, 6.547 Palaestinae deae: 4.236 Pales: 4.640, 4.722, 4.723, 4.746, 4.776, 4.820, 4.863 Pallantias: 4.373 Pallantis: 6.567 Pallantius heros: 5.647 Pallas (Minerva): 2.89, 3.7, 3.81, 3.815, 3.816, 3.817, 3.824, 3.826, 3.847, 6.424, 6.728 Pallas (Sohn Euanders): 1.521 Pan: 1.397, 2.271, 2.277, Panope: 6.499 Parcae: 3.802, 6.795 Parrhasia dea: 1.618 Parrhasius lar: 1.478 Patulcius: 1.129 Pax: 1.121, 1.704, 1.709, 1.712 Peleus: 2.39, 5.408 Perenna (s. auch Anna Perenna): 3.673 Persephone: 4.452, 4.483, 4.485, 4.579, 4.591 Phaedra: 6.737 Phaethon: 4.793 Phasis: 2.42 Philippus: 6.801 Phillyrides: 5.383 Philyreius heros: 5.391 Phineius (adj.): 6.131 Phocus: 2.39 Phoebe (Diana): 2.163, 5.306, 6.235 Phoebe: 5.699

272

Index nominum

Phoebes soror: 5.699 Phoebeus (adj.): 3.827 Phoebus: 1.164, 1.291, 1.651, 2.106, 2.247, 2.261, 2.713, 3.139, 3.361, 3.416, 4.390, 4.688, 4.951, 5.17, 5.420, 5.694, 6.111, 6.112, 6.199, 6.707, 6.761 Phoenissa: 3.595 Phrixeus (adj.): 3.852, 4.278 Phrixus: 3.858, 3.861 Phrygia Mater: 2.55 Phryx puer: 4.223 Picus: 3.291, 3.299, 3.319, 3.320 Pieris: 2.269, 4.222, 5.109, 6.798, 6.799 Pistor: 6.350, 6.394 Plautius: 6.685 Pleiades: 5.84, 5.106 Pl(e)ias (Maia): 5.447, 5.664 Pleione: 5.83 Pollux: 5.711, 5.715 Polyhymnia: 5.9, 5.53 Pompilius: 3.152 Porrima: 1.633 Portunus: 6.547 Postumius: 5.330 Postumus: 4.41 Postverta: 1.633 Praenestina dea: 6.62 Priamides: 6.15 Priamus: 6.431 Priapus: 1.415, 1.435, 6.319, 6.345 Proca: 4.52, 6.143 Procne: 2.629, 2.855 Proculus: 2.499 Proserpina: 4.587 Proteus: 1.367 Publicii: 5.288 Pudor: 5.29 Pygmalion: 3.574 Pyrrhus: 6.203, 6.732

Quintilii: 2.378 Quirinus: 1.37, 1.69, 1.199, 2.475, 2.507, 3.41, 4.56, 4.808, 4.910, 6.93, 6.375, 6.796 Quirites: 2.479, 2.505, 2.849, 3.277, 3.349, 4.187, 4.855, 5.597, 5.631, 6.775 Remulus: 4.49, 4.50 Remus: 2.134, 2.143, 2.370, 2.372, 2.377, 2.486, 3.41, 3.70, 4.56, 4.817, 4.841, 5.151, 5.452, 5.457, 5.464 Reverentia: 5.23 Rhea: 4.201 Robigo: 4.907, 4.911 Romana sacerdos: 3.9 Romuleus (adj.): 2.482, 3.67, 5.260 Romulus: 1.29, 2.133, 2.365, 2.370, 2.376, 2.386, 2.432, 2.476, 2.492, 2.504, 3.97, 3.128, 3.197, 3.431, 4.813, 4.818, 4.837, 5.47, 5.71, 5.75, 5.451, 5.479, 6.63, 6.84, 6.793 Romulus (adj.): 2.412 Ruminus (adj.): 2.412 Rumor: 6.527 Rutilius: 6.563 Sagaritis (adj.): 4.229 Salii: 3.260, 3.387 Salus: 3.882 Samius (adj.): 3.153 Sancus Fidius: 6.213, 6.214 Saturnia (Iuno): 1.265, 2.191, 5.235, 6.507 Saturnia (Vesta): 6.383 Saturnus: 1.193, 1.235, 3.796, 4.197, 5.19, 6.29, 6.30, 6.286 Satyri: 1.397, 1.411 Semele: 3.715, 6.485, 6.503 Semo: 6.214

Index nominum

Servius: 6.480, 6.571, 6.620, 6.634 Sibylla: 3.534, 4.875 Sidonis: 3.649, 5.610, 5.617 Silenus: 1.399, 1.413, 1.433, 6.324, 6.339 Silvia: 2.383, 3.11, 3.45 Silvius: 4.42 Sisyphus: 4.175 Smintheus: 6.425 Sol: 4.581, 4.583 Solimus: 4.79 Somnus: 4.653 Sospita: 2.56 Stator: 6.793 Sterope: 4.172 Steropes: 4.288 Stimula: 6.503 Stygius Iuppiter: 5.448 Styx: 3.322, 3.802 Sulla: 6.212 Summanus: 6.731 Superbus: 2.691, 2.718, 6.600 Syphax: 6.769 Tacita: 2.572 Tanaquil: 6.629 Tantalidae (Atreus, Thyestes): 2.627 Tantalides (Agamemnon): 5.307 Tarquinius (Sex. Tarquinius): 2.725, 2.796, 2.825 Tarquinius (Tarquinius Superbus): 2.687, 2.694, 2.705, 2.843, 2.851 Tatius: 1.260, 1.272, 2.135, 6.49, 6.93 Taygete: 4.174 Tegeaea parens: 1.627 Tegeaea sacerdos: 6.531 Tegeaea virgo: 2.167 Telegonus: 3.92, 4.71 Tellus: 1.671, 4.634, 4.665, 5.541, 6.460

273

Tempestas: 6.193 Tereus: 2.629, 2.856 Terminus: 2.50, 2.641, 2.655, 2.658, 2.669, 2.673, 2.681 Terra: 1.673, 2.719, 3.799, 5.35 Tethys: 2.191, 5.81, 5.168 Thalia: 5.54 Thebana dea: 6.476 Thebana mater: 3.721 Themis: 3.658, 5.22 Therapnaeus (adj.): 5.223 Theseus: 3.473, 3.487, 3.491, 6.737 Theseus (adj.): 3. 460 Thestiades: 5.305 Thybris: 5.635, 5.637, 6.238 Thyiades: 6.514 Thyone: 6.711 Tiberinis: 2.597 Tiberinus: 2.389, 4.47 Tiberis: 5.641 Tirynthius, auch actor / heros / iuvenis: 5.629 / 1.547 / 2.349 / 2.305 Titan (Sol): 1.617, 2.73, 4.180, 4.919 Titanes: 3.797 Titanis: 5.81 Tithonia: 4.943 Tithonius (adj.): 3.403 Tithonus: 1.461, 6.473 Tonans: 2.69, 4.585, 6.33, 6.349 Triptolemus: 4.550 Tritonia: 6.655 Trivia: 1.389 Troianus iudex: 4.121 Tros: 4.33 Tubertus: 6.723 Tullia: 6.587 Tullius: 6.581, 6.613, 6.627, 6.783 Turnus: 1.463, 4.879, 4.880, 4.883 Tuscus dux: 4.884 Tychius: 3.824

274

Index nominum

Tydeus: 1.491 Tyndaridae: 5.700 Typhoeus: 1.573, 4.491 Typhon: 2.461 Tyria puella: 5.605 Tyrrhenus rex: 4.893 Ulixes: 6.433 Ultor: 5.551, 5.577 Uranie: 5.55 Urion: 5.535 Vacuna: 6.307 Vacunalis (adj.): 6.308 Veiovis: 3.430, 3.447 Venus: 1.39, 1.301, 1.397, 3.514, 3.694, 4.14, 4.27, 4.36, 4.57, 4.61, 4.86, 4.90, 4.119, 4.125,

4.129, 4.153, 4.159, 4.160, 4.228, 4.286, 4.629, 4.657, 4.865, 4.866, 4.875, 4.877, 6.375 Vesta: 1.528, 3.45, 3.141, 3.417, 3.426, 3.698, 4.732, 4.828, 4.949, 4.951, 5.573, 6.227, 6.234, 6.249, 6.263, 6.267, 6.286, 6.291, 6.295, 6.298, 6.299, 6.304, 6.310, 6.331, 6.335, 6.336, 6.365, 6.376, 6.380, 6.436, 6.437, 6.460, 6.713 Vestalis: 2.383, 3.11 Victor: 4.621 Virbius: 6.756 Volcanus: 3.82, 3.514, 5.725, 6.627 Zephyrus: 2.148, 2.220, 4.478, 5.201, 5.319, 6.715

Über den Inhalt Ovids Fasti sind ein großes Lehrgedicht, das Ursprünge, Tradition und Bedeutung der römischen Festtage im Jahreslauf beschreibt. Das eigentlich auf 12 Bücher angelegte Werk, von dem nur sechs überliefert sind, umfasst die Monate Januar bis Juni. Es gehört zu den großen, überzeitlichen Quellen zur Kultur und Religion der Blütezeit des Römischen Reichs. Übersetzt, eingeleitet und kommentiert von Andrea Themann-Steinke, geb. 1979, ist Akademische Rätin und lehrt Latinistik und Gräzistik an der Universität Konstanz. Ihre klare, moderne Neuübersetzung der Fasti bietet zusammen mit dem lateinischen Text, mit Kommentaren und einer Einleitung einen hervorragenden Zugang zu diesem wichtigen Text der Hochzeit der antiken, römischen Literatur.

Über die Reihe Edition Antike Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose Die Edition Antike bietet zweisprachige Leseausgaben wichtiger Texte der antiken Literatur mit modernen Übersetzungen und in einer zeitgemäßen Ausstattung. Autoren und Werke werden eingangs kurz vorgestellt. Ein knapper Sachkommentar am Ende des Bandes erleichtert die Lektüre und das Verständnis der Texte. Thomas Baier ist Professor für Klassische Philologie (Latinistik) an der Universität Würzburg. Kai Brodersen ist Professor für Antike Kultur an der Universität Erfurt, deren Präsident er von 2008 bis 2014 war. Martin Hose ist Professor für Klassische Philologie (Gräzistik) an der Ludwig-Maximilians-Universität München.