Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG [1 ed.] 9783428529889, 9783428129881

Der Geschäftsführer einer GmbH soll Gewähr für einen seriösen und ordnungsgemäßen Betrieb der Gesellschaft bieten. Aus d

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Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG [1 ed.]
 9783428529889, 9783428129881

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 385

Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG Von Benjamin Heßeler

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

BENJAMIN HESSELER

Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 385

Amtsunfähigkeit von GmbH-Geschäftsführern gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG Von Benjamin Heßeler

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Werksatz, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-12988-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Arbeit wurde im Sommersemester 2008 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Das Manuskript ist auf dem Stand Dezember 2007. Der Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens zum MoMiG und aktuelle Rechtsprechung und Literatur konnten bis September 2008 weitgehend berücksichtigt werden. Herrn Prof. Dr. Martin Henssler danke ich ganz herzlich für die Betreuung dieser Arbeit, seine Ratschläge und die zeitnahe Erstellung des Gutachtens. Frau Prof. Dr. Barbara Grunewald danke ich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Diese Arbeit ist während meiner Tätigkeit am Lehrstuhl von Frau Prof. Dr. Anne Röthel entstanden, der ich für ihre Unterstützung und ihren Rat zu Dank verpflichtet bin. Weiterhin möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Gregor Thüsing und Herrn Prof. Dr. Rüdiger Veil für ihre Ratschläge bedanken. Meinen Eltern schulde ich Dank für ihre Unterstützung, insbesondere meinem Vater für seinen technischen Sachverstand, und die Förderung der Drucklegung dieser Arbeit durch einen Druckkostenzuschuss. Mein besonderer Dank gilt all denen, die mich während der Zeit der Erstellung der Arbeit unterstützt haben, sei es durch ihren Sachverstand, ihre Zeit und / oder ihre Freundschaft. Besonders erwähnen möchte ich an dieser Stelle Dr. Holger Michael Kleinhenz, Nathalie Putterer, Ingo Sparmann und meine Arbeitskollegen während meiner Zeit an der Bucerius Law School. Ina Groth danke ich dafür, dass sie die Mühen des Korrekturlesens auf sich genommen hat. Hamburg, im September 2008

Benjamin Heßeler

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

1. Teil Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen im GmbH-Recht

30

A. Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

B. Begründung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . I. Möglichkeiten des Amtsausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vor- und Nachteile der Inhabilität gegenüber anderen Handlungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schutzzwecke der Amtsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32 32 35 39 41

C. Allgemeines zur Bestellung und den Aufgaben eines Geschäftsführers . . . . . .

41

D. Derzeitige Amtsunfähigkeitsgründe in der GmbH und bei anderen Rechtsformen I. Überblick über die gesetzlichen Amtsunfähigkeitsgründe . . . . . . . . . . . . II. Systematisierung der Amtsunfähigkeitsgründe von § 6 Abs. 2 GmbHG . . III. Tatsächliche Bedeutung der Amtsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gesellschaftsvertragliche Eignungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gesetzliche Amtsunfähigkeitsgründe bei anderen juristischen Personen .

46 46 49 51 51 52

E.

Entwicklung der Inhabilitätsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. 1892 bis zu den Entwürfen 1971/73 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorarbeiten zur GmbH-Novelle 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. GmbH-Novelle 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. 1981 bis 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bewertung der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 56 63 69 70

F.

Aktuelle Reformanliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Forderungssicherungsgesetz 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Forderungssicherungsgesetz 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gesetz zur Bekämpfung von Missbräuchen, zur Neuregelung der Kapitalaufbringung und zur Förderung der Transparenz im GmbH-Recht (MiKaTraG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Forderungssicherungsgesetz 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 71 73

75 75

8

Inhaltsübersicht V.

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (RefE MoMiG) . . . . . . . . . . . . . VI. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (RegE MoMiG) . . . . . . . . . . . . . VII. Stellungnahme des Bundesrats zum RegE MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Gegenäußerung der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens des MoMiGs . . . . . . . . . . . . . . . . X. Vorschläge aus der Rechtswissenschaft und Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79 82 84 85 88

G. Europäische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europäische Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90 90 91

76

H. Anforderungen an die rechtliche Rechtfertigung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Inhabilitätsbestimmungen . . . 92 II. Europarechtliche Rechtfertigung der Amtsunfähigkeitsgründe . . . . . . . . . 105 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Teil Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

111

A. Zulassung nur natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 I. Aktuelle Gesetzeslage und Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 II. Reformhinweise für die Zulassung juristischer Personen . . . . . . . . . . . . . 132 B. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gründe für den Ausschluss Geschäftsunfähiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausschluss beschränkt Geschäftsfähiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zweck des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Reformansatz: Zulassung beschränkt Geschäftsfähiger mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines zur Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausschluss bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Vermögensangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zweck des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Keine Erweiterung des Ausschlusses durch analoge Anwendung . . . . . . .

132 133 133 139 139 140 141 142 143 143 145 146 146 146 147

Inhaltsübersicht

9

VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 VIII. Reformansatz: Ausschluss weiterer Betreuter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 D. Keine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bisherige Entwicklung der Inhabilität bei strafrechtlichen Verurteilungen II. Verurteilungen wegen eines Insolvenzdelikts, §§ 283 –283d StGB . . . . . III. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zweck des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ausschluss für die Dauer von fünf Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Hypothetische Erstreckung auf andere Straftatbestände . . . . . . . . . . . . . . VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Reformansatz: Änderung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . .

154 154 157 165 166 166 167 174 181 182

E.

Kein Berufsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berufsverbot nach § 70 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Andere Berufsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Dauer und Umfang der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zweck der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Ausländische Berufsverbote als Amtsunfähigkeitsgrund . . . . . . . . . . . . . IX. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Reformansatz: Abschaffung der Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 213 214 222 228 228 231 231 232 233 234

F.

Keine vollziehbare behördliche Untersagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewerbeuntersagung gemäß § 35 GewO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Andere zu berücksichtigende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vollziehbarkeit der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Dauer und Umfang der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zweck der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Ausländische Untersagungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Reformansatz: Modifikation von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG . . . . . . . .

234 235 236 243 250 257 257 258 259 261 262 262

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung der Rechtsfolgenanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Folgen für den Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen für den Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

264 264 265 283

10

Inhaltsübersicht IV. Folgen für die Gesellschaft und Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 VI. Reform: Keine Modifikation der Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

H. Durchsetzung von § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Versicherungspflicht, §§ 8 Abs. 3, 39 Abs. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftung gemäß § 9a Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Strafbewehrung der falschen Versicherung, § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG . . V. Information des Registergerichts und Amtslöschung . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Reform: Effektivitätssteigerung der Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

313 313 316 329 329 332 333 338

I.

338 339

J.

Ausländer als Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung des Meinungsstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anforderungen des Ausländerrechts an den Aufenthalt und die Einreisemöglichkeit von Geschäftsführern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässigkeit eines ausländischen Geschäftsführers mit Wohnsitz in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Jederzeitige Einreisemöglichkeit als Habilitätsvoraussetzung? . . . . . . . . . V. Reform: Kein gesetzlicher Ausschluss von Ausländern . . . . . . . . . . . . . . Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Firmenbestattungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhabilität vermögensloser Personen / Inhabilität von Personen, die an Insolvenzen beteiligt waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhabile und ausländische Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Geltung ausländischer Tätigkeitsverbote in einer GmbH . . . . . . . . . . . . .

350 358 365 377 377 378 382 391 419

3. Teil Zusammenfassung und Ausblick

422

A. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Personen- und Institutionenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

1. Teil Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen im GmbH-Recht

30

A. Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

B. Begründung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen . . . . . . . . . . . . I. Möglichkeiten des Amtsausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vor- und Nachteile der Inhabilität gegenüber anderen Handlungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Höhere Abschreckungswirkung gegenüber einer Haftungsnorm . . b) Höhere Abschreckungswirkung gegenüber einer strafrechtlichen Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Präventive Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rasches und effektives Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hohe Abschreckungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hoher Überwachungsaufwand und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schwerer Eingriff in Rechte des Betroffenen und der Gesellschaft d) Prognoseentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schutzzwecke der Amtsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32 32

36 37 38 38 38 38 39 39 39 41

C. Allgemeines zur Bestellung und den Aufgaben eines Geschäftsführers . . .

41

D. Derzeitige Amtsunfähigkeitsgründe in der GmbH und bei anderen Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über die gesetzlichen Amtsunfähigkeitsgründe . . . . . . . . . . . . II. Systematisierung der Amtsunfähigkeitsgründe von § 6 Abs. 2 GmbHG . . III. Tatsächliche Bedeutung der Amtsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gesellschaftsvertragliche Eignungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gesetzliche Amtsunfähigkeitsgründe bei anderen juristischen Personen .

46 46 49 51 51 52

E. Entwicklung der Inhabilitätsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. 1892 bis zu den Entwürfen 1971/73 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52

35 35 35

12

Inhaltsverzeichnis II.

Vorarbeiten zur GmbH-Novelle 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beschlüsse der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aussagen von Heidland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Referat von Odersky . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlüsse der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Forderungen von Tiedemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. GmbH-Novelle 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regierungsentwurf 1977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme des Bundesrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gegenäußerung der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahmen aus der Rechtswissenschaft und Praxis . . . . . . . . . . . 5. GmbH-Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. 1981 bis 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskussion über den ausländischen Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . V. Bewertung der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F.

Aktuelle Reformanliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Forderungssicherungsgesetz 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Forderungssicherungsgesetz 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gesetz zur Bekämpfung von Missbräuchen, zur Neuregelung der Kapitalaufbringung und zur Förderung der Transparenz im GmbH-Recht (MiKaTraG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Forderungssicherungsgesetz 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (RefE MoMiG) . . . . . . . . . . . . . VI. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (RegE MoMiG) . . . . . . . . . . . . . VII. Stellungnahme des Bundesrats zum RegE MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Gegenäußerung der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens des MoMiGs . . . . . . . . . . . . . . . . X. Vorschläge aus der Rechtswissenschaft und Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G. Europäische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europäische Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Anforderungen an die rechtliche Rechtfertigung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Inhabilitätsbestimmungen . . . 1. Eingriff in die Grundrechte des potenziellen Geschäftsführers . . . . . . a) Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56 56 57 58 60 62 63 63 64 66 67 67 69 69 69 70 70 71 73

75 75 76 79 82 84 85 88 90 90 91 92 92 93 93

Inhaltsverzeichnis

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aa) Eingriff in den Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Drei-Stufen-Lehre des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtfertigung auf der Ebene der subjektiven Berufswahl notwendig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) GmbH-Geschäftsführer als eigenes Berufsbild im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtfertigung durch einen wichtigen Grund des Gemeinwohls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Weitere Verhältnismäßigkeitsanforderungen . . . . . . . b) Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG . . c) Eingriff in den allgemeinen Gleichbehandlungssatz, Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingriff in die Grundrechte der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eingriff in das Eigentumsrecht, Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eingriff in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . c) Eingriff in die Vereinigungsfreiheit, Art. 9 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . d) Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG . . e) Eingriff in den allgemeinen Gleichbehandlungssatz, Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eingriff in die Grundrechte der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eingriff in das Eigentumsrecht, Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eingriff in die Unternehmerfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . c) Eingriff in die Vereinigungsfreiheit, Art. 9 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . d) Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG . . e) Eingriff in den allgemeinen Gleichbehandlungssatz, Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europarechtliche Rechtfertigung der Amtsunfähigkeitsgründe . . . . . . . . . 1. Beschränkungen in der Person des Inhabilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Diskriminierung von EU-Ausländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inländerdiskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkungen für die Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschränkung für die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93 93 94 94 95 98 99 99 100 101 101 102 102 103 103 103 104 104 104 104 104 105 105 105 105 108 109 109 109

2. Teil Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

111

A. Zulassung nur natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 I. Aktuelle Gesetzeslage und Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

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Inhaltsverzeichnis

II.

1. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik an der Begründung: Möglichkeit der Zulassung juristischer Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vergleichbares Verbot für die AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Strafbarkeitslücken als Folge der Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zulassung von juristischen Personen als Liquidatoren . . . . . . . . . . d) Persönliche Verantwortung für die Einhaltung der Organpflichten e) Organisationsrechtliche Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gefahren für den Rechtsverkehr, „Missbrauch“ . . . . . . . . . . . . . . . g) Zulassung im europäischen Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Praktischer Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zweck des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundrechtliche Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes, Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ungleichbehandlung von juristischen und natürlichen Personen bb) Ungleichbehandlung von GmbH und Personengesellschaften cc) Ungleichbehandlung von Geschäftsführern und Liquidatoren c) Verletzung der Grundfreiheiten einer juristischen Person aus der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reformhinweise für die Zulassung juristischer Personen . . . . . . . . . . . . .

B. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . I. Gründe für den Ausschluss Geschäftsunfähiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausschluss beschränkt Geschäftsfähiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung des Streitstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begründung des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besonderheiten der Organstellung und Minderjährigenschutz . . . . b) Kritik an einer Begründung über die Organtheorie . . . . . . . . . . . . 3. Bestimmung der Reichweite des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkungen durch gerichtliche Genehmigungsvorbehalte . . . c) Besonderheit der Organstellung und Minderjährigenschutz . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zweck des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

112 113 113 114 116 117 118 121 122 123 124 125 126 126 129 129 129 129 131 131 131 132 132 133 133 133 134 134 135 136 136 137 137 139 139 139

Inhaltsverzeichnis

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V. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 VII. Reformansatz: Zulassung beschränkt Geschäftsfähiger mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines zur Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausschluss bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Vermögensangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zweck des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Keine Erweiterung des Ausschlusses durch analoge Anwendung . . . . . . . VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Reformansatz: Ausschluss weiterer Betreuter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kein Ausschluss bei Betreuung bzgl. der Personensorge . . . . . . . . . . 2. Ausschluss bei Betreuung bzgl. der Vermögenssorge . . . . . . . . . . . . . a) Keine Betreuung in Angelegenheiten der Geschäftsführung . . . . . aa) Keine eigenen Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unzulässige Folgen der Zulassung einer Betreuung . . . . . . . . b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtfertigung und Ausgestaltung des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . 4. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145 146 146 146 146 147 147 148 148 148 148 149 150 151 152 153 153

D. Keine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bisherige Entwicklung der Inhabilität bei strafrechtlichen Verurteilungen II. Verurteilungen wegen eines Insolvenzdelikts, §§ 283 –283d StGB . . . . . 1. Bankrott, §§ 283 f. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schuldnerbegünstigung, § 283d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Für § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG relevante Verurteilungen . . . . . . . . . . . . . 6. Statistisches zu den Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Besondere Probleme der §§ 283 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interessenformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Faktischer Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbraucherinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zweck des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154 154 157 158 158 159 159 160 160 162 162 163 164 165 165 166

143 143

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Inhaltsverzeichnis V. Ausschluss für die Dauer von fünf Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eignung des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Hypothetische Erstreckung auf andere Straftatbestände . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Wirtschaftsstraftatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insolvenzverschleppungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auslandsstraftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen einer analogen Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erstreckung auf vergleichbare ausländische Straftaten durch das MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Reformansatz: Änderung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorschläge aus Rechtswissenschaft und Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik am bisherigen System und den gesetzlichen Erweiterungsvorschlägen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kritik des bisherigen Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik der geplanten Änderungen durch das FoSiG . . . . . . . . . . . . c) Kritik der geplanten Änderungen durch den RefE MoMiG . . . . . . d) Kritik der geplanten Änderungen durch den RegE MoMiG und das MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erweiterung des Schutzzwecks der Inhabilitäten durch FoSiG und MoMiG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reformvorschläge zur Ausgestaltung eines neuen § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kombinationslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Katalogstraftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Insolvenzverschleppung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Insolvenzdelikte, §§ 283 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Betrug und Untreue als Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verstoß gegen Strafnorm zu Sicherung von § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Gesellschaftsrechtliche Sonderdelikte („Falsche Angaben“, „Unrichtige Darstellung“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166 167 167 167 169 170 172 172 174 175 175 176 177 181 181 181 182 182 183 187 187 188 193 194 196 197 197 197 199 201 202 205 206 206

Inhaltsverzeichnis

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c) Keine Aussetzung der Inhabilität auf Bewährung . . . . . . . . . . . . . d) Ermessensanordnung der Disqualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Einführung einer eigenen Strafnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Dauer des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Ausländische Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Praktische Relevanz der neuen Inhabilitätsnorm . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

206 207 209 211 211 212 212

E. Kein Berufsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berufsverbot nach § 70 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutzzweck und verfassungsrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anordnung eines Berufsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Geschäftsführertätigkeit als Gegenstand eines Berufsverbots . . . . . . . 5. Folgen eines Berufsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Aussetzung zur Bewährung, Widerruf und Erledigung . . . . . . . . . . . . 7. Einsatz in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Andere Berufsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorläufiges Berufsverbot gemäß § 132a StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorläufiges Berufsverbot als Amtsunfähigkeitsgrund . . . . . . . . . . c) Analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berufsgerichtliche Berufsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zivilgerichtliche Berufsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Dauer und Umfang der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zweck der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Ausländische Berufsverbote als Amtsunfähigkeitsgrund . . . . . . . . . . . . . IX. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Reformansatz: Abschaffung der Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 213 214 215 215 216 217 219 221 221 222 222 222 222 223 224 224 228 228 228 229 229 231 231 232 233 234

F.

234 235 236 236 237

Keine vollziehbare behördliche Untersagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewerbeuntersagung gemäß § 35 GewO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis a) Ausübung eines Gewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unzuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Person des Unzuverlässigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erforderlichkeit zum Schutz der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . 3. Untersagungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Folgen einer Untersagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Besonderheiten für Untersagungen gegen Vertretungsberechtigte oder betriebliche Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einleitung des Verfahrens und Bedeutung in der Praxis . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Andere zu berücksichtigende Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mit § 35 GewO vergleichbare Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Untersagungen von Betrieben und der Teilnahme an einer Veranstaltung 3. Versagung, Widerruf und Rücknahme von Gewerbeerlaubnissen . . . . a) Allgemeine Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigene Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Begriff der Untersagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vergleich Unzuverlässigkeitsgründe und Versagungs- und Widerrufsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vergleich der Dauer der Gewerbeuntersagung und der Versagung bzw. des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Tätigkeitsuntersagungen nach dem KWG bzw. VAG . . . . . . . . . . . . . a) § 46 Abs. 1 Nr. 3 KWG, § 87 Abs. 6 VAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 36 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vollziehbarkeit der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vollziehbarkeit von Behördenentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Folgen der Anknüpfung an die Vollziehbarkeit (Rückwirkungslösung) 3. Vorschlag: Zeitpunktbezogene Feststellung der Inhabilität . . . . . . . . . V. Rechtstatsächliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Dauer und Umfang der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zweck der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Ausländische Untersagungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

237 237 239 240 241 241 242 243 243 243 244 244 244 244 245 245 246 247 248 249 249 250 250 250 251 252 253 257 257 257 258 258 259 259 260 261 261

Inhaltsverzeichnis

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X. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 XI. Reformansatz: Modifikation von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG . . . . . . . . 262 G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . I. Entwicklung der Rechtsfolgenanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Folgen für den Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz: Keine Organstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Behandlung als wirksames Organ nach der Lehre von der fehlerhaften Organstellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung faktischer Geschäftsführer und fehlerhaft bestelltes Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen der Lehre von der fehlerhaften Organstellung . . c) Inhabilität und die Lehre von der fehlerhaften Organstellung . . . . 3. Folgen betreffend Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geschäftsführerrechte und -pflichten als faktischer Geschäftsführer b) Anmeldung des Erlöschens der Organstellung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Informationspflichten gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung aus allgemeinen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung aus Schutzgesetzverletzung, § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . aa) § 6 Abs. 2 GmbHG als Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG als Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftung gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen für den Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemein: Handeln als Vertreter ohne Vertretungsmacht . . . . . . . . . 2. Besonderer handelsrechtlicher Vertrauensschutz über § 15 HGB . . . . a) Anfängliche Inhabilität und Schutz über § 15 Abs. 3 HGB . . . . . . aa) Voraussetzungen von § 15 Abs. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einschränkung von § 15 Abs. 3 HGB im Falle von § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GmbHG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Reichweite des Schutzes von § 15 Abs. 3 HGB . . . . . . . . . . . . b) Spätere Inhabilität und Schutz über § 15 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . 3. Weiterer Vertrauensschutz über Rechtsscheinsgrundsätze . . . . . . . . . a) Überwindung der fehlenden Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . aa) Durch das Handelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Durch das Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überwindung der Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsführers . . . . aa) Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Probleme der Zurechnungslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgen für die Gesellschaft und Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

264 264 265 265 266 267 267 268 273 273 276 277 278 278 278 278 281 282 283 283 285 285 286 288 289 291 293 293 293 294 295 295 297 299 299

20

Inhaltsverzeichnis V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Reform: Keine Modifikation der Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Änderung der Nichtigkeitsfolge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen für Rechtsgeschäfte des inhabilen Geschäftsführers, dessen Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reichweite der Inhabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schadensersatzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

302 303 303

H. Durchsetzung von § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Versicherungspflicht, §§ 8 Abs. 3, 39 Abs. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Reichweite der Versicherung über Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . 2. Bezugszeitpunkt für die Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wortlaut der Versicherung über die Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . 4. Unbeschränkte Auskunftspflicht und Versicherung über die Belehrung 5. Registerrechtliche Prüfung der Habilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einsicht Dritter in die Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftung gemäß § 9a Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Strafbewehrung der falschen Versicherung, § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG . . V. Information des Registergerichts und Amtslöschung . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Reform: Effektivitätssteigerung der Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beibehaltung der Versicherungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigene Strafnorm für Verstöße gegen § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . 3. Mitteilungspflichten gegenüber dem Registergericht . . . . . . . . . . . . . . 4. Keine eigene Überwachungsbehörde, aber ein eigenes Inhabilitätsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sonstige Details . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

313 313 316 317 321 323 326 327 328 329 329 332 333 333 334 335

I.

338 339 339 341 341 342 345 347 349

Ausländer als Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung des Meinungsstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beginn des 20. Jahrhunderts bis 1930 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. 1930 bis 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. 1945 bis 1975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. 1975 bis 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. 1981 bis 1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. 1998 bis zur Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anforderungen des Ausländerrechts an den Aufenthalt und die Einreisemöglichkeit von Geschäftsführern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

304 304 306 306 306 313

336 337 338

350

J.

Inhaltsverzeichnis

21

1. Keine Arbeitserlaubnis erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einreise und Aufenthaltstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unionsbürger und EWR-Ausländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nicht-privilegierte Ausländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schengen-Visum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nationales Visum / Aufenthaltserlaubnis . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Privilegierte Ausländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässigkeit eines ausländischen Geschäftsführers mit Wohnsitz in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beschränkter Aufenthaltstitel als Verwaltungsentscheidung i. S.v. § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analoge Anwendung von § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG? . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unwirksamkeit der Bestellung gemäß §§ 134, 138 BGB . . . . . . . . . . a) Verbotsgesetze i. S.v. § 134 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Prüfung durch das Registergericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Jederzeitige Einreisemöglichkeit als Habilitätsvoraussetzung? . . . . . . . . . 1. Dogmatische Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Persönliche Pflichtenerfüllung nur im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auskunfts- und Mitwirkungspflichten vor Behörden und Gerichten c) Untauglichkeit des Kriteriums der Einreisemöglichkeit . . . . . . . . . d) Praktische Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) § 138 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verfassungsrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Prüfung durch das Registergericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausländischer Geschäftsführer mit ausländischem Wohnort als Sitzverlegung der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zulässigkeit eines ausländischen Geschäftsführers nach dem MoMiG 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Reform: Kein gesetzlicher Ausschluss von Ausländern . . . . . . . . . . . . . .

351 352 352 353 354 355 356 357 357

Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Firmenbestattungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhabilität des Altgeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhabilität der Neugeschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

358 358 361 362 362 363 364 365 365 366 366 366 368 370 371 372 373 373 374 374 374 376 376 377 377 378 378 379 380

22

Inhaltsverzeichnis 2. Änderungen durch das MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen der vorgeschlagenen Erweiterung von § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausschluss vermögensloser Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhabilität vermögensloser Personen / Inhabilität von Personen, die an Insolvenzen beteiligt waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausschluss vermögensloser Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschluss vermögensloser Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss von Personen, die an einer Insolvenz als Geschäftsleiter beteiligt waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschluss von Geschäftsführern bei einer Insolvenz der geführten Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhabile und ausländische Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umgehung der Inhabilität durch Einsatz einer Zweigniederlassung . . a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Lösung auf der Grundlage des HGBs vor 1993 . . . . . . . . . . . . . . . c) Lösung vor dem Inkrafttreten des MoMiGs . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Straf- / Ordnungsrechtliche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesellschaftsrechtliche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätzlich berufen: Recht des Heimatstaates . . . . . . . (2) Sonderanknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . (a) Sonderanknüpfung über das Registerrecht . . . . . . . . . (b) Anknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG im Wege der Sitztheorie (Gesellschaft außerhalb der Niederlassungsfreiheit / besonderer Abkommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Anknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG unter Geltung der Gründungstheorie / der Niederlassungsfreiheit (Gesellschaft im Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit / besonderer Abkommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Sonderanknüpfung bei absoluter Geltung der Gründungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Sonderanknüpfung wegen teilweiser Geltung der Sitztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Rechtfertigung und Folge der Anknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

381 381 382 382 382 383 383 384 387 387 389 391 391 391 391 392 393 394 398 398 398 398

399

400 400 402 402 403 404

Inhaltsverzeichnis

IV.

cc) Lösung über das Registerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ansicht des BGH: Keine Eintragung der Zweigniederlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Allgemeine Kritikpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Insbesondere: Europarechtswidrigkeit der Ablehnung der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Lösung nach dem Inkrafttreten des MoMiGs . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Lösung des Gesetzgebers im MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sinnvolle Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Nationale Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhabilität nach deutschem Recht bei Tätigkeit als Geschäftsführer einer Zweigniederlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geltung ausländischer Tätigkeitsverbote in einer GmbH . . . . . . . . . . . . . 1. Geltendes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine Erstreckung auf ausländische Tätigkeitsverbote . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 404 404 404 407 409 409 409 409 410 413 413 413 417 419 419 420 421

3. Teil Zusammenfassung und Ausblick

422

A. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Personen- und Institutionenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457

Einleitung Die GmbH ist in Deutschland – trotz der von vielen als Alternative beschworenen private limited company (ltd.) 1 – mit großem Abstand die wichtigste Rechtsform insbesondere für den Mittelstand, um ein Unternehmen zu betreiben. Ende des Jahres 2005 waren im Handelsregister ca. 1.000.000 GmbHs eingetragen. 2 Die Varianz der Erscheinungsformen ist groß und reicht von Einmann-GmbHs über (verschieden große) Familienunternehmen bis hin zu großen Kapitalgesellschaften. Volkswirtschaftlich ist die GmbH ebenso von immenser Bedeutung, wie allein das Umsatzsteueraufkommen offenbart 3 oder die Tatsache, dass die „GmbH ... wesentliche Rechtsform der KMU (ist)“ und diese Gruppe „... bekanntlich mehr als 70% der Beschäftigung sichert ...“ 4. Als juristische Person bedarf die GmbH, um handeln zu können, eines Handlungsorgans, nämlich des Geschäftsführers. Viele GmbHs haben dabei nicht nur einen, sondern mehrere Geschäftsführer, weshalb es in Deutschland weit über eine Million GmbH-Geschäftsführer geben wird. Diese stammen entweder aus den Reihen der Gesellschafter – in aller Regel Mehrheitsgesellschafter – oder sind sogenannte Fremdgeschäftsführer, also gesellschaftsfremd. Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der GmbH und vertritt sie nach außen. Auch wenn die GmbH die Gesellschaft der Anteilseigner ist, nehmen der Geschäftsverkehr und die Belegschaft der Gesellschaft die GmbH in erster Linie über den Geschäftsführer und dessen Handeln wahr. Die Geschäftsführer sind nicht nur Arme und Hände,

1 Zur Frage, inwieweit die ltd. tatsächlich eine Konkurrenz zur GmbH darstellt, vgl. die Untersuchung von Niemeier, ZIP 2006, 2237 ff. Neuere Statistiken zeigen einen merklichen Rückgang der Flucht in die Gründung einer ltd., Niemeier, Status:Recht 2007, 246 („Massensterben“); ders., ZIP 2007, 1794 ff. („Marktwende“). Westhoff, GmbHR 2007, 474 ff., kommt auf Grund einer anderen Datenerhebungsmethode zu einem immer noch positiven Gründungstrend bei der ltd.; kritisch gegenüber der Methode Westhoffs aber Niemeier, ZIP 2007, 1794 f. 2 Kornblum, GmbHR 2007, 25, 26; demgegenüber gab es nur ca. 450.000 Unternehmen in der Form des Einzelkaufmanns, der OHG oder KG. Auf die erhebliche Diskrepanz (150.000!) der Registerzahlen zur Anzahl von GmbH nach der FGG- und der Körperschaftssteuerstatistik weist Niemeier, ZIP 2006, 2237, 2238 hin, weshalb die Zahl der tatsächlich aktiven GmbHs irgendwo zwischen den beiden Statistiken liegen wird. 3 Die von der Umsatzsteuerstatistik erfassten ca. 450.000 GmbHs setzten 2004 etwa 1,5 Billionen Euro durch Leistungen und Lieferungen um, Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2006, S. 624. 4 Niemeier, ZIP 2006, 2237, 2240.

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sondern auch das Gesicht und Stimme der GmbH für alle, die mit dieser in Kontakt treten. Die Geschäftsführer führen die Geschäfte – anders als der Vorstand einer AG – nicht eigenverantwortlich, sondern sind weisungsabhängig von der Gesellschafterversammlung. In den meisten Fällen werden sie jedoch ohne Einmischung der Gesellschafter die Geschäfte der GmbH selbstständig führen können. Als zentralem Handlungsorgan der GmbH obliegt es ihnen dabei, für einen gesetzmäßigen Betrieb der GmbH zu sorgen: Der Geschäftsführer ist Garant für einen seriösen Betrieb einer GmbH. 5 Diese Garantenfunktion des Geschäftsführers ist um so wichtiger als die Gesellschafter einer GmbH von einer persönlichen Haftung für Schulden der Gesellschaft befreit sind; einziges Haftungsvermögen für Gläubiger ist im Normalfall das Vermögen der GmbH. Dieses Haftungsprivileg erhalten die Gesellschafter daher nur um den Preis, dass die Kapitalaufbringung und -erhaltung in der GmbH besonders strengen Regeln unterworfen ist. 6 Die Gesellschaft soll beispielsweise ordnungsgemäß im Liquidations- oder Insolvenzverfahren abgewickelt werden. Insolvenzanträge sind deshalb vom Geschäftsführer innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen, § 64 Abs. 1 GmbHG, da nur so die Ziele des Insolvenzverfahrens, nämlich die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger oder der Erhalt der Gesellschaft, § 1 InsO, erfüllt werden können. Der Geschäftsführer ist aber nicht nur Garant für einen ordentlichen Betrieb der GmbH, sondern besitzt auch eine große Verantwortung dafür, dass die Gesellschaft floriert. Seine Geschäftsführung ist mit maßgebend für den Erfolg der Unternehmung. 7 Inwieweit dies in der Praxis funktioniert, ist schwer zu sagen. Jedenfalls besitzt die GmbH eine hohe Anfälligkeit für masselose Insolvenzen 8, wofür auch Managementfehler und die fehlende persönliche Qualifikation der Geschäftsführer verantwortlich sind 9. Damit die GmbH seriös, rechtmäßig und möglichst erfolgreich betrieben wird und Dritte sowie Gläubiger auf einen solchen Betrieb vertrauen können, kann der Gesetzgeber den Geschäftsführer über Verhaltens- und Haftungsregeln zu einer risikoärmeren oder rechtmäßigen Geschäftsleitung anhalten. Zusätzlich kann er sich auch mit der Eignung und Qualifikation der Geschäftsleitung auseinandersetzen 5

Vgl. auch Drygala, ZIP 2005, 423, 424 sowie Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 1 und zuletzt BGH, NJW 2008, 2437, 2441 – GAMMA unter Rn. 38 („[Der Geschäftsführer ist verpflichtet] ... Sorge für das rechtmäßige Verhalten der Gesellschaft nach außen [zu tragen].“) 6 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 I 2, S. 1111 f. 7 Siehe auch Drenckhan, GmbHR 2006, 1296. 8 GroßkommGmbHG / Ulmer, Einl. A Rn. A 90 f. 9 Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung, S. 6 f. Bedeutender dürfte aber die konjunkturelle Lage sein.

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und versuchen, bestimmte Personen von der Geschäftsleitung auszuschließen, etwa Personen, die eine große Gefahr für einen rechtswidrigen Umgang mit den Kapitalregeln oder eine missbräuchliche bzw. kriminelle Verwendung der GmbH im laufenden Betrieb oder in der Krise bieten oder derart geschäftsuntüchtig sind, dass der Misserfolg des Unternehmens absehbar ist. Beide Möglichkeiten hat der deutsche Gesetzgeber wahrgenommen, für die Qualifikation eines Geschäftsführers in § 6 Abs. 2 GmbHG. Dieser beschränkt sich darauf, bestimmte als besonders ungeeignet angesehene Personen aus der Geschäftsleitung fernzuhalten. Diese Ausschlussgründe werden aber zunehmend als nicht ausreichend erachtet, um eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch den Geschäftsführer abzusichern. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt, weshalb er die Vorschrift demnächst erweitert: Wegen der starken Verbreitung und besonderen Bedeutung von Kapitalgesellschaften seien an die vertretungsberechtigten Personen „besonders hohe Anforderungen zu stellen. Sowohl die von diesen Personen vertretenen Gesellschaften als auch deren Vertragspartner müss(t)en darauf vertrauen können, dass sie mit integeren Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern zusammenarbeiten.“ 10 Vor diesem Hintergrund untersucht und bewertet die vorliegende Arbeit die derzeit bestehenden Inhabilitätsgründe von § 6 Abs. 2 GmbHG auf ihre Effizienz und ihre rechtspolitische Bedeutung. Zudem versucht sie Lösungen aufzuzeigen, um den Wirkungsgrad der Norm zu verbessern, bestehende Bedenken auszuräumen und den aktuellen Entwicklungen anzupassen, damit eine ordnungsgemäße Geschäftsführung in ausreichendem Maße sichergestellt ist. Die Untersuchung orientiert sich dabei am derzeit bestehenden akzessorisch ausgestalteten System des § 6 Abs. 2 GmbHG. In jüngster Zeit gibt es Forderungen, die deutschen Inhabilitätsvorschriften in der derzeitigen Form abzuschaffen und sie dem englischen Company Directors Disqualification Act 1986 (CDDA) nachzubilden, was den Übergang zu einem rein gerichtlich oder behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot bedeuten würde. 11 Die Forderungen beruhen dabei auf sehr positiven Analysen des englischen Rechts, die alle eine Überlegenheit des englischen Systems ausmachen. 12

10 Entwurf eines Forderungssicherungsgesetzes, BT-Drs. 16/511, S. 12. Siehe auch die Stellungnahme des Bundesrats zum RegE MoMiG, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 10 = BT-Drs. 16/6140, S. 64 („Bei derartigen Verurteilungen [sc. wegen einer Straftat nach den §§ 263 –264a StGB] besteht ... keine Vertrauensbasis für eine ordnungsgemäße und entsprechend den Regeln des Wirtschaftslebens ausgerichtet Geschäftsführung.“) 11 In diese Richtung Triebel / Otte, ZIP 2006, 311, 314 f. Etwas zurückhaltender Lanzius, ZInsO 2004, 296 ff. 12 Lanzius, ZInsO 2004, 296 ff.; Haas, WM 2006, 1369 ff.; siehe auch Peter Ulmer in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P171.

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Diese Forderungen weisen aber einige Unzulänglichkeiten auf: Die Arbeiten widmen sich dem deutschen System zumeist nur unzureichend. Eingehendere Untersuchungen des deutschen Systems hat es bislang soweit ersichtlich nicht gegeben – die während der Anfertigung dieser Arbeit erschienene Dissertation von Bettina Schmitz 13 ausgenommen. Hinzukommt, dass es sich um Forderungen handelt, welche die Optimierungsmöglichkeiten des derzeitigen Systems gänzlich außer Acht lassen. Möglicherweise steht dies im Zusammenhang mit der in der Rechtswissenschaft bisher vernachlässigten Auseinandersetzung mit § 6 Abs. 2 GmbHG. Im Übrigen passen die sehr positiven Analysen in den Trend, ausländisches, insbesondere englisches, Gesellschaftsrecht als moderner und praxisgerechter gegenüber dem deutschen Gesellschaftsrecht einzustufen – manchmal leider ohne alle Wertungspunkte einzubeziehen. So wurde die ltd. wegen ihres fehlenden Stammkapitals und der schnelleren Gründung zu Beginn als ideale Rechtsform für Mittelständler angepriesen, ohne dass auch die Nachteile gegenüber der GmbH berücksichtigt wurden. 14 Ähnlich verfahren die Verfechter für einen deutschen CDDA, welche die teils sehr deutliche Kritik am CDDA ausblenden. 15 Ein Systemwechsel hin zum CDDA bedeutet etwa eine besondere Behörde einzurichten und finanziell (!) auszustatten, welche die Überwachung sicherstellt. 16 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kritik am CDDA sich trotz des anderen Systems in einigen Punkten gar nicht so sehr von derjenigen unterscheidet, die dem deutschen System gegenüber geäußert wird. 17 Diese Arbeit versucht deshalb die Systementscheidung, die der Gesetzgeber 1980 in § 6 Abs. 2 GmbHG getroffen hat, (weitestgehend) zu respektieren und zu wahren. Ausgangspunkt für die hier später angestellten Reformüberlegungen ist daher zunächst das Akzessorietätssystem. Fleischer ist zuzustimmen, wenn er konstatiert, dass ein „vollständiger Systemwechsel hin zum britischen Modell (ein Schritt ist), dessen Sinnhaftigkeit erst noch überzeugend zu belegen wäre.“ 18 Sofern hingegen in bestimmten Konstellationen ein gesetzgeberisches Handeln notwendig erscheint und das Akzessorietätssystem in diesen Fällen schlechter geeignet ist, kann es hingegen angebracht sein, ein vergleichbares Konzept wie

13

Der geeignete Geschäftsführer, 2006. Vgl. Römermann, NJW 2006, 2065 ff. für eine Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen. 15 Kritisch unter anderem Cheffins, Company Law, p. 550 ff.; Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7 ff.; Hicks, J. B. L. 2001, 433 ff. 16 Siehe etwa Fleischer, WM 2004, 157, 164 f. 17 So kritisiert Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 8, unter anderem die Verfahrensdauer bis eine disqualification order verhängt wird. Dies ist bei einer Anknüpfung an eine rechtskräftige Verurteilung bei der heutigen Dauer der Gerichtsverfahren nicht anders. 18 WM 2004, 157, 165. 14

Einleitung

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etwa beim CDDA einzuführen. 19 Auf diesem Wege strebt diese Arbeit an, die optimale Lösung herauszufiltern. Die Arbeit beschränkt sich auf eine Untersuchung der maßgeblichen Vorschriften für die GmbH, auch wenn § 76 Abs. 3 AktG der Bestimmung im GmbH-Recht entspricht. Das Erscheinungsbild bei AGs ist durch die Einteilung in börsennotierte und nicht börsennotierte derart unterschiedlich, dass einheitliche Ausschlussgründe für beide AG-Typen oder für alle AGs und GmbHs zu überdenken sind. Ist eine AG börsennotiert, besteht mit dem Kapitalmarktrecht ein besonderes Regime, das es angezeigt erscheinen lässt, wenigstens für diese AG andere Inhabilitätsgründe (etwa die Verletzung von besonderen Publizitätspflichten 20) in Bezug zu nehmen als bei einer mittelständischen GmbH. 21 Der Komplex der Inkompatibilitätsvorschriften ist ebenfalls nicht Gegenstand dieser Arbeit, da es bei diesen Vorschriften primär darum geht, Interessenkonflikte zu vermeiden und weniger darum, generell ungeeignete, gefährliche bzw. kriminelle Personen vom Amt auszuschließen. Im ersten Teil dieser Arbeit werden zunächst Begrifflichkeiten geklärt und abstrakt der Einsatz und die Vor- und Nachteile von Amtsunfähigkeitsgründen erläutert. Im Anschluss werden die allgemeine historische Entwicklung des § 6 Abs. 2 GmbHG sowie die aktuellen Reformbestrebungen nachgezeichnet. Zudem werden die verfassungs- und europarechtlichen Grenzen für den Einsatz von Ausschlussgründen aufgezeigt. Der zweite Teil der Untersuchung befasst sich dann mit den einzelnen gesetzlichen Ausschlussgründen und den Folgen von § 6 Abs. 2 GmbHG. Dort wird bei den einzelnen Merkmalen nach einem Abriss der Entwicklung des einzelnen Ausschlussgrundes den Voraussetzungen und teilweise den Rechtsfolgen nachgegangen. Des Weiteren wird die Vereinbarkeit mit dem Verfassungs- und Europarecht für die einzelnen Tatbestände geklärt. Ferner erfolgt eine Auseinandersetzung mit der (analogen) Anwendbarkeit von § 6 Abs. 2 GmbHG auf andere Tatbestände, insbesondere im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen im GmbH-Recht. Schließlich werden einzelne Reformvorschläge und -ideen unterbreitet. Im Anschluss an die Einzeldarstellung werden aktuelle Probleme im Hinblick auf § 6 Abs. 2 GmbHG diskutiert. Im dritten und letzten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse zusammengefasst und als Thesen formuliert.

19 Der CDDA wird als prominenter Vertreter der nicht-akzessorisch ausgeprägten Systeme in dieser Arbeit als Maßstab herangezogen. 20 Siehe nur die Vorschläge der High Level Group, Bericht, S. 74 f., 83 oder von Fleischer, WM 2004, 157, 163 f. 21 Wie Fleischer, ZGR 2004, 437, 473, WM 2004, 157, 164, zutreffend hervorhebt, bietet gerade der Kapitalmarkt gute Voraussetzungen für die Implementierung besonderer Habilitätsbestimmungen: Zur Verbotsdurchsetzung existiert eine sachverständige Aufsichtsbehörde (BaFin), zur Verbotsüberwachung gibt es ein „informationsdichtes“ Umfeld.

1. Teil

Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen im GmbH-Recht A. Begrifflichkeiten In der Literatur finden sich keine einheitlichen Bezeichnungen für die Voraussetzungen, die § 6 Abs. 2 GmbHG für die Bestellung eines Geschäftsführers aufstellt. 1 Mal wird vom Bestellungshindernis gesprochen 2, mal vom Tätigkeitsverbot 3, anderenorts von der Eignung 4, von der Qualifikation 5. Andere Autoren wiederum differenzieren zwischen Eignungs- oder Mindestvoraussetzungen (S. 1, 2) und Ausschlussgründen (S. 3, 4). 6 In dieser Arbeit werden für die einzelnen Gründe in § 6 Abs. 2 GmbHG, die eine Person vom Amt des Geschäftsführers ausschließen, hauptsächlich die Begriffe der Amtsunfähigkeits- oder Inhabilitätsgründe 7 verwendet. Diese Begriffe werden genutzt, da sie die doch unterschiedlichen Tatbestände in § 6 Abs. 2 GmbHG meines Erachtens am besten charakterisieren. Die Sätze 1 und 2 definieren positiv, wer Geschäftsführer sein kann, während die Sätze 3 und 4 Negativkriterien heranziehen. Die Formulierungen nötigen aber nicht dazu, die jeweiligen Kriterien begrifflich zu trennen. Alle Gründe haben denn auch eine Folge: Jemand bestimm1 Exemplarisch sei auf den RegE MoMiG verwiesen, der in der Begründung zu § 6 Abs. 2 GmbHG die Begriffe „Inhabilität“, „Ausschlussgründe / -tatbestände“, „Bestellungsverbot“ und „Bestellungshindernis“ nutzt, BT-Drs. 16/6140, S. 32 f., 49 f. 2 Fleischer, WM 2004, 157 ff. 3 Drygala, ZIP 2005, 423 ff.; Fleischer, WM 2004, 157 ff. 4 Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 6 Rn. 6 ff.; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, passim. 5 HeidelbergerKommentar / Bartl, GmbHG, § 6 Rn. 7 ff. 6 GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 8 ff.; Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 167. 7 Der Begriff der Inhabilität (lat.: Unfähigkeit, Untauglichkeit) findet sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts im Kirchenrecht, vgl. can. 11 codex iuris canonici 1917, später can. 10 codex iuris canonici 1983, und bezeichnet dort die Tatsache, dass eine Person Rechtshandlungen nicht wirksam vornehmen oder an sich wirksam vornehmen lassen kann, vgl. Münsterischer Kommentar / Socha, CIC, Can. 10 Rn. 3. Dieser Begriff wird etwa im RefE MoMiG, S. 42, 69, im RegE MoMiG, BT-Drs. 16/6140, S. 32, 49 f., oder in der Entscheidung des BGH, NJW 2006, 510 ff., genutzt.

A. Begrifflichkeiten

31

tes kann nicht Geschäftsführer sein, ist also amtsunfähig. Ebenso geeignet sind die Begriffe Ausschlussgründe oder Disqualifizierung, die daher in dieser Arbeit synonym gebraucht werden. Nur mit Einschränkungen kann man auf „Tätigkeitsverbote“, „Bestellungshindernisse“, „Qualifikation“ oder „Eignungsvoraussetzungen“ zurückgreifen. Bei einem „Tätigkeitsverbot“ wird nicht hinreichend deutlich, dass nicht nur das Tätigwerden als Organ unmöglich ist, sondern auch bereits die (formale) Bestellung zum Organ. Das „Bestellungshindernis“ dagegen legt nahe, dass jemand zwar nicht zum Geschäftsführer bestellt werden, ein einmal bestellter Geschäftsführer aber weiterhin im Amt bleiben kann. „Qualifikation“ und „Eignungsvoraussetzungen“ erscheinen dagegen zu offen und bieten Anlass für eine Begriffsverwirrung, je nachdem wie man die einzelnen Begriffe definiert. Bei einem weiten Verständnis treffen nämlich die Begriffe nicht das, was § 6 Abs. 2 GmbHG als Ausschlussgründe formuliert. Die gesetzlichen Anforderungen bleiben hinter dem zurück, was man landläufig von einem „geeigneten“ oder „qualifizierten“ Geschäftsführer erwarten würde, etwa, dass sich der Geschäftsführer in einer bestimmten Branche auskennt, geschäftserfahren und geschäftstüchtig ist, bestimmte Sprachen beherrscht, vielleicht sogar eine besondere Prüfung absolviert hat, etc. Bei § 6 Abs. 2 GmbHG könnte man vielleicht von einer „Grundeignung oder -qualifikation für einen seriösen Betrieb einer GmbH“ sprechen, aber prägnanter ist der Begriff der Habilität. 8 Trotz dieser Unschärfe kommt diese Arbeit nicht umhin, den Begriff eines „geeigneten“ Geschäftsführers ab und an im Rahmen der Inhabilität zu verwenden. Dabei handelt es sich dann um einen Geschäftsführer, der die Gewähr für einen seriösen Betrieb einer GmbH bietet. Weiter ist der Begriff des Geschäftsführers zu klären, da dieser doppeldeutig ist. 9 Zum einen wird so jemand bezeichnet, der allgemein die Geschäfte in einer Gesellschaft oder Organisationseinheit führt. Zum anderen wird damit das Organ der GmbH bezeichnet. Diese Arbeit nutzt den Begriff des Geschäftsführers in der Regel im letzteren Sinne. Ist für einige Aussagen zwischen beiden Verständnismöglichkeiten zu differenzieren, wird klarstellend vom GmbH-Geschäftsführer gesprochen.

8 „Eignung“ und „Qualifikation“ passen besser für statutarische Voraussetzungen, da dort an eine Eignung / Qualifikation im wahrsten Sinne des Wortes angeknüpft werden kann, indem etwa ein bestimmter Berufsabschluss verlangt wird. Allerdings stoßen sie auch hier an ihre Grenzen, da unter anderem an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie angeknüpft werden kann. Dort von einer Eignung / Qualifikation zu sprechen, erscheint ein wenig unpassend. 9 Brockhaus, Stichwort Geschäftsführer; Duden, Stichwort Geschäftsführer.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

B. Begründung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen Dem Gesetzgeber steht eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, um dafür zu sorgen, dass eine GmbH durch den Geschäftsführer ordnungsgemäß betrieben wird. Zuerst fallen einem haftungsbewehrte Verhaltenspflichten oder strafrechtliche Sanktionen ein, aber darüber hinaus kann der Gesetzgeber auch zu anderen Maßnahmen greifen. Diese Varianten lassen sich nach der Art der Sanktion (finanziell – nicht finanziell), des Sanktionszeitpunkts (präventiv – postventiv) und des Durchsetzungsmechanismus (Durchsetzung durch Private – Durchsetzung durch den Staat) aufgliedern. Eine grobe Einteilung der möglichen Maßnahmen ergibt folgendes Bild: 10 Tabelle 1 Überblick über die Handlungsmöglichkeiten bei einem Tätigwerden des Gesetzgebers Art der Sanktion Durchsetzung

Zeitpunkt

Geldbuße

Finanziell

Staat

Ex post

Haftungsbewehrte Verhaltenspflicht

Finanziell

Privat

Ex post

Amtsausschluss

Nicht finanziell

Staat

Ex ante

Strafrechtliche Sanktion

Nicht finanziell

Staat

Ex post

Zivilrechtliche Unterlassung

Nicht finanziell

Privat

Ex ante / Ex post

I. Möglichkeiten des Amtsausschlusses Was die Möglichkeiten zum Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers anbelangt, sind zwei Ansätze denkbar. Bei dem einen Ansatz geht es darum, positiv auf die Qualifikation eines Geschäftsführers einzuwirken, etwa indem bestimmte berufliche Abschlüsse oder Fortbildungen notwendig sind, um das Amt zu bekleiden. 11 Der negative Ansatz hingegen schließt bestimmte Personen von der Geschäftsleitung aus, die keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung bieten. 10 Die Einteilung und die folgende Übersicht sind den Überlegungen von Shavell, Foundations of economic analysis of law, p. 571 ff., insbes. p. 574 nachgebildet. 11 Vgl. die Forderungen bei Lightman, J. B. L. 1996, 113, 125.

B. Begründung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen

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Der erste Ansatz wird kaum genutzt; eine Ausnahme bilden die besonders regulierten Sektoren des Banken- und Versicherungsrechts. 12 Gründe sind die hohen Kosten solcher Qualifikationsmaßnahmen im Verhältnis zum Nutzen, der negative Effekt auf die Gesamtwirtschaft, da eine solche Maßnahme gerade für Familiengesellschaften desinvestierend wirken wird, und grundrechtliche Bedenken angesichts eines derartigen schweren Eingriffs. 13 Dagegen ist der negative Ansatz in vielen Rechtssystemen verbreitet, um bestimmte Personen von der Geschäftsleitung fernzuhalten. Nur dieser Ansatz soll im Folgenden weiter untersucht werden. Innerhalb des negativen Ansatzes gibt es zwei komplementäre Grundsysteme, auf deren Basis versucht wird, gegen ungeeignete Personen einzuschreiten. Auf der einen Seite steht das akzessorische System 14. Der Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers wird nicht durch eine Behörde oder ein Gericht gesondert angeordnet, sondern geschieht ipso iure, wenn eine bestimmte behördliche oder gerichtliche Entscheidung getroffen wurde, die direkt nichts mit dem Ausschluss zu tun hat. Dieses System wird (mehr oder weniger streng) etwa in Deutschland, 15 in Tschechien 16 und in Italien 17 verfolgt. Vorteile dieses Systems sind die einfache und schnelle Durchsetzung. 18 Bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen kann jemand nicht bestellt werden bzw. verliert sein Amt. Zusätzliche langwierige Verfahren sind entbehrlich, die Durchsetzung verursacht nur geringe Kosten, da keine gesonderte Einrichtung dafür notwendig ist. Zudem besteht ein hohes Niveau an Rechtsklarheit und -sicherheit, da für jeden Betroffenen klar ist, wann er inhabil wird. Nachteil ist die starre Anknüpfung, die in Einzelfällen zu unbilligen Ergebnissen führen kann. 19 Je nach Ausgestaltung kann so die Suche nach einem 12

Bspw. § 2d KWG; § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 KWG; § 7a VAG. Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 10; Hicks, J. B. L. 2001, 433, 451. 14 Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 9, spricht von zwingenden Ausschlussgründen. Diese Kategorie ist ein wenig problematisch, da auch in einem System, in dem ein Gericht erst eine Disqualifikation anordnen muss, Tatbestände ohne Ermessen bestehen, so dass die Disqualifikation bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zwingend ist. 15 § 6 Abs. 2 GmbHG. Interessanterweise kennt Österreich in § 15 österr. GmbHG nur eine § 6 Abs. 2 S. 1 vergleichbare Regelung. 16 §§ 135 Abs. 2, 194 Abs. 7 CZ-HGB, siehe dazu Langner, Der GmbH-Geschäftsführer im tschechischen Recht, S. 83 ff. 17 Seit der Gesellschaftsrechtsreform in Italien von 2003 (d. lgs. 17 gennaio 2003, n. 6) ist allerdings umstritten, ob Art. 2382 codice civile für eine GmbH gilt. Dies liegt daran, dass der Verweis in Art. 2487 Abs. 2 a. F. auf Art. 2382 in der novellierten Fassung der Vorschrift (Art. 2475) nicht mehr ausdrücklich enthalten ist. Zum Streit siehe Niccolini / Stagno d’Alcontres / Ambrosini, Società di capitali. Commentario, Art 2475, S. 1568; Allegri, in: La nuova disciplina della società a responsabilità limitata, S. 149, 155. 18 Vgl. Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 9. 19 Siehe auch Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 9 unter Verweis auf eine Aussage Prof. Pillais. 13

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Geschäftsführer erschwert werden, der bereit ist, eine angeschlagene Gesellschaft zu leiten. 20 Auf der anderen Seite steht das nicht-akzessorische System. Ein Gericht oder eine Behörde kann ein bestimmtes Verhalten zum Anlass nehmen, jemanden vom Amt des Geschäftsführers auszuschließen. Dieses System findet sich in unterschiedlicher Ausprägung in England 21 und Frankreich 22. Vorteile dieses Systems sind die hohe Einzelfallgerechtigkeit und die flexiblen und schnellen Reaktionsmöglichkeiten auf aktuelle Entwicklungen. Für Unternehmer ist es so erheblich einfacher, auch in schwierigen Zeiten Personal zu finden. 23 Auf der anderen Seite stehen verhältnismäßig hohe Kosten, da besondere Verfahren, evtl. besondere Behörden, notwendig sind, um eine Disqualifikation durchzusetzen. 24 Die Rechtssicherheit und -klarheit leidet bei diesem System im Verhältnis zum akzessorischen System. Diese abstrakte Darstellung zeigt, dass sich die Vor- und Nachteile der einzelnen Systeme in etwa die Waage halten. Das Schutzniveau beider Ansichten wird bei nahezu gleicher Ausgestaltung identisch sein. Hier also das eine oder andere System zu präferieren, ist demnach mehr eine Systemfrage, da beide Systeme die gleichen Reaktionsmöglichkeiten auf unseriöses Verhalten bieten. 25 Die soeben dargestellten Systeme bilden nur die Extrempositionen ab. Die tatsächliche Ausgestaltung kann dafür sorgen, dass das konkret genutzte System sich dem anderen annähert. So kann der insolvency service in England eine disqualification order nicht nach freiem Ermessen erteilen, sondern es besteht eine gebundene Entscheidung. 26 Dies führt allerdings in der Praxis dazu, dass man bei der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale restriktiv verfährt, um eine ermessensähnliche Entscheidung zu ermöglichen. 27 Auch die Rechtsfolgen 20

Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 10. Siehe den Company Directors Disqualification Act 1986. 22 Artt. L 652 –1 bis 652 –5, L 653 –1 bis 653 –11 Code de Commerce. Dazu Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 317 ff. 23 Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 10. 24 Fleischer, WM 2004, 157, 164 f. Hicks / Goo, Cases and Materials on Company Law, p. 297, verweisen auf einen Report des National Audit Office, wonach für den Zeitraum 1997/98 die Disqualifizierung von 1.297 directors Kosten von 22 Mio. £ verursacht hat. Der Bericht schätzt dabei den finanziellen Nutzen für Gläubiger auf 11 Mio. £. Dabei weisen Hicks / Goo darauf hin, dass dieser finanzielle Saldo nicht isoliert gesehen werden darf. 25 Es geht daher zu weit, wenn Triebel / Otte, ZIP 2006, 311, 314 f., pauschal fordern, den Verbotskatalog in Deutschland nach dem Vorbild des CDDA auszuweiten. 26 Siehe Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 8 f. Allerdings kann das Gericht einem director später erlauben, diese Stellung in einer Gesellschaft zu bekleiden, vgl. sec. 1 sub. 1 CDDA („without leave of the court“). Siehe dazu Mayson, French & Ryan on Company Law, p. 764 f. 21

B. Begründung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen

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einer disqualification order sind starr, während in Frankreich die Gerichte deutlich flexibler sind 28.

II. Vor- und Nachteile der Inhabilität gegenüber anderen Handlungsmöglichkeiten 1. Vorteile a) Höhere Abschreckungswirkung gegenüber einer Haftungsnorm 29 Die Abschreckungswirkung von Amtsausschlussgründen ist, anders als bei einer Haftungsregelung, unabhängig vom Vermögensstatus des Geschäftsführers und als sehr hoch einzuschätzen. Allgemeines Problem, ein Verhalten nur über eine Haftungsregel abzusichern, ist nämlich das Verhältnis der Haftungssumme zu den finanziellen Mitteln des Schädigers. Stehen dem Handelnden nur geringe finanzielle Mittel zur Verfügung, droht aber bei einer Zuwiderhandlung ein großer Schaden, wird die verhaltenssteuernde Wirkung für den Handelnden klein sein, da er den Schaden nie wird ausgleichen können. 30 Bei einem niedrigen Schaden und großen finanziellen Mitteln oder bei großen Schäden, die dem Betroffenen aber bei Berücksichtigung anderer finanzieller Kompensationen im wirtschaftlichen Saldo ein Plus belassen, wird die Motivation ebenfalls gering sein. 31 Für einen Geschäftsführer bedeutet dies eine geringe Abschreckungswirkung durch eine Haftungsregel, solange die drohenden Haftungsschäden für ihn nicht beträchtlich sind. Ist das persönliche Haftungsrisiko des Geschäftsführers zudem durch eine D&O-Versicherung (teilweise) abgedeckt, bleibt die Motivation zur korrekten Handlung niedrig. 32 Je geringer zudem die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Haftung durchgesetzt wird, desto geringer ist auch die Motivation korrekt zu handeln, also die Abschre27 Vgl. Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 9. und Hicks, J. B. L. 2001, 433, 439 sowie 446 f. mit Vorschlägen für partielle und bedingte disqualification orders. 28 Siehe die Rechtsfolgen der interdiction de gérer, dargestellt bei Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 320 f. 29 Vgl. Fleischer, ZGR 2004, 437, 472; ders., WM 2004, 157, 163. 30 Vgl. Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, p. 510, 511 f. und Hicks, J. B. L. 2001, 433, 442. 31 Vgl. die Aussagen bei Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, p. 473 ff. zu den einzelnen finanziellen Sanktionen. 32 Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 304. Auf die geringere Motivationswirkung bei Geschäftsführern durch die Existenz von D&O-Versicherungen weist auch Fleischer, WM 2004, 157, 163 hin. Es geht aber allein um die niedrige Motivationswirkung. Dass D&O-Versicherungen tatsächlich zu einer nachlässigeren Geschäftsleitung führen oder geführt haben, hat sich bislang nicht bestätigt, Henssler, in: RWS Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 131, 136.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

ckung der Haftungsregel. 33 Sind Ansprüche also praktisch nur schwer durchsetzbar, wird eine Verhaltenssteuerung unwahrscheinlich. Gerade die Haftung des Geschäftsführers aus der zentralen Norm des § 43 GmbHG besitzt eine niedrige Abschreckungswirkung, da sie schwierig durchzusetzen ist und nur eingreift, wenn auch tatsächlich ein Schaden entstanden ist. 34 Für die hohe Abschreckungswirkung einer Inhabilität spricht weiter, dass diese im Ergebnis sogar zu einer Bedrohung der weiteren beruflichen Existenz führen kann. 35 Entweder wird die Ausübung bestimmter Ämter oder Berufe direkt unmöglich oder der soziale Druck sorgt dafür, dass bestimmte Personen, die einmal inhabil waren, nicht mehr bestellt werden (können). 36 b) Höhere Abschreckungswirkung gegenüber einer strafrechtlichen Sanktionierung Auch die strafrechtliche Sanktionierung bietet für den Geschäftsführer eine überschaubare Abschreckungswirkung. 37 Der für den Geschäftsführer einer GmbH relevante Bereich der Wirtschaftskriminalität leidet im Allgemeinen an erheblichen Durchsetzungsproblemen. 38 Exemplarisch sei auf die Tatsache hingewiesen, dass das Dunkelfeld bei der Wirtschaftskriminalität sehr hoch und eine effektive Verfolgung wegen des geringen Personals und fehlender Kommunikation zwischen den verschiedenen Behörden schwierig ist. 39 Der BGH hat in seinem 33 Siehe auch hierzu die Ausführungen bei Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, p. 479 ff. unter dem Gesichtspunkt der ökonomischen Analyse. 34 Fleischer, WM 2004, 157, 163; Haas, GmbHR 2006, 505, 506 f. 35 Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 304. Gerade dieser Punkt wird von der konkreten Ausgestaltung der Amtsunfähigkeit abhängen, da die Dauer der Inhabiltät und der Umfang die Bedrohung der weiteren beruflichen Existenz determinieren werden. Hicks, J. B. L. 2001, 433, 436, 442 hat in Untersuchungen herausgefunden, dass die Disqualifikation für Geschäftsführer kleinerer Unternehmen kein Hindernis darstellt, später wieder (selbstständig oder angestellt) tätig zu werden. 36 Häufig werden Verhaltenspflichten daher eine mildere Maßnahme sein, vgl. auch Haas, WM 2006, 1417, der haftungsbewehrte Verhaltenspflichten zum sorgsamen Umgang mit dem Gesellschaftsvermögen für „in besonderer Weise geeignet“ hält, die Interessen der Gläubiger zu schützen. 37 Vorsichtig für eine höhere Motivationswirkung von strafrechtlichen Sanktionen Hicks, J. B. L. 2001, 433, 455, allerdings unter Verweis auf eine bessere strafrechtliche Durchsetzung. 38 Vgl. die Aussage der High Level Group, Report, S. 69 zum allgemeinen Nachteil von (zivil- und) strafrechtlicher Haftung gegenüber einer directors disqualification und Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 304. 39 Bundeskriminalamt, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2003, S. 120 ff.; dass., Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2004, S. 21.

B. Begründung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen

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Urteil zum „Kölner Müllskandal“ darauf hingewiesen, dass „es bei einer Vielzahl von großen Wirtschaftsstrafverfahren dazu (komme), dass eine dem Unrechtsgehalt schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil für die gebotene Aufklärung derart komplexer Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen.“ 40 Schließlich scheint die Rückfallquote von früher kriminellen Managern beträchtlich zu sein, 41 so dass die Abschreckung durch das Strafrecht nicht überschätzt werden darf. Es ist sich aber vor Augen zu halten, dass (auch) die Inhabilität keine Wunderwaffe ist. Personen, die eine große kriminelle Energie aufweisen, werden sich durch eine drohende Amtsunfähigkeit nicht davon abhalten lassen, die GmbH (als Geschäftsführer) in krimineller Weise zu missbrauchen. Hier wird keine Sanktion denkbar sein, die den Kriminellen von einem Missbrauch abhält. Wer unrecht handeln will, wird dies auch tun. 42 c) Präventive Wirkung 43 Amtsunfähigkeitsgründe wirken präventiv. Gänzlich ungeeignete, unseriöse oder für den Rechtsverkehr gefährliche Geschäftsführer können bereits im Vorfeld von einer Tätigkeit ausgeschlossen werden. Geschäftspartner und Gesellschafter besitzen ein höheres Vertrauen in einen Geschäftsführer, wenn dieser bestimmte Kriterien erfüllen muss, um überhaupt tätig werden zu dürfen. 44 Einige (masselose) Insolvenzen und wirtschaftskriminelle Verhaltensweisen sollten so im Vorfeld verhindert und der gesamtwirtschaftliche Schaden minimiert werden. Je nach der konkreten Ausgestaltung können Amtsunfähigkeitsgründe auch dazu dienen, Verhaltensstandards weiterzuentwickeln. 45 Ein Nachteil einer Lösung über einen rein postventiven Ansatz liegt zudem auf der Hand: Der gesamtwirtschaftliche Schaden, der von einem kriminellen

40 41

BGH, NJW 2006, 925, 929. So jedenfalls die Erkenntnis von Berg, 56 Vand. L. Rev. 1871, 1898 f. (2003) für die

USA. 42

Siehe auch das gleiche Fazit bei Hicks, J. B. L. 2001, 433, 440. Fleischer, ZGR 2004, 437, 472; ders., WM 2004, 157, 163; Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] Ch 477, 486 für die englische disqualification order. Nach Hicks, J. B. L. 2001, 433, 438, Erfahrung lassen sich in England allerdings die wenigsten Geschäftsführer in ihrer Geschäftsführung beeinflussen. Zur Präventionswirkung von Berufsverboten allgemein Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität, S. 72 f.; speziell für die Abberufungsmöglichkeit im Bank- und Versicherungsrecht Hellwig, Referat auf dem 64. Deutschen Juristentag, Verhandlungen des 64. Deutschen Juristentag II/1, P 64. 44 Vgl. BT-Drs. 16/511, S. 12. 45 Fleischer, WM 2004, 157, 163; Hicks, J. B. L. 2001, 433, 438. 43

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Geschäftsführer ausgehen kann, kann derart hoch (und uneinbringbar) sein, dass nur eine präventive Lösung effektiven Schutz bietet. d) Rasches und effektives Handeln 46 Gefahren durch unzuverlässige Geschäftsführer können durch eine Amtsunfähigkeit rasch und zielgenau durch den Gesetzgeber und / oder die überwachende Behörde abgewehrt werden. Geschäftsführer, die gegen bestimmte Verhaltenspflichten verstoßen haben, sind von der Geschäftsleitung ausgeschlossen und / oder werden zügig von einer Behörde ausgeschlossen, ohne dass es zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Eignung kommen kann. 47 2. Nachteile a) Hohe Abschreckungswirkung Die hohe Abschreckungswirkung eines Amtsausschlusses kann auch nachteilig sein. So können Geschäftsführer von bestimmten, für die Gesellschaft dringend notwendigen, aber riskanten Entscheidungen absehen, da sie einen späteren Ausschluss befürchten, oder die Geschäftsführer „frisieren“ mittels professioneller Berater ihre persönliche Geschäftsbilanz anstatt sich um die Belange der Gesellschaft zu kümmern. 48 b) Hoher Überwachungsaufwand und Kosten Ein Nachteil von einer Inhabilität ist der, dass diese einen hohen Überwachungsaufwand generieren kann, um effektiv durchgesetzt zu werden und das volle Motivationspotenzial zu entfalten. 49 Solange die Wahrscheinlichkeit, inhabil zu werden, gering ist, wird auch die Abschreckungswirkung gering sein. Ein effektiver Ausschlussgrund bedarf daher eines effektiven Durchsetzungsmechanismus und häufig besonderer Behörden, was hohe Kosten schafft. 50

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Fleischer, ZGR 2004, 437, 472; ders., WM 2004, 157, 163. Siehe zur Durchsetzung eines zivilrechtlichen Tätigkeitsverbots gegenüber einem Geschäftsführer BayObLG, GmbHR 1989, 370 ff. 48 Cheffins, Company Law, p. 552. 49 Siehe auch Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 304. 50 Vgl. Fleischer, WM 2004, 157, 164 f. Siehe auch den Überblick über die Kosten bei Cheffins, Company Law, p. 552 f. 47

B. Begründung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen

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c) Schwerer Eingriff in Rechte des Betroffenen und der Gesellschaft 51 Ein weiterer Nachteil ist der, dass der Staat mit Amtsunfähigkeitsgründen schwerwiegend in die Rechte des Betroffenen und der Gesellschaft eingreift. Dem Betroffenen wird unter Umständen die materielle Lebensgrundlage entzogen; die Gesellschaft wird in ihrer Bestellungsfreiheit beschnitten. d) Prognoseentscheidung Kehrseite der präventiven Wirkung von Ausschlussgründen ist weiter, dass diese – notwendigerweise – an eine Prognoseentscheidung anknüpfen. Ist ein Geschäftsführer in bestimmter Weise auffällig geworden oder fehlen ihm gewisse Eigenschaften, so knüpft der Gesetzgeber / die Behörde daran die Prognose, dass keine Gewähr für eine seriöse Geschäftsleitung besteht. Diese Prognose kann in Einzelfällen zu unbilligen Ergebnissen führen.

III. Schutzzwecke der Amtsunfähigkeit Inhabilitäten 52 dienen je nach ihrer Ausgestaltung verschiedenen Schutzzwecken: − Schutz des Geschäftsverkehrs und der Gläubiger im Allgemeinen / Schutz der Allgemeinheit: Wie sogleich gezeigt wird, kommt dem Geschäftsführer eine zentrale Bedeutung für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Gesellschaft zu. Die einzige Einflussnahme auf die Bestellung eines Geschäftsführers, die Dritte besitzen, ist über den Markt Druck auf eine Gesellschaft auszuüben, etwa dadurch, dass Geschäfte nur dann abgeschlossen werden, wenn eine bestimmte Person bestellt bzw. abberufen wird. 53 Der Schutzbedarf Dritter vor unzuverlässigen / kriminellen Geschäftsführern ist daher besonders hoch. 54 Wird nun eine Person vom Geschäftsführeramt ausgeschlossen, so werden der Rechtsverkehr 55 und die Gläubiger vor schlechten Entscheidungen und gefährlichen Personen 51 Englische Gerichte betonen, dass einer disqualification order ein strafendes Element innewohnt, auch wenn der Präventionsgedanke überwiegt, siehe Re Lo-Line Electric Motors Ltd. [1988] Ch 477, 486; Re Rolus Properties Ltd. & Anor [1988] B. C. C. 446, 449. 52 Eine Frage von Inkompatibilitätsvorschriften und nicht des hier untersuchten § 6 Abs. 2 GmbHG ist dagegen, inwieweit (abstrakte) Gefahren durch Interessenkonflikte verhindert werden können. 53 Vgl. die Entscheidung des BGH, DStR 2007, 262 f., in der die Hausbank die Verlängerung einer für die Gesellschaft überlebenswichtigen Kreditlinie von der Abberufung eines Vorstandsmitglieds abhängig machte. 54 Hicks, J. B. L. 2001, 433, 460 weist zu Recht daraufhin, dass das disqualification regime nicht die Funktion des Marktes übernehmen darf, bloß ungeeignete oder geschäftsuntüchtige Geschäftsführer vom Markt auszuschließen.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

geschützt. Die Gläubiger und der sonstige Geschäftsverkehr können sich darauf verlassen, dass nur seriös geführte Gesellschaften mit ihnen in Verbindung treten. So wird zudem (in beschränktem Maße) das Vertrauen in die Rechtsform der GmbH gestärkt. − Schutz der Geschäftsführer: Durch die Amtsunfähigkeit werden Personen davor bewahrt, ein so verantwortungsvolles Amt, wie das des Geschäftsführers zu übernehmen, die der Verantwortung und den Aufgaben nicht gewachsen sind. 56 Diese werden durch eine Inhabilität vor erheblichen straf- und haftungsrechtlichen Risiken bewahrt. − Schutz der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter: Der Geschäftsführer besitzt nicht nur Pflichten, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse, oder besser gesagt im Interesse der Gläubiger, liegt, sondern ihm obliegt vor allem die Leitung der Geschäfte der GmbH. Er besitzt daher eine besondere Pflichtenstellung gegenüber den Gesellschaftern bzw. der Gesellschaft. Die Gesellschafter können ihren Geschäftsführer jedoch selbst auswählen und bestellen und ihn jederzeit abberufen. Sie haben es selbst in der Hand, eine informierte Auswahl zu treffen und ungeeignete und / oder kriminelle Geschäftsführer dadurch auszusortieren oder auf deren Geschäftsleitung einzuwirken. Sie können sich auch für schlechter qualifizierte Geschäftsleiter entscheiden, wenn sie dies für sinnvoll halten. 57 Solange die Geschäftsführung keine Gefährdung der Gläubiger darstellt, sind sie es allein, welche – berechtigterweise – die Konsequenzen ihrer Wahl zu tragen haben. Auf Grund dieser Sachlage wird eine Amtsunfähigkeit zumeist nur reflexartig die Gesellschaft bzw. die Gesellschafter schützen. Anderes gilt für solche Amtsunfähigkeitsgründe, die einen Minderheitsgesellschafter vor der Bestellung eines bestimmten Geschäftsführers durch den Mehrheitsgesellschafter bewahren sollen. 58 − Schutz bestimmter Gruppen: Je nach Ausgestaltung der Ausschlussgründe können aus dem oben angesprochenen Kreis der Gläubiger im Allgemeinen besondere Gruppen als besonders schützenswert herausgegriffen werden, damit diesen gegenüber bestehende Pflichten der Gesellschaft erfüllt werden. Dabei 55 Durch die Verpflichtung der Geschäftsführer unter anderem auf die Einhaltung der Registerpflichten zu achten, werden bspw. auch der Rechtsverkehr und dessen Vertrauen in die Richtigkeit des Registers geschützt. 56 Vgl. BT-Drs. 11/4528, S. 195. 57 Fälle krimineller Absichten oder die Verletzung von Treuepflichten (dazu BGH, NJW 1991, 846) ausgenommen. Für einen Anspruch der GmbH auf sachkundige Geschäftsführer van Venrooy, GmbHR 2004, 237 ff. 58 Für ein Beispiel siehe die Ausführungen von Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 322 ff. zur amerikanischen removal remedy. In Deutschland vermittelt die Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters einen Schutz der Minderheitsgesellschafter; siehe BGH, NJW 1991, 846 („Kein Gesellschafter hat das Recht, Personen, die eine Gefahr für die Gesellschaftsinteressen darstellen und deshalb für die Gesellschaft untragbar sind, in das Amt des Geschäftsführers zu wählen.“).

C. Allgemeines zur Bestellung eines Geschäftsführers

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kann es sich bspw. um die Arbeitnehmer der Gesellschaft oder um Baugeldgläubiger 59 handeln.

IV. Zusammenfassung Wie alle anderen Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers bietet auch die Inhabilität Vor- und Nachteile. Wie stark die einzelnen Vor- und Nachteile wiegen, hängt davon ab, wie der Gesetzgeber die Ausschlussgründe und deren Durchsetzung ausgestaltet. Festzuhalten ist allerdings, dass die Inhabilität eine hohe Abschreckungswirkung besitzt und präventiv schwerwiegende Gefahren abwehren kann, dabei aber einen starken Eingriff in die Rechte des Betroffenen und in die der Gesellschaft darstellt. Im Vordergrund von Amtsunfähigkeitsgründen steht der Schutz der Interessen derjenigen, die keinen Einfluss auf die Auswahl eines Geschäftsführers haben. Hinzukommen kann der Schutz der inhabilen Geschäftsführer selbst. Mehr als Reflex werden in aller Regel die Interessen der Gesellschaft und der Gesellschafter geschützt. Im Wesentlichen stehen dem Gesetzgeber zwei Systeme zur Verfügung, um jemanden von der Geschäftsleitung auszuschließen. Sowohl das akzessorische als auch das nicht-akzessorische System bieten Vor- wie auch Nachteile. Vergleicht man demnach die derzeit bestehenden Systeme verschiedener Länder, entscheidet daher weniger die Systemwahl, sondern vielmehr die konkrete Ausgestaltung darüber, ob der effektivste Schutz geboten wird.

C. Allgemeines zur Bestellung und den Aufgaben eines Geschäftsführers Jede GmbH besitzt zwingend mindestens zwei Organe: Den Geschäftsführer als Handlungsorgan und die Gesamtheit der Gesellschafter als Willensbildungsorgan. 60 Da die GmbH als juristische Person (vgl. § 13 GmbHG) selbst nicht handlungsfähig ist, bedarf sie eines Organs, um die Handlungsfähigkeit herzustellen. Der Geschäftsführer ist dieses Organ, das die GmbH nach § 35 Abs. 1 GmbHG gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Neben der gesetzlichen Vertre59 Siehe die Bestrebungen, mit den Vorschlägen für ein Forderungssicherungsgesetz, dem MiKaTraG und im Rahmen der Stellungnahme des Bundesrates zum RegE MoMiG die Benachteiligung von Baugeldgläubigern als inhabilitätsauslösende Verurteilung einzuführen, 1. Teil: F. 60 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 I 1, S. 1068.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

tung der GmbH hat der Geschäftsführer auch die Geschäftsführungsbefugnis, also die interne Leitung der Geschäfte, inne. 61 Gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 GmbHG können neben Gesellschaftern auch Dritte zum Geschäftsführer bestellt werden. Anders als bei den Personengesellschaften ist bei der GmbH daher die Fremdorganschaft möglich. Ein Geschäftsführer muss also erst gekoren werden, während wegen des Grundsatzes der Selbstorganschaft bei den Personengesellschaften alle Gesellschafter geborene Geschäftsführer sind. 62 Eine Besonderheit der GmbH ist die, dass der Geschäftsführer an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden ist, vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG. Die Geschäftsführer werden entweder im Gesellschaftsvertrag (§ 6 Abs. 3 S. 2 GmbHG) 63 oder per Gesellschafterbeschluss (§ 46 Nr. 5 GmbHG) 64 bestellt. Die Bestellung ist nach heute herrschender Meinung kein einseitiges Rechtsgeschäft, sondern bedarf als zweiseitiges Rechtsgeschäft der Annahme durch den potenziellen Geschäftsführer. 65 Der Geschäftsführer kann jederzeit abberufen werden, § 38 Abs. 1 GmbHG. Bestellung bzw. Abberufung sind zwar noch ins Handelsregister einzutragen (§§ 7, 8, 10, 39 GmbHG), allerdings hat dies nur mehr deklaratorische Bedeutung. 66 Der Rechtsverkehr wird in den Fällen der Abberufung im Wesentlichen über § 15 HGB geschützt. 67 Von der Bestellung als gesellschaftsrechtlichem Akt der Übertragung der Organstellung ist der Anstellungsvertrag zu trennen, welcher die Rechte und Pflichten zwischen Geschäftsführer und GmbH regelt. 68 Dem Geschäftsführer obliegt eine Vielzahl von Aufgaben. Neben der gesetzlichen Vertretung und der ordnungsgemäßen Leitung der Geschäfte im Rahmen der Gesetze 69 sind dies insbesondere: 70 die Buchführung (§ 41 Abs. 1 GmbHG) 61

Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2. F. Rn. 43. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 III 1, S. 415. 63 Die Bestellung erfolgt in der Regel in den Gründungsbestimmungen und nicht im Gesellschaftsvertrag, da so die Regeln für eine Satzungsänderung nicht eingreifen, Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 6 Rn. 25. 64 Soweit die GmbH der unternehmerischen Mitbestimmung nach dem MitbestG, dem MontanMitbestG und MontanMitbestErgG unterliegt, bestellt der Aufsichtsrat den Geschäftsführer entsprechend § 84 AktG. Zur Frage der Delegation des Bestellungsrechts Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 51 ff. 65 Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 46 Rn. 25; Rowedder 4 / Koppensteiner, GmbHG, § 46 Rn. 23. Daher sind die §§ 146 ff. BGB anwendbar, Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 38. 66 Baumbach / A. Hueck 18 / Zöllner / Noack, GmbHG, § 39 Rn. 24 m.w. N. 67 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 II 2, S. 1072. 68 Ganz h. M., Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 6 Rn. 23. 69 Siehe hierzu OLG Zweibrücken, NZG 1999, 506 ff.; Michalski / Haas, GmbHG, § 43 Rn. 42 ff. sowie jüngst BGH, NJW 2008, 2437, 2441 – GAMMA unter Rn. 38. 70 Siehe im Einzelnen Sudhoff / Sudhoff, Rechte und Pflichten des Geschäftsführers, S. 72 ff., 101 ff. sowie detailliert Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 55 ff. Durch das MoMiG ändert sich an diesen Pflichten nichts Substanzielles. 62

C. Allgemeines zur Bestellung eines Geschäftsführers

43

und die Aufstellung des Jahresabschlusses (§§ 264, 242 HGB), die Einberufung der Gesellschafterversammlung (§ 49 GmbHG, insbes. Abs. 3), die Pflicht zur Auskunftserteilung an die Gesellschafter (§ 51a GmbHG), die Anmeldungen zum Handelsregister (§ 78 GmbHG) und – von besonderer Wichtigkeit – die Sicherstellung der Kapitalaufbringung und -erhaltung (vgl. §§ 9a, 31 Abs. 6, 43 Abs. 3 GmbHG) sowie die Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 64 Abs. 1 GmbHG 71, § 15 Abs. 1 InsO). Weitere Aufgabe des Geschäftsführers ist es, für ein rechtmäßiges Verhalten der Gesellschaft im Außenverhältnis zu sorgen, vor allem für die Einhaltung der der Gesellschaft auferlegten (weiteren) öffentlich-rechtlichen Pflichten. 72 Ein Teil dieser Pflichten sind Pflichten der Gesellschaft, die den Geschäftsführer treffen, da die Gesellschaft selbst nicht handeln kann. 73 Andere Pflichten richten sich (zusätzlich) direkt an den Geschäftsführer, um deren Einhaltung zu gewährleisten. 74 Neben der bereits erwähnten Insolvenzantragspflicht zählt dazu etwa die Pflicht, die steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen, § 34 Abs. 1 AO (anderenfalls haftet der Geschäftsführer gemäß § 69 AO) oder den Arbeitnehmeranteil für die Sozialversicherung abzuführen 75. Zudem besteht für den Geschäftsführer eine Treuepflicht zu einem loyalen Verhalten gegenüber der Gesellschaft, die ihm verschiedene weitere Verhaltenspflichten (Geheimhaltung, Wettbewerbsverbot, etc.) auferlegt. 76 Geschäftsführer müssen all diese Pflichten in der Regel nicht selbst erledigen, sondern können sie delegieren. 77 Selbst wenn die Pflichten originäre organschaftliche Pflichten und daher nicht delegierbar sind, brauchen sie in der Regel dennoch nicht persönlich vom Geschäftsführer ausgeführt zu werden. 78 Wie der umfangreiche Pflichtenkatalog zeigt, kommt dem Geschäftsführer als dem Handlungsorgan der GmbH eine zentrale Rolle zu, um einen ordentlichen 71

Das MoMiG überführt die Insolvenzantragspflicht in den neuen § 15a Abs. 1 S. 1

InsO. 72

BGH, NJW 1997, 130, 133; Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 256; Michalski / Haas, GmbHG, § 43 Rn. 352. 73 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 163. 74 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 163 ff.; Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 257. 75 Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 275. Zur Kollision der Geschäftsführerpflichten aus § 64 Abs. 2 GmbHG mit der strafrechtlich sanktionierten Leistungspflicht für den Arbeitnehmeranteil aus § 266a StGB siehe zuletzt BGH, ZIP 2007, 1265 ff. und dazu Wilhelm, ZIP 2007, 1781 ff. 76 Statt vieler Rowedder 4 / Koppensteiner, GmbHG, § 6 Rn. 19 ff. 77 Neelmeier / Huth, GmbHR 2005, 1409, 1412; Wachter, ZIP 1999, 1577, 1580. 78 Für § 64 GmbHG etwa Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 64 Rn. 42; Wachter, GmbHR 2003, 538, 541. Höchstpersönlich ist etwa die Versicherungspflicht gegenüber dem Handelsregister, z. B. § 8 Abs. 3 GmbHG, wobei die Einreichung der Unterlagen nicht persönlich vorgenommen werden muss, vgl. GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 16; a. A. Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 19.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

und seriösen Betrieb der GmbH zu gewährleisten. Der BGH hat die Stellung des Geschäftsführers 1981 wie folgt zusammengefasst: „(Es ist) ... gesetzliche(s) Bild des Geschäftsführers einer GmbH (, dass er) ... nicht allein der Gesellschaft gegenüber gehalten ist, deren Angelegenheiten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu besorgen (§ 43 I GmbHG), sondern zugleich öffentliche, vor allem der Sicherung des Stammkapitals dienende Pflichten hat, auf deren Erfüllung Gesellschaft oder Gesellschafter nicht verzichten können (vgl. z. B. §§ 7 ff., 30 ff., 41, 43 III, 49 III, 64, 78 ff. GmbHG n. F.).“ 79 Gerade die Pflichten, die der BGH aufzählt, verdeutlichen die besondere gläubigerschützende Funktion der ordnungsgemäßen Geschäftsleitung. Obwohl etwa die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsleitung nur im Innenverhältnis zur Gesellschaft besteht (vgl. § 43 Abs. 2 GmbHG), hat auch sie (wenigstens mittelbar) eine gläubigerschützende Funktion, wie etwa die Pflicht zur Kapitalerhaltung, vgl. § 43 Abs. 3 GmbHG, zeigt. 80 Eine ordentliche Geschäftsleitung liegt damit nicht nur im Interesse der Gesellschafter, sondern zudem im Interesse der Gläubiger, da sie sicherstellt, dass das Haftungsprivileg der GmbH nur seriös betriebenen Gesellschaften zu Gute kommt. 81 Wie die öffentlich-rechtlichen Pflichten zeigen, besteht ebenso ein Interesse der Öffentlichkeit bzw. der Allgemeinheit an einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung. 82 Das Bild der Garantenstellung des Geschäftsführers ist damit treffend gewählt. 83 Diese Garantenstellung wird auch nicht dadurch eingeschränkt, dass der Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern weisungsgebunden ist. Sitten- und gesetzeswidrige Weisungen der Gesellschafter sind nichtig und die Geschäftsführer dürfen der Weisung nicht folgen. 84 Auch Weisungen, welche die Gesellschaft in die nahe Gefahr der Insolvenz bringen, sind nicht zu befolgen. 85 Einen besonderen Sachkundenachweis des Geschäftsführers setzt das GmbHG nicht voraus. 86 Die Einhaltung der einzelnen Pflichten und eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung werden über straf- und haftungsrechtliche Konsequenzen im Fall 79

BGH, NJW 1981, 2125, 2126 (Hervorhebung vom Verfasser). Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 9. 81 Vgl. Haas, WM 2006, 1417. 82 Überblick zu den Pflichten gegenüber den Gläubigern und der Allgemeinheit bei Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, S. 55 ff. 83 Ebenso Drygala, ZIP 2005, 423, 424 und Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 1. Es geht allerdings nicht um eine Garantenstellung, die eine straf- oder zivilrechtliche Haftung wegen der Verletzung der Garantenpflicht nach sich zieht. Vgl. auch jüngst BGH, NJW 2008, 2437, 2441 – GAMMA unter Rn. 38 („[Der Geschäftsführer ist verpflichtet] ... Sorge für das rechtmäßige Verhalten der Gesellschaft nach außen [zu tragen].“). 84 St. Rspr., BGHZ 31, 258, 278; aus der Literatur Konzen, NJW 1989, 2977, 2981 f. 85 OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1997, 736, 737. 86 Zur Frage, ob die Gesellschaft einen Anspruch gegen ihre Gesellschafter auf die Bestellung eines sachkundigen Geschäftsführers hat, van Venrooy, GmbHR 2004, 237 ff. 80

C. Allgemeines zur Bestellung eines Geschäftsführers

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einer Zuwiderhandlung abgesichert. 87 Die Schadensersatzpflicht besteht zumeist nur gegenüber der Gesellschaft, was Ausdruck der Haftungsverfassung der GmbH ist; 88 eine Ausgleichspflicht kann aber auch (in gesetzlichen Ausnahmefällen) gegenüber Gläubigern direkt bestehen. 89 Der Geschäftsführer haftet etwa gegenüber der Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn er seine Obliegenheiten, so die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsleitung oder seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, verletzt. Insbesondere haftet der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 GmbHG, wenn er den Bestimmungen des § 30 GmbHG zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft getätigt hat. Nach § 64 Abs. 2 GmbHG 90 haftet der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft für Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung, soweit diese Leistungen nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Gegenüber Gläubigern der GmbH haftet der Geschäftsführer wegen einer Schutzgesetzverletzung aus § 823 Abs. 2 i.V. m. § 64 GmbHG 91. Für die Steuerschulden der GmbH haftet der Geschäftsführer gemäß §§ 69, 34 AO. Der GmbH-Geschäftsführer kann wegen eines Verstoßes gegen die allgemeinen Straftatbestände, insbesondere der Vermögensdelikte, strafbar sein. Zudem kann er als Organ der GmbH für deren Handeln der strafrechtlich Verantwortliche sein, § 14 StGB. Schließlich gibt es speziell auf den GmbH-Geschäftsführer zugeschnittene Straftatbestände, die etwa den verspäteten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens 92 oder die falsche Angaben zum Handelsregister unter Strafe stellen, §§ 82, 84 GmbHG.

87 Zu den einzelnen Pflichten ausführlicher bspw. die Kommentierung von Haas zu § 43 in Michalski, GmbHG. 88 Vgl. Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 10. 89 In den letzten Jahren ist die starke Tendenz auszumachen, dem Geschäftsführer zunehmend weitere Pflichten im Interesse der Allgemeinheit und der Gläubiger aufzuerlegen sowie die Einhaltung dieser Pflichten durch Außenhaftungsansprüche abzusichern, Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 10 f.; Drygala, ZIP 2005, 423, 424. Zuletzt dazu Kiethe, WM 2007, 722 ff., insbes. 723. 90 Das MoMiG erweitert diese Pflicht des Geschäftsführers im reformierten § 64 GmbHG durch den neuen Satz 3, wonach der Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, zu haften hat, es sei denn, dies war für ihn bei Beachtung der entsprechenden Sorgfalt nicht erkennbar. 91 Nach dem MoMiG § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 15a InsO. 92 Nach dem MoMiG ist der verspätete Insolvenzantrag nach § 15a Abs. 4, 5 InsO strafbar.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

D. Derzeitige Amtsunfähigkeitsgründe in der GmbH und bei anderen Rechtsformen I. Überblick über die gesetzlichen Amtsunfähigkeitsgründe Die Ausschlussgründe für GmbH-Geschäftsführer finden sich im Wesentlichen in § 6 Abs. 2 GmbHG. Diese Gründe beruhen – unter anderem – auf einer Prognoseentscheidung des Gesetzgebers, der bei der Verwirklichung eines der Tatbestandsmerkmale davon ausgeht, dass die Gesellschaft nicht seriös geführt wird und daher Gefahren für den Rechtsverkehr bestehen. Nach § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG sind nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen als Geschäftsführer zugelassen. Satz 2 schließt Betreute, die bei der Besorgung ihrer Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt unterliegen, von der Geschäftsleitung aus. Die Inhabilitätsgründe in Satz 3 knüpfen an eine strafrechtliche Verurteilung wegen eines Insolvenzdeliktes nach den §§ 283 bis 283d StGB an. Fünf Jahre ab Rechtskraft der Verurteilung kann der Betroffene nicht zum Geschäftsführer bestellt werden. In den Fristenlauf wird die Zeit der Verbüßung einer Haftstrafe oder einer sonstigen Anstaltsverwahrung auf behördliche Anordnung nicht eingerechnet. Satz 4 schließt diejenigen Personen aus, denen durch gerichtliches Urteil oder durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist. Für die Zeit, für die das Verbot wirksam ist, kann der Betroffene bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein. Weiter wird darüber diskutiert, ob für Ausländer, die nicht jederzeit in die Bundesrepublik einreisen können, ein gesetzlicher Ausschlussgrund anzunehmen ist. Ist jemand inhabil, ist eine Bestellung des Betroffenen nichtig. Damit für einen Geschäftsführer sichergestellt ist, dass für ihn keine Inhabilität besteht, unterliegt er bei der Anmeldung der Eintragung der GmbH einer Versicherungspflicht. Nach § 8 Abs. 3 GmbHG hat der Geschäftsführer zu versichern, dass seiner Bestellung keine Umstände nach § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG entgegenstehen und er über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden ist. Die Belehrung nach § 53 Abs. 2 BZRG 93 kann auch durch einen Notar vorgenommen werden. Gemäß § 39 Abs. 3 GmbHG gelten diese Bestimmungen auch für die Versicherungspflichten eines nach der Eintragung der GmbH bestellten Geschäftsführers. Besitzt die Gesellschaft bei der erstmaligen Anmeldung keinen habilen Geschäftsführer, wird die Eintragung der GmbH versagt, § 9c Abs. 1 GmbHG. 93 In § 8 Abs. 3 S. 2 GmbHG wird fälschlicherweise noch auf § 51 Abs. 2 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 1976 (BGBl. I S. 2005) verwiesen.

D. Derzeitige Amtsunfähigkeitsgründe

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Besteht die GmbH bereits und tritt die Situation ein, dass die Gesellschaft keine habilen Geschäftsführer mehr (oder nicht in ausreichender Zahl) besitzt, 94 so wird ein Notgeschäftsführer analog § 29 BGB bestellt. Falsche Angaben in der Versicherung sind nach § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht. Außerhalb des GmbH-Gesetzes finden sich in Spezialgesetzen Ausschlussgründe für die Geschäftsleitung einer GmbH. In § 36 Abs. 1, 2 KWG i.V. m. § 4 Abs. 1 FinDAG wird der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Möglichkeit eingeräumt, die Abberufung der Geschäftsleiter von Finanzdienstleistern, Kreditinstituten und anderen Gesellschaften, die eine nach § 32 KWG erlaubnispflichtige Tätigkeit ausüben, zu verlangen und ihnen sogar die Ausübung ihrer Tätigkeit bei Instituten in der Rechtsform einer juristischen Person zu untersagen. Die gleichen Befugnisse stehen der BaFin im Versicherungsaufsichtsrecht zu. 95 Im Gewerberecht kann gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GewO die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden für ein bestimmtes Gewerbe verboten werden. Zudem gibt es eine ganze Reihe an Inkompatibilitätsvorschriften, die es ausschließen, dass jemand, der eine bestimmte Position oder einen bestimmten Beruf ausübt, Geschäftsführer werden kann. Hat die GmbH obligatorisch einen Aufsichtsrat zu bilden, da sie unternehmensmitbestimmungspflichtig ist, 96 besteht gemäß § 105 Abs. 1 AktG eine Inkompatibilitätsregel für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat und der Geschäftsleitung derselben Gesellschaft. Weitere Inkompatibilitätsvorschriften sehen etwa vor, dass die Genehmigung zur Berufsausübung entzogen oder versagt wird, 97 oder untersagen Mitgliedern der Bundesregierung (Art. 66 GG), einer Landesregierung (z. B. Art. 64 Abs. 3 LV NRW mit Genehmigungsvorbehalt des Hauptausschusses) und dem Bundespräsidenten (Art. 55 Abs. 2 GG) Geschäftsführer einer erwerbswirtschaftlichen GmbH zu werden. Nach vorherrschender Ansicht soll ein Verstoß gegen diese Inkompatibilitätsvorschriften die Wirksamkeit der Bestellung nicht berühren. 98 Beamte bedürfen einer Genehmigung, um zum Geschäftsführer bestellt zu werden. 99 Auf die Wirksamkeit der Bestellung wirkt sich eine fehlende Genehmigung aber ebenfalls nicht aus. 100 94 Sei es, weil der bisherige einzige Geschäftsführer plötzlich inhabil geworden ist, oder weil der frühere einzige Geschäftsführer abberufen und ein inhabiler Geschäftsführer bestellt worden ist. 95 § 87 VAG i.V. m. § 4 Abs. 1 FinDAG. Siehe dazu Fricke, VersR 2006, 188 ff. 96 Vgl. die §§ 1, 6 MitbestG; §§ 1, 3 MontanMitbestG; §§ 1, 2 MontanMitbestErgG i.V. m. den Vorschriften des MontanMitbestG; § 1 DrittelbG. 97 Etwa § 7 Nr. 8 BRAO, § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BNotO. 98 Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 14; MünchHdb. GesR III / Heinrich, § 6 Rn. 9; a. A. LG Köln, DB 1964, 365 f.; Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 15. 99 §§ 65 Abs. 1, 66 Abs. 1 Nr. 1 lit. c BBG für Bundesbeamte, § 42 BRRG sowie die entsprechenden Bestimmungen der Landesbeamtengesetze für Landesbeamten.

48

1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Ebenso finden sich bei freiberuflichen GmbHs Vorgaben für die Zusammensetzung der Geschäftsleitung. 101 Werden diese Vorgaben nicht erfüllt, wird die Gesellschaft nicht zugelassen bzw. wird die einmal erteilte Zulassung widerrufen. 102 Da die Zulassung der freiberuflichen GmbH bei der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG vorzulegen ist, 103 entsteht im ersten Fall die Gesellschaft mangels Eintragung gar nicht erst. Im zweiten Fall ist die Gesellschaft abzuwickeln. 104 Die Folgen der Bestellung eines Geschäftsführers entgegen den freiberuflichen Vorschriften auf die Wirksamkeit der Bestellung selbst sind umstritten. 105 Für die Geschäftsführer einer mitbestimmten GmbH gelten die Amtsunfähigkeitsgründe von § 6 Abs. 2 GmbHG entsprechend, § 30 MitbestG. 106 Gleiches gilt für den Arbeitsdirektor. 107 Schließlich kann eine Person im Einzelfall deshalb amtsunfähig sein, weil der zu Grunde liegende Bestellungsbeschluss gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig ist. 108

100 Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 15; MünchHdb. GesR III / Heinrich, § 6 Rn. 9. 101 § 59f BRAO, § 28 WPO, § 50 StBerG. 102 Siehe §§ 59d Nr. 1, 59h Abs. 3 S. 1 BRAO, §§ 27 Abs. 1, 34 Abs. 1 Nr. 2 WPO, §§ 49 Abs. 1, 55 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StBerG. 103 Vgl. Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 8 Rn. 9 und Henssler / Prütting / Henssler, BRAO, § 59c Rn. 8 für § 59c BRAO. 104 Arg. e § 59h Abs. 6 BRAO, §§ 54 Abs. 3, 55 Abs. 5 StBerG; Henssler / Prütting / Henssler, BRAO, § 59i Rn. 21. 105 Unwirksamkeit nach § 134 BGB nimmt B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 24, 222 f., an. Für die Wirksamkeit der Bestellung MünchHdb. GesR III / Heinrich, § 6 Rn. 9, der die Prüfung dem Registerrichter für entzogen hält und konsequenterweise § 134 BGB für nicht einschlägig halten kann. 106 Im Anwendungsbereich des MontanMitbestG gelten gemäß § 12 MontanMitbestG die mit § 6 Abs. 2 GmbHG deckungsgleichen Gründe des § 76 Abs. 3 AktG. 107 Hoffmann, BB 1977, 17, 22. Der Arbeitsdirektor kann nicht gleichzeitig Mitglied des Betriebsrats sein, da er als Organmitglied der GmbH nicht wählbar ist, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG i.V. m. §§ 7,8 BetrVG bzw. § 24 Nr. 4 BetrVG bei späterer Bestellung. Ein besonderes Vertrauen der Arbeitnehmern ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, Raiser, MitbestG, § 33 Rn. 7 in Fn. 22 m.w. N. auch zur früher häufiger vertretenen Gegenansicht. 108 Siehe bereits Hachenburg, JW 1916, 1593. Der Bestellungsbeschluss kann auch aus anderen Gründen nichtig sein. Diese Nichtigkeitsgründe sind dann aber in der Willensbildung der GmbH begründet und haben nichts mit einer „echten“ Amtsunfähigkeit des Geschäftsführers zu tun, weshalb sie hier unberücksichtigt bleiben.

D. Derzeitige Amtsunfähigkeitsgründe

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II. Systematisierung der Amtsunfähigkeitsgründe von § 6 Abs. 2 GmbHG Die Amtsunfähigkeitsgründe in § 6 Abs. 2 GmbHG lassen sich in verschiedene Gruppen gliedern. Zunächst können sie hinsichtlich ihres Umfangs gegliedert werden 109, dann hinsichtlich ihrer Dauer und schließlich auch bezüglich ihres Anknüpfungspunkts. Die Inhabilitätsgründe in § 6 Abs. 2 S. 1 –3 GmbHG schließen die Bestellung des Geschäftsführers für alle Tätigkeiten als Geschäftsführer aus und wirken insoweit absolut. Die in Satz 4 aufgeführten Berufsverbote und Gewerbeuntersagungen wirken dagegen nur für die Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, also relativ. Die Inhabilität nach Satz 3, die an eine strafrechtliche Verurteilung knüpft, dauert zwingend fünf Jahre, ist also starr. Ebenfalls starr ist Satz 1 Alt. 1, da die Eigenschaft als natürliche Person dauerhaft ist und daher auch dauerhaft einen Amtsausschluss darstellt. Dagegen dauern die Ausschlussgründe in den Sätzen 1 (Alt. 2, Geschäftsunfähigkeit) und 2 (Betreuung) nur so lange an, bis eine Änderung des Zustands erfolgt. Ebenso wirkt ein Ausschluss gemäß Satz 4 nur für die Dauer, die in der Untersagungsverfügung oder im Berufsverbot ausgesprochen worden ist. Die Hindernisse aus den Sätzen 1, 2 und 4 sind demnach bezüglich ihrer Dauer flexibel. Schließlich lässt sich auch darauf abstellen, ob die Amtsunfähigkeit an eine frühere Handlung des Betroffenen anknüpft (subjektive Merkmale) oder unabhängig von einer solchen eintritt (objektive Merkmale). Demnach sind die Gründe aus den Sätzen 3 und 4 subjektiv, da sie eine frühere sanktionswürdige Handlung des Geschäftsführers voraussetzen. Die Gründe in den Sätzen 1 und 2 dagegen sind unabhängig von einer früheren Handlung. In der Sache nichts anderes meint Bettina Schmitz, die nach personenbezogenen Merkmalen (hier also die objektiven Merkmale) und verhaltensbezogenen Merkmalen (subjektive Merkmale) trennt. 110 Man kann auf Grund dieser Anknüpfung auch davon sprechen, dass die Sätze 1 und 2 Mindestanforderungen aufstellen, die jeder zu erfüllen hat, bevor er überhaupt Geschäftsführer werden kann. 111 So soll den (angeblichen) 112 Defiziten der angesprochenen Personen Rechnung getragen werden und die Gesellschaft handlungsfähig werden. 113 Die Sätze 3 und 4 dagegen stellen dann weitere Ausschluss109

Statt vieler etwa Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 20, 22. Der geeignete Geschäftsführer, S. 9. 111 Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 167. Mit anderen Begrifflichkeiten, aber einer ähnlichen Unterscheidung GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 8 ff. 112 Zum Ausschlussgrund für juristische Personen siehe unten 2. Teil: A. 110

50

1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

gründe dar, die bestimmte Personen, die bereits einmal unseriöses Verhalten gezeigt haben, von der Geschäftsführung fernhalten. 114 Damit ergibt sich letztendlich diese Matrix: Tabelle 2 Systematik der Inhabilität gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

S. 2

S. 3

S. 4 Alt. 1

S. 4 Alt. 2

Umfang

Absolut

+

+

+

+

-

-

Relativ

-

-

-

-

+

+

Starr

+

-

-

+

-

-

Flexibel

-

+

+

-

+

+

Objektiv (Personenbezogen)

+

+

+

-

-

-

Subjektiv (Verhaltensbezogen)

-

-

-

+

+

+

Anknüpfung

S. 1 Alt. 2

Dauer

§ 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 1

Die Ausschlussgründe in § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG sind positiv formuliert, weshalb das Registergericht diese Kriterien bei der Anmeldung zu prüfen hat. 115 Dies ist für die Frage der beschränkten Geschäftsfähigkeit und die Eigenschaft als juristische Person einfach an Hand der Personalien zu prüfen. 116 Für die Geschäftsunfähigkeit ist dies schwerer. 117 Hier werden sich die Registergerichte zumeist auf den Notar verlassen, der bei Abgabe der Versicherung zumindest Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit nachgeht. 118 Hingegen sind die anderen Ausschlussgründe negativ formuliert. Bezüglich § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG darf sich das Registergericht auf die Versicherung verlassen. 119 Betreuungsbedürftige werden in der Regel ebenso durch den Notar von der Anmeldung abgehalten, auf den sich das Registergericht verlassen wird. 120 113

B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 9. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 9. 115 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 9. 116 Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 9. 117 Das Problem der Geschäftsunfähigen übersieht B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 9. 118 Siehe unten 2. Teil: H.II.1. 119 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 9. 114

D. Derzeitige Amtsunfähigkeitsgründe

51

III. Tatsächliche Bedeutung der Amtsunfähigkeit Zahlen über bestehende Inhabilitäten nach § 6 Abs. 2 GmbHG und damit über deren tatsächliche Bedeutung werden nicht erfasst. Die Anzahl der Urteile, die sich mit der Inhabilität eines Geschäftsführers befassen, ist jedenfalls überschaubar. 121 Eine exakte Bestimmung der inhabilen Personen ist daher nicht möglich, allerdings lassen sich Zahlen für die einzelnen Amtsunfähigkeitsgründe abschätzen. Eine Aufstellung findet sich bei den einzelnen Bestimmungen.

IV. Gesellschaftsvertragliche Eignungsvoraussetzungen Neben den gesetzlichen Amtsunfähigkeitsgründen können die Gesellschafter auch im Gesellschaftsvertrag Eignungsvoraussetzungen vereinbaren. Hierbei unterliegen sie vor allem den allgemeinen zivilrechtlichen Schranken von §§ 138, 242 BGB und den Vorgaben des AGG 122. In paritätisch mitbestimmten GmbHs sind vertragliche Eignungsvoraussetzungen dagegen nach herrschender Meinung nur eingeschränkt zulässig, da anderenfalls in die Kompetenzen des Aufsichtsrats eingegriffen würde, über die Bestellung des Geschäftsführers zu entscheiden. 123 Rechtsfolge, wenn eine statutarische Anforderung nicht erfüllt ist, ist nach herrschender Meinung die Anfechtbarkeit des Beschlusses. 124

120

Siehe unten 2. Teil: H.II.1. Fast alle der veröffentlichten Urteile befassen sich mit der Frage, ob ein Ausländer zum Geschäftsführer bestellt werden kann. 122 Gemäß § 6 Abs. 3 AGG wird auch der Zugang zum Amt des Geschäftsführers vom Geltungsbereich des AGG erfasst. Daher sollten diskriminierende bzw. benachteiligende Eignungsvoraussetzungen in der Satzung – trotz der Trennung von Anstellung und Bestellung – wegen eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 1, 2 AGG unwirksam sein. So für die zu Grunde liegenden Richtlinien auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 33 ff. Die Bestellung ebenfalls erfassend MünchKommBGB / Thüsing, § 2 AGG Rn. 7; Eßer / Baluch, NZG 2007, 321, 328; a. A. Bauer / Göpfert / Krieger, AGG, § 6 Rn. 27. Ob § 7 Abs. 1, 2 AGG für Fremdgeschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer ohne beherrschende Stellung direkt oder nur entsprechend § 6 Abs. 3 AGG anwendbar ist, wird unterschiedlich beurteilt; für eine direkte Anwendbarkeit MünchKommBGB / Thüsing, § 2 AGG Rn. 8; Eßer / Baluch, NZG 2007, 321, 323 f.; für eine entsprechende Anwendbarkeit Bauer / Göpfert / Krieger, AGG, § 6 Rn. 35. 123 Herrschende Meinung, zum Streitstand ausführlicher Habersack / Henssler / Ulmer / Ulmer / Habersack, Mitbestimmungsrecht, § 31 Rn. 10 ff. 124 Herrschende Meinung, statt vieler Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 90. 121

52

1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

V. Gesetzliche Amtsunfähigkeitsgründe bei anderen juristischen Personen Die gleichen Amtsunfähigkeitsgründe wie in § 6 Abs. 2 GmbHG finden sich für Vorstandsmitglieder in § 76 Abs. 3 AktG. 125 Hintergrund ist der, dass die Gefahren, denen mit einer Inhabilität begegnet werden soll, bei AG und GmbH identisch sein werden. 126 Ebenso gleichen sich die wesentlichen Pflichten der beiden Geschäftsleitungsorgane. Beim Verein finden sich dagegen keine gesetzlichen Amtsunfähigkeitsgründe. In der Genossenschaft muss der Vorstand aus Genossenschaftsmitgliedern bestehen, § 9 Abs. 2 GenG, was Ausdruck der besonderen Organisationsform ist. Zudem findet sich in § 37 GenG eine § 100 Abs. 2 AktG vergleichbare Inkompatibilitätsregel für die gleichzeitige Mitgliedschaft in Aufsichtsrat und Vorstand. Art. 47 Abs. 2 Nr. 1 SE-VO verweist für eine deutsche SE auf die deutschen Inhabilitätsvorschriften in § 76 Abs. 3 AktG; zudem sind auch Personen von der Leitung einer SE ausgeschlossen, denen in einem Mitgliedstaat durch Gerichtsoder Verwaltungsentscheidung die Geschäftsleitungstätigkeit untersagt worden ist.

E. Entwicklung der Inhabilitätsgründe Im folgenden Abschnitt werden die Grundzüge der Entwicklung der gesetzlichen Ausschlussgründe und deren allgemeine Diskussion in der Rechtswissenschaft und Praxis nachgezeichnet. Bei der Untersuchung der einzelnen Tatbestandsmerkmale finden sich teilweise weitere Ergänzungen zur Entwicklung.

I. 1892 bis zu den Entwürfen 1971/73 Der Entwurf zum GmbH-Gesetz Ende des 19. Jahrhunderts und auch das dann 1892 in Kraft getretene GmbH-Gesetz sahen noch keine Ausschlusstatbestände für die Bestellung eines Geschäftsführers vor. 127 Sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis war man sich daher bis zur späteren Einführung der 125 Für die Vorstandsmitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit gilt § 76 Abs. 3 AktG entsprechend, § 34 S. 1 VAG. 126 Die hier getroffenen Aussagen zu § 6 Abs. 2 GmbHG lassen sich daher in aller Regel auf § 76 Abs. 3 AktG übertragen. 127 Auch in der Gesetzesbegründung finden sich keine Ausführungen zu dieser Frage, vgl. die Begründung zu § 6 und zu §§ 35 bis 40 im Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RT-Drs. 1890/1892, Nr. 660, S. 42 f., 68 f. sowie den Kommissionsbericht zum Entwurf, RT-Drs. 1890/92, Nr. 744, S. 5, 8 f.

E. Entwicklung der Inhabilitätsgründe

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gesetzlichen Ausschlusstatbestände 1980 einig, dass sich ein Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers allein aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben könne. 128 Wiewohl in diesem Grundsatz Einigkeit herrschte, bestanden bei den Ergebnissen kleinere Meinungsverschiedenheiten. Herrschende Meinung von Beginn an war, dass es Ausdruck der allgemeinen Rechtsgrundsätze sei, dass nur eine natürliche Person Geschäftsführer werden könne; nur vereinzelt gab es andere Ansichten. 129 Ebenso setzte sich früh die Erkenntnis durch, dass die Verbüßung einer Freiheitsstrafe keinen Hinderungsgrund für eine Bestellung zum Geschäftsführer darstelle, da dies nicht von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gedeckt sei. 130 Dagegen sah man beschränkt Geschäftsfähige zunächst als habil an. 131 Erst nach einiger Zeit änderte sich die herrschende Meinung dahingehend, dass auch beschränkt Geschäftsfähige vom Amt des Geschäftsführers ausgeschlossen sind. 132 Ansonsten grenzten die meisten Autoren negativ ab und führten Gründe auf, die keinen Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers bewirken sollten. Dazu zählten etwa Verwandtschaftsverhältnisse, der Beamtenstatus oder die Teilhaberschaft an der Firma. 133 Auch in der Reformdiskussion in den 30er Jahren während der nationalsozialistischen Herrschaft war das Thema Auswahl und Eignung der Geschäftsführer kaum beachtet. Karl-August Crisolli war einer der wenigen Autoren, die sich mit der „Auslese der Geschäftsführer“ auseinandersetzten. 134 Obwohl die Ausführungen Crisollis zur GmbH und zur Auslese der Geschäftsführer insgesamt von der nationalsozialistischen Ideologie geprägt waren, war sein Vorschlag zum Ausschluss bestimmter Personen ohne rassenideologischen Hintergrund. Crisolli befand, dass die bei der GmbH „herrschende Unsolidität und Unrealität ... vor allem auch ... von der gesunkenen Moral der Leiter der Unternehmen hervorgerufen (werde).“ 135 Er hielt es daher für notwendig, „... daß der Gesetzgeber an der moralischen Erziehung und Auswahl der Führer der wirtschaftlichen Unternehmungen in einschneidender Weise mitwirk(e).“ 136 Diese Aufgabe sollte das Handelsregister erfüllen und so „nur moralisch einwandfreien Personen“ die Verwaltung eines 128 Etwa OLG Hamburg, JW 1916, 1593 mit zustimmender Anmerkung Hachenburg; Staub, § 6 Anm. 37. 129 Siehe nur Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 5; Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38; a. A. Birkenbihl, GmbHG, § 6 Anm. 4; Feine, GmbH, S. 473. 130 OLG Hamburg, JW 1916, 1593 mit zustimmender Anmerkung Hachenburg. 131 RGSt 58, 304 f.; Hachenburg 5, GmbHG, § 35 Anm. 38. 132 Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38 m.w. N. 133 Vgl. etwa Liebmann / Saenger, GmbHG, § 6 Anm. 4. 134 Crisolli, Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, S. 15 f. und ders., in: Frank, NS-Handbuch für Recht und Gesetzgebung, S. 1155, 1162 ff. 135 In: Frank, NS-Handbuch für Recht und Gesetzgebung, S. 1155, 1162. 136 In: Frank, NS-Handbuch für Recht und Gesetzgebung, S. 1155, 1162 f.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

„Teil(s) des Volksvermögens“ anvertrauen. 137 Den Betrügern, die „den Mantel der Haftungsbeschränkung der juristischen Personen des Handelsrechts zur Schädigung der Allgemeinheit benutzen“, sollte ein Riegel vorgeschoben werden. 138 In „Weiterbildung“ des Englischen Rechts (§ 142 Companies Act 1929) 139 schlug er daher für die AG die folgende Norm vor: 140 § 231 Abs. 4 HGB: „Zum Mitglied des Vorstandes darf ohne Genehmigung des Reichshandelsregistergerichts niemand bestellt werden, über dessen Vermögen innerhalb der letzten zehn Jahre der Konkurs eröffnet oder mangels Masse abgelehnt war, oder der während dieses Zeitraums den Offenbarungseid geleistet hat oder wegen Betruges, Untreue oder Konkursvergehens oder Konkursverbrechens bestraft ist. Ferner kann zum Mitglied des Vorstandes ohne Genehmigung des Reichshandelsregistergerichts niemand bestellt werden, der gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person war, über deren Vermögen innerhalb der letzten zehn Jahre das Konkursverfahren eröffnet oder mangels Masse abgelehnt war, oder für die er während diese Zeitraums den Offenbarungseid geleistet hat.“ § 231 Abs. 5: „Das Amt eines Mitglieds des Vorstandes endet, falls über sein Vermögen oder über das Vermögen einer von ihm vertretenen juristischen Person der Konkurs eröffnet oder mangels Masse abgelehnt wird, oder er für sich oder eine von ihm vertretene juristische Person den Offenbarungseid leistet, oder er wegen Betruges, Untreue oder Konkursvergehens oder Konkursverbrechens bestraft wird.“

Die Vorschriften sollten nach § 6 Abs. 4 GmbHG für Geschäftsführer entsprechend anwendbar sein. In § 8 Abs. 2 GmbHG wollte Crisolli festlegen, dass in der Anmeldung zu erklären sei, dass kein Hinderungsgrund nach § 231 Abs. 4, 5 HGB vorliege. Verstöße sollten gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG strafbewehrt sein. Mittels dieser Regelungen sollte „das Wirtschaftsleben vor den übelsten Hyänen“ geschützt und der „Kaufmann zur Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit“ angehalten werden. 141 Die weitere Überwachung wollte er der ständischen Ehrengerichtsbarkeit überlassen. Großes Echo riefen die Forderungen nicht hervor.

137

In: Frank, NS-Handbuch für Recht und Gesetzgebung, S. 1155, 1163. Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, S. 15. 139 Crisolli, Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, S. 16 (dort mit einer Übersetzung von § 142 Companies Act 1929 von Arthur Curti); ders., in: Frank, NS-Handbuch für Recht und Gesetzgebung, S. 1155, 1163. 140 Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, S. 37 f. 141 Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, 15 f. 138

E. Entwicklung der Inhabilitätsgründe

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Kritisiert wurde allerdings die von Crisolli geforderte Kontrolle durch die Registergerichte. 142 1937 wurde der Ausschuss für GmbH-Recht gebildet, der sich mit der Zukunft der GmbH auseinandersetzen sollte. 143 Friedrich Klausing, Vorsitzender des Ausschusses, fasste im Anschluss an ein Referat zur „Geschäftsführung“ einige diskussionswürdige Punkte zusammen. Unter Punkt 12 hieß es: „Person der Geschäftsführer. Es ist vorgeschlagen worden, man sollte bestimmen, dass Geschäftsführer nicht werden dürfe, wer wegen Konkursvergehens bestraft worden sei oder wem die bürgerlichen Ehrenrechte wegen eines Wirtschaftsdeliktes aberkannt sind.“ 144

In den späteren Beratungen des Ausschusses wurde die Auswahl der Geschäftsführer aber nicht diskutiert. 145 Auf die Arbeiten des Ausschusses für GmbH-Recht aufbauend, legte das Reichsjustizministerium 1939 einen Entwurf zu einem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung vor. 146 In diesem Entwurf fanden sich die Gedanken von Crisolli und der oben angesprochene Punkt 12 aus dem Ausschuss nicht mehr wieder. In § 59 Abs. 2 GmbHG befand sich nur der Ausschluss von juristischen Personen von der Geschäftsleitung. 147 Begründung war, dass die Geschäftsführer nicht anonym agieren, sondern persönlich bekannt sein sollten. 148 Andere Ausschlusstatbestände gab es nicht. Einige andere gesetzliche Ausschlussgründe und Beschränkungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren der Zeitgeschichte geschuldet. So verwundert es angesichts des nationalsozialistischen Rassenhasses gegenüber den Juden wenig, dass diesen im Zuge der allgemeinen Repressalien auch die Tätigkeit als Geschäftsführer verboten worden war. 149 Diese Einschränkung war Ausdruck 142

So Stupp, GmbH-Recht im Nationalsozialismus, S. 252. Zum Ausschuss und den Mitgliedern ausführlicher Schubert, GmbH-Protokolle, S. XI ff. und Stupp, GmbH-Recht im Nationalsozialismus, S. 218 ff. 144 Klausing, in: Schubert, GmbH-Protokolle, S. 346. 145 Vgl. Stupp, GmbH-Recht im Nationalsozialismus, S. 252. 146 Zur Geschichte des Entwurfs Schubert, Entwurf eines GmbHG 1939, S. 84 ff. 147 Abgedruckt bei Schubert, Entwurf eines GmbHG 1939, S. 109. 148 Leitsätze GmbH-Reform S. 43 f. (DZA Potsdam R 3101 Akte 5029 FB 17550), zit. nach Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 89 Fn. 296. 149 Baumbach 3, GmbHG, § 6 Nr. 2) C. Siehe vor allem die Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. 11. 1938, RGBl. I 1580. Der dortige § 2 Abs. 1 sah vor, dass Juden nicht mehr Betriebsführer im Sinne des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. 1. 1934, RGBl. I 45 ff. werden durften. Nach § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes waren die gesetzlichen Vertreter bei juristischen Personen Führer des Betriebes. Noch ohne Einschränkungen für Juden im Jahr 1936 bspw. Groschuff, § 6. 143

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

der ethnischen Säuberungs- und Unterdrückungsaktionen der Nationalsozialisten. Dass dieses Verbot jeglicher vernünftigen Grundlage entbehrt und rein ideologisch geprägt war, bedarf hier keiner weiteren Erörterung. Und auch die Tatsache, dass bis zur Aufhebung von § 1358 BGB durch das Gleichberechtigungsgesetz im Jahr 1957 die Bestellung einer Frau zum Geschäftsführer der Zustimmung ihres Ehemannes bedurfte, da sonst ein Kündigungsrecht für diesen bestand, war Ausdruck der damaligen Gegebenheiten. 150 Im späteren Referentenentwurf von 1969 wurde der Ausschlusstatbestand des Entwurfs von 1939, nunmehr in § 58 Abs. 3 GmbHG, um den Ausschluss beschränkt Geschäftsfähiger und Geschäftsunfähiger erweitert. 151 Die identischen Entwürfe von 1971/73 verschoben die Ausschlusstatbestände in § 60 Abs. 2 GmbHG, änderten aber inhaltlich nichts. 152 Wissenschaftliche Auseinandersetzungen zur Problematik gab es zu dieser Zeit keine. Aus der Praxis ist allein die Stellungnahme der Centrale für GmbH zu finden. 153 Diese verlangte die Streichung von § 60 Abs. 2 GmbHG. Insbesondere eine gesetzliche Festlegung zur Frage, ob eine juristische Person Geschäftsführer sein könne, erschien unangebracht.

II. Vorarbeiten zur GmbH-Novelle 1980 1. Beschlüsse der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 1972 setzte das Bundesjustizministerium die Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ein. 154 Diese setzte sich vor allem in 150 Merzbacher / Krakenberger, GmbHG, § 6 Anm. 3. § 1358 BGB lautete: „Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältnis ... kündigen, wenn er auf seinen Antrag von dem Vormundschaftsgerichte dazu ermächtigt worden ist. Das Vormundschaftsgericht hat die Ermächtigung zu ertheilen, wenn sich ergibt, dass die Thätigkeit der Frau die ehelichen Interessen beeinträchtigt. Das Kündigungsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Mann der Verpflichtung zugestimmt hat oder seine Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt worden ist ...“. Aufgehoben durch das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (Gleichberechtigungsgesetz – GleichberG) v. 18. 6. 1957, BGBl. I 1957, S. 609 ff. 151 BMJ (Hrsg.), Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, S. 24, 201. 152 Entwürfe eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und eines Einführungsgesetzes zum Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, BT-Drs. 6/3088, S. 18, 119 = BT-Drs. 7/253, S. 18, 119. 153 Centrale für GmbH, Stellungnahme, S. 26. 154 Fleischer, WM 2004, 157 f.

E. Entwicklung der Inhabilitätsgründe

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ihrer zweiten Arbeitstagung im Februar 1973 mit der Frage auseinander, ob zur Verbesserung des Gläubigerschutzes in bestimmten Fällen Tätigkeitsverbote für den Geschäftsführer auszusprechen seien. Grundlage der späteren Beratungen in einer Unterkommission waren dabei Referate von Herbert Heidland, Rechtsanwalt und Insolvenzpraktiker aus Köln, sowie insbesondere das von Walter Odersky, damals noch Ministerialrat beim Bayerischen Staatsministerium der Justiz, später Präsident des BGH. a) Aussagen von Heidland Heidland 155 bemängelte in seinem Referat, dass die Sanktionen gegen Gemeinschuldner, über die ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse abgelehnt worden sei, völlig unzureichend seien. Wer durch „Unvermögen, Leichtsinn oder kriminelles Verhalten“ Gläubiger geschädigt habe, könne dies kurze Zeit später nach der Gründung einer neuen GmbH als deren Geschäftsführer erneut. Die Gläubiger seien verständlicherweise empört, dass der Staat in diesen Situationen nicht eingreife. Ein Eingreifen sei dem Staat bislang nur dann möglich, wenn kriminelles Unrecht geschehe. Die Ermittlungsbehörden seien aber kräftemäßig überfordert. Selten bestünden konkrete Anhaltspunkte für ein kriminelles Verhalten; im Übrigen sei die Zahl der Fälle zu groß, um ohne besondere Anhaltspunkte zu ermitteln. Eintragungen in die Schuldnerkartei gemäß § 915 ZPO würden durch Ortswechsel und Neubeginn in einem anderen Gebiet umgangen und daher ohne Wert sein. Die Möglichkeit, strafrechtlich ein Berufsverbot auszusprechen, werde zudem kaum ergriffen. Eine vorbeugende zivilrechtliche Lösung führe zu einem größeren Erfolg als die repressive Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität im Strafverfahren. Dies sei zu lösen, indem es Personen erschwert werden sollte, in der Wirtschaft selbstverantwortlich tätig zu werden, nachdem sie bereits einmal gezeigt hätten, dass sie ungeeignet seien, einen Betrieb zu führen. Der Nachweis bestimmter Fähigkeiten und auch die Zuverlässigkeit seien in vielen Bereichen der Wirtschaft üblich. Mindestanforderungen könnten daher auch für den Geschäftsführer aufgestellt werden. Es sollte für den Geschäftsführer eine Zuverlässigkeitsvoraussetzung dergestalt geschaffen werden, dass „niemand ... Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft sein (dürfe), über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eingeleitet oder mangels Masse abgelehnt worden (sei) und gegen den dabei ein kaufmännisch zu beanstandendes Verhalten festgestellt (worden sei).“ Ein zu beanstandendes Verhalten sollten etwa die unterlassene oder mangelhafte Buchführung und Bilanzierung 155

In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 2, S. 40 –44.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

sowie die schuldhafte Verzögerung, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, und das unredliche Herbeiführen des Vermögensverfalls sein können. Ebenfalls sollten Verstöße gegen § 239 Ziff. 1 und 2 KO (abgelöst durch die §§ 283 ff. StGB) eine solche Indizwirkung entfalten. Die gleiche Sanktion sollte dem Geschäftsführer einer in Insolvenz geratenen Handelsgesellschaft gelten, sofern ihm ein entsprechender Vorwurf zu machen sei. Über das Tätigkeitsverbot sollte wegen der Sachnähe das Konkursgericht entscheiden, obwohl es eine Aufgabe erhielte, die ihm bislang nicht zustehe. Dass der inhabile Geschäftsführer durch das Tätigkeitsverbot mangels Anstellung den entstandenen Schaden nicht mehr vollständig kompensieren könne, beeinträchtige keine Gläubigerinteressen. Zum einen erhielten die Gläubiger auch im Konkursverfahren nur eine geringe Quote als Ersatz für die Forderungen, zum anderen könne der Inhabile in abhängiger Stellung tätig werden. Auf Nachfrage zu seinem Referat ergänzte Heidland 156, dass die Voraussetzungen für ein Berufsverbot von der Feststellung konkreter Tatbestände abhängig sein sollten, den Gerichten jedoch ein Ermessensspielraum zu verbleiben habe. Das Verbot sollte generell für jede kaufmännische Betätigung gelten, dabei aber zeitlich begrenzt sein. Zuständiges Gericht sollte das Konkursgericht sein. b) Referat von Odersky Odersky 157 widmete sich in seinem Referat den Möglichkeiten, durch das Strafund Registerrecht ungeeignete Personen von der Geschäftsleitung auszuschließen. „...(D)ie Ausschaltung ungeeigneter und als unzuverlässig bekannter Personen bei der Gründung von Gesellschaften“ sei ein zentrales Problem. Bestimmten Personen, die bereits wegen diverser Wirtschaftsdelikte vorbestraft, selbst insolvent oder als Organ oder sonst an der Insolvenz einer Gesellschaft beteiligt gewesen seien, würde weiterhin die Möglichkeit gegeben, ihre „unseriöse(n) und dubiose(n) Machenschaften“ fortzusetzen. Es bestünde zwar die Möglichkeit, strafrechtlich ein Berufsverbot (für den Beruf des Geschäftsführers) auszusprechen oder gewerberechtlich die Betätigung in einem bestimmten Gewerbe zu untersagen, allerdings würde von diesen Möglichkeiten kaum Gebrauch gemacht. Odersky regte daher an, diese Mittel in der Praxis verstärkt einzusetzen. Das Registergericht sollte die ausdrückliche Möglichkeit erhalten, die Eintragung einer GmbH abzulehnen, wenn gegen den Geschäftsführer ein Verbot oder eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen sei, da die Gesellschaft keine Gewähr für einen gesetzmäßigen Geschäftsbetrieb biete. Dies sei noch vom Prüfungsgegen156 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, S. 8. 157 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 5, S. 26 –34.

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stand der Registergerichte erfasst. Um sicherzustellen, dass das Registergericht von einschlägigen Verboten oder Untersagungen erfahre, sei darüber nachzudenken, einen Auszug aus dem Bundeszentralregister vorzulegen oder eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister einzuholen. Odersky plädierte allerdings dafür, die spätere Kontrolle, ob eine Gewerbeuntersagung für den Geschäftsführer bestehe, den Gewerbebehörden zu überantworten. Diese seien als die verhängende Behörde sachnäher. Außerdem hätte das Registergericht keine Sanktion zur Hand, da die Eintragung der Geschäftsführer nicht konstitutiv wirke. Es sei zu prüfen, ob es ausreiche, wenn die Gewerbebehörden die Bekanntmachungen des Handelsregisters verfolgten oder ob nicht eine Unterrichtungspflicht über Geschäftsführerbestellungen einzuführen sei. Weiter wandte sich Odersky der Frage zu, ob das Registergericht selbst – ohne vorangegangenes gerichtliches oder behördliches Betätigungsverbot – ungeeignete und unzuverlässige Personen von der Gründung einer GmbH oder Geschäftsführung ausschließen könne. Odersky dachte dabei an Personen, die bereits im Wirtschaftsleben Straftaten begangen hatten oder an Insolvenzen beteiligt waren. Eine solche Möglichkeit bestünde nicht. Verfassungsrechtlich seien Art. 12 und die engen Grenzen für eine Rechtfertigung subjektiver Zulassungsregeln für den Ausschluss von der Gründung einer GmbH zu beachten. Zudem sei es äußerst zweifelhaft, abschließende Tatbestände für den Ausschluss von der Beteiligung an einer Gründung einer GmbH zu schaffen, anhand derer das Registergericht in einer formalen Prüfung den einzelnen Fall entscheiden könne. Eine Generalklausel käme nicht in Betracht, da die Prüfungsmöglichkeiten, aber auch der Verantwortungsbereich und die reale Belastbarkeit der Registergerichte überschritten würden. Schließlich sprach Odersky sich gegen den Vorschlag aus, den Geschäftsführern und den Gründern gegenüber dem Handelsregister eine Erklärungspflicht aufzuerlegen, sofern sie an bestimmten Vorfällen im Wirtschaftsleben, die sie in ein ungünstiges Licht rücken könnten (etwa Insolvenzen), beteiligt waren. Verfassungsrechtlich sei eine solche Regelung unzulässig, da Differenzierungen bspw. nach Art und Grund der einzelnen Insolvenzen nicht möglich seien. Odersky 158 ergänzte auf Fragen, dass zur Sicherung des Rechtsverkehrs vor wirtschaftlich unzuverlässigen Personen schärfere Bestimmungen geschaffen werden müssten. Personen, die einmal insolvent geworden seien oder als Geschäftsführer eine GmbH in die Insolvenz geführt hätten, seien nicht mehr berechtigt, eine GmbH als Geschäftsführer zu leiten. Dies sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Schwierigkeiten bereite es allerdings, eine angemessene Regelung zu finden, da der Geschäftsführer nicht der eigentlich Verantwortliche für die Insolvenz gewesen sein müsse. 158

In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, S. 12.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

c) Beschlüsse der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Die Referate wurden anschließend in einer Unterkommission beraten. Abschließende Beschlüsse konnte die Kommission auf ihrer zweiten Tagung aus zeitlichen Gründen nicht mehr fassen. 159 Erst auf der dritten Tagung im Mai 1973 wurden die Empfehlungen an den Gesetzgeber beschlossen. Die Empfehlung als Ergebnis der Beratungen der Unterkommission sollte dabei zunächst den folgenden Wortlaut haben: 160 „Es soll eine gesetzliche Regelung getroffen werden, nach der zum gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft für die Dauer von fünf Jahren nicht bestellt werden kann a) wer wegen bestimmter Konkursstraftaten verurteilt worden ist, b) wem für den Bereich, auf dem die Kapitalgesellschaft tätig ist oder werden soll, ein Berufsverbot (§ 42 Abs. 1 StGB 161, § 70 2. StrRG) auferlegt oder durch eine vollziehbare Entscheidung der Verwaltungsbehörde eine Betätigung untersagt ist (§ 35 GewO), c) wer in das Schuldnerverzeichnis (§ 107 Abs. 2 KO, § 915 ZPO, ferner s. o. 6 und 7 162) eingetragen ist, es sei denn, daß nach der Feststellung des Registergerichts aus den Umständen, welche zur Eintragung geführt haben, keine Bedenken gegen seine Bestellung zum gesetzlichen Vertreter herzuleiten sind.“

In der Begründung 163 zur Empfehlung erklärte die Unterkommission, dass sie sich nach langer Beratung gegen eine allgemeine Ermächtigung der Registergerichte ausgesprochen habe, darüber zu entscheiden, wer zum Geschäftsführer geeignet sei. Jedoch hielt sie es für im öffentlichen Interesse geboten, als vorbeugende Maßnahme gegen Wirtschaftskriminalität Personen beim Vorliegen genau umrissener Voraussetzungen für eine bestimmte Zeit nicht zum gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft bestellen lassen zu können. Dazu sollte die Verurteilung 159

Es reichte nur noch dazu, die Beschlussfassung vorzustellen, BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, S. 50. 160 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 27. 161 Richtig sollte es „§ 42l Abs. 1 StGB“ heißen. 162 Die Empfehlung 6 regelte, dass in das Schuldnerverzeichnis nicht nur diejenigen eingetragen werden sollten, bzgl. derer der Antrag auf Eröffnung des Konkurses abgelehnt worden ist, sondern auch diejenigen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet worden ist. Nummer 7 erweiterte die eintragungspflichtigen Personen in das Schuldnerverzeichnis. Die Personen, die im Zeitpunkt der Antragstellung auf Eröffnung des Konkurses gesetzlicher Vertreter waren, sollten ebenfalls – in ihrer Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter – in das Verzeichnis eingetragen werden. In Empfehlung 10 wurde dazu ergänzend die Einrichtung eines zentralen Schuldnerverzeichnisses für das Bundesgebiet und West-Berlin gefordert BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 21 – 27, 34. 163 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 28 f.

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wegen bestimmter Konkursdelikte sowie ein strafrechtliches Berufsverbot oder die gewerbebehördliche Untersagung für den Geschäftsbereich der GmbH zählen. Diese Entscheidungen seien „so bedeutungsvoll und charakterisier(t)en die Persönlichkeit in solch eindeutiger Weise, dass sie die Nichteignung zum gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft für die Dauer von fünf Jahren stets zur Folge haben sollten“. Die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (vgl. Empfehlung c)) stelle lediglich eine starke Vermutung für die Nichteignung auf, die der Betroffene widerlegen können sollte. Diese Lösung sei verfassungsrechtlich zulässig und nicht nur zweckmäßig, sondern auch geboten. Über die Empfehlung a) bestand Einigkeit, so dass diese ohne Gegenstimme von der Kommission angenommen wurde. 164 Hinsichtlich der Empfehlung b) bestand geringer Diskussionsbedarf. 165 So wurde das Verhältnis von strafrechtlichem Berufsverbot und der Empfehlung b) erörtert. Dabei wurde festgehalten, dass die Empfehlung sicherstellen solle, dass für den Bereich, für den der Betroffene strafrechtlich ein Berufsverbot erhalten habe, auch die Geschäftsführertätigkeit auf diesem Gebiet ausgeschlossen sei. Die Geschäftsleitung für Gesellschaften, die in einem anderen als dem verbotenen Bereich tätig sind, solle möglich bleiben. Die Bestimmung solle das strafrechtliche Berufsverbot lediglich ergänzen. Die Empfehlung b) wurde im Ergebnis ohne Gegenstimme angenommen. 166 Die Formulierung von c) stieß dagegen auf einige Vorbehalte. 167 So enthielte die Formulierung eine Umkehr der Beweislast, was bedenklich sei. Vielmehr sei eine positive Feststellung „schwerwiegender Bedenken“ notwendig. Da es sich um eine subjektive Zulassungsvoraussetzung handele, müssten sich aus den Umständen gerade schwerwiegende Bedenken gegen die Bestellung ergeben. Nur so werde den Grundrechten des Betroffenen genügt. Die erforderlichen Feststellungen sollte dabei das Registergericht treffen, da ihm diese Entscheidung laut dem Sachverständigen von Schütz nicht fremd sei. Als Anregung sollte geprüft werden, ob und wieweit die Empfehlung c) auch für Geschäftsführer gelten sollte, die nicht Gesellschafter der Gesellschaft seien. Der Veränderung der Empfehlung und der Anregung stimmte die Mehrheit der Kommission zu 168, so dass c) schlussendlich lautete: 164 Zwölf Ja-Stimmen bei einer Enthaltung, BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 31. 165 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 29 f. 166 Elf Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen, BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 31. 167 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 30 f. 168 Acht Ja-Stimmen bei vier Gegenstimmen und zwei Enthaltungen bzgl. der Neufassung von c), zehn Stimmen für eine Prüfung durch das Registergericht gegenüber zwei Stimmen für das Konkursgericht bei zwei Enthaltungen, elf Ja-Stimmen und drei

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen „wer in das Schuldnerverzeichnis (§ 107 Abs. 2 KO, § 915 ZPO, ferner wie oben Leitsätze 6 und 7) eingetragen ist, sofern nach der Feststellung des Registergerichts [...] aus den Umständen, welche zur Eintragung geführt haben, schwerwiegende Bedenken gegen seine Bestellung zum gesetzlichen Vertreter herzuleiten sind.“ 169

Eine weitere Empfehlung beschäftigte sich mit der Frage, wie die Einhaltung der Unfähigkeitsgründe sicherzustellen sei. 170 Dazu sollte der Anmeldung zum Handelsregister eine Erklärung beigefügt werden, ob ein Umstand der Bestellung entgegenstehe. Mit dieser Regelung sollten sich die Verantwortlichen rechtzeitig über die Voraussetzungen der Bestellung klar werden und dem Registergericht die Überprüfung erleichtern. Im Interesse der Betroffenen und der Gesellschaft sollten die Angaben und Verhandlungen nicht der Einsicht nach § 9 Abs. 1 HGB unterliegen. Diese Empfehlung wurde einstimmig angenommen. 171 2. Forderungen von Tiedemann Neben der Sachverständigenkommission forderte 1976 auch Tiedemann 172 den Gesetzgeber dazu auf, den Anwendungsbereich von (zeitlich beschränkten) Berufsverboten zu erweitern, da er mittels empirischen Untersuchungen nachweisen konnte, dass diese einen (hohen) generalpräventiven Effekt besitzen. So sollten Berufskriminelle aus dem Wirtschaftsleben ferngehalten werden. Ebenso befürwortete er eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Schuldnerverzeichnisses nach § 107 Abs. 2 KO, § 915 ZPO, um Geschäftspartnern durch die Einholung von Auskünften Schutz vor unzuverlässigen Kaufleuten zu gewähren. Personen, die in Konkurs geraten seien, und solche, die als Geschäftsführer einer in Konkurs geratenen GmbH tätig gewesen waren, sollten ferner ausgeschlossen werden. Formelle Gesellschaftsgründungen durch Familienmitglieder eines Kriminellen, der dann zum Geschäftsführer bestellt werde, sollten so verhindert werden.

Enthaltungen für die Prüfungsanregung, BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 32. 169 Die vom Verfasser hervorgehobenen Wörter sind die Änderungen gegenüber der Ursprungsfassung. 170 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 32 f. 171 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 33. 172 Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität, S. 72 f.

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III. GmbH-Novelle 1980 1. Regierungsentwurf 1977 Ziel des neuen GmbH-Gesetzes war es, den Gläubigerschutz zu stärken. 173 Als Ergebnis der zuvor erwähnten Empfehlungen und Forderungen befand sich im Regierungsentwurf von 1977 daher ein neuer § 6 Abs. 2 GmbHG, der nicht nur den Ausschluss juristischer Personen, Geschäftsunfähiger und beschränkt Geschäftsfähiger enthielt, sondern auch in Teilen die Anregungen der Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität übernahm: 174 § 6 Abs. 2 GmbHG: „(2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein; ist der Täter zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, so verlängert sich die Frist um die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Wem durch gerichtliches Urteil oder durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein.“ 175

Die Begründung zu § 6 Abs. 2 GmbHG fiel dagegen äußerst knapp aus: 176 Satz 1 wurde als Klarstellung bezeichnet, da er der vergleichbaren Regelung in § 76 Abs. 3 AktG und der bereits zum geltenden GmbH-Recht ganz überwiegend vertretenen Ansicht entspreche. Die Sätze 2 und 3 sollten verhindern, „dass Personen, die wegen bestimmter Konkursdelikte bestraft worden (seien) oder gegen die ein Berufsverbot verhängt worden (sei), alsbald ihre Geschäfte unter dem Deckmantel einer anonymen Kapitalgesellschaft wieder aufnehmen und hierdurch Dritte gefährden (würden).“ Grundlage seien die Empfehlungen der Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Aus dem Wortlaut sollte sich laut der Begründung „hinreichend“ ergeben, dass eine gegen § 6 Abs. 2 GmbHG verstoßende Bestellung nichtig sei. Gutgläubige Dritte seien „durch § 15 Abs. 3 HGB und die Grundsätze der Rechtsscheinshaftung hinreichend geschützt.“ Im neuen § 8 Abs. 3 GmbHG sollte festgelegt werden, dass die Geschäftsführer in der Anmeldung zu versichern haben, dass ihrer Bestellung keine Gründe nach § 6 Abs. 2 S. 2, 3 GmbHG entgegenstünden und dass sie über ihre unbe173 174 175 176

Zielsetzung des Entwurfs, BT-Drs. 8/1347, S. 1. BT-Drs. 8/1347, S. 31. BT-Drs. 8/1347, S. 5. BT-Drs. 8/1347, S. 31 f.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

schränkte Auskunftspflicht belehrt worden seien. 177 In Satz 2 sollte aufgenommen werden, dass die nach § 51 Abs. 2 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister in der Fassung vom 22. Juli 1976 erforderliche Belehrung auch durch einen Notar vorgenommen werden könne. Zur Begründung 178 hieß es, dass das Registergericht nach §9d Abs. 1 179 zu prüfen habe, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet worden sei. Dazu zähle auch die Überprüfung, ob die zum Geschäftsführer bestellten Personen habil seien oder nicht. Das Gericht könne dazu nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 BZRG eine Auskunft aus dem Zentralregister einholen. Angesichts der Vielzahl von Gesellschaftsgründungen und der geringen Zahl von inhabilen Personen würde ein immenser Verwaltungsaufwand generiert. Zur Erleichterung werde daher die Versicherungspflicht der Geschäftsführer eingeführt. Die Geschäftsführer seien nach § 51 Abs. 2 BZRG je nach Höhe der Bestrafung dem Gericht nur dann unbeschränkt auskunftspflichtig, wenn sie über diese Pflicht belehrt worden seien. Da die Anmeldungen zum Handelsregister und auch die Unterschriften der Geschäftsführer in öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden müssten und die Geschäftsführer sich daher eines Notars bedienen würden, werde zur Verfahrenserleichterung eine Belehrung des Notars über die unbeschränkte Auskunftspflicht für ausreichend erachtet. Eine Pflicht des Notars zur Belehrung bestehe aber nur dann, wenn die Geschäftsführer ihn darum besonders ersuchen würden. Dass der Geschäftsführer entsprechend belehrt worden ist, sei in die Versicherung mit aufzunehmen. Das Gericht habe bei diesem Verfahren nur noch dann Veranlassung, einen Auszug aus dem Zentralregister zu verlangen, wenn es im Einzelfall Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Versicherung habe. Für die spätere Anmeldung eines (neuen) Geschäftsführers sollte in § 39 Abs. 3 GmbHG eine mit § 8 Abs. 3 GmbHG korrespondierende Versicherungspflicht aufgenommen werden. 180 In § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG schließlich sollten falsche Angaben oder das Verschweigen erheblicher Umstände im Rahmen der Versicherung mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren oder Geldstrafe bedroht werden, um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Versicherung zu sichern. 181 2. Stellungnahme des Bundesrats Der Bundesrat forderte in seiner Stellungnahme zum Entwurf einige Änderungen. 182 Zunächst verlangte er die folgende Änderung des zweiten Halbsatzes von § 6 Satz 2: 177 178 179 180 181 182

BT-Drs. 8/1347, S. 6 f. BT-Drs. 8/1347, S. 34. Letztendlich § 9c Abs. 1 GmbHG. BT-Drs. 8/1347, S. 11, 43. BT-Drs. 8/1347, S. 20, 34, 55. BT-Drs. 8/1347, S. 64 ff.

E. Entwicklung der Inhabilitätsgründe

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„in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.“

Diese Fassung sollte Widersprüchlichkeiten und Zweifelsfragen vermeiden, da sie den im Strafrecht üblichen Formulierungen (z. B. § 70 Abs. 4 S. 2 StGB – Berechnung der Dauer des Berufsverbots) entspreche. Als widersprüchlich sah es der Bundesrat an, „wenn der Vollzug von Maßregeln der Besserung und Sicherung, insbesondere der Sicherungsverwahrung, im Unterschied zum Vollzug von Freiheitsstrafe auf den Fristenlauf ohne Einfluß wäre.“ Zudem könne die Verlängerung der Frist „auch nicht davon abhängig gemacht werden, daß die zu verbüßende Strafe gerade wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d StGB verhängt worden (sei).“ Bei einer Gesamtstrafenbildung oder einer Einheitsjugendstrafe sei der auf die Verurteilung wegen der Insolvenzdelikte beruhende Teil der Gesamtstrafe nicht zu bestimmen. Außerdem wollte der Bundesrat den früheren Absatz 2, der nach dem Regierungsentwurf zum Absatz 3 werden sollte, um drei Sätze ergänzen: „Personen, die als Schuldner in einem Verzeichnis nach § 915 der Zivilprozessordnung oder § 107 Abs. 2 der Konkursordnung eingetragen sind oder über deren Vermögen in den letzten fünf Jahren das Konkursverfahren eröffnet worden ist, können nicht zu Geschäftsführern bestellt werden. Dies gilt nicht, wenn das Gericht des Sitzes der Gesellschaft auf Antrag eines Betroffenen vor seiner Bestellung festgestellt hat, dass aus den Umständen, welche zur Eintragung oder zur Eröffnung geführt haben, schwerwiegende Bedenken gegen die Bestellung zum Geschäftsführer nicht herzuleiten sind. Der Antragsteller hat die Entlastungsgründe im Antrag darzulegen und sie dem Gericht glaubhaft zu machen.“

Der Bundesrat folgte mit seinem Änderungsantrag weitgehend den Empfehlungen der Wirtschaftskriminalitätskommission, da er den Schutz Dritter durch den Regierungsentwurf nicht für ausreichend erachtete. Für Personen, bei denen die zuvor erwähnten Umstände vorlägen, sei eine mangelnde Eignung zu vermuten. Da die Umstände, die zur Eintragung oder zur Eröffnung des Konkursverfahrens geführt haben, so beschaffen sein könnten, dass sich „keine schwerwiegende Bedenken“ gegen die Eignung herleiten ließen, enthalte der Vorschlag aus verfassungsrechtlichen Gründen – anders als bei den von der Regierung aufgeführten Fällen, in denen „die fehlende Eignung auf der Hand lieg(e)“ – keinen starren Ausschlusstatbestand. Der potenzielle Geschäftsführer könne die Vermutung, dass er nicht geeignet sei, in einem gerichtlichen Feststellungsverfahren widerlegen. Dies stelle „keine unzumutbare Obliegenheit“ für den Betroffenen dar und vermeide, „daß die Gerichte von Amts wegen ... Be- oder Entlastungsgründe feststellen müss(t)en und ... übermäßig belastet“ würden. Mit einem positiven Feststellungsurteil für den Betroffenen werde jedoch keine Aussage über die Zuverlässigkeit und Eignung getroffen. Die vorgeschlagenen Ausschlussgründe sollten nur bei der Bestellung eingreifen, da die Vermutung der mangelnden Eignung bei einer späteren Eintragung oder Konkurseröffnung nicht so stark sei, wie bei den anderen

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Ausschlussgründen. Die Gesellschafter sollten auf „die Wirksamkeit einer einmal vorgenommenen Bestellung vertrauen“ dürfen. In seinen Änderungsvorschlägen bat der Bundesrat schließlich die Bundesregierung, zu prüfen, ob die neu vorgeschlagenen Ausschlussgründe auf solche Personen zu erstrecken seien, die „zuvor Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer einer anderen GmbH waren, über deren Vermögen in den letzten fünf Jahren vor Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister das Konkursverfahren eröffnet worden (sei).“ Als Folge der Änderungsvorschläge sollten auch die Versicherungspflichten in § 8 Abs. 3 und § 39 Abs. 3 GmbHG auf den neuen § 6 Abs. 3 GmbHG erweitert werden. 183 3. Gegenäußerung der Bundesregierung Die Bundesregierung akzeptierte in ihrer Gegenäußerung den ersten Änderungsvorschlag des Bundesrats bezüglich des Fristenlaufs bei der Verurteilung wegen Insolvenzstraftaten. 184 Dagegen lehnte sie den weiteren Änderungsvorschlag des Bundesrates ab. 185 Die Zielsetzung des Antrags des Bundesrats decke sich zwar mit den Zwecken des Regierungsentwurfs, „ungeeignete Personen von der Führung einer GmbH auszuschließen“. Zudem berücksichtige der Vorschlag auch, dass der Betroffene „ohne eigenes schwerwiegendes Verschulden“ in seine finanzielle Lage geraten sein könne. Tatsächlich führe der Vorschlag aber dazu, dass die bloße Eintragung oder Eröffnung des Konkursverfahrens bereits den Betroffenen ausschließen würden, da die gerichtlichen Verfahren „regelmäßig nicht kurzfristig erledigt werden könn(t)en“ und daher andere Personen bestellt werden würden. Dies sei vom Vorschlag auch nicht beabsichtig, aber „immanente Auswirkung“. Weiter enthalte die Regelung keine Kriterien nach denen die Gerichte zu entscheiden hätten, ob schwerwiegende, nur leichte oder gar keine Bedenken gegen die Eignung bestünden. Als Folge davon würden die Gerichte die Regelung vorsichtig handhaben und damit ebenfalls eine langwierige Verfahrensdauer erwarten lassen. Schließlich kritisierte die Bundesregierung, dass die vom Bundesrat vorgeschlagenen Ausschlusstatbestände nur bei der Bestellung eingreifen sollten, obwohl die (mangelnde) Eignung bei der Eintragung oder Konkurseröffnung nach der Bestellung zum Geschäftsführer die gleiche sei wie bei der Bestellung. Als Folge der Ablehnung des neuen § 6 Abs. 3 GmbHG wurden auch die Änderungsvorschläge des Bundesrats zur Versicherungspflicht abgelehnt. 186 183 184 185 186

BT-Drs. 8/1347, S. 66, 68. BT-Drs. 8/1347, S. 72. BT-Drs. 8/1347, S. 72 f. BT-Drs. 8/1347, S. 73 f.

E. Entwicklung der Inhabilitätsgründe

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Die Bundesregierung erklärte sich zuletzt bereit, der Prüfbitte des Bundesrats, die Ausschlusstatbestände auf weitere Personen zu erstrecken, zu entsprechen. 187 Jedoch hielt sie eine „generelle Ausdehnung auf Personen, die zuvor Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer einer anderen GmbH waren, über deren Vermögen in den letzten fünf Jahren vor der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister das Konkursverfahren eröffnet worden (sei)“, für nicht unbedenklich. Es würden sonst Personen erfasst, „die für den Konkurs der anderen GmbH nicht verantwortlich gewesen zu sein brauch(t)en“. 4. Stellungnahmen aus der Rechtswissenschaft und Praxis Die Einführung der Inhabilitätsbestimmungen in § 6 Abs. 2 GmbHG rief in der Rechtswissenschaft und Praxis wenig Resonanz hervor. Noch während der Arbeiten an der Novelle äußerten sich Bokelmann 188 und die Centrale für GmbH 189. Bokelmann begrüßte die Bestimmung von § 6 Abs. 2 GmbHG dem Grunde nach, zweifelte aber erheblich an deren praktischer Wirksamkeit. So verhindere die Regelung nicht, dass ein Strohmanngeschäftsführer anstelle des Inhabilen eingesetzt werde. Zudem sei unklar, wer die Qualifikation zu prüfen habe und in welcher Weise. Besonders die Überprüfung von Ausländern sei nicht geregelt. Weiter sei unklar, ob die Gründung der GmbH nicht unverhältnismäßig verzögert werde. Schleierhaft waren für ihn auch die Rechtsfolgen für die Handlungen, die ein inhabiler Geschäftsführer vorgenommen habe. Die Centrale für GmbH stimmte nicht nur dem Regelungsanliegen, Vorkehrungen gegen ungeeignete Geschäftsführer zu treffen, zu. Sie hielt auch den Tatbestand von § 6 Abs. 2 GmbHG für richtig gewählt und lehnte die Erweiterungsanträge des Bundesrats ebenfalls ab. Allerdings bestünden Zweifel an der Nichtigkeitsanordnung der Bestellung, weshalb die Bestellung als wirksam angesehen werden sollte. Stattdessen seien eine verschuldensabhängige Schadensersatzpflicht und das Recht für das Registergericht, die Abberufung eines ungeeigneten Geschäftsführers zu erzwingen, einzuführen. 5. GmbH-Novelle Letztendlich wurde der Regierungsentwurf nur mit dem akzeptierten Änderungsvorschlag des Bundesrats Gesetz. Die spätere Anregung des Deutschen Anwaltvereins, die Straftatbestände um Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue zu erweitern, wurde vom Rechtsausschuss nicht aufgegriffen. 190 Der Ausschuss 187 188 189

BT-Drs. 8/1347, S. 73. ZRP 1978, 33 f. GmbHR 1978, 193, 196.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

hielt die Sachverhaltsgestaltungen, die der Verurteilung zu Grunde liegen könnten, für zu vielgestaltig. Zudem ließen das geschützte Rechtsgut wie auch der Unrechtsgehalt der Tat ein Berufsverbot „nicht in jedem Fall angemessen erscheinen“. Eine Erstreckung der Inhabilität auf vermögenslose Personen lehnte der Rechtsausschuss ab. Damit lautete das Ergebnis der GmbH-Novelle im neuen § 6 Abs. 2 GmbHG wie folgt: 191 „Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Wem durch gerichtliches Urteil oder durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein.“

Die §§ 8 Abs. 3, 39 Abs. 3 GmbHG entsprachen dem Wortlaut des ersten Entwurfes. 192 § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG wurde in Nr. 4 verschoben, das Merkmal „Verschweigen erheblicher Umstände“ wurde als nicht notwendig gestrichen, so dass nur noch das Tatbestandsmerkmal „falsche Angaben“ enthalten war. 193 190

BT-Drs. 8/3908, S. 70. Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften v. 4. 7. 1980, BGBl. I 1980, S. 836 f. 192 BGBl. I 1980, S. 836, 837, 839. § 8 Abs. 3 GmbHG: „In der Anmeldung haben die Geschäftsführer zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die Belehrung nach § 51 Abs. 2 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 1976 (BGBl. I S. 2005) kann auch durch einen Notar vorgenommen werden.“ § 39 Abs. 3 GmbHG: „Die neuen Geschäftsführer haben in der Anmeldung zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 entgegenstehen und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. § 8 Abs. 3 Satz 2 ist anzuwenden.“ 193 BT-Drs. 8/3908, S. 77; BGBl. I 1980, S. 836, 840. § 82 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG: „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ... 4. als Geschäftsführer in der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 oder § 39 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung oder als Liquidator in der nach § 67 Abs. 3 Satz 1 abzugebenden Versicherung falsche Angaben macht.“ 191

E. Entwicklung der Inhabilitätsgründe

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IV. 1981 bis 2006 1. Allgemeine Entwicklung Mit den Änderungen durch die GmbH-Novelle wurden die Ansichten der herrschenden Meinung über die Inhabilität ins Gesetz überführt, weshalb nur wenige Autoren weiteren Anlass zur Diskussion über die einzelnen Gründe sahen. 194 Kritikpunkt waren dabei verfassungsrechtliche Bedenken wegen der Beschränkung der Inhabilität auf eine Verurteilung nach den Insolvenzdelikten 195 sowie der Wunsch nach einer Erweiterung auf Verurteilungen wegen Untreue zum Nachteil einer GmbH. 196 Bis zur grundlegenden Überarbeitung des Vormundschaftsrechts 1990 blieb § 6 Abs. 2 GmbHG jedoch ohne weitere Änderungen. In diesem Zusammenhang führte der Gesetzgeber einen neuen Satz 2 in § 6 Abs. 2 GmbHG ein: 197 „Ein Betreuter, der bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt, kann nicht Geschäftsführer sein.“

Angesichts der Konzeption des neuen Betreuungsrechts begründete der Gesetzgeber den Ausschluss mit der fehlenden Eignung eines Betreuten, der in Vermögensangelegenheiten einem Einwilligungsvorbehalt unterliegt, für ein so verantwortungsvolles Amt wie das des Geschäftsführers. 198 2. Diskussion über den ausländischen Geschäftsführer Bereits in den späten siebziger Jahren wurde mit den ersten Gerichtsentscheidungen, die Ausländern die Bestellung zum Geschäftsführer untersagten, die Frage aktuell, ob und unter welchen Voraussetzungen Ausländer Geschäftsführer einer GmbH sein konnten. 199 Bis zu diesem Zeitpunkt wurde ein ausländischer Geschäftsführer ohne Bedenken für zulässig gehalten. 200 Diese liberale Einstellung 194 Die Änderung begrüßend, aber mit Zweifeln hinsichtlich der praktischen Durchsetzbarkeit („eher symbolisch als praktisch bedeutsam“) Kreuzer, ZIP 1980, 597, 604. Ansonsten finden sich rein deskriptive Zusammenstellungen, vgl. etwa K. Schmidt, NJW 1980, 1769, 1773; Lutter, DB 1980, 1317, 1320. 195 Stein, AG 1987, 165 ff.; daran anknüpfend Voerste, AG 1987, 376 f. Ebenso MüllerGugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 75 Rn. 124. 196 Tiedemann, in: FS Dünnebier, S. 519, 523. 197 Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige v. 12. 9. 1990 (Betreuungsgesetz – BtG), BGBl. I 1990, 2002, 2023. 198 BT-Drs. 11/4528, S. 195. 199 LG Köln, Rpfleger 1976, 313 f.; OLG Frankfurt a. M., NJW 1977, 1595; OLG Düsseldorf, DB 1977, 1840.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

wurde zu Beginn der achtziger Jahre zunächst beibehalten, zunehmend gewannen aber in der Folge die Kritiker und Anhänger eines Ausschlusses von Geschäftsführern ohne jederzeitige Einreisemöglichkeit die Oberhand. 201 Erst in den letzten Jahren ist wieder ein Umschwung zu einer liberaleren Praxis zu beobachten, den auch große Teile der Wissenschaft mittragen. 202

V. Bewertung der Entwicklung Fleischer bezeichnet die Einführung von gesetzlichen Inhabilitätsbestimmungen vollkommen zu Recht als „vorsichtig tastende Lösung“. 203 Dies offenbart sich darin, dass die Begründung der Bestimmungen sehr dürftig und die Reichweite auch in Anbetracht der sonst im Raum stehenden Vorschläge doch sehr begrenzt war. Die Anknüpfung an die Beratungen der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zeigt, dass die heutigen Sätze 3 und 4 vor allem zur Bekämpfung wirtschaftskriminellen Verhaltens eingeführt wurden. Kriminelle konnten mit einer GmbH Dritte schädigen, im Anschluss eine neue GmbH gründen, sich erneut zum Geschäftsführer bestellen und die kriminellen Geschäfte fortsetzen. Wegen der beschränkten Haftung der Gesellschafter, der eingeschränkten Haftung der Geschäftsführer (Binnenhaftung) und der Anonymität der GmbH als juristischer Person konnte so ein beträchtlicher Schaden angerichtet werden. Dieser Missbrauch der Gesellschaftsform 204 sollte unterbunden werden, indem nur noch solche Personen bestellt werden konnten, die Gewähr für einen ordnungsgemäßen Betrieb der GmbH boten. Weiterer Anlass war es, Personen, die generell ungeeignet erschienen (Sätze 1 und 2) oder sich sonst als unzuverlässig erwiesen hatten (auch Satz 4), von der Geschäftsleitung fernzuhalten.

F. Aktuelle Reformanliegen Seit etwa fünf Jahren gibt es vermehrt Impulse, das GmbH-Recht zu reformieren. Anlass für die größer angelegten Reformprojekte (MiKaTraG, MoMiG) sind zwei verschiedene Punkte. Erstens soll der Missbrauch der Rechtsform der GmbH weitgehend eingedämmt werden, zum anderen soll die Konkurrenzfähigkeit und 200

Siehe nur Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 8. OLG Köln, GmbHR 1999, 182 ff.; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 19; Lutter / Hommelhoff 15, GmbHG, § 6 Rn. 14. 202 OLG Dresden, GmbHR 2003, 537 f.; Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 14a; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 9. 203 WM 2004, 157, 164. 204 Fleischer, WM 2004, 157, 164; für den Companies Directors Disqualification Act 1986 Gower / Davies, Principles of modern company law, p. 213. 201

F. Aktuelle Reformanliegen

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Attraktivität der deutschen GmbH gegenüber ausländischen Rechtsformen gesteigert werden. 205 Daneben gibt es auch Reformansätze, die sich nur punktuell mit Änderungen des GmbH-Rechts beschäftigen. Dazu zählen die verschiedenen Entwürfe des Forderungssicherungsgesetzes (FoSiG), das sich mit der Reform der Inhabilitäten auseinandersetzt. Anlass dieses punktuellen Ansatzes ist die Stärkung des Gläubigerschutzes. 206

I. Forderungssicherungsgesetz 2002 Der erste Reformentwurf zu § 6 Abs. 2 GmbHG findet sich erstaunlicherweise im Entwurf eines Gesetzes zur dinglichen Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungsgesetz – FoSiG), der im Februar 2002 dem Bundesrat von den Ländern Thüringen und Sachsen mit Bitte um Einbringung in den Bundestag zugeleitet wurde. 207 Ausweislich der Begründung stand dies im Zusammenhang mit dem Gläubigerschutz, der durch das FoSiG verbessert werden sollte. 208 Das FoSiG wollte dazu die Verurteilungen, die zur Inhabilität führen, auf weitere Straftatbestände erstrecken. Satz 3 sollte dazu folgenden Wortlaut erhalten: „Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs, den §§ 399 bis 401 Abs. 1 des Aktiengesetzes oder den §§ 82, 84 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes oder zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Straftat nach den §§ 263 bis 264a, 265b bis 266a Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuches verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.“ 209

Zudem sollte ein Satz 5 eingefügt werden. Danach sollten die Gesellschafter, die einen Geschäftsführer bestellen oder nicht abberufen, der nicht Geschäftsführer sein kann, oder dieser Person tatsächlich die Führung der Geschäfte überlassen, der Gesellschaft gegenüber solidarisch für den Schaden haften, der dadurch entsteht, dass die bestellte Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt. Der Bundesrat begründete die Änderungsvorschläge wie folgt: 210 Die Anzahl der GmbHs und deren volkswirtschaftliche Bedeutung sei in den letzten Jahren 205 206 207 208 209 210

RefE MoMiG, S. 33, BT-Drs. 16/6140, S. 25, dazu unten 1. Teil: F.V. BR-Drs. 141/02, S. 2. BR-Drs. 141/02. BR-Drs. 141/02, S. 2. Anlage zur BR-Drs. 141/02, S. 16; Hervorhebung der Änderungen vom Verfasser. Anlage zur BR-Drs. 141/02, S. 27 f., 39 f., 69 ff.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

deutlich gestiegen und auch künftig sei eine verstärkte Gründungsaktivität auf Grund von Steuererleichterungen und weiteren Befreiungen zu erwarten. Ebenso verstärkten der Trend zu größeren Unternehmen durch Beteiligungskäufe oder Fusionen die Bedeutung der Rechtsform GmbH im Wirtschaftsleben. Daher seien an die Zuverlässigkeit der Organe einer GmbH „besonders hohe Anforderungen zu stellen“. Sowohl die vertretenen Gesellschaften als auch die Vertragspartner sollten auf integere Geschäftsleiter vertrauen dürfen. Diesem Anforderungsprofil würde die bisherige enge Beschränkung der gesetzlichen Inhabilitätsgründe auf die Insolvenzdelikte nicht gerecht werden. Durch die weiteren Zuverlässigkeitskriterien sollten bestehende gesetzliche Regelungslücken geschlossen werden. Das im Zusammenhang mit einer Verurteilung ausgesprochene Berufsverbot und eine Gewerbeuntersagung erfassten nur die vorher ausgeübten spezifischen Tätigkeitsbereiche. Statt dieses relativen Ausschlusses wirke der gesetzliche Ausschluss nach dem GmbH-Gesetz für alle Unternehmensgegenstände. Allerdings sollten nur gewichtige Vorverurteilungen erfasst werden, da nur bei diesen „regelmäßig keine Vertrauensbasis für eine ordnungsgemäße und entsprechend den Regeln des Wirtschaftslebens ausgerichtete Geschäftsführung“ bestehe. Demzufolge würden die zentralen Bestimmungen des Wirtschaftsstrafrechts von der Änderung erfasst. Betrug und Untreue seien zu erfassen, da so die vertretene Gesellschaft und ihre Vertragspartner vor Wiederholungstaten und Vermögensschäden bewahrt werden sollten. Als „Erheblichkeitsschwelle“ sei eine Verurteilung von mindestens einem Jahr vorzusehen. Gerade im Interesse der Arbeitnehmer und als Straftat, die häufig im Vorfeld der Insolvenz begangen werde, sei auch das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB in den Katalog aufzunehmen. Verstöße gegen die besonderen Strafbestimmungen des AktG und des GmbHG zeigten, dass die Eignung und Zuverlässigkeit zur Amtsausübung fehle. Die neue Haftungsvorschrift für Gesellschafter in Satz 5 sollte verhindern, dass die Regelungen über den Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers durch das Einschalten eines Strohmannes umgangen werden. Dazu sollte ein mit § 43 Abs. 2 GmbHG vergleichbarer Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern geschaffen werden, wenn die Gesellschafter einen Geschäftsführer bestellten, nicht abberiefen oder faktisch die Führung überließen, der die Kriterien des § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG 211 nicht erfüllt und dieser Geschäftsführer die ihm nach § 43 Abs. 1 GmbHG bestehenden Sorgfaltpflichten verletzte. Von einer Durchgriffshaftung der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern sei dagegen abgesehen worden, da die Gesellschafter nicht die Rechtsform der GmbH missbrauchten, sondern nur wie die Geschäftsführer für ihre Handlungen haften sollten. 211

So die Begründung, Anlage zur BR-Drs. 141/02, S. 71. Der Wortlaut der Norm enthält die Einschränkung auf die Sätze 3 und 4 dagegen nicht.

F. Aktuelle Reformanliegen

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Im August 2002 leitete der Bundesrat eine abgeänderte Fassung des FoSiG dem Bundestag zu. Der Inhabilitätskatalog sollte nach dieser Fassung zusätzlich neben den bisher vorgeschlagenen Straftatbeständen um jede Verurteilung nach dem neu einzuführenden § 283e StGB erweitert werden. 212 Da der Bundesrat mit der neuen Fassung das Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen (BauFG) aufheben wollte, sollte ein neuer Straftatbestand § 283e StGB geschaffen werden. In diesem sollte die Benachteiligung von Baugeldgläubigern vergleichbar mit § 5 BauFG unter Strafe gestellt werden. Eine besondere Begründung für diese Erweiterung enthielt der Entwurf nicht. Zudem sollte der Wortlaut der Schadensersatznorm in Satz 5 so gefasst werden, dass nur die Gesellschafter, die vorsätzlich oder fahrlässig eine Person bestellt, nicht abberufen oder ihr die Geschäftsführung überlassen haben, für den Schaden haften, den der Geschäftsführer durch die Verletzung seiner Obliegenheiten verursacht. 213 Die Bundesregierung äußerte zu dem Entwurf, dass sie sich eine Überarbeitung des Straftatenkatalogs vorstellen könne, jedoch die Ergänzung um eine Bestrafung wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur Sicherung der Bauforderungen für nachrangig halte. 214 Der Gesetzesentwurf fiel schließlich der Diskontinuität durch die Wahl des 15. Bundestags zum Opfer.

II. Forderungssicherungsgesetz 2004 Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt brachten Ende 2002 den Entwurf in der Bundestagsfassung vom August 2002 erneut in den Bundesrat ein. 215 Im Juli 2004 wurde dann ein neuerlich abgeänderter Entwurf dem Bundestag zugeleitet. 216 Der Bundesratsentwurf von 2004 unterschied sich in § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG nur leicht gegenüber dem Entwurf von 2002, der an den Bundestag weitergeleitet worden war. Das Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen sollte nunmehr nicht abgeschafft werden, sondern bestehen bleiben. Der Straftatbesttand der Benachteiligung von Baugeldgläubigern aus § 5 BauFG sollte beibehalten und in § 2 BauFG verschoben werden. Auf Grund dieser Änderung sollte der Ausschluss bei einer Verurteilung nach § 283e StGB durch einen Ausschluss bei einer Verurteilung gegen § 2 BauFG ersetzt werden. In der Sache sollten dadurch nicht mehr jede

212

BT-Drs. 14/9848, S. 11, 31. Die Begründung beschränkte sich erneut auf die Inhabilität nach § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG, BT-Drs. 14/9848, S. 31; siehe schon zuvor Fn. 211 (1. Teil). 214 BT-Drs. 14/9848, S. 36. 215 BR-Drs. 902/02. 216 BR-Drs. 458/04 (Beschluss) = BT-Drs. 15/3594. 213

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Verurteilung, sondern nur noch solche mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr erfasst werden. Neuer Wortlaut hätte dieser sein sollen: „Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs, den §§ 399 bis 401 Abs. 1 des Aktiengesetzes oder den §§ 82, 84 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes oder zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Straftat nach den §§ 263 bis 264a, 265b bis 266a Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuches oder nach § 2 des Gesetzes über die Sicherung der Bauforderungen verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.“ 217

Grund für die Aufnahme der Strafvorschrift wegen Zuwiderhandlung gegen die Baugeldverwendungspflicht war, dass „das Interesse der Baugeldgläubiger an der zweckentsprechenden Verwendung von Baugeld gleich gewichtig (wie bei den anderen Straftaten sei).“ Gesellschafter sollten in den Fällen der Schadensersatzhaftung aus Satz 5 nicht mehr für einfache Fahrlässigkeit, sondern nur noch für grobe Fahrlässigkeit und vorsätzliche Verstöße haften. 218 Die Bundesregierung wies in ihrer Gegenäußerung zum neuen Entwurf lediglich daraufhin, dass die geplante Ausweitung der Fälle der Inhabilität „möglicherweise im Rahmen des geplanten Gesetzgebungsvorhabens der Bundesregierung zum GmbH-Recht, das auf einen Beschluss der Justizministerinnen und Justizminister der Bundesländer aus ihrer Herbstkonferenz vom 14. November 2002 zurückgeh(e), nochmals modifiziert werden könnte“. 219 Der Entwurf eines FoSiG vom Juli 2004 konnte letztendlich nicht abschließend beraten werden. Der Abschluss der 15. Wahlperiode durch die vorgezogenen Neuwahlen im September 2005 beendete das Gesetzgebungsvorhaben erneut. Die Arbeiten durch das FoSiG 2004 haben im Wesentlichen durch Drygala eine (äußerst kritische) Würdigung erfahren. 220 Drygala verlangte dabei ebenfalls eine Anpassung der Straftatbestände, wollte aber nur die vorsätzlichen Verstöße gegen 217

BT-Drs. 15/3594, S. 9, Hervorhebung der Änderung durch den Verfasser. Vgl. bereits die Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrats, BR-Drs. 458/04 (Empfehlungen), S. 55 und BT-Drs. 15/3594, S. 26; in beiden Begründungen mit der Beschränkung auf eine Inhabilität gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG. 219 BT-Drs. 15/3594, S. 30. 220 Drygala, ZIP 2005, 423 ff. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßte in seiner Stellungnahme die Ausweitung der Straftatbestände, hielt dies aber nicht mehr vom Entwurfstitel gedeckt. Kritisch sah er dagegen die vorgeschlagene Haftung in § 6 Abs. 2 S. 5 GmbHG, Stellungnahme des DAV zum FoSiG, S. 11 f. Positiv Melchior, GmbH-Report 2005, R29 f.; K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146, 164. Kritisch zur Schadensersatzhaftung auch Karsten, GmbH-Report 2006, R141. 218

F. Aktuelle Reformanliegen

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die Insolvenzstraftaten des StGB und die §§ 82, 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, §§ 399 – 401 AktG sowie alle Verurteilungen wegen Vermögensdelikten, die zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr geführt haben, als Ausschlussgründe erfassen. Die Einführung der Schadensersatzhaftung der Gesellschafter kritisierte er als „misslungen und ungeeignet“.

III. Gesetz zur Bekämpfung von Missbräuchen, zur Neuregelung der Kapitalaufbringung und zur Förderung der Transparenz im GmbH-Recht (MiKaTraG) Ergebnis des von der Bundesregierung in der Gegenäußerung zum FoSiG 2004 erwähnten Gesetzgebungsvorhabens war der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Missbräuchen, zur Neuregelung der Kapitalaufbringung und zur Förderung der Transparenz im GmbH-Recht (MiKaTraG) vom November 2004. Dieser wollte die Ausschlusstatbestände in § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG ebenfalls erweitern. Die aufgeführten Straftatbestände entstammten dem FoSiG und entsprachen diesen inhaltlich, sollten aber auf Grund des Sachzusammenhangs ins MiKaTraG übernommen werden. Zudem sollte § 6 Abs. 2 GmbHG übersichtlicher gestaltet werden, indem der neue Satz 2 alle Inhabilitätsgründe zusammenfassen und nummerieren sollte. 221 Die Schadensersatznorm in Satz 5 entsprach ebenfalls dem FoSiG-Entwurf von 2004, ersetzte aber das Wort „solidarisch“ durch „als Gesamtschuldner“. Auf Grund der veränderten Struktur von § 6 Abs. 2 GmbHG sollte auch die Versicherungspflicht für den Geschäftsführer in § 8 Abs. 3 (bzw. § 39 Abs. 3) GmbHG an die neue Struktur angepasst werden. Inhaltlich sollte es aber bei einer Versicherung bei einer strafrechtlichen Verurteilung, einem Berufsverbot oder einer Gewerbeuntersagung bleiben. In Satz 2 von § 8 Abs. 3 GmbHG sollte der Verweis auf das BZRG an die aktuelle Fassung des BZRG angepasst werden. Auch eine Erstreckung der Ausschlussgründe auf Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften war vorgesehen. 222 Der Entwurf des MiKaTraG wurde nicht veröffentlicht und später zurückgezogen.

IV. Forderungssicherungsgesetz 2006 Im Dezember 2005 legten die Länder Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt den Gesetzentwurf in seiner dem Bundestag 2004 zugeleiteten Fassung dem

221 222

S. 42 f. des Entwurfs. Die Regelung entspricht der im MoMiG und wird dort erörtert, siehe 1. Teil: F.V.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Bundesrat wieder vor. 223 Der Entwurf wurde im Februar 2006 dem Bundestag zugeleitet. 224 Die neue Bundesregierung schlug in ihrer Gegenäußerung vor, die Erweiterung des § 6 Abs. 2 GmbHG im Rahmen des FoSiG zu streichen. 225 Gegenwärtig liefen Vorbereitungen zu einem gesellschaftsrechtlichen Gesetzgebungsvorhaben zur Modernisierung der Kapitalaufbringung, Bekämpfung von Missbräuchen und zur Förderung der Rechtssicherheit im GmbH-Recht. Die Erweiterung der Inhabilitätsgründe solle daher im „sachlichen richtigen Rahmen“ des geplanten Vorhabens zum GmbH-Gesetz geschehen. Anderenfalls sei zu befürchten, dass § 6 Abs. 2 GmbHG nach kurzer Zeit zu modifizieren sei. Am 6. April 2006 überwies der Bundestag das FoSiG an die Ausschüsse. 226

V. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (RefE MoMiG) Das soeben angesprochene „geplante gesellschaftsrechtliche Vorhaben“ zur Reform des GmbH-Gesetzes wurde am 29. Mai 2006 vom Bundesjustizministerium als Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) veröffentlicht. Der Entwurf verfolgte dabei zwei Ziele. Zum einen wollte er die Rechtsform der GmbH besser gegen Missbräuche schützen, zum anderen sollte „die Attraktivität der deutschen GmbH gegenüber den konkurrierenden ausländischen Rechtsformen gesteigert werden.“ 227 Der RefE MoMiG lehnte sich dabei an die Arbeiten früherer Entwürfe an, veränderte den Inhabilitätskatalog in § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG aber abweichend. Zunächst sollten die Ausschlussgründe aus den Sätzen 2 bis 4 – wie im MiKaTraG – in einem neuen Satz 2 zusammengefasst werden. Satz 2 sollte ohne Änderungen zur neuen Nr. 1 werden; Satz 4 sollte sprachlich leicht geändert werden, blieb inhaltlich aber identisch und sollte zur Nr. 2 in Satz 2 werden. 228 Nr. 3 sollte die strafrechtlichen Verurteilungen erfassen. Strafrechtliche Verurteilungen, die zu 223

BR-Drs. 878/05 (Beschluss). BT-Drs. 16/511. 225 BT-Drs. 16/511, S. 30 f. 226 PlPr. 16/32, S. 2687 ff. 227 RefE MoMiG, S. 33. 228 Vgl. RefE MoMiG, S. 42. Im neuen Text für Nr. 2 fehlt der Bestandteil „kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist“; dies soll aber laut Begründung nur eine formale Änderung sein. 224

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einem fünfjährigen Amtsausschluss führen, sollten Verurteilungen wegen einer vorsätzlichen Straftat nach den §§ 82 (falsche Angaben), 84 (Verletzung der Insolvenzantragspflicht) GmbHG, den §§ 399 (falsche Angaben), 400 (Unrichtige Darstellung), 401 (Pflichtverletzung bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit) AktG und den § 283 bis § 283d StGB sein. Die Begründung 229 sprach davon, dass die früheren Vorschläge in modifizierter Form aufgenommen werden. Die vorzunehmende Erweiterung erstrecke sich auf „zentrale Bestimmungen des Wirtschaftsstrafrechts“. Wer wegen der besonderen Delikte aus dem AktG oder GmbHG verurteilt werde, sei nicht für das Amt des Geschäftsführers geeignet. Dabei werde die Erweiterung der Delikte dadurch abgemildert, dass (insgesamt) nur vorsätzliche Straftaten erfasst würden. Damit solle Zweifeln an der Verhältnismäßigkeit der alten Vorschrift begegnet werden, die auch fahrlässige Straftaten im Bereich der Insolvenzdelikte für eine Inhabilität ausreichen ließ. Zudem solle die Erweiterung auf die vorsätzlichen Insolvenzverschleppungsdelikte aus dem GmbHG und dem AktG den Gleichbehandlungsgrundsatz stärken. Der Entwurf sehe zudem keine Erweiterung auf eine Verurteilung wegen allgemeiner Straftatbestände mehr vor. Diese würden zwar nicht selten von Geschäftsleitern begangen, stünden aber in keinem notwendigen inneren Zusammenhang mit der Geschäftsleitungstätigkeit. Die Eingriffsintensität eines zeitlich befristeten Berufsverbots sei derart hoch, dass die Zuverlässigkeit eines Geschäftsleiters nur dann in Frage gestellt werden solle, wenn die Straftaten wenigstens typischerweise mit der Geschäftsführerstellung verbunden seien. Als Amtsunfähigkeitsgrund sollten nur Verurteilungen nach deutschem Strafrecht gelten. Vergleichbare ausländische Straftaten sollten unberücksichtigt bleiben. 230 Eine Erstreckung sei zwar wünschenswert, würde jedoch die Registergerichte zu sehr belasten und die Eignung von Geschäftsleitern erheblichen Unsicherheiten aussetzen. Auf die Einführung einer Binnenhaftung der Gesellschafter dafür, dass die Gesellschafter eine amtsunfähige Person die Geschäfte führen ließen, werde dagegen verzichtet. Die Regelung sei weder „effektiv noch mit der Gesetzessystematik vereinbar“. Das Ziel, Umgehungen der Amtsunfähigkeit zu verhindern, werde nicht erreicht. Strohmannkonstruktionen, bei denen ein Gesellschafter, der inhabil sei, über Weisungen die Geschäfte einer GmbH führe, die er von einer unbescholtenen Person als Geschäftsführer leiten lasse, ließen sich mit dem Vorschlag des FoSiG nicht verhindern. Zudem sei eine Haftung der Gesellschafter für geschäftliche Fehlentscheidungen des faktischen Geschäftsführers mit den Grundgedanken des GmbH-Rechts nicht vereinbar. Alleingesellschafter oder einverständlich handelnde Gesellschafter, die ihrer eigenen Gesellschaft Schaden zufügten, seien nur dann für diesen Schaden verantwortlich, wenn sie gegen die Kapitalerhaltungsregeln 229 230

RefE MoMiG, S. 41 ff. RefE MoMiG, S. 69 f.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

verstießen oder ein Fall der existenzvernichtenden Haftung oder des § 826 BGB gegeben sei. Anders sei dies bei der AG oder einer GmbH mit Aufsichtsrat, wo die Aufsichtsratsmitglieder für die Bestellung einer amtsunfähigen Person bzw. deren Gewährenlassen zu haften hätten. Dieser Unterschied sei Ausdruck des abgestuften Verhältnisses (Satzungsstrenge und Kontrolldichte) von AG und GmbH und solle nicht verschoben werden. Die Versicherungspflicht in § 8 Abs. 3 S. 1 bzw. § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG sollte an die geänderte Struktur von § 6 Abs. 2 GmbHG, der jeweilige Satz 2 an die aktuelle Fassung des BZRG angepasst werden. 231 Der Anwendungsbereich der Inhabilitätsgründe sollte zudem auf die Vertreter von Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften ausgedehnt werden. 232 Dazu sollte in § 13e Abs. 3 HGB ein Satz 2 eingefügt werden. Dieser sah vor, dass für die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft in Bezug auf die Zweigniederlassung die Vorschriften von § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG und § 76 Abs. 2 S. 2 AktG entsprechend gelten sollten. Zudem sollten auch die Versicherungspflichten nach § 8 Abs. 3 bzw. § 39 Abs. 3 GmbHG auf die gesetzlichen Vertreter einer ausländischen GmbH erstreckt werden, § 13g Abs. 2, 5 HGB. Mit diesen Regelungen sollte verhindert werden, dass eine inhabile Person mittels einer Zweigniederlassung einer Auslandsgesellschaft, in der er bestellt werden dürfe, die deutsche Inhabilität umgehe. Für die Gründung einer ausländischen Kapitalgesellschaft seien nämlich regelmäßig nur Verstöße gegen die ausländischen Rechtsordnungen relevant. Das Problem der Umgehung von Amtsunfähigkeitsgründen beschäftige zudem derzeit den BGH. Eine entsprechende Regel widerspreche nicht der Richtlinie 89/666/EWG und sei keine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Die Regelung greife zwar in die Niederlassungsfreiheit ein, dies aber nicht in diskriminierender Weise, weshalb eine Rechtfertigung möglich sei. Der Schutz des Rechtsverkehrs vor ungeeigneten Vertretern sei eine hinreichende Rechtfertigung. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des EuGH, der die Sicherung von Ausbildungsstandards und die Sicherstellung der Qualifikation bestimmter Berufsstände und damit die fachliche Eignung als Rechtfertigung ansehe. Zum RefE MoMiG gab es eine ganze Reihe von Stellungnahmen, wobei sich nur Wenige zur Änderung der Inhabilitätsgründe äußerten. 233 Triebel / Otte 234 begrüßten die Erweiterung 235, insbesondere die Erweiterung auf Vertreter inländi231

RefE MoMiG, S. 45, 59. Vgl. RefE MoMiG, S. 12 sowie die Begründung auf S. 69 ff. 233 Allgemeiner Überblick zum RefE MoMiG etwa bei Seibert, ZIP 2006, 1157 ff. 234 ZIP 2006, 1321, 1325. 235 Gleiches Fazit bei der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt, GmbHR 2006, 978, 979. Dem Grunde nach auch DAV, NZG 2007, 211, 213. 232

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scher Kapitalgesellschaften, forderten aber eine Haftungsnorm für den inhabilen Geschäftsführer. 236 Dieser habe unbeschränkt und persönlich zu haften und sein Verhalten müsse strafbar sein, wie es das englische Recht derzeit schon vorsehe. Deutlich kritischer äußerte sich Wachter, der vor allem europarechtliche Bedenken gegenüber dieser Regelung hatte. 237 Ihn verwunderte weiter, dass im Vergleich zu den früheren Entwürfen die allgemeinen Straftatbestände nicht mehr enthalten seien, obwohl eine Erweiterung in den früheren Entwürfen ausführlich begründet worden sei. Zudem fehlten immer noch wichtige Delikte des Wirtschaftsstrafrechts. Zusätzlich sollte eine Umgehung anderer nationaler Ausschlussgründe und Tätigkeitsverbote durch das Ausweichen in eine deutsche GmbH verhindert werden. Schließlich seien auch ausländische Straftaten, wenigstens solche aus EUbzw. EWR-Staaten, in Deutschland zu berücksichtigen. Der 66. Deutsche Juristentag diskutierte 2006 die durch den Referentenentwurf des MoMiGs vorgesehene Erweiterung von § 6 Abs. 2 GmbHG und begrüßte diese, sah jedoch Anlass, die Inhabilitätsgründe über den Referentenentwurf des MoMiGs hinaus sachlich und persönlich zu erweitern. 238 Sachlich sollten etwa alle Insolvenzverschleppungsdelikte und Straftaten nach den §§ 266, 266a StGB erfasst werden, persönlich sollten vermögenslose Personen von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden.

VI. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (RegE MoMiG) Am 23. Mai 2007 stellte die Bundesregierung den Regierungsentwurf zum MoMiG vor. Dieser besaß zwar noch immer die gleiche Zielsetzung wie der RefE (Steigerung der Attraktivität und Schutz vor Missbräuchen), 239 allerdings wich das Gesamtkonzept von dem des RefE in einigen Punkten erheblich ab. So sollte eine „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ gegründet werden können, die ein Stammkapital unterhalb der neuen gesetzlich vorgesehenen Kapitalgrenze in Höhe von 10.000 € besitzt, § 5a GmbHG. Für diese besondere Unterart der GmbH sollten aber auch die Unfähigkeitsgründe von § 6 Abs. 2 GmbHG gelten. 240 236 Gegen eine solche Haftungsnorm und eine entsprechende Haftung der Gesellschafter Gesmann-Nuissl, WM 2006, 1756, 1764. 237 GmbHR 2006, 793, 797. 238 DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, Diskussion P171, P184, P187 f., 189 f., P197, P204, P205 f., Beschluss Nr. 9, P 290 (angenommen mit 165:5:2). 239 BT-Drs. 16/6140, S. 25. 240 BT-Drs. 16/6140, S. 31.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Zudem sollte die Gründung einer GmbH erleichtert werden, indem in besonderen Fällen auf einen Mustergesellschaftsvertrag, § 2 Abs. 1a GmbHG i.V. m. Anlage 1 (zu § 2), und Muster zur Handelsregisteranmeldung, § 7 Abs. 2 S. 3 GmbHG i.V. m. Anlage 2 (zu § 7), zurückgegriffen werden konnte. Von Interesse war in diesem Zusammenhang, dass das Muster zur Registeranmeldung dabei auch ein Muster für die Versicherungspflicht des Geschäftsführers gemäß § 8 Abs. 3 GmbHG enthielt. 241 § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 GmbHG entsprachen den Vorschlägen des RefE. Die inhabilitätsauslösenden Straftatbestände in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG wurden hingegen geändert. 242 Nunmehr sollte nicht Geschäftsführer sein können, wer wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten der Insolvenzverschleppung, nach den §§ 283 bis 283d StGB (Insolvenzstraftaten), wegen falscher Angaben (§ 82 GmbHG, § 399 AktG) oder wegen unrichtiger Darstellung (§ 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG, § 17 PublG) verurteilt worden war. Ebenfalls zur Inhabilität führte eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 265b StGB (Kreditbetrug), § 266 StGB (Untreue) oder § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt). Eine Verurteilung im Ausland sollte dann zum Ausschluss vom Geschäftsführeramt führen, wenn die Tat mit einer deutschen Straftat vergleichbar war, die nach § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG zum Ausschluss führte, § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG. Auch in der Begründung des RegE heiß es wie beim RefE, dass die Vorschläge des FoSiGs in modifizierter Form aufgegriffen und zentrale Bestimmungen des Wirtschaftsstrafrechts aufgenommen werden sollten. 243 Ungeeignet sei jemand, der wegen Insolvenzverschleppung verurteilt worden sei. So sollten Verurteilungen auf der Grundlage des neuen § 15 Abs. 4 InsO 244 sowie Verurteilungen nach den derzeit geltenden inhaltsgleichen Straftatbeständen der § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG, § 130b HGB (ggf. i.V. m. § 177a HGB) erfasst werden. Gleiches gelte bei entsprechender Verurteilung wegen falscher Angaben oder wegen unrichtiger Darstellung. Der Entwurf nehme schließlich Forderungen auf, Verurteilungen wegen allgemeiner Vermögensdelikte des StGB in § 6 Abs. 2 GmbHG einzubeziehen. Für die Aufnahme von Verurteilungen mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen der §§ 265b, 266, 266a StGB sprächen gewichtige Gründe. So werde § 266a StGB von einem Geschäftsführer, der verspätet die Insolvenz der GmbH anmelde, regelmäßig verwirklicht und spie241

BT-Drs. 16/6140, S. 21 f. Siehe auch 2. Teil: H.II.3. BT-Drs. 16/6140, S. 5 f. 243 BT-Drs. 16/6140, S. 32 f. 244 Die Insolvenzantragspflicht sollte aus dem GmbHG in die InsO überführt und für alle juristischen Personen einheitlich geregelt werden, § 15a Abs. 1 InsO. Die entsprechenden Strafnormen der Einzelgesetze fanden sich dann in § 15a Abs. 4 bzw. 5 wieder, BT-Drs. 16/ 6140, S. 15, 55 f. 242

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le in der Praxis eine wichtige Rolle, da durch die Aufstellung der Krankenkassen, welche Beiträge nicht oder nicht rechtzeitig abgeführt worden seien, das Delikt einfach nachweisbar sei. Verurteilungen wegen Untreue seien schon deshalb aufzunehmen, da der BGH typische Bankrottstraftaten als Untreue einordne, wenn in eigenem Interesse gehandelt werde. Des Weiteren könne generell davon ausgegangen werden, dass jemand, der seine Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht oder eine Vermögensbetreuungspflicht verletzt habe und deshalb zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sei, als Geschäftsführer generell ungeeignet sei. Das Amt des Geschäftsführers beinhalte eben diese Pflichten. § 265b StGB weise schließlich auch einen konkreten unternehmerischen Bezug auf, da an einen Betrieb oder ein Unternehmen angeknüpft werde. Die Tathandlungen des Vorlegens unrichtiger oder unvollständiger Unterlagen oder der Abgabe unrichtiger oder unvollständiger schriftlicher Angaben rücke die Vorschrift zudem in die Nähe der neu aufgenommenen Straftatbestände der unrichtigen Darstellung. Auf andere Bestimmungen des allgemeinen Strafrechts sei verzichtet worden. Insbesondere würden die §§ 263, 263a, 264, 264 StGB nicht erfasst. Solche Verurteilungen stünden nicht regelmäßig im Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit oder einer sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit. Der Anwendungsbereich sei so vielgestaltig, dass nicht zwingend auf eine fehlende Eignung geschlossen werden könne. Wegen des starken Eingriffs in Art. 12 GG habe daher eine Aufnahme zu unterbleiben. Durch den Verzicht auf § 263 StGB würden insbesondere ungerechte Ergebnisse vermieden. Die teilweise schwierige Abgrenzung zwischen Betrug und Diebstahl könne dazu führen, dass in dem einen Fall ein Unfähigkeitsgrund wegen einer Verurteilung wegen Betrugs bestünde, während in einem ähnlich gelagerten Fall wegen einer Verurteilung wegen Diebstahls jemand amtsfähig bliebe. Wie im RefE hieß es auch im RegE, dass durch die Änderungen Zweifeln an der Verhältnismäßigkeit (Ausschluss von fahrlässigen Insolvenzstraftaten) begegnet und der Gleichbehandlungsgrundsatz (Aufnahme der Insolvenzverschleppung) gestärkt werde. Um einen einheitlichen Schutzstandard vor ungeeigneten Personen zu gewährleisten, sollten im RegE nunmehr ausdrücklich ausländische Verurteilungen mit aufgenommen werden. Schließlich wurden in der Begründung die Ausführungen des RefE wiederholt, warum davon abgesehen wurde, eine Schadensersatznorm für die Gesellschafter einzuführen. Die Versicherungspflicht der Geschäftsführer in § 8 Abs. 3 GmbHG sollte an die geänderte Struktur von § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG angepasst werden. 245 Die Versicherungspflicht sollte sich auch auf die ausländischen Verurteilungen erstrecken. 245

BT-Drs. 16/6140, S. 6.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

In § 8 Abs. 3 S. 2 GmbHG wurde der Verweis auf die Belehrung nach dem BZRG an die aktuelle Fassung des BZRG angepasst. Zudem wurde klargestellt, dass eine Belehrung auch schriftlich vorgenommen werden kann. Die Belehrung sollte nicht nur durch einen Notar, sondern ebenso durch einen im Ausland bestellten Notar, durch einen Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen Konsularbeamten erfolgen können. Diese Neufassung sollte Unsicherheiten ausräumen, die in der Praxis aufgekommen seien. 246 Daher werde klargestellt, in welcher Weise und wer belehren könne. Die Regelung entspreche der bislang herrschenden Meinung. Im Übrigen wäre es angesichts des begrenzten Schwierigkeitsgrads der Belehrung unverhältnismäßig, den Geschäftsführer allein deshalb zur Einreise nach Deutschland zu zwingen oder eine Belehrung im Ausland durch einen deutschen Notar zu verlangen. Da der Entwurf des MoMiGs vorsehe, dass der Verwaltungssitz einer GmbH im Ausland liegen könne, sei eine Änderung geboten. In vielen Fällen werde zukünftig der Geschäftsführer im Ausland weilen, so dass eine klare Regelung erforderlich sei. Auf Grund der neuen Regelung könnten darüber hinaus auch Rechtsanwälte die Belehrung vornehmen. Wie der RefE erstreckte auch der RegE die deutschen Inhabilitätsvorschriften und die Versicherungspflichten auf die Zweigniederlassung ausländischer juristischer Personen, §§ 13e Abs. 3 S. 2, 13f Abs. 2, 5, 13g Abs. 2, 5 HGB. 247

VII. Stellungnahme des Bundesrats zum RegE MoMiG Der Bundesrat nahm am 6. Juli 2007 umfassend zum RegE Stellung. 248 Der Bundesrat wollte unter anderem, dass die vereinfachte Gründungsmöglichkeit mittels einer Mustersatzung gestrichen wird. 249 Eine Mustersatzung beschleunige die GmbH-Gründung nicht merklich. 250 In der Folge sollte auch das Muster für eine Registeranmeldung gestrichen werden. Auf Anraten des Rechtsausschusses bat der Bundesrat darum, zu prüfen, ob die Inhabilitätsgründe nicht auf den Fall erstreckt werden sollten, dass einer Person (durch eine ausländische Entscheidung) die Geschäftsführertätigkeit als solche untersagt wurde. 251 § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 RegE MoMiG beschränke sich auf die Untersagung eines Berufs oder eines Gewerbes. Da die Geschäftsführertätigkeit aber 246

BT-Drs. 16/6140, S. 35. BT-Drs. 16/6140, S. 11, 49 f. 248 BR-Drs. 354/07 (Beschluss) = BT-Drs. 16/6140, S. 61 ff. 249 Die Ausschüsse des Bundesrats waren noch geteilter Ansicht über die Gründung mittels einer Mustersatzung. Der Wirtschaftsausschuss sprach sich für, der Rechtsausschuss gegen die Mustersatzung aus, BR-Drs. 354/1/07, S. 1 ff. 250 BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 1 ff. 251 BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 8 f. 247

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keinen Beruf darstelle, sei diese von der Norm nicht erfasst. Eine Untersagung der Geschäftsführertätigkeit wie sie nach dem Companies Directors Disqualification Act (CDDA) möglich sei, werde als Folge nicht erfasst, obwohl sie der Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit vergleichbar sei. Weitere entsprechende ausländische Untersagungen – wenigstens solche aus EU-Mitgliedstaaten – sollten anerkannt werden. Die Straftaten, die gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 lit. e) RegE MoMiG zur Inhabilität führten, sollten erweitert werden. Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr nach den §§ 263 bis 264a oder 265b bis 266a des Strafgesetzbuches, wegen einer Steuerstraftat im Sinne der §§ 369 ff AO i.V. m. mit den Einzelsteuergesetzen oder nach § 5 BauFG sollten eine Person von der Geschäftsführung ausschließen. 252 Zudem sollte die bereits in den Entwürfen des FoSiG enthaltene Haftungsnorm für Gesellschafter, die eine inhabile Person zum Geschäftsführer bestellen, sie nicht abberufen oder ihr tatsächlich die Führung der Geschäfte überlassen, in § 6 Abs. 5 GmbHG eingeführt werden. Der neue § 6 Abs. 5 GmbHG sollte danach lauten: „Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig eine Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, zum Geschäftsführer bestellen oder nicht abberufen oder ihr tatsächlich die Führung der Geschäfte überlassen, haften der Gesellschaft solidarisch für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt.“ 253

Der RegE orientiere sich begrüßenswerter Weise an den Entwürfen des FoSiG 2006, greife aber zu kurz. 254 Die §§ 263, 263a, 264, 264a StGB seien in § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG einzubeziehen, da jemand, der zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sei, deutlich seine zweifelhafte Einstellung zu fremden Vermögensmassen zum Ausdruck gebracht habe. Da eine GmbH über eine eigene Vermögensmasse verfüge, komme es nicht darauf an, ob die Verurteilung im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Geschäftsführer oder einer sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeit stehe. Wer wegen eines Vermögensdeliktes zu einer hohen Strafe verurteilt worden sei, sei per se nicht als Geschäftsführer geeignet. Es fehle die Vertrauensbasis für eine ordnungsgemäße und entsprechend den Regeln des Wirtschaftslebens ausgerichtete Geschäftsführung. In dieser Strafrechtskategorie spiele die vornehmlich im Bagatellbereich anzusiedelnde Abgrenzungsproblematik zwischen Betrug und Diebstahl keine Rolle. Schließlich sei vorgesehen, Verurteilungen wegen der §§ 263 und 264 StGB in ein künftiges Gesetz zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unter252 BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 9 ff. Steuerstraftaten in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 lit. e GmbHG einzubeziehen, beruhte – wenig überraschend – auf einem Vorschlag des Finanzausschusses. Die anderen Empfehlungen stammten vom Rechtsausschuss. 253 Der Wortlaut entspricht demjenigen, der im FoSiG 2004/2006 empfohlen wurde. 254 BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 9 ff.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

nehmen aufzunehmen, welchem eine vergleichbare Interessenlage zu Grunde liege. Der Straftatbestand der Zuwiderhandlung gegen die Baugeldverwendungspflicht gemäß § 5 BauFG müsse eingefügt werden, da das Interesse der Baugeldgläubiger an der zweckentsprechenden Verwendung von Baugeld gewichtig sei. Weiter stünde der Katalog der einbezogenen Verurteilungen – selbst wenn ein bestehendes Geschäftsführerverhältnis nicht vorausgesetzt werde – in einem Zusammenhang mit der typischen Tätigkeit eines Geschäftsführers. Dabei seien die Steuerstraftaten im Sinne von § 369 AO nicht berücksichtigt worden. Der Geschäftsführer habe die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen. Begehe er eine Steuerstraftat, so sei unstreitig an seiner Zuverlässigkeit zu zweifeln. Die Begründung des neuen Schadensersatzanspruches in § 6 Abs. 5 GmbHG entsprach derjenigen beim FoSiG. Der Bundesrat wies zusätzlich darauf hin, dass es sich nicht um eine Haftung für geschäftliche Fehlentscheidungen des Geschäftsführers, sondern um eine die Kapitalerhaltungsinteressen stärkende Haftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft für eigenes Auswahl- bzw. Handlungsund Unterlassensverschulden im Rahmen der Geschäftsführerbestellung handele. 255 Die Vorschrift solle allein Verstöße gegen § 6 Abs. 2 GmbHG sanktionieren.

VIII. Gegenäußerung der Bundesregierung In ihrer Gegenäußerung zu den Vorschlägen des Bundesrats lehnte die Bundesregierung den Vorschlag ab, die Vorschriften über die Gründung der GmbH mittels einer Mustersatzung zu streichen. Die Einführung einer Mustersatzung entspreche den Wünschen der Wirtschaft. 256 Eine Erstreckung von § 6 Abs. 2 GmbHG auf die Untersagung der Geschäftsführertätigkeit sei zu weitgehend. 257 Im Ergebnis würden durch eine Erweiterung sämtliche Entscheidungen ausländischer Rechtsordnungen, die die Untersagung der Geschäftsführertätigkeit betreffen, in das deutsche Recht inkorporiert, ohne dass zuvor geprüft werde, ob diese Ausschlussgründe den im deutschen Recht bestehenden inhaltlich und wertungsmäßig entsprächen. Eine solche Prüfung gewährleiste dagegen der Vorschlag in § 6 Abs. 2 S. 3 RegE MoMiG, den deutschen Katalogstraftaten vergleichbare ausländische Verurteilungen zu erfassen. Es erscheine genauer und zur Einschränkung der Berufsfreiheit angemessener, auf die zugrundeliegende Straftat und nicht auf die Rechtsfolge abzustellen. Diese Lösung sei zielgenauer, wenn die ausländische Untersagung auf einer vergleichbaren Straftat beruhe, und schließe bereits die maßgeblichen Schutzlücken. 255

BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 10. BT-Drs. 16/6140, S. 74. Damit lehnte die Bundesregierung auch die Streichung des Musters zur Handelsregisteranmeldung in § 7 Abs. 2 S. 3 RegE ab. 257 BT-Drs. 16/6140, S. 75. 256

F. Aktuelle Reformanliegen

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Die Bundesregierung stimmte ohne weitere Begründung den Vorschlägen des Bundesrats zu, die §§ 263 bis 264a StGB in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 lit. e GmbHG aufzunehmen und in einem neuen § 6 Abs. 5 GmbHG eine Schadensersatzhaftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft für Verstöße gegen § 6 Abs. 2 GmbHG vorzusehen. 258 Die weiteren Vorschlägen, die Straftatbestände in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 lit. e GmbHG auf § 5 BauFG und § 369 ff. AO i.V. m. mit den Einzelsteuergesetzen zu erweitern, lehnte die Bundesregierung ab. 259 Es könnten nur solche Straftaten in Bezug genommen werden, bei denen ein tatsächlicher Zusammenhang zur Ungeeignetheit der Person bestehe, Geschäftsführer zu werden. § 5 BauFG habe einen zu geringen Zusammenhang zur Geschäftsführertätigkeit im Allgemeinen und begründe nicht ausreichend die generelle Unfähigkeit einer Person, Geschäftsführer zu sein. Eine Einbeziehung wäre unverhältnismäßig. Eine Erstreckung auf Steuerstraftaten gehe zu weit und würde die Norm für die Praxis unüberschaubar machen. Allerdings könne geprüft werden, ob sich eine zwingend mit der Geschäftsführertätigkeit zusammenhängende und klar konturierte Steuerstrafvorschrift finde, die eine Grundrechtsbeschränkung als erforderlich und angemessen erscheinen lasse. Die ersten Auseinandersetzungen aus der Praxis mit dem RegE zu § 6 Abs. 2 GmbHG waren zwiespältig. Bittmann begrüßte einen Teil der Erweiterungen, sparte aber nicht mit Kritik. 260 Heckschen hielt die Ausschlussgründe des RegE für nicht weitgehend und favorisierte die Vorschläge des Bundesrats in dessen Stellungnahme. 261 Kindler stand den Vorschlägen des RegE dem Grunde nach positiv gegenüber, sah aber noch Handlungsbedarf hinsichtlich des neuen § 13e Abs. 3 S. 2 HGB. 262 Zudem müsse der Prüfbitte des Bundesrats, ausländische Tätigkeitsuntersagungen in § 6 Abs. 2 GmbHG einzubeziehen, entsprochen werden, damit Schutzlücken in internationalen Fällen geschlossen würden.

IX. Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens des MoMiGs Am 23. Januar 2008 fand eine öffentliche Expertenanhörung zum MoMiG statt, bei der auch das Thema der Inhabilitätsgründe angesprochen wurde. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag bewertete in seiner Stellungnahme positiv, dass Verurteilungen im Ausland zur Inhabilität führen sollten. 263 258 259 260 261 262 263

BT-Drs. 16/6140, S. 75. BT-Drs. 16/6140, S. 75. Wistra 2007, 321, 323. DStR 2007, 1442, 1449. AG 2007, 721, 725, 729 f. DIHK, Stellungnahme vom 14. Januar 2008, S. 3, 5.

86

1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Angesichts der mangelnden gegenseitigen Unterrichtungen der Mitgliedstaaten untereinander seien die Recherchemöglichkeiten gering, so dass die strafbewehrte Versicherungspflicht nur präventive Wirkung haben werde. Schließlich sei das Tatbestandsmerkmal der „Vergleichbarkeit“ in diesen Fällen auslegungsbedürftig. Die Auslegung müsse von Geschäftsführern und Notaren vorgenommen werden. Zu prüfen sei, ob auch ausländische Verurteilungen, die im Ausland „als Bestellungshindernis für Geschäftsführer“ wirkten, aufzunehmen seien. Das vorgesehene Muster für die Versicherung des Geschäftsführers sei sprachlich zu verändern. Lutter begrüßte die geplante Einbeziehung weiterer vorsätzlicher Straftaten, da dies dem internationalen Standard entspreche. 264 Der BDI erneuerte seine bereits in einem Diskussionspapier 265 vorgetragenen Vorschläge hinsichtlich der Belehrung und der Versicherungspflicht. 266 Weiter wurde der Erweiterung der inhabilitätsauslösenden Straftatbestände in der Fassung des Regierungsentwurfs zugestimmt. Jedoch sollten besonders schwere Fälle des Betrugs, § 263 Abs. 3 StGB, in den Katalog aufgenommen werden. Dagegen sollte insbesondere davon abgesehen werden, Verstöße gegen die Baugeldverwendungspflicht in den Katalog einzubeziehen. Es fehle an der Vergleichbarkeit. Ausdrücklich begrüßt wurde die Tatsache, dass für die Geschäftsleiter ausländischer Zweigniederlassungen die deutschen Ausschlussgründe gelten sollen. Dagegen lehnte der BDI die vom Bundesrat vorgeschlagene Haftungsnorm für die Gesellschafter ab. Ein innerer Zusammenhang zwischen der Bestellung und einer späteren Pflichtverletzung sei nicht zwangsläufig. Zudem gehe es zu weit, den Gesellschafter zu verpflichten, sich über die Habilität des Geschäftsführers zu informieren. Hirte schlug in seiner Stellungnahme vor, § 35 GewO zu ändern, um – wie bei der englischen directors disqualification – zielgenau die Seriösität der Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften kontrollieren zu können. 267 Ein neuer Absatz 1a sei einzufügen. Danach könne die Behörde jedermann zum Schutze der Allgemeinheit oder der Gläubiger die Geschäftsführung und Vertretung einer Kapitalgesellschaft untersagen, wenn Tatsachen vorlägen, die eine Unzuverlässigkeit in bezug auf die Führung der Gesellschaft begründeten, und eine Untersagung erforderlich sei. Die Unzuverlässigkeit sei gegebenfalls mit Regelbeispielen zu konkretisieren. Eine Untersagung könne auch dann erfolgen, wenn im Ausland gegen den Betroffenen ein entsprechendes Verbot ergangen sei. Weiter seien in den Gesetzen über die freiberuflichen Tätigkeiten parallele Änderungen vorzunehmen. In § 6 GmbHG seien derartige Untersagungen in Bezug zu nehmen. Am 24. Juni 2008 hat der Rechtsausschuss des Bundestag seine Beschlussempfehlung zum MoMiG veröffentlicht, welche am 26. Juni 2008 vom der Bundestag 264 265 266 267

Lutter, Stellungnahme vom 17. Januar 2008, S. 6 f. Siehe dazu unten 1. Teil: F.X. BDI, Stellungnahme vom 7. September 2007, Dokumentennummer D 0153, S. 4, 18 f. Hirte, Stellungnahme, S. 1 f.

F. Aktuelle Reformanliegen

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beschlossen wurde. 268 Die endgültige Fassung des MoMiGs entspricht dabei in weiten Teilen dem RegE. Hinsichtlich der Änderungen ist insbesondere hervorzuheben, dass das gesetzliche Stammkapital der GmbH weiterhin bei 25.000 Euro liegen wird. Zudem wird das vorgeschlagene Muster zur Handelsregisteranmeldung, § 7 Abs. 2 S. 3 GmbHG i.V. m. Anlage 2 (zu § 7), gestrichen. In § 6 Abs. 2 GmbHG wird – ganz im Sinne des Bundesrates – der Katalog der Straftaten, bei denen eine Verurteilung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe zum Ausschluss führt, um die §§ 263 bis 264a StGB erweitert. 269 Zudem wird die vom Bundesrat vorgeschlagene Haftungsnorm für die Gesellschafter eingefügt, aber sprachlich leicht abgewandelt. So wird auf die Formulierung „bestellen oder nicht abberufen“ verzichtet, da ansonsten der Eindruck erweckt werde, eine Bestellung entgegen § 6 Abs. 2 sei wirksam und eine Abberufung sei notwendig. Sprachlich angepasst wird auch § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG. Am 19. September 2008 hat der Bundesrat dem MoMiG in der Fassung des Rechtsausschusses zugestimmt, so dass das MoMiG voraussichtlich am 1. November 2008 in Kraft treten dürfte. 269a Der neue § 6 Abs. 2 GmbHG in seiner vollständigen Fassung nach dem MoMiG wird daher wie folgt lauten: 1

Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Geschäftsführer kann nicht sein, wer 1. als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt, 2. aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder ein Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, 3. wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten a) des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung), b) nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten), c) der falschen Angaben nach § 82 dieses Gesetzes oder § 399 des Aktiengesetzes, d) der unrichtigen Darstellung nach § 400 des Aktiengesetzes, § 331 des Handelsgesetzbuchs, § 313 des Umwandlungsgesetzes oder § 17 des Publizitätsgesetzes oder e) nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. 2

268

BT-Drs. 16/9737. BT-Drs. 16/9737, S. 9 ff., 25, 95 f., 100 (elektronische Vorabfassung). 269a Vgl. BR-Dr. 615/08 (Beschluss).

269

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen 3

Satz 2 Nr. 3 gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den in Satz 2 Nr. 3 genannten Taten vergleichbar ist.

Hinzu wird der neue § 6 Absatz 5 GmbHG in der folgenden Fassung kommen: Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig eine Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, die Führung der Geschäfte überlassen, haften der Gesellschaft solidarisch für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt.

X. Vorschläge aus der Rechtswissenschaft und Praxis Ausgangspunkt für die seit kurzem auch in der Literatur anzutreffende Diskussion über die Reform der Amtsunfähigkeitsgründe war ein Referat von Fleischer auf dem 64. Deutschen Juristentag 2002, das sich vornehmlich dem Kapitalmarktund Börsenrecht widmete. Dort regte er eine Erweiterung der Straftatbestände in § 76 Abs. 3 S. 3 AktG, um Verurteilungen wegen Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) oder falscher Angaben oder unrichtiger Darstellungen, §§ 399, 400 AktG, an. 270 In einem späteren Aufsatz setzte sich Fleischer mit der Inhabilität nach § 6 Abs. 2 GmbHG, § 76 Abs. 3 AktG eingehend auseinander. 271 Für das Kapitalgesellschaftsrecht sieht er die Zielrichtung der Tätigkeitsverbote darin, den Missbrauch der beschränkten Haftung zu unterbinden. Muster dieses Ansatzes ist für ihn der Company Directors Disqualification Act 1986, der in England einen wichtigen Teil des Kapitalgesellschaftsrechts darstelle. Eine direkte Übertragung der englischen Lösung beurteilt er aber für Deutschland skeptisch. Zum einen müsste in Deutschland eine neue Behörde geschaffen werden, um die Verbote in einem formalen Verfahren auszusprechen. Zum anderen seien gerade für kleinere Gesellschaften, die außerhalb des Fokus der Öffentlichkeit stehen, aufwendige Überwachungsmaßnahmen erforderlich. Kosten-Nutzen-Erwägungen sprächen daher dafür, an den bestehenden Ausschlussgründen festzuhalten und diese punktuell zu erweitern. Die Ausschlussgründe sollten so um „bereichsspezifische Pflichtverstöße (ergänzt werden), die gerade um des Gläubigerschutzes willen strafbewehrt sind“. 272 Mülbert 273 dagegen sperrte sich gegen die von Fleischer vorgeschlagene punktuelle Ausweitung der Ausschlussgründe. Das bisherige Modell entbehre jeder „inneren Logik“ und sei zufallsbestimmt, weshalb er eine Änderung nur durch ein neues und schlüssiges Gesamtkonzept zulassen wollte. 270

Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, F 108. Fleischer, WM 2004, 157 ff. 272 Fleischer, WM 2004, 157, 166; ders., ZGR 2004, 437, 474. 273 JZ 2002, 826, 835 zu den Forderungen Fleischers im Gutachten für den 64. DJT die Ausschlussgründe für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften um bestimmte Delikte zu erweitern. Diese Aussagen sind wegen des gleichen Konzepts der derzeitigen Ausschlussgründe bei AG und GmbH auf die GmbH übertragbar. 271

F. Aktuelle Reformanliegen

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Triebel / Otte 274 blickten wie Fleischer auf England und forderten, dass der Gesetzgeber über die Vorschläge des FoSiGs hinausgehe und eine Ausweitung von § 6 Abs. 2 GmbHG nach dem Vorbild der englischen directors disqualification vornehme. Zudem forderten sie wie in England juristische Personen zur Geschäftsführung zuzulassen. Gernoth unterbreitete den Vorschlag, bestimmte Verurteilungen im Ausland als Amtsunfähigkeitsgründe für den Geschäftsführer einer deutschen GmbH vorzusehen. 275 Ähnlich war der Vorschlag von Vossius und Wachter, die bestimmte ausländische Tätigkeitsuntersagungen als Inhabilitätsgründe in einer deutschen GmbH anerkennen wollten. 276 Der BDI und Hengeler Mueller ließen in ihrem Konzept § 6 Abs. 2 GmbHG dagegen unverändert. 277 Sie forderten aber, auf die Belehrung der Geschäftsführer und die Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG zu verzichten. So würde die Gründung einer GmbH vereinfacht. Die Abschreckungswirkung der Versicherungspflicht sei sowieso nie mehr „als eine schöne Illusion“ gewesen. In einem anderen Diskussionspapier des BDI 278 wollte dieser die Versicherungspflicht dagegen beibehalten und nur auf die Belehrungspflicht verzichten. Diese sei bei Geschäftsführern nicht angebracht. In der Folge sei daher auch § 53 Abs. 2 BZRG zu ändern, damit die Verfolgung einer falschen Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG nicht mehr von einer ordnungsgemäßen Belehrung abhänge. Lösungsansätze für einen effektiveren Gläubigerschutz seien die Erweiterung von § 6 Abs. 2 GmbHG auf weitere Zuverlässigkeitskriterien und die „Ausdehnung auf alle zentralen Bestimmungen des Wirtschaftsstrafrechts“. Um die Gleichbehandlung deutscher GmbHs mit ausländischen Rechtsformen zu stärken, sollte auch für die Bestellung von Geschäftsführern von Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften die deutschen Bestimmungen gelten. Hirte, Lanzius und Mock 279 haben die derzeitigen Ausschlussgründe in einer umfassenden, rechtsvergleichend gewichteten Arbeit untersucht. Ihre Reformempfehlungen haben sie in einigen Punkten zusammengefasst: Die Ausschlussgründe sollten auch für faktische Geschäftsleiter gelten und um bestimmte Verstöße gegen gläubigerschädigende Tatbestände erweitert werden. Der Ausschlussumfang sollte auf jegliche Form der Mitwirkung an der Leitung einer Gesellschaft erweitert sowie die Anordnung der persönlichen Haftung der Gesellschafter für die von einem inhabilen Geschäftsführer verursachten Verbindlichkeiten überdacht werden. Zudem sollte auf eine effektive Durchsetzung der Inhabilität Wert gelegt werden. 280 274

ZIP 2006, 311, 314 f. Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 391. 276 Vossius / Wachter, Entwurf eines GmbH-Gesetzes aus der Praxis, § 8 Abs. 4 GmbHG. Später auch K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146, 164. 277 BDI / Hengeler Mueller, GmbH im Wettbewerb, S. 13. 278 BDI, Diskussionspapier, S. 4, 12 f. 279 in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301 ff. 275

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

G. Europäische Entwicklung I. Allgemeine Entwicklung Auf europäischer Ebene findet sich derzeit keine EU-weite eigenständige Regelung der Disqualifizierung vom Amt des Geschäftsführers. Die High Level Group forderte in ihrem Bericht über „Moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa“ bereits 2002, diesen Umstand zu ändern. 281 Grundsätzlich hätten die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zu treffen, um irreführende Unternehmensabschlüsse oder Erklärungen über nichtfinanzielle Fakten zu sanktionieren. Dabei seien sie in der Wahl der Sanktion frei. Jedoch sei zu überlegen, ob nicht ein EU-weites Berufsverbot für Direktoren einzuführen sei. Zivilrechtliche Haftungsregeln und strafrechtliche Sanktionen wiesen den Nachteil auf, dass sie nur schwer zu verwirklichen seien, zu spät eingreifen könnten, in den Mitgliedstaaten wahrscheinlich unterschiedlich angewandt werden würden und nur eine geringe Abschreckungswirkung böten. Daher sei über den Einsatz eines EU-weiten Berufsverbots nachzudenken. Die High Level Group empfahl daher der Kommission, den Gebrauch eines Berufsverbotes nach einer eingehenden Prüfung der bestehenden Regelungen in den Mitgliedstaaten und von verfassungsrechtlichen Vorgaben in den Mitgliedstaaten in Erwägung zu ziehen. Ein Berufsverbot sollte wenigstens für irreführende Erklärungen über finanzielle und zentrale nichtfinanzielle Fakten oder aber allgemein für ein Fehlverhalten in Betracht gezogen werden. Die EU-Kommission befürwortete in ihrem action plan die Anregungen der High Level Group, verwies jedoch darauf, erst mittelfristig bis zum Jahre 2008 einen Richtlinienvorschlag zu erstellen, da noch Prüfungsbedarf bestehe. 282 Die Bestrebungen befassten sich dabei primär mit der Geschäftsleitung börsennotierter Gesellschaften. 283 Jüngst hat die Direktion Binnenmarkt der EU-Kommission die Ergebnisse einer Konsultation zum action plan veröffentlicht, worin auch Aussagen zu den Plänen bezüglich der EU-weiten Disqualifikationen enthalten sind. 284 70% der Antwortenden sprechen sich demnach gegen eine EU-weite Regelung aus, da die nationalen Regelungen über eine Inhabilität Teile der heterogenen nationalen 280

Auf die Dissertation von Bettina Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, wird an gegebener Stelle eingegangen. 281 High Level Group, Bericht, S. 74 f., 83. Der High Level Group zustimmend die Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht, ZIP 2003, 863, 871. 282 KOM (2003) 284 endg., S. 19, 29. Siehe auch die Mitteilung der Kommission an den Rat und das europäische Parlament „Rechtsverluste infolge strafrechtlicher Verurteilungen in der Europäischen Union“, KOM (2006) 73 endg. 283 KOM (2003) 284 endg., S. 9 f., insbesondere der Hinweise dort in Fn. 9. 284 Direktion Binnenmarkt, Consultation on future priorities for the action plan, S. 14 f.

G. Europäische Entwicklung

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Gläubigerschutzbestimmungen seien. Lediglich 24% waren für eine EU-weite Regelung. Eine solche Regelung würde ein level playing field sicherstellen und die Gleichbehandlung von Geschäftsleitern steigern. Im Übrigen würden der Anlegerund Gläubigerschutz gesteigert. Zudem handelte es sich um ein zentrales Corporate-Governance-Element, weshalb eine Harmonisierung notwendig sei. Außerdem würde ein forum shopping verhindert. Sowohl Gegner wie auch Anhänger einer EU-weiten Regelung wiesen aber darauf hin, dass ein System zum Informationsaustausch und / oder zur besseren Kooperation der Behörden wichtig sei. Ein inhabiler Geschäftsleiter dürfe nicht in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden können. Die Information könne über Webseiten oder andere Mittel erfolgen. An den letzten Punkt knüpfte auch eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2006 an. 285 Darin forderte es die EU-Kommission unter anderem dazu auf, Maßnahmen zu einer Verbesserung der grenzüberschreitenden Verfügbarkeit von Informationen über Tätigkeitsverbote für Organmitglieder zu ergreifen.

II. Europäische Gesellschaftsformen In der Verordnung über die Europäische Aktiengesellschaft 286 findet sich in Art. 47 Abs. 2 Nr. 1 SE-VO die Anordnung, dass die Inhabilitätsgründe desjenigen Mitgliedstaates gelten, nach dessen Recht die SE gegründet worden ist. Art. 47 Abs. 2 Nr. 2 SE-VO erweitert den Kreis der zu berücksichtigenden Gründe, indem auch die Personen von der Leitung einer SE ausgeschlossen sind, denen in einem Mitgliedstaat durch Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung die Geschäftsleitungstätigkeit untersagt worden ist. 287 Somit besteht für die Geschäftsleitung der SE die europaweite Geltung von tätigkeitsuntersagenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen. Im Entwurf eines Statuts über eine Europäische Privatgesellschaft 288, der europäischen GmbH, fanden sich dagegen keine Aussagen über Inhabilitäten. Anders als das deutsche Recht ließ der Entwurf sogar juristische Personen als Geschäftsleiter zu, was der französischen Prägung zuzuschreiben war. 289 Das Europäi285

INI/2006/2051. VO (EG) Nr. 2157/2001 vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft, ABl. EG Nr. L 294 vom 10. 11. 2001, S. 1 ff. 287 Eine vergleichbare Regelung findet sich bei der kaum genutzten EWIV in Art. 19 der Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl. EG Nr. L 199 vom 31. 7. 1985, S. 1 ff. 288 Einsehbar auf http://www.etudes.ccip.fr/dossiers/spe/de/textde.htm. 289 Art. 16, 17. Siehe dazu Brandes, Juristische Personen als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft. 286

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

sche Parlament richtete – gestützt auf einen Entwurf des Rechtsausschusses – in der Folge eine Entschließung an die Kommission zum Statut der europäischen Privatgesellschaft. 290 Eine der enthaltenen Empfehlungen forderte, dass nicht Geschäftsführer sein dürfe, wem nach einer Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde eines Mitgliedstaates die Übernahme einer dem Geschäftsführer vergleichbaren Stellung untersagt ist. 291 Dieser Forderung wurde im Kommissionsentwurf über eine europäische Privatgesellschaft entsprochen. 292 Juristische Personen sollen zur Geschäftsleitung nicht zugelassen werden.

H. Anforderungen an die rechtliche Rechtfertigung für den Einsatz von Inhabilitätsbestimmungen in der GmbH I. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Inhabilitätsbestimmungen Ausschlussgründe für das Amt des Geschäftsführers greifen in die persönliche Freiheit des Einzelnen ein, indem sie verhindern, dass eine Tätigkeit als Geschäftsführer ergriffen und ausgeübt wird. Zudem können die Gesellschafter die von ihnen avisierte Person nicht bestellen und die Gesellschaft erhält nicht den gewünschten Geschäftsführer. Angesichts dieser Auswirkungen ist der Ausschluss verfassungsrechtlich zu rechtfertigen. In diesem Abschnitt werden daher die betroffenen Grundrechte und die Rechtfertigungsvoraussetzungen dargestellt. Ob und inwieweit eine Rechtfertigung der einzelnen Unfähigkeitsgründe tatsächlich möglich ist, soll bei den einzelnen Merkmalen erörtert werden, sofern eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für das jeweilige Merkmal angezeigt erscheint. Auf die verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG, die vor allem von Ursula Stein vorgetragen worden sind, wird daher an späterer Stelle eingegangen. 293

290

INI/2006/2013. INI/2006/2013, Empfehlung 4. 292 Art. 30 des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft, KOM (2008) 396 endg. 293 Stein, AG 1987, 165 ff.; daran anknüpfend Voerste, AG 1987, 376 f. und der große Teil der Aktienrechtler, etwa KölnKommAktG / Mertens, § 76 Rn. 106; GroßkommAktG / Kort, § 76 Rn. 216; siehe unten 2. Teil: D.VI.1. 291

H. Anforderungen an die rechtliche Rechtfertigung

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1. Eingriff in die Grundrechte des potenziellen Geschäftsführers a) Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG Zuallererst ist an einen Eingriff in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, des potenziellen Geschäftsführers zu denken. aa) Eingriff in den Schutzbereich Der persönliche Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG erstreckt sich nur auf Deutsche im Sinne von Art. 116 GG. EU-Ausländer sollen teilweise ebenfalls nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützt sein, nach anderer Ansicht erfahren sie den Schutz von Art. 12 Abs. 1 GG hingegen im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG. 294 Die Ausführungen zu Art. 12 Abs. 1 GG gelten für sie daher wenigstens entsprechend. Alle übrigen Ausländer, die Geschäftsführer einer GmbH werden wollen, sind nur über die Gewährleistung der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. 295 Sachlich schützt Art. 12 Abs. 1 GG den Beruf. Ein GmbH-Geschäftsführer übt einen Beruf aus, da es sich um eine erlaubte Tätigkeit handelt, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Unterhaltung der Lebensgrundlage dient. 296 Durch den Amtsausschluss wird die Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer untersagt, so dass in die Berufsfreiheit eingegriffen wird. bb) Rechtfertigung Ein Eingriff in die Berufsfreiheit kann nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden, wenn er durch oder auf Grund eines Gesetzes erfolgt. Dazu muss das zugrundeliegende Gesetz bzw. die letztendlich eingreifende Norm zunächst formell verfassungsgemäß sein. Dies trifft auf das GmbHG zu; die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 (Recht der Wirtschaft) i.V. m. Art. 72 Abs. 2 GG, da eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich war und ist. 297 Zudem muss die Eingriffsregelung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Für Art. 12 Abs. 1 GG bedeutet dies, dass die Voraussetzungen der 294 Siehe v. Mangoldt / Klein / Starck / Manssen, GG, Art. 12 Rn. 265 mit Nachweisen zu beiden Ansichten. 295 BVerfGE 78, 179, 196; Sachs / Tettinger, GG, Art. 12 Rn. 18. 296 Vgl. zum Berufsbegriff nur BVerfGE 7, 377, 397 ff. – Apothekenurteil; aus der Literatur etwa v. Mangoldt / Klein / Starck / Manssen, GG, Art. 12 Rn. 36 ff. 297 RefE MoMiG, S. 35; BT-Drs. 16/6140, S. 26.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

vom BVerfG entwickelten Drei-Stufen-Lehre erfüllt sein müssen. 298 Dabei ist zu prüfen, ob das gewählte Mittel geeignet, erforderlich und angemessen ist und den besonderen Zweckanforderungen der jeweiligen Stufe entspricht. 299 (1) Drei-Stufen-Lehre des BVerfG Das BVerfG unterscheidet bekanntlich drei Stufen der Eingriffsintensität: 300 a) Berufsausübungsregeln: Regelungen der Art und Weise einer Tätigkeit b) Subjektive Berufswahlbeschränkungen: Anknüpfung an persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten des Betroffenen sowie an sein früheres Verhalten c) Objektive Berufswahlbeschränkungen: Beschränkung mittels objektiver Kriterien Problempunkt der Einordnung eines Eingriffs ist die exakte Abgrenzung zwischen einer Ausübungs- oder einer Berufswahlregelung: 301 Ob ein eigenständiger Beruf oder nur eine Berufsmodalität betroffen ist, ist „nach der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechend einer natürlichen Betrachtung“ zu bestimmen. 302 Es muss eine abgrenzbare Tätigkeit mit eigenem charakteristischem Gepräge existieren. 303 Ist eine Regelung als berufsausübend zu qualifizieren, weil es die Tätigkeit als eigenständigen Beruf nicht gibt, wirkt sich die Regelung aber wie ein Eingriff in die Berufswahl aus, sind die erhöhten Anforderungen der anderen Stufe einzuhalten. 304 (2) Rechtfertigung auf der Ebene der subjektiven Berufswahl notwendig Dies vorangestellt, ist zu überlegen, auf welcher Stufe Amtsunfähigkeitsgründe für einen GmbH-Geschäftsführer eingreifen und welche Zweckanforderungen daher zu stellen sind. Sieht man den GmbH-Geschäftsführer in Abgrenzung zu den sonstigen Geschäftsführern in Betrieben oder Gesellschaften als eigenes Berufsbild an, so liegt ein Eingriff auf der Ebene der subjektiven Berufswahl vor. Denn 298 St. Rspr. seit BVerfGE 7, 377, 404 ff. – Apothekenurteil; zur Stufenlehre und deren Entwicklung zu einer Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips Sachs / Tettinger, GG Art. 12 Rn. 100 ff. 299 Jarass / Pieroth, GG, Art. 12 Rn. 31 ff; v. Münch / Kunig / Gubelt, GG, Art. 12 Rn. 49. 300 Grundlegend zu den folgenden Ausführungen BVerfGE 7, 377, 404 ff. – Apothekenurteil und dem Gericht folgend die herrschende Literatur unter anderem v. Münch / Kunig / Gubelt, GG, Art. 12 Rn. 48 ff. 301 Zur (unter anderem darauf basierenden) Kritik an der Drei-Stufen-Lehre siehe die Nachweise bei Dreier / Wieland, GG, Art. 12 Rn. 10 ff. 302 BVerfGE 16, 147, 163 f. 303 BVerfGE 97, 12, 33; Sachs / Tettinger, GG, Art. 12 GG Rn. 54. 304 Vgl. BVerfGE 31, 8, 29; v. Mangoldt / Klein / Starck / Manssen, GG, Art. 12 Rn. 142.

H. Anforderungen an die rechtliche Rechtfertigung

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der Gesetzgeber knüpft entweder an ein vorheriges Verhalten der Betroffenen (§ 6 Abs. 2 S. 3, 4 GmbHG) oder besondere Eigenschaften des Betroffenen (§ 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2, 2 GmbHG) an. 305 Der Eingriff kann nur durch wichtige Gemeinschaftsgüter rechtfertigt werden. Ist der GmbH-Geschäftsführer dagegen nur ein Teil des großen Berufsbildes des Geschäftsführers, so läge nur eine Berufsausübungsregel vor. 306 Allerdings wird man im letzteren Fall davon ausgehen können, dass sich die Ausübungsregel faktisch wie eine subjektive Berufswahlregelung auswirkt. Die Ausschlussgründe knüpfen an bestimmte Eigenschaften der Person an und schließen für diese Personen, die Möglichkeit als Organ einer GmbH tätig zu werden, gänzlich aus. 307 Damit sind für eine Rechtfertigung in jedem Fall nur wichtige Gründe des Gemeinwohls zulässig. 308 Die Rechtfertigungsanforderungen sind daher unabhängig von der genauen Einordnung. (a) GmbH-Geschäftsführer als eigenes Berufsbild im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG Obwohl die Rechtfertigungsanforderungen daher unabhängig von der Einordnung eines GmbH-Geschäftsführers als eigenständiges Berufsbild nicht divergieren, soll kurz der Frage nachgegangen werden, auf welcher Stufe tatsächlich ein Eingriff erfolgt. 305 Inwiefern die Eigenschaft als juristische Person in die Stufenlehre einzuordnen ist, wird im 2. Teil: A.I.5.a) dargestellt. 306 Die Tätigkeit eines Geschäftsführers ist dabei in der Regel losgelöst von der von der Gesellschaft ausgeübten Unternehmung. Zwar wirkt sich das von der Gesellschaft betriebene Gewerbe auf die Tätigkeiten des Geschäftsführers aus, da branchenspezifische Aufgaben hinzutreten. Das Tätigkeitsfeld eines Geschäftsführers bleiben aber allgemeine Geschäftsleitungstätigkeiten, so auch Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 334. 307 Vgl. etwa BVerfGE 11, 30, 41 ff. – Kassenarzt, wo eine Berufsausübungsregel (Kontingentierung von Kassenarztstellen) wegen ihrer Intensität einer objektiven Berufswahlregelung gleichgesetzt wurde. 308 So im Ergebnis auch die Aussagen in den Beratungen der Sachverständigenkommission, BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 30; Stein, AG 1987, 165, 171; Fleischer, WM 2004, 157, 165; Haas, WM 2006, 1369, 1371; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 26. Zu Unrecht zitiert B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 26 Fn. 111, Mankowski, EWiR 1995, 673 f., als Anhänger einer Berufsausübungsregelung. Mit dem Begriff der Berufsausübungsfreiheit bezeichnet Mankowski nur Art. 12 Abs. 1 GG, was sich insbesondere daraus ergibt, dass er auf die Untersuchung von Stein, AG 1987, 165, 166, verweist, die sich klar für eine subjektive Wahlregelung ausspricht. Gleiches wird man für Melchior, GmbHR 2005, R29, annehmen dürfen, auf den B. Schmitz, ebenda, verweist. Auch Melchior spricht vom Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 GG, was eher eine terminologische Ungenauigkeit darstellt, als ein Bekenntnis, dass die Berufsausübungsfreiheit betroffen ist.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Die Stimmen in der Literatur plädieren ausnahmslos für eine Einstufung als subjektive Zulassungsvoraussetzung, ohne sich näher mit den grundrechtlichen Problemen auseinander zu setzen. 309 Dabei wird teilweise von der Anknüpfung an eine Eigenschaft des Betroffenen auf das Vorliegen einer subjektiven Berufswahlregelung geschlossen. 310 Dieser Schluss ist hingegen falsch. Für die richtige Einordnung ist zu klären, ob ein eigenständiger Beruf reguliert wird oder nicht. Danach kann auch eine typische Berufswahlregelung nur einen Eingriff in die Berufsausübung darstellen. Auf der Rechtfertigungsebene können zwar wegen der Auswirkungen die Anforderungen der höheren Stufe zu erfüllen sein; der Eingriff erfolgt aber auf der niedrigeren Stufe. Entscheidend ist also für die Bestimmung der Eingriffsstufe, ob der GmbH-Geschäftsführer bzw. die Leitung einer Kapitalgesellschaft 311 ein eigenständiges Berufsbild im Sinne des Verfassungsrechts ist. 312 Ein gesetzlich fixiertes Berufsbild für den GmbH-Geschäftsführer im Sinne von besonderen Berufsausbildungsregeln lässt sich nicht finden. 313 Daher sind die „rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten (insbesondere soziale und wirtschaftliche Belange)“ zu bewerten. 314 Dabei ist davon auszugehen, dass ein eigenständiger Beruf im verfassungsrechtlichen Sinne in der Regel mehrere Tätigkeitsbereiche erfasst. 315 Das BVerfG hat in seinem Kassenarzturteil 316 etwa danach unterschieden, ob sich die Aufgabenstellung und die rechtliche Ausgestaltung eines frei praktizierenden und eines Kassenarztes so sehr unterscheiden, dass es sich bereits um zwei Berufe handelt. Im Allgemeinen versteht man unter dem Begriff des Geschäftsführers im weiteren Sinne denjenigen, der für einen anderen Geschäfte führt, im engeren Sinne verknüpft man den Begriff des Geschäftsführers mit der Stellung als Organ der GmbH. 317 Damit wird sprachlich der GmbH-Geschäftsführer (wenn auch unzureichend) von einem herkömmlichen Geschäftsführer / -leiter gesondert. 309

Siehe die Fundstellen in der vorherigen Fußnote. So ein Teil der Begründung bei Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 334. Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 25 ff. 311 Da die Anforderungen in § 76 Abs. 3 AktG denen des GmbH-Gesetzes entsprechen, wird der Zugang zum Beruf „Leitung einer Kapitalgesellschaft“ beschränkt. Die Berufswahlbeschränkung wäre nur aus formalen Gründen in zwei Gesetzen enthalten. 312 Richtig ist es daher, wenn Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 334, als Beruf nicht auf das von der Gesellschaft ausgeübte Gewerbe abstellen, sondern an die Geschäftsleitungstätigkeit selbst anknüpfen. 313 Vgl. Haas, WM 2006, 1369, 1370. 314 v. Münch / Kunig / Gubelt, GG, Art. 12 Rn. 12. 315 v. Mangoldt / Klein / Starck / Manssen, GG, Art. 12 Rn. 52. 316 BVerfGE 11, 30, 41 – Kassenarzt. 317 Brockhaus, Stichwort Geschäftsführer; Duden, Stichwort Geschäftsführer. 310

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Unter der Geschäftsführung versteht man die Leitung eines Unternehmens 318, also unter anderem, das Tagesgeschäft zu führen und strategische Entscheidungen zu treffen, das Unternehmen zu vertreten und zu repräsentieren. Dies ist im Wesentlichen auch die Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers. Allerdings ist der GmbH-Geschäftsführer – im Gegensatz zu den sonst als Geschäftsführern bezeichneten Personen – Organ einer Kapitalgesellschaft. Als Organ ist er ipso jure mit einer Vielzahl an Rechten und Pflichten ausgestattet, welche den herkömmlichen Geschäftsführer nicht treffen. Der Aufgabenbereich des allgemeinen Geschäftsführers ist flexibel gestaltbar. Der GmbH-Geschäftsführer dagegen ist verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen (§ 64 Abs. 1 GmbHG 319) oder die Kapitalerhaltung in der GmbH sicherzustellen (§ 43 Abs. 3 GmbHG). Hinzukommt, dass der GmbH-Geschäftsführer als Organ der GmbH eine besondere Stellung innehat: Nur er ist zur organschaftlichen Vertretung der GmbH befugt. Die Aufgaben des GmbH-Geschäftsführers unterscheiden sich daher von denen eines allgemeinen Geschäftsführers. Auch das Gesetz trennt an anderer Stelle den GmbH-Geschäftsführer wegen seiner Organstellung von einem normalen Geschäftsführer. So sind etwa das ArbGG (§ 5 Abs. 1 S. 3) und das KSchG (§ 14 Abs. 1 Nr. 1) nicht anwendbar. Gerade diese Organstellung trennt den GmbHGeschäftsführer von einem allgemeinen Geschäftsführer. Die (gesetzlich vorgegebenen) Rechte und Pflichten des GmbH-Geschäftsführers sorgen also dafür, dass man ihn von einem allgemeinen Geschäftsführer / -leiter trennen könnte. Allerdings findet sich ein Geschäftsführer als Organ auch bei den Handelsgesellschaften und bei anderen juristischen Personen. Die Rechte und Pflichten und die Aufgabenstellung als Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft unterscheiden sich dagegen kaum von der des GmbH-Geschäftsführers. Die Kapitalerhaltungspflicht (und die Insolvenzantragspflicht) treffen aus naheliegenden Gründen den Geschäftsführer einer OHG / KG nicht; dies sorgt aber noch nicht dafür, dass der GmbH-Geschäftsführer sich von den Geschäftsführern einer OHG oder KG derart unterscheidet, dass ein verfassungsrechtlich eigenständiger Beruf vorliegt. Ein großer Unterschied ist zwar, dass eine GmbH einen Fremdgeschäftsführer haben kann, während bei den Handelsgesellschaften die Selbstorganschaft zwingend ist. Aber dies ändert nichts Signifikantes an der Aufgaben- oder der Rechtsstellung des Geschäftsführers. Ebenso wenig hilft die Tatsache, dass der Gesetzgeber besondere Anforderungen an die „Zulassung“ als GmbH-Geschäftsführer in § 6 Abs. 2 GmbHG stellt. Zwar könnte man einerseits den Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber so den GmbHGeschäftsführer von allen sonstigen Geschäftsführern trennt; andererseits kann dies aber auch nur Ausdruck dessen sein, dass die Ausübung des Geschäftsführerberufes für den GmbH-Geschäftsführer besonderer Regeln bedarf, dies aber keine 318 319

Duden, Stichwort Geschäftsführung. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO nach dem MoMiG.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Rückschlüsse darauf zulässt, dass es sich um einen eigenständigen Beruf handelt. Selbst wenn man also davon ausgehen sollte, dass ein GmbH-Geschäftsführer und ein allgemeiner Geschäftsführer verfassungsrechtlich unterschiedliche Berufe ausüben, wird man den GmbH-Geschäftsführer nicht von anderen organschaftlichen Geschäftsführern derart unterscheiden können, dass der GmbH-Geschäftsführer ein eigenständiges Berufsbild ist. 320 Im Ergebnis wird man den Geschäftsführer einer GmbH oder die Tätigkeit als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft verfassungsrechtlich nicht als eigenständiges Berufsbild einordnen können. Damit findet der Eingriff lediglich auf der Ebene der Berufsausübung statt; dies hat aber – wie zuvor ausgeführt 321 – keinen Einfluss auf die Rechtfertigungsanforderungen. (b) Rechtfertigung durch einen wichtigen Grund des Gemeinwohls Ein Inhabilitätsgrund muss also – trotz des Eingriffs auf der Stufe Berufsausübungsregeln – den Anforderungen an subjektive Zulassungsvoraussetzungen genügen, also dem Schutz wichtiger Güter des Gemeinwohls dienen, damit er verfassungsrechtlich zulässig ist. Zu den wichtigen Gründen des Gemeinwohls zählen unter anderem diejenigen „relativen“ Interessen, die der Gesetzgeber nach seinen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen festgelegt hat. 322 Wie die Entwicklungsgeschichte zeigt, dient die Vorschrift insbesondere dem Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs vor kriminellen und ungeeigneten Geschäftsführern. 323 Dieser Schutzzweck entspricht auch der allgemeinen Meinung zum Schutzgut von § 6 Abs. 2 GmbHG. 324 Der Gläubigerschutz als „zentrales Wertungsprinzip des Gesellschaftsrechts“ ist ein wichtiges Gut des Gemeinwohls 325, ebenso der Schutz des Rechtsverkehrs vor ungeeigneten Personen, so dass eine Inhabilität in der Regel gerechtfertigt werden kann.

320 Ebenso Baumann, BB 1997, 2281, 2285, der vom Beruf „Geschäftsführer (einer Handelsgesellschaft)“ spricht. 321 Siehe 1. Teil: H.I.1.a)bb)(2). 322 BVerfGE 13, 97, 107; Jarass / Pieroth, GG, Art. 12 Rn. 37. 323 Siehe oben 1. Teil: E.II.1. und jetzt deutlich die Begründung des RefE MoMiG, S. 71, und des RegE MoMiG, BT-Drs. 16/6140, S. 50: „für eine persönliche Eignung zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung geschäftlicher Belange von entscheidender Bedeutung sind“ bzw. „Schutz des geschäftlichen Verkehrs vor ungeeigneten Vertretern“. Zu anderen Schutzzwecken siehe die einzelnen Inhabilitätsgründe. 324 Etwa Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 302 f.; Dierlamm, NStZ 1996, 153, 155; Drygala, ZIP 2005, 423, 424. 325 Fleischer, WM 2004, 157, 165; vgl. auch Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 335.

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(c) Weitere Verhältnismäßigkeitsanforderungen Eine Inhabilitätsbestimmung muss weiter geeignet, erforderlich und angemessen sein: 326 Geeignet ist der Inhabilitätsgrund, wenn er den gewünschten Erfolg fördert. 327 Erforderlich ist die Beschränkung, wenn der Zweck nicht durch ein milderes, gleich effektives Mittel erreicht werden kann. 328 Dies ist der Fall, wenn nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten. 329 Ein unvertretbarer Aufwand für ein Alternativmittel ist nicht gleich effektiv. 330 Eine Regelung ist nur dann verfassungswidrig, wenn sie einer Vertretbarkeits- / Evidenzkontrolle nicht standhält. 331 Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass angesichts der komplexen Sachverhalte der Gesetzgeber gezwungen ist, Prognoseentscheidungen zu treffen und zu typisieren. Der Gesetzgeber besitzt einen weiten Einschätzungsspielraum. 332 Sollte sich allerdings nach einiger Zeit eine Fehleinschätzung des Gesetzgebers herausstellen, hat er diese zu korrigieren. 333 Schließlich muss die Schwere des (konkreten) Eingriffs in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck stehen. Eine atypische Belastung im Einzelfall berührt eine verfassungsrechtlich angemessene Regelung nicht. 334 b) Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG Für Deutsche ist ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit subsidiär gegenüber einem Eingriff in Art. 12. 335 Für Ausländer ist Art. 2 Abs. 1 GG dagegen einschlägig. Ausschlussgründe für Geschäftsführer zu schaffen, greift in die von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit 336 ein. Zu rechtfertigen ist der 326 Zu den Verhältnismäßigkeitsanforderungen im Einzelnen etwa BVerfGE 30, 292, 316 f. und Dreier / Dreier, GG, Vorb. Rn. 92 ff. 327 BVerfGE 30, 292, 316; Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 84. 328 BVerfGE 68, 193, 218 f.; Sachs / Sachs, GG, Art. 20 Rn. 152. 329 BVerfGE 25, 1, 12, 19 f.; 40, 196, 223; Dreier / Wieland, GG, Art. 12 Rn. 120. 330 BVerfGE 77, 84, 110; Sachs / Sachs, GG, Art. 20 Rn. 152. 331 Dreier / Wieland, GG, Art. 12 Rn. 137; v. Mangoldt / Klein / Starck / Starck, GG, Art. 1 Rn. 281. 332 Siehe die Nachweise bei Sachs / Sachs, GG, Art. 20 Rn. 151, 153. 333 BVerfGE 25, 1, 12 f.; 50, 290, 335 – Unternehmerische Mitbestimmung. 334 Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 87a. 335 BVerfGE 6, 32, 37 – Elfes; Jarass / Pieroth, GG, Art. 2 Rn. 2. 336 Grundlegend BVerfGE 6, 32, 36 f. – Elfes.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Eingriff, wenn er durch oder auf Grund eines formell verfassungsgemäßen Gesetzes erfolgt und der Eingriff verhältnismäßig ist. 337 Art. 2 Abs. 1 GG besitzt eine deutlich niedrigere Rechtfertigungsschwelle als Art. 12 Abs. 1 GG. 338 Ausländern steht daher nicht das gleiche Schutzniveau zur Verfügung wie Deutschen. Ist der Eingriff jedoch bereits über Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen, kann er auch nicht mehr gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstoßen. c) Eingriff in den allgemeinen Gleichbehandlungssatz, Art. 3 Abs. 1 GG Sofern der Gesetzgeber bestimmte Ausschlussgründe formuliert, so sind diese auch am allgemeinen Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Abs. 1 gebietet, wesentlich Gleiches gleich bzw. verbietet wesentlich Ungleiches gleich zu behandeln. 339 Das BVerfG drückt dies so aus, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots vorliegt, „wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.“ 340 Besteht eine Ungleichbehandlung, so kann diese aus hinreichend gewichtigen Gründen gerechtfertigt werden. 341 Der Gesetzgeber muss nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung wählen. 342 Ihm steht ein weiter Handlungsspielraum für Typisierungen zu, da nur so ein gleichheitsgerechter Gesetzesvollzug möglich ist. 343 Je stärker sich eine Ungleichbehandlung auf die Ausübung des Grundrechts auswirkt, desto enger sind die Grenzen für eine Rechtfertigung. 344

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BVerfGE 55, 159, 165; Dreier / Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 46. BVerfGE 35, 282, 399 ff.; Sachs / Murswiek, GG, Art. 2 Rn. 140. 339 BVerfGE 4, 144, 155; 72, 141, 150. 340 St. Rspr., BVerfGE 55, 72, 88; 82, 60, 86. 341 BVerfGE 100, 138, 174. Der 1. Senat des BVerfG, BVerfGE 88, 87, 96; 93, 99, 111, differenziert noch zwischen einer Ungleichbehandlung, die an personen- oder an sachverhaltsbezogene Merkmale anknüpft. Knüpft der Gesetzgeber an ein personenbezogenes Merkmal an, ist er streng an die Verhältnismäßigkeitsanforderungen gebunden; bei sachverhaltsbezogenen Merkmalen nimmt diese Bindung umso stärker ab, je weniger sie sich auf die Ungleichbehandlung von Personengruppen auswirkt. Kritisch zu dieser Rechtsprechung Sachs / Osterloh, GG, Art. 3 Rn. 25 ff.; zustimmend etwa Jarass / Pieroth, GG, Art. 3 Rn. 19 ff. 342 BVerfGE 4, 144, 155; 100, 138, 174. 343 BVerfGE 96, 1, 6 f. m.w. N.; Sachs / Osterloh, GG, Art. 3 Rn. 108. 344 BVerfGE 82, 126, 144; 88, 87, 96. 338

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2. Eingriff in die Grundrechte der Gesellschaft Ebenfalls denkbar ist ein Eingriff in die Grundrechte der GmbH selbst, da diese nicht frei in ihrer Organisation der Geschäftsleitung ist. a) Eingriff in das Eigentumsrecht, Art. 14 GG Das Eigentumsrecht der Gesellschaft aus Art. 14 GG 345 wird nicht verletzt. Das Organisations- und Verfahrensrecht wird durch das Eigentumsrecht geschützt, da die Organisation von Gesellschaften, die Unternehmensträger sind, „Funktionsbedingung der Garantie des Eigentums“ ist. 346 Inhabilitäten begrenzen die Organisationsfreiheit. 347 Es handelt sich um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung 348, die dann gerechtfertigt ist, wenn sie verhältnismäßig, also geeignet, erforderlich und angemessen, ist. 349 Dabei ist die Sozialbindung des Eigentums Art. 14 Abs. 2 GG zu berücksichtigen. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist umso größer, je größer der soziale Bezug und die soziale Funktion des Eigentumsrechts ist. 350 Je größer die Kapitalgesellschaft ist, desto größer ist in der Regel auch deren Sozialbindung und damit die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers. 351 Der Eingriff in die Organisationsfreiheit ist (auch bei kleineren Gesellschaften) gerechtfertigt. Das BVerfG nimmt nämlich eine Verletzung von Art. 14 GG bislang nur dann an, wenn die Gesellschaft funktionsunfähig wird oder ein Zustand geschaffen wird, welcher der Funktionsunfähigkeit nahe kommt. 352 Durch den Ausschluss eines eng umgrenzten Personenkreises von der Geschäftsleitung tritt weder die eine noch die andere Situation ein.

345 Vgl. Art. 19 Abs. 3 GG sowie BVerfGE 4, 7, 17; Maunz / Dürig / Papier, GG, Art. 14 Rn. 206. 346 BVerfGE 50, 290, 352 – Unternehmerische Mitbestimmung. 347 Vgl. BVerfGE 50, 290, 352 – Unternehmerische Mitbestimmung zu Vorgaben für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats. 348 Inhalts- und Schrankenbestimmungen sind die „generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum im Sinne der Verfassung“ anerkannt sind, BVerfGE 52, 1, 27; 72, 66, 76. 349 Siehe BVerfGE 52, 1, 29; 58, 81, 114. 350 BVerfGE 102, 1, 17; 50, 290, 340 f. – Unternehmerische Mitbestimmung. 351 Vgl. BVerfGE 50, 290, 352 – Unternehmerische Mitbestimmung. 352 Vgl. BVerfGE 50, 290, 352 – Unternehmerische Mitbestimmung; vgl. auch S. 350, wo das BVerfG die genaue Reichweite der Organisation (allerdings für die Anteilseigner) offen lässt.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

b) Eingriff in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG Von Art. 12 Abs. 1 GG ist auch die Unternehmerfreiheit geschützt, welche die Gründung und Führung des Unternehmens umfasst. 353 Diese Unternehmerfreiheit steht auch einer GmbH zu. 354 Ob ein unmittelbarer oder mittelbarer Eingriff vorliegt, ist unerheblich, da jedenfalls ein Eingriff vorliegt, indem die Wahl des Geschäftsleiters eingeschränkt wird. 355 Der Eingriff ist nur ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, der durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt werden kann. 356 Allerdings ist der Eingriff grundsätzlich zu rechtfertigen, denn Art. 14 GG und Art. 12 Abs. 1 GG stehen in einem engen, funktionalen Zusammenhang. Dies führt dazu, dass eine Regelung, die – wie hier – nicht gegen Art. 14 GG verstößt, in der Regel auch nicht mehr gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen kann. 357 c) Eingriff in die Vereinigungsfreiheit, Art. 9 Abs. 1 GG Die Vereinigungsfreiheit schützt die Freiheit, Vereinigungen zu bilden. Diese Freiheit umfasst auch die eigene Organisation der Vereinigung 358, weshalb ein Eingriff durch Vorgaben für die Habilität möglich ist. 359 Wie und inwieweit sich juristische Personen auf die Vereinigungsfreiheit von Art. 9 Abs. 1 GG berufen können, ist umstritten. 360 Jedenfalls greift § 6 Abs. 2 GmbHG nicht in Art. 9 Abs. 1 GG ein. Denn ein Eingriff liegt bei der Regelung von Organisationsformen durch Eintragungsvoraussetzungen (Eintragung der GmbH erst, wenn ein Geschäftsführer besteht) oder Habilitätsbestimmungen für die Geschäftsleitung nur dann vor, wenn es sich nicht um eine zulässige Ausgestaltung des Grundrechts handelt. 361 Die Einschränkung der Organisationshoheit dient allerdings der Sicherung 353 Vgl. BVerfGE 50, 290, 363 f. – Unternehmerische Mitbestimmung; v. Münch / Kunig / Gubelt, GG, Art. 12 Rn. 18. 354 Allgemein zu Art. 12 GG: BVerfGE 30, 292, 312; v. Mangoldt / Klein / Starck / Huber, GG, Art. 19 Rn. 325. Insbesondere für die Unternehmerfreiheit BVerfGE 50, 290, 363 f. – Unternehmerische Mitbestimmung, dabei soll die Regelungsbefugnis umso größer sein, je größer das Unternehmen ist. 355 Vgl. BVerfGE 50, 290, 364 – Unternehmerische Mitbestimmung, wo ein Eingriff angenommen wurde, ohne die Eingriffsart zu qualifizieren; Baumann, BB 1997, 2281, 2285 f. zur KGaA. Wann ein mittelbarer Eingriff überhaupt vorliegt, ist bislang nicht abschließend geklärt, Sachs / Sachs, GG, Vor Art. 1 Rn. 83 ff. 356 So auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 27. 357 Vgl. BVerfGE 50, 290, 365 – Unternehmerische Mitbestimmung. 358 BVerfGE 80, 244, 253; Jarass / Pieroth, GG, Art. 9 Rn. 8. 359 Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 28. 360 Nachweise bei Sachs / Höfling, GG, Art. 9 Rn. 25 f. 361 Vgl. BVerfGE 50, 290, 356 ff. – Unternehmerische Mitbestimmung; v. Münch / Kunig / Löwer, GG, Art. 9 Rn. 23 f.; Sachs / Höfling, GG, Art. 9 Rn. 36.

H. Anforderungen an die rechtliche Rechtfertigung

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schutzbedürftiger Belange Dritter (Gläubigerschutz, Schutz der Geschäftsführer) und gefährdet die Funktionsfähigkeit des Verbands nicht. 362 Hinzukommt, dass es sich bei GmbHs um erwerbswirtschaftliche Gesellschaften handelt, die einen besonders starken Sozialbezug aufweisen und in deren Organisation daher eher eingegriffen werden kann; vor allem da die Schutznotwendigkeit Dritter erheblich ist. 363 Im Ergebnis liegt demnach eine zulässige Ausgestaltung vor – jedenfalls sofern die Einschränkung tatsächlich dem Schutze Dritter dient. d) Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG Ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG ist subsidiär gegenüber den anderen Freiheitsgrundrechten. e) Eingriff in den allgemeinen Gleichbehandlungssatz, Art. 3 Abs. 1 GG Schließlich wäre ein Eingriff in Art. 3 Abs. 1 GG möglich, da eine GmbH gegenüber anderen Gesellschaftsformen benachteiligt wird. Allerdings gebietet Art. 3 Abs. 1 GG nur, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln. Die GmbH unterscheidet sich aber von anderen Rechtsformen deutlich. Gegenüber Personenhandelsgesellschaften ist sie gekennzeichnet durch die beschränkte Haftung der Gesellschafter, die unter anderem Grund für die Einführung von Amtsunfähigkeitsgründen war. Gegenüber anderen juristischen Personen wie der Genossenschaft besitzt die GmbH eine stärkere erwerbswirtschaftliche Zielsetzung. Vergleichbar mit der GmbH ist allein die AG; die dortigen Habilitätsgründe gleichen aber denen der GmbH. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz scheidet daher aus. 3. Eingriff in die Grundrechte der Gesellschafter Auch ein Eingriff in die Grundrechte der Gesellschafter ist möglich. 364 Denn diese können in ihrer Gesellschaft nicht die Person zum Geschäftsführer bestellen, die sie zur Führung einsetzen wollen.

362 Vgl. BVerfGE 50, 290, 354 f. – Unternehmerische Mitbestimmung; v. Münch / Kunig / Löwer, GG, Art. 9 Rn. 23 f. 363 Vgl. auch BVerfGE 50, 290, 354 ff. – Unternehmerische Mitbestimmung (Anwendbarkeit von Art. 9 Abs. 1 GG auf größere Kapitalgesellschaften); v. Münch / Kunig / Löwer, GG, Art. 9 Rn. 25. 364 Dies übersieht B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 25 ff.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

a) Eingriff in das Eigentumsrecht, Art. 14 GG Der Eingriff in Art. 14 GG ist verfassungsgemäß. Es wird das Anteilseigentum an der Gesellschaft durch die Vorgaben zur Organisation der Geschäftsleitung beschränkt, da personalpolitische Entscheidungen der Gesellschafter eingeschränkt werden. 365 Insofern liegt ebenfalls eine Inhalts- und Schrankenbestimmung vor, die verhältnismäßig zu sein hat. Das Ergebnis der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit beim Eingriff in die Grundrechte der Gesellschafter unterscheidet sich aber nicht vom Ergebnis bezüglich der Gesellschaft. b) Eingriff in die Unternehmerfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG Möglich ist weiter ein Eingriff in die Unternehmerfreiheit. Der Gesetzgeber stellt Hürden für die privatautonome Führung der Gesellschaft auf. Insofern liegt ein Eingriff auf der niedrigsten Stufe vor. 366 Auch hier wirken Art. 14 GG und Art. 12 Abs. 1 GG freilich zusammen, so dass das Rechtfertigungsergebnis von Art. 12 Abs. 1 GG dem von Art. 14 GG entspricht. c) Eingriff in die Vereinigungsfreiheit, Art. 9 Abs. 1 GG In die Vereinigungsfreiheit, Art. 9 Abs. 1 GG, wird – wie geschildert – nicht eingegriffen. 367 d) Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG Ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG ist für Deutsche subsidiär, für Ausländer im Bereich der Unternehmerfreiheit aber möglich. Da die Regelungen im Rahmen der anderen Freiheitsgrundrechte einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten, ist aber auch für Ausländer keine andere Beurteilung möglich. e) Eingriff in den allgemeinen Gleichbehandlungssatz, Art. 3 Abs. 1 GG Schließlich wäre ein Eingriff in Art. 3 Abs. 1 GG möglich, da die Gesellschafter einer GmbH anders als Gesellschafter anderer Rechtsformen behandelt werden. Es bestehen aber deutliche Unterschiede zwischen den Gesellschaftern 365 Vgl. BVerfGE 50, 290, 339 ff., insbes. 343, 348. – Unternehmerische Mitbestimmung für die Vorgaben des MitbestG für den Aufsichtsrat. 366 Ob diese Eingriffe als unmittelbar oder mittelbar zu qualifizieren sind, ist unerheblich, da jedenfalls ein Eingriff vorliegt, vgl. BVerfGE 50, 290, 364 – Unternehmerische Mitbestimmung. 367 1. Teil: H.I.2.c).

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von Personengesellschaften und juristischen Personen 368, so dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt wird. 4. Ergebnis Inhabilitätsvorschriften greifen in die verschiedensten Grundrechte ein und müssen daher verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Primär sind die Vorschriften an den Grundrechten des Geschäftsführers zu messen. Denn für den Geschäftsführer bestehen verfassungsrechtlich betrachtet die höchsten Rechtfertigungsgrenzen. Die Eingriffe in die Grundrechte der Gesellschaft und der Gesellschafter lassen sich hingegen grundsätzlich rechtfertigen, so dass eine Einzelprüfung bei den derzeitigen Inhabilitätsbestimmungen in aller Regel nicht notwendig ist. Die folgende Untersuchung der einzelnen Vorschriften konzentriert sich daher auf die Prüfung der Berufsfreiheit des Geschäftsführers und die Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots.

II. Europarechtliche Rechtfertigung der Amtsunfähigkeitsgründe Neben der grundrechtlichen Komponente besitzen Amtsunfähigkeitsgründe auch eine europarechtliche Dimension. Erneut sollen zunächst die Anforderungen für eine Prüfung aufgezeigt werden. Sofern eine Rechtfertigung bei den einzelnen Merkmalen angezeigt ist, wird an geeigneter Stelle auf die Rechtfertigung eingegangen. 1. Beschränkungen in der Person des Inhabilen a) Diskriminierung von EU-Ausländern Inhabilitätsvorschriften für Geschäftsführer dürfen die Ausübung bzw. Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch EU-Ausländer nicht beschränken oder in diskriminierender Weise in diese eingreifen, es sei denn, die Beschränkung oder (mittelbare) Diskriminierung kann gerechtfertigt werden. Welche der Verkehrsfreiheiten für die Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer anwendbar ist, ist nicht abschließend geklärt. Der EuGH hat in einem Fall die Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art. 39 EGV, 369 in zwei anderen die Niederlassungsfreiheit, Art. 43 Abs. 2 EGV, 370 als betroffen angesehen. Eine konkrete Einordnung lässt er bislang offen. Hintergrund dürfte die Tatsache sein, dass beide Grund368 369

Außer der AG. EuGH, Rs. C-350/96, Clean Car Autoservice, Slg. 1998, I-2521 Rn. 30.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

freiheiten für die wirtschaftliche Tätigkeit in einem Mitgliedstaat auf denselben Grundsätzen beruhen und bezüglich der Zulässigkeit einer Beschränkung weitgehend übereinstimmen sollen. 371 Vorzugswürdig erscheint eine Zuordnung zur Niederlassungsfreiheit. 372 Teilweise wird zwar darauf abgestellt, dass die Niederlassungsfreiheit – anders als die Arbeitnehmerfreizügigkeit – nur die selbständige Tätigkeit erfasse. 373 Selbständig sei jemand, wenn er „nach der gesetzlichen ... Verteilung der Befugnisse in der juristischen Person der Weisung keiner anderen Person oder keines Organes, das er selbst nicht kontrolliert, unterlieg(e)“. 374 Dies führte zu einer Abgrenzung wie sie für den GmbH-Geschäftsführer aus dem Sozialversicherungsrecht 375 bekannt ist (Fremdgeschäftsführer → Arbeitnehmerfreizügigkeit, Mehrheitsgesellschaftergeschäftsführer → Niederlassungsfreiheit). Dabei bleibt hingegen unberücksichtigt, dass die „Leitung von Unternehmen“ nach Art. 43 Abs. 2 EGV gerade Teil der Niederlassungsfreiheit ist. 376 Würde man zudem im Einzelfall entscheiden, welche Freiheit betroffen ist, entstünden Schutzlücken, wenn man die Geschäftsleitung durch eine juristische Person einordnen möchte. Die Niederlassungsfreiheit gilt wegen Art. 48 EGV auch für juristische Personen. Für die Arbeitnehmerfreizügigkeit fehlt es an einer entsprechenden Überleitung, da eine juristische Person nicht Arbeitnehmer sein können soll. 377 Eine „unselbständige“ Geschäftsführungsgesellschaft wäre demnach nicht geschützt. Die Frage, die sich im Anschluss stellt, ist, ob der betreffende Ausschlussgrund in diskriminierender oder beschränkender Weise in die Niederlassungsfreiheit eingreift. Die deutschen Ausschlussgründe knüpfen weder offen noch verdeckt 370 EuGH, Rs. C-107/94, Asscher, Slg. 1996, I-3089 Rn. 26 (Geschäftsführer war zugleich einziger Gesellschafter); Rs. C-114/97, Kommission / Königreich Spanien, Slg. 1998, I-6717 Rn. 44. 371 Vgl. EuGH, Rs. C-107/94, Asscher, Slg. 1996, I-3089 Rn. 29; Schwarze / Schlag, EU, Art. 43 EGV Rn. 25; Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, Art. 39 Rn. 13. 372 Eyles, Niederlassungsrecht der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft, S. 93; Everling, Niederlassungsrecht im Gemeinsamen Markt, S. 16; von der Groeben / Schwarze / Tiedje / Troberg, EU- / EG-Vertrag, Art. 43 EGV Rn. 52; Schnichels, Reichweite der Niederlassungsfreiheit, S. 47 („unstreitig“). Je nach der Dauer der Tätigkeit kann auch die Dienstleistungsfreiheit statt der Niederlassungsfreiheit einschlägig sein, vgl. zur Abgrenzung Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, Art. 43 Rn. 22 ff. 373 GA Léger, Rs. C-107/94, Asscher, Slg. 1996, I-3089 Rn. 29; Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, Art. 39 EGV Rn. 13. 374 GA Léger, Rs. C-107/94, Asscher, Slg. 1996, I-3089 Rn. 29. 375 Vgl. dazu Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 35 Rn. 264 ff. 376 Siehe auch Eyles, Niederlassungsrecht der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft, S. 93 („unternehmerische Vollfunktion“). 377 Vgl. etwa den Wortlaut der Artt. 41, 42 EGV und von der Groeben / Schwarze / Tiedje / Troberg, EU- / EG-Vertrag, Art. 43 EGV Rn. 51. Die differenzierende Lösung müsste sich daher vom personalen Verständnis des Arbeitnehmers lösen.

H. Anforderungen an die rechtliche Rechtfertigung

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an die Herkunft aus einem anderem (Mitglied)Staat an, so dass eine Diskriminierung nicht vorliegt. 378 Die Ausschlussgründe sind unterschiedslos anwendbar. Aber auch unterschiedslos anwendbare Maßnahmen können die Grundfreiheiten beschränken, wenn sie „die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können.“ 379 Aber nicht jede beliebige Beschränkung ist ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die Verkehrsfreiheit. Die Beschränkung muss den Zugang zum Markt des Mitgliedstaates regeln. 380 Und auch nicht jede beliebige Zugangsbeschränkung ist erfasst, sondern nur diejenigen, die in spezifischer Weise 381 oder unmittelbar bzw. direkt 382 den Zugang regeln. 383 Inhabilitätsvorschriften, die permanent oder temporär den Zugang zu der Position als Organ ausschließen, regeln in entsprechend spezifischer bzw. direkter Weise den Zugang, so dass eine Beschränkung der Grundfreiheiten besteht. 384 Diese Beschränkung kann gerechtfertigt werden. Dies ist dann möglich, wenn der Eingriff aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls erfolgt, in nicht diskriminierender Weise angewandt wird, geeignet und verhältnismäßig ist. 385 Die Habilitätsbestimmungen dienen dem Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs vor ungeeigneten Vertretern. Der Gläubigerschutz sowie der Schutz des Rechtsverkehrs vor unzuverlässigen Personen sind anerkannte zwingende Gründe des Allgemeinwohls. 386 378 So auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 30. Vor beiden Formen der Diskriminierung schützen die Grundfreiheiten, vgl. EuGH, Rs. 41/84, Pinna, Slg. 1986, 1 Rn. 23; Rs. C-350/96, Clean Car Autoservice, Slg. 1998, I-2521 Rn. 27. 379 EuGH, Rs. C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165 Rn. 37; Rs. C-190/98, Graf, Slg. 2000, I-493 Rn. 23. Diese Dimension der Grundfreiheiten übersieht B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 30. 380 Aus der Rechtsprechung EuGH, Rs. C- 413/95, Bosman, Slg. 1995, I-4921 Rn. 103; Rs. C-190/98, Graf, Slg. 2000, I-493 Rn. 23; aus der Literatur W-H. Roth, GS KnobbeKeuk, S. 729, 737 ff. 381 Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, Vor Art. 39 –55 EGV Rn. 117; Streinz / Müller-Graff, EUV / EGV, Art. 43 Rn. 58, 62 f. 382 EuGH, Verb. Rs. C-418 –421/93, C-460 –462/93, C-464/93, C-9 –11/94, C-14 u. 15/94, C-23 u. 24/94 u. 332/94, Semeraro Casa Uno u. a., Slg. 1996, I-2975, Rn. 32 („zu ungewiß und zu mittelbar, als daß ... behindern [könnte].“); Rs. C-190/98, Graf, Slg. 2000, I-493 Rn. 25 („wäre ... zu ungewiß und wirkte zu indirekt, als daß ... beeinträchtig[t] [werden] könnte.“). 383 Zu weiteren Abgrenzungsversuchen Lackhoff, Niederlassungsfreiheit des EGV, S. 392 ff. 384 Vgl. für Tätigkeitsverbote Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, Art. 39 EGV Rn. 168, Art. 43 Rn. 90; Streinz / Müller-Graff, EUV / EGV, Art. 43 Rn. 66. 385 EuGH, Rs. C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165 Rn. 37; Rs. C-212/97, Centros, Slg. 1999, I-1459 Rn. 34. Zudem wäre auch eine Rechtfertigung über die besonderen im EGV niedergelegten Gründe möglich (Art. 46 EGV), die aber hier nicht einschlägig sind.

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

Ähnlich wie im deutschen Verfassungsrecht ist eine Regelung geeignet, wenn sie die Erreichung des Ziels (hier die Durchsetzung der Grundfreiheiten) fördert. 387 Die europäische Verhältnismäßigkeitsprüfung beschränkt sich in der Regel auf die Erforderlichkeit; die Angemessenheit muss zumeist nicht geprüft werden. 388 Eine Regelung ist nicht erforderlich, wenn das gleiche Ergebnis durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. 389 Der EuGH räumt den Mitgliedstaaten – ebenso wie das BVerfG – eine Einschätzungsprärogative ein, ob die Verfolgung des Ziels notwendig ist und welche Mittel sie ergreifen können. 390 Sofern Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit mit Europarecht bestehen, werden diese bei den einzelnen Bestimmungen aufgegriffen. b) Inländerdiskriminierung Schließlich wäre zu überlegen, ob nicht ein Fall der Inländerdiskriminierung vorliegt, da ausländische Verurteilungen oder Tätigkeitsverbote in Deutschland nicht zu einem Ausschluss von der Geschäftsleitung führen sollen. 391 Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Deutscher einem Ausschlussgrund unterliegt, ist daher um ein Vielfaches größer als bei einem EU-Ausländer, dessen ausländische Verurteilungen oder Tätigkeitsverbote nicht zur Inhabilität führen. Gegenüber diesen Personen wird ein Deutscher benachteiligt. 392 Nach der Rechtsprechung des EuGH und der herrschenden Meinung sollen Fälle der Inländerdiskriminierung aber allein über die nationalen Bestimmungen gelöst werden, da die Grundfreiheiten einen grenzüberschreitenden Bezug voraussetzten, der nicht erfüllt sei. 393 Danach 386 Zum Gläubigerschutz siehe etwa die Schlussanträge von GA Alber, Rs. C-167/01, Inspire Art, Slg. 2003, I-10155 Rn. 127; Teichmann, NJW 2006, 2444, 2448; zur Zuverlässigkeit EuGH, Rs. 292/86, Gullung, Slg. 1988, 111 Rn. 29; vgl. auch die Begründung RefE MoMiG, S. 71; BT-Drs. 16/6140, S. 50. 387 Vgl. EuGH, Rs. 19/92, Kraus, Slg. 1993, I-1696 Rn. 32; Rs. C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165 Rn. 37. 388 Streinz, Europarecht, Rn. 703; a. A. Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, vor Art. 39 – 55 EGV Rn. 158 (Teil der Erforderlichkeitsprüfung). 389 EuGH, Rs. C-19/92, Kraus, Slg. 1993, I-1696 Rn. 32; Rs. C-212/97, Centros, Slg. 1999, I-1459 Rn. 34. 390 EuGH, Rs. C-275/92, Schindler, Slg. 1994, I-1039 Rn. 61; Rs. C-3/95, Reisebüro Broede, Slg. 1996, I-6511 Rn. 41. 391 Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird an späterer Stelle (2. Teil: D.VII.3., 2. Teil: J.IV.) untersucht. 392 Jedenfalls sofern man unter dem Begriff der Inländerdiskriminierung auch Inländerbeschränkungen erfasst, vgl. MünchenerHandbuchArbeitsR / Birk, § 19 Rn. 29. 393 St. Rspr., EuGH, Rs. 175/78, Saunders, Slg. 1979, 1129, 1135 Rn. 11; Verb. Rs. 35 und 36/82, Morson und Jhanjan, Slg. 1982, 3723, 3736 Rn. 16; aus der Literatur etwa Streinz, Europarecht, Rn. 685; Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, vor Art. 39 –55 EGV Rn. 44 f.; a. A. etwa Kewenig, JZ 1990, 20, 23 f.; Reich, EuZW 1991, 203, 204 f.

H. Anforderungen an die rechtliche Rechtfertigung

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ist in diesen Fällen eine europarechtliche Rechtfertigung nicht angezeigt; jedoch ist zu prüfen, ob nicht das allgemeine Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt ist. 394 2. Beschränkungen für die Gesellschafter Ebenfalls ließe sich über eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ausländischer Gesellschafter nachdenken, da für sie der Zugang zur deutschen GmbH weniger attraktiv gemacht wird. Es wird bereits in Frage gestellt, ob sich die Gesellschafter überhaupt auf die Niederlassungsfreiheit berufen können. 395 Jedenfalls besteht keine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung, da diese zu unspezifisch, zu indirekt ist. Das nationale Gesellschaftsrecht muss sich insofern nicht an europäischem Recht messen lassen. 3. Beschränkung für die Gesellschaft Rechtfertigungsbedürftig ist aber die mit dem MoMiG eingeführte Erstreckung der deutschen Inhabilitätsgründe auf Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften, da eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit für die ausländische Gesellschaft besteht. 396 Die Gründung einer Niederlassung wird für diese Gesellschaften weniger attraktiv, da zusätzliche Voraussetzungen für den gesetzlichen Vertreter aufgestellt werden. 397 Inwieweit eine solche Regelung mit europäischem Recht, insbesondere Sekundärrecht, vereinbar ist, soll an späterer Stelle erörtert werden. 398

III. Zusammenfassung Habilitätsbestimmungen sind an den Grundrechten zu messen und müssen dort einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung standhalten. Dabei ist für den Geschäftsführer vor allem die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, Prüfungsmaßstab, während für die Gesellschaft und die Gesellschafter die Eigentums- und Berufsfreiheit, Artt. 14, 12 Abs. 1 GG, die entscheidenden Grundrechte sind. Die derzeitigen Bestimmungen von § 6 Abs. 2 GmbHG lassen sich grundsätzlich für die Gesellschaft und die Gesellschafter rechtfertigen, so dass das Augenmerk 394

Streinz, Europarecht, Rn. 685. MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 335. 396 BT-Drs. 16/6140, S. 50. 397 BT-Drs. 16/6140, S. 50. 398 2. Teil: J.III.1.d)bb). 395

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1. Teil: Grundlagen zu den Inhabilitätsbestimmungen

dieser Arbeit auf die Berufsfreiheit des Geschäftsführers gerichtet wird. Zudem ist darauf zu achten, dass die Bestimmungen nicht gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Europarechtlich unterliegen die Ausschlussgründe ebenfalls einem Rechtfertigungszwang, da vor allem die Niederlassungsfreiheit des Amtsunfähigen beschränkt wird.

2. Teil

Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze A. Zulassung nur natürlicher Personen I. Aktuelle Gesetzeslage und Begründung § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG regelt seit der GmbH-Novelle 1980, dass nur natürliche Personen Geschäftsführer werden können. Damit hat der Gesetzgeber das GmbH-Gesetz der im Aktiengesetz bereits seit 1937 bestehenden Rechtslage angeglichen 1 und die im GmbH-Recht ganz überwiegend vertretene Ansicht ins Gesetz aufgenommen. 2 Kritik an dieser Gesetzesänderung gab es fast keine. 3 Zurzeit ist damit die Bestellung von juristischen Personen oder anderen Gesellschaften nicht möglich. Die gesetzgeberische Begründung für den Ausschluss mit dem pauschalen Verweis auf die herrschende Meinung in der Rechtswissenschaft und die vergleichbare Lage bei der AG ist äußerst kurz. Die herrschende Meinung im GmbH-Recht 4 begründete die Unzulässigkeit der Geschäftsführerstellung einer juristischen Person 1 Ursprünglich war der Ausschluss in § 75 Abs. 1 S. 3 AktG enthalten, mittlerweile findet er sich in § 76 Abs. 3 S. 1 AktG wieder. 2 BT-Drs. 8/1347, S. 31. Die in den siebziger Jahren tagende Unternehmensrechtskommission hielt dagegen eine Zulassung von juristischen Personen für möglich, Bundesjustizministerium (Hrsg.), Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, S. 436 f., Rn. 833. 3 In einer Stellungnahme zum Entwurf von 1973 verlangte die Centrale für GmbH, S. 26, eine Streichung von § 60 Abs. 2, da eine gesetzliche Festlegung hinsichtlich des Ausschlusses von juristischen Personen unangebracht sei. 4 OLG Hamburg, JW 1916, 1593; OLG Naumburg, RJA 15, 140; Staub, § 35 Anm. 37; Scholz, GmbHG, § 6 Anm. III; Merzbacher / Krakenberger, GmbHG, § 6 Anm. 3; Liebmann / Saenger, GmbHG, § 6 Anm. 3; Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 5; Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38; Vogel, GmbHG§ 6 Anm. 3; Groschuff, GmbHG, § 6 Anm. 2; Brodmann, GmbHG, § 6 Anm. 1; Warneyer / Koppe, GmbHG, § 6 Anm. 1; Pinzger, GmbHG, § 6 Anm. 3; Hachenburg 7 / Ulmer, GmbHG, § 6 Rn. 7; Hachenburg 7 / Mertens, GmbHG, § 35 Rn. 29; Scholz 2, GmbHG, § 6 Rn. 5; Sudhoff, Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 148; Baumbach 3, GmbHG, § 6 Anm. 2 C; a. A. bereits von Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 683; Birkenbihl, GmbHG, § 6 Anm. 4; Feine, GmbH, S. 473, Hoeniger, JW 1925, 2338; Liebisch, Iherings Jahrbücher, Bd. 83 (1933), 371, 373; wohl auch Hachenburg 5, GmbHG, § 35 Anm. 38.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

vor der Gesetzesänderung wie folgt: Das vermeintliche Leerlaufen der gesellschaftsrechtlichen Sonderdelikte für den Geschäftsführer der §§ 82 ff. GmbHG 5 und die (vor der Regelung im GmbHG bereits bestehende) Inhabilität einer juristischen Person als Vorstandsmitglied 6 schlössen eine Zulassung juristischer Personen aus. Die persönliche Verantwortlichkeit der Geschäftsführer für die Erfüllung ihrer Funktion und die sie treffenden öffentlich-rechtlichen Pflichten (etwa § 64 Abs. 1 GmbHG 7) verlangten gerade nach einer natürlichen Person. 8 1. Rechtstatsächliche Bedeutung Exakte Zahlen über die rechtstatsächliche Bedeutung von § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GmbHG sind nicht zu finden. Konzentriert man sich bei den juristischen Personen auf die Zahlen für die AG (2004: 15.835) 9 und die GmbH (2005: 996.000) 10, so sind wenigstens eine Million juristische Personen von § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GmbHG erfasst. Hinzukommen die Unternehmen, die nicht als juristische Person geführt werden und ebenfalls von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. Dies sind ca. 28.000 OHG (2004) und ca. 211.000 KG (2004). 11 Zahlen für die GbR sind nicht zu ermitteln, Schätzungen gehen aber von einem Bestand aus, der größer als der der GmbH ist. 12 Rechnet man diese hinzu, so sind immerhin eine weitere Million Gesellschaften vom Ausschlussgrund betroffen. Insgesamt sind also ca. 2,3 Mio. Unternehmen von der Geschäftsleitung ausgeschlossen. So beeindruckend diese Zahlen zunächst klingen mögen, so wenig bilden sie die wirkliche Bedeutung ab. Denn nur wenige Gesellschaften werden überhaupt den Unternehmensgegenstand der Geschäftsleitung haben (etwa Betriebsführungsgesellschaften) oder ihn verfolgen wollen. Wie groß die tatsächliche Ausschlussbedeutung von § 6 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GmbHG ist, ist daher nicht auszumachen. Sie wird aber eher gering sein, denn Forderungen aus der Praxis nach der Zulassung sind bislang unterblieben.

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Scholz 2, GmbHG, § 6 Rn. 5; Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 5; Liebmann / Saenger, GmbHG, § 6 Anm. 3. 6 Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38; Scholz 2, GmbHG, § 6 Rn. 5 sowie etwa BT-Drs. 8/1347, S. 31. 7 § 15a Abs. 1 S. 1 InsO nach dem MoMiG. 8 GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 8. 9 Raiser / Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 5 Rn. 1. 10 Kornblum, GmbHR 2007, 25, 26. 11 Hochrechnungen von Kornblum, GmbHR 2006, 28, 37. Unberücksichtigt bleibt der Einzelkaufmann, da dieser als natürliche Person auch als Kaufmann zum Geschäftsführer bestellt werden kann. 12 MünchHdb. GesR I / Schücking, § 1 Rn. 1.

A. Zulassung nur natürlicher Personen

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2. Kritik an der Begründung: Möglichkeit der Zulassung juristischer Personen Vor einigen Jahren hat Wasmann die Frage nach der Zulassung juristischer Personen 13 als Geschäftsführer einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Er kam zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber an der Zulassung von juristischen Personen zu Körperschaftsorganen nicht gehindert sei und forderte die einschränkungslose Zulassung für alle Rechtsformen. 14 Unterstützung für diese Forderung hat Wasmann bislang vor allem durch die Dissertationen von Brandes 15 und Komp 16 erhalten, ansonsten blieb das Echo sehr verhalten. 17 In ihren Arbeiten widerlegen Wasmann, Brandes und Komp überzeugend eine Vielzahl von Argumenten der herrschenden Meinung gegen eine Zulassung von juristischen Personen in der Geschäftsführung. Auf einige der Argumente für eine Zulassung von juristischen Personen als Geschäftsführer von GmbHs sei hier eingegangen. 18 a) Vergleichbares Verbot für die AG Der Hinweis auf die bereits bestehende Inhabilität im Aktienrecht steht einer Zulassung juristischer Personen nicht entgegen. Zum einen war die Einführung der Inhabilität bereits für die AG eher vage begründet. 19 Zum anderen gleichen die Gründe, die gegen die Zulassung von juristischen Personen bei der AG vorgebracht 13 Hinsichtlich juristischer Personen wird in der Regel die GmbH die interessanteste Rechtsform darstellen. Die AG wird wegen der kompetenziellen Aufteilung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand und des höheren Grundkapitals weniger interessant sein. 14 Wasmann, Juristische Personen als Organmitglieder, S. 136 ff. und später erneut ders., BB 2002, 478, 479. 15 Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, S. 189, ders., NZG 2004, 642, 649. 16 Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 359 ff. 17 Jüngst aber Triebel / Otte, ZIP 2006, 311, 314. Die Einführung der SE, für welche nach Art. 47 Abs. 1 SE-VO die Möglichkeit der Organschaft juristischer Personen besteht, sofern das nationale Recht dies zulässt, haben einige Autoren zum Anlass genommen, den Gesetzgeber aufzufordern, juristische Personen in Deutschland als Organmitglieder zuzulassen, Brandes, NZG 2004, 642, 649, oder wenigstens den Ausschluss juristischer Personen zu überprüfen, Hommelhoff, AG 2001, 279, 283; Teichmann, ZGR 2002, 383, 455. Gegen diese Anliegen aber Kübler, ZHR 167 (2003), 222, 233; Fleischer, RIW 2004, 16, 21. 18 Für eine ausführliche Auseinandersetzung sei auf die Arbeiten von Wasmann, Juristische Personen als Organmitglieder, Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, und Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, verwiesen. 19 Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 74 ff., insbes. Fazit auf S. 85; ähnlich kritisch Wasmann, Juristische Personen als Organmitglieder, S. 29 f.; jüngst auch Hommelhoff, AG 2001, 279, 283 Fn. 39 („... Ausschluß

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

werden, denen bei der GmbH. Für die GmbH – und damit auch für die AG – lassen sich die vorgebrachten Gründe – wie im Folgenden noch gezeigt wird – widerlegen. b) Strafbarkeitslücken als Folge der Zulassung Der Behauptung, dass eine fehlende strafrechtliche Verantwortlichkeit die Mitgliedschaft juristischer Personen in der Geschäftsführung verbiete, ließe sich zunächst ebenso gut entgegnen, dass eine fehlende strafrechtliche Verantwortung nur ein Beleg für eine Lücke im Strafrecht ist. 20 Ein Mehr an Aussagekraft ist jedenfalls nicht zweifelsfrei, auch wenn beträchtliche Strafbarkeitslücken rechtspolitisch nicht wünschenswert sind. Allerdings sind heutzutage die viel beschworenen Lücken für die gesellschaftsrechtlichen Sonderdelikte nicht mehr vorhanden. 21 Anknüpfungspunkt für die strafrechtliche Verantwortlichkeit ist in der Regel die Geschäftsführerstellung, vgl. §§ 82, 84 GmbHG. Die juristische Person selbst kann zwar nach dem Konzept des deutschen Strafrechts nicht strafbar sein. 22 Der Gesetzgeber hat mit § 14 StGB (bzw. dessen Vorgängernorm § 50a StGB 23) jedoch seit geraumer Zeit die Möglichkeit geschaffen, die für die juristische Person handelnden natürlichen Personen bestrafen zu können. So ist anerkannt, dass sich bei einer juristischen Person als Liquidator über § 14 Abs. 1 StGB die Strafbarkeit bspw. gem. § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG auf die für die juristische Personen handelnden Organe erstreckt. 24 Ließe man nun eine juristische Person als Geschäftsführer zu, so sind die für die juristische Person handelnden natürlichen Personen ebenfalls über § 14 juristischer Personen ... ist damals nicht mit den stärksten Argumenten legitimiert worden.“). 20 So bereits das OLG Karlsruhe, JW 1925, 2017 (m. zust. Anm. Heilbrunn, JW 1925, 2017) zur Frage, ob eine juristische Person Liquidator einer GmbH sein könne. Pointiert dort mit dem Hinweis, dass die fehlende strafrechtliche Verantwortlichkeit des Grubenvorstands einer Gewerkschaft nicht gegen die Existenz eines Grubenvorstands spreche. 21 Wasmann, Juristische Personen als Organmitglieder, S. 42 f.; Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 250 ff. Die meisten Stimmen, welche die Straflosigkeit als Argument gegen eine Zulassung von juristischen Personen vorgebracht haben, stammen aus der Zeit vor Einführung des § 14 StGB bzw. dessen Vorgängernorm. Winter, Scholz 6, GmbHG, § 6 Rn. 5, ist einer der wenigen Vertreter, der auch nach der Einführung des § 14 StGB noch von Strafbarkeitslücken spricht. 22 Statt vieler Jescheck / Weigend, Strafrecht AT, § 23 VII., S. 227 m.w. N. Umfangreiche Nachweise zu den verschiedenen Reformvorschlägen bei Schönke / Schröder / Cramer / Heine, Vorbem §§ 25 ff. Rn. 126. 23 Eingeführt 1968 durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, BGBl. I 1968, 503 ff. Hintergrund der Regelung waren Befürchtungen des Gesetzgebers, es könne sonst „eine kriminalpolitisch nicht erträgliche Lücke entstehen: Der eigentliche Normadressat könnte nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil er nicht gehandelt hat; der Handelnde könnte ebenso wenig verantwortlich gemacht werden, weil er nicht Normadressat ist“, BT-Drs. 5/1319, S. 62.

A. Zulassung nur natürlicher Personen

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Abs. 1 StGB zu erfassen. Die Geschäftsführerstellung würde dann zum besonderen persönlichen Merkmal im Sinne von § 14 Abs. 1 StGB. 25 Auch der Versuch, die Strafbarkeit der handelnden natürlichen Person durch die Zwischenschaltung mehrerer Organgesellschaften zu umgehen, wird durch § 14 StGB verhindert. Hier besteht die Möglichkeit, durch die mehrfache Zurechnung nach § 14 Abs. 1 StGB die natürliche Person zu erfassen. 26 Strafbarkeitslücken hinsichtlich der Sonderdelikte des GmbHG, die an die Geschäftsführereigenschaft anknüpfen, sind demnach in der Regel nicht mehr

24 Baumbach / Hueck 18 / Schulze-Osterloh / Servatius, GmbHG, § 82 Rn. 64, 88; Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn 45; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 15. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließ man juristische Personen als Liquidatoren zu. Drohenden Strafbarkeitslücken begegnete man dadurch, dass man das Organ der juristischen Person für alle Handlungen, die es für die juristische Person in deren Eigenschaft als Liquidator tätigte, so verantwortlich machte, als sei das Organ zum Liquidator bestellt worden, vgl. die Erwägungen des OLG Karlsruhe, JW 1925, 2338, 2339 (mit zustimmender Anmerkung Hoeniger) sowie Ludewig, JW 1926, 1792. 25 Vgl. Wasmann, Juristische Personen als Organmitglieder, S. 42 f.; Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 250. Bisher wird eine Anwendbarkeit von § 14 StGB bei den §§ 82, 84 GmbHG abgelehnt, da bereits der Geschäftsführer selbst Normadressat sein soll, vgl. BGHSt 31, 118, 122; Schönke / Schröder / Lenckner / Perron, § 14 Rn. 4; MünchKommStGB / Radtke, § 14 Rn. 44. Würde man juristische Personen als Geschäftsführer zulassen, müsste man aber zu einer Anwendbarkeit von § 14 StGB gelangen. Dies erforderte ein Gleichklang mit der bereits angesprochenen Anwendbarkeit des § 14 StGB bei juristischen Personen als Liquidatoren. Tiedemann, Scholz 9, GmbHG, § 82 Rn. 39, führt etwa aus, dass „nach hM nur natürliche Personen Geschäftsführer sein [können], so dass für eine Anwendung des § 14 [Abs. 1] StGB kein Raum ist.“ [Hervorhebung im Original]. Im Umkehrschluss spricht dies dafür, dass er eine Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 StGB zulassen würde, wenn juristische Personen als Geschäftsführer zugelassen wären. Ähnlich auch die Aussage bei Roxin, Strafrecht AT II, § 27 Rn. 106. Möchte man § 14 StGB dagegen weiterhin nicht anwenden, bliebe zu überlegen, ob nicht die Bestimmung des Normadressaten der §§ 82 ff. GmbHG eine Anwendung auf die tatsächlich handelnde natürliche Person ermöglicht, vgl. BGHSt 31, 118, 122 („... [Normadressat] auch derjenige, der die Geschäftsführung tatsächlich übernommen hat.“). 26 Für die mehrfache Anwendung von § 14 StGB bei Organgesellschaften: Wasmann, Juristische Personen als Organmitglieder, S. 43; Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 251; a. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 57. So auch der Ansatz der herrschenden Meinung bei der GmbH & Co. KG, um den Geschäftsführer der GmbH strafrechtlich zu belangen: BGH, wistra 1984, 71; Schünemann, Unternehmenskriminalität und Strafrecht, S. 144; MünchKommStGB / Radtke, § 14 Rn. 74; a. A. Wabnitz / Janovsky / Köhler, Wirtschaftsstrafrecht, Kap. 7 Rn. 70 (Geschäftsführer bereits als Normadressat); Zweifel an der Anwendbarkeit wegen der Vereinbarkeit der Lösung der herrschenden Meinung mit der Wortlautgrenze bei Marxen, in: Nomos Kommentar zum StGB, § 14 Rn. 48. Sollte man weder die mehrfache Zurechnung über § 14 StGB noch eine Bestimmung des Normadressaten als geeignet ansehen, könnte man noch über die Anwendung der Figur des „faktischen Geschäftsführers“ nachdenken, um die handelnde natürliche Person zu erfassen.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

zu befürchten. Auch bei den allgemeinen Straftatbeständen werden wegen § 14 Abs. 1 StGB kaum Lücken bleiben. Es bleibt letztlich immer bei einer (strafrechtlich) verantwortlichen (natürlichen) Person. c) Zulassung von juristischen Personen als Liquidatoren 27 Spätestens seit der GmbH-Novelle ist der fehlenden Verweisung in § 66 Abs. 4 GmbHG auf § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG zu entnehmen, dass juristische Personen Liquidator einer GmbH sein können. 28 Die Liquidatoren sind im Abwicklungsstadium an Stelle der Geschäftsführer die Geschäftsführungsorgane und die organschaftlichen Vertreter der GmbH. 29 Ihre Aufgabe ist es nach herrschender Meinung, alle zur Abwicklung notwendigen Geschäfte durchzuführen. 30 Ihre Stellung sowie die meisten Rechte und Pflichten entsprechen denen eines Geschäftsführers. Wesentliche sachliche Unterschiede zwischen der Geschäftsführung bei der werbenden Gesellschaft und der sterbenden Gesellschaft bestehen daher nicht. 31 Lässt man daher juristische Personen als Liquidatoren zu, müsste man sie auch als Geschäftsführer zulassen.

27 Vgl. aber jetzt die Klarstellung in § 9 Abs. 2 GenG durch das Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts vom 14. August 2006, BGBl. I, S. 1911, wonach in der Genossenschaft keine juristische Person bestellt werden kann. Die Begründung, BT-Drs. 16/1025, S. 83, begnügt sich mit dem pauschalen Hinweis auf die Lage bei AG und GmbH. Ebenso wurde nach kontroverser Diskussion in § 65 InsO festgelegt, dass nur eine natürliche Person Insolvenzverwalter sein kann, da aufsichts- und haftungsrechtliche Probleme sowie Interessenkonflikte eine natürliche Person verlangten, BT-Drs. 12/7302, S. 161. Gegen eine zwingende gleiche Behandlung bei der Zulassung zur Geschäftsleitung oder als Insolvenzverwalter Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 137 ff., insbes. 142. 28 Mittlerweile allgemeine Meinung, vgl. statt vieler Scholz 9 / K. Schmidt, GmbHG, § 66 Rn. 3a m.w. N. und vor der Gesetzesänderung bereits herrschende Meinung siehe Hofmann, GmbHR 1976, 229, 230. 29 Scholz 9 / K. Schmidt, GmbHG, § 68 Rn. 1, § 70 Rn. 1; Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 68 Rn. 2. 30 Rowedder 4 / Rasner, GmbHG, § 70 Rn. 7. Zum missverständlichen Wortlaut des § 70 GmbHG K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 38 IV 3, S. 1201 f. 31 Beuthien, ZIP 1993, 1589, 1596, mit dem Hinweis darauf (1595 f.), dass eine sterbende Gesellschaft bisweilen noch Jahre Geschäfte führt; Wasmann, Juristische Personen als Organmitglieder, S. 35; Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 128 ff.

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d) Persönliche Verantwortung für die Einhaltung der Organpflichten Ulmer sieht juristische Personen als von der Geschäftsleitung ausgeschlossen an, da die persönliche Verantwortung für die Erfüllung der Funktion als Geschäftsführer und die Befolgung, der die Geschäftsführer treffenden öffentlichrechtlichen, Pflichten, eine natürliche Person verlangten. 32 Diese Begründung sollte zunächst kein Hindernis sein, juristische Personen zur Geschäftsleitung zuzulassen. Trotz der vergleichbaren Pflichtenstellung wie für einen Geschäftsführer wird für den Liquidator, der ja eine juristische Person sein kann, nicht gefordert, dass die besondere Verantwortlichkeit nach einer natürlichen Person verlange und juristische Personen von der Liquidatorstellung ausgeschlossen seien. 33 Warum als Geschäftsführer dann gerade eine natürliche Person notwendig handeln muss, ist unklar. Aber auch sonst ist zu fragen, inwiefern eine persönliche Verantwortung nur durch eine natürliche Person sichergestellt werden kann. 34 In der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit unterscheidet sich die juristische Person nicht von einer natürlichen Person. Beide haften, wenn sie ihre Pflichten verletzen. 35 Dass die juristische Person „nur“ mit dem Gesellschaftsvermögen haftet, ändert an dieser Tatsache nichts, denn sie haftet mit dem Gesellschaftsvermögen unbeschränkt wie eine natürliche Person. Zudem ist die real handelnde Person immer eine natürliche Person. Selbst wenn man also annimmt, dass eine juristische Person sich nicht persönlich für die Pflichten verantwortlich fühle und daher keine Gewähr für die Einhaltung der Pflichten biete, bleibt letztlich eine natürliche Person übrig, die 32 GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 8; zustimmend Fleischer, RIW 2004, 16, 21. Diese Aussage findet sich ähnlich in der amtlichen Begründung des Ausschlusses juristischer Personen vom Vorstandsamt einer AG, Klausing, Aktiengesetz 1937, S. 61 (persönliche Tätigkeit vorausgesetzt). GroßkommAktG / W. Schmidt, (1939), § 75 Anm. 5, hielt diese Regelung für selbstverständlich. Eine ähnliche Begründung findet sich für die Gesellschaftsrechtsreform in England, wo juristische Personen nur noch neben mindestens einer natürlichen Person zur Geschäftsleitung zugelassen werden, cl. 155 sub. 1 Companies Bill. Die Reform lege Wert darauf, dass Geschäftsleiter ihre gesetzlichen Pflichten erfassten und gestalte diese transparenter, weshalb die Bestellung einer natürliche Person zwingend sei, DTI, White Paper „Company Law Reform“ (2005), Command Paper 6456, p. 24. Überzeugend ist diese Begründung nicht. Trifft es zu, dass nur eine natürliche Person bestimmte Pflichten erfassen kann, können diese Pflichten auch nur die natürliche Person treffen. Lässt man dann neben der natürlichen Person eine juristische Person als Geschäftsleiter zu, so trifft diese nur einen Teil der Pflichten. Dies kann aber nicht beabsichtigt sein. 33 Auch die Vorschrift, dass die Liquidatoren bei der Anmeldung ihre Unterschrift zur Aufbewahrung beim Gericht zu zeichnen haben, § 67 Abs. 5 GmbHG (entsprechende Pflicht für den Geschäftsführer §§ 8 Abs. 5, 39 Abs. 4 GmbHG) steht der Zulassung juristischer Personen nicht entgegen. 34 Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 47, 49 ff. 35 Vgl. die Darstellung bei Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 201 ff.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

sich verantwortlich fühlen wird und muss. Dabei ist zuzugestehen, dass dieser Effekt gerade bei Organketten abnehmen wird. Auch was die Verhaltenssteuerung durch straf- und ordnungsrechtliche Sanktionen anbelangt, ist Ulmers Einwand zu entkräften. Von den Sanktionen werden über Zurechnungsnormen nur die handelnden natürlichen Personen erfasst, nicht aber die juristische Person selbst. Mittelbar allerdings wird auch die juristische Person von diesen Sanktionen betroffen sein, denn ihr eigenes Organ (die handelnde natürliche Person) wird zu einem rechtmäßigen Handeln angehalten. 36 Unklar ist, wie stark man diese Verhaltenssteuerung einschätzen kann, wenn mehrere juristische Personen in einer Organkette hintereinandergeschaltet werden. Jedenfalls ließe sich aber dem Einwand Ulmers letztendlich dadurch beikommen, dass der Gesetzgeber – ähnlich wie bei der GmbH & Co. OHG / KG 37 – Normen einführte, welche die handelnde natürliche Person direkt zur Einhaltung der Pflichten der geführten GmbH anhalten. 38 Ein Verbot der Organschaft juristischer Personen ist damit nicht zwingend. e) Organisationsrechtliche Probleme Die Zulassung von juristischen Personen sorgt nicht für Friktionen mit der Frage, ob und inwieweit durch eine Generalvollmacht eine umfassende Übertragung von (auch organschaftlichen) Befugnissen auf andere Personen als den Geschäftsführer möglich ist. 39 Einigkeit herrscht zwar insoweit, dass eine organvertretende Generalvollmacht, mit der jemand neben dem Geschäftsführer mit organschaftlichen Befugnissen ausgestattet wird, nicht möglich ist. 40 Bei der Bestellung einer juristischen Person ist die Ausübung der Geschäftsführungsbefugnisse in der Organgesellschaft durch die dort handelnde Organperson gerade systembedingt (und erfolgte dann auf Grund der gesetzlichen Konzeption). Die natürliche Person wird 36 Siehe Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 255 f., zur Frage der Zwangsgeldfestsetzung im Registerverfahren. 37 Vgl. §§ 130a Abs. 1 S. 2, 177a S. 1 HGB (bzw. § 15a Abs. 2 InsO nach dem MoMiG) für die Insolvenzantragspflicht. Siehe auch den Hinweis von Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, S. 70 ff., auf eine entsprechende Norm im französischen Recht und im Entwurf eines Statuts für eine Europäische Privatgesellschaft. 38 Neben einer gesetzlichen Lösung könnte man über Treuepflichten der handelnden natürlichen Person nicht nur gegenüber der Organ-GmbH, sondern auch gegenüber der zu führenden juristischen Person nachdenken, vgl. Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, S. 69 ff. 39 Ausführlicher zum Streit Geitzhaus, GmbHR 1989, 229 ff., 278 ff. sowie jüngst BGH, NJW-RR 2002, 1325, 1326. 40 BGH, NJW 1977, 199 f.; Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 35 Rn. 17; Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 35 Rn. 12.

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nicht neben den Geschäftsführer gestellt, sondern sorgt gerade dafür, dass der Geschäftsführer (die Organgesellschaft) überhaupt seine (ihre) Pflichten erfüllen kann. Beide Fälle sind daher nicht vergleichbar. 41 Bender hält eine GmbH als Organmitglied auf Grund der widersprechenden Unternehmenshierarchien für unzulässig. 42 Würden die GmbH-Gesellschafter eine Weisung an eine Organ-GmbH erteilen, fasste aber deren Gesellschafterversammlung einen anderen Beschluss und erteilte eine anderslautende Weisung an ihren Geschäftsführer, so sollten sich beide Unternehmenshierarchien in ihrer Wirksamkeit blockieren, da die eine Hierarchie die Wirksamkeit der jeweils anderen ausschließen würde. 43 Scheinbar steckt auch der Geschäftsführer der OrganGmbH in einem Dilemma: 44 Handelt der Geschäftsführer so wie es die Weisung der GmbH vorsieht, so macht er sich gegenüber der Organ-GmbH gem. § 43 Abs. 2 GmbHG schadensersatzpflichtig, da er gegen die Folgepflicht einer Weisung verstoßen hat. Handelt der Geschäftsführer so wie es die Weisung der Organ-GmbH vorgesehen hat, macht er sich selbst nicht schadensersatzpflichtig. Allerdings muss die Organ-GmbH gegenüber der GmbH haften, da sie als Geschäftsleitungsorgan nicht der Weisung nachgekommen ist. Warum sich die Hierarchien blockieren sollen, ist allerdings nicht einsichtig. Berücksichtigt man, dass die Organ-GmbH der GmbH als Geschäftsleitungsorgan gesetzlich (§ 37 Abs. 1 GmbHG) unterstellt ist, wird klar, dass mitnichten eine Blockadesituation gegeben ist. Die Weisung der GmbH muss sich organisatorisch gegenüber der Weisung der Organ-GmbH durchsetzen. 45 Für diese Lösung gibt es zwei Möglichkeiten: 46 entweder man beschränkt das Weisungsrecht der OrganGmbH-Gesellschafter auf Grund von Treuepflichten gegenüber der GmbH oder man interpretiert die Annahme der Geschäftsleitung durch die Organ-GmbH als Selbstbeschränkung des eigenen Weisungsrechts. 47 Das Geschäftsführerdilemma löst sich dann auf, da die zweite Weisung für den Geschäftsführer nicht verbindlich sein wird. Bedenken, dass die Organ-GmbH sich insofern dem Weisungsrecht 41 Siehe auch Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 147 ff. 42 GmbHR 1978, 33, 35. 43 Dieser Fall dürfte in der Praxis eher selten vorkommen, da die Gesellschafter in der Regel eine Organgesellschaft bestellen werden, in der sie selbst die Weisungen erteilen können. 44 Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, S. 84 ff.; ders., NZG 2004, 643, 647. 45 A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 54. 46 Zu beiden Ansätzen Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, S. 84 ff.; Brandes, NZG 2004, 643, 647. 47 Ein Verstoß gegen die Einschränkungen des Weisungsrechts kann dann zu einer Haftung der Gesellschafter der Organ-GmbH gegenüber der GmbH führen, Brandes, NZG 2004, 642, 648 f.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

eines Dritten unterwirft, bestehen nicht, da die Weisungen nur an die OrganGmbH ergehen, nicht aber direkt an den Geschäftsführer der Organ-GmbH. 48 Bedenkenswert ist in diesem Zusammenhang jedoch der Einwand, dass die GmbH keinen Einfluss auf die Person des Handelnden für die Organgesellschaft hat und die Gesellschafter der GmbH damit – sofern sie nicht auch Gesellschafter der Organgesellschaft sind – die Geschäftsleitung einem mittelbaren Geschäftsleiter anvertrauen, der nicht ihr Vertrauen genießt / genießen muss, oder sich häufigen Geschäftsführerwechseln ausgesetzt sehen. 49 Diesen Nachteil müsste man aber entweder hinnehmen, weil er Ausdruck des Systemwechsels hin zu einer juristischen Person als Geschäftsleiter wäre, 50 oder man könnte über (gesetzliche) Einflussmöglichkeiten der geführten Gesellschaft auf die Abberufung und Bestellung des mittelbaren Geschäftsführers nachdenken 51. Besondere Konzernierungsgefahren durch die Zulassung von juristischen Personen als Organmitglieder 52 bestehen nicht. Konzernrecht reagiert auf den Interessenkonflikt, der entsteht, wenn ein Gesellschafter in mehreren Unternehmensträgern wirtschaftlich tätig ist. 53 Es versucht als Folge, die Minderheitsgesellschafter 48 Zum Streit, inwiefern gesellschaftsfremden Dritten ein Weisungsrecht direkt gegenüber dem Geschäftsführer zustehen kann, Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 37 Rn. 33 ff. 49 So auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 53 f. Vgl. die Argumentation des BGH zur Unzulässigkeit einer organvertretenden Vollmacht, NJW 1977, 199 f. Kritisch zu dieser Argumentation Geitzhaus, GmbHR 1989, 229, 231. Siehe auch die Aussagen des Jenkins-Committees, das in den 60er Jahren auf der Grundlage des Reports des nordirischen Patton-Committees das Verbot juristischer Personen als Geschäftsleiter in England forderte, da sie ein häufiges und unkontrollierbares Wechseln der handelnden Personen befürchtete, Board of Trade (Presenter), Command Paper 1749, p. 29 para. 84. Ebenso BT-Drs. 12/7302, S. 161. 50 Dies wäre wohl die denkbar schlechteste Lösung. Der Fall dürfte praktisch nur sehr selten vorkommen, da grundsätzlich die Gesellschafter der geführten GmbH Gesellschafter der Organgesellschaft sein werden und so bei einer Organ-GmbH Einfluss auf die Bestellung deren Geschäftsleitung haben werden. 51 Siehe Brandes, NZG 2004, 643, 647 f. und die Entwicklung bei der GmbH & Co. KGaA, bei der für die Bestellung des Geschäftsführers der GmbH aus dem Treuepflichtgedanken bereits ein Rücksichtnahmegebot angenommen wird, BGHZ 134, 392, 399 f.; kritisch zur Treuepflicht Hommelhoff, GmbH & Co KGaA nach dem Beschluß BGHZ 134, 392, S. 9, 22. Ähnlich auch die Entwicklungen bei der GmbH & Co. KG, bei der ebenfalls über den Einfluss der Kommanditisten auf die Person des GmbH-Geschäftsführers nachgedacht wird, siehe OLG München, NZG 2004, 374 f. und K. Schmidt, in: FS Röhricht, S. 511 ff. Siehe aber jüngst BGH, DB 2007, 1072, 1073, wonach die Gesellschafter einer KG nicht über die Kündigung des Anstellungsvertrags des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH zu entscheiden haben. 52 Molitor, in: FS Ehrenberg, S. 45, 55 f., sah die Organgesellschaft als erhebliche Erleichterung und Vereinfachung von Verschachtelungen an. Diese sehr positive Ansicht rührt wohl auch daher, dass die Konzernierung zu Beginn des letzten Jahrhunderts nicht als problematisch betrachtet wurde. Ähnlich positiv für das englische Recht, das juristische Personen bislang zur Geschäftsleitung zuließ, Triebel / Otte, ZIP 2006, 311, 314.

A. Zulassung nur natürlicher Personen

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des betroffenen Unternehmens und die Gläubiger zu schützen. 54 Sofern bei der Geschäftsleitung durch eine juristische Person überhaupt ein Konzerntatbestand erfüllt ist, bieten die herkömmlichen konzernrechtlichen Schutzregeln Sicherheit. 55 Gegenüber Minderheitsgesellschaftern haftet beim faktischen Konzern das herrschende Unternehmen wegen einer Treuepflichtverletzung, wenn das beherrschte Unternehmen geschädigt wird. 56 Gläubiger werden über den – nunmehr als Binnenhaftung und Fallgruppe von § 826 BGB ausgestalteten 57 – Tatbestand des existenzvernichtenden Eingriffs 58 geschützt. f) Gefahren für den Rechtsverkehr, „Missbrauch“ Es stellt sich weiter die Frage, ob die Zulassung von juristischen Personen nicht ein erhebliches Missbrauchspotenzial beinhaltet und daher verboten bleiben sollte. Dadurch, dass man Organgesellschaften bei Kapitalgesellschaften bisher nicht zulässt, sorgt man für eine transparente Geschäftsleitungszusammensetzung. Lässt man juristische Personen dagegen zu, wird die Bestimmung der letztendlich handelnden natürlichen Person schwieriger und kann durch Organketten sogar gänzlich verschleiert werden. 59 Besonders problematisch kann dies bei der Zulassung von ausländischen juristischen Personen als Organgesellschaften sein, da der Zugriff noch schwerer sein wird. 60 An der generellen Möglichkeit, juristische Personen als Organmitglieder zuzulassen, ändert das Missbrauchsrisiko jedoch zu53

Kuhlmann / Ahnis, Konzern- und Umwandlungsrecht, Rn. 1; Baumbach / A. Hueck 18 / Zöllner, GmbHG, GmbH-Konzernrecht Rn. 1. 54 Liebscher, GmbH-Konzernrecht, Kap. A Rn. 2; Michalski / Zeidler, GmbHG, Syst. Darst. 4 Rn. 2. 55 Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 337 (dort noch zum Konzept vor der „Bremer Vulkan“-Entscheidung des BGH). 56 Grundlegend BGHZ 65, 15 ff. – ITT; statt vieler K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III, S. 1220 ff. 57 BGH, NJW 2007, 2689 ff. – Trihotel; dazu Altmeppen, NJW 2007, 2657 ff. 58 Grundlegend BGHZ 149, 10 ff. – Bremer Vulkan; das Konzept umgestaltend BGH, NJW 2007, 2689 ff. – Trihotel. Eine Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs ist keine konzernspezifische Haftung, vgl. BGHZ 151, 181, 186 f. – KBV; Roth / Altmeppen 5, GmbHG, Anh § 13 Rn. 146. Zur Entwicklung der Haftung siehe Liebscher, GmbHKonzernrecht, Kap. F Rn. 450 ff. 59 Ebenso der Hinweis von Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 124. Aus diesem Grund gegen eine Zulassung von juristischen Personen B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 57 ff. Siehe auch die Äußerungen in England zur Gesellschaftsrechtsreform, DTI, White Paper „Modernising Company Law“ (2002), Command Paper 5553, p. 31; dass., White Paper „Company Law Reform“ (2005), Command Paper 6456. 60 Vgl. DTI, Explanatory Material B: Directors (White Paper „Company Law Reform“ [2005]), Explanations B58, wonach eine solche Gestaltung vor allem problematisch ist, weil Länder als Sitz gewählt werden, die nur geringe Transparenzanforderungen stellen und einen niedrigen Standard beim Gesetzesvollzug haben. Bei natürlichen Personen versuchen

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

nächst nichts. Denn es bestehen andere Möglichkeiten, dieser Missbrauchsgefahr zu begegnen, so etwa durch ein Verbot von Organketten 61 oder der eingeschränkten Zulassung bestimmter ausländischer juristischer Personen. Eine Umgehung von gesetzlichen Amtsunfähigkeitsgründen, die bei einer natürlichen Person vorliegen, durch die Bestellung einer juristischen Person ist jedenfalls nicht möglich. Die natürliche Person wird schon nicht zum Geschäftsführer der Organ-GmbH oder -AG 62 bestellt werden können, da auch dort die gesetzlichen Unfähigkeitsgründe gelten. g) Zulassung im europäischen Ausland 63 Im europäischen Ausland ist das Bild für die der GmbH vergleichbaren Rechtsformen uneinheitlich: einige Länder lassen juristische Personen als Geschäftsführer zu 64, andere nur, wenn eine natürliche Person als „besonderer Vertreter“ benannt wird 65, andere wiederum lassen juristische Personen gar nicht zu 66. Bemerkenswert ist, dass England als eines der Länder, die juristische Personen bisher Teile der deutschen Rechtswissenschaft und der Praxis, das befürchtete Missbrauchsrisiko zu begrenzen, indem Ausländer nur eingeschränkt als Geschäftsführer zulassen werden sollen, siehe unten 2. Teil: I. 61 So auch Fleischer, RIW 2004, 16, 21 (allerdings mit dem Hinweis, dass dies nur eine Behelfslösung sei). A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 59. 62 Andere juristische Personen werden wohl kaum zum Geschäftsführer bestellt. Sollte man auch Personengesellschaften zur Geschäftsführung zulassen, so könnte im Wege der Erstreckung der Inhabilität auf die letztendlich handelnde natürliche Person eine Umgehung der Inhabilitätsgründe verhindert werden. Oder man erstreckt die Ausschlussgründe auf die Personenhandelsgesellschaft selbst, so dass diese von der Geschäftsführerbestellung ausgeschlossen ist. Für letztere Lösung bei einer OHG / KG als Liquidator Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Kleindiek, GmbHG, § 66 Rn. 1. 63 Umfangreicher Überblick über die Zulassung von juristischen Personen bei GmbH und AG im Ausland bei Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 340 ff. und Wasmann, Juristische Personen als Organmitglieder, S. 129 ff. Siehe auch Fleischer, RIW 2004, 16, 17 ff. 64 Niederlande: van Efferink / Ebert / Levedag, GmbHR 2004, 880, 883; Mehring, in: GmbH-Rechte in den EG-Staaten, S. 205, 220. Früher England: Umkehrschluss aus der Vorschrift, dass eine juristische Person als Organmitglied mit ihrem Namen und Sitz ins Register aufzunehmen ist, Sec. 289 (1) (b) Companies Act 1985, und die gleichen Angaben auch auf Geschäftsbriefen anzugeben sind, Sec. 305 (1), (4) (b), sowie In re Bulawayo Market and Offices Company Ltd. (1907) 2 Ch. 458, 463 f.; siehe jetzt aber cl. 155 sub. 1 Companies Bill. 65 In der Schweiz kann nur eine natürliche Person für die GmbH handeln; ist eine Personengesellschaft oder juristische Person als Gesellschafter vertretungsbefugt, Art. 811 Schweizer OR, handelt für diese eine von der Gesellschaft zu bestimmende natürliche Person, vgl. Art. 815 Abs. 2 Schweizer OR. Gleiches gilt in Spanien: vgl. Art. 58 Ley 2/1995, de 23 de marzo, de Sociedades de Repsonsabilidad Limitada (LSRL) und Art. 143 Real Decreto 1784/1996, de 19 de julio, por el que se aprueba el Reglamento del Registro Mercantil.

A. Zulassung nur natürlicher Personen

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uneingeschränkt zugelassen haben, kürzlich die Organmitgliedschaft juristischer Personen eingeschränkt hat. 67 Eine Gesellschaft soll nun mindestens eine natürliche Person als Geschäftsführer bestellen. 68 Anlass ist die schwere Fassbarkeit der Geschäftsführer, wenn diese sich in Staaten mit einem niedrigen rechtlichen Standard aufhalten 69 sowie der Ansatz der Reform, die Geschäftsleiterpflichten transparenter zu gestalten, weshalb die Bestellung wenigstens einer natürlichen Person zwingend sei 70. h) Zusammenfassung Gegen die Zulassung von juristischen Personen als Organmitglieder sprechen demnach deutlich weniger Argumente, als die vor der Gesetzesnovelle herrschende Meinung Glauben gemacht hat. Die bisherige Begründung für den Ausschluss juristischer Personen überzeugt nicht. Dementsprechend muss man dem Gesetzgeber auch eine Systemänderung für die Geschäftführung durch Organgesellschaften zubilligen können. 71 Allerdings bestehen bei der Geschäftsleitung durch juristische Personen eine Reihe von Problemen: 72 Zunächst existieren Steuerungsprobleme, da durch die Beteiligung zwischengeschalteter Organgesellschaften eine Vielzahl von Interessen berücksichtigt werden muss. Bedenklich sind weiter die organisationsrechtlichen Folgen aus der Kollision der Unternehmensverfassung von geführter Gesellschaft und Organgesellschaft. Hinzu tritt die Gefahr von Missbräuchen durch Transparenzeinbußen. Für alle diese Gesichtspunkte gibt es aber Lösungsansätze, die eine Zulassung von juristischen Personen erlauben würden. 73 Eine Reformmöglichkeit besteht somit.

66 Österreich: § 15 Abs. 1 S. 2 österrGmbHG; Frankreich: Art. 49 Loi no. 66 –537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales. 67 Im White Paper „Modernising Company Law“ (July 2002), Command Paper 5553, p. 31 f. des DTI, war noch von einem Verbot von Organgesellschaften die Rede. 68 Cl. 155 sub. 1 Companies Bill. Cl. 156 regelt die Einhaltung der Bestimmung, die Registrierungsvorgaben finden sich in cl. 164. 69 DTI, Explanatory Material B: Directors (zum White Paper „Company Law Reform“ [2005]), Explanations B58. Im White Paper „Modernising Company Law“ (2002), p. 31, des DTI verwies man zusätzlich darauf, dass viele Länder, so Australien, Neuseeland, Kanada und Singapur, zuletzt entsprechend liberale Regelungen eingeschränkt hätten. 70 DTI, White Paper „Company Law Reform“ (2005), Command Paper 6456, p. 24. Zur Sinnhaftigkeit dieser Begründung oben Fn. 32 (2. Teil). 71 Vgl. etwa K. Schmidt, Handelsrecht, § 16 III 2, S. 460 f., der dem Gesetzgeber bspw. die Möglichkeit zugesteht, von seiner Systementscheidung abzuweichen und etwa juristische Personen als Prokuristen zuzulassen. 72 Ausführlicher zu den Problemen Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, S. 46 ff. 73 Zusammenfassung bei Brandes, NZG 2004, 643, 645 ff.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

3. Praktischer Reformbedarf Allerdings würde es sich bei der Zulassung um einen nicht unerheblichen Wechsel im Gesellschaftsrecht handeln, so dass man ihn nur vornehmen sollte, wenn der Systemwechsel in Abstimmung mit allen anderen Rechtsformen erfolgt 74, reelle Missbrauchsgefahren verhindert werden und weitere gesetzgeberische Maßnahmen erfolgen, um eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung und Organisation abzusichern. Dies erfordert einen entsprechenden regulatorischen Aufwand und sollte, bevor ein Wechsel angestrebt wird, weiter eingehend untersucht werden. Zudem ist nach dem praktischen Bedürfnis nach einer Zulassung zu fragen. 75 Die Einschaltung einer juristischen Person in die Geschäftsleitung kann eine einheitliche Geschäftsleitung sicherstellen, 76 kann aber auf der anderen Seite auch dazu führen, dass sich Entscheidungs- und Ausführungsprozesse verlängern und eine effiziente Geschäftsführung nicht erreicht wird. In der Praxis besteht offenbar kein großes Verlangen nach einer Zulassung von juristischen Personen als Geschäftsführer. 77 So weisen die Zahlen in England mit einem Anteil von gerade einmal 2% juristischen Personen als Geschäftsleiter (absolut ca. 64.000) auf eine eher untergeordnete Rolle juristischer Personen als Organmitglieder hin. 78 Kritik an der gesetzlichen Regelung ist in Deutschland in den Jahren seit der Gesetzesnovelle und auch zuvor aus der Praxis kaum geäußert worden, so dass man sich offensichtlich mit der bestehenden Gesetzeslage arrangieren kann. Die Gesellschaften erreichen eine gemeinsame Geschäftsleitung bei mehreren Gesellschaften bereits durch Organidentität 79 oder den Abschluss von Betriebsführungsverträgen mit einer Betriebsführungsgesellschaft. 80 Gewichtige Gründe, 74

Ebenso Vossius / Wachter, Begründung zu einem GmbH-Reformgesetz aus der Praxis,

S. 19. 75

So weist auch Hommelhoff, AG 2001, 279, 283 darauf hin, dass bei möglichen Reformansätzen zur Zulassung juristischer Personen die Frage nach den rechtspraktischen Bedürfnissen zu stellen sei. 76 Zu den Vorteilen insgesamt Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 45 ff. 77 So zweifelte bereits 1925 Möhring, Geschäftsführung der GmbH, S. 30, daran, dass viele praktische Gründe für die Bildung einer Organgesellschaft sprechen. Ebenso die Feststellung von Fleischer, RIW 2004, 16, 20. 78 DTI, White Paper „Modernising Company Law“ (2002), Command Paper 5553, p. 31. 79 Brandes, NZG 2004, 642, 643, bemerkt aber, dass die Organidentität bei sehr großen Unternehmen im Falle der Abberufung einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand verursachen kann. 80 Eingehend dazu Veelken, Betriebsführungsvertrag. Brandes, Juristische Person als Geschäftsführer der Europäischen Privatgesellschaft, S. 29 ff. weist aber berechtigterweise darauf hin, dass Betriebsführungsverträge auch Nachteile aufweisen, die bei einer Zulassung durch juristische Personen nicht bestünden.

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um in der Praxis die Geschäftsleitung über den Umweg juristischer Personen zu koordinieren, gibt es daher offenbar keine. 81 Der europäische Vergleich und der viel zitierte Wettbewerb der Gesellschaftssysteme zwingen ebenfalls nicht zu einer Öffnung. England schränkt, wie gezeigt, derzeit die Möglichkeit der Geschäftsleitung durch juristische Personen ein. Und auch das sonst häufig als Vorbild herangezogene liberale Gesellschaftsrecht Delawares lässt keine juristischen Personen in der Geschäftsleitung zu. 82 Dass daher das Verbot der Mitgliedschaft juristischer Personen in Geschäftsleitungsorganen ein Standortnachteil der GmbH und ausschlaggebend für die Wahl einer ausländischen Rechtsform ist, ist nicht der Fall. Aus der Reformmöglichkeit für den Gesetzgeber resultiert also derzeit angesichts der weitreichenden Änderungen und des geringen praktischen Bedürfnisses, vorbehaltlich der verfassungsrechtlichen Frage, keine Reformbedürftigkeit. 83 Zurückhaltung ist einem derartigen Systemwechsel, der wohl ohne große Resonanz bliebe, aktuell vorzuziehen. 84 4. Zweck des Ausschlusses Die soeben dargelegten Argumente sowie die Begründung für den Ausschluss lassen Rückschlüsse auf den Zweck zu, den der Ausschluss verfolgt. Aus dem Verweis auf die vergleichbare Rechtslage in der AG lässt sich – wie beschrieben – nur wenig ableiten, da die Einführung des Ausschlussgrundes bereits für die AG eher vage begründet war. Die weiteren Argumente der herrschenden Meinung in der Rechtswissenschaft zeigen aber, dass man offenbar vor allem befürchtete, eine juristische Person als Geschäftsleiter werde mit großer Wahrscheinlichkeit zu missbräuchlichen Zwecken als Geschäftsleiter eingesetzt und sei schwieriger zu 81

Gleiches Fazit bei Fleischer, RIW 2004, 16, 20. Delaware Corporation Law § 141 sub. b. Auf die Lage in Delaware weist auch Fleischer, RIW 2004, 16, 21, hin. Zur Vorreiterrolle Delawares Merkt / Göthel, USGesellschaftsrecht, Rn. 206 ff. 83 Skeptisch auch Fleischer, RIW 2004, 16, 21. 84 Entschließt man sich, juristische Personen zur Geschäftsleitung zuzulassen, so wäre auch zu überlegen, ob nicht – wie bei der Liquidation (Herrschende Meinung, statt vieler Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh / Noack, GmbHG, § 66 Rn. 7) – ebenso Personengesellschaften zur Geschäftsführung zuzulassen sind. Viele der bereits angeführten Argumente lassen sich ebenso auf die Zulassung von Personengesellschaften übertragen. Jedenfalls für OHG und KG wird man eine Zulassung ernsthaft überlegen müssen; für eine GbR wird man dagegen wegen der fehlenden Registerpublizität vorsichtig sein müssen (aus diesem Grund gegen die Zulassung für die Stellung als Liquidator bereits Scholz 9 / K. Schmidt, GmbHG, § 66 Rn. 3a). Da die Personengesellschaften wegen ihrer Organisation (Selbstorganschaft, Gesamtvertretung / -geschäftsführung) für die Praxis als Organgesellschaft aber eher uninteressant sein dürften, wird sich eine Zulassung noch weniger anbieten als bei juristischen Personen. 82

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

disziplinieren als natürliche Personen. Die juristische Person sei schwerer von den (straf- und zivilrechtlichen) Handlungsappellen des Gesetzes zu erfassen und verschleiere, wer tatsächlich für die Gesellschaft handele. 85 An der grundsätzlichen Amtsfähigkeit einer juristischen Person werden dagegen keine Zweifel geäußert. Der Ausschluss dient damit im Wesentlichen dem Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs. Hinzukommt – als Reflex – der Schutz der Gesellschafter, die vor Steuerungsverlusten und der Überantwortung der Geschäftsleitung an nicht kontrollierbare Personen geschützt werden. 86 5. Rechtliche Rechtfertigung Verfassungs- und europarechtlich muss der Ausschluss gerechtfertigt werden. 87 So könnte der Ausschluss juristischer Personen einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, Art. 3 Abs. 1 GG, darstellen. Zudem könnten die Grundfreiheiten einer ausländischen juristischen Person in nicht zu rechtfertigender Weise beschränkt werden. a) Grundrechtliche Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG Eine juristische Person, die den Beruf des Geschäftsführers ergreift, kann sich auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Für die Definition des Berufs wird mancherorts dahingehend ergänzt, der Beruf dürfe nicht „verboten“ sein. 88 Dies schließt aber gesetzliche Berufsverbote nicht von einer Prüfung anhand von Art. 12 Abs. 1 GG aus, denn anderenfalls könnte der Gesetzgeber einfachgesetzlich den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG einschränken. 89 Art. 12 Abs. 1 85

So deutlich die Begründung zur derzeitigen Gesellschaftsrechtsreform in England, in deren Rahmen die Zulassung juristischer Personen eingeschränkt wurde, DTI, White Paper „Modernising Company Law“ (July 2002), Command Paper 5553, p. 31 f. und dass., White Paper „Company Law Reform“ (March 2005), Command Paper 6456, p. 24. Siehe auch Fleischer, RIW 2004, 16, 21. 86 Die Gesellschafter würden eine Organgesellschaft eigenverantwortlich bestellen und die Gefahren so in Kauf nehmen. Minderheitsgesellschafter werden zwar vor einem „gefährlichen“ Organ (der Organgesellschaft) bewahrt, allerdings sind die Minderheitsgesellschafter auch sonst vor der Wahl eines „gefährlichen“ Organs durch einen Mehrheitsgesellschafter nur durch die Treuepflicht geschützt, so dass der Ausschluss nicht auf ihren Schutz abzielt. Pauschal für einen Schutz der Gesellschafter bei § 6 Abs. 2 GmbHG OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857. 87 Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 34, unterstellt in ihrer Arbeit die Rechtmäßigkeit und Vereinbarkeit mit der unternehmerischen Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit. 88 BVerfGE 7, 377, 397 – Apothekenurteil; BVerfGE 68, 272, 281; v. Münch / Kunig / Gubelt, GG, Art. 12 Rn. 8 f.

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GG ist gemäß Art. 19 Abs. 3 GG seinem Wesen nach auch auf eine juristische Person anwendbar, da diese wie eine juristische Person eine Tätigkeit zu Erwerbszwecken aufnehmen kann. 90 In die Berufsfreiheit wird durch den Ausschluss juristischer Personen eingegriffen, so dass sich die Frage der Rechtfertigung stellt. Da es den GmbH-Geschäftsführer als Beruf im verfassungsrechtlichen Sinne nicht gibt, bleibt es auch für den Ausschluss juristischer Personen bei einem Eingriff auf der Ebene der Berufsausübung. Wie bei einer natürlichen Person erhöhen sich die Rechtfertigungsanforderungen allerdings, wenn der Ausschluss sich faktisch wie ein Eingriff auf einer höheren Stufe auswirkt. Demnach stellt sich die Frage, ob die Inhabilität juristischer Personen wie eine subjektive oder eine objektive Berufswahlregelung wirkt, also einer solchen Regelung nahe kommt. Eine subjektive Beschränkung knüpft an persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten des Betroffenen an, die vom Betroffenen erfüllbar sind. Typische subjektive Berufswahlregeln sind Eignungsprüfungen, Zulassungsregelungen, die an persönliche Qualifikationen anknüpfen, das Geschlecht und das Alter. 91 Objektive Berufswahlregelungen sind solche, die weder mit der persönlichen Qualifikation des Betroffen in Zusammenhang stehen noch von ihm beeinflusst werden können, wie etwa Kontingentierungen und Bedürfnisprüfungen. 92 Die Eigenschaft als juristische Person ist in der Person selbst begründet und knüpft an eine Eigenschaft derselben an. 93 Zwar wirkt der Ausschluss pauschal für alle juristischen Personen, allerdings kann dies kein tragfähiges Gegenargument sein, den Ausschluss als objektive Berufswahlregelung einzustufen. 94 Auch Altersgrenzen wirken pauschal und treffen einen großen Personenkreis, ohne dass sich ihre Einordnung als subjektive Berufswahlbeschränkung ändert. 95 Der pauschale Ausschluss sorgt lediglich dafür, dass der Ausschluss, der nur eine Berufsausübungsregelung darstellt, faktisch wie eine subjektive Berufswahlregelung wirkt und daher für die Rechtfertigung deren Anforderungen einzuhalten sind. 96 89 BVerwGE 22, 286, 288 f. – Wahrsager; Sachs / Tettinger, GG, Art. 12 Rn. 36. Hintergrund ist es, bestimmten Tätigkeiten (z. B. Drogenhandel) den grundrechtlichen Schutz zu versagen. 90 BVerfGE 102, 197, 212 f. – Spielbank; BVerwGE 97, 12, 23; Sachs / Krüger / Sachs, GG, Art. 19 Rn. 81. 91 Jarass / Pieroth, GG, Art. 12 Rn. 26 m.w. Bsp. 92 Dreier / Wieland, GG, Art. 12 Rn. 76 ff. 93 Ebenso Henssler, ZIP 1994, 844, 846 (zur Gründung einer ärztlichen Praxis durch eine juristische Person); a. A. Rieger, MedR 1995, 87, 88 (zur Gründung einer ärztlichen Praxis durch eine juristische Person); OVG Koblenz, NJW 1980, 1866, 1867. 94 So aber Taupitz, NJW 1996, 3033, 3039 für das Verbot, eine ärztliche Praxis durch eine juristische Person zu gründen. 95 Vgl. BVerfGE 9, 338, 344 f. – Altersgrenze bei Hebammen.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Gefordert ist damit der Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter, was durch den Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs geschieht. Der Ausschluss juristischer Personen ist zweifellos geeignet, dieses Ziel zu fördern. Die Frage, ob dem Gesetzgeber mildere, aber gleich effektive Mittel zur Verfügung stehen, scheint vordergründig nur mit einem klaren Ja beantwortet werden zu können. 97 Sicher ist eine Regelung, wie sie in England bislang bestand und für Liquidatoren derzeit existiert (uneingeschränkte Zulassung), milder. Milder ist ebenfalls eine Lösung, wie sie in England gerade eingeführt wurde (Zulassung einer juristischen Person nur neben mindestens einer natürlichen Person) oder wie sie in Spanien (Benennung eines ständigen Vertreters) besteht. Wie effektiv die einzelnen Regelungen sind, lässt sich dagegen nur schwer beurteilen. Die Erfahrungen in England, die zur Beschränkung der Zulassung geführt haben, sprechen für eine erhebliche Missbrauchsgefahr, wenn juristische Personen uneingeschränkt zugelassen werden. Auf der anderen Seite scheint es bei juristischen Personen als Liquidatoren keine besonderen Missbrauchsprobleme zu geben. 98 Ob beschränkende Lösungen bezüglich des Gläubigerschutzes daher „mit der gleichen Sicherheit“ die gleiche Effektivität aufweisen wie der vollständige Ausschluss, ist unsicher. 99 Im Ergebnis scheinen die beschränkenden Lösungen in den anderen Ländern aber effektiv zu sein, weshalb die Lösung des deutschen Gesetzgebers nicht erforderlich wäre. 100 Eine Regelung wird vom BVerfG jedoch nur dann für verfassungswidrig gehalten, wenn sie einer Vertretbarkeits- / Evidenzkontrolle nicht standhält, da der Gesetzgeber einen weiten Einschätzungsspielraum besitzt. Der Gesetzgeber prognostiziert, dass eine juristische Person als Geschäftsführer derart abstrakt ge96 A. A OVG Koblenz, NJW 1980, 1866, 1867, das in einer sehr einschränkenden Auslegung der Grundrechte das Verbot, für eine Steuerberatungs-GmbH Rechtsberatung zu betreiben, (hypothetisch) nur als Berufsausübungsregel ansah, da „eine von vornherein vorgenommene Begrenzung der Rechtsstellung und der Rechte einer juristischen Person entsprechend ihrem gesetzlichen Typus keinen Entzug ihr zustehender Freiheitsrechte (darstelle)“. Diese Sichtweise ist Folge davon, dass das OVG der GmbH mit der gleichen Argumentation schon die Berufung auf Art. 12 versagte, da die Rechtsberatung für die GmbH nicht dem Schutz von Art. 12 GG unterfalle. Träfe die zitierte Behauptung des OVG zu, so liefe ein Grundrechtsschutz für erwerbswirtschaftliche juristische Personen weitgehend leer, da durch jedes einfachgesetzliche Verbot der Schutzbereich von Art. 12 GG eingeschränkt werden könnte. 97 Vgl. BSG, NJW 1996, 3228, 3229 zur Kassenzulassung einer BGB-Gesellschaft: „Gegebenenfalls ist dann zu entscheiden, ob diesen Missständen [sc. den abstrakten Gefahren bei der Zulassung von juristischen Personen] auf andere Weise oder nur durch Beschränkung der Zulassung auf natürliche Personen begegnet werden kann ...“. 98 Ob dies an der geringen Zahl von Organgesellschaften bei der Liquidation liegt oder an der geringen Zahl an Liquidationen, lässt sich nicht sagen. 99 So plädierte man in England zu Beginn der Gesellschaftsreform für ein vollständiges Verbot von juristischen Personen, siehe bereits oben Fn. 67 (2. Teil). 100 Dem Gesetzgeber ist jedenfalls zu raten, die Erfahrungen mit der Liquidation in den anderen Ländern und besonders die Entwicklung in England genauer zu beobachten.

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fährlich ist, dass ein pauschaler Ausschluss die effektivste Lösung ist. Es wurde bereits dargelegt, dass nicht so viele Argumente gegen eine Zulassung sprechen wie gemeinhin angenommen. Jedoch bestehen reale Missbrauchsgefahren und Organisationsprobleme. Im Übrigen wäre ein Systemwechsel zu bewältigen. Angesichts dieser Umstände ist die Prognose des Gesetzgebers verfassungsrechtlich vertretbar. Der Ausschluss juristischer Personen verletzt nicht Art. 12 Abs. 1 GG. b) Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes, Art. 3 Abs. 1 GG aa) Ungleichbehandlung von juristischen und natürlichen Personen Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht deshalb verletzt, weil natürliche und juristische Personen unterschiedlich behandelt werden. Wie von der eine Zulassung ablehnenden Meinung plastisch gezeigt, bestehen doch erhebliche Unterschiede zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person als Geschäftsführer. Viele der aus den Unterschieden resultierenden Probleme lassen sich zwar lösen, ändern aber nichts daran, dass sich beide Typen doch soweit unterscheiden, dass eine unterschiedliche Behandlung (Zulassung bzw. Verbot) zu rechtfertigen ist. bb) Ungleichbehandlung von GmbH und Personengesellschaften Problematisch ist bereits die Ungleichbehandlung von GmbH und Personengesellschaften. Viele der oben angeführten Gründe gegen die Zulassung juristischer Personen bei einer GmbH stellen sich in ähnlicher Art und Weise auch bei den Personengesellschaften, bei denen jedoch das Organisationsrecht (Selbstorganschaft) die Geschäftsleitung durch juristische Personen zulässt. Geht der Gesetzgeber nun tatsächlich davon aus, dass eine juristische Person keine Gewähr für einen ordnungsgemäßen Betrieb einer Gesellschaft bieten wird, so ist aber das Organisationsrecht allein eine äußerst dürftige Rechtfertigung dafür, eine juristische Person zur Geschäftsleitung in einer Personengesellschaft zuzulassen. cc) Ungleichbehandlung von Geschäftsführern und Liquidatoren Bedenklich erscheint vor allem die Ungleichbehandlung von Liquidatoren und Geschäftsführern. 101 Während juristische Personen Liquidatoren werden können, ist ihnen das Geschäftsführeramt versperrt. Zwischen beiden Ämtern müssen 101

In Österreich ist eine juristische Person dagegen grundsätzlich nicht als Liquidator einer GmbH zugelassen, vgl. Fritz, GmbHR 2005, 1339.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

daher Unterschiede von solchem Gewicht und solcher Art bestehen, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann. Ein augenfälliger Unterschied zwischen beiden Ämtern ist der, dass der Liquidator die Gesellschaft abzuwickeln hat und daher seine Rechte und Pflichten durch diesen Zweck modifiziert werden. Ansonsten unterscheiden sich beide Ämter kaum: Der Liquidator besitzt im Wesentlichen die gleichen Rechte und Pflichten wie ein Geschäftsführer 102; der Geschäftsführer wird sogar nahtlos zum Liquidator, sofern die Abwicklung beschlossen worden ist 103. Die Inhabilitätsgründe entsprechen – bis auf die Zulassung der juristischen Person – denen eines Geschäftsführers. 104 Die Amtsdauer eines Liquidators kann sich auch über einen erheblichen Zeitraum erstrecken, so dass die tatsächliche Amtsdauer sich nicht deutlich von der eines Geschäftsführers unterscheiden muss. Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden, sind daher nicht auszumachen. Die Missbrauchsgefahren, aber auch die Steuerungsprobleme, die gegen eine Zulassung einer juristischen Person als Geschäftsführer sprechen, existieren auch bei der Liquidation. Allein die Tatsache, dass die Abwicklung auf die ordnungsgemäße Beendigung der Gesellschaft gerichtet ist, kann daran nichts ändern. Der Liquidator kann schließlich im Außenverhältnis unbeschränkt – ohne Beschränkung durch den Liquidationszweck – für die Gesellschaft handeln und sogar neue Geschäfte eingehen, sofern dies für die Liquidation erforderlich ist, § 70 S. 2 GmbHG. Die Teilnahme am Geschäftsverkehr durch die abzuwickelnde Gesellschaft kann dabei wie bei einer werbenden Gesellschaft ein erhebliches finanzielles Volumen haben. Allein die Tatsache, dass die Gesellschaft in einem ordentlichen Verfahren abgewickelt werden soll, vermindert daher die Gefahren für die Gläubiger und den Rechtsverkehr nicht, solange kein Liquidator vorhanden ist, der ein ordentliches Verfahren sicherstellt. Selbst der zur Sicherung eines effektiven Gesetzesvollzugs anzuerkennde Handlungsspielraum des Gesetzgebers, um einen effektiven Gesetzesvollzug sicherzustellen, rechtfertigt diese Ungleichbehandlung nicht. Demnach gibt es keinen Rechtfertigungsgrund und die Ungleichbehandlung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. 105 102

Vgl. §§ 69 Abs. 1, 71 Abs. 4 GmbHG sowie die Kommentardarstellungen der anwendbaren Bestimmungen, etwa Scholz 9 / K. Schmidt, GmbHG, § 69 Rn. 9 ff.; § 70 Rn. 17, § 71 Rn. 40 ff. 103 § 66 Abs. 1 GmbHG. 104 Neben dem Verweis in § 66 Abs. 4 GmbHG auf § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG hat der Geschäftsführer unbeschränkt geschäftsfähig zu sein (S. 1 Alt. 2) und es soll § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG zumindest analog gelten, Michalski / Nerlich, GmbHG, § 66 Rn. 11, 14. 105 Tragfähig wäre die Ungleichbehandlung allerhöchstens dann, wenn empirisch nachzuweisen wäre, dass die Missbrauchsgefahr und die Gefahr für die Gläubiger bei der Liquidation deutlich geringer sind.

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c) Verletzung der Grundfreiheiten einer juristischen Person aus der EU Juristischen Personen aus der EU wird durch § 6 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GmbHG untersagt, in Deutschland als Geschäftsführer tätig zu werden. Für den GmbHGeschäftsführer ist die exakte Zuordnung zu den Grundfreiheiten unklar; hier wurde eine Zuordnung zur Niederlassungsfreiheit als vorzugswürdig angesehen. 106 In die Niederlassungsfreiheit greift der deutsche Gesetzgeber in beschränkender Art und Weise ein, da er die Ausübung weniger attraktiv macht. Die Beschränkung kann aber gerechtfertigt werden. Sie erfolgt vor allem aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs und der Gläubiger vor Intransparenz und Missbrauch. Dies sind anerkannte zwingende Gründe des Allgemeininteresses, 107 weshalb eine Beschränkung der Grundfreiheiten gerechtfertigt werden kann, wenn sie geeignet und erforderlich ist. Zur Durchsetzung dieser Ziele ist die Beschränkung geeignet. Zur Erforderlichkeit und dem Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers wurden bereits bei Art. 12 Abs. 1 GG die wesentlichen Punkte aufgezeigt. Für die europarechtliche Bewertung kann auf diese Ausführungen zurückgegriffen werden. Angesichts des weiten Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers ist die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch den Ausschluss juristischer Personen gerechtfertigt. d) Zusammenfassung Die derzeitige gesetzliche Lösung verletzt das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, Art. 3 Abs. 1 GG, da Liquidatoren und Geschäftsführer unterschiedlich behandelt werden. 6. Ergebnis Die Zulassung juristischer Personen ist grundsätzlich möglich. Sie stellt allerdings einen Systemwechsel dar und erfordert einen großen regulatorischen Aufwand, um eine effektive Lösung der Probleme sicherzustellen. Verfassungsrechtlich ist darauf zu achten, dass der Ausschluss derzeit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Eine juristische Person darf Liquidator, aber nicht Geschäftsführer werden. Der Gesetzgeber sollte dieses Problem am besten dadurch lösen, dass er auch bei der Liquidation nur natürliche Personen zulässt.

106 107

Siehe 1. Teil: H.II.1.a). Siehe schon oben 1. Teil: H.II.1.a).

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

II. Reformhinweise für die Zulassung juristischer Personen Sollte der Gesetzgeber sich dazu entschließen, den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dadurch zu beheben, dass er juristische Personen als habil ansieht, sollte er bei der Ausgestaltung auf verschiedene Gesichtspunkte achten. Der Gesetzgeber sollte sinnvollerweise juristische Personen sowohl als Geschäftsführer als auch als Liquidatoren nur eingeschränkt zulassen, um eine missbräuchliche Verwendung möglichst auszuschließen. 108 So sollten Organketten untersagt werden, da diese in aller Regel zur Verschleierung der handelnden Personen dienen und ein Missbrauchsvehikel darstellen. Ansonsten bliebe dem Gesetzgeber die Wahl zwischen dem Modell, einen ständigen Vertreter (eine natürliche Person) für die Organgesellschaft zu benennen, welcher für die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen der Organgesellschaft einsteht, oder dem neuen englischen Modell, bei dem ein Geschäftsleiter wenigstens eine natürliche Person zu sein hat. Vorzugswürdiger erscheint das englische Modell, da anderenfalls mit dem ständigen Vertreter eine weitere gesellschaftsrechtliche Position in das bestehende Organisationsmodell integriert werden müsste. Eine eingehende Untersuchung der Systeme kann aber in dieser Arbeit nicht geleistet werden und soll einer anderen Untersuchung vorbehalten sein. Zudem müsste der Gesetzgeber darüber nachdenken, wie er drohenden Steuerungsverlusten entgegenwirken kann, beispielsweise indem er Einwirkungsmöglichkeiten der geführten Gesellschaft auf die (Person der) Geschäftsleitung der Organgesellschaft und Pflichten gegenüber der geführten Gesellschaft für die letztendlich handelnde natürliche Person schafft. Eine Lösung mit dem derzeit geltenden Recht erscheint zwar möglich, birgt aber Unsicherheiten und Gefahren durch ein anderes Verständnis von Normen und Treuepflichten durch Rechtsprechung und Rechtswissenschaft. Daher sollte der Gesetzgeber klare Vorgaben schaffen.

B. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers Mit der GmbH-Novelle hat der Gesetzgeber nach eigener Aussage „klargestellt“, dass nur eine unbeschränkt geschäftsfähige Person zum Geschäftsführer bestellt werden kann, § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GmbHG. 109 Damit übernahm der Gesetzgeber die im Aktienrecht bereits 1965 geschaffene Rechtslage, § 76 Abs. 3 AktG, 110 und 108

Vgl. die Gründe in England für eine eingeschränkte Zulassung, oben 2. Teil: A.I.2.g). BT-Drs. 8/1347, S. 31. 110 Mit der Regelung im AktG wollte der Gesetzgeber die in der Literatur streitige Frage ausdrücklich regeln, Begründung zu § 76 des Regierungsentwurfes AktG 1965, 109

B. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers

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die zur Zeit der Novelle herrschende Meinung zum GmbH-Recht 111 ins GmbHGesetz.

I. Gründe für den Ausschluss Geschäftsunfähiger 112 Geschäftsunfähige sind – auch ohne gesetzliche Anordnung – von der Geschäftsleitung ausgeschlossen. 113 Dies beruht auf verschiedenen Gründen. Zunächst steht die besondere Schutzbedürftigkeit der Geschäftsunfähigen im Widerspruch zu der besonderen Pflichten- und Verantwortungsstellung (etwa §§ 35a, 41, 64 114 GmbHG) des Geschäftsführers. Des Weiteren bietet ein Geschäftsunfähiger keine Gewähr für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Pflichten und stellt eine Gefährdung der Allgemeinheit und des Geschäftsverkehrs dar. Hinzukommt zudem, dass ein Geschäftsunfähiger schon selbst nicht wirksam rechtsgeschäftlich handeln kann, vgl. 105 Abs. 1 BGB, 115 und Andere nicht wirksam vertreten kann, arg. e contrario § 165 BGB 116.

II. Ausschluss beschränkt Geschäftsfähiger 1. Entwicklung des Streitstandes Dem Geschäftsführer wird durch die Bestellung eine Vielzahl von Organpflichten auferlegt, so dass die Annahme der Bestellung als rechtlich nachteiliges Geschäft im Sinne von § 107 BGB der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter bedürfte. 117 Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts stritt man daher über die abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 96 ff. Die beschränkte Geschäftsfähigkeit und Geschäftsunfähigkeit sei „mit den Rechten und Pflichten des Vorstands“ nicht vereinbar. 111 BT-Drs. 8/1347, S. 31. Statt vieler Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38 m.w. N. 112 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 60 f., behauptet, diese Gruppe sei aus Altersgründen schon nicht praxisrelevant. Dabei übersieht sie, dass auch Erwachsene geschäftsunfähig werden können. Man denke nur an den vielmals beschworenen unerkannt Geschäftsunfähigen, siehe den Sachverhalt von BGHZ 115, 78 ff., wo es um einen geschäftsunfähigen Geschäftsführer ging, oder etwa BGHZ 126, 105 ff. 113 Allgemeine Meinung schon vor der Gesetzesänderung, Staub, GmbHG, § 6 Anm. 37; Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 5. Molitor, in: FS Ehrenberg, S. 45, 54, hielt dagegen sogar Geschäftsunfähige für fähig, zum Vorstandsmitglied einer AG bestellt zu werden. Anderenfalls würde „für erpressungshungrige Minderheiten ein neues Mittel“ bestehen, um Nichtigkeitsklagen wegen Handlungen des (vermeintlich) geschäftsunfähigen Vorstands zu erheben. 114 § 64 GmbHG und § 15a Abs. 1 S. 1 InsO nach dem MoMiG. 115 Siehe auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 61. 116 MünchKommBGB / Schramm, § 165 Rn. 12. Siehe aber noch unten 2. Teil: G.III.3.b).

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Frage, ob eine beschränkt geschäftsfähige Person zum Geschäftsführer bestellt werden kann, wenn eine entsprechende Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bestand. 118 In der Auseinandersetzung beschäftigte man sich nur mit der Frage, ob ein Minderjähriger eine andere (juristische) Person rechtswirksam vertreten könne. Da § 165 BGB grundsätzlich die wirksame Vertretung durch einen Minderjährigen zulässt, gelangte man mehrheitlich zu der Ansicht, dass eine beschränkt geschäftsfähige Person (mit der entsprechenden Ermächtigung) zum Geschäftsführer bestellt werden konnte. 119 Erst allmählich entwickelte sich die (richtige) Einsicht, dass man sich zunächst zu fragen hatte, ob ein Minderjähriger überhaupt Organ sein könne, bevor die Frage anzuschließen sei, welches Schicksal die Willenserklärungen des Minderjährigen für den Vertretenen hätten. 120 Diese neue Fragestellung wurde mehrheitlich verneint und die Bestellung eines Minderjährigen in der Folge für unzulässig gehalten. 121 Der neuen herrschenden Meinung lag die (zutreffende) Erkenntnis zu Grunde, dass der umfängliche Ausschluss Minderjähriger sich bereits aus allgemeinen Grundsätzen ergebe. 122 2. Begründung des Ausschlusses a) Besonderheiten der Organstellung und Minderjährigenschutz Die Besonderheiten der organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers erfordern eine unbeschränkt geschäftsfähige Person. 123 Da der Geschäftsführer mit umfangreichen Rechten und Pflichten ausgestattet ist und das Amt durch eine 117

Soergel / Leptien, BGB, § 165 Rn. 4. Für Zulässigkeit: RGSt 58, 304 f.; Möhring, Geschäftsführung der GmbH, S. 30 (der aber daran zweifelt, dass eine GmbH praktisch einen Minderjährigen bestellen wird); Vogel 2, GmbHG, § 35 Anm. 2 (gegenteiliger Ansicht aber in § 6 Anm. 3; dort sogar unter ausdrücklicher Aufgabe der in der Vorauflage vertretenen Zulässigkeit beschränkt Geschäftsfähiger); Hachenburg 5, GmbHG, § 35 Anm. 38 und ders., JW 1925, 261 (allerdings trennt Hachenburg nicht zwischen Bestellung und Anstellung, da er im Falle eines wegen der Minderjährigkeit unwirksamen Anstellungsvertrages das Bestehen von Organpflichten verneint); Scholz, GmbHG, § 6 Anm. III; Groschuff, GmbHG, § 6 Anm. 2. Gegen Zulässigkeit: OLG Hamburg, JW 1916, 1593; OLG Naumburg, RJA 15, 140; Birkenbihl, GmbHG, § 6 Anm. 3; Warneyer / Koppe, GmbHG, § 6. 119 Liebmann / Saenger, GmbHG, § 6 Anm. 4; Merzbacher / Krakenberger, GmbHG, § 6 Anm. 2; Staub, GmbHG, § 35 Anm. 37; Feine, GmbH, S. 472 (für Feine bedurfte die Bestellung keiner Zustimmung des Bestellten). Heute noch Larenz / Wolf, BGB AT, § 25 Rn. 61, der aber nicht nur die Besonderheiten der Organstellung, sondern auch den Gesetzeswortlaut von § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG übersieht. 120 Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 5. Vgl. für das Aktienrecht etwa GroßkommAktG / W. Schmidt (1939), § 75 Anm. 5. 121 Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38 m.w. N. 122 Besonders deutlich Scholz 2, GmbHG, § 6 Rn. 5 („Heute muß es als Unfug gelten, daß ein Minderjähriger, ..., Leiter einer juristischen Person sein kann.“); Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 5. 118

B. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers

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hohe Selbständigkeit und Verantwortlichkeit geprägt ist, kann diese Position einem beschränkt Geschäftsfähigen nicht übertragen werden. 124 Der beschränkt Geschäftsfähige bietet nämlich ebenso wie der Geschäftsunfähige keine Gewähr für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Pflichten und stellt damit ebenfalls eine Gefährdung der Allgemeinheit dar. Die großen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer 125 stehen schließlich auch im Widerspruch zu einem effektiven Minderjährigenschutz. 126 Der Minderjährige ist grundsätzlich inhabil. b) Kritik an einer Begründung über die Organtheorie Nicht widerspruchsfrei ist der Versuch, den Ausschluss Minderjähriger über die im Gesellschaftsrecht vorherrschende Organtheorie 127 zu begründen: 128 Ließe man einen beschränkt Geschäftsfähigen als Geschäftsführer zu, müsste nach der Organtheorie die GmbH selbst als nur beschränkt geschäftsfähig behandelt werden, da der Minderjährige als Geschäftsführer die GmbH nach außen darstellt und sich mit ihr als nach außen handelnder Person deckt. 129 Mit diesem Begründungsansatz müsste man aber auch beim Verein, bei dem die Geltung der Organtheorie sogar in § 31 BGB niedergelegt ist, 130 beschränkt Geschäftsfähige vom Vorstandsamt ausschließen. Im Vereinsrecht ist man sich aber einig, dass beschränkt Geschäftsfähige Vorstandsmitglied sein können. 131 123

Baumbach 3, GmbHG, § 6 Anm. C; Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 5; Hachenburg / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38. Ähnlich OLG Hamm, BB 1992, 1231 („Wesen der Organschaft“). 124 Vgl. Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38; Baumbach 3, GmbHG, § 6 Anm. C; Scheerer, BB 1971, 981, 987; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 8. Nicht ganz treffend ist es dagegen, wenn es andernorts heißt, dass es befremdlich sei, ließe man eine Person als Geschäftsleiter einer erwerbswirtschaftlichen juristischen Person zu, wenn diese Person noch nicht einmal in der Lage ist, sich selbst zu verpflichten, Scholz 2, GmbHG, § 6 Rn. 5; Birkenbihl, GmbHG, § 6 Anm. 3. Mit dieser Begründung ließe sich auch die Vertretereigenschaft eines Minderjährigen überhaupt in Frage stellen. 125 Zu den umfangreichen Haftungsrisiken siehe die sich über mehr als 250 Randnummern erstreckende Kommentierung von Schneider in Scholz 9, GmbHG, zu § 43. 126 So auch JurisPK-BGB / Lange, § 112 Rn. 16. Diese Erkenntnis lässt sich auch mit der absolut herrschenden Meinung vereinbaren, dass ein Minderjähriger als Prokurist zuzulassen ist, statt vieler Koller / Roth / Morck, HGB, § 48 Rn. 5. Die Pflichtenstellung des Geschäftsführers ist wesentlich umfangreicher ausgestaltet und das Risiko, einen (finanziell beträchtlichen) Haftungsfall herbeizuführen, größer. Nur auf den Minderjährigenschutz stellt dagegen B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 63, ab. 127 Nachweise bei Soergel / Hadding, BGB, § 26 Rn. 2. Zur Organtheorie vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I, S. 25 ff. 128 Dieser Ansatz etwa bei Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38 und darauf aufbauend OLG Hamm, BB 1992, 1231 f. = EWiR 1992, 1089 f. (Demharter). 129 Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38. 130 Siehe nur Bamberger / Roth / Schwarz, BGB, § 31 Rn. 1. 6

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Der unter 2. Teil: B.II.2.a) dargestellte Ansatz vermeidet diesen Widerspruch. Auf Grund der wirtschaftlichen Zielsetzung der GmbH, der besonderen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Pflichten sowie des in der Regel höheren Haftungsvolumens des Geschäftsführers (Minderjährigenschutz) lässt sich die unterschiedliche Behandlung von GmbH und Verein dann zwanglos erklären. 132 3. Bestimmung der Reichweite des Ausschlusses Allgemein wird angenommen, dass der Ausschluss beschränkt Geschäftsfähiger voll umfänglich ist. 133 Selbst wenn der gesetzliche Vertreter (im Verbund mit einer familien- bzw. vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung) gem. §§ 112, 113 BGB den Minderjährigen zur Aufnahme des Geschäftsführeramtes ermächtigt hat, soll der Minderjährige inhabil sein. a) Wortlaut Mit der gesetzlichen Regelung steht der Wortlaut von § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG, wonach eine unbeschränkt geschäftsfähige Person erforderlich ist, der Zulassung eines von seinen gesetzlichen Vertretern ermächtigten Minderjährigen entgegen. 134 Durch die Ermächtigung der gesetzlichen Vertreter wird der Minderjährige nur partiell unbeschränkt geschäftsfähig. 135 Beschränkt geschäftsfähig bleibt der Minderjährige in jedem Fall für die in §§ 1643, 1821 ff. BGB benannten (eigenen!) Rechtsgeschäfte, bei denen der gesetzliche Vertreter der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht bedarf, §§ 112 Abs. 1 S. 2, 113 Abs. 1 S. 2 BGB. Dass 131

Absolut herrschende Meinung, vgl. Staudinger / Weick, BGB, § 27 Rn. 6 m.w. N. Die unterschiedliche erwerbswirtschaftliche Zielsetzung und die unterschiedlichen Haftungsrisiken sieht Hadding, Soergel, BGB, § 27 Rn. 5, zutreffend als Grund für eine andere Behandlung von Verein und GmbH / AG bei der Zulassung juristischer Personen in der Geschäftsleitung an. Für die Zulassung beschränkt Geschäftsfähiger lässt sich dieser Gedanke ebenfalls fruchtbar machen. 133 Statt vieler Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 6 Rn. 10 sowie OLG Hamm, BB 1992, 1231 f. = EWiR 1992, 1089 f. (Demharter). 134 OLG Hamm, BB 1992, 1231, 1232; Bamberger / Roth / Wendtland, BGB, § 112 Rn. 10, § 113 Rn. 10; Demharter, EWiR 1992, 1089 dagegen findet die Frage „nicht in einer jeden Zweifel von vorneherein ausschließenden Weise beantwortet.“ A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 68, die aus einer grammatikalischen Auslegung und einem Vergleich mit § 112 BGB entnehmen möchte, dass sich die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit im Sinne von § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GmbHG nur auf den Bereich der Geschäftsführung beziehen müsse. Der Wortlaut und der Vergleich geben dies jedoch nicht her. Nur weil beide Normen von einer unbeschränkten Geschäftsfähigkeit sprechen, wird man nicht zu einem solchen Ergebnis kommen können. 135 MünchKommBGB / Schmitt, § 112 Rn. 1, § 113 Rn. 1. 132

B. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers

137

diese Einschränkungen keinen Bezug zur Tätigkeit als Geschäftsführer haben, 136 ist für die Wortlautauslegung irrelevant. b) Beschränkungen durch gerichtliche Genehmigungsvorbehalte Unzutreffend für den Ausschluss vom Geschäftsführeramt ist dagegen die Begründung, dass der Minderjährige wegen des Genehmigungsvorbehalts der §§ 1643, 1821, 1822 BGB nicht zum Betrieb eines größeren Erwerbsgeschäfts zugelassen und deshalb von der Geschäftsführung ausgeschlossen sei, da den dort aufgezählten genehmigungsbedürftigen Geschäften bei der GmbH eine erhebliche Bedeutung innewohne. 137 So bleibt bei diesem Ansatz offen, für welche Risikogeschäfte bei der GmbH der Vorbehalt eingreifen soll. Die §§ 1821, 1822 BGB sollen dann eingreifen, wenn Geschäfte in Rede stehen, die sich auf das Vermögen des Minderjährigen beziehen. 138 Bei Geschäften einer juristischen Person wird aber nur diese verpflichtet (vgl. auch § 165 BGB 139), so dass der Schutzzweck der §§ 1821, 1822 BGB gar nicht berührt ist. 140 Auch als Bevollmächtigter bedürfte der Minderjährige schließlich keiner Genehmigung für Risikogeschäfte, die er für den Vertretenen abschließt. 141 Der Minderjährige könnte demnach – ließe man ihn als Geschäftsführer zu – alle Geschäftsführerangelegenheiten selbst erledigen, ohne auf eine vormundschaftsgerichtliche Entscheidung angewiesen zu sein. c) Besonderheit der Organstellung und Minderjährigenschutz Daneben heißt es, dass die Besonderheiten der Organstellung 142 und vor allem der effektive Minderjährigenschutz 143 eine unbeschränkt geschäftsfähige Person 136

Siehe sogleich. Ebenso JurisPK-BGB / Lange, § 112 Rn. 16; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 68 f. In diese Richtung aber Demharter, EWiR 1992, 1089, 1090; Staudinger / Knothe, BGB, § 112 Rn. 3; undeutlich in dieser Hinsicht OLG Hamm, BB 1992, 1231, 1232. Der Ansatz trifft aber für den Betrieb eines einzelkaufmännischen Unternehmens durch den Minderjährigen zu, so auch die Motive zum BGB, Band I, S. 144. 138 MünchKommBGB / Wagenitz, § 1821 Rn 7. 139 § 165 BGB würde für einen Minderjährigen als Geschäftsführer bei der GmbH eingreifen, da der Geschäftsführer nicht selbst verpflichtet wird, Larenz / Wolf, BGB AT, § 25 Rn. 61; JurisPK-BGB / Lange, § 112 Rn. 16 sowie 2. Teil: B.II.1. § 165 BGB gilt dagegen nicht bei der Geschäftsführung durch einen Minderjährigen in einer Personengesellschaft, da der Minderjährige akzessorisch nach § 128 HGB haften muss, vgl. Schlegelberger / K. Schmidt, HGB, § 125 Rn. 18. 140 Staudinger / Engler, BGB, § 1821 Rn. 14; MünchKommBGB / Wagenitz, § 1821 Rn 8; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 68 f. 141 Siehe etwa Larenz / Wolf, BGB AT, § 46 Rn. 24 f. Die Vertretergeschäfte sind für den Minderjährigen indifferent, so dass er des Schutzes der §§ 107 ff., 1643, 1821, 1822 BGB nicht bedarf. 142 JurisPK-BGB / Lange, § 112 Rn. 16; Staudinger / Knothe, BGB, § 112 Rn. 3. 137

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

fordern. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Minderjährigen bleibe wegen der enormen Verantwortungsposition und dem großen Haftungsrisiko der Geschäftsführerstellung trotz der Ermächtigung durch den gesetzlichen Vertreter dieselbe. Weiter wird offenbar davon ausgegangen, dass allein die Ermächtigung der gesetzlichen Vertreter keinen Anhaltspunkt dafür bietet, dass der Minderjährige nunmehr in der Lage ist, die ihn als Geschäftsführer treffenden (öffentlichrechtlichen) Pflichten einzuhalten. Dies vermag nur in Teilen zu überzeugen. Sicherlich ändert die bloße Ermächtigung der gesetzlichen Vertreter alleine nichts daran, dass für den Rechtsverkehr keine hinreichende Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung besteht. Zudem erfordert ein effektiver Minderjährigenschutz angesichts der besonderen Stellung des Geschäftsführers und dessen Risiken, dass die Ermächtigung des gesetzlichen Vertreters nicht ausreichen kann. Jedoch schreibt § 112 Abs. 1 BGB zusätzlich zur Ermächtigung die Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht vor. Die Genehmigung soll für den Rechtsverkehr die rechtliche Selbständigkeit des Minderjährigen sicherstellen. 144 Dabei untersucht das Vormundschaftsgericht, ob der Minderjährige in der Lage ist, wie ein Volljähriger am Rechtsverkehr teilzunehmen; der beschränkt Geschäftsfähige wird daraufhin überprüft, ob er die erforderlichen Eigenschaften, Kenntnisse und Fähigkeiten hat, um die mit dem Geschäft verbundenen Verpflichtungen Dritten und der Allgemeinheit gegenüber zu erfüllen, und (als Geschäftsführer) andere leiten und kontrollieren kann. 145 Sofern also danach das Vormundschaftsgericht die Genehmigung zur Annahme des Geschäftsführeramtes erteilt, spricht weder der Minderjährigenschutz noch der Schutz der Gläubiger und der Allgemeinheit dagegen, der Bestellung die Wirksamkeit zu versagen. 146 Wird der Minderjährige zum Betrieb einer Handelsgesellschaft nach § 112 Abs. 1 BGB mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung ermächtigt, kann er dort die Geschäftsführerstellung ohne Beschränkung ausüben. 147 143

JurisPK-BGB / Lange, § 112 Rn. 16. Motive zum BGB, Band I, S. 143. 145 OLG Köln, NJW-RR 1994, 1450 f.; MünchKommBGB / Schmitt, § 112 Rn. 12. 146 Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 67 ff. Dies gilt natürlich nur in den Fällen, in denen die Geschäftsführungstätigkeit unter § 112 Abs. 1 BGB fällt, denn § 113 BGB schreibt keine gerichtliche Genehmigung vor. Das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen beiden Bestimmungen ist, ob eine selbständige, d. h. weisungsfreie, Tätigkeit vorliegt (Staudinger / Knothe, BGB, § 112 Rn. 5; MünchKommBGB / Schmitt, § 112 Rn. 8). Zieht man dazu die aus dem Sozialversicherungsrecht bekannte Abgrenzung heran, ist nur in einigen wenigen Fällen eine gerichtliche Genehmigung möglich (Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer), in anderen (Fremdgeschäftsführer) nicht. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 65 f., möchte den GmbH-Geschäftsführer hingegen auf der Grundlage eines eigenen Verständnisses des Begriffs der Selbständigkeit immer unter § 112 BGB fassen, siehe noch unten 2. Teil: B.VII. 147 So auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 67. Mittlerweile herrschende Meinung im Handelsrecht, MünchKommHGB / K. Schmidt, § 125 Rn. 18; Staub / Habersack, HGB, § 125 Rn. 29; Staub / Ulmer, HGB, § 114 Rn. 27. 144

B. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers

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Warum sollte diese dann nicht auch für die Aufnahme der Geschäftsleitung in einer GmbH ausreichen? Im Ergebnis überzeugt der Begründungsansatz daher nicht, soweit man selbst bei einer gerichtlichen Genehmigung einen Minderjährigen als inhabil ansieht. d) Zusammenfassung Der Gesetzeswortlaut schließt beschränkt Geschäftsfähige umfänglich aus. Weder eine Ermächtigung der gesetzlichen Vertreter noch eine gerichtliche Genehmigung ändern diesen Ausschluss. Minderjährigen- und Gläubigerschutz stehen einer Zulassung eines Minderjährigen auch dann entgegen, wenn der gesetzliche Vertreter der Geschäftsleitungstätigkeit zugestimmt hat. Wird dagegen im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren die Fähigkeit festgestellt, das Amt des Geschäftsführers auszuüben, spricht nichts dagegen, den beschränkt Geschäftsfähigen zuzulassen.

III. Rechtstatsächliche Bedeutung Für das Jahr 2004 verzeichnet das Statistische Bundesamt bei einer Gesamtbevölkerung von 82,508 Mio. Menschen 14,8 Mio. Personen, die unter 18 Jahren sind und damit als Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige nicht Geschäftsführer sein können. 148 Diese Zahl klingt zunächst imposant, ist aber für die Praxis wenig aussagekräftig. Allerhöchstens die fast Volljährigen werden in der Praxis überhaupt für eine Geschäftsführerbestellung in Frage kommen. Nimmt man daher nur die Gruppe der 16 –17jährigen als Maßstab, so erstreckt sich die Relevanz des Ausschlussgrundes maximal auf nur noch 1,8 Mio. Personen. 149 Realistisch wird die Amtsunfähigkeit sogar weniger als 1% dieser Gruppe treffen, also in einer Größenordnung von 10.000 –20.000 Personen liegen. Dazu sind noch die Volljährigen, die geschäftsunfähig sind, zu addieren. Zahlen zu dieser Gruppe sind aber nicht ausfindig zu machen.

IV. Zweck des Ausschlusses 150 Minderjährige, die ihnen im Interesse der Allgemeinheit und der Gläubiger auferlegte Pflichten nicht erfüllen, setzen sich nicht nur der Gefahr einer Haftung aus, sondern gefährden durch ihre Geschäftsleitung die Allgemeinheit, die auf 148 149 150

Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2006, S. 43. Vgl. Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2006, S. 44. Siehe bereits oben 2. Teil: B.II.2.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung vertraut. Der Geschäftsführer besitzt schließlich eine besondere Position, deren ordnungsgemäße Besetzung auch im Interesse der Gläubiger liegt. Der Zweck des Ausschlusses ist nach alledem darin begründet, den Minderjährigen vor den Risiken einer Bestellung zum Geschäftsführer zu bewahren. Neben den Minderjährigenschutz tritt zudem der Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs vor einem regelmäßig ungeeigneten Geschäftsführer. Dabei ist der Minderjährigenschutz Hauptzweck gegenüber dem weiteren Zweck des Schutzes des Rechtsverkehrs und der Gläubiger. 151 Hinter diese Zwecke tritt der Schutz der Gesellschafter dagegen zurück, da diese selbst Einfluss auf die Wahl ihres Geschäftsführers haben und vor einem Minderjährigen, den sie selbst bestellen wollen, nicht geschützt werden müssen. Ihr Schutz ist rein reflexiv. 152

V. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Verfassungsrechtlich ist es angezeigt, den Eingriff in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, und das Gleichbehandlungsgebot zu überprüfen. Der Schutz des Minderjährigen sowie der Gläubigerschutz rechtfertigen als legitime Zwecke den Eingriff in die Berufsfreiheit des Minderjährigen. Der gänzliche Ausschluss ist zur Erreichung dieser Ziele auch geeignet. Allerdings besteht mit dem gerichtlichen Genehmigungsvorbehalt nach der hier vertretenen Ansicht ein milderes und gleich effektives Mittel als mit dem Verbot. Ein solcher Genehmigungsvorbehalt greift weniger stark in die Grundrechte des Minderjährigen ein, da er die Möglichkeit besitzt, zugelassen zu werden. Zudem ist der Genehmigungsvorbehalt ebenso effektiv wie ein Verbot, da nur diejenigen als Geschäftsführer zugelassen werden, die tatsächlich eine (ausreichende) Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung bieten und keinen besonderen Schutz mehr erfordern. Der Gesetzgeber prognostiziert dagegen, dass ein Minderjähriger nie in der Lage sein wird, die notwendige Reife für das Geschäftsführeramt zu erlangen. Diese Prognose erscheint bedenklich, wenn gleich (im Sinne eines effektiven Gesetzesvollzugs) nicht unvertretbar: Für den Gesetzgeber gibt es daher kein gleich effektives Mittel wie ein Verbot. Die Berufsfreiheit ist damit noch nicht verletzt. Problematisch ist hingegen die Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot. Geht man mit dem Gesetzgeber davon aus, dass Minderjährige nie in der Lage sein werden, einen ordnungsgemäßen Betrieb der Gesellschaft 151 Stein, Das Faktische Organ, S. 142; ihr folgend Komp, Die juristische Person als Geschäftsführungsorgan einer Kapitalgesellschaft, S. 173 f. 152 Pauschal für einen Schutz der Gesellschafter bei § 6 Abs. 2 GmbHG OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857.

B. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers

141

sicherzustellen, ist die Frage zu stellen, warum bei einer Personengesellschaft nach einer Ermächtigung gemäß § 112 BGB der Minderjährige dagegen eigenverantwortlich und ohne Einschränkung die Geschäfte führen können soll. Ob sich diese Situation in punkto Minderjährigenschutz und Schutz des Rechtsverkehrs derart von der eines GmbH-Geschäftsführers unterscheidet, der unter § 112 BGB fällt, lässt sich doch sehr bezweifeln. 153 Gerade das Haftungsrisiko bei einer Personengesellschaft wird wegen der akzessorischen persönlichen Haftung als Gesellschafter sogar größer sein als für den bloßen Geschäftsführer einer GmbH. Als Rechtfertigung kommt daher nur das Argument in Betracht, dass bei den Personengesellschaften die Geschäftsführerstellung allein auf dem Organisationsrecht und somit dem Prinzip der Selbstorganschaft beruht und weniger eine grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung für eine Zulassung beschränkt Geschäftsfähiger ist. Der Minderjährige ist als Gesellschafter – vorbehaltlich einer Regelung im Gesellschaftsvertrag – bereits Geschäftsführer. 154 Daher ist die Ungleichbehandlung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften nicht ausreichend, um von einer Verfassungswidrigkeit zu sprechen; auch wenn eine Begründung allein über das Organisationsrecht wegen der zu Grunde liegenden Prognoseentscheidung des Vormundschaftsgerichts etwas dürftig erscheint und verfassungsrechtlich bedenklich ist. Der pauschale Ausschluss beschränkt Geschäftsfähiger ist verfassungsrechtlich im Hinblick auf das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, Art. 3 Abs. 1 GG, und die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, bedenklich, überschreitet aber nicht die Unvertretbarkeitsgrenze und ist daher nicht verfassungswidrig.

VI. Zusammenfassung Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige sind von der Geschäftsführung einer GmbH derzeit voll umfänglich ausgeschlossen. 155 Grundlage für den Ausschluss sind die Besonderheiten der Organstellung sowie der Wortlaut von § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Die Bestimmung fügt sich in die allgemeine Rechtsgeschäftslehre (Minderjährigenschutz) und das Gesellschaftsrecht (Gläubigerschutz) ein. Grundrechtlich betrachtet ist der Ausschluss bedenklich, wenn auch nicht verfassungswidrig.

153

Ebenfalls kritisch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 67. Die Ausübung der Vertretungsmacht durch die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters ist hingegen beschränkt, sofern nicht eine Ermächtigung nach § 112 BGB vorliegt, Heymann / Emmerich, HGB, § 125 Rn. 17 f. 155 Anders nur Larenz / Wolf, BGB AT, § 25 Rn. 61, der aber den Gesetzeswortlaut von § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG übersieht. 154

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

VII. Reformansatz: Zulassung beschränkt Geschäftsfähiger mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung Es sollte darüber nachgedacht werden, ob Minderjährige, denen sowohl Eltern als auch Vormundschaftsgericht die Aufnahme der Geschäftsführerposition erlaubt haben, zur Geschäftsleitung zuzulassen sind. Dazu müsste für jede Bestellung als Geschäftsführer ein gerichtlicher Genehmigungsvorbehalt angeordnet werden, da nur so die Aufspaltung in genehmigungsfähige (§ 112 BGB) und nicht genehmigungsfähige (§ 113 BGB) Geschäftsführerbestellungen verhindert wird. 156 Bettina Schmitz geht hingegen davon aus, dass immer § 112 BGB für den GmbH-Geschäftsführer einschlägig sei. 157 Eine selbständige Tätigkeit liege dann vor, wenn der Minderjährige eigenverantwortlich tätig werde, wozu die Kriterien der formellen und wirtschaftlichen Abhängigkeit, aber auch die Übernahme persönlicher Verantwortlichkeit in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht, heranzuziehen seien. Formell sei die Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer zwar nicht selbständig. Wirtschaftlich könne sich dies aber dann anders darstellen, wenn der Geschäftsführer Gesellschafter mit einer entsprechend hohen Quote sei. Hinzukomme, dass der GmbH-Geschäftsführer ein Amt von hoher persönlicher Verantwortlichkeit ausübe und sich großen zivil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeiten ausgesetzt sehe. Daher handele der Geschäftsführer eigenverantwortlich. Diese Abgrenzung überzeugt nicht. Die formelle Abhängigkeit des Geschäftsführers wegen des gesetzlichen (!) Weisungsrechts ist ein sehr starkes Argument gegen eine selbständige Tätigkeit, das nicht einfach durch andere Kriterien beseitigt werden kann. Schmitz Hilfserwägung, dass sich die wirtschaftliche Abhängigkeit anders darstellen kann, lässt sich auch mit dem derzeitigen Verständnis der selbständigen Tätigkeit vereinbaren. Ein Blick auf das Sozialversicherungsrecht zeigt, dass dann, wenn der Geschäftsführer über eine entsprechende Beteiligungsquote verfügt, die Tätigkeit eine selbständige ist. 158 Schließlich ist das Kriterium der Übernahme persönlicher Verantwortlichkeit ein eher schwaches Indiz und kaum trennscharf. Denn auch ein abhängiger Arbeitnehmer ist zivil- und strafrechtlich verantwortlich, und je nachdem auf welcher Leitungsebene und in welcher Branche er eingestellt ist, kann diese Verantwortlichkeit ein beträchtliches Niveau erreichen. Dennoch ist und bleibt er Arbeitnehmer und würde in den Anwendungsbereich von § 113 BGB fallen. Es bleibt also dabei, dass eine gesetzliche Zuordnung des GmbH-Geschäftsführers zu § 112 BGB erfolgen müsste. 156

Siehe bereits Fn. 146 (2. Teil). B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 65 ff. 158 Siehe § 7 Abs. 1 SGB IV und das Schrifttum dazu, etwa zuletzt Freckmann, BB 2006, 2077 ff. 157

C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten

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Im Ergebnis ist jedenfalls festzuhalten, dass der vorgeschlagenen Möglichkeit mit ziemlicher Sicherheit keine große praktische Bedeutung zukommen würde. 159 Aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen ist sie aber überlegenswert.

C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten 1990 reformierte der Gesetzgeber das damalige Vormundschaftsrecht und führte im Zuge dessen einen neuen Satz 2 in § 6 Abs. 2 GmbHG ein. 160 Demnach sind Betreute, die bei der Besorgung ihrer Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt, § 1903 BGB, unterliegen, von der Bestellung zum Geschäftsführer ausgeschlossen. 161

I. Allgemeines zur Betreuung Für einen Volljährigen, der auf Grund einer Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten nicht selbst erledigen kann, bestellt das Gericht für die entsprechenden Angelegenheiten einen Betreuer, § 1896 BGB. Üblicherweise teilt man die Aufgabenkreise, die einem Betreuer zugewiesen werden, in die Bereiche der Vermögenssorge und der persönlichen Angelegenheiten. 162 Vermögenssorge umfasst die Vertretung in allen vermögensrechtlichen Dingen, etwa die Geltendmachung von Ansprüchen des Betreuten, die Verwaltung des Vermögens bzw. von Schulden. 163 Persönliche Angelegenheiten sind unter anderem die Gesundheitssorge, die Aufenthaltsbestimmung, die Organisation der Wohnung und die Aufsicht über den Betreuten. 164 Mit dem neuen Betreuungsrecht möchte es der Gesetzgeber den Betreuten ermöglichen, so weit als möglich selbständig am Rechtsverkehr teilzuhaben. 165 Einschränkungen sollen nur dort gelten, wo es der Schutz des Betreuten oder des 159 § 112 BGB hat bislang schon keine große Bedeutung, JurisPK-BGB / Lange, § 112 Rn. 7; Erman / Palm, BGB, § 112 Rn. 1. 160 Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige v. 12. 9. 1990 (Betreuungsgesetz – BtG), BGBl. I 1990, 2002 ff. 161 Unzutreffend dagegen die Aussagen von Staudinger / Bienwald, BGB, § 1903 Rn. 83, der von einem Ausschluss von der Geschäftsführung (im Sinne des Innenverhältnisses) spricht und daraus einen Ausschluss von der Vertretungsmacht ableitet. Der Betreute verliert seine Organstellung und damit sowohl die organschaftliche Vertretungsmacht wie auch die Geschäftsführungsbefugnis in einem einheitlichen Akt. 162 MünchKommBGB / Schwab, § 1896 Rn. 66. 163 Soergel / Zimmermann, BGB, § 1896 Rn. 47 f. mit weiteren Beispielen. 164 Siehe etwa Dodegge / Roth, Betreuungsrecht, Kap. A Rn. 23.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Rechtsverkehrs erfordert. 166 Einer der Grundsätze des Betreuungsrechts ist daher der Erforderlichkeitsgedanke, vgl. § 1896 Abs. 2 BGB. 167 Eine Betreuung soll nur dann und insoweit angeordnet werden, wie sie erforderlich ist. 168 Das Gericht kann also nicht pauschal für den Bereich der Personen- oder Vermögenssorge eine Betreuung anordnen. Auf Grund dessen sind die Erscheinungsformen der Betreuung in persönlichen oder Vermögensangelegenheiten äußerst vielgestaltig. Mit dem Erforderlichkeitsgrundsatz und der weitestgehenden Wahrung der Autonomie des Betreuten korrespondiert die Tatsache, dass der Betreute weiterhin geschäftsfähig für alle Bereiche bleibt. 169 Der Betreuer erhält in seinem Aufgabenkreis zwar den Status eines gesetzlichen Vertreters des Betroffenen, § 1902 BGB, 170 dies führt aber nur zu einer Doppelzuständigkeit des geschäftsfähigen Betreuten und des Betreuers für den bestellten Aufgabenkreis. 171 Der Betreute hat weiterhin die Möglichkeit, seine Geschäfte autonom und eigenverantwortlich zu führen; er kann sich weiterhin selbst verpflichten. Er nimmt am Rechtsverkehr im Wesentlichen wie vor Eintritt der Betreuung teil 172 und besitzt mit dem Betreuer lediglich eine Hilfe für die Besorgung der entsprechenden Angelegenheiten. Der Betreuer ist im Innenverhältnis an die Wünsche und das Wohl des Betreuten gebunden, § 1901 BGB; im Außenverhältnis ist er nur durch die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht eingeschränkt. 173 Erst wenn das Gericht zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten einen Einwilligungsvorbehalt anordnet, § 1903 Abs. 1 BGB, wird die Stellung des Betreuten eingeschränkt. Er benötigt jetzt die Zustimmung des Betreuers für Geschäfte aus dem Bereich, für den ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde. Der Betreute soll so vor den nachteiligen Folgen des eigenen rechtsgeschäftlichen Handelns geschützt werden. 174 165 Siehe in der Begründung zum Entwurf eines Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige v. 12. 9. 1990 (Betreuungsgesetz – BtG), BT-Drs. 11/4528 die Zusammenstellung der Mängel (S. 49 ff.) und die Grundzüge des Entwurfs (S. 52 ff.). 166 Vgl. etwa die Aussagen in BT-Drs. 11/4528, S. 52, 59, 62. 167 Vgl. BT-Drs. 11/4528, S. 58 ff. 168 So soll das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen soweit wie möglich Berücksichtigung finden, Soergel / Zimmermann, BGB, Vor § 1896, Rn. 11. 169 BT-Drs. 11/4528, S. 195; Deutler, GmbHR 1992, 252. 170 BT-Drs. 11/4528, S. 135. 171 Erman / Holzhauer, BGB, § 1902 Rn 18 ff. Faktisch ist die Bestellung eines zusätzlichen gesetzlichen Vertreters natürlich eine Einschränkung, Bamberger / Roth / Müller, BGB, § 1896 Rn. 23. 172 Zu den Einschränkungen siehe etwa die §§ 1904 ff. BGB und MünchKommBGB / Schwab, § 1896 Rn. 131 ff. 173 Siehe nur Jurgeleit / Deusing, Betreuungsrecht, § 1901 Rn. 56 und MünchKommBGB / Schwab, § 1896 Rn. 20. 174 LG Berlin, FamRZ 2000, 1526, 1528; Erman / Holzhauer, BGB, § 1903 Rn. 2.

C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten

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II. Ausschluss bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts in Vermögensangelegenheiten Der in § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG festgelegte Ausschluss von Betreuten, die (ganz oder teilweise) einem Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten unterliegen, ergibt sich aus den bereits angesprochenen allgemeinen Wertungen, nach denen auch der beschränkt Geschäftsfähige nicht amtsfähig ist. 175 So wird man die Eignung zur Einhaltung der dem Geschäftsführer obliegenden (öffentlich-rechtlichen) Pflichten einem Betreuten mit Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten absprechen müssen. 176 Daneben tritt der Schutz der Betreuten. 177 Sobald ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wird, kann der Betreute in diesen Angelegenheiten nur noch begrenzt eigenständig handeln, § 1903 BGB. 178 Auch wenn der Betreute nicht den Status eines beschränkt Geschäftsfähigen erhält, 179 sind die Einschränkungen für den Betreuungsbereich mit denen eines beschränkt Geschäftsfähigen vergleichbar. 180 Die Schutzbedürftigkeit eines derart Betreuten ist daher die gleiche wie die eines beschränkt Geschäftsfähigen, 181 allerdings nur für die betreuten Bereiche. Dazu zählt die Geschäftsführung zwar nicht, 182 aber das Vermögen des Betreuten ist in dieser Situation insgesamt zu schützen. Dank des Ausschlusses wird der Betreute vor beträchtlichen Haftungsrisiken bewahrt, da er das Geschäftsführeramt nicht bekleiden kann.

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Siehe oben 2. Teil: B.II.2. BT-Drs. 11/4528, S. 195. 177 Enger wohl die Begründung, BT-Drs. 11/4528, S. 195, die nur von Verantwortung und nicht von Verantwortlichkeit spricht. Die neue Struktur von § 6 Abs. 2 GmbHG nach dem MoMiG, wonach der Ausschluss als Betreuter als S. 2 Nr. 1 mit den anderen Gründen in Nr. 2 (Berufsverbot und Gewerbeuntersagung) und Nr. 3 (Straftaten), die nur dem Gläubigerschutz dienen, in der gleichen Aufzählung zusammengefasst ist, ändert am Schutz des Betreuten nichts. 178 Etwa wenn die Willenserklärung dem Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil einbringt, § 1903 Abs. 3 BGB. 179 Deutlich die Begründung, BT-Drs. 11/4528, S. 138 („... unterscheidet sich der Einwilligungsvorbehalt erheblich von der beschränkten Geschäftsfähigkeit.“), vgl. auch S. 63 f. Statt vieler Staudinger / Bienwald, BGB § 1903 Rn. 3. 180 So verweist § 1903 Abs. 1 S. 2 auf die entsprechende Geltung der §§ 108 –113 BGB. 181 Vgl. die Begründung, BT-Drs. 11/4528, S. 195, wonach – wie beim beschränkt Geschäftsfähigen – die weitreichende Verantwortung des Geschäftsführers die Bestellung eines Betreuten unter Einwilligungsvorbehalt verhindert. 182 Siehe 2. Teil: C.VIII.2.a). 176

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

III. Rechtstatsächliche Bedeutung Für die nach Satz 2 inhabilen Personen ist es schwer, Zahlen ausfindig zu machen. Im Jahr 2005 wurde in 11.652 Fällen ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. 183 Ob diese Anordnung in personellen Angelegenheiten oder Vermögensangelegenheiten erfolgte, wird leider nicht gesondert ausgewiesen. Zudem werden nur die Neuanordnungen erfasst. Um eine Gesamtzahl der unter diesen Ausschlussgrund fallenden Personen zu ermitteln, sind daher auch Zahlen aus den Vorjahren mit heranzuziehen. 184 Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass sich eine Vielzahl gerade der älteren Verfahren durch den Tod des Betreuten erledigt. Oder die Verfahren erledigen sich dadurch, dass die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts aufgehoben wird. Mit all diesen Problemen ist es kaum möglich, auch nur näherungsweise verlässliche Zahlen der inhabilen Personen zu bestimmen.

IV. Zweck des Ausschlusses Der Ausschluss entsprechend Betreuter dient – vergleichbar der Lage bei den Geschäftsunfähigen und beschränkt Geschäftsfähigen – dem Schutz der Gläubiger, dem Rechtsverkehr sowie dem Betreuten selbst. Die Gesellschafter werden bzw. die Gesellschaft wird – als Reflex – ebenfalls geschützt. 185

V. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Der Ausschluss ist mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. 1. Keine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG Der Eingriff in die Berufsfreiheit wird durch einen legitimen Zweck gerechtfertigt und ist geeignet. Bei der Erforderlichkeit ließe sich wie bei einem Minderjährigen darüber nachdenken, dass ein gerichtliches Freigabeverfahren ein milderes, aber gleich effektives Mittel darstellt. Dies vor allem, da § 1903 Abs. 1 S. 2 BGB auch auf die §§ 112, 113 BGB verweist, und sich die Lage des beschränkt Geschäftsfähigen und des Betreuten mit Einwilligungsvorbehalt nicht unterscheiden. 183

Deinert, BtPrax 2007, 3, 4. Siehe die Aufstellung bei Deinert, BtPrax 2006, 65, 67 über die Einwilligungsvorbehalte in den Jahren von 1992 bis 2004. Diese bewegen sich in den letzten fünf Jahren zwischen ca. 8.000 und 10.500 Anordnungen. 185 Pauschal für einen Schutz der Gesellschafter bei § 6 Abs. 2 GmbHG OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857. 184

C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten

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Jedoch fehlt es an einem Anwendungsbereich der §§ 112, 113 BGB für Betreute. 186 Die gerichtliche Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für einen bestimmten Bereich und im Anschluss die Freistellung von dem Einwilligungsvorbehalt nach § 112 BGB widersprechen einander. In dem Augenblick, wo nach § 112 BGB eine Freistellung erfolgen soll, ist vielmehr der Einwilligungsvorbehalt für diesen Bereich aufzuheben, da dieser nicht mehr erforderlich ist. 187 Die Vorschriften der §§ 112, 113 BGB werden daher für Betreute mit Einwilligungsvorbehalt keine Bedeutung haben. Es ist foglich allein auf die Prognose des Vormundschaftsgerichts zu vertrauen, das einen Einwilligungsvorbehalt anordnet oder nicht. Wird eine Anordnung getroffen, hat das Gericht damit festgestellt, dass der Betreute große Defizite aufweist. Diese Betreuten werden pauschal ungeeignet als Geschäftsführer sein. Die Möglichkeit, durch eine gerichtliche Genehmigung nach § 112 BGB doch zur Geschäftsleitung zugelassen zu werden, ist danach nicht effektiver, da sie sinnlos ist. Ein milderes, gleich effektives Mittel existiert daher nicht. Der Ausschluss ist zudem angemessen. 2. Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 3 GG Das Gleichbehandlungsgebot wird ebenfalls nicht verletzt. Die Bedenken einer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz bei Minderjährigen lassen sich nicht auf einen Betreuten mit Einwilligungsvorbehalt übertragen, da sich die Situation eines beschränkt Geschäftsfähigen und die eines Betreuten mit Einwilligungsvorbehalt wie soeben gezeigt gravierend unterscheiden. Zwar werden (geistig) Behinderte, die betreut werden und für die ein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten besteht, entgegen Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG benachteiligt. Hingegen ist diese Benachteiligung nach dem vorher Gesagten aus zwingenden Gründen gerechtfertigt. 188 Sie sind zum Schutz der Behinderten und Dritter unerlässlich.

VI. Keine Erweiterung des Ausschlusses durch analoge Anwendung § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG kann nicht im Wege der Analogie auf andere Betreute erstreckt werden. Eine Analogie setzt bekanntermaßen eine planwidrige Regelungslücke voraus. 189 Weiter ist eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte erfor186 Vgl. Staudinger / Bienwald, BGB, § 1903 Rn. 75; MünchKommBGB / Schwab, § 1903 Rn. 55. 187 § 1908d Abs. 4, 1 BGB; MünchKommBGB / Schwab, § 1903 Rn. 55. 188 Siehe zur Rechtfertigung im Bereich von Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG Sachs / Osterloh, GG, Art. 3 Rn. 314 ff. und BT-Drs. 12/8165, S. 29. 189 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 381.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

derlich. 190 Die Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist anhand der dem Gesetz / der Norm zu Grunde liegenden Wertungen und des Zweckes zu ermitteln. 191 Es fehlt hier bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, da der Gesetzgeber die gesetzliche Regelung bewusst auf den Ausschluss der Betreuten beschränkt hat, die einem Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten unterliegen. 192

VII. Zusammenfassung Betreute, die einem Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten unterliegen, sind inhabil, da sie keine Gewähr für einen ordnungsgemäßen Betrieb einer GmbH bieten. Die Bestimmung ist angesichts der Wirkungen eines Einwilligungsvorbehalts folgerichtig.

VIII. Reformansatz: Ausschluss weiterer Betreuter Der Ausschluss beschränkt sich bislang allein auf Betreute, die einem Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten unterliegen. Die naheliegende Frage, die sich aufdrängt, ist, ob nicht der Rechtsverkehr und bestimmte Betreute derart schutzwürdig sind, dass der Ausschlussgrund auf diese Betreuten erweitert werden sollte. 1. Kein Ausschluss bei Betreuung bzgl. der Personensorge Sofern der Betreute nur in Bereichen der Personensorge betreut wird (mit oder ohne Einwilligungsvorbehalt), ist er immer noch in der Lage, seine Vermögensangelegenheiten zu besorgen. Ihm fehlt es weder an der Eignung, die Geschäfte als Geschäftsführer zu leiten noch ist er schutzbedürftiger als jeder andere Geschäftsfähige. Auf diese Personen kann ein Ausschluss nicht erweitert werden. 2. Ausschluss bei Betreuung bzgl. der Vermögenssorge Dagegen sollte die Inhabilität auf diejenigen Betreuten, die einer Betreuung in Vermögensangelegenheiten unterliegen, erstreckt werden. 193 Zwar ist dem Grund190

Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 381. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 475. 192 BT-Drs. 11/4528, S. 195. 193 Daran ändert auch nichts, dass der Gesetzgeber den Betreuten im politischen Bereich als habil ansieht. So weist Deutler, GmbHR 1992, 252 darauf hin, dass ein Betreuter auch 191

C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten

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satz zuzustimmen, dass ein Betreuter grundsätzlich fähig ist, am Rechtsverkehr teilzunehmen. Ist aber jemand nicht ohne Hilfe durch einen Betreuer in der Lage, seine eigenen Vermögensangelegenheiten zu besorgen, so wird er selbst auch grundsätzlich nicht mehr in der Lage sein, Gewähr für die Einhaltung der ihn als Geschäftsführer treffenden (öffentlich-rechtlichen) Pflichten (also deutlich komplexere Vorgänge) zu bieten. 194 Der Schutz des Rechtsverkehrs und der des Betreuten müssen sich dann gegenüber der Selbstständigkeit, der Eigenverantwortlichkeit und den Grundrechten des Betreuten durchsetzen. Das Persönlichkeitsrecht des Betreuten hat zurückzutreten. 195 Zu einem anderen Ergebnis kann man nur gelangen, wenn man eine Betreuung in den Angelegenheiten der Geschäftsführung zulässt und dem Geschäftsführer so eine Hilfe gibt, damit er seine Geschäftsführerpflichten erfüllen kann. 196 Der Betreuer würde in diesem Fall die fehlenden Eigenschaften des Geschäftsführers ausgleichen. a) Keine Betreuung in Angelegenheiten der Geschäftsführung Für den Geschäftsführer einer GmbH kann in der Regel jedoch kein Betreuer für die Angelegenheiten der Geschäftsführung bestellt werden. 197 Der Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers hat demnach nichts damit zu tun, dass neben dem Geschäftsführer in den Angelegenheiten der GmbH ein Betreuer handeln könnte. Bei der Geschäftsführung handelt es sich schon nicht um eine betreuungsfähige

Minister oder Abgeordneter werden kann. Minister könnte ein Betreuter tatsächlich werden; Abgeordneter nur dann, wenn ihm nicht nach § 13 Nr. 2 BWahlG das Wahlrecht fehlt, § 15 Abs. 2 Nr. 1 BWahlG. Dies ist der Fall, wenn eine Betreuung in allen Angelegenheiten besteht. Deutlers Aussage ist daher nur eingeschränkt richtig. Außerdem ist fraglich, welchen Einfluss eine Zulassung zu politischen Ämtern auf die Zulassung zur Geschäftsleitung haben soll. 194 Vergleichbarer Ansicht zu § 56 Abs. 1 InsO MünchKommInsO / Graeber, § 56 Rn. 45. § 56 Abs. 1 InsO schreibt vor, dass nur eine im Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige Person als Insolvenzverwalter bestellt werden darf. Graeber spricht einem Betreuten jegliche Eignung zum Insolvenzverwalter ab. Skeptisch gegenüber der Eignung auch HeidelbergerKomm-InsO / Eickmann, § 56 Rn. 2, 14, einschränkend auch Kübler / Prütting / Lüke, InsO, § 56 Rn. 9. Die Eignung dagegen von der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (unabhängig, ob für die Vermögens- oder Personensorge!) abhängig machend Hess / Weis / Wienberg / Hess, InsO, § 56 Rn. 40. 195 A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 76. 196 So GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 9. 197 A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 72 ff. Ob man, wie Jäger, DStR 1996, 108, 109, für eine Ein-Mann-GmbH, bei welcher der alleinige Gesellschafter auch Geschäftsführer ist, zu einem anderen Ergebnis kommen kann, soll hier nicht erörtert werden. Für die Zulässigkeit der Anordnung für den Vorstand im Vereinsrecht Wüstenberg, BtPrax 2005, 138, 141.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Angelegenheit, zudem stünden die organisationsrechtlichen Konsequenzen einer Betreuung grundsätzlich entgegen. aa) Keine eigenen Angelegenheiten Eine Betreuung kann nur in eigenen Angelegenheiten angeordnet werden. Eigene Angelegenheiten sind solche, die nach der sozialen Stellung des Betroffenen, seinem biographischen Hintergrund und seiner bisherigen Lebensgestaltung in seinem Interesse erledigt werden müssen. 198 Nicht zu den eigenen Angelegenheiten werden unter anderem die Angelegenheiten gezählt, die der Betroffene kraft gesetzlicher Vertretung für Dritte zu besorgen hat 199 sowie diejenigen Angelegenheiten, in denen eine Vertretung auf Grund ihrer Höchstpersönlichkeit per se nicht möglich ist 200. Die Erfüllung der meisten Aufgaben des Geschäftsführers hat nicht höchstpersönlich zu erfolgen, 201 so dass dort eine Vertretung dem Grunde nach möglich ist. Das Amt des Geschäftsführers ist jedoch an die bestellte Person geknüpft, also höchstpersönlich, und der Geschäftsführer kann durch die Gesellschafter 202 oder in bestimmten Ausnahmesituationen durch das Gericht 203 bestellt werden. Durch die bloße Anordnung der Betreuung (!) kann es jedoch nicht möglich sein, mit dem Betreuer neben den Geschäftsführer einen Quasi-Geschäftsführer zu stellen. Darüber hinaus ist die Leitung der Geschäfte der GmbH keine vollständig eigene Angelegenheit des Betreuten; der zum Geschäftsführer Bestellte besorgt die Geschäftsleitung für die GmbH kraft gesetzlicher Vertretung, vgl. § 35 GmbHG. Zwar ist die Organtätigkeit für den Geschäftsführer mit verschiedenen Pflichten verbunden, die ihn persönlich treffen, etwa § 64 GmbHG. 204 Daher könnte man davon ausgehen, dass nunmehr eigene Angelegenheiten des Betroffenen (nämlich 198

BayObLG, NJW-RR 1997, 834; Bamberger / Roth / Müller, BGB, § 1896 Rn. 10. MünchKommBGB / Schwab, § 1896 Rn. 40; Soergel / Zimmermann, BGB, § 1896 Rn. 15; im Ergebnis ebenso, aber zweifelnd G. Müller, Betreuung und Geschäftsfähigkeit, S. 121. Vertraglich übernommene Angelegenheiten sind ebenfalls keine eigenen Angelegenheiten des Betreuten, Soergel / Zimmermann, BGB, § 1896 Rn. 15. Da die Geschäftsführerstellung aber nicht auf dem Anstellungsvertrag, sondern auf dem Bestellungsakt beruht, handelt es sich nicht um eine Angelegenheit, die kraft Vertrages für einen Dritten besorgt wird. 200 Bamberger / Roth / Müller, BGB, § 1896 Rn. 10; Staudinger / Bienwald, BGB, § 1896 Rn. 56. 201 Neelmeier / Huth, GmbHR 2005, 1409, 1412; Wachter, ZIP 1999, 1577, 1580. 202 Jedenfalls sofern diese die Bestellung nicht in zulässiger Weise auf ein anderes Organ übertragen haben. 203 So im Fall der Bestellung eines Notgeschäftsführers analog § 29 BGB, dazu Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 6 Rn. 32 ff. 204 § 64 GmbHG und § 15a Abs. 1 S. 1 InsO nach dem MoMiG. 199

C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten

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die Erfüllung dieser Pflichten) bestehen. Der Gesamtkomplex der Geschäftsleitung bleibt aber weiter – wenigstens zugleich 205 – eine Angelegenheit der GmbH, weshalb eine Betreuung ausscheidet. So soll auch die Tätigkeit als Insolvenzverwalter keine Angelegenheit sein, in der eine Betreuung angeordnet werden kann. 206 Damit liegen bereits die Voraussetzungen für eine Betreuung nicht vor. 207 bb) Unzulässige Folgen der Zulassung einer Betreuung Selbst wenn man davon ausginge, dass die Geschäftsführung eine betreuungsfähige Angelegenheit ist, wäre im Ergebnis eine Betreuung wegen der Konsequenzen abzulehnen. 208 Durch die Zulassung einer Betreuung für den Geschäftsführer und der sich anschließenden Doppelzuständigkeit von Betreuer und Betreutem erhält der Betreuer Einfluss auf die Geschäftsleitung der GmbH 209 und tritt als Quasi-Geschäftsführer neben den eigentlichen Geschäftsführer. Diese Doppelzuständigkeit bei der Betreuung ist ein absolutes Novum 210, da für einen Geschäftsfähigen ein gesetzlicher Vertreter bestellt wird. 211 Diese Figur durch eine Änderung im BGB (!) auf das Gesellschaftsrecht zu erweitern ist äußerst bedenklich, denn mit der Doppelzuständigkeit würde die Figur eines gesetzlichen Vertreters eines an sich handlungsfähigen Organs geschaffen. 212 Als gesetzlicher Vertreter des Betreuten in den Geschäftsführerangelegenheiten könnte der Betreuer die GmbH wirksam vertreten und Willenserklärungen für sie abgeben bzw. entgegennehmen. 213 Damit 205 Vgl. LG Rostock, FamRZ 2003, 1691, 1692, wonach die elterliche Sorge zugleich auch Angelegenheit der Kinder ist und eine Betreuung unter anderem deshalb auszuscheiden hatte. Erneut sei darauf hingewiesen, dass bei einer Ein-Mann-GmbH eine andere Sichtweise angezeigt erscheinen kann. 206 Soergel / Zimmermann, BGB, § 1896 Rn. 15. 207 Ebenso Deutler, GmbHR 1992, 252, 253. A. A. GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 9. Jäger, DStR 1996, 108, 109 berichtet, dass in der Praxis bei einer Ein-Mann-GmbH häufiger der Aufgabenkreis des Betreuten auch „alle Angelegenheiten, die die Geschäftsführertätigkeit ... in dem Unternehmen des Betreuten betreffen“ umfasst. Die meisten gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte sollen durch einen Betreuer wahrgenommen werden können, da sie Teil der Verwaltung des Vermögens des Betreuten sind, vgl. BGHZ 44, 98 ff. (zur Gebrechlichkeitspflegschaft); MünchKommBGB / Schwab, § 1896 Rn. 104. 208 A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 76. 209 Jäger, DStR 1996, 108, 109; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 9. So auch zum Betreuten mit Einwilligungsvorbehalt, der zum Liquidator bestellt werden soll, Michalski / Nerlich, GmbHG, § 66 Rn. 14. 210 Bienwald, FamRZ 1988, 1012, 1014. 211 In der Praxis soll die Doppelzuständigkeit zu keinen Problemen führen, da der Betreute sich aus den Bereichen des Betreuers zurückhalte, Erman / Holzhauer, § 1902 Rn. 20. 212 Vgl. auch für das Familienrecht LG Rostock, FamRZ 2003, 1691, 1692.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

erhielte er kraft richterlicher Anordnung faktisch die Position eines organschaftlichen Vertreters, ohne dass er rechtlich zum Organ wird. Vor allem aber bestünde die Gefahr, dass der Betreuer eine andere Entscheidung trifft als der Betreute und beide (Doppelzuständigkeit!) für die GmbH widersprechende Geschäfte abschließen könnten. Diese Fremdbestimmung erscheint nicht hinnehmbar. Die Figur des faktischen Geschäftsführers wird in dieser Lage wohl keine ausreichende Lösung bieten, um den Quasi-Geschäftsführer ausreichend zu disziplinieren. Oberflächlich betrachtet, scheint diese Argumentation der propagierten Zulässigkeit von Organgesellschaften zu widersprechen. Denn auch dort gibt es einen gesetzlichen Vertreter eines Organs. Allerdings ist die Organgesellschaft ohne eigenes Organ nicht handlungsfähig und bedarf eines gesetzlichen Vertreters, während der betreute Geschäftsführer weiter selbst handlungsfähig bleibt. Während dort das Organ erst handlungsfähig wird, wird hier eine Art zweiter Geschäftsführer geschaffen. 214 b) Ergebnis Eine Betreuung in den Geschäftsführungsangelegenheiten ist nicht möglich. Es fehlt bereits an den Voraussetzungen einer Betreuung. Nähme man anderes an, ergäbe sich der Ausschluss der Betreuung durch die Konsequenzen, die bei einer Betreuung entstünden. Das Gesellschaftsrecht hat sich in dieser Situation gegenüber dem Betreuungsrecht durchzusetzen. 215 Damit erhält der betreuungsbedürftige Geschäftsführer keine Hilfe, um sein eigenes Defizit auszugleichen. Er ist daher inhabil.

213 In der Praxis wird kaum ein Gläubiger mit dem Betreuer Geschäfte für die GmbH schließen, da dieser nicht ins Handelsregister eingetragen wird, Schmidt / Böcker / Schmidt, Betreuungsrecht, Kap. 1 Rn. 48, und Geschäfte mit ihm daher einige Unsicherheit in sich bergen. 214 Gleiches gilt für die Situation bei einem Minderjährigen als Gesellschafter einer Personengesellschaft, wo der gesetzliche Vertreter als Vertreter der Gesellschaft an Stelle des nicht handlungsfähigen Minderjährigen zugelassen wird, herrschende Meinung, Staub / Habersack, HGB, § 125 Rn. 29. 215 A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 72; offenbar auch GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 9. Der Sachverhalt unterscheidet sich daher von der Ausübung der Gesellschafterrechte durch einen Betreuer, da dort das Interesse des Betreuten an der Wahrnehmung seiner Rechte und der Zweck der Betreuung die Interessen der anderen Gesellschafter überwiegen soll, vgl. BGHZ 44, 98, 100 ff. (zur Gebrechlichkeitspflegschaft).

C. Kein Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten

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3. Rechtfertigung und Ausgestaltung des Ausschlusses Betreute, die in den Angelegenheiten der Vermögenssorge betreut werden, sind grundsätzlich von der Geschäftsführung auszuschließen. Dieser Ausschluss lässt sich mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbaren, da nach der hier zu Grunde gelegten Prognose im Regelfall keine ausreichende Gewähr für die Erfüllung der Geschäftsführerpflichten besteht. Auch wenn die Schutzbedürftigkeit der derart Betreuten nicht so hoch sein wird, wie bei der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, und auch wenn der Gesetzgeber den Betreuten ein weitgehend autonomes Handeln ermöglichen wollte, sollten sich der Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs sowie der Schutz der Betreuten auch gegenüber deren Handlungsfreiheit durchsetzen. Der Ausschluss würde einem legitimen Zweck dienen und geeignet sein. Um etwaigen Bedenken bei der Erforderlichkeit zu begegnen, sollte der Gesetzgeber zu einer Vermutungsregel greifen, die der Betreute widerlegen kann, sofern er Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung bietet. Denn anders als beim Einwilligungsvorbehalt berücksichtigt das Gericht nur die Betreuungsbedürftigkeit, nicht aber besondere spezifische Gefahren wie beim Einwilligungsvorbehalt. Die Betreuungsbedürftigkeit kann außerdem auch nur einen recht kleinen Ausschnitt der Vermögenssorge umfassen, bei welcher der gänzliche Ausschluss nicht gerechtfertigt erscheint. Um dieser aus dem betreuungsrechtlichen Erforderlichkeitsgrundsatz resultierenden Folge Herr zu werden, sollte demzufolge zu einer gesetzlichen Vermutung der Inhabilität gegriffen werden, die der Betreute im (vormundschafts-)gerichtlichen Verfahren widerlegen kann. 216 Diese Regelung wäre angesichts des betroffenen Schutzgutes ein angemessener Eingriff in die Rechte des Betreuten. 4. Praktische Relevanz In der Praxis wird der Vermögensbetreute selbst bei der derzeitigen Gesetzeslage wohl selten zum Problem. Eine Betreuung muss zwar nicht offenbart werden, 217 aber im Vorfeld einer Betreuung wird es häufig bereits Anhaltspunkte geben, welche die Gesellschafter davon überzeugen werden, dass der Geschäftsführer nicht mehr in der Lage ist, die Geschäfte ordentlich zu führen. Der Betreute ist auf Grund des betreuungsrechtlich relevanten Defizits nicht mehr die Person, welche die Gesellschafter bestellt haben. Eine sofortige Abberufung wird die zwangsläufige Folge sein. Trotz dieser geringen praktischen Relevanz ist es anzuraten, den 216 Diese Lösung wäre vergleichbar mit dem Reformansatz bei Minderjährigen § 112 BGB eingreifen zu lassen. 217 Vgl. BVerfG, NJW 1991, 2411 f. und die Einschränkungen gegenüber öffentlichen Stellen nach § 69k FGG.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Betreuten von der Geschäftsleitung ausschließen, um diesen, den Rechtsverkehr und die Gläubiger besser zu schützen.

D. Keine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts Geschäftsführer kann für die Dauer von fünf Jahren seit Rechtskraft des Urteils nicht sein, wer wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d StGB verurteilt worden ist. Für die Fristenberechnung gilt, dass die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG wurde erst im Zuge der GmbH-Novelle 1980 als damaliger Satz zwei in das GmbH-Gesetz eingeführt. Die neue Regelung wurde bereits früh als zu eng kritisiert und ihre verfassungsrechtliche Legitimation in Frage gestellt, ohne dass der Gesetzgeber Handlungsbedarf sah. Mittlerweile hat sich die Ansicht des Gesetzgebers jedoch geändert, so dass er jetzt auch die Verstöße gegen andere Straftatbestände als Indiz gegen eine Eignung für das Amt des Geschäftsführers wertet.

I. Bisherige Entwicklung der Inhabilität bei strafrechtlichen Verurteilungen 218 Einziger Anknüpfungspunkt für einen Ausschluss bestimmter Personen waren bis zur Einführung der gesetzlichen Inhabilitätsgründe die allgemeinen Rechtsgrundsätze. 219 Versuche, eine strafrechtliche Verurteilung über diese Rechtsgrundsätze zur Grundlage einer Amtsunfähigkeit zu machen, finden sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. So lehnten verschiedene Amts- und Landgerichte die Bestellung einer Person ab, weil der Antragsteller eine längere Freiheitsstrafe verbüßte. 220 Erst die Beschlüsse der Oberlandesgerichte in den einzelnen Beschwerdeangelegenheiten wiesen die unterinstanzlichen Entscheidungen zurück: 221 Da das Gesetz keinen Ausschluss vorsehe und auch die allgemeinen Rechtsgrundsätze bei der Verbüßung einer Freiheitsstrafe keinen Ausschluss verlangten, müsse der Betrof-

218

Siehe auch schon 1. Teil: E. OLG Hamburg, JW 1916, 1593; Staub, GmbHG, § 35 Anm. 37. 220 Siehe die Sachverhalte von OLG Naumburg, RJA 15, 140 und OLG Hamburg, JW 1916, 1593. Leider wird nicht erwähnt, um welche Straftaten es sich handelte und wie lange die zu verbüßenden Freiheitsstrafen waren. 221 OLG Naumburg, RJA 15, 140; OLG Hamburg, JW 1916, 1593 mit zustimmender Anmerkung Hachenburg; zustimmend etwa Warneyer / Koppe, GmbHG, § 6; Liebmann / Saenger, GmbHG, § 6 Anm. 4. Ähnlich in Österreich der OGH, Beschluss v. 27. 10. 1994 – 6 Ob 28/94; kritisch dazu Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, Rn. 2/31 Fn. 23. 219

D. Keine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts

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fene eingetragen werden. 222 Hachenburg 223 wies allerdings daraufhin, dass bei bestimmten Verurteilungen der Bestellungsbeschluss wegen § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig sein könne, da – je nach dem begangenen Delikt – eine Verletzung der guten Sitten vorläge. Damit konnte die strafrechtliche Verurteilung nur vermittelt über die Unwirksamkeit der gesellschaftsrechtlichen Willensbildung ein Ausschlussgrund sein. Crisolli 224 sprach sich in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts dafür aus, eine Verurteilung wegen Betrugs, Untreue oder Konkursvergehens und -verbrechens als Amtsunfähigkeitsgrund anzusehen. Die vorherrschende Unsolidität bei der GmbH werde unter anderem dadurch hervorgerufen, dass die Moral der Leiter gesunken sei. Der Gesetzgeber habe daher dafür zu sorgen, dass nur moralisch einwandfreie Geschäftsführer die Leitung einer Gesellschaft übernehmen könnten und der Mantel der Haftungsbeschränkung damit nicht missbraucht werde. Ohne Genehmigung des Reichshandelsregistergerichts sollte daher ein wegen der angesprochenen Delikte Verurteilter nicht bestellt werden können. Eine Verurteilung wegen dieser Delikte während der Zeit, in welcher der Betroffene das Geschäftsführeramt ausübte, sollte das Amt sofort beenden. Die Schwere des Verstoßes und die Dauer der Verurteilung fanden bei Crisolli keine Berücksichtigung. Auch eine zeitliche Grenze, nach der Verurteilungen keine Relevanz mehr haben sollten, gab es nicht. Die Forderungen Crisollis fanden keine große Unterstützung. 225 In den Beratungen des Ausschusses für GmbH-Recht wurde zwar erwähnt, dass es den Vorschlag gebe, Personen von der Geschäftsleitung auszuschließen, wenn sie wegen Konkursvergehens bestraft worden oder ihnen die bürgerlichen Ehrenrechte wegen eines Wirtschaftsdeliktes aberkannt seien. 226 Diskutiert wurde der Vorschlag dagegen nicht. 227

222 Heute nimmt man allgemein an, dass ein Hinderungsgrund für den Inhaftierten besteht, der es ausschließt, dass dieser das Amt des Geschäftsführers wahrnehmen kann, Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 71; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 59. Für die Verbüßung einer Freiheitsstrafe wird man wohl von Fall zu Fall unterscheiden müssen. Geht es um eine Freiheitsstrafe wegen eines Insolvenzdeliktes, schreibt § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG vor, dass die Zeit in einer Anstalt nicht dazu führt, dass die Fünf-Jahres-Frist zu laufen beginnt. Bei Freiheitsstrafen wegen anderer Delikte ist zu überlegen, ob nicht ein Fall von § 138 BGB vorliegt und wie der Vollzug exakt ausgestaltet ist. Soweit Haftlockerungen bestehen und der Betroffene etwa nur abends eingeschlossen wird, kann er alle Geschäftsführerangelegenheiten wahrnehmen und wird Geschäftsführer sein können. 223 JW 1916, 1593. 224 Crisolli, Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, S. 15 f. und ders., in: Frank, NS-Handbuch, S. 1155, 1162 ff. 225 So die Aussage von Stupp, GmbH-Recht im Nationalsozialismus, S. 252. 226 Vgl. Klausing, in: Schubert, GmbH-Protokolle, S. 346. 227 Vgl. Stupp, GmbH-Recht im Nationalsozialismus, S. 252.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

In den Entwürfen zu einer Änderung des GmbH-Rechts von 1939, 1969 und 1971/1973 wurden strafrechtliche Verurteilungen nicht als Inhabilitätsgründe aufgeführt. Erst mit den Arbeiten der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität rückte das Thema der Eignung von Geschäftsführern, die bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten waren, in den Blick des Gesetzgebers. Heidland 228 stellte in seinem Referat die Forderung auf, dass niemand Geschäftsführer sein dürfe, „über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eingeleitet oder mangels Masse abgelehnt worden ist und gegen den dabei ein kaufmännisch zu beanstandendes Verhalten festgestellt wurde.“ Gleiches sollte für den Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft gelten, die in Insolvenz geraten sei, sofern dem Geschäftsführer ein kaufmännisch zu beanstandendes Verhalten vorzuwerfen sei. Ein zu beanstandendes Verhalten sollte strafrechtlich eine Verurteilung wegen der Konkursdelikte in § 239 Ziff. 1 und 2 KO sein. Weiter zu beanstandende Verhaltensweisen sollten etwa die unterlassene oder mangelhafte Buchführung und Bilanzierung sowie die schuldhafte Verzögerung, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, und das unredliche Herbeiführen des Vermögensverfalls sein. In den späteren Beratungen in der Unterkommission entschloss man sich dagegen, eine Verurteilung wegen bestimmter Konkursdelikte direkt zum Ausschlussgrund für einen Geschäftsführer festzulegen. 229 Die Verurteilung sei so bedeutungsvoll und charakterisiere die Person in derart eindeutiger Weise, dass ein Ausschluss die zwingende Folge sein müsse. Die entsprechend formulierte Beschlussempfehlung wurde vom Ausschuss ohne Gegenstimme angenommen. Welche Konkursdelikte genau erfasst sein sollten, wurde im Ausschuss nicht festgelegt. 230 Im Gesetzgebungsverfahren zur GmbH-Novelle wurde dann festgelegt, dass eine Verurteilung wegen der Insolvenzdelikte der §§ 283 –283d StGB den Ausschluss von der Position als Geschäftsführer für fünf Jahre zur Folge hat. So sollten der Gläubigerschutz gestärkt und Dritte vor kriminellen Geschäftsführern geschützt werden. 231 Die ursprüngliche Fassung zur Fristenberechnung der Bundesregierung wurde auf Anraten des Bundesrats sprachlich an die Formulierungen des StGB angepasst. So sollten Widersprüchlichkeiten und Zweifelsfragen vermieden werden. Den Anregungen des Deutschen Anwaltvereins (DAV), die 228 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 2, S. 40 –44. 229 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 28. 230 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 28 ff. 231 BT-Drs. 8/1347, S. 31 f.

D. Keine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts

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Straftatbestände um Verurteilungen wegen Betrugs oder Untreue zu erweitern, wurde im späteren Verfahren nicht entsprochen. 232 Die Sachverhaltsgestaltungen bei einer Untreue oder einem Betrug seien zu vielgestaltig. Zudem ließen das geschützte Rechtsgut wie auch der Unrechtsgehalt der Tat ein Berufsverbot „nicht in jedem Fall angemessen erscheinen“. An der engen Festlegung der Straftatbestände gab es bereits zwei Jahre nach der Novelle erste Kritik. So regte Tiedemann an, § 6 Abs. 2 GmbHG zu ändern und auch um Verurteilungen wegen Untreue zum Nachteil der GmbH zu erweitern. 233 Grund seiner Forderung war die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaften wegen des „neuen“ Ausschlussgrundes zwar die Insolvenzdelikte häufiger anklagten, der BGH aber durch seine Rechtsprechung eine Verurteilung in den meisten Fällen erschwerte. Einige Jahre später kritisierte Stein die Regelung als verfassungswidrig. 234 Der Gesetzgeber hielt es aber bis vor kurzem nicht für notwendig, die Vorschrift zu ändern. Erst mit dem MoMiG hat sich der Gesetzgeber dazu durchgerungen, die Straftatbestände zu verändern. 235

II. Verurteilungen wegen eines Insolvenzdelikts, §§ 283 –283d StGB Die Insolvenzdelikte umfassen den Bankrott, §§ 283, 283a StGB, die Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB, die Gläubiger- und die Schuldnerbegünstigung, §§ 283c, 283d StGB. Sie sollen vor allem die Gesamtheit der Gläubiger vor einer Gefährdung oder Beeinträchtigung ihrer Ansprüche auf Befriedigung aus dem zur Insolvenzmasse gehörenden Schuldnervermögen schützen. 236 Die Insolvenzdelikte setzen alle als objektive Strafbarkeitsbedingung voraus, dass der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist. 237 Zwischen der Tathandlung und der objektiven Strafbarkeitsbedin232

BT-Drs. 8/3908, S. 70. Tiedemann, in: FS Dünnebier, S. 519, 522 f. 234 Stein, AG 1987, 165 ff.; ihr folgend Voerste, AG 1987, 376 f. und das aktienrechtliche Schrifttum, siehe unten Fn. 300 (2. Teil). 235 Siehe bereits oben 1. Teil: F. und unten 2. Teil: D.IX.1. 236 Herrschende Meinung; BGHSt 28, 371, 373; zuletzt BGH, NJW 2001, 1874, 1875; Schönke / Schröder / Stree / Heine, StGB, Vorbem. zu den §§ 283 ff. Rn. 2 m.w. N. Zu anderen Schutzzwecken Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 75 Rn. 94 ff. 237 §§ 283 Abs. 6, 283b Abs. 3, 283c Abs. 3, 283d Abs. 4 StGB. Zu den Definitionen im Einzelnen vgl. etwa Systematischer Kommentar / Hoyer, StGB, Vor § 283 Rn. 11 ff. Unklar sind die Auswirkungen der Europäischen Insolvenzordnung auf die objektive Strafbarkeitsbedingung, siehe Schönke / Schröder / Stree / Heine, StGB, Vorbem. zu den §§ 283 ff. Rn. 1b. 233

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

gung muss keine Kausalität bestehen, allerdings ist wenigstens ein gewisser tatsächlicher und zeitlicher Zusammenhang erforderlich. 238 1. Bankrott, §§ 283 f. StGB Die Tathandlungen lassen sich in bestandbezogene und informationsbezogene Tathandlungen unterscheiden. 239 Die bestandsbezogenen Tathandlungen erfassen Handlungen, durch die eine Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder Verringerung des Vermögensbestands herbeigeführt wird (Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 und 3, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 8 Alt. 1, Abs. 2). Informationsbezogene Tathandlungen sind solche, bei denen der Täter unrichtige Informationen über seinen Vermögensstand abgibt, die ihm obliegenden Buchführungs- bzw. Bilanzierungspflichten unrichtig, mangelhaft oder überhaupt nicht ausführt (Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, Nr. 4 –7, Nr. 8 Alt. 2, 3). § 283 StGB ist ein Sonderdelikt. 240 Täter kann nur der Schuldner sein, § 283 Abs. 6 StGB. 241 Da die Schuldnerstellung ein besonderes persönliches Merkmal ist, findet allerdings § 14 StGB Anwendung. 242 Damit können auch Organe unter den Voraussetzungen des § 14 StGB Täter sein. 243 2. Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB § 283b StGB unterscheidet sich von den Tathandlungen des § 283 Abs. 1 Nr. 5 – 7 StGB nur darin, dass die Handlungen nicht während einer wirtschaftlichen 238 Fehlt es am Zusammenhang, etwa wenn der Täter in einer Krise die Tathandlung vorgenommen hat, die Krise aber später überwunden worden ist, ist der Täter nicht strafbar, vgl. BGHSt 28, 231, 233 f.; Tröndle / Fischer, StGB, Vor § 283 Rn. 17. Vgl. zu § 283b StGB etwa OLG Hamburg, NJW 1987, 1342 ff. 239 Kindhäuser, StGB, Vor § 283 Rn. 2; Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn 10. 240 Allgemeine Ansicht, Wabnitz / Janovksy / Köhler, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, Kap. 7 Rn. 96. 241 Bestimmte Tathandlungen (Abs. 1 Nr. 5, 7) können sogar nur von Kaufleuten begangen werden, BGH, NJW 2001, 1874, 1875; LK / Tiedemann, StGB, Vor § 283, Rn. 59. Auch Nr. 6 nur durch Kaufleute begehbar: Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 28, 193 f. 242 Lackner / Kühl, StGB, § 283 Rn. 3; Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 234. 243 Eine Überwälzung nach § 14 StGB ist deshalb wichtig, weil es einer juristischen Person als Schuldner und damit dem eigentlichen Adressaten des Bankrotts an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit mangelt. Dem für eine juristische Person handelnden Organ fehlt es dagegen an der Schuldnereigenschaft. Damit drohte der Bankrott in den Fällen, in denen eine juristische Person Schuldner ist, leerzulaufen, wenn nicht § 14 StGB Anwendung fände. Zu den Problemen siehe unten 2. Teil: D.II.7.a).

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Krise begangen werden müssen. 244 § 283b ist im Verhältnis zu § 283 StGB ein Auffangtatbestand, so dass dann, wenn die wirtschaftliche Krise bei § 283 StGB nicht wenigstens fahrlässig verkannt wurde oder die Krise nicht nachweisbar ist, über § 283b StGB dennoch bestraft werden kann. 245 3. Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB Jemand begünstigt einen Gläubiger im Sinne von § 283c StGB, wenn er in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit diesem eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt, die dieser gar nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat (inkongruente Deckung), 246 und ihn dadurch absichtlich oder wissentlich vor den übrigen Gläubigern begünstigt. Die Gläubigerbegünstigung ist eine Privilegierungsnorm gegenüber § 283 StGB. 247 4. Schuldnerbegünstigung, § 283d StGB § 283d StGB knüpft an den Tatbestand von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB an, modifiziert aber den Täterkreis. Täter kann – mit Ausnahme des Schuldners bzw. diesem nach § 14 StGB gleichgestellten Personen 248 – jedermann sein. 249 Da einen Außenstehenden aber nicht die gleiche Verantwortung für die geschützten Rechtsgüter und die Befriedigung der Gläubiger wie den Schuldner trifft, sind die Strafbarkeitsvoraussetzungen enger. 250 Der Dritte muss mit Einwilligung oder zu Gunsten des in einer wirtschaftlichen Krise befindlichen Schuldners handeln, um die Gesamtheit der Gläubiger durch eine Schmälerung der Insolvenzmasse zu benachteiligen. 251 244

Kindhäuser, StGB, § 283b Rn. 1. Kindhäuser, StGB, § 283b Rn. 1. 246 Darunter fallen etwa die Erfüllung von verjährten Forderungen und anfechtbaren Rechtsgeschäften, die Einräumung einer andersartigen Leistung (etwa von Sicherheiten, auf die kein Anspruch besteht) oder die Erfüllung von betagten oder bedingten Forderungen vor Fälligkeit bzw. Eintritt der Bedingung; siehe im Einzelnen Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 14 Rn 25 ff. 247 BT-Drs. 7/3441, 39. Grund der Privilegierung ist, dass der Schuldner lediglich eine ordnungsgemäße Verteilung der Insolvenzmasse beeinträchtigt, nicht aber den Zugriff auf sein Vermögen und dessen Verwertung im Insolvenzverfahren verhindern möchte, BGHSt 8, 55, 56 (zur KO); BGHSt 35, 357, 359; Wessels / Hillenkamp, BT 2 Rn. 477. 248 Wabnitz / Janovksy / Köhler, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, Kap. 7 Rn. 184. 249 § 283d ist Allgemein- und kein Sonderdelikt (unstr.), Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 326. 250 BT-Drs. 7/3441, S. 39; BGHSt 35, 357, 359. 251 Eine ungleichmäßige Verteilung der Insolvenzmasse zum Vorteil eines und zum Nachteil der anderen Gläubiger reicht nicht aus, da andernfalls ein Außenstehender schärfer bestraft werden würde als der seinen Gläubiger begünstigende Schuldner, vgl. BGHSt 35, 357, 359. 245

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

5. Für § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG relevante Verurteilungen Gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ist jede Verurteilung wegen eines Insolvenzdeliktes ein Ausschlussgrund, unabhängig davon ob eine Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt worden ist, ob ein Strafbefehl oder ein Urteil ergangen ist, ob Täterschaft oder Teilnahme vorliegen. 6. Statistisches zu den Delikten 252 Polizeilich sind für das Jahr 2004 14.902 Insolvenzdelikte erfasst, darunter 6.849 Fälle von Straftaten nach den §§ 283 ff. StGB; 253 diese erfassten Delikte führten nur zu 1.627 Verurteilungen. 254 2005 haben sich kaum Änderungen ergeben. Bei 15.093 Insolvenzdelikten insgesamt gab es 6.704 Delikte nach den §§ 283 ff. StGB. 255 Das Dunkelfeld der tatsächlich begangenen Taten soll erheblich größer als die erfassten Delikte sein. 256 Die Ermittlungen konzentrieren sich in aller Regel auf den Geschäftsführer einer Gesellschaft, 257 weshalb diese wohl auch den Hauptanteil der Verurteilten stellen werden. Die Zahlen für die erfassten Delikte für 2005 zeigen eine Verringerung um 2,1% gegenüber dem Vorjahr, gegenüber 2000 ist indessen ein Anstieg um fast 40% festzustellen. 258 Der Anstieg ist vor allem ein Ergebnis der schlechten konjunkturellen Entwicklung in diesen Jahren, wobei mit einem weiteren Anstieg der Deliktszahlen gerechnet wird. 259 Die Aufklärungsquote beträgt 99,3%. 260

252 Auf die über 25 Jahre alte, eingehende rechtstatsächliche Untersuchung der Verurteilungen nach den Konkursdelikten und dem Strafmaß der Verurteilungen von Arntz, Delikte bei Insolvenzen in den Jahren 1977 –1980, sei an dieser Stelle hingewiesen; wegen des Alters bleibt seine Untersuchung hier jedoch unberücksichtigt. 253 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2004, S. 40, 236. Dabei steht die Rechtsform der GmbH bei der Vielzahl der Delikte im Vordergrund, Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung, S. 11. 254 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 98 f. Siehe auch die weiteren Zahlen unten 2. Teil: D.III. 255 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, S. 40, 236. 256 So auch Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, S. 236. Die Schätzungen schwanken zwischen den Aussagen, dass ein Drittel aller Insolvenzen, die Hälfte aller Insolvenzen bzw. sogar 80 –90% aller Insolvenzen mit kriminellen Handlungen verbunden seien, siehe die Nachweise bei LK / Tiedemann, StGB, Vor § 283 Rn. 24. 257 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2004, S. 81. 258 Im Jahre 2000 gab es 4.861 Delikte, Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2000, S. 38. 259 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2004, S. 82. 260 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, S. 236. Die im Vergleich zur allgemeinen Aufklärungsquote von 54,2% hohe Quote ist darauf zurückzuführen,

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Die absoluten Zahlen sind im Vergleich zu den Fällen des Betrugs (949.921 erfasste Delikte) oder der Untreue (48.407) verhältnismäßig gering; selbst wenn man aus dem Bereich des Betrugs nur die im Zusammenhang mit der Wirtschaftskriminalität erfassten Fälle zum Maßstab nimmt (43.353) ändert sich an der dominanten Rolle des Betrugs wenig. 261 Wirft man einen Blick auf die Schadenssummen, die bei den Insolvenzdelikten entstehen, so sieht man die große volkswirtschaftliche Bedeutung der Delikte. Das Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität zeichnete für 2004 folgendes Bild: 262 Alle Insolvenzdelikte verursachten einen Schaden in Höhe von ca. 2,87 Mrd. Euro. 263 Dies war gegenüber dem Vorjahr zwar ein Rückgang der Schadenssumme um 10,6%, bewegte sich aber im Verhältnis zu den anderen Straftaten immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Die Insolvenzdelikte waren dabei für 51% der Schadenssumme aller Fälle der Wirtschaftskriminalität verantwortlich, machten aber nur 18% der Fälle der Wirtschaftskriminalität aus. An der Gesamtzahl der Straftaten stellten alle Insolvenzdelikte sogar nur einen Anteil von etwa 2% 264, waren dagegen aber für ca. 21 % der Gesamtschadenssumme aller Delikte verantwortlich. Die Gründe für die geringe praktische Bedeutung und das hohe Dunkelfeld der Insolvenzdelikte sind vielfältig: 265 Die Staatsanwaltschaften erlangen häufig keine Kenntnis, da es selten Anzeigen der Betroffenen gibt. Selbst wenn die Taten der Staatsanwaltschaft bekannt werden, erschweren die häufig kunstvoll verschleierten Manipulationen die Ermittlungen und den Nachweis der Taten. Die Interessenformel sorgt weiter dafür, dass in den praktisch wichtigen Fällen des eigennützigen Handelns ein Insolvenzdelikt nicht verfolgt werden kann, sondern nur eine Untreue vorliegt und es damit an einem Anknüpfungspunkt für § 6 Abs. 2 dass die Täter und Opfer häufig den Ermittlungsbehörden bekannt sind, Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2005 – Kurzfassung, S. 5. 261 Vgl. Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, S. 25, 236. 262 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2004, S. 80. Die dort zitierten Zahlen beziehen auch Insolvenzdelikte nach dem GmbHG und dem HGB mit ein (8.769 erfasste Delikte, Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, S. 43). 263 Durch Begleitdelikte ist der tatsächliche Schaden sogar noch weit größer, Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2004, S. 81. 264 Vgl. die Zahlen in Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2004, S. 25, 236. 265 Siehe ausführlicher zum Folgenden etwa Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung, S. 10 und Wabnitz / Janovksy / Dannecker, Wirtschaftsund Steuerstrafrecht, Kap. 1 Rn. 22 ff. Siehe auch die Bestrebungen der Staatsanwaltschaften und Polizei zu einer effizienteren Bekämpfung der Insolvenzkriminalität, indem etwa auf Durchsuchungen bei Schäden unter 500.000 € und auf Handelsregisterauswertungen verzichtet werden soll, Bundeskriminalamt (Hrsg.), Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2004, S. 82.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

GmbHG mangelt. Zudem werden viele Verfahren durch deals zum Abschluss gebracht: 266 Da eine Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat zu einer Inhabilität führt, die bloße Insolvenzverschleppung dagegen nicht, sind die Täter häufig bereit letztere zuzugeben, wenn die Staatsanwaltschaft das andere Verfahren einstellt. Daher besteht zwischen den polizeilich ermittelten Tatverdächtigen und den später Abgeurteilten bzw. Verurteilten eine große Diskrepanz. 267 7. Besondere Probleme der §§ 283 ff. StGB a) Interessenformel Bei der Anwendung von § 14 StGB im Rahmen des § 283 StGB ist zu beachten, dass die Rechtsprechung und ein Teil der Literatur wegen des Wortlauts von § 14 StGB („als ... Organ“) ein Handeln des Vertreters wenigstens auch im Interesse des Vertretenen, also der juristischen Person, fordern (sog. Interessenformel). 268 Dies führt dazu, dass der Bankrott in der Regel keine Anwendung findet, sondern nur eine Untreue vorliegen kann, wenn der Geschäftsführer einer GmbH eigennützig und nur im eigenen Interesse die Tathandlungen vornimmt. 269 Die Interessenformel schränkt den Anwendungsbereich der Bankrottdelikte erheblich ein. Automatische Amtsunfähigkeit nach § 6 Abs. 2 GmbHG wegen einer solchen Verurteilung scheidet in der Praxis damit sehr häufig aus. Die Interessenformel sieht sich unter anderem wegen dieser Folgen erheblicher Kritik ausgesetzt. 270 Tiedemann 271 geht sogar soweit von einer Privilegierung des geschäftsführenden Kaufmanns zu sprechen, der sein Geschäft als juristische Person führt. Dank der Interessenformel wird das Insolvenzstrafrecht für ihn „praktisch unanwendbar“, 266

Vgl. Haas, GmbHR 2006, 1396, 1374; ebenso schon Stein, AG 1987, 165, die sogar die kühne These aufstellt, dass dies an den verfassungswidrigen Konsequenzen (§ 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG) einer Verurteilung nach den §§ 283 ff. StGB liege. Optimistischer damals Richter, GmbHR 1984, 137, 150. 267 Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung, S. 10; Eisenberg, Kriminologie, § 47 Rn. 41 mit einer Übersicht über die Tatverdächtigen und Verurteiltenzahlen bis 1997. 268 Maßgeblich ist dabei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, st. Rspr., BGHSt 28, 371, 373 f., 30, 127, 128; zustimmend etwa Tröndle / Fischer, StGB, § 14 Rn. 5; Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 346. 269 BGHSt 30, 127, 128 ff.; BGH bei Holtz, MDR 1984, 277; ausnahmsweise kann Tateinheit zwischen Untreue und Bankrott gegeben sein, wenn etwa der Geschäftsführer Geld teils für die Gesellschaft, teils unrechtmäßig für sich beiseite schafft, BGHSt 28, 371, 372 f.; 30, 127, 130. Für die Buchführungs- und Bilanzdelikte lässt der BGH wohl schon die Organstellung ausreichen; damit wird dort auch eigennütziges Handeln erfasst, vgl. MüllerGugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 77 Rn. 27 mit Nachweisen. 270 Statt vieler AG Halle-Saalkreis, NJW 2002, 77 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 572 ff.; Schönke / Schröder / Perron, StGB, § 14 Rn. 26. 271 LK / Tiedemann, StGB, Vor § 283, Rn 80. Ähnlich Arloth, NStZ 1990, 570, 574.

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da die typischen Bankrotthandlungen wie die des Beiseiteschaffens nie im Interesse des Unternehmens liegen werden. Die Kritik hat den BGH bisher jedoch nicht dazu bewogen, von seiner Rechtsprechung abzuweichen und auch für die nähere Zukunft wird dies so bleiben. 272 Die erheblichen Lücken für die derzeitigen Inhabilitätsgründe des § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG werden daher weiter bestehen bleiben. b) Faktischer Geschäftsführer Ein Problem nicht nur der §§ 283 ff. StGB 273, sondern des gesamten Gesellschafts- und Strafrechts ist es, wie jemand, der wie ein Organ auftritt, ohne (wirksam) dazu bestellt worden zu sein, als Organ strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. 274 Dabei sind zwei Fälle begrifflich zu unterscheiden: der fehlerhaft bestellte Geschäftsführer, bei dem der Bestellungsakt unwirksam ist, und der faktische Geschäftsführer, bei dem nie ein (fehlerhafter) Bestellungsakt bestanden hat. 275 Dass ein unwirksam bestellter Geschäftsführer strafrechtlich erfasst wird, ergibt sich bereits aus § 14 Abs. 3 StGB. Demnach gilt die Überwälzungsnorm des § 14 StGB auch dann, wenn das Rechtsverhältnis, welches das Vertretungsverhältnis begründet, unwirksam ist. Heftig umstritten ist dagegen, inwieweit jemand strafrechtlich erfasst werden kann, der nicht formal zum Organ bestellt worden ist, aber wie ein Organ auftritt. Einige Verfasser sehen nur begrenzte Möglichkeiten, wie sich ein solcher faktischer Geschäftsführer strafbar machen kann, da er von § 14 Abs. 3 StGB, der einen Bestellungsakt voraussetze, nicht erfasst werde. 276 Die Rechtsprechung und die weit überwiegende Auffassung der Rechtswissenschaft gehen von einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit des nicht bestellten Geschäftsführers aus. 277 Voraussetzung seien die tatsächliche Aufnahme der Ge272

So die Einschätzung von LK / Tiedemann, StGB, Vor § 283 Rn 85. Dazu, für welche Varianten der §§ 283 ff. StGB die faktische Geschäftsführung besonders relevant werden kann, siehe die Aufzählung bei Bittmann / Rudolph, Insolvenzstrafrecht, § 5 Rn 106. 274 Siehe vertiefend Gübel, Auswirkungen der faktischen Betrachtungsweise auf die strafrechtliche Haftung. Neben dem faktischen Geschäftsführer bleibt der Strohgeschäftsführer strafrechtlich verantwortlich, siehe dazu im Einzelnen Bittmann / Rudolph, Insolvenzstrafrecht, § 5 Rn 119 ff. 275 Vgl. Schönke / Schröder / Perron, StGB, § 14 Rn. 42/43 m.w. N. auch zur Gegenansicht. 276 Etwa Stein, Das faktische Organ, S. 130 ff. (Normauslegung als mögliche Lösung); Schönke / Schröder / Perron, StGB, § 14 Rn. 42/43 m.w. N. (Ein faktischer Geschäftsführer könne dann strafrechtlich erfasst werden, wenn ein Auftrag im Sinne von § 14 Abs. 2 StGB vorliege). 277 Statt vieler BGHSt 3, 32, 37 f.; jüngst etwa BGHSt 46, 62, 64 ff.; Schäfer, GmbHR 1993, 717, 722 f. m.w. N. 273

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schäftsführertätigkeit in einem bestimmten Umfang und das Einverständnis der Gesellschafter. 278 Der nicht bestellte Geschäftsführer kann damit wegen eines Insolvenzdeliktes verurteilt werden. Ihn trifft dann auch die Folge des § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG und somit eine fünfjährige Amtsunfähigkeit. c) Verbraucherinsolvenz 279 Unter Geltung der Konkursordnung gab es zwar die Möglichkeit über das Vermögen einer Privatperson den Konkurs zu eröffnen. In der Praxis wurde aber aus den verschiedensten Gründen von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht, stattdessen wich man auf die Einzelzwangsvollstreckung aus. 280 Da es somit in vielen Fällen am Eintritt der objektiven Strafbarkeitsbedingung für die Insolvenzdelikte mangelte, konnte sich eine Privatperson daher in der Regel nur wegen Vereitelung der Zwangsvollstreckung gemäß § 288 StGB strafbar machen. 281 Mit der Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304 ff. InsO) kann nunmehr unter einfacheren Bedingungen über das Vermögen einer Privatperson das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Damit kann die objektive Strafbarkeitsbedingung eher eintreten und eine Strafbarkeit aus den §§ 283 ff. StGB ist möglich. 282 Der BGH und ein Teil der Literatur möchten daher die Vorschriften der §§ 283 ff. StGB auch auf Verbraucher anwenden. 283 Legt man diese Ansicht zu Grunde, so ist Konsequenz, dass auch eine Privatinsolvenz in Kombination mit einer strafrechtlichen Verurteilung zum Ausschluss von der Geschäftsleitung für die Dauer von fünf Jahren führen kann. Große strafrechtliche Effekte sind von dieser Ausdehnung bislang nicht zu spüren. 284 Für § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG heißt dies, dass zwar Firmenbestatter nicht mehr jede beliebige insolvente Privatpersonen als Geschäftsführer bestellen können, sofern diese wegen ihrer Verhaltensweisen 278 BGHSt 46, 62, 64 ff.; Wabnitz / Janovksy / Köhler, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, Kap. 7 Rn. 277 ff. 279 Siehe zum Folgenden ausführlicher Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung, S. 254 ff. 280 Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung, S. 254 ff. 281 Dieser besitzt gegenüber den Konkursdelikten für eine Privatperson den Vorteil, dass er höhere Voraussetzungen und ein geringeres Strafmaß beinhaltet sowie keine automatische Amtsunfähigkeit mit einer Verurteilung verbunden ist, vgl. Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung, S. 257 f. 282 Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung, S. 252, 254. 283 BGH, NJW 2001, 1874, 1875; Tröndle / Fischer, StGB, Vor § 283 Rn. 18; Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn 8 f.; krit. Röhm, Abhängigkeit des Insolvenzstrafrechts von der Insolvenzordnung S. 260 ff.; Schramm, wistra 2002, 55 f. 284 Siehe das Fazit bei Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 75 Rn. 52 („geringe Praxisrelevanz“).

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bei einer Verbraucherinsolvenz verurteilt worden sind. 285 Die Zahlen der derart Inhabilen werden aber nicht der Rede wert sein. 8. Zusammenfassung Die Straftatbestände der Insolvenzdelikte decken zwar einen breiten Bereich krimineller Handlungsweisen im Zusammenhang mit Insolvenzen ab, führen aber in der Verurteilungspraxis bisher ein Schattendasein. Dies liegt daran, dass die schon engen Voraussetzungen der Tatbestände durch die Rechtsprechung, gerade für die häufigen Fälle der GmbH-Insolvenzen, weitere Einschränkungen erfahren. Die schwierigen Ermittlungen und die Tendenz, über einen Deal eine Verurteilung wegen eines Insolvenzdeliktes zu vermeiden, tragen das Ihrige dazu bei. Die Tatsache, dass der BGH die §§ 283 ff. StGB auch auf die Fälle der Verbraucherinsolvenz anwenden möchte, erweitert theoretisch zwar den Anwendungsbereich, wird aber in der Praxis kaum zu mehr Verurteilungen führen.

III. Rechtstatsächliche Bedeutung Zahlen über die strafrechtlichen Verurteilungen nach den §§ 283 ff. StGB lassen sich den Strafverfolgungsstatistiken entnehmen. Die Inhabilität gilt fünf Jahre ab Rechtskraft des Urteils. Da die Verurteilungszahlen sich aber auf ein ganzes Jahr erstrecken, ist eine zeitpunktsbezogene Aussage allein durch eine Addition der Zahlen für die letzten fünf Jahre nicht zu treffen. 286 Außerdem sind diejenigen Abgeurteilten, gegen die ein Strafbefehl erlassen worden ist und die deshalb ebenfalls amtsunfähig sind, nicht in den Statistiken ausgewiesen. Dennoch bietet die Summe der Verurteilungen für einen Fünf-Jahres-Zeitraum einen guten Anhaltspunkt für die tatsächlich von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ausgeschlossene Personenzahl. Für das Jahr 2004 gab es 1.627 Verurteilungen 287, 2003 1.410 Verurteilungen 288, 2002 1.259 Verurteilungen 289, 2001 1.155 Verurteilungen 290 und 2000 1.104 Verurtei285 Vgl. zu den Methoden der Firmenbestatter im Einzelnen Seibert, in: FS Röhricht, S. 585, 589 ff. und unten 2. Teil: J.I.1. 286 Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Fünf-Jahres-Frist nicht während der Verbüßung einer Haftstrafe oder einer anderweitigen behördlichen Unterbringung läuft, aber während der Bewährungszeit. Damit sind auch Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung, die länger als fünf Jahre zurückliegen, relevant. Insgesamt sind diese Verurteilungen aber zu vernachlässigen, denn die Zahlen für Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung lagen 2004 bei 8, 2003 bei 6, 2002 bei 3; Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 98 f., 158 f.; dass., Strafverfolgungsstatistik 2003, S. 92 f., 152 f.; dass., Strafverfolgungsstatistik 2002, Tabelle 2.3, Tabelle 3.1. 287 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 98 f. 288 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2003, S. 92 f. 289 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2002, Tabelle 2.3.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

lungen 291. Damit wird man unter Berücksichtigung der erwähnten Probleme auf wenigstens, aber auch nicht deutlich mehr als 6.600 amtsunfähige Personen im Jahr 2005 kommen.

IV. Zweck des Ausschlusses Schutzzweck der aus einer Verurteilung resultierenden Inhabilität ist der Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs vor wirtschaftskriminellen Geschäftsführern. 292 Der Gesetzgeber stellt die Prognose auf, dass jemand, der wegen eines Insolvenzdeliktes verurteilt worden ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für die Gläubiger darstellt. 293 Der Verurteilte hat, da die Insolvenzdelikte in aller Regel Geschäftsführer treffen, bereits einmal Gläubiger geschädigt, indem er seinen Pflichten nicht nachgekommen ist. 294 Eher reflexiv werden die Gesellschaft und die Gesellschafter vor Insolvenzdelinquenten geschützt. 295

V. Ausschluss für die Dauer von fünf Jahren Der Verurteilte kann für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein, andere leitende Tätigkeiten bleiben möglich. Einem rechtskräftigen Urteil entspricht gemäß § 410 Abs. 3 StPO ein rechtskräftiger Strafbefehl. Für die Fristberechnung gelten die §§ 186 ff. BGB. Die Zeit der Haftstrafe oder einer anderweitigen Verwahrung in einer Anstalt auf behördliche Anordnung wird in den Fristenlauf nicht eingerechnet, § 6 Abs. 2 S. 3 HS. 2 GmbHG. 296 Die Fünf-Jahres-Frist beginnt auch bei der Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung bzw. läuft währenddessen weiter. 297 290

Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2001, S. 82 f. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2000, S. 80 f. 292 Vgl. Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 302; Drygala, ZIP 2005, 423, 424; Stein, AG 1987, 165, 172. 293 BT-Drs. 8/1347, S. 31 f. 294 Ähnlich Bittmann, GmbHR 2007, 70, 76, dessen Argumentation jedoch zu kurz greift, wenn er darauf abstellt, dass bereits einmal einem betreuten Gesellschaftsvermögen Nachteile bereitet wurden. Bei einem Insolvenzdelikt wird zwar unter Umständen der Gesellschaft Vermögen entzogen, aber dies vor allem zum Nachteil der Gläubiger. 295 Pauschal für einen Schutz der Gesellschafter bei § 6 Abs. 2 GmbHG OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857. Ebenso Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 11, der sich im Zusammenhang mit der Versicherungspflicht und deren Strafbewehrung für einen Schutz der Gesellschafter ausspricht. 296 Zu den sprachlichen Änderungen während des Gesetzgebungsverfahrens siehe oben 1. Teil: E.III.2. 297 GroßkommAktG / Kort, § 76 Rn. 214; KölnerKommAktG / Mertens, § 76 Rn. 104. 291

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VI. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Stein 298 hat die Verfassungsmäßigkeit der Anknüpfung an eine strafrechtliche Verurteilung nach den §§ 283 ff. StGB bereits im Jahre 1987 eingehend untersucht. Bei ihrer Untersuchung verglich sie die Amtsunfähigkeit vor allem mit den engen Maßgaben, die für die Verhängung eines strafrechtlichen Berufsverbots nach § 70 StGB gelten und kam zu dem Schluss, dass § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße und daher verfassungswidrig sei. Zudem bestünden hinsichtlich der Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots Bedenken. Die Bedenken Steins werden für das GmbH-Recht nur von wenigen geteilt, die herrschende Meinung hält die Norm für verfassungsgemäß. 299 Im Aktienrecht dagegen stellt sich das Bild umgekehrt dar. Dort zweifelt die herrschende Meinung an der Verfassungsmäßigkeit des gleichlautenden Inhabilitätsgrundes für Vorstandsmitglieder, § 76 Abs. 3 S. 3 AktG. 300 Steins Argumentation und der Meinung der Aktienrechtler ist dabei im Ergebnis zu folgen. 1. Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG Der Eingriff in die Berufsfreiheit durch § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn er einen legitimen Zweck verfolgt, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. Mit dem Schutz des Rechtsverkehrs und der Gläubiger vor ungeeigneten und kriminellen Geschäftsführern verfolgt der Ausschluss einen legitimen Zweck. 301 a) Eignung des Ausschlusses Der Ausschluss muss geeignet sein, dass heißt den gewünschten Erfolg fördern und die derzeitige Situation verbessern. Nur wenn die Prognose des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft ist, also auf einer nicht nachvollziehbaren Grundlage getroffen wurde, ist diese Maßnahme ungeeignet. Der Ausschluss von Personen, die bereits ein Insolvenzdelikt begangen haben, fördert den Zweck, die Gläubiger und den Rechtsverkehr zu schützen und beruht auf einer nachvollziehbaren Grundlage. 302 Als Grundlage für seine Entscheidung führte der Gesetzgeber bekanntlich 298

AG 1987, 165 ff. Für die herrschende Meinung siehe etwa Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 21; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 20; OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 624; die Bedenken von Stein teilend Voerste, AG 1987, 376 f.; Drygala, ZIP 2005, 423, 425 f.; MüllerGugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 75 Rn. 124. 300 GroßkommAktG / Kort, § 76 Rn. 216; KölnerKommAktG / Mertens, § 76 Rn. 106; Hüffer, AktG, § 76 Rn. 27; MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 76 Rn. 92. 301 Siehe bereits oben 1. Teil: H.I.1.a)bb)(2)(b). 299

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

knapp aus, dass die Verurteilungen „so bedeutungsvoll (seien) und charakterisierten die Persönlichkeit in so eindeutiger Weise, daß sie die Nichteignung ... stets zur Folge haben sollten“ (Sachverständigenkommission) bzw. so gelagert seien, dass die „fehlende Eignung ... auf der Hand liege“ (Bundesrat). 303 Stein lehnt als nachvollziehbare Grundlage hingegen einen spezifischen Unrechtsgehalt der Insolvenzdelikte ab. 304 Dies bestätige die Verteilung der Verurteilungen, die zu weit überwiegenden Teilen nur wegen einer fahrlässigen Verletzung der Buchführungspflichten erfolge. Außerdem variierten die Delikte stark im Strafrahmen und bei den Tatbestandsmerkmalen. Berücksichtigt man jedoch, dass alle Insolvenzdelikte einen tatsächlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Zahlungseinstellung bzw. der Insolvenz erfordern, kann schon von einem gewissen spezifischen Unrechtsgehalt der Insolvenzdelikte gesprochen werden. Insofern erscheint die Entscheidung des Gesetzgebers zumindest als nachvollziehbar. Es lässt sich sicherlich ebenfalls daran zweifeln, ob eine Verurteilung wegen einer fahrlässigen Verletzung der Buchführungspflicht tatsächlich symptomatischen Charakter für die Ungeeignetheit besitzt. 305 Diese Zweifel ändern aber nichts daran, dass die allgemeine Anknüpfung wegen des Zusammenhangs mit der objektiven Strafbarkeitsbedingung nachvollziehbar erscheint. Der Ausschluss ist demnach geeignet.

302

Ebenso Stein, AG 1987, 165, 172 f. Siehe bereits oben 1. Teil: E.II.1., 1. Teil: E.III. Stein kritisiert diese Aussagen im Gesetzgebungsverfahren nicht ganz zu Unrecht als pauschale Werturteile und unpräzise. 304 Stein, AG 1987, 165, 173. 305 Stein, AG 1987, 165, 173, fasst diese Zweifel in der folgenden Frage zusammen: „Charakterisiert es die Persönlichkeit eines Kaufmannes, der jahrelang sein Geschäft einwandfrei geführt hat, tatsächlich in so eindeutiger Weise, daß er fünf Jahre lang nicht zum Geschäftsführer einer GmbH taugt, wenn er einmal eine Bilanz entgegen § 243 Abs. 3 HGB fahrlässig verspätet aufgestellt hat, sein Unternehmen ein halbes Jahr später wegen Zusammenbruchs des Hauptkunden plötzlich die Zahlungen einstellen muß und er deswegen zu einer geringfügigen Geldstrafe verurteilt wird?“ Ob in Steins Beispielsfall eine Verurteilung nach § 283b StGB erfolgen würde, ist allerdings sehr zweifelhaft, da die Tathandlung gefahrerhöhende Auswirkungen im Zeitpunkt des Eintritts der objektiven Strafbarkeitsbedingung haben muss. Diese werden aber nicht gegeben sein. Richtig müsste die Beispielsfrage lauten: Charakterisiert es die Persönlichkeit eines Kaufmannes, der jahrelang sein Geschäft einwandfrei geführt hat, tatsächlich in so eindeutiger Weise, dass er fünf Jahre lang nicht zum Geschäftsführer einer GmbH taugt, wenn er einmal eine Bilanz entgegen § 243 Abs. 3 HGB fahrlässig verspätet aufgestellt hat, sein Unternehmen ein Jahr später die Zahlungen einstellen muss, da Forderungen gegen den Hauptkunden abgeschrieben werden mussten und der Geschäftsführer bei einer rechtzeitige Bilanzierung die Geschäftsführung hätte steuern können und er deswegen zu einer geringfügigen Geldstrafe verurteilt wird? Vgl. Sachverhalt und Urteil des OLG Hamburg, NJW 1987, 1342 ff. Mit einem weiteren Beispiel für die problematischen Konsequenzen Voerste, AG 1987, 376. 303

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b) Erforderlichkeit Die Anknüpfung des Gesetzgebers an alle Insolvenzdelikte ist erforderlich, wenn keine gleich effektive, aber mildere Handlungsalternative für den Gesetzgeber besteht. Dabei ist sein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zu beachten. Die konkrete Ausgestaltung muss vertretbar sein, dazu darf er Sachverhalte für einen effektiven Gesetzesvollzug typisierend zusammenfassen. Stellt sich eine Prognose als unzutreffend heraus, so hat der Gesetzgeber zu reagieren; ansonsten ist die Norm verfassungswidrig. 306 Stein 307 hält den Ausschluss für nicht erforderlich, da sie, nach Erwägung verschiedener Handlungsalternativen, eine Maßnahme aufzeigt, deren Eingriffsintensität bei gleicher Effektivität geringer ist. Sie verwirft zunächst eine registergerichtliche Eignungsprüfung oder gerichtlich geltend zu machende Entlastungsmöglichkeiten als faktisch nicht milder und pauschale Differenzierungen hinsichtlich Ob und Dauer, sowie die generelle Reduzierung der Dauer als weniger effektiv. Als verfassungsrechtlich besseres Mittel schlägt Stein dann eine Lösung vor, die § 70a StGB vergleichbar sei und ähnlich auch im Gewerberecht existiere: Nach einer Mindestdauer von einem Jahr könne der Ausschluss nach gerichtlicher Entscheidung zur Bewährung ausgesetzt werden, Härten würden vermieden, gleichzeitig aber ein umfassendes Schutzniveau gewährleistet. 308 Steins Bewertung der Norm als nicht erforderlich, ist nicht zutreffend. 309 Sie beruht auf ihrer Prognose, dass nicht alle Insolvenzdelinquenten inhabil sind, sondern weiter zu differenzieren ist. Nach der Prognose des Gesetzgebers dagegen bieten Personen, die wegen einer Insolvenzstraftat verurteilt worden sind, pauschal keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung, so dass ein langer zeitiger Ausschluss zu erfolgen hat. Da die Verurteilung den Charakter der Verurteilten insoweit abbildeten, dass ihre Nichteignung auf der Hand liege, sieht der Gesetzgeber bei seiner Annahme keine Möglichkeit weitere Erleichterungen bei der Inhabilität zuzulassen, da diese nicht gleich effektiv sein können. Insoweit ist es nicht möglich, dem Gesetzgeber innerhalb seiner Prognose mildere, gleich effektive Mittel aufzuzeigen. Ansatzpunkt für die Verfassungswidrigkeit der Norm kann daher an dieser Stelle nur sein, ob die Prognose des Gesetzgebers, eine Inhabilität bei allen Verur306

Siehe bereits die Ausführungen oben 1. Teil: H.I.1.a)bb)(2)(c). AG 1987, 165, 173 f. 308 Als mögliche weitere Alternativmaßnahme könnte der Ausschlussgrund auch vergleichbar zum strafrechtlichen Berufsverbot, § 70 StGB, ausgestaltet werden, wobei deren Effektivität angesichts der Zahl der Berufsverbote nach § 70 StGB sehr gering sein sollte. 309 Im Ergebnis ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 147 f., die aber „nur“ pauschal darauf abstellt, dass kein milderes, gleich effektives Mittel besteht, dies indessen nicht in einen Zusammenhang mit der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers stellt. 307

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

teilungen für fünf Jahre auszusprechen, eine unvertretbare Entscheidung ist. Nur so kann dem bestehenden Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers genügt werden. Eine solche unvertretbare Prognose wird man dem Gesetzgeber aber nicht vorwerfen können, da es nicht auszuschließen ist, dass in der Praxis Bewährungsregeln oder gerichtliche Eignungsverfahren nicht die gleiche Effektivität eines vollständigen Ausschlusses erreichen werden. Ebenso wird man eine Einschränkung, ob und wie lange ein Ausschluss erfolgt, nicht zwangsläufig als gleich wirksames Mittel ansehen können. Die Entscheidung des Gesetzgebers ist daher jedenfalls vertretbar. c) Angemessenheit Schließlich muss der Eingriff in einem angemessenen Verhältnis zu dem betroffenen Grundrecht stehen, so „daß bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt.“ 310 Wiederum kann auf die Ergebnisse der Arbeit von Stein 311 zurückgegriffen werden. Stein 312 untersucht die Angemessenheit anhand der Frage, ob der pauschale Ausschluss für die Dauer von fünf Jahren noch eine angemessene Mittel-ZweckRelation aufweise, wenn der Betroffene wegen des geringsten Insolvenzvergehens verurteilt worden ist. Ein Berufsverbot sei bereits grundsätzlich ein schwerer Eingriff in die Berufsfreiheit. Mit der fünfjährigen Dauer der Inhabilität sei der Gesetzgeber ohne Differenzierungen an die für ein strafrechtliches Berufsverbot zulässige Regelhöchstgrenze gegangen, was die Schwere des Eingriffs zusätzlich unterstreiche. Hinzukomme noch, dass das Berufsverbot nicht für die Tätigkeit verhängt werde, bei der die Straftat begangen wurde, sondern für eine ganz andere Tätigkeit. 313 Angesichts der so festgestellten Schwere des Mittels müssten die Interessen des Gemeinwohls umso stärker und die Dringlichkeit des Schutzes umso höher sein. Das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit vor Personen, die wegen einer fahrlässigen Verletzung der Buchführungspflicht zu einer minimalen Geld310

BVerfGE 83, 1, 19; 90, 145, 173 – „Recht auf Rausch“. AG 1987, 165, 174 ff. 312 Exemplarisch zieht sie dazu die fahrlässige Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b Abs. 1, 2, StGB, heran, die nur mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet wird und das leichteste Delikt der Insolvenzdelikte darstellt. Hier wird es in aller Regel nur zu geringfügigen Geldstrafen kommen, die aber nach dem Willen des Gesetzgebers den zwingenden Ausschluss für fünf Jahre zur Folge haben sollen. 313 Gerade dieser Punkt Steins ist dahingehend zu ergänzen, dass insbesondere durch die Erstreckung der Insolvenzdelikte auf Verbraucherinsolvenzverfahren, siehe oben 2. Teil: D.II.7.c), der Täter für eine Handlung im privaten Bereich für unternehmerisches Handeln inhabil wird. Dies kann bei der grundrechtlichen Prüfung nur deshalb außer Betracht bleiben, da entsprechende Verurteilungen äußerst selten sind und der Gesetzgeber diese bei der abstrakt-generellen Ausgestaltung unberücksichtigt lassen darf. 311

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strafe verurteilt worden seien, sei relativ gering. Die fahrlässige Verletzung deute allenfalls „auf eine unspezifische allgemeine Vermutung mangelnder kaufmännischer Qualitäten“, nicht aber auf eine drohende Gefahr wirtschaftskriminellen Verhaltens und einer damit einhergehenden Gefährdung der Gläubiger. Untersuchungen zeigten, dass weniger planvolles Vorgehen, denn Nachlässigkeit oder Überforderung die Gründe für das Verhalten seien. Es fehle daher an der „Erheblichkeit“ der Anlasstat. Außerdem kennzeichne eine fahrlässige Verletzung der Buchführungspflicht die Persönlichkeit des Delinquenten nicht derartig, dass er von der Geschäftsführung auszuschließen sei. Von einer Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Bedrohung des Rechtsverkehrs und der Gläubiger könne nicht ausgegangen werden, so dass kein angemessenes Verhältnis zwischen der fünfjährigen Inhabilität bei einer fahrlässigen Verletzung der Buchführungspflicht bestehe. Die fahrlässige Verletzung der Buchführungspflicht finde außerhalb einer Krise statt; eine Strafwürdigkeit werde allein aus der objektiven Strafbarkeitsbedingung hergeleitet, die weder einen Kausalzusammenhang noch Täterschuld voraussetze. 314 Daher bestünde Anlass zur Zurückhaltung bei einem Schluss auf die Täterpersönlichkeit und dessen Eignung sowie der an das Verhalten anknüpfenden Folgen. Eine Angemessenheit ließe sich auch nicht dadurch begründen, dass es sich um „eine durch den Zwang zur Typisierung bedingte unvermeidbare Härte ... handelte, von der nur eine relativ kleine Zahl von Personen betroffen ist.“ Zum einen sei die Härte nicht unvermeidbar, da eine Handlungsalternative bestünde, zum anderen betreffe die Härte den größten Teil der Verurteilungen 315. Diesen Ausführungen Steins ist wenig hinzuzufügen, da sie zutreffend die wesentliche Kritikpunkte enthalten. 316 Etwas vorsichtig hat man dagegen mit den von Kort 317 zusätzlich vorgebrachten Bedenken an der Angemessenheit zu sein. Seine Bedenken gründen sich pauschal darauf, dass die Amtsunfähigkeit anders als das Berufsverbot nach § 70 StGB keine Gesamtwürdigung des Täters und der Tatumstände enthalte, nicht die Wiederholungswahrscheinlichkeit berücksichtige und kein Ermessensspielraum für die Länge der Inhabilität bestehe. Dabei verkennt Kort jedoch, dass für das strafrechtliche Berufsverbot höhere Rechtfertigungsan314 Steins Hinweis auf damalige verfassungsrechtliche Bedenken werden heute nicht mehr geteilt, LK / Tiedemann, StGB, Vor § 283 Rn. 89. 315 AG 1987, 165, 176. 316 Der Argumentation folgend auch KölnerKommAktG / Mertens, § 76 Rn. 103 und B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 150 f. Nicht mehr tragfähig ist dagegen die Aussage, dass der Gesetzgeber im Konkurs- und Vergleichsrecht (§§ 175 Nr. 3, 197 KO, § 88 VglO) zu erkennen gebe, dass zwischen der Schwere der Insolvenzdelikte zu trennen sei. Die von Stein zitierten Paragrafen der KO und der VglO existieren in der InsO nicht mehr. Vielmehr erfasst der Gesetzgeber pauschal alle Verurteilungen nach den §§ 283 – 283c StGB als Versagungsgrund für die Restschuldbefreiung, § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Dies resultiert aus dem Zweck des Insolvenzverfahrens, nur den redlichen Schuldner zu privilegieren, § 1 S. 2 InsO. 317 GroßkommAktG / Kort, § 76 Rn. 216.

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forderungen gelten, da mit einem Berufsverbot die materielle Lebensgrundlage temporär entzogen wird, während bei einem Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 2 GmbHG nur ein Ausschnitt aller leitenden Tätigkeiten untersagt wird. Bei einer Inhabilität kann der Betroffene seinen Beruf unterhalb der Geschäftsführerstellung weiter ausüben. Der Gesetzgeber darf Berufsverbot und Inhabilität daher unterschiedlich ausgestalten. Die Ausgestaltung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ist nicht angemessen und daher wegen Verletzung der Berufsfreiheit verfassungswidrig. d) Ergebnis § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ist verfassungswidrig. Dies aber nicht unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit, sondern wegen der fehlenden Angemessenheit. Den verfassungsrechtlichen Bedenken Steins hat nunmehr auch der Gesetzgeber Rechnung getragen. 318 Mit dem MoMiG beschränkt er die strafrechtlichen Verurteilungen, die eine Inhabilität auslösen, auf vorsätzliche Insolvenzdelikte. So soll Zweifeln an der Verhältnismäßigkeit begegnet werden. 2. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG Die Ausgestaltung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG verletzt außerdem den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. 319 Stein 320 weist in ihrer Untersuchung ebenfalls zutreffend nach, dass es keine Unterschiede von solchem Gewicht und solcher Art zwischen den Insolvenzdelikten und den Insolvenzverschleppungsdelikten (z. B. § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 1 AktG) 321 gibt, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann: 322

318

RefE MoMiG, S. 41; BT-Drs. 16/6140, S. 33. Stein, AG 1987, 165, 168 ff.; Drygala, ZIP 2005, 423, 425; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 138 ff.; mit Bedenken bezüglich Art. 3 Abs. 1 GG Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 75 Rn. 124. 320 Stein, AG 1987, 165, 168 f. Daran anknüpfend auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 141. 321 Nach dem MoMiG künftig § 15a Abs. 4 InsO. 322 Stein spricht ebenso davon, dass bei den Insolvenzdelikten eine Strafbarkeit entfalle, wenn es im konkreten Fall zu keiner Gefährdung von Gläubigern gekommen sei, AG 1987, 165, 169. Diese Tendenz findet sich auch bei Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 84 Rn. 17 und im Strafrecht allgemein zu abstrakten Gefährdungsdelikten, siehe die Nachweise bei Schönke / Schröder / Stree / Heine, StGB, Vorbem. zu den §§ 306 ff. Rn. 3a ff. Angesichts der Tatsache, dass bislang solche Einschränkungen für § 84 GmbHG in der Rechtsprechung 319

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− Schutzzweck der Insolvenzverschleppungsdelikte sei, wie bei den Insolvenzdelikten, primär der Gläubigerschutz; − die Insolvenzverschleppungsdelikte knüpften die Strafbarkeit wie die Insolvenzstraftaten an die Insolvenz der Gesellschaft; − der Täterkreis sei bei der Insolvenzverschleppung sogar enger, da (bislang) 323 nur die Geschäftsleiter in die Pflicht genommen werden. 324 Betrachtet man diese Ergebnisse, drängt sich bei der Verletzung der Insolvenzantragspflicht die fehlende Eignung des Geschäftsführers bei einer vorsätzlichen Verletzung sogar noch eher auf als bei einer Insolvenzstraftat. Die Insolvenzverschleppungsdelikte sind die wesentlich spezifischeren Straftatbestände, die deutlichere Rückschlüsse auf die Eignung zulassen als die Insolvenzstraftaten. 325 Um es mit den Worten der Sachverständigenkommission auszudrücken: 326 Die vorsätzlichen Insolvenzverschleppungsdelikte charakterisieren in noch deutlicherer Weise die Persönlichkeit des Delinquenten und dessen fehlende Eignung. Das allgemeine Gleichbehandlungsgebot ist daher verletzt, sofern man nicht im Wege einer analogen Anwendung die Inhabilitätsgründe auf die Insolvenzverschleppungsdelikte erweitert. Dies erscheint zwar grundsätzlich möglich, scheitert aber daran, dass § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG nach dem hiesigen Verständnis bereits wegen eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig ist und daher eine analoge Anwendung nicht möglich sein wird. Das Gleichbehandlungsgebot ist außerdem dadurch verletzt, dass eine Verurteilung wegen Untreue, § 266 StGB, dann nicht erfasst wird, wenn eine Verurteilung wegen Bankrotts nur deshalb ausscheidet, weil der Geschäftsführer eigennützig gehandelt hat. 327 Die Interessenformel verbietet in diesen Fällen eine Verurteilung wegen Bankrotts, obwohl der Unrechtsgehalt der eigennützigen Tat sich nicht von einer fremdnützigen Handlung unterscheidet. Die Einschränkungen entstammen schließlich allein der Überwälzungsnorm des § 14 StGB und nicht dem Straftatbestand des Bankrotts selbst, der eigennütziges Handeln erfassen würde. Der Handlungsspielraum des Gesetzgebers, der ihm Raum für typisierende Regelungen lässt, dürfte insoweit überschritten sein. und der überwiegenden Lehre nicht zu finden sind, sollte diesem Argument von Stein aber nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen. 323 Im Rahmen des MoMiGs wird die Insolvenzantragspflicht unter bestimmten Bedingungen auf die Gesellschafter gemäß § 15a Abs. 3 InsO ausgedehnt, BT-Drs. 16/6140, S. 15, 55 f., 16/9737, S. 48 f., 104. 324 Stein, AG 1987, 165, 168. 325 Stein, AG 1987, 165, 169. 326 Vgl. die Originalpassagen zitiert oben unter 1. Teil: E.II.1.c). 327 Ebenso Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 75 Rn. 124. A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 140. Vgl. auch jetzt die Aussagen im BT-Drs. 16/6140, S. 32 („schon deshalb [sci. der Rechtsprechung des BGH] erforderlich“).

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Schließlich hat B. Schmitz zutreffend darauf hingewiesen, dass auch innerhalb der Insolvenzdelikte erhebliche Unterschiede im Unrechtsgehalt bestehen, die dagegen sprechen, diese Delikte über einen Kamm zu scheren. 328 Insoweit offenbaren auch die Aussagen von Stein im Rahmen der Angemessenheitsprüfung von Art. 12 Abs. 1 GG, dass insbesondere ein fahrlässiger Verstoß gegen die Buchführungspflicht sich ganz erheblich von einem vorsätzlichen Bankrottdelikt unterscheidet. 329 Dies überschreitet in der Tat die zulässige Möglichkeit des Gesetzgebers zu typisieren. 330 Der Gesetzgeber gesteht eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes im Hinblick auf die Insolvenzverschleppung mittlerweile ein, wenn es im MoMiG heißt, eine Einbeziehung der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung stärke den Gleichbehandlungsgrundsatz. 331

VII. Hypothetische Erstreckung auf andere Straftatbestände § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG nimmt ausdrücklich nur auf Verurteilungen wegen einer Insolvenzstraftat nach §§ 283 ff. StGB Bezug. Sofern man mit der herrschenden Meinung § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG nicht für verfassungswidrig hält, ließe sich aber darüber nachdenken, § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG im Wege der Analogie auf andere Straftatbestände zu erweitern. Kort ist der Ansicht, bereits die Berufsfreiheit gebiete, die Zahl der Amtsunfähigkeitsgründe klein zu halten, weshalb eine analoge Anwendung (auf Auslandstraftaten) bereits von vornherein auszuscheiden habe. 332 Natürlich setzt die Berufsfreiheit einer analogen Anwendung der Amtsunfähigkeitsgründe Grenzen. Sofern sich der konkrete Eingriff jedoch rechtfertigen lässt, kann die Zahl der Ausschlussgründe auch groß sein, solange das Amt des Geschäftsleiters nicht faktisch gänzlich oder zumindest in einem besonders starken Umfang verboten wird. Da die Reichweite der Inhabilitätsgründe überschaubar ist und durch eine analoge Anwendung auch nicht in einem problematischen Umfang vergrößert wird, ist die Behauptung Korts zurückzuweisen. Eine analoge Anwendung ist möglich, solange die Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind.

328 329 330 331 332

Der geeignete Geschäftsführer, S. 144 f. Siehe sogerade 2. Teil: D.VI.1.c). B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 145. RefE MoMiG, S. 41; BT-Drs. 16/6140, S. 33. GroßkommAktG / Kort, § 76 Rn. 213.

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1. Allgemeine Wirtschaftsstraftatbestände Zunächst ließe sich an eine Erweiterung auf die allgemeinen Wirtschaftsstraftatbestände wie die §§ 263, 266 StGB denken. Eine solche Analogie scheitert jedoch bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. 333 Im Gesetzgebungsverfahren hat der Gesetzgeber deutlich zu erkennen gegeben, dass er die allgemeinen Straftatbestände bewusst nicht als Anknüpfungspunkt für eine Inhabilität gewählt hat. 334 Die allgemeinen Delikte sind allerdings über § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG als Anlasstat für ein strafrechtliches Berufsverbot oder als Grund für eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit berücksichtigungsfähig. 2. Insolvenzverschleppungsdelikte § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ließe sich analog auf die Insolvenzverschleppungsdelikte 335 erweitern. Eine planwidrige Regelungslücke ist für die Insolvenzverschleppungsdelikte zu bejahen. Der Gesetzgeber hat planmäßig die allgemeinen Wirtschaftsstraftaten ausgeschlossen, jedoch keine Aussagen über die Insolvenzverschleppungsdelikte getätigt. 336 Der Gesetzgeber hat wohl tatsächlich diese Delikte schlichtweg übersehen. 337 Das Gesetz ist demzufolge unvollständig. Die Interessenlage ist nach dem oben bei Art. 3 Abs. 1 GG Gesagten die Gleiche, weshalb eine analoge Anwendung möglich ist. 338 Verfassungsrechtlich ist bei einer analogen Anwendung allerdings zu beachten, dass ein Eingriff in die Berufsfreiheit nur dann möglich ist, wenn er durch oder auf Grund eines Gesetzes erfolgt. Der Gesetzgeber muss nach der Wesentlichkeitstheorie selbst alle Entscheidungen treffen, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich sind. 339 Nur weil eine ausdrückliche Regelung fehlt, führt dies aber 333

Allgemeine Meinung; siehe nur BayObLG, BB 1991, 1729, 1730; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 10. 334 BT-Drs. 8/3904, S. 70. 335 §§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG; 401 Abs. 1 Nr. 2, 408 AktG; §§ 130b, 177a HGB; § 148 Abs. 1 Nr. 2 GenG; § 11 i.V. m. § 15 EWIVAG; § 53 Abs. 2, 4 Nr. 2 SEEG. 336 Siehe vorige Fußnote. Nur bei Heidland, in: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 2, S. 43, findet sich eine Erwähnung eines verspäteten Insolvenzantrags. A. A. Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 20; MünchHdb. GesR III / Heinrich, § 6 Rn. 11 und die herrschende Meinung im Aktienrecht etwa MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 76 Rn. 92 m.w. N.; ähnlich LG Köln, NJW-RR 1995, 553. 337 Stein, AG 1987, 165, 169; ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 143. 338 Eine analoge Anwendung wäre bei der unterstellten Verfassungskonformität sogar für die fahrlässige Insolvenzverschleppung möglich, da auch die fahrlässigen Insolvenzdelikte erfasst werden. 339 Vgl. BVerfGE 73, 280, 295; 82, 209, 224.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

noch nicht dazu, dass den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nicht genügt wird. 340 Die Einschränkungen müssen sich nicht zwingend aus dem Wortlaut ergeben, es reicht aus, wenn sie sich mit Hilfe der allgemeinen Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus Zweck, Sinnzusammenhang oder Vorgeschichte der Norm. 341 Nach dem hier vertretenen Verständnis von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG und den in Bezug genommenen Straftatbeständen ergibt sich der Ausschluss bei der vorsätzlichen Begehung einer Insolvenzverschleppung aus dem Zweck und dem Sinnzusammenhang von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG und ist damit Folge der allgemeinen Auslegungsgrundsätze. 342 Der Eingriff in die Berufsfreiheit wäre, da er dem Schutz der Gläubiger dient, nach der herrschenden Meinung im GmbH-Recht zu rechtfertigen. 343 Da der Gesetzgeber mit dem MoMiG die Straftatbestände, die zu einer Inhabilität führen, unter anderem um die vorsätzliche Insolvenzverschleppung erweitert, ist eine analoge Anwendung in Zukunft nicht mehr erforderlich. 344 3. Auslandsstraftaten Eine häufiger diskutierte Frage ist, ob auch Auslandsstraftaten, die denen in §§ 283 ff. StGB entsprechen oder vergleichbar sind, einen Ausschlussgrund darstellen. Die vorherrschende Meinung im GmbH-Recht spricht sich dabei dafür aus, dass ausländische Verurteilungen zu einer Inhabilität führen. 345 Dagegen wendet sich die Mehrzahl der Aktienrechtler gegen eine Erweiterung. 346

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BVerfG, NJW 1998, 2269, 2270. Vgl. BVerfGE 80, 269, 279; 82, 209, 224 f.; BVerwG, NVwZ 1995, 487, 488; Sachs / Tettinger, GG, Art. 12 Rn. 86; v. Münch / Kunig / Gubelt, GG, Art. 12 Rn. 74; enger Dreier / Wieland, GG, Art. 12 Rn. 101. Wo die exakten Grenzen der Wesentlichkeitstheorie liegen, ist bislang nicht geklärt, siehe auch BVerfGE 98, 49, 59. 342 A. A. Mankowski, EWiR 1995, 673, 674. 343 Zur hier vertretenen Meinung siehe oben 2. Teil: D.VI. 344 RefE MoMiG, S. 41; BT-Drs. 16/6140, S. 32, 33. 345 OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 625; statt vieler Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 20; Bittmann / Rudolph, Insolvenzstrafrecht, § 5 Rn 124; a. A. LG Köln, NJW-RR 1995, 553; Wachter, GmbHR 2004, 88, 99. Siehe auch die Reformüberlegungen von Hicks zum CDDA im ACCA Research Report No. 59 („Disqualification of Directors: No Hiding Place for the Unfit?“), abgedruckt bei Hicks / Goo, Cases and Materials on Company Law, p. 300, ausländische Verurteilungen in Bezug zu nehmen. Für eine Erstreckung auf Auslandsstraftaten jetzt auch das MoMiG, BT-Drs. 16/6140, S. 33, BT-Drs. 16/9737, S. 11 (elektronische Vorabfassung), in § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG. 346 MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 76 Rn. 92; KölnerKommAktG / Mertens, § 76 Rn. 103; GroßkommAktG / Kort, § 76 Rn. 213. 341

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a) Voraussetzungen einer analogen Anwendung Eine planwidrige Regelungslücke ist vorhanden, da der Gesetzgeber sich im gesamten Gesetzgebungsverfahren nur mit deutschen Straftaten befasst hat. 347 Ausländische Verurteilungen hat der Gesetzgeber schlicht nicht bedacht. Auch die Interessenlage ist auf den ersten Blick vergleichbar. Sinn und Zweck von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ist es, die Gläubiger und den Rechtsverkehr vor gefährlichen Geschäftsführern zu schützen. Eine Verurteilung in einem anderen Land wegen einer mit den §§ 283 ff. StGB vergleichbaren Straftat enthält die gleiche Aussagekraft wie die deutsche Verurteilung: die besagte Person bietet keine Gewähr für einen ordnungsgemäßen Betrieb einer GmbH und gefährdet daher Gläubiger und Rechtsverkehr. 348 Warum der Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs zurücktreten soll, erscheint nicht einsichtig. 349 So spricht gerade der Gesetzgeber im Referentenentwurf des MoMiGs davon, dass eine Erstreckung auf ausländische Verurteilungen wünschenswert sei 350 und setzt diese Erstreckung im MoMiG in die Tat um 351. Der gegen eine Analogie vorgebrachte Einwand des LG Köln, eine vergleichbare Straftat sei „nur schwer zu verifizieren“, trifft das Problem nicht ganz. 352 Ob der Schutzzweck und die Tatbestandsmerkmale einer ausländischen Straftat mit den deutschen Insolvenzdelikten des StGB vergleichbar sind, sollte in den meisten Fällen nur wenig Aufwand erfordern. Selbst in eher „exotischen“ Rechtskreisen wird die materielle Vergleichbarkeit noch mit vertretbarem Aufwand zu ermitteln sein. Das wirkliche Problem steckt in der formellen Vergleichbarkeit der Verfahren. Eine Verurteilung gemäß den §§ 283 ff. StGB erfolgt nur unter Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte des Angeklagten und in einem rechtsstaatlichen Verfahren, was im Ausland nicht überall sichergestellt ist. 353 Hier mag man sich zunächst mit dem Hinweis behelfen, dass anerkennungsfähig nur Urteile aus Verfahren sein können, welche die entsprechenden oder wenigstens vergleichbaren Gewährleistungen bieten. 354 Eine Orientierung kann dafür § 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG bieten, wonach die Vollstreckung eines ausländischen Strafurteils unter anderem dann 347 Ebenso Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 389; nicht ausdrücklich OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 625, wobei für das Ergebnis des OLG indessen zwangsläufig eine Regelungslücke bestanden haben muss. 348 OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 625; Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 390. 349 Ähnlich Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 390 („bedenkliche Prioritätensetzung“) und Erdmann, NZG 2002, 503, 508. So jetzt auch der RegE MoMiG, BT-Drs. 16/ 6140, S. 33. 350 RefE MoMiG, S. 70. 351 Siehe unten 2. Teil: D.IX.1. 352 LG Köln, NJW-RR 1995, 553 f. Dagegen auch Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 389 f. 353 MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 76 Rn. 92.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

zulässig ist, wenn im Verfahren dem Verurteilten rechtliches Gehör gewährt, eine angemessene Verteidigung ermöglicht und die Sanktion von einem unabhängigen Gericht verhängt worden ist. 355 Zwar besteht in den Staaten der EU ein hohes Maß an Rechtsstaatlichkeit. Freilich ist aber auch in diesen Staaten nicht immer ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleistet. Ein Blick auf die Urteile des EGMR zeigt, dass es nicht nur um Einzelfälle geht, sondern dass auch gesetzliche Verfahren insgesamt rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügen. Exemplarisch sei auf Italien hingewiesen. In der Entscheidung des OLG Naumburg, in dem dieses eine Erstreckung auf ausländische Verurteilungen annahm, 356 ging es um eine Verurteilung in Italien in Abwesenheit, die laut Sachverhalt immerhin Gegenstand einer Beschwerde zum EGMR war. 357 Gerade was die Verurteilung in Abwesenheit anbelangt, sind die italienischen Regeln in den letzten Jahren mehrfach Gegenstand von Verfahren wegen Verstoßes gegen Art. 6 EMRK gewesen und musste die Strafprozessordnung geändert werden. 358 Ähnliches gilt für Frankreich, wo die Verurteilung in Abwesenheit ebenfalls Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit offenbarte. 359 Auch wenn der Informationsaustausch in der EU den Nachweis der formellen Vergleichbarkeit erleichtert, 360 so bestehen doch erhebliche Bedenken, hier dem Registergericht eine Vergleichbarkeitsprüfung im Wege der Analogie aufzuerlegen. Die Bedenken 354 Vgl. die Anknüpfung an den deutschen ordre public für eine Erstreckung auf ausländische Berufsverbote, Erdmann, NZG 2002, 503, 508, De lege ferenda schlägt auch K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146, 164, vor, evtl. einen ordrepublic-Vorbehalt für Tätigkeitsverbote vorzusehen, die außerhalb der EU ausgesprochen werden und in Deutschland anerkannt werden sollen. 355 § 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG soll allerdings sehr restriktiv gehandhabt werden, Schomburg / Lagodny / Gleß / Hackner / Schomburg / Hackner, IRG, § 49 Rn. 6. 356 OLG Naumburg, ZIP 2000, 622 ff. In der Sache kam es hingegen gar nicht auf die ausländische Verurteilung an, da die Bestellung wegen einer deutschen Verurteilung bereits nichtig war. 357 Leider ist über den Erfolg der Beschwerde nichts bekannt. 358 Siehe mit Nachweisen zu früheren Fällen EGMR, Antragsnummer 56581/00, Sejdovic v. Italy, Kammerentscheidung vom 10. November 2004, Entscheidung der Großen Kammer vom 1. März 2006. 359 Vgl. den Fall des EGMR, Antragsnummer 29731/96, Krombach v. France, Kammerentscheidung vom 13. Februar 2001, wonach die französischen Bestimmungen über eine Verurteilung in Abwesenheit, ohne dass ein Verteidiger auftreten darf, gegen Art. 6 EMRK verstoßen. Siehe auch EuGH, Rs. C-7/98, Dieter Krombach / André Bamberski, Slg. 2000, I-1935. Der EuGH gestattete es dem BGH, die Vollstreckung des zivilgerichtlichen Urteils aus dem Adhäsionsverfahren wegen Verstoßes gegen den ordre public zu versagen, da der Beklagte im strafrechtlichen Verfahren keinen Verteidiger gehabt habe und selbst nicht anwesend gewesen sei. 360 Darauf weist jetzt auch Bittmann, GmbHR 2006, 70, 77, hin. Wenig überzeugend ist dessen Hinweis darauf, dass die Rechtsfolge „schlicht“ die Unwirksamkeit der Bestellung sei und deshalb eine aufwendige Prüfung entbehrlich sei. Geht es um die Gründung der Gesellschaft, geht es nicht nur um die Unwirksamkeit der Bestellung, sondern um

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steigern sich, wenn es um Staaten außerhalb der EU geht, in denen ein nach europäischen Maßstäben rechtsstaatliches Verfahren noch weniger sichergestellt sein kann und für die es schwieriger ist, verlässliche Informationen zu erhalten. Dann hätte das Registergericht im Rahmen einer Geschäftsführereintragung darüber zu entscheiden, ob eine Verurteilung anerkennungsfähig ist, also rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügt. 361 Nicht nur, dass diese Entscheidung einen großen spezifischen Sachverstand erfordert und in Einzelfällen eine große politische Brisanz entwickeln kann. Bedeutender erscheint, dass es nicht Aufgabe des Registergerichts ist, sich mit Strafverfahren und der Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze in anderen Ländern auseinanderzusetzen. Zumindest gilt dies, solange nicht der Gesetzgeber ihm diese Aufgabe überträgt – und selbst über diese Aufgabenübertragung wird man dann streiten können. Die Inhabilität in § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ist – auch aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit 362 – akzessorisch ausgestaltet. Soll das Registergericht nun darüber entscheiden, ob eine Verurteilung formell vergleichbar ist, so wird das gesetzlich vorgegebene System verlassen und die Grenzen einer Analogie werden überschritten. Eine analoge Anwendung wäre daher allenfalls in den Fällen vertretbar, in denen eine formelle Vergleichbarkeit nicht außer Frage steht und das Registergericht keine eigene Entscheidung treffen müsste; dies könnte man evtl. für Verurteilungen in den Staaten der EU und des EWR annehmen. 363 Hingegen sollte auch von einer solchen Analogie aus den zuvor erwähnten Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit Abstand genommen werden. Im Übrigen wäre auch zu fragen, wie eine gesetzeskonforme Versicherung auszusehen hätte, wenn man jegliche Verurteilungen aufnehmen würde. Soll jemand versichern, dass auf der ganzen Welt (!) keine inhabilitätsauslösende, vergleichbare Verurteilung besteht? Bedeutet dies, dass nach der herrschenden – hier freilich abgelehnten – Meinung, dass jede Straftat in der Versicherung einzeln in Bezug zu nehmen ist, eine Versicherung demnächst so umfangreich ist wie ein ganzes Buch? 364 Eine andere Möglichkeit, ausländische Verurteilungen zum Gegenstand einer deutschen Inhabilität zu machen, wäre es, die Analogie nicht auf eine ausländische Verurteilung direkt zu erstrecken, sondern vielmehr auf den einer Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt: Handelt es sich um einen (ausländischen) Sachverhalt, der in Deutschland zu einer Verurteilung nach den §§ 283 ff. StGB geführt die wirksame Gründung der Gesellschaft. Zum anderen ist die Registereintragung des Geschäftsführers eine wichtige Publikationsmaßnahme. 361 Ähnlich wohl das LG Köln, NJW-RR 1995, 553, 554, das ausführt, dass das Registerrecht nicht mit internationalen Rechtsfragen überfrachtet werden dürfe. 362 RefE MoMiG, S. 70; LG Köln, NJW-RR 1995, 553, 554. Der RegE MoMiG, BTDrs. 16/6140, S. 32 f., geht auf dieses Argument ausdrücklich nicht mehr ein. 363 Für eine Erstreckung auf Verurteilungen innerhalb der EU und des EWR de lege ferenda Wachter, GmbHR 2006, 793, 797. 364 Siehe dazu noch unten 2. Teil: H.II.3.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

hätte, wäre der Betreffende inhabil. Solch eine Anknüpfung kennt etwa das BZRG. In § 54 Abs. 1 Nr. 2 BZRG heißt es, dass eine ausländische Verurteilung nur dann eingetragen werden kann, wenn wegen des der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine Strafe hätte verhängt werden können. Damit reduzierten sich die oben vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der materiellen Vergleichbarkeit einer Straftat. Für die formelle Vergleichbarkeit bliebe es allerdings bei den gleichen Problemen, da der ausermittelte und in den Akten niedergelegte Sachverhalt nicht unbedingt dem tatsächlichen Geschehen entsprechen muss. Gegen diese Variante der analogen Anwendung spricht letztendlich vor allem, dass der Registerrichter anhand des Sachverhalts an Stelle eines sachverständigen Strafrichters zu entscheiden hätte, ob ein Insolvenzdelikt gemäß den §§ 283 ff. StGB vorliegt. Diese Aufgabe stellt angesichts der immensen Flut an Daten, Bilanzen und Informationen und den schwierig zu beurteilenden Geschäftsvorgängen bislang selbst die Strafrichter vor erhebliche Probleme. Dies den Registerrichtern zu übertragen, ist schon bedenklich. Darüber hinaus bleibt es bei schweren Bedenken hinsichtlich der Rechtsklarheit und -sicherheit. Eine Anknüpfung an den ausländischen Sachverhalt ist demnach nicht möglich. Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass eine analoge Anwendung auf ausländische Verurteilungen nur dann möglich wäre, wenn für diesen Staat sichergestellt ist, dass rechtsstaatlichen Ansprüchen genügt wird und dass die Einhaltung rechtsstaatlicher Garantien außer Frage steht. Das Registergericht dürfte keine Einzelfallentscheidung über die Anerkennung der Verurteilung treffen müssen. Aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit ist allerdings von dieser Analogie Abstand zu nehmen. 365 Dieses Resultat ist mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot, Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar. Nur deutsche Verurteilungen führen zur Inhabilität, nicht vergleichbare Straftaten aus dem Ausland, was vor allem deutsche Staatsangehörige treffen wird. Berücksichtigt man die Gründe, die gegen die analoge Anwendung sprechen, zeigt sich indessen, warum diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann. Die Einhaltung rechtsstaatlicher Garantien in den Verfahren anderer Staaten ist nicht ausreichend sichergestellt und kann / soll nicht durch das Registergericht kontrolliert werden. Europarechtlich ist diese Beschränkung auf deutsche Straftaten gegenüber in Deutschland Ansässigen unbedenklich, da Fälle der Inländerdiskriminierung nicht in den Schutzbereich der Grundfreiheiten gehören. 366 Und für EU-Bürger liegt eine zulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vor. 367 365 Sollte man eine Analogie bejahen wollen, bestünden weder grund- noch europarechtliche Bedenken. Die Analogie wäre mit Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren, vgl. zuvor 2. Teil: D.VII.2. Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ließe sich zum Schutz der Gläubiger und des Rechtsverkehrs rechtfertigen. 366 Siehe 1. Teil: H.II.1.b).

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b) Erstreckung auf vergleichbare ausländische Straftaten durch das MoMiG Der Gesetzgeber führte im Rahmen des Referentenentwurfs des MoMiGs aus, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Belastung der Registergerichte die gesetzliche Erstreckung auf ausländische Straftaten abgelehnt werde. 368 Damit wäre einer Analogie die Grundlage entzogen worden. Der Gesetzgeber hätte sich dann bewusst gegen eine Regelung entschieden, so dass es an einer Planwidrigkeit fehlte. Im MoMiG selbst wird in § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG nunmehr die Amtsunfähigkeit auch auf vergleichbare ausländische Straftaten erweitert. 369 Begründet wird dies damit, dass ein einheitlicher Schutzstandard vor ungeeigneten Personen gewährleistet werden soll. 370 Diese gesetzliche Änderung ist aus den zuvor dargelegten Gründen abzulehnen. Angesichts der doch erheblichen Erweiterung der Inhabilitätsgründe und der beachtlichen Argumente gegen eine Erstreckung verwundert es im Übrigen doch sehr, dass der Gesetzgeber sich mit dem Verweis auf den Schutz des Rechtsverkehrs begnügt und auf die beträchtlichen Gegenargumente gar nicht eingeht. Dies gilt umso mehr, da der Gesetzgeber sich im Referentenentwurf gegen eine Erstreckung ausgesprochen hatte. Des Weiteren ist es aus Gründen der Rechtssicherheit doch sehr bedenklich, dass der Gesetzgeber den Gerichten keine Anhaltspunkte an die Hand gibt, wie die (formelle und materielle) Vergleichbarkeit bestimmt werden kann. 4. Ergebnis Unterstellt man, dass § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG verfassungsgemäß ist, sollte man die Norm entsprechend wenigstens auf vorsätzliche Insolvenzverschleppungsdelikte anwenden. Eine analoge Erstreckung auf ausländische Verurteilungen scheidet dagegen bislang aus. Mit dem MoMiG ist beiden Analogien ohnedies die Grundlage entzogen, da beide Gesichtspunkte als Amtsunfähigkeitsgründe in das Gesetz aufgenommen werden.

VIII. Zusammenfassung § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ist verfassungswidrig, da sowohl die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, als auch der Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG, 367 368 369 370

Siehe 1. Teil: H.II.1.a). RefE MoMiG, S. 70. BT-Drs. 16/6140, S. 6. BT-Drs. 16/6140, S. 33.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

verletzt werden. Das Ziel, Wirtschaftskriminelle von der Geschäftsleitung auszuschließen, wird nicht erreicht. Im Übrigen besitzt die Norm – ihre Verfassungskonformität einmal unterstellt – derzeit kaum praktische Wirksamkeit, da die einschränkende Auslegung der Insolvenzdelikte durch die Strafgerichte und die Praxis der „deals“ einer effektiven Durchsetzung im Wege stehen. Eine Erstreckung der Norm im Wege der Analogie auf die Insolvenzverschleppung wäre möglich, sofern man § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG für verfassungskonform erachtete. Eine analoge Anwendung der Norm auf Auslandsstraftaten scheidet in jedem Fall aus. Durch das MoMiG werden vergleichbare Auslandsstraftaten und die vorsätzliche Insolvenzverschleppung in das GmbHG als Unfähigkeitsgrund aufgenommen, weshalb sich die Diskussion über eine analoge Anwendbarkeit erübrigt.

IX. Reformansatz: Änderung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG Da § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG verfassungswidrig ist, muss der Gesetzgeber zwangsläufig die Norm ändern. Zudem ist § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG weit davon entfernt, einen effektiven Gläubigerschutz (allgemein und vor wirtschaftskriminellen Geschäftsführern) und einen seriösen Betrieb der GmbH sicherzustellen. Die Aussage von Mülbert 371, die Beschränkung auf die Insolvenzstraftaten besitze keine „innere Logik“ und sei „zufallsbestimmt“, trifft den Kern. Die Reformbedürftigkeit von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ist daher erheblich. 1. Gesetzliche Initiativen 372 Die gesetzlichen Initiativen zur Änderung von § 6 Abs. 2 GmbHG sind bereits an anderer Stelle ausführlich vorgestellt worden. Angestrebte Änderungen mit dem FoSiG und dem MiKaTraG war die Erweiterung auf die folgenden Straftatbestände: − Verurteilungen von mindestens einem Jahr wegen Betrugs, § 263 StGB, Computerbetrugs, § 263a StGB, Subventionsbetrugs, § 264 StGB, Kapitalanlagebetrugs, § 264a StGB, Kreditbetrugs, § 265b StGB, Untreue, § 266 StGB, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266a Abs. 1, 2 StGB sowie der Benachteiligung von Baugeldgläubigern, § 2 BauFG-Entwurf, 373 − jede Verurteilung wegen falscher Angaben, § 82 GmbHG, § 399 AktG, vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 2 371

Mülbert, JZ 2002, 826, 835. Ausführlicher oben 1. Teil: F. 373 Im Gespräch war zeitweise auch, jede Verurteilung wegen der Benachteiligung von Baugeldgläubigern nach § 283e StGB-Entwurf zu einem Inhabilitätsgrund zu machen, siehe 1. Teil: F.II. 372

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AktG, unrichtiger Darstellungen, § 400 AktG, und einer Pflichtverletzung bei einem Verlust in der Höhe der Hälfte des Grundkapitals, § 401 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Im Referentenentwurf des MoMiGs sollten nur noch Verurteilungen wegen einer vorsätzlichen Straftat nach den §§ 82 (falsche Angaben), 84 (Verletzung der Insolvenzantragspflicht) GmbHG, den §§ 399 (falsche Angaben), 400 (Unrichtige Darstellung), 401 (Pflichtverletzung bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit) AktG und den § 283 bis § 283d StGB erfasst werden. 374 Der Regierungsentwurf des MoMiGs veränderte hingegen die inhabilitätsauslösenden Verurteilungen abweichend. Nunmehr sollten Verurteilungen wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten der Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) 375, wegen vorsätzlicher Insolvenzstraftaten (§§ 283 bis 283d StGB), falscher Angaben (§ 82 GmbHG, § 399 AktG), unrichtiger Darstellung (§ 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG, § 17 PublG) sowie Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr nach den § 265b StGB (Kreditbetrug), § 266 StGB (Untreue) oder § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) zur Amtsunfähigkeit führen. Ebenso sollten Verurteilungen wegen vergleichbarer ausländischer Straftaten jemanden vom Amt des Geschäftsführers ausschließen. Der Bundesrat schlug in seiner Stellungnahme zum RegE vor, Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Straftat nach den §§ 263 bis 264a StGB, einer Steuerstraftat im Sinne der §§ 369 ff. AO i.V. m. mit den Einzelsteuergesetzen sowie nach § 5 BauFG in den Katalog von § 6 Abs. 2 GmbHG aufzunehmen. Die Bundesregierung stimmte nur dem Vorschlag zu, die weiteren Bestimmungen des StGB in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG einzubeziehen. Steuerstraftaten sollten nur dann aufgenommen werden, wenn es gelänge, eine klar konturierte und typischerweise mit der Geschäftsführertätigkeit zusammenhängende Strafvorschrift zu finden. Das MoMiG übernimmt die Vorschläge des Regierungsentwurfs, ergänzt um die Straftaten der §§ 263 bis 264a StGB. 2. Vorschläge aus Rechtswissenschaft und Praxis In der Rechtswissenschaft und Praxis werden eine ganze Reihe von Änderungsmöglichkeiten diskutiert. Diese sind im Einzelnen: 374 Kritisch zu dieser überraschenden Einschränkung gegenüber dem FoSiG Wachter, GmbHR 2006, 793, 797 und Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 80. 375 § 15a Abs. 1 InsO regelt zentral die Insolvenzantragspflicht, welche gemäß § 15a Abs. 4, 5 InsO strafrechtlich sanktioniert wird.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

− eine Erweiterung wie im FoSiG 2004, 376 − eine Erweiterung auf alle Straftaten, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum RegE MoMiG vorgeschlagen hat, 377 − die Erweiterung auf die folgenden Straftatbestände aus dem StGB: • Betrug, § 263 StGB, 378 • Kapitalanlagebetrug, § 264a StGB, 379 • Untreue, § 266 StGB, 380 • Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266a StGB, 381 • Urkundsdelikte, §§ 267 ff. StGB, 382 • nur die vorsätzlichen Insolvenzdelikte, §§ 283 ff. StGB, und alle Vermögensund Eigentumsdelikte bei einer Verurteilung von mindestens einem Jahr, 383 • §§ 263, 266 StGB, wenn sie unter Missbrauch der Geschäftsleiterstellung oder unter grober Verletzung der mit dieser Stellung verbundenen Pflichten begangen worden sind, 384 − die Erweiterung auf die besonderen gesellschaftsrechtlichen Straftatbestände: • Falsche Angaben 385 (§ 82 Abs. 1 GmbHG, § 399 AktG), • Unrichtige Darstellung 386 (§ 82 Abs. 1 GmbHG, § 331 HGB, § 17 PublG, § 313 UmwG, § 400 AktG),

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K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146; DAV, Stellungnahme zum FoSiG, S. 11; Melchior, GmbH-Report 2005, R29 f. 377 Heckschen, DStR 2007, 1442, 1449. 378 Bittmann, wistra 2007, 321, 323. Nur für besonders schwere Fälle gemäß § 263 Abs. 3 StGB der BDI, Stellungnahme vom 7. September 2007, Dokumentennummer D 0153, S. 19. 379 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 27; Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, F 108. 380 Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 75 Rn. 124; Haas, WM 2006, 1369, 1371; DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, Beschluss Nr. 9, P 290; Ulrich Haas, in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, ebenda, P205. 381 Wachter, GmbHR 2006, 793, 797; DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, Beschluss Nr. 9, P 290; Wulf Goette in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, ebenda, P190; Ulrich Haas, ebenda, P205. 382 Wachter, GmbHR 2006, 544, 547. 383 Drygala, ZIP 2005, 423, 427. Vgl. auch Heribert Heckschen, in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P197. 384 Fleischer, WM 2004, 157, 165. Vgl. auch DAV, NZG 2007, 211, 213 (mit der nicht überzeugenden Begründung, es bestünde ein Wertungswiderspruch, weil Idealkonkurrenz mit den Bilanzdelikten bestehe). Für Untreue in einem solchen Zusammenhang Folker Bittmann in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P187 f.; ders., GmbHR 2007, 70, 76. 385 Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, F 108 (nur § 399 AktG); ders., WM 2004, 157, 165; Wachter, GmbHR 2006, 544, 547; DAV, NZG 2007, 211, 213; Bittmann, wistra 2007, 321, 323.

D. Keine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts

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• Pflichtverletzung bei Verlust 387 (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 1 AktG), • Vorsätzliche Insolvenzverschleppung 388 (§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG), • Fahrlässige Insolvenzverschleppung 389 (§ 84 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AktG), • Insolvenzverschleppung nach § 130b HGB, 390 • Falsche Ausstellung von Berechtigungsnachweisen 391 (§ 402 AktG), • Verletzung der Berichtspflicht 392 (§ 332 HGB, § 18 PublG, § 314 UmwG, § 403 AktG), • Verletzung der Geheimhaltungspflicht 393 (§ 333 HGB, § 19 PublG, § 315 UmwG, § 85 GmbHG, § 404 AktG), − Erweiterungen auf: • Steuerstraftaten, §§ 369 ff. AO, 394 • Auslandsstraftaten, 395 − Differenzierung der Dauer der Inhabilität, 396 − Inhabilität bei Verurteilungen wegen Betrugs oder Untreue immer dann, wenn eine entsprechende Verurteilung wegen einer Wirtschaftsstraftat i. S.v. § 74c 386

Wachter, GmbHR 2006, 793, 797; Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, F 108 (nur § 400 AktG); ders., WM 2004, 157, 165 (§ 82 Abs. 1 GmbHG, § 331 HGB, § 400 AktG); DAV, NZG 2007, 211, 213 (§ 82 Abs. 1 GmbHG, § 331 HGB, § 400 AktG); Hüffer, AktG, § 76 Rn. 27 (§ 400 AktG bei gravierenden Verstößen). 387 Wachter, GmbHR 2006, 544, 547; DAV, NZG 2007, 211, 213. Nach dem MoMiG § 84 Abs. 1 GmbHG bzw. § 401 Abs. 1 AktG. 388 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 27; DAV, NZG 2007, 211, 213. Nach dem MoMiG § 15a Abs. 4 InsO. 389 Fleischer, WM 2004, 157, 165; ders., ZGR 2004, 437, 474; Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 330; Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 75 Rn. 124; DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, Beschluss Nr. 9, P 290. Nach dem MoMiG § 15a Abs. 5 InsO. 390 Haas, WM 2006, 1369, 1371 Fn. 27a, der aber bei der AG auch die fahrlässige Insolvenzverschleppung zu erfassen scheint. Derselbe in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P205; Bittmann, GmbHR 2007, 70, 76. 391 Wachter, GmbHR 2006, 544, 547. 392 Wachter, GmbHR 2006, 793, 797; Wachter, GmbHR 2006, 544, 547 (ohne § 18 PublG). Erstaunlicherweise nur für § 332 HGB: DAV, NZG 2007, 211, 213. 393 Wachter, GmbHR 2006, 793, 797; Wachter, GmbHR 2006, 544, 547 (ohne § 19 PublG). Erstaunlicherweise nur für § 333 HGB: DAV, NZG 2007, 211, 213. 394 Wachter, GmbHR 2006, 544, 547; ders., GmbHR 2006, 793, 797. 395 Wachter, GmbHR 2004, 88, 99 (wenigstens EU und EWR); Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 391. 396 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 27; unklar Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 75 Rn. 124, der nur von einem differenzierten Berufsverbot spricht.

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− − − − − − − − − −

2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Abs. 1 Nr. 6 GVG ausgesprochen wurde; aus Gründen der Rechtssicherheit soll die Inhabilitätsfolge dann in den Urteilstenor aufgenommen werden. 397 Herausnahme von § 283d StGB aus dem Inhabilitätskatalog, 398 Verstöße gegen die Kapitalaufbringung und -erhaltung, 399 Verstöße gegen gläubigerschädigende Tatbestände wie die Existenzvernichtungshaftung oder die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, § 826 BGB, 400 Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften, 401 eine Verhängung des Berufsverbots im Verwaltungsverfahren, 402 Einführung eines besonderen registerrechtlichen Freigabe- oder Eignungsprüfungsverfahrens, 403 Differenzierungen von Ob und Dauer und der Inhabilität, 404 Möglichkeiten für das Strafgericht, in Anlehnung an § 70a StGB die Inhabilität zu reduzieren oder zur Bewährung auszusetzen, 405 Streichung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG und modifiziertes Berufsverbot nach § 70 StGB, 406 Ersetzung der Mindestfreiheitsstrafe durch die Einführung von Mindestschadenssummen und Aufnahme der Inhabilität in den Urteilstenor, 407

Begründet werden die Vorschläge meist nur kurz 408 damit, dass die bisherigen Straftaten als nicht ausreichend für einen effektiven Gläubiger- und Rechtsverkehrsschutz angesehen werden und auch bei anderen Straftaten keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung bestehe. 409 Eine Erweiterung sei insbeson397 Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn 57. Sympathien bei Haas, WM 2006, 1369, 1371, der aber sich nicht auf Betrug und Untreue beschränken möchte. 398 Bittmann, GmbHR 2007, 70, 76; ders., wistra 2007, 321, 323. Bei den Inhabilitätsvorschriften gehe es darum, dass jemand als Organ einem betreuten Gesellschaftsvermögen bereits einmal Nachteile bereitet habe. Die Schuldnerbegünstigung könne freilich von jedermann begangen werden. 399 Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 330. 400 Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 331. 401 Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 331; für eine Inhabilität nur bei Vorständen börsennotierter Aktiengesellschaften Mülbert, JZ 2002, 826, 835; Fleischer, WM 2004, 157, 163 f.; ders., ZGR 2004, 437, 473. 402 Drygala, ZIP 2005, 423, 428, der den Vorschlag aber selbst verwirft. 403 Stein, AG 1987, 165, 173. 404 Stein, AG 1987, 165, 173 f. 405 Stein, AG 1987, 165, 174. 406 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 155 ff. 407 Bittmann, wistra 2007, 321, 323 f. § 266a Abs. 3 StGB sollte zudem ein Handeln über drei Monate voraussetzen. 408 Eine ausführlichere Begründung findet sich vor allem bei B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 155 ff.

D. Keine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts

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dere deshalb angebracht, da die Interessentheorie dafür sorge, dass eigennütziges Handeln nur als nicht inhabilitätsauslösende Untreue bestraft werde. 410 Zudem sei das bisherige Konzept nicht wertungsstimmig. 411 Schließlich wird auch insgesamt die Akzessorietät zum Strafrecht bemängelt, da es Durchsetzungsdefizite durch „deals“ und Verwertungsverbote gebe. 412 Die verfassungsrechtliche Notwendigkeit wird hingegen nur von wenigen als Argument für eine Änderung angesprochen. 413 3. Kritik am bisherigen System und den gesetzlichen Erweiterungsvorschlägen a) Kritik des bisherigen Systems Bisher reklamierte der Gesetzgeber den Schutz der Gläubiger vor wirtschaftskriminellen Geschäftsführern als Schutzzweck für sich, ohne ein System zu schaffen, das diesem Schutzzweck gerecht wird. § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG beschränkt sich einerseits unverständlicherweise auf die Insolvenzdelikte und entnimmt bloß diesen Verurteilungen eine hohe Gefahrenwahrscheinlichkeit. Im Übrigen wird die Untreue, die wegen der Interessenformel eine besondere Bedeutung im Bereich der §§ 283 ff. StGB innehat, nicht erfasst. Andererseits erfasst die Norm bei den Insolvenzdelikten auch jede fahrlässige Tathandlung, bei denen der zwingende Rückschluss auf eine Ungeeignetheit bzw. ein wirtschaftskriminelles Handeln sich nicht aufdrängt. Als Folge verstößt die Norm gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen Art. 3 Abs. 1 GG, so dass eine Änderung zwingend ist. Schließlich wird die derzeitige Ausgestaltung der Bedeutung, die der Geschäftsführer besitzt, nicht gerecht. Wie an anderer Stelle ausgeführt, ist der Geschäftsführer maßgeblich dafür, dass die Gesellschaft ordnungsgemäß und seriös geführt wird. 414 Der Gesetzgeber hat daher in den letzten Jahren die Haftungsnormen für den Geschäftsführer erheblich verschärft, damit dieser all seinen Pflichten nachkommt. 415 Diese höheren Anforderungen sollte der Gesetzgeber auch bei den Inhabilitätsbestimmungen umsetzen. Gläubiger und Dritte sollen und müssen auf den Geschäftsführer vertrauen dürfen. 409 Drygala, ZIP 2005, 423, 425 ff.; Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 310; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 80; Bittmann, GmbHR 2007, 70, 75 f. 410 Folker Bittmann in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P187 f.; ders., GmbHR 2007, 70, 76. 411 Fleischer, WM 2004, 157, 165; Mülbert, JZ 2002, 826, 835. 412 Haas, WM 2006, 1369, 1374. 413 Im Wesentlichen nur Stein, AG 1987, 165, 173 ff., und B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 138 ff. 414 Siehe 1. Teil: C. 415 Siehe (kritisch) Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 10 f. und Fn. 89 (1. Teil).

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

b) Kritik der geplanten Änderungen durch das FoSiG Diesen veränderten Rahmenbedingungen wollte der Gesetzgeber mit seinen Vorschlägen im Rahmen des FoSiG gerecht werden. Die katalogartige Erweiterung auf gewichtige Verurteilungen wegen zentraler Bestimmungen des allgemeinen Wirtschaftsstrafrechts war ein überraschender Schritt, die Inhabilitätsgründe zu ändern. Denn durch die Erweiterung sollten nunmehr auch Verurteilungen wegen privaten Handelns zur Inhabilität führen. Eine gerade im Hinblick auf das Verfassungsrecht und den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG doch sehr mutige Initiative. Ob ein solcher pauschaler Ausschluss für ein privates Handeln, der „nur“ über die Höhe der Verurteilung abgemildert werden sollte, verfassungsrechtlich Bestand gehabt hätte, ist eher zweifelhaft. Dies bestätigt auch die Aussage in den Entwürfen des MoMiGs, dass Verurteilungen wegen bestimmter Straftaten nicht aufgenommen werden sollten, da diese zwar nicht selten, aber eben auch nicht typischerweise von Geschäftsführern begangen werden. 416 Drygala hat zudem zu Recht bemerkt, dass es merkwürdig angemutet hätte, andere Straftaten gegen das Vermögen wie die Unterschlagung, den Diebstahl, Raub und Erpressung nicht ebenfalls in den Katalog aufzunehmen. 417 Diese Taten richteten sich zum einen gegen das Vermögen und unterschieden sich rechtsethisch kaum von den in Bezug genommenen Taten und zum anderen sei die Abgrenzung der Taten von den §§ 263 ff. StGB fließend. Das Konzept des Gesetzgebers, mit dem FoSiG zentrale Wirtschaftsstraftaten 418 zu erfassen, wurde im Übrigen vom Gesetzgeber selbst ein wenig ad absurdum geführt. Es war eine exklusive Ansicht des Gesetzgebers, dass die Benachteiligung von Baugeldgläubigern eine zentrale Wirtschaftsstraftat darstellt. 419 Die Norm des § 5 BauFG fristet ein absolutes Schattendasein. 420 Grund für die Aufnahme in den Katalog war wohl eher ein politischer, sollte doch das FoSiG darauf abzielen, die Vergütung von Handwerkern stärker zu sichern. 421 416

RefE MoMiG, S. 41 f.; BT-Drs. 16/6140, S. 33, 75. Allerdings stimmte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung dem Vorschlag des Bundesrats zu, auch die §§ 263 bis 264a StGB in den Katalog aufzunehmen. Leitend war offenbar das Argument des Bundesrats, dass keine Vertrauensbasis gegenüber Personen bestehe, die wegen eines entsprechenden Delikts verurteilt worden sind, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 9 f. Im MoMiG findet sich keine nähere Begründung, BT-Drs. 16/9737, S. 96 (elektronische Vorabfassung). 417 ZIP 2005, 423, 426 f. 418 BR-Drs. 141/02, S. 70. Bei einigen der „zentralen“ Wirtschaftsstraftaten (§§ 263a, 264, 264a, 265b StGB) sind die Verurteilungszahlen im Gegensatz zur behaupteten Bedeutung doch sehr gering, vgl. die Zahlen in Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 156 f. 419 Während zwischenzeitlich jede Verurteilung wegen der Verschwendung von Baugeld ausreichen sollte, sollte in den letzten Entwürfen nur eine Verurteilung von mindestens einem Jahr zur Inhabilität führen. 420 Siehe Lemme, wistra 1998, 41, 42 ff; Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 78 Rn. 58.

D. Keine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts

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Des Weiteren hätte die Anbindung an eine bestimmte zeitige Freiheitsstrafe diese Regelung für deals angreifbar gemacht, was insbesondere Haas kritisiert hat. 422 Diese Kritik war sicher nicht von der Hand zu weisen, hätte hingegen aber hingenommen werden können und müssen. Anders lässt sich im akzessorischen System nicht nach der Schwere der Delikte differenzieren. Hier wären die Staatsanwaltschaften und die Richter aufgerufen gewesen, Fingerspitzengefühl zu zeigen. Freilich hatte Bittmann berechtigterweise auf ein anderes Problem hingewiesen. 423 Die Anknüpfung an eine Verurteilung zu einer Mindestfreiheitsstrafe lasse nicht erkennen, ob eine Einzelstrafe von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe wegen einer einzelnen Katalogtat notwendig sei oder ob eine Gesamtstrafe wegen verschiedener – nur Katalog- (?) – Straftaten ausreiche. Verlangte man eine einjährige Einzelstrafe, würde ein Mehrfachtäter systemwidrig privilegiert, der wiederholt minder schwere Taten begehe, obwohl sein Gesamtverhalten „inhabilitätswürdig“ sei. Stellte man dagegen auf eine Gesamtstrafe ab, bestünden vor allem in den Fällen Schwierigkeiten, in denen Katalogtaten und andere Straftaten zusammenfielen und nur deshalb eine Strafe über einem Jahr ausgeurteilt wird. Diese Problematik müsste man in der Tat auflösen, bevor eine Mindestverurteilungsgrenze festgelegt wird. Die Prognose, die einer Inhabilität zu Grunde liegt, muss wegen des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG fundiert sein. Daher erschien der Vorschlag des FoSiGs, Verurteilungen nach den besonderen Straftaten des GmbHG und des AktG aufzunehmen, im Grunde richtig. Hat ein Geschäftsführer vorsätzlich seine Pflichten nicht erfüllt, hat er gezeigt, dass er die in ihn gesetzte Verantwortung nicht erfüllt hat. 424 Die Annahme, dass er seinen Pflichten auch in Zukunft nicht nachkommen wird, erscheint daher begründet. Allerdings offenbarte der Vorschlag einige Ungereimtheiten. Erstaunlicherweise sollte eine Pflichtverletzung bei Verlust, § 401 Abs. 1 Nr. 1 AktG, zur Inhabilität führen, während dies für den identischen Tatbestand des § 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG nicht gelten sollte. Dies war wohl ein 421 Da der Tatbestand dem des Bankrotts zumindest ähnelt, wäre die Entscheidung rechtlich aber vertretbar gewesen. Vor allem, da das Konkurrenzverhältnis zu den Bankrottdelikten in der Rechtswissenschaft umstritten ist (siehe Achenbach / Ransiek / Wegner, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, Kap. VII Abschn. 3 Rn. 52 mit Nachweisen) und eventuell Schutzlücken bestehen könnten, wenn der Tatbestand tatsächlich demnächst häufiger zur Anwendung käme. Siehe erneut die Forderungen des Bundesrats im Rahmen seiner Stellungnahme zum RegE MoMiG, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 10, welche von der Bundesregierung aber abgelehnt wurden, BT-Drs. 16/6140, S. 75. Gegen diesen Vorschlag auch BDI, Stellungnahme vom 7. September 2007, Dokumentennummer D 0153, S. 19. 422 Haas in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P205. Kritisch zum MoMiG wegen der Berechnungsschwierigkeiten auch Bittmann, wistra 2007, 321, 323 f. 423 Wistra 2007, 321, 323 f. Die Mindestverurteilungsgrenze durch eine Mindestschadensumme zu ersetzen, wie Bittman vorschlägt, hilft allerdings auch kaum weiter. Schadensfeststellungen werden in den seltensten Fällen klar sein. 424 Vgl. auch BT-Drs. 14/9848, S. 30, 31.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Redaktionsversehen. 425 Die gleiche Vermutung an ein Redaktionsversehen überkam einen, wenn man sah, dass der Gesetzgeber die Insolvenzverschleppung, die jemand bei einer Gesellschaft & Co. OHG / KG oder einer Genossenschaft begeht, unberücksichtigt ließ. 426 Was der Grund für diese bewusste Einschränkung war, wird aber nur der Gesetzgeber selbst wissen. 427 Denn gerade die Insolvenzverschleppung ist „der“ Tatbestand, der (wenigstens) bei einer vorsätzlichen Tat die besten Schlüsse auf die Eignung eines Geschäftsführers bieten wird. Vorsätzlich davon abzusehen, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, zeigt die fehlende Eignung für das Amt des Geschäftsführers. In welcher Rechtsform der Antrag verschleppt wurde, macht keinen Unterschied dafür, inwiefern jemand Geschäftsführer einer GmbH werden darf oder nicht. Berücksichtigt man das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, konnte man kaum umhin, die gesetzgeberische Differenzierung wenigstens für verfassungsrechtlich problematisch zu halten; im Ergebnis eher sogar für verfassungswidrig. Problematisch war darüber hinaus, dass weiterhin jegliche Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts die Inhabilität herbeiführen sollte. 428 Weitere Tatbestände, die der Gesetzgeber unverständlicherweise in § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG nicht aufgenommen hatte, waren die vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen Straftatbestände der unrichtigen Darstellung 429 und der falschen Angaben 430 für die Geschäftsleitung in anderen Gesellschaftsformen. In welcher erwerbswirtschaftlichen Rechtsform die Pflichtverletzung begangen worden ist, kann keinen relevanten Unterschied machen. Denn es ist die Pflichtverletzung selbst, welche die fehlende Eignung offenbart, weniger die Tatsache, dass sie in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung begangen wird. Selbst wenn man sich nur auf Straftaten in der GmbH beschränken wollte, hätten wenigstens auch die für die GmbH geltenden Delikte der unrichtigen Darstellung gemäß § 331 HGB, § 17 PublG, § 313 UmwG in den Katalog aufgenommen werden müssen. 431 Für die Zuverlässigkeit im Hinblick auf den „Aufgabenbereich und die Tragweite der Tätigkeit“ 432 eines Geschäftsführers sind diese Taten ebenso bedeutend. Diese 425 Im RefE des MoMiGs jedenfalls wurde dieser „Fehler“ behoben; im RegE und im MoMiG wurde der Tatbestand insgesamt dann aber ohne Begründung gestrichen. 426 Der RegE und das MoMiG haben diese Einschränkung nicht übernommen. 427 In den Begründungen findet sich zu dieser Frage keine Aussage. Kritisch zu dieser Lücke auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 143; Haas, WM 2006, 1369, 1371 Fn. 27a; derselbe in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P205; Bittmann, GmbHR 2007, 70, 76. 428 Kritisch auch Drygala, ZIP 2005, 423, 426. 429 Etwa §§ 331, 335b, 340m HGB; § 313 UmwG; § 17 PublG; § 53 Abs. 1 SEEG; § 147 Abs. 2 GenG. 430 Etwa § 147 Abs. 1 GenG, § 314a UmwG. 431 Vgl. auch Wachter, GmbHR 2006, 793, 797. 432 BT-Drs. 14/9848, S. 30.

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Tatbestände sind nicht nur vergleichbar mit der unrichtigen Darstellung in § 400 AktG und § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG. § 331 HGB ist sogar kraft gesetzlicher Anordnung spezieller gegenüber den Tatbeständen des GmbHG / AktG. Es ist äußerst verwunderlich, eine Verurteilung nach den spezielleren Tatbeständen nicht als ebenso charakteristisch anzusehen. Schließlich ist der Blick näher auf die gesellschaftsrechtlichen Tatbestände, die zur Inhabilität führen sollten, zu richten. So verwunderte der Tatbestand der Pflichtverletzung bei Verlust 433, wonach ein Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals den Gesellschaftern anzuzeigen ist. Diese Anzeigepflicht dient allein dem Schutz der Gesellschaft und der Gesellschafter, 434 weshalb es nicht ganz einleuchtete, sie als Bezugspunkt für eine in aller Regel dem Schutz Dritter dienenden Amtsunfähigkeit zu machen. 435 Es ließe sich zwar begründen, dass die Anzeigepflicht mittelbar die Gläubiger schützt, da die Anzeigepflicht in einer Krise der Gesellschaft eintritt. 436 Dies kann aber nicht ausreichen, denn wie Tiedemann hervorhebt, besteht der Schutz „allenfalls in jenem weiten Sinne, dass letztlich alle Vorschriften ... über eine sachgerechte Gestaltung der Institution GmbH das Gläubigerinteresse schützen.“ 437 Wichtiger war dem Gesetzgeber offenbar, dass es um die Erfüllung einer ganz spezifischen und gravierenden Geschäftsführerpflicht geht. 438 Wird diese vorsätzlich nicht erfüllt, lag für den Gesetzgeber anscheinend die Prognose nahe, dass auch andere spezifische Geschäftsführerpflichten nicht erfüllt werden. Dies mag man so sehen, ist indessen nicht zwingend und problematisch, weshalb man von der Erstreckung im FoSiG hätte absehen sollen. Stellt man in der Folge nämlich darauf ab, dass die Verletzung spezifischer Geschäftsführerpflichten für eine Gefahrenprognose ausreicht, bestehen Schwierigkeiten im Hinblick auf die Tatbestände der falschen Angaben und die Nichtaufnahme des Tatbestands der Verletzung der Geheimhaltungspflicht. Denn die Verletzung der Geheimhaltungspflicht ist sicherlich die Verletzung einer spezifischen Geschäftsführerpflicht. Und sie schützt ebenso „nur“ die Gesellschaft und die Gesellschafter, nicht jedoch Dritte. 439 Der Grund für die Nichtaufnahme könnte daher allein der gewesen sein, dass man die Pflicht zwar als bedeutend ansehen 433

§ 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG; §§ 401 Abs. 1 Nr. 1, 408 AktG. Mittlerweile allgemeine Meinung im GmbH-Recht siehe etwa Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 84 Rn. 4; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 84 Rn. 1; anders früher Rowedder 2 / Fuhrmann, GmbHG, § 84 Rn. 1. 435 Krit. daher Fleischer, WM 2004, 157, 165. 436 Der Geschäftsführer teilt den Gesellschaftern die prekäre Lage des Unternehmens mit, damit diese die Möglichkeit haben, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, Michalski / Dannecker, GmbHG, § 84 Rn. 8. 437 Scholz 9, GmbHG, § 84 Rn 12. 438 Deutlich etwa Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Kleindiek, GmbHG, § 84 Rn. 1: „... die Regeln seriöser Unternehmensführung verstärkt werden.“ (Hervorhebung vom Verfasser). Siehe auch BT-Drs. 14/9848, S. 30, 31. 434

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

kann, der Unrechtsgehalt der Tat aber eher gering ist (Freiheitsstrafe von einem Jahr). Deshalb reichte die Verletzung einer spezifischen Geschäftsführerpflicht allein für die Gefahrenprognose des Gesetzgebers augenscheinlich nicht aus. Dies wird bestätigt, wenn man die Tatbestände der falschen Angaben im GmbHG / AktG 440 genauer betrachtet, die zu Recht aufgenommen werden sollten. Täter können nämlich auch Aufsichtsratsmitglieder und Gesellschafter sein. Schutzzweck der falschen Angaben ist es, sicherzustellen, dass besondere Erklärungen des Geschäftsführers oder anderer, auf die Dritte vertrauen und die maßgeblich für die Gründung der Gesellschaft oder für eine Investitionsentscheidung des Dritten sind, korrekt sind. 441 Es ging dem Gesetzgeber hier offenbar darum, dass derjenige, der (unternehmensbezogen) falsche Angaben macht, seine Bereitschaft offenbart, Gläubiger zu täuschen und deren Vermögen dadurch zu schädigen. 442 In der Folge sollten diese Personen nicht mehr geeignet sein, Geschäftsführer zu sein. Demnach stand die Gefährdung Dritter durch ein wirtschaftskriminelles Verhalten im Vordergrund und nicht die Verletzung einer gesellschaftsinternen Pflicht zur Anzeige eines bestimmten Verlustes. Ein Grund mehr, weshalb die Erweiterung auf den Tatbestand der Pflichtverletzung bei Verlust abzulehnen war. 443 Die Straftatbestände der „Unrichtigen Darstellung“ im GmbHG / AktG 444 stellen falsche Angaben eines Organmitglieds oder von Gründern und Gesellschaftern unter Strafe, die in gewissen für die Öffentlichkeit bestimmten Erklärungen oder für deren Erstellung verwendet werden. Der Schutzzweck gleicht dem der „Falschen Angaben“. Es geht um das Vertrauen der Gläubiger, Dritter und der Allgemeinheit an die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben. 445 Das gerade zur Eignung von Personen Gesagte, die wegen „Falschen Angaben“ verurteilt worden sind, gilt daher hier ebenfalls. Eine nähere Untersuchung zeigt demnach, dass der Gesetzgeber tatsächlich gute Argumente vorweisen konnte, die im FoSiG aufgezählten gesellschaftsrechtlichen 439 Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh / Servatius, GmbHG, § 85 Rn. 1; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, Vor §§ 82 – 85 Rn. 62; Staub / Dannecker, HGB, § 333 Rn. 5 ff. 440 § 82 Abs. 1, 2 Nr. 1GmbHG; § 399 AktG. 441 Allgemeine Meinung, vgl. GroßkommAktG / Otto, § 399 Rn. 4; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 1. 442 Lapidar BT-Drs. 14/9848, S. 31 („nicht geeignet“). Die meisten Kommentare bezeichnen die einzelnen Nummern und Absätze von § 82 GmbHG als Gründungs-, Sachgründungs-, Kapitalerhöhungs-, Eignungs-, Kapitalherabsetzungs- und Geschäftslagetäuschung (Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Übersicht) oder –schwindel (Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Inhaltsübersicht). 443 Im Übrigen müsste man bei einer Erweiterung auch die gleichen Tatbestände bei anderen Rechtsformen aufnehmen, etwa § 148 Abs. 1 Nr. 1 GenG (nach dem MoMiG § 148 Abs. 1 GenG). 444 § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG; § 400 AktG. 445 GroßkommAktG / Otto, § 400 Rn. 3; MünchKommAktG / Kropff, § 400 Rn. 2.

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Tatbestände als Anknüpfungspunkt für eine Inhabilität zu machen. Der Gesetzgeber hatte somit zwar mit dem FoSiG einige sinnvolle Änderungen vorgeschlagen, um das Konzept der Inhabilitätsgründe zu verbessern. Allerdings gab es doch eine ganze Reihe an Ungereimtheiten und Kritikpunkten. c) Kritik der geplanten Änderungen durch den RefE MoMiG Mit dem Referentenentwurf des MoMiGs wurden einige der erwähnten Kritikpunkte ausgeräumt, allerdings wären andere Probleme bestehen geblieben. Die moderaten Änderungen durch den RefE MoMiG waren insoweit zu begrüßen, dass sie die bestehende Verfassungswidrigkeit des § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG auszuräumen suchten. So war die Beschränkung auf vorsätzliche Insolvenzdelikte notwendig. Weiter räumte der RefE MoMiG das Versehen aus, dass der gleiche Straftatbestand (Pflichtverletzung bei Verlust), wenn er in einer AG begangen wird, inhabilitätsauslösend sein sollte, während dies in einer GmbH nicht der Fall sein sollte. Schließlich wurde die verfassungsrechtlich problematische Erweiterung auf allgemeine Wirtschaftsstraftaten zurückgenommen. 446 Angesichts der guten Ansätze war es umso bedauerlicher, dass der Gesetzgeber mit dem RefE MoMiG zu weit zurückruderte und nur noch vorsätzliche Straftaten nach den §§ 283 ff. StGB und die GmbH- und AG-spezifischen Straftaten erfassen wollte. 447 Es bestünde kein notwendiger innerer Zusammenhang zwischen den allgemeinen Wirtschaftsstraftaten und der Geschäftsleitungstätigkeit. Die Eingriffsintensität sei derart hoch, dass die Straftaten wenigstens typischerweise mit der Geschäftsführerstellung verbunden sein müssten. Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Eingriffsintensität einer Erstreckung auf allgemeine Wirtschaftsstraftaten überhaupt entgegenstehe, ist unzutreffend; die genauen Voraussetzungen sind es, an denen anzusetzen ist. Der Widersinn zeigt sich daran, dass der Gesetzgeber selbst ausführt, dass die allgemeinen Wirtschaftsstraftaten „nicht selten“, also eben häufig, von Geschäftsleitern begangen würden. 448 Wieso dann aber nicht etwa ein Zusammenhang mit der Geschäftsleitungstätigkeit vorausgesetzt werden sollte, erstaunt. 449 Denn gerade im Hinblick auf die Untreue, die Insolvenzdelikte und die Interessentheorie bliebe es bei der oben 446 Sehr kritisch zu den Äußerungen des Gesetzgebers, diese Straftatbestände zu streichen, Wachter, GmbHR 2006, 793, 797 („nicht ersichtlich ist, warum diese Ausführungen [gemeint ist die zur Erweiterung der Straftatbestände im FoSiG] der Bundesregierung ... heute schon keine Gültigkeit mehr haben sollen.“). Anders dann aber der RegE MoMiG und das MoMiG. 447 RefE MoMiG, S. 41 f. 448 RefE MoMiG, S. 41. 449 Solche Forderungen schon bei Fleischer, WM 2004, 157, 165; vgl. auch DAV, NZG 2007, 211, 213 und Drygala, ZIP 2005, 423, 426.

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angesprochenen Verfassungswidrigkeit und bei erheblichen und unerklärlichen Schutzlücken. Der RefE MoMiG beschränkte sich schlussendlich wie das FoSiG unverständlicherweise auf Taten aus dem AktG und dem GmbHG und ließ die anderen gesellschaftsrechtlichen Sondertatbestände unberücksichtigt. d) Kritik der geplanten Änderungen durch den RegE MoMiG und das MoMiG Der Regierungsentwurf des MoMiGs und das MoMiG selbst beseitigen viele Unzulänglichkeiten des alten Rechts und der bisherigen Entwürfe. So sorgt die Einführung eines zentralen Insolvenzverschleppungsstraftatbestandes für verschiedene Rechtsformen dafür, dass sich die Amtsunfähigkeit nicht mehr nur auf die Insolvenzverschleppung in der AG und GmbH beschränkt. Ebenso werden mit dem Entwurf zu Recht die Tatbestände der „Unrichtigen Darstellung“ aus dem HGB, PublG und dem UmwG in den Katalog aufgenommen; verwunderlich ist freilich, warum nicht auch bspw. die „Unrichtige Darstellung“ in einer SE relevant sein soll, wo doch auch die Insolvenzverschleppung bei allen juristischen Personen und bestimmten Personengesellschaften erfasst werden soll. 450 Begrüßenswert, wenn auch vom Gesetzgeber nicht näher begründet, ist die Tatsache, dass eine Verurteilung wegen der Tatbestände der Pflichtverletzung bei Verlust nicht mehr dazu führt, dass das Amt des Geschäftsführers nicht mehr bekleidet werden kann. Zu kritisieren ist hingegen die Erweiterung auf vergleichbare ausländische Straftaten, wie bereits bei der Diskussion einer analogen Anwendbarkeit der derzeitigen Norm dargelegt worden ist. 451 In die richtige Richtung weist dagegen der Schritt des Gesetzgebers, Verurteilungen wegen Untreue als Katalogstraftat aufzunehmen. Auffangfunktion der Untreue und deren Charakter (Missbrauch treuhänderisch ausgeübter Befugnisse) lassen Rückschlüsse auf die Eignung als Geschäftsführer zu. 452 Hingegen bleibt die pauschale Aufnahme auch „privater“ Straftaten ohne Bezug zur Tätigkeit als Geschäftsführer verfassungsrechtlich bedenklich. Daran ändert auch die Mindestverurteilungsgrenze nichts. Diese mag man zudem weiterhin kritisieren, da die Regelung für deals anfällig wird. 453 Problematischer sind aber die von Bittmann offengelegten Unklarheiten bezüglich der Mindestverurteilungsgrenze. 454

450 Auch die Straftatbestände der falschen Angaben bleiben auf AG und GmbH beschränkt. 451 Siehe 2. Teil: D.VII.3. 452 Vgl. auch BT-Drs. 16/6140, S. 32 f. 453 Siehe bereits 2. Teil: D.IX.3.b). 454 Siehe 2. Teil: D.IX.3.b).

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Ohne praktische Bedeutung ist die Erweiterung auf § 265b StGB. In der Sache mag zwar eine Erstreckung nahe liegen, da in der Tat eine Nähe zu den Tatbeständen der „Unrichtigen Darstellung“ besteht. 455 Hingegen ist die Änderung ohne Auswirkungen. In den Jahren 2002 bis 2004 gab es insgesamt gerade einmal sechs Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr. 456 Eine mikroskopisch kleine Zahl, die zeigt, wie unbedeutend der Straftatbestand ist. Naheliegender erscheint dagegen, Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr 457 nach § 266a StGB zu erfassen. § 266a StGB besitzt – wie die Verurteiltenzahlen zeigen – nicht nur eine große praktische Relevanz, 458 sondern weist auch einen unternehmensspezifischen Bezug auf. Den Tatbestand aufzunehmen, da er bei einem verspäteten Insolvenzantrag in der Regel verwirklicht werde und einfach nachweisbar sei, 459 wirkt jedoch zu pauschal. Der Gesetzgeber erweitert anscheinend § 6 Abs. 2 GmbHG allein deshalb, da § 266a StGB einfacher nachweisbar sein soll. Denn die Tatsache, dass bei einem verspäteten Insolvenzantrag regelmäßig § 266a StGB verwirklicht wird, führt nicht zwangsläufig dazu, diesen Tatbestand in den Katalog aufnehmen zu müssen, da eine Verurteilung wegen eines (vorsätzlich) verspäteten Insolvenzantrags selbst zum Ausschluss führen kann. Offenbar will der Gesetzgeber aber Schutzlücken schließen, wenn eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung nicht nachweisbar ist. Ob diese Lücken aber tatsächlich bestehen, ist unklar. Positiv ist, dass der Betrug nach der Intervention des Bundesrats in den Katalog aufgenommen wurde. 460 Allerdings ist auch zum Betrug zu vermerken, dass es verfassungsrechtlich nicht unbedenklich erscheint, wenn eine „private“ Straftat automatisch zur Inhabilität führt. Es erscheint ein wenig pauschal, wenn man sagt, „dass Personen, die wegen Vermögensdelikten zu hohen Strafen verurteilt worden sind, ... per se nicht geeignet (sind)“. 461 Ob man einer Verurteilung wegen Subventions- und Kapitalanlagebetrugs tatsächlich die gleiche Wirkung wie einer Verurteilung wegen Betrugs zumessen sollte, ist angesichts der bei diesen Delikten von einigen kritisierten weiten Vorverlagerung der Strafbarkeit 462 mit einigen Fragezeichen zu versehen. 455

Vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 33. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2002, S. 144 f. (eine relevante Verurteilung); dass., Strafverfolgungsstatistik 2003, S. 152 f. (vier relevante Verurteilungen); dass. Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 156 f. (eine relevante Verurteilung). 457 Hinsichtlich der Verurteilungsgrenze besteht aber das Problem der Bestimmbarkeit, auf das Bittmann hingewiesen hat, oben 2. Teil: D.IX.3.b). 458 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 156 f. (118 relevante Verurteilungen, insgesamt 7828 Verurteilungen). 459 BT-Drs. 16/6140, S. 32. 460 Wobei die von Drygala geäußerte Kritik nicht außer Acht gelassen werden darf, siehe schon oben 2. Teil: D.IX.3.b). 461 BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 10. 456

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Trotz dieser Kritikpunkte ist dem RegE MoMiG und dem MoMiG zu bescheinigen, dass ein deutlich stimmigeres Konzept entwickelt wurde als bei den Vorentwürfen und beim bisherigen § 6 Abs. 2 GmbHG. Auch das Schutzniveau entspricht klarer dem aktuellen Verständnis der Geschäftsführerposition. e) Erweiterung des Schutzzwecks der Inhabilitäten durch FoSiG und MoMiG? Interessantes Detail bei allen Reformbestrebungen ist, dass der Gesetzgeber immer wieder betont, dass auch die Gesellschaft auf einen seriösen Geschäftsführer vertrauen dürfe. 463 Dies klingt so, als würde der Gesetzgeber den Schutzzweck von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG nunmehr auch auf die Gesellschaft und Gesellschafter erweitern wollen, die bislang nur reflexiv geschützt werden. 464 Dieser Gedanke erscheint verständlich und logisch, wenn man bedenkt, dass etwa die Untreue, die jetzt Anknüpfungspunkt für eine Amtsunfähigkeit ist, primär die Gesellschaft schützt und nur mittelbar über den Schutz des Gesellschaftsvermögens die Gesellschaftsgläubiger. Ähnliches gilt etwa für den in früheren Entwürfen enthaltenen § 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG, der die Pflicht des Geschäftsführers, einen Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals den Gesellschaftern anzuzeigen, unter Strafe stellt. Allerdings galt und gilt auch in diesen beiden Fällen, dass die Inhabilität vorrangig dem Schutz Dritter dient, die keinen Einfluss auf die Person des Geschäftsführers haben. Aus der strafrechtlichen Verurteilung ist primär zu entnehmen, dass es sich um einen Geschäftsführer handelt, der seinen gesetzlichen Pflichten nicht nachkommt und die Vermögen Dritter gefährdet. 465 Allein die Tatsache, dass der Schutzzweck einer Strafrechtsnorm auf die Gesellschaft abstellt, zwingt nicht dazu, diesen Schutzzweck zum Hauptzweck der Anknüpfungsnorm zu erheben; auch wenn der Schutzzweck der Anknüpfungsnorm zugegebenermaßen ein Indiz für diese Interpretation darstellt. Der Schutz der Gesellschaft ist fast immer auch (mittelbar) ein Schutz der Gläubiger. Berücksichtigt man, dass der Ausschluss eine breite Basis an Verurteilungen aufnimmt, die alle dem Schutz der Gläubiger und 462 Vgl. MünchKommStGB / Wohlers, § 264 Rn. 6 f., § 264a Rn. 3; Lackner / Kühl, StGB, § 264a Rn. 2. 463 Deutlich für das FoSiG BT-Drs. 14/9848, S. 14, 31; hingegen nur noch implizit im RefE MoMiG durch die Erweiterung auf die Pflichtverletzung bei Verlust, im ursprünglichen RegE MoMiG durch die Erweiterung auf die Untreue und § 266a StGB. Etwas deutlicher jetzt wieder das MoMiG durch die Annahme des Vorschlags des Bundesrats, Verurteilungen nach den §§ 263 bis 264a StGB aufzunehmen. Der Bundesrat begründete seinen Vorschlag damit, dass eine GmbH eine eigene Vermögensmasse besitze und die besagten Verurteilungen eine zweifelhafte Einstellung zu fremden Vermögensmassen abbildeten, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 10. 464 Vgl. auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 133 Fn. 534. 465 Vgl. auch BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 10.

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gesellschaftsfremder Dritter dienen, ändern die neu aufgenommenen Straftaten nichts daran, dass der Schutz dieser Gruppen auch weiterhin der Hauptzweck der Amtsunfähigkeit bleibt. Die Gesellschaft und Gesellschafter sind und bleiben nur nachrangig geschützt, denn sie können Vorkehrungen treffen, sich gegen unseriöse Geschäftsführer zu schützen. Der breitere Ausschluss ungeeigneter Personen kommt ihnen natürlich entgegen. Jedoch führt die Erweiterung dazu, dass der bislang bloß reflexive Schutz der Gesellschaft und der Gesellschafter zu einem echten, wenn auch deutlich nachrangigen Nebenzweck von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG wird. Den Schutz der Gesellschaft und der Gesellschafter zu sehr zu betonen, würde im Übrigen das Ziel der Amtsunfähigkeit gefährden. Denn man könnte überlegen, dass eine Amtsunfähigkeit disponibel sein könnte, wenn eine Verurteilung wegen Untreue zu Lasten der Gesellschaft in Rede steht, die Gesellschafter aber diese Person in Kenntnis der Verurteilung dennoch zu ihrem Geschäftsführer bestellen wollen. f) Zusammenfassung Die geplanten Änderungen des FoSiGs und der Entwürfe des MoMiGs räumten einen Teil der Kritikpunkte aus, die im Hinblick auf § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG bestehen. Allerdings ging das FoSiG mit seinen Änderungen zu weit, während der RefE des MoMiGs zu zurückhaltend war. Die Erweiterung auf die gesellschaftsrechtlichen Sonderstraftatbestände war im Ergebnis zu begrüßen, reichte aber nach dem eigenen Verständnis beider Entwürfe nicht weit genug. Denn die gleichen Taten sollten nicht zur Inhabilität führen, wenn sie als Geschäftsleiter in anderen Gesellschaften begangen wurden. Der RegE schließlich beseitigte die meisten Ungereimtheiten und schaffte ein angemesseneres Schutzniveau. Das MoMiG setzte diese positive Entwicklung dann um. Diese Tendenz ist zu begrüßen. Freilich enthalten auch das MoMiG und die früheren Entwürfe Änderungen bzw. Empfehlungen, die nicht überzeugen. Allen Entwürfen und dem MoMiG ist zudem gemein, dass sie sich darauf beschränken, einzig die Straftatbestände zu ändern, nicht aber am System des § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG insgesamt ansetzen. 4. Reformvorschläge zur Ausgestaltung eines neuen § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG a) Kombinationslösung Die strafrechtliche Akzessorietät bietet den Vorteil, dass die Verurteilungen in einem Verfahren ergehen, dass, insbesondere durch den Grundsatz „in dubio pro reo“, ein hohes rechtsstaatliches Niveau bietet und Verurteilungen daher mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die richtige Person treffen. Eine Inhabilität trifft damit

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in allen Fällen eine „schuldige“ und damit ausschlusswürdige Person. Durchsetzungsdefiziten, die etwa auf Grund von „deals“, Einschränkungen des Tatbestands durch die Rechtsprechung oder Ermittlungsdefiziten bestehen, kann man durch eine Erweiterung der strafrechtlich relevanten Verurteilungen beikommen. Verwertungsverbote, die eine strafrechtliche Verurteilung erschweren, wie etwa die §§ 101, 97 Abs. 1 S. 3 InsO, sind Ausdruck rechtsstaatlicher Grundprinzipien und damit hinzunehmen. 466 Haas bemängelt, dass gerade diese Verwertungsverbote eine inhabilitätsauslösende Verurteilung verhindern würden. 467 Es ist allerdings bereits zweifelhaft, inwiefern solche Verwertungsverbote eine Verurteilung tatsächlich überhaupt in Frage stellen. Zum anderen hebt Haas hervor, dass England und der CDDA solche Grenzen nicht kennen würden. Hier irrt sich Haas indessen, denn auch in England gibt es vergleichbare Konstellationen. Bestehen bei der Liquidation / Insolvenz einer Gesellschaft Anhaltspunkte für ein kriminelles Verhalten, wird das Verfahren an die Staatanwaltschaften übertragen. 468 Der Geschäftsführer kann währenddessen nicht wegen „unfitness“ gemäß sec. 6 disqualifiziert werden; eine disqualification order ist zwar nach Verurteilung nach sec. 2 möglich, von dieser Möglichkeit wird aber offenbar nur selten Gebrauch gemacht. 469 Die Verfahrensdauer eines Strafverfahrens lässt sich jedenfalls nicht gegen eine akzessorische Ausgestaltung vorbringen, denn auch die gesonderten Verfahren, in denen eine Inhabilität angeordnet werden kann, brauchen längere Zeit; meist sogar länger als ein übliches Strafverfahren. 470 Die größere Flexibilität, die ein eigenes Verfahren mit sich bringt, wird mit größerer Rechtsunsicherheit und Unklarheiten bezahlt. Ein akzessorisches System mag zwar in seltenen Fällen Härten mit sich bringen, 471 bietet dafür aber einen einfacheren und kostengünstigeren Vollzug als Vorteil. Schlussendlich sprechen die Erfahrungen in England dagegen, von der strafrechtlichen Akzessorietät gänzlich Abstand zu nehmen. Denn sec. 2 CDDA wird von den Gerichten nicht effektiv eingesetzt. 472 Angesichts dieser Tatsachen sollte am akzessorischen System und an § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG festgehalten werden. 473 Allerdings zeigen die oben aufgeführten Vorschläge zur Erweiterung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG das Dilemma, das bei der strafrechtlichen Akzessorietät be466

BVerfGE 56, 37, 48 ff. WM 2006, 1369, 1374. 468 Hicks, J. B. L. 2001, 433, 443. 469 Hicks, J. B. L. 2001, 433, 443. Hintergrund ist, dass das strafrechtliche Verfahren durch eine Disqualifikation nicht beeinflusst werden soll. 470 Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 8, spricht davon, dass zwei Jahre vergehen, bis ein Verfahren durch den Insolvency Service eingeleitet wird. Das gerichtliche Verfahren dauert dann in der Regel weitere vier Jahre. 471 Vgl. die Nachweise bei Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 9. 472 Hicks, J. B. L. 2001, 433, 443. 473 A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 155. 467

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steht, wenn ein Katalog an Straftaten erstellt werden soll. Kataloge sind abstrakt und ihr Inhalt und die Beschränkungen sind fast immer diskutabel. 474 Hier das geforderte (umfassende) wertungsstimmige Konzept zu erarbeiten, ist nahezu unmöglich. Ein Katalog lässt sich zudem nicht immer durch eine abstrakte Sammelbezeichnung vermeiden. Denn auf der einen Seite können die Straftaten, die erfasst werden sollen, abstrakt schwer greifbar und zu vielfältig sein. 475 Zum anderen kann die akzessorische Lösung dann einen ihrer großen Vorteile einbüßen: die Rechtsklarheit und -sicherheit. Man muss wohl attestieren, dass das akzessorische System an seine (auch verfassungsrechtlichen) Grenzen stößt, wenn ein umfangreiches Schutzniveau geboten werden soll, dass berechtigterweise auch allgemeine Wirtschaftsstraftaten des Geschäftsführers berücksichtigen soll. Dies ist vernünftig nur möglich, wenn man den Strafgerichten die Möglichkeit einräumt, unter bestimmten Umständen jemanden für eine bestimmte Zeit von der Geschäftsführung auszuschließen. Diese Chance haben die Gerichte zwar bereits jetzt mit dem strafrechtlichen Berufsverbot. Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass dieses Konzept für einen wirkungsvollen Einsatz gegenüber Geschäftsführern nicht gemacht ist. 476 Hier bedürfte es einer eigenen Norm, die einen praktikablen Einsatz gegenüber kriminellen und unseriösen Geschäftsführern ermöglicht. 477 Demnach sollte zu einer Kombinationslösung gegriffen werden, welche die Vorteile beider Systeme nutzt. Es sollte somit weiterhin bei bestimmten Straftaten zu einer automatischen Disqualifikation kommen, damit die Gerichte nicht durch eine laxe Handhabung der Disqualifikationsmöglichkeit Schutzlücken verursachen. Auf der anderen Seite sollte den Gerichten die Möglichkeit eingeräumt werden, unter bestimmten Voraussetzungen Personen von der Geschäftsleitung auszuschließen. So wird ein hohes Schutzniveau bei einer verfassungskonformen Lösung erreicht. b) Katalogstraftaten Es ist wichtig, sich noch einmal vor Augen zu führen, was mit der Amtsunfähigkeit erreicht werden soll, bevor auf die Katalogstraftaten eingegangen wird. Dritte 474

Exemplarisch sei auf den wechselnden Katalog an Straftaten in den Entwürfen zum neuen § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG hingewiesen, insbesondere auf die Stellungnahme des Bundesrats zum RegE, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 9 ff. 475 Siehe auch die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 16/6140, S. 75, wonach eine Steuerstrafvorschrift nur dann in den Katalog aufgenommen werden soll, wenn sie zwingend mit der Geschäftsführertätigkeit zusammenhängt und klar konturiert ist. 476 Siehe unten 2. Teil: E.II.7. 477 Ebenso die Forderungen von B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 155 ff. und K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146 f., 164. Siehe ausführlicher sogleich 2. Teil: D.IX.4.d).

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sollen auf einen ordnungsgemäßen Betrieb der Gesellschaft vertrauen. Einen Betrieb, der verantwortungsvoll mit der beschränkten Haftung umgeht und diese nicht zum (eigenen) Vorteil gegenüber Gläubigern und Dritten ausnutzt. Ein solcher Betrieb wird nur von solchen Geschäftsführern gewährleistet, bei denen klar ist, dass sie diese Aufgabe respektieren und verantwortungsvoll mit ihr umgehen, dass sie Pflichten, die im Interesse der Gläubiger bestehen, nachkommen, dass sie nicht zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil ihre Position ausnutzen. Die Straftaten, um die es geht, sind also von vorneherein nur solche, die Rückschlüsse auf die Erfüllung wirtschaftlicher Pflichten zulassen, also vor allem die gesellschaftsrechtlichen Täuschungstatbestände wie K. Schmidt sie bezeichnet. 478 Es hat dabei zu bleiben, dass nach § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG nur die Personen ausgeschlossen werden sollen, die wirtschaftskriminell sind und andere Vermögen schädigen. 479 Nicht in den Katalog gehören deswegen Straftaten gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit, die ein Geschäftsführer etwa durch das Inverkehrbringen eines gefährlichen Produkts begangen hat. Zwar verletzt der Geschäftsführer eine Verkehrssicherungspflicht, die ihn als Organ trifft; allerdings steht diese Pflichtverletzung nicht im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Funktion des Geschäftsführers und der beschränkten Haftung. Und nur um diese geht es hier. Verurteilungen aus dem Bereich des Kapitalmarktstrafrechts (etwa § 38 WpHG) sollten für die Geschäftsleitung einer GmbH ebenso außer Betracht bleiben. 480 In zivilrechtlichen Verfahren erstrittene Urteile sind desgleichen keine ausreichende Grundlage für eine Inhabilität, da der notwendige Rückschluss auf einen „gefährlichen“ Geschäftsführer wegen der unterschiedlichen Prozessausgestaltungen und der Schwere des vorwerfbaren Verhaltens nicht möglich ist und ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG vorläge. 481 Demzufolge ist der Vorschlag von Hirte, Lanzius und Mock 482, Verstöße gegen die Kapitalaufbringungs478 K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146 für alle Straftaten, die mit dem FoSiG in den neuen § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG aufgenommen werden sollten. 479 Siehe auch das Fazit von Hicks, J. B. L. 2001, 433, 460 für seine Reformvorschläge zum CDDA (“Disqualification should certainly deal only with the abuse and should not usurp the function of the market in determining which trades are merely incompetent and so not creditworthy.”). 480 Schutzzweck ist häufig ein funktionierender Kapitalmarkt, weshalb eine Verurteilung für eine GmbH irrelevant sein sollte, Park / Hilgendorf, Kapitalmarktstrafrecht, §§ 38 Abs. 1 Nr. 1 –3, 12, 13, 14 WpHG Rn. 4 f.; Park / Sorgenfrei, Kapitalmarktstrafrecht, §§ 20a, 38 Abs. 1 Nr. 4, 39 WpHG. Werden zugleich Vermögensdelikte begangen, lassen sich diese zumeist durch die Straftatbestände des StGB auffangen. Bei börsennotierten AGs, evtl. auch bei alle anderen AGs, könnte man bestimmte kapitalmarktrechtliche Straftaten aufnehmen. 481 So kann ein zivilrechtliches Urteil darauf beruhen, dass einem redlichen Geschäftsführer ein Entlastungsbeweis nicht gelingt. Anders dagegen im Strafrecht auf Grund der Anwendung des in dubio pro reo-Satzes. 482 Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 330 f.

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und -erhaltungsvorschriften und gegen gläubigerschädigende Tatbestände wie die Existenzvernichtungshaftung oder die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, § 826 BGB zu erfassen, nur insoweit zu berücksichtigen, wie es sich um strafbare Verhaltensweisen handelt. Nur dann ist gewährleistet, dass die Inhabilitätsfolge die richtige Person trifft und ein Grundrechtseingriff zu rechtfertigen ist. Der Katalog der relevanten Straftaten hat sich im Ergebnis – notwendigerweise – auf die Taten zu beschränken, die einen entsprechenden Unrechtsgehalt aufweisen, so dass die Gefahr, dass künftig Dritte geschädigt werden, klar zu Tage tritt. Angesichts des Zwecks der Amtsunfähigkeit, Dritte vor unseriösen Geschäftsführern zu schützen, sind grundsätzlich nur die Straftaten zu erfassen, die auch dem Schutz der Dritten dienen. Ausnahmen können dort bestehen, wo der Schutz der Gesellschaft in besonderem Maße auch dem Schutz der Gläubiger dient, oder die ordnungsgemäße Pflichtenerfüllung besonders in Frage zu stellen ist. aa) Insolvenzverschleppung 483 Einigkeit wird auf Grund dieser Prämissen darüber bestehen, dass alle vorsätzlichen Insolvenzverschleppungstatbestände eine Inhabilität auslösen müssen und zwar nicht nur die des AktG und GmbHG. Die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags ist eine derart wichtige und bedeutende Pflicht des Geschäftsführers, dass eine andere Sichtweise schlichtweg nicht möglich ist. Wer hiergegen vorsätzlich verstößt, darf nicht Geschäftsführer werden. Jeder Dritte muss darauf vertrauen dürfen und können, dass der Geschäftsführer rechtzeitig die ordnungsgemäße Abwicklung der Gesellschaft einleitet. Dies gilt, obwohl die Insolvenzverschleppung insgesamt nur der mittleren bis unteren Kriminalität zugerechnet wird. 484 Ob auch die fahrlässige Insolvenzverschleppung erfasst werden sollte, ist genauer zu untersuchen. 485 In der Praxis sind die Verurteilungen wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung im Gegensatz zum Vorsatzdelikt deutlich zahlreicher, da die Gerichte häufig nur bewusste Fahrlässigkeit annehmen. 486 Dieses Übergewicht verstärkt sich, wenn man bedenkt, dass die Fälle der geringen Schuld in der Regel gemäß § 153 StPO eingestellt werden, wenn der Geschäftsführer sich bislang nichts hat zu Schulden kommen lassen, oder von einer Anklage gemäß § 153a StPO abgesehen wird. 487 Nicht jede fahrlässige Insolvenzverschleppung führt daher zu einer Verurteilung, weshalb man durchaus darüber nachdenken 483 Bislang § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG; §§ 401 Abs. 1 Nr. 2, 408 AktG; §§ 130b, 177a HGB; § 148 Abs. 1 Nr. 2 GenG; § 11 i.V. m. § 15 EWIVAG; § 53 Abs. 2, 4 Nr. 2 SEEG. Nach dem MoMiG § 15a Abs. 4 InsO. 484 Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 84 Rn. 3. 485 Nachweise für diejenigen, die eine Aufnahme fordern, oben in Fn. 389 (2. Teil). 486 Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn. 114.

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könnte, dieses Delikt zu erfassen. Die Praxis sortiert nämlich besonders unverhältnismäßige Fälle von selbst aus; es kommt nicht zu einer inhabilitätsauslösenden Verurteilung. Dabei lässt man allerdings unberücksichtigt, dass es für den Geschäftsführer praktisch unmöglich ist, ohne eine Sorgfaltspflichtverletzung die Insolvenzreife zu übersehen. 488 Gerade deshalb erscheint es bedenklich, die fahrlässige Insolvenzverschleppung trotz ihrer besonderen Bedeutung für den Geschäftsführer als Grund für eine Amtsunfähigkeit anzunehmen. Es kann schließlich nicht darum gehen, jede (fahrlässige) Pflichtverletzung des Geschäftsführers zur Anknüpfung einer Amtsunfähigkeit zu machen. Nur die Verurteilungen und Pflichtverstöße, die besonders spezifisch und gravierend sind und einen bestimmten Unrechtsgehalt aufweisen, sollten zum Ausschluss führen. Man kann sich zwar kaum eine spezifischere und gravierendere Pflichtverletzung für einen Geschäftsführer vorstellen als einen verspäteten Insolvenzantrag, allerdings erscheint dies nur bei vorsätzlichem Handeln entsprechend ahndungswürdig. Der Unrechtsgehalt ist zu gering, die Varianz der Fahrlässigkeit zu vielfältig, als dass der Tatbestand einbezogen werden sollte. Hier kann in besonders gravierenden Fällen der fahrlässigen Insolvenzverschleppung die Ermessensanordnung eines Ausschlusses notwendige Lücken schließen. bb) Insolvenzdelikte, §§ 283 ff. StGB Wie bisher hat es dabei zu bleiben, dass eine Verurteilung wegen eines Insolvenzdelikts zur Inhabilität führen muss. Die Tathandlungen zeigen, dass es sich um Pflichtverletzungen handelt, die sich mit elementaren Pflichten eines Geschäftsführers befassen. Hinzukommt, dass die Handlungen durch die Verknüpfung mit der Insolvenz der Gesellschaft über die objektive Strafbarkeitsbedingung einen besonderen Unrechtsgehalt aufweisen. Auch wenn keine Kausalität für die objektive Strafbarkeitsbedingung erforderlich ist, sorgt der notwendige tatsächliche Zusammenhang dafür, dass die Gefahr, die von einem Verurteilten als Geschäftsführer ausgeht, als sehr beträchtlich zu prognostizieren ist. Der Ausschluss ist damit gerechtfertigt. Allerdings sind ganz im Sinne (der Entwürfe) des MoMiGs nur vorsätzliche Straftaten inhabilitätsauslösend. Hintergrund ist die Tatsache, dass der Unrechtsgehalt und die Differenzierungen innerhalb der Fahrlässigkeitsdelikte es als unverhältnismäßig erscheinen lassen, sie in Bezug zu nehmen. Hierzu ist nur auf das Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu verweisen. 489 487 Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn. 46, 51, 64, 115 (dort insbesondere Fn. 280), 119; Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 84 Rn. 113. Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 84 Rn. 3 spricht allerdings davon, dass Ersttäter Geld- oder niedrige Freiheitsstrafen erhalten würden. 488 Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn. 115.

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Man könnte zwar darüber nachdenken, auch in den Fahrlässigkeitsdelikten eine Pflichtverletzung zu sehen, die derart spezifisch ist, dass sie eine Amtsunfähigkeit nach sich ziehen sollte. Hiergegen sprechen aber der doch niedrigere Unrechtsgehalt und das Problem, eine sachlich vernünftige Grenze zu ziehen. Auch wenn bewusste Fahrlässigkeit und bedingter Vorsatz nahe beieinander liegen, unterscheiden sie sich in ihrem Unrechtsgehalt und vor allem der Gefahrenprognose. Wer vorsätzlich handelt, ist grundsätzlich krimineller und gefährlicher als der Fahrlässigkeitstäter. Das Risiko, dass das Vermögen Dritter gefährdet wird, ist besser abschätzbar und greifbarer. Nur Fahrlässigkeitsdelikte in § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG aufzunehmen, die eine längere Verurteilung nach sich gezogen haben und daher eine gewisse Schwere aufweisen, bringt keinen praktischen Nutzen. 490 Eine Grenze bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder selbst sechs Monaten zu ziehen, ist sinnlos. Die Strafe von einem Jahr ist für einen Teil der Fahrlässigkeitsdelikte (§ 283b Abs. 2 StGB) bereits die Höchststrafe. Die Sechs-Monats-Grenze wird schließlich kaum praktisch. In der Strafverfolgungsstatistik, die leider nicht nach vorsätzlichen oder fahrlässigen Delikten differenziert, sind nicht all zu viele Freiheitsstrafen über 6 Monate vermerkt und diese werden wohl ausschließlich auf Vorsatztaten beruhen. 491 Geldstrafen mit über 180 Tagessätzen sind äußerst selten und werden auch dann auf Vorsatztaten beruhen. 492 Der Blick auf die Statistik lässt vermuten, dass fahrlässige Bankrott- und Buchführungsdelikte – sofern die Verfahren nicht schon eingestellt werden 493 – nur mit Tagessätzen unter 90 Tagen geahndet werden. 494 Aus einer solchen Verurteilung wegen einer fahrlässigen Tat kann man jedoch keine Amtsunfähigkeit entnehmen. Auch wenn man etwa die Dauer der Amtsunfähigkeit bei einem Fahrlässigkeitsdelikt reduzieren wollte, blieben Bedenken. Bittmann hat zuletzt gefordert, die Schuldnerbegünstigung gemäß § 283d StGB aus dem Katalog auszunehmen. 495 Bittmann sieht die Rechtfertigung der Amtsunfähigkeit für Personen, die wegen eines Insolvenzdelikts verurteilt worden sind, 489

2. Teil: D.VI.1.c). Ergänzend sei auf die zuvor auf unter 2. Teil: D.IX.3.b) erwähnten Probleme des deals und der genauen Bestimmung, ob und wie die Mindestverurteilungsgrenze erreicht wurde, hingewiesen. 491 121 Verurteilungen mit sechs oder mehr Monaten Freiheitsstrafe 2004, davon nur in sieben Fällen ohne Strafaussetzung, Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 158 f. 492 54 Verurteilungen zu einer Geldstrafe mit mehr als 180 Tagessätzen, Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 200. 493 Achenbach / Ransiek / Wegner, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, Kap. VII Abschn. 1 Rn. 186, 206. 494 Das Gros der Insolvenzdelikte wird mit Geldstrafen zwischen 31 und 90 Tagessätzen geahndet, Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 200. 490

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

darin, dass diese bereits einmal einem betreuten Gesellschaftsvermögen Nachteile bereitet haben. Da die Schuldnerbegünstigung freilich von jedermann begangen werden könne, sei ein Ausschluss systemwidrig. Dieser Sichtweise ist nicht zu folgen. Es ist zwar korrekt, dass die Schuldnerbegünstigung ein JedermannDelikt 496 ist. Hingegen wird es in aller Regel um eine unternehmensbezogene Schuldnerbegünstigung gehen, also um Geschäfte, bei der auf der einen Seite das insolvente Unternehmen und auf der anderen Seite ein anderes Unternehmen, vertreten durch einen Geschäftsführer, stehen wird. Hinzukommt, dass die in Rede stehende Pflichtverletzung eine gravierende ist, da es darum geht, die Insolvenzmasse (in Kenntnis der Insolvenz oder Zahlungseinstellung!) zu schädigen. Diese gläubigerschädigende Handlung offenbart deutlich, dass eine erhebliche Gefahr bestehen wird, wenn diese Person (erneut) zum Geschäftsführer bestellt werden sollte. Die Gefahrenprognose der Inhabilitätsgründe in § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG resultiert mitnichten, wie Bittmann meint, aus der Tatsache, dass bereits einmal dem eigenen Gesellschaftsvermögen Nachteile bereitet wurden, sondern dass die Insolvenzmasse zu Lasten der Gläubiger geschädigt wird und dies Rückschlüsse auf die von einem solchen Geschäftsführer ausgehende Gefahr für die Gläubiger zulässt. Es bleibt also dabei, dass vorsätzliche Verurteilungen gemäß den §§ 283 –283d StGB zum Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers führen. Die Fälle einer Verurteilung wegen der §§ 283 ff. StGB im Rahmen einer Verbraucherinsolvenz, werden äußerst selten sein, 497 so dass man insofern typisieren und die §§ 283 ff. StGB pauschal erfassen darf. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass künftig bei Verbraucherinsolvenzverfahren häufiger nach den §§ 283 ff. StGB verurteilt wird, müsste man darüber nachdenken, ob und wie diese Fälle aus dem Katalog herauszunehmen sind. Denn bei einer privaten Insolvenz bestehen zumeist andere Motive, um etwa Gegenstände bei Seite zu schaffen. Hier werden etwa Affektionsinteressen eine große Rolle spielen; man denke nur an ein vom Großvater vererbtes Bild. Es bleibt im Übrigen zu hoffen, dass der Gesetzgeber tätig wird und für Straftaten bei Verbraucherinsolvenzen eine eigene Strafnorm schafft, um dieser Diskussion zu entgehen. 498

495 GmbHR 2007, 70, 76, ders., wistra 2007, 321, 323. § 283d StGB besitzt keine praktische Bedeutung. Die Strafverfolgungsstatistik 2004 enthält acht Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe und nur sechs zu einer Geldstrafe, Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 158, 200. 496 Mit Ausnahme des Schuldners bzw. diesem nach § 14 StGB gleichgestellten Personen, siehe 2. Teil: D.II.4. 497 Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 75 Rn. 52. 498 Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 75 Rn. 54 m.w. N. zur Diskussion de lege ferenda.

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cc) Betrug und Untreue als Geschäftsführer 499 Eine Verurteilung wegen Betrugs im Zusammenhang mit der Stellung als Geschäftsführer zeigt, dass der Betreffende in einem beträchtlichen Umfang fremdes Vermögen geschädigt hat. Dies spricht dafür, ihm das Amt des Geschäftsführers, das ihm erneut die Einwirkung auf fremdes Vermögen (Gesellschaft, Gläubiger) unter dem Haftungsschild der GmbH ermöglicht, für eine bestimmte Zeit zu versagen. Den Überlegungen des Gesetzgebers, die diesen zur Zeit der GmbH-Novelle und zuletzt auch noch beim ursprünglichen Regierungsentwurf bewogen haben, den Betrug nicht in den Katalog aufzunehmen, wird man durch die Beschränkung auf Straftaten als Geschäftsführer gerecht. Auch wenn die Gestaltungen des Betrugs zu vielgestaltig seien bzw. nicht typischerweise von einem Geschäftsführer begangen würden, 500 stellt die vorgeschlagene Änderung den notwendigen Bezug her. Ebenso ist die Untreue aufzunehmen. Die Untreue dient zwar allein dem Schutz der Gesellschaft. 501 Entscheidend ist aber zweierlei. Eine Verurteilung wegen Untreue zeigt zum einen, inwiefern der Geschäftsführer geneigt ist, fremde Vermögen zu respektieren und den entsprechenden Pflichten nachzukommen (treuhänderische Bindung!). 502 Zum Zweiten besitzt gerade die Untreue wegen der Interessentheorie eine Auffangfunktion in Bankrottsituationen. 503 Im bisherigen Recht war es ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, diesen Tatbestand außer Acht zu lassen. 504 Allein deshalb müsste § 266 StGB schon aufgenommen werden; im Ergebnis sollte § 266 StGB sogar ohne Einschränkung auf die Fälle, in denen es um dessen Auffangfunktion geht, in § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG einbezogen werden. So werden Abgrenzungsprobleme und Ungleichbehandlungen vermieden. Die Verurteilung daran anzuknüpfen, dass die Straftat im Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit stand, schafft keine Rechtsunsicherheit. Dass Merkmal des „Zusammenhangs“ werden die Gerichte und die Rechtswissenschaft mit Leben füllen können. 505 Damit bereits aus dem Bundeszentralregisterauszug und 499 Solche Forderungen schon bei Fleischer, WM 2004, 157, 165; vgl. auch DAV, NZG 2007, 211, 213 und Drygala, ZIP 2005, 423, 426. 500 RefE MoMiG, S. 41 f.; BT-Drs. 16/6140, S. 33. Siehe auch die Stellungnahme des Bundesrats und die Gegenäußerung der Bundesregierung, wonach § 263 StGB in den Katalog von § 6 Abs. 2 GmbHG einbezogen werden soll. Eine wegen Betrugs verurteilte Person habe eine zweifelhafte Einstellung zu fremden Vermögensmassen, weswegen „keine Vertrauensbasis für eine ordnungsgemäße und entsprechend den Regeln des Wirtschaftslebens ausgerichtete Geschäftsführung“ bestehe, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 10. 501 Der Schutz allein der Gesellschaft als Treugeber ist allgemein anerkannt, zuletzt BGH, NStZ 2006, 401, 402; Tröndle / Fischer, StGB, § 266 Rn. 2. 502 So jetzt auch BT-Drs. 16/6140, S. 32 f. 503 Siehe oben 2. Teil: D.II.7.a) und jetzt BT-Drs. 16/6140, S. 32. 504 Siehe 2. Teil: D.VI.2.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

dem Delinquenten selbst deutlich wird, ob die Straftat mit der Geschäftsführerstellung zusammen hing, muss das Strafgericht dies im Tenor aussprechen. 506

dd) Verstoß gegen Strafnorm zu Sicherung von § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG In den Katalog gehört auch ein Verstoß gegen die neu zu schaffende Strafnorm, die einen Verstoß gegen § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG unter Strafe stellt. 507 ee) Gesellschaftsrechtliche Sonderdelikte („Falsche Angaben“, 508 „Unrichtige Darstellung“ 509) Ebenso in den Katalog aufzunehmen sind die besonderen gesellschaftsrechtlichen Straftatbestände der „Falsche Angaben“ und der „Unrichtige Darstellung“. Hierbei handelt es sich – wie zuvor schon dargestellt 510 – um unternehmensbezogene Pflichtverletzungen, die Dritte in ihrem Vertrauen und ihren Investitionsentscheidungen beeinträchtigen. Der Schutz der Gläubiger erfordert daher eine Aufnahme solcher Verurteilungen, die eine gesicherte Gefahrenprognose zulassen. c) Keine Aussetzung der Inhabilität auf Bewährung Stein schlägt vor, eine Reform an § 70a StGB zu orientieren und den Strafgerichten die Möglichkeit einzuräumen, ein Berufsverbot zur Bewährung auszusetzen. 511 Nach Steins Idee bleibt es bei der Regelanordnung der Amtsunfähigkeit, allerdings soll das Strafgericht die Möglichkeit haben, die Dauer der Inhabilität zu reduzieren oder sie sogar zur Bewährung auszusetzen. Dazu sollten bestimmte Abwägungskriterien durch den Gesetzgeber vorgegeben werden. Dieser Vorschlag Steins hat zugegebenermaßen den Charme, dass in Ausnahmefällen gerechtere Ergebnisse erzielt werden können als mit dem pauschalen Ausschluss. Im Grunde soll Steins Vorschlag demnach sicherstellen, dass in den Fällen, in denen die FünfJahres-Frist zu lange erscheint, eine kürzere Frist verhängt werden kann. Hier 505 Siehe auch Folker Bittmann in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P187 f. 506 Vgl. Bittmann / Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 12 Rn. 57 und ders., wistra 2007, 321, 324. 507 Siehe 2. Teil: D.IX.4.e). 508 Etwa § 82 Abs. 1, 2 Nr. 1GmbHG; § 399 AktG; § 147 Abs. 1 GenG. 509 Unter anderem § 400 AktG; § 82 Abs. 2 GmbHG; §§ 331, 335b, 340m HGB; § 313 UmwG; § 17 PublG; § 53 Abs. 1 SEEG. 510 Oben 2. Teil: D.IX.3.b). 511 AG 1987, 165, 174.

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erscheint aber die Kombinationslösung als bessere Lösung, denn es ist weniger die Dauer als die Auswahl der Inhabilitätsgründe, die Probleme bereitet. Und dafür bietet Steins Vorschlag eben keine Lösung. 512 Die Kriterien, die von Gerichten herangezogen werden könnten, um die Ungefährlichkeit zu bestimmen, bleiben zudem im Unklaren. Je nach Gestaltung drohte entweder eine Regelaussetzung, die mit der wirklichen Gefahrenprognose nichts mehr zu tun hat. Oder von der Aussetzung würde kein Gebrauch gemacht, so dass diese letztendlich nutzlos wäre. Schließlich bliebe die Frage zu klären, inwiefern nicht Reibungspunkte mit strafrechtlichen Berufsverboten auftreten. 513 d) Ermessensanordnung der Disqualifikation In die richtige Richtung für eine Ermessensanordnung der Disqualifikation weisen das strafgerichtliche Berufsverbot und der englische sec. 2 CDDA 514. Es geht darum, den Gerichten die Möglichkeit einzuräumen, Personen von der Geschäftsführung auszuschließen, wenn aus der begangenen Straftat die Gefahrenprognose abgeleitet werden kann, dass der Betreffende eine Gefahr für die Gläubiger darstellt und die beschränkte Haftung der GmbH missbrauchen wird. Entsprechende Vorschläge haben B. Schmitz 515 und ähnlich K. Schmidt 516 in Anlehnung an § 70 StGB zuletzt unterbreitet, auf deren Vorarbeiten zurückgegriffen werden kann. So schlägt B. Schmitz vor, dass das Strafgericht die Möglichkeit haben soll, die Tätigkeit als Geschäftsführer oder Vorstand bei einer Kapitalgesellschaft zu untersagen. 517 Das Strafgericht habe Kenntnis „aus erster Hand“ und urteile zeitnah. Gegen diesen Vorschlag spräche nicht die derzeitige Möglichkeit, die Tätigkeit als Geschäftsführer zu verbieten. Denn das Berufsverbot könne nur für den Beruf ausgesprochen werden, in dem der Delinquent seine Pflichten missbraucht hat. Daher sei die Norm offen zu gestalten, damit sie bei allen rechtswidrigen Taten Anwendung findet, die zeigen, dass der Täter künftig unter dem Deckmantel einer Kapitalgesellschaft erneut rechtswidrig handeln wird. Ebenso könne dem Vorschlag nicht die bisherige strenge Anordnungspraxis entgegengebracht werden. Denn die neue Norm stelle einen milderen Eingriff in die Rechte des Betroffenen als das Berufsverbot dar. Die Betätigung als Einzelkaufmann bliebe möglich. 512

So auch die Kritik von B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 154. Siehe B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 155. 514 Dieser lautet: „2 Disqualification on conviction of indictable offence. (1) The court may make a disqualification order against a person where he is convicted of an indictable offence (whether on indictment or summarily) in connection with the promotion, formation, management, liquidation or striking off of a company with the receivership of a company’s property or with his being an administrative receiver of a company.“ 515 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 155 ff. 516 K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146 f., 164. 517 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 156 ff. 513

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So würde auch die Akzeptanz der Berufsverbote bei den Strafgerichten steigen. Die Belange der Allgemeinheit, welche die Anordnung eines Berufsverbots rechtfertigen, könnten schneller rechtfertigend eingreifen. Zwar wirke § 70 StGB nur strafrechtlich, aber § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG besorge die notwendige gesellschaftsrechtliche Wirkung. Das Registergericht könne sich auf die Entscheidung des sachnäheren Gerichts verlassen und die Schnelligkeit des Registerverfahrens bliebe gewahrt. Weitere Vorteile seien die flexible Anordnungsmöglichkeiten, da die Anlasstaten für das Berufsverbot nicht eingeschränkt sind, und die Möglichkeit bestünde, ein Verbot gemäß § 70a StGB zur Bewährung auszusetzen. Schmitz Vorschlag ist sehr reizvoll, besitzt aber einige Kritikpunkte, die ausgeräumt werden müssten. Schmitz möchte das strafrechtliche Berufsverbot über § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG auf die GmbH übertragen. Hierzu ist zweierlei zu bemerken. Erstens kann man überlegen, ob das strafrechtliche Berufsverbot nicht schon über § 134 BGB Wirkungen im Gesellschaftsrecht zeigen kann. 518 Zweitens funktioniert die Übertragung ohne eine Änderung von § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG nicht so wie Schmitz glaubt. § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG beschränkt die Inhabilität bekanntlich auf den Unternehmensgegenstand. Wird der Beruf des Geschäftsführers verboten, dann kann der Geschäftsführer nur in der Kapitalgesellschaft nicht mehr tätig werden, die als Gegenstand gerade die Geschäftsführung bei einer anderen Gesellschaft übernimmt. Ohne eine Änderung von § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG hängt der Vorschlag daher in der Luft. 519 Abhilfe schafft dann nur, die Einschränkung auf den Unternehmensgegenstand aufzuheben und das Berufsverbot für einen Geschäftsführer automatisch zur Inhabilität führen zu lassen. Zudem sollte die Disqualifikationsmöglichkeit so weit wie möglich von § 70 StGB gelöst werden, um der strengen Anordnungspraxis zu entgehen. 520 Das Strafgericht ist in besonderem Maße dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, § 62 StGB, und den Grundrechten des Betroffenen verpflichtet. Die Gerichte sind daher zurückhaltend mit Berufsverboten, da für ihren konkreten Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG strenge Maßstäbe gelten. Dabei wird man mit Fug und Recht behaupten können, dass trotz der grundrechtlichen Anforderungen Berufsverbote häufiger ausgesprochen werden könnten, indes die Strafgerichte trauen sich nicht. Sicherlich wird es für den Strafrichter einfacher, ein Berufsverbot für einen Geschäftsführer auszusprechen, wenn diesem nur die Organstellung in einer Kapitalgesellschaft verboten werden kann. Aber diese Möglichkeit hätte der Strafrichter als milderes Mittel auch jetzt schon gehabt 521 und hat von ihr keinen Gebrauch gemacht. Es 518

Siehe 2. Teil: E.II.5. K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 147, dagegen erkennt dieses Problem und plädiert dafür § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG anzupassen. 520 Schon seit den fünfziger Jahren wird der zurückhaltende Einsatz der Berufsverbote bemängelt, Bruns, ZStW 71 (1959), 210, 250. 521 Siehe 2. Teil: E.II.4. 519

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wären also konkrete Vorgaben des Gesetzgebers von Nöten, damit die Ermessensanordnung genutzt wird. So sollte der Gesetzgeber in den Beratungen und der Gesetzesbegründung deutlich machen, welche Regelfälle ihm für eine Anordnung vorschweben. Hier wird es zum großen Teil um die §§ 242 ff., 263a ff. StGB gehen, die hier nicht in den Katalog aufgenommen worden sind, aber auch Steuerstraftaten. 522 Dagegen sollten – anders als Schmitz vorschlägt 523 – die Anlasstaten auf unternehmensbezogene, nicht aber notwendigerweise auf geschäftsführerbezogene, Taten beschränkt werden. Trotz der flexiblen Anordnungsmöglichkeit der Strafgerichte bleibt es dabei, dass die Gefahrenprognose verfassungsrechtlich äußerst problematisch bleibt, wenn es um private Taten geht. Und selbst wenn man diese Bedenken nicht teilt, wird wohl kaum ein Gericht für eine private Tat eine Disqualifikation aussprechen. Löst man sich dementsprechend vom strafrechtlichen Berufsverbot, so sollte man auch von der Bewährungsmöglichkeit Abstand nehmen. 524 Hier reicht es aus, die Anordnungsdauer flexibel zu gestalten; für eine zusätzliche Bewährungsanordnung besteht kein Bedarf. Im Ergebnis sollte also das Strafgericht die Möglichkeit haben, eine unternehmensbezogene Straftat zum Anlass zu nehmen, jemanden von der Geschäftsleitung auszuschließen, wenn prognostiziert werden kann, dass derjenige die beschränkte Haftung missbrauchen wird. 525 Diese Entscheidung sollte über eine Ergänzung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG auf das Gesellschaftsrecht übertragen werden, um klarzustellen, dass die Bestellung ipso iure nichtig wird bzw. derjenige nicht bestellt werden kann. Diese Rechtsfolge ist im Urteilstenor und im Bundeszentralregister zu vermerken. e) Einführung einer eigenen Strafnorm Des Weiteren sollte der Gesetzgeber dazu übergehen, eine eigene Strafnorm einzuführen, die es unter Strafe stellt, wenn jemand vorsätzlich das Amt des 522 Damit sollte auch der Kritik der Bundesregierung der Boden entzogen werden, die es ablehnt, Steuerstraftaten in den Katalog aufzunehmen, da diese nicht klar konturiert seien und nicht zwingend mit der Geschäftsführertätigkeit zusammen hängen würden, BT-Drs. 16/6140, S. 75. 523 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 157 f. Siehe auch die Überlegungen von Hicks zum CDDA im ACCA Research Report No. 59 („Disqualification of Directors: No Hiding Place for the Unfit?“), abgedruckt bei Hicks / Goo, Cases and Materials on Company Law, p. 300, zur Reform des englischen Rechts. 524 Anders B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 158. 525 Einen ähnlichen Vorschlag hat Hirte in seiner Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des MoMiGs im Rechtsausschuss unterbreitet, Stellungnahme, S. 1 f. Er verlagert das Problem hingegen ins Gewerberecht und einen neuen § 35 Abs. 1a GewO. Verbotsaussprechende Behörden sind für ihn daher die Gewerbebehörden. Zudem knüpft er an das Merkmal der Unzuverlässigkeit an, welches er aber insbesondere bei strafrechtlichen Verstößen als erfüllt ansieht. Siehe bereits oben 1. Teil: F.IX.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Geschäftsführers ausübt, obwohl er gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG inhabil ist. Vorbilder für eine solche Strafnorm gibt es in § 145c StGB für den Verstoß gegen ein strafrechtliches Berufsverbot 526 und in England 527. Diese Norm wäre die notwendige Ergänzung zu § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, denn dieser weist Lücken auf. 528 Wird jemand nach der Bestellung und Eintragung inhabil, darf er strafrechtlich sanktionslos am Geschäftsverkehr teilnehmen. Lässt sich der Geschäftsführer gar nicht eintragen und tritt er dennoch als Geschäftsführer auf, fehlt es erneut an einer Sanktion. Das Unterlassen der Versicherung ist straflos. Zwar ist der Geschäftsverkehr mangels Eintragung ins Handelsregister deutlich weniger schutzwürdig. Eine Strafnorm wäre jedoch ein effektives Mittel, um solche Personen dazu anzuhalten, gar nicht erst als Geschäftsführer tätig zu werden. Da der Ausschluss von § 6 Abs. 2 GmbHG nur für das Amt des Geschäftsführers gilt, könnte die Norm dazu führen, dass vermehrt Inhabile unterhalb der Organstellung für die Gesellschaft tätig werden. Aber dies ist gerade das Ziel. Die Personen sollen nicht die Möglichkeiten eines Geschäftsführers haben und auch nicht als faktischer Geschäftsführer im Rechtsverkehr tätig werden. Dritte können dann darauf vertrauen, dass ein verantwortliches Organ diese Inhabilen daran hindert, andere und die Gesellschaft zu schädigen. Weisungen eines Gesellschafters an das Organ, diese Personen gewähren zu lassen, 529 werden in aller Regel wegen Sittenwidrigkeit (Gläubigerschädigung) nicht zwingend sein. Diskutabel ist, ob auch andere Personen (Gesellschafter, andere Geschäftsführer) wie bei § 145c StGB in die Pflicht genommen werden könnten. Dies mag zunächst für die Geschäftsführer nahe liegen, die eine Eintragung im Handelsregister nicht ändern lassen, obwohl sie wissen, dass ihr ehemaliger Mitgeschäftsführer nicht mehr habil ist. Denn die Eintragung erleichtert dem Inhabilen weiterhin am Geschäftsverkehr als Geschäftsführer teilzunehmen. Auf der anderen Seite hindert auch eine fehlende Eintragung den Inhabilen nicht, tatsächlich als Geschäftsführer aufzutreten. Hier müsste man von den Geschäftsführern verlangen, dass sie Dritte und den Geschäftsverkehr über das Auftreten des faktischen Geschäftsführers 526 Eine eigene Norm scheint daher bei Schmitz Vorschlag, an das strafrechtliche Berufsverbot anzuknüpfen, entbehrlich. Hingegen wäre dann zu untersuchen, ob § 145c StGB wirklich das Notwendige leistet. 527 „13 Criminal penalties. If a person acts in contravention of a disqualification order or disqualification undertaking or in contravention of section 12(2) or 12A, or is guilty of an offence under section 11, he is liable– (a) on conviction on indictment, to imprisonment for not more than 2 years or a fine, or both; and (b) on summary conviction, to imprisonment for not more than 6 months or a fine not exceeding the statutory maximum, or both.“ 528 Siehe zu § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG genauer noch 2. Teil: H.IV. 529 Es geht nicht um die Einstellung in einer anderen Funktion innerhalb der Gesellschaft, denn dies ist nach § 6 Abs. 2 GmbHG ja erlaubt.

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informieren, um so Gefahren abzuwenden. Dies würde in das Bild passen, den Geschäftsführer mehr und mehr dazu anzuhalten, dass die Gesellschaft seriös am Geschäftsverkehr teilnimmt. Insgesamt erscheint es jedoch zu weitgehend, den Geschäftsführer strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, wenn ihm keine geeignete Möglichkeit zusteht, das Handeln auszuschließen. Auch für die Gesellschafter wird man ähnlich urteilen. 530 Ist der Mehrheitsgesellschafter derjenige, der sich selbst als Inhabilen gewähren lässt, ist er bereits als Geschäftsführer strafbar. Minderheitsgesellschafter haben kaum Möglichkeiten, dem Auftreten des Geschäftsführers entgegen zu treten, so dass allein die Kenntnis der Inhabilität eine Bestrafung ungerecht erscheinen lässt. Blieben nur die seltenen Fälle, in denen ein Mehrheitsgesellschafter bewusst einen Dritten (Inhabilen) in seiner Gesellschaft als Geschäftsführer einsetzt. Wer sich allerdings so verhält, wird sich kaum von einer Strafsanktion von einem solchen Handeln abbringen lassen. Und wenn Dritte geschädigt werden, wird man über die allgemeinen Regeln des Strafrechts Sanktionsmöglichkeiten besitzen. Die Norm sollte sich daher nur an die Geschäftsführer richten und deren Handeln unter Strafe stellen. Ein Verstoß gegen diese neu zu schaffende Strafnorm führt automatisch dazu, dass sich die Dauer der Inhabilität verlängert. Man könnte daran denken, die ursprüngliche Frist neu beginnen zu lassen oder die Dauer um einen pauschalen Zeitraum zu erhöhen. f) Dauer des Ausschlusses Bei einer automatischen Inhabilität sollte es bei der fünfjährigen Frist und der bisherigen Fristberechnung bleiben. Bei der Ermessensdisqualifikation ist dem Gericht die Möglichkeit einzuräumen, für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren zu disqualifizieren. g) Ausländische Straftaten Die Probleme der Anknüpfung an ausländischen Straftaten wurden bereits oben dargestellt. 531 Aus den Gründen, aus denen bereits eine analoge Anwendung abgelehnt worden ist, sollte auch von einer gesetzlichen Erweiterung für die Katalogstraftaten abgesehen werden.

530 Siehe zu den Argumenten auch 2. Teil: G.VI.4.b) zur Einführung einer Haftungsnorm für Gesellschafter und Drygala, ZIP 2005, 423, 428 ff. 531 2. Teil: D.VII.3.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

h) Praktische Relevanz der neuen Inhabilitätsnorm Eine realistische Prognose darüber, inwiefern die neue Ausgestaltung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG die Inhabilitätszahlen erhöht, lässt sich nicht treffen. Verurteiltenzahlen zu den besonderen gesellschaftsrechtlichen Tatbeständen sind in der Strafverfolgungsstatistik 2004 nicht enthalten. Daher könnte man für einen Überblick über die mögliche Inhabilenzahl nur einen wenig aussagekräftigen Blick auf die Zahlen der Ermittlungsverfahren werfen. 532 Für den Betrug und die Untreue, die als Geschäftsführer begangen werden, gibt es ebenso keine Zahlen. Die meisten dieser Taten werden im Bereich der den Wirtschaftsstraftaten zugeordneten Betrugs- und Untreuedelikte zu finden sein. Für diesen Bereich gibt es wieder nur die wenig aussagekräftigen Zahlen über Ermittlungsverfahren. 533 5. Zusammenfassung § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG sollte so geändert werden, dass erstens alle Verurteilungen wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, vorsätzlicher Insolvenzdelikte, wegen Betrugs und Untreue im Zusammenhang mit der Geschäftsleitertätigkeit und wegen falscher Angaben und unrichtiger Darstellung und wegen eines Verstoßes gegen die neue Strafnorm, welche die Geschäftsführung im Widerspruch zu § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG unter Strafe stellt, inhabilitätsauslösend sind. Zweitens sollte er die Ermessensanordnungen für den Strafrichter, jemanden zu disqualifizieren, ins Gesellschaftsrecht übertragen. Zudem sollte dem Strafgericht ermöglicht werden, eine Person als Geschäftsführer zu disqualifizieren, wenn diese eine unternehmensbezogene Straftat begangen hat und prognostiziert werden kann, dass sie die beschränkte Haftung missbrauchen wird.

E. Kein Berufsverbot Wem durch gerichtliches Urteil die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein, § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG. Die Vorschrift wurde im Rahmen der GmbH-Novelle als § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG Alt. 1 eingeführt. 532 Für 2004 sind 8.425 Verfahren wegen Insolvenzverschleppung nach § 84 GmbHG und 344 Verfahren nach §§ 130b, 177a HGB vermerkt, Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, S. 43. 533 Siehe Bundeskriminalamt (Hrsg.), Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, S. 236, wonach es insgesamt ca. 90.000 Ermittlungsverfahren im Bereich der Wirtschaftsstraftaten gegeben hat. Davon entfielen 43.000 auf den Betrug und 11.000 auf Betrug und Untreue im Zusammenhang mit Beteiligungen und Kapitalanlagen.

E. Kein Berufsverbot

213

I. Entwicklungsgeschichte Anlass für den Gesetzgeber, die Amtsunfähigkeit bei einem Berufsverbot anzuordnen, waren Diskussionen im Rahmen der Sachverständigenkommission. So verwiesen sowohl Heidland 534 wie auch Odersky 535 in ihren Referaten in der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität darauf, dass strafrechtliche Berufsverbote in der Praxis kaum eingesetzt würden. Kriminelle Geschäftsführer könnten weiterhin ihren Geschäften nachgehen. Daher forderte Odersky 536 den verstärkten Gebrauch von strafrechtlichen Berufsverboten. Zudem sollte das Registergericht die ausdrückliche Möglichkeit erhalten, die Eintragung einer GmbH abzulehnen, wenn gegen den Geschäftsführer ein Verbot ausgesprochen ist, da die Gesellschaft keine Gewähr für einen gesetzmäßigen Geschäftsbetrieb biete. Eine laufende Kontrolle darüber, ob gegen einen GmbHGeschäftsführer ein Berufsverbot verhängt wurde, sollte den Registergerichten dagegen nicht aufgebürdet werden. Die Sachverständigenkommission empfahl dem Gesetzgeber schließlich, denjenigen von der Geschäftsleitung auszuschließen, dem für den Bereich, in dem die Gesellschaft tätig ist oder werden soll, ein strafrechtliches Berufsverbot (§ 42l Abs. 1 StGB, § 70 2. StrRG) auferlegt worden ist. 537 Zur Begründung hieß es seitens der Kommission, diese Entscheidung sei „so bedeutungsvoll und charakterisiere(n) die Persönlichkeit in solch eindeutiger Weise, dass sie die Nichteignung zum gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft für die Dauer von fünf Jahren stets zur Folge haben sollte(n).“ In den anschließenden Beratungen wurde eingehend das Verhältnis zwischen dem Berufsverbot und der Amtsunfähigkeit diskutiert. So wurde die Frage gestellt, ob nicht bei Konkursdelikten zukünftig verstärkt ein strafrechtliches Berufsverbot ausgesprochen werden sollte. Dem wurde jedoch entgegnet, dass das bisherige Berufsverbot beispielsweise nur die Betätigung als Metzger erfasse, nicht jedoch die Tätigkeit als gesetzlicher Vertreter einer Gesellschaft, die eine Großmetzgerei betreibt. Daher stelle der Vorschlag die notwendige Verbindung zwischen einer verbotenen Tätigkeit und dem Gesellschaftsgegenstand her. Für Gesellschaften, die auf einem anderen Bereich als dem Verbotenen tätig seien, solle dagegen eine Organtätigkeit möglich bleiben. Der Vorschlag ergänze das strafrechtliche Berufsverbot.

534

In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 2, S. 42. 535 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 5, S. 28 f. 536 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 5, S. 29 f. 537 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 27, 31.

214

2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Auch Tiedemann 538 regte an, den Anwendungsbereich von strafrechtlichen Berufsverboten zu erweitern, da diese einen hohen generalpräventiven Effekt hätten. Mit der GmbH-Novelle folgte der Gesetzgeber den Anregungen der Sachverständigenkommission und schuf mit einem etwas veränderten Wortlaut den heutigen § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG. Zur Begründung führte der Gesetzgeber, sehr wortkarg, aus, dass verhindert werden solle, „dass Personen, ... gegen die ein Berufsverbot verhängt worden ist, alsbald ihre Geschäfte unter dem Deckmantel einer anonymen Kapitalgesellschaft wieder aufnehmen und hierdurch Dritte gefährden.“ 539 Die Referenz auf die Beratungen der Sachverständigenkommission, die sich nur mit dem strafrechtlichen Berufsverbot gemäß § 70 StGB auseinandersetzte, impliziert, dass auch nur dieses strafrechtliche Berufsverbot erfasst werden sollte. Die Formulierungen im Gesetz und in der Begründung sind dagegen neutral, wenn nur von „Berufsverboten“ die Rede ist. Inwieweit also auch andere Berufsverbote erfasst werden, wird daher im Folgenden noch zu klären sein.

II. Berufsverbot nach § 70 StGB Strafrechtliche Berufsverbote können seit 1933 als Nebenfolge zu einer Verurteilung ausgesprochen werden, § 42l StGB a. F. 540 1975 wurden die Berufsverbote dann mit dem Zweiten Gesetz zur Reform des Strafrechts 541 in den §§ 70 –70b StGB neu geregelt und bestehen im Kern seitdem unverändert. Ein Strafgericht kann die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Missbrauch seines 538

Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität, S. 72 f. BT-Drs. 8/1347, S. 31. 540 Eingefügt durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Besserung und Sicherung, Gesetz v. 24. November 1933, RGBl. I 1933, S. 995 ff. § 42l StGB lautete: (1) „Wird jemand wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der ihm kraft seines Berufes oder Gewerbes obliegenden Pflichten begangen hat, zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt, so kann ihm das Gericht zugleich auf die Dauer von mindestens einem und höchstens fünf Jahren die Ausübung des Berufs, Gewerbes oder Gewerbezweigs untersagen, wenn dies erforderlich ist, um die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung zu schützen.“ (2) Solange die Untersagung wirksam ist, darf der Verurteilte den Beruf, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen.“ ... 541 2. Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG), Gesetz v. 4. Juli 1969, BGBl. I 1969, S. 717 ff. 539

E. Kein Berufsverbot

215

Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt wird, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen lässt, dass er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. Auch dann, wenn der Täter nur deshalb nicht verurteilt wird, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, kann ein Berufsverbot ausgesprochen werden. Es kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. 1. Schutzzweck und verfassungsrechtliche Anforderungen Das strafrechtliche Berufsverbot dient dem Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, die aus dem Missbrauch der Berufs- und Gewerbeausübung resultieren. 542 Ein Berufsverbot stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit des Betroffenen dar, da ihm unter Umständen die materielle Lebensgrundlage entzogen und die Resozialisierung erheblich erschwert wird. 543 Da das Berufsverbot dem Schutz der Allgemeinheit und damit einem überragenden Gemeinschaftsgut dient, ist die Verhängung eines Berufsverbots hingegen verfassungskonform, solange der Zweck und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet werden. 544 2. Voraussetzungen Der Delinquent muss (irgendeine) rechtswidrige Tat unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbunden Pflichten begangen haben. Der Täter muss die ihm durch Beruf oder Gewerbe gegebene Möglichkeit bewusst und planmäßig zur Begehung der Straftat ausnutzen. 545 Die Anlasstat bzw. die verletzten Pflichten müssen in einer unmittelbaren Beziehung zum ausgeübten Beruf stehen und die Unzuverlässigkeit des Täters charakterisieren. 546 § 70 StGB erfasst alle Berufe und Gewerbe. Was im Einzelnen unter den Begriffen zu verstehen ist, ist noch weitgehend ungeklärt. 547 Ein Beruf ist eine Tätigkeit, die eine gewisse Sachkenntnis und Aufmerksamkeit fordert und auf 542

Niederschriften Große Strafrechtskommission, Bd. 4, S. 444; Systematischer Kommentar / Horn, StGB, § 70 Rn. 2. 543 LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 3. 544 LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 3; MünchKommStGB / Bockemühl, § 70 Rn. 4. 545 Vgl. BGHSt 22, 144, 146; NJW 1989, 3231, 3232. 546 BGHSt 22, 144, 146; LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 18. 547 LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 12: Definitionsansätze haben sich dabei am Zweck von § 70 StGB zu orientieren.

216

2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Dauer gerichtet ist; Indizien für einen Beruf sind Berufsbilder im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG. 548 Der Gewerbebegriff orientiert sich an dem allgemeinen Gewerbeverständnis. 549 Der Täter muss wegen der Anlasstat verurteilt oder wegen erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit nicht verurteilt worden sein. Zudem muss eine Gesamtwürdigung des Täters und der Tat ergeben, dass die Gefahr erheblicher Rechtsverletzungen bei einer weiteren Ausübung des Berufes oder Gewerbes besteht: 550 − es muss die nahe liegende Möglichkeit bestehen, dass erhebliche Straftaten begangen werden; − Verfehlungen geringeren Gewichts reichen nicht, da die Berufsfreiheit eine einschränkende Auslegung erfordert; − Art. 12 Abs. 1 GG fordert weiter, dass es sich um Taten handelt, die nicht nur konkreten Einzelpersonen drohen, sondern die Allgemeinheit in bestimmten Personengruppen oder einem begrenzten Personenkreis betreffen. 3. Anordnung eines Berufsverbots Ob und in welchem Umfang das Gericht ein Berufsverbot anordnet, ist eine Ermessensentscheidung. Dabei ist vor allem das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Grenze zu beachten. 551 Berufsgerichtliche oder behördliche Untersagungen hindern nach herrschender Meinung die Anordnung eines strafgerichtlichen Berufsverbots nicht. 552 Die Voraussetzungen, Zielsetzungen und teilweise auch Folgen der Verbote unterscheiden sich derart, dass die anderen Verfahren auf das strafrechtliche keinen Einfluss haben. 553 Das Gericht ordnet das Berufsverbot für mindestens ein Jahr und höchstens für fünf Jahre an. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann ein lebenslanges Berufsverbot verhängt werden. Erst mit der Rechtskraft des Urteils wird das Verbot wirksam, § 70 Abs. 4 S. 1 StGB. Das Gericht verbietet den Beruf, in dem die pflichtwidrige Tat begangen wurde. 554 Ein gänzlich anderer Beruf kann nicht verboten werden, allerdings kann 548

LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 13. LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 14. 550 Siehe zu den folgenden Punkten MünchKommStGB / Bockemühl, § 70 Rn. 13 ff. mit weiteren Nachweisen. 551 Systematischer Kommentar / Horn, StGB, § 70 Rn. 10; LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 49. 552 BGH, NJW 1975, 2249 f.; Tröndle / Fischer, StGB, § 70 Rn. 17; krit. LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 48, 79. 553 Vgl. BGH, NJW 1975, 2249 f; NJW 1991, 1069. 549

E. Kein Berufsverbot

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das Gericht das Verbot auch – unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips – auf eine Berufsgattung erstrecken. 555 In der Regel wird es jedoch ausreichend und erforderlich sein, anstatt des ganzen Berufs einen begrenzten Ausschnitt aus der beruflichen Tätigkeit zu untersagen. 556 Gemäß § 260 Abs. 2 StPO hat das Gericht im Urteil aus Bestimmtheitsgründen den Gegenstand des Verbots zu bezeichnen. 557 4. Geschäftsführertätigkeit als Gegenstand eines Berufsverbots Möglich ist es, unter dem Begriff des Berufs in § 70 StGB auch die Tätigkeit als Geschäftsführer zu subsumieren, so dass diese mittels eines Berufsverbots verboten werden kann. 558 Nach dem hier herausgearbeiteten Verständnis stellt der Geschäftsführer zwar kein eigenes Berufsbild im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG dar, weshalb dieser Umstand nicht für, sondern gegen eine Einordnung in § 70 StGB spricht. 559 Allerdings wird man den Berufsbegriff in § 70 StGB nicht mit einem verfassungsrechtlichen Berufsbild gleichsetzen können. Und dass der Geschäftsführer eine Tätigkeit ausübt, die eine gewisse Sachkenntnis und Aufmerksamkeit fordert und auf Dauer gerichtet ist, liegt außer Zweifel. 560

554

BGH bei Holtz, MDR 1979, 455; BGH, wistra 1986, 257. BGH, NJW 1965, 1388, 1389; Schönke / Schröder / Stree, StGB, § 70 Rn. 15. 556 Tröndle / Fischer, StGB, § 70 Rn. 10; LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 51. 557 Zur Kasuistik zu Umfang und Bestimmtheit eines Berufsverbots LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 53 ff. 558 Ebenso Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 396; ähnlich, wenn auch vorsichtig Odersky, in: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 5, S. 28. A. A. Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 306; K. Schmidt, GmbHReform in der Diskussion, S. 143, 147, der de lege ferenda jedoch den Geschäftsführer mittels § 70 StGB erfassen möchte. Gegen eine Einordnung als Beruf auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum RegE MoMiG, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 8. 559 Zur Definition des Berufsbegriffs in § 70 StGB siehe 2. Teil: E.II.2. 560 Siehe auch Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 396. Unklar die Entscheidung des BGH, NStZ 1995, 124, in welcher der BGH den sachlichen Umfang eines Berufsverbots unbeanstandet ließ, auch wenn er im Ergebnis das Berufsverbot aufhob. Das LG Limburg hatte dem Angeklagten auf Lebenszeit untersagt, „selbständig als Bauunternehmer oder als Geschäftsführer, auch als faktischer Geschäftsführer, eines Bauunternehmens tätig zu sein“. Aus der Untersagung der Stellung als Geschäftsführer könnte man schließen, dass dies der untersagte Beruf war. Dem LG ging es aber wohl eher um das Verbot der Ausübung des Baugewerbes, das auch die Tätigkeit als Geschäftsführer in dieser Branche erfassen sollte. Allerdings erscheint dann diese „erweiterte“ Untersagung bedenklich, denn der Geschäftsführer übt das Gewerbe nicht aus. Und auch die Untersagung der „faktischen“ Geschäftsführung verwundert, denn die faktische Unternehmensleitung ist ja tatsächlich nichts anderes als die Ausübung der untersagten Tätigkeit (möglicherweise erfolgte diese Anordnung auf Grund des Bestimmtheitsgrundsatzes aus § 260 Abs. 2 StPO). 555

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Der BGH hat zwar 1958 ein Berufsverbot, das die Tätigkeit als „Manager“ untersagte, aufgehoben. 561 Jedoch hat er sich erstens nicht gegen die Untersagung einer geschäftsleitenden Tätigkeit dem Grunde nach, sondern bloß gegen die Unbestimmtheit gewandt 562 und zweitens haben sich die Verhältnisse derart geändert, dass heutzutage selbst der Begriff des „Managers (eines Unternehmens)“ bestimmt genug sein wird. 563 K. Schmidt folgert aus der Tatsache, dass „jede selbständige Tätigkeit“ nicht verboten werden könne, dass einem Geschäftsführer seine Tätigkeit nicht untersagt werden könne. 564 Dabei bedarf der Ausgangspunkt genauerer Betrachtung. In der strafrechtlichen Kommentarliteratur findet sich tatsächlich nur die von K. Schmidt zitierte pauschale Aussage. 565 Betrachtet man jedoch die Rechtsprechung, die diese Aussage belegen soll, ergibt sich ein differenzierteres Bild. So beanstandete der BGH 1952 zunächst bei einem Verbot „jeder selbständigen Geschäftstätigkeit“, dass dieses nur zu unbestimmt sei. 566 In einer späteren Entscheidung hielt er das Verbot „als selbständiger Kaufmann“ für möglich 567; wenige Jahre später hieß es dagegen, dass „jede selbständige Tätigkeit“ nicht verboten werden könne. 568 Im Urteil heißt es, es könne nur der Beruf verboten werden, in dem der Delinquent tätig gewesen sei. Zur Bekräftigung zitierte der BGH freilich das zuallererst erwähnte Urteil, wonach (nur) die Bestimmtheit einem solchen Verbot entgegenstehe. Ebenso entschied der BGH 1979 569, erneut mit dem Hinweis, dass nur der Beruf verboten werden könne, der ausgeübt worden sei, aber auch mit dem Zitat der Entscheidung von 1952. Auf Grund dieser Entwicklung ist ein eindeutiges Ergebnis schwer zu ermitteln. Es ließe sich vertreten, dass allein die Bestimmtheit ein entsprechendes Verbot hindert. Wahrscheinlicher ist es aber, dass der BGH mittlerweile ein Berufsverbot „jeder selbständigen Tätigkeit“ für unzulässig erachtet, da es nicht den ausgeübten Beruf oder Berufszweig betrifft, sondern darüber hinaus geht. Der zulässige Umfang eines Berufsverbots würde anderenfalls überschritten, so 561

BGH bei Dallinger, MDR 1958, 139. Vgl. auch BGH bei Dallinger, MDR 1956, 143, wonach ein Berufsverbot, dass die Tätigkeit „Ausübung eines Kaufmannsgewerbes“ verbiete, zu unbestimmt sei. Dabei wies der BGH daraufhin, dass offen bleibe, „ob hiermit nur der Beruf eines selbständigen Kaufmanns oder auch die Tätigkeit eines Geschäftsführers, Prokuristen und dgl. ... gemeint ist“. (Hervorhebung vom Verfasser). 563 Vgl. auch die Kritik von K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 147 an dem nicht zeitgemäßen Verständnis des Berufsbegriffs. 564 K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 147. 565 LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 53 ff.; Schönke / Schröder / Stree, StGB, § 70 Rn. 16. 566 BGH bei Dallinger, MDR 1952, 530. 567 BGH, GA 1960, 183. 568 BGH, GA 1967, 153. 569 BGH bei Holtz, MDR 1979, 455. 562

E. Kein Berufsverbot

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dass die von K. Schmidt zitierte Aussage, dass ein Verbot „jeder selbständigen Tätigkeit“ unzulässig ist, im Ergebnis zutrifft. Dieser Ausgangspunkt steht aber, anders als K. Schmidt meint, einem direkten Verbot der Geschäftsführung nicht entgegen. Begreift man – wie hier – einen Geschäftsführer heutzutage als eigenen Beruf i. S.v. § 70 StGB, beschränken sich Berufsverbote eben auf diesen Beruf. Der zulässige Umfang eines Berufsverbots würde nicht überschritten werden. 5. Folgen eines Berufsverbots Dem Betroffenen ist es verboten, die untersagte Tätigkeit auszuüben; laut § 70 Abs. 3 StGB ist es dem Täter auch untersagt, durch einen Weisungsabhängigen oder für einen anderen die untersagte Tätigkeit auszuüben. So sollen Umgehungen durch Strohmänner verhindert werden. 570 Das Berufsverbot wird gemäß § 4 Nr. 2 BZRG in das Bundeszentralregister eingetragen und im Führungszeugnis, § 32 BZRG, vermerkt. Der Verstoß gegen ein Berufsverbot ist gemäß § 145c StGB strafbewehrt. Danach wird, wer die untersagte Tätigkeit für sich oder einen anderen ausübt oder einen Weisungsabhängigen für sich tätig werden lässt, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenfalls strafbar ist derjenige, der die untersagte Tätigkeit weisungsabhängig für den anderen ausübt oder für sich ausüben lässt. Rechtsgeschäfte, die der Delinquent entgegen einem Berufsverbot vornimmt, sind wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§§ 70, 145c StGB) gemäß § 134 BGB nichtig, da das Verbot der Tätigkeit dem Schutz berechtigter Interessen der Allgemeinheit dient und daher beiden Parteien (§ 145c StGB) einen Verstoß untersagt. 571 Ist das Verbotsgesetz eine Strafnorm, dann muss in der Regel der Straftatbestand von beiden objektiv und subjektiv erfüllt sein. 572 Ein (einseitiger) objektiver Verstoß reicht jedoch dann aus, wenn es mit dem Schutzzweck nicht vereinbar wäre, das Rechtsgeschäft mit den entsprechenden Pflichten gelten zu lassen; 573 dies soll vor allem bei Verbotsgesetzen der Fall sein, die sich gegen den Inhalt des Rechtsgeschäfts richten. 574 Bei § 145c StGB erfordert es der Schutz 570

LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 83; Schönke / Schröder / Stree, StGB, § 70 Rn. 24. Vgl. Erman / Palm, BGB, § 134 Rn. 94; Staudinger / Sack, BGB, § 134 Rn. 290. A. A. BFH, BStBl II 1989, 43, 44; Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 396. Die Auswirkungen auf den Anstellungsvertrag sollen hier nicht erörtert werden, jedoch spricht viel dafür, die Grundsätze über das fehlerhafte Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden, da höherrangige Wertungen entgegenstehen, vgl. zu den Grundsätzen des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses Hromadka / Maschmann, Individualarbeitsrecht, § 5 Rn. 136 ff. 572 BGH, NJW 1996, 1812, 1813 m.w. N.; a. A Staudinger / Sack, § 134 Rn. 84. 573 BGH, NJW 1996, 1812, 1813 m.w. N.; Erman / Palm, BGB, § 134 Rn. 10. 571

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

der Allgemeinheit, dass ein entgegenstehendes Rechtsgeschäft auch bei einem nur einseitig objektiven Verstoß nichtig ist. 575 Nicht zu überzeugen vermögen daher die Ausführungen des BFH, der davon ausgeht, dass das Berufsverbot keine Auswirkungen auf Rechtsgeschäfte habe, die entgegen dem Verbot vorgenommen wurden. 576 Der Vergleich des BFH mit den Rechtsfolgen eines ehren- / berufsgerichtlichen Berufsverbots ist unzutreffend. Für Tätigkeitsverbote, die in berufsund ehrengerichtlichen Verfahren verhängt werden, ordnen besondere Vorschriften gerade die Wirksamkeit der entgegen dem Verbot vorgenommenen Rechtshandlungen an. 577 Hintergrund ist, dass der Schutz des Rechtsverkehrs (ausnahmsweise) die Wirksamkeit der Handlungen erfordert. 578 Für das allgemeine Berufsverbot existiert dagegen keine Wirksamkeitsanordnung, weshalb im Umkehrschluss vielmehr davon auszugehen ist, dass die allgemeinen Regeln (§ 134 BGB) eingreifen. Nach dem hier vertretenen Verständnis verlangt dann aber ein effektiver Schutz des Rechtsverkehrs, dass Rechtsgeschäfte des Betroffenen nichtig sind. 579 Ansonsten bestünde gerade in dem Fall, in dem die Ausübung des Geschäftsführerberufs aus Gründen des Schutzes der Allgemeinheit verboten wurde, eine Lücke. § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG führt nur zu einer Inhabilität für eine Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand (Geschäftsleitung) sich mit dem des Geschäftsführers deckt. Dies wäre nach der derzeitigen Gesetzeslage allenfalls bei Betriebsführungsgesellschaften der Fall. Damit ist die Bestellung zum Geschäftsführer nichtig, wenn die „Geschäftsführung“ verboten wurde; die Bestellung sollte mit Wirkung ex nunc nichtig werden, wenn ein Verbot ausgesprochen wird, nachdem der Betroffene bestellt worden ist, da dies Sinn und Zweck des Berufsverbots erfordern. 580 Wird dagegen nur ein bestimmter Beruf (z. B. Bau-Ingenieur) verboten, wäre ohne § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG eine Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH, die Bauleistungen anbietet möglich, da der Betroffene dort nicht den Ingenieursberuf selbst ausübt. 581

574

Soergel / Hefermehl, BGB, § 134 Rn. 25. Ebenso Erman / Palm, BGB, § 134 Rn. 94; Staudinger / Sack, BGB, § 134 Rn. 290. 576 BFH, BStBl II 1989, 43, 44 f.; dieses Urteil wird zitiert von BayObLG, NJW-RR 1989, 934, 935, ohne dass sich das BayObLG allerdings dem BFH anschließt. Zuzustimmen ist dem BFH insoweit, dass ein Berufsverbot kein absolutes oder relatives Verfügungsverbot darstellt. 577 §§ 114a Abs. 2, 155 Abs. 5 BRAO, § 139 Abs. 5 StBerG; § 116 Abs. 4 WPO. 578 BGHZ 111, 104, 106: OLG Celle, NStZ 1989, 41; Henssler / Prütting / Dittmann, BRAO, § 155 Rn. 7. 579 A. A. Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 396. 580 Vgl. für Dauerschuldverhältnisse MünchKommBGB / Armbrüster, § 134 Rn. 20 m.w. N. Dies muss für die Bestellung entsprechend gelten. 575

E. Kein Berufsverbot

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6. Aussetzung zur Bewährung, Widerruf und Erledigung Nach § 70a StGB besteht die Möglichkeit, ein Berufsverbot zur Bewährung auszusetzen, wenn sich ein Grund für die Annahme ergibt, dass keine Gefahr vom Täter für erhebliche rechtswidrige berufsbezogene Taten mehr ausgeht. Eine Bewährungsaussetzung ist frühestens nach Ablauf eines Jahres des Berufsverbots möglich. Der Bewährungswiderruf ist in § 70b StGB geregelt. Ist die Bewährungszeit abgelaufen, erklärt das Gericht das Berufsverbot für erledigt, § 70b Abs. 2 StGB. 7. Einsatz in der Praxis Berufsverbote werden in der Praxis nur selten ausgesprochen, in den letzten Jahren im Durchschnitt 140 pro Jahr. 582 Häufigste Anlasstaten waren früher Betrug, Hehlerei und Untreue. 583 Heutzutage dagegen dominieren Berufsverbote wegen Sexualdelikten nach den §§ 174 –184b StGB, die mittlerweile für knapp zwei Drittel der Berufsverbote die Anlasstaten sind. 584

581 Nur wenn ein Berufszweig untersagt wird, könnte man darüber nachdenken, dass ein Tätigwerden in der Branche an sich, also auch als Geschäftsleiter, nicht möglich ist. In strafrechtlichen Kommentaren findet sich zu § 70 Abs. 3 StGB häufig die Aussage, dass das Berufsverbot dazu führe, dass der Betroffene nicht gesetzlicher Vertreter einer Gesellschaft sein könne, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Verbotsgegenstand übereinstimmt, ohne das Bezug auf § 6 Abs. 2 GmbHG genommen wird, LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 83; Tröndle / Fischer, StGB, § 70 Rn. 11, aber auch Lanzius, ZInsO 2004, 296, 301. Dies beruht wohl auf nachlässiger Zitierung, denn § 70 Abs. 3 StGB erfasst (nur) die Ausübung des Berufs oder Gewerbes, also der konkret untersagten Tätigkeit. Ursächlich scheint Dreher / Tröndle, StGB, 39. Aufl., München 1980, StGB, § 70 Rn. 11 zu sein, der erstmals mit dem Entwurf zur GmbH-Novelle diese Formulierung verwendete, ohne § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG-E zu zitieren. 582 Statistisches Bundesamt, Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 334 f. (129); Strafverfolgungsstatistik 2003 (155), S. 330 f.; Strafverfolgungsstatistik 2002 (137), Tab. 5.5. 583 Niederschriften Große Strafrechtskommission, Band 4, S. 446 (1956); Statistisches Bundesamt, Strafverfolgungsstatistik 1978, S. 32 (59 Berufsverbote, 1 wegen einer Straftat mit sexuellem Hintergrund, 39 wegen Vermögensdelikten); Statistisches Bundesamt, Strafverfolgungsstatistik 1979, S. 30 (73 Berufsverbote, 2 wegen Straftaten mit sexuellem Hintergrund, 51 wegen Vermögensdelikten). 584 Statistisches Bundesamt, Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 334 f. (129 Berufsverbote insgesamt; 97mal Anlasstat nach §§ 174 –184b StGB; 47mal Anlasstat nach §§ 263 –266b StGB); Strafverfolgungsstatistik 2003 (155 Berufsverbote insgesamt; 117mal Anlasstat nach §§ 174 –184b StGB; 62mal Anlasstat nach §§ 263 –266b StGB), S. 330 f.; Strafverfolgungsstatistik 2002 (137 Berufsverbote insgesamt; 98mal Anlasstat nach §§ 174 –184b StGB; 56mal Anlasstat nach §§ 263 –266b StGB), Tab. 5.5. Waren verschiedene Taten Anlass für ein Berufsverbot, treten Mehrfachberücksichtigungen auf, weshalb eine Addition der nach den Deliktsgruppen aufgelisteten Berufsverbote die Gesamtzahl übersteigt.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Kritik an den schon immer niedrigen Anordnungsquoten findet sich vor allem in der älteren Literatur, heute scheint man sich mit den Zahlen abgefunden zu haben. 585 Gründe für diesen restriktiven Einsatz sind etwa die schwierige Gefahrenprognose und der einschneidende Charakter des Berufsverbots. 586 Diese Schwierigkeiten beruhen auf den verfassungsrechtlichen Vorgaben von Art. 12 Abs. 1 GG, die der Richter einzuhalten hat, wenn er ein Berufsverbot verhängen möchte. 8. Zusammenfassung Das strafrechtliche Berufsverbot ermöglicht die Untersagung eines Berufs oder Gewerbes, ist aber verfassungsrechtlich an derart enge Vorgaben geknüpft, dass es nur selten verhängt wird. Das Verbot kann von einem Jahr bis zu fünf Jahren verhängt werden und wird in aller Regel nur für den konkreten Beruf ausgesprochen. Die Tätigkeit als Geschäftsführer kann direkt verboten werden. Ein Rechtsgeschäft – und damit auch die Bestellung – entgegen einem Berufsverbot ist gemäß § 134 BGB nichtig

III. Andere Berufsverbote 1. Vorläufiges Berufsverbot gemäß § 132a StPO a) Allgemeines Gemäß § 132a StPO kann der Richter dem Beschuldigten durch Beschluss die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweigs vorläufig untersagen, wenn dringende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass ein Berufsverbot angeordnet wird. § 132a StPO soll den von § 70 StGB bezweckten Schutz der Allgemeinheit ergänzen, da es häufig lange dauert, bis ein (rechtskräftiges) Urteil mit der Anordnung eines Berufsverbots ergeht. 587 Der Richter entscheidet allein auf Grund der bisher aus den Ermittlungen erzielten Erkenntnisse und Unterlagen und stellt keine weiteren Ermittlungen an. 588 Für das Merkmal der „dringenden Gründe“ ist eine Prognose in zweierlei Hinsicht notwendig. Erstens ist ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass der Betroffene einer rechtswidrigen Tat überführt wird, die zu einer Anordnung eines Berufsverbots 585 Siehe nur die Aussagen von Heidland und Odersky, oben Fn. 534, 535 (2. Teil); Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht und Wirtschaftskriminalität, S. 73; siehe auch den Hinweis in den Niederschriften Große Strafrechtskommission, Band 4, S. 446. 586 Vgl. LK / Hanack, StGB, § 70 Rn. 4. 587 Karlsruher Kommentar zur StPO / Boujong, § 132a Rn. 1; Löwe-Rosenberg / Hanack, StPO, § 132a Rn. 2. 588 Löwe-Rosenberg / Hanack, StPO, § 132a Rn. 10; Meyer-Goßner, StPO, § 132a Rn. 7.

E. Kein Berufsverbot

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berechtigt und zweitens, dass das erkennende Gericht ein Berufsverbot anordnen wird. 589 Der Betroffene kann gegen die Anordnung des Berufsverbots gerichtlich vorgehen, sein Rechtsschutz ist allerdings verkürzt. 590 Da ein vorläufiges Berufsverbot nur nach Aktenlage ergeht und stark prognostisch ist, ist besonders darauf zu achten, dass die Berufsfreiheit des Betroffenen bei einer Entscheidung geachtet wird. 591 Konsequenterweise ist ein vorläufiges Berufsverbot entschädigungspflichtig nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 StrEG, wenn später kein Berufsverbot ausgesprochen wird. Die Rechtsfolgen entsprechen im Wesentlichen denen von § 70 StGB. § 70 Abs. 3 StGB gilt entsprechend. Eine Verletzung des vorläufigen Berufsverbots ist nach § 145c StGB strafbar. 592 b) Vorläufiges Berufsverbot als Amtsunfähigkeitsgrund Ein vorläufiges Berufsverbot ist bereits bei formaler Betrachtung kein Amtsunfähigkeitsgrund im Sinne von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG, da es nicht in einem Urteil, sondern in einem Beschluss verhängt wird. 593 Aber auch bei einer materiellen Betrachtung zeigt sich, dass das vorläufige Berufsverbot dem endgültigen nicht gleichzusetzen ist. 594 Beim Berufsverbot nach § 132a StPO handelt es sich eben nur um eine vorläufige Maßnahme. Nicht nur eine Anlasstat, die ein Berufsverbot rechtfertigt, muss prognostiziert werden, sondern auch die Anordnung eines Berufsverbots selbst. Des Weiteren stützt sich das vorläufige Berufsverbot nur auf die bis dahin bestehenden Ermittlungsergebnisse. 595 Einem Berufsverbot nach § 132a StPO lässt sich zwar entnehmen, dass befürchtet wird, dass weitere Straftaten begangen werden. Aber der stark prognostische Charakter dieser Maßnahme lässt nicht mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass der Betroffene keine Gewähr für die Einhaltung seiner beruflichen Pflichten mehr bieten wird. Ein vorläufiges Berufsverbot charakterisiert 589

Löwe-Rosenberg / Hanack, StPO, § 132a Rn. 5 m.w. N. Vgl. § 310 Abs. 2 StPO. 591 Vgl. Löwe-Rosenberg / Hanack, StPO, § 132a Rn. 3. 592 Tröndle / Fischer, StGB, § 145c Rn. 2; Systematischer Kommentar / Wolters / Horn, StGB, § 145c Rn. 9; kritisch LK / Horstkotte, StGB, § 145c Rn. 9. 593 MünchHdb. GesR III / Heinrich, § 6 Rn. 12; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 165; ohne Begründung GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 20; Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 18; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 31. 594 Pauschal Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 23. 595 Vgl. auch die kritischen Bemerkungen von LK / Horstkotte, StGB, § 145c Rn. 9, gegen eine Einbeziehung von § 132a StPO in den Straftatbestand von § 145c StGB. Das Berufsverbot beruhe auf einer vorläufigen Prüfung, einer vergleichsweise schmalen Tatsachengrundlage und ergehe im schriftlichen Verfahren. 590

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

die Persönlichkeit nicht in einer so eindeutigen Weise, dass auf eine Inhabilität für das Geschäftsführeramt geschlossen werden könnte. Bei einer derart prognostischen Maßnahme wie § 132a StPO dürfte es daher auch mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar sein, den mit einem vorläufigen Berufsverbot verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit zugleich auf die Organstellung zu erstrecken. 596 Daher ist jemand, gegen den ein vorläufiges Berufsverbot ausgesprochen wird, habil für das Amt des Geschäftsführers. c) Analoge Anwendung Es ließe sich darüber nachdenken, § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG entsprechend auch auf ein Berufsverbot, das im Beschlussverfahren ergeht, anzuwenden. Eine Regelungslücke für eine analoge Anwendung mag angesichts der Gesetzesbegründung, die nur auf den Begriff des Berufsverbots abstellt und pauschal auf den Gesetzeswortlaut „Urteil“ verweist, wohl noch im Bereich des Möglichen sein. Da ein vorläufiges Berufsverbot jedoch materiell einem Berufsverbot nicht vergleichbar ist, fehlt es für eine analoge Anwendung jedenfalls an einer vergleichbaren Interessenlage. Dies erscheint vor dem Hintergrund misslich, dass die Zeit, für die ein vorläufiges Berufsverbot ausgesprochen wird, in die Dauer des Berufsverbots eingerechnet wird, soweit sie nach dem letzten tatrichterlichen Urteil liegt, § 70 Abs. 4 S. 2 StGB. 597 Das endgültige Berufsverbot und dem folgend die Inhabilität kann sich dadurch verkürzen. Aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist dieses Ergebnis aber zwangsläufig. 598 2. Berufsgerichtliche Berufsverbote Verbreitet wird angenommen, dass auch Berufsverbote, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren verhängt werden, 599 bei § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG berücksichtigungsfähig sind. 600 Dieser Ansicht ist zu widersprechen. 596

Ebenso wohl B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 165. Ebenfalls kritisch Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 74. 598 Siehe die so gerade angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Erstreckung auf § 132a StPO, 2. Teil: E.III.1. 599 Hier gilt das Augenmerk vor allem den §§ 114 Abs. 1 Nr. 5, 114a, 150 ff. BRAO, §§ 90 Abs. 1 Nr. 4, 134 ff. StBerG, §§ 68 Abs. 1 Nr. 5, 6, 111 ff. WPO. 600 Diese Berufsverbote werden in den Kommentaren zu § 6 GmbHG nicht einmal erwähnt. Für eine Einbeziehung pauschal B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 163 ff. („unproblematisch“, S. 163; „leicht begründen“, S. 164), ebenso, nur ohne Begründung, 597

E. Kein Berufsverbot

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Festzuhalten ist zunächst, dass vorläufige Berufsverbote, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren verhängt werden, nicht berücksichtigungsfähig sind. Formal steht erneut entgegen, dass es sich in der Regel um Verbote handelt, die im Beschlussverfahren angeordnet werden. 601 Materiell wird es – wie bei 132a StPO – an einer hinreichenden Prognose fehlen, die über das Verbot für den einzelnen Beruf hinaus auch eine Inhabilität als Geschäftsführer in diesem Bereich bewirken kann. Ausschlaggebend für eine Bewertung der endgültigen Berufsverbote ist, ob diese wie strafrechtliche Berufsverbote mit der gleichen hohen Wahrscheinlichkeit den Schluss darauf zulassen, dass der Betroffene keine Gewähr für eine ordentliche Geschäftsführung bieten wird. Ausgangspunkt ist jedenfalls, dass ein strafrechtliches Berufsverbot und berufsgerichtliche Berufsverbote nicht unmittelbar gleichgesetzt werden können. Beide verfolgen unterschiedliche Zwecke, knüpfen an unterschiedliche Voraussetzungen an und haben unterschiedliche Rechtsfolgen: 602 − Während das strafrechtliche Berufsverbot den Schutz der Allgemeinheit bezweckt, sollen die berufsspezifischen Verbote auch besondere Aspekte wie etwa Ordnung, Integrität und Ansehen des Berufsstandes berücksichtigen. 603 − Ein Verbot gemäß § 70 StGB setzt immer eine strafrechtlich relevante Anlasstat voraus. Straftaten sind auch bei berufsgerichtlichen Berufsverboten berücksichtigungsfähig. Dies gilt sogar wenn sie außerhalb des Berufs begangen werden und wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet sind, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung der Berufstätigkeit oder für das Ansehen des Berufs bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Primärer Anknüpfungspunkt für ein Berufsverbot ist jedoch eine Verletzung der Berufspflichten. 604 − Weiter ist das Kriterium der Schuld bei den berufsgerichtlichen Berufsverboten nicht – wie nach § 46 StGB im Strafrecht – das entscheidende für den Ausspruch eines Berufsverbots, obwohl es auch in die Bewertung miteinfließt. 605 Gersch / Herget / Marsch / Stützle, GmbH-Reform 1980, Rn. 186; GroßkommAktG / Otto, § 399 Rn. 209; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 74. 601 Siehe etwa die §§ 150 ff. BRAO, §§ 134 ff. StBerG, §§ 111 ff. WPO. Die hier untersuchten Berufsrechte schreiben für Berufs-GmbHs vor, dass nur Berufsträger Geschäftsführer sein können, § 59f BRAO, § 28 WPO, § 50 StBerG. Ob ein Verstoß gegen die Berufsbestimmungen zur Unwirksamkeit der Bestellung führt, ist umstritten, siehe Fn. 105 (1. Teil). Sofern man annimmt, dass die Bestellung wirksam ist, kann sich über § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG ein berufsgerichtliches Berufsverbot auf die Bestellung auswirken. 602 Daher schließen sich beide Verfahren auch nicht aus; vgl. BGH, NJW 1975, 2249 f.; NJW 1991, 1069. 603 Zum StBerG: Gehre / von Borstel, StBerG, § 89 Rn. 1; Kuhls u. a. / Schäfer, StBerG, § 89 Rn. 8; zur BRAO: BGH, NJW 1991, 1069; Feuerich / Braun, BRAO, § 114 Rn. 43; siehe zur BRAO aber einschränkend BVerfGE 66, 337, 354; Henssler / Prütting / Dittmann, BRAO, § 114 Rn. 5; Kleine-Cosack, BRAO, § 114 Rn. 21. 604 Vgl. die § 113 BRAO, § 89 StBerG, § 67 WPO.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

− Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs reichen die berufsständischen Berufsverbote deutlich weiter, da sie in der Regel lebenslang ausgesprochen werden, auch wenn es die Möglichkeit gibt, nach einer bestimmten Zeit den Delinquenten wieder zum Beruf zuzulassen. 606 Trotz dieser Unterschiede bestehen aber auch Gemeinsamkeiten zwischen beiden Berufsverboten: − Auch für die berufsgerichtlichen Berufsverbote sind die Hürden wegen des Eingriffs in die Berufsfreiheit hoch anzusetzen, so dass nicht jede beliebige Pflichtverletzung zum Ausschluss aus dem Beruf führen kann. 607 − Ebenso findet eine Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters statt und dem von ihm in Zukunft ausgehenden Gefährdungspotenzial für die Allgemeinheit und dessen Vertrauen in den Berufsstand. 608 Allerdings wird diesem Gesichtspunkt in den einzelnen Berufsgerichtsbarkeiten eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Während die Frage, ob Gefahren für das rechtsuchende Publikum und die Rechtspflege bestehen, im anwaltlichen Berufsrecht mittlerweile im Vordergrund steht, 609 wird für den Steuerberater 610 immer noch darauf abgestellt, ob (auch) die Reinhaltung des Berufsstandes den Ausschluss erfordert. Dennoch kommt dem Profil des Täters und dessen (charakterlicher) Eignung bzw. der von ihm ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit auch dort Gewicht zu. 611 Nimmt man das anwaltliche Berufsrecht und dessen Zielsetzung als Maßstab, so stellt das Berufsverbot ein charakteristisches Abbild des Täters und dessen (derzeitiger sowie künftiger) Einstellung vor allem zum Berufsrecht dar. Zudem lässt sich das berufsgerichtliche Berufsverbot scheinbar mit der Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO vergleichen, die gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG ebenfalls zur Inhabilität führt. Wenn dort auf die „Unzuverlässigkeit“ abgestellt wird, so ist dies analog der Verletzung der beruflichen Pflichten, die ein bestimmtes Ausmaß erreichen müssen, damit jemand als Gefahr für das rechtsuchende 605

BGHSt 20, 73, 74; Gribbohm, in: FS Pfeiffer, S. 911, 916. Siehe § 7 Nr. 3 BRAO; §§ 45 Abs. 1 Nr. 3, 48 Abs. 1 Nr. 2 StBerG; §§ 19 Abs. 1 Nr. 3, 23 Abs. 1 Nr. 2 WPO. 607 Henssler / Prütting / Dittmann, BRAO, § 114 Rn. 14; Kuhls u. a. / Schäfer, StBerG, § 90 Rn. 37. Daher für eine Einbeziehung B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 163 f. 608 BVerfGE 66, 337, 355; BGHSt 28, 333, 355; 39, 281, 285; Feuerich / Braun, BRAO, § 114 Rn. 38. 609 So Henssler / Prütting / Dittmann, BRAO, § 114 Rn. 5; Kleine-Cosack, BRAO, § 114 Rn. 21; einschränkend bereits BVerfGE 66, 337, 354; a. A. BGH, NJW 1991, 1069; Feuerich / Braun, BRAO, § 114 Rn. 43. 610 Kuhls u. a. / Schäfer, StBerG, § 89 Rn. 8, § 90 Rn. 37. 611 Vgl. Gehre / von Borstel, StBerG, § 90 Rn. 12 f.; Kuhls u. a. / Schäfer, StBerG, § 90 Rn. 40. 606

E. Kein Berufsverbot

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Publikum und die Rechtspflege gilt. Berücksichtigt man, dass in den Fällen eines berufsgerichtlichen Berufsverbots kein Gewerbe betrieben wird und daher auch keine Gewerbeuntersagung erfolgen kann, scheint eine Erstreckung von Alt. 1 nur konsequent. 612 Man könnte dagegen zunächst einwenden, dass eine Erstreckung nicht notwendig sei, da in den Fällen eines berufsgerichtlichen Berufsverbots auch ein strafrechtliches Berufsverbot verhängt werden kann. Jedoch ist dazu zu bemerken, dass auch im Falle einer Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO zusätzlich ein strafrechtliches Berufsverbot ausgesprochen werden kann. Dennoch hat der Gesetzgeber auch die Gewerbeuntersagung als Anknüpfungspunkt genommen. Demzufolge wird man einen ausgeschlossenen Rechtsanwalt auch für inhabil bei Gesellschaften halten, die rechtsberatende Tätigkeiten als ihren Unternehmensgegenstand haben. Selbst in den berufsrechtlichen Verfahren, die sich von der Gesamtwürdigung des Täterprofils ein Stück weit entfernen und bei denen rein standesrechtliche Aspekte wie die Reinhaltung des Berufsstandes eine größere Rolle spielen können, bleibt es dabei, dass die Gefahrenprognose für die „Unzuverlässigkeit“ des Betreffenden eine entscheidende Rolle für die Entscheidung über das Berufsverbot spielen wird. Der Grund für eine Anknüpfung an das strafrechtliche Berufsverbot ist jedoch nicht allein die Tatsache, dass jemand in seinem Beruf irgendeine Straftat begangen und damit berufliche Pflichten missachtet hat, sondern dass es sich in aller Regel bei den Anlassstraftaten um Wirtschaftsdelikte handelt. 613 Der Gesetzgeber berief sich bei der Einführung des Ausschlussgrundes auf die Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Weiter sprach er davon, dass jemand unter dem Deckmantel einer anonymen Gesellschaft die Geschäfte nicht wiederaufnehmen dürfe, um so Dritte gefährden zu können. Daher sollten (nur) Personen ausgeschlossen werden, die sich bereits als wirtschaftskriminell erwiesen haben. Auch bei einer Gewerbeuntersagung wegen „Unzuverlässigkeit“ wird häufig ein gläubigerschädigendes Verhalten Grund für eine Untersagung sein. Daher erweist sich die scheinbare Vergleichbarkeit doch nur als bloßer Schein, denn ein berufsgerichtliches Berufsverbot hat wie oben gezeigt in den meisten Fällen einen anderen Hintergrund. Und in den Fällen, in denen es einen wirtschaftskriminellen Hintergrund hat, wird ein strafgerichtliches Berufsverbot und damit Inhabilität angeordnet werden können, soweit es erforderlich ist. Daher ist festzuhalten, dass Berufsverbote, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren angeordnet werden und auf der Verletzung beruflicher Pflichten beruhen, nicht als Berufsverbote i. S.v. § 6 Abs. 2 Abs. 4 Alt. 1 GmbHG gelten. 612 So im Ergebnis, aber mit pauschaler Begründung B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 163 f. 613 Siehe 2. Teil: E.II.7. Diesen Schutzzweck sieht zwar auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 159, übersieht ihn dann aber bei ihrer Argumentation.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

3. Zivilgerichtliche Berufsverbote Ein zivilgerichtliches Urteil, dass die Bestellung bzw. die Tätigkeit als Geschäftsführer für eine bestimmte Gesellschaft untersagt, ist kein Amtsunfähigkeitsgrund gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG. 614 Entscheidend ist, dass diese zivilgerichtlichen Urteile nicht dem Schutz der Allgemeinheit, sondern dem Schutz der Gesellschaft (im Falle eines Wettbewerbsverbots, dass gerichtlich durchgesetzt wird) oder dem anderer Gesellschafter (im Falle von Streitigkeiten über den Bestellungsakt 615) dienen. Vor allem untersagen sie nur die Tätigkeit für die entsprechend bezeichnete Gesellschaft. 616 Rückschlüsse aus dem zivilrechtlichen Urteil auf das geschäftliche Verhalten des Geschäftsführers und seine Einstellung zu seinen Pflichten sind in der Folge nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich.

IV. Rechtstatsächliche Bedeutung Im Jahr 2004 wurden 129 strafrechtliche Berufsverbote verhängt. 617 Da das Verbot mindestens für ein Jahr ausgesprochen wird, sind dies mindestens 129 Personen, die im Jahr 2005 nicht zum Geschäftsführer bestellt werden konnten. Hinzukommen dann noch Personen, gegen die längere, derzeit noch aktive strafrechtliche Berufsverbote verhängt worden sind. 618 Angesichts der sehr restriktiven Handhabung der Verbote in der Praxis wird man aber nur auf eine Höchstzahl von vielleicht 200 inhabilen Personen im Jahr 2005 kommen.

V. Dauer und Umfang der Inhabilität § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG ist in Bezug auf den Umfang relativ und von flexibler Dauer.

614 Strittig ist aber, ob die Folgen die gleichen sind wie bei § 6 Abs. 2 GmbHG. Dafür (Verlust der Organstellung) Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 25; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 29; dagegen (Organstellung kann bekleidet werden, aber Ruhen der Rechte und Pflichten) BayObLG, GmbHR 1989, 370, 371; Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 13. 615 Siehe den Sachverhalt von BayObLG, GmbHR 1989, 370. 616 BayObLG, GmbHR 1989, 370, 371; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 165. 617 Statistisches Bundesamt, Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 334 f. 618 Siehe die Angaben in Fn. 584 (2. Teil) zu den Zahlen zu den Berufsverboten in den Jahren 2002 – 2004.

E. Kein Berufsverbot

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1. Dauer Ein Ausschluss von der Geschäftsleitung nach § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG wirkt solange, wie das Berufsverbot ausgesprochen wurde und wirksam ist. Gemäß § 70 Abs. 4 S. 1 StGB wird das Berufsverbot erst mit der Rechtskraft des Urteils wirksam, so dass die Inhabilität auch erst dann eintritt. Wird das Berufsverbot zur Bewährung ausgesetzt, ist der Betroffene wieder habil und kann erneut zum Geschäftsführer bestellt werden. 619 Da nach § 70 Abs. 1 S. 2 StGB die Möglichkeit besteht, ein Berufsverbot lebenslang auszusprechen, kann theoretisch auch eine lebenslange Inhabilität bestehen. 620 2. Umfang Der Umfang des Ausschlusses richtet sich nach dem Umfang des Berufsverbots. Bei Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand 621 ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, kann der Betroffene nicht Geschäftsführer werden, § 6 Abs. 2 S. 4 a. E. GmbHG. Selbst wenn nur ein Randbereich des Unternehmens deckungsgleich mit dem Verbotsgegenstand ist, ist der designierte Geschäftsführer inhabil. 622 Unternehmensgegenstand einer Gesellschaft ist deren konkrete Art der Tätigkeit. 623 Unterschiedlich beurteilt wird, ob der tatsächliche 624, der statutarische 625 oder beide Unternehmensgegenstände 626 maßgeblich für den Umfang der Inhabilität sind. 627 Diese Frage wird in der Praxis nur selten relevant werden, da der statutarische und der tatsächliche Unternehmensgegenstand übereinstimmen werden. Aus Gründen des Gläubiger- und Verkehrsschutzes ist es allein erforderlich, auf den tatsächlichen Unternehmensgegenstand abzustellen. Die Gesellschafter 619

Ebenso Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 27. Lutter, DB 1980, 1317, 1320; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 11. 621 Zur Unterscheidung zwischen Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand siehe Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 1 Rn. 5. 622 MünchHdb. GesR III / Heinrichs, § 6 Rn. 12; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 11. 623 Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Bayer, GmbHG, § 1 Rn. 3 m.w. N. 624 Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 22; Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 6 Rn. 9; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 175. 625 Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 18; wohl auch Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 6 Rn. 18. 626 Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 11; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 27. 627 Unspezifisch MünchHdb. GesR III / Heinrichs, § 6 Rn. 12; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 20. 620

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

können in der Praxis den Unternehmensgegenstand faktisch ohne (registerrechtliche) Konsequenzen ändern. 628 Somit bestünde die Möglichkeit, dass ein eigentlich für den tatsächlichen Unternehmensgegenstand inhabiler Geschäftsführer bestellt bzw. tätig werden könnte, weil die Gesellschaft sich vom statutarischen Unternehmensgegenstand gelöst hat. Ein potenziell gefährlicher Geschäftsführer würde eine GmbH auf einem Gebiet leiten können, auf dem er bereits seine Gefährlichkeit nachgewiesen hat. 629 Daher ist aus Schutzgesichtspunkten – trotz möglicher Unsicherheiten – der faktische Unternehmensgegenstand maßgeblich. Die Bestellung ist dann nichtig. 630 Stellte man dagegen auf den statutarischen Unternehmensgegenstand ab und decken sich dieser und der Gegenstand des Berufsverbots, entfaltet die Gesellschaft aber tatsächlich eine andere Tätigkeit, ist der Betroffene für den tatsächlichen Gegenstand habil, da er keine spezifische Gefahr darstellt. Ihn dann aber von der Geschäftsleitung auszuschließen, ist nicht notwendig. 631 Der Rechtsverkehr erleidet auch keine Nachteile. Nur in den seltensten Fällen wird jemand wissen, dass der Geschäftsführer (für den statutarischen Unternehmensgegenstand) inhabil ist. Wenn jemand die „vermeintliche“ Inhabilität aber kennt, wird er dann entweder kein Geschäft abschließen oder nicht schutzwürdig sein. Es erscheint zwar vordergründig für das Registergericht nicht hinnehmbar, einen Geschäftsführer einzutragen, der (für den eingetragenen Unternehmensgegenstand) inhabil ist. Jedoch gibt der Geschäftsführer in seiner Anmeldung die Versicherung ab, dass er für den (tatsächlichen!) Unternehmensgegenstand der GmbH, der in der Anmeldung aufzuführen ist, habil ist. Das Registergericht kann dann auf den Widerspruch zum eingetragenen statutarischen Unternehmensgegenstand aufmerksam werden und hat – wie sonst auch – in eigener Verantwortung zu ermitteln, ob der Betreffende für den Unternehmensgegenstand habil ist. Im Zuge der Ermittlungen wird das Registergericht feststellen können, ob der Geschäftsführer für den von der Gesellschaft tatsächlich ausgeübten Bereich habil ist. Damit muss das Registergericht auch keinen inhabilen Geschäftsführer eintragen. Ein Widerspruch zum statutarischen Gegenstand besteht zwar, steht der Eintragung des Geschäftsführers aber nicht entgegen. 632

628 BayObLG, BB 1982, 578 f.; ZIP 2002, 1400, 1401 f.; zu der besseren Lösungen über § 75 GmbHG, 144 FGG analog GroßkommGmbHG / Ulmer, § 3 Rn. 21 mit weiteren Nachweisen. 629 Eine Lösung über eine Sittenwidrigkeit der Bestellung wegen Umgehung, § 138 BGB, dürfte nur in wenigen Fällen weiterhelfen können. 630 Zu den weiteren Folgen noch 2. Teil: G. 631 Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 175. 632 Es stellt sich dann nur die Frage, ob das Registergericht von Amts wegen die Löschung der Gesellschaft betreiben kann, was die Praxis nicht für möglich hält, siehe Fn. 628 (2. Teil).

E. Kein Berufsverbot

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VI. Zweck der Inhabilität Die an das Berufsverbot anknüpfende Amtsunfähigkeit dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Gläubiger vor gefährlichen, da wirtschaftskriminellen, Geschäftsführern. 633 Die Gefahrenprognose des Gesetzgebers beruht darauf, dass Personen, gegen die ein Berufsverbot verhängt worden ist, typischerweise in ihrem Beruf wirtschaftskriminell gehandelt haben und daher eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass dieses Verhalten fortgesetzt wird. Dieser Schutz zielt vorrangig auf Dritte ab; Gesellschaft 634 und Gesellschafter 635 sollen nur reflexartig geschützt werden.

VII. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Verfassungsrechtlich bestehen keine Bedenken hinsichtlich einer Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG. Vorläufige Berufsverbote, vor allem § 132a StPO, werden nicht erfasst, da beträchtliche Unterschiede zu den endgültigen bestehen. Gleiches gilt für berufsgerichtliche und strafgerichtliche Berufsverbote. Dagegen ist der Inhabilitätsgrund wegen des Eingriffs in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, verfassungskonform einzuschränken. 636 Der Ausschluss dient mit dem Schutz der Gläubiger und der Allgemeinheit legitimen Zwecken und ist geeignet. Der relative Ausschluss nur für bestimmte Gesellschaften und eine flexible Dauer stellen scheinbar die verfassungsrechtliche Erforderlichkeit sicher. Bei einem genaueren Blick ist jedoch eine Beschränkung der Inhabilität auf Berufsverbote, die im Zusammenhang mit Vermögensdelikten stehen, milder und gleich effektiv. Wird ein Berufsverbot angeordnet, weil der Betroffene jemanden sexuell missbraucht hat, ist dieser in wirtschaftlicher Hinsicht kaum eine Gefahr für die Gläubiger der GmbH. Aus Gläubigerschutzgründen (Schutz vor Wirtschaftskriminalität!) wäre ein Ausschluss nur dann zu rechtfertigen, wenn man davon ausginge, dass der Betroffene durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er keine Gewähr für die notwendige allgemeine Rechtstreue und daher auch für eine 633

Siehe erneut die Ausführungen in der Begründung zur GmbH-Novelle und der Sachverständigenkommission, 1. Teil: E.II., 1. Teil: E.III. 634 Widersprüchlich B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, die auf S. 159 f. nur vom Schutz der Gläubiger spricht, auf S. 226 aber auch vom Schutz der Gesellschafter. 635 Pauschal für einen Schutz der Gesellschafter bei § 6 Abs. 2 GmbHG OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857. Ebenso Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 11, der sich im Zusammenhang mit der Versicherungspflicht und deren Strafbewehrung für einen Schutz der Gesellschafter ausspricht. 636 Für verfassungsrechtlich unbedenklich hält B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 176 f., die Norm.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

ordnungsgemäße Geschäftsleitung bietet. Wäre dies aber der Fall, dann wäre die Beschränkung auf diejenigen Gesellschaften, die ihren Unternehmensgegenstand allein im Bereich des ursprünglichen Berufs haben, kaum einzusehen. Zudem war es so, dass ein Berufsverbot früher in der Regel wegen eines Vermögensdelikts als Anlasstat angeordnet wurde, 637 so dass der Gesetzgeber mit seiner pauschalen Anknüpfung an das strafrechtliche Berufsverbot lediglich für einen effektiven Gesetzesvollzug typisiert hatte. Das gerade erwähnte Beispiel stellte damals demnach einen atypischen Sonderfall dar, der im Falle des Falles durch eine verfassungskonforme Auslegung bzw. Einschränkung von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG gelöst werden konnte. Heute haben sich die Verhältnisse dagegen verändert. Die typischen Fälle für ein Berufsverbot sind Sexualdelikte und nicht mehr die Wirtschaftsdelikte des Betrugs und der Untreue. 638 Demnach birgt die ursprünglich einmal unbedenkliche Anknüpfung an ein Berufsverbot Probleme, da Rückschlüsse auf das Wirtschaftsgebaren des Betroffenen nicht mehr mit einer pauschalen Anknüpfung an jedes Berufsverbot sicherzustellen sind. Eine pauschale Anknüpfung an alle Berufsverbote ist daher verfassungswidrig, da ein milderes, gleich effektives Mittel besteht. § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG kann jedoch verfassungskonform so ausgelegt werden, dass nur die Berufsverbote erfasst werden, für die eine Wirtschaftsstraftat Anlasstat war. Das BVerfG hält eine verfassungskonforme Auslegung unter anderem für geboten, wenn „der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen (zulassen), von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt“. 639 Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG lassen nach dem gerade Erörterten eine Auslegung zu, die sich auf die Berufsverbote beschränkt, für welche eine Wirtschaftsstraftat Anlass war. Der Wortlaut steht dieser Interpretation nicht entgegen.

VIII. Ausländische Berufsverbote als Amtsunfähigkeitsgrund Ob und inwieweit ausländische Berufsverbote für § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG berücksichtigungsfähig sind, ist bislang unklar. Mertens stellt die These auf, dass nur an deutsche Verbote gedacht sei. 640 Deshalb wird teilweise angenommen, dass ausländische Berufsverbote nicht erfasst sind; 641 eine beträchtliche Gegenansicht hält ausländische Berufsverbote hingegen – mit Einschränkungen – für berück637

Nachweise oben in Fn. 583 (2. Teil). Siehe oben 2. Teil: E.II.7. und insbesondere Fn. 584 (2. Teil). 639 BVerfGE 83, 201, 215. Siehe zur verfassungskonformen Auslegung näher Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 34. 640 KölnerKommAktG / Mertens, § 76 Rn. 107. 638

E. Kein Berufsverbot

233

sichtigungsfähig. 642 Nach beiden Ansichten enthält der Wortlaut jedenfalls keine Beschränkungen auf deutsche Verbote und auch den Gesetzesbegründungen sei nicht zu entnehmen, dass tatsächlich nur an deutsche Verbote gedacht worden sei. 643 Es ist sich vor Augen zu halten, dass der Gesetzgeber deshalb an das Berufsverbot die Inhabilität knüpft, da ein Berufsverbot früher in den allermeisten Fällen wegen einer wirtschaftskriminellen Anlasstat angeordnet wurde. Die Anknüpfung bezieht sich also auf die Erfahrungen mit deutschen Berufsverboten. Ob in anderen Staaten für strafrechtliche Berufsverbote diese Erfahrungen geteilt werden, wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht angesprochen. Man wird daher mit Recht annehmen können, dass der deutsche Gesetzgeber tatsächlich nur deutsche Berufsverbote im Visier hatte, da hier gesicherte Erkenntnisse vorlagen, die Grundlage für eine Anknüpfung waren. Daher fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, um ausländische strafrechtliche Berufsverbote in Bezug zu nehmen. 644

IX. Zusammenfassung § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG schließt diejenigen Personen von der Geschäftsführung einer GmbH aus, gegen die ein strafrechtliches Berufsverbot angeordnet worden ist, soweit der tatsächliche Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ganz oder teilweise mit der untersagten Tätigkeit übereinstimmt. Es ist möglich, den Beruf des Geschäftsführers zu verbieten und damit gemäß § 134 BGB i.V. m. §§ 70, 145c StGB für die Amtsunfähigkeit des Betreffenden zu sorgen. Berufsgerichtliche Berufsverbote führen dagegen nicht zur Inhabilität. Wegen der engen verfassungsrechtlichen Vorgaben werden Berufsverbote allerdings nur sehr selten verhängt, so dass der Inhabilitätsgrund nur geringe praktische Auswirkungen hat. Die typische Anlasstat für ein Berufsverbot hat sich von einem Vermögensdelikt zu einem Sexualdelikt verändert. § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG ist in der Folge verfassungskonform einzuschränken. Er erfasst nur Berufsverbote, für die eine Wirtschaftsstraftat Anlass war.

641 LG Köln, NJW-RR 1995, 553, 554 mit zustimmender Anmerkung Mankowski, EWiR 1995, 673 f.; Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 333. 642 Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 391 f.; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 30; Erdmann, NZG 2002, 503, 508; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 172 f. 643 Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 391 f.; LG Köln, NJW-RR 1995, 553, 554. 644 Hielte man eine analoge Anwendung für möglich, müssten die Ausführungen zu einer Erstreckung auf ausländische Verurteilungen ebenfalls gelten (oben 2. Teil: D.VII.3.). Auch nach der Reform durch das MoMiG bliebe nach dieser Ansicht eine Analogie zulässig.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

X. Reformansatz: Abschaffung der Anknüpfung Die Anknüpfung der Inhabilität an ein strafrechtliches Berufsverbot ist grundsätzlich in Frage zu stellen. 645 Richtig ist, dass ein Berufsverbot auf Grund seiner hohen Anforderungen ein charakteristisches Bild des Delinquenten und seiner Gefährlichkeit für den Wirtschaftsverkehr wiedergibt, weshalb eine Anknüpfung scheinbar sinnvoll ist. Die hohen Anforderungen sorgen aber auch dafür, dass Berufsverbote kaum angeordnet werden, die Anknüpfung so kaum praktisch wird und ein präventiver Effekt sehr gering sein wird. Zudem hat sich das Bild der Anlasstaten heute derart gewandelt, dass nur eine Beschränkung auf Wirtschaftsdelikte sinnvoll und verfassungsrechtlich haltbar ist. Gegenüber dem hier erarbeiteten Vorschlag, Satz 3 zu reformieren und die Möglichkeit der Disqualifikation einzuführen, bliebe für Satz 4 Alternative 1 kaum noch ein Anwendungsbereich übrig. Die Neufassung würde alle wesentlichen Wirtschaftskriminalitäts- und Vermögensdelikte erfassen und zwar ab einer geringeren Schwelle. Bevor demnach eine Inhabilität wegen eines Berufsverbots einträte, würde bereits eine wegen Satz 3 bestehen. Nur dann, wenn ein lebenslanges Berufsverbot verhängt werden würde, bestünde im Verhältnis zum geänderten § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ein „echter“ Anwendungsfall. Diese Anordnung ist aber derart unwahrscheinlich, dass allein für diesen Fall § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG nicht aufrecht erhalten werden sollte. Teilt man die umfassenderen Reformüberlegungen zu Satz 3 nicht, sollte wenigstens in Satz 4 Alt. 1 klar gestellt werden, dass nur Berufsverbote wegen einer Wirtschaftsstraftat erfasst werden.

F. Keine vollziehbare behördliche Untersagung Wem durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein, § 6 Abs. 1 S. 4 Alt. 2 GmbHG. Die Vorschrift wurde ebenfalls im Rahmen der GmbH-Novelle eingefügt. Hauptanwendungsbereich von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG sind Gewerbeuntersagungen nach § 35 GewO. Inwiefern andere Untersagungstatbestände Berücksichtigung finden, ist eingehender zu prüfen.

645

A. A. K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146 f., 164.

F. Keine vollziehbare behördliche Untersagung

235

I. Entwicklungsgeschichte Wie bei der Einführung der Inhabilität bei einem strafrechtlichen Berufsverbot gaben die Beratungen der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität den Ausschlag, einen entsprechenden Ausschlussgrund einzuführen. Odersky 646 forderte in seinem Referat nicht nur die vermehrte Nutzung von strafrechtlichen Berufsverboten, sondern auch von gewerberechtlichen Untersagungen, um die Wirtschaftskriminalität gezielt zu bekämpfen. Auch gewerberechtliche Untersagungen seien bisher nicht in ausreichendem Maße eingesetzt worden. Wie bei strafrechtlichen Berufsverboten sollte das Registergericht die Eintragung einer GmbH verweigern können, wenn gegen den Geschäftsführer eine Gewerbeuntersagung bestünde, da keine Gewähr für einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb geboten werde. Zudem sei darüber nachzudenken, den Gewerbebehörden die Kontrolle beim Wechsel von Geschäftsführern darüber aufzuerlegen, ob gegen diese eine Untersagung bestehe. Dies sei sachgerecht, da das Registergericht wegen der rein deklaratorischen Eintragung keine effektiven Sanktionen zur Hand habe. Um die Information der Behörden sicherzustellen, sei zu prüfen, ob eine Unterrichtungspflicht über Geschäftsführerbestellungen einzuführen sei oder die Kontrolle der Behörde von Registerbekanntmachungen ausreiche. Die Sachverständigenkommission empfahl im Ergebnis, denjenigen von der Geschäftsleitung auszuschließen, gegen den für den Bereich, auf dem die Gesellschaft tätig ist oder werden soll, eine gewerberechtliche Untersagung (§ 35 GewO) verhängt worden ist. 647 Die Begründung entsprach der zur Inhabilität wegen eines strafrechtlichen Berufsverbots und bestimmten strafrechtlichen Verurteilungen. Die Entscheidungen seien „so bedeutungsvoll und charakterisier(t)en die Persönlichkeit in solch eindeutiger Weise, dass sie die Nichteignung zum gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft für die Dauer von fünf Jahren stets zur Folge haben sollten“. Der Gesetzgeber folgte den Anregungen der Sachverständigenkommission mit dem damaligen § 6 Abs. 2 S. 3 Alt. 2 GmbHG, ohne sich im Wortlaut allerdings auf Untersagungen gemäß § 35 GewO zu beschränken. In der Begründung 648 wurde – anders als das Berufsverbot – die Gewerbeuntersagung nicht ausdrücklich erwähnt. Dort findet sich nur der pauschale Verweis auf Satz 2 und 3 verbunden mit der Aussage, dass verhindert werden solle, „dass Personen, die wegen bestimmter Konkursdelikte bestraft worden sind oder gegen die ein Berufsverbot verhängt worden ist, alsbald ihre Geschäfte unter dem Deckmantel einer anonymen 646 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 5, S. 28 ff. 647 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 27 31. 648 BT-Drs. 8/1347, S. 31.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Kapitalgesellschaft wieder aufnehmen und hierdurch Dritte gefährden.“ Dennoch ist klar, dass diese Bemerkung auch für Gewerbeuntersagungen Gültigkeit hat.

II. Gewerbeuntersagung gemäß § 35 GewO Gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. 649 1. Allgemeines und Anwendungsbereich § 35 GewO ist die zentrale Untersagungsvorschrift des Gewerberechts für die erlaubnisfreien Gewerbe und notwendiges Korrelat zur Gewerbefreiheit zum Schutz der Allgemeinheit. 650 Sie dient der präventiven Beseitigung anhaltender und drohender Störungen durch einen unzuverlässigen Gewerbetreibenden. 651 Sie gilt für alle Gewerbetreibenden, die der GewO und den gewerberechtlichen Spezialgesetzen unterfallen, soweit § 6 Abs. 1 GewO nicht bestimmte Gewerbezweige von der Anwendbarkeit ausnimmt. Auch auf Ausländer, vgl. § 1 Abs. 1 GewO („jedermann“), ist § 35 GewO anwendbar. Systematisch gilt § 35 GewO nur für stehendes und erlaubnisfreies Gewerbe; für das Reisegewerbe gilt § 59 GewO, für den Marktverkehr § 70 GewO. Für erlaubnispflichtige Gewerbe bestehen in der Regel Sondervorschriften in der GewO oder in Sondergesetzen, die gemäß § 35 Abs. 8 GewO der allgemeinen Untersagung nach § 35 GewO vorgehen. 652 Da jede Gewerbeuntersagung einen Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG darstellt, ist bei der konkreten Untersagung darauf zu achten, dass den verfassungsrechtlichen Vorgaben, vor allem der Verhältnismäßigkeit, genügt wird. 653

649 Zur Entwicklungsgeschichte von § 35 GewO Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 1 – 4. 650 BT-Drs. 7/111, S. 4; Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 15. 651 Schaeffer, WiVerw 1982, 100, 101. 652 Wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe ohne die notwendige Erlaubnis begonnen, kann das Gewerbe gemäß § 35 GewO untersagt werden, BT-Drs. 10/1125, S. 17; Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 13; Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 197. 653 Vgl. Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 18.

F. Keine vollziehbare behördliche Untersagung

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2. Voraussetzungen a) Ausübung eines Gewerbes Gemäß § 35 GewO kann nur ein ausgeübtes Gewerbe untersagt werden. Ein Gewerbe wird allgemein als eine erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete und auf Dauer angelegte selbstständige Tätigkeit definiert, wobei die Urproduktion, freie Berufe und die bloße Verwaltung eigenen Vermögens ausgenommen sind. 654 Gewerbetreibender bei einer juristischen Person ist diese selbst; bei einer Personengesellschaft sind es dagegen in aller Regel die geschäftsführenden Gesellschafter bzw. Komplementäre. 655 b) Unzuverlässigkeit Eine Untersagung erfolgt dann, wenn der Gewerbetreibende unzuverlässig ist. Gewerberechtlich unzuverlässig ist, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird. 656 Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung dann, wenn der Betroffene nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung des Gewerbes zu gewährleisten. 657 Dabei darf sich die Behörde nur auf vergangene Tatsachen beziehen, die einen Bezug zum ausgeübten Gewerbe haben. 658 Dies heißt allerdings nicht, dass die Tatsachen beim Betrieb des Gewerbes aufgetreten sein müssen. 659 Die Untersagung des Gewerbes erfordert weiter eine Prognose darüber, ob in Zukunft ein Fehlverhalten des Gewerbetreibenden zu erwarten ist. 660 Eine Gewerbeuntersagung wird unabhängig vom Verschulden des Gewerbetreibenden ausgesprochen. 661 Der Gesetzgeber hat angesichts des großen Anwendungsbereichs auf die Einführung von Regeltatbeständen zur Bestimmung der Unzuverlässigkeit verzichtet. 662 654

Zum Begriff des Gewerbebetriebs statt vieler Friauf / Friauf, GewO, § 1 Rn. 17 ff. Allgemeine Ansicht, Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 85, 90 m.w. N. 656 St. Rspr., etwa BVerwGE 65, 1 f. und allgemeine Ansicht, Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 26. 657 Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 19; Nr. 3.1.1 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des § 35 Gewerbeordnung (GewUVwV), abgedruckt bei Landmann / Rohmer, GewO, unter Nr. 253. 658 BVerwGE 28, 38, 41; Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 28. 659 Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 34 mit umfangreichen Nachweisen auch aus der Rechtsprechung. 660 Es genügt die Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Fehlverhaltens, Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 30; Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 52. 661 BVerwGE 24, 28, 41; Nr. 3.1.2 GewUVwV (Fn. 657 [2. Teil]). 662 BT-Drs. 3/1304, S. 4. 655

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

In der Praxis hat sich in der Folge eine Vielzahl an Fallgruppen herausgebildet, die dem Begriff der Unzuverlässigkeit Konturen geben: − Frühere Gewerbeuntersagungen, Widerruf und Rücknahme von Gewerbeerlaubnissen 663 − Verurteilung wegen Straftaten 664 bzw. Geldbußen wegen Ordnungswidrigkeiten 665. Die Straftat 666 muss einen Gewerbebezug aufweisen, wobei für alle Gewerbe Eigentums- und Vermögensdelikten eine große Bedeutung zukommt. 667 Über § 35 GewO können daher die in § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG bislang nicht in Bezug genommenen Straftaten der §§ 263, 266 StGB Relevanz für eine Amtsunfähigkeit erlangen. − Mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Anknüpfung für eine derart begründete Untersagung ist nicht die Vermögenslosigkeit des Gewerbetreibenden als solches, sondern dass er es unterlässt, den Betrieb einzustellen. 668 − Steuerschulden 669 − Verstöße gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten 670 − Mangelnde Sachkunde. 671 Die mangelnde Sachkunde kann nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zur Gewerbeuntersagung führen: 672 etwa wenn die elementarsten Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung des Gewerbes fehlen und besondere Gefahren für die Allgemeinheit bestehen. 673 − Weitere Untersagungsgründe können etwa Suchtkrankheiten, Verwahrlosung oder andere persönliche Mängel sein. 674 Die Verletzung allein zivil- und wett663

Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 36. Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 55; Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 36. 665 Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 46. 666 Die Behörde darf sich nicht auf das strafgerichtliche Urteil stützen, sondern muss den Sachverhalt selbst im Hinblick auf eine Unzuverlässigkeit für das betreffende Gewerbe bewerten, BVerwG, GewArch 1964, 113, 114; BVerwGE 24, 34, 36. 667 Vgl. Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 37; Schaeffer, WiVerw 1982, 100, 109. 668 Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 61; BVerwGE 61, 1, 4. Eine Untersagung ist beispielsweise dann möglich, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt und der Gewerbetreibende in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wird. Wegen § 12 GewO genügt heutzutage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr. Nur wenn das Insolvenzverfahren mit der Zerschlagung des Betriebs endet, kann eine Untersagung an die Leistungsunfähigkeit anknüpfen, Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 46. 669 Vgl. Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 53. 670 Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 55 ff. Ein Gewerbe kann jedoch nur untersagt werden, wenn auch in Zukunft gleiche Verstöße zu befürchten sind und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berücksichtigt wird, Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 57. 671 Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 74; Schaeffer, WiVerw 1982, 100, 107 f. 672 Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 74; Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 71. Anderenfalls würde eine verfassungsrechtlich nicht zulässige Fachkundevoraussetzung eingeführt. 673 Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 74; Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 60; Nr. 3.1.2.5 GewUVwV (Fn. 657 [2. Teil]). 664

F. Keine vollziehbare behördliche Untersagung

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bewerbsrechtlicher Pflichten ist grundsätzlich kein Untersagungsgrund, es sei denn, sie stellen gleichzeitig eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit dar. 675 Nur wenn aus der nachhaltigen Verletzung von gläubigerschützenden Vorschriften charakterliche Mängel erkennbar werden, kann ein Gewerbe untersagt werden. 676 c) Person des Unzuverlässigen Grundsätzlich ist auf den Gewerbetreibenden selbst und dessen Zuverlässigkeit abzustellen. 677 Bei Handelsgesellschaften ist daher auf die geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafter bzw. die Komplementäre abzustellen. Bei juristischen Personen kommt es auf die Unzuverlässigkeit dieser selbst an, wobei die Beschäftigung eines unzuverlässigen Organs dazu führt, dass die Gesellschaft selbst unzuverlässig ist. 678 Die Unzuverlässigkeit von Dritten kann zur eigenen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden führen, wenn der Gewerbetreibende bzw. dessen Organ einen maßgeblichen Einfluss des Dritten auf die Geschäftsführung zulässt. 679 Besonderes gilt für Strohmannverhältnisse. Bei diesen schiebt der wahre (unzuverlässige) Gewerbetreibende eine Person als Strohmann vor, die – ohne tatsächlichen Einfluss auf die Geschäftsleitung zu haben – gegenüber dem Rechtsund Wirtschaftsverkehr als Gewerbetreibender auftritt. 680 In diesen Fällen können sowohl dem Strohmann als auch dem Hintermann die Ausübung des Gewerbes untersagt werden. 681 Eigenheiten ergeben sich dann, wenn ein Unzuverlässiger eine juristische Person gründet, um so das untersagte Gewerbe zu betreiben. Gewerbetreibender ist die juristische Person, weshalb eine Untersagung gegen den Gesellschaftsgründer nicht für die Gesellschaft wirkt. 682 Und da die Gründung einer Gesellschaft zur Gewerbeausübung auch im für den Gründer untersagten Gewerbe erlaubt ist, kann diese Gesellschaft in aller Regel das Gewerbe betreiben. Nur bei weiter hinzutretenden, besonderen Umständen soll ein Missbrauch der Rechtsform durch eine 674

Aufzählung etwa bei Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 76, 77, 79. Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 72 f.; Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 78. 676 Schaeffer, WiVerw 1982, 100, 116. 677 Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 63. 678 Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 30; Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 91. 679 St. Rspr., grundlegend BVerwGE 9, 222; Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 81 f. Zu Besonderheiten bei der GmbH wegen der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers, VGH Mannheim, GewArch 2005, 298 ff. 680 BVerwGE 65, 12, 13; Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 71. 681 BVerwGE 65, 12, 13, Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 106. 682 Unzutreffend daher VG Koblenz, GewArch 1977, 197 f. 675

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Strohgesellschaft angenommen und auch gegenüber dem Hintermann eine Untersagung ausgesprochen bzw. durchgesetzt werden können; die Voraussetzungen sind freilich unklar. 683 In jüngster Zeit hat die vermehrte Gründung von Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften, vor allem von britischen private limited companys, im Gewerberecht Aufmerksamkeit erregt. Mittels der Gesellschaften sollen Untersagungsverfügungen umgangen werden. Auf dieses Problem wird an späterer Stelle eingegangen. 684 d) Erforderlichkeit zum Schutz der Allgemeinheit Eine Untersagung darf nur dann erfolgen, wenn dies zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist; Art. 12 Abs. 1 GG ist zu beachten. Unter den Schutz der Allgemeinheit fällt dabei der Schutz des Vermögens der öffentlichen Hand, 685 weshalb Hirte / Lanzius / Mock 686 davon ausgehen, dass allein der Staat als Gläubiger von § 35 GewO geschützt werde. Die Verletzung der Rechte anderer Gläubiger habe keine vergleichbare Wirkung, weshalb ein genereller Gläubigerschutz nicht bestehe. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Der generelle Gläubiger- und Vertragspartnerschutz ist nach allgemeiner Meinung im Gewerberecht Schutzzweck von § 35 GewO, 687 weshalb die Prämisse von Hirte / Lanzius / Mock irritiert. Allein ein Blick auf die Gründe für eine Unzuverlässigkeit zeigt, dass auch die Gläubiger des Gewerbetreibenden geschützt werden. Strafrechtliche Verurteilungen wegen Vermögensdelikten sind Unzuverlässigkeitsgrund! Dies ist ohne Frage eine Verletzung von Pflichten gegenüber allen Gläubigern und dient nicht einseitig dem Staat. Eine Untersagung wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit beschränkt sich ebenfalls nicht auf den Staat als Gläubiger. Einen generellen Gläubigerschutz kann man der Gewerbeuntersagung daher nicht absprechen. Richtig ist natürlich, dass ein individualisierter Gläubigerschutz ausscheidet, da § 35 GewO dem Schutz der Allgemeinheit dient und die Verletzung rein zivilrechtlicher Pflichten in aller Regel nicht ausreicht. 688 Aber dies wäre verfassungsrechtlich auch kaum möglich, da § 35 GewO Instru-

683

Siehe näher Dickersbach, WiVerw 1982, 65, 72; Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 73 ff. 684 S. 394 ff. 685 VGH Kassel, GewArch 1976, 92; Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 112. 686 Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 310 f. Ähnlich wohl Haas, WM 2006, 1369, 1372. 687 Vgl. VG Arnsberg, GewArch 2003, 298, 299; Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 112; Schaeffer, WiVerw 1982, 100, 102. 688 Dies ist wohl auch Hintergrund der kritischen Aussagen von Hirte / Lanzius / Mock und Haas, siehe Fn. 686 (2. Teil).

F. Keine vollziehbare behördliche Untersagung

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ment der Abwehr von Gefahren gegenüber der Allgemeinheit ist und an die bloße Verletzung zivilrechtlicher Pflichten gar nicht anknüpfen kann. 3. Untersagungsverfügung Mittels der Verfügung wird das abstrakte Gewerbe untersagt, nicht nur die konkrete Form der Gewerbeausübung. 689 Liegen die Voraussetzungen von § 35 Abs. 1 S. 1 GewO vor, hat die Behörde die Ausübung zu untersagen; es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Eine Gewerbeuntersagung kann gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GewO auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden (also als Geschäftsführer einer GmbH) oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person (des tatsächlichen Betriebsleiters) für das untersagte Gewerbe erstreckt werden. Zudem kann die Untersagung nach S. 1 (evtl. i.V. m. mit der Untersagung der Tätigkeit als Vertretungsberechtigter) auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erweitert werden. Die festgestellten Tatsachen müssen dazu die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist und auf ein anderes Gewerbe oder eine unselbständige Tätigkeit ausweichen wird. 690 Die Erweiterung nach Satz 2 ist akzessorisch; es muss bereits eine Untersagung nach Satz 1 geben. 691 4. Folgen einer Untersagung Die Untersagung gilt für das gesamte Bundesgebiet. 692 Mit Wirksamwerden der Untersagungsverfügung hat der Gewerbetreibende seinen Betrieb einzustellen; die Untersagung wird im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt. Widerspruch und Klage gegen die Untersagungsverfügung haben aufschiebende Wirkung, so dass der Gewerbetreibende sein Gewerbe wieder ausüben darf. 693 Die Behörde kann jedoch die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anordnen. 694 Zeitlich wirkt die Untersagung solange, bis sie aufgehoben wird. Dies geschieht grundsätzlich durch Wiedergestattung, welche in aller Regel nicht vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung erteilt wird, § 35 Abs. 6 GewO. 689 Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 135; Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 81. 690 Um ein Ausweichen anzunehmen, reicht es, dass keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, BVerwGE 65, 9, 11; BVerwG, GewArch 1995, 116. 691 BVerwG, GewArch 1982, 301, 302; Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 87. 692 Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 152. 693 Vgl. Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 158, 200. 694 Siehe dazu Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 111.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Eine Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung ist bußgeldbewehrt und kann unter Umständen sogar eine Straftat darstellen, vgl. §§ 146 Abs. 1 Nr. 1, 148 GewO. Die Untersagungsverfügung wird im Gewerbezentralregister, das beim Bundeszentralregister geführt wird, eingetragen, § 149 Abs. 2 Nr. 1 lit. b GewO. Geschäfte, durch die eine Gewerbeuntersagung umgangen werden soll, sollen gemäß § 134 BGB nichtig sein. 695 5. Besonderheiten für Untersagungen gegen Vertretungsberechtigte oder betriebliche Leiter Durch den in Zusammenhang mit der Erweiterung von § 35 Abs. 1 S. 2 GewO neu eingefügten Abs. 7a kann gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen eine Untersagung ausgesprochen werden. So sollte sichergestellt werden, dass in den oben erwähnten Strohmannfällen Schutzlücken geschlossen werden. 696 Der Hintermann sollte sich nicht hinter einer juristischen Person verstecken können, da die Aufsichtsbehörde nur gegen diese als Gewerbetreibende eine Untersagung aussprechen konnte. Eine Untersagung gegen den Vertretungsberechtigten / betrieblichen Leiter kann nur dann ergehen, wenn gegen den (formal) Gewerbetreibenden ebenfalls ein Untersagungsverfahren eingeleitet worden ist. Nach Ansicht des BVerwG reicht diese (eingeschränkte) Akzessorietät aus; eine Untersagungsverfügung gegen den Gewerbetreibenden sei dagegen nicht notwendig. 697 Für die Untersagung gelten die Voraussetzungen von Abs. 1; der Vertretungsberechtigte muss also unzuverlässig, die Untersagung erforderlich und angemessen sein. Die Untersagung richtet sich auf die Ausübung einer selbständigen Gewerbetätigkeit im Bereich der bisherigen unselbständigen Tätigkeit. 698 Im Zusammenspiel mit § 35 Abs. 1 S. 1, 7a GewO kann gegen einen Vertretungsberechtigten oder betrieblichen Leiter eine Gewerbeuntersagung zudem für alle Gewerbe oder für die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter oder betrieblicher Leiter eines Gewerbetreibenden nach § 35 Abs. 1 S. 2 GewO ausgesprochen werden. 699

695

OLG Schleswig-Holstein, GewArch 1989, 235. BT-Drs. 10/318, S. 50 f. 697 BVerwG, GewArch 1996, 241, 242; strittig, siehe Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 192. 698 BVerwG, GewArch 1996, 241 f.; Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 236. 699 Eine derart erweiterte Untersagung nimmt Scheidler, GewArch 2005, 445, 450 ff., für die Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern bei Volkswagen an, da ein Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vorliege. 696

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6. Einleitung des Verfahrens und Bedeutung in der Praxis Ein Untersagungsverfahren wird von Amts wegen eingeleitet, wenn die Behörde Informationen erhält, die eine Gewerbeuntersagung rechtfertigen können. Hierzu zählen Mitteilungen anderer Behörden (Finanz- und Sozialbehörden, Mitteilung nach der Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen [MISTRA] 700), Anzeigen, Beschwerden, Nachschauen, Pressenotizen. 701 Für die Gewerbeuntersagungen besteht die Möglichkeit, durch Einsicht in das Gewerbezentralregister zu erfahren, wie viele Gewerbeuntersagungen derzeit eingetragen sind. Zum Ende des Jahres 2004 waren 5.865 Gesamtuntersagungen für natürliche Personen eingetragen. 702 Allerdings sind in dieser Zahl auch Untersagungen enthalten, die aus einem anderem Rechtsgrund als § 35 GewO erfolgt sind 703, sowie Untersagungen gegen Personen, denen mittlerweile die Gewerbeausübung wieder gestattet ist. 7. Zusammenfassung Sofern jemand ein erlaubnisfreies Gewerbe im deutschen Bundesgebiet ausübt, hat die Gewerbeaufsichtsbehörde die Gewerbeausübung zu untersagen, wenn der Gewerbetreibende unzuverlässig ist und eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Dabei kann die Behörde die Untersagung bei juristischen Personen auch gegen deren Organ oder den tatsächlichen Leiter des Betriebs richten und diesen die entsprechende Gewerbeausübung untersagen sowie unter Umständen die Untersagung auf andere Gewerbe oder die Stellung als Vertretungsberechtigte oder Betriebsleiter von Gewerbetreibenden in den untersagten Gewerben erweitern, § 35 Abs. 1 S. 2 GewO. Bei Strohmannverhältnissen können Untersagungen auch gegen den Hintermann gerichtet werden. Im Ergebnis kann einer Vielzahl von Personen die Ausübung eines Gewerbes untersagt werden, die nicht notwendigerweise selbst Gewerbetreibende sein müssen. So wird im allgemeinen Gewerberecht ein relativ umfassender Schutz vor unzuverlässigen Personen gewährleistet.

III. Andere zu berücksichtigende Entscheidungen Neben § 35 GewO gibt es eine ganze Reihe an weiteren Normen, die gegebenenfalls in den Anwendungsbereich von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG fallen können. 700 701 702 703

Abschnitt 39 MISTRA. Nr. 6.1 GewUVwV (Fn. 657 [2. Teil]). Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 17. Tettinger / Wank, GewO, § 149 Rn. 17.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

1. Mit § 35 GewO vergleichbare Normen § 59 GewO ist die Parallelnorm zu § 35 GewO für Reisegewerbe, 704 die keiner Reisegewerbekarte bedürfen, und verweist in großem Umfang auf die Anwendbarkeit der Absätze von § 35 GewO. Untersagungen nach dieser Norm finden daher Berücksichtigung bei § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG. 2. Untersagungen von Betrieben und der Teilnahme an einer Veranstaltung Normen, die es der Verwaltungsbehörde ermöglichen, nicht ein ganzes Gewerbe, sondern nur einen Betrieb zu untersagen, sind in § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG nicht berücksichtigungsfähig. Es wird eben nicht ein Gewerbe oder ein Beruf, sondern nur der Betrieb dieser konkreten Betriebsstätte untersagt. 705 Eine Untersagung nach § 16 Abs. 3 HandwO 706 hat daher ebenso wie eine Betriebsuntersagung gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 GewO 707 keine Auswirkungen auf eine Inhabilität. Gleiches gilt für § 70a Abs. 1 GewO, nach dem die Teilnahme an einer bestimmten Veranstaltung (Messen, Ausstellungen, Märkte) untersagt werden kann. 3. Versagung, Widerruf und Rücknahme von Gewerbeerlaubnissen 708 a) Allgemeine Ansicht Neben den zuvor erwähnten Untersagungsnormen, gibt es eine Reihe von Normen, die regeln, wann eine Erlaubnis für ein bestimmtes Gewerbe zu erteilen bzw. zu widerrufen ist. 709 Fraglich ist, ob auch diese Entscheidungen von § 6 704

Siehe zum Begriff des Reisegewerbes § 55 Abs. 1 GewO. BVerwG, GewArch 1971, 260; BayObLG, NJW-RR 1986, 1362, 1363 (zu § 16 Abs. 3 HandwO). 706 BayObLG, NJW-RR 1986, 1362, 1363; MünchHdb. GesR III / Heinrich, § 6 Rn. 12; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 169; unzutreffend dagegen Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 23, wonach § 16 Abs. 3 HandwO ausscheiden soll, da es sich um eine vorläufige (!) Entscheidung handele. § 16 Abs. 3 HandwO ist keine vorläufige Maßnahme. Ebenso unzutreffend GroßkommAktG / Otto, § 399 Rn. 209; Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 92. 707 § 15 Abs. 2 S. 1 GewO ist vor allem für erlaubnispflichtige Gewerbe der GewO und für die Gewerbe, die keine eigene Untersagungsnorm besitzen, von Bedeutung, wie etwa das GastG, PBefG, vgl. Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 15 Rn. 10 f. 708 Im folgenden Text wird nur der Widerruf erwähnt; die Aussagen beziehen sich aber auch auf die Rücknahme. 709 Etwa § 45 WaffG, § 25 PBefG, § 3 Abs. 5 GüKG, weitere Normen bei Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 195. 705

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Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG erfasst werden. Dies wird, soweit in der Literatur über § 35 GewO hinaus überhaupt andere Normen in Bezug genommen werden, unter Verweis auf § 35 Abs. 8 GewO bejaht. 710 § 35 Abs. 8 GewO regelt, dass, soweit Vorschriften bestehen, die für die Untersagung und den Widerruf einer Erlaubnis auf die Unzuverlässigkeit abstellen, diese die Untersagungsnorm des § 35 GewO verdrängen. Dabei genügt es, dass die Unzuverlässigkeit ein potenzieller Widerrufsgrund sein kann. 711 Diese Begründung erscheint fragwürdig: Warum soll nur der Widerruf einer Erlaubnis eine Untersagung i. S.v. § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG sein, die erstmalige Versagung dagegen nicht? Wieso entnimmt man der Subsidiarität der Untersagungsnorm des § 35 GewO gegenüber bestimmten Widerrufsvorschriften, dass der Widerruf auch eine Untersagung i. S.v. § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG sein soll? b) Eigene Lösung Ausgangspunkt einer Lösung kann nur § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG sein: Es muss eine vollziehbare Behördenentscheidung vorliegen, die ein Gewerbe untersagt. Versagung und Widerruf sind Behördenentscheidungen; fraglich ist, ob sie eine Tätigkeit untersagen. aa) Begriff der Untersagung Begrifflich trennt das Gesetz in der GewO zwischen Untersagung und Versagung bzw. Widerruf der Erlaubnis. 712 Zudem ist ein erlaubnispflichtiges Gewerbe bereits gesetzlich untersagt und bedarf zu seiner Ausübung einer behördlichen Erlaubnis (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). 713 Streng genommen untersagt damit nicht die Behörde, sondern vielmehr das Gesetz das Gewerbe. Praktisch gesehen wirken die Versagung bzw. der Widerruf jedoch wie eine Gewerbeuntersagung, da das erlaubnispflichtige Gewerbe nicht (mehr) ausgeübt werden darf. 714 710 Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 19; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 21 Fn. 58; KölnerKommAktG / Mertens, § 76 Rn. 109; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 168; ähnlich Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 31; offen auch Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 22; enger Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 306 („im Wesentlichen ... § 35 GewO“). 711 Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 196. 712 Vgl. den Wortlaut von § 35 Abs. 8 GewO, § 149 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, b GewO sowie Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 19. 713 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 51. 714 Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 19; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 168.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Die pauschale gesetzliche Tätigkeitsuntersagung wird für die konkrete Person durch einen Verwaltungsakt aktualisiert bzw. konkretisiert. 715 Ob der Begriff der Untersagung in § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG mit dem der GewO tatsächlich identisch ist oder eigenständig („praktisch“) zu bestimmen ist, ist nicht zu ermitteln. Die Empfehlung und Beratungen der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität befassten sich ausdrücklich nur mit § 35 GewO. 716 Der Gesetzeswortlaut spricht neutral von einer Gewerbeuntersagung; in der Begründung wird die Gewerbeuntersagung nicht erwähnt und nur pauschal auf die Empfehlungen der Sachverständigenkommission verwiesen. Angesichts dieses offenen Ergebnisses ließe es sich mit dem Begriff der Untersagung noch vereinbaren, Versagung und Widerruf im GmbHG mit einzubeziehen. Problematischer sind allerdings die folgenden zwei Punkte. bb) Vergleich Unzuverlässigkeitsgründe und Versagungs- und Widerrufsgründe Erstens ist zu beachten, dass der Grund für eine Untersagung nach § 35 GewO respektive § 59 GewO die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist. An dieses Verdikt der Behörde knüpft die Inhabilitätsentscheidung des Gesetzgebers an, da der Unzuverlässige keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung in diesem Gewerbe bietet. Auch hier dachte man primär an Wirtschaftskriminelle, denen ein Gewerbe wegen Unzuverlässigkeit untersagt worden war. 717 Die Versagung und der Widerruf dagegen stellen zusätzlich auf eine Vielzahl weiterer Gründe ab. Dazu zählen Kriterien wie ein Fachkundenachweis für das Gewerbe, 718 die Lage der Räumlichkeiten, 719 aber auch der Sitz der Gesellschaft 720 oder die Staatsangehörigkeit 721. Nicht alle dieser Versagungs- oder Widerrufsgründe lassen Rückschlüsse auf die Qualität und Gefahren der Geschäftsführung im Hinblick auf den Schutz der Gläubiger zu, wie es bei der Unzuverlässigkeit der Fall ist. 722 Eine pauschale Bezugnahme auf die Versagungs- bzw. Widerrufsgründe wird daher nicht möglich sein, sondern ist entweder für jede Norm und jede 715 Dieser Verwaltungsakt wird im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt und nicht durch eine Tätigkeitsuntersagung nach § 35 GewO. Anderenfalls verlören die Widerrufsvorschriften ihre Berechtigung Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 197. 716 Siehe oben 2. Teil: F.I. Ob dies daran lag, dass § 35 GewO der gedachte Hauptanwendungsfall war oder der einzige Bezugspunkt sein sollte, ist nicht zu klären. 717 Vgl. die Entstehungsgeschichte oben 1. Teil: E. und 2. Teil: F.I. 718 § 35 i.V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SprengG. 719 § 4 Abs. 1 Nr. 2 GastG. 720 § 3 Abs. 3 AÜG . 721 § 3 Abs. 3 AÜG. 722 A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 169.

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Branche eigenständig zu ermitteln oder kann sich nur auf den Widerrufsgrund der Unzuverlässigkeit beziehen. Letztere Lösung ließe sich wohl am ehesten vertreten und dieses Problem so beseitigen. Denn insoweit besteht kein Unterschied zu § 35 GewO und der dortigen Inhabilitätsanknüpfung. Diese Lösung würde auch dem gerecht, was die bisherige Begründung der herrschenden Meinung über § 35 Abs. 8 GewO zum Ausdruck bringen soll: Knüpft eine Behördenentscheidung auf Grund einer spezialgesetzlichen Versagungs- bzw. Widerrufsnorm ebenso wie § 35 GewO an das Kriterium der Unzuverlässigkeit an und verdrängt sie demnach § 35 GewO, ist eine daran anknüpfende Inhabilität gerechtfertigt. 723 Anderenfalls führte die Unzuverlässigkeit für ein gefährliches und daher erlaubnispflichtiges Gewerbe für den Betreffenden zu dem paradoxen Ergebnis, dass diese Untersagung nicht zur Inhabilität für dieses Gewerbe führte. 724 Marcks schreibt daher zu § 35 Abs. 8 GewO, dass „§ 35 und die spezialgesetzliche Regelung zusammen ... die Untersagung eines jeden Gewerbebetriebes wegen Unzuverlässigkeit ermöglichen (müssen)“. 725 Für § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG weitergeführt heißt dies, dass jede Untersagung / Versagung und der Widerruf auf Grund der Unzuverlässigkeit zur Inhabilität führen sollte. cc) Vergleich der Dauer der Gewerbeuntersagung und der Versagung bzw. des Widerrufs Zweitens gilt die Gewerbeuntersagung gemäß § 35 GewO in aller Regel für mindestens ein Jahr. Wird eine Erlaubnis versagt oder widerrufen, kann der Betreffende aber jederzeit – nach Beseitigung des Versagungsgrundes – eine Erlaubnis erhalten und damit habil werden. 726 Die Versagung ist daher zeitlich ungebundener als die Untersagung nach § 35 GewO; dies hindert aber noch nicht, § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG auch auf Versagungen und Widerrufe zu erstrecken. Bedeutsamer ist, dass bei § 35 GewO eine Wiedergestattung des erlaubnisfreien Gewerbes notwendig ist, damit auch die Inhabilität endet. Dazu reicht es aus, dass 723 Der pauschale Verweis auf die Subsidiaritätsnorm greift daher zu kurz: Weder sollen Versagungstatbestände erfasst werden, noch wird berücksichtigt, dass auch andere Versagungsgründe als eine Unzuverlässigkeit zum Widerruf führen können. 724 Auf diesen Wertungswiderspruch weist auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 168, hin. Die Erlaubnispflichtigkeit des Gewerbes allein wird kein ausreichender Schutz sein. Wird bei der erstmaligen Erlaubniserteilung noch der designierte Geschäftsführer für einige Voraussetzungen in die Erlaubnisprüfung miteinbezogen, besteht bei späteren Wechseln nur eine Anzeigepflicht. Diese wird aber nicht ausreichen, um (rechtzeitig) unzuverlässige Geschäftsführer aus dem Gewerbe fernzuhalten. Eine Untersagung gegenüber der GmbH wird häufig zu spät kommen und hindert den Geschäftsführer nicht, wieder bei einer anderen GmbH im gleichen Gewerbe Geschäftsführer zu werden. 725 Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 196 (Hervorhebung vom Verfasser). 726 Vgl. Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 19.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

ein schriftlicher Antrag gestellt wird und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit nicht mehr besteht, § 35 Abs. 6 GewO. Wird dagegen eine Erlaubnis versagt oder zurückgenommen, so besteht Inhabilität für dieses Gewerbe bis eine Erlaubnis erteilt wird. Daher müsste der potenzielle Geschäftsführer eine Erlaubnis für ein Gewerbe beantragen, obwohl er dieses überhaupt nicht betreiben möchte, sondern nur als Geschäftsführer im Gewerbe arbeiten möchte. 727 Dies erscheint bereits paradox, steigert sich aber noch dahingehend, dass für die Erteilung der Erlaubnis alle Voraussetzungen vorliegen müssen. Der Geschäftsführer müsste etwa dafür sorgen, dass er den Betrieb eines leistungsfähigen Unternehmens sicherstellt, das er persönlich nie betreiben will und wird! 728 Selbst wenn man nur auf eine Versagung bzw. den Widerruf einer Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit abstellt, bleibt es bei diesem Problem. Denn für die Erteilung einer Erlaubnis müssen alle (!) deren Voraussetzungen vorliegen, egal was der Versagungsgrund war. Und eine Behördenentscheidung, welche die Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit, nicht aber den Betrieb des Gewerbes erlaubt, gibt es nicht. Somit zeigt sich, dass selbst wenn ein Teil der Schwierigkeiten lösbar scheint, bei der Frage der wieder eintretenden Habilität Grenzen bestehen, die eine Erstreckung verhindern. Es wäre darüber hinaus verfassungsrechtlich bedenklich, wenn die Inhabilität an die Versagung bzw. den Widerruf der Erlaubnis anknüpfte und diese Inhabilität dann tatsächlich wegen der hohen und kaum sachgerechten Anforderungen an den Wiedereintritt der Amtsfähigkeit nur sehr schwer zu beseitigen wäre. dd) Ergebnis § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG erfasst Untersagungen gemäß § 35 GewO, nicht dagegen die Versagung bzw. den Widerruf einer Erlaubnis. Diese passen nicht in die Konstruktion von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG. Dieses Ergebnis ist bedauerlich, da demnach für bestimmte erlaubnispflichtige Gewerbe eine Unzuverlässigkeit insofern keine weiteren Folgen nach sich zieht. 727 Dies übersieht B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 168. Bei § 35 GewO wird dagegen durch die Wiedergestattung vor allem die behördliche Aussage über die Unzuverlässigkeit beseitigt. Auch wenn der Betroffene nie plant, das erlaubnisfreie Gewerbe auszuüben, kann er die Wiedergestattung beantragen. Ob man im Berufsrecht der genehmigungsbedürftigen freien Berufe anders entscheidet, da dort auch nur Berufsträger Geschäftsführer sein können, soll hier nicht erörtert werden. Bei diesen freien Berufen wird man sich meist schon fragen, ob eine Behörde, wie es § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG vorsieht, die Untersagung ausspricht, da Kammern die Entscheidung treffen. Für eine Subsumtion dieser Entscheidungen unter § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 170 f. 728 § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GüKG.

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Und auch wenn bei den erlaubnispflichtigen Gewerben an den Geschäftsführer bestimmte Eignungsvoraussetzungen 729 gestellt werden, damit der GmbH die Erlaubnis erteilt wird, reicht dieser Schutz weniger weit, da nur bestimmte Gewerbe erfasst werden. Ein Widerruf der Erlaubnis der juristischen Person wegen der Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers wird zudem einige Zeit in Anspruch nehmen. 4. Tätigkeitsuntersagungen nach dem KWG bzw. VAG Gemäß § 36 KWG i.V. m. § 4 Abs. 1 FinDAG kann die BaFin im Bankaufsichtsrecht die Abberufung der verantwortlichen Geschäftsleiter verlangen und diesen auch die Ausübung ihrer Tätigkeit bei Instituten in der Rechtsform einer juristischen Person untersagen. Untersagungsgründe sind etwa die fehlende persönliche Zuverlässigkeit oder fachliche Eignung, Organisationsmängel oder die vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung besonderer bankrechtlicher Vorschriften, die trotz Verwarnung durch die BaFin fortgesetzt wurden; § 36 Abs. 1, 3 KWG. § 46 Abs. 1 Nr. 3 KWG ermöglicht es der BaFin, als einstweilige Maßnahme die Tätigkeit als Geschäftsleiter zu untersagen oder zu beschränken, wenn etwa eine Gefahr für die Gläubiger der Bank besteht. Geschäftsleiter einer juristischen Person sind für die Dauer der Untersagung von der Vertretung und Geschäftsführung in diesem Institut ausgeschlossen, § 46 Abs. 1 S. 4 KWG. § 87 Abs. 6 VAG i.V. m. § 4 Abs. 1 FinDAG regelt für Versicherungsunternehmen, dass die BaFin die Abberufung der Geschäftsleiter, die nicht zuverlässig oder fachlich geeignet sind, verlangen oder ihnen die Ausübung der Tätigkeit untersagen kann. Diese Untersagungsnormen knüpfen an die Eignung bzw. Zuverlässigkeit des Betreffenden gerade als Geschäftsleiter bestimmter Unternehmen an, weshalb es zunächst sinnvoll erscheint, diese Untersagungsnormen für § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG in Bezug zu nehmen. a) § 46 Abs. 1 Nr. 3 KWG, § 87 Abs. 6 VAG Eine einstweilige Maßnahme gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 3 KWG führt allerdings nicht zur Inhabilität, da die Reichweite mit der von § 16 Abs. 3 HandwO und § 15 Abs. 2 GewO vergleichbar ist. Es wird kein Beruf, sondern nur die Tätigkeit für ein bestimmtes Institut untersagt. Zudem handelt es sich nur um eine einstweilige Maßnahme, so dass die Inhabilitätsprognose in Frage gestellt werden kann. Ähnliches muss für § 87 Abs. 6 VAG gelten, denn dieser spricht nur davon, dass den Geschäftsleitern ihre Tätigkeit untersagt wird. Anders als bei § 36 KWG, dem 729

Vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2, 3 PBefG.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

§ 87 VAG nachgebildet ist, 730 kann dabei nicht die Tätigkeit in anderen juristischen Personen untersagt werden. E contrario heißt dies, dass sich die Untersagung nur auf das einzelne Versicherungsunternehmen beziehen kann. b) § 36 KWG Etwas schwieriger zu beurteilen ist dagegen § 36 KWG. Die Untersagung gemäß § 36 Abs. 1, 3 KWG erstreckt sich auf die Tätigkeit des Geschäftsleiters bei Instituten in der Rechtsform einer juristischen Person. Die BaFin untersagt demnach die Ausübung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse bei Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituten, die als juristische Person betrieben werden. 731 Zudem wird die KWG-Untersagung wie eine Untersagung nach § 35 GewO ins Gewerbezentralregister eingetragen. 732 Die Untersagung gemäß § 36 KWG erscheint jedoch als zu eng, als dass man sie als Untersagung eines Berufs oder Gewerbes auffassen könnte. Mit der Untersagung wird innerhalb eines Gewerbezweigs ein bestimmter Teilbereich (Tätigkeit bei juristischen Personen im Kreditgewerbe) eines Berufs (Geschäftsleitung) untersagt. Damit wird nur ein Tätigkeitsausschnitt verboten, weshalb auch Untersagungen gemäß § 36 KWG nicht zur Inhabilität führen. 733 c) Ergebnis Nur Gewerbeuntersagungen gemäß § 35 GewO und der Parallelnorm für das Reisegewerbe, § 59 GewO, sind Untersagungen, die zur Inhabilität als Geschäftsführer führen.

IV. Vollziehbarkeit der Entscheidung Allein die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts reicht für § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG aus. Vollziehbarkeit meint, dass der Verwaltungsakt rechtswirksam ist. 734 Davon strikt zu unterscheiden ist die Vollstreckbarkeit eines Verwaltungsakts. 735 730

BT-Drs. 12/6959, S. 88. Vgl. auch BT-Drs. 13/7142, S. 91. 732 Reischauer / Kleinhans, KWG, § 36 Rn. 22. 733 So ist allgemeine Meinung zu § 36 KWG, dass die Organstellung durch das Tätigkeitsverbot unberührt bleibt, Boos / Fischer / Schulte-Mattler / Fischer, KWG, § 36 Rn. 2 f.; Beck / Samm / Samm, KWG, § 36 Rn. 63 m.w. N. Die Behörde kann (und muss) die Untersagung im Wege des Verwaltungszwangs vollstrecken, Reischauer / Kleinhans, KWG, § 36 Rn. 21. 734 Eyermann / Schmidt, VwGO, § 80 Rn. 5; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 394. 731

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Diese besteht unter anderem dann, wenn der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist oder die sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs. 2 VwGO angeordnet worden ist. 736 Eine Behördenentscheidung ist grundsätzlich sofort rechtswirksam (vollziehbar), 737 der Betreffende damit sofort inhabil. Die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts ist allein für das erfolgreiche Vorgehen gegen diesen von Belang. Ist ein Verwaltungsakt dagegen nichtig, entfaltet er keine Wirkung und kann nicht zu einer Amtsunfähigkeit führen, vgl. § 43 Abs. 3 VwVfG. Die Anknüpfung an eine vollziehbare Behördenentscheidung kann jedoch zu einem Problem führen. Da im Verwaltungsrecht die Vollziehbarkeit rückwirkend eintreten bzw. entfallen kann, kann es passieren, dass ein bestehender Inhabilitätsgrund rückwirkend entfällt oder eintritt. 1. Vollziehbarkeit von Behördenentscheidungen Damit Inhabilität eintritt, muss die untersagende Behördenentscheidung vollziehbar sein. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Behördenentscheidung haben in aller Regel aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO. Diese aufschiebende Wirkung tritt mit ex tunc-Wirkung ein. 738 Der Verwaltungsakt ist dann nicht vollziehbar bzw. wirksam gewesen. 739 Die aufschiebende Wirkung endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels, § 80b Abs. 1 S. 1 VwGO. 740

735

Unzutreffend daher Thüsing, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 4 Rn. 10; Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 19 und MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 84 Rn. 22, die Vollziehbarkeit mit der Vollstreckbarkeit verwechseln. 736 Siehe § 6 Abs. 1 VwVG; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 7. 737 Eyermann / Schmidt, VwGO, § 80 Rn. 5; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10 Rn. 21. 738 Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 505; Kopp / Schenke, VwGO, § 80 Rn. 54. 739 Ob man mit der vorherrschenden Vollziehbarkeitstheorie von einer Hemmung der Vollziehung oder mit der eingeschränkten Wirksamkeitstheorie von einer Hemmung der Wirksamkeit ausgeht, wird für die Anknüpfung von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG keine Auswirkungen haben, zum Streit Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 949 ff. 740 Eingeführt durch das Sechstes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwGOÄndG) vom 1. November 1996, BGBl. I, S. 1626 ff. Allerdings kann ein Antrag beim OVG gestellt werden, dass die aufschiebende Wirkung länger andauern soll, § 80b Abs. 2 VwGO.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung kann der Verwaltungsakt für sofort vollziehbar erklärt werden, § 80 Abs. 2 VwGO. 741 Widerspruch und Anfechtungsklage haben dann keinen Suspensiveffekt. Erst wenn ein Gericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO anordnet, haben die entsprechenden Rechtsbehelfe (in der Regel ex tunc) aufschiebende Wirkung. 742 Einer der maßgeblichen Entscheidungsgründe für das Gericht zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist die Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung, also die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren. Stellt das Gericht die aufschiebende Wirkung wieder her, endet die aufschiebende Wirkung mit der Unanfechtbarkeit oder nach Ablauf der Drei-Monats-Frist, § 80b Abs. 1 S. 2 VwGO. Ist der Widerspruch oder die Anfechtung erfolgreich und wird der Verwaltungsakt aufgehoben, wirkt diese Entscheidung ebenfalls zurück auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts. 743 Umgekehrt gilt der Verwaltungsakt nach Unanfechtbarkeit als von Anfang an wirksam und vollziehbar. 744 2. Folgen der Anknüpfung an die Vollziehbarkeit (Rückwirkungslösung) Sobald eine vollziehbare Behördenentscheidung besteht, wird der Betroffene sofort amtsunfähig; er kann nicht bestellt werden bzw. seine Organstellung endet ipso iure. In dem Augenblick, in dem der Widerspruch mit Suspensivwirkung eingelegt wird, hat jedoch nie ein vollziehbarer / wirksamer Verwaltungsakt bestanden. Dann war der Betroffene aber auch niemals amtsunfähig. Die zunächst eingetretene Inhabilität wäre mit Einlegung des Widerspruchs rückwirkend beseitigt worden. 745 Sofern die Gesellschafter den Geschäftsführer nicht pro forma abberufen haben, wäre der alte Geschäftsführer wieder automatisch Geschäftsführer; evtl. neben einem bereits bestellten neuen Geschäftsführer. Gleiches gilt in den Fällen, in denen erst im Wege von § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe erreicht wird. Über dieser so wieder bestehenden Organstellung schwebt jedoch das Damoklesschwert des weiteren Verfahrensausgangs. Hilft die Behörde dem Widerspruch ab oder wird der Verwaltungsakt rechtskräftig aufgeho741

Für die relevanten Gewerbeuntersagungen handelt es sich um eine behördliche Anordnung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO. 742 OVG Münster, DÖV 1983, 1024, 1025; Redeker / von Oertzen / Redeker, VwGO, § 80 Rn. 59. 743 Kopp / Schenke, VwGO, § 113 Rn. 8; Redeker / von Oertzen / Redeker, VwGO, § 113 Rn. 5. 744 Vgl. Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 952. 745 Diese Folge kann auch für den Anstellungsvertrag erhebliche Konsequenzen haben, die hier aber nicht erörtert werden sollen.

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ben, würde die Bestellung (ex tunc) endgültig wirksam. Wird der Verwaltungsakt dagegen unanfechtbar, würde die Bestellung (ex tunc) endgültig unwirksam. Ist die Untersagung sofort vollziehbar und stellt das Gericht die aufschiebende Wirkung nicht wieder her, ist die Organbestellung unwirksam bis in der Hauptsache entschieden worden ist. Endet die aufschiebende Wirkung wegen Zeitablaufs nach § 80b Abs. 1 S. 1 VwGO, war der Verwaltungsakt wieder von Anfang an vollziehbar und der Geschäftsführer seit der Untersagung amtsunfähig. Im (äußerst) seltenen Fall, dass dann ein OVG oder das BVerwG zu Gunsten des Adressaten der Untersagungsverfügung entscheidet, würde die Bestellung rückwirkend wieder wirksam. 746 3. Vorschlag: Zeitpunktbezogene Feststellung der Inhabilität Mit der Anknüpfung an die Vollziehbarkeit bestünde demnach die Möglichkeit, dass über das Amt eines Geschäftsführers eine beträchtliche Zeit Unklarheit besteht. Die Frage ist, ob diese Unklarheiten hinzunehmen sind oder eine Rückwirkung vermieden werden sollte, indem die Organstellung endet, sobald für eine juristische Sekunde eine Gewerbeuntersagung bestanden hat, selbst wenn diese später rückwirkend nicht vollziehbar / wirksam war. 747 Die Probleme sind dabei ein wenig vergleichbar mit der Frage, ob die bedingte Bestellung eines Geschäftsführers möglich ist. Bislang hat die herrschende Meinung aus Rechtssicherheitsgründen eine Bestellung eines Geschäftsführers unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung für unzulässig gehalten. 748 Über die Person des Geschäftsführers und dessen Amt müsse Klarheit bestehen, weshalb die allgemeinen Regeln des § 158 BGB nicht übertragbar seien. 749 Dieser Ansicht hat der BGH für die auflösende Bedingung nun entgegengehalten, dass für den Rechtsverkehr keine Nachteile entstünden. 750 Dieser sei über § 15 HGB sowie die Grundsätze der faktischen Geschäftsführung ausreichend geschützt. Die Lage entspreche der, die in vergleichbaren Fällen, etwa beim Streit über die 746 Wird der Verwaltungsakt aufgehoben, erhält die GmbH so nach einem jahrelangen Rechtsstreit ihren alten Geschäftsführer zurück, da dieser für diesen Zeitraum immer habil war und sein Amt nie verloren hat. Dies ist bedenklich, wird die GmbH doch schon seit längerem einen neuen Geschäftsführer haben. 747 Vorsichtig für letzteres Thüsing, in: Fleischer (Hrsg.), Handbuch des Vorstandsrechts, § 4 Rn. 17, der eine Neubestellung fordert. Dem folgend, aber einschränkend auf den Fall einer vollziehbaren Entscheidung bei der Bestellung MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 84 Rn. 22. 748 Siehe Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 38 m.w. N. auch zur Gegenansicht. 749 Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 83; Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 25. 750 BGH, NZG 2006, 62 ff. Wie der BGH die Vorinstanz OLG Stuttgart, GmbHR 2004, 417, 419 mit zustimmender Anmerkung Manger, 421 f.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Wirksamkeit der Abberufung, bestehe. Schumacher 751 erweitert die Aussagen des Urteils auch auf eine aufschiebend bedingte Bestellung, da bei dieser ein ähnlicher Schutz für den Rechtsverkehr bestehe (statt § 15 HGB greifen Anscheins- und Duldungsvollmachten). 752 Für Dritte, die mit der GmbH Geschäfte tätigen, haben – wie im Fall der Bedingung – die Rückwirkung und die Unsicherheit über die Organstellung keine gravierenden Auswirkungen. 753 Kontrahieren sie mit einem zeitweilig habilen, später dann rückwirkend inhabilen Geschäftsführer für die Gesellschaft, werden sie über § 15 Abs. 1 HGB sowie die Rechtsscheinsgrundsätze geschützt. Kontrahieren sie mit einem zeitweilig inhabilen, später aber rückwirkend habilen Geschäftsführer für die Gesellschaft, ist dieser wirksamer Vertreter der Gesellschafter und in aller Regel im Handelsregister eingetragen, so dass § 15 Abs. 2 HGB gilt. Die Organpflichten (vor allem für diejenigen, die im Drittinteresse bestehen) werden den Geschäftsführer in der Regel deshalb treffen, weil er in der ganzen Zeit faktischer Geschäftsführer sein wird. Im Übrigen werden Dritte vom Wechselspiel kaum etwas mitbekommen. Die Anknüpfung ist dagegen für die Gesellschaft und den Geschäftsführer folgenreicher. 754 Wehrt sich der Geschäftsführer gegen eine Untersagung mit einem Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung und berufen die Gesellschafter ihn nicht ab, 755 so kann der Betroffene über einen beträchtlichen Zeitraum Geschäfte für die Gesellschaft abschließen. Endet die aufschiebende Wirkung, sei es, weil die Drei-Monats-Frist gem. § 80b Abs. 1 S. 1 VwGO abgelaufen ist, sei es, weil der Verwaltungsakt unanfechtbar wird, war der Betroffene bereits mit dem Zeitpunkt der Untersagung inhabil. Geschäfte, die nach der Untersagung von ihm für die Gesellschaft getätigt wurden, könnten seitens Dritter angegriffen werden: Der Geschäftsführer sei tatsächlich nicht Geschäftsführer, sondern falsus procurator gewesen, weshalb der Vertrag gemäß § 178 BGB widerrufen werde. Verträge müssten rückabgewickelt werden; gekündigte Verträge würden wieder aufleben. Da die Schwebephase, in welcher der Geschäftsführer wenigstens vorläufig amtsfähig ist, einige Monate dauern kann, 756 wird eine beträchtliche Zahl von Geschäften mit einem Makel behaftet sein. Im Übrigen kann es passieren, 751

GmbHR 2006, 924, 925 ff. Marsch-Barner, WuB II C. § 6 GmbHG 1.06, kritisiert in seiner Stellungnahme, dass in einigen Fällen der Schutz der GmbH, der anderen Geschäftsführer und der Gesellschafter zu kurz komme. 753 Siehe ausführlicher sogleich 2. Teil: G. 754 Siehe insgesamt zu den Rechtsfolgen noch 2. Teil: G. 755 Dies sollte nicht so selten sein, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte. Man denke nur an eine Ein-Mann-GmbH, einen Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer oder an einen Geschäftsführer, der den Gesellschaftern glaubhaft versichern kann, dass die Untersagung rechtswidrig ist. 756 In der Regel wird die Behörde wohl die sofortige Vollziehung anordnen. 752

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dass die Gesellschafterversammlung bereits einen neuen Geschäftsführer bestellt hat, einige Zeit später aber den „alten“ Geschäftsführer zusätzlich zurückerhält, da dessen Amtsunfähigkeit rückwirkend weggefallen ist. Vernünftige Gesellschafter werden sich daher gezwungen sehen, den Geschäftsführer bereits im Zeitpunkt der Kenntnis der Gewerbeuntersagung abzuberufen; 757 anderenfalls müssten sie auch die Konsequenzen tragen. Auch wenn damit für den Rechtsverkehr keine gravierenden Probleme auftreten, erscheint es insgesamt sinnvoller, die verwaltungsrechtliche Rückwirkung im Gesellschaftsrecht nicht zu berücksichtigen, sondern es ausreichen zu lassen, dass eine im Zeitpunkt der Bestellung vollziehbare Gewerbeuntersagung jemanden bestellungsunfähig macht bzw. eine Untersagung nach der Bestellung die Organstellung beendet (Zeitpunktslösung). Es ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber die oben dargelegten, doch sehr komplexen Rechtsfolgen übersehen hat. Angefangen von den Beratungen der Sachverständigenkommission bis hin zum Gesetzestext wurde immer nur von der Vollziehbarkeit der Untersagung gesprochen; es finden sich jedoch keine Aussagen zur Anknüpfung an die Vollziehbarkeit oder einer Alternative. Überlegt man des Weiteren, welche Alternativen dem Gesetzgeber zur Verfügung gestanden haben, wird klar, dass die Anknüpfung an die Vollziehbarkeit für ihn wohl zwangsläufig war. Hätte er einfach nur von der Untersagung gesprochen, wäre offen geblieben, welche rechtliche Wirkung die Untersagung hätte haben müssen. Hätte der Gesetzgeber nur auf die Unanfechtbarkeit abgestellt, wäre das Schutzniveau deutlich niedriger. Sobald Rechtsbehelfe eingelegt worden wären (und das wäre mit ziemlicher Sicherheit häufig passiert), wäre die Unanfechtbarkeit angesichts der beträchtlichen Dauer verwaltungsgerichtlicher Prozesse erheblich hinausgezögert worden. Für diese Lösung hätte man zwar ins Feld führen können, dass bei der Anknüpfung an das strafrechtliche Berufsverbot in Alt. 1 eben auch erst mit Rechtskraft des Urteils (also dessen Unanfechtbarkeit) eine Inhabilität begründet wird. 758 Dies würde aber dem Verwaltungsrecht nicht gerecht, da eine Gewerbeuntersagung bereits mit der Bekanntgabe, vgl. § 43 VwVfG, Rechtswirkungen entfaltet. 759 Eine weitere Möglichkeit wäre es gewesen, an die Vollstreckbarkeit 757 In diesem Augenblick müssten sie den Geschäftsführer abberufen, obwohl er derzeit bereits gesetzlich sein Amt verloren hat. Dies wird – nach der von Theodor Kipp (in: FS für von Martitz, S. 211, 224 ff.) begründeten Lehre von den „Doppelwirkungen im Recht“ – möglich sein. Sie könnten auch mittels vertraglicher Regelungen im Innenverhältnis verhindern, dass der Geschäftsführer für die Gesellschaft makelbehaftete Geschäfte abschließt; im Außenverhältnis bliebe es gleichwohl bei der Gefahr von solchen Geschäftsabschlüssen. 758 Den eher seltenen Fall der Wiederaufnahme eines strafrechtlichen Verfahrens nach § 359 StPO außen vor gelassen. 759 Mit Wirksamkeit der Untersagung darf das Gewerbe nicht ausgeübt werden, Tettinger / Wank, GewO, § 35 Rn. 158; Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 110.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

der Untersagung anzuknüpfen. Dies hätte aber zu den gleichen Problemen wie bei der Vollziehbarkeit geführt, denn der Verwaltungsakt ist vollstreckbar, wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Wird aber gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wieder hergestellt, hat der Rechtsbehelf von Beginn an aufschiebende Wirkung gehabt. Erneut bestünde das Rückwirkungsproblem. Auch die Konsequenzen für die Beteiligten sprechen für die Zeitpunktslösung. Der Rechtsverkehr kontrahiert entweder mit einem habilen oder einem inhabilen Geschäftsführer, ohne dass im Nachhinein durch Rechtsbehelfe eine Veränderung dessen Amtsfähigkeit eintritt. Wird der kurzzeitig Inhabile erneut bestellt, wird die Untersagung im Endeffekt aber bestätigt und unanfechtbar, so hat zwar über längere Zeit ein eigentlich inhabiler Geschäftsführer am Rechtsverkehr teilgenommen und konnte Dritte gefährden. Dies hat er aber auch im Falle der Rückwirkung. Unterschied ist, dass der Dritte bei der vorgeschlagenen Lösung scheinbar keine Möglichkeit hat, sich von Verträgen mit der Gesellschaft zu lösen. 760 Dies ist aber auch nicht notwendig. War der Geschäftsführer tatsächlich kriminell, können die Geschäfte im Wege der Anfechtung oder wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot rückgängig gemacht werden. In den anderen Fällen hat sich der Dritte auf das Geschäft mit der GmbH eingelassen und es besteht keine Notwendigkeit, ihm ein Reuerecht einzuräumen, weil er mit einem eigentlich inhabilen Geschäftsführer verhandelt hat. Die Zeitpunktslösung ist weiter bezüglich des Gläubiger- und Rechtsverkehrsschutzes effektiver, da der kriminelle Geschäftsführer so früh wie möglich aus dem Amt gedrängt wird. Bei der Rückwirkungslösung kann der Geschäftsführer nämlich ohne weiteres am Rechtsverkehr für die Gesellschaft teilnehmen. Die Gesellschafter haben schließlich Klarheit darüber, ob sie einen neuen Geschäftsführer bestellen müssen oder nicht und laufen nicht Gefahr, den „alten“ Geschäftsführer zurück zu erhalten. 761 Wollen sie mit dem „alten“ Geschäftsführer trotz eines laufenden Verfahrens weiterarbeiten, können sie – nachdem dieser dadurch, dass er einen Rechtsbehelf eingelegt hat, die Vollziehbarkeit / Wirksamkeit hemmt – ihn erneut bestellen. Auch der Geschäftsführer hat Gewissheit über seine Position, seine Rechte und Pflichten. Stellt sich die Entscheidung der Behörde als falsch heraus, kann es zwar passieren, dass der Geschäftsführer zu Unrecht sein Amt verloren hat, wenn er nicht wieder bestellt worden ist. Aber dieses Risiko liegt bei ihm. Eine Behörde handelt grundsätzlich rechtmäßig und der Geschäftsführer hat die Untersagung veranlasst. An ihm selbst liegt es, gegenüber den Gesellschaftern 760

Der inhabile Geschäftsführer war schließlich falsus procurator. So auch MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 84 Rn. 22 (Funktionsfähigkeit der Gesellschaft). 761

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die Hintergründe des Verfahrens offen zu legen und so eine Wiederbestellung zu erreichen. Ist die Behördenentscheidung offenbar unhaltbar, wird der Geschäftsführer mit großer Sicherheit erneut bestellt. Schafft er dies nicht, würde er auch bei der Rückwirkungskonstruktion mit hoher Wahrscheinlichkeit abberufen. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG ändert sich für ihn die Lage also kaum. Demnach ist es zwar aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zwingend, die zeitpunktsbezogene Lösung zu wählen. Sinnvoller erscheint es aber allemal, weshalb diese Lösung der Rückwirkungslösung vorzuziehen ist.

V. Rechtstatsächliche Bedeutung Wie bereits zuvor dargelegt, gab es zum Ende des Jahres 2004 5.865 Gesamtuntersagungen für natürliche Personen im Gewerbezentralregister. 762 Unter Berücksichtigung, dass diese Zahl sowohl Untersagungen erfasst, die nicht bei § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG einbezogen werden als auch nicht mehr aktuell wirkende Untersagungen, wird die Zahl der inhabilen Personen mehr oder weniger deutlich unter 5.800 liegen.

VI. Dauer und Umfang der Inhabilität § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG besitzt einen relativen Umfang und flexible Dauer. 1. Dauer Die Dauer der Inhabilität richtet sich nach der Dauer der Untersagung. Da die Widergestattung in aller Regel erst nach einem Jahr möglich ist (§§ 35 Abs. 6, 59 S. 2 GewO), ist der Betroffene auch für mindestens ein Jahr amtsunfähig. Die Untersagung endet erst dann, wenn die Gewerbeausübung wiedergestattet wurde und kann daher auch lebenslang sein. Dies resultiert daraus, dass im Gewerberecht eine einmal ausgesprochene Untersagung wegen Unzuverlässigkeit lebenslang von Bedeutung ist 763 und daher auch für eine Amtsfähigkeit zum Geschäftsführer einer Widerlegung bedarf. Die Wiedergestattung des Gewerbes wird nicht in das Gewerbezentralregister eingetragen und führt auch zu keiner Tilgung der alten Untersagung.

762 763

Siehe oben Fn. 702 (2. Teil). Vgl. Landmann / Rohmer / Marcks, GewO, § 35 Rn. 36.

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2. Umfang Der Umfang des Ausschlusses richtet sich nach dem Umfang des Berufsverbots. Bei Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbotes übereinstimmt, kann der Betroffene nicht Geschäftsführer werden, § 6 Abs. 2 S. 4 a. E. GmbHG. 764 Selbst wenn nur ein Randbereich des Unternehmens deckungsgleich mit dem Verbotsgegenstand ist, ist der designierte Geschäftsführer inhabil, wobei der tatsächliche Unternehmensgegenstand maßgeblich ist. 765 Selbst wenn die Untersagungsverfügung sich nicht auf die Stellung als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden erstreckt, schließt § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG ipso iure den Betreffenden von der Organstellung aus. 766 Wird nur der Gesellschaft die Ausübung des Gewerbes und nicht dem Vertretungsberechtigten gemäß § 35 Abs. 7a GewO untersagt, bleibt dieser habil. Eine automatische Erstreckung der Untersagung gibt es nicht. 767

VII. Zweck der Inhabilität Der Zweck der Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG ist – ähnlich Alt. 1 – der Schutz der Gläubiger und der Allgemeinheit vor wirtschaftskriminellen Gewerbetreibenden. Die Anknüpfung an die Unzuverlässigkeit für ein bestimmtes Gewerbe geht dabei aber über das rein wirtschaftskriminelle Handeln hinaus. Auch andere Bezugspunkte sind möglich, die dafür sprechen, dass jemand insgesamt einen gesetzmäßigen Betrieb (s)eines Gewerbes nicht gewährleistet und daher auch als gesetzlicher Vertreter und Garant nicht zuverlässig sein wird. Insoweit vermittelt § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG einen deutlich breiteren Gläubi764 Unzutreffend Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 31, der davon spricht, dass das Berufsverbot gegenüber einem Geschäftsführer auf § 35 Abs. 1 S. 2 GewO zu stützen sei. Das Verbot richtet sich nach dem untersagten Gewerbe und § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG. Dem Geschäftsführer wird nach § 35 Abs. 1 S. 2 GewO zusätzlich die Stellung als Vertretungsberechtigter und vor allem als betrieblicher Leiter bei einem Gewerbetreibenden in den untersagten Gewerben untersagt. Da ihm dann aber auch das zugrundeliegende Gewerbe verboten wird, ist er für diese Gewerbe als Geschäftsführer gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG inhabil, ohne dass die Erweiterung auf die Stellung als Vertretungsberechtigter gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GewO von Belang ist. In diesen Fällen ließe sich allenfalls an eine Nichtigkeit der Bestellung gemäß § 134 BGB oder § 138 BGB denken. Beides ist fraglich. 765 Siehe bereits oben 2. Teil: F.VI.2. 766 Zutreffend OLG Frankfurt a. M., DB 1994, 2282. 767 Richtig daher BayObLG, NJW-RR 1986, 1362, 1363 f. entgegen der Vorinstanz. Unzutreffend dagegen VG Koblenz, GewArch 1977, 197 f. (Erstreckung der Untersagung gegen GmbH wegen Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers auch auf eine Gewerbetätigkeit des Geschäftsführers).

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gerschutz als die akzessorisch zum Strafrecht ausgestalteten Gründe. Hinzukommt, wenn auch deutlich nachrangig, der Schutz der Arbeitnehmer, zu deren Gunsten ebenfalls eine Untersagung ergehen kann. Wiederum nur als Reflex werden die Gesellschaft 768 und die Gesellschafter 769 geschützt.

VIII. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 1. Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG ist mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. 770 Der Eingriff in die Berufsfreiheit lässt sich erneut wegen des Schutzzweckes rechtfertigen, da die Prognose des Gesetzgebers nicht anzuzweifeln ist, dass ein unzuverlässiger Gewerbetreibender eine abstrakte Gefahr für die Gläubiger und die Allgemeinheit in dem betroffenen Gewerbebereich darstellt. Wer unzuverlässig ist, wird keine Gewähr für eine auch nur annähernd ordnungsgemäße Geschäftsleitung bieten. Haas 771 kritisiert dagegen einen „mangelnden Bezug“ der Anknüpfung zur Position des Geschäftsführers, ohne diese Kritik aber weiter zu konkretisieren. Nach dem hier vertretenen Verständnis von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG geht es bei der Anknüpfung an die Unzuverlässigkeit darum, dass ein unzuverlässiger Gewerbetreibender nicht gewährleistet, bestimmte (öffentlich-rechtliche) Pflichten in diesem Gewerbe, die ihm obliegen, zu erfüllen. Berücksichtigt man die Position des Geschäftsführers und seine Pflichten, so lässt sich aus der fehlenden Zuverlässigkeit, als Gewerbetreibender in seinem Gewerbe seine Pflichten einzuhalten, ebenso folgern, dass er auch nicht in der Lage ist, die verantwortungsvolle Position als Geschäftsführer in diesem Gewerbe zu bekleiden. 772 Haas Kritik erweist sich daher als unzutreffend. Durch den relativen Umfang und die flexible Dauer wird den Verhältnismäßigkeitsanforderungen, insbesondere hinsichtlich der Erforderlichkeit, genügt. 773 Eine Gewerbeuntersagung erfolgt gewerbebezogen; die Unzuverlässigkeit gilt daher nur für dieses Gewerbe, ebenso wie die Inhabilität. Mildere, aber gleich geeignete Mittel sind nicht ersichtlich. Die zeitpunktbezogene Lösung belastet 768

Widersprüchlich B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, die auf S. 159 f. nur vom Schutz der Gläubiger spricht, auf S. 226 aber auch vom Schutz der Gesellschafter. 769 Pauschal für einen Schutz der Gesellschafter bei § 6 Abs. 2 GmbHG OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857. Ebenso Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 11, der sich im Zusammenhang mit der Versicherungspflicht und deren Strafbewehrung für einen Schutz der Gesellschafter ausspricht. 770 Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 176 f. 771 WM 2006, 1369, 1371 f. 772 Dies gilt jedenfalls für die typischen Fälle von § 35 GewO. 773 So auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 177.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

den Inhabilen in seiner Berufsfreiheit nicht unangemessen, da sie praktisch keine anderen Auswirkungen haben wird als die Rückwirkungskonstruktion und aus Gründen eines effektiven Gläubigerschutzes zu rechtfertigen ist. Bedenklich erscheint, dass sich der Gesetzgeber in seinen Einschätzungen scheinbar widerspricht. Bei § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG soll jede Gewerbeuntersagung gegen den Betroffenen zwingend zu dessen Inhabilität für Gesellschaften im gleichen Gewerbe führen. Im Rahmen von § 35 Abs. 1 S. 2 GewO besteht dagegen eine Ermessensentscheidung darüber, ob auch die Stellung als Vertretungsberechtigter (also als Organ) eines Gewerbetreibenden untersagt werden kann, wenn der Gewerbetreibende für dieses Gewerbe selbst unzuverlässig ist. § 35 Abs. 1 S. 2 GewO ist erst 1986 eingefügt worden, so dass man sich fragen könnte, ob der Gesetzgeber sich plötzlich von der kategorischen Prognose, die der Änderung des GmbHG 1980 zu Grunde lag, abgewendet hat. Dies ist mitnichten der Fall. Mit § 35 Abs. 1 S. 2 GewO wollte der Gesetzgeber Schutzlücken schließen, die unter anderem bei Genossenschaften entstanden waren. 774 Für den Genossenschaftsvorstand gibt es keine mit § 6 Abs. 2 GmbHG vergleichbare Norm, weshalb ein unzuverlässiger Gewerbetreibender Vorstandsmitglied einer Genossenschaft werden und so die Allgemeinheit gefährden konnte. 775 Da der Gesetzgeber die Gewerbeuntersagung offenbar nicht direkt als zwingende Inhabilität bei der Genossenschaft oder im Gewerberecht anordnen wollte, erklärt sich die Ermessensentscheidung. Hinzu tritt das weitere mit § 35 Abs. 1 S. 2 GewO verfolgte Ziel, den Behörden insbesondere eine Ermessensuntersagung für leitende Tätigkeiten unterhalb der Organstellung zu ermöglichen. 776 2. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG Nach dem hier vertretenen Verständnis der Reichweite von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG bestehen jedoch Bedenken bezüglich einer Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot, Art. 3 Abs. 1 GG. Bei Gewerbeuntersagungen gemäß §§ 35, 59 GewO folgert der Gesetzgeber aus der Unzuverlässigkeit der Person die Amtsunfähigkeit bzw. Gefährlichkeit für dieses Gewerbe. Bei erlaubnispflichtigen Gewerben folgt aus der gleichen Entscheidung der Behörde (Untersagung wegen der Unzuverlässigkeit) dagegen keine Amtsunfähigkeit. Soll die Entscheidung über die Unzuverlässigkeit aber die Person derart charakterisieren, dass sie amtsunfähig sein muss, dann muss dies für erlaubnisfreie wie auch -pflichtige Gewerbe gelten.

774

BT-Drs. 10/318, S. 50. Wobei diese Schutzlücke eher klein war, denn eine jederzeitige Verfügung gegen die Genossenschaft wegen Unzuverlässigkeit war möglich. 776 BT-Drs. 10/318, S. 50. 775

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Im Übrigen erscheint nicht plausibel, warum in bestimmten Konstellationen auch für erlaubnispflichtige Gewerbe eine Amtsunfähigkeit bestehen kann, aber nicht für alle erlaubnispflichtigen Gewerbe. Betreibt jemand ein erlaubnispflichtiges Gewerbe von Beginn an ohne Erlaubnis, so kann das erlaubnispflichtige Gewerbe nach § 35 GewO untersagt werden. 777 Der Adressat ist inhabil für Gesellschaften im erlaubnispflichtigen Gewerbe. Wird eine Erlaubnis dagegen (wegen Unzuverlässigkeit) widerrufen oder zurückgenommen und scheidet eine Anwendbarkeit von § 35 GewO daher aus, würde der Betroffene habil bleiben. Dem Gesetzgeber ist allerdings zuzugestehen, dass die erlaubnispflichtigen Gewerbe einige Schwierigkeiten bereiten, wenn es um die Anknüpfung an die Versagung, den Widerruf oder die Rücknahme geht. Amtsfähig würde ein designierter Geschäftsführer erst dann, wenn er alle Voraussetzungen für den Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gewerbes erfüllt, obwohl der Betrieb nie beabsichtigt ist. Ob dies aber für eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung ausreichen kann, ist fragwürdig; allerdings bewegt sich die Entscheidung des Gesetzgebers im Rahmen seines Entscheidungsspielraums. Vorzugswürdiger wäre es jedoch, sich über eine (eigene) Wiedergestattungslösung wie bei § 35 GewO Gedanken zu machen, damit jemand, dem wegen Unzuverlässigkeit eine Erlaubnis versagt wird, später in diesem Gewerbe auch wieder Geschäftsführer werden kann, und dieses Problem so zu beheben. Verfassungskonform ist dagegen, dass der Gesetzgeber in § 6 Abs. 2 S. 3, S. 4 Alt. 1 GmbHG an rechtskräftige Urteile anknüpft, in S. 4 Alt. 2 indessen an einen vollziehbaren statt an einen unanfechtbaren Verwaltungsakt. Die Besonderheiten des Verwaltungsrechts (Sofortige Wirksamkeit der Verwaltungsentscheidung) rechtfertigen einen früheren Zeitpunkt für die Anknüpfung. 3. Ergebnis § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG ist damit in seiner derzeitigen Fassung verfassungsrechtlich in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG Bedenken ausgesetzt.

IX. Ausländische Untersagungen Wie bei § 6 Abs. 2 S. 3 und § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG stellt sich die Frage, ob und inwieweit ausländische behördliche Untersagungen berücksichtigungsfähig sind. 778 Dabei gelten die Ausführungen zu einer Erstreckung auf ausländische

777 778

Siehe oben Fn. 652 (2. Teil). Dafür B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 172 f.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

strafgerichtliche Verurteilungen sinngemäß. 779 Ausländische Untersagungen haben außer Betracht zu bleiben. 780

X. Zusammenfassung Gemäß § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG sind diejenigen Personen, gegen die eine Gewerbeuntersagung gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 GewO (ggf. i.V. m. § 59 GewO) angeordnet worden ist, von der Geschäftsleitung einer GmbH ausgeschlossen, deren tatsächlicher Unternehmensgegenstand sich mit dem verbotenen Gewerbe ganz oder teilweise deckt. Andere Untersagungsverfügungen, die Versagung, der Widerruf oder die Rücknahme einer Erlaubnis werden von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG nicht erfasst, weshalb verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das allgemeine Gleichbehandlungsgebot bestehen. Der Ausschlussgrund wirkt zeitpunktbezogen mit Bekanntgabe der Untersagung.

XI. Reformansatz: Modifikation von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG Die grundlegende Anknüpfung an eine Gewerbeuntersagung ist und bleibt berechtigt, da sie erkenntnisreiche Rückschlüsse zulässt, inwiefern eine Person die sie treffenden Pflichten erfüllen wird. Kritikwürdig erscheint, dass eine Inhabilität bei § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG nicht aus der Verletzung zivilrechtlicher Pflichten erfolgen kann, da diese bei § 35 GewO grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Werden jedoch beharrlich diese Pflichten verletzt und folgt daraus ein charakterlicher Mangel oder ist die Pflichtverletzung straf- oder ordnungsrechtlich relevant, sind auch diese Pflichtverletzungen berücksichtigungsfähig. § 35 GewO stellt daher nur eine Schwelle für deren Beachtung auf. Diese Schwelle mag man für zu hoch halten, in Frage stellen sollte man die Akzessorietät zur Gewerbeuntersagung deshalb jedoch nicht. Im Übrigen ist zu beachten, dass § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG nicht allein zu einer Inhabilität führt, sondern durch andere Tatbestände ergänzt wird, weshalb diese Alternative auch nicht isoliert einen lückenlosen Schutz bieten muss. § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG ist gesetzgeberisch jedoch zu verändern. Zunächst sollte der Gesetzgeber sich deutlich bei der Rechtsfolge festlegen. Er kann dabei zwischen der zeitpunktbezogenen und der Rückwirkungslösung wählen, sollte sich aber sinnvollerweise für die zeitpunktbezogene Variante entscheiden. Weiterhin sollte die Norm auch für Versagungen, Widerrufe und Rücknahmen bei 779

Siehe 2. Teil: D.VII.3. Ob es überhaupt § 35 GewO vergleichbare Untersagungsvorschriften in Europa gibt, soll unklar sein, vgl. BVerwG, NVwZ 1994, 374. 780

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erlaubnispflichtigen Gewerben geöffnet werden, allerdings nur insoweit, wie eine Unzuverlässigkeit tatsächlich Grund für die Versagung, den Widerruf und die Rücknahme war. Dabei ist darauf zu achten, dass für den Fall der Aufnahme einer Geschäftsführertätigkeit im entsprechenden Gewerbe dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt wird, durch die Widerlegung der eigenen Unzuverlässigkeit wieder habil zu werden, ohne dass er alle Erlaubnisvoraussetzungen erfüllen muss. Ausländische Gewerbeuntersagungen sollten unberücksichtigt bleiben. Bei der Anknüpfung an die Gewerbeuntersagung ist ein Datum nicht aus den Augen zu lassen: die Verfahrensdauer verwaltungsgerichtlicher Verfahren. 781 Die im Verhältnis zu anderen Gerichtsbarkeiten längeren Erledigungszeiten sorgen dafür, dass dann, wenn jemand die Untersagung angreift, dieser für eine beträchtliche Zeit habil bleibt, auch wenn das Gericht letztendlich die Behördenentscheidung bestätigt. Unter dem Gesichtspunkt eines schnellen Präventivschutzes kommt die Entscheidung daher spät. Hier hilft aber bereits die zeitpunktsbezogene Rechtsfolge der Amtsunfähigkeit. Der Geschäftsführer verliert seine Stellung ipso iure und muss sich später neu bestellen lassen, was ihm nicht immer gelingen wird. Außerdem führt die lange Verfahrensdauer auf der anderen Seite dazu, dass dann, wenn die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit anordnet, die Inhabilität (wegen der langen Verfahrensdauer des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO) auch länger fortbesteht. Im Ergebnis ist die lange Verfahrensdauer ein Problem, das im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu lösen ist und eine akzessorische Ausgestaltung nicht ausschließt. Man könnte die Anknüpfung an die Gewerbeuntersagung zwar auch insgesamt in Frage stellen. Denn die meisten Untersagungsgründe, die oben aufgeführt wurden, können nun mit dem modifizierten § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG und der strafgerichtlichen Disqualifikationsmöglichkeit erfasst werden. Zudem hat der Gesetzgeber, um die aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken umfassend auszuräumen, im Verwaltungsrecht einige Änderungen vorzunehmen. Allerdings kann die Gewerbebehörde unter Umständen deutlich schneller eingreifen als das Strafgericht. Zudem beugt die Anknüpfung Gefahren vor, die durch eine laxe Handhabung der gerichtlichen Disqualifikationsmöglichkeit entstehen können. Schließlich können die Gewerbebehörden auch unterhalb der Schwelle der Strafgerichte eingreifen, wenn dies notwendig ist, um einen gefährlichen Geschäftsführer auszuschließen. Hier sollten wenigstens Erfahrungswerte gesammelt werden, bevor vorschnell die Anknüpfung aufgegeben wird.

781

Siehe die Zahlen in Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Rechtspflege Verwaltungsgerichte 2005, S. 22 f.; 38 f.; 74 f.; 96 f., 115. Vgl. auch Drygala, ZIP 2005, 423, 428.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG 782 I. Entwicklung der Rechtsfolgenanordnung Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 6 Abs. 2 GmbHG waren offenbar nicht Gegenstand von Diskussionen. In den Beratungen der Sachverständigenkommission widmete man sich nicht weiter den Rechtsfolgen; ein ungeeigneter Geschäftsführer sollte nicht bestellt werden können. Dies war auch die Prämisse des Gesetzgebers. In der Begründung setzte man sich allein damit auseinander, ob die Nichtigkeitsfolge sich hinreichend aus dem Wortlaut ergebe, was der Gesetzgeber bejahte. 783 Direkte Reaktionen auf die Rechtsfolgenanordnung gab es nur zwei. Bokelmann 784 wies in einer Stellungnahme darauf hin, dass die Registergerichte einige Bedenken gegenüber § 6 Abs. 2 GmbH hätten. Die weiteren Auswirkungen auf Handlungen des Geschäftsführers seien unklar. So könnten diese nichtig oder auch nur anfechtbar sein. Gleiches gelte für die Person des Kontrolleurs und die Art und Weise der Kontrolle der Qualifikation. Zudem könnten sich Eintragungen verzögern. Fraglich sei außerdem wie Ausländer zu überprüfen seien und warum sich die Norm nicht auch auf Prokuristen erstrecke. Die Centrale für GmbH 785 wendete sich insgesamt gegen die Nichtigkeitsanordnung. Ob der Schutz über § 15 HGB und die allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze tatsächlich ausreiche, sei zweifelhaft. Eine Übertragung der Pflichten im öffentlichen Interesse über die Figur des faktischen Geschäftsführers sei eine fragwürdige Hilfslösung. Die fehlende Eignung eines Geschäftsführers könne über längere Zeit unerkannt bleiben und für das Innenverhältnis zahlreiche Probleme aufwerfen. Diese Probleme entstünden nicht, wenn die Bestellung „weitgehend als wirksam behandelt (werde).“ Die Centrale schlug daher vor, stattdessen eine verschuldensabhängige Schadensersatzpflicht der Gesellschafter einzuführen. Zudem sollte das Registergericht die Möglichkeit erhalten, die Abberufung eines ungeeigneten Geschäftsführers zu erzwingen. Beide Äußerungen blieben im weiteren Gesetzgebungsverfahren ohne Berücksichtigung.

782 Die Rechtsfolgen werden im Folgenden für alle Varianten von § 6 Abs. 2 GmbHG erörtert. Die hier festgestellte Verfassungswidrigkeit einzelner Merkmale soll unberücksichtigt bleiben, da sich bei einer verfassungskonformen Ausgestaltung die gleichen Probleme stellen. 783 BT-Drs. 8/1347, S. 31 f. 784 ZRP 1978, 33, 34. 785 GmbHR 1978, 193, 196.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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II. Folgen für den Geschäftsführer 1. Grundsatz: Keine Organstellung § 6 Abs. 2 GmbHG spricht davon, dass jemand unter bestimmten Voraussetzungen (nicht) Geschäftsführer einer GmbH sein kann. Andere Positionen in der GmbH, etwa die eines Prokuristen, Beraters oder Geschäftsleiters unterhalb des Geschäftsführeramts können weiterhin übernommen werden. 786 Der Bestellungsbeschluss eines Amtsunfähigen ist daher nichtig, 787 dieser also Nichtorgan. Konstruktiv geht der Gesetzgeber davon aus, dass § 6 Abs. 2 GmbHG selbst die Rechtsfolgen einer entgegenlaufenden Bestellung regelt. 788 In der Praxis und der Rechtswissenschaft wird dagegen häufig zusätzlich § 134 BGB herangezogen und § 6 Abs. 2 GmbHG als Verbotsgesetz angesehen. 789 Welchen Weg man tatsächlich wählt, ist einerlei, denn für die Organstellung unterscheiden sich die Ergebnisse nicht. 790 Konstruktiv besser erscheint es, ohne Umweg über § 134 BGB § 6 Abs. 2 GmbHG selbst als Verbotsgesetz anzusehen. Tritt die Amtsunfähigkeit erst später ein, endet die Bestellung in diesem Augenblick ipso iure. 791 Bei einer Lösung über § 134 BGB müsste man davon ausgehen, dass im Zeitpunkt, in dem der Amtsunfähigkeitsgrund eintritt, der Bestellungsbeschluss ex nunc nichtig wird. Dies könnte man in der Tat aus dem Sinn und Zweck von § 6 Abs. 2 GmbHG folgern, allerdings fragt sich, warum man dann den Umweg über 786

Kritisch etwa Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 81; Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 331. 787 Allgemeine Ansicht, BT-Drs. 8/1347, S. 31 f.; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 31. 788 BT-Drs. 8/1347, S. 31 f.; ebenso etwa BayObLG, BB 1982, 1508; Lutter, DB 1980, 1317, 1320; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 13; Michalski / Heyder, GmbHG § 6 Rn. 24. So offenbar auch das Verständnis des Rechtsausschusses zum MoMiG, BT-Drs. 16/9737, S. 96 (elektronische Vorabfassung). 789 OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 624; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 19; Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 308; Meyer-Landrut / Miller / Niehus / Meyer-Landrut, GmbHG, § 6 Rn. 11; Stein, Das faktische Organ, S. 140. 790 Ebenso für das Zivilrecht Soergel / Hefermehl, BGB, § 134 Rn. 3. 791 Allgemeine Meinung, BayObLG, BB 1982, 1508; BB 1989, 1009; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 13 m.w. N. Der BGH, BGHZ 115, 78, 80, verwendet etwas missverständlich den Begriff „Erlöschen der Vertretungsbefugnis“, was aber (S. 79) nicht anderes als das Ende der Organstellung meint. Die Beschlussempfehlung der Sachverständigenkommission sprach davon, dass jemand unter bestimmten Voraussetzungen „nicht (zum Geschäftsführer) bestellt werden kann“ und konzentrierte sich demnach nur auf die Amtsunfähigkeit bei Bestellung, BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 31. Auch die Begründung zur GmbH-Novelle stellte nur auf die Amtsfähigkeit bei Bestellung ab, da nur vom Schutz des Rechtsverkehrs über § 15 Abs. 3 HGB die Rede ist, BT-Drs. 8/1347, S. 32.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

§ 134 BGB benötigt, anstatt direkt auf § 6 Abs. 2 GmbHG als Verbotsgesetz abzustellen. Tritt daher nach einer wirksamen Bestellung ein Amtsunfähigkeitsgrund ein, der kurze Zeit später wegfällt – man denke etwa an die Geschäftsunfähigkeit oder eine kurzzeitige Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten –, lebt die frühere Bestellung nicht wieder auf. Der Geschäftsführer muss neu bestellt werden, da er wenigstens kurzfristig inhabil war. Gleiches gilt nach der hier vertretenen Zeitpunktslösung auch für § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG und dessen Anknüpfung an die „Vollziehbarkeit der Behördenentscheidung“. Auf eine Kenntnis der Amtsunfähigkeit kommt es für die Nichtigkeitsfolge zutreffenderweise nicht an; 792 § 6 Abs. 2 GmbHG enthält (aus Gläubigerschutzgründen) keine subjektiven Merkmale. Die spätere Eintragung kann die Nichtigkeit nicht heilen, da die Eintragung lediglich deklaratorisch ist. 793 Erachtet man eine Bestellung unter aufschiebender Bedingung für zulässig 794 oder soll die Bestellung erst zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksam werden, kommt es auf die Amtsfähigkeit zum späteren Wirksamkeitszeitpunkt an. 795 Das Verbot von § 6 Abs. 2 GmbHG erstreckt sich auch auf die Tätigkeit als faktischer Geschäftsführer. Der faktische Geschäftsführer geriert sich wie ein Geschäftsführer und wird deshalb in einem bestimmten Umfang wie ein tatsächlicher Geschäftsführer behandelt. Da dem so ist, ergibt sich von selbst, dass der Inhabile auch nicht als faktischer Geschäftsführer tätig sein darf. Der Inhabile übt nämlich genau die Position aus, die ihm nach § 6 Abs. 2 GmbHG verboten ist. 2. Behandlung als wirksames Organ nach der Lehre von der fehlerhaften Organstellung? Die Frage, die sich anschließt, ist, ob ein solches Nichtorgan nicht gemäß der Lehre von der fehlerhaften Organstellung unter gewissen Umständen als wirksam bestelltes Organ behandelt werden kann.

792

OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 624; Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 308; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 13. 793 OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 624; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 13. 794 Siehe dazu 2. Teil: F.IV.3. 795 Lutter, DB 1980, 1317, 1320; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 13.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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a) Abgrenzung faktischer Geschäftsführer und fehlerhaft bestelltes Organ Das fehlerhaft bestellte Organ ist vom faktischen Geschäftsführer strikt zu trennen. 796 Die Lehre von der fehlerhaften Organstellung behandelt einen fehlerhaft bestellten Geschäftsführer – vergleichbar der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft – wie einen wirksam bestellten Geschäftsführer. Dieser besitzt alle Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers, von ihm abgeschlossene Rechtsgeschäfte für die Gesellschaft sind wirksam. 797 Ein Bestellungsmangel kann nur ex nunc geltend gemacht werden. 798 Das Interesse der Gesellschaft und Gesellschafter, der Gläubiger und der Allgemeinheit an einer handlungsfähigen Gesellschaft sowie der Schutz der Gesellschaft vor nachteiligen Folgen erfordern diese modifizierte Rechtsfolge. 799 Hauptanwendungsfall dieser Lehre sind Einberufungs- und Beschlussmängel. 800 Der faktische Geschäftsführer dagegen wird nicht als wirksam bestelltes Organ behandelt. Er lenkt tatsächlich die Geschicke, will (bzw. kann in der Regel) aber nicht die formale Position des Organs bekleiden. Welche Rechte und Pflichten ihn im Einzelnen treffen, ist ein Normanwendungsproblem. 801 Ob sein Handeln im Außenverhältnis die Gesellschaft bindet, ist eine Frage des registerrechtlichen Schutzes oder von Rechtsscheinsgesichtspunkten. b) Voraussetzungen der Lehre von der fehlerhaften Organstellung Erste Voraussetzung für eine fehlerhafte Organstellung sind Willenserklärungen beider Parteien, die auf die Bestellung bzw. das Einverständnis mit dieser gerichtet sind. 802 Nur diese schaffen sowohl auf Seiten der Gesellschaft als auch auf Seiten 796 GroßkommAktG / Kort, § 84 Rn. 84; KölnerKommAktG / Mertens, § 84 Rn. 29, 31; Michalski / Heyder, GmbHG, § 35 Rn. 23. Leider werden beide Begriffe in der Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich gebraucht. Mal wird der eine, mal der andere Begriff für alle Arten eines Nicht-Geschäftsführers verwendet, vgl. exemplarisch etwa W.-H. Roth, JZ 1990, 1030 sowie MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 84 Rn. 196 ff. Von der Trennung beider Begriffe spricht auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 224, ohne aber die Trennung bei den Rechtsfolgen einzuhalten. 797 KölnerKommAktG / Mertens, § 84 Rn. 29; GroßkommAktG / Kort, § 84 Rn. 83, 93. Dies verkennt B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 224 ff., die für § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG die Grundsätze der fehlerhaften Organstellung anwenden möchte, bei den Rechtsfolgen Dritte aber über § 15 HGB schützen möchte. 798 GroßkommAktG / Kort, § 84 Rn. 96; Hüffer, AktG, § 84 Rn. 10. 799 Vgl. Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 154. 800 Vgl. Hüffer, AktG, § 84 Rn. 10; GroßkommAktG / Kort, § 84 Rn. 79 ff. 801 Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 74; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 III 4, S. 419. 802 GroßkommAktG / Kort, § 84 Rn. 83; Stein, Das faktische Organ, S. 121 f.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

des Geschäftsführers das notwendige Vertrauen, um die Nichtigkeitsanordnung zu beschränken. 803 Liegt kein Bestellungsakt vor, kann der Betroffene nur noch als faktischer Geschäftsführer erfasst werden. Weiter muss der Bestellungsakt fehlerhaft sein, also an einem Mangel leiden. 804 Hier kommen vor allem die besagten Mängel der Beschlussfassung in Betracht. Der fehlerhafte Geschäftsführer muss nach herrschender Meinung außerdem seine Tätigkeit begonnen, also das Organverhältnis in Vollzug gesetzt haben. 805 Schließlich dürfen nicht höherrangige Schutzinteressen der Allgemeinheit oder Einzelner entgegenstehen. 806 Liegen diese Voraussetzungen vor, wird der Bestellte für die Vergangenheit als wirksames Organmitglied behandelt. Er kann nur mit ex nunc-Wirkung abberufen werden. 807 Die Rechtswirkungen der fehlerhaften Organstellung enden spätestens mit dem förmlichen Widerruf. 808 Nach teilweise vertretener Ansicht soll es auch ausreichen, dass beide Beteiligten vom Beschlussmangel Kenntnis haben; hat nur eine der Parteien Kenntnis, kann sich die Partei nicht zu Lasten der anderen auf die Lehre von der fehlerhaften Organstellung berufen. 809 c) Inhabilität und die Lehre von der fehlerhaften Organstellung Keine Schwierigkeiten bereiten die ersten Voraussetzungen, da wegen § 6 Abs. 2 GmbHG ein fehlerhafter (nichtiger) Bestellungsakt besteht und der Betreffende in aller Regel bereits die Geschäfte für die GmbH aufgenommen haben wird. Hindern aber die Inhabilitätsgründe als entgegenstehende Interessen der Allgemeinheit oder Einzelner, die Figur der fehlerhaften Organstellung anzuwenden? Diese Frage wird allgemein bejaht. 810 Auch Stein 811 spricht sich im Grunde dafür aus, die Organstellung nicht als fehlerhafte zu behandeln. Allerdings soll 803

Stein, Das faktische Organ, S. 121. MünchHdb. GesR IV / Wiesner, § 20 Rn. 34, 36. 805 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 161 f.; Hüffer, AktG, § 84 Rn. 10. A. A. Stein, Das faktische Organ, S. 124, die bereits mit dem Bestellungsakt von einer Anwendbarkeit der Rechtsfigur ausgeht. Gesteht man dem Geschäftsführer alle Rechte und Pflichten zu, müsse die Gesellschaft auch auf die Erfüllung von Organpflichten klagen bzw. Schadensersatz wegen des Unterlassens fordern können. Anderenfalls würde die organersetzende Funktion der fehlerhaften Organstellung aufgeweicht. 806 Stein, Das faktische Organ, S. 139 ff.; MünchHdb. GesR IV / Wiesner, § 20 Rn. 36. 807 Dass die fehlerhafte Bestellung einen wichtigen Grund zur Abberufung darstellt, ist für die GmbH ohne Belang, da der Geschäftsführer frei abberufbar ist. Anders dagegen bei der AG wegen § 84 Abs. 3 S. 1 AktG (wichtiger Grund zur Abberufung). 808 KölnerKommAktG / Mertens, § 84 Rn. 30; MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 84 Rn. 203. 809 Stein, Das faktische Organ, S. 125, 136 ff. 804

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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dies nicht in den (seltenen) Fällen gelten, in denen der Verstoß gegen § 6 Abs. 2 GmbHG den Parteien unbekannt ist. 812 Habe nur eine der Parteien Kenntnis, sei die Figur der fehlerhaften Organstellung nur zu Gunsten der unwissenden Person anwendbar. 813 Besitze der Geschäftsführer – was die Regel sein wird – Kenntnis, so könne sich die Gesellschaft zu seinen Lasten, der Geschäftsführer aber nicht zu seinen Gunsten, auf die fehlerhafte Organstellung berufen. Rechte besitze der Geschäftsführer dann nur soweit, wie es im Interesse der Gesellschaft erforderlich sei. § 6 Abs. 2 GmbHG habe, so Stein, stets präventive Funktion: 814 Personen sollen das Amt des Geschäftsführers nicht bekleiden können. Werde ein Inhabiler als Geschäftsführer bestellt und vertrauten bei der Amtsausübung beide Parteien auf die Bestellung, so sei eine rückwirkende Nichtigkeit bei späterer Kenntnis nicht angebracht. Der Schutzzweck der Inhabilität und die Ziele der fehlerhaften Organstellung (Funktionsfähigkeit und Schutz der Gesellschaft) kollidierten nicht. Eine Interessenkollision bestünde dagegen dort, wo der Normzweck nicht mit der Amtsausübung obsolet werde, sondern weitere konkrete Schutzinteressen erfasse. So seien die Interessen eines Geschäftsunfähigen auch dann noch zu schützen, wenn er sich im Amt befinde. Nachteilige Folgen für die Gesellschaft ließen sich nicht dadurch beheben, dass die Nichtigkeit ex tunc eintrete. 815 Die Amtsunfähigkeitsgründe nach § 6 Abs. 2 S. 2 und 3 816 hätten ihren Zweck verfehlt, wenn jemand erst einmal im Amt sei. Diese Normen schützten „teils die Gesellschaft, teils die Allgemeinheit vor schädigenden Folgen der Amtsführung“ durch diese Personen. Es liefe aber 810 Ausdrücklich MünchHdb. GesR IV / Wiesner, § 20 Rn. 34; GroßkommAktG / Kort, § 84 Rn. 87 –90; KölnerKommAktG / Mertens, § 84 Rn. 32. Implizit BT-Drs. 8/1347, S. 32 und wohl das gesamte Schrifttum zum GmbH-Geschäftsführer, die davon ausgehen, dass eine Bindung der Gesellschaft nur über § 15 HGB und unter Rechtsscheinsgesichtspunkten möglich ist, weshalb sie eine fehlerhafte Organstellung (wirksame Bindung der Gesellschaft wie ein habiler Geschäftsführer) ablehnen müssen. 811 Das faktische Organ, S. 140 ff. Ihr im Wesentlichen folgend B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 223 ff. 812 Fehlende Kenntnis soll in der Regel nur die Geschäftsfähigkeit betreffen, da sich die Parteien über bestehende Amtsunfähigkeitsgründe informieren werden, Stein, Das faktische Organ, S. 140. 813 Stein, Das faktische Organ, S. 137 ff. Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 224, die sich aber auf BGHZ 41, 282, 287, bezieht. In dieser Entscheidung ging es nicht um eine fehlerhafte Bestellung, sondern um einen fehlerhaften Anstellungsvertrag; wobei in dieser Entscheidung auch der BGH die Trennung von Anstellungsvertrag und Bestellung verwischt. 814 Das faktische Organ, S. 141. 815 Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 225. 816 Sätze 3 und 4 nach heutiger Zählung. Nur für § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG, da S. 3 verfassungswidrig sei, B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 225 f.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

diesem Schutzzweck zuwider, wenn niemand der Gesellschaft und den Dritten zu haften hätte, obwohl das Gesetz gerade der Schädigungsgefahr durch ein Verbot begegne. 817 § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG diene dagegen nicht vorrangig der Schadensabwehr und verlöre deshalb durch die tatsächliche Wahrnehmung nicht seine Bedeutung. 818 Ein Konflikt zwischen den Funktionen des Instituts der fehlerhaften Organstellung und dem Schutz beschränkt Geschäftsfähiger bestünde nur insoweit, wie es um das Interesse der Gesellschaft an einer Pflichtenbindung und Haftung ihres Organs gehe. Soweit dem Minderjährigen Pflichten und Verantwortung auferlegt werden sollen, könne die fehlerhafte Organstellung deshalb nicht wirken. Ein beschränkt Geschäftsfähiger könne daher wirksam für die Gesellschaft handeln und besitze alle Rechte; Pflichten oder eine straf- oder zivilrechtliche Haftung träfen ihn hingegen nicht. 819 Kort 820 wendet zunächst ein, dass bei den Inhabilitätsgründen von § 76 Abs. 3 S. 2 – 4 AktG (also auch § 6 Abs. 2 S. 2 –4 GmbHG) eine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Organstellung allein schon deshalb auszuscheiden habe, da sich anderenfalls das Bestellungsorgan über die Ausschlussgründe wissentlich hinwegsetzen könnte. Dieser Einwand ist (für alle Varianten von § 6 GmbHG) auf der Grundlage der herrschenden Meinung zutreffend. Allerdings lässt sich damit Steins Argumentation nicht direkt entkräften. Anders als die herrschende Meinung fordert sie als weiteres Merkmal schließlich, dass keine Kenntnis vom Verstoß gegen § 6 Abs. 2 GmbHG besteht. 821 Verstößt daher das Bestellungsorgan wissentlich gegen § 6 Abs. 2 GmbHG hält auch sie die Bestellung nicht für eine fehlerhafte. 822 Gegen Stein und die Anwendbarkeit der Lehre auch im Falle der Unkenntnis eines Amtsunfähigkeitsgrundes von der fehlerhaften Organstellung sprechen aber andere gewichtige Argumente. Stein ist zuzustimmen, dass § 6 Abs. 2 GmbHG präventive Funktion hat. Allerdings ist ihr Schluss, daraus folge, dass mit den Grundsätzen der fehlerhaften Organstellung kein Konflikt bestehe, da eine rückwirkende Nichtigkeit der präventiven Funktion nicht diene, nicht überzeugend. Es wäre zu kurz gegriffen, die präventive Funktion von § 6 Abs. 2 GmbHG allein darin auszumachen, amtsunfähige Personen von der Geschäftsleitung fernzuhalten, sobald diese aber das Amt tatsächlich ausübten, wie einen wirksam bestellten Geschäftsführer zu behandeln. Sinn von § 6 Abs. 2 GmbHG ist es (und muss 817

Stein, Das faktische Organ, S. 141 f. Gleichfalls B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 226. 818 Stein, Das faktische Organ, S. 142. 819 So offenbar auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 225. 820 GroßkommAktG, § 84 Rn. 90. 821 Stein, Das faktische Organ, S. 136 ff. Gegen das Merkmal der „Kenntnis“ mit guten Gründen KölnerKommAktG / Mertens, § 93 Rn. 15. 822 Stein, Das faktische Organ, S. 140 f.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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es auch sein), auch dann, wenn jemand tatsächlich das verbotene Amt ausübt, Wirkungen zu zeigen. Schließlich soll im Interesse des Rechtsverkehrs (und teilweise der Geschäftsführer selbst) verhindert werden, dass diese Geschäftsführer im Geschäftsverkehr tätig werden. Für die Rechtsfolgen von § 6 Abs. 2 GmbHG ist es unerheblich, ob jemand Kenntnis von seinem Defizit hat oder nicht; dies muss in der Konsequenz dann auch für dieses Merkmal bei der Anwendbarkeit der Grundsätze über die fehlerhafte Organstellung gelten. Die präventive Funktion konfligiert daher sehr wohl mit den Grundzügen der fehlerhaften Organstellung. Stein legt bei ihrem Ansatz zur Figur der fehlerhaften Organstellung Wert darauf, dass diese den Schutz und die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft sicherstellen soll. 823 In den Hintergrund tritt dabei der Schutz Dritter, des Rechtsverkehrs, der Gläubiger. Dies ist bei den typischen Anwendungsfällen der Figur der fehlerhaften Organstellung auch gerechtfertigt. Geht es um Bestellungsmängel und droht eine handlungsunfähige Gesellschaft, haben alle Beteiligten (Geschäftsführer, Gesellschaft, [Minderheits]gesellschafter, Gläubiger) ein besonderes Interesse daran, dass die Gesellschaft (übergangsweise) handlungsfähig bleibt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass gerade bei § 6 Abs. 2 GmbHG der Gesetzgeber das Interesse Dritter – zu Recht – höher bewertet. Diese sollen durch den Ausschluss vor den unseriösen, ungeeigneten Geschäftsführern geschützt werden. Zwar verkennt auch Stein nicht, dass bei § 6 Abs. 2 GmbHG weitere Schutzzwecke zu berücksichtigen sind. 824 Jedoch ist der Stellenwert, den sie diesen Schutzzwecken beimisst (§ 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG), zu gering. Dies mag man de lege ferenda ändern können, de lege lata kann man sich über die gesetzgeberische Entscheidung nicht hinwegsetzen. Die weitere Aussage Steins, dass es den Schutzzwecken von § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG zuwiderliefe, wenn jemand nicht als wirksamer Geschäftsführer behandelt werde, ist nach ihrer Prämisse folgerichtig, wird aber den Gegebenheiten nicht gerecht. 825 Stein lehnt eine allgemeine Figur des faktischen Geschäftsführers ab. Da so aber ein Inhabiler, der dennoch das Amt des Geschäftsführers ausübt, nicht zu haften hätte, 826 löst sie dieses Dilemma über den Weg der fehlerhaften Organstellung. Anerkennt man dagegen, dass mit der Figur des faktischen Geschäftsführers sinnvolle Ergebnisse erzielt werden können, und lässt diesen haften, besteht keine Notwendigkeit, den Betroffenen als fehlerhaften Geschäftsführer zu 823

Das faktische Organ, S. 100 ff. Das faktische Organ, S. 141. 825 Im Übrigen erweist sich die Behauptung von Stein, Das faktische Organ, S. 141, § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG schützten teils auch die Gesellschaft als unzutreffend. Der Schutz der Gesellschaft ist (bislang) reiner Reflex, siehe 2. Teil: D.IV., 2. Teil: E.VI., 2. Teil: F.VIII.1. 826 Stein, Das faktische Organ, S. 145 ff., insbesondere 149, 151 f., sieht in diesen Fällen kaum Haftungslücken, die zu schließen seien. 824

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

behandeln. Diese Lösung vermeidet vor allem, dass der Betroffene (Inhabile!) alle Rechte (!) und Pflichten eines Geschäftsführers haben kann. Hat nur der Geschäftsführer Kenntnis von der Inhabilität, könnte sich die Gesellschaft zu ihren Gunsten auf die fehlerhafte Organstellung berufen. Dies wäre aber häufig zu Lasten Dritter und kann daher nicht hingenommen werden, wenn man den Schutz der Gläubiger und der Allgemeinheit ernst nimmt. 827 Die Interessen der Gläubiger und der Allgemeinheit kollidieren mit den Zwecken, die mit der fehlerhaften Organstellung verfolgt werden. Dieser Konflikt ist – nach der gesetzlichen Wertung – grundsätzlich dahingehend zu lösen, dass die Interessen der Dritten vorrangig sind und ein Schutz derselben die Anwendbarkeit der fehlerhaften Organstellung ausschließt. Gesonderter Betrachtung bedarf allerdings noch der Ausschluss beschränkt Geschäftsfähiger. Stein sagt, dass es für den Schutz des beschränkt Geschäftsfähigen ausreichend wäre, wenn dieser nur mit Rechten, nicht aber mit Pflichten ausgestattet werde und deshalb fehlerhaftes Organ ohne Pflichten sei. 828 Damit liegt sie auf einer Linie mit der deutlichen Kritik, die bei der Lehre vom fehlerhaften Verband der herrschenden Meinung entgegengebracht wird, die bei der Beteiligung Minderjähriger deren Mitgliedschaft leugnet. 829 Die Rechtsfolgen, eine Gesellschaft als „nullum“, „inexistent“, ohne Vermögen und Arbeitnehmer anzusehen, wenn von zwei Gesellschaftern einer minderjährig ist, wird als zu weitgehend erachtet, da die Interessen der Beteiligten anderweitig ausreichend geschützt seien. 830 Der Minderjährige sei Mitglied, besitze alle Rechte, aber keine Pflichten, die Gesellschaft sei auflösbar. 831 Ebenso ließe sich hier fragen, ob eine Gesellschaft (bei nur einem – inhabilen – Geschäftsführer) als seit der Bestellung handlungsunfähig angesehen werden muss oder dem Minderjährigenschutz nicht durch die vorgeschlagene beschränkte Rechtsstellung genügt werde. Der Aussage Steins ist zuzustimmen, wenn man sein Augenmerk allein auf den Minderjährigenschutz richtet. Bezieht man aber mit ein, dass auch Dritte durch den Ausschluss Minderjähriger geschützt werden sollen, kann die Aussage nicht weiter bestehen bleiben. Den Dritten wird durch die Anerkennung eines Geschäftsführers, dem keine Pflichten obliegen nicht geholfen, da ein ordnungsgemäßer Betrieb der Gesellschaft (bei nur einem Geschäftsführer) nicht sichergestellt wird. 827

Unklar B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 224 ff., die davon spricht, dass Rechte und Pflichten bestehen, später aber nur die Pflichten für den Geschäftsführer erwähnt. Deren Übertragung sei zum Schutz des Rechtsverkehrs geboten. 828 Das faktische Organ, S. 142. 829 Insbesondere K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III.3. S. 152 ff.; ihm folgend Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. Teil A Rn. 163. 830 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III.3. S. 150 ff. 831 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III.3., S. 151; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. Teil A Rn. 162.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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Den Gläubigern steht mangels Pflichten kein Handlungsverantwortlicher zur Verfügung, den sie gegebenenfalls in Anspruch nehmen können. Auch vor schlechten Geschäftsentscheidungen des Minderjährigen sind sie nicht geschützt. Daher kann der Minderjährige nicht als eingeschränkter Geschäftsführer zugelassen werden. Obwohl es nach dem Hauptzweck (Minderjährigenschutz) möglich ist, einen Minderjährigen als fehlerhaftes Organ zuzulassen, hindert der weitere Schutzzweck (Schutz des Rechtsverkehrs) die Anwendbarkeit dieser Rechtsfigur. Baums 832 schließlich geht pauschal davon aus, dass ab Eintragung des Geschäftsführers diesem alle Rechte und Pflichten zustehen. Nur im Fall der Geschäftsunfähigkeit gelte anderes. 833 In Baums Überlegungen spielen die Inhabilitätsgründe indessen keine große Rolle. Er erwähnt sie zwar als Bestellungsmängel, 834 setzt sich freilich im Folgenden nicht mit § 6 Abs. 2 GmbHG und dessen Wertungen auseinander. Wie soeben gezeigt, sind es jedoch gerade diese besonderen Wertungen, die einer vollwirksamen Geschäftsführerposition entgegenstehen. Baums Argumentation ist daher im Hinblick auf § 6 Abs. 2 GmbHG abzulehnen. Daher bleibt es dabei, dass die Grundsätze der fehlerhaften Organstellung nicht anwendbar sind, wenn jemand gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG amtsunfähig ist, da die Interessen der Allgemeinheit höher zu bewerten sind. 835 3. Folgen betreffend Rechte und Pflichten a) Geschäftsführerrechte und -pflichten als faktischer Geschäftsführer Ein Inhabiler, der Geschäfte für die Gesellschaft führt, kann so genannter faktischer Geschäftsführer sein. 836 Der Begriff des faktischen Geschäftsführers ist schillernd und nicht gänzlich geklärt. 837 Im Kern geht es darum, wie jemand, der im Außenverhältnis wie ein Geschäftsführer auftritt und im Innenverhältnis die Geschäftsführung maßgeblich prägt, haftet, welche Rechte und vor allem welche 832

Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 163 ff., 176 ff., 183 ff. Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 175 f. 834 Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 153. 835 Und vom Gesetzgeber auch höher bewertet wird. In der Begründung, BT-Drs. 8/ 1347, S. 32, geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine Haftung nur über § 15 HGB und die Rechtsscheinsgrundsätze erreicht werden könne. Auch wenn die Figur der fehlerhaften Organstellung zu Zeiten der GmbH-Novelle noch nicht derart entwickelt war wie heute, zeigt sich aus den Umständen, dass die Schutzinteressen vom Gesetzgeber als sehr hoch bewertet wurden. 836 Michalski / Lenz, GmbHG, § 35 Rn. 24; K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 148, 165. 837 Weimar, GmbHR 1997, 473, 474 ff.; Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 93. Hinzukommt, dass je nachdem, ob man sich im Straf- oder Gesellschaftsrecht befindet, die Definitionen weiter variieren. 833

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Pflichten ihn treffen. 838 Die Rechtsprechung sieht jemanden als faktischen Geschäftsführer an, wenn „der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft – über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus – durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat.“ 839 Liegen diese Voraussetzungen vor, obliegen ihm die wichtigen Geschäftsführerpflichten der Insolvenzantragspflicht, § 64 Abs. 1 GmbHG, 840 der Buchführung, § 41 GmbHG, 841 der Haftung für Steuerschulden, § 69 AO 842; ebenso ist eine Haftung aus § 43 GmbHG möglich 843. Welche weiteren Pflichten ihn im Einzelfall treffen, ist ein Normanwendungsproblem, dass für jede Pflicht gesondert entschieden werden muss. 844 Rechte werden ihm dagegen nur eingeschränkt zugestanden. 845 Wie die Stellung des faktischen Geschäftsführers konkret ausgestaltet ist, kann und soll in dieser Arbeit nicht weiter erörtert werden, weshalb auf die einschlägige Literatur verwiesen wird. 846 Laut BGH können juristische Personen, Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige nicht faktische Geschäftsführer sein, da sie inhabil sind. 847 Bei dieser Aussage ist Vorsicht geboten. Man wird sie nicht derart generalisieren, dass jeder Inhabile auch nicht faktischer Geschäftsführer sein kann, da er nach § 6 Abs. 2 GmbHG vom Amt ausgeschlossen ist. 848 Anderenfalls würde gerade dann, wenn jemand vom Amt des Geschäftsführers ausgeschlossen ist und er gerade deshalb aus dem Hintergrund die gesamten Geschicke der GmbH leitet, keine Haftung drohen, da ihm die Pflichten nicht zugerechnet werden könnten. Diese Lösung wäre äußerst unbefriedigend und unbillig. In der Entscheidung wollte der BGH 838

Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 74; Weimar, GmbHR 1997, 473 f. 839 BGH, NZG 2005, 755, 756; zuvor etwa BGHZ 150, 61, 69 f. Zu den etwas anders akzentuierten Voraussetzungen im Strafrecht BGHSt 46, 62, 64 f. m.w. N. Siehe jüngst kritisch zu den engen Voraussetzungen im Zivilrecht gegenüber dem Strafrecht Haas, NZI 2006, 494, 497 ff. 840 H. M., BGHZ 104, 44, 46; BGH, NZG 2005, 816 f.; Scholz 9 / K. Schmidt, GmbHG, § 64 Rn. 7 m.w. N. § 15a Abs. 1 InsO nach dem MoMiG. 841 Rowedder 4 / Tiedchen, GmbHG, § 41 Rn. 2; Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh, GmbHG, § 41 Rn. 34. 842 Der faktische Geschäftsführer kann als Verfügungsberechtigter nach § 35 AO verantwortlich sein, vgl. BFH / NV 1990, 7, 8; Pahlke / König / Intemann, AO, § 69 Rn. 23. 843 Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 15; offen gelassen in BGHZ 150, 61, 68 ff. 844 K. Schmidt, in: FS Rebmann, S. 419 ff.; Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 93; Weimar, GmbHR 1997, 473, 475 ff. 845 Siehe die Nachweise bei Stein, Das faktische Organ, S. 15 ff. und Weimar, GmbHR 1997, 473, 477. 846 Siehe etwa Weimar, GmbHR 1997, 473 ff.; Stein, Das faktische Organ; Hartmann, Insolvenzantragspflicht des faktischen Organs; Dinkhoff, Das faktische Organ. 847 BGHZ 150, 61, 68. 848 Unklar BGHZ 150, 61, 68.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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offenbar nur festhalten, dass eine juristische Person bzw. ein Geschäftsunfähiger / beschränkt Geschäftsfähiger nicht faktischer Geschäftsführer sein kann, da diese / dieser eben auch nie das Amt des Geschäftsführers ausüben kann. In den Fällen von § 6 Abs. 2 GmbHG, in denen auf Grund einer objektiven Anknüpfung das Amt des Geschäftsführers untersagt ist, 849 soll auch keine Zurechnung als faktischer Geschäftsführer möglich sein. Nach der hier vertretenen Ansicht ist der Ausschluss juristischer Personen aber nicht haltbar, weshalb die Einschränkung des BGH nicht stehen bleiben kann. 850 Eine andere Frage ist, ob die anderen Inhabilen (Geschäftsunfähige / beschränkt Geschäftsfähige / Betreute mit Einwilligungsvorbehalt) faktische Geschäftsführer sein können. 851 Hier geht es vor allem darum, die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen: der Schutz besonders schutzbedürftiger Gruppen und das Interesse der Allgemeinheit und der Gläubiger, aber auch der Gesellschaft und deren Gesellschafter den tatsächlichen Geschäftsleiter haften zu lassen. Hauptzweck der Ausschlussgründe von § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2, S. 2 GmbHG ist der Schutz der Ausgeschlossenen. Nimmt man hinzu, dass es bei der Figur des faktischen Geschäftsführers primär um die Zurechnung von Pflichten und damit um die Haftung des Betreffenden geht, sollte der Interessenkonflikt zu Gunsten der Schutzbedürftigen gelöst werden. 852 Damit können Minderjährige, Geschäftsunfähige und Betreute mit Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten nicht faktische Geschäftsführer sein. Für den Rechtsverkehr treten im Ergebnis keine gravierenden Haftungslücken auf. Zum einen sind in den allermeisten Fällen die Grundzüge der faktischen Geschäftsführung anwendbar, zum anderen treffen den faktischen Geschäftsführer die wichtigsten im öffentlichen Interesse liegenden Pflichten. Für die Gesellschaft und den Geschäftsführer können aber gewisse Unsicherheiten entstehen. Inwieweit dem faktischen Geschäftsführer Rechte zustehen können und inwieweit gesellschaftsinterne Handlungen wirksam sind, ist bislang nicht vollständig geklärt. Da die Gesellschaft und der Geschäftsführer aber insoweit dem Risiko der Inhabilität und der faktischen Geschäftsführung näher stehen als Dritte, ist dies hinnehmbar.

849

1. Teil: D.II. Dies kann auch Auswirkungen auf das Konzernrecht haben, denen hier nicht weiter nachgegangen werden soll. 851 Unklar Burgard, NZG 2002, 606, 608, der die Aussage des BGH darauf reduziert, dass nur juristische Personen nicht faktischer Geschäftsführer sein können. Dies hält er im Hinblick auf § 43 GmbHG und den Schutz der Gesellschaft und Gesellschafter für nicht hinnehmbar. 852 Wobei nicht verkannt wird, dass der pauschale Satz „Minderjährigen- vor Verkehrsschutz“ so nicht existiert, siehe eingehender K. Schmidt, JuS 1990, 517 ff. 850

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

b) Anmeldung des Erlöschens der Organstellung Die Bestellung zum Organ sowie der Amtsverlust sind gemäß §§ 6 Abs. 3 S. 2, 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 Nr. 1, 2, 39 GmbHG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Eintragung der Bestellung bzw. des Amtsverlusts sind lediglich deklaratorisch und haben daher für den Beginn und das Ende der Amtsstellung keine Folgen. 853 Zur Anmeldung eines Amtsverlusts sind nach allgemeiner Meinung der neue oder die anderen Geschäftsführer berechtigt und verpflichtet, vgl. § 78 GmbHG. 854 Dies soll nach herrschender Auffassung selbst dann gelten, wenn der einzige Geschäftsführer ausscheidet. 855 Sofern die Gesellschafter keinen neuen Geschäftsführer bestellen, könne der alte Geschäftsführer gegen die Gesellschaft klagen oder die Bestellung eines Notgeschäftsführers entsprechend § 29 BGB beantragen. Diese Lösung wird als formal und umständlich von einigen Gerichten und Verfassern nicht mitgetragen. 856 Bis ein Notgeschäftsführer bestellt werde, dauere es einige Zeit, in der die falsche Registerlage zwangsweise fortbestehe, insbesondere, wenn sich kein Notgeschäftsführer finden lasse; gleiches gelte für eine Klage gegen die Gesellschafter auf Bestellung eines neuen Geschäftsführers, um eine Anmeldung des Ausscheidens zu erzwingen. Dem einzigen Geschäftsführer ein Anmelderecht zuzugestehen, erscheint zwar sinnvoll. Wird jedoch der einzige Geschäftsführer inhabil, hat das Registergericht zusätzlich die Möglichkeit, den Geschäftsführer von Amts wegen zu löschen 857 und so die richtige Registerlage wieder herzustellen. Dem früheren Geschäftsführer ein Anmelderecht – und spiegelbildlich dann auch eine Anmeldepflicht – zuzugestehen, ist nicht notwendig. Der Hinweis des inhabilen Geschäftsführers an das Registergericht, dass Amtsunfähigkeit eingetreten ist, reicht für den inhabilen Geschäftsführer aus. Das Registergericht kann die Gesellschaft auffordern, die richtige Registerlage anzumelden oder den Geschäftsführer von Amts wegen löschen. Zudem erscheint es widersprüchlich, den Geschäftsführer, der nicht mehr für die Gesellschaft ab dem Zeitpunkt der Inhabilität handeln dürfen soll, nachwirkend ein Geschäftsführerrecht (und eine mit Ordnungsgeld durchsetzbare Pflicht)

853 Baumbach / A. Hueck 18 / Zöllner / Noack, § 39 Rn. 24 m.w. N. Zur Situation bei der Eintragung des Gründungsgeschäftsführers siehe 2. Teil: G.IV. 854 Scholz 9 / Winter, GmbHG, § 78 Rn. 11 mit umfangreichen Nachweisen. 855 LG Baden-Baden, GmbHR 1996, 682; Michalksi / Heyder, GmbHG, § 78 Rn. 15 m.w. N. In der Praxis wird dies daher so gelöst, dass die Wirksamkeit des Ausscheidens oder der Amtsniederlegung auf den Zeitpunkt der Eintragung befristet wird, vgl. OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1994, 105 f. 856 LG Berlin, GmbHR 1993, 291, 292; LG Köln, GmbHR 1998, 183; Müller, BB 1998, 329, 330. 857 Siehe 2. Teil: G.IV.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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gesetzlich aufzuerlegen. 858 Dem Inhabilen nachwirkende Rechte (und Pflichten) zuzugestehen, sollte vermieden werden. 859 c) Informationspflichten gegenüber der Gesellschaft Der Geschäftsführer ist gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, diese über seine Habilität zu informieren. Wird der Geschäftsführer erst nach der Bestellung inhabil, so leitet sich die Informationspflicht aus der Pflicht zur sorgfältigen Geschäftsführung ab. 860 Der Geschäftsführer ist verpflichtet, im Rahmen des Gesetzes der GmbH Vorteile „zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden.“ 861 Dazu zählt unter anderem auch, dass die interne Organisation des Geschäftsführungsorgans gesetzlichen Vorgaben entspricht. 862 Ist der Inhabile noch nicht bestellt, kann eine Offenbarungspflicht bestehen, da er das Amt des Geschäftsführers nicht wirksam aufnehmen kann. 863 Ob eine Offenbarungspflicht besteht, ist durch eine Abwägung der gegenläufigen Interessen zu ermitteln. Auf der einen Seite geht es für den Geschäftsführer darum, der Gesellschaft eigene Verfehlungen (Straftaten) oder Defizite (Betreuung) zu offenbaren, welche die Privatsphäre betreffen (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG; allgemeines Persönlichkeitsrecht). Auf der anderen Seite steht das Interesse der Gesellschaft, handlungsfähig zu sein und ein ordnungsgemäß handelndes Organ zu besitzen, für dessen Handlungen sie haftbar ist (Informationsanspruch). Diese Abwägung kann grundsätzlich nur zu Gunsten der Gesellschaft ausfallen. Der designierte Geschäftsführer ist nicht verpflichtet, dezidiert zu offenbaren, weshalb er sein Amt nicht mehr ausüben kann, sondern nur, dass es ihm nicht mehr erlaubt ist. Und auch wenn die Gesellschaft aus der Aussage des Geschäftsführers Rückschlüsse auf den Grund der Inhabilität wird ziehen können, besitzt diese ein legitimes Informationsinteresse: ohne habilen Geschäftsführer ist sie handlungsunfähig und gibt einem potenziell gefährlichen Geschäftsführer Einwirkungsmöglichkeiten auf den Rechtsverkehr, für die sie zu haften hat.

858 Das Registergericht könnte dann gegen den Inhabilen sogar ein Ordnungsgeld verhängen, damit dieser seiner Anmeldepflicht nachkommt. 859 Für eine Ausnahme siehe 2. Teil: H.II.2. 860 Zutreffend Stein, Das faktische Organ, S. 138. Für eine Herleitung aus der Treuepflicht Gersch / Herget / Marsch / Stützle, GmbH-Reform 1980, Rn. 189. 861 OLG Zweibrücken, NZG 1999, 506, 507; Ebenroth / Lange, GmbHR 1992, 69, 70. 862 Michalski / Haas, GmbHG, § 43 Rn. 52; Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 42. 863 So auch Stein, Das faktische Organ, S. 138, die eine Haftung aus culpa in contrahendo annimmt, wenn der mögliche Geschäftsführer seine Inhabilität nicht offenbart.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

4. Haftung des Geschäftsführers a) Haftung aus allgemeinen Bestimmungen Gegenüber Dritten haftet der inhabile Geschäftsführer als faktischer Geschäftsführer für Pflichtverletzungen. 864 Darüber hinaus kann er deliktisch nach § 823 Abs. 1 BGB, § 826 BGB verantwortlich sein. Schließlich kommt auch eine Haftung als Vertreter ohne Vertretungsmacht gemäß § 179 BGB in Betracht. Für Geschäftsunfähige und Minderjährige ist deren Verschuldensfähigkeit zu beachten, §§ 827, 828 BGB. b) Haftung aus Schutzgesetzverletzung, § 823 Abs. 2 BGB Von besonderer Bedeutung ist eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einer Schutzgesetzverletzung. Mögliche Schutzgesetze sind die unterschiedlichen Straftatbestände. Denkbar ist freilich auch eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 6 Abs. 2, § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, wenn man diese Normen als Schutzgesetze einordnet. aa) § 6 Abs. 2 GmbHG als Schutzgesetz § 6 Abs. 2 GmbHG ist Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, dessen Verletzung (Ausübung des Geschäftsführeramtes trotz Verbots) eine Haftung nach sich ziehen kann. 865 Ein Schutzgesetz ist jede Rechtsnorm, „die nach Zweck und Inhalt wenigstens auch auf den Schutz von Individualinteressen vor einer näher bestimmten Art ihrer Verletzung ausgerichtet ist.“ 866 Es reicht nicht aus, wenn nur reflexiv der Schutz Einzelner erreicht wird, solange dieser Schutz nicht wenigstens auch im Aufgabenbereich der Norm liegt. 867 § 6 Abs. 2 GmbHG dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Gläubiger vor unzuverlässigen Geschäftsführern. In den Aufgabenbereich fällt dann aber auch der Schutz des Einzelnen vor der Geschäftsführung in einer anonymen Kapitalgesellschaft. 868 Weiter ist für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB zu beachten, dass der Anspruchssteller dem geschützten Personenkreis zuzurechnen ist, die Norm das verletzte Rechtsgut und vor dem konkreten Risiko schützt, das sich verwirklicht 864

Siehe schon 2. Teil: G.II.3.a). So auch Stapelfeld, Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise, S. 217. 866 St. Rspr., etwa BGHZ 100, 13, 14 f. m.w. N. 867 BGHZ 66, 388, 390; 89, 383, 400 f.; vgl. auch Larenz / Canaris, Schuldrecht BT II/2, § 77 II 2 a. 868 Vgl. die Begründung zur GmbH-Novelle, BT-Drs. 8/1347, S. 31. 865

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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hat. 869 Für § 6 Abs. 2 GmbHG heißt dies, dass ein Gläubiger der GmbH gerade durch die (verbotene) Tätigkeit als Geschäftsführer einen (Vermögens)schaden erlitten haben muss, denn (nur) vor solchen Schäden soll geschützt werden. Der Inhabile muss weiterhin als Geschäftsführer der GmbH auftreten, denn nur diese Tätigkeit wird von § 6 Abs. 2 GmbHG verboten. Andere Ämter in der GmbH (Prokurist, Vertreter, Gesamtbevollmächtigter, Beratung, Leitung der Geschäfte unterhalb des GmbH-Geschäftsführers) können von ihm schließlich weiter ausgeübt werden. Nicht jede beliebige Vertretung der GmbH ist zugleich verbotene Geschäftsführung. Im Grunde genommen wird man sich an den Kriterien des faktischen Geschäftsführers orientieren können oder sogar müssen. 870 Okkupiert der Inhabile danach das Amt des Geschäftsführers, ohne dass er eine offizielle, ihm erlaubte Funktion in der GmbH ausübt, so verstößt er gegen das Verbot von § 6 Abs. 2 GmbHG. 871 § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 und 2 GmbHG schützen vorrangig den ausgeschlossenen Geschäftsführer selbst. Eine Haftung liegt daher nicht im Schutzzweck der Norm und würde im Übrigen in aller Regel an §§ 827, 828 BGB scheitern. Bei § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GmbHG wird man den Hauptzweck der Norm im Schutz des Rechtsverkehrs sehen, so dass jegliche Tätigkeit einer juristischen Person als Geschäftsführer haftungsbegründend sein wird. Ein Fall, der derzeit nicht vorkommen wird. § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG 872 schützen den Rechtsverkehr davor, dass sie durch einen unzuverlässigen bzw. kriminellen Geschäftsführer geschädigt werden. Der Gesetzgeber typisiert und untersagt in der Folge abstrakt die gesamte Tätigkeit als Geschäftsführer, da er ein entsprechendes Gefahrenpotenzial ausmacht, und beschränkt sich nicht darauf, einzelne kriminelle Handlungen des Geschäftsführers zu verbieten. Die ausgeschlossenen Personen sollen gar nicht erst die Möglichkeit bekommen, am Rechtsverkehr in der Geschäftsführerposition teilzunehmen. Daher wird man die Haftung aus § 823 Abs. 2 nicht nur auf ein Geschäft beziehen müssen, bei dem sich die Unzuverlässigkeit des Geschäftsfüh869 Siehe mit Nachweisen im Einzelnen Staudinger / Hager, BGB, § 823 Rn. G 24; MünchKommBGB / Wagner, § 823 Rn. 344; Larenz / Canaris, Schuldrecht BT II/2, § 77 III. 870 Einfacher wird es sein, wenn der Inhabile noch im Register eingetragen ist. Dann kann man die Anforderungen an das tatsächliche Auftreten verringern, da für den Rechtsverkehr ein Auftreten als Geschäftsführer nahe liegt. 871 Übt der Inhabile ein Amt in der Gesellschaft aus und überschreitet er seine Kompetenzen, kann eine Haftung aus § 823 Abs. 2 i.V. m. § 6 Abs. 2 GmbHG immer noch dann in Betracht kommen, wenn das Ausmaß, in dem die eigentlichen Kompetenzen überschritten werden, einer Geschäftsleitung nahe kommt. Dies gilt um so eher, je unbedeutender das auszuübende Amt ist, umso weniger, je umfangreicher die Kompetenzen sind. Bei einem Generalbevollmächtigten wird daher eine Haftung nur in eindeutig kriminellen Situationen möglich sein. 872 Die verfassungsrechtlichen Probleme der beiden Sätze außen vor gelassen.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

rers realisiert hat, sondern bereits auf jegliches Geschäft, das er tätigt. 873 Andere Ergebnisse als bei einer konkreten Schutzzweckbetrachtung werden indes selten sein. Denn in aller Regel wird es am Schaden des Dritten fehlen, solange die Gesellschaft das Rechtsgeschäft wie ein wirksames behandelt und daher ihren Teil erfüllt. In der Insolvenz der Gesellschaft wird sich dies allerdings ändern. 874 Der Ausgeschlossene haftet nur für die Handlungen, die er als inhabiler Geschäftsführer begangen hat. Sobald Amtsfähigkeit eintritt und er nicht bestellt wird, muss er für die danach folgenden Geschäfte „nur“ als faktischer Geschäftsführer einstehen. Schließlich darf die Haftung nicht im Widerspruch zum haftpflichtrechtlichen Gesamtsystem stehen 875 oder – wie Spickhoff 876 es ausdrückt – nicht zu Widersprüchen oder Unstimmigkeiten zu anderen (versagten) Schadensersatzansprüchen führen. Beiden Anforderungen wird die Haftung nach § 823 Abs. 2 i.V. m. § 6 Abs. 2 GmbHG gerecht. Dass parallel eine Haftung als faktischer Geschäftsführer in Betracht kommen kann, hindert jedenfalls nicht, einem Gläubiger einen weiteren Anspruch zuzugestehen. 877 Der Tatsache, dass der Gesetzgeber keine besondere Haftungsnorm für den entgegen § 6 Abs. 2 GmbHG wirkenden Geschäftsführer geschaffen hat, ist nicht Ausdruck eines Haftungskonzepts, dass den Geschäftsführer von einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB freihalten wollte, sondern dahingehend zu interpretieren, dass die herkömmlichen Haftungsregeln eingreifen sollen. Gemäß § 823 Abs. 2 S. 2 BGB ist ein schuldhafter Verstoß erforderlich. Dazu würde grundsätzlich ein fahrlässiger Verstoß ausreichen, was ein wenig bedenklich erscheint, wenn man sieht, dass der Verstoß gegen die Versicherungspflicht in § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG hinsichtlich einer Amtsunfähigkeit nur vorsätzlich möglich ist. 878 Allerdings wird eine Haftung nur für § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG relevant. Und bei diesen Gründen kann man sich keinen Fall vorstellen, in dem der Geschäftsführer keine Kenntnis von der Grundlage seiner Amtsunfähigkeit hat. Infolgedessen wird eine Haftung aus § 823 Abs. 2 i.V. m. § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG immer eine Haftung für einen vorsätzlichen Pflichtenverstoß sein. 879

873 Ebenso Stapelfeld, Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise, S. 218. 874 Vgl. Stapelfeld, Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise, S. 218. 875 BGHZ 66, 388, 390; 106, 204, 207; MünchKommBGB / Wagner, § 823 Rn. 318, 343; Larenz / Canaris, Schuldrecht BT II/2, § 77 II 4. 876 Soergel, BGB, § 823 Rn. 200. 877 Ebenso Stapelfeld, Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise, S. 218; vgl. auch Soergel / Spickhoff, BGB, § 823 Rn. 199. 878 Für den Zusammenhang zwischen dem Verschuldenserfordernis und einer Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB siehe Larenz / Canaris, Schuldrecht BT II/2, § 77 II 4.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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bb) § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG als Schutzgesetz Während zur Frage der Schutzgesetzeigenschaft von § 6 Abs. 2 GmbHG kaum Aussagen ersichtlich sind, ist die Schutzgesetzeigenschaft von § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, der die falsche Versicherung über Inhabilitätsgründe unter Strafe stellt, umstritten. Im GmbH-Recht wird diese Frage weitgehend mit einem „Nein“ beantwortet, 880 im Aktienrecht wird hingegen die Schutzgesetzeigenschaft für die Parallelvorschrift des § 399 Abs. 1 Nr. 6 AktG allgemein bejaht. 881 Schutzzweck von § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG – und von § 399 Abs. 1 Nr. 6 AktG – ist es, das Verbot von § 6 Abs. 2 GmbHG und die Versicherungspflicht von § 8 Abs. 3 GmbHG durchzusetzen, indem eine unwahre Versicherung über die Habilität strafbewehrt ist. 882 Zudem soll das Vertrauen der Gesellschaftsgläubiger und anderer Dritter in die Korrektheit der Handelsregistereintragungen und ihrer Grundlagen geschützt werden. 883 Jede arglistige Täuschung der Öffentlichkeit über die wesentlichen Grundlagen soll verhindert werden. 884 Individualschutz wird insoweit gewährleistet, als dass Personen im Vertrauen auf die Registereintragung mit der Gesellschaft Geschäftsbeziehungen aufgenommen haben. 885 Zu kurz greift daher die im GmbH-Recht vertretene Ansicht, dass § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG allein dazu diene, dem Registergericht die Überprüfung der Habilität zu erleichtern, indem nur in Ausnahmefällen ein Auszug aus dem Bundeszentralregister eingeholt werden muss. 886 Dies ist ein, aber nicht der Zweck der Vorschrift.

879 Problematisch kann eine Haftung für eine juristische Person als Geschäftsführer sein, da hier keine Versicherungspflicht besteht. Ein solcher Fall wird aber nicht praktisch werden. 880 Dafür: Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh, GmbHG, § 82 Rn. 59; Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 82 Rn. 21; Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Kleindiek, GmbHG, § 82 Rn. 27; Meyer-Landrut / Miller / Niehus / Meyer-Landrut, GmbHG, § 82 Rn. 2; dagegen: Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 2, 68; offenbar auch BayObLG, DB 1982, 273, 274; unklar Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn. 188; offen gelassen von Stapelfeld, Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Fehlverhalten in der Gesellschaftskrise, S. 228 f., da § 6 Abs. 2 GmbHG bereits Schutzgesetz sei. 881 KölnerKommAktG / Geilen, § 399 Rn. 154; MünchKommAktG / Kropff, § 399 Rn. 4 f., 198; GroßkommAktG / Otto, § 399 Rn. 5. 882 BT-Drs. 8/1347, S. 34; Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn. 188; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 68. 883 MünchKommAktG / Kropff, § 399 Rn. 4; Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 11; Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn. 188; einschränkend Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 122 (mittelbar auch Gläubigerschutz). 884 RGSt 38, 128, 129; BGH, GmbHR 1959, 27; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 1. Vgl. auch BT-Drs. 8/1347, S. 34. 885 MünchKommAktG / Kropff, § 399 Rn. 5. 886 So auch der Vorwurf von Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 68; nur diesen Zweck erwähnt die Gesetzesbegründung als Grund für die Einführung der Versicherungs-

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Auf Grund dieser Schutzzwecke ist die allgemeine Meinung im Aktienrecht der herrschenden Meinung im GmbH-Recht vorzuziehen. § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Der inhabile Geschäftsführer, der eine falsche Versicherung abgibt, haftet daher für diese (vorsätzlich) unwahre Behauptung gegenüber den Gläubigern, die im Vertrauen auf die Richtigkeit des Handelsregisters und der Versicherung einen Schaden erlitten haben. 887 Dies gilt aber nur für die Ausschlussgründe, die Inhalt der Versicherung sind, also die Gründe der § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG. 888 c) Haftung gegenüber der Gesellschaft Gegenüber der Gesellschaft haftet der Geschäftsführer aus der Verletzung seiner Sorgfalts- bzw. Offenbarungspflicht, wenn er die Gesellschaft über eine Inhabilität nicht informiert. 889 Diese Haftung ergibt sich entweder aus § 43 Abs. 1 GmbHG (Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsleitung) oder aus culpa in contrahendo 890 (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB). Hinzutreten können eine Haftung als faktischer Geschäftsführer im Innenverhältnis sowie deliktische Schadensersatzansprüche für das Handeln für die bzw. in der Gesellschaft. Geschäftsunfähige haften nicht aus culpa in contrahendo, 891 Minderjährige nur dann, wenn ihr gesetzlicher Vertreter der Aufnahme des rechtsgeschäftlichen Kontakts zugestimmt hat oder der Vertrag für sie bindend gewesen wäre. 892 Besonderes Augenmerk ist zudem der Verschuldensfähigkeit der besagten Personen zu widmen. Ebenso kann nach § 9a Abs. 1 GmbHG verschuldensabhängig für die falschen Angaben zur Errichtung der Gesellschaft dieser gegenüber gehaftet werden. Der Begriff der Angaben in § 9a Abs. 1 GmbHG ist nicht auf bestimmte Angaben der Anmeldung beschränkt, so dass die Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG erfasst wird. 893 Auch andere Geschäftsführer haften für die unwahre Angabe eines pflicht nach § 8 Abs. 3 GmbHG, BT-Drs. 8/1347, S. 34; für Nachweise zur engen Ansicht im GmbH-Recht siehe Fn. 880 (2. Teil). 887 GroßkommAktG / Otto, § 399 Rn. 5; MünchKommAktG / Kropff, § 399 Rn. 5. 888 Geilen, KölnerKommAktG, § 399 Rn. 154, möchte den ersatzfähigen Schaden insoweit begrenzen, dass nur vorsätzlich und auf der Unzuverlässigkeit (Straftat und Berufsverbot) beruhende Handlungen in den Schutzzweck fallen. Richtig ist, dass ein Verstoß gegen das Schutzgesetz § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nur vorsätzlich möglich ist. Hingegen wird man alle Handlungen für ersatzfähig halten können, vgl. oben 2. Teil: G.II.4.b)aa). 889 Hinzukommen kann auch eine Haftung aus der Verletzung des Anstellungsvertrags. 890 Ebenso Stein, Das faktische Organ, S. 138. 891 Palandt / Heinrichs, BGB, § 311 Rn. 26; Bamberger / Roth / Grüneberg, BGB, § 311 Rn. 39. 892 MünchKommBGB / Emmerich, § 311 Rn. 88; Staudinger / Löwisch, BGB, § 311 Rn. 104. 893 GroßkommGmbHG / Ulmer, § 9a Rn. 15, 31; Raiser / Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, § 26 Rn. 141; Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 9a Rn. 6, 7; Michalski / Heyder,

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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Mitgeschäftsführers, da eine strenge Prüfung aller Beteiligten angestrebt wird. 894 Ersatzfähig ist der Schaden, der durch die falschen Angaben entstanden ist.

III. Folgen für den Rechtsverkehr 1. Allgemein: Handeln als Vertreter ohne Vertretungsmacht 1978 bemerkte Bokelmann 895, dass die Registergerichte Bedenken wegen der unklaren Auswirkungen einer Inhabilität auf Handlungen des Geschäftsführers hätten. So könnten diese nichtig oder auch nur anfechtbar sein. Nach dem bereits Ausgeführten ist klar, dass die Bestellung eines Inhabilen nichtig ist bzw. von selbst endet. Handelt der Ausgeschlossene dennoch für die Gesellschaft, so sollte man meinen, dass er Vertreter ohne Vertretungsmacht ist. Es würden dann für diese Rechtsgeschäfte die herkömmlichen Regeln der §§ 177 ff. BGB und über Rechtsscheinsvollmachten gelten. 896 Allerdings könnte man auf der anderen Seite auch davon ausgehen, dass die von inhabilen Geschäftsführern abgeschlossenen Geschäfte nichtig sind und nicht bloß Geschäfte eines Vertreters ohne Vertretungsmacht. 897 So könnte man überlegen, § 6 Abs. 2 GmbHG als Verbotsgesetz für alle Rechtsgeschäfte anzunehmen, die ein amtsunfähiger Geschäftsführer vornimmt. Allerdings richtet sich § 6 Abs. 2 GmbHG seinem Wortlaut nach nur dagegen, dass jemand Geschäftsführer sein kann; die Norm setzt sich mit dem Organisationsrecht der Gesellschaft auseinander und versucht über die Unwirksamkeit der Bestellung Dritte im Außenverhältnis zu schützen. Es hieße, § 6 Abs. 2 GmbHG zu überinterpretieren, wenn die Norm auch im Außenverhältnis für eine Nichtigkeit aller Geschäfte führen würde. Diese Rechtsfolge wäre zudem unnötig weitreichend. Durch § 15 HGB sowie die Rechtsscheinsvollmachten wird der GmbH verwehrt, sich vom Geschäft mit dem Hinweis lösen zu können, der Geschäftsführer habe keine Vertretungsmacht gehabt. Auf der anderen Seite tätigt

GmbHG, § 9a Rn. 6; a. A. Scholz 9 / Winter, GmbHG, § 9a Rn. 13 (anders jetzt aber Scholz 10 / Winter / Veil, GmbHG, § 9a Rn. 13). Ohne Aussage zum Problem entgegen anderslautender Stimmen BayObLG, DB 1982, 273, 274. 894 Scholz 10 / Winter / Veil, GmbHG, § 9a Rn. 10. 895 ZRP 1978, 33, 34. 896 So für § 15 HGB und die Rechtsscheinshaftung BT-Drs. 8/1347, S. 32. 897 So offenbar Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 87, der sich zu Unrecht auf BGHZ 115, 78 ff. beruft. Die Nichtigkeit, die dort angenommen wird, gründet sich in der Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsführers und ist keine allgemeine Aussage über die Nichtigkeit des Geschäfts, siehe zur Entscheidung des BGH noch unten 2. Teil: G.III.3.b). Die Diskussion kennt man von der (etwas anders gelagerten) Frage, wie sich ein Verstoß gegen eine gesetzliche Zuständigkeitszuweisung bei der Vertretung gegenüber ihren Organen auswirkt, etwa bei einem Verstoß gegen § 112 Akt. Ausführlich zum Streitstand Stein, AG 1999, 28 ff.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

der Dritte in der Regel Geschäfte mit der Gesellschaft, weil er Geschäfte mit dieser tätigen möchte, nicht weil er bei diesem Geschäft besonderes Vertrauen in das Organ der Gesellschaft setzt. Der Dritte hat sich auf ein Geschäft eingelassen, dass er tätigen wollte. Von diesem Geschäft kann und soll er sich daher nur dann lösen, wenn der Geschäftsführer durch Täuschungen oder kriminelle Handlungen den Dritten zum Geschäft bewegt hat (§ 123 Abs. 1 BGB, § 134 BGB i.V. m. Strafgesetzen) oder wenn der Dritte seine Erklärung nach § 178 BGB widerrufen hat. Allein die Tatsache, dass das Organ der GmbH nicht amtsfähig ist, wird demnach in der Regel nicht zur Anfechtung berechtigen können. Die Habilität wird grundsätzlich nicht verkehrswesentliche Eigenschaft und kausal im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB für die Willenserklärung des Dritten sein. Ausnahmen können bei langfristigen, stark persönlich bestimmten Verträgen bestehen, bei denen die Habilität für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit des Vertragspartners von Bedeutung sein kann. 898 Bei einer GmbH kommt es nämlich für die Vertrauenswürdigkeit auf die Personen an, die auf die Erfüllung des Vertrags maßgeblichen Einfluss haben. 899 Dies sind in aller Regel die Geschäftsführer der GmbH, seltener die Mehrheitsgesellschafter. 900 Somit kann die Habilität ausnahmsweise zur Anfechtung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft gemäß § 119 Abs. 2 BGB berechtigen. Eine Anfechtung wegen unterlassener Aufklärung über die Zuverlässigkeit des Organs nach § 123 Abs. 1 BGB wird ebenso nur ausnahmsweise in Betracht kommen, da es in der Regel an einer Aufklärungspflicht gegenüber Dritten fehlen wird. Wird die GmbH beim Vertragsschluss durch einen inhabilen Geschäftsführer vertreten, kann (äußerst selten) eine konkludente Vollmachtserteilung möglich sein; dann handelte der Geschäftsführer aber auch nur als entsprechend Bevollmächtigter. 901 In fast allen Fällen ist der Geschäftsführer indessen Vertreter ohne Vertretungsmacht. 902 Er haftet nach § 179 Abs. 1 gegenüber dem Vertragspartner. Die Gesellschaft könnte den dann schwebend unwirksamen Vertrag – vorbehaltlich einer anderen Beurteilung der Rechtslage wegen § 15 HGB oder den Rechtsscheinsvollmachten – gemäß § 177 BGB genehmigen und so dessen Wirksamkeit herbeiführen oder die Genehmigung verweigern, so dass der Vertrag endgültig unwirksam werden würde. Der Vertragspartner kann nach § 178 BGB 898 Vgl. Staudinger / Singer, BGB, § 119 Rn. 87 mit Beispielen, wann die Vertrauenswürdigkeit verkehrswesentliche Eigenschaft sein kann. 899 So Soergel / Hefermehl, BGB, § 119 Rn. 39; Staudinger / Singer, BGB, § 119 Rn. 87; MünchKommBGB / Kramer, § 119 Rn. 128; Geschäftsführer maßgeblich: RGZ 143, 429, 431; Gesellschaftermehrheit entscheidend: Scholz, JW 1935, 1520, 1523. 900 Staudinger / Singer, BGB, § 119 Rn. 87. 901 Siehe MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 84 Rn. 197. 902 K. Schmidt, JuS 1991, 1002, 1003; Michalski / Lenz, GmbHG, § 35 Rn. 24.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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seine Erklärung widerrufen und damit das Rechtsgeschäft endgültig unwirksam werden lassen. 2. Besonderer handelsrechtlicher Vertrauensschutz über § 15 HGB Neben die allgemeinen Bestimmungen des BGB tritt die besondere registerrechtliche Vertrauensschutznorm des § 15 HGB. 903 Zu unterscheiden sind zwei Probleme, denen im Folgenden nachgegangen wird: 1. Besteht eine anfängliche Inhabilität oder tritt diese erst später ein? 2. Ist ein Rechtsgeschäft für die GmbH allein deshalb unwirksam, weil jemand gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG inhabil ist und keine Vertretungsmacht hat oder konkurriert ein weiterer, mit der Habilität in Zusammenhang stehender, Unwirksamkeitsgrund? Das erste Problem ist verhältnismäßig einfach zu lösen. Während es in dem Fall anfänglicher Inhabilität um § 15 Abs. 3 HGB und die positive Publizität geht, bewegt sich der Fall der nach der Bestellung eintretenden Inhabilität im Anwendungsbereich von § 15 Abs. 1 HGB und der negativen Publizität. Schwieriger ist dagegen die Antwort auf die zweite Frage. Hier geht es vor allem darum, die Reichweite des registerrechtlichen Vertrauensschutzes zu bestimmen. Relevant wird die zweite Frage, wenn der Geschäftsführer geschäftsunfähig ist. 904 Ein Geschäftsunfähiger kann gemäß § 105 Abs. 1 BGB selbst nicht wirksam rechtsgeschäftlich handeln und kann nach allgemeiner Ansicht auch keinen Dritten vertreten, arg. e contrario § 165 BGB. Insoweit ist fraglich, ob § 15 HGB auch dann weiterhilft, wenn ein Geschäftsunfähiger mit einem Dritten für die Gesellschaft kontrahiert. Es fehlt nicht nur an der Vertretungsmacht wegen der Amtsunfähigkeit, sondern auch an der Vertreterfähigkeit. a) Anfängliche Inhabilität und Schutz über § 15 Abs. 3 HGB Nach § 15 Abs. 3 HGB kann sich ein Dritter, wenn eine einzutragende Tatsache unrichtig bekannt gemacht 905 ist, gegenüber demjenigen, in dessen Angelegen903 Allgemeine Meinung, statt vieler BT-Drs. 8/1347, S. 32; BGHZ 115, 78 ff.; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 13. Anders wohl nur GroßkommAktG 3 / Meyer-Landrut, § 76 Anm. 17 und MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 84 Rn. 199 (nur § 15 Abs. 1 HGB möglich). 904 Ein beschränkt Geschäftsfähiger kann die Gesellschaft – die Inhabilität bei Seite gelassen – wegen § 165 BGB ohne Einschränkungen wirksam vertreten, siehe 2. Teil: B.II.1. 905 Mit den Änderungen durch das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10. November 2006,

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

heiten die Tatsache einzutragen war, auf die bekannt gemachte Tatsache berufen, es sei denn, er hatte Kenntnis von der Unrichtigkeit. 906 Die Norm ist nach herrschender Meinung eine konkrete Vertrauensschutzregel 907 und sorgt für positive Publizität 908. aa) Voraussetzungen von § 15 Abs. 3 HGB Wird ein Inhabiler in das Handelsregister als Geschäftsführer eingetragen, ist dies ein Anwendungsfall von § 15 Abs. 3 HGB. 909 Die Bestellung zum Geschäftsführer ist eine eintragungspflichtige Tatsache, vgl. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 Nr. 2, 10 GmbHG für die erstmalige Anmeldung der GmbH und ihres Gründungsgeschäftsführers bzw. § 39 Abs. 1 GmbHG für später bestellte Geschäftsführer. 910 Als unrichtige Bekanntmachung 911 im Sinne von § 15 Abs. 3 HGB gilt nach allgemeiner Meinung auch eine Bekanntmachung, die deshalb unrichtig ist, weil bereits die Eintragung ins Handelsregister unrichtig ist und nicht mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmt. 912 Ist die Bestellung zum Geschäftsführer wegen § 6 Abs. 2 GmbHG nichtig und ist daher eine Eintragung desselben unrichtig, so ist auch die Bekanntmachung dieser Bestellung unrichtig. Diese Eintragung ist eine Angelegenheit der GmbH, 913 weshalb sich ein Dritter gegenüber der GmbH BGBl. I S. 2553 ff, erfolgt eine Bekanntmachung nunmehr elektronisch, § 10 HGB. In einer Übergangsphase bis Ende 2008 muss auch noch eine Bekanntmachung in der Tagespresse erfolgen, Art. 61 Abs. 4 S. 1 EGHGB. Maßgeblich für den Verkehrsschutz ist freilich die elektronische Bekanntmachung, Art. 61 Abs. 4 S. 4 EGHGB. 906 Kritisch zur Norm K. Schmidt, JuS 1977, 209, 215. § 15 Abs. 3 HGB beruht auf der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, Abl. EG Nr. L 65 vom 14. 3. 1968, S. 8 ff. Die Richtlinie ist vom deutschen Gesetzgeber überschießend umgesetzt worden, vgl. Staub / Hüffer, HGB, § 15 Rn. 5. 907 Siehe die Nachweise bei MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 10, der allerdings von einem abstrakten Verkehrsschutz ausgeht. 908 Zur Ungenauigkeit des Begriffs der positiven Publizität Staub / Hüffer, HGB, § 15 Rn. 8 ff., 49. 909 So schon die Begründung, BT-Drs. 8/1347, S. 32. 910 Für § 15 Abs. 3 HGB genügt es, dass die Tatsache, wäre sie richtig, eintragungspflichtig ist, Canaris, Handelsrecht, § 5 Rn. 47. 911 Noack, FS Eisenhardt, S. 475, 481, sieht durch das EHUG das Register gegenüber der Bekanntmachung als den stärkeren Verkehrsschutzträger und möchte daher § 15 Abs. 3 HGB analog auf den Fall der richtigen Bekanntmachung, aber falschen Eintragung anwenden. 912 BT-Drs. 5/3862, S. 11; Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, § 15 Rn. 25 m.w. N. Zu anderen Abweichungen von Eintragung und Bekanntmachung, die von § 15 Abs. 3 HGB erfasst werden können, Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, § 15 Rn. 24 – 30.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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auf die unrichtige Bekanntmachung berufen kann. Hinzukommen muss, dass der Dritte keine positive Kenntnis der Unrichtigkeit haben darf. 914 Eingeschränkt wird § 15 Abs. 3 HGB schließlich nach herrschender Meinung durch das modifizierte Veranlassungsprinzip, damit vollkommen unbeteiligte Dritte nicht unberechtigterweise haften müssen. 915 Diese herrschende Meinung ist mit der Gegenansicht abzulehnen. 916 Die Gesetzesbegründung spricht sich gegen das Veranlassungsprinzip aus 917 und auch die Richtlinie enthält keine Einschränkung 918. Dem Schutz des fälschlich Eingetragenen wird durch Amtshaftungsansprüche ausreichend entsprochen. 919 Die vorherrschende Meinung wendet § 15 Abs. 3 HGB – im Gegensatz zu § 15 Abs. 1 HGB – nicht auf Minderjährige bzw. Geschäftsunfähige an. Teilweise gründet sich diese Sichtweise auf allgemeine Schutzerwägungen, 920 teilweise wird mit der Veranlassung und der Zurechenbarkeit argumentiert. 921 Handelt ein Geschäftsunfähiger, fehle es an der Zurechnungsfähigkeit. Diese Lösung der herrschenden Ansicht sieht sich nicht nur wegen ihrer inkonsequenten Behandlung zweier gleichgelagerter Tatbestände (§ 15 Abs. 1 HGB zu Lasten Geschäftsunfähiger, Abs. 3 dagegen nicht) zu Recht Kritik ausgesetzt. 922 Sie kann nicht überzeugen. Da das Veranlassungsprinzip generell abzulehnen ist, kann dieses schon nicht eine Anwendbarkeit von § 15 Abs. 3 HGB zu Gunsten Geschäftsunfähiger ausschließen. Weiter ist K. Schmidt in seiner Einschätzung zu folgen, dass der Gesetzgeber mit § 15 HGB gerade den Verkehrsschutz über den Minderjährigenschutz gestellt hat. 923 Ein Abstellen auf allgemeine Schutzerwägungen hilft demnach nicht weiter. Rechtsfolge von § 15 Abs. 3 HGB ist, dass die unrichtige Tatsache einem Dritten 913 Anmeldepflichtig ist zwar der Geschäftsführer, es handelt sich aber um eine Angelegenheit der GmbH, die nur durch den Geschäftsführer erfüllt werden kann und soll, BGHZ 115, 78, 80; Hachenburg 8 / Ulmer, GmbHG, § 78 Rn. 1. 914 Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Geschäfts, aus dem der Dritte Rechte herleiten möchte, Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, § 15 Rn. 33. 915 Siehe dazu kritisch K. Schmidt, Handelsrecht, § 14 III.2.d), S. 408 ff. und die europarechtlichen Bedenken bei MünchKommHGB 2 / Krebs, § 15 Rn. 85 m.w. N. 916 K. Schmidt, JuS 1990, 517, 519; MünchKommHGB 2 / Krebs, § 15 Rn. 84 f.; Brox / Henssler, Handels- und Wertpapierrecht, Rn. 102; von Gierke / Sandrock, § 11 III.3.c), S. 155. 917 BT-Drs. 5/3862, S. 10. 918 MünchKommHGB 2 / Krebs, § 15 Rn. 85. 919 Brox / Henssler, Handels- und Wertpapierrecht, Rn. 102; K. Schmidt, JuS 1977, 209, 217; MünchKommHGB 2 / Krebs, § 15 Rn. 85. 920 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 107; MünchKommHGB / Lieb, § 15 Rn. 76. 921 Baumbach / Hopt, HGB, § 15 Rn. 19; Canaris, Handelsrecht, § 5 Rn. 54; Dreher, DB 1991, 533, 534. 922 Etwa Dreher, DB 1991, 533, 534 (der aber die Konsequenz zieht, beide Absätze nicht zu Lasten Geschäftsunfähiger anzuwenden); MünchKommHGB 2 / Krebs, § 15 Rn. 92 unter Bezugnahme auf MünchKommHGB / Lieb, § 15 Rn. 76.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

nicht entgegengehalten werden kann. Der Dritte kann sich aber auch auf die wahre Rechtslage berufen. bb) Einschränkung von § 15 Abs. 3 HGB im Falle von § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GmbHG? Eine Einschränkung von § 15 Abs. 3 HGB scheint fernliegend, geht es doch um eine Zurechnung zu Lasten der Gesellschaft und nicht des Geschäftsunfähigen. 924 Selbst wenn man daher generell eine Anwendbarkeit von § 15 Abs. 3 HGB im Zusammenhang mit Geschäftsunfähigen ablehnen möchte, wird man kaum umhin können, sie im Fall von § 6 Abs. 2 GmbHG anzuwenden. 925 Dreher jedoch lehnt die Anwendbarkeit von § 15 Abs. 3 HGB im Falle von § 6 Abs. 2 GmbH und der Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsführers ab, da er das Element der Zurechnungsfähigkeit allgemeiner fasst. 926 Es gehe nicht um die Frage, ob § 15 Abs. 3 HGB zu Lasten der Gesellschaft wirke, sondern darum, dass das Handeln des Geschäftsunfähigen an sich mangels Zurechnungsfähigkeit nicht zurechenbar sei. Für die Richtigkeit des Ergebnisses fehlender Zurechenbarkeit führt er einige weitere Argumente an. Die Existenz von Ein-Mann-Gesellschaften weise möglicherweise darauf hin, dass die Gesellschaft ein ebenso hohes Schutzbedürfnis besitze wie der Geschäftsunfähige. Des Weiteren sei nicht ersichtlich, warum eine natürliche Person einem geringeren Risiko ausgesetzt sein solle als eine juristische Person, denn die natürliche Person könne eben nicht durch einen Geschäftsunfähigen vertreten werden. Neuere Tendenzen, das Handeln eines Organs als Eigenhandeln der Gesellschaft aufzufassen, vertrügen sich nicht mit der gleichzeitig betonten Trennung von Gesellschaft und Vertreterhandeln. Zu guter Letzt stehe § 165 BGB einer Vertretung im Weg, da der Gesetzgeber zeige, dass er eine Vertretung durch einen Geschäftunfähigen eben nicht zulasse. All diese Argumente überzeugen nicht. Erstens wird man aus der speziellen Situation der Ein-Mann-GmbH kaum Rückschlüsse auf die herkömmliche Mehrgesellschafter-Gesellschaft ziehen können. 927 Zweitens ist dem Einwand, eine unterschiedliche Risikobewertung bei der Vertretung einer natürlichen Person 923 JuS, 1977, 209, 217; ders., JuS 1990, 517, 519; ders., Handelsrecht, § 14 III.3.b), S. 410 gestützt auf BT-Drs. 5/3862, S. 10. Insofern besteht auch kein Widerspruch dazu, dass ein Minderjähriger aus Schutzgesichtspunkten als faktischer Geschäftsführer nicht haftet. Während es beim faktischen Geschäftsführer um eine freie Interessenabwägung geht, handelt es sich hier um eine gesetzgeberische Wertung im Zusammenhang mit einem Register. 924 Vgl. BGHZ 115, 78, 80; W.-H. Roth, JZ 1990, 1030, 1031. Kritisch dagegen Dreher, DB 1991, 533, 534. 925 So auch Hager, Jura 1992, 57, 61. 926 DB 1991, 533, 534. 927 Ebenso Hager, Jura 1992, 57, 61 Fn. 59.

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oder einer juristischen Person sei nicht geboten, folgendes entgegenzuhalten: Es geht nicht um die unterschiedliche Risikobewertung bei natürlichen oder juristischen Personen, sondern um eine andere Risikobewertung bei Personen, die im Handelsverkehr tätig werden, und bei solchen, die im Alltag vertreten werden. 928 Es kann also nicht auf die Unterscheidung „natürliche – juristische Person“, sondern höchstens „Person des Handelsrechts – Person des Bürgerliches Rechts“ ankommen. Und der Schutz des Handelsverkehrs ist eine besondere Wertung im Handelsrecht, die sich an vielen Stellen gegenüber den Wertungen des Bürgerlichen Rechts durchsetzt. Man denke nur an die besonderen Handelssitten, das kaufmännische Bestätigungsschreiben, § 377 HGB und eben den von K. Schmidt erwähnten Verkehrsschutz, der durch das Register geschützt werden soll. Die Risikobewertung ist demnach eine andere als im Bürgerlichen Recht. Drittens erklärt sich die von Dreher ausgemachte Inkonsequenz, dass Handeln des Organs mal Eigenhandeln der Gesellschaft sein soll, auf der anderen Seite aber zwischen Gesellschaft und Vertreter doch wieder getrennt werde, aus der hier in Rede stehenden Reichweite des registerrechtlichen Schutzes, die eben nur begrenzt ist. 929 Viertens spricht § 165 BGB ebenfalls nicht für eine Einschränkung des registerrechtlichen Schutzes. Ob § 165 BGB rechtspolitisch geglückt ist, mag dahinstehen, 930 jedenfalls kollidiert diese allgemeine Regel des Bürgerlichen Rechts mit dem besonderen handelsrechtlichen Verkehrsschutz. Und letzterer setzt sich als spezielles Wertungsprinzip gegenüber den allgemeinen Regeln durch, wie die auf breite Zustimmung stoßende Tendenz in der jüngeren Rechtsprechung zeigt. 931 Und fünftens ist das Element der Zurechungsfähigkeit als Teil des Veranlassungsprinzips wie auch dieses insgesamt abzulehnen. 932 § 15 Abs. 3 HGB ist allgemein zu Lasten eines Geschäftsunfähigen 933 und insbesondere im Falle von § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GmbHG anwendbar. cc) Reichweite des Schutzes von § 15 Abs. 3 HGB Eintragungspflichtig und -fähig ist nur die Tatsache, dass jemand zum Geschäftsführer bestellt worden ist, nicht dagegen, dass er amtsfähig im Sinne von 928 Ein Kaufmann ist auch eine natürliche Person. Für ihn würde bei einer Vertretung durch einen geschäftsunfähigen Prokuristen ebenso § 15 Abs. 3 HGB greifen. 929 Siehe den nächsten Gliederungspunkt. 930 Für Verfassungswidrigkeit Canaris, JZ 1987, 993, 998. 931 Vgl. auch Hager, Jura 1992, 57, 61 Fn. 59. Siehe auch sogleich 2. Teil: G.III.3.b)aa). 932 Gegen das Merkmal der Zurechnungsfähigkeit allgemein Staub / Hüffer, HGB, § 15 Rn. 55. 933 MünchKommHGB 2 / Krebs, § 15 Rn. 92; K. Schmidt, JuS 1990, 517, 519; Brox / Henssler, Handels- und Wertpapierrecht, Rn. 102; das Veranlassungsprinzip generell befürwortend, aber für eine Anwendbarkeit zu Lasten des Geschäftsunfähigen Staub / Hüffer, HGB, § 15 Rn. 55; Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, § 15 Rn. 37.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

§ 6 Abs. 2 GmbHG ist. 934 Vertrauensschutz nach § 15 Abs. 3 HGB kann sich demnach nur darauf beziehen, ob jemand Geschäftsführer der Gesellschaft ist oder nicht. 935 Bezugspunkt ist dagegen nicht, ob weitere Gründe bestehen, deretwegen die Erklärung des Geschäftsführers unwirksam sein kann. Dies gilt für alle Unfähigkeitsgründe des § 6 Abs. 2 GmbHG. Das OLG München möchte aus der Tatsache, dass § 15 HGB bei einer Amtsunfähigkeit aus § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG anwendbar ist und so das Handeln des Inhabilen der Gesellschaft zuzurechnen ist, Rückschlüsse auf den Fall der Geschäftsunfähigkeit ziehen. 936 Wenn § 15 HGB dort anwendbar sei, so könne dies keine andere Behandlung für den Fall rechtfertigen, dass Amtsunfähigkeit wegen Geschäftsunfähigkeit nach § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GmbHG eingetreten ist. Allerdings verkennt das OLG, dass zwei Dinge für die Wirksamkeit der Vertretererklärung auseinander zu halten sind: die „Überwindung“ der Amtsunfähigkeit und die „Überwindung“ der Geschäftsunfähigkeit. Beide Unwirksamkeitsgründe sind strikt auseinander zu halten. 937 Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass § 6 Abs. 2 GmbHG erst im Rahmen der GmbH-Novelle eingefügt worden ist und dass dem Registergericht eine „gewisse Überprüfungspflicht obliegt und es jedenfalls bekannte Eintragungshindernisse nicht übergehen darf.“ 938 Zunächst ist es so, dass die Einführung von § 6 Abs. 2 GmbHG nicht dazu geführt hat, dass die eintragungspflichtigen Angaben im Handelsregister erweitert worden sind. 939 Es bleibt allein bei der Bestellung als Tatsache. Ob man dies mit dem Fakt untermauern möchte, dass es bereits vor der Änderung herrschende Meinung im Aktienrecht war, ist nicht entscheidend. 940 934 BGHZ 53, 210, 215; 115, 78, 79 f.; allgemeine Ansicht, statt vieler Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 6 Rn. 13. Vorsichtig aber Stein, LM Nr. 27 zu § 35 GmbHG (allenfalls § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG möglicher Anknüpfungspunkt). A. A. OLG München, JZ 1990, 1029 und offenbar Drescher, WuB II C. § 6 GmbHG 1.91 (sub. 3.); desgleichen auch im Genossenschaftsrecht. Für die mit § 15 HGB vergleichbare Norm des § 29 GenG wird vertreten, dass die Geschäftsunfähigkeit eines Vorstandsmitglieds dem Vertrauen Dritter in das Genossenschaftsregister nicht entgegenstehen soll, OLG Hamm, NJW 1967, 1041, 102 f.; zustimmend Müller, GenG, § 29 Rn. 11; Beuthien, GenG, § 29 Rn. 16 (für dieses Ergebnis soll es unerheblich sein, dass die Geschäftsunfähigkeit nicht Teil des Registerinhalts ist); Ostheim, AcP 169 (1969), 193, 230 f.; deutlich Meyer / Meulenbergh 11, GenG, § 29 Anm. 5 („Der Dritte kann sich aber auf die den Geschäftsunfähigen als VorstMitglied ausweisende Registereintragung berufen.“). 935 Dies hat aber nichts mit der Tatsache zu tun, dass die Amtsunfähigkeit für die Gesellschaft besser erkennbar ist, wie Dreher, DB 1991, 533, 538 für § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG meint. 936 OLG München, JZ 1990, 1029, 1030. 937 BGHZ 115, 78, 79 ff., K. Schmidt, JuS 1991, 1002, 1003; Hager, Jura 1992, 57, 61; Dreher, DB 1991, 533, 538. Kritisch Drescher, WuB II C. § 6 GmbHG 1.91. 938 So aber OLG München, JZ 1990, 1029. 939 Ebenso Dreher, DB 1991, 533, 534.

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Hinzukommt jedoch, worauf Dreher 941 zutreffend hingewiesen hat, dass es im relevanten Fall der Geschäftsunfähigkeit gerade um einen Mangel geht, der notwendig unerkannt bleibt. Die Überprüfungspflicht des Registergerichts hilft in diesem Fall nicht weiter. Im anderen Fall, dass die Geschäftsunfähigkeit dagegen erkennbar ist, wird das Registergericht die Eintragung versagen und ein registerrechtlicher Vertrauensschutz kommt gar nicht erst in Betracht. Schließlich würde ein anderes Verständnis der eintragungspflichtigen Tatsache zu Wertungswidersprüchen führen. Eine besondere Überprüfungspflicht des Registergerichts besteht nur bei der erstmaligen Eintragung des bestellten Geschäftsführers. 942 Nach der Eintragung findet keine vergleichbare fortlaufende Kontrolle der Amtsfähigkeit statt. Das Registergericht wird nur dann ermittelnd tätig, wenn es durch Dritte Kenntnis davon erhält, dass jemand amtsunfähig ist. Geht es um den Fall der nachträglichen Inhabilität, müsste man – um Wertungswidersprüche zu vermeiden – dem Registerschutz die gleiche Reichweite beimessen, obwohl die Kontrolldichte erheblich geringer ist. Von einem solchen Ansatz sollte man absehen. § 15 Abs. 3 HGB ist in seiner Reichweite also beschränkt auf die Frage, ob jemand Geschäftsführer der Gesellschaft ist oder nicht. Anderweitige Vertretungsmängel werden dagegen nicht erfasst. Ist daher der Geschäftsführer geschäftsunfähig, kann mittels § 15 Abs. 3 HGB nur darüber hinweggeholfen werden, dass die Bestellung nichtig und er insoweit nicht Vertreter ohne Vertretungsmacht ist. Die Tatsache, dass Willenserklärungen des Geschäftsunfähigen nichtig sind und er andere nicht wirksam vertreten kann, steht der Wirksamkeit des Geschäfts trotz § 15 Abs. 3 HGB entgegen. 943 b) Spätere Inhabilität und Schutz über § 15 Abs. 1 HGB Gemäß § 15 Abs. 1 HGB kann einem Dritten eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache solange nicht von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, entgegengesetzt werden, wie sie nicht eingetragen und bekanntgemacht 944 ist, es sei denn der Dritte hatte Kenntnis von der Unrichtigkeit. 945 § 15 940 So der Hinweis von Dreher, DB 1991, 533, 534 f. Das OLG München misst diesem Argument ebenso keine besondere Bedeutung bei, JZ 1990, 1029. 941 DB 1991, 533, 535. 942 Und dort wird in der Regel auch nicht umfassend ermittelt werden, vgl. allgemein Canaris, Handelsrecht, § 4 Rn. 14; Hager, Jura 1992, 57, 59. 943 Zur weiteren Lösung siehe unten 2. Teil: G.III.3.b). 944 Noack, FS Eisenhardt, S. 475, 480, möchte der Bekanntmachung im Zuge der elektronischen Führung der Register durch das EHUG eine geringere Bedeutung beimessen. § 15 Abs. 1 HGB sei teleologisch derart zu reduzieren, dass es nur noch auf die Eintragung im Handelsregister ankomme, wenn die Karenzfrist des § 15 Abs. 2 HGB abgelaufen sei. 945 Auch wenn § 15 Abs. 1 HGB bereits vor der in Fn. 906 (2. Teil) erwähnten Publizitätsrichtlinie eingeführt worden ist, dient er mittlerweile auch der Umsetzung dieser

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Abs. 1 HGB regelt die negative Publizität des Registers. 946 Nach herrschender Ansicht handelt es sich wie bei § 15 Abs. 3 HGB um eine konkrete Vertrauensschutzregel. 947 Endet das Amt eines Inhabilen, ist dies ein Fall von § 15 Abs. 1 HGB. 948 Endet die Amtsstellung, ist dies gemäß § 39 Abs. 1 GmbHG eine in den Angelegenheiten der GmbH eintragungspflichtige Tatsache. Selbst wenn die vorherige Bestellung nicht ins Register eingetragen war, ist § 15 Abs. 1 HGB nach herrschender Auffassung anwendbar. 949 Solange das Ende der Organstellung nicht ins Handelsregister eingetragen und nicht bekanntgemacht ist und sofern der Dritte keine Kenntnis der Inhabilität hat, kann die Gesellschaft dem Dritten das Ende der Organstellung nicht entgegenhalten. Anders als bei § 15 Abs. 3 HGB ist § 15 Abs. 1 HGB nach allgemeiner Meinung zu Lasten eines Geschäftsunfähigen anzuwenden, da nicht das Veranlassungs-, sondern das Rechtsscheinsprinzip Grundlage von Abs. 1 ist. 950 Somit sind beide Absätze konsequent zu Lasten Geschäftsunfähiger anwendbar. 951 Auch hier vermag die gegenteilige Ansicht Drehers, § 15 Abs. 1 HGB bei geschäftsunfähigen Geschäftsführern nicht anzuwenden, nicht zu überzeugen. 952 § 15 Abs. 1 HGB beruht nicht auf dem Veranlassungsprinzip, weshalb die Zurechenbarkeit, die Zurechnungsfähigkeit und seine weitere Argumentation in diese Richtung schon gar nicht relevant werden können. 953 Und die von Dreher ausgemachte Inkonsequenz, bei anfänglicher Geschäftsunfähigkeit und Inhabilität keinen registerrechtlichen Schutz nach § 15 Abs. 3 HGB, bei nachträglicher Geschäftsunfähigkeit und Inhabilität diesen Schutz jedoch über § 15 Abs. 1 HGB zu gewähren, tritt nach der hier vertretenen Lösung nicht auf. 954

Richtlinie, die daher bei der Auslegung zu berücksichtigen ist, MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 2, 4, 6. 946 Siehe etwa Baumbach / Hopt, HGB, § 15 Rn. 4. 947 Nachweise zur herrschenden Meinung und zur Gegenansicht bei MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 10. 948 Allgemeine Meinung, statt aller BGHZ 116, 78 ff.; K. Schmidt, JuS 1991, 1002, 1003 f. 949 St. Rspr., etwa BGHZ 116, 37, 44 f., und herrschende Lehre, Baumbach / Hopt, HGB, § 15 Rn. 11; Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, § 15 Rn. 9; a. A. A. Hueck, AcP 118 (1920), 350 ff.; Staub / Hüffer, HGB, § 15 Rn. 20. 950 Vgl. BGHZ 115, 78, 80; K. Schmidt, Handelsrecht, § 14 II.2.c), S. 395; Canaris, Handelsrecht, § 5 Rn. 21; a. A. Hager, Jura 1992, 57, 60 f.; Dreher, DB 1991, 533, 535 ff. 951 Siehe das Ergebnis von oben 2. Teil: G.III.2.a)aa). 952 DB 1991, 533, 536. 953 Wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass diese Merkmale auch bei § 15 Abs. 3 HGB einer Anwendbarkeit nicht entgegenstehen können. 954 Zu Rechtfertigung der „Inkonsequenz“ MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 41.

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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Die Reichweite von § 15 Abs. 1 HGB ist nicht anders zu beurteilen als bei § 15 Abs. 3 HGB. 955 Gründe, von dem oben gefundenen Ergebnis abzuweichen, gibt es nicht. Nur die eintragungspflichtige Tatsache selbst (die Bestellung) wird vom Schutz des § 15 Abs. 1 HGB erfasst. Hefermehl und Spindler kommen dagegen unverständlicherweise zu einem anderen Ergebnis als bei § 15 Abs. 3 HGB. 956 § 15 Abs. 1 HGB könne Dritte bei Eintritt eines gesetzlichen Unfähigkeitsgrundes nicht schützen. Die Rechtslage sei „die gleiche, wie wenn die zum Organ bestellte Person von vorneherein geschäftsunfähig war.“ Für diesen Fall gehen indessen auch Hefermehl und Spindler davon aus, dass § 15 Abs. 3 HGB anwendbar sei, nur über die fehlende Geschäftsfähigkeit nicht hinweghelfe. 957 Die Aussage ist in sich widersprüchlich und daher abzulehnen. 3. Weiterer Vertrauensschutz über Rechtsscheinsgrundsätze a) Überwindung der fehlenden Vertretungsmacht aa) Durch das Handelsrecht Neben den registerrechtlichen Schutz aus § 15 HGB treten die beiden so genannten Ergänzungssätze, die einen konkreten Verkehrsschutz in besonderen Fällen gewähren sollen und dem Dritten die Möglichkeit bieten, trotz der tatsächlich fehlenden Vertretungsmacht am Vertrag festzuhalten. 958 − Wer eine unrichtige Erklärung zum Handelsregister abgegeben hat, kann an dieser von einem gutgläubigen Dritten festgehalten werden. 959 Dieser Satz kann 955

Siehe die Nachweise in Fn. 934 (2. Teil). Das OLG München stellt in seinem Urteil die Behauptung auf, dass die damals herrschende Meinung von einer Anwendbarkeit von § 15 Abs. 1 HGB für den Fall der Geschäftsunfähigkeit eines Geschäftsführers ausgehe, JZ 1990, 1029. Die zitierten Fundstellen sind aber bis auf eine Ausnahme nicht so zu verstehen. Die Zitate der GmbHG-Kommentare enthalten nur die pauschale Aussage, dass ein Schutz des Rechtsverkehrs über § 15 HGB erfolge. Dass Geschäftsunfähige als Ausnahme von § 15 HGB nicht erwähnt werden, lässt nicht den Schluss zu, das die Kommentatoren § 15 HGB zwangsläufig angewendet hätten, um auch die Geschäftsunfähigkeit an sich zu überwinden. Ausnahme ist der vom OLG München zitierte Schneider, Scholz 7, GmbHG, § 6 Rn. 13, der sich ausdrücklich für die Anwendbarkeit von § 15 HGB auf Geschäftsunfähige ausspricht. Die in Bezug genommene Fundstelle aus einem HGB-Kommentar behandelt des Weiteren nur die Frage, ob § 15 Abs. 1 HGB allgemein zu Lasten Geschäftsunfähiger anzuwenden ist, was nicht in Zusammenhang mit dem hier interessierenden Problem steht. 956 MünchKommAktG, § 84 Rn. 199 mit Verweis auf alle Inhabilitätsgründe in Fn. 837. 957 MünchKommAktG, § 84 Rn. 197. 958 Dabei sind diese Regeln subsidiär gegenüber § 15 HGB, Staub / Hüffer, HGB, § 15 Rn. 59; Canaris, Handelsrecht, § 6 Rn. 4. 959 Umfangreiche Nachweise bei MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 101.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

in den seltenen Fällen für einen inhabilen Geschäftsführer relevant werden, in denen die falsche Eintragung der Bestellung bereits erfolgt ist, es aber noch an einer (falschen) Bekanntmachung derselben fehlt und ein Dritter auf die Eintragung vertraut. 960 − Weiter kann derjenige, der die unrichtige Eintragung zwar nicht veranlasst hat, diese aber schuldhaft nicht beseitigt, an der Eintragung von einem gutgläubigen Dritten festgehalten werden. 961 Denkbare Fälle sind etwa – erneut – das Fehlen der Bekanntmachung oder – nach der herrschenden Lehre – eine unrichtige Eintragung und richtige Bekanntmachung; 962 beides Fälle, die äußerst selten sind. bb) Durch das Zivilrecht Ist ein inhabiler Geschäftsführer nicht ins Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht und fehlt es daher am handelsrechtlichen Vertrauensschutz, kann sich die Vertretungsmacht desselben aus einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht ergeben. 963 Eine Duldungsvollmacht wird dann angenommen, wenn jemand (wiederholt) derartig als Vertreter auftritt, dass gutgläubige Dritte auf eine bestehende Vollmacht schließen können, und der Vertretene dieses Verhalten kannte und nicht dagegen eingeschritten ist, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. 964 Eine Anscheinsvollmacht besteht, wenn der Vertretene das Handeln des Vertreters nicht kannte, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können und der Dritte nach Treu und Glauben annehmen durfte, dass das Handeln dem Vertretenen bei verkehrsmäßiger Sorgfalt nicht habe verborgen bleiben können. 965 Besteht eine Rechtsscheinsvollmacht, kann sich der Dritte nach der Rechtsprechung und einem Teil der Lehre nicht mehr darauf berufen, dass tatsächlich ein Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hat. 966 960

MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 103. Siehe ebenfalls die Nachweise bei MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 101. 962 Vgl. Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, § 15 Rn. 38; MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 103. 963 BT-Drs. 8/1347, S. 32; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 10. Der registerrechtliche Schutz schließt den allgemeinen Vertrauensschutz nicht aus, Canaris, Vertrauenshaftung, S. 151; K. Schmidt, Handelsrecht, § 14 I.2., S. 387. 964 BGH, NJW 2002, 2325, 2327; Bork, BGB AT, Rn. 1550 ff.; Köhler, BGB AT, § 11 Rn. 43. 965 BGH, NJW 1981, 1727, 1728; Köhler, BGB AT, § 11 Rn. 44; Larenz / Wolf, BGB AT, § 48 Rn. 25; einschränkend Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 101; Canaris, Handelsrecht, § 16 Rn. 17. 966 BGHZ 86, 273, 274 ff.; MünchKommBGB / Schramm, § 176 Rn. 75 m.w. N.; a. A. Canaris, Vertrauenshaftung, S. 518 f.; Larenz / Wolf, BGB AT, § 48 Rn. 33. 961

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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b) Überwindung der Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsführers aa) Lösungsansätze Handelt ein Geschäftsunfähiger als Geschäftsführer, stellt sich neben der fehlenden Vertretungsmacht das weitere Problem, dass dessen Willenserklärungen nichtig sind, § 105 Abs. 1 BGB. Hier helfen weder § 15 HGB noch die Ergänzungssätze noch Rechtsscheinsvollmachten. Das Vertretergeschäft bleibt weiter unwirksam. Dieses Ergebnis wird zu Recht allgemein als unbillig empfunden, da es allein zu Lasten des (handelsrechtlichen) Geschäftsverkehrs geht, obwohl die Gesellschaft dem Risiko tatsächlich näher steht und die Einwirkungsmöglichkeiten auf den Geschäftsverkehr verantwortet hat. 967 Hinzukommen kann, dass auch die Gesellschaft ein besonderes Interesse am Geschäft hat. 968 Es sind daher verschiedene Lösungsansätze entworfen worden, um das Risiko des geschäftsunfähigen Vertreters auf die Gesellschaft zu übertragen. Der eine Ansatz befasst sich mit Möglichkeiten, das Handeln des Geschäftsführers als wirksames Handeln der Gesellschaft zuzurechnen. Der andere Ansatz hält eine Zurechnung nicht für möglich und versucht daher über Schadensersatzansprüche einen Ausgleich für den Geschäftsverkehr zu schaffen. Angesichts der Vielzahl an Lösungswegen soll kurz auf die verschiedenen Ansätze und deren Überzeugungskraft eingegangen werden: − Die Nichtigkeit der Vertretererklärung soll im Fall eines geschäftsunfähigen Organs im Wege einer teleologischen Reduktion des § 105 BGB eingeschränkt werden. 969 Gegen diese Möglichkeit spricht jedoch der Wortlaut von § 165 BGB und der gesetzgeberische Wille. 970 − Eine wertende Betrachtung des § 105 Abs. 1 BGB soll darüber entscheiden, ob dieser überhaupt auf Organhandlungen als Eigenhandeln der Gesellschaft anwendbar ist. 971 So könnte dessen Anwendungsbereich auf die offensichtliche Geschäftsunfähigkeit des Organs beschränkt werden. Auch bei diesem Ansatz bestehen Bedenken. § 165 BGB (und dann auch der Umkehrschluss auf die Nichtigkeit) sollen nach dem gesetzgeberischen Willen auch bei Verbänden anwendbar sein. 972 Damit wird für eine wertende Betrachtung des § 105 BGB kein Raum mehr bleiben können.

967

BGHZ 115, 78, 82; W.-H. Roth, JZ 1990, 1030; OLG München, JZ 1990, 1029, 1030; Stein, LM Nr. 27 zu § 35 GmbHG; Lutter / Gehling, JZ 1992, 154; a. A. MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 84 Rn. 198; Dreher, DB 1991, 533, 537. 968 W.-H. Roth, JZ 1990, 1030, 1031. 969 Vgl. W.-H. Roth, JZ 1990, 1030. 970 W.-H. Roth, JZ 1990, 1030, 1031. 971 Siehe W.-H. Roth, JZ 1990, 1030, 1031. 972 Protokolle zum BGB, Band I, S. 138 f.; K. Schmidt, JuS 1991, 1002, 1003.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

− BGH 973 und herrschende Lehre 974 wenden die allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze an. Danach haftet die Gesellschaft, wenn die Geschäftsunfähigkeit für die Gesellschafter unter Berücksichtigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar war. 975 Zurechnungstatbestand ist die Eintragung des geschäftsunfähigen Organs im Handelsregister; 976 das Vertrauen des Rechtsverkehrs sei zu schützen, wie sich aus § 15 HGB und § 10 Abs. 1 S. 2 GmbHG ergebe. 977 Der Rechtsschein wirke zu Lasten der GmbH und nicht zu Lasten des Geschäftsunfähigen. 978 Gegen diese Lösung kann man verschiedene (im Ergebnis nicht durchgreifende) Argumente einwenden. Zunächst erscheint es widersprüchlich, die Eintragung im Handelsregister als Rechtsscheinstatbestand für die Geschäftsunfähigkeit zuzulassen, bei § 15 HGB aber nicht. § 15 HGB erstreckt seinen Schutz indessen nur auf die einzutragende Tatsache (die Bestellung bzw. deren Ende). Tatsächlich vermittelt die Eintragung aber durch die – wenn auch eingeschränkte – registerrechtliche Kontrolle der Habilität ein Mehr an Vertrauen bezüglich § 6 Abs. 2 GmbHG. 979 Weiter kann durch die Rechtsscheinsgrundsätze nur eine Scheinvertretungsmacht herbeigeführt werden, da eine „Scheingeschäftsfähigkeit“ dem BGB fremd sei. 980 Im Grunde genommen geht es aber nicht darum, den Tatbestand der „Scheingeschäftsfähigkeit“ einzuführen, sondern um die Möglichkeit eine Vertretungsmacht ausüben zu können. 981 Die Zurechnung möchte nur die Vertretungsfähigkeit erreichen und dem Geschäftsunfähigen 973

BGHZ 115, 78, 81 ff.; BGH, NZG 2002, 813, 815; anders noch BGHZ 53, 210, 215. Grundlegend Ostheim, AcP 169 (1969), 193, 224 ff.; MünchKommBGB / Schramm, § 165 Rn. 13; K. Schmidt, JuS 1991, 1002, 1005; Canaris, in: FG 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 121, 161; Soergel / Leptien, BGB, § 165 Rn. 1; a. A. GroßkommAktG 3 / Meyer-Landrut, § 76 Anm. 17. Die Lösung wird zum einen als Fortentwicklung der Anscheinsvollmacht verstanden (K. Schmidt, JuS 1991, 1002, 1005), auf der anderen Seite wird versucht, sie aus den oben erwähnten Ergänzungssätzen abzuleiten (Canaris, in: FG 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 121, 161). Eine Ableitung aus den Ergänzungssätzen hat den Nachteil, dass ein Verschuldenserfordernis bei der Veranlassung einer unrichtigen Eintragung eigentlich besteht und dieser Satz daher weiterentwickelt werden müsste, insofern kritisch Lutter / Gehling, JZ 1992, 154, 155. 975 Dass der Dritte gutgläubig sein muss, ergibt sich von selbst, wird aber vom BGH und der herrschenden Lehre nicht gesondert erwähnt, deutlich nur Ostheim, AcP 169 (1969), 193, 226 f. 976 BGHZ 115, 78, 83; W.-H. Roth, JZ 1990, 1030, 1031; Soergel / Leptien, BGB, § 165 Rn. 1; Ostheim, AcP 169 (1969), 193, 227. 977 BGHZ 115, 78, 81; BGH, NZG 2002, 813, 815. 978 BGHZ 115, 78, 81; W.-H. Roth, JZ 1990, 1030, 1031. 979 Ähnlich Stein, LM Nr. 27 zu § 35 GmbHG; W.-H. Roth, JZ 1990, 1030, 1031; Soergel / Leptien, BGB, § 165 Rn. 1. 980 So der Vorwurf von Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 6 Rn. 13 und MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 51. 981 Vgl. auch K. Schmidt, JuS 1991, 1002, 1005. 974

G. Rechtsfolgen bei Amtsunfähigkeit gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG

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keine weitergehende Rechtsposition vermitteln; es geht also eher um eine „Scheinvertretungsfähigkeit“. Schlussendlich soll die Anwendung der Rechtsscheinsgrundsätze bloß zu Lasten der Gesellschaft nicht dafür sprechen, diese Grundsätze bei einem geschäftsunfähigen Organ zu nutzen. 982 Es sei Prinzip des bürgerlichen Rechts, dass ein Geschäftsunfähiger nicht Vertreter sein könne. Diese Sichtweise übersieht, dass es um eine Ausnahme im Bereich des Handelsverkehrs geht, nicht um eine allgemeine Ausnahme. Und die Ausnahme dient dazu, ein billiges und gerechtes Ergebnis zu schaffen. − Schließlich kann durch eine reine Billigkeitslösung eine Zurechnung geschaffen werden. 983 Diese Lösung ist aber unbefriedigend, da sie nicht auf einheitliche Kriterien abstellt und für den gleichen Fall zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Vor allem gibt es keinen Grund, auf diese Lösung auszuweichen, da dogmatisch fundierte Wege bereitstehen. − Statt der Zurechnung hafte die Gesellschaft entsprechend § 122 BGB 984 oder aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB). 985 Da nach der hier vertretenen Ansicht eine Zurechnung des Handelns möglich und sinnvoll ist, hat die Schadensersatzhaftung auf das negative Interesse nur in wenigen Konstellationen eigenständige Bedeutung. Die Haftung bleibt aber neben der Zurechnung möglich. 986 bb) Probleme der Zurechnungslösung Die Zurechnungslösung über die allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze erscheint damit vorzugswürdig, um das Problem des Geschäftsunfähigen zu lösen. Auf einige besondere Schwierigkeiten ist aber hinzuweisen. 987 982

Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 6 Rn. 13. Vgl. OLG Hamm, NJW 1967, 1041, 1042 (zum Genossenschaftsrecht), das zwar davon spricht, dass Billigkeitserwägungen im Falle eines geschäftsunfähigen Organs nicht weiterhelfen, diese dann aber tatsächlich zur Grundlage des Urteils macht. Kritisch daher Prost, NJW 1967, 1041 f. 984 Ostheim, AcP 169 (1969), 193, 221 ff.; Canaris, in: FG 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 121, 162. Ob der Vertretene außerhalb des Handelsrechts für einen geschäftsunfähigen Vertreter entsprechend § 122 BGB einzutreten hat, ist umstritten, dafür Canaris, Vertrauenshaftung, S. 537; Ostheim, AcP 169 (1969), 193, 221 ff.; dagegen Staudinger / Singer, BGB, § 122 Rn. 6; Palandt / Heinrichs, BGB, § 122 Rn. 2. 985 Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 6 Rn. 13; eine c. i. c.-Haftung für vorzugswürdiger hält MünchKommHGB 2 / Krebs, HGB, § 15 Rn. 51. 986 Canaris, in: FG 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 121, 162; Soergel / Leptien, BGB, § 165 Rn. 1; Ostheim, AcP 169 (1969), 193, 223 ff. 987 Drescher, WuB II C. § 6 GmbHG 1.91 (sub. 5), befürchtet Beweisprobleme bei einer Lösung über die allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze. Stein, LM Nr. 27 zu § 35 GmbHG, bemängelt, dass auf individuelle Elemente abgestellt werde, obwohl es um den Verkehrsschutz gehe, weshalb sie die – oben bereits abgelehnte – Lehre von der fehlerhaften Organstellung vorzieht. 983

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Die Anfechtung eines unter den Gesichtspunkten einer Anscheinsvollmacht zurechenbaren Rechtsgeschäfts scheidet für den Vertretenen nach herrschender Meinung aus, da ein Rechtsschein nicht angefochten werden kann; 988 diese herrschende Meinung entspricht im vorliegenden Fall dem Ziel, dass mit der Zurechnung gerade verfolgt wird (Schutz des Rechtsverkehrs durch einen Erfüllungsanspruch), so dass ihr (wenigstens) hier gefolgt werden sollte. 989 Liegt aber ein Zurechnungstatbestand vor, so steht dem Dritten nach BGH und einem Teil der Lehre kein Wahlrecht zu. 990 Anders als bei § 15 HGB müsste sich der Dritte am Rechtsschein festhalten lassen. Dies wird in der Regel auch seinen Interessen entsprechen, stellt ihn aber unter Umständen schlechter als bei § 15 HGB. Zurechnungstatbestand ist die Eintragung im Handelsregister. Zwar formuliert der BGH, dass der Rechtsverkehr erwarten könne, dass die Gesellschaft einen erkennbar Geschäftsunfähigen nicht zum Geschäftsführer bestellen werde, 991 aber dies alleine kann nicht ausreichender Rechtsscheinstatbestand sein. 992 Ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Gesellschafter das Risiko besser beurteilen können; 993 dies sind Wertungsgesichtspunkte, die für eine Zurechnung sprechen können, sorgen selbst aber nicht für die Zurechnung. Man könnte einen anderen möglichen Zurechnungstatbestand in einer Verlautbarung der Bestellung nach außen sehen. 994 Allerdings wird es sich bei dieser Verlautbarung fast immer um die Bekanntmachung der Registereintragung handeln, so dass sich die Situation im Ergebnis nicht anders darstellt als bei der Registereintragung. 995 Lutter und Gehling hingegen sehen allein in der Bestellung den Zurechnungstatbestand. 996 Daher lösen sie die Zurechnung über die Rechtsscheinsgrundsätze aus dem Handelsrecht und sehen sie als Teil der allgemeinen Rechtsgeschäftelehre. Dabei verkennen Lutter und Gehling, dass durch die (beschränkte) registergerichtliche Kontrolle der Bestellung nach der Bestellung und der Eintragung die Vertrauensgrundlage erhöht wird. Es geht allein um ein Problem des Handels- und Registerrechts. K. Schmidt hat auf einige weitere Konsequenzen und offene Fragen dieser Lösung aufmerksam gemacht. 997 Ungeklärt sei, ob der Vertrag wirksam oder nur 988 Allgemein zum Streit und zur herrschende Meinung Staudinger / Schilken, BGB, § 167 Rn. 45 m.w. N. 989 A. A. Lutter / Gehling, JZ 1992, 154, 155. 990 Siehe die Nachweise in Fn. 966 (2. Teil). 991 BGHZ 115, 78, 83. 992 A. A. Canaris, in: FG 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 121, 162, wenn auch mit Zweifeln. 993 Vgl. BGHZ 115, 78, 83. 994 Siehe etwa BGHZ 17, 13, 18. 995 Löst man die Verlautbarung von der handelsregisterlichen Bekanntmachung, näherte man sich der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre (vgl. §§ 170 –172 BGB), sofern man auch dann die innere Rechtfertigung dieser Zurechnung nicht gerade in den Besonderheiten des Handelsrechts verankert sieht. 996 JZ 1992, 154 f.

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die Berufung auf die Nichtigkeit des Vertreterhandelns gemäß § 242 BGB ausgeschlossen sei. 998 Des Weiteren unterscheide sich der Schutz über die allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze von dem, den man erhielte, wenn man den Vertrauensschutz von § 15 HGB auf den Schutz der Geschäftsfähigkeit erstreckte, wie er für eine Ein-Mann-GmbH darlegt. Fraglich sei im Übrigen, ob der Anscheinstatbestand allen Gesellschaftern zurechenbar sein müsse, und ob die Kenntnis eines Mitgeschäftsführers als der Gesellschaft zurechenbare Kenntnis bereits für eine Haftung ausreiche. cc) Ergebnis Trotz dieser Schwierigkeiten ist das Handeln eines Organs, das nach der Bestellung und Eintragung ins Handelsregister geschäftsunfähig wird, nach allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen zurechenbar. Neben der Registereintragung als Zurechnungstatbestand muss die Geschäftsunfähigkeit für die Gesellschafter oder habilen Geschäftsführer bei Beobachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar gewesen und die Gesellschafter müssen untätig geblieben sein.

IV. Folgen für die Gesellschaft und Gesellschafter Besitzt eine GmbH im Zeitpunkt der Anmeldung (nur) einen inhabilen Geschäftsführer, wird sie vom Registergericht nicht eingetragen. 999 Erfolgt irrtümlich eine Eintragung, gilt die Gesellschaft als Scheingesellschaft und kann von Amts wegen gemäß § 142 FGG wegen eines schwerwiegenden Verfahrensfehlers gelöscht werden. 1000 Ein inhabiler Geschäftsführer einer eingetragenen GmbH ist von Amts wegen zu löschen. Sofern die Gesellschafter keinen neuen Geschäftsführer bestellen, wird ein Notgeschäftsführer analog § 29 BGB bestellt. 1001 Eine allgemeine Pflicht der Gesellschaft oder der Gesellschafter, ein Handeln des inhabilen (faktischen) Geschäftsführers zu unterbinden, gibt es nicht. Al997

JuS 1991, 1002, 1005. Eine Festlegung ist wohl nur aus dogmatischen Gründen interessant und soll daher hier unterbleiben. 999 §§ 9c Abs. 1, 7, 8 GmbHG. Besitzt die GmbH andere habile Geschäftsführer in der vorgesehenen Anzahl, wird nur der inhabile Geschäftsführer nicht eingetragen, die Gesellschaft hingegen schon, MünchHdb. GesR III / Heinrichs, § 12 Rn. 47. 1000 Michalski / Heyder, GmbHG, § 6 Rn. 85, § 77 Rn. 6; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 7 Rn. 4; MünchHdb. GesR III / Heinrichs, § 12 Rn. 47, 49; a. A. Gersch / Herget / Marsch / Stützle, GmbH-Reform 1980, Rn. 188. 1001 Zum Notgeschäftsführer statt vieler Helmschrott, ZIP 2001, 636 ff. 998

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

lerdings wird ein besonderes Interesse der Gesellschafter und der Gesellschaft bestehen, diesen Zustand zu verhindern, insbesondere, wenn es sich um einen geschäftsunfähigen Geschäftsführer handelt. Ist eine Maßnahme eines faktischen Geschäftsführers nämlich (endgültig) unwirksam, kann dies bedeuten, dass Beschlüsse anfechtbar, Geschäfte oder Jahresabschlüsse unwirksam sind. 1002 Vertraglich wird die Gesellschaft nach Maßgabe der in diesem Kapitel dargelegten Grundsätze verpflichtet. Eine deliktische Haftung für das Handeln des inhabilen Geschäftsführers analog § 31 BGB 1003 oder direkt aus § 826 BGB wegen der Schädigung Dritter ist möglich. Die Gesellschaft haftet zudem aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB), 1004 wenn für sie schuldhaft ein inhabiler Geschäftsführer als Geschäftsführer auftritt. Ebenso wird sie gemäß § 823 Abs. 2 i.V. m. § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG haften müssen. Die Gesellschafter sind aus der Treuepflicht verpflichtet, Informationen über die Habilität eines Geschäftsführers der Gesellschaft und den Gesellschaftern mitzuteilen. 1005 Für eine Verletzung haben sie der Gesellschaft einzustehen. Möglich ist weiter ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter gemäß § 9a Abs. 1 GmbHG. 1006 Dritten gegenüber kann direkt aus Delikt (§ 826 BGB) gehaftet werden. 1007 Ein Inhabiler, der als Gesellschafter von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht und so tatsächlich die Geschäfte der GmbH leitet, kann nur unter engen Voraussetzungen haften. 1008 Das Ausnutzen des gesetzlich vorgesehenen Weisungsrechts ist allein nicht ausreichend, um den Gesellschafter zum faktischen Geschäftsführer zu machen bzw. ihm eine Umgehung seiner Amtsunfähigkeit vorzuwerfen. Möglich erscheint auch eine Durchgriffshaftung wegen des Missbrauchs der Rechtsform. Nutzt ein inhabiler Geschäftsführer die Rechtsform der GmbH planmäßig und bewusst zu kriminellen oder anderen gläu-

1002 Dies muss die Gesellschaft hinnehmen, da sie die Habilität ihres Organs besser beurteilen kann und es daher gerechtfertigt ist, sie die Verantwortung tragen zu lassen, vgl. BGHZ 115, 78, 83. Allerdings bestehen Rückgriffsansprüche gegen den Geschäftsführer, da dieser seine Informationspflicht verletzt hat. 1003 Für § 31 BGB genügt es, „daß dem Vertreter durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, daß er also die juristische Person auf diese Weise repräsentiert (...).“, BGHZ 49, 19, 21 m.w. N. Unter diese Definition ist der faktische Geschäftsführer zu subsumieren. 1004 Vgl. die Nachweise in Fn. 986 (2. Teil). Ob eine Zurechnung des Organhandelns über § 278 BGB oder nur über § 31 BGB erfolgt, ist umstritten, vgl. Erman / H. P. Westermann, BGB, § 278 Rn. 9. 1005 Siehe zur Informationspflicht aus der Treuepflicht BGH, NJW 2007, 917. 1006 Siehe schon oben 2. Teil: G.II.4.c). 1007 Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 33, 83. 1008 Vgl. BGHZ 31, 258, 277 ff.; Baumbach / A. Hueck 18 / Zöllner / Noack, GmbHG, § 43 Rn. 3; sehr weit dagegen Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 15.

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bigerschädigenden Zwecken und lenkt er selbst als (faktischer) Geschäftsführer die Geschäfte, 1009 missbraucht er die beschränkte Haftung. 1010 Die Gesellschafter könnten weiter gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG gegenüber Dritten dafür haften, dass sie einen inhabilen Geschäftsführer für die Gesellschaft als (faktischen) Geschäftsführer haben auftreten lassen. § 6 Abs. 2 GmbHG ist – wie schon gezeigt – Schutzgesetz. Und selbst wenn man annimmt, dass primär der Inhabile Adressat der Norm ist, wendet sich die Norm auch an die Gesellschafter, die besagte Person nicht als Geschäftsführer einzusetzen. Der Schutzzweck sieht ebenso vor, dass Dritte nicht durch den Inhabilen geschädigt werden, was auch in der Verantwortung der Gesellschafter liegt. Ausschlaggebend für eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB hat aber eine wertende Betrachtung zu sein. Die Außenhaftung darf nicht im Widerspruch zum haftpflichtrechtlichen Gesamtsystem bzw. zu anderen (versagten) Schadensersatzansprüchen stehen. Der Einsatz eines inhabilen Geschäftsführers ist für die Gesellschafter weitgehend sanktionslos. Es gibt keine strafrechtlichen Sanktionen, zivilrechtlich wird nur dann gehaftet, wenn vorsätzliche Straftaten mittels des Inhabilen begangen werden (z. B. § 823 Abs. 2 i.V. m. § 263 StGB) oder Dritte vorsätzlich sittenwidrig geschädigt werden (§ 826). Eine mögliche Haftung des Gesellschafters für fahrlässig herbeigeführte Vermögensschäden kennt das GmbH-Recht insoweit in der Regel nicht. 1011 Hinzukommt, dass der Gesetzgeber nur bei der Errichtung der Gesellschaft den Gesellschaftern eine Einstandspflicht für dessen falsche Versicherung vor dem Registergericht auferlegt hat. Die Gesellschafter sind in diesem Fall für den Einsatz eines inhabilen Geschäftsführers verantwortlich. Die Haftung aus § 9a Abs. 1 GmbHG besteht sogar für eine fahrlässige Pflichtverletzung, indessen handelt es sich nur um eine Binnenhaftung. Nähme man bei der Errichtung der Gesellschaft neben § 9a Abs. 1 GmbHG eine Außenhaftung der Gesellschafter gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG an, wäre diese Binnenhaftung für die Gesellschafter wertlos. Die gesetzliche Beschränkung würde ausgehebelt. Nun ließe sich zwar argumentieren, dass die Außenhaftung dann nur in diesem Fall ausgeschlossen sei, da auch nur dort eine eigenständige Haftungsnorm existiere, nicht aber beim späteren Betrieb. Dies überzeugt freilich nicht. Der Gesetzgeber hat allein bei der Errichtung der Gesellschaft eine Verantwortlichkeit der Gesellschafter vorgesehen, nicht aber beim Betrieb. Ersatzansprüche werden 1009 Tritt er dabei nicht nach außen auf, sondern beschränkt sich darauf, (von Gesetzes wegen unwirksame) Weisungen zu erteilen, die der Geschäftsführer aber tatsächlich erfüllt, wird der Gesellschafter haften müssen. 1010 Vgl. § 9a Abs. 3 GmbHG: keine Kenntnis oder Kennenmüssen. 1011 Vgl. Larenz / Canaris, Schuldrecht BT II/2, § 77 II 4, S. 437.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

insgesamt versagt. Dies wird dadurch gestützt, dass im MoMiG eine Schadensersatzhaftung der Gesellschafter als reine Binnenhaftung konzipiert ist. 1012 Über den Umweg des § 823 Abs. 2 BGB können hier daher keine Einstandspflichten kreiert werden. 1013 Eine Haftung gegenüber der Gesellschaft kommt nicht in Betracht, da diese nur als bloßer Reflex von § 6 Abs. 2 GmbHG geschützt wird und daher nicht vom Schutzbereich der Norm erfasst ist. Setzen die Gesellschafter einen inhabilen Geschäftsführer gezielt ein, haften sie aus § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. Strafgesetzen, nicht aber i.V. m. § 6 Abs. 2 GmbHG.

V. Zusammenfassung Ein inhabiler Geschäftsführer ist allein vom Amt des Geschäftsführers ausgeschlossen. Tritt er dennoch für die Gesellschaft als Geschäftsführer auf, kann er als faktischer Geschäftsführer eine Vielzahl an Pflichten und Rechten haben. Er haftet für diese Pflichtverletzungen als faktischer Geschäftsführer und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 6 Abs. 1, 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG (und anderen Strafgesetzen) gegenüber Dritten; gegenüber der Gesellschaft haftet er aus einer Verletzung von Informationspflichten. Der ausgeschlossene Geschäftsführer handelt als Vertreter ohne Vertretungsmacht, so dass er eventuell aus § 179 Abs. 1 BGB haften kann. Der Rechtsverkehr wird durch § 15 HGB und die Rechtsscheinsgrundsätze geschützt. Die Gesellschaft kann daneben aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) 1014, gemäß § 823 Abs. 2 i.V. m. § 6 Abs. 2 GmbHG, § 826 BGB und aus einem analog § 31 BGB zurechenbaren deliktischen Handeln des Inhabilen haften. Die Gesellschafter haften in den seltenen Fällen des § 9a Abs. 1 GmbHG gegenüber der Gesellschaft oder aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. Strafgesetzen, 826 BGB gegenüber Dritten.

1012 Vgl. Anlage zur BR-Drs. 141/02, S. 71, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 10, BTDrs. 16/9737, S. 11, 96 (elektronische Vorabfassung) und sogleich. 1013 Selbst in dem Fall, in dem ein faktischer Geschäftsführer die Geschicke der GmbH leitet, werden die Gesellschafter nicht in die Verantwortung genommen, obwohl sie die gesetzlich vorgesehene Organisationsstruktur der GmbH ignorieren. 1014 Das Organhandeln wird entweder über § 278 BGB oder über § 31 BGB zugerechnet, siehe Fn. 1004 (2. Teil).

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VI. Reform: Keine Modifikation der Rechtsfolgen Reformüberlegungen zu den Rechtsfolgen einer Inhabilität können an verschiedenen Punkten ansetzen: der Nichtigkeitsfolge, den Folgen für den Rechtsverkehr, der Reichweite und der Haftung der Beteiligten. 1. Änderung der Nichtigkeitsfolge? Wie bereits erwähnt, bemängelte die Centrale für GmbH, dass die Nichtigkeitsanordnung zu weit reiche und durch eine Verschuldenshaftung sowie die Möglichkeit des Registergerichts, eine Abberufung zu erzwingen, zu ersetzen sei. 1015 Die Amtsunfähigkeit soll aber gerade einen präventiven Schutz bezwecken, der durch die Haftung nicht in einem vergleichbarem Maße erreicht werden kann. Da der präventive Schutzeffekt von Haftungsnormen stark von der persönlichen finanziellen Ausstattung abhängig ist, bietet eben nur die non-monetäre Sanktion eines zwingenden Ausschlusses einen gesicherten und großen Präventivschutz. Auch die Idee, neben der finanziellen Sanktion ein Abberufungserzwingungsverfahren zu schaffen, ändert an der Wertung nichts. Solche Abberufungserzwingungsverfahren existieren bislang im Banken- und Versicherungsaufsichtsrecht. Aber auch dort gelten die Regeln von § 6 Abs. 2 GmbHG parallel, sofern das Unternehmen in der Rechtsform der GmbH betrieben wird. Schließlich geht es mit § 6 Abs. 2 GmbHG darum, die Personen auszuschließen, die keine Gewähr für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Gesellschaft bieten. Bei diesen soll auch in den besonderen Branchen nicht erst ein langwieriges Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt werden, um letztendlich den Geschäftsführer aus dem Amt zu entfernen. Eine effektive und schnelle Gefahrenabwehr erfordert daher die direkte Nichtigkeitsfolge. Hinzukommt, dass das Registergericht nicht unbedingt dafür geeignet erscheint, dieses Erzwingungsverfahren durchzuführen. Die erwähnten Branchen sind besonders reguliert und besitzen mit der BaFin eine Aufsichtsbehörde, die eine effektivere Kontrolle bietet als das Registergericht. Mülbert schlägt dagegen (für die AG) vor, die Geschäftsführungsbefugnis nur auf einen bestimmten Bereich (den Kapitalmarkt bei Verletzung kapitalmarktrechtlicher Informationsgebote) zu beschränken. 1016 Dieser Vorschlag mag für die AG und Bereiche des Kapitalmarkts wegen des spezifischen Verstoßes und der Kontrolle durch die BaFin eventuell seine Berechtigung haben. 1017 Für die GmbH und deren weite Verbreitung ohne eine vergleichbare behördliche Kontrolle wird eine solche Einschränkung keinen effektiven Schutz bieten. 1015 1016 1017

GmbHR 1978, 193, 196. JZ 2002, 826, 835. Kritisch Fleischer, WM 2004, 157, 166.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Damit ist die Nichtigkeitsfolge beizubehalten. 2. Rechtsfolgen für Rechtsgeschäfte des inhabilen Geschäftsführers, dessen Rechte und Pflichten Insbesondere Stein plädiert seit langem dafür, dass der inhabile Geschäftsführer – unter gewissen Umständen – als fehlerhaftes Organ behandelt werden sollte. 1018 Gegen diese Ansicht wurden bereits oben Bedenken deutlich gemacht, so dass dieser Vorschlag nicht weiter diskutiert werden soll. Ein inhabiler Geschäftsführer soll soweit wie möglich aus dem Rechtsverkehr rausgehalten werden; dies verträgt sich mit dem Prinzip der fehlerhaften Organstellung aber nicht. Leichte Bedenken mag man haben, dass die Gesellschaft durch die „nur“ faktische Geschäftsführung vor einige Probleme gestellt wird, was die Wirksamkeit von Geschäftsführerhandlungen anbelangt. Diese Risikoverteilung ist indessen gerechtfertigt, da die Gesellschaft den Geschäftsführer aussucht und sie das Risiko einfacher erkennen kann als der Rechtsverkehr. Der schutzbedürftige Rechtsverkehr wird – so wie es der Gesetzgeber bereits 1977 formuliert hat 1019 – durch § 15 HGB und die allgemeinen Rechtsscheinshaftung ausreichend geschützt. Änderungen sind daher nicht anzustreben. 3. Reichweite der Inhabilität In den letzten Jahren wird zunehmend kritisiert, dass die Reichweite von § 6 Abs. 2 GmbHG zu eng sei. Ähnlich wie in England sollte nicht nur das Amt des Geschäftsführers, sondern jegliche leitende oder beratende Tätigkeit, auch die als faktischer Geschäftsführer, in einer GmbH untersagt werden. 1020 Strohmannkonstruktionen durch einen Mehrheitsgesellschafter ließen sich bislang nicht verhindern. 1021 Andere fordern, die Inhabilität wenigstens auf die Prokuristenstellung zu erweitern. 1022 Von solchen Erweiterungen ist abzuraten. Die Inhabilität beschränkt sich deshalb auf den Geschäftsführer, weil dieser Organ der Gesellschaft ist und gegenüber 1018

Das faktische Organ, S. 140 ff.; LM Nr. 27 zu § 35 GmbHG. BT-Drs. 8/1347, S. 32. 1020 Vgl. Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 331. 1021 Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 81, der deshalb prognostiziert, dass vom Ausschluss nicht zu viel zu erwarten sei. 1022 Wachter, GmbHR 2004, 88, 99. Tendenziell ebenso, aber mit größerem Anwendungsbereich Haas, WM 2006, 3169, 1372 (Aufsichtsrat, Prokurist, Generalbevollmächtigter). Schon Bokelmann, ZRP 1978, 33, 34, machte auf ähnliche Bedenken der Registergerichte aufmerksam. 1019

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dem Rechtsverkehr die schon so häufig erwähnte Garantenposition innehat. Seine Stellung, seine Rechte und Pflichten rechtfertigen die Anforderungen an das Amt. Ein Prokurist hat zwar auch eine bedeutende Stellung in einer Gesellschaft, aber diese ist gegenüber der des Geschäftsführers weit weniger verantwortungsvoll gegenüber dem Rechtsverkehr. In der Hierarchie über ihm ist der Geschäftsführer, der den Prokuristen als Maßnahme der Geschäftsleitung eben auch anzuleiten hat. Die Anforderungen für den Geschäftsführer daher unmodifiziert auf den Prokuristen zu übertragen, ist nicht möglich und birgt auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG Konfliktpotenzial. Dies schließt natürlich nicht aus, sich Gedanken zu machen, ob nicht eigenständige Ausschlusstatbestände für einen Prokuristen zu schaffen sind. 1023 Ebenso wenig sollte eine Inhabilität auf alle möglichen leitenden und beratenden Tätigkeiten erstreckt werden. Bei diesen gilt noch mehr, dass Schwierigkeiten bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bestehen. Die Besonderheiten der Organposition sind Grund für die Amtsvoraussetzungen. Daraus resultiert auch, dass sich der derzeitige Ausschluss unter anderem nur deshalb rechtfertigen lässt, weil sich die Rechtsfolgen auf den Ausschluss von der Geschäftsführung beschränken. Weiterreichende Folgen werden – ohne weitere Einschränkungen und Ausnahmen – gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen. Hinzukommt, dass die Frage gestellt werden muss, wie dieses umfassende Verbot abgesichert werden soll. Das Registergericht wird kaum in der Lage sein, zu prüfen, wer und in welcher Weise in der GmbH wirkt und ob er nicht dem Grunde nach von der Tätigkeit ausgeschlossen ist. Und ob die Kontrollen effektiv sind und Wirkungen zeigen, sind die sich anschließenden Fragen. Probleme treten des Weiteren mit der Organisation der GmbH auf. Wenn jegliche beratende oder leitende Tätigkeit ausgeschlossen ist, wie soll dies mit dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung in Einklang gebracht werden? Bestehen Stimmverbote oder sogar Ausschlussgründe für den besagten Gesellschafter? Auch wenn er Mehrheitsgesellschafter ist und eine (vernünftige) Weisung erteilen möchte? Darf er sich überhaupt noch in die Gesellschaft und deren Geschäftspolitik (Beratung!) einbringen? Was ist dann mit seinen Grundrechten als Gesellschafter? Bei der derzeitigen Organisation der GmbH wird man kaum einem Mehrheitsgesellschafter pauschal das Weisungsrecht vorenthalten können, ohne dass erhebliche grundrechtliche Bedenken bestehen werden. 1024 Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass gläubigergefährdende Weisungen unwirksam sind und daher bereits ein milderes Mittel besteht, um den Geschäftsverkehr zu schützen. Ein Ausschluss des inhabilen Geschäftsführers als Gesellschafter einer GmbH insgesamt ist verfassungsrechtlich wohl nicht möglich. 1023

Dies ist aber eine Frage, der in dieser Arbeit nicht weiter nachgegangen werden

soll. 1024

Bedenken auch bei Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 332.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Der Vorschlag, die Ausschlussgründe auch auf die faktische Geschäftsleitung zu erstrecken, ist überflüssig, denn § 6 Abs. 2 GmbHG erfasst auch bereits jetzt schon diese. Diese Überlegungen zeigen, dass die Reichweite des Amtsausschlusses beibehalten werden sollte. 4. Schadensersatzhaftung a) Haftung des Geschäftsführers Der Geschäftsführer haftet nach der hier vertretenen Ansicht in aller Regel nach § 823 Abs. 2 i.V. m. § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG gegenüber Dritten. Das notwendige Verschulden wird gegeben sein. Es ließe sich überlegen, daneben eine eigene gesellschaftsrechtliche Haftungsnorm gegenüber Dritten zu schaffen. 1025 Da diese sich aber von der Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB nicht unterscheiden wird, würde diese Norm keinen Mehrwert bieten. 1026 Sie müsste ebenfalls an ein Verschulden anknüpfen und müsste alle Schäden erfassen, die ein Dritter durch den Inhabilen (etwa die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit durch die Gesellschaft) erleidet. Zur Klarstellung kann man eine solche Norm fordern. Notwendig ist sie freilich nicht. 1027 b) Haftung der Gesellschafter Ein ausführlicherer Blick ist der Schadensersatzhaftung der Gesellschafter zu widmen. Bislang haften diese nur im Fall eines strafbaren Verhaltens oder über § 826 BGB. Überlegenswert erscheint, ob die Gesellschafter nicht unter Umstän-

1025

Triebel / Otte, ZIP 2006, 1321, 1325, mit dem Hinweis auf sec. 15 sub. 1, 3 des englischen Company Directors Disqualification Acts 1986, wonach der Geschäftsführer, der entgegen des Tätigkeitsverbots handelt, persönlich und unbeschränkt für die Schäden und Verbindlichkeiten zu haften hat, die während seiner Tätigkeit eingegangen werden. Sympathien für diesen Ansatz des englischen Rechts bei Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 332. 1026 Gegen eine Haftung des Geschäftsführers im Ergebnis auch Gesmann-Nuissl, WM 2006, 1756, 1764, allerdings mit der merkwürdig anmutenden Begründung, dass es am Unrechtsbewusstsein fehlen werde, da keine Strafbarkeit bestehe. Zunächst wird gerade ein Geschäftsführer die Ausschlusstatbestände kennen, da er bei seiner Anmeldung zu versichern hat, dass keine bestehen; wenigstens wird er sie als für ihn besonderes relevante Norm kennen müssen. Jedenfalls hat die Strafbarkeit auf die Kenntnis keinen direkten Einfluss! Die Tatsache, dass eine Handlung nicht strafbar ist, hindert im Übrigen nicht, eine zivilrechtliche Haftung einzuführen. 1027 A. A. Triebel / Otte, ZIP 2006, 1321, 1325, die eine Haftung zur effizienten Durchsetzung des Ausschlussgrundes fordern, um jegliche Umgehungen durch abschreckende Folgen zu verhindern. Dabei lassen sie indessen die Haftung aus § 823 Abs. 2 i.V. m. § 6 Abs. 2 GmbHG außer Acht.

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den für das Gewährenlassen bzw. den Einsatz eines inhabilen Geschäftsführers zu haften haben. Der Gesetzgeber hatte diese Idee erstmals im Rahmen des FoSiG 2002 aufgegriffen. § 6 GmbHG sollte dazu den folgenden neuen Satz 5 erhalten: „Gesellschafter, die vorsätzlich oder fahrlässig eine Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, zum Geschäftsführer bestellen oder nicht abberufen oder ihr tatsächlich die Führung der Geschäfte überlassen, haften der Gesellschaft solidarisch für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt.“

Begründet wurde die neue Haftungsvorschrift damit, dass verhindert werden sollte, dass die Regelungen über den Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers durch das Einschalten eines Strohmannes umgangen werden. 1028 Daher sollte ein mit § 43 Abs. 2 GmbHG vergleichbarer Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern geschaffen werden, wenn die Gesellschafter einen Geschäftsführer bestellen, nicht abberufen oder diesem faktisch die Führung überlassen, obwohl er die Kriterien des § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG nicht erfüllt. Von einer Durchgriffshaftung der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern sei dagegen abgesehen worden, da die Gesellschafter nicht die Rechtsform der GmbH missbrauchten, sondern nur wie die Geschäftsführer für ihre Handlungen haften sollten. Im FoSiG 2004 wurde die Norm nur leicht abgeändert. Gesellschafter sollten in den Fällen der neuen Schadensersatzhaftung aus Satz 5 nicht für einfache Fahrlässigkeit, sondern nur für grobe Fahrlässigkeit und vorsätzliche Verstöße haften. 1029 Das MiKaTraG ersetzte das Wort „solidarisch“ durch „als Gesamtschuldner“. 1030 Das Echo auf diese Schadensersatzhaftung war eindeutig negativ. 1031 Drygala deckte in einem Beitrag die Unzulänglichkeit der geplanten Norm auf. 1032 So mache nur die Variante des „Überlassens“ Sinn, da die Bestellung automatisch unwirksam sei und der Amtsverlust ebenso ipso iure eintrete. 1033 Der Wortlaut erwecke den Eindruck, es sei nunmehr eine Abberufung notwendig, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall sei. 1034 Darüber hinaus sei die Terminologie „Obliegenheiten“ falsch. 1028

Anlage zur BR-Drs. 141/02, S. 70 f. 15/3594, S. 25 f.; vgl. bereits die Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrats, BR-Drs. 458/04 (Empfehlungen), S. 55. 1030 S. 9, 43 f. des Entwurfs. 1031 Karsten, GmbHR 2006, R141; DAV, Stellungnahme des DAV zum FoSiG, S. 12; neutral Melchior, GmbHR 2005, R29, R30. 1032 ZIP 2005, 423, 428 ff. 1033 Sinnvoll wäre die Formulierung also allenfalls dann, wenn es darum ginge, dass die Gesellschafter einen Inhabilen bestellen wollten. 1034 Ebenso Melchior, GmbHR 2005, R29, R30. 1029

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Neben diesen handwerklichen Fehlern kritisierte Drygala, dass das bezweckte Ziel nicht erreicht werde. Die Umgehungssachverhalte (Strohmanngeschäftsführer), die verhindert werden sollen, seien von der Norm nicht erfasst. Einem Gesellschafter, der sein Weisungsrecht ausübe, werde kaum „die Geschäftsführung überlassen“, wie es die Norm voraussetze. Gehe es dagegen darum, dass ein inhabiler Gesellschafter nach außen als Vertreter auftrete, werde dieser schon als faktisches Organ erfasst; 1035 einer zusätzlichen Haftung bedürfe es nicht. Die Haftungsnorm nach Satz 5 treffe daher nur die Minderheitsgesellschafter, die das Auftreten nicht verhindert hätten, sofern es ihnen rechtlich überhaupt möglich war. Werde dem Inhabilen Prokura erteilt, sei dies kein Überlassen der Geschäftsführung im Sinne der Norm. Weiter sei es immer noch eine Entscheidung der Gesellschafter, ob und wem sie Prokura erteilten. Zweifelhaft sei im Übrigen, ob die Norm eingreife, wenn ein Mehrheitsgesellschafter die Geschäftsführung über eine Prokura oder Vollmacht an sich selbst überlasse. Wolle man Strohmannkonstruktionen durch den Mehrheitsgesellschafter verhindern, so müsste man über eine Einschränkung des Weisungsrechts nachdenken. Schließlich sorge die Norm auch nicht für die avisierte Druckfunktion auf die Gesellschafter, die faktische Leitung nicht zu dulden. Gehe es um den Mehrheitsgesellschafter, der die Geschäftsleitung sich selbst überlässt, ändere sich seine Situation nicht, da er schon aus § 43 GmbHG hafte. Hinzutrete die Haftung aus § 6 Abs. 2 S. 5 GmbHG, die dieser entspreche. Hoffe der Gesetzgeber mit dem neuen Satz 5 dagegen, dass die übrigen Gesellschafter einer faktischen Geschäftsführung entgegenwirkten, so sei die Norm in ihrer Ausgestaltung nicht hinreichend. Wolle der Gesetzgeber mit Satz 5 die Haftung gemäß § 43 GmbHG auf die Gesellschafter ausdehnen, so gälten auch alle Einschränkungen von § 43 GmbHG. 1036 Die Gesellschafter könnten dann nicht strenger haften als die Geschäftsführer, hinsichtlich derer die Haftung disponibel sei. Lösen ließe sich dies nur, wenn der Gesetzgeber bei § 43 GmbHG ansetze und die Gesellschafter daran hindere, diese Haftung einzuschränken. Im Ergebnis sei die angedachte Haftungsnorm daher misslungen. Der Zivilrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ergänzte die Kritik um einige weitere Punkte. 1037 Die Vorschrift unterstelle, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Bestellungshindernis und der späteren Pflichtverletzung bestehe, was keineswegs sicher sei. Die Beschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit helfe nicht weiter. Dies impliziere, dass sich die Gesellschafter auf die Versicherung nicht verlassen dürften, sondern Nachforschungen anzustellen hätten. Ein solcher Pflichtenkanon müsste erst definiert werden. 1038 Weiter wer1035 Und nach der hier vertretenen Ansicht wird auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 6 Abs. 2 GmbHG gehaftet. 1036 Siehe auch Karsten, GmbHR 2006, R141; Haas, WM 2006, 3169, 1372, 1374. 1037 Stellungnahme des Zivilrechtsausschusses des DAV zum FoSiG, S. 12.

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de die Norm den Besonderheiten des GmbH-Rechts nicht gerecht, wonach eine Haftung der Gesellschafter nur dann in Betracht komme, wenn das Stammkapital angegriffen werde. Solange dieses intakt bleibe, bestehe ein Schutzbedürfnis nur für Minderheitsgesellschafter. Im RefE und im RegE des MoMiGs sah der Gesetzgeber – wohl angesichts der berechtigten und deutlichen Kritik Drygalas – davon ab, die geplante Schadensersatzhaftung einzuführen. 1039 Die Regelung sei „weder effektiv noch mit der Gesetzessystematik vereinbar“. 1040 Das Ziel, Umgehungen der Bestellungshindernisse zu verhindern, werde nicht erreicht, da Strohmannkonstruktionen sich nicht verhindern ließen. Gerade der Fall, dass ein Inhabiler durch Weisungen die Gesellschaft steuere, ließe sich nicht ausschließen. Zudem stünden wesentliche Grundgedanken des GmbH-Rechts der Binnenhaftung entgegen. Gesellschafter, die ihrer eigenen Gesellschaft Schaden zufügten, seien nur dann für diesen Schaden verantwortlich, wenn sie gegen die Kapitalerhaltungsregeln verstießen oder ein Fall der existenzvernichtenden Haftung oder von § 826 BGB gegeben sei. Anders sei dies bei der AG oder einer GmbH mit Aufsichtsrat. Eine der wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats sei die Bestellung und Auswahl der Geschäftsleitung, weshalb dieser für eine schlechte Wahl zu haften habe. Diese Verantwortlichkeit des Kontrollorgans und die in Abhängigkeit von der Rechtsform zwingende oder fakultative Ausgestaltung entspreche dem jeweiligen gesetzlichen Leitbild von AG und GmbH. Das Verhältnis beider Rechtsformen, das durch unterschiedliche Satzungsstrenge und Kontrolldichte geprägt sei, solle nicht durch eine Haftung der Gesellschafter verschoben werden. Der Bundesrat schlug in seiner Stellungnahme zum RegE des MoMiGs erneut vor, die im FoSiG vorgesehene Schadensersatzhaftung einzuführen. 1041 Der Wortlaut war dabei identisch mit der Fassung im FoSiG 2004. Die Begründung unterschied sich nicht von derjenigen im FoSiG. Es solle verhindert werden, dass Strohmänner eingeschaltet werden. Die Haftung stärke die Kapitalerhaltungsinteressen und diene allein dem Anliegen, Verstöße gegen § 6 Abs. 2 GmbHG zu sanktionieren. Auf die Kritikpunkte Drygalas oder die Motive, welche die Bundesregierung anführte, weshalb sie von einer Haftungsnorm abgesehen habe, ging der Bundesrat nicht ein. Bedauerlicherweise erklärte die Bundesregierung in ihrer 1038

Melchior, GmbHR 2005, R29, R30 empfiehlt den Gesellschaftern daher eine „Ehrenerklärung“ des Geschäftsführers einzuholen, die der Versicherung entspricht. Diese sollte später immer wieder aktualisiert werden. 1039 RefE MoMiG, S. 42 f.; BT-Drs. 16/6140, S. 33. Zustimmend Gesmann-Nuissl, WM 2006, 1756, 1764; Haas, WM 2006, 3169, 1372, 1374. 1040 Für eine Effektivität, die Bedenken der Begründung ansonsten aber teilend Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 83. 1041 BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 9 f. Heckschen, DStR 2007, 1442, 1449, hält den Vorschlag des Bundesrats für sinnvoll. Gegen die Schadensersatznorm jüngst BDI, Stellungnahme vom 7. September 2007, Dokumentennummer D 0153, S. 19.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Gegenäußerung, die Haftungsnorm einzuführen – ohne ihren Sinnungswandel zu erläutern. 1042 Im MoMiG wurde der Vorschlag aufgegriffen, gestrichen wurden lediglich die Begriffe „bestellen oder nicht abberufen“. Diese Änderung solle verhindern, dass der Eindruck erweckt werde, die Bestellung eines inhabilen Geschäftsführers sei wirksam und eine Abberufung notwendig. 1043 Drygala hat in seiner Kritik am damals geplanten § 6 Abs. 2 S. 5 GmbHG deutlich gemacht, wo das eigentliche Problem liegt, Strohmannkonstruktionen effektiv zu verhindern. Im deutschen System, das der Gesellschafterversammlung ein umfangreiches Weisungsrecht zugesteht, ist es denkbar schwierig, Strohmannkonstruktionen zu verhindern, solange der faktische Geschäftsführer zugleich auch Mehrheitsgesellschafter ist. Allein die Tatsache, dass einer Person die Geschäftsleitung verboten ist, kann nicht ausreichen, um in ihren Weisungen als Gesellschafter (bzw. als Teil der Gesellschafterversammlung) an den Geschäftsführer bereits eine (faktische) Geschäftsleitung zu sehen. Eine gewisse Abhilfe für die Gläubiger bietet der Fakt, dass der Geschäftsführer Weisungen, die gegen die guten Sitten oder gegen gläubigerschützende Vorschriften verstoßen, nicht ausführen darf, ohne dass er und der Gesellschafter sich schadensersatzpflichtig machen. Dies wird in Strohmannfällen aber ein eher schwacher Trost sein, da die eingesetzten Geschäftsführer nur formal das Amt innehaben, die Pflichten eines Geschäftsführers kaum erfüllen und selten ausreichende finanzielle Mittel besitzen, um die Gläubiger zu befriedigen. Nur in krassen Fällen, in denen aus den Umständen eine Strohmannkonstruktion offensichtlich wird oder gläubigerschädigenden Weisungen erteilt werden, wird der Gesellschafter (gemäß § 826 BGB) haften müssen. Eine Haftungsnorm für die (übrigen) Gesellschafter, um solche Strohmannkonstruktionen zu verhindern, wird kaum effektiv sein, da die Minderheitsgesellschafter in der Gesellschafterversammlung keine Möglichkeiten haben, den Weisungsentscheidungen des Mehrheitsgesellschafter entgegen zu wirken, solange diese nicht sittenwidrig oder gesetzeswidrig sind. Ohne einen tiefen Eingriff in das Organisationssystem lassen sich Strohmannkonstruktionen demzufolge nicht ausschließen. 1044 Das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung abzuschaffen, ist aber ein Schritt, der vom Gesetzgeber in den nächsten Jahren, sogar Jahrzehnten, nicht zu erwarten ist, beraubt er doch die GmbH um ein charakteristisches und traditionelles Merkmal. Der Zugriff auf den kontrollierenden und geschäftsleitenden, amtsunfähigen Gesellschafter, der über die Binnenverfassung der GmbH deren Geschäfte führt, ist demnach durch eine Haftungsnorm weder direkt noch über die Mitgesellschafter zu erreichen. 1042 1043 1044

BT-Drs. 16/6140, S. 75. BT-Drs. 16/9737, S. 96 (elektronische Vorabfassung). Vgl. Drygala, ZIP 2005, 423, 430.

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Damit bleiben für eine Haftungsnorm nur noch die Fälle übrig, in denen amtsunfähige unbeteiligte Dritte oder Gesellschafter als faktische Geschäftsführer für die Gesellschaft handeln, ohne dass es um den Einsatz des Weisungsrechts geht. Für eine Haftung der Gesellschafter kann man Folgendes anführen: Überlassen die Gesellschafter einem Inhabilen als faktischem Geschäftsführer die Geschäftsleitung, weichen sie von den gesetzlich vorgesehenen Organisationsregeln ab, die auch den Interessen der Gläubiger dienen. 1045 Hier sollte Druck auf die Gesellschafter erzeugt werden, um gegen diesen Zustand alsbald möglich vorzugehen und einen geordneten Betrieb wieder herzustellen. Für eine solche Haftungsnorm sind jedoch – aufbauend auf den zuvor erwähnten Kritikpunkten – die folgenden Gesichtspunkte zu bedenken, welche die weiteren Probleme verdeutlichen: 1046 − Die Haftung kann nur als Binnenhaftung ausgestaltet werden, da eine Außenhaftung der Gesellschafter nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zu akzeptieren ist, welche bei der faktischen Geschäftsführung durch Inhabile nicht pauschal vorliegen werden. 1047 Bei der Innenhaftung ist es indessen – wie der Zivilrechtsausschuss des DAV 1048 und die Begründungen zum RefE und zum RegE MoMiG 1049 ausführen – tatsächlich so, dass die Gesellschafter regelmäßig nur für Verletzungen des Stammkapitals haften. Dies schließt es natürlich nicht aus, dass gesetzlich die Haftung verschärft wird, wenn und soweit durch Handlungen eines faktischen Geschäftsführers Dritte direkt oder mittelbar geschädigt werden. Allerdings ist eine solche Einstandspflicht dann besonders begründungsbedürftig. Einen Grund könnte man darin sehen, dass am Gesetz vorbei eine verbotene Geschäftsführung etabliert wird, was den Interessen Dritter zuwiderläuft. Die Haftung könnte man etwa dann hinnehmen, wenn die Haftung darauf beschränkt wird, dass sich die vom Gesetzgeber prognostizierte Gefahr tatsächlich realisiert hat, also eine Kausalität zwischen dem Ausschluss und der Verletzungshandlung besteht. − Der Einwand, die Grenzen zur AG oder zu einer GmbH mit Aufsichtsrat würden verwischt, erscheint hingegen nicht überzeugend. Es geht nicht darum, wessen Aufgabe es ist, jemanden zu bestellen oder abzuberufen. Der Inhabile wird nie Geschäftsführer bzw. verliert dieses Amt. Es geht nicht um die Haftung 1045 Das Abweichen von den gesetzlich vorgesehenen Verfahren, die im Interesse der Gläubiger bestehen, ist etwa einer der Gründe für die so genannte Existenzvernichtungshaftung, BGHZ 151, 181, 186 – KBV; statt viele zur Existenzvernichtungshaftung Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 13 Rn. 72 ff. 1046 Über eine Haftungsnorm sollte man nicht nur für den inhabilen faktischen Geschäftsführer nachdenken, sondern für alle faktischen Organstellungen, um solche Situationen weitgehend zu verhindern. Eine Haftungsnorm ist demnach kein spezifisches Problem von § 6 Abs. 2 GmbHG, sondern des gesamten GmbH-Rechts, weshalb ein Teil der folgenden Probleme auf eine allgemeine Norm übertragen werden kann. 1047 Möglich wäre eine Außenhaftung wegen Institutsmissbrauchs. 1048 Stellungnahme des Zivilrechtsausschusses des DAV zum FoSiG, S. 12. 1049 RefE MoMiG, S. 42 f.; BT-Drs. 16/6140, S. 33.

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für die misslungene Bestellung oder die Bestellung eines Inhabilen, sondern um eine Haftung dafür, dass jemand in die Lage versetzt wird, faktisch für die Gesellschaft wie ein Geschäftsführer aufzutreten. Eine solche Haftung sollte aber rechtsformunabhängig sein. Anders als vom Gesetzgeber vorgesehen, wäre die Haftung von § 43 GmbHG zu lösen und als selbstständige Haftungsnorm auszugestalten, da anderenfalls die von Drygala erkannten Friktionen mit der Disponibilität der Haftung bestünden. Allerdings bleibt selbst in diesem Fall die Gefahr, dass die Gesellschafter schärfer haften als der Geschäftsführer, sofern man auch für den faktischen Geschäftsführer die Disponibilität des § 43 GmbHG anerkennt. Eine gesamtschuldnerische Haftung erscheint sinnvoll. Bei der Ausgestaltung ist besonders zu beachten, inwiefern jeder einzelne Gesellschafter zu haften hätte. Ein Mehrheitsgesellschafter kann durch Weisung den tatsächlichen Geschäftsführer auffordern, Anweisungen des faktischen Geschäftsführers zu ignorieren oder die Geschäftspartner, Dritte und alle Angestellten der Gesellschaft darüber zu informieren, dass der faktische Geschäftsführer nicht für die Gesellschaft handeln darf; der Mehrheitsgesellschafter kann dafür sorgen, dass sich die Gesellschaft vom faktischen Geschäftsführer distanziert, gegebenenfalls sogar eine Unterlassungsklage anstrebt und jeglichen Rechtsschein (Eintragung im Handelsregister) beseitigt. Schwieriger ist der Fall bei Minderheitsgesellschaftern oder nur kapitalmäßig beteiligten Gesellschaftern an großen GmbHs. Diese werden zwar in den meisten Situationen nicht die notwendigen Informationen über die Tätigkeit besitzen und deshalb schon nicht haften. Sobald sie die notwendige Kenntnis haben, stellt sich indessen die Frage, was man rechtlich oder tatsächlich an Handlungen zu erwarten hat. Sicherlich könnte man fordern, dass der Gesellschafter verlangt, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, um in dieser über Maßnahmen zur Distanzierung oder eine Klage zu beschließen. Für ein solches Verlangen ist aber ein Zehntel des Stammkapitals notwendig. Problematisch sind schließlich darüber hinaus gehende aktive Verhaltensweisen, wie (eigenmächtig) den Geschäftsverkehr und andere zu informieren. Eine Haftung wäre nur für die „echte“ faktische Geschäftsführung zuzulassen, nicht aber für Personen, die nur im Einzelfall ihre Amtskompetenzen überschreiten. Der Verschuldensmaßstab sollte sich nicht nur auf vorsätzliche Verstöße beschränken, sondern auch grob fahrlässiges Verhalten wie im MoMiG vorgesehen erfassen. Dies würde – anders als der Zivilrechtsausschuss des DAV meint 1050 – nicht implizieren, dass bei einer Inhabilität eine allgemeine Nachforschungspflicht besteht. Die Gesellschafter können regelmäßig auf die Versicherung ihres Geschäftsführers vertrauen. Erst wenn Anhaltspunkte und Unge-

1050

Stellungnahme des Zivilrechtsausschusses des DAV zum FoSiG, S. 12.

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reimtheiten auftreten, sollten die Gesellschafter nachforschen, was dann auch gerechtfertigt erscheint. 1051 Gelingt es, die soeben geschilderten Probleme in den Griff zu kriegen, bleibt jedoch noch die Frage, ob eine solche Norm ausreichend Druck erzeugen kann, oder nicht derart eng ist, dass sie in den relevanten Fällen wenig weiterhelfen kann. Minderheitsgesellschafter werden nur schwer verantwortlich sein können und Mehrheitsgesellschafter steuern die Gesellschaft entweder über ihr Weisungsrecht oder haften (ausnahmsweise) bereits als faktischer Geschäftsführer, so dass für sie die Norm keinen zusätzlichen Druck erzeugt. Übrig blieben also nur die Fälle, in denen ein unbeteiligter Dritter oder ein Minderheitsgesellschafter faktisch die Geschäfte führen. Und immer ginge es nur darum, dass jemand wie ein Geschäftsführer auftritt. Eine Umgehung durch eine Generalbevollmächtigung oder eine andere offizielle Funktion liegt nahe. Die Norm wäre daher eher ein kleiner Schritt, die Sicherheit des Geschäftsverkehrs vor einem faktischen, inhabilen Organ zu erhöhen. Und von diesem kleinen Schritt sollte angesichts der geschilderten Probleme und Bedenken hinsichtlich der Binnenhaftung besser Abstand genommen werden. 5. Zusammenfassung Diese Überlegungen zeigen, dass die derzeitigen Rechtsfolgen der Inhabilität nicht reformbedürftig sind. Eine begrenzte Hilfe ist zwar eine Haftung der Gesellschafter für die faktische Geschäftsführung, insbesondere um Strohmannkonstruktionen zu verhindern. Die Lage wirklich verbessern werden allerdings nur tiefgreifende Änderungen des Organisationsrechts, weniger ein kleiner Eingriff mittels einer Haftungsnorm.

H. Durchsetzung von § 6 Abs. 2 GmbHG I. Entwicklung Bevor in § 6 Abs. 2 GmbHG gesetzliche Ausschlussgründe für das Amt des Geschäftsführers normiert wurden, beschränkte sich die Möglichkeit des Registergerichts darauf, den nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen Inhabilen (§ 138 BGB) nicht ins Register einzutragen bzw. ihn zu löschen. 1052 Im Rahmen 1051 Der Einwand des Zivilrechtsausschusses des DAV eine Nachforschungspflicht bestünde bislang nicht und müsste erst definiert werden, ist verwunderlich. Das MoMiG möchte erstens eine Pflicht gerade schaffen; und zweitens besteht bei der Gründung der Gesellschaft eine Verantwortung der Gesellschafter wegen § 9a Abs. 1, 3 GmbHG schon für grobe Fahrlässigkeit, so dass bei Zweifeln eine Nachforschungspflicht bereits jetzt besteht.

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der ersten Vorschläge zur Einführung von Ausschlussgründen wollte Crisolli ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für bestimmte Personen schaffen. 1053 Dazu sollte der mögliche Geschäftsführer in der Anmeldung erklären, dass kein entsprechender Hinderungsgrund vorliege. Verstöße sollten strafbewehrt sein. Heidland, der in den Beratungen der Sachverständigenkommission vorschlug, den Registergerichten die Möglichkeit zu eröffnen, das Amt des Geschäftsführers zu untersagen, sah hingegen keinen besonderen Durchsetzungsmechanismus vor. 1054 Odersky dagegen sprach sich in seinem Referat ausdrücklich dafür aus, dass das Registergericht die Eintragung einer GmbH ablehnen sollte, wenn gegen den Geschäftsführer ein Verbot oder eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen sei. 1055 Um die notwendige Information der Registergerichte sicherzustellen, sei zu überlegen, ob ein Auszug aus dem Bundeszentralregister vorzulegen oder eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister einzuholen sei. Die Überwachung, dass nicht nach der Eintragung eine Gewerbeuntersagung gegen den Geschäftsführer angeordnet werde, sei wegen der Sachnähe den Gewerbebehörden zu überantworten. Dabei sei zu prüfen, ob eine Unterrichtungspflicht über Geschäftsführerbestellungen einzuführen sei oder ob es ausreiche, wenn die Gewerbebehörde die Bekanntmachungen des Handelsregisters kontrolliere. Den Registergerichten stünde indessen keine wirksame Sanktion zur Verfügung, da die Eintragung der Geschäftsführer nicht konstitutiv wirke. Die Geschäftsführer und Gesellschaftsgründer sollten indessen nicht verpflichtet werden, das Registergericht darüber zu informieren, dass sie an bestimmten Vorfällen im Wirtschaftsleben, die sie in ein ungünstiges Licht bringen könnten (etwa Insolvenzen), beteiligt waren. Hiergegen bestünden verfassungsrechtliche Bedenken. Die Sachverständigenkommission empfahl dem Gesetzgeber, dass der Anmeldung des Geschäftsführers eine Erklärung beigefügt werden sollte, ob ein Umstand der Bestellung entgegenstehe. 1056 So sollten die Geschäftsführer über die Ausschlussgründe informiert und die Prüfung des Registergerichts erleichtert werden. Im Interesse der Betroffenen und der Gesellschaft sollten die Angaben und Verhandlungen nicht der Einsicht nach § 9 Abs. 1 HGB unterliegen.

1052

Vgl. OLG Hamburg, JW 1916, 1593; OLG Naumburg, RJA 15, 140. Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, S. 15, 41, 45. 1054 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 2, S. 40 –44. 1055 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 5, S. 29 ff. 1056 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 32 f. 1053

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In der GmbH-Novelle nahm der Gesetzgeber die Empfehlungen der Kommission auf. Im neuen § 8 Abs. 3 GmbHG wurde eine Versicherungspflicht für die Geschäftsführer eingeführt, dass der Bestellung nicht besondere Gründe entgegenstünden und dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht belehrt worden seien. Er begründete dies wie folgt: 1057 Das Registergericht habe zu prüfen, ob eine Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet worden sei. Auch die Person der Geschäftsführer sei auf ihre Habilität zu prüfen. Um den Registergerichten angesichts der Vielzahl von Gesellschaftsgründungen und der geringen Zahl von inhabilen Personen die Arbeit zu erleichtern, werde die Versicherungspflicht der Geschäftsführer eingeführt. Bei jedem Geschäftsführer eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister einzuholen, sei zu aufwändig. Eine unbeschränkte Auskunftspflicht der Geschäftsführer nach § 51 Abs. 2 BZRG (heute § 53 Abs. 2 BZRG) bestehe nur dann, wenn sie über diese Pflicht belehrt worden seien. Da die Anmeldungen zum Handelsregister und auch die Unterschriften der Geschäftsführer in öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden müssten und die Geschäftsführer sich daher eines Notars bedienen würden, werde zur Verfahrenserleichterung eine Belehrung des Notars über die unbeschränkte Auskunftspflicht für ausreichend erachtet. Eine Belehrungspflicht des Notars bestehe jedoch nur dann, wenn die Geschäftsführer ihn darum besonders bitten würden. Die Belehrung sei in die Versicherung mit aufzunehmen. Das Gericht habe nur noch dann Veranlassung, einen Auszug aus dem Zentralregister zu verlangen, wenn es im Einzelfall Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Versicherung habe. Für die spätere Anmeldung eines (neuen) Geschäftsführers wurde in § 39 Abs. 3 GmbHG eine mit § 8 Abs. 3 GmbHG identische Versicherungspflicht geschaffen. Gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG wurden falsche Angaben im Rahmen der Versicherung mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren oder Geldstrafe bedroht. So sollte die Richtigkeit und Vollständigkeit der Versicherung abgesichert werden. 1058 In den jüngsten Reformbestrebungen spielte die Durchsetzung der Habilitätsbestimmungen bislang eine sehr untergeordnete Rolle. Der BDI und Hengeler Mueller fordern in ihrem Konzept, auf die Belehrung der Geschäftsführer und die Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG zu verzichten. 1059 So würde die Gründung einer GmbH vereinfacht. Die Abschreckungswirkung der Versicherungspflicht sei sowieso nie mehr „als eine schöne Illusion“ gewesen. In einem anderen Diskussionspapier des BDI möchte dieser dagegen die Versicherungspflicht beibehalten und nur auf die Belehrungspflicht verzichten. Diese sei bei Geschäftsführern nicht angebracht. 1060

1057 1058 1059

BT-Drs. 8/1347, S. 34. BT-Drs. 8/1347, S. 34. BDI / Hengeler Mueller, GmbH im Wettbewerb, S. 13.

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Das MiKaTraG 1061 und der RefE MoMiG 1062 sahen vor, den Verweis auf die falsche Vorschrift des BZRG richtig zu stellen. Die gleiche Aktualisierung nimmt auch das MoMiG vor. 1063 Darüber hinaus sieht das MoMiG einige weitere Änderungen vor. Eine Belehrung kann nach § 8 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 GmbHG schriftlich vorgenommen werden. Gemäß dem neuen Halbsatz 2 kann die Belehrung auch durch einen Notar, einen im Ausland bestellten Notar, einen Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen Konsularbeamten vorgenommen werden. Der Gesetzgeber begründet diese Änderung mit Unsicherheiten in der Praxis. 1064 Die Neufassung solle daher – ganz im Sinne der herrschenden Meinung – klarstellen, dass die Belehrung schriftlich und durch ausländische Notare oder deutsche Konsularbeamte vorgenommen werden könne. Angesichts des geringen Schwierigkeitsgrades sei es unverhältnismäßig, einen Geschäftsführer zur Einreise nach Deutschland zu zwingen oder die schriftliche Belehrung eines deutschen Notars vorzuschreiben. Eine klare Regelung sei notwendig, da künftige die Möglichkeit bestünde, den Verwaltungssitz einer GmbH ins Ausland zu verlegen und eine Gesellschaft ganz oder überwiegend aus dem Ausland zu führen. Zudem solle die Belehrung nunmehr auch durch Rechtsanwälte vorgenommen werden können. Das RegE MoMiG enthielt ein Muster für eine Versicherung gemäß § 8 Abs. 3 GmbHG, welches in den Fällen Anwendung finden sollte, in denen eine GmbH mit der Mustersatzung gemäß § 2 Abs. 1 GmbHG i.V. m. Anlage 1 gegründet worden war, § 7 Abs. 2 S. 3 GmbHG i.V. m. Anlage 2. 1065 Diese Änderung wurde hingegen im MoMiG nicht übernommen.

II. Versicherungspflicht, §§ 8 Abs. 3, 39 Abs. 3 GmbHG Gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 GmbHG haben die Gründungsgeschäftsführer bei der Anmeldung der GmbH unter anderem zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 und 4 entgegenstehen und dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden 1060 BDI, Diskussionspapier, S. 4. In der Folge sei daher auch § 53 Abs. 2 BZRG zu ändern, damit die Verfolgung einer falschen Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG nicht mehr von einer ordnungsgemäßen Belehrung abhänge. Siehe erneut BDI, Stellungnahme vom 7. September 2007, Dokumentennummer D 0153, S. 4. 1061 S. 9. 1062 S. 3, 45. 1063 BT-Drs. 16/6140, S. 6, 35. 1064 BT-Drs. 16/6140, S. 35. 1065 BT-Drs. 16/6140, S. 21 f. Dieses Muster war auch nach der Gegenäußerung der Bundesregierung noch Bestandteil des MoMiGs, da der Vorschlag des Bundesrats, diese Bestimmungen zu streichen, abgelehnt wurde, BT-Drs. 16/6140, S. 74.

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sind. Nach Satz 2 kann die Belehrung nach § 53 Abs. 2 BZRG 1066 auch durch einen Notar vorgenommen werden. Einem nach der Gründung der Gesellschaft bestellten Geschäftsführer obliegt die gleiche Pflicht nach § 39 Abs. 3 GmbHG. 1067 1. Reichweite der Versicherung über Ausschlussgründe Die Versicherungspflicht des Geschäftsführers erstreckt sich dem Wortlaut nach nur auf die Ausschlussgründe der § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 1068 GmbHG. Ob der Geschäftsführer geschäftsfähig ist oder keiner Betreuung unterliegt, ist nicht Gegenstand der Versicherung. Für die Geschäftsfähigkeit bereitet dies keine Probleme, da dem Notar, der bei einer Anmeldung notwendig beteiligt ist, 1069 eine (eingeschränkte) Prüfungspflicht über die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen obliegt. 1070 Ebenso hat der Notar zu prüfen, ob der Betroffene anderweitig in seiner Fähigkeit eingeschränkt ist, eigenständig rechtswirksame Handlungen vorzunehmen. 1071 Da der Betreute mit Einwilligungsvorbehalt einer solchen Einschränkung unterliegt, sollte er bereits frühzeitig durch den Notar aussortiert werden können. 1072 Bestrebungen, die Versicherungspflicht auf Angaben zur Betreuung zu erweitern, sind bisher aber zu Recht nie ernsthaft in Betracht gezogen worden. 1073 Die Stimmen, die davon sprachen, dass eine Versicherungspflicht auch § 6 Abs. 2 S. 2 1066 Das Gesetz verweist noch auf § 51 Abs. 2 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 1976, BGBl. I, 1976, S. 2005). Richtig muss es heißen § 53 Abs. 2 BZRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984, BGBl. I, 1984, S. 1229. Der Gesetzgeber hat es seit 1984 nicht geschafft, den Verweis an die Änderung des BZRG anzupassen. 1067 Soweit nicht Abweichungen erwähnt werden, beziehen sich die folgenden Ausführung nicht nur auf § 8 Abs. 3 GmbHG, sondern auch auf § 39 Abs. 3 GmbHG. 1068 Satz 3 ist nach der hier vertretenen Ansicht verfassungswidrig, so dass eine Versicherung sich nur noch auf Satz 4 Alt. 1 (verfassungskonform eingeschränkt) und Alt. 2 erstrecken könnte. Die hier festgestellte Verfassungswidrigkeit soll hingegen unberücksichtigt bleiben, da sich bei einer verfassungskonformen Ausgestaltung die gleichen Probleme stellen. 1069 Anmeldungen zur Eintragung ins Handelsregister sind elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen, § 12 Abs. 1 HGB. 1070 § 11 BeurkG; Eylmann / Vaasen / Limmer, BNotO, BeurkG, § 11 BeurkG Rn. 1, 3 f. Siehe auch Groß, Rpfleger 1982, 151, 152. 1071 Eylmann / Vaasen / Limmer, BNotO, BeurkG, § 11 BeurkG Rn. 3. Dies übersieht B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 245, die ausführt, dass das Registergericht vollkommen ungeprüft Betreute eintragen würde. 1072 Angesichts des neuen elektronischen Handelsregisters erscheint es möglich, dass die Gerichte von der entsprechenden Betreuung dem Handelsregister gemäß § 69k FGG Mitteilung machen. 1073 Anders die Einschätzung von B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 241.

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GmbHG erfasse, 1074 stammen ausnahmslos unmittelbar aus der Zeit der Änderung des Betreuungsrechts und resultieren aus mangelnder Gesetzeslektüre nicht aus rechtlich fundierten Überlegungen. 1075 Dies zeigt schon die Tatsache, dass nicht von einer analogen Anwendung des § 8 Abs. 3 GmbHG gesprochen wird, obwohl eine direkte Anwendung nicht möglich ist. Für eine analoge Anwendung wird es im Übrigen schon an einer planwidrigen Regelungslücke fehlen. 1076 Bereits vor der Änderung des § 6 Abs. 2 GmbHG erstreckte sich § 8 Abs. 3 GmbHG nicht auf alle Ausschlussgründe, sondern nur auf die Sätze 2 und 3 des § 6 Abs. 2 GmbHG. Eben diese Beschränkung hat der Gesetzgeber auch nach der Änderung des Betreuungsrechts fortgesetzt, indem er § 8 Abs. 3 GmbHG nur an die neu nummerierten Sätze des § 6 Abs. 2 GmbHG anpasste. Mit der analogen Erstreckung wäre – wie Deutler anmerkt – tatsächlich auch wenig gewonnen. 1077 Strafrechtlich sanktionierbar wäre das Verhalten wohl bereits deshalb nicht, da § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG unter Verstoß gegen das Analogieverbot erweitert werden würde. 1078 Und ohne Sanktion ist die Versicherungspflicht zahnlos. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass jeder Geschäftsführer nur für seine Person die Versicherung abgeben kann. 1079 Eine Verantwortung für eine falsche Versicherung eines (Mit-)Geschäftsführers ist nur bei der Errichtung der Gesellschaft gemäß § 9a Abs. 1 GmbHG möglich. Es handelt sich um eine höchstpersönlich vorzunehmende Erklärung, 1080 was nicht ausschließt, dass diese nach Abgabe vor dem Notar von einem Vertreter beim Registergericht eingereicht wird. 1081 In einigen Fällen kann die Tilgungsfrist für eine relevante Verurteilung vor der Fünf-Jahres-Frist von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG enden. 1082 In dieser Situation kollidieren § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG und das Interesse der Allgemeinheit mit § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Geschäftsführers. Nach dem BZRG darf sich der Geschäftsführer als unbestraft bezeichnen 1074 Cypionka, DNotZ 1991, 571, 589; Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt, GmbHR 1992, R2; Lutter / Hommelhoff 13, GmbHG, § 8 Rn. 14. 1075 Exemplarisch Lutter / Hommelhoff 13, GmbHG, § 8 Rn. 14, die pauschal davon sprechen, die Versicherung erfasse die Ausschlussgründe nach § 6 Abs. 2 GmbHG und jetzt sei auch die Betreuteneigenschaft zu versichern. 1076 Deutler, GmbHR 1992, 252, 253; Jäger, DStR 1996, 108. 1077 Deutler, GmbHR 1992, 252, 253. 1078 So auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 241. Anderenfalls müsste man sich über die Schuldfähigkeit des Betreuten Gedanken machen. 1079 Scholz 10 / Winter / Veil, GmbHG, § 8 Rn. 26. 1080 MünchKommAktG / Pentz, § 37 Rn. 51. 1081 Staub / Hüffer, HGB, § 12 Rn. 7; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 7 Rn. 14. 1082 Vgl. zum Beginn des Fristenlaufs der Tilgung §§ 47 Abs. 1, 36 BZRG (Tag des ersten Urteils) gegenüber § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG (Rechtskraft des Urteils) bzw. zur Ablaufhemmung § 47 Abs. 2 BZRG und § 6 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 GmbHG.

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und muss keine relevanten Sachverhalte offenbaren. Nach § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG müsste er dagegen das Registergericht über einen Ausschlussgrund informieren. Dieses hätte freilich bei einer Überprüfung der Versicherung keine Möglichkeit, die Angaben des Geschäftsführers zu prüfen. Für die Lösung ist entscheidend zu berücksichtigen, dass es nur um die Eintragung des Geschäftsführers geht. Seine Bestellung ist und bleibt wegen Inhabilität ipso iure unwirksam. 1083 Das Registergericht müsste demnach eine unwahre Tatsache in das Register eintragen und dürfte bzw. müsste den Geschäftsführer nach der Eintragung von Amts wegen löschen. Dies kann auch wegen der Auswirkungen auf den Rechtsverkehr (Publizität des Handelsregisters) nicht richtig sein. Konsequenterweise muss man daher auch annehmen, dass in der Versicherung über den Ausschlussgrund zu informieren ist. 1084 Man wird dem Registergericht zwar keine Überprüfungspflicht zugestehen können, da hier der eindeutige Wortlaut von § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG entgegen steht. Allerdings ist die Versicherung, welche keine Angaben zur tatsächlichen Inhabilität enthält, eine falsche und damit strafbare. 1085 Der Druck für eine ordnungsgemäße Versicherung bleibt erhalten. Sofern man die §§ 6 Abs. 2 S. 3 oder S. 4 GmbHG analog auf vergleichbare Sachverhalte anwendet, so sind auch diese Sachverhalte von der Versicherungspflicht umfasst. 1086 Sofern man § 6 Abs. 2 GmbHG auch auf ausländische Verurteilungen oder andere Entscheidungen erstrecken möchte, 1087 wird die Kontrolle schwierig und aufwendig. Am einfachsten gestaltete sich noch die Kontrolle ausländischer Strafurteile, da diese unter bestimmten Voraussetzungen in das Bundeszentralregister einzutragen sind. Ist jemand Deutscher, in Deutschland geboren oder wohnhaft, die Entscheidung rechtskräftig und könnte wegen des der Verurteilung zugrunde liegenden oder sinngemäß umgestellten 1088 Sachverhalts auch nach dem 1083 Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 8 Rn. 16. Dies übersieht B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 234. 1084 Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 8 Rn. 16; Michalski / Heyder, GmbHG, § 8 Rn. 36; Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 95; Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 125; a. A. Gersch / Herget / Marsch / Stützle, GmbH-Reform 1980, Rn. 199; Krafka / Willer, Registerrecht, Rn. 961; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 234. 1085 Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 125; Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 82 Rn. 22; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 75. 1086 Erstaunlicherweise wird eine erweiterte Versicherungspflicht nicht diskutiert. Allein für die Strafnorm des § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, der ausdrücklich die Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG in Bezug nimmt, wird von wenigen ausgesagt, dass sich § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nur auf die ausdrücklich bezeichneten Gründe bezieht, siehe die Nachweise in Fn. 1153 (2. Teil). Hintergrund ist das strafrechtliche Analogieverbot. 1087 Eine solche Erweiterung wurde hier hingegen abgelehnt, 2. Teil: D.VII.3. 1088 Fälle, die nach deutschem Recht nicht strafbar sind, die aber wegen ihres Unrechtsgehalts in das Register eingetragen werden sollen, werden über dieses Merkmal erfasst, Hase, BZRG, § 54 Rn. 6.

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deutschen Strafrecht bestraft werden, werden ausländische Verurteilungen in das Register eingetragen, § 54 Abs. 1 BZRG. 1089 Die Eintragung wird wie eine Eintragung auf Grunde einer Verurteilung durch ein deutsches Gericht behandelt, § 56 Abs. 1 S. 1 BZRG. Die Verurteilung wird eingetragen, sobald die ausländische Behörde diese mitteilt und sich aus der Mitteilung nicht ergibt, dass die Voraussetzungen von § 54 BZRG nicht vorliegen, § 55 Abs. 1 BZRG. Eine Mitteilung erfolgt in der Regel auf Grund Art. 22 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen (EuRHüBK). 1090 Allerdings werden nur Verurteilungen deutscher Staatsangehöriger mitgeteilt 1091 und eine Mitteilung erfolgt nicht automatisch zeitnah 1092. Somit ist die analoge Anwendung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG auf ausländische Verurteilungen nur dann effektiv und zügig kontrollierbar, wenn es um einen Deutschen und eine Verurteilung eines Staates, der am Strafnachrichtenaustausch teilnimmt, geht. Dies könnte sich künftig ändern, da die europäische Strafregistervernetzung begonnen hat. 1093 In allen anderen Fällen (ausländische Berufsverbote, Untersagungen, Tätigkeitsverbote) hätte das Registergericht bei Zweifeln an der Versicherung Anfragen an entsprechende staatliche Stellen und Register (sofern existent) zu richten, um Auskünfte über Inhabilitätsgründe zu erhalten. 1094 Dies würde die Eintragung – neben Problemen bei der formellen Vergleichbarkeit – erheblich verzögern, wäre 1089

Vgl. den Sachverhalt von OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 623. Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959, BGBl. II, 1964, S. 1386, in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. November 1976, BGBl. II, 1976, S. 1799. Der Text lautet: „Jede Vertragspartei benachrichtigt eine andere Partei von allen, deren Staatsangehörige betreffenden strafrechtlichen Verurteilungen und nachfolgenden Maßnahmen, die in das Strafregister eingetragen worden sind. Die Justizministerien übermitteln einander diese Nachrichten mindestens einmal jährlich ...“ Eine Aufzählung der Staaten die am Strafnachrichtenaustausch teilnehmen, findet sich bei Hase, BZRG, § 55 Rn. 3. 1091 Dies übersieht offenbar Bittmann, GmbHR 2007, 70, 77, der keine Prüfungsnotwendigkeiten auf die Registergerichte zukommen sieht, da durch den verstärkten Strafnachrichtenaustausch innerhalb der EU mit einer einzigen Anfrage beim BZRG Auskunft über Auslandsverurteilungen zu erhalten sei. 1092 In der Regel vierteljährlich, Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 6. Juni 2006 „Justizminister präsentieren internationale Strafregistervernetzung“. 1093 Siehe die Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 6. Juni 2006 „Justizminister präsentieren internationale Strafregistervernetzung“, wonach Deutschland, Frankreich, Spanien, Belgien, die Tschechische Republik und Luxemburg am europäischen Strafregistervernetzungsprojekt arbeiten. Mittels dieses Projekts werden die Kommunikationswege verkürzt und Kommunikationsbarrieren abgebaut. Strafnachrichten sollen automatisch und elektronisch ausgetauscht werden. Die EU-Justizminister haben sich zuletzt auf einen Rahmenbeschluss geeinigt, wonach die Strafregister europaweit vernetzt und der Informationsaustausch verbessert werden sollen, Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 13. Juni 2007 „Europaweite Vernetzung der Strafregister“. Die EU-Kommission hat den Rahmenbeschluss weiterentwickelt und plant ein Europäisches Strafregisterinformationssystem (ECRIS), Pressemitteilung vom 30. Mai 2008, IP/08/823. 1090

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aber vom Geschäftsführer hinzunehmen, da er sich an der Aufklärung des Sachverhalts beteiligen wird, sofern er tatsächlich habil ist. In den anderen Fällen würde durch die Verzögerung der Eintragung genau das erreicht, was erreicht werden sollte: keine Eintragung ins Handelsregister. Im Wettbewerb der Rechtsordnungen mag man diese Verzögerung unter Umständen als nachteilig ansehen. Eine Verdrängung aus der GmbH hinaus in andere Rechtsformen wäre aber eher unwahrscheinlich, da das Registergericht nur dann Nachforschungen anstellt oder ergänzende Versicherungen verlangen würde, wenn es Zweifel an der Habilität hegte. 2. Bezugszeitpunkt für die Versicherung Die Geschäftsführer sollen in der Anmeldung versichern, dass keine Ausschlussgründe ihrer Bestellung entgegenstehen. Die Versicherung hat sich demnach darauf zu beziehen, dass im Zeitpunkt des Eingangs der Anmeldung (als Zeitpunkt einer fiktiven Bestellung) 1095 keine relevanten Tatsachen vorliegen. 1096 War der Geschäftsführer im Zeitpunkt der tatsächlichen Bestellung inhabil, ist er dies aber nicht mehr im Zeitpunkt der Anmeldung, fehlt es mangels wirksamer Bestellung zwar an einer Eintragungsvoraussetzung des Geschäftsführers. Dieser Mangel hat aber mit §§ 6 Abs. 2, 8 Abs. 3 GmbHG nichts zu tun. Seine Versicherung ist korrekt. Änderungen der Habilität zwischen der Anmeldung der GmbH und deren Eintragung sind anmeldepflichtig. Solche Änderungen wirken sich aber nicht auf die Versicherung der Geschäftsführer aus. Es besteht keine Aktualisierungspflicht der Versicherung für die Geschäftsführer. 1097 Die Frage, die sich anschließt, ist, was Grundlage der Nachmeldepflicht ist und wen sie trifft. Allgemein wird die Nachmeldepflicht aus einer analogen Anwendung von § 39 Abs. 1 GmbHG abgeleitet. 1098 Bei einer solchen Herleitung

1094 Auch solche Erweiterungen von § 6 Abs. 2 GmbHG wurden hier abgelehnt, 2. Teil: E.VIII., 2. Teil: F.IX. 1095 Der Gesetzeswortlaut ist ein wenig missverständlich. Bei einem oberflächlichen Blick sieht es aus, als sei der Geschäftsführer nicht schon bestellt, sondern als ob das Registergericht vor der Bestellung eine Abfrage der Ausschlussgründe durchführt, damit anschließend der Geschäftsführer bestellt werden kann. 1096 Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 8 Rn. 20. 1097 Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn. 207; Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh, GmbHG, § 82 Rn. 69. 1098 Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, § 8 Rn. 16; Michalski / Heyder, GmbHG, § 8 Rn. 38; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 8 Rn. 35; Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 8 Rn. 26. Nur für eine Mitteilungspflicht in Abgrenzung zu einer Anmeldepflicht dagegen MünchHdb. GesR III / Heinrichs, § 8 Rn. 31.

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kann die Anmeldepflicht nur die Gesellschaft, vermittelt über die anderen oder einen neuen Geschäftsführer, treffen. Roth hingegen lehnt eine Analogie zu § 39 Abs. 1 GmbHG als wenig überzeugend ab. 1099 Nach der Eintragung der GmbH sei ein späteres Auftreten von Inhabilitätsgründen gerade nicht nachmeldepflichtig. Diese Begründung zeigt, dass er davon ausgeht, dass es der inhabile Geschäftsführer ist, den eine Anmeldepflicht treffen soll. Dessen Pflicht begründet er darüber, dass unverzichtbare Eintragungsvoraussetzungen statuiert worden seien, für deren Erfüllung es nicht auf den willkürlichen Zeitpunkt der Anmeldung ankommen könne. 1100 Das Registergericht habe alles in seine Prüfung mit einzubeziehen, was nach der Anmeldung geschehen sei. Dem entspreche dann auch eine Pflicht der Anmeldenden, Änderungen nachzumelden. Unterschiede ergeben sich vor allem dann, wenn der einzige Geschäftsführer der Gesellschaft nach der Anmeldung und vor der Eintragung inhabil wird. Obliegt nur der Gesellschaft eine Anmeldepflicht, besitzt diese aber keinen Geschäftsführer mehr, der anmelden darf, wird das Registergericht die GmbH als wirksam entstanden eintragen, obwohl diese handlungsunfähig ist. Dies erscheint im Hinblick auf den Sinn von §§ 7, 8 GmbHG, wie Roth zutreffend hervorhebt, nicht hinnehmbar. Daher ist es sinnvoll, ausnahmsweise wegen der besonderen Situation bei der Gründung und Entstehung einer GmbH den inhabilen Geschäftsführer für anmeldepflichtig zu halten. Es ließe sich allerdings darüber nachdenken, entsprechend der mit dem MoMiG eingeführten Insolvenzantragspflicht der Gesellschafter bei einer führungslosen Gesellschaft gemäß § 15a Abs. 3 InsO, den Gesellschaftern auch hier ausnahmsweise eine Anmeldepflicht aufzuerlegen, um die Eintragung einer führungslosen Gesellschaft von vorneherein zu vermeiden. 1101 Wünschenswert wäre dies vor dem Hintergrund, dass man so vermeiden könnte, dass dem Inhabilen direkt Geschäftsführerpflichten auferlegt werden. Allerdings besitzt die Anknüpfung an den Inhabilen den Vorteil, dass er die notwendige Kenntnis über seine persönlichen Verhältnisse hat. Die Anmeldepflicht der Gesellschafter läuft nämlich ins Leere, solange diese keine Kenntnis von der Inhabilität haben. Ist die Gesellschaft einmal eingetragen, besteht die zuvor erwähnte Pflicht der Gesellschaft aus § 39 Abs. 1 GmbHG, durch die anderen Geschäftsführer nach § 78 GmbHG das Ende der Organstellung eines Geschäftsführers anzumelden. 1102 Spätere Geschäftsführer treffen nach § 39 Abs. 3 GmbHG die gleichen Versicherungspflichten wie den ersten Geschäftsführer. Ihnen obliegt keine persönliche 1099

Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 8 Rn. 21. Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 8 Rn. 21. 1101 Siehe aber 2. Teil: G.II.3.b). 1102 Siehe nur Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 39 Rn. 1; Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 39 Rn. 2. Eine Angabe des Beendigungsgrundes ist nicht vorgeschrieben, GroßkommGmbHG / Paefgen, § 39 Rn. 26. 1100

H. Durchsetzung von § 6 Abs. 2 GmbHG

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Anmeldepflicht oder gar Aktualisierungspflicht ihrer Versicherung, sofern sie später inhabil werden. 1103 3. Wortlaut der Versicherung über die Ausschlussgründe Streit herrscht über die genauen Anforderungen an den Wortlaut der Versicherung. Zurückgehend auf eine Entscheidung des BayObLG von 1981 stellt die herrschende Meinung enge formale Anforderungen. 1104 Jeder Ausschlussgrund sei einzeln anzusprechen und zu verneinen. Etwaige Untersagungen und Berufsverbote nach § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG seien bekanntzugeben, damit das Registergericht überprüfen könne, ob der Unternehmensgegenstand mit dem Verbotsgegenstand teilweise übereinstimme. An dieser Entscheidung orientierte sich offenbar auch das – nicht ins MoMiG übernommene – Muster einer Versicherung nach dem RegE MoMiG. 1105 Eine andere Ansicht möchte es dagegen genügen lassen, wenn in der Erklärung mit einem pauschalen Hinweis auf § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG versichert werde, dass keine Ausschlussgründe bestünden. 1106 Grundlage für eine Lösung ist das Folgende: Die Versicherungspflicht soll den Geschäftsführer über die Ausschlussgründe informieren und dem Registergericht einen erheblichen Verwaltungsaufwand durch Anfragen beim Bundeszentralregister ersparen. 1107 Hat das Registergericht auf Grund der Versicherung Zweifel an der 1103

A. A. Haas, WM 2006, 1369, 1372, der eine herrschende Meinung auszumachen glaubt, die den Geschäftsführer entsprechend § 39 GmbHG verpflichtet sieht, spätere Ausschlussgründe dem Registergericht mitzuteilen. Dabei beruft er sich zu Unrecht auf GroßkommGmbHG / Ulmer, § 8 Rn. 35 und Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 8 Rn. 20 f. Dort geht es allein um die Situation bei der Eintragung einer GmbH. 1104 BayObLG, DB 1982, 273 f.; DB 1983, 2408 f.; Scholz 10 / Winter / Veil, GmbHG, § 8 Rn. 26 m.w. N. 1105 Dort heißt es (BT-Drs. 16/6140, S. 22): „3. Ich bin weder wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten nach den §§ 265b, 266 oder § 266a des Strafgesetzbuchs (Kreditbetrug, Untreue, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, der Insolvenzverschleppung, nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, Gläubigerbegünstigung, Schuldnerbegünstigung), der falschen Angaben nach § 82 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder § 399 des Aktiengesetzes, der unrichtigen Darstellung nach § 400 des Aktiengesetzes, § 331 des Handelsgesetzbuchs, § 313 des Umwandlungsgesetzes oder § 17 des Publizitätsgesetzes oder im Ausland wegen einer mit den genannten Taten vergleichbaren Straftat verurteilt worden, noch ist mir durch gerichtliches Urteil oder vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden. 4. Ich bin über meine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Registergericht belehrt worden, ebenso darüber, dass falsche Versicherungen strafbar sind.“ 1106 MünchKommAktG / Pentz, § 37 Rn. 53; LG Kassel, Rpfleger 1982, 229; Brambring, DNotZ 1982, 183 ff.; Groß, Rpfleger 1982, 151 f. 1107 BT-Drs. 8/1347, S. 34; BayObLG, DB 1983, 2408 f.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Amtsfähigkeit des Betreffenden, hat es gemäß § 12 FGG die Pflicht, Ermittlungen anzustellen. 1108 Im Grunde genommen geht es also darum, welcher Wortlaut in der Versicherung beim Registergericht Zweifel aufkommen lässt. In dieser Arbeit sollen nun nicht einzelne Textvorschläge auf ihr Zweifelspotential untersucht werden, da dies nicht zielführend erscheint. Einige klärende Bemerkungen sollen daher genügen. Bestehen überhaupt keine Ausschlussgründe auf Seiten des Geschäftsführers, da dieser nie verurteilt, noch ein Berufsverbot oder eine Gewerbeuntersagung angeordnet worden ist, sollte es ausreichen, dass auf den Wortlaut von § 8 Abs. 3 GmbHG Bezug genommen wird. 1109 Sinn und Folgen der Selbstauskunft sollten dem Geschäftsführer durch das Gespräch mit dem Notar bekannt sein, 1110 ansonsten liegt es in seiner Sphäre sich über seine Pflichten als Geschäftsführer zu informieren. Und dass eine falsche Angabe gegenüber einem Gericht Konsequenzen haben kann, versteht sich von selbst. Ein Mehrwert für das Registergericht, indem jeder einzelne Ausschlussgrund gesondert erwähnt wird, ist doch sehr ungewiss. 1111 Allerdings ist es richtig, bei § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG nähere Informationen zu verlangen, wenn ein Berufsverbot oder eine Untersagung angeordnet worden ist. 1112 Ob der Verbotsgegenstand mit dem Unternehmensgegenstand übereinstimmt, ist eine Frage, über die alleine das Registergericht zu entscheiden hat, nicht der Geschäftsführer oder der Notar. 1113 Zu weit geht es hingegen, wenn verlangt wird, dass versichert werden solle, dass keine Verurteilung wegen einer relevanten Straftat, kein Berufsverbot oder keine Gewerbeuntersagung besteht. 1114 Denn für die Versicherung ist allein maßgebend, dass aktuell kein Verbot besteht. § 8 Abs. 3 S. 1 GmbHG spricht davon, dass „keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 und 4 entgegenstehen“. 1115 Ob irgendwann einmal eine relevante 1108

BayObLG, DB 1982, 273, 274; vgl. auch BT-Drs. 8/1347, S. 34. A. A. B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 239 f. und auch das Muster einer Versicherung im RegE MoMiG, S. 47. 1110 Groß, Rpfleger 1982, 151 unter Verweis auf § 17 BeurkG. 1111 Groß, Rpfleger 1982, 151; Brambring, DNotZ 1982, 183, 185; LG Kassel, Rpfleger 1982, 229; vgl. auch OLG Jena, GmbHR 1995, 453. 1112 MünchKommAktG / Pentz, § 37 Rn. 53; Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 6 Rn. 25; Krafka / Willer, Registerrecht, Rn. 956; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 239. Auch dazu kritisch Groß, Rpfleger 1982, 151, 152, da die Anmeldung der öffentlichen Einsicht unterliege und daher eine gesonderte Erklärung an das Gericht genügen sollte. 1113 § 9c Abs. 1 S. 1 GmbHG; BayObLG, DB 1982, 273, 274; OLG Düsseldorf, NJWRR 1997, 414. 1114 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 239 („Ich versichere, dass ich nicht wegen einer Insolvenzstraftat ... verurteilt worden bin und dass mir die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges weder durch gerichtliches Urteil noch durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde untersagt ist.“). Anscheinend auch Bundesnotarkammer, DNotZ 1998, 913, 917. 1109

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Verurteilung bestand, ist nicht Gegenstand der Versicherung. Pauschale Versicherung zu verlangen, verstößt daher gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht, da persönliche Informationen preisgegeben werden sollen, die für das Registergericht ohne Belang sind. Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG dürfte sich der designierte Geschäftsführer schließlich auch als unbestraft bezeichnen. Hieran ändert selbst die Belehrung nach § 53 Abs. 2 BZRG nichts. Daher war das Muster zu einer Versicherung im RegE MoMiG unzutreffend formuliert, wenn es dort hieß: „Ich bin weder wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten nach den ... oder im Ausland wegen einer mit den genannten Taten vergleichbaren Straftat verurteilt worden, noch ist mir durch gerichtliches Urteil oder vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden.“

Bestehen Zweifel des Registergerichts, kann es – als milderes Mittel – eine Ergänzung der Versicherung durch den Geschäftsführer verlangen oder einen Auszug aus dem Bundes- oder Gewerbezentralregister einholen. 1116 Erweiterte man die Versicherungspflicht auf ausländische Urteile und Untersagungen, müsste nach der herrschenden Ansicht konsequenterweise allen Ernstes versichert werden, dass auch keine (aufzuzählenden!) vergleichbaren Verurteilungen aus anderen (einzeln aufzuzählenden!) Ländern bestehen. 1117 Dass dies absurd ist, leuchtet jedem ein. Damit müsste man es ausreichen lassen, dass pauschal versichert wird, dass keine vergleichbaren ausländischen Verurteilungen entgegenstehen. 1118 Ob man durch eine solche Versicherung ein Mehr an Rechtssicherheit erreicht, ist zweifelhaft. Sollte tatsächlich eine ausländische Untersagung oder eine ausländische Verurteilung bestehen, wäre diese ausdrücklich anzugeben, damit das Registergericht seiner Prüfungspflicht (Vergleichbarkeit) nachkommen könnte.

1115 Zutreffend hingegen BayObLG, DB 1982, 273, 274; OLG Jena, GmbHR 1995, 453; Brambring, DNotZ 1982, 183, 184 f. 1116 Siehe BayObLG, DB 1982, 273, 274; MünchKommAktG / Pentz, § 37 Rn. 54. Das Einsichtsrecht ins Gewerbezentralregister ergibt sich aus § 150a Abs. 2 Nr. 1 GewO. 1117 Der Wortlaut der Versicherung bei Ausschlussgründen aus einer analogen Erweiterung von § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG wird – wie bei der Reichweite der Versicherung – nicht diskutiert. 1118 So auch das Muster für eine Versicherung nach dem RegE MoMiG, BT-Drs. 16/ 6140, S. 22.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

4. Unbeschränkte Auskunftspflicht und Versicherung über die Belehrung Die Versicherungspflicht umfasst auch die Belehrung über die unbeschränkte Auskunftspflicht des Bundeszentralregisters, § 8 Abs. 3 S. 1 a. E. GmbHG. Das Registergericht hat gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 BZRG ein unbeschränktes Auskunftsrecht, 1119 so dass es auch Informationen zu Angaben, die nicht Bestandteil des Führungszeugnisses sind, erhält. 1120 Normalerweise kann sich jemand als unbestraft bezeichnen und muss den zugrundeliegenden Sachverhalt nicht offenbaren, wenn die Verurteilung überhaupt nicht in ein Führungszeugnis oder nur in ein Führungszeugnis nach § 32 Abs. 3, 4 BZRG eingetragen werden würde, § 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG, oder wenn die Verurteilung zu tilgen ist, Nr. 2. Der Geschäftsführer kann aus § 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG gegenüber dem Registergericht wegen dessen unbeschränkten Auskunftsrechts jedoch keine Rechte herleiten, wenn er über die unbeschränkte Auskunftspflicht des Bundeszentralregisters belehrt worden ist, § 53 Abs. 2 BZRG. 1121 Da die Anmeldung der Geschäftsführer in öffentlich beglaubigter Form erfolgen muss und die Geschäftsführer einen Notar hinzuziehen müssen, hat der Gesetzgeber als Verfahrenserleichterung vorgesehen, dass die Belehrung nach § 53 Abs. 2 BZRG auch von einem Notar vorgenommen werden kann. 1122 Eine solche Pflicht des Notars besteht nicht. 1123 Die Geschäftsführer müssen den Notar daher um die Belehrung bitten. Nach herrschender Meinung genügt eine Belehrung durch einen ausländischen Notar. 1124 Auch das Registergericht kann die Belehrung vornehmen. 1125 Eine (notarielle) Belehrung über die Inhabilitätsgründe ist nicht 1119

Strafrechtliche Berufsverbote, § 32 Abs. 2 Nr. 8 BZRG, und geringfügige Verurteilungen, § § 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG, werden im normalen Führungszeugnis nicht ausgewiesen, weshalb das Registergericht keine Auskunft über diese relevanten Informationen bekommen würde. Daher steht dem Registergericht ein unbeschränktes Auskunftsrecht zu, um diese Ausschlussgründe überhaupt prüfen zu können. Zu den sonstigen Unterschieden zwischen beschränktem und unbeschränktem Auskunftsrecht siehe in § 32 Abs. 2 BZRG den Katalog der Dinge, die nicht in ein Führungszeugnis eingetragen werden. 1120 Die Auskunft darf nur für den im Ersuchen angegebenen Zweck genutzt werden, § 41 Abs. 3 BZRG. 1121 Auf den falschen Gesetzeswortlaut von § 8 Abs. 3 S. 2 GmbHG wurde bereits in Fn. 1066 (2. Teil) hingewiesen. 1122 BT-Drs. 8/1347, S. 34. Für Einzelheiten der Belehrung Bundesnotarkammer, DNotZ 1998, 913 ff. 1123 BT-Drs. 8/1347, S. 34. 1124 LG Nürnberg, Rpfleger 1994, 360; Bartovics, GmbHR 1998, 778 f.; Bundesnotarkammer, DNotZ 1998, 913, 915 ff.; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 8 Rn. 36 m.w. N. A. A. LG Ulm, RIW 1988, 561 f.; Wolff, ZIP 1995, 1489, 1492 ff.; ders., GmbHR 1998, 35 f. Zur Belehrung in der Praxis durch Konsularbeamte Simon, ZIP 1995, 1724; mit Zweifeln an dieser Praxis Wolff, GmbHR 1998, 35.

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erforderlich. 1126 Mit dem MoMiG stellt der Gesetzgeber klar, dass eine schriftliche Belehrung ausreicht und ausländische Notare sowie deutsche Konsularbeamte belehren können. 1127 Darüber hinaus wird das Belehrungsrecht auf Rechtsanwälte erweitert. 5. Registerrechtliche Prüfung der Habilität Inhaltlich prüft das Registergericht ob die formell-rechtlichen Anforderungen an die Anmeldung erfüllt sind. 1128 Eine Kontrolle des materiellen Rechts kann nur dann erfolgen, wenn begründete Zweifel hinsichtlich der Versicherung bzw. Eignung bestehen. 1129 Solche Zweifel oder Gründe zur Nachforschung können etwa durch Presseberichte oder Mitteilungen Dritter entstehen. 1130 Das Registergericht stellt damit eine (eingeschränkte) Kontrollinstanz der Bestellung dar. Fehlt bei der Anmeldung der Gesellschaft / des Geschäftsführers die Versicherung des Geschäftsführers oder ist diese unvollständig, wird die GmbH / der Geschäftsführer nicht eingetragen. 1131 Gleiches gilt, wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit bestehen. Das Registergericht wird mittels einer Zwischenverfügung dem Anmeldenden aufgeben, den Mangel zu beheben. 1132 Das Registergericht kann auch – sofort oder erst nach einer Zwischenverfügung – einen Auszug aus dem Bundeszentralregister oder dem Gewerbezentralregister einholen. 1133 Das Nachreichen der Versicherung kann bei der Gründung einer Gesellschaft nicht erzwungen werden, da es keine Pflicht zur Anmeldung einer Gesellschaft gibt. 1134 Wird die GmbH trotz des Mangels eingetragen, ist sie wirksam entstanden. Das Registergericht kann jetzt aber die Abgabe der Versicherung durch eine Ordnungsstrafe gemäß § 14 HGB erzwingen. 1135 Ist die GmbH eingetragen worden, obwohl 1125

Vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 34. Dies ist in der Praxis äußerst selten, Krafka / Willer, Registerrecht, Rn. 962. 1126 Zutreffend LG Bremen, GmbHR 1999, 865 f. 1127 BT-Drs. 16/6140, S. 6, 35. Zur Begründung siehe oben 2. Teil: H.I. 1128 Vgl. BGHZ 84, 285, 287; Winkler, in: FS Wiedemann, S. 1369, 1374; Keidel / Kuntze / Winkler / Winkler, FGG, § 127 Rn. 1. 1129 Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 9c Rn. 12; siehe auch BGHZ 113, 335, 352; Scholz 10 / Winter / Veil, GmbHG, § 9c Rn. 12 f. m.w. N. 1130 Siehe den Sachverhalt von OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 623. 1131 Vgl. § 9c Abs. 1 GmbHG; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 8 Rn. 2. 1132 Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 8 Rn. 30; Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Bayer, GmbHG, § 8 Rn. 17. 1133 Vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 34. 1134 Michalski / Heyder, GmbHG, § 8 Rn. 44; Scholz 10 / Winter / Veil, GmbHG, § 8 Rn. 29. 1135 BayObLG, GmbHR 1988, 60, 61; Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Bayer, GmbHG, § 8 Rn. 18.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

sie keine(n) habilen Geschäftsführer hatte, kann sie entsprechend § 142 FGG aufgelöst werden. 1136 6. Einsicht Dritter in die Versicherung Da die Versicherung der Anmeldung beigefügt ist, kann jeder zu „Informationszwecken“ Einsicht in die Versicherung nehmen, § 9 Abs. 1 HGB. Das Kriterium des Informationszweckes ist wegen europarechtlicher Vorgaben jedoch derart weit, dass es sich im Ergebnis um ein Jedermann-Recht handelt. 1137 Dies ist problematisch. Bereits die Sachverständigenkommission hatte berechtigterweise gefordert, im Interesse der Betroffenen und der Gesellschaft diese Angaben nicht der Einsicht nach § 9 Abs. 1 HGB zu unterwerfen. 1138 In der Versicherung werden schließlich Informationen offenbart, die der Betroffene sonst nur in Ausnahmefällen und nur gegenüber einem sehr beschränkten Kreis zu offenbaren hat. Bedenkt man etwa, dass angeordnete Berufsverbote immer in der Versicherung anzugeben sind, damit das Registergericht deren Relevanz prüfen kann, hat der Geschäftsführer eine Information Preis zu geben, die selbst in das Führungszeugnis nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgenommen wird. 1139 Dies ist ein äußerst starker Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG. 1140 Eine Rechtfertigung zu finden fällt schwer. Für das Handelsregister und die Prüfung des Registergerichts reicht es aus, dass dieses die relevanten Informationen erhält. Ein besonderes Interesse Dritter oder der Allgemeinheit an der Einsichtnahme in die Versicherung besteht nicht, da diese auf die Kontrolle des Registergerichts vertrauen können und die Informationen über ein Berufsverbot nicht benötigen. Das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen wird durch das uneingeschränkte Recht auf Einsichtnahme verletzt. § 9 HGB ist daher verfassungskonform einzuschränken. Möglich, aber nicht ausreichend wird es sein, ein besonderes Informationsinteresse des Dritten zu fordern. Denn die Angaben zum Berufsverbot sind nur in behördlichen Führungszeugnissen zu vermerken, nicht 1136

Siehe 2. Teil: G.IV. Baumbach / Hopt, HGB, § 9 Rn. 1; für Europarechtswidrigkeit Hirte, NJW 2003, 1090, 1091. Durch die Digitalisierung des Handelsregisters wird die Einsichtnahme sogar noch einfacher. 1138 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 32 f. 1139 Berufsverbote werden nur in das behördliche Führungszeugnis aufgenommen, § 32 Abs. 2, 3 BZRG. Aus diesem Grund ebenso kritisch Groß, Rpfleger 1982, 151, 152. 1140 Grundlegend zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung BVerfGE 65,1, 41 ff. – Volkszählung. 1137

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aber in herkömmlichen Führungszeugnissen. Vielmehr wird man die Versicherung gänzlich von der Einsichtnahme ausnehmen müssen, um dem Persönlichkeitsrecht gerecht zu werden. Das Informationsinteresse der Allgemeinheit leidet dadurch nicht. Das Register gibt ausreichend über die Person des Geschäftsführers Auskunft; das Registergericht kann die Habilität prüfen. Auch die Richtlinie 68/151/EWG (so genannte Publizitätsrichtlinie) 1141 fordert nicht die unbeschränkte Einsichtnahme in die Versicherung. Art. 2 Abs. 1 lit. d fordert nur, dass Urkunden oder Angaben über die Bestellung und die Personalien des Organs der Einsicht unterliegen. Die Versicherung steht zwar im Zusammenhang mit der Bestellung, ist aber keine Angabe über den Bestellungsakt selbst, sondern eine persönliche Erklärung des Geschäftsführers.

III. Haftung gemäß § 9a Abs. 1 GmbHG Wird bei der Errichtung der Gesellschaft eine falsche Versicherung abgegeben, haften Gesellschafter und alle Geschäftsführer gemäß § 9a Abs. 1 GmbHG gegenüber der Gesellschaft für den entstandenen Schaden. 1142 Dies gilt nach Abs. 3 nicht, wenn die betreffende Person die Tatsachen nicht kannte und auch nicht bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes kennen musste.

IV. Strafbewehrung der falschen Versicherung, § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG Macht der Geschäftsführer falsche Angaben in der nach § 8 Abs. 3 S. 1 oder § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG abzugebenden Versicherung, wird er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Schutzzweck von § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG ist bereits an anderer Stelle dargelegt worden. 1143 Es geht darum, das Vertrauen der Gesellschaftsgläubiger und anderer Dritter („der Allgemeinheit“) in die Korrektheit der Handelsregistereintragungen und ihrer Grundlagen zu schützen. Ebenfalls soll das Verbot von § 6 Abs. 2 GmbHG und die Versicherungspflicht von § 8 Abs. 3 GmbHG durchgesetzt werden. Die Gesellschaft oder die Gesellschafter werden nicht geschützt. 1144 1141 Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, Abl. EG Nr. L 65 vom 14. 3. 1968, S. 8 ff. 1142 Zu den Einzelheiten siehe bereits 2. Teil: G.II.4.c). 1143 Siehe 2. Teil: G.II.4.b)bb).

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

§ 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG ist ein Tätigkeitsdelikt; ein Täuschungserfolg ist nicht gefordert. 1145 Die Norm ist weiter abstraktes Gefährdungsdelikt, da die Möglichkeit, dass Dritte getäuscht werden können, ausreicht. 1146 Schließlich ist sie Sonderdelikt, da sie nur durch einen Geschäftsführer bzw. Liquidator begangen werden kann. 1147 Aus dem Sinnzusammenhang der §§ 6 Abs. 2, 8 Abs. 3, 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG wird klar, dass sich der Straftatbestand auch (und vor allem) auf den inhabilen, also faktischen, Geschäftsführer bezieht. 1148 Ist jemand inhabil und behauptet er in seiner Versicherung das Gegenteil, wäre er nicht strafbar, wenn man unter dem Begriff des Geschäftsführers nur den habilen Geschäftsführer fassen würde. Dies sind gerade die Fälle, welche die Norm erfassen soll. Sollten juristische Personen zur Geschäftsleitung zugelassen werden, ist darauf hinzuweisen, dass sich in diesem Fall der Geschäftsleiter der juristischen Person gemäß der Überwälzungsnorm des § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar macht, wenn eine falsche Versicherung abgegeben wird. 1149 Mit dem MoMiG erweitert der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Strafnorm. Neben dem Geschäftsführer sollen sich ebenso Geschäftsleiter einer ausländischen juristischen Person strafbar machen. 1150 Dadurch wird sichergestellt, dass die (europarechtswidrige) Abgabe der Versicherung bei der Anmeldung einer Zweigniederlassung strafbar ist. 1151 Der objektive Tatbestand setzt voraus, dass bei der Versicherung nach §§ 8 Abs. 3, 39 Abs. 3 GmbHG falsche oder unvollständige Angaben gemacht wer1144 Allgemein zu § 82 GmbHG Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 11 ff.; a. A. zu § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 11, der aus dem Schutzzweck von § 6 Abs. 2 GmbHG, der die Gesellschafter schützen soll, schließt, dass § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG auch die Gesellschafter schützt. Diese Ansicht ist aber bereits deshalb abzulehnen, da ihre Prämisse für § 6 Abs. 2 GmbHG unzutreffend ist. 1145 Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 14; Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn. 14. 1146 Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 8; Hachenburg 4 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 12. 1147 Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Kleindiek, GmbHG, § 82 Rn. 2; Baumbach / A. Hueck 17 / Schulze-Osterloh / Servatius , GmbHG, § 82 Rn. 3. 1148 Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 41; Baumbach / A. Hueck 17 / Schulze-Osterloh / Servatius, GmbHG, § 82 Rn. 63; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 70. 1149 Vgl. zum Liquidator, der eine juristische Person ist, Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn. 18. 1150 Der RegE wollte in § 82 Abs. 1 Nr. 5 ursprünglich den Wortlaut „Geschäftsleiter einer inländischen oder ausländischen juristischen Person“ einfügen, BT-Drs. 16/6140, S. 9. Der Bundesrat kritisierte diese Fassung hingegen als nicht verständlich und genau, BRDrs. 354/07 (Beschluss), S. 20, da es den Begriff des „Geschäftsleiters / Leitungsorgans einer inländischen juristischen Person“ bislang nicht gebe. Er schlug daher die oben erwähnte Fassung vor, welche die Bundesregierung, BT-Drs. 16/6140, S. 77, ins MoMiG übernahm, BT-Drs. 16/9737, S. 25, 100. 1151 Vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 47 und ausführlicher unten 2. Teil: J.III.1.d)bb).

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den. Auch falsche Angaben in einer angeforderten ergänzenden Versicherung sind strafbar. 1152 Die Versicherung muss sich auf alle in § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG aufgeführten Ausschlussgründe beziehen. Andere Ausschlussgründe, die mittels einer analogen Anwendung in diese Normen hineingelesen werden, sind nicht erfasst. 1153 Das strafrechtliche Analogieverbot verbietet es, eine analoge Erweiterung der Norm, welche die Reichweite der Strafnorm regelt, in Bezug zu nehmen. 1154 Wird die Versicherung gänzlich unterlassen, ist dies nicht tatbestandsmäßig. 1155 § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG fordert eine falsche Angabe in der Versicherung. Daher sind vor allem die Fälle straflos, in denen ein Geschäftsführer nach der Bestellung und Abgabe der Versicherung inhabil wird. 1156 Wird gegenüber dem Registergericht später freiwillig eine Versicherung abgegeben, soll diese strafbar sein, wenn sie falsche Angaben enthält. 1157 Dies dürfte indessen zu weit gehen, denn § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG bezieht sich nur auf die erstmalige verpflichtende Versicherung bei der Anmeldung des Geschäftsführers. Da auch später keine Versicherungspflicht nach diesen Normen besteht, wird eine solche Auslegung wohl gegen das Analogieverbot verstoßen. Falsche Angaben sind nur bei Vorsatz strafbar. Die Absicht, eine Eintragung als Geschäftsführer ins Handelsregister zu bewirken, ist – im Gegensatz zu anderen Varianten von § 82 Abs. 1 GmbHG – nicht notwendig. 1158 Ein strafausschließendes Einverständnis ist nicht möglich, da das geschützte Rechtsgut nicht disponibel ist. 1159 Für Irrtümer gelten die allgemeinen Regeln des Strafrechts. 1160 Die Tat ist mit Eingang der Anmeldung beim Registergericht vollendet, mit der Entscheidung des Registergerichts über die Ablehnung oder mit der Eintra1152

Hachenburg 4 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 93; Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG § 82 Rn. 124. 1153 Vgl. Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn 19. Hierzu zählte etwa die analoge Anwendung von § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG auf ausländische Verurteilungen. 1154 Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn 19; Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 73. 1155 Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Kleindiek, GmbHG, § 82 Rn. 17; Hachenburg 4 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 94. 1156 Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 127; Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn 198. 1157 Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn 198; Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 97 (der allerdings eine Erklärungspflicht für den Geschäftsführer behauptet). 1158 Rowedder 4 / Schaal, GmbHG, § 82 Rn. 69; Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn 200; a. A. Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh, GmbHG, § 82 Rn. 65. 1159 Hachenburg 8 / Kohlmann, GmbHG, § 82 Rn. 59; Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 165. 1160 Beispiele bei Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 178a; Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn 202 f. Hier kann auch der Fall praktisch werden, dass § 6 Abs. 2 GmbHG und § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG kollidieren und der Geschäftsführer daher glaubt, sich als unbestraft bezeichnen zu dürfen.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

gung beendigt. 1161 Den Geschäftsführer kann eine Berichtigungspflicht seiner Versicherung aus Ingerenz treffen, wenn er die Unrichtigkeit seiner Versicherung erkennt. 1162 Neu eintretende Tatsachen nach der Versicherung zwingen nicht zu einer Änderung der Versicherung. 1163

V. Information des Registergerichts und Amtslöschung Das Registergericht bezieht seine Informationen vorrangig aus der Versicherung der Geschäftsführer und durch den Auszug aus dem Bundes- oder Gewerbezentralregister. Mitteilungspflichten für strafrechtliche Verurteilungen nach der MISTRA bestehen nicht. 1164 Allerdings dürfen die Staatsanwaltschaften und die Gerichte personenbezogene Daten nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 EGGVG an das Registergericht übermitteln. 1165 Eine Pflicht zur Übermittlung besteht nicht; allerdings wird man davon ausgehen können, dass die Möglichkeit der Übermittlung von Amts wegen in der Regel dazu führt, dass die Übermittlung vorzunehmen ist. 1166 Andere Informationsquellen sind Mitteilungen Dritter oder von Gesellschaftern, auf Grund derer das Registergericht von Amts wegen zu ermitteln beginnt, vgl. § 12 FGG. 1167 Erfährt das Registergericht, dass der Geschäftsführer inhabil geworden ist, hat es vorrangig zu versuchen, die Gesellschaft (und die anderen Geschäftsführer) dazu zu bewegen, den Amtsverlust anzumelden. 1168 Besitzt die Gesellschaft keinen Geschäftsführer mehr, kann sie auf Antrag eines Dritten einen Notgeschäftsführer 1161 Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 128; Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh, GmbHG, § 82 Rn. 67 f.; a. A. Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn. 204 f. (Beendigung auch schon mit positiver Entscheidung über Eintragung). 1162 Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh, GmbHG, § 82 Rn. 69; vgl. auch Scholz 9 / Tiedemann, GmbHG, § 82 Rn. 98. 1163 Michalski / Dannecker, GmbHG, § 82 Rn. 207; Baumbach / A. Hueck 18 / Schulze-Osterloh, GmbHG, § 82 Rn. 69. 1164 Solche Pflichten gibt es allerdings für Geschäftsleiter von Unternehmen im Bereich des KWG und des VAG, Abschnitt 25, 25b MISTRA. 1165 Gemäß Nr. 4 dürfen Daten übermittelt werden, die in ein öffentlich geführtes Register einzutragen sind. Der aus einer Verurteilung nach den §§ 283 ff. StGB resultierende Amtsverlust ist einzutragen, weshalb Nr. 4 einschlägig sein sollte. Möglich, wenngleich nicht ganz zweifelsfrei, wäre auch eine Übermittlungsbefugnis gemäß Nr. 5. Danach ist eine Übermittlung zulässig, wenn auf Grund einer Entscheidung bestimmte Rechtsfolgen eingetreten sind und die Kenntnis der Daten für die Verwirklichung der Rechtsfolgen erforderlich ist. Auf Grund der Verurteilung tritt der Amtsverlust ein. Für dessen Verwirklichung ist es direkt nicht notwendig, die Daten an das Registergericht zu übermitteln. Bedenkt man aber, dass die Eintragung im Handelsregister besondere Publizitätswirkungen hat, erscheint eine Befugnis möglich. 1166 Kissel / Mayer, GVG, § 12 EGGVG Rn. 20. 1167 Siehe den Sachverhalt von OLG Naumburg, ZIP 2000, 622, 623. 1168 BayObLG, NJW-RR 1986, 1362, 1364; OLG Frankfurt a. M., DB 1994, 2282.

H. Durchsetzung von § 6 Abs. 2 GmbHG

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bestellen, der die notwendige Anmeldung vorzunehmen hat. 1169 Erst als ultima ratio kann das Registergericht ein Amtslöschungsverfahren gemäß § 142 FGG im Hinblick auf den eingetragenen Geschäftsführer einleiten. 1170

VI. Reform: Effektivitätssteigerung der Durchsetzung Es ist eine Binsenweisheit, dass die Wirkung einer Norm von ihrer Akzeptanz und von einer effektiven Durchsetzung abhängig ist. 1171 Dem System der Inhabilitätsgründe wird bisweilen vorgeworfen, dass es an einer effektiven Durchsetzung gerade auf Grunde der fehlenden Abstimmung der Gerichte und Behörden mangele. 1172 Diese Kritik steigert sich sogar dahingehend, dass der Gedanke, mit der Versicherungspflicht Inhabile aus dem Geschäftsverkehr fernzuhalten, nicht mehr als eine bloße Illusion sei. 1173 Diese Vorwürfe sind ungerechtfertigt, obgleich Verbesserungspotenzial besteht. 1. Beibehaltung der Versicherungspflicht Die Versicherungspflicht erspart dem Registergericht ein aufwändiges Verfahren, dass nur in wenigen Fällen gerechtfertigt ist. Zudem sorgt sie dafür, dass den Geschäftsführern der Einwand abgeschnitten wird, sie hätten über die Inhabilitätsgründe keine Kenntnis gehabt. England kennt keine Versicherungspflicht, so dass ein erheblicher Teil der Geschäftsführer keine Kenntnis davon hat, dass nach dem CDDA eine disqualification order verhängt werden kann. 1174 Dort wurde sogar vorgeschlagen, eine Versicherungspflicht einzuführen. 1175 1169

BayObLG, NJW-RR 1989, 934, 935; OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857; Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, § 6 Rn. 19. 1170 Vgl. BayObLG, NJW-RR 1986, 1362, 1364; OLG Frankfurt a. M., DB 1994, 2282. Dies übersieht offenbar Drygala, ZIP 2005, 423, 431, der de lege ferenda eine Amtslöschung fordert. 1171 Siehe auch Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 332. 1172 Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 311; Voerste, AG 1987, 376, 377. 1173 BDI / Hengeler Mueller, GmbH im Wettbewerb, S. 13. Dagegen auch Drygala, ZIP 2005, 423, 431. Römermann, GmbHR 2006, 673, 681, hält die Vorstellung, dass sich Verbrecher bei der Versicherung offenbaren werden, für „vielleicht etwas naiv“. 1174 Sowohl Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, als auch Hicks, J. B. L. 2001, 433, 438 verweisen auf eine Untersuchung des National Audit Office aus dem Jahr 1992, wonach 58% von den Bestimmungen des CCDA nichts wissen. 1175 Hicks, J. B. L. 2001, 433, 448. Im Companies Act 2006 wird der Secretary of State dazu ermächtigt, Vorschriften einzuführen, die einer Person, die in einem anderen Land nicht Geschäftsführer werden darf, Berichtspflichten gegenüber dem registrar auferlegen,

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Die Wahrheit und Vollständigkeit der Versicherung sichert § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG ausreichend über das Strafrecht ab. 1176 Eine Regelanfrage bei den Zentralregistern, die bei der fortschreitenden Digitalisierung einfach, schnell und kostengünstig möglich sein sollte, erscheint im Gegensatz dazu unverhältnismäßig. Der Geschäftsführer mag zwar Garant für das Handeln der GmbH sein, ihn aber in der Folge unter einen Generalverdacht zu stellen, schießt doch erheblich über das Ziel hinaus. Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird als Grenze zu beachten sein. Entschlösse man sich, eine Regelanfrage einzuführen, müssten die Geschäftsführer weiterhin über die unbeschränkte Auskunftspflicht belehrt werden und diese Belehrung weiterhin versichern. Neben dieser Versicherung ist die Versicherung über die Habilität dann kein nennenswerter Aufwand. Ginge man aus diesem Grund dazu über, auch die Belehrung und § 53 Abs. 2 BZRG zu streichen, wie es der BDI vorschlägt, 1177 hat man diesen Einwand scheinbar entkräftet. Allerdings besteht § 53 Abs. 2 BZRG nicht nur im Hinblick auf § 6 Abs. 2 GmbHG, sondern gilt für alle unbeschränkten Auskunftspflichten. Zudem erscheint die Belehrung wegen der Tragweite der Auskunftspflicht im Bezug zur Reichweite des Führungszeugnisses aus gutem Grund erforderlich. Eine Abschaffung sollte daher nicht zur Debatte stehen. Einen Vorteil, den man nicht verschweigen darf, hätte die Regelanfrage dagegen: die Anfragen unterliegen nicht der öffentlichen Einsicht gemäß § 9 HGB. Aber hier hilft bereits die verfassungskonforme Einschränkung des Einsichtsrechts. Die Reichweite der derzeitigen Versicherungspflicht ist beizubehalten, da die Kontrolle durch den Notar in den Fällen des § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 und S. 2 GmbHG ausreichen wird, um eine Anmeldung der dort ausgeschlossenen Personen zu verhindern. 2. Eigene Strafnorm für Verstöße gegen § 6 Abs. 2 GmbHG Eine eigene Strafnorm bietet sich nicht nur für den anfänglich inhabilen Geschäftsführer an, sondern hat allgemein alle Inhabilen zu erfassen. 1178 So werden nämlich die Defizite des derzeitigen Verfahrens reduziert, das zwar bei einer anfänglichen Inhabilität eine effektive Kontrolle bietet, eine spätere Inhabilität jedoch unbemerkt bleiben kann, da die ausreichende und rechtzeitige Information des Registergerichts nicht sichergestellt ist. Da das Registergericht nur dafür sorgen kann, dass die Registerstellung beseitigt wird, aber einem faktischen Auftreten wenn er in England handelt und diese Handlung einen Verstoß gegen eine englische disqualification order darstellt, sec. 1188 ff. 1176 Ebenso Drygala, ZIP 2005, 423, 431. 1177 BDI, Diskussionspapier, S. 4. 1178 Siehe bereits 2. Teil: D.IX.4.e).

H. Durchsetzung von § 6 Abs. 2 GmbHG

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nichts entgegensetzen kann, sorgt die strafrechtliche Sanktion dafür, dass auch dieses unterbleibt. Zudem werden die Strafbarkeitslücken abgedeckt, die nach der derzeitigen Norm bestehen, wenn eine Versicherung gänzlich unterlassen wird. Die Verletzung der einzuführenden Strafnorm hat dabei auf die Inhabilität des Geschäftsführers Einfluss. 1179 3. Mitteilungspflichten gegenüber dem Registergericht Ergänzend dazu sollten Mitteilungspflichten gegenüber dem Registergericht bestehen, damit dieses zügig auf eine nach der Bestellung eingetretene Inhabilität reagieren kann und auf eine Löschung des Beteiligten hinwirkt. 1180 Diese Pflichten könnten zum einen den Geschäftsführer treffen, der die Verurteilung und somit die Inhabilität dem Registergericht mitzuteilen hat, oder zum anderen die Strafgerichte und Gewerbebehörden, die bestimmte Informationen automatisch an das Handelsregister zu melden haben. Am sinnvollsten ist es, die Pflichten den letzteren Institutionen aufzuerlegen. Sobald eine relevante Verurteilung oder Untersagung ausgesprochen wird, ist diese dem Handelsregister zu melden. Dieses gleicht elektronisch ohne besondere Schwierigkeiten die Daten ab und kann im Bedarfsfall auf die Anmeldung des Amtsverlusts hinwirken oder die Amtslöschung in die Wege leiten. Mitteilungspflichten etwa bei Berufen, die einer gesonderten Berufsgerichtsbarkeit unterliegen, bestehen nach der MISTRA derzeit schon, 1181 so dass eine Erweiterung keine besonderen Probleme aufwerfen wird. Verfassungsrechtliche Schwierigkeiten sollten nicht bestehen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird nur gering eingeschränkt, da die Daten allein für das Registergericht bestimmt sind und dieses die Daten sowieso aus dem Bundes- und Gewerbezentralregister erhalten könnte. Mitteilungspflichten an das Handelsregister sollten schließlich in den Fällen eingeführt werden, in denen eine relevante Betreuung in Vermögensangelegenheiten (mit oder ohne Einwilligungsvorbehalt) angeordnet wird, 1182 damit das Registergericht auch hier die notwendige Löschung aus dem Register anstreben kann. Ob eine solche Pflicht schon nach § 69k FGG in jedem Fall besteht, ist fraglich. Denn die Mitteilung ist nur möglich, soweit dies unter Beachtung berechtigter Interessen des Betroffenen erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen, für Dritte oder für die öffentliche Sicherheit abzuwenden. Die Erheblichkeitsschwelle kann dazu führen, dass von einer Mitteilung im Einzelfall abgesehen wird.

1179 1180 1181 1182

Siehe im Einzelnen 2. Teil: D.IX.4.e). So auch Drygala, ZIP 2005, 423, 431. Bspw. Abschnitt 23, 24. Siehe zur Erweiterung bereits 2. Teil: C.VIII.2.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

4. Keine eigene Überwachungsbehörde, aber ein eigenes Inhabilitätsregister Hirte, Lanzius und Mock regen an, die Überwachung der Inhabilität durch eine gesonderte Überwachungsbehörde vorzunehmen. 1183 Die Registergerichte seien für eine solche Überwachung geeignet, seien aber nur mangelnd ausgestattet. 1184 Eine zunehmende Zentralisierung und „Verlinkung“ der Registergerichte sei ein Schritt in die richtige Richtung. Möglich sei es auch, die Überwachung ergänzend dem Bundeszentralregister zu übertragen. Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften könnten von der BaFin übernommen werden. Eine neue Behörde einzurichten sei zwar nicht wünschenswert, aber angesichts der Erweiterungsvorschläge und der Koordination von Strafgerichten und Ordnungsbehörden sinnvoll. Eine eigene Behörde für die Überwachung der Inhabilitäten einzurichten, ist nicht nur nicht wünschenswert, sondern nach den hier vorgeschlagenen Änderungen auch nicht sinnvoll oder notwendig. Wird die hinreichende Information des Registergerichts sichergestellt und damit die Registerlage zügig korrigiert, sinken die Gefahren für den Rechtsverkehr. Das Registergericht hat seine Schuldigkeit gegenüber der Allgemeinheit getan; mehr kann, darf und muss auch von ihm nicht für eine effektive Durchsetzung verlangt werden. Die strafrechtliche Absicherung des Amtsausschlusses ergänzt diesen registerrechtlichen Schutz dahingehend, dass das tatsächliche Auftreten verhindert wird. Man könnte zusätzlich darüber nachdenken, die Eintragung der Bestellung konstitutiv auszugestalten, um anfänglich inhabile Personen sicher aus dem Amt fernzuhalten. Aber dieser starke Eingriff in das bestehende Recht ginge nicht nur zu weit, sondern böte auch keinen sonderlichen großen Mehrwert. Über eine eigene Behörde nachzudenken, erscheint angesichts der Vorschläge von Hirte, Lanzius und Mock insoweit sinnvoll, als nicht nur Geschäftsführer, sondern auch andere Mitwirkungsformen an der geschäftlichen Leitung überwacht werden müssten. Letztere sind aber nicht zwingend registerpublike Positionen, weshalb es nicht Aufgabe des Registergerichts sein kann, die Überwachung des Verbots zu übernehmen. Das Bundeszentralregister besitzt ebenfalls keine Überwachungsaufgaben, sondern nur eine Registerfunktion. Daher irren Hirte, Lanzius und Mock, wenn sie dieses zur Durchsetzung oder Verhängung von Tätigkeits1183

Hirte / Lanzius / Mock, in: Lutter (Hrsg.), Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 301, 332. 1184 Die Bestätigung für diese Aussage, die Hirte, Lanzius und Mock bei Fleischer, ZGR 2004, 437, 474, zu finden glauben, ist dort nicht zu finden. Fleischer macht sich in seinem Beitrag darüber Gedanken, dass die Registergerichte für ein Verfahren wie in England nicht ausgestattet seien, nicht dass sie zur Durchsetzung des akzessorischen Systems mangelhaft ausgestattet seien. Im Vorschlag von Hirte, Lanzius und Mock bleibt es aber gerade bei einem akzessorischen System.

H. Durchsetzung von § 6 Abs. 2 GmbHG

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verboten einsetzen wollen. Der BaFin die Durchsetzung kapitalmarktrechtlicher Habilitätsvorschriften zu überantworten, ist dagegen ein zutreffender Gedanke. Eine eigene Behörde ist im Grunde nur dort notwendig, wo – wie etwa in England – Verbote fast nur gesondert durch eine entsprechende Behörde verhängt werden und nicht akzessorisch sind und die Reichweite der Verbote sehr breit ist. Wird dagegen an der akzessorischen Ausgestaltung und der Begrenzung auf die Position des Geschäftsführers festgehalten, reichen ergänzende Maßnahmen aus, um die Habilitätsvorschriften effektiv durchzusetzen. Einen gewissen Reiz übt ein eigenes Inhabilitätsregister aus. Damit ließen sich die Informationen über relevante Verurteilungen und Untersagungen bündeln und koordinieren. Die Registergerichte könnten durch eine einfache Anfrage bei einem einzigen Register die relevanten Daten erhalten. Zudem böte dieses Register – vorbehaltlich der datenschutzrechtlichen Fragen – eventuell die Möglichkeit, Gesellschaftern ein Auskunftsrecht zuzugestehen, damit diese über die Habilität ihrer designierten Geschäftsführer Kenntnis haben. Das Register wie in England öffentlich auszugestalten, so dass per Internet jedermann Angaben über die Inhabilität und deren Grund erhält, 1185 wird in Deutschland aus verfassungsrechtlichen Gründen schon nicht möglich sein. Vor dem Hintergrund, dass es in absehbarer Zeit dazu kommen könnte, europaweite Tätigkeitsverbote einzuführen oder den Amtsausschluss in einem Mitgliedstaat in anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen, scheint auf die Dauer ein Register unausweichlich, um anderen Staaten zügig Mitteilung über bestehende Ausschlussgründe machen zu können. Führt man tatsächlich einen Ausschlussgrund ein, der auf die Insolvenz einer früher geführten Gesellschaft abstellt, 1186 wird man ohne eigenes Register keine effektive Kontrolle erreichen können. 1187 5. Sonstige Details Schließlich sind einige Details zu ändern. Eine gesetzliche Regelung, welche die Einsichtnahme in die Versicherung abschafft, wäre wünschenswert. Gleiches gilt für den Konflikt zwischen den Fristenregelungen von § 6 Abs. 2 GmbHG und denen des BZRG, um jegliche Missverständnisse und Irrtümer zu vermeiden.

1185

Siehe http://www.companieshouse.gov.uk/ddir/. Siehe unten 2. Teil: J.II.2. 1187 Sofern man einen solchen Grund nicht einführt, scheint es kurzfristig am besten, die vorgeschlagenen Maßnahmen, welche die Information des Registergerichts verbessern sollen, umzusetzen und mit einem Register vorerst abzuwarten. 1186

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

VII. Zusammenfassung Der Geschäftsführer hat in der Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister zu versichern, dass keine Ausschlussgründe nach § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG bzw. aus einer analogen Anwendung derselben Normen bestehen. Pauschale Angaben in Bezug auf S. 3 reichen in der Versicherung aus, für S. 4 sind bei Vorliegen eines Berufsverbots oder einer Untersagung genauere Angaben zu machen. Zudem hat der Geschäftsführer zu versichern, dass er über die unbeschränkte Auskunftspflicht des Bundeszentralregisters belehrt worden ist. Gibt der Geschäftsführer diese Versicherung unvollständig oder mit falschen Angaben ab, macht er sich gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG strafbar. Das Registergericht verlässt sich in aller Regel auf die Versicherung und ermittelt nur dann, wenn es Zweifel an der Habilität des Geschäftsführers hat. Wird ein Geschäftsführer später inhabil, kann das Registergericht diesen von Amts wegen löschen, wenn keine milderen Mittel zur Verfügung stehen. Eine Reform sollte die bisherigen Durchsetzungsmechanismen unverändert lassen und sich auf effektivitätssteigernde Maßnahmen beschränken. So ist eine eigene Strafnorm für Verstöße gegen § 6 Abs. 2 GmbHG einzuführen. Zudem ist die Information des Registergerichts durch Mitteilungspflichten der Strafgerichte und Gewerbebehörden zu verbessern. Eine besondere Überwachungsbehörde ist nicht einzurichten. Ein Inhabilitätsregister ist ernsthaft in Betracht zu ziehen und zwangsläufig, wenn ein Ausschlussgrund eingeführt wird, der auf die Insolvenz einer früher geführten Gesellschaft abstellt.

I. Ausländer als Geschäftsführer Im Gegensatz zu den bislang diskutierten Fällen, die zwar gesetzlich geregelt sind, aber nur selten die Gerichte und die Rechtswissenschaft beschäftigt haben, ist das Problem des so genannten „Ausländer als Geschäftsführer“ schon seit langer Zeit Gegenstand lebhafter Diskussionen und gegensätzlicher Gerichtsentscheidungen. 1188 Dies wohl gerade deshalb, weil es an einer gesetzlichen Regelung fehlt. Dabei darf man sich von der Bezeichnung des Problems nicht ablenken lassen. Hinter ihr verbergen sich zwei Probleme: Kann ein Ausländer, der in Deutschland die Geschäfte leiten möchte, zum Geschäftsführer bestellt werden, obwohl er keinen (ausreichenden) Aufenthaltstitel besitzt? Da ausländische Geschäftsführer, die nicht nach Deutschland einreisen und hier keinen Aufenthalt nehmen wollen, nicht den Bestimmungen des Ausländerrechts unterliegen, stellt sich für diese die Frage anders: 1189 Kann ein ausländischer Geschäftsführer, der aus dem Ausland 1188 Festzuhalten ist, dass die Sprache, die ethnische Herkunft, der ständige Aufenthalt oder der Wohnsitz keine Gründe sind, die auf die Amtsfähigkeit einer Person Einfluss haben, siehe Erdmann, NZG 2002, 503 ff. 1189 Melchior, DB 1997, 413; Mankowksi, EWiR 1995, 673, 674.

I. Ausländer als Geschäftsführer

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die Geschäfte leiten möchte, bestellt werden oder benötigt er dazu die jederzeitige Einreisemöglichkeit in die Bundesrepublik? 1190 Bevor auf die gerade geschilderten Fragen eingegangen wird, sollen, nach einem Blick auf die wechselhafte Entwicklung des Streitstands, zunächst im Überblick die Anforderungen des Ausländerrechts für den Aufenthalt und die Einreise festgestellt werden.

I. Entwicklung des Meinungsstreits 1. Beginn des 20. Jahrhunderts bis 1930 Die Gesetzesbegründung zum GmbH-Gesetz von 1892 schweigt sich über die Bestellung von Ausländern aus. 1191 Die deutsche Kommentarliteratur der ersten Jahrzehnte zum GmbH-Gesetz problematisierte den ausländischen Geschäftsführer zumeist nicht. 1192 Fand sich eine Erwähnung, so sprach sich der Kommentator ohne Bedenken für eine Amtsfähigkeit des ausländischen Geschäftsführers aus. 1193 Erste Rechtsprechung zur Frage, ob ein Ausländer Geschäftsführer einer GmbH sein darf, findet sich im deutschsprachigen Ausland. In Österreich lehnte das Handelsgericht zu Innsbruck die Eintragung einer österreichischen GmbH, die von Reichsdeutschen gegründet worden war, mit der Begründung ab, dass die beiden einzigen Geschäftsführer ihren Wohnsitz im Ausland hatten. 1194 Der Gesellschaftsvertrag sehe zwar – wie von § 5 österr. GmbHG gefordert – einen österreichischen Sitz vor. Faktisch sei die Bestimmung aber wertlos, da die Geschäftsführer tatsächlich im Ausland wohnten. Eine ordnungsrechtliche sowie strafrechtliche Verantwortlichkeit könne gegenüber im Ausland lebenden Geschäftsführern nicht durchgesetzt werden. Weiter schreibe § 108 österr. GmbHG vor, dass eine ausländische Gesellschaft einen Geschäftsführer mit Wohnsitz im Inland haben müsse. 1195 Das Oberlandesgericht Innsbruck hob den Beschluss des Landesgerichts auf. 1196 § 108 1190 Da Deutsche ein grundrechtlich verbürgtes Recht auf Einreise haben (abgeleitet aus Art. 11 Abs. 1 GG, BVerfGE 2, 266, 273; Sachs / Krüger / Pagenkopf, GG, Art. 11 Rn. 18), wird diese Frage im Grundsatz nur für Ausländer relevant. 1191 Vgl. die Begründung zu § 6 und zu §§ 35 bis 40 im Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RT-Drs. 1890/1892, Nr. 660, S. 42 f., 68 f. sowie den Kommissionsbericht zum Entwurf, RT-Drs. 1890/92, Nr. 744, S. 5, 8 f. 1192 Keine Erwähnung des ausländischen Geschäftsführers beispielsweise bei Esser, GmbHG, § 6 und Pinzger, GmbHG, § 6. 1193 Staub, GmbHG, § 35 Anm. 37. Für die Beaufsichtigung einer ausländischen Zweigniederlassung erklärte Staub einen ausländischen Wohnsitz sogar für „erwünscht“. 1194 So der Bericht von Gauß, JW 1916, 821 f. 1195 Die Argumentation des Innsbrucker Gerichts ist vergleichbar mit der Frage, ob eine Geschäftsführung aus dem Ausland nicht eine Verlegung des Gesellschaftssitzes darstellt. Dazu unten 2. Teil: I.IV.4.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

österr. GmbHG gelte nur für ausländische Gesellschaften und konkret stünde eine inländische Gesellschaft in Rede. Der ausländische Wohnsitz der Geschäftsführer schade im Übrigen nicht. Die Gesellschaft als inländische Gesellschaft sei den nationalen Gesetzen unterworfen und könne daher zivilrechtlich und prozessrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Erstmals an besondere Voraussetzungen wurde die Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers in einer Entscheidung des Obergerichts der Freien Stadt Danzig geknüpft. 1197 Das Danziger Obergericht verlangte, dass ein Geschäftsführer einer Danziger GmbH seinen Wohnsitz im Gebiet der Freien Stadt Danzig haben müsse. Es begründete dies damit, dass die Möglichkeit bestehen müsse, den gesetzlichen Vertreter mit Hilfe von Ordnungsstrafen zur Erfüllung der Registerpflichten anzuhalten. 1198 Diese Ansicht und Begründung wurde von einigen Kammern für Handelssachen am Landgericht Danzig abgelehnt. 1199 Ebenso lehnte Lewinsky in einer Anmerkung das Urteil ab. 1200 Zum einen sei der Begründungsansatz über das registerrechtliche Zwangsverfahren abwegig, da es nebensächlicher Natur sei. Zum anderen entscheide die tatsächliche Frage, ob der Geschäftsführer in der Lage sei, die ihm obliegenden Geschäfte zu führen, also die Gesellschaft nach § 35 GmbHG zu vertreten. Angesichts der Transport- und Kommunikationsmittel sei diese Frage zu bejahen. 1201 In einem späteren Beschluss aus dem Jahr 1929 schränkte das Obergericht Danzig seine restriktive Haltung aber bereits ein. Danach reichte der Umstand, dass der alleinige Geschäftsführer Wohnsitz und dauernden Aufenthalt im Ausland hatte, nicht aus, um eine Löschung der GmbH von Amts wegen zu erreichen. 1202 Diese Entscheidungen wurden in Deutschland kaum aufgenommen oder diskutiert. 1203 Man war weiterhin der Auffassung, dass ein ausländischer Geschäfts1196

Dies schildert Gauß, JW 1916, 821, 822. Die Entscheidung war für Deutschland von Interesse, da das Danziger Recht im Wesentlichen dem deutschen entsprach. Im Zuge des Versailler Vertrags wurde Danzig zwar von Deutschland getrennt und zu einem eigenen Staat unter Aufsicht des Völkerbundes erklärt, Böttcher, Die Freie Stadt Danzig, S. 52 ff. Das bis zur Loslösung geltende deutsche Recht blieb aber weiterhin in Kraft und in den späteren Jahren wurde die Rechtsgleichheit soweit möglich beibehalten, Richter, RabelsZ 3 (1929), 880. Vgl. auch Böttcher, Die Freie Stadt Danzig, S. 52 f. („ Sie [die Danziger] lehnten sich so eng wie möglich im Rechtssystem ... an Deutschland an.“). 1198 OG Danzig, DanzJM 1925, 94 f. 1199 LG Danzig, DanzJM 1925, 95; DanzJM 1926, 21. 1200 Lewinksy, DanzJM 1925, 94. 1201 Dies ist deshalb erwähnenswert, da das Argument der Kommunikationsmittel auch heutzutage im Streit über den ausländischen Geschäftsführer genutzt wird und bereits 1925 (!) für die Zulassung ausländischer Geschäftsführer genutzt wurde. 1202 OG Danzig, DanzJM 1930, 11. Das Obergericht schloss sich diesbezüglich der Meinung des LG Danzig, DanzJM 1926, 21 an. Ob damit aber auch die Eintragung eines Geschäftsführers mit ausländischem Wohnsitz – in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung – für möglich erachtet wurde, ist dem Beschluss nicht zu entnehmen. 1197

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führer jederzeit bestellt werden konnte 1204 oder erwähnte das Problem erst gar nicht 1205. 2. 1930 bis 1945 In den Zeiten des Nationalsozialismus wurden Juden von der Geschäftsleitung ausgeschlossen. 1206 Dass dieses Verbot jeglicher vernünftigen Grundlage entbehrt, rein ideologisch geprägt war und daher zur Diskussion nichts beiträgt, liegt auf der Hand. Die in den dreißiger Jahren stattfindende Reformdiskussion zum Recht der GmbH griff die Frage nach der Zulässigkeit ausländischer Geschäftsführer nicht auf. Im Entwurf eines GmbH-Gesetzes von 1939 sowie der zugehörigen Begründung findet sich daher keine Aussage. 1207 3. 1945 bis 1975 In den Nachkriegsjahren blieb der ausländische Geschäftsführer weiter ein wenig beachtetes Thema für die deutsche Rechtswissenschaft. Die Bestellung eines Ausländers wurde weiter ohne nähere Begründung für zulässig erachtet 1208 oder der Problemkreis nicht erwähnt 1209; vereinzelt fanden sich ablehnende, aber unbegründete Stellungnahmen. 1210 Braasch 1211 setzte sich 1974 in einer Untersuchung der Praxis des Registergerichts Hamburg kurz registerrechtlich mit dem Problem 1203 Hachenburg 5, GmbHG, § 35 Anm. 38, stimmte der Rechtsprechung des OLG Innsbruck zu. Nussbaum, Deutsches Internationales Privatrecht, S. 205 scheint soweit ersichtlich der einzige zu sein, der sich der restriktiven Ansicht des OG Danzig angeschlossen hat. Gauß berichtet in JW 1916, 821 f. von den Entscheidungen in Österreich und stellt lapidar fest, dass die Ansicht des Oberlandesgerichts der herrschenden Meinung in Deutschland entspreche. Interessant sei der Beschluss lediglich vor dem Hintergrund der damaligen Phase der Rechtsannäherung und dem nach dem Krieg zu erhoffenden Aufschwung. 1204 Scholz, GmbHG, § 6 Nr. III; Feine, GmbH, S. 472. Laut Lewinsky, DanzJM 1925, 94 hielt die registerrechtliche Praxis in Deutschland einen ausländischen Geschäftsführer für amtsfähig. 1205 Ohne Hinweis auf die Problematik bspw. die Kommentierungen zu § 6 von Merzbacher / Krakenberger, GmbHG, Liebmann / Saenger, GmbHG, Warneyer / Koppe, GmbHG und Brodmann 2, GmbHG. 1206 Baumbach 3, GmbHG, § 6 Nr. 2) C. Siehe bereits 1. Teil: E.I. 1207 Vgl. § 59 Erster Entwurf zum Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und den Entwurf einer amtlichen Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, beides abgedruckt bei Schubert, Entwurf eines GmbHG 1939, S. 109, 172. 1208 Scholz 2, GmbHG, § 6 Rn. 5; Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 35 Anm. 38. 1209 Keine Erwähnung etwa bei Baumbach / A. Hueck 7, GmbHG, § 6 Nr. 2 C.; Scholz / Fischer 6, GmbHG, § 6 Nr. 2 sowie Vogel, GmbHG, § 6 Nr. 3. 1210 So führte Vogel 2, GmbHG, § 6 Nr. 3, aus, dass Ausländer zu Geschäftsführern bestellt werden können, allerdings ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland gefordert

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auseinander. Eine Prüfungskompetenz der Registergerichte lehnte Braasch dabei ab, da es weder das GmbH-Gesetz noch das Ausländerrecht dem Registerrichter ermöglichten, das Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen zu prüfen. Die Reformentwürfe von 1969 und 1971/1973 sowie die Stellungnahmen zu den Entwürfen enthielten keine Aussagen. 1212 4. 1975 bis 1980 Erst annähernd 50 Jahre nach dem Beschluss des Obergerichts Danzig rückte die Frage der Amtsfähigkeit eines Ausländers in den Fokus des praktischen Geschehens. Gestützt auf Beschlüsse des LG Ulm 1213 und des AG Kirchheim unter Teck 1214 schickte der Deutsche Industrie- und Handelstag 1976 ein Rundschreiben an die einzelnen Industrie- und Handelskammern. In diesem wurde angeregt, dass die „Kammern die Ausländerbehörden und über diese die Registergerichte auf evtl. erforderliche ausländerrechtliche Erlaubnisse aufmerksam machen (sollen), sofern das nicht bereits geschieht.“ 1215 Die Kammern sollten besonders darauf aufmerksam machen, dass eine GmbH nur eingetragen werden solle, wenn die ausländischen Geschäftsführer die erforderliche Aufenthaltserlaubnis nachweisen können. Die beiden zitierten Gerichtsbeschlüsse beschäftigten sich dabei nicht mit der Frage der allgemeinen Amtsfähigkeit von ausländischen Geschäftsführern, sondern problematisierten die Umgehung von fehlenden gewerberechtlichen Erlaubnissen bei GmbH-Gründungen durch Ausländer. Wichtig an diesen Beschlüssen war die Tatsache, dass beide Gerichte ihre registerrechtliche Prüfung dahingehend erweiterten, dass sie die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen, welche die hinter der GmbH stehenden Personen betrafen, überprüften. 1216 Durch diese (erweiterte) Prüfungskompetenz konnte eine fehlende oder beschränkte Aufenthaltsgenehwerden sollte. Ähnlich Sudhoff, Gesellschaftsvertrag, S. 149 sowie Hachenburg 6 / Schilling, GmbHG, § 6 Anm. 1a (mindestens einer der Geschäftsführer muss seinen geschäftlichen Aufenthaltsort in Deutschland haben). Anders aber Schilling in der Kommentierung zu § 35, vgl. Fn. 1208 (2. Teil). 1211 Gründungsprobleme, S. 193 ff. Braasch weist dabei auf zwei (nicht veröffentlichte) Fälle des AG Hamburg hin, in denen dieses sich eine Aufenthaltsgenehmigung hat nachweisen lassen. 1212 BMJ (Hrsg.), Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, S. 201; BT-Drs. 6/3088, S. 119 = BT-Drs. 7/253, S. 119. 1213 LG Ulm, BB-Beilage 12/1975, 23 m. abl. Anm. Wessel. 1214 AG Kirchheim unter Teck, GewArch 1975, 246. Verwunderlich ist der Beschluss, weil das AG annimmt, dass die Vermögenslosigkeit eines Gesellschafters(!) zur Vermögenslosigkeit der einzutragenden Gesellschaft(!) führen soll. 1215 DIHT, Rundschreiben an die Industrie- und Handelskammern v. 30. 3. 1976 – II / MH / R1/201 – 90/120, RWWA 181 –65 –1. Zitat auf S. 2 des Rundschreibens. Miller, DB 1983, 977 bezeichnet das Rundschreiben als „unglücklich“.

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migung bei Geschäftsführern überhaupt erst in der registerrechtlichen Prüfung berücksichtigt werden. In einer Reaktion auf das DIHT-Rundschreiben und die zitierten Gerichtsentscheidungen setzte sich Bartl 1217 daher auch weniger mit der allgemeinen Amtsfähigkeit von ausländischen Geschäftsführern auseinander. Er beschäftigte sich vielmehr mit der registerrechtlichen Frage, wann eine Amtsermittlungspflicht des Registergerichts bei möglichen Umgehungstatbeständen besteht. 1218 Ein Anhaltspunkt für eine Umgehungsabsicht sei bei der Bestellung eines Geschäftsführers bspw. das Tätigwerden des Geschäftsführers im Inland, ohne die ausländerrechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen. 1219 Das Registergericht habe in diesem Fall Ermittlungen anzustellen, die Bedenken könnten von der Gesellschaft aber ausgeräumt werden. Die erste veröffentlichte Entscheidung konkret zur Frage der Eintragung eines ausländischen Geschäftsführers stammt aus dem Jahr 1976. Das LG Köln 1220 entschied, dass ein türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Köln zur Eintragung als Geschäftsführer einer Aufenthaltserlaubnis bedürfe, da für einen Türken für eine Erwerbstätigkeit diese gesetzlich vorgeschrieben sei. Eine Eintragung würde sonst „dem gesetzwidrigen Verhalten dieser Personen Vorschub leisten“. Daher sei das Registergericht verpflichtet, die Eintragung zu versagen, wenn eine Aufenthaltserlaubnis nicht beigebracht werden könne. Zwei kurz aufeinanderfolgende obergerichtliche Beschlüsse 1221 schienen 1977 für klare Verhältnisse zu Gunsten der Eintragung von ausländischen Geschäfts1216 Die Erweiterung des Prüfungsumfangs durch das LG Ulm bestätigte etwa das AG Göppingen, BB 1974, 903 f., kurze Zeit später. Der Registerrichter dürfe nicht bei einer Rechtsgestaltung mitwirken, deren Ergebnis mit den Normen der geltenden Rechtsordnung kollidiere. Er müsse nicht nur prüfen, ob die Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge gegeben seien, sondern auch, inwieweit im Übrigen die Vorschriften beachtet wurden, welche die Rechtsordnung im Zusammenhang mit derartigen Maßnahmen aufstelle. Anders später etwa LG Ulm, Rpfleger 1982, 228 f. 1217 BB 1977, 571 ff. 1218 Die GmbH-Gründung bzw. die Geschäftsführerbestellung könne wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) unwirksam sein. Bestünden bestimmte Anhaltspunkte, habe das Registergericht zu ermitteln, Bartl, BB 1977, 571, 574 f. Eine Umgehung bei der Gesellschaftsgründung wurde bspw. vom LG Hannover, GmbHR 1976, 111 f. angenommen. 1219 Kein Anhaltspunkt sei die bloße Ausländereigenschaft des Geschäftsführers, Bartl, BB 1977, 571, 575. 1220 LG Köln, Rpfleger 1976, 313 f. (Türkischer Staatsbürger mit Kölner Wohnsitz als Geschäftsführer). 1221 OLG Frankfurt a. M., NJW 1977, 1595 (Spanischer Staatsbürger, der Aufenthaltserlaubnis nur für die Aufnahme einer Arbeit besaß, als alleiniger Geschäftsführer) und OLG Düsseldorf, DB 1977, 1840 (Südkoreaner mit Wohnsitz in Amsterdam, aber ohne Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik als weiterer Geschäftsführer). Interessant ist im Frankfurter Sachverhalt, dass die GmbH vor dem neuen spanischen Geschäftsführer bereits einen ins Handelsregister eingetragenen spanischen Geschäftsführer besaß, dem

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führern zu sorgen. Ein spanischer Staatsangehöriger, der eine Aufenthaltsgenehmigung mit einer Auflage, die ihm nur eine Tätigkeit als Arbeitnehmer erlaubte, besaß, war zum Geschäftsführer bestellt worden. Die Vorinstanzen lehnten eine Eintragung der GmbH wegen der fehlenden Berechtigung zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit ab. Das OLG Frankfurt hielt nach dem „klaren Wortlaut und dem eindeutigen Sinn“ des § 6 Abs. 2 S. 1 GmbHG die Bestellung eines Ausländers ohne weitere Voraussetzungen für wirksam. Der Geschäftsführer brauche das Gebiet der Bundesrepublik nicht einmal zu betreten, „um sein Amt, durchaus ordnungsgemäß, auszuüben.“ 1222 Dieser Ansicht schloss sich das OLG Düsseldorf im Wesentlichen an, formulierte aber einschränkender. Der ausländische Geschäftsführer könne seine Aufgaben auf schriftlichem oder telefonischem Weg ordnungsgemäß erfüllen. Der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt sei daher jedenfalls dann unbeachtlich, wenn zumindest einer der Geschäftsführer seinen Wohnsitz im Inland habe. Anders sei nur dann zu entscheiden, wenn ausländerrechtliche Vorschriften umgangen werden sollen. Das LG Aachen entschied kurze Zeit später ebenfalls zu Gunsten der Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers. 1223 Im Rahmen der GmbH-Novelle wurde mit Inkrafttreten 1981 zwar § 6 GmbHG geändert, der ausländische Geschäftsführer wurde aber auch im Regierungsentwurf 1977 und der späteren Novellenfassung nicht thematisiert. 1224 Der überwiegende Teil der Rechtswissenschaft hielt – ganz im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung – einen Ausländer weiterhin für amtsfähig. 1225

ebenfalls eine selbständige Tätigkeit untersagt war. Die Registergerichte verfolgten bereits damals keine einheitliche Linie. 1222 Die Frage der Vorinstanzen, ob es sich bei der Geschäftsführertätigkeit um eine Tätigkeit als Arbeitnehmer oder eine selbstständige Tätigkeit handele, würde sich nicht stellen. Einschränkungen würden nur im Falle der feststellbaren, allein beabsichtigten Umgehung ausländerrechtlichen Vorschriften gelten. 1223 LG Aachen, RIW 1981, 856 f. (Eintragung eines französischen Staatsbürgers mit Wohnsitz in Frankreich als alleiniger Geschäftsführer). Da der Franzose von Frankreich aus seine Geschäfte führen wollte, war das deutsche Ausländerrecht eigentlich nicht anwendbar. Die Vorinstanz verlangte aber eine Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 1 AufenthG / EWG, da der dort verwendete Begriff „niederlassen“ auch das Betreiben eines Gewerbes umfassen sollte, weshalb ein Aufenthaltstitel für das Betreiben des Gewerbes aus dem Ausland erforderlich sei. Das LG schloss sich der Ansicht nicht an, da sich bereits die für die Anwendbarkeit des § 4 entscheidungserhebliche Frage, ob ein Geschäftsführer Arbeitnehmer oder selbständig Tätiger sei, nach der OLG-Rechtsprechung für das Registergericht nicht stelle. Besondere Bedenken gegen die Geschäftsführertätigkeit aus dem Ausland hatte das LG nicht. 1224 Siehe BT-Drs. 8/1347, S. 31 f., 64 ff., 72 f.; BT-Drs. 8/3908, S. 70. 1225 Scholz 6 / Winter, GmbHG, § 6 Rn. 8; Hachenburg 7 / Ulmer, GmbHG, § 6 Rn. 7; Hachenburg 7 / Mertens, GmbHG, § 35 Rn. 29; a. A. Fischer 10, GmbHG, § 6 Nr. 2.

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5. 1981 bis 1997 1981 hatte der BGH einen Fall zu entscheiden, in dem ein Deutscher mit Wohnsitz in Brasilien unter anderem die Zustimmung zur Bestellung zum Geschäftsführer erzwingen wollte. 1226 Der BGH lehnte dieses Ansinnen ab. Eine vertragliche Gleichbehandlung setze voraus, dass der Kläger bereit und imstande sei, die Geschäftsführerstellung wirklich auszuüben und die Pflichten zu erfüllen. Der Kläger strebe aber allein die formale Stellung als Geschäftsführer an, ohne erkennbar den Pflichten nachkommen zu wollen. Eine solche formale Stellung widerspräche dem gesetzlichen Bild eines Geschäftsführers, der die Angelegenheiten der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu besorgen habe und „zugleich öffentliche, vor allem der Sicherung des Stammkapitals dienende Pflichten (habe), auf deren Erfüllung Gesellschaft oder Gesellschafter nicht verzichten können ...“ Weiter führte der BGH aus, dass auch ein Anspruch aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ausscheide, solange der Kläger nicht willens und „von Brasilien aus auch kaum in der Lage (sei), die Pflichten und die Verantwortung eines Geschäftsführers mit zu übernehmen“. Bedeutsam ist die Entscheidung, da die Ausführungen zum gesetzlichen Bild des Geschäftsführers sich in einigen späteren Entscheidungen zur hier diskutierten Problematik wiederfinden und der BGH Bedenken äußerte, ob eine Pflichtenerfüllung aus Brasilien möglich sei. 1227 Anders als in den noch anzuführenden Entscheidungen gab es aber wegen der deutschen Staatsbürgerschaft keine ausländerrechtlichen Probleme. Und auch das Problem, dass bloß eine formale Geschäftsführerstellung angestrebt wurde, findet sich bei den später entschiedenen Fällen nicht. Ebenfalls 1981 und damit kurz nach der GmbH-Novelle und der Ergänzung des § 6 GmbHG entschied erneut das LG Köln 1228 gegen die Bestellung eines Ausländers mit deutschem Wohnsitz, aber fehlender Erlaubnis zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum Geschäftsführer. Es ergänzte seine frühere Begründung um die Feststellung, dass die mit Auflagen versehene Aufenthaltserlaubnis eine vollziehbare behördliche Verfügung im Sinne des damals neuen § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG (heute S. 4) darstelle. Daher sei eine Eintragung zu versagen. 1983 bestätigte das LG Köln 1229 seine Rechtsprechung zur Bestellung von Ausländern als Geschäftsführer und erweiterte das Eintragungshindernis sogar auf 1226

BGHZ 80, 212 ff. = NJW 1981, 2125 ff. (in BGHZ nicht vollständig abgedruckt). Ob diese Aussage abstrakt auf den Wohnsitz in Brasilien bezogen war oder die konkreten Umstände des Falles eine Erfüllung der Geschäftsführerpflichten aus Brasilien nicht ermöglichten, wird aus dem Sachverhalt und den Gründen nicht klar. 1228 LG Köln, GmbHR 1983, 48 (Türkischer Staatsbürger mit Aufenthaltserlaubnis unter Auflage, dass selbstständige Tätigkeit untersagt ist, als einziger Geschäftsführer); ablehnend Miller, DB 1983, 977 ff. 1229 LG Köln, GmbHR 1984, 157 f. 1227

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ausländische Gesellschafter-Einzelprokuristen: Sobald nach pflichtgemäßem und zulässigem Ermessen der Registerrichter eine Überprüfung der ausländerrechtlichen Voraussetzungen durchführe und ein Verstoß gegen das AuslG bejaht werde, müsse die Eintragung versagt werden. Und auch einige Jahre später blieb das LG Köln 1230 seiner ständigen Rechtsprechung treu, erhöhte aber die Anforderungen an das Registergericht, einen Nachweis zu fordern, dass ausländerrechtliche Bedenken nicht bestünden. Wohne der Geschäftsführer im Ausland und sei die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen sichergestellt, so müsse er eingetragen werden. Befinde sich der Wohnsitz im Bereich der EG, so sei davon auszugehen, dass den gesetzlichen Pflichten nachgekommen werde. Da es nun um Geschäftsführer mit Wohnsitz im Ausland ging, auf die das Ausländerrecht keine Anwendung findet, änderte das LG Köln seine Begründung gegen die Zulässigkeit von ausländischen Geschäftsführern. Es entfernte sich von der register- und ausländerrechtlich geprägten Argumentation (Kompetenz zur Prüfung von Ausländerrecht) und näherte sich einer gesellschaftsrechtlichen Sichtweise an (Sicherstellung der Erfüllung gesetzlicher gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen durch Ausländer). Das LG Braunschweig und das LG Hildesheim dagegen schlossen sich der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte an. 1231 Moderne Kommunikationsmittel ließen es zu, dass der im Ausland lebende ausländische Geschäftsführer seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkomme – erneut eine gesellschaftsrechtlich geprägte Argumentation. Eine Zuständigkeit der Registergerichte für gewerbeoder ausländerpolizeiliche Maßnahmen bestehe im Übrigen nicht. Die ablehnende Ansicht des LG Köln fand in den 80er und frühen 90er Jahren einige Anhänger in der Literatur, 1232 als herrschend galt aber weiterhin die Auffassung der Zulässigkeit einer Bestellung von ausländischen Geschäftsführern. 1233 Der Gesetzgeber enthielt sich 1990 bei der Änderung des § 6 Abs. 2 GmbHG durch das Betreuungsgesetz erneut jeglicher Stellungnahme zum Problem. 1234 1230 LG Köln, NJW-RR 1995, 553 f. (Wohnsitz des Geschäftsführers in England) = EWiR 1995, 673 f. (Mankowski). 1231 LG Braunschweig, ZIP 1983, 576 f. (Eintragung eines japanischen Staatsbürgers als weiterer Geschäftsführer); LG Hildesheim, GmbHR 1995, 655 f. (Russischer Staatsangehöriger mit Visum für Gesamtaufenthalt von drei Monaten und Untersagung der Erwerbstätigkeit als weiterer Geschäftsführer). 1232 Zustimmend etwa Fischer 10, GmbHG, § 6 Nr. 2; Fischer 11 / Lutter, GmbHG, § 6 Rn. 8 jeweils für Nicht-EG-Ausländer; Scholz 8 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 17 f. Zurückhaltender Keidel / Schmatz / Stöber 5, Registerrecht, Rn. 730k: gelegentlicher Aufenthalt zu Kontrollzwecken im Inland. 1233 Hachenburg / Ulmer 7, Ergänzungsband GmbHG, § 6 Rn. 9 f.; Baumbach / A. Hueck / G. Hueck 15, GmbHG, § 6 Rn. 9; Meyer-Landrut / Miller / Niehus / Meyer-Landrut, GmbHG, § 6 Rn. 6; Melchior, DB 1997, 413 ff. Vgl. auch die Feststellung des LG Hildesheim, GmbHR 1995, 655 es handele sich um die ersichtlich überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur.

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6. 1998 bis zur Gegenwart Das Urteil des EuGH in der Rechtssache „Clean Car Autoservice GmbH / Landeshauptmann von Wien“ 1235 beschäftigte sich 1998 mit dem Verbot, eine Person zum (gewerberechtlichen) Geschäftsführer zu bestellen, die in Österreich keinen Wohnsitz hat. Der EuGH erkannte in dieser Regelung eine mittelbare Diskriminierung, die einen nicht zu rechtfertigenden Verstoß gegen die Freizügigkeitsbestimmungen des EG-Vertrages darstelle. Das Wohnsitzerfordernis sei für die gewerberechtlichen Zwecke teils nicht geeignet, teils zu weitreichend. 1236 Dieses Urteil wurde auf die deutsche Problematik übertragen, so dass man einhellig der Ansicht war, dass die Freizügigkeitsbestimmungen für EU-Ausländer einem deutschen Wohnsitz- oder Aufenthaltserfordernis entgegenstehen. 1237 Kurze Zeit später entschied der EuGH in einem spanischen Fall erneut gegen ein Wohnsitzerfordernis für Geschäftsführer und Direktoren, da es einen nicht zu rechtfertigenden Verstoß gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstellte. 1238 Zwei zeitlich aufeinanderfolgende und fast wortgleiche Beschlüsse des OLG Köln 1239 sorgten ab 1998 dann für eine Wende zu Ungunsten ausländischer Geschäftsführer. Ausländer mit Auslandswohnsitz könnten zwar zu Geschäftsführern bestellt werden. Allerdings ergebe sich aus § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG, dass sichergestellt sein müsse, dass der Geschäftsführer seinen gesetzlichen Verpflichtungen persönlich nachkommen könne. Die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten sei nur sichergestellt, wenn eine Aufenthaltserlaubnis bestehe oder jederzeit für die Einreise erlangt werden könne. Handele es sich bei der zu bestellenden Person um einen Nicht-EG-Bürger mit Wohnsitz außerhalb der EG, gelte für ihn die Visumspflicht und würden Aufenthaltsgenehmigungen restriktiv erteilt, so sei die Annahme gerechtfertigt, dass den gesetzlichen Pflichten nicht nachgekommen werde. 1240 Im Mittelpunkt stand nunmehr die Erfüllung einer im Gesellschafts1234

Vgl. BT-Drs. 11/4528, S. 195. EuGH, Rs. C-350/96, Clean Car Autoservice, Slg. 1998, I-2521. Der österreichische gewerberechtliche Geschäftsführer ist nicht zu verwechseln mit dem gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführer des österr. GmbHG. 1236 Rn. 34 des Urteils. 1237 Statt vieler Merkt, Internationaler Unternehmenskauf, Rn. 664; Rowedder 4 / SchmidtLeithoff, GmbHG, § 6 Rn. 12. 1238 EuGH, Rs. C-114/97, Kommission / Königreich Spanien, Slg. 1998, I-6717. 1239 OLG Köln, GmbHR 1999, 182 ff. = EWiR 1999, 261 f. (Mankowski); NZG 1999, 269 f. = EWiR 1999, 461 f. (Rawert) (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin, die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte). 1240 Eine Differenzierung zwischen EG-Bürgern und Nicht-EG-Bürgern sei berechtigt, da bei EG-Bürgern die jederzeitige Einreise sichergestellt sei. Eine Divergenzvorlage an den BGH wegen der Entscheidungen des OLG Frankfurt am Main und OLG Düsseldorf lehnte das OLG Köln in beiden Fällen ab. Die nach der GmbH-Novelle geänderte Gesetzeslage und die unterschiedlichen Sachverhalte würden eine Vorlage nicht verlangen. 1235

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recht enthaltenen, immanenten Voraussetzung, welche die jederzeitige Einreise erfordere. Das Gesellschaftsrecht sollte nun die Schranke gegen die Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers (mit Wohnsitz im Ausland) sein. Gerichtliche Bestätigung fanden die beiden Entscheidungen durch nachfolgende Beschlüsse verschiedener Gerichte. 1241 Die Zahl der Anhänger, die eine Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers ablehnten, wuchs in Folge der Beschlüsse rapide an. 1242 Wenn man noch von einer herrschenden Meinung sprechen konnte, so lag diese eher auf Seiten der Unzulässigkeit der Bestellung eines nichtprivilegierten Nicht-EU-Ausländers. Demgegenüber setzt in der jüngsten Zeit wieder ein Umdenken der Rechtsprechung und Literatur ein. Das OLG Dresden 1243 sowie das LG Berlin 1244 und das LG Magdeburg 1245 halten einen ausländischen Geschäftsführer (mit Wohnsitz im 1241

OLG Hamm, ZIP 1999, 1919 ff. (Bestellung einer in Moskau lebenden Russin zur Geschäftsführerin trotz fehlender Aufenthaltsgenehmigung zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit). Auch das OLG Hamm lehnte eine Divergenzvorlage ab. LG Gießen, GmbHR 2000, 1099 = EWiR 2000, 861 f. (Wachter) (Bestellung zweier US-Bürger zu Geschäftsführern). Der Beschluss wurde allerdings vom OLG Frankfurt am Main, BB 2001, 852 ff. = EWiR 2001, 831 f. (Mankowski) aufgehoben. Da die kurzfristige Einreise wegen der ausländerrechtlichen Besonderheiten [US-Bürger konnten als sog. „Positivstaater“ erleichtert einreisen, dazu noch unten 2. Teil: I.II.2.c)] im konkreten Fall jederzeit möglich war, enthielt sich das OLG Frankfurt am Main einer Stellungnahme. OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857 f. m. abl. Anmerkung Wachter (Bestellung eines in Rumänien lebenden rumänischen Staatsbürgers zum Geschäftsführer). LG Duisburg, Rpfleger 2002, 366 f. (Bestellung eines EG-Ausländers zum Geschäftsführer). Auch LG Rostock, NJW-RR 2004, 398 f. (Bestellung eines chinesischen Staatsbürgers zum Geschäftsführer). Das LG sah im konkreten Fall zwar keinen Anhaltspunkt dafür, die Eintragung von weiteren Nachweisen wie einer Aufenthaltsgenehmigung abhängig zu machen, da der Geschäftsführer bei der Beurkundung der GmbH-Gründung persönlich vor einem deutschen Notar erschienen war. Allerdings forderte das LG, dass sichergestellt sein müsse, dass der Geschäftsführer sein Amt tatsächlich ausüben und erfüllen könne. Dazu zählte das LG vor allem die höchstpersönlichen Geschäftsführerpflichten am Sitz der Gesellschaft. Bei konkreten Anhaltspunkten, die gegen eine Erfüllung der Geschäftsführerpflichten gesprochen hätten, hätte sich das LG dazu veranlasst gesehen, weitere Nachweise, also eine Aufenthaltsgenehmigung, zu verlangen. 1242 Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 18 ; Lutter / Hommelhoff 15, GmbHG, § 6 Rn. 14 (anders jetzt aber die 16. Auflage); Rowedder 4 / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 6 Rn. 11 ff.; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 3.12; Lenz, in: Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht, § 7 Rn. 12; Mankowski, EWiR 1999, 261 f.; Teichmann, IPrax 2000, 110 ff.; Haase, GmbHR 2001, 1091 f.; differenzierend (Bestellung wirksam, aber Registergericht kann Eintragung versagen) Roth / Altmeppen 3, GmbHG, § 6 Rn. 9. 1243 OLG Dresden, GmbHR 2003, 537 f. m. zust. Anm. Wachter (Bestellung eines Russen zum Geschäftsführer). 1244 LG Berlin, GmbHR 2004, 951 (Bestellung eines chinesischen Staatsbürgers mit Wohnsitz in Ungarn zum alleinigen Geschäftsführer). 1245 LG Magdeburg, NotBZ 2004, 362 (Bestellung eines Nicht-EU-Ausländers zum Geschäftsführer).

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Ausland) für amtsfähig. Eine richterrechtliche Restriktion der bestehenden Eignungsvoraussetzungen sei weder aus der Systematik des GmbHG noch aus einer analogen Anwendung anderer Tatbestände des § 6 Abs. 2 GmbHG veranlasst. Einige Autoren gaben im Zuge der neuen Entwicklung in der Rechtsprechung ihre ablehnende Ansicht auf 1246 und schlossen sich den übrigen Befürwortern 1247 an. Zuletzt hat das OLG Celle sich diesem Trend entgegen gestellt und der Bestellung eines Ausländers, der eines besonderen Aufenthaltstitels bedurfte, die Wirksamkeit versagt. 1248 Aktuell ist dennoch davon auszugehen, dass die herrschende Meinung die Bestellung von ausländischen Geschäftsführern für zulässig hält. In den aktuellen Reformbemühungen zum GmbH-Recht wird zwar die Änderung gesetzlicher Eignungsvoraussetzungen diskutiert, der ausländische Geschäftsführer wird aber – wie schon bislang – nicht angesprochen. Allerdings wird mit dem MoMiG ein wesentliches Hindernis für eine Geschäftsleitung aus dem Ausland beseitigt. 1249 Künftig soll der Verwaltungssitz einer GmbH im Ausland liegen können (vgl. § 4a GmbHG n. F.), weshalb der Gesetzgeber zumindest die Belehrung nach § 8 Abs. 3 S. 2 GmbHG erleichtert, um eine Einreise des Geschäftsführers (wenigstens für diesen Vorgang) nicht zu erzwingen. 1250 Es werde zu vielen Fällen kommen, in denen der zu belehrende Geschäftsführer im Ausland weile. In der Konsequenz, dass eine Verwaltung im bzw. aus dem Ausland möglich wird, wird man nicht mehr verlangen können, dass bestimmte ausländische Geschäftsführer besondere Voraussetzungen, wie etwa die jederzeitige Einreisemöglichkeit, erfüllen müssen. Anderenfalls würde das mit dem neuen § 4a GmbHG verfolgte Ziel, die Mobilität und Attraktivität der GmbH zu erhöhen, nicht erreicht. 7. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Rechtsprechung in den letzten dreißig Jahren ein deutlich inhomogenes Bild abgegeben hat. Die Gerichte entschieden mal zu Gunsten, mal zu Ungunsten eines ausländischen Geschäftsführers. Nachdem anfangs die Frage im Blickpunkt stand, ob Ausländer, die in Deutschland 1246

Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 14a; Roth / Altmeppen 4, GmbHG, Rn. 15 (in der 5. Aufl. beibehalten). 1247 Erdmann, NZG 2002, 503, 505 ff.; HeidelbergerKommentar / Bartl, GmbHG, § 6 Rn. 8; Fuhrmann, in: GmbH-Handbuch, Rz. I 2020; Baumbach / A. Hueck 18 / G. Hueck / Fastrich, GmbHG, § 6 Rn. 9; Wachter, ZIP 1999, 1577 ff.; ders., NotBZ 2001, 233 ff.; ders.; MittBayNot 1999, 534 ff.; Axhausen, in: Beck’sches Handbuch der GmbH, § 5 Rn. 12; Schiedermair, in: FS Bezzenberger, S. 393 ff.; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 114 ff. 1248 OLG Celle, NZG 2007, 634 f. (Bestellung eines russischen Staatsangehörigen). 1249 RefE MoMiG, S. 1, 37; BT-Drs. 16/6140, S. 5, 29. 1250 BT-Drs. 16/6140, S. 35.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

als Geschäftsführer tätig werden wollen, bestellt werden können und es primär um die Frage nach der Reichweite der registerrechtlichen Kontrolle ging, änderte sich dies zu Beginn der 80er Jahre. Da immer mehr ausländische Geschäftsführer mit einem Wohnsitz außerhalb Deutschlands die Geschicke der Gesellschaft leiten sollten, entwickelten einige Gerichte eine besondere gesellschaftsrechtliche Bestellungsvoraussetzung für den Geschäftsführer. Aus dem Sinn des GmbHG ergebe sich nämlich, dass eine ordnungsgemäße Pflichtenerfüllung die jederzeitige Einreise des Geschäftsführers erfordere. Dies führte dazu, dass ausländische Geschäftsführer je nach Gerichtsbezirk die besondere Voraussetzung der Einreisemöglichkeit zu erfüllen hatten oder nicht. Die herrschende Meinung in der Rechtswissenschaft hielt zunächst Jahrzehnte lang einen ausländischen Geschäftsführer ohne weitere Voraussetzung für amtsfähig. Innerhalb weniger Jahre wechselte die Stimmung dann zu Ungunsten der Ausländer, um erneut wenige Jahre später wieder zu Gunsten eines ausländischen Geschäftsführers umzuschlagen. Der Gesetzgeber hat sich während der gesamten Zeitspanne bei allen anstehenden Reformen und Reformversuchen jeglicher Stellungnahme enthalten und so die Problematik der Lösung der Rechtswissenschaft und Rechtsprechung überlassen. Mit dem MoMiG scheint allerdings – implizit – eine Entscheidung zu Gunsten der uneingeschränkten Habilität von Ausländern gefallen zu sein.

II. Anforderungen des Ausländerrechts an den Aufenthalt und die Einreisemöglichkeit von Geschäftsführern Die ausländerrechtlichen Voraussetzungen für den Aufenthalt, die Einreise und die Erwerbstätigkeit von Ausländern fanden sich bis zum 1. Januar 2005 im AuslG sowie der DVAuslG, dem Aufenthaltsgesetz / EWG und der ArGV. 1251 Mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes 1252 wurde das gesamte Ausländerrecht grundlegend modernisiert und europarechtlichen Vorgaben angepasst. Nun sind die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen dem AufenthG, der AufenthV, dem FreizügG / EU, der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (DrittLVO), 1253 teilweise dem Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ), 1254 dem Schengener Grenzkodex 1255 und der BeschV zu entnehmen. 1251

Zu den früher relevanten ausländerrechtlichen Bestimmungen für Geschäftsführer Wachter, ZIP 1999, 571, 572. 1252 Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz –ZuwG) vom 30. 7. 2004, BGBl. I, 1950 ff. 1253 Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie die Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind vom 15. März 2001, ABl. EG L 81, S. 1 ff.

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Sinn und Zweck der neuen ausländerrechtlichen Vorschriften ist es, den Zuzug von Ausländern zu steuern und zu begrenzen, § 1 Abs. 1 S. 1 AufenthG. Zur Straffung des Ausländerrechts wird die Zahl der Aufenthaltstitel reduziert. Die Aufenthaltstitel werden nun nach ihrem Zweck (Erwerbstätigkeit, Ausbildung, etc.) geregelt, eine selbständige mit Außenwirkung versehene Arbeitserlaubnis wird nicht mehr erteilt, sondern durch ein internes Zustimmungserfordernis durch die Bundesagentur für Arbeit ersetzt. 1256 Der Aufenthaltstitel regelt nunmehr, ob eine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann, § 4 Abs. 2, 3 AufenthG. Anders als im alten Recht muss keine Nebenbestimmung mehr erlassen werden, welche die Erwerbstätigkeit untersagt. 1257 1. Keine Arbeitserlaubnis erforderlich Für die Bestellung zum Geschäftsführer benötigt ein Ausländer keine Arbeitserlaubnis, da er mit dem von der Anstellung und der tatsächlichen Tätigkeit zu trennenden Bestellungsakt noch keine Erwerbstätigkeit ausübt. 1258 Da das neue Aufenthaltsrecht die Vergabe des Aufenthaltstitels aber am Aufenthaltszweck festmacht, muss für den Geschäftsführer überprüft werden, ob die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit beabsichtigt ist und um welche Art von Erwerbstätigkeit es sich handelt. Gemäß § 2 Abs. 2 AufenthG umfasst die Erwerbstätigkeit die selbständige Tätigkeit und die Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV. Für den Geschäftsführer ist eine pauschale Einordnung als abhängig Beschäftigter oder selbständig Tätiger nicht möglich. 1259 Es entscheidet die konkrete Ausgestaltung über die 1254 Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen) vom 19. 6. 1990, BGBl. II, 1993, S. 1010 ff. Teile des SDÜ sind durch den Schengener Grenzkodex abgelöst worden. 1255 Verordnung (EG) 562/2006 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex), ABl. EG L 105, S. 1 ff. 1256 BT-Drs. 15/420, S. 63. 1257 Dies verkennt B. Schmitz, Der geeignete GmbH-Geschäftsführer, S. 90, wenn sie ausführt, die Ausländerbehörde könne andere Aufenthaltstitel gem. § 12 Abs. 2 AufenthG mit der Auflage versehen, keine Erwerbstätigkeit auszuüben. Vgl. nur den ausdrücklichen Wortlaut von § 4 Abs. 2 S. 3 AufenthG. 1258 Melchior, DB 1997, 413. Im Übrigen war im alten Ausländerrecht die Tätigkeit des Geschäftsführers genehmigungsfrei, § 9 Nr. 1 ArGV. Zur Trennung von Bestellung und der Anstellung siehe bereits 1. Teil: C. 1259 Die Begründung erwähnt den Geschäftsführer im Zusammenhang mit § 21 AufenthG im Rahmen der selbständigen Tätigkeit („Begünstigt sind ... auch Geschäftsführer und gesetzliche Vertreter von ... Kapitalgesellschaften.“), BT-Drs. 15/420, S. 76. Auf Grund der allgemeinen Definition in § 2 Abs. 2 AufenthG und der Anknüpfung an § 7 SGB

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Einstufung der Tätigkeit und damit auch darüber, welche Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel zu erfüllen sind. Wird der Geschäftsführer als abhängig Beschäftigter tätig, kann ein Aufenthaltstitel zu Erwerbszwecken nach § 18 Abs. 2 AufenthG erteilt werden; im Falle der selbständigen Tätigkeit kann ein Titel nur nach den engen Vorgaben von § 21 AufenthG erteilt werden. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, erhält der Geschäftsführer keinen Aufenthaltstitel und kann nicht einreisen. Das in § 18 Abs. 2 S. 1 AufenthG grundsätzlich vorgesehene Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit für abhängig Beschäftigte gilt für die Geschäftsführertätigkeit gem. § 42 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V. m. §§ 1, 4 Nr. 2 BeschV nicht. Es bleibt damit im Ergebnis bei der alten Rechtslage, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer erlaubnisfrei durch die Bundesagentur für Arbeit ist. 2. Einreise und Aufenthaltstitel Für die Einreise und den Aufenthalt in Deutschland benötigt jeder Ausländer weiterhin einen Aufenthaltstitel, § 4 Abs. 1 S. 1 AufenthG, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder ein Aufenthaltsrecht durch das Assoziationsabkommen EWG / Türkei 1260 besteht. Ausländer ist nach § 2 Abs. 1 AufenthG jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 GG ist. Da für bestimmte Gruppen von Ausländern andere Bestimmungen im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1 AufenthG bestehen, ist für die ausländerrechtlichen Voraussetzungen für den Aufenthalt und die Einreise grob nach drei Gruppen zu differenzieren: den Unionsbürgern, privilegierten Ausländern und nicht-privilegierten Ausländern. 1261 a) Unionsbürger und EWR-Ausländer Ein EU-Ausländer, der zum Geschäftsführer bestellt wird, genießt bereits nach den Bestimmungen des EG-Vertrages Freizügigkeit im gesamten Vertragsgebiet. 1262 Für Unionsbürger und gleichgestellte ausländische Staatsbürger gilt nicht das restriktive AufenthG, sondern das FreizügG / EU, § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG. Das FreizügG / EU dient dabei der Bestätigung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen und hat zumeist nur deklaratorische Bedeutung. 1263 IV kann es sinnvollerweise nur bei einer Einzelfallzuordnung der Geschäftsführertätigkeit bleiben. 1260 Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, BGBl. 1964 II S. 509 ff. 1261 Im alten Ausländerrecht differenzierte man zwischen EU-Ausländern, sog. Positivstaatern und den übrigen Ausländern, vgl. dazu Wachter, ZIP 1999, 1577 f. 1262 Dem Geschäftsführer wird durch den EG-Vertrag Freizügigkeit gewährt, unabhängig davon, ob man den Geschäftsführer konkret oder abstrakt als Arbeitnehmer (Artt. 39 ff.) oder als Selbständigen (Artt. 43 ff.) einordnet; siehe dazu 1. Teil: H.II.1.a).

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Ein Unionsbürger, der zum Geschäftsführer bestellt wurde, ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2 FreizügG / EU 1264 freizügigkeitsberechtigt. Als solcher bedarf er gemäß Abs. 4 für die Einreise keines Visums und für den Aufenthalt keines Aufenthaltstitels. Von Amts wegen erhält er lediglich eine (deklaratorische 1265) Bescheinigung über sein Aufenthaltsrecht. Wegen der bereits erwähnten europarechtlichen Freizügigkeitsregelungen existieren keine Einschränkungen für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. 1266 Für Staatsangehörige der EWR-Staaten (Norwegen, Island und Liechtenstein) 1267 gelten ebenfalls die Erleichterungen des FreizügG / EU, § 12 FreizügG / EU. Geschäftsführern aus Staaten der EU oder des EWR ist die Einreise und der (dauerhafte) Aufenthalt in Deutschland ausländerrechtlich somit problemlos möglich. b) Nicht-privilegierte Ausländer Wird ein Ausländer zum Geschäftsführer bestellt, der weder Unionsbürger noch in Anhang II der DrittLVO aufgeführt ist, gelten die herkömmlichen Bestimmungen des Ausländerrechts. Für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet bedarf er eines Aufenthaltstitels und muss der Passpflicht nachkommen, §§ 3, 4 AufenthG. Möchte der ausländische Geschäftsführer (zum Zwecke der Geschäftsführung) in die Bundesrepublik einreisen, sind je nach beabsichtigter Dauer der Tätigkeit das Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG), das nationale Visum für längerfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 4 AufenthG) oder die Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG) die relevanten 1263

Fehrenbacher, in: Das neue Zuwanderungsrecht, 3.1.2.1.1. Ob Nr. 1 oder Nr. 2 eingreift, hängt davon ab, wie die Geschäftsführertätigkeit erwerbsrechtlich (Arbeitnehmer oder Selbständiger) einzuordnen ist. 1265 Huber, NVwZ 2005, 1, 9. 1266 Für Staatsangehörige der neuen Beitrittsstaaten (Tschechische Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und die Slowakische Republik) findet das FreizügG / EU dann Anwendung, wenn die Bundesagentur für Arbeit die Beschäftigung gemäß § 284 Abs. 1 SGB III genehmigt, § 13 FreizügG / EU. Gemäß § 288 SGB III i.V. m. § 9 Abs. 1 ArGV i.V. m. 5 Abs. 2 BetrVG bedarf der Geschäftsführer jedoch keiner Genehmigung. Diese Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit gelten nicht für Malta und Zypern, Marx, Ausländerrecht, § 3 Rn. 23. 1267 Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 3. 1. 1994, ABl. EG L 1, S. 3 ff. Die anderen ursprünglichen Mitglieder des EWR sind entweder der EG beigetreten (Finnland, Österreich, Schweden) oder haben das Abkommen abgelehnt (Schweiz), Oppermann, Europarecht, Rn. 137. Staatsangehörige der Schweiz sind gemäß § 28 AufenthV nach Maßgabe des Freizügigkeitsabkommens zwischen der EG und der Schweiz (BGBl. II 2001, 810) vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels freigestellt. Sie besitzen gemäß Art. 3 FrAbk i.V. m. Art. 1 Abs. 1 Anhang I und Art. 4 i.V. m. Art. 2 Anhang I einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer (deklaratorischen, Fehrenbacher, in: Das neue Zuwanderungsrecht, 3.1.3.3.2.) Aufenthaltserlaubnis. 1264

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Aufenthaltstitel. 1268 Alle Aufenthaltstitel sind grundsätzlich vor der Einreise einzuholen. 1269 Geschieht dies nicht, so stellt sich die Einreise als unerlaubt dar (§ 14 Abs. 1 AufenthG). aa) Schengen-Visum Soll der Aufenthalt bis zu drei Monate innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nicht übersteigen (sog. kurzfristiger Aufenthalt, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG), muss der Geschäftsführer ein Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte beantragen. Das Schengen-Visum wurde bislang durch das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen geregelt, auf die § 6 Abs. 1 S. 1 a. E. AufenthG immer noch verweist. Mittlerweile ist das SDÜ durch den Schengener Grenzkodex abgelöst worden, welcher in Art. 5 Abs. 1 die Einreisevoraussetzungen aber nicht abweichend vom SDÜ regelt. Als Verordnung gilt der Schengener Grenzkodex unmittelbar in Deutschland, Art. 249 Abs. 2 EGV. Da die Voraussetzungen von denen des SDÜ nicht abweichen und schon dieses gesetzlich angeordnet Vorrang vor den Bestimmungen des AufenthG hatte, haben sich in der Sache keine Änderungen ergeben. Ergänzend findet das deutsche Recht für die nicht geregelten Bereiche Anwendung. Die in Art. 5 Abs. 1 des Grenzkodex festgelegten Voraussetzungen überschneiden sich mit den für alle Aufenthaltstitel geltenden Erteilungsvoraussetzungen in § 5 AufenthG. 1270 Dabei sind die Voraussetzungen des Grenzkodex die umfassenderen, so dass dessen Voraussetzungen maßgeblich sind. 1271 Unter anderem muss die legale finanzielle Versorgung für den Aufenthalt und die Weiter- / Rückreise des Ausländers sichergestellt sein, Art. 5 Abs. 1 lit. c), und der ausländische Geschäftsführer darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, nationale Sicherheit oder internationale Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen, lit. e). Das Schengen-Visum besitzt zwei Funktionen. Es ist ein nationalstaatlicher Titel, der Einreise und Aufenthalt erlaubt, aber auch gleichzeitig im Verhältnis zu den anderen Schengen-Staaten das Recht auf Einreise und Aufenthalt vermittelt. 1272 Erteilt daher ein Schengen-Staat ein Schengen-Visum, besitzt dieses Wirkung auch in den anderen Schengen-Staaten. 1273 Der Ausländer genießt mit dem Visum für dessen Gültigkeitsdauer Freizügigkeit im gesamten oder in einem beschränkten 1268

Eine Niederlassungserlaubnis wird dann erteilt, wenn die Anforderungen von § 9 Abs. 2 AufenthG erfüllt sind. Dazu zählt unter anderem der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für fünf Jahre. Die Niederlassungserlaubnis folgt damit zeitlich der Aufenthaltserlaubnis. 1269 Marx, Ausländerrecht, § 2 Rn. 30 ff. (dort auch zu den Ausnahmen). 1270 Vgl. zum SDÜ und dem AufenthG Gemeinschaftskommentar AufenthaltsG / FunkeKaiser, § 6 Rn. 16. 1271 Vgl. zu den Unterschieden zwischen SDÜ und dem AufenthG Hailbronner, Ausländerrecht, A 1 § 6 Rn. 18. 1272 Gemeinschaftskommentar AufenthaltsG / Funke-Kaiser, § 2 Rn. 78.

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Teil des Vertragsgebiet(s), Art. 19 Abs. 1, 2 SDÜ. Die Voraussetzungen für eine Arbeitnehmertätigkeit oder Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit regeln das SDÜ und der Schengener Grenzkodex nicht. 1274 Hier gelten die Bestimmungen des nationalen Rechts. 1275 In der EU wird wegen der unterschiedlichen nationalen Bestimmungen zurzeit versucht, die Regeln für den Aufenthalt zu Zwecken der unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit zu harmonisieren. 1276 In Anhang I der DrittLVO sind alle die Staaten aufgeführt, deren Bürger bei Einreise ein Schengen-Visum benötigen. Zu diesen Ländern zählen fast alle afrikanischen, viele asiatischen, einige europäische und viele Inselkleinstaaten. Hervorzuheben sind etwa Ägypten, Bosnien-Herzegowina, Serbien-Montenegro, Indien, Marokko, Russland, Südafrika, die Türkei 1277 und die Ukraine. bb) Nationales Visum / Aufenthaltserlaubnis Das nationale Visum ist ein Visum für längerfristige Aufenthalte und muss vor der Einreise beantragt werden, § 6 Abs. 4 S. 1 AufenthG. Die Erteilungsvoraussetzungen entsprechen denen einer Aufenthaltserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel, der in der Regel nur zu den später im Gesetz aufgeführten Zwecken erteilt werden kann. Er wird 1273 Marx, Ausländerrecht, § 2 Rn. 65. Die neuen EU-Beitrittskandidaten dürfen zurzeit noch keine Schengen-Visa ausstellen, Fehrenbacher, in: Das neue Zuwanderungsrecht, 3.1.2.3.2. 1274 Vgl. BT-Drs. 15/420, S. 71. So auch bereits die Rechtsprechung zum alten Ausländerrecht OVG Lüneburg, NVwZ 2001 Beilage I, 75, 76 und die allgemeinen Anwendungshinweise zum SDÜ Nr. 1.3.1.2.2 sowie Nr. 2.4.2.6 (abgedruckt bei Hailbronner, Ausländerrecht, D 8.2.). 1275 Die Begründung des AufenthG, BT-Drs. 15/420, S. 71, sieht daher vor, dass für eine Erwerbstätigkeit die allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2, 3 AufenthG erfüllt sein müssen. Teilweise wird dagegen verlangt, dass in den Fällen der beabsichtigten Erwerbstätigkeit nur ein nationales Visum erteilt werden könne, Gemeinschaftskommentar AufenthaltsG / Funke-Kaiser, § 6 Rn. 21 und Hailbronner, Ausländerrecht, A 1 § 6 Rn. 36. Praktisch dürfte der Streit wenig relevant sein. Erhält der Ausländer ein Schengen-Visum, kann er nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2, 3 i.V. m. §§ 18 ff. AufenthG eine Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit erhalten. Ist dagegen ein nationales Visum erforderlich, so müssen ebenfalls die Voraussetzungen der §§ 18 ff. AufenthG erfüllt sein. Ist dies nicht der Fall, erhält der Ausländer zunächst keinen Aufenthaltstitel, kann aber immer noch ein Schengen-Visum erhalten. Im Ergebnis ist in beiden Fällen die Erwerbstätigkeit untersagt, ein Schengen-Visum können aber beide erhalten. 1276 So existiert bereits ein Richtlinienvorschlag, der den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit unionsweit regeln soll, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit, KOM/2001/0386 endg. 1277 Für die Türkei sind die Sonderbestimmungen des Assoziationsabkommens zu beachten.

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für den Geschäftsführer vor allen Dingen relevant, wenn er einen langjährigen Aufenthalt plant. Die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen sind in § 5 Abs. 1, 2 AufenthG festgelegt. Aufenthaltstitel zu Erwerbszwecken, also für ausländische Geschäftsführer, werden nur nach den Vorschriften des vierten Abschnitts (§§ 18 – 21 AufenthG) erteilt. 1278 Geschäftsführern aus Anhang I-Staaten ist die Einreise und der Aufenthalt in der Bundesrepublik daher nur möglich, wenn sie die dort dargelegten Voraussetzungen erfüllen. c) Privilegierte Ausländer Für die in Anhang II der DrittLVO genannten Staaten (früher auch sog. Positivstaater) 1279 gilt zwar ebenso das AufenthG, jedoch bestehen deutliche Erleichterungen gegenüber den gerade geschilderten Bestimmungen für die Anhang I-Ausländer. Zu den Anhang II-Staaten zählen etwa Australien, Bulgarien, Japan, Kanada, Kroatien, Rumänien und die Vereinigten Staaten. Laut § 15 AufenthV i.V. m. mit Art. 20 Abs. 1 SDÜ und Art. 1 Abs. 2 der DrittLVO sind Staatsbürger der Anhang II-Staaten für Kurzaufenthalte von bis zu drei Monaten von der Visumspflicht befreit. 1280 § 17 AufenthV schränkt diese Befreiung zwar auf die Fälle ein, in denen in Deutschland keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. 1281 Für Geschäftsführer gilt die Einschränkung wegen § 17 Abs. 2 AufenthV i.V. m. § 4 Nr. 2 BeschV allerdings nicht. Wird innerhalb von zwölf Monaten bis zu drei Monate die Geschäftsführertätigkeit in Deutschland ausgeübt, bleibt es daher bei der Befreiung von der Visumspflicht.

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BT-Drs. 15/420, S. 85. Fast alle Anhang II-Staaten befanden sich früher auf der Liste in Anhang I der DVAuslG. Angehörige dieser Staaten bedurften gemäß § 1 Abs. 1 DVAuslG für Kurzaufenthalte keiner Aufenthaltsgenehmigung. Da nur die begünstigten Staaten positiv festgelegt waren, bürgerte sich die Bezeichnung „Positivstaaten“ ein. Da nunmehr sowohl die begünstigten als auch die übrigen Staaten im Anhang der DrittLVO geregelt sind, ist der Begriff der „Positivstaaten“ nicht mehr eindeutig und sollte nicht genutzt werden, Marx, Ausländerrecht, § 2 Rn. 28. 1280 § 16 AufenthV i.V. m. Anlage A regelt einen Vorrang von Sichtverkehrsabkommen, die vor dem Inkrafttreten des SDÜ geschlossen wurden. Die dort aufgeführten Länder (u. a. Südkorea, Vereinigte Staaten von Amerika) sind alles privilegierte Länder im Sinne von Anhang I. Die in diesen Abkommen enthaltenen Erleichterungen entsprechen prinzipiell denen, die auch die DrittLVO für das Schengengebiet für diese Länder vorsieht. 1281 Vgl. zum alten Recht die Mitteilung der Kommission im Rahmen der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige bei Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind. 1279

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Anhang II-Ausländer können also ohne Visum für kurzfristige Aufenthalte nach Deutschland einreisen und als Geschäftsführer tätig werden. Für längerfristige Aufenthalte gelten die gleichen Voraussetzungen wie für Anhang I-Ausländer. 3. Sonstiges Erhält ein zum Geschäftsführer bestellter Nicht-EU-Ausländer einen Aufenthaltstitel von einem anderen Schengenstaat ausgestellt, darf er sich mit diesem Titel bis zu drei Monate frei im Schengengebiet bewegen, also auch nach Deutschland einreisen, wenn er die Voraussetzungen von Art. 5 Schengener Grenzkodex und Art. 21 SDÜ 1282 erfüllt. Daneben existieren für einige Staaten bilaterale Abkommen, die ermessenlenkende Funktion im Ausländerrecht haben können oder die dauerhafte Niederlassung erleichtern. 1283 4. Zusammenfassung EU-Ausländer und Bürger der EWR-Staaten können ohne Visum jederzeit nach Deutschland einreisen und eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Staatsbürger aus Anhang II-Staaten der DrittLVO besitzen die Möglichkeit visumfrei für kurzfristige Aufenthalte nach Deutschland einzureisen und ihrer Geschäftsführertätigkeit nachzugehen. Einzig Bürger der Anhang I-Staaten unterliegen den vollen ausländerrechtlichen Bestimmungen. Sie bedürfen für jede Einreise eines Aufenthaltstitels, der ihnen zudem die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erlaubt, wenn sie als Geschäftsführer tätig werden wollen.

1282 Art. 5 SDÜ wurde durch den Schengener Grenzkodex aufgehoben, allerdings verweist Art. 21 SDÜ immer noch auf Art. 5 SDÜ. Da Art. 5 des Grenzkodex inhaltlich Art. 5 des SDÜ entspricht, wird man den Verweis uminterpretieren können. 1283 So etwa im Verhältnis zu Bulgarien (Europa-Abkommen vom 8. März 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und der Republik Bulgarien, BGBl. II, 1994, 2753 ff.) und Rumänien (Europa-Abkommen vom 1. Februar 1993 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten und Rumänien, BGBl. II, 1994, 2957 ff.). Die Steuerung von Einreise und Aufenthalt verbleibt aber in der Zuständigkeit der Unionsstaaten und der Einzelne erhält kein subjektives Recht auf Aufenthalt, Renner, Ausländerrecht in Deutschland, § 27 Rn. 253, 256. Nachweise weiterer Abkommen bei Marx, Ausländerrecht, § 3 Rn. 190 ff.

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III. Zulässigkeit eines ausländischen Geschäftsführers mit Wohnsitz in Deutschland Nachdem die ausländerrechtlichen Vorgaben geklärt sind, ist auf die erste Frage einzugehen, ob ein ausländischer Geschäftsführer mit Wohnsitz in Deutschland, der nicht die notwendigen ausländerrechtlichen Vorgaben zum Aufenthalt und / oder zur Tätigkeit als Geschäftsführer erfüllt, überhaupt bestellt werden darf. Für EU-Ausländer stellt sich diese Frage nicht, da sie Freizügigkeit genießen. Relevant wird das Problem daher für alle Drittstaatsangehörige, die dauerhaft in Deutschland erwerbstätig sein wollen, und für die nicht-privilegierten Ausländer sogar im Fall einer kurzfristigen Tätigkeit. Der Wortlaut von § 6 Abs. 2 GmbHG ist insoweit eindeutig, als er direkt keine ausländerrechtlichen Voraussetzungen benennt. Eine Anknüpfung an die Möglichkeit, sich in Deutschland legal und mit der Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit aufzuhalten, kann daher der Norm nur im Wege der Auslegung oder Rechtsfortbildung entnommen werden. Vorzug einer Herleitung von besonderen ausländerrechtlichen Voraussetzungen aus dem Gesellschaftsrecht, sind die Rechtsfolgen bei einem Verstoß. Versagt das Registergericht die Eintragung des gesellschaftsrechtlich wirksam bestellten Geschäftsführers aus Gründen des Ausländerrechts, ist dies solange ohne besondere Bedeutung für die Wirksamkeit der Geschäftsführerbestellung, wie die Bestellung nicht gemäß § 134 oder § 138 BGB unwirksam ist. Die Eintragung hat schließlich lediglich deklaratorischen Charakter. 1284 Bei einer Anknüpfung an das Gesellschaftsrecht und § 6 Abs. 2 GmbHG dagegen ist bereits der konstitutive Bestellungsakt unwirksam. Der Ausländer ist dann nie Geschäftsführer geworden. Eine Bestellung entgegen einem Aufenthaltstitel, der die Erwerbstätigkeit untersagt, verstößt zwar noch nicht gegen ausländerrechtliche Bestimmungen. Denn die Bestellung verschafft einem nur die bloße Organstellung, erst die nachfolgende Tätigkeit ist untersagt. 1285 Da die Bestellung aber zwangsläufig auf eine spätere Tätigkeit hinausläuft, kann man überlegen, den ausländerrechtlichen Bestimmungen eine Vorwirkung auch auf die Bestellung zuzumessen. 1. Beschränkter Aufenthaltstitel als Verwaltungsentscheidung i. S.v. § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG Das LG Köln hat 1981 angenommen, dass eine Auflage, welche die Erwerbstätigkeit untersagte, unter den damaligen § 6 Abs. 2 S. 3 (jetzt S. 4) GmbHG zu 1284 Statt vieler BGH, BB 1960, 880. Besonders plastisch Roth / Altmeppen 5, GmbHG, § 6 Rn. 15 („... kann es gar nicht auf „eine Entscheidung“ des Registergerichts ankommen,...). 1285 Melchior, DB 1997, 413; Wachter, ZIP 1999, 1577, 1578.

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subsumieren sei. 1286 Ein Aufenthaltstitel, der die Erwerbstätigkeit nicht ermöglicht, stellt laut dem LG Köln eine vollziehbare behördliche Entscheidung dar, welche die Ausübung eines Gewerbes oder eines Berufs untersagt (§ 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG). Dieser Begründungsansatz war bereits früher nicht gangbar 1287 und verfängt auch nicht unter dem Regime des neuen Ausländerrechts. Das Verbot zur Aufnahme einer (un)selbständigen Tätigkeit war früher eine Auflage zur Aufenthaltsgenehmigung. 1288 Nach dem Konzept des neuen Ausländerrechts ist für das Verbot dagegen keine Auflage mehr notwendig. Solange nicht der Aufenthaltstitel eine Erlaubnis enthält oder das Gesetz dies vorsieht, ist die Erwerbstätigkeit untersagt, § 4 Abs. 2, 3 AufenthG. Für einen Geschäftsführer heißt dies konkret, dass er entweder einen Titel zur Erwerbstätigkeit erhält oder gar keinen. Damit kann – anders als im Fall des LG Köln – nur noch die Versagung des Aufenthaltstitels selbst die untersagende Entscheidung der Verwaltungsbehörde sein. Nach § 84 AufenthG besitzen Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Erteilung keine aufschiebende Wirkung, so dass die Verwaltungsentscheidung auch vollziehbar ist. Insoweit kann man noch annehmen, dass die Untersagung eines Aufenthaltstitels noch die Tatbestandsmerkmale von § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG erfüllt. Unter Geltung des alten Ausländerrechts wurden aber die Tatbestände der Gewerbeuntersagung und der Aufenthaltserlaubnis mit Auflage schon für nicht vergleichbar gehalten. 1289 Gleiches gilt im neuen Ausländerrecht. Die Gewerbeuntersagung ist ein belastender Verwaltungsakt, die Aufenthaltsgenehmigung mit Tätigkeitsuntersagung nach altem Recht war ein begünstigender Verwaltungsakt mit belastender Nebenbestimmung. Im neuen Recht ist dies insoweit anders, als dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels ohne die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit ein begünstigender Verwaltungsakt ist; es fehlt allein die weitere begünstigende Folge der Erlaubnis der Erwerbstätigkeit. 1290 Die Verwaltungsentscheidung muss weiter die Ausübung eines Berufs(zweigs) oder Gewerbes(zweigs) untersagen. Die Entscheidung der Ausländerbehörde (evtl. im Verbund mit der Bundesagentur für Arbeit, wenn eine Zustimmung erforderlich ist) untersagt aber nicht die Ausübung eines Berufs oder eines Gewerbes, sondern vielmehr bestimmte 1286 LG Köln, GmbHR 1983, 48. Ein gänzlich fehlender Aufenthaltstitel kann unter keinen Umständen unter § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG subsumiert werden, da noch nicht einmal ein entfernter Zusammenhang mit Berufsverboten oder Gewerbeuntersagungen besteht. 1287 Dagegen OLG Dresden, GmbHR 2003, 537 (Bestellung eines Russen zum Geschäftsführer); Miller, DB 1983, 977 f.; Hachenburg / Ulmer 8, GmbHG, § 6 Rn. 10; MeyerLandrut / Meyer-Landrut, GmbHG, § 6 Rn. 6, 8, Huber, Ausländer- und Asylrecht, Rn. 139; Wachter, ZIP 1999, 1577, 1579. 1288 Wachter, ZIP 1999, 1577, 1578. 1289 Wachter, ZIP 1999, 1577, 1579. 1290 Marx, Ausländerrecht, § 3 Rn. 32.

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(oder alle) Arten von Tätigkeiten (selbständig oder unselbständig) insgesamt. Dies ist mit den Begriffen Beruf oder Gewerbe inhaltlich nicht gleichzusetzen, da ganz andere Kategorien betroffen sind. 1291 Setzt man die Erteilung eines Aufenthaltstitels mit der Behördenentscheidung gleich, so wird das Kriterium der Begrenzung der Inhabilität auf den Unternehmensgegenstand gänzlich überflüssig. Es wird schließlich jede Tätigkeit untersagt, wenn ein Aufenthaltstitel ohne Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit erteilt wird. Selbst wenn ein Titel zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung erteilt werden würde, bliebe es bei einem umfänglichen Ausschluss. Denn welche Gesellschaft hat schon einen unselbständigen Unternehmensgegenstand? Entscheidend ist weiter, dass § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG nur die Untersagungen erfasst, welche die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit des Geschäftsführers in Bezug auf das Gewerbe zum Gegenstand haben. 1292 Sinn und Zweck der ausländerrechtlichen Prüfung ist es, die wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, § 1 Abs. 1 S. 2 AufenthG. Dies bezieht sich aber weniger auf die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit des Einzelnen, als auf eine an den Erfordernissen des Arbeitsmarkts orientierte flexible Steuerung der Zuwanderung aus Erwerbsgründen. 1293 Die Bundesagentur für Arbeit soll die Beschäftigungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten überprüfen, nicht dagegen die persönliche Befähigung des Ausländers (von der Ausnahmevorschrift für Hochqualifizierte abgesehen). 1294 Zwar findet sich in § 21 Abs. 1 S. 3 AufenthG die Aufzählung von unternehmerischen Erfahrungen als ein Kriterium, um die Voraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Abs. 1 AufenthG zu ermitteln. Die unternehmerische Erfahrung ist aber nur ein Regelbeispiel, 1295 um zu ermitteln, ob ein übergeordnetes wirtschaftliches Interesse oder ein besonderes regionales Bedürfnis besteht sowie positive Auswirkungen auf die Wirtschaft zu erwarten sind. Die übrigen Regelbeispiele sowie die Vermutung in Satz 2 zeigen dabei, dass der allgemeine wirtschaftspolitische Gesichtspunkt, eine tragfähige Investition in den deutschen 1291 Vgl. Miller, DB 1983, 977; Meyer-Landrut / Meyer-Landrut, GmbHG, § 6 Rn. 6. Es kann zwar jede gewerbliche selbständige Tätigkeit untersagt werden, aber dies nur unter Bezugnahme auf die gewerbliche Tätigkeit, vgl. bspw. den Sachverhalt bei OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1995, 298 f. Vgl. auch VG Berlin, GewArch 1972, 49 f. Die dort von der Ausländerbehörde erteilte Auflage „Berechtigt nicht zur Gewerbeausübung“ war ausländerrechtlich so auszulegen, dass nicht ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung untersagt war, sondern nur eine Arbeitnehmertätigkeit und keine selbständige Tätigkeit. 1292 Miller, DB 1983, 977, 978; Huber, Ausländer- und Asylrecht, Rn. 139. Vgl. auch Teichmann, IPrax 2000, 110, 112 (Ausländerrechtliche Untersagung enthält keine Aussage über Eignung zur Tätigkeit). 1293 BT-Drs. 15/420, S. 62. 1294 Vgl. BT-Drs. 15/420, S. 74. 1295 BT-Drs. 15/420, S. 76.

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Arbeits- und Wirtschaftsmarkt sicherzustellen, 1296 entscheidend ist und weniger die persönliche Eignung des Ausländers zur Ausübung eines bestimmten Berufs. Die Versagung eines Aufenthaltstitels zu Erwerbszwecken unter § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG zu subsumieren, ist nicht möglich. 2. Analoge Anwendung von § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG? Es bliebe die Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel ohne Erlaubnis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch eine analoge Erweiterung von § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG zum Amtsfähigkeitsgrund zu machen. Die Erweiterung der Inhabilitätsgründe soll nach Ansicht Einiger bereits daran scheitern, dass eine planwidrige Regelungslücke nicht bestehe. 1297 Der Gesetzgeber habe bei den Änderungen des § 6 Abs. 2 GmbHG und auch bei den jüngsten Reformbestrebungen die Diskussion um den Ausländer als Geschäftsführer nicht aufgegriffen und Ausländer von der Geschäftsleitung ausgeschlossen. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber in all den Jahren keine gesetzliche Regelung geschaffen hat, spricht indessen weder für noch gegen eine Regelungslücke. Anderenfalls könnte man mit der gleichen Begründung auch behaupten, dass dann, wenn der Gesetzgeber nach einer gewisse Zeit eine Analogie nicht gesetzlich regle, er die durch die Analogie geschlossene Lücke gar nicht schließen will. Im Übrigen könnte man genauso gut sagen, dass der Gesetzgeber nicht gesetzlich klargestellt hat, dass ausländische Geschäftsführer gesetzlich zulässig sind. In den einzelnen Gesetzesbegründungen wurde der ausländische Geschäftsführer jedenfalls nicht erwähnt, so dass viel eher davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber dieses Problem der Rechtsprechung und Rechtswissenschaft zur Lösung überlassen hat. Da zu Beginn der Diskussion um den ausländischen Geschäftsführer eine planwidrige Regelungslücke bestand, sollte diese als fortbestehend betrachtet werden, bis nicht eine deutliche Aussage des Gesetzgebers zu vernehmen ist. 1298 Eine Analogie scheitert letztlich an der vergleichbaren Interessenlage. 1299 Der Ausschlussgrund in § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG erfasst Fälle, in denen es um die Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers und einer von ihm ausgehenden Gefahr für Dritte geht. Das Ausländerrecht beschäftigt sich dagegen nicht mit den Fähigkeiten zur Ausübung eines Gewerbes, sondern stellt auf ganz andere öffentliche Interessen (Steuerung der Zuwanderung und allgemeine Arbeitsmarktpolitik) ab. 1296

Siehe BT-Drs. 15/420, S. 76. Wachter, ZIP 1999, 1577, 1579; Neelmeier / Huth, GmbHR 2005, 1409, 1411; Rawert, EWiR 1999, 461, 462; OLG Dresden, GmbHR 2003, 537 (Bestellung eines Russen zum Geschäftsführer); Melchior, DB 1997, 413, 414. Kritisch auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 97. 1298 Dies meint nicht zwangsläufig eine gesetzliche Regelung. 1299 Ebenso B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 97 f. 1297

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Die Grundlagen für die Untersagung einer Erwerbstätigkeit unterscheiden sich, wie schon zuvor gezeigt, erheblich. Eine analoge Anwendung scheidet aus. 3. Unwirksamkeit der Bestellung gemäß §§ 134, 138 BGB Möglich erscheint es, die ausländerrechtlichen Bestimmungen über die Generalklauseln von §§ 134, 138 BGB zu erfassen, so dass eine dem Ausländerrecht zuwiderlaufende Erwerbstätigkeit eventuell zur Unwirksamkeit der Bestellung führen könnte, sofern man entsprechende Vorwirkungen annimmt. a) Verbotsgesetze i. S.v. § 134 BGB Bettina Schmitz hat in ihrer Dissertation einige Tatbestände untersucht, die als Verbotsgesetz für die Erwerbstätigkeit gemäß § 134 BGB in Betracht kommen könnten. Zunächst prüft sie als mögliche Verbotsnorm § 12 Abs. 2 AufenthG, da eine Bestellung zum Geschäftsführer gegen eine Auflage, nicht erwerbstätig zu sein, verstoßen könnte. 1300 Ob und inwieweit man § 12 Abs. 2 AufenthG als Verbotsgesetz ansehen möchte, soll hier dahinstehen. Denn § 12 Abs. 2 AufenthG wird für das Problem, zum Geschäftsführer bestellt zu werden, obwohl die Erwerbstätigkeit nicht erlaubt ist, überhaupt nicht relevant. Der Aufenthaltstitel selbst regelt, ob eine Tätigkeit aufgenommen werden darf. Entweder die Aufnahme der Erwerbstätigkeit ist dabei im Gesetz vorgesehen oder im Aufenthaltstitel wird die Aufnahme erlaubt. 1301 Eine Auflage gemäß § 12 Abs. 2 AufenthG, welche die Erwerbstätigkeit verbietet, gibt es demnach nicht. Ähnliches gilt für ihren Ansatz, § 50 Abs. 1 AufenthG als Verbotsgesetz zu prüfen. 1302 Wenn es in § 50 Abs. 1 AufenthG heißt, dass eine Ausreisepflicht besteht, wenn ein erforderlicher Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besteht, so wird gegen diese Bestimmung durch eine Bestellung und die Tätigkeit nicht verstoßen, wenn ein Aufenthaltstitel besteht, dieser aber die Erwerbstätigkeit nicht erlaubt. 1303 Schließlich spricht sie noch § 4 Abs. 3 AufenthG an. Hier kommt Schmitz zu dem zutreffenden Ergebnis, dass diese Norm der Bestellung nicht entgegen stehen kann. § 4 Abs. 3 AufenthG übernimmt die alte Regelung des § 283 SGB III, 1304 die als Verbotsgesetz anerkannt war. 1305 Diese Regelung wird umgestaltet, so dass 1300

B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 99 f. Siehe BT-Drs. 15/420, S. 69 mit Beispielen. 1302 B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 102 f. 1303 Vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, A 1 § 50 Rn. 4. § 50 Abs. 1 AufenthG entspricht dem alten § 42 AuslG, BT-Drs. 15/420, S. 89. 1304 BT-Drs. 15/420, S. 69. 1301

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nun nicht die Bundesagentur für Arbeit, sondern der Aufenthaltstitel die Erwerbstätigkeit erlauben muss; dies ändert aber an der Eigenschaft als Verbotsgesetz nichts. Schmitz weist jedoch zu Recht auf die allgemeine Meinung zum alten § 283 SGB III hin, wonach dieses Verbot nur ein Beschäftigungsverbot sei und sich allein gegen die tatsächliche Aufnahme der Tätigkeit wende und nicht gegen das Rechtsgeschäft. 1306 Nichtigkeit des Vertrages wird nur dann angenommen, wenn dieser offen und bewusst eine verbotene Beschäftigung zum Gegenstand hat. 1307 Gleiches sollte daher für § 4 Abs. 3 AufenthG gelten, weshalb in der Regel schon der Anstellungsvertrag nicht nichtig ist. 1308 Demzufolge kann die Bestellung erst recht nicht nichtig sein. Anderes dürfte wohl nur in dem Fall gelten, wenn wegen einer offenen und bewussten Umgehung ausnahmsweise auch der Anstellungsvertrag nichtig ist. Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, welches nach § 134 BGB zur Nichtigkeit führen soll, ist bei der Bestellung somit selten möglich, da es an einem maßgeblichen Verbotsgesetz fehlt. b) Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB Übrig bliebe noch die Nichtigkeit der Bestellung gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit. Denkbare Anwendungsfälle des § 138 Abs. 1 BGB sind schwer auszumachen. Die bewusste Bestellung eines Ausländers ohne ausreichenden Aufenthaltstitel wird jedenfalls von § 134 BGB bereits erfasst und scheidet damit aus. In dem Fall, in dem ein Ausländer, der nicht selbständig tätig sein darf, eine GmbH gründet und sich in dieser zum Geschäftsführer bestellen lässt, wird die Gründung der GmbH wegen Umgehung schon unwirksam sein. 1309 Hinzukommt, dass eine Bestellung und Tätigkeit, unter den Gesichtspunkten eines fehlenden Aufenthaltstitels oder einer fehlenden Erwerbserlaubnis, ohne Umgehung nicht unwirksam sein wird, da der ausländerrechtliche Status dadurch nicht geändert wird und für eine Sittenwidrigkeit kaum Ansatzpunkte bleiben werden. 1310 Die Durchsetzung des Ausländerrechts verbleibt bei der Ausländerbehörde und ist nicht Aufgabe des Gesellschaftsrechts. 1305 Münchener Handbuch Arbeitsrecht / Buchner, § 40 Rn. 53; Engels, AP Nr. 2 zu § 19 AFG. 1306 BAG, AP Nr. 2 zu § 19 AFG; NZA 1991, 341, 342; Soergel / Hefermehl, BGB, § 134 Rn. 54; Erman / Palm, BGB, § 134 Rn. 31. 1307 BAG, AP Nr. 4 zu § 35 AVAVG; in BAG, AP Nr. 2 zu § 19 AFG wurde offen gelassen, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten wird; für eine Beibehaltung der Rechtsprechung in diesen Fällen Münchener Handbuch Arbeitsrecht / Buchner, § 40 Rn. 58; Staudinger / Sack, BGB, § 134 Rn. 284. 1308 Renner, Ausländerrecht, § 4 AufenthG Rn. 134; Niesel / Düe, SGB III, § 284 Rn. 10. 1309 Siehe dazu GroßkommGmbHG / Ulmer, § 1 Rn. 43. 1310 Vgl. GroßkommAktG / Kort, § 76 Rn. 210; KölnerKommentarAktG / Mertens, § 76 Rn. 101.

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4. Prüfung durch das Registergericht Nach dem zuvor Gesagten steht das Ausländerrecht der Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers grundsätzlich nicht entgegen. Damit werden auch die Grenzen der Prüfungskompetenz des Registergerichts bestimmt. Das Registergericht nimmt eine Rechtmäßigkeitskontrolle vor. 1311 Es wird geprüft, ob die formell-rechtlichen Anforderungen an die Anmeldung erfüllt sind und ob materiell-rechtlich die Bestellung wirksam ist. 1312 Das Registergericht ermittelt aber nur dann von Amts wegen den Sachverhalt gemäß § 12 FGG, wenn Zweifel an der Bestellung bestehen, nicht in jedem Fall. 1313 Das Ausländerrecht kann aber nur äußerst selten der materiellen Wirksamkeit der Bestellung entgegenstehen und auch nur dann Anlass zu einer Prüfung sein. Das Registergericht darf daher mögliche ausländerrechtliche Verstöße in der Regel nicht zur Grundlage einer ablehnenden Eintragungsentscheidung machen. 1314 Nur wenn es deutliche Anhaltspunkte für eine Umgehung ausländerrechtlicher Bestimmungen bzw. Sittenwidrigkeit auf Grund eines Verstoßes gegen ausländerrechtliche Bestimmungen hat, darf es das Ausländerrecht in seine Prüfung einbeziehen. 1315 Das Registergericht ist nicht „Hilfsorgan der Ausländerpolizei“. 1316 Durch die Eintragung leisten die Registergerichte auch keinem gesetzwidrigen Verhalten Vorschub, denn die Eintragung in das Handelsregister ist bloß deklaratorisch und die Bestellung ist wirksam. 1317 Außerdem besagt die Eintragung nichts über die ausländerrechtlichen Beschränkungen, denen jemand unterliegt. 1318

1311

Teichmann, IPrax 2000, 110, 111; Wachter, ZIP 1999, 1577, 1581. Teichmann, IPrax 2000, 110, 111; Wachter, ZIP 1999, 1577, 1582 f.; Bassenge / Roth, FGG, § 125 Rn. 17. 1313 Melchior, DB 1997, 413, 415; siehe auch GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 17. 1314 Wachter, ZIP 1999, 1577, 1579; ders., NotBZ 2001, 233, 236; Neelmeier / Huth, GmbHR 2005, 1409, 1414; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 15. A. A OLG Köln, GmbHR 1999, 182, 183; NZG 1999, 269 (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin, die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte); MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 76 Rn. 87. 1315 Rawert, EWiR 1999, 461, 462; Heckschen / Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungspraxis, § 4 Rn. 40; vgl. auch Bartl, BB 1977, 571, 574, 575 (der aber eine fehlende Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit oder einen fehlenden Aufenthaltstitel als Anhaltspunkte genügen lässt). 1316 Miller, DB 1983, 977, 978. 1317 So aber das LG Köln, Rpfleger 1976, 313, 314 (Türkischer Staatsbürger mit Kölner Wohnsitz als Geschäftsführer); GmbHR 1983, 48; GmbHR 1984, 157 f.; OLG Köln, GmbHR 1999, 182, 183; NZG 1999, 269 (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin, die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte). 1318 Vgl. LG Ulm, Rpfleger 1982, 228 f. 1312

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Die Handelsregistereintragung kann also – anders als das LG Köln meint 1319 – nicht von anderen Behörden oder im Geschäftsverkehr zum Anlass genommen werden, auf den ausländerrechtlichen Status zu vertrauen. Öffentlich-rechtliche Vorschriften sind für die Bestellung nur dann von Bedeutung, wenn es um Anknüpfungspunkte für §§ 134, 138 Abs. 1 BGB geht. 1320 Dazu müssen aber bei der Anmeldung (deutliche) Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Bestellung bestehen. 5. Zusammenfassung Das Ausländerrecht steht einer Bestellung eines Ausländers zum Geschäftsführer, der seinen Aufenthalt in Deutschland hat, grundsätzlich nicht entgegen. Weder § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG direkt oder analog vermögen das Gesellschaftsrecht an das Ausländerrecht zu koppeln. Die allgemeinen Generalklauseln der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB greifen nur selten ein. Das Registergericht hat den Geschäftsführer einzutragen.

IV. Jederzeitige Einreisemöglichkeit als Habilitätsvoraussetzung? Die gerade gefundene Antwort auf die erste Frage im Bereich der Problematik ausländischer Geschäftsführer, stellt sich heutzutage in der Praxis kaum noch. Dagegen ist die zweite Frage, ob ein ausländischer Geschäftsführer, der seinen Wohnsitz im Ausland hat, jederzeit nach Deutschland einreisen können muss, um amtsfähig zu sein, mittlerweile in den Fokus gerückt. Die Frage stellt sich wegen der geltenden Freizügigkeitsbestimmungen für EU-Bürger nicht. Auch für die privilegierten Ausländer hat die Antwort auf diese Frage keine Auswirkungen. 1321 Sie dürfen jederzeit für kurze Zeit ohne Visum nach Deutschland einreisen. Damit sind es die nicht-privilegierten Ausländer, die von der Einreisemöglichkeit als Inhabilitätsgrund betroffen wären. Eines gilt es vorneweg klarzustellen: In der Diskussion geht es nicht bloß darum, dass einem nicht einreisebefugten Geschäftsführer die Eintragung ins Handelsregister versagt werden soll, sondern darum, dass 1319 LG Köln, Rpfleger 1976, 313, 314 (Türkischer Staatsbürger mit Kölner Wohnsitz als Geschäftsführer); ähnlich LG Ulm, Rpfleger 1982, 228; LG Köln, GmbHR 1984, 157. 1320 Vgl. GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 17. Öffentlich-rechtliche Zulässigkeitsvorschriften sind für das Registergericht in der Regel nicht zu prüfen, vgl. § 7 HGB; Wachter, ZIP 1999, 1577, 1579; Heymann / Emmerich, HGB, § 7 Rn. 2a, 5 f. Gesetzliche Ausnahme ist/war § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG, der indessen nur die Vorlage einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung vorsieht, wenn der Unternehmensgegenstand dies verlangt, nicht in Anbetracht der Tätigkeit eines Organs, vgl. Melchior, DB 1997, 413, 414. 1321 Unzutreffend daher LG Gießen, GmbHR 2000, 1099 = EWiR 2000, 861 f. (Wachter) (Bestellung zweier US-Bürger zu Geschäftsführern), daher zu Recht aufgehoben durch das OLG Frankfurt am Main, BB 2001, 852 ff. = EWiR 2001, 831 f. (Mankowski).

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der Bestellungsakt wegen Amtsunfähigkeit unwirksam sein soll. 1322 Anderenfalls wäre die registerrechtliche Entscheidung, jemanden nicht einzutragen, praktisch nur für die handelsregisterliche Publizität von Bedeutung. Der Ausländer dürfte wirksam für die Gesellschaft handeln, ihn träfen alle Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers; dies soll aber gerade nicht zugelassen werden. 1. Dogmatische Herleitung Da § 6 Abs. 2 GmbHG keine Einschränkung für ausländische Geschäftsführer enthält, kann es erneut nur darum gehen, aus § 6 Abs. 2 GmbHG einen Ausschlussgrund abzuleiten. Die Vertreter der Ansicht, die sich für eine Inhabilität bestimmter Ausländer aussprechen, legen sich dogmatisch nicht exakt fest, wie ein zusätzliches Merkmal zu begründen ist. Teilweise scheint es auf eine Analogie zu einem der Sätze § 6 Abs. 2 GmbHG hinauszulaufen; 1323 teilweise geht es offenbar um eine Analogie des gesamten § 6 Abs. 2 GmbHG. 1324 2. Planwidrige Regelungslücke Notwendig ist zunächst eine planwidrige Regelungslücke, welche vielfach bereits bestritten wird. An anderer Stelle wurde indessen bereits gezeigt, dass trotz der Gesetzesänderungen und Reformvorschläge eine planwidrige Regelungslücke immer noch zu bejahen ist. Auch der Änderung von § 49 Abs. 1 Nr. 4 lit. c EStG 2001 1325 ist nichts zu entnehmen. Gemäß der Norm ist die Vergütung, die ein im Ausland ansässiger Geschäftsführer von einer GmbH erhält, beschränkt einkommensteuerpflichtig. Diese Norm geht davon aus, dass eine Geschäftsleitung aus dem Ausland möglich ist, enthält aber keine Aussage dazu, ob die jederzeitige Einreisemöglichkeit erforderlich ist oder nicht. 1326 3. Vergleichbare Interessenlage Entscheidend ist somit, ob die Interessenlagen der in § 6 Abs. 2 GmbHG festgelegten Ausschlussgründe mit der eines Ausländers ohne jederzeitige Einrei1322 Siehe etwa Schiedermair, in: FS Bezzenberger, S. 393, 394 f. Dies übersehen Miller, DB 1983, 977, 978; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 108. 1323 LG Duisburg, Rpfleger 2002, 366, 367 (Bestellung eines EG-Ausländers zum Geschäftsführer); Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 19. 1324 Vgl. LG Rostock, NJW-RR 2004, 398 (Bestellung eines chinesischen Staatsbürgers zum Geschäftsführer); OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857 (Bestellung eines in Rumänien lebenden rumänischen Staatsbürgers zum Geschäftsführer). 1325 Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001 – StÄndG 2001) vom 20. Dezember 2001, BGBl. I, 2001, 3794 ff. 1326 Vgl. Wachter, GmbHR 2003, 538, 542.

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semöglichkeit übereinstimmen bzw. ob § 6 Abs. 2 GmbHG ein solcher Gedanke (jederzeitige Einreisemöglichkeit) überhaupt zu entnehmen ist. Eine Analogie zu einem der einzelnen Sätze von § 6 Abs. 2 GmbHG hat jedenfalls auszuscheiden. 1327 Die Gründe in § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 und S. 2 dienen vor allem dem Schutz des inhabilen Geschäftsführers. Die anderen beiden Sätze stellen auf spezifische straf- oder ordnungsrechtliche Pflichtverstöße ab, die gegen eine ordnungsgemäße Pflichtenerfüllung sprechen. Dies ist mit der Einreisemöglichkeit nicht vergleichbar. Ausgangspunkt der Diskussion ist stattdessen, dass das Gesetz davon ausgeht, dass nur zum Geschäftsführer bestellt werden kann, wer die der Gesellschaft und ihm selbst obliegenden, vor allem öffentlich-rechtlichen Pflichten erfüllen kann. 1328 Daher sind die Personen inhabil, die vorhersehbar ihren Pflichten nicht nachkommen werden. Dies ergibt sich vor allem aus § 6 Abs. 2 GmbHG, der diejenigen Personen von der Geschäftsleitung ausschließt, die gerade (nach Ansicht des Gesetzgebers vorhersehbar) keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Pflichtenerfüllung bieten. Absichern lässt sich diese Aussage darüber hinaus aus einer Gesamtschau der (insbesondere öffentlich-rechtlichen) Geschäftsführerpflichten. 1329 Die Annahme, jemand werde seinen Pflichten nicht nachkommen, sei aber auch dann gerechtfertigt, wenn andere Anhaltspunkte bestünden, die dafür sprächen, dass jemand seine Pflichten nicht erfüllen werde. 1330 Solche Anhaltspunkte bestünden dann, wenn ein Nicht-EU-Ausländer zum Geschäftsführer bestellt werde, der seinen Wohnsitz außerhalb der EU habe, der Visumspflicht unterliege und Aufenthaltstitel für sein Land nur restriktiv erteilt würden. 1331 Dieser Einschätzung ist aus verschiedenen Gründen entschieden zu widersprechen. 1332 1327 Wachter, RIW 2001, 786; ders., NotBZ 2001, 233, 236; ders., GmbHR 2003, 538, 541; a. A. LG Duisburg, Rpfleger 2002, 366, 367 (Bestellung eines EG-Ausländers zum Geschäftsführer) und Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 19, die auf § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG abstellen. 1328 BGH, NJW 1981, 2125, 2126 (wo ein Anspruch auf eine bloß formale Geschäftsführerposition verneint wurde); OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857 (Bestellung eines in Rumänien lebenden rumänischen Staatsbürgers zum Geschäftsführer); nur scheinbar anderer Ansicht OLG Dresden, GmbHR 2003, 537, 538 (Bestellung eines Russen zum Geschäftsführer), das einen solchen Satz im Hinblick auf die Ausländereigenschaft nicht ableiten möchte. 1329 Der BGH leitet die Aussage nur aus einer Gesamtschau der Geschäftsführerpflichten ab, siehe BGH, NJW 1981, 2125, 2126. Ebenso OLG Hamm, ZIP 1999, 1919, 1920 (Bestellung einer in Moskau lebenden Russin zur Geschäftsführerin trotz fehlender Aufenthaltsgenehmigung zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit). 1330 OLG Köln, GmbHR 1999, 182, 183; NZG 1999, 269 (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin, die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte). 1331 OLG Köln, GmbHR 1999, 182, 183; NZG 1999, 269 (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin,

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a) Persönliche Pflichtenerfüllung nur im Inland Gegen die Zulassung ausländischer Geschäftsführer ohne Einreisemöglichkeit wird vorgebracht, dass die dem Geschäftsführer obliegenden Pflichten eine persönliche Pflichterfüllung im Inland voraussetzten. 1333 Als Inlandspflichten werden vor allem die Auskunftspflicht gemäß § 51a Abs. 1 GmbHG, die Insolvenzantragspflicht nach § 64 Abs. 1 GmbHG sowie die Auskunftspflicht in der Insolvenz genannt. 1334 Teilweise heißt es auch, dass die Möglichkeit der jederzeitigen Einreise ein Element einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung sei. 1335 Es bliebe ein Restbestand an persönlicher Verantwortung, der sich im Einzelfall in höchstpersönlichen Handlungspflichten niederschlage. Der Geschäftsführer müsse die Organisation „so weit in der Hand behalten, dass er jederzeit die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft überblick(e) und ihm Fehlentwicklungen erheblichen Ausmaßes nicht verborgen bleiben können.“ Könne der Geschäftsführer nicht jederzeit in die Bundesrepublik einreisen, würde er gerade diesen Anforderungen nicht gerecht. Dies überzeugt nicht. Der Geschäftsführer darf die meisten seiner Pflichten delegieren, wovon in der Praxis auch umfangreich Gebrauch gemacht wird. 1336 Ihn treffen dann vor allem Auswahl-, Anleitungs- und Überwachungspflichten. 1337 Durch die modernen Kommunikationsmittel sind die Delegation der Aufgaben und deren Überwachung problemlos möglich. 1338 die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte). 1332 Für einzelne Nachweise zu anderen Vertretern dieser Ansicht siehe oben Fn. 1246, 1247 (2. Teil). 1333 Haase, GmbHR 1999, 1091, 1092; Scholz 10 / Schneider, GmbHG, § 6 Rn. 19; OLG Köln, GmbHR 1999, 182, 183; NZG 1999, 269 (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin, die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte); Mankowski, EWiR 2001, 831, 832; B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 112 ff. 1334 OLG Köln, GmbHR 1999, 182, 183; NZG 1999, 269 (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin, die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte); OLG Hamm, ZIP 1999, 1919, 1921 (Bestellung einer in Moskau lebenden Russin zur Geschäftsführerin trotz fehlender Aufenthaltsgenehmigung zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit). Die Insolvenzantragspflicht findet sich nach dem MoMiG in § 15a Abs. 1 InsO. Zur Auskunftspflicht in der Insolvenz siehe unten 2. Teil: I.IV.3.b). 1335 Teichmann, IPrax 2000, 110, 113 f. Siehe jüngst auch OLG Celle, NZG 2007, 634 (Bestellung eines russischen Staatsangehörigen). 1336 Wachter, RIW 2001, 786, 787; ders., GmbHR 2003, 538, 541. 1337 Wachter, RIW 2001, 786, 787; Teichmann, IPrax 2000, 110, 113. 1338 Vgl. Schiedermair, in: FS Bezzenberger, S. 393, 395; OLG Dresden, GmbHR 2003, 537, 538 (Bestellung eines Russen zum Geschäftsführer); LG Hildesheim, GmbHR 1995, 656 (Russischer Staatsangehöriger mit Visum für Gesamtaufenthalt von drei Monaten und

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Bemerkenswert ist, dass bereits 1925 (!) Lewinksy 1339 die damaligen Möglichkeiten, per Automobil zu reisen und mit Fernsprecher und Telegraphen zu kommunizieren, als ausreichend angesehen hat. Und die OLGs Frankfurt und Stuttgart führten 1977 aus, dass der Geschäftsführer das Gebiet der Bundesrepublik nicht einmal zu betreten brauche, „um sein Amt, durchaus ordnungsgemäß, auszuüben.“ 1340 Dies sollte umso mehr gelten, als es heutzutage fast keinen Ort mehr auf der Welt gibt, an dem man nicht telefonisch erreichbar ist oder per Internet Emails lesen und versenden kann. Warum für eine Überwachung zwingend eine Anwesenheit im Inland erforderlich sein soll, bleibt unklar. Der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1981 wird man nichts Gegenteiliges entnehmen können. Dort heißt es zwar, dass der designierte Geschäftsführer „nicht willens und von Brasilien aus auch kaum in der Lage ist, die Pflichten und die Verantwortung eines Geschäftsführers tatsächlich mit zu übernehmen.“ 1341 Aus dem knappen Sachverhalt wird hingegen nicht deutlich, inwiefern der Geschäftsführer tatsächlich nicht in der Lage war, den Pflichten nicht nachzukommen. Selbst wenn der kurze Satz eine allgemeine Aussage darüber enthalten sollte, 1342 dass die Wahrnehmung der Geschäftsführerpflichten aus dem Ausland schwierig ist, wird man diese Aussage heutzutage nicht mehr stehen lassen können. Die Pflichten, die auf Grund ihrer Höchstpersönlichkeit nicht delegierbar sind, sind schließlich keine Inlandspflichten und sind durch die modernen Kommunikationsmittel vom Ausland erfüllbar; 1343 auch wenn ein Erscheinen vor Ort im Einzelfall einmal geboten sein kann. 1344 Die Insolvenzantragspflicht trifft jeden Geschäftsführer persönlich. 1345 Warum dieser Pflicht aber nur aus dem Inland nachgekommen werden kann, leuchtet nicht ein. 1346 Der Geschäftsführer muss Untersagung der Erwerbstätigkeit als weiterer Geschäftsführer); LG Magdeburg, NotBZ 2004, 362 (Bestellung eines Nicht-EU-Ausländers zum Geschäftsführer). Zugeständnisse in diese Richtung trotz der gegenteiligen Auffassung beim LG Köln, GmbHR 1983, 48; a. A. LG Duisburg, Rpfleger 2002, 366, 367 (Bestellung eines EG-Ausländers zum Geschäftsführer); OLG Zweibrücken, NZG 2001, 857 (Bestellung eines in Rumänien lebenden rumänischen Staatsbürgers zum Geschäftsführer). 1339 Lewinksy, DanzJM 1925, 94. 1340 OLG Frankfurt a. M., NJW 1977, 1595 (Spanischer Staatsbürger, der Aufenthaltserlaubnis nur für die Aufnahme einer Arbeit besaß, als alleiniger Geschäftsführer) und OLG Düsseldorf, DB 1977, 1840 (Südkoreaner mit Wohnsitz in Amsterdam, aber ohne Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik als weiterer Geschäftsführer). 1341 BGH, NJW 1981, 2125, 2126. 1342 So offenbar die Interpretation von OLG Hamm, ZIP 1999, 1919, 1921 (Bestellung einer in Moskau lebenden Russin zur Geschäftsführerin trotz fehlender Aufenthaltsgenehmigung zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit). 1343 Neelmeier / Huth, GmbHR 2005, 1409, 1412. 1344 Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 14a. 1345 Allgemeine Meinung, siehe etwa Michalski / Nerlich, GmbHG, § 64 Rn. 13. 1346 Wachter, RIW 2001, 786, 787; ders., NotBZ 2001, 233, 237.

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schließlich nicht vor dem Amtsgericht persönlich erscheinen, um den Antrag zu stellen. Berücksichtig man die Entwicklung hin zu einem zunehmend digitalen Postverkehr mit Gerichten, wird eine Wahrnehmung der Pflicht aus dem Ausland sogar noch einfacher. 1347 Auch die zuvor ausführlich erörterte Versicherungspflicht der Geschäftsführer ist zwar eine höchstpersönliche Pflicht, muss aber nicht im Inland erfüllt werden. Die Belehrung eines ausländischen Notars soll bislang schon ausreichen 1348 und wird mit dem MoMiG ausdrücklich ermöglicht. Der Gesetzgeber möchte eine Einreise des Geschäftsführers (wenigstens für die Belehrung) nicht zu erzwingen. 1349 Die Formvorschriften des § 12 HGB für die Anmeldung zum Handelsregister werden durch eine Beglaubigung eines ausländischen Notars erfüllt. 1350 Das Auskunfts- und Einsichtsrecht nach § 51a Abs. 1 GmbHG ist dagegen ein Anspruch der sich – trotz des Wortlauts – gegen die Gesellschaft richtet und nur durch die Geschäftsführer erfüllt werden muss. 1351 Diese Pflicht ist indessen delegierbar und keine höchstpersönliche Pflicht. 1352 b) Auskunfts- und Mitwirkungspflichten vor Behörden und Gerichten Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Geschäftsführers vor Behörden und Gerichten (§§ 97, 98 InsO) zwingen ebenfalls nicht dazu, nicht-privilegierte Ausländer von der Geschäftsleitung auszuschließen. 1353 Das Gericht kann von einem persönlichen Erscheinen des Ausländers gemäß § 10 InsO Abstand nehmen und einen Vertreter hören. Die Auskunftspflicht ist demnach nicht zwingend persönlich wahrzunehmen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich der Staat widersprüchlich verhalten würde, wenn er das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers anordnet, die Einreise in die Bundesrepublik aber verweigert wird. 1354 Noch unklar ist, ob nach dem neuen Ausländerrecht in den Fällen eines Erscheinens vor Ge1347

Vgl. auch Wachter, GmbHR 2003, 538, 541. Siehe 2. Teil: H.II.4. 1349 BT-Drs. 16/6140, S. 35. 1350 Staub / Hüffer, HGB, § 12 Rn. 31. 1351 Dies ist allgemeine Meinung, BGHZ 135, 48, 51; Scholz 9 / K. Schmidt, GmbHG, § 51a Rn. 16 m.w. N. 1352 Offenbar allgemeine Meinung, Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 51a Rn. 5; Scholz 9 / K. Schmidt, GmbHG, § 51a Rn. 16; Baumbach / A. Hueck 18 / Zöllner, GmbHG, § 51a Rn. 9. 1353 Neelmeier / Huth, GmbHR 2005, 1409, 1413; GroßkommGmbHG / Ulmer, § 6 Rn. 16; a. A. Haase, GmbHR 1999, 1091, 1092; OLG Hamm, ZIP 1999, 1919, 1921 (Bestellung einer in Moskau lebenden Russin zur Geschäftsführerin trotz fehlender Aufenthaltsgenehmigung zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit); MünchKommAktG / Hefermehl / Spindler, § 76 Rn. 87. 1354 Wachter, NotBZ 2001, 233, 238; vgl. auch Rawert, EWiR 1999, 461, 462. 1348

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richt nicht wenigstens eine Betretenserlaubnis erlassen werden kann, so dass die Einreise zum Termin möglich ist. 1355 Schließlich ist das persönliche Erscheinen auch bei einem Geschäftsführer mit Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat nicht sichergestellt und erzwingbar, weshalb eine Einreisemöglichkeit nicht gefordert werden kann. 1356 c) Untauglichkeit des Kriteriums der Einreisemöglichkeit Das Abstellen auf die Einreisemöglichkeit eines Geschäftsführers stellt sich auch des Weiteren als untauglich dar. Das Kriterium, dass „Aufenthaltsgenehmigungen für Bürger seines Landes nach der Praxis der Ausländerbehörden restriktiv erteilt werden“, ist äußerst vage und kann kaum vom Registergericht beurteilt werden. 1357 Wer stellt fest, dass Visa restriktiv erteilt werden? Ab wann ist dies der Fall? In der Konsequenz führt das Kriterium darüber hinaus dazu, dass dann, wenn die Ausländerbehörden ihre Visapraxis (!) ändern, jemand automatisch sein Amt verliert. Rechtssicherheit sieht anders aus. Diese Rechtsunsicherheit wiegt umso schwerer, als der designierte Geschäftsführer keine behördliche Bescheinigung beibringen kann, welche Auskunft über die jederzeitige Einreisemöglichkeit gibt. Der Geschäftsführer wäre gezwungen, einen Aufenthaltstitel zu beantragen. 1358 Zudem soll über die Einreisemöglichkeit nur abgesichert werden, dass jemand die Möglichkeit hat, im Inland seine Pflichten zu erfüllen. 1359 Hat er dies aber von vorneherein gar nicht vor, dann hilft auch den Vertretern, die ausländische Geschäftsführer nicht zulassen, nur § 138 BGB weiter. Dann schließt sich aber die Frage an, warum nicht direkt eine Lösung über § 138 BGB gesucht wird. Denn schließlich sollen alle die Personen nicht zur Geschäftsleitung zugelassen werden, die ihren Pflichten nicht nachkommen wollen; und das können auch Deutsche, EU-Bürger und privilegierte Ausländer sein. 1360 Eine Anknüpfung an die Einreisemöglichkeit wird hier keine ausreichende Grundlage bieten können. Daneben stellt sich die Frage, ob die pauschale Einordnung in EU-Bürger, privilegierte 1355 Vgl. § 11 Abs. 2 AufenthG; nach den vorläufigen Anwendungshinweisen zum AufenthG Nr. 11.2.2. (abgedruckt bei Renner, Ausländerrecht) ist bei visapflichtigen Personen aber ein Visum erforderlich ist, so dass die Betretenserlaubnis die Einreise nicht sicherstellt; dagegen aber Renner, Ausländerrecht, § 11 AufenthG Rn. 14. 1356 Wachter, NotBZ 2001, 233, 238; LG Hildesheim, GmbHR 1995, 655, 656 (Russischer Staatsangehöriger mit Visum für Gesamtaufenthalt von drei Monaten und Untersagung der Erwerbstätigkeit als weiterer Geschäftsführer). 1357 Wachter, ZIP 1999, 1577, 1579 f.; Lutter / Hommelhoff 16 / Hommelhoff / Kleindiek, GmbHG, § 6 Rn. 14a. 1358 Neelmeier / Huth, GmbHR 2005, 1409, 1413, 1414; OLG Frankfurt am Main, BB 2001, 852, 854 (zum alten Ausländerrecht). 1359 Vgl. Mankowski, EWiR 2001, 831, 832. 1360 Vgl. Krafka / Willer, Registerrecht, Rn. 958.

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und nicht-privilegierte Ausländer so überhaupt haltbar ist. Was ist in dem Fall, in dem ein EU-Bürger oder ein privilegierter Ausländer ausnahmsweise nicht einreisen darf? Hier müsste man konsequenterweise auch diese Personen von der Geschäftsleitung ausschließen. Auch eine sachliche Rechtfertigung dafür, die Einreisemöglichkeit zum entscheidenden Kriterium zu erheben, ist nicht ersichtlich. Offenbar soll es darum gehen, dass die nicht-privilegierten Ausländer eine hohe abstrakte Gefahr für Dritte bieten, ihren Pflichten nicht nachzukommen. Hirte verweist dazu auf Erfahrungen, die zeigten, dass ausländische Geschäftsführer, die zivil- und strafrechtlich schlecht zur Verantwortung zu ziehen sind, mit ausländischem Wohnsitz häufig im Vorfeld masseloser Insolvenzen bestellt werden. 1361 Die Erfahrungen, die Hirte zitiert, sind aber nicht aufgeschlüsselt nach verschiedenen Ausländergruppen. Sind es tatsächlich nur / allein nicht-privilegierte Ausländer, die bestellt werden? Dies wird eher unwahrscheinlich sein. 1362 So berichten etwa Hirte und Seibert, dass in Bestattungsfällen häufig Geschäftsführer mit Wohnsitz in Spanien bestellt werden. 1363 d) Praktische Probleme Es wird tatsächlich schwieriger sein, Sanktionen gegen Geschäftsführer mit einem Wohnsitz im Ausland zu erzwingen 1364 oder im Ausland dem Geschäftsführer Dokumente zuzustellen. Aber dies kann kein Grund sein, solche Geschäftsführer überhaupt nicht zuzulassen, denn die Möglichkeit, Ordnungsstrafen zu verhängen, bleibt bestehen. 1365 Im Übrigen würden diese praktischen Schwierigkeiten nicht dafür sprechen, an die Einreisemöglichkeit anzuknüpfen. Es müsste eher auf die Schwierigkeiten bei der Rechtsverfolgung abgestellt werden. Dritte können an Hand der im Handelsregister eingetragenen Anschrift des Geschäftsführers erkennen, dass dieser im Ausland sitzt, § 43 Nr. 4 HRV, 1366 und können geeignete 1361

Kapitalgesellschaftsrecht, 3.12. Zweifel an einer empirischen Grundlage auch bei Erdmann, NZG 2002, 503, 507 und Melchior, DB 1997, 413, 415. 1363 Hirte, ZInsO 2003, 833, 834; Seibert, in: FS Röhricht, S. 585, 595. 1364 Dies veranlasste bereits das OG Danzig, DanzJM 1925, 94, aus dem Aufsichtsrechts des Registergerichts ein Wohnsitzerfordernis für Geschäftsführer herzuleiten. Mit einer ähnlichen Begründung auch das Handelsgericht zu Innsbruck, siehe Gauß, JW 1916, 821, 822. 1365 So schon das OLG Innsbruck bei Gauß, JW 1916, 821, 822, und Lewinsky, DanzJM 1925, 94, in seiner ablehnenden Anmerkung zum Beschluss des OG Danzig. Vgl. auch OLG Dresden, GmbHR 2003, 537, 538 (Bestellung eines Russen zum Geschäftsführer). 1366 LG Hildesheim, GmbHR 1995, 655, 656 (Russischer Staatsangehöriger mit Visum für Gesamtaufenthalt von drei Monaten und Untersagung der Erwerbstätigkeit als weiterer Geschäftsführer); Wachter, NZG 2001, 858, 859. 1362

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Gegenmaßnahmen ergreifen. Außerdem ist die Einsicht in das Handelsregister durch das EHUG und die elektronische Führung des Handelsregisters für einen Dritten erheblich vereinfacht worden. Zudem führt gerade das Abstellen auf die Einreisemöglichkeiten zu beträchtlicher Rechtsunsicherheit, da das Amt jederzeit von selbst erlöschen kann. 1367 e) § 138 Abs. 1 BGB Eine Bestellung kann allenfalls dann wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein, wenn jemand bestellt werden soll, bei dem vorhersehbar ist, dass er (dauerhaft) seinen Pflichten nicht nachkommen will. 1368 Diese Sittenwidrigkeit resultiert indessen nicht aus einer fehlenden Einreisemöglichkeit und beschränkt sich nicht auf nicht-privilegierte Ausländer. Die Bestellung Deutscher, EU-Bürger und auch privilegierter Ausländer ist aus den gleichen Gründen unwirksam. Man könnte darüber nachdenken, eine Bestellung auch dann für unwirksam zu halten, wenn jemandem die Einreise wegen bestimmter Straftaten untersagt wird. 1369 Dann kann es jedoch nur darum gehen, inwieweit man aus den Straftaten darauf Rückschlüsse ziehen kann, dass der Betroffene seine Pflichten nicht erfüllen wird. f) Verfassungsrechtliche Aspekte Nähme man die Einreisemöglichkeit für nicht-privilegierte Ausländer als taugliches Kriterium für eine Habilität an, stünden jedenfalls keine verfassungsrechtlichen Aspekte entgegen. 1370 Einschlägig ist zwar nur die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, da die Berufsfreiheit nicht für Ausländer gilt. Die Anknüpfung wäre aber verhältnismäßig. Die Unwirksamkeit der Bestellung ist geeignet, zu verhindern, dass Personen zu Geschäftsführern werden, die nicht ihren Pflichten nachkommen und dadurch Dritte gefährden. An der Eignung würde es nur fehlen, wenn Rechtsfolge allein wäre, den Ausländer nicht ins Handelsregister einzutragen. Denn dann könnte dieser rechtswirksam am Rechtsverkehr teilnehmen. Die Anknüpfung wäre für die Vertreter dieser Ansicht auch erforderlich und angemessen, wobei die Prognose, dass nicht-privilegierte Ausländer ihren Pflichten nicht nachkommen werden, immer wieder auf ihren empirischen Gehalt zu untersuchen wäre. 1371 1367 Vgl. Neelmeier / Huth, GmbHR 2005, 1409, 1413; Wachter, RIW 2001, 786, 787; OLG Dresden, GmbHR 2003, 537 (Bestellung eines Russen zum Geschäftsführer). 1368 Im Ergebnis ebenfalls nur in Ausnahmefällen für § 138 BGB B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 117 f. 1369 Krafka / Willer, Registerrecht, Rn. 958. 1370 A. A. Melchior, DB 1997, 413, 414 f. im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG, ohne dafür eine tragfähige Begründung zu liefern.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wäre genüge getan, denn die unterschiedlichen Einreisemöglichkeiten wären ein Merkmal, das die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde. 1372 g) Prüfung durch das Registergericht Hinsichtlich der Prüfungskompetenz des Registergerichts ist auf die früheren Ausführungen zu verweisen, wonach nur in den Fällen der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB eine Berücksichtigung ausländerrechtlicher Bestimmungen möglich ist. 1373 h) Ergebnis Die Interessenlagen von § 6 Abs. 2 GmbHG und bei einem Geschäftsführer ohne jederzeitige Einreisemöglichkeit sind nicht vergleichbar. Letzteres ist kein Ausschlussgrund für das Amt des Geschäftsführers. § 138 Abs. 1 BGB steht nur dann einer Bestellung entgegen, wenn – unabhängig von der Einreisemöglichkeit – klar ist, dass der zu Bestellende seinen Pflichten nicht nachkommen wird. 4. Ausländischer Geschäftsführer mit ausländischem Wohnort als Sitzverlegung der GmbH Bislang stellte sich das Problem, ob eine Geschäftsleitung aus dem Ausland unter Umständen eine Verlegung des Gesellschaftssitzes ins Ausland bedeutete, 1374 was nach herrschender Meinung eine Zwangsauflösung der Gesellschaft auf Grund 1371

Und nach der hier vertretenen Ansicht auch keine Grundlage besitzt. Sofern man diese Unterscheidung dem Grunde nach akzeptierte. Zu Art. 3 GG OLG Köln, GmbHR 1999, 182, 183; NZG 1999, 269 (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin, die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte) sowie OLG Celle, NZG 2007, 634, 635 (Bestellung eines russischen Staatsangehörigen). 1373 Ginge man davon aus, dass die Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers mit ausländischem Wohnsitz und fehlender Einreisemöglichkeit unwirksam ist, muss es außer Frage stehen, dass das Registergericht die ausländerrechtlichen Umstände zu prüfen hat. Denn dann steht der Eintragung die gesellschaftsrechtliche Unwirksamkeit des Bestellungsakts aus ausländerrechtlichen Gesichtspunkten entgegen. Und dies darf und muss das Registergericht, insbesondere bei der Gründung, § 9c GmbHG, prüfen. Konsequent daher die Vertreter der Gegenansicht, soweit eine Prüfungspflicht angenommen wird, siehe etwa Haase, GmbHR 1999, 1091, 1092. 1374 Vgl. nur OLG Köln, GmbHR 1999, 182, 184; NZG 1999, 269 (jeweils Bestellung einer Weißrussin mit ständigem Aufenthalt in Weißrussland zur alleinigen Geschäftsführerin, die Nachweis der ausländerrechtlichen Voraussetzungen für jederzeitige Einreise erbringen sollte); LG Rostock, NJW-RR 2004, 398, 399 (Bestellung eines chinesischen Staatsbürgers zum Geschäftsführer); Teichmann, IPrax 2000, 110 f. Siehe auch bereits das OG Danzig, DanzJM 1930, 11 (nach der damals herrschenden Meinung kam es für die Frage der Sitz1372

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des deutschen materiellen Gesellschaftsrechts 1375 zur Folge hatte. 1376 Neuere Ansätze dagegen unterscheiden an Hand des Kollisionsrechts des Zuzugsstaates, ob eine Auflösung nach Gesichtspunkten des materiellen deutschen Gesellschaftsrechts überhaupt geboten ist. 1377 Folge der Zuzugsstaat der Gründungstheorie, sei weiterhin deutsches GmbH-Recht anwendbar und den Gläubigern entstehe kein Nachteil, folge der Zuzugsstaat der Sitztheorie bleibe es dagegen bei der Auflösung der Gesellschaft. 1378 Teilweise wird im Gefolge der Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Centros, 1379 Überseering, 1380 Inspire Art 1381 eine Zwangsauflösung auch für europarechtswidrig gehalten. 1382 Welchen dieser Ansichten zu folgen ist, ist für den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit nicht bedeutsam, weshalb auf eine weitere Erörterung verzichtet werden soll. Denn das MoMiG sorgt für neue Klarheit. Der Gesetzgeber ändert nämlich § 4a Abs. 1 GmbHG und schafft Abs. 2 ab. 1383 Damit muss nur noch der Satzungssitz einer GmbH in Deutschland liegen, so dass dem Verwaltungssitz keine Bedeutung mehr zukommt. Der bislang herrschenden Meinung, eine Ver-

verlegung auf den Satzungssitz an). Kritisch angesichts der neuen EuGH-Rechtsprechung B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 118 f. Zum umgekehrten Fall der Verlegung des Verwaltungssitzes nach Deutschland durch die Bestellung eines Geschäftsführer, der seinen Wohnsitz in Deutschland hatte, jüngst OLG Hamburg, NZG 2007, 597 ff. 1375 Die Auflösung hat nichts mit der Frage des Kollisionsrechts zu tun. Die Auflösung ist eine Frage des materiellen deutschen Gesellschaftsrechts, deutlich zu dieser Trennung BayObLG, NJW-RR 2004, 836, 837; GroßkommGmbHG / Behrens, Einl. B Rn. B 114 ff. Unzutreffend daher etwa die Ausführungen von Wachter, MittBayNot 1999, 534, 538; ders., GmbHR 2003, 538, 542; Singer, ZAP 2003, Fach 15, 457, 458. 1376 Bestandsaufnahme und weitere Nachweise bei MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 503. Darüber hinaus käme auch eine Amtslöschung wegen Verstoßes gegen § 4a Abs. 2 GmbHG in Betracht, siehe dazu Haase / Torwegge, DZWIR 2006, 57, 60 f. Erdmann, NZG 2002, 503, 507, hält schon nach bisherigem Sachrecht eine Geschäftsleitung aus dem Ausland für irrelevant. 1377 MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 504 f.; Michalski / Leible, GmbHG, Syst. Darst. 2 Rn. 131 f. m.w. N. 1378 Folgt der Zuzugsstaat der Sitztheorie würde die Gesellschaft aber auch nach dem nationalen Recht des Zuzugsstaates in aller Regel als rechtsunwirksam behandelt werden, da die nationalen Gründungsvorschriften nicht erfüllt sein werden, MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 499. 1379 EuGH, Rs. C-212/97, Centros ltd., Slg. 1999, I-1459. 1380 EuGH Plenum, Rs. C-208/00, Überseering BV, Slg. 2002, I-9919. 1381 EuGH, Rs. C-167/01, Inspire Art ltd., Slg. 2003, I-10155. 1382 Siehe W.-H Roth, in: Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, S. 379, 384 ff. und zuletzt die Schlußanträge des Generalanwalts Maduro in der Sache Cartesio, EuGH, Schlussanträge vom 22. 5. 2008 – Rs. C-210/06, Cartesio, ZIP 2008, 1067, 1069 ff. Für Europarechtswidrigkeit des für sie für eine Löschung allein maßgeblichen § 4a Abs. 2 GmbHG Haase / Torwegge, DZWIR 2006, 57, 61 ff. 1383 RefE MoMiG, S. 1, 37; BT-Drs. 16/6140, S. 5, 29.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

legung des Verwaltungssitzes ins Ausland ziehe eine Auflösung nach sich, wird damit der Boden entzogen. 5. Zulässigkeit eines ausländischen Geschäftsführers nach dem MoMiG Die soeben erwähnte Änderung des § 4a GmbHG ist für das Problem der Habilität eines ausländischen Geschäftsführers zu berücksichtigen. Das MoMiG spricht sich implizit für die hier vertretene Auffassung aus, dass ausländische Geschäftsführer uneingeschränkt zuzulassen sind. Eine Verwaltung der GmbH im und aus dem Ausland wird durch das MoMiG ermöglicht. Mit dieser Möglichkeit verträgt es sich aber nur schwer, wenn weiterhin die Einreisemöglichkeit eines ausländischen Geschäftsführers verlangt würde. Eine GmbH kann ihre gesamte Geschäftstätigkeit im Ausland abwickeln und wird dazu häufig einen ausländischen Geschäftsführer mit Aufenthalt im Land der Geschäftstätigkeit bestellen. In diesem Fall kann man die Einreisemöglichkeit nach Deutschland nicht mehr mit dem Argument fordern, den Pflichten eines Geschäftsführers müsse vor Ort nachgekommen werden. Denn dies geschieht ja gerade. Man müsste sich vielmehr überlegen, ob nicht die Einreisemöglichkeit in das Land der Geschäftstätigkeit der GmbH relevant wird. Aber dann hätte ein deutsches Registergericht über die Visapraxis eines anderen Landes (!) zu entscheiden. Erneut wird deutlich, wie untauglich dass Merkmal der Einreisemöglichkeit ist. Die GmbH soll im Übrigen mit dem MoMiG und der Streichung von § 4a Abs. 2 GmbHG mobiler und attraktiver werden. 1384 Es widerspräche gerade diesem Ziel, wenn man die Mobilität dadurch einschränkte, dass bestimmte ausländische Personen nicht habil sein sollen und die GmbH – jedenfalls nicht durch die Bestellung eines „heimischen“ Geschäftsführers – in ein anderes Land exportiert werden kann. 6. Zusammenfassung Die Einreisemöglichkeit ist kein Habilitätsgrund. Dieser Befund wird durch das MoMiG klargestellt. § 138 Abs. 1 BGB steht einer Bestellung nur dann entgegen, wenn jemand vorhersehbar und dauerhaft die Geschäftsführerpflichten nicht erfüllen will. Eine Geschäftsleitung aus dem Ausland ist eine (Verwaltungs)Sitzverlegung der Gesellschaft. Diese führt nach den Änderungen durch das MoMiG nicht mehr zur Zwangsauflösung.

1384

Vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 29.

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG

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V. Reform: Kein gesetzlicher Ausschluss von Ausländern Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen tragen den Ausschluss von Ausländern, denen die Erwerbstätigkeit untersagt ist oder die nicht jederzeit einreisen können, von der Geschäftsleitung nicht. Insbesondere ergibt sich nicht, dass die Geschäftsführerpflichten die Anwesenheit oder eine Einreisemöglichkeit in die Bundesrepublik fordern. An diesem Befund sollte der Gesetzgeber derzeit nichts ändern. 1385 Ausländerrecht und Gesellschaftsrecht sind Rechtsgebiete, die, was die Bestellung und die Tätigkeit eines Geschäftsführers anbelangen, grundsätzlich zu trennen sind. 1386 Das Gesellschaftsrecht hat sich mit der persönlichen Eignung eines Geschäftsführers auseinanderzusetzen, nicht auf zuwanderungspolitische Motive Rücksicht zu nehmen. Ausländer sind genauso gut in der Lage und im Stande, einen seriösen Betrieb der Gesellschaft sicherzustellen, wie jeder Deutsche auch. Richtig ist zwar, dass diejenigen Personen von der Geschäftsleitung auszuschließen sind, die vorhersehbar ihren Pflichten nicht nachkommen werden. Solange aber keine empirischen Nachweise vorliegen, die eine Anknüpfung an das Kriterium der Einreisemöglichkeit bei nicht-privilegierten Ausländern fordern, da diese in aller Regel nicht ihren Pflichten nachkommen, kann und darf die Einreisemöglichkeit nicht zu einem Habilitätsmerkmal erhoben werden.

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG Aktuelle Probleme im GmbH-Recht sind die so genannten Firmenbestattungsfälle und ausländische Zweigniederlassungen, die ihren unternehmerischen Schwerpunkt in Deutschland haben. 1387 Beide Problemkreise weisen ihre Berührungspunkte mit der Inhabilität gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG auf. Im Rahmen von Firmenbestattungen werden häufig Straftaten begangen, die zur Inhabilität führen können, oder es werden vermögenslose Personen zum Geschäftsführer bestellt, deren Habilität man in Frage stellen kann. Im Rahmen ausländischer Zweigniederlassungen häufen sich in der letzten Zeit die Fälle, in denen Personen, die in Deutschland inhabil sind, eine ltd. gründen und mittels dieser in Deutschland wieder als Geschäftsleiter tätig sind. Ob eine solche Gestaltung rechtlich möglich ist, ist umstritten. Schließlich kann sich auch das umgekehrte Problem stellen, dass eine in anderen Ländern inhabile Person in Deutschland zum Geschäftsführer bestellt werden soll. Ob dies zuzulassen ist, ist fraglich. Diesen Problemen soll im Folgenden nachgegangen werden. 1385

So auch B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 106 ff., 118 ff. Ebenfalls B. Schmitz, Der geeignete Geschäftsführer, S. 107. 1387 Dabei handelt es sich im Grunde nur um die englische limited, Wachter, GmbHR 2005, 717, 718 f. 1386

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

I. Firmenbestattungsfälle 1. Problem Ein besonderes Phänomen der aktuellen GmbH-Praxis sind so genannte „Firmenbestattungen“. 1388 Hintergrund dieser Fälle ist der folgende, in Details variierende, Sachverhalt: 1389 Die Gesellschafter 1390 einer bereits insolventen Gesellschaft verkaufen alle ihre Gesellschaftsanteile an neue Gesellschafter, die ihnen ein gewerblicher „Bestattungsunternehmer“ vermittelt hat. Diese neuen Gesellschafter (und Geschäftsführer) 1391 sind in aller Regel vermögenslos und gegen ein geringes Entgelt bereit, die Anteile zu übernehmen. 1392 Im Anschluss wird der Sitz der Gesellschaft verlegt. Diese Anteilsübertragungen wiederholen sich einige Male. Am Ende der Vorgänge sind dann alle Unterlagen und Vermögenswerte der Gesellschaft verschwunden. Der ursprüngliche Geschäftsführer entlastet sich damit, dass er durch ein – sehr vages und pauschales – Übergabeprotokoll und die Unterschrift des neuen Geschäftsführers nachweisen kann, dass er alle notwendigen Unterlagen übergeben hat. Der neue Geschäftsführer verschwindet mit unbekanntem Wohnsitz, so dass keine Informationen über den Vermögensstatus bei der Anteilsübertragung zu erhalten sind. Am Ende der Übertragungskette stellt der gerade erst bestellte Geschäftsführer einen Insolvenzantrag mit dem Ziel, eine Abweisung mangels Masse zu erreichen. Da die Geschäftsunterlagen fehlen, ist im Rahmen des Insolvenzantragsverfahrens eine Aufklärung der Geschehnisse und Verhältnisse nicht 1388 Es gibt verschiedene Arten der „Firmenbestattung“, die nicht alle auf ein strafwürdiges Verhalten gerichtet sind, siehe Goltz / Klose, NZI 2000, 108, 109. Wenn hier von „Firmenbestattung“ gesprochen wird, dann soll es nur um die missbräuchlichen Verfahren gehen. Zur Bekämpfung dieses Phänomens siehe die Pressemeldung der Staatsanwaltschaft und Polizei Berlin „Haftbefehl gegen Firmenbestatter – Bundesweit 21 Durchsuchungen“ vom 29. August 2007. 1389 Die folgende Zusammenfassung ist eine gekürzte Fassung der Schilderungen von Hirte, ZInsO 2003, 833, 834; dort auch zu den weiteren Konstellation und Varianten der Bestattung. Siehe auch ausführlich Bittmann / Gerloff, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 1 – 44, sowie die Schilderung eines Großverfahrens gegen Firmenbestatter, Pressemeldung der Staatsanwaltschaft und Polizei Berlin „Haftbefehl gegen Firmenbestatter – Bundesweit 21 Durchsuchungen“ vom 29. August 2007. 1390 Einer der Gesellschafter ist in aller Regel Geschäftsführer. 1391 Seibert, in: FS Röhricht, S. 585, 590, berichtet, dass es sich „zum Teil um Angehörige sozialer Randgruppen (handele), die nichts mehr zu verlieren haben, um Arbeitslose, arbeitslose Ausländer, Sozialhilfeempfänger, Drogenabhängige.“ Siehe auch den Sachverhalt des LG Potsdam, wistra 2005, 193, wo ein arbeitsloser Maurer, über dessen Vermögen ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden war, mehrere Gesellschaften leitete und deren einziger Gesellschafter war. 1392 Zumeist „besitzen“ diese Personen eine Vielzahl von Gesellschaften und Geschäftsführerämter, Seibert, in: FS Röhricht, S. 585, 590. Vgl. erneut LG Potsdam, wistra 2005, 193.

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möglich. Der aktuelle Geschäftsführer hat – formal – kein Gesetz verletzt, so dass es keinen durchsetzbaren Anspruch gibt. Bankrottdelikte werden zumeist nicht angeklagt, sind aber auch nur unter großem Aufwand nachweisbar. Im Ergebnis wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet. Ziel dieser Bestattung der GmbH ist es „, dass der Veräußerer ... die GmbH ohne Konkurs rechtzeitig los wird, keinen Fleck auf der weißen Weste hat, seine Fähigkeit zur Bekleidung des Geschäftsführeramtes nicht verliert und gegebenenfalls mit identischen Geschäftsgegenstand, Kundenstamm, Aufträgen und Betriebsmitteln und neuer GmbH mit derselben oder leicht veränderter Firma wieder starten kann.“ 1393 a) Inhabilität des Altgeschäftsführers Die alten Geschäftsführer haben in aller Regel bereits bei der Anteilsübertragung eine Insolvenzverschleppung begangen, welche aber bislang nicht zur Inhabilität führt und deren Verfolgung durch die Abtretungskonstruktion erschwert wird. 1394 Daneben ist eine ganze Reihe von weiteren Straftaten möglich, welche ebenfalls sämtlich nicht inhabilitätsauslösend sind. 1395 Eine Verurteilung wegen §§ 283 ff. StGB, die eine Amtsunfähigkeit auslösen würde, unterliegt dagegen bekanntlich durch die Interessentheorie einigen Einschränkungen; 1396 ein Amtsausschluss ist danach eher unwahrscheinlich. 1397 Bittmann berichtet, dass in der Praxis der Altgeschäftsführer bestenfalls wegen § 266a StGB und seltener wegen Insolvenzverschleppung verurteilt werde. 1398 Die Rechtsprechung versucht sich in Bestattungsfällen mittlerweile damit zu helfen, dass sie die im Zusammenhang mit der Bestattung stehenden Anteilsübertragungen, Satzungsänderungen und Geschäftsführerwechsel für sittenwidrig hält. 1399 Danach träfen die alten Geschäftsführer weiterhin alle Pflichten. 1400 Dies erhöht die Chancen, eine Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung zu erreichen, 1393

Seibert, in: FS Röhricht, S. 585, 591 (Hervorhebung vom Verfasser). Vgl. Goltz / Klose, NZI 2000, 108, 110; Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 88 Rn. 25. 1395 Siehe etwa LG Potsdam, wistra 2005, 193 ff.; Hey / Regel, GmbHR 2000, 115, 120 ff. 1396 Siehe bereits oben 2. Teil: D.II.7.a); kritisch in diesem Zusammenhang Hey / Regel, GmbHR 2000, 115, 121 f. Ogiermann, wistra 2000, 250, 251 hält die Delikte daher sogar insgesamt für nicht anwendbar. 1397 Gleiches Fazit bei Goltz / Klose, NZI 2000, 108. 1398 GmbHR 2007, 70, 71. 1399 AG Memmingen, MittBayNot 2004, 292 ff. (§ 138 BGB); LG Potsdam, wistra 2005, 193, 195 f. (§ 241 Nr. 4 AktG analog); offengelassen von BGH, NJW 2003, 3787, 3789 (Strafsenat); Tendenz zum Rechtsmissbrauch in Bezug auf eine Zuständigkeitserschleichung aber bei BGH, NJW 2006, 847 f. (Zivilsenat). Zustimmend zur Nichtigkeit Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 88 Rn. 26; Bittmann, GmbHR 1394

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

nicht aber zwingend die, wegen eines Insolvenzdeliktes verurteilt zu werden. 1401 Hält man dagegen mit einer Gegenansicht den Geschäftsführerwechsel bzw. die Amtsniederlegung für wirksam, 1402 so wäre der alte Geschäftsführer strafrechtlich nur für die Delikte fassbar, die er vor der dem Wechsel bereits begangen hat. Beide Ansichten ändern somit wenig an der „weißen Weste“ der Altgeschäftsführer und ihrer Fähigkeit, Organ zu werden. b) Inhabilität der Neugeschäftsführer Die Berührungspunkte mit der Inhabilität beschränken sich aber nicht allein auf die Person der alten Geschäftsführer, die eine Amtsunfähigkeit vermeiden möchten. Auch die neuen Geschäftsführer stehen im Blickpunkt. Inhabilitätsauslösende Verurteilungen, Berufsverbote oder Gewerbeuntersagungen sind bisher wegen der engen Voraussetzungen eher selten; 1403 es drohen zwar eine ganze Reihe anderer strafrechtlicher Verurteilungen, 1404 insbesondere wegen Insolvenzverschleppung, aber die Gefahr einer Verurteilung scheint nicht so hoch zu sein. Denn die Firmenbestatter können offenbar auf ein breites Spektrum an willigen Personen zurückgreifen, die gegen eine kleine Vergütung an diesem Spiel teilhaben. Hält man die Geschäftsführerwechsel für wirksam, bleibt es bei diesem Bild. Geht man dagegen mit der Rechtsprechung davon aus, dass die Beschlüsse über den Geschäftsführerwechsel nichtig sind, kann der neue Geschäftsführer nur als faktischer Geschäftsführer strafbar sein. Die Täterqualität bereitet dabei bereits Probleme, 1405 noch schwieriger wird der Nachweis der Insolvenzverschleppung, da der Neugeschäftsführer einen Insolvenzantrag gestellt hat. 1406 Die Insolvenzdelikte führen weiterhin selten zu einer Verurteilung. 1407 2007, 70, 71. Kritisch zur pauschalen These, jede Firmenabwicklung sei sittenwidrig Pananis / Börner, GmbHR 2006, 513, 515 ff. Die Bestellung des neuen Geschäftsführers ist nicht zwingend gemäß § 138 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt einer bloß formalen Geschäftsführerstellung nichtig [siehe dazu 2. Teil: I.IV.3.e)]. Der neue Geschäftsführer will ja (wenigstens) der Insolvenzantragspflicht nachkommen und andere Pflichten werden kaum noch zu erfüllen sein, da eine echte Geschäftstätigkeit nicht mehr bestehen wird. 1400 Kritisch BGH, NJW 2003, 3787, 3789, der eine Amtsniederlegung für möglich und zulässig hält, sofern es nicht darum geht, der Insolvenzantragspflicht auszuweichen. Selbst wenn letzteres der Fall sei, sei damit die Amtsniederlegung immer noch nicht zwingend unwirksam, da weitere vorhandene Geschäftsführer oder die Bestellung eines neuen Geschäftsführers entgegen stehen könnten, was der BGH im Ergebnis offen lässt. Zustimmend Pananis / Börner, GmbHR 2006, 513, 517. 1401 Es gilt schließlich weiterhin die Interessentheorie. 1402 Pananis / Börner, GmbHR 2006, 513, 517; offengelassen von BGH, NJW 2003, 3787, 3789. 1403 Wieder einmal sei auf die Interessentheorie hingewiesen; siehe auch Fn. 1407 (2. Teil). 1404 Siehe zu den einzelnen möglichen Straftatbeständen Bittmann / Gerloff, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 73 ff.

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2. Änderungen durch das MoMiG Das MoMiG möchte – unter anderem – diesen Bestattungsfällen einen Riegel vorschieben. Durch erleichterte Zustellungsvorschriften und eine stärkere Inpflichtnahme der Gesellschafter sollen Bestattungskonstruktionen, vor allem in der Variante der führungslosen Gesellschaften, erschwert werden. 1408 Hinzukommt, dass der Gesetzgeber die Amtsunfähigkeitsgründe um die vorsätzlichen GmbH- und AG-spezifischen sowie allgemeinen Straftatbestände erweitert. Dies erschwert den (alten und neuen) Geschäftsführern das Leben, da die vorsätzliche Insolvenzverschleppung (§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG) 1409 nun inhabilitätsauslösend ist. Der Altgeschäftsführer kann dadurch in aller Regel eher inhabil werden; auch für den Neugeschäftsführer wird es durch das MoMiG schwieriger der Inhabilität zu entgehen. Allerdings kann sich die Mindestverurteilungsgrenze von einem Jahr bei den Vermögensdelikten des StGB als hinderlich erweisen. Vermögenslose Personen könnten weiterhin als Neugeschäftsführer eingesetzt werden. 3. Auswirkungen der vorgeschlagenen Erweiterung von § 6 Abs. 2 GmbHG Versucht man die Bestattungskonstruktionen zu lösen, indem man § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG wie vorgeschlagen erweitert, vergrößert sich das Risiko für Altund Neugeschäftsführer wegen einer inhabilitätsauslösenden Straftat verurteilt zu werden. 1410 Die Maschen des Netzes werden enger, wobei die Staatsanwaltschaften 1405 Diese problemlos bejahend Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 88 Rn. 26; gegen eine faktische Geschäftsführung wegen der untergeordneten Position des Neugeschäftsführers LG Hamburg, 1. 9. 1999 – 616a KLs 7/99, Erläuterung und Kritik bei Ogiermann, wistra 2000, 250, 251; Bittmann / Gerloff, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 74 ff. 1406 Es geht dann nur noch um die rechtzeitige Antragsstellung, Pananis / Börner, GmbHR 2006, 513, 517; Goltz / Klose, NZI 2000, 108, 110 f. 1407 Die Buchführungs- und Bilanzdelikte der § 283 Abs. 1 Nr. 5 und 7 StGB sollen ausscheiden, da es an den Mitteln zu einer ordentlichen Pflichterfüllung fehlen wird, Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, § 88 Rn. 26, bzw. die Bilanzierungspflicht nach Eintritt der objektiven Strafbarkeitsbedingungen nicht mehr strafbar ist, Ogiermann, wistra 2000, 250, 251. Eine Strafbarkeit wegen Beiseiteschaffen der Unterlagen nach § 283 Abs. 1 Nr. 6 StGB wird teilweise für möglich gehalten, Müller-Gugenberger / Bieneck / Bieneck, Wirtschaftstrafrecht, § 88 Rn. 26; Hey / Regel, GmbHR 2000, 115, 123, teilweise auf Grund der Interessentheorie abgelehnt, Ogiermann, wistra 2000, 250, 251; Bittmann / Gerloff, Insolvenzstrafrecht, § 29 Rn. 63, 85. 1408 RefE MoMiG, S. 34; BT-Drs. 16/6140, S. 26. Kurze Erläuterung bei Bittmann, GmbHR 2007, 70 f. 1409 Bzw. § 15a Abs. 4 InsO nach dem MoMiG. 1410 Siehe oben 2. Teil: D.IX.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

anzuhalten sind, dieses Netz auch auszuwerfen. Die missbräuchliche Beseitigung sollte so für die Altgeschäftsführer an Reiz verlieren, das Reservoir an willigen Neugeschäftsführern würde für Firmenbestatter mit jeder Verurteilung geringer. 4. Ausschluss vermögensloser Personen Der vermehrte Einsatz vermögensloser Personen in Bestattungsfällen hat dazu geführt, dass wieder einmal Forderungen erhoben werden, diese Personen von der Geschäftsleitung auszuschließen. Diesen Forderungen ist – wie sogleich noch zu zeigen ist – hingegen nicht zu entsprechen. Hingegen kann der ebenso gleich zu erörternde Ausschlussgrund weiterhelfen, nachdem derjenige amtsunfähig sein kann, der Geschäftsführer in einer insolventen Gesellschaft war, sofern ein Gericht den Ausschluss anordnet. 5. Zusammenfassung Das MoMiG, das die inhabilitätsauslösenden Verurteilungen erweitert, ist ein Schritt in die richtige Richtung, um Bestattungsfällen entgegen zu treten. Die hier erarbeiteten Vorschläge bieten darüber hinaus eine noch effektivere Lösung.

II. Inhabilität vermögensloser Personen / Inhabilität von Personen, die an Insolvenzen beteiligt waren Gegenüber vermögenslosen Personen entfalten finanzielle Haftungsnormen keine echte Sanktionswirkung. Daher finden Firmenbestatter in den Reihen der Arbeits- und Vermögenslosen ein großes Reservoir an willigen Geschäftsleitern, die gegen geringe Vergütung in den neuen Gesellschaften tätig werden. 1411 Für Vermögenslose stellt sich infolgedessen die Frage, ob der Rechtsverkehr auf eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung vertrauen darf oder ob die abstrakte Gefahr, die von diesen Geschäftsleitern ausgeht, bereits derart groß ist, dass sie gesetzlich vom Geschäftsführeramt ausgeschlossen gehören. Die gleiche Frage lässt sich für die Geschäftsführer stellen, die bereits bei einer insolventen Gesellschaft tätig waren oder die Gesellschaft in die Insolvenz geführt haben. Hier kann man ebenso überlegen, die Gläubiger präventiv vor einem geschäftsuntüchtigen Geschäftsführer zu schützen.

1411 So zahlte ein Firmenbestatter den vermögenslosen und unqualifizierten Neu-Geschäftsführern ein Handgeld in Höhe von 500,- €, Pressemeldung der Staatsanwaltschaft und Polizei Berlin „Haftbefehl gegen Firmenbestatter – Bundesweit 21 Durchsuchungen“ vom 29. August 2007.

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1. Ausschluss vermögensloser Personen a) Entwicklung 1412 Die Idee, vermögenslose Personen vom Geschäftsführeramt auszuschließen, ist nicht neu. Bereits Crisolli wollte zu Beginn der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts auf der Grundlage des englischen Rechts Personen nur mit Genehmigung des Reichshandelsgerichts zur Geschäftsleitung zulassen, über deren Vermögen innerhalb der letzten zehn Jahre der Konkurs eröffnet oder mangels Masse abgelehnt worden war oder die während dieses Zeitraums den Offenbarungseid geleistet hatten. 1413 Ein ähnlicher Vorschlag findet sich bei Heidland, der in seinem Referat im Rahmen der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität empfahl, diejenigen von der Geschäftsleitung auszuschließen, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eingeleitet oder mangels Masse abgelehnt worden sei. 1414 Weitere Voraussetzung war, dass dabei ein kaufmännisch zu beanstandendes Verhalten festgestellt worden war. Die Sachverständigenkommission empfahl dem Gesetzgeber schließlich nach einiger Diskussion, einen Ausschlusstatbestand einzuführen, nachdem jemand für fünf Jahre nicht Geschäftsführer einer GmbH werden konnte, der in das Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, es sei denn, das Registergericht hatte auf Grund der Umstände der Eintragung keine Bedenken gegen die Bestellung. 1415 Aus verfassungsrechtlichen Gründen änderte die Sachverständigenkommission ihren ursprünglichen Vorschlag, der eine registerrechtliche Freigabe für das Amt vorsah. Nunmehr sollte der Ausschluss nur dann wirksam sein, wenn das Registergericht positiv feststellte, dass nach den Umständen, die zur Eintragung geführt hatten, schwerwiegende Bedenken gegen die Bestellung bestünden. Diese Empfehlung der Sachverständigenkommission war Gegenstand erheblicher Diskussionen im Rahmen der GmbH-Novelle. Während der Regierungsentwurf den Vorschlag gar nicht ansprach, nahm der Bundesrat die Empfehlung auf und forderte eine entsprechende Ergänzung des § 6 Abs. 3 GmbHG. 1416 Personen, die in einem Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO oder § 107 Abs. 2 KO eingetragen waren oder über deren Vermögen in den letzten fünf Jahren das Konkursverfahren eröffnet worden war, sollten nicht bestellt werden können. 1412

Siehe auch bereits 1. Teil: E.I. Crisolli, Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, S. 15 f. und ders., in: Frank, NS-Handbuch für Recht und Gesetzgebung, S. 1155, 1162 ff. 1414 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 2, S. 43. 1415 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 27 ff. 1416 BT-Drs. 8/1347, S. 64 f. 1413

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Allerdings sollte dies nicht gelten, wenn das Registergericht vor der Bestellung festgestellt hatte, dass aus den Umständen der Eintragung oder Eröffnung keine schwerwiegenden Bedenken gegen die Bestellung bestanden. Hier modifizierte der Bundesrat den Vorschlag der Sachverständigenkommission. Eine Person sollte grundsätzlich ausgeschlossen sein, es sei denn, das Registergericht hatte festgestellt, dass gerade keine schwerwiegende Bedenken bestanden. Dies entsprach dem ersten Vorschlag der Sachverständigenkommission, den diese aus verfassungsrechtlichen Gründen schlussendlich geändert hatte. Der Ausschlussgrund sollte nur für den Zeitpunkt der Bestellung gelten, da der Rechtsverkehr auf eine einmal wirksame Bestellung vertrauen sollte. 1417 Die Bundesregierung lehnte den Vorschlag des Bundesrats ab. 1418 Zwar stand die Bundesregierung dem Vorschlag in Teilen positiv gegenüber, da er sich mit der Zielsetzung der Novelle decke und angemessen ausgestaltet sei. Jedoch bemängelte die Bundesregierung, dass der Vorschlag faktisch einen potenziellen Geschäftsführer mit der Insolvenz ausschließe, da ein Freigabeverfahren wegen der Verfahrensdauer dazu führe, dass andere Personen bestellt würden. Die Verfahrensdauer und eine mangelnde Handhabbarkeit würden dadurch begünstigt, dass keine Entscheidungskriterien vorgegeben seien. Zu guter letzt hieß es, dass eine Beschränkung nur auf den Zeitpunkt der Bestellung nicht sinnvoll sei. Der Rechtsausschuss lehnte es schließlich ab, einen solchen Ausschlussgrund einzuführen. 1419 Die GmbH-Novelle verzichtet daher auf einen entsprechenden Ausschlussgrund. Auch in den gesetzlichen Beratungen über eine GmbH-Reform in den letzten Jahren findet sich der Ausschluss weder im Gesetzestext noch in den Begründungen. Angesichts der zunehmenden Missbräuche in den Firmenbestattungsfällen finden sich mittlerweile in der Literatur vereinzelt Forderungen, insolvente Personen auszuschließen. 1420 Auch der 66. Deutsche Juristentag hat eine entsprechende Forderung formuliert. 1421 b) Ausschluss vermögensloser Personen Über den Ausschluss vermögensloser Personen ist grundsätzlich nachzudenken. 1422 Ist ein wichtiger Grund notwendig, um einen Geschäftsführer abzuberufen, 1417 Dies dürfte wohl auch der Grund gewesen sein, diese Regelung nicht in Abs. 2 bei den anderen Inhabilitätsgründen einzuführen. 1418 BT-Drs. 8/1347, S. 72 f. 1419 BT-Drs. 8/3908, S. 70. 1420 Drygala, ZIP 2005, 423, 427 f; im Anschluss daran Haas, WM 2006, 1369, 1371. 1421 DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, Beschluss Nr. 9, P 290 (angenommen mit 165:5:2); entsprechende Forderungen in der Diskussion auf dem Juristentag auch von Liersch, P 184; Haas, P205; tendenziell Hirte, P204.

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so stellt die Vermögenslosigkeit bislang schon einen solchen dar. 1423 Anlass ist die Tatsache, dass Haftungsnormen für den Geschäftsführer im Außen- und Binnenrecht eine Ausgleichs- und Steuerungsfunktion haben, die dann ins Leere läuft, wenn der Betroffene offenkundig keine Mittel besitzt, um einen Schaden auszugleichen. 1424 Die Gesellschafter können sich daher vor vermögenslosen Geschäftsführern schützen, indem sie diesen abberufen. Dritte hingegen sind darauf angewiesen, dass die Gesellschafter von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Dieser Fakt wird zum einen in den Firmenbestattungsfällen missbraucht. 1425 Zivilrechtlich haben die Geschäftsführer keine Konsequenzen zu erwarten, da kein Gläubiger einen wertlosen Anspruch geltend machen wird bzw. sich einen solchen pfänden und überweisen lässt. Zum anderen ist der mangelnde Einfluss insbesondere deshalb misslich, da die Außenhaftung der Geschäftsführer (für die Steuerung) eine immer bedeutendere Rolle spielt. 1426 Dieser Tendenz 1427 sollte man dann auch dadurch Rechnung tragen, dass die Vermögenslosigkeit bei der Bestellung berücksichtigt werden sollte. Die gerade dargestellte Begründung weist bereits den Weg, den eine tatbestandliche Anknüpfung nur haben kann. Es geht nicht um einen Rückschluss aus dem Verhalten, das zur Insolvenz geführt hat, sondern aus dem Zustand der Insolvenz selbst. 1428 Entscheidend ist nicht, dass jemand durch eine private Insolvenz zu erkennen gegeben hat, dass er die Geschäfte einer GmbH nicht wirtschaftlich wird leiten können. 1429 1422 Im Grunde genommen positiv war auch die Gegenäußerung der Bundesregierung gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats. Bemängelt wurde allein, dass kein geeignetes Verfahren entworfen worden war, BT-Drs. 8/1347, S. 72. In England ist die Geschäftsleitung durch einen „undischarged bankrupt“ nicht nur eine automatische Disqualifikation, sondern stellt sogar eine Straftat dar, vgl. Sec. 11 CDDA. Dieser Ausschlussgrund ist allgemein akzeptiert, Gower / Davies, Principles of Modern Company Law, p. 223. 1423 Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist dies allgemeine Meinung, Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 48; Baumbach / A. Hueck 18 / Zöllner / Noack, GmbHG, § 38 Rn. 12. Strittig ist hingegen, ob die bloße Überschuldung schon ausreicht, dafür Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 38 Rn. 21; dagegen Michalski / Terlau / Schäfer, GmbHG, § 38 Rn. 45. 1424 Vgl. Haas, WM 2006, 1369, 1371; Liersch in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P 184. 1425 Dass es auch anders geht, zeigt BGHSt 31, 118, 120, wo jemand einen Strohgeschäftsführer wegen eines früheren Konkurses und der in diesem Zusammenhang abgegebenen eidesstattlichen Versicherung bestellen ließ. 1426 Vgl. Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 10 f.; Drygala, ZIP 2005, 423, 424. Zuletzt dazu Kiethe, WM 2007, 722 ff., inbes. 723. Gegen den Einbezug Dritter für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliegt Michalski / Terlau / Schäfer, GmbHG, § 38 Rn. 45, da eine Außenhaftung nur in Ausnahmefällen bestehe. 1427 Kritisch Scholz 9 / Schneider, GmbHG, § 43 Rn. 11. 1428 Deutlich Drygala, ZIP 2005, 423, 427. Siehe auch Haas, WM 2006, 1369, 1371; Liersch, in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P 184. 1429 So aber die früheren Vorschläge, siehe sogerade 2. Teil: J.II.1.a).

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Eine entsprechende Anknüpfung an die Vermögenslosigkeit ist grundsätzlich verfassungsrechtlich haltbar, sofern man ihre Prämisse, dass die Verhaltenssteuerung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht greift, akzeptiert. Ist diesem Grunde nach eine Anknüpfung sinnvoll, ist es dennoch schwierig, den genauen Tatbestand auszugestalten. Zunächst einmal kann es keine direkte Befristung der Inhabilität geben, denn es geht um die Vermögenslosigkeit als grundlegendes Tatbestandsmerkmal. Die Inhabilität muss demnach so lange dauern, wie der Zustand der Vermögenslosigkeit andauert. Um etwaigen verfassungsrechtlichen Problemen vorzubeugen, sollte es dem Betroffenen möglich sein, eine gerichtliche Freigabe anzustreben, wenn dies ausnahmsweise angebracht erscheint. 1430 Was den Begriff der Vermögenslosigkeit anbelangt, ist eine Definition, welche die notwendige Rechtsklarheit und -sicherheit bietet, nicht ganz einfach. Es bietet sich scheinbar an, darauf abzustellen, ob eine aktuelle Eintragung im Schuldnerverzeichnis (auf Grund einer eidesstattlichen Versicherung oder der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse) existiert oder derzeit ein Insolvenzverfahren läuft. 1431 Wird nach der siebenjährigen Wohlverhaltensperiode Restschuldbefreiung gewährt, 1432 kann die besagte Person wieder Geschäftsführer werden. Die siebenjährige Frist erscheint hingegen problematisch, wenn man bedenkt, dass eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis wegen der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach drei Jahren 1433 und wegen der Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach fünf Jahren 1434 bereits zu löschen ist. Diese Personen wären, obwohl sich ihre Vermögensverhältnisse immer noch nicht geändert haben müssen, wieder habil. Sie müssten erst erneut im Schuldnerverzeichnis eingetragen werden, bevor der Ausschluss eingreifen würde. Jemand der sich bemüht, seine Schulden in einem geordneten Verfahren abzutragen, wäre im Verhältnis benachteiligt. Dies könnte man eventuell schon dadurch entkräften, dass die Ankündigung der Restschuldbefreiung bereits ausreicht. 1435 Der Betroffene zeige, dass er trotz seiner geringen Mittel gesetzmäßig handeln werde. Hingegen berücksichtigt man so nicht, dass immer noch keine Mittel vorhanden sind und nur eine gewisse Vermutung 1430 Siehe auch sec. 11 CDDA: „It is an offence for a person who is an undischarged bankrupt to act as director of ... a company, except with the leave of the court.“ Die Ausnahmevorschrift wird eng ausgelegt, siehe Re McQuillan (1989) 5 B. C. C. 137 ff. 1431 So der Vorschlag von Liersch in der Diskussion auf dem 66. Deutschen Juristentag, DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag II/1, P 184. 1432 Siehe zur Restschuldbefreiung §§ 286 ff. InsO. 1433 § 915a Abs. 1 S. 1 ZPO. 1434 § 26 Abs. 2 S. 2 InsO. 1435 Liersch, Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentag, P 184.

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für ein legales Verhalten spricht. Das Verhalten in der Wohlverhaltensperiode ist nicht gesichert. Daher könnte man eher darauf abstellen, dass jemand tatsächlich vermögenslos sein muss, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn eine aktuelle Eintragung im Schuldnerverzeichnis besteht oder ein Insolvenzverfahren läuft. 1436 Damit jemand nach einer Eintragung im Schuldnerverzeichnis wieder habil wird, müsste man allerdings ein Freigabeverfahren einrichten, um zu klären, ob tatsächlich noch Vermögenslosigkeit besteht. Und hier offenbaren sich weitere Schwierigkeiten: Wann ist jemand nicht mehr vermögenslos? Wenn er keine Schulden hat? Wenn er (liquide) Mittel besitzt? Wie hoch haben diese Mittel zu sein? Müsste man bei der Geschäftsleitung einer risikoreichen Gesellschaft nicht höhere Mittel fordern als bei einer kleinen Gesellschaft, damit die Steuerungsfunktion erfüllt werden kann? 1437 Schlussendlich müsste sichergestellt werden, dass gelöschte Eintragungen aus dem Schuldnerverzeichnis einsehbar und verwertbar sind. Denn sonst könnte jemand, der tatsächlich vermögenslos ist, nicht mehr im Schuldnerverzeichnis steht, gegen den aber kein Gläubiger derzeit eine eidesstattliche Versicherung anstrebt, Geschäftsführer werden. Für das Bestellungsverfahren bietet dieses Verfahren auch für Dritte doch einige Unsicherheiten. Gelänge es, diese Probleme in den Griff zu bekommen, sollte man ernsthaft über eine Einführung nachdenken. Derzeit scheint aber kein vernünftiger Ansatz möglich, einen stimmigen Ausschlussgrund zu konstruieren. 2. Ausschluss von Personen, die an einer Insolvenz als Geschäftsleiter beteiligt waren a) Entwicklung 1438 Neben einem Ausschlussgrund für insolvente Geschäftsführer finden sich auch Vorschläge für den Ausschluss von Personen, die bereits einmal an der Insolvenz eines Unternehmens beteiligt waren. Crisolli forderte den Ausschluss von Personen, die gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person gewesen sind, über deren Vermögen innerhalb der letzten zehn Jahre das Konkursverfahren eröffnet oder mangels Masse abgelehnt war, oder für die er während diese Zeitraums den Offenbarungseid geleistet hat, soweit nicht das Reichshandelsgericht die Bestellung genehmigt hatte. 1439 Auch Heidland formulierte einen solchen Ausschlussgrund in seinem Referat bei der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der 1436 Vgl. dazu den Versagungsgrund bei der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in § 7 Nr. 9 BRAO. 1437 Man fühlt sich insoweit an die Diskussion über ein ausreichendes Mindestkapital erinnert. 1438 Siehe auch bereits 1. Teil: E.I.

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Wirtschaftskriminalität. 1440 Wer gesetzlicher Vertreter einer Handelsgesellschaft gewesen ist, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, und der ein kaufmännisch zu beanstandendes Verhalten an den Tag gelegt hat, sollte vom Geschäftsführeramt ausgeschlossen werden. Schließlich empfahl die Sachverständigenkommission dem Gesetzgeber einen fünfjährigen Ausschluss, sofern der avisierte Geschäftsführer im Schuldnerverzeichnis eingetragen war. 1441 Da nach einer anderen Empfehlung auch die Personen ins Schuldnerverzeichnis eingetragen werden sollten, die im Zeitpunkt der Antragstellung auf Eröffnung eines Konkursverfahrens die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft waren, sollten so auch Geschäftsführer einer insolventen GmbH erfasst werden. 1442 Wie beim Ausschluss wegen einer privaten Insolvenz, sollte der Ausschluss nur wirksam werden, wenn das Registergericht schwerwiegende Bedenken gegen die Bestellung hatte. Dieser Ausschlussgrund wurde anlässlich der GmbH-Novelle nicht in die Beratungen mit aufgenommen. Der Vorschlag des Bundesrats beschränkte sich – trotz der Bezugnahme auf die Empfehlungen der Sachverständigenkommission – auf die Fälle der privaten Insolvenz. 1443 Allerdings bat der Bundesrat die Bundesregierung zu prüfen, ob nicht wie in den Fällen der privaten Insolvenz ein Ausschluss von Gesellschafter-Geschäftsführern eingeführt werden könnte, wenn über das Vermögen der Gesellschaft in den letzten fünf Jahren das Konkursverfahren eröffnet worden sei. 1444 Die Bundesregierung versprach, zu prüfen, ob § 6 Abs. 2 GmbHG erweitert werden sollte. Allerdings bestünden Bedenken, da Personen ausgeschlossen werden könnten, die für den Konkurs der GmbH nicht verantwortlich gewesen zu sein brauchten. 1445 In den derzeitigen gesetzgeberischen Reformvorschlägen findet sich ein entsprechender Ausschlussgrund nicht wieder. Jedoch gibt es Forderungen aus der Rechtswissenschaft nach einem solchen Ausschlussgrund. K. Schmidt schlägt konkret vor, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet (§ 26 InsO) oder eingestellt 1439 Crisolli, Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung, Bereinigung und Reinhaltung des Handelsregisters, S. 15 f. und ders., in: Frank, NS-Handbuch für Recht und Gesetzgebung, S. 1155, 1162 ff. 1440 In: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 2, S. 43. 1441 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 27 ff. 1442 BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band III, S. 25 ff. 1443 Vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 64 f. 1444 BT-Drs. 8/1347, S. 66. 1445 BT-Drs. 8/1347, S. 73.

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worden ist (§ 207 InsO), kraft Gesetzes für die Zeit von z. B. drei Jahren nach Rechtskraft der Entscheidung vom Geschäftsführeramt ausgeschlossen sein sollte. 1446 Dieser Ausschlussgrund sollte jeden Geschäftsführer erfassen, der sechs Monate vor dem Insolvenzantrag oder danach im Amt war. Für die Geschäftsführer, die binnen drei Wochen nach ihrer Bestellung den Insolvenzantrag gestellt oder sich einem von anderer Seite gestellten Insolvenzantrags angeschlossen hätten, sollte der Ausschluss nicht gelten. b) Ausschluss von Geschäftsführern bei einer Insolvenz der geführten Gesellschaft Geschäftsführer von der Geschäftsführung für eine bestimmte Zeit auszuschließen, wenn sie Geschäftsführer in einer Gesellschaft waren, die in Insolvenz gefallen ist, ist ein vielversprechender Ansatzpunkt, um den gestiegenen Anforderungen an die Geschäftsführerposition gerecht zu werden und das Vertrauen Dritter in den Geschäftsführer einer Gesellschaft zu erhöhen. 1447 Der Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers hat präventive Funktion und soll Gläubiger schützen. Darin fügt sich ein entsprechender Ausschluss ein, der vorrangig dem Schutz Dritter dient; die Gesellschafter besitzen genügend Möglichkeiten, sich selbst zu schützen. Jedoch kann nicht jegliches Fehlverhalten zum Anlass genommen werden, den Betreffenden auszuschließen. Ansonsten träten Friktionen mit der Tatsache auf, dass der Geschäftsführer einen großen Spielraum für unternehmerische Entscheidungen besitzt. Zudem würden geschäftliche Unternehmungen erschwert, da Geschäftsführer von riskanten, aber zulässigen Geschäften aus Vorsicht absehen würden. 1448 Schließlich drohte auch eine große Zahl von Geschäftsführern inhabil zu werden, so dass das wirtschaftlich durchaus wünschenswerte Ziel, Kapitalgesellschaften zu gründen, erschwert würde. 1449 Der Staat würde anderenfalls auch unnötig stark in den Markt eingreifen, der in der Regel das bessere Instrumentarium sein wird, um mit inkompetenten, im Sinne von geschäftsuntüchtigen, Geschäftsführern besser klar zu kommen. K. Schmidt betont daher zu Recht, dass sein Vorschlag darauf abzielt, Verhaltensweisen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle zu erfassen. Bloße geschäftliche Fehlentscheidungen dürfen nicht zum Ausschluss führen. 1450 Das Verhalten muss kaufmännisch zu beanstanden sein. 1451 1446 K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 147 f., 164. Siehe dazu auch den Diskussionsbericht von Bage, ebenda, S. 169, 170 f. 1447 Vgl. auch sec. 6 CDDA, wonach ein director einer insolventen Gesellschaft von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden kann, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass dieser unfit ist. Zur Bestimmung der unfitness existiert ein Anhang zum CDDA (schedule 1), der Anhaltspunkte gibt, sowie umfangreiches case law, siehe dazu nur Mayson, French & Ryan on Company Law, p. 759 ff. 1448 Cheffins, Company Law, p. 552. 1449 Ong, Comp. Law. 1998, 19 (1), 7, 10; Hicks, J. B. L. 2001, 433, 451.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann schließlich die bloße Insolvenz der Gesellschaft nicht ausreichen. Erst wenn der Geschäftsführer für die Insolvenz (mit) verantwortlich ist oder in einer insolventen Gesellschaft die Masse schmälert oder eine Sanierung erschwert, wird man ihm einen Vorwurf machen können. 1452 Hier muss zum Tragen kommen, dass der Geschäftsführer zwar ein, aber grundsätzlich nicht der Faktor ist, der zur Insolvenz einer Gesellschaft führt. 1453 Allerdings ist zu sehen, dass dieser Kausalitätsnachweis nicht immer einfach zu führen sein wird. Damit ist neben der Insolvenz der Gesellschaft notwendig, dass der Geschäftsführer durch ein Verhalten, das kaufmännisch zu beanstanden ist, zur Insolvenz beigetragen hat oder in der bereits insolventen Gesellschaft durch seine Handlungen die Masse geschmälert oder eine Sanierung erschwert hat. Mit dieser Umschreibung des Tatbestands ist ein automatischer gesetzlicher Ausschlussgrund aber nicht vernünftig auszugestalten, denn ein „kaufmännisch zu beanstandendes Verhalten“ ist derart unbestimmt, dass eine gerichtliche Entscheidung notwendig ist, die ein entsprechendes Verhalten feststellt. Ansonsten drohte die Situation, dass – angesichts divergierender Ansichten über das kaufmännisch zu beanstandende Verhalten – Personen als Geschäftsführer am Rechtsverkehr teilnehmen, bei denen sich später herausstellt, dass sie bereits seit längerer Zeit inhabil waren. Eine entsprechende Feststellung sollte das Insolvenzgericht treffen, denn dieses ist mit den Vorgängen am besten vertraut. Zudem erscheint dieses auch geeignet, die kaufmännische Bewertung durchzuführen. Die Dauer der Inhabilität sollte das Gericht von einem bis zu drei Jahre frei festlegen können. 1454 Die geringere Höchstfrist als bei den Straftaten resultiert daher, dass das zu beanstandende Verhalten eben unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegt. 1455 Um die Sanierung von Unternehmen nicht unnötig zu erschweren, ist – ganz im Sinne K. Schmidts – zu überlegen, ob nicht bestimmte Ausnahmetatbestände geschaffen werden sollten. Denn auch wenn das Insolvenzgericht bei einem Ausschluss darauf reagieren kann, dass es sich um einen Sanierungsgeschäftsführer handelt, so besitzt eine gesetzliche Festlegung den Vorteil der Klarheit und Rechtssicherheit. 1450

K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 147. Siehe Heidlands Vorschlag, in: BMJ (Hrsg.), Tagungsberichte der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Band II, Anlage 2, S. 43. 1452 Zöllner u. a. in der Diskussion von K. Schmidts Vorschlag, siehe Bage, GmbHReform in der Diskussion, S. 169, 170. K. Schmidt selbst hat in seinen Vorschlägen auf die Probleme mit Art. 12 GG hingewiesen, ebenda, S. 148, und in der Diskussion erwogen, den Einwand Zöllners aufzugreifen, ebenda, S. 171. 1453 Vgl. auch Zöllner in der Diskussion von K. Schmidts Vorschlag, siehe Bage, GmbHReform in der Diskussion, S. 169, 170. 1454 In Anlehnung an K. Schmidts Höchstgrenze von drei Jahren, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 147. 1455 K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 147. 1451

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Führt man einen solchen Ausschlussgrund tatsächlich ein, so wird man kaum am zuvor angesprochenen Inhabilitätsregister vorbeikommen. 1456 Denn ohne einen Eintrag des vom Insolvenzgericht verhängten Ausschlusses wird eine effektive Kontrolle durch das Registergericht kaum möglich sein. Die Versicherungspflicht des Geschäftsführers wäre entsprechend zu erweitern. Die Norm sollte alle erwerbswirtschaftlichen Kapitalgesellschaften einbeziehen und sich nicht auf deutsche Rechtsformen beschränken. 1457 Zu betonen ist zuletzt noch einmal, dass dieser Ausschluss nicht den Platz einer echten Qualifikationsprüfung einnehmen soll. Es geht nicht darum, nur geschäftstüchtige Personen zur Geschäftsleitung zuzulassen, sondern Personen auszuschließen, die in grober Weise kaufmännisch vernünftigen Verhaltensweisen (Buchführung, keine Vermögensvermischung, etc.) missachtet haben. 3. Zusammenfassung Vermögenslose Personen von der Geschäftsleitung auszuschließen, ist zwar überlegenswert und hat einige gute Argumente für sich. Hingegen ist eine brauchbare tatbestandliche Ausgestaltung nicht möglich. Dagegen sollten Personen, die Geschäftsführer einer Gesellschaft waren, die insolvent geworden ist, vom Insolvenzgericht für die Dauer von einem bis zu drei Jahren ausgeschlossen werden können. Dies ist dann möglich, wenn dem Geschäftsführer ein kaufmännisch zu beanstandendes Verhalten vorzuwerfen ist und dieses zur Insolvenz beigetragen, die Masse in einer insolventen Gesellschaft geschmälert oder eine Sanierung erschwert hat.

III. Inhabile und ausländische Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften 1. Umgehung der Inhabilität durch Einsatz einer Zweigniederlassung a) Problemstellung Ein in der jüngsten Zeit vermehrt festzustellender Trend ist es, dass Inhabile den gegen sie verhängten Ausschluss nach § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG zu umgehen 1456 Siehe oben 2. Teil: H.VI.4. Im Schuldnerverzeichnis werden bislang diejenigen eingetragen, über deren Vermögen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt wurde, § 26 Abs. 2 InsO. Hier wären also ebenso Korrekturen notwendig, weshalb eine Lösung über das Inhabilitätsregister sinnvoller erscheint. 1457 So auch Behrens in der Diskussion von K. Schmidts Vorschlag, siehe Bage, GmbHReform in der Diskussion, S. 169, 171.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

suchen, indem sie eine Kapitalgesellschaft in einem europäischen Land gründen, in dem sie von der Geschäftsleitung nicht ausgeschlossen sind und sich dort zum Geschäftsleiter bestellen; in der Regel wird es sich um eine ltd. handeln. Anschließend wird eine Zweigniederlassung in Deutschland eröffnet, die den gesamten Geschäftsbetrieb ausmacht. Der Inhabile kann so mit beschränkter Haftung in Deutschland seinen Geschäften nachgehen, obwohl ihm das deutsche Recht die Geschäftsführung in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung untersagt hat. Diesem Trend versuchen die Registergerichte mittlerweile beizukommen, indem sie die Zweigniederlassungen nicht ins Handelsregister eintragen. Ob diese Lösung der Registergerichte rechtlich haltbar ist, soll im Folgenden untersucht werden. b) Lösung auf der Grundlage des HGBs vor 1993 § 13b Abs. 3 HGB a. F. sah bis 1993 vor, dass für Anmeldungen einer ausländischen Zweigniederlassung sinngemäß die Vorschriften für Hauptniederlassungen oder Niederlassungen am (deutschen) Sitz der Gesellschaft galten. 1458 Daraus entnahm die herrschende Meinung, dass die Geschäftsleiter einer ausländischen Gesellschaft nach § 8 Abs. 3 GmbHG zu versichern hatten, dass keine Ausschlussgründe nach § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG vorlagen. 1459 Lag die Versicherung nicht vor, wurde die Zweigniederlassung nicht eingetragen. 1460 War ein Geschäftsführer einer Zweigniederlassung inhabil nach den deutschen Bestimmungen, blieb seine Bestellung in der Hautniederlassung wirksam, da diese sich nach dem Recht der Hauptniederlassung richtete. 1461 Die Zweigniederlassung stellt nämlich nur einen rechtlich unselbständigen Teil der Hauptniederlassung dar. 1462 Der Geschäftsführer der Hauptniederlassung ist zugleich gesetzlicher Vertreter des unselbständigen Teils derselben. 1463 Ein Ausschlussgrund oder Tätigkeitsverbot für den inhabilen gesetzlichen Vertreter analog § 6 Abs. 2 GmbHG wurde nicht vertreten. 1464

1458 § 13b Abs. 3 HGB lautete: „Im Übrigen gelten für die Anmeldungen, Zeichnungen, Einreichungen, Eintragungen und Bekanntmachungen, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig macht, sinngemäß die Vorschriften für Hauptniederlassungen oder Niederlassungen am Sitz der Gesellschaft.“ 1459 BayObLG, DB 1986, 2530 f.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 1390, 1391 m.w. N. zur damals herrschenden Auffassung und der Gegenauffassung. 1460 Vgl. die Beschlüsse des BayObLG und das OLG Düsseldorf in der vorherigen Fußnote. 1461 Vgl. BT-Drs. 12/3908, S. 17, 18; Staub / Hüffer, HGB, § 13b Rn. 14. 1462 Wachter, GmbHR 2006, 544, 546; Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, § 13 Rn. 12. Zum Begriff der Zweigniederlassung vgl. den sechsten Erwägungsgrund der Zweigniederlassungsrichtlinie und Ebenroth / Boujong / Joost / Pentz, HGB, § 13 Rn. 17 ff. 1463 Wachter, GmbHR 2006, 544, 546; Baumbach / Hopt, HGB, § 13 Rn. 4. 1464 Abgesehen von den problematischen Fällen der Sitzverlegung durch Errichtung einer Zweigniederlassung galt, sowohl nach der Sitz- wie auch nach der Gründungstheorie, als

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Die fehlende Eintragung der Zweigniederlassung, ggf. die des Vertreters, war – den schwierigen Fall der Sitzverlegung unberücksichtigt – demnach die einzige Sanktion für den Inhabilen. Die Zweigniederlassung konnte ihre Geschäfte betreiben, da die Eintragung nur deklaratorisch war. 1465 Anders als es das BayObLG 1979 daher in seinem Beschluss ausführte, 1466 konnte ein Inhabiler sehr wohl durch eine inländische Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft seine Geschäfte in Deutschland führen. 1467 Wie das BayObLG zu Recht bemerkte, galt zwar für die Zweigniederlassung das deutsche Registerrecht als Ordnungsrecht. 1468 § 6 Abs. 2 GmbHG ist indessen nicht Teil des Registerrechts, sondern des Gesellschaftsrechts. 1469 c) Lösung vor dem Inkrafttreten des MoMiGs Auf Grund der Zweigniederlassungsrichtlinie 1470 war der Gesetzgeber gezwungen, die §§ 13 ff. HGB zu ändern. 1471 Die Richtlinie regelte abschließend die Angaben und Urkunden, die bei einer Zweigniederlassung offenzulegen waren. Der Gesetzgeber sah daher davon ab, in den neuen §§ 13f Abs. 2 S. 2, Abs. 6, 13g Abs. 2 S. 2, Abs. 6 HGB auf die Versicherungspflicht bei der AG und der GmbH zu verweisen. In der Begründung hieß es dazu, dass die Bestellung sich nach ausländischem Recht richte, weshalb eine Versicherung nicht verlangt werden Gesellschaftsstatut das Recht der Hauptniederlassung, vgl. MünchKommHGB / Bokelmann, § 13d Rn. 12. Unter der Geltung der Sitztheorie konnte die Errichtung einer Zweigniederlassung, die den gesamten Geschäftsbetrieb ausmachte, die Verlegung des effektiven Verwaltungssitzes und damit die Änderung des Gesellschaftsstatuts bedeuten. In der Konsequenz musste die Gesellschaft als GmbH neu gegründet werden, MünchKommHGB / Bokelmann, § 13d Rn. 32 m.w. N.; BGHZ 151, 204, 206. Wenigstens für Gesellschaften der EU und aus Staaten, mit denen besondere Abkommen bestehen, wird das Gesellschaftsstatut in der Folge der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Überseering, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, mittlerweile nach der Gründungstheorie bestimmt, so dass die Gesellschaft auch als solche anzuerkennen ist, siehe MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handelsund Gesellschaftsrecht Rn. 407, 512. 1465 BayObLG, DB 1979, 1936; Baumbach / Hopt, HGB, § 13 Rn. 6. 1466 BayObLG, DB 1986, 2530, 2531. 1467 Offenbar auf einen Zusammenhang zwischen der Versicherung und der Tätigkeit abstellend Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Bayer, GmbHG, § 12 Rn. 22. 1468 BayObLG, DB 1986, 2530 f. 1469 Anders aber das AG Westerstede, RIW 2001, 67, 68. 1470 Elfte Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABl. Nr. L 395 vom 30. 12. 1989, S. 36 ff. 1471 Geändert durch das Gesetz zur Durchführung der Elften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften und über Gebäudeversicherungsverhältnisse vom 22. Juli 1993, BGBl. I 1993, S. 1282 ff.

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könne. 1472 Eine Zweigniederlassung wäre danach auch dann einzutragen, wenn ein Inhabiler Geschäftsführer ist. 1473 Nachdem der EuGH klargestellt hat, dass auch eine Zweigniederlassung einer EU-Gesellschaft, die den gesamten Geschäftsbetrieb ausmacht, auf Grund der Niederlassungsfreiheit anzuerkennen und nach ihrem Gründungsstatut zu behandeln ist, 1474 häuften sich die Fälle, in denen Inhabile englische ltds. einsetzten, um als deren Geschäftsführer weiterhin ihren Geschäften nachgehen zu können. Gegen diese Praxis wandten sich die Gerichte, indem sie Zweigniederlassungen die Eintragung verweigerten und Bußgeldbescheide wegen eines Verstoßes gegen Gewerbeuntersagungen aussprachen. Diese beiden Ansatzpunkte, der straf- / ordnungsrechtliche und der gesellschafts- / registerrechtliche, sind dabei unterschiedlich geeignet, um diesen Personen das Handwerk zu legen. aa) Straf- / Ordnungsrechtliche Lösung Die straf- und ordnungsrechtliche Lösung der Umgehung eines Amtssauschlusses ist verhältnismäßig einfach. Beruht die Inhabilität nach § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG auf einem strafrechtlichen Berufsverbot, so ist dem Betreffenden die Tätigkeit in dem untersagten Beruf verboten. 1475 Ob er sich einer Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft bedient oder dies in einer GmbH geschieht, macht keinen Unterschied. 1476 Die Tätigkeit ist und bleibt – unter Strafandrohung – verboten. Vergleichbar löst das Gewerberecht diese Praxis. Auf eine Gesellschaft und Zweigniederlassung, die in Deutschland ein Gewerbe ausübt, ist das deutsche Gewerberecht anwendbar. 1477 Die Anwendbarkeit des Gewerberechts ist zunächst einmal nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Inhabilitätsvorschriften für Organe ausländischer Gesellschaften nicht gelten. 1478 Gesellschaftsrecht und Gewerberecht sind insofern unabhängig voneinander. Es ist des Weiteren unerheblich, dass mittlerweile keine Versicherungspflicht für den Geschäftsleiter einer Zweigniederlassung mehr besteht. 1479 1472

BT-Drs. 12/3908, S. 17, 18. Deutlich etwa LG Cottbus, EWiR 2005, 733 f. (Wachter). 1474 Vgl. EuGH, Rs. C-212/97, Centros ltd., Slg. 1999, I-1459 Rn. 29. 1475 Dabei ist die verfassungskonforme Einschränkung von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG zu berücksichtigen. 1476 Vgl. auch Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfung unter der Gründungstheorie, S. 207; Wachter, GmbHR 2006, 793, 799; Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 396 f. 1477 OVG Münster, DB 2005, 2128; ebenso bereits im Eilverfahren, Beschl. v. 17. 12. 2004 – 4 B 2183/04 – juris; Mankowski, ZVI 2006, 45, 46; ders., BB 2006, 1173, 1174; Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 30. 1473

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Wie diese Entscheidung des Gesetzgebers es ausschließen soll, dass die gewerberechtlichen Instrumentarien gegen einen unzuverlässigen Gewerbetreibenden eingesetzt werden können, ist nicht erklärlich. 1480 Ferner steht das Registerrecht einer Anwendbarkeit nicht entgegen. Ob die Eintragung einer Zweigniederlassung versagt werden kann, wenn ein Inhabilitätsgrund besteht, ist kein Problem des Gewerberechts bzw. dessen Anwendbarkeit. 1481 Weiter hindert auch das europäische Recht nicht, deutsches Gewerberecht auf Zweigniederlassungen anzuwenden. Maßgeblich ist für die Zweigniederlassung die Niederlassungsfreiheit. 1482 Zum ersten wird die Errichtung einer Zweigniederlassung in Art. 43 Abs. 2 EGV ausdrücklich erwähnt, zum zweiten wird sich mit der Zweigniederlassung in aller Regel in die nationale Volkswirtschaft integriert 1483 und zum dritten ist die Dienstleistungsfreiheit gegenüber der Niederlassungsfreiheit nachrangig 1484.

1478 So aber der Adressat einer Untersagungsverfügung, der director einer ltd., in einem Verfahren vor dem OVG Münster, DB 2005, 2128, unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Oldenburg, GewArch 2002, 430. Dabei ist der Aussage des OLG Oldenburg nur zu entnehmen, dass die gesellschaftsrechtliche Nebenfolge einer Gewerbeuntersagung, nämlich die Inhabilität des § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG, für die Betätigung in einer Zweigniederlassung nicht gilt. Mit einem unzutreffenden Verständnis der Entscheidung des OLG Oldenburg auch Scholz 10 / Westermann, GmbHG, Einl. Rn. 118; AG Limburg a. D. Lahn, GewArch 2005, 28, 29, und das OLG Jena, GmbHR 2006, 541, 542 f., welches die Frage der Eintragung einer Gesellschaft mit der Geltung einer Untersagungsverfügung gleichsetzt. 1479 OVG Münster, DB 2005, 2128; Just, EWiR 2006, 17, 18; Mankowski, ZVI 2006, 45, 46; OLG Jena, GmbHR 2006, 541, 542 f. 1480 Ebenso Just, EWiR 2006, 17, 18 („kann ... nicht ernsthaft bezweifelt werden ... (Ein) Freibrief für ausländische Vertretungsorgane in Deutschland ... war nicht Intention des Gesetzgebers.“). Das OVG Münster DB 2005, 2128, hätte sich seine Ausführungen zu § 13g HGB daher ersparen können. 1481 OVG Münster, DB 2005, 2128; Just, EWiR 2006, 17, 18; Mankowski, ZVI 2006, 45, 46; ders., BB 2006, 1173, 1174. 1482 Vgl. Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, Art. 43 EGV Rn. 38 sowie das OLG Dresden, GmbHR 2006, 1097, 1098 (für den Geschäftsführer); OLG Jena, GmbHR 2006, 541, 543 (für die Eintragung der Zweigniederlassung in einer Umgehungskonstellation). Sowohl die Niederlassungs- als auch die Dienstleistungsfreiheit spricht das OVG Münster an, DB 2005, 2128. Mankowski, ZVI 2006, 45, 46 f., plädiert hingegen dafür, künftig die Dienstleistungsfreiheit „des hinter der Gesellschaft stehenden prospektiven Unternehmers“ für maßgeblich zu halten. Hingegen stellt sich die Frage, warum es sich dabei um die Dienstleistungsfreiheit handeln soll, denn auch dieser Unternehmer möchte sich mittels der Zweigniederlassung in die Volkswirtschaft des Staates integrieren. 1483 So die schlagwortartige Formulierung von GA Léger in seinem Schlussantrag, Rs. C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165 Rn. 19. Zu den Kriterien im Einzelnen Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, Art. 43 EGV Rn. 22 ff. 1484 EuGH, Rs. C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165 Rn. 22.

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Eine Maßnahme muss sich auch dann am Europarecht messen lassen, wenn sie die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten behindert oder weniger attraktiv macht. 1485 Die Beschränkung muss den Zugang zum Markt des Mitgliedstaates in einer qualifizierten Weise regeln. 1486 Dies ist für das Gewerberecht abzulehnen. 1487 Zudem wäre ein Eingriff gerechtfertigt, denn das Gewerberecht dient dem Schutz der Allgemeinheit. 1488 Dem kann auch nicht entgegengesetzt werden, dass die Zweigniederlassung eventuell faktisch handlungsunfähig wird, wenn die Tätigkeit des einzigen Vertretungsberechtigten untersagt worden ist. 1489 Dies ist ein Problem des Gewerbetreibenden. Die Gesellschaft kann zum einen durch die Bestellung eines ständigen Vertreters nach § 13 Abs. 2 S. 4 Nr. 3 HGB die Handlungsfähigkeit sicherstellen. Zum anderen würde es einem effektiven Schutz der Allgemeinheit geradezu Hohn sprechen, wenn diese Argumentation dazu führen könnte, dass die unzuverlässige Person weiter tätig sein darf. Im Übrigen wäre wenigstens in den Fällen, in denen jemand wegen seiner Inhabilität im Ausland eine Gesellschaft gründet, um mittels dieser in Deutschland tätig zu werden, darüber nachzudenken, das Gewerberecht allein schon deshalb anzuwenden, da es sich um den Missbrauch einer Grundfreiheit handeln könnte. 1490 Auch gegenüber dem betroffenen Geschäftsleiter der Zweigniederlassung schließt Europarecht deutsches Gewerberecht nicht aus. Es fehlt für die betroffene 1485

Dies gilt jedenfalls, solange das Gewerberecht diskriminierungsfrei angewendet wird, Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 32 ff. Das OVG Münster, DB 2005, 2128 unter Verweis auf das Eilverfahren, Beschl. v. 17. 12. 2004 – 4 B 2183/04 – juris, spricht in seiner Entscheidung überraschenderweise nur einen Anspruch auf Inländergleichbehandlung an und widmet sich gar nicht erst dem Beschränkungsverbot. Mankowski, ZVI 2006, 45, 46, bezieht die Aussage des OVG Münster entgegen dessen klarer Ausdrucksweise erstaunlicherweise auf die Dienstleistungsfreiheit. 1486 Siehe genauer 1. Teil: H.II.1.a). 1487 Ebenso Wachter, GmbHR 2005, 544, 545. 1488 Im Ergebnis ebenso Just, EWiR 2006, 17, 18; Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 32 ff.; Mankowski, ZVI 2006, 45, 46 f. (für die Dienstleistungsfreiheit); ders., BB 2006, 1173, 1175. Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung sollte es nicht darauf ankommen, ob man bei der Prüfung milderer Mittel auch Instrumente des ausländischen Rechts heranzieht, da diese die Tätigkeit der Gesellschaft in Deutschland kaum effektiv hindern werden, zum Streit hinsichtlich der Berücksichtigung ausländischer Mittel des Gläubigerschutzes MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 430 f. 1489 Solche Argumente jedoch bei OLG Jena, GmbHR 2006, 541, 543. Dagegen zu Recht auch Wachter, GmbHR 2006, 544, 546. 1490 OLG Dresden, GmbHR 2006, 1097, 1098. Wird eine Grundfreiheit missbräuchlich eingesetzt, so wird teilweise angenommen, dass schon die Berufung auf die Grundfreiheiten ausgeschlossen ist; vorherrschend dürfte aber sein, dass der Eingriff rechtfertigungsfähig ist, mit Nachweisen für beide Ansichten Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 3 Rn. 73 ff. Dazu noch unten 2. Teil: J.III.1.c)bb)(2)(c)aa).

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Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit, Artt. 43, 49 EGV, 1491 in der Regel an einem echten grenzüberschreitenden Sachverhalt. 1492 Selbst wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt einmal vorläge, ist der Eingriff entsprechend dem oben Gesagten zu rechtfertigen. Ist demzufolge das Gewerberecht anwendbar, kann der Zweigniederlassung als Gewerbetreibendem nach § 35 GewO die Ausübung des Gewerbes untersagt werden. 1493 Eine Untersagung gegen den Geschäftsleiter der Gesellschaft nach § 35 Abs. 7a, 1 GewO ist ebenfalls möglich. 1494 Leitet ein Geschäftsführer die Geschäfte des Gewerbetreibenden, dem für dieses Gewerbe die Position als Vertretungsberechtigter untersagt ist, 1495 führt die Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers dazu, dass die Gesellschaft selbst unzuverlässig ist. 1496 Der Geschäftsleiter begeht bei einer Zuwiderhandlung gemäß § 146 Abs. 1 Nr. 1 GewO eine Ordnungswidrigkeit, unter Umständen eine Straftat § 148 Nr. 1 GewO. 1497 Die Umgehung kann daher mit den Mitteln des Straf- und Ordnungsrechts verhindert werden, bleibt indessen jedoch lückenhaft. 1498 Denn entweder muss ein strafrechtliches Berufsverbot für den Geschäftsführer bestehen, was äußerst selten ist, oder die Ausübung eines Gewerbes muss in Rede stehen. 1491 Ebenfalls schon oben 1. Teil: H.II.1.a). Nur auf die Dienstleistungsfreiheit stellt Mankowski, BB 2006, 1173, 1175, ab, obwohl in aller Regel eine dauerhafte Tätigkeit entfaltet werden soll. 1492 So zu Recht für den director einer ltd. Mankowski, ZVI 2006, 45, 47. Dagegen nur für die Gesellschaft OVG Münster, DB 2005, 2128. 1493 Vgl. BGH, GmbHR 2007, 870, 873 Rz. 24. Gründet der Adressat einer Untersagungsverfügung die ltd. als Strohgesellschaft, ohne sich zum Geschäftsleiter zu bestellen, sind nach der Rechtsprechung des BVerwG die Innenbeziehungen zu prüfen, um eine Umgehung festzustellen, siehe bereits 2. Teil: F.II.2.c) und Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 31. Eine Strohgesellschaft durch Gründung einer ltd. hat das VG Leipzig, GewArch 1997, 149 ff., angenommen. Dort wurde eine ltd. gegründet, die ihre alleinige Geschäftstätigkeit in Deutschland entfaltete. Hinzukamen weitere Umstände, wie eine deutsche Firma, englische Strohgeschäftsführer, die nach kurzer Zeit ihre Ämter niederlegen, der zeitliche Zusammenhang mit der Information über das laufende Verfahren und die Gesellschaftsgründung sowie bestimmte Äußerungen des Betroffenen. Es bleibt demnach dabei, dass nach der Rechtsprechung konkrete Anhaltspunkte erforderlich sind, Friauf / Heß, GewO, § 35 Rn. 139. 1494 Exemplarisch OVG Münster, DB 2005, 2128. Unter Umständen kann auch ein ausländisches Tätigkeitsverbot, als Geschäftsleiter tätig zu werden, als Begründung für die Unzuverlässigkeit herhalten, Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 20. 1495 Der Wortlaut von § 35 Abs. 1 S. 2 GewO und der Untersagungsverfügung ist rechtsformneutral, vgl. auch Wachter, GmbHR 2006, 544, 545. 1496 Dazu 2. Teil: F.II.2.c). 1497 Siehe etwa OLG Dresden, GmbHR 2006, 1097 f. Kritisch Mankowski, EWiR 2006, 337, 338, der zu Recht bemängelt, dass in der Sache nur wegen eines fahrlässigen Verstoßes eine äußerst niedrige Geldbuße verhängt worden ist. 1498 Vgl. Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 397.

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bb) Gesellschaftsrechtliche Lösung Umstritten ist dagegen der Versuch, mittels des Gesellschaftsrechts zu verhindern, dass Inhabile durch eine Zweigniederlassung § 6 Abs. 2 GmbHG 1499 umgehen. Um zu klären, ob § 6 Abs. 2 GmbHG tatsächlich der Tätigkeit in der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft entgegensteht, ist das Augenmerk auf zwei Dinge zu richten. Zunächst muss für den Geschäftsleiter der Zweigniederlassung gerade § 6 Abs. 2 GmbHG berufen sein. Sofern dann § 6 Abs. 2 GmbHG anwendbar ist, ist zu analysieren, welche Rechtsfolge daraus resultiert. (1) Grundsätzlich berufen: Recht des Heimatstaates Die Organfähigkeit und die Wirksamkeit der Bestellung des Organs ist Teil des Gesellschaftsstatuts. 1500 Dieses ist in diesen Fällen sowohl nach der Sitz- wie auch der Gründungstheorie grundsätzlich das Recht der Hauptniederlassung. 1501 Dadurch, dass jedenfalls das Heimatrecht berufen ist, ist dem Inhabilen erlaubt, in Deutschland tätig zu sein, wenn nicht eine Sonderanknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG stattfindet. (2) Sonderanknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG (a) Sonderanknüpfung über das Registerrecht Das AG Westerstede knüpft an § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG an, da für eine Eintragung die Anforderungen des deutschen Registerrechts erfüllt sein müssen. 1502 Daher könne der Betreffende nicht „‚Direktor‘ = Geschäftsführer“ sein. Registerrechtlich ist deutsches Recht tatsächlich berufen, § 13d Abs. 3 HGB. Hingegen handelt es 1499

Im Folgenden wird unterstellt, dass alle Ausschlussgründe verfassungskonform

sind. 1500 MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 558; vgl. auch BGH, GmbHR 2007, 870, 871 Rz. 11. 1501 Siehe bereits oben Fn. 1464 (2. Teil). Siehe auch BT-Drs. 16/6140, S. 50. Welche der beiden Theorien in welchem Verhältnis gelten soll, ist derzeit Gegenstand lebhafter Diskussion, der hier nicht weiter nachgegangen werden soll. Nachweise zum Meinungsspektrum bei MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 338. Vgl. auch OLG Hamburg, NZG 2007, 597, 598, („[Es ist] nicht Aufgabe eines Instanzgerichts, der einheitlichen Rechtsentwicklung [hinsichtlich des Gesellschaftskollisionsrechts] ... vorzugreifen.“). Der Referentenentwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, der die Gründungstheorie in Deutschland verankern soll, sieht in Art. 10 Abs. 1, 2 Nummer 4 EGBGB insbesondere für die Organisationsverfassung von Gesellschaften die Anwendbarkeit des Gründungsrechts vor. 1502 RIW 2001, 67, 68.

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sich bei § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG um eine gesellschaftsrechtliche Regelung, weshalb so an diese nicht angeknüpft werden kann. (b) Anknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG im Wege der Sitztheorie (Gesellschaft außerhalb der Niederlassungsfreiheit / besonderer Abkommen) Wird die Gesellschaft in einem Land gegründet, das nicht zur EU gehört oder mit dem keine besonderen Anerkennungsabkommen bestehen, soll nach derzeit wohl noch herrschender Auffassung weiterhin die Sitztheorie gelten. 1503 Demnach ist für die Zweigniederlassung grundsätzlich das Recht der Heimatgesellschaft maßgeblich, da der Verwaltungssitz sich im Heimatstaat befindet. Liegt der Verwaltungssitz hingegen in Deutschland, ist – soweit die Gesellschaft nach dem Recht des Heimatstaates nicht als aufgelöst gilt – deutsches Recht berufen. Ein deutscher Verwaltungssitz liegt besonders nahe, wenn die Zweigniederlassung fast die gesamte Geschäftstätigkeit ausmacht, 1504 was in den Umgehungskonstellationen nahezu immer der Fall ist. Die sich anschließende Frage ist, welche Auswirkungen es für den Inhabilen hat, dass deutsches Recht berufen ist. Da die Gesellschaft nie die Gründungsbestimmungen des GmbHG erfüllt (hat), müsste sie erst als deutsche GmbH neu gegründet werden, damit sie auch als Gesellschaft mit beschränkter Haftung anerkannt wird bzw. § 6 Abs. 2 GmbHG anwendbar ist. Die Zweigniederlassung wird jedoch als Personengesellschaft anerkannt. 1505 Bei diesen gelten hingegen keine besonderen Amtsunfähigkeitsgründe. In der Folge ist ein GesellschafterGeschäftsführer daher nicht ausgeschlossen. 1506 Ein Fremdgeschäftsführer wäre dagegen nach deutschem Recht in einer Personengesellschaft schon wegen des Organisationsrechts kein zulässiger Geschäftsführer, so dass der besondere Ausschluss nach § 6 Abs. 2 GmbHG für ihn irrelevant wäre. 1507

1503 Kindler, NJW 2003, 1073, 1079; Palandt / Heldrich, Art. 12 EGBGB Anh. Rn. 9 m.w. N. auch zur Gegenansicht. 1504 Vgl. etwa den Sachverhalt von BGH, NJW 2005, 1648 ff. 1505 Siehe bereits Fn. 1464 (2. Teil) und etwa Staudinger / Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 441; OLG Hamburg, NZG 2007, 597 ff. 1506 Allerdings würde die beschränkte Haftung für diesen entfallen. 1507 Diese letzte Situation wird hingegen bei den in Rede stehenden Umgehungskonstruktionen praktisch nicht vorkommen.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

(c) Anknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG unter Geltung der Gründungstheorie / der Niederlassungsfreiheit (Gesellschaft im Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit / besonderer Abkommen) Für die Umgehungskonstruktionen von Inhabilen werden insbesondere Zweigniederlassungen aus Staaten der EU als Vehikel eingesetzt, weshalb der Blick besonders auf die Behandlung dieser Gesellschaften zu werfen ist. Umstritten ist allerdings nicht nur die allgemeine kollisionsrechtliche Lage gegenüber Gesellschaften, für die die Niederlassungsfreiheit gilt und für die besondere Anerkennungsabkommen bestehen. Auch die Konsequenzen für Inhabile sind ungeklärt. (aa) Sonderanknüpfung bei absoluter Geltung der Gründungstheorie Teilweise wird angenommen, dass insgesamt die Gründungstheorie für die Bestimmung des Gesellschaftsstatuts heranzuziehen sei. 1508 Eine Sonderanknüpfung für bestimmte Teilbereiche sei möglich, müsse aber erstens kollisionsrechtlich besonders begründet werden und zweitens sich materiell-rechtlich an der Niederlassungsfreiheit / dem Abkommen messen lassen. Zwei Wege für eine Sonderanknüpfung werden vorgeschlagen: 1509 – Eine Anknüpfung soll zum einen möglich sein, da es sich bei § 6 Abs. 2 GmbHG um eine ordnungsrechtliche Eingriffsnorm handele. 1510 Die Norm schütze die Öffentlichkeit, weshalb ein territoriales Anknüpfungsmoment nahe liege. Anderenfalls bestünden Schutzlücken, da etwa eine Behörde des Heimatstaates eine Disqualifikation des Geschäftsleiters, der mittels einer Zweigniederlassung „nur“ in Deutschland tätig ist, kaum anstreben würde. 1511 Schutzwürdige Interessen des Geschäftsführers bestünden in aller Regel nicht. Entweder läge eine Umgehung der Inhabilität nahe oder der Schutz der Öffentlichkeit habe sich durchzusetzen. Gegenüber dieser Anknüpfung bestehen einige Bedenken. 1512 Zunächst mangelt es an brauchbaren Kriterien, an Hand derer zu bestimmen ist, wann eine Norm 1508 MünchKommBGB / Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 182; Leible / Hoffmann, ZIP 2003, 925, 928 f. 1509 Eine Anknüpfung über den ordre public-Vorbehalt des Art. 6 EGBGB scheidet von vorneherein aus, da dieser nur eine ausschließende Wirkung hat; MünchKommBGB / Sonnenberger, Art. 6 EGBGB Rn. 3 f. m.w. N. 1510 Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht, S. 274 ff. 1511 In Großbritannien ist noch nicht geklärt, wann eine disqualification order bei ausländischen Gesellschaften angeordnet wird, die nicht ihre (ganze) Geschäftstätigkeit in Großbritannien haben, siehe auch Gernoth, Pseudo foreign companies, S. 180 f. 1512 Kritisch auch Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfung unter der Gründungstheorie, S. 205 f. Ähnlich offenbar auch Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 19.

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als Eingriffsnorm zu qualifizieren ist. 1513 Insbesondere für Normen, die Privatinteressen und darüber hinaus jedoch auch Gemeininteressen schützen, droht daher eine gewisse Beliebigkeit. Zudem ist offenbar die Tendenz festzustellen, den Geltungsbereich deutschen Rechts über die Kategorie der „Eingriffsnormen“ (unberechtigt) zu vergrößern. 1514 Hinzukommt jedoch, dass § 6 Abs. 2 GmbHG primär privaten Interessen dient. Zwar ist der Norm eine positive Schutzwirkung auf die Öffentlichkeit nicht abzusprechen, da bestimmte Personen vom Geschäftsverkehr ferngehalten werden. Hingegen ist der Schutz der Gläubiger einer Gesellschaft vor gefährlichen Geschäftsführern eher dem privaten Bereich zuzuordnen. Eine Sonderanknüpfung über die Kategorie der „Eingriffsnormen“ ist daher abzulehnen. 1515 – Andere schlagen vor, an § 6 Abs. 2 GmbHG anzuknüpfen, da es sich um Missbrauchs- und Umgehungsfälle handelt. 1516 Die exakten Kriterien für einen Missbrauchsfall sind ungeklärt. 1517 Tendenziell ist der EuGH eher vorsichtig mit der Annahme eines Missbrauchs der Grundfreiheiten: 1518 Die bewusste Ausnutzung unterschiedlicher Rechtssysteme sei für sich allein noch kein Missbrauch, auch wenn sie bezwecke, die größte Freiheit zu erreichen und mit einer ausländischen Gesellschaft die zwingenden inländischen Regeln zu umgehen. 1519 Dennoch liegt ein Missbrauchsfall gerade dann sehr nahe, wenn jemand eine inländische Inhabilität (etwa wenn ihm die Gewerbeausübung untersagt wurde) umgeht, indem er eine ausländische Kapitalgesellschaft gründet und mittels einer Zweigniederlassung die untersagte Tätigkeit im Inland ausübt. 1520 Denn hier 1513 Siehe den Überblick über den Meinungsstand bei MünchKommBGB / Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 46 ff. Aus diesen Gründen scheint Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfung unter der Gründungstheorie, S. 205 f. verfassungsrechtliche Bedenken zu hegen. 1514 MünchKommBGB / Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 42. 1515 Ähnlich Eidenmüller / Rehberg, NJW 2008, 28, 29. 1516 Vgl. OLG Dresden, ZIP 2006, 1097, 1098; Just, EWiR 2006, 17, 18; Seifert, RIW 2001, 68, 69 (allerdings für die Eintragung). 1517 Ausführlich zu dieser Problematik Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 3 Rn. 73 ff. 1518 Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 3 Rn. 82 („restriktive Linie“). 1519 EuGH, Rs. C-167/01, Inspire Art ltd., Slg. 2003, I-10155 Rn. 96 ff., 137 ff. 1520 OLG Zweibrücken, BB 2003, 864, 866; OLG Dresden, GmbHR 2006, ZIP 2006, 1097, 1098; Knapp, DNotZ 2003, 85, 89; Wachter, GmbHR 2006, 544, 547; Mankowski, BB 2006, 1173, 1175 f.; jüngst Eidenmüller / Rehberg, NJW 2008, 28, 30. Tendenziell ebenso, aber im konkreten Fall offen gelassen BGH, GmbHR 2007, 870, 871 f. Rz. 14 –17. Zweifelnd jetzt aber Wachter, in: Süß / Wachter, Handbuch des internationalen GmbHRechts, 2006, § 2 E Rn. 81; gegen eine Anwendbarkeit MünchKommAktG / Altmeppen, Europäisches Aktienrecht Teil B Kapitel 4 Rn. 58.

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geht es in aller Regel nicht mehr um die Ausnutzung von Freiheiten, sondern darum, den Umstand auszunutzen, dass Inhabilitäten bislang nicht europaweit durchgesetzt werden. 1521 Diese Vermutung ist jedoch im Einzelfall auf konkrete Umstände zu stützen, denn die Motivationslage für den Gebrauch einer Zweigniederlassung kann vielfältig sein. 1522 Für diese Lösung ist zu beachten, dass es im Grunde gar nicht darum geht, § 6 Abs. 2 GmbHG auf die Zweigniederlassung anzuwenden, da diese die Niederlassungsfreiheit missbraucht. Vielmehr geht es darum, dass § 6 Abs. 2 GmbHG direkt auf die Gesellschaft angewendet werden soll, da der Inhabile die Grundfreiheiten missbraucht. Akzeptiert man dies, so ist eine Sonderanknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG demnach in den Umgehungsfällen möglich, sofern ein (auf konkreten Umständen beruhender) Missbrauchsfall der Grundfreiheit durch das Organ vorliegt. 1523 Zu weit ginge es hingegen, wenn aus dem Missbrauchsfall gefolgert wird, dass der Gesellschaft die Anerkennung zu versagen sei. 1524 Eine derartige Einschränkung der Niederlassungsfreiheit selbst im Missbrauchsfall wird die Grenzen der Erforderlichkeit überschreiten und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. 1525 (bb) Sonderanknüpfung wegen teilweiser Geltung der Sitztheorie Teilweise wird angenommen, dass nur für die Frage der Anerkennung und Haftung auf das Heimatrecht abzustellen sei, während für die übrigen Fragen weiterhin das Gesellschaftsstatut nach der Sitztheorie zu bestimmen sei. 1526 Diese Anknüpfung über die Sitztheorie führt dann für das Organisationsrecht der Zweigniederlassung zur Anwendung von § 6 Abs. 2 GmbHG, wobei sich die Sonderanknüpfung an den Grundfreiheiten messen lassen muss. (cc) Rechtfertigung und Folge der Anknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG Grundsätzlich ist die Anknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG gerechtfertigt, da sie mit dem Gläubigerschutz dem Schutz zwingender Allgemeininteressen dient. 1527 1521

Vgl. Seifert, RIW 2001, 68, 69; Hirte, ZInsO 2003, 833, 836. Wachter, GmbHR 2006, 544, 547; Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 25. 1523 Vgl. die Nachweise in Fn. 1520 (2. Teil). 1524 Knapp, DNotZ 2003, 85, 89; Wachter, GmbHR 2006, 544, 547; Lutter / Hommelhoff 16 / Lutter / Bayer, GmbHG, § 12 Rn. 22. 1525 Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 3 Rn. 101. 1526 MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 127, 407; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 3 Rn. 122. 1522

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Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung ist hingegen zu beachten, welche Rechtsfolgen § 6 Abs. 2 GmbHG besitzt. Nicht gangbar ist es, die Bestellung des Organs gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG für unwirksam zu erklären. Mangels eines gesonderten Bestellungsakts fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für § 6 Abs. 2 GmbHG. Denn eine Zweigniederlassung – unabhängig davon, ob sie die gesamte Geschäftstätigkeit der Gesellschaft ausmacht oder nicht – ist und bleibt ein rechtlich unselbständiger Teil der Hauptniederlassung. Es ist in aller Deutlichkeit nochmals zu betonen, dass es nicht darum geht, dass jemand zum Geschäftsführer einer Zweigniederlassung in Deutschland bestellt wird. 1528 Wird jemand zum Organ der Hauptniederlassung bestellt, ist er auch Geschäftsführer jeder später errichten Zweigniederlassung. Eine organisationsrechtlich geteilte Position dergestalt, dass der Betroffene in der Hauptniederlassung Organ ist und in der Zweigniederlassung nicht, kommt angesichts der rechtlichen Unselbstständigkeit letzterer nicht in Betracht. 1529 Vernünftig und erforderlich wäre es, ein Tätigkeitsverbot in Deutschland anzunehmen. Damit würde die Bestellung nach dem Recht eines anderen Staates respektiert und zugleich die Allgemeinheit in Deutschland effektiv geschützt. Sinn und Zweck von § 6 Abs. 2 GmbHG wird man ein solches Tätigkeitverbot als Folge für ausländische GmbHs entnehmen können. 1530 Beschränkt man die Rechtsfolge von § 6 Abs. 2 GmbHG daher auf ein Tätigkeitsverbot für den Geschäftsführer der ausländischen GmbH, lässt sich eine Sonderanknüpfung an diese Norm rechtfertigen. (dd) Zusammenfassung Vertritt man die Gründungstheorie in ihrer absoluten Fassung, so ist eine Sonderanknüpfung an § 6 Abs. 2 GmbHG für das Organ nur im Falle eines konkreten Missbrauchs möglich. Dieser liegt aber nahe, wenn ein Organ die deutschen Inhabilitätsgründe umgeht. Wendet man neben der Gründungs- auch die Sitztheorie an, so kann an § 6 Abs. 2 GmbHG – unabhängig von einem Missbrauch – angeknüpft werden. Folge der Anwendbarkeit von § 6 Abs. 2 GmbHG ist ein Tätigkeitsverbot für die besagte Person in Deutschland, kein Bestellungsverbot für diese Gesellschaft. 1527 Siehe 1. Teil: H.II.1.a). Sofern man sich dazu entschließt, eine Sonderanknüpfung vorzunehmen, da ein Missbrauch der Grundfreiheiten vorliegt, würde dieser Missbrauch allein zur Rechtfertigung schon ausreichen. 1528 Unzutreffend daher MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 558, der davon spricht, dass eine Zweigniederlassung Inhabile nicht bestellen könne, sowie jüngst BGH, GmbHR 2007, 870, 871 Rz. 12. 1529 Mankowski, BB 2006, 1173, 1174; vgl. auch Wachter, GmbHR 2006, 544, 546. 1530 Anders aber Wachter, GmbHR 2006, 544, 546; tendenziell auch Mankowski, BB 2006, 1173, 1174.

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(d) Ergebnis § 6 Abs. 2 GmbHG findet insoweit Anwendung, als nach der Sitztheorie das maßgebliche Gesellschaftsstatut für die Organfähigkeit bestimmt wird, für die Anerkennung der Gesellschaft als solche aber die Gründungstheorie gelten soll. 1531 In diesen Fällen kommt es zu einem Tätigkeitsverbot für den Geschäftsführer. Gleiches gilt bei der absoluten Anwendung der Gründungstheorie, da in der Regel von einem Missbrauchsfall ausgegangen werden kann. cc) Lösung über das Registerrecht (1) Ansicht des BGH: Keine Eintragung der Zweigniederlassung Teilweise wird versucht, unabhängig von dem aus der Sonderanknüpfung resultierenden Tätigkeitsverbot den Umgehungskonstellationen damit beizukommen, dass die Eintragung der Zweigniederlassung versagt wird. 1532 Diese Ansicht wird vor allem durch den BGH und das OLG Jena in seiner Divergenzvorlage an den BGH vertreten. 1533 Bestehe eine Gewerbeuntersagung, welche auch die Stellung als Vertretungsberechtigter erfasse, so sei die Tätigkeit des Betreffenden in Deutschland deshalb auch als Geschäftsführer einer Zweigniederlassung verboten. Die bei der Anmeldung erforderlichen Angaben, die gemäß § 13g Abs. 3 HGB durch § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG ergänzt würden, setzten „selbstverständlich“ voraus, dass der Geschäftsführer der ausländischen Gesellschaft die Voraussetzungen der § 6 Abs. 2 GmbHG zu erfüllen habe. 1534 Die Einheit der Rechtsordnung gebiete es, dass bereits bei der Eintragung die Gewerbeuntersagung zu berücksichtigen sei. Anderenfalls würde bei der späteren Durchsetzung der Untersagungsverfügung die Zweigniederlassung de facto handlungsunfähig. Die Inhabilität dürfe nicht umgangen werden. Europäisches Recht stünde dem nicht entgegen. (2) Allgemeine Kritikpunkte Die Intention, die hinter diesem Ergebnis steht, ist verständlich und zustimmungswürdig. Keiner bestreitet ernsthaft, dass diese Umgehungskonstellationen verhindert werden müssen. 1535 Hingegen bietet die Eintragungsversagung gegen1531 Anderer Ansicht Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 19. § 6 Abs. 2 generell für unanwendbar hält offenbar auch das OLG Oldenburg, GewArch 2002, 430, dass einen Missbrauchsfall nicht erwähnt. 1532 OLG Zweibrücken, BB 2003, 864, 866; AG Limburg a. d. Lahn, GewArch 2005, 28, 29. Offenbar auch Seifert, RIW 2001, 68, 69. 1533 BGH, GmbHR 2007, 870 ff.; OLG Jena, GmbHR 2006, 541 ff. 1534 BGH, GmbHR 2007, 870 Rz. 6. 1535 Siehe auch Wachter, GmbHR 2006, 544, 546; Mankowski, BB 2006, 1173, 1174.

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über der Zweigniederlassung nicht die Möglichkeit, dieser Praxis entgegenzutreten. Auch die Einheit der Rechtsordnung vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Dem BGH (und dem OLG Jena) ist in einer Reihe von Punkten zuzustimmen. Eine bereits bestehende Gewerbeuntersagung gegen den Geschäftsführer einer Zweigniederlassung kann durch die Gewerbebehörde durchgesetzt werden. Deren Maßnahme richtet sich nur gegen die Tätigkeit der Person, nicht gegen ihre Bestellung. Die Abschaffung der Versicherungspflicht für Vertreter einer Zweigniederlassung 1993 spricht nicht dafür, dass der Gesetzgeber es einem Inhabilen erlauben wollte, uneingeschränkt in Deutschland tätig zu werden. 1536 Die Bestellung und Amtsfähigkeit richtet sich grundsätzlich nach dem Heimatrecht, für welches das Registergericht keine Prüfungskompetenz besitzt. Ebenso ist klar, dass durch die Tätigkeit in der Zweigniederlassung vor allem die inländische Öffentlichkeit berührt wird und eines Schutzes bedarf. Allerdings irren die Vertreter der soeben zitierten Ansicht in wichtigen Punkten. Zunächst einmal unterliegen BGH und OLG Jena einem Irrtum, wenn es heißt, dass „ es ... (in der Zweigniederlassung) an einer wirksamen Geschäftsführerbestellung (mangele)“ 1537 bzw. jemand „als Leiter der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft bestellt werden soll.“ 1538 Der Geschäftsführer der ausländischen Kapitalgesellschaft ist Leiter der Zweigniederlassung. Ferner ist die Behauptung des BGH, der Verweis in § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG auf erforderlichen Angaben zur Person des Geschäftsführers setze „selbstverständlich“ voraus, dass die Habilitätsgründe des § 6 Abs. 2 GmbHG eingehalten werden müssen, 1539 eine petitio principii. Aus § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG lässt sich nicht mehr herleiten als der Wortlaut aussagt: bei der Anmeldung sind die Personen der Geschäftsführer anzugeben. Ob eine Person habil ist, richtet sich allein nach § 6 Abs. 2 GmbHG 1540 und diese Vorschrift gilt nur in den zuvor 1541 geschilderten Konstellationen. Dieses Ergebnis bestätigt auch der Gesetzgeber, wenn er mit dem MoMiG eine Überleitungsvorschrift für § 6 Abs. 2 S. 2, 3 GmbHG auf Zweigniederlassungen einführt. 1542 1536 Anders offenbar MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 918. Zum einen handelt es sich aber bei § 8 Abs. 3 GmbHG nicht um „Bestellungsverbote“, zum anderen leiten die von ihm zitierten Quellen die Versagung der Eintragung nicht aus § 8 Abs. 3 GmbHG her, sondern nehmen einen Missbrauchsfall an. 1537 BGH, GmbHR 2007, 870, 871 Rz. 12. 1538 OLG Jena, GmbHR 2006, 541, 542; MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 558; ebenso Eidenmüller / Rehberg, NJW 2008, 28 ff. Kritisch daher zu Recht auch Wachter, GmbHR 2006, 544, 546; Mankowski, BB 2006, 1173, 1174. 1539 BGH, GmbHR 2007, 870 Rz. 6. 1540 Ebenso Römermann, GmbHR 2007, 873, 874. 1541 Siehe 2. Teil: J.III.1.c)bb)(2)(c). 1542 BT-Drs. 16/6140, S. 49 f. So auch Römermann, GmbHR 2007, 873, 874.

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Darüber hinaus spricht die Einheit der Rechtsordnung nicht dafür, die Eintragung der Zweigniederlassung zu versagen. 1543 Ob die Gesellschaft später wegen einer Gewerbeuntersagung gegen den Geschäftsführer „de facto handlungsunfähig“ wird bzw. ist, ist einzig und allein ein Problem der Gesellschaft. 1544 Und noch nicht einmal ein besonders großes, da die Gesellschaft ständige Vertreter bestellen kann. 1545 Des Weiteren vermag der Verweis auf schutzwürdige inländische Interessen ein berechtigtes Motiv sein, gegen die Umgehung vorzugehen, bietet aber keine rechtliche Grundlage für ein Einschreiten. 1546 Ein Umstand, der im Übrigen verfassungsrechtlich äußerst bedenklich ist. Das AG Limburg an der Lahn verweist schließlich darauf, dass auch die Eintragung in die Handwerksrolle nicht durch eine Zweigniederlassung umgangen werden könne, weshalb das gleiche auch für die Inhabilität gelten müsse. 1547 Dies spricht aber nicht für die Praxis der Registergerichte, denn anders als bei der Organfähigkeit gibt es ein „Scharnier“ mit § 13 Abs. 2 S. 2 HGB, das die Umgehung hindert. 1548 Entscheidend ist indes vor allem, dass die Versagung der Eintragung der Zweigniederlassung mitnichten die Tätigkeit des Vertretungsberechtigten in Deutschland untersagt. 1549 Die Eintragung ist nur deklaratorisch, die Zweigniederlassung daher bereits wirksam gegründet und der Inhabile deren Organ. Die Versagung der Eintragung der Zweigniederlassung sorgt weder für ein Bestellungs- noch für ein Tätigkeitsverbot. Dies kann nur das materielle Gesellschaftsrecht. 1543

Wachter, GmbHR 2006, 544, 546; Mankowski, BB 2006, 1173, 1174, 1176. Ebenso Wachter, GmbHR 2006, 544, 546. 1545 Implizit scheinen BGH und OLG Jena hier der Meinung zuzuneigen, die eine Eintragung entgegen § 7 HGB ins Handelsregister ablehnt, wenn ein unbehebbares öffentlichrechtliches Eintragungshindernis besteht, K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 IV 2, S. 288; OLG Düsseldorf, BB 1985, 1933 (für eine GmbH, allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Eintragung in die Handwerksrolle damals nach herrschender Meinung keine staatliche Genehmigung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG darstellte). Solche Eintragungshindernisse werden aber vornehmlich nur noch für Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften diskutiert und von der herrschenden Meinung sogar gänzlich abgelehnt, vgl. Mankowski, BB 2006, 1173, 1176; Staub / Brüggemann, HGB, § 7 Rn. 7; Röhricht / von Westphalen / Ammon / Röhricht, HGB, § 7 Rn. 4. 1546 Siehe auch Wachter, GmbHR 2006, 544, 546. 1547 GewArch 2005, 28, 29. 1548 So Mankowski, BB 2006, 1173, 1176. Zum anderen ist zweifelhaft, ob § 13 Abs. 2 S. 2 HGB nicht europarechtswidrig ist, da gegen die Zweigniederlassungsrichtlinie verstoßen werde. Für Europarechtswidrigkeit Wachter, GmbHR 2006, 793, 796; Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 48; dagegen KG, NJWRR 2004, 31, 334; OLG Celle, GmbHR 2007, 203, 204; MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 927. 1549 Wachter, GmbHR 2006, 544, 546. Kritisch zuletzt Eidenmüller / Rehberg, NJW 2008, 28, 29. 1544

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(3) Insbesondere: Europarechtswidrigkeit der Ablehnung der Eintragung All dies vorangestellt, ist im Übrigen festzuhalten, dass es gegen die Grundfreiheiten verstößt, die Eintragung der Zweigniederlassung abzulehnen. 1550 Vereinbar ist die Lösung des BGH im Hinblick auf Sekundärrecht, denn die Zweigniederlassungsrichtlinie regelt zwar abschließend die Offenlegungspflichten der Gesellschaft, 1551 nicht hingegen die Frage der Eintragung einer Zweigniederlassung bzw. der Durchsetzung einer Inhabilität, von Berufsverboten oder Gewerbeuntersagungen. 1552 Indessen wird gegen das Primärrecht verstoßen. 1553 Der Eingriff in die Niederlassungsfreiheit verfolgt zwar schutzwürdige Belange des Gemeinschaftsrechts, da die Gläubiger und die Öffentlichkeit vor unseriösen Geschäftsführern geschützt werden sollen. Wachter zweifelt jedoch bereits an der Eignung der Maßnahme der Registergerichte. 1554 Allerdings verkennt Wachter, dass Geeignetheit nur meint, dass die Maßnahme dem Ziel überhaupt förderlich ist. Die Eintragung der Zweigniederlassung und deren Geschäftsführer ist nur deklaratorisch und hindert eine faktische Tätigkeit in Deutschland natürlich nicht. So gewendet wäre aber auch die Versagung der deklaratorischen (!) Eintragung eines inhabilen Geschäftsführers nicht geeignet, die Inhabilität durchzusetzen. Mit dieser Ansicht schätzt man die tatsächliche Bedeutung des Handelsregisters gering. Der Geschäftsverkehr wird über die Verhältnisse in der Gesellschaft informiert und wird / kann dies zum Anlass nehmen, mit Gesellschaften, die nicht im Handelsregister stehen, keine Geschäfte abzuschließen. Nicht eingetragene Tatsachen können Dritten nicht nach § 15 Abs. 2 HGB entgegengesetzt werden. Diese könnten sich hingegen wegen eintragungspflichtigen Tatsachen auf § 15 HGB berufen. Daher hat die Eintragung auch bei deklaratorischen Eintragungen eine besondere Bedeutung. Eine Sanktionswirkung und Druckfunktion ist nicht zu leugnen. 1555

1550 Sofern man den Eingriff nicht bereits wegen einer fehlenden gesetzlichen Grundlage für nicht gerechtfertigt hält. 1551 Siehe den Wortlaut der Richtlinie in Art. 2 Abs. 1 („lediglich“) und EuGH, Rs. C-167/01, Inspire Art ltd., Slg. 2003, I-10155 Rn. 69 f. 1552 So zu Recht unter anderem RefE MoMiG, S. 70; BT-Drs. 16/6140, S. 50. 1553 Im Ergebnis auch Wachter, GmbHR 2006, 544, 546. 1554 Wachter, GmbHR 2006, 544, 546; ähnliche Bedenken hat offenbar Mankowski, BB 2006, 1173, 1177, der für eine Versicherungspflicht keine geeignete Rechtsfolge ausmacht. Den gleichen Vorwurf richtet Wachter, GmbHR 2006, 793, 798, auch an den Gesetzgeber bezüglich des RefE MoMiG. 1555 Siehe jetzt auch BGH, GmbHR 2007, 870, 872 Rz. 20, 21 und Dierksmeier, BB 2007, 1861, 1862.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Die Eintragung zu versagen, ist eine Maßnahme, der man daher nicht absprechen kann, dass sie das Ziel, eine Umgehung zu verhindern, fördert. Die Tätigkeit wird immerhin erschwert, wenn auch nicht verhindert. Im Übrigen widerspricht sich Wachter, wenn er der Eintragung der Zweigniederlassung jegliche Eignung absprechen möchte, dann aber eine Änderung der Zweigniederlassungsrichtlinie fordert, nach der die Eintragung derselben von einer Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG abhängig gemacht werden darf. 1556 Auch diese Maßnahme müsste nach seinem Verständnis nicht geeignet sein. Die Eintragung der Zweigniederlassung zu versagen, ist hingegen nicht erforderlich. BGH und OLG Jena begründen hier aufwendig, warum die Erforderlichkeit zu bejahen ist. 1557 Mildere Mittel in Deutschland oder im Herkunftsrecht stünden nicht zur Verfügung. Disqualifizierungen nach ausländischem Recht reichten weiter als eine Eintragungsversagung, die nur die Tätigkeit in Deutschland unterbinde. Zudem stünde dem Registergericht kein Prüfungsrecht zu, ob im Heimatstaat eine Disqualifikation bestehe. Schließlich sei auch eine spätere Untersagung nach § 35 GewO nicht milder, da diese die Gesellschaft handlungsunfähig mache. Des Weiteren könne die Gesellschaft in ihrer Zweigniederlassung immer noch einen ständigen Vertreter benennen, der für die Gesellschaft handeln könne. Zudem helfe auch das Informationsmodell nicht weiter. Nehme jemand Einsicht in das Handelsregister und erhalte Kenntnis von einer Eintragung, bestünde auf der einen Seite gerade kein Informationsbedarf mehr. Zum anderen sprächen die erhaltenen Informationen dafür, dass alles seine Richtigkeit habe. Dabei wird übersehen, dass es eine mildere Maßnahme ist, wenn nicht der Gesellschaft, sondern nur dem Organ die Eintragung versagt wird. 1558 Denn so wird nur derjenige getroffen, der auch tatsächlich getroffen werden soll. Über die gleiche Effektivität mag man streiten; vieles spricht aber dafür, dass eine solche Lösung effektiv ist, denn auch bei der GmbH wird schließlich so mit inhabilen Personen verfahren. Die Gesellschaft trifft nur mittelbar die Sanktion, dass ihr Geschäftsführer nicht eingetragen wird. Dass man zudem wegen des Missbrauchs der Niederlassungsfreiheit des Geschäftsführers der Zweigniederlassung die Eintragung versagen möchte, ist schließlich bedenklich. 1559 Wenigstens der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dürfte gegen diese Maßnahme sprechen. Es ist weniger die Gesellschaft als der GesellschafterGeschäftsführer, der die Niederlassungsfreiheit missbraucht. Daher sollten sich Sanktionen auch gegen ihn richten. 1556 1557 1558

Wachter, GmbHR 2006, 544, 547. BGH, GmbHR 2007, 870, 872 f., Rz. 22 –23; OLG Jena, GmbHR 2006, 541, 543 f. Siehe jüngst mit einem vergleichbaren Ansatz Eidenmüller / Rehberg, NJW 2008,

28, 30. 1559

Offen gelassen von BGH, GmbHR 2007, 870, 872 Rz. 16 ff.; OLG Jena, GmbHR 2006, 541, 544.

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG

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dd) Ergebnis Das Registerrecht bietet keine Grundlage dafür, die Zweigniederlassung nicht einzutragen, wenn ihr Organ in Deutschland inhabil ist. Möglich wäre es höchstens, nur dem Organ die Eintragung ins Register zu versagen. Für eine solche Lösung fehlt es hingegen an einer Rechtsgrundlage. Selbst wenn man § 6 Abs. 2 GmbHG ein Tätigkeitsverbot für das Organ der Zweigniederlassung entnimmt, fehlt es weiterhin an einer gesetzlichen Grundlage dafür, die Eintragung abzulehnen. ee) Zusammenfassung Im Bereich des Gewerberechts können Umgehungskonstellationen einfach und effektiv verhindert werden. 1560 Im Übrigen besteht die Möglichkeit für die Geschäftsführer der meisten solcher Zweigniederlassungen aus § 6 Abs. 2 GmbHG ein Tätigkeitsverbot abzuleiten. Die Eintragung ins Handelsregister kann hingegen nicht versagt werden. d) Lösung nach dem Inkrafttreten des MoMiGs aa) Lösung des Gesetzgebers im MoMiG Mit dem MoMiG möchte der Gesetzgeber die zuvor ausgeführte Diskussion beenden und Lücken schließen. 1561 Dazu sieht der neue § 13e Abs. 3 S. 2 HGB vor, dass die Ausschlussgründe des § 6 Abs. 2 S. 2, 3 GmbHG (dies sind die derzeitigen § 6 Abs. 2 S. 2 –4 GmbHG) für den gesetzlichen Vertreter einer Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft entsprechend gelten. Um Umgehungskonstruktionen zu verhindern, sollen für die gesetzlichen Vertreter einer inländischen Zweigniederlassung, also die gesetzlichen Vertreter der ausländischen Kapitalgesellschaft, dieselben Eignungsvoraussetzungen gelten. Liegt eine Inhabilität vor, so könnte eine Zweigniederlassung im Inland nicht angemeldet werden. Diese Folge sei eine Beschränkung der Grundfreiheiten, die deutsche Gesellschaften ebenso träfe und sei daher nicht diskriminierend. Die Zweigniederlassungsrichtlinie stünde einer Regelung nicht entgegen, da sie lediglich die Offenlegungspflichten regele, nicht aber die Eignung der Vertreter. Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit sei zu rechtfertigen. Der Schutz des geschäftlichen Verkehrs vor ungeeigneten Vertretern sei ein zwingendes rechtfertigendes Erfordernis des Allgemeininteresses. Die § 6 Abs. 2 S. 2, 3 GmbHG (derzeit § 6 Abs. 2 S. 2 –4 GmbHG) seien für die Eignung von entscheidender Bedeutung. In der Anmeldung sei künftig zu versichern, dass keine Inhabilitätsgründe bestehen, § 13g Abs. 2 S. 2, Abs. 5 HGB. 1560 1561

So auch Mankowski, BB 2006, 1173, 1178. RefE MoMiG, S. 69; BT-Drs. 16/6140, S. 49.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

bb) Kritik Die gesetzgeberische Initiative, Umgehungskonstruktionen zu verhindern, ist begrüßenswert und sinnvoll. Die vorgeschlagenen Änderungen des HGB sind hingegen unzureichend. 1562 Zunächst einmal war die Ausdrucksweise des Gesetzgebers im RefE MoMiG äußerst verwirrend. So sprach er davon, die Gründung von Zweigniederlassungen zu verhindern. 1563 Darum konnte es freilich überhaupt nicht gehen. 1564 Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist ein tatsächlicher Akt, mit dessen Abschluss die Zweigniederlassung „gegründet“ ist. In diesen „Gründungsvorgang“ kann der Gesetzgeber nicht eingreifen. Offenbar meinte der Gesetzgeber im RefE MoMiG unter „Gründung“ deren Anmeldung bzw. Eintragung, die er regulieren wollte. 1565 Dies konnte man vor allem aus der systematischen Einordnung in die Eintragungsvorschriften für Zweigniederlassungen entnehmen. Mit dem (RegE) MoMiG weist der Gesetzgeber nun ausdrücklich darauf hin, dass es ihm allein darum gehe, dass ein Inhabiler in Deutschland eine Gesellschaft nicht anmelden und eintragen lassen können soll. Der Begriff der „Gründung“ wurde daher in der Begründung durch „Anmeldung“ ersetzt. Aus dem Gesetzeswortlaut des neuen § 13e Abs. 3 S. 2 HGB wird jedoch nicht ganz deutlich, welche Rechtsfolge die dann anzuwendenden § 6 Abs. 2 GmbHG, § 76 Abs. 3 AktG haben. 1566 Die Unwirksamkeit der Bestellung scheidet aus, denn in der Zweigniederlassung gibt es keinen Bestellungsakt, an den angeknüpft werden könnte. 1567 Sinnvollstes und naheliegendes Ergebnis ist das bereits angesprochene Tätigkeitsverbot und daraus resultierend das Recht, die Eintragung des Organs abzulehnen. 1568 § 6 Abs. 2 GmbHG regelt die Habilität eines Organs, also dessen Amtsfähigkeit. Soll diese Norm entsprechend angewendet werden, so sollten sich die Rechtsfolgen auch nur auf die Amtsfähigkeit der entsprechenden Organperson beschränken. 1562 Gleiches Fazit bei Wachter, GmbHR 2006, 793, 798 f. Dem RegE im Ergebnis zustimmend, aber einen anderen Wortlaut fordernd Kindler, AG 2007, 721, 730. 1563 RefE MoMiG, S. 69 ff. Ebenso von Gründung spricht Seibert, ZIP 2006, 1157, 1168. 1564 So zu Recht auch Noack, DB 2006, 1475, 1483. 1565 Vgl. Noack, DB 2006, 1475, 1483. 1566 Kritisch zum Wortlaut auch Kindler, AG 2007, 721, 730. 1567 Jetzt deutlich BT-Drs. 16/6140, S. 50 („... nicht bedeutet, dass an den deutschen Inhabilitätsvorschriften die Fähigkeit von Personen, Organ einer Auslandsgesellschaft zu sein, gemessen wird.“). 1568 Siehe 2. Teil: J.III.1.c)bb)(2)(c)cc). Kindler, AG 2007, 721, 730, entnimmt dem Wortlaut und dem Zusammenhang der neuen Regelung vordergründig das Ergebnis, dass auf Grund dieser Norm nur die Eintragung als Vertreter der Zweigniederlassung versagt werden könne. Da er – wie der Gesetzgeber – die Ablehnung der Eintragung der Zweigniederlassung als Rechtsfolge anstrebt, schlägt er im Ergebnis einen anderen Wortlaut vor.

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG

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Der Gesetzgeber sieht hingegen ausweislich der Begründung als Rechtsfolge vor, dass eine Zweigniederlassung durch einen Inhabilen nicht angemeldet und im Ergebnis auch nicht eingetragen werden kann. 1569 Eine so verstandene Rechtsfolge des neuen § 13e Abs. 3 S. 2 HGB verstößt hingegen gegen Europarecht. Zu Recht weist der Gesetzgeber noch daraufhin, dass gegen die Zweigniederlassungsrichtlinie durch diese Regelung nicht verstoßen wird. Und auch der zwingende Grund des Allgemeininteresses, der den Eingriff in die Grundfreiheiten rechtfertigen kann, wird zutreffend ausgemacht. Interessanterweise beendet der Gesetzgeber mit dieser Feststellung seine europarechtliche Prüfung und äußert sich nicht mehr zur Verhältnismäßigkeitsprüfung. Wie zuvor schon dargelegt, ist indessen die Versagung der Eintragung für die Gesellschaft zwar ein geeignetes, aber nicht erforderliches Mittel. 1570 Mit der Eintragungsversagung für das Organ steht ein milderes und gleich effektives Mittel zur Verfügung. Noack kritisiert die Regelung des MoMiGs, da sie widersprüchlich sei. 1571 Werde die Eintragung der Niederlassung versagt, da ein Eintragungshindernis nach § 6 Abs. 2 GmbHG bestehe, könne kein Zwangsgeld gegen die Gesellschaft mehr verhängt werden. Denn man könne nicht die Anmeldung für unwirksam erklären, zugleich aber ein Zwangsgeld wegen unterlassener Anmeldung verhängen. Zweigniederlassungen würden dann ohne Konsequenzen nicht im Handelsregister erscheinen. Letzteres ist nicht ganz richtig, denn eine fehlende Eintragung im Handelsregister kann über § 15 HGB Folgen haben. Mit seiner ersten Aussage legt Noack hingegen den Finger in die Wunde. Zwangsgelder, welche die Gesellschaft zur Anmeldung anhalten sollen, können nicht durchgesetzt werden. Angesichts der derzeit bestehenden Defizite, Zweigniederlassungen effektiv zur Anmeldung anzuhalten, eine problematische Folge. 1572 1569

BT-Drs. 16/6140, S. 50. Kindler, AG 2007, 721, 730, weist zu Recht darauf hin, dass eine Anknüpfung an die Anmeldung zu kurz greife. Meldeten nur die habilen Organpersonen in vertretungsberechtigter Zahl die Gesellschaft an, hätte das Registergericht keine Handhabe, die Eintragung der Gesellschaft zu versagen. 1570 2. Teil: J.III.1.c)cc)(3). 1571 DB 2006, 1475, 1483. Zu Recht hebt Noack unter Verweis auf den BGH, NJW 2005, 1648, 1649 f,. hingegen hervor, dass die Nichteintragung der Zweigniederlassung nicht zu einer Haftung nach dem Recht der Vor-GmbH führt. 1572 Die herrschende Meinung im Registerrecht lehnt es ab, Zwangsgelder gegen Geschäftsführer zu verhängen, die sich im Ausland aufhalten, da diese nicht durchsetzbar seien, Keidel / Kuntze / Winkler, FGG, § 132 Rn. 17 m.w. N.; Hachenburg 8 / Ulmer, GmbHG, § 12 Rn. 40. Dazu zu Recht kritisch die im Vordringen befindliche Gegenauffassung Ebenroth / Boujong / Joost / Pentz, HGB, § 13e Rn. 87; Röhricht / von Westphalen / Ammon / Ammon, HGB, § 13e Rn. 14; Staub / Hüffer, HGB, § 13b Rn. 22. Im Übrigen wird ein Vollzugsdefizit wegen der fehlenden Information der Registergerichte beanstandet, Wachter, GmbHR 2006, 793, 794. Der Bundesrat bat die Bundesregierung darum, im weiteren Verfahren zu prüfen, ob die Einhaltung der Eintragungspflicht nicht durch geeignete Sanktionen sichergestellt

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Eine weitere Tatsache erstaunt. Der Gesetzgeber führt die 1993 abgeschaffte Versicherungspflicht wieder ein. 1573 Ob diese Offenlegungspflicht indes mit der Zweigniederlassungsrichtlinie vereinbar ist, prüft er nicht. Unverständlicherweise, denn dann wäre dem Gesetzgeber aufgefallen, dass die Offenlegung der Amtsfähigkeit gegen die Richtlinie verstößt. 1574 Hier kann man sich auch nicht mit dem Hinweis behelfen, die Richtlinie regele nicht die Eignung der Vertreter. 1575 Denn die Offenlegungspflichten sind in der Richtlinie abschließend aufgeführt. 1576 Schließlich hatte Wachter eine Lücke im RefE MoMiG aufgedeckt. 1577 Der Gesetzgeber hatte den Wortlaut der Strafbestimmungen des § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG nicht geändert und verwies für die Zweigniederlassung auch nicht auf diese Norm. Eine falsche Versicherung vor dem Registergericht wäre daher nicht strafbar gewesen, denn § 82 GmbHG ist eine rechtsformspezifische Norm, die auf die Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft nicht anwendbar gewesen wäre. 1578 Diese Lücke hat der Gesetzgeber mit dem MoMiG nun geschlossen und erstreckt § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG auf „Geschäftsleiter einer ausländischen juristischen Person“. 1579 Die Änderung innerhalb des GmbHG ist nicht ganz glücklich, da sie für eine Zweigniederlassung einer ausländischen GmbH an eher versteckter Stelle zu finden ist. Mit einem Verweis auf eine entsprechende Anwendbarkeit des § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG im HGB wäre für die Rechtsklarheit wohl mehr gewonnen.

werden könne, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 22. Die Bundesregierung stimmte dieser Prüfbitte zu, BT-Drs. 16/6140, S. 78. 1573 Zu Unrecht insofern kritisch Wachter, GmbHR 2006, 793, 798. Wachter führt aus, dass die Aussage des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung, die Bestellung richte sich nach ausländischem Recht und eine Versicherung könne nicht verlangt werden, unverändert fortgelte. Dies bezweifelt der Gesetzgeber hingegen nicht. Der Gesetzgeber möchte, dass bei der „Gründung“ einer Zweigniederlassung, die Inhabilitätsvorschriften Berücksichtigung finden. Dass sich die Bestellung nach ausländischem Recht richtet, möchte er nicht in Frage stellen. 1574 So jetzt auch Kußmaul / Richter / Ruiner, DB 2008, 451, 455. Im Ergebnis ebenso Wachter, GmbHR 2006, 793, 798, der allerdings die Frage, ob die Richtlinie Vorgaben für die Eignung enthält und ob die Eignung offen zu legen ist, nicht sauber trennt. 1575 Davon geht scheinbar die Begründung zum RefE MoMiG, S. 70, aus. 1576 Siehe die Nachweise in Fn. 1551 (2. Teil). 1577 GmbHR 2006, 793, 798. 1578 Dies hält Wachter, GmbHR 2006, 793, 798, nur für „zweifelhaft“. Die strafrechtliche Literatur wendet sich bislang geschlossen gegen eine Anwendbarkeit der spezifischen Straftatbestände, siehe unten 2. Teil: J.III.2. 1579 BT-Drs. 16/9737, S. 25 (elektronische Vorabfassung). Siehe zu den sprachlichen Änderungen bereits oben Fn. 1150 (2. Teil).

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG

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cc) Sinnvolle Änderungen (1) Europäische Ebene Die beste Lösung wäre es, die europäischen Bestrebungen über EU-weite Tätigkeitsverbote möglichst bald umzusetzen. 1580 Ob dies im Wege eigener Tätigkeitsverbote oder mittels der Anerkennung und des verbesserten Informationsaustauschs bezüglich nationaler Tätigkeitsverbote geschieht, wäre eingehender zu untersuchen. So ließen sich Umgehungstatbestände jedenfalls effektiv verhindern. Im Übrigen ist für die europäische Rechtsform der EPG darauf zu achten, dass die Formulierung der Ausschlussgründe im Kommissionsvorschlag überarbeitet wird. 1581 Denn die bisherige Formulierung berücksichtigt allein Verbote, von Behörden oder Gerichten, die direkt die Tätigkeit als Geschäftsführer untersagen, lässt aber Ausschlussgründe, die akzessorisch ausgestaltet sind, unberücksichtigt. Inhabile aus Deutschland oder Italien oder Tschechien werden so überhaupt nicht erfasst. Ein Schritt in die richtige Richtung und vor allem notwendig, um effektive nationale Vorhaben überhaupt zu ermöglichen, ist eine Änderung der Zweigniederlassungsrichtlinie. 1582 Damit die Information der Registergerichte über die Habilität sichergestellt ist, ist gegenüber den Registergerichten die Habilität zu versichern. Durch eine solche Erweiterung der Offenlegungspflichten würde zudem auch die Information der Geschäftsführer einer Zweigniederlassung über bestehende Amtunfähigkeitsgründe sichergestellt. (2) Nationale Ebene Einen sehr sinnvollen Vorschlag für eine Erstreckungsnorm hat Hirte entworfen. 1583 Dass der Gesetzgeber diesen Vorschlag nicht aufgegriffen hat, verwundert, denn der Vorschlag war Teil einer Stellungnahme für das Bundesjustizministerium. Der Vorschlag lautet: „Für eine im Ausland gegründete juristische Person, deren effektiver Verwaltungssitz sich im Inland befindet, kann im Inland nicht als Vertreter handeln, wer nach § 6 Abs. 2 (u. U. nur: Satz 3) GmbHG nicht Geschäftsführer einer GmbH sein dürfte.“ 1584 1580

Siehe 1. Teil: G.I. und Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 393. Art. 30 Abs. 3 des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft, KOM (2008) 396, endg. 1582 Gernoth, Pseudo Foreign Companies, S. 394. Wachter, GmbHR 2006, 544, 547, schlägt sogar vor, die Richtlinie so zu ändern, dass ein Mitgliedstaat die Offenlegung darüber verlangen darf, dass der Betroffenen in allen Staaten der EU und des EWR habil ist, und ihm gegebenenfalls Eintragung der Zweigniederlassung versagen darf. 1583 ZInsO 2003, 833, 836. Ähnliche Stoßrichtung bei Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfung unter der Gründungstheorie, S. 206 ff.; ders., ZInsO 2004, 296, 301, 302. Siehe auch Wachter, GmbHR 2006, 544, 547. 1581

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Diese Norm möchte Hirte systematisch in die Übergangsvorschriften des GmbHG einordnen, da es an der Kodifikation eines Gesellschaftskollisionsrechts fehle. Die Formulierung sei rechtsformneutral ausgestaltet, damit jegliche Umgehung verhindert werde. Die Beschränkung auf das Inland sei klarstellend. Privatrechtlich handele es sich um eine Sonderanknüpfungsnorm, wenn man die Vertretungsregeln als Teil des Gesellschaftsstatuts ansehe. Europarechtlich sei eine solche Regelung unbedenklich. Diesem Vorschlag Hirtes ist zuzustimmen. 1585 Auch die von ihm angeführte Begründung ist zutreffend. Die rechtsformneutrale Gestaltung sichert ab, dass der Gesetzgeber nicht wie der Hase dem Igel hinterherläuft, um eine Umgehung mit Zweigniederlassungen immer anderer ausländischer Gesellschaften zu verhindern. Europarechtlich lässt sich die Norm tatsächlich rechtfertigen, denn sie erfolgt zu Gunsten eines zwingenden Allgemeininteresses. Sie ist geeignet, den Schutz der deutschen Öffentlichkeit zu fördern. Sie richtet sich vor allem an den richtigen Adressaten, den Inhabilen. Für diesen wird „nur“ ein Tätigkeitsverbot aufgestellt, anstatt der gesamten Zweigniederlassung die Eintragung zu versagen. Ob des Weiteren für die Erforderlichkeitsprüfung auch die Heimatrechte und deren Schutzmechanismen heranzuziehen sind, ist heftig umstritten. 1586 Selbst wenn man dies fordert, wird man die Erforderlichkeit einer deutschen Regelung nicht ablehnen können. Das deutsche Recht stellt zwar ein zusätzliches Hindernis auf und ist daher nicht milder als das Heimatrecht. Hingegen berücksichtigen die ausländischen Systeme in aller Regel nicht deutsche Inhabilitätsvorschriften oder beziehen deutsche Verurteilungen in ihr System ein. Daher wird kein effektiver Schutz vor Personen gewährleistet, die in Deutschland inhabil sind und mit der ausländischen Zweigniederlassung in Deutschland tätig werden. 1587 Der deutsche Gesetzgeber darf diesen Fall daher regeln. 1588 1584 Sollte man diese Formulierung als Anerkennung der Gründungstheorie deuten, schlägt Hirte eine andere Fassung vor, falls der Gesetzgeber genau dies vermeiden möchte. So soll mit den Worten „Für eine im Ausland gegründete juristische Person, die im Inland als solche anzuerkennen ist und deren effektiver Verwaltungssitz sich im Inland befindet,...“ beginnen, ZInsO 2003, 833, 836. 1585 Vgl. auch Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfung unter der Gründungstheorie, S. 206 ff.; ders., ZInsO 2004, 296, 301, 302. 1586 MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 430 f. m.w. N. 1587 Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 23, spricht davon, dass eine Rechtfertigung nur möglich sei, „wo ausländische Mindeststandards entweder fehlen, inhaltlich vernachlässigbar sind oder aber im Gründungsstaat nicht wirksam verfolgt werden (können).“ Gerade was die Berücksichtigung deutscher Inhabilitäten anbelangt, fehlt es an einer wirksamen Verfolgung. Siehe jetzt auch BGH, GmbHR 2007, 870, 872 f. Rz. 23. 1588 Tendenziell ebenso Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 7 Rn. 24, der dem Gesetzgeber zugesteht, die Missbrauchsfälle gesetzlich zu regeln.

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG

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Zwei Modifikationen von Hirtes Vorschlag sind hingegen angebracht. Möchte man, dass die Zweigniederlassung überhaupt anmeldefähig ist, 1589 wenn der einzige Geschäftsführer in Deutschland nicht tätig werden darf, so muss man für den Anmeldevorgang, und nur für diesen, dem Inhabilen die Tätigkeit erlauben. In diesem Fall kann dann auch wieder ein Zwangsgeld verhängt werden. Zudem sollte für das Registergericht eine ausdrückliche Ermächtigung geschaffen werden, die Eintragung des Organs der Zweigniederlassung im Handelsregister abzulehnen. Anderenfalls griffe das Tätigkeitsverbot zu kurz, wenn dieses nicht über die Publizitätswirkung des Handelsregisters abgedeckt würde. Lanzius weist darauf hin, dass die von Hirte erwogene Beschränkung auf § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG nicht überzeugt. 1590 Es seien allein § 6 Abs. 2 S. 1 –3 GmbHG in Bezug zu nehmen. Dieser Kritik ist nur insoweit zu folgen, als dass eine Beschränkung auf Satz 3 nicht recht einleuchtet. Auch wenn bei den Inhabilitätsgründen des Satzes 1 Alternative 2 und Satz 2 der Schutz der Inhabilen im Vordergrund steht, spielt der Schutz der Öffentlichkeit auch hier eine wichtige Rolle. Daher sind diese Normen ebenso zu erfassen. Geht man mit dem Gesetzgeber davon aus, dass der Ausschluss von juristischen Personen verfassungs- und europarechtskonform ist, müsste dieser Ausschlussgrund zum Schutz im Inland ebenso gelten. Lanzius möchte hingegen Satz 4 nicht in die Norm aufnehmen, da das strafrechtliche Berufsverbot und die Gewerbeuntersagung die Tätigkeit in Deutschland bereits verhinderten. 1591 Der Schutz durch § 6 Abs. 2 S. 4 1592 GmbHG reicht hingegen weiter als beim Berufsverbot oder der Gewerbeuntersagung, denn auch eine nur teilweise Übereinstimmung mit dem Unternehmensgegenstand schließt den Betroffenen vom Amt aus. Diesen Schutz sollte man nicht aufgeben. Lanzius kritisiert an Hirtes Vorschlag weiter, dass dieser die Umgehung von § 6 Abs. 2 GmbHG nicht vollständig hindere. 1593 Habe eine Gesellschaft ihren Sitz in einer grenznahen Stadt und bearbeite sie den deutschen Markt von dort aus, helfe Hirtes Vorschlag nicht weiter. Gerade in den Zeiten des E-Commerce sei eine weitere Erstreckung wünschenswert. Das Konzept des Company Directors Disqualification Act biete einen besseren Schutz, da es nicht an den Verwaltungssitz anknüpfe und dem Vertreter einer jeden Gesellschaft in England und Wales die Tätigkeit untersage. Um effektiv jegliche Umgehung der Inhabilitätsvorschriften 1589 1590

Etwa wenn für ein Deutschland ein ständiger Vertreter benannt wird. Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfung unter der Gründungstheorie,

S. 207. 1591

Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfung unter der Gründungstheorie,

S. 207. 1592 Nach der hier vertretenen Ansicht bleibt nur die Gewerbeuntersagung als Anknüpfungspunkt übrig. 1593 Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfung unter der Gründungstheorie, S. 207 f.; ders., ZInsO 2004, 296, 301.

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2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

zu verhindern, wäre eine solche Lösung sicher besser. Doch müsste man zum ersten schauen, ob ein solcher starrer Ausschluss verfassungs- und europarechtlich machbar wäre. 1594 Zum zweiten bestünde keine effektive Kontrollmöglichkeit. Die Zweigniederlassung einer Gesellschaft muss eingetragen werden und das Registergericht kontrolliert dabei die Habilität. An einer solchen Kontrolle fehlt es bei der grenzüberschreitenden Dienstleistung. Und zum dritten ist zu bemerken, dass der englische Gesetzgeber mit dem Companies Act 2006 das Konzept des Company Directors Disqualification Act modifiziert, um Umgehungsstrategien Herr zu werden. 1595 Daher war selbst das Schutzniveau des von Lanzius favorisierten englischen Systems nicht ausreichend. Daher sollte man sich erst einmal darauf beschränken, Hirtes Vorschlag umzusetzen, mit dem sich den bisherigen Umgehungskonstruktionen wirksam beikommen lässt. Kombinieren sollte man Hirtes Vorschlag dann aber damit, dass das Registerrecht die Eintragung des gesetzlichen Vertreters ins Handelsregister versagen kann und (nach der Änderung der Zweigniederlassungsrichtlinie) eine Offenlegungspflicht der Inhabilität besteht. So wird das bestehende deutsche System (fast) 1596 genauso auf eine Zweigniederlassung übertragen und das gleiche Schutzniveau wie im deutschen Recht geboten. 1597 Teilweise wird vorgeschlagen, § 6 Abs. 2 GmbHG auch auf ständige Vertreter einer Zweigniederlassung zu erstrecken, um die folgende Umgehungskonstruktion zu verhindern: 1598 Ein Inhabiler könnte sich in Deutschland zum ständigen Vertreter (dies sind Prokuristen oder Generalbevollmächtigte) 1599 der Zweigniederlassung bestellen lassen und so wieder die Geschäfte führen. Damit dehnt man § 6 Abs. 2 GmbHG auf Positionen aus, die nach der hier vertretenen Auffassung bei einer GmbH weiterhin bekleidet werden können. Dies wurde hier damit begründet, dass die Charakteristika der Organposition dafür sprechen, (nur) an diese Person derart hohe Anforderungen zu stellen. 1600 Dieser Gedanke gilt auch für 1594

Vgl. etwa die Tatsache, dass die Rechtfertigungsanforderungen an die Dienstleistungsfreiheit im Gegensatz zur Niederlassungsfreiheit höher sind, da gerade keine dauerhafte Teilnahme am Rechtsverkehr angestrebt wird, Grabitz / Hilf / Randelzhofer / Forsthoff, Recht der EU, Art. 43 EGV Rn. 23. 1595 Sec. 1182 ff. Companies Act 2006. Der Secretary of State wird ermächtigt, per Rechtsverordnung Vorschriften einzuführen, die sich mit der Disqualifikation von Personen befassen, denen in einem anderen Land die Leitung einer Gesellschaft untersagt ist. Zudem werden diesen Personen Berichtspflichten auferlegt. 1596 Es liegt „nur“ ein Tätigkeitsverbot vor. 1597 Dies korrespondiert mit der Forderung von Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 3 Rn. 101, prinzipiell die gleichen Sanktionen für die Auslands- wie die Inlandsgesellschaft aufzustellen. 1598 Wachter, GmbHR 2004, 88, 99. De lege lata bereits MünchKommBGB / Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 931. 1599 Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB, § 13e Rn. 13. 1600 2. Teil: G.VI.3.

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG

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die Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft. Vor allem sind die Umgehungskonstruktionen mit einem ständigen Vertreter schwieriger zu realisieren. Gründet der Inhabile eine ausländische Gesellschaft und bestellt er sich dort zum Geschäftsführer, kann er sich nicht mehr zum ständigen Vertreter in der Zweigniederlassung bestellen. Es sind also deutlich raffiniertere Konstruktionen notwendig, damit der Inhabile sicherstellt, dass er in Deutschland seine Geschäfte aufnehmen kann. Und bei diesen (wohl seltenen) Konstruktionen wird der Missbrauch doch so nahe liegen, dass eine gesetzliche Regelung – die vor allem § 6 Abs. 2 GmbHG auf Positionen erweitert, die ein Inhabiler in der GmbH bekleiden könnte – nicht vorgenommen zu werden braucht. 2. Inhabilität nach deutschem Recht bei Tätigkeit als Geschäftsführer einer Zweigniederlassung War jemand als Geschäftsleiter einer Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft in Deutschland tätig, so konnte eine Gewerbeuntersagung oder eine strafrechtliche Verurteilung nur dazu führen, dass diese Person für eine deutsche GmbH inhabil wurde. Nach dem MoMiG bzw. den hier vorgestellten Änderungen kann ein Inhabilitätsgrund sogar direkte Auswirkungen auf die Tätigkeit in der oder die Anmeldung einer Zweigniederlassung haben. Deshalb soll kurz dargestellt werden, inwiefern die Tätigkeit in einer Zweigniederlassung in Deutschland im Hinblick auf § 6 Abs. 2 GmbHG überhaupt gewerberechtlich oder strafrechtlich sanktionierbar ist. Eine Gewerbeuntersagung kann gegen den Geschäftsleiter einer Zweigniederlassung problemlos ausgesprochen werden. 1601 Interessanter ist dagegen, ob Geschäftsleiter ausländischer Gesellschaften wegen einer inhabilitätsauslösenden Straftat verurteilt werden. 1602 Nach geltendem Recht geht es also um die §§ 283 ff. StGB, nach dem MoMiG auch um die GmbH- und AG-spezifischen Straftatbestände sowie die Insolvenzverschleppung und bestimmte allgemeine Straftaten. 1603 Einige bejahen die Anwendbarkeit der §§ 283 ff. StGB. 1604 Rönnau geht in einem Beitrag zur Problematik dagegen davon aus, dass eine Strafbarkeit nach den 1601

Siehe 2. Teil: J.III.1.c)aa). Ob sich der Geschäftsleiter einer ausländischen Zweigniederlassung in Deutschland wegen eines Insolvenzdeliktes im Zusammenhang mit der Gesellschaft strafbar machen kann, wird in jüngster Zeit vor allem am Beispiel der ltd. diskutiert, etwa Rönnau, ZGR 2005, 832 ff.; Gross / Schork, NZI 2006, 10 ff. 1603 Deutsches Strafrecht findet auf Grund des Territorialprinzips für alle Taten, die der Geschäftsleiter in Deutschland begeht, grundsätzlich Anwendung, § 3 StGB, Schlösser, wistra 2006, 81, 84. Inwiefern die Niederlassungsfreiheit der Anwendbarkeit deutscher Sanktionen entgegensteht, ist bislang ungeklärt, siehe Schlösser, wistra 2006, 81, 84 f. m.w. N.; Hoffmann, in: Sandrock / Wetzler, Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb der Rechtsordnungen, S. 227, 245 ff. 1602

418

2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften der §§ 283 Abs. 1 Nr. 5 –7, 283b StGB ausscheiden soll. 1605 Zwar sei eine Überwälzung gemäß § 14 StGB auf den director einer ltd. möglich. Allerdings knüpften die §§ 283 Abs. 1 Nr. 5 –7, 283b StGB bei einer ltd. nicht an die Bestimmungen des deutschen HGB, sondern an die englischen Buchführungsvorschriften an. Für diese habe der Gesetzgeber aber nicht hinreichend deutlich gemacht, dass er sie in Bezug nehme. Dies sei wegen des Parlamentsvorbehalts bedenklich. Möglich sei aber in bestimmten Fällen eine Strafbarkeit gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB. Die objektive Strafbarkeitsbedingung könne jedenfalls auch durch eine ltd. erfüllt werden. Auf der Grundlage von Rönnaus Erörterungen wird man allerdings davon ausgehen können, dass auch er davon ausgeht, dass sich ein director nach den anderen Varianten von § 283 Abs. 1 StGB strafbar machen kann. Eine Inhabilität wegen einer Verurteilung ist damit im Ergebnis nach beiden Ansichten wohl möglich. Strafbarkeiten nach anderen Normen des StGB werden teils bejaht (§266a StGB), 1606 teils unterschiedlich beurteilt (§ 266 StGB) 1607. Einigkeit besteht dagegen darüber, dass eine Strafbarkeit nach den Straftatbeständen des GmbHG für den director einer ltd. bislang auszuscheiden hat. Dies wird teilweise schon mit dem Hinweis begründet, dass der director nicht Geschäftsführer sei und eine erweiternde Auslegung gegen das Analogieverbot verstoße. 1608 Andere sehen im Hinblick auf § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG den Geschäftsführer als möglichen Normadressaten der Insolvenzantragspflicht, lehnen eine Strafbarkeit aber ab, da es an einer Antragspflicht fehle. 1609 Die spezifischen Strafvorschriften des deutschen Gesellschaftsrechts werden daher derzeit wohl nicht zu einer Strafbarkeit und einer Amtsunfähigkeit führen. Durch das MoMiG und dessen Änderungen erhöhen sich die Chancen, dass jemand wegen einer inhabilitätsauslösenden Straftat in einer Zweigniederlassung verurteilt wird. So kann der Straftatbestand der Falschen Angaben in der Versicherung über Amtsunfähigkeitsgründe, § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, zukünftig durch das Organ einer Zweigniederlassung begangen werden. 1610 Zudem werden die Insolvenzantragspflicht und der Tatbestand der Insolvenzverschleppung in § 15a InsO rechtsformneutral ausgestaltet, um auch die Organe von Zweigniederlassungen sanktionieren zu können. 1611 1604

Horn, NJW 2004, 893, 899; Mock / Schildt, in: Hirte / Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 17 Rn. 134 ff.; Schumann, ZIP 2007, 1189, 1194 ff. 1605 ZGR 2005, 832, 842 ff. 1606 Gross / Schork, NZI 2006, 10, 15; zweifelnd Spindler / Berner, RIW 2004, 7, 15 f. 1607 Dagegen Rönnau, ZGR 2005, 832, 853; Schlösser, wistra 2006, 81, 85 ff. Dafür Gross / Schork, NZI 2006, 10, 15. 1608 Rönnau, ZGR 2005, 832, 839 f.; Schlösser, wistra 2006, 81, 84. 1609 Gross / Schork, NZI 2006, 10, 12 ff. 1610 Siehe 2. Teil: J.III.1.d)bb). 1611 BT-Drs. 16/6140, S. 15, 55 f.

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG

419

Erweitert man die strafrechtlichen Ausschlussgründe wie hier vorgeschlagen, vergrößert sich ebenfalls die Wahrscheinlichkeit, dass Organe von Zweigniederlassungen inhabil werden.

IV. Geltung ausländischer Tätigkeitsverbote in einer GmbH 1. Geltendes Recht Untersagt ein ausländisches Gericht oder eine Behörde direkt die Bestellung zum Geschäftsführer (bzw. der nach ausländischem Recht vergleichbaren Position), stellt sich die Frage, ob auch diese Untersagung zu einem Amtsausschluss in Deutschland führt. 1612 § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG beschränkt sich in Deutschland auf strafrechtliche Berufsverbote, da es außer diesen keine Berufsverbote gibt, denen eine ausreichend gesicherte Prognose auf eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung zu entnehmen ist. Gleiches gilt für die 2. Alternative. Dies spricht eher gegen eine Analogie und eine enge Beschränkung auf rein deutsche strafgerichtliche Berufsverbote bzw. Behördenuntersagungen. 1613 Ruft man sich indessen den Zweck von § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG ins Gedächtnis, scheint die Lösung auf der Hand zu liegen: Personen, die keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Geschäftsleitung bieten und daher eine Gefahr für Gläubiger und Rechtsverkehr darstellen, werden für inhabil erklärt. Ausländische Tätigkeitsuntersagungen, die zum Schutze der Gläubiger und des Rechtsverkehrs erlassen werden, verfolgen eben diesen Zweck. Damit scheint etwa eine französische faillite personelle, eine interdiction de gérer oder eine englische disqualification order, die alle in einem besonderen Verfahren verhängt werden, in analoger Anwendung von § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG in Deutschland zur Inhabilität zu führen. So wünschenswert dieses Ergebnis ist, stehen ihm doch leider gewichtige Argumente entgegen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dagegen entschieden, ein allgemeines gerichtliches Verfahren mit einer direkten Inhabilitätsanordnung einzuführen. Zudem hat er Tatbestände, wie eine Anknüpfung an die frühere Geschäftsführerposition bei einer Gesellschaft, die insolvent geworden ist, verworfen. Ein solcher Tatbestand existiert aber etwa in England. 1614 Über diesen gesetzgeberischen Willen darf man sich auch im Wege der Analogie nicht hinwegsetzen. 1612 So offenbar Gernoth, Pseudo foreign companies, S. 391 f. Nur de lege ferenda Vossius / Wachter, Entwurf eines GmbH-Gesetzes aus der Praxis, § 8 Abs. 4 GmbHG (Geschäftsführer kann weiter nicht sein, wem nach einer im Inland anzuerkennenden Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde eines anderen Staates die Übernahme einer dem Geschäftsführer vergleichbaren Stellung untersagt ist.); Wachter, GmbHR 2006, 544, 547 (für EU- und EWR-Staaten); K. Schmidt, GmbH-Reform in der Diskussion, S. 143, 146, 164 (These 2c) unter Bezugnahme auf den Vossius / Wachter-Vorschlag. 1613 Im Übrigen ist nach der hier vertretenen Ansicht § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG verfassungskonform einzuschränken.

420

2. Teil: Die einzelnen Inhabilitätsgründe und Reformansätze

Allgemeine ausländische Bestellungsverbote werden daher derzeit nicht berücksichtigt. 2. Keine Erstreckung auf ausländische Tätigkeitsverbote Das Anliegen, ausländische Tätigkeitsverbote in Deutschland zu berücksichtigen, um einen umfassenden Schutz der Gläubiger zu gewährleisten, ist verständlich, lässt sich aber nicht realisieren. 1615 Daher hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zu Recht den Vorschlag des Bundesrats abgelehnt, im MoMiG ausländische Tätigkeitsverbote in § 6 Abs. 2 GmbHG einzubeziehen. 1616 Nimmt man pauschal jedes Tätigkeitsverbot in Bezug, das in irgendeinem Land dieser Erde ergangenen ist, so gelangt man erneut zum Problem von materieller und formeller Vergleichbarkeit. 1617 Allerdings gestaltet sich die Prüfung der materiellen Vergleichbarkeit erheblich schwieriger als bei der Frage der Berücksichtigung ausländischer Straftaten. Der deutsche Gesetzgeber entwirft mit den nationalen Bestimmungen ein eigenes System, das durch den Bezug auf jedes fremde Tätigkeitsverbot gänzlich aus den Angeln gehoben wird. Tatbestände, die in Deutschland den Rückschluss auf eine Inhabilität nicht zulassen sollen, werden auf einmal in Bezug genommen; nur weil sie in einem anderen Land ergangen sind. Eine solche Regelung sieht sich daher auch formal einem erheblichem Widerspruch ausgesetzt. Der deutsche ordre public wird hier nicht weiterhelfen. Schließlich können auch bei der formellen Vergleichbarkeit die bekannten Probleme der Rechtsstaatlichkeit auftauchen. Knüpfen ausländische Tätigkeitsverbote an eine Straftat an, so müsste für diese Tat in diesem Land ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleistet sein. Das Registerverfahren würde mit enormen Problemen überfrachtet. Der Rechtsklarheit und -sicherheit wäre eine pauschale Anknüpfung daher abträglich. Zudem stellte sich das Problem, wie eine effektive Kontrolle der Tätigkeitsverbote aussehen sollte. Die wenigsten Länder werden zentrale Register besitzen 1614 Solche Anordnungen sind gemäß sec. 6 sub. 1 CDDA i.V. m. schedule I unter Berücksichtigung der Verantwortlichkeit und des Verhaltens des Geschäftsführers möglich und häufig, vgl. die Zahlen bei Höfling, Das englische internationale Gesellschaftsrecht, S. 186. 1615 Für eine Einbeziehung allerdings der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum MoMiG, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 8 f. und der DIHK, Stellungnahme vom 14. Januar 2008, S. 5. 1616 BT-Drs. 16/6140, S. 75. 1617 Aus diesem Grund lehnte auch die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats eine Erweiterung auf ausländische Untersagungen ab, BTDrs. 16/6140, S. 75.

J. Aktuelle Probleme von § 6 Abs. 2 GmbHG

421

und wo diese fehlen, hat das Registergericht nach der Stecknadel im Heuhaufen zu suchen, je nachdem woran das Tätigkeitsverbot anknüpft. Ohne eine effektive Kontrolle ist der Amtsausschluss allerdings wertlos, denn wenn die Wahrscheinlichkeit, vom System erfasst zu werden, sehr niedrig ist, wird kaum jemand dem System Beachtung schenken. Diesen Bedenken ließe sich auch nicht durch eine Beschränkung auf europäische Tätigkeitsverbote beikommen. 1618 Hier dürfte man im Hinblick auf Art. 3 GG sowieso deutliche Zweifel haben. Schlussendlich wird der verfassungsrechtliche Aspekt einer Regelung entgegenstehen. 1619 Der Gesetzgeber übernimmt durch einen dynamischen (!) Verweis fast 200 ausländische Rechtsinstrumente pauschal ins deutsche Recht. Auch wenn man dynamische Verweise grundsätzlich verfassungsrechtlich billigt, wird man angesichts eines derartigen Verweises einen Verstoß wenigstens gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz annehmen müssen. 1620 Der Gesetzgeber legt die äußerst grundrechtsrelevante Habilität eines Geschäftsführers in die Hände eines fremden Gesetzgebers, der die Anforderungen jederzeit beliebig ändern kann. 3. Ergebnis Ausländische Tätigkeitsverbote können derzeit nicht in § 6 Abs. 2 GmbHG einbezogen werden. An diesem Umstand ist angesichts einer Vielzahl von Problemen, die eine Erweiterung mit sich brächte, festzuhalten.

1618 Der Bundesrat wollte wenigstens Untersagungsentscheidungen aus EU-Mitgliedstaaten als Inhabilitätsgrund anerkennen, BR-Drs. 354/07 (Beschluss), S. 9. 1619 Vgl. auch die verfassungsrechtlichen Zweifel („genauer und zur Einschränkung der Berufsfreiheit angemessener auf die zugrundeliegende Straftat ... abzustellen“) der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zum Vorschlag des Bundesrats, ausländische Untersagungen in § 6 Abs. 2 GmbHG aufzunehmen, BT-Drs. 16/6140, S. 75. 1620 Vgl. zu den Einschränkungen durch das Wesentlichkeitsprinzip bei dynamischen Verweisungen BVerfGE 26, 338, 366 f.; 47, 285, 315; 64, 208, 214; 78, 32, 36; BayVerfGH, NVwZ 1989, 1053, 1054; kritisch zu dynamischen Verweisungen Dreier / Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 121; von Mangoldt / Klein / Starck / Sommermann, GG, Art. 20 Rn. 280 (insbesondere im Hinblick auf das Wesentlichkeitsprinzip).

3. Teil

Zusammenfassung und Ausblick A. Thesen 1. Der Geschäftsführer ist Garant für einen seriösen Betrieb der GmbH. 2. Inhabilitätsbestimmungen sind gegenüber Haftungsnormen vorteilhaft, da sie von den finanziellen Mittel den Betroffenen unabhängig sind. Gegenüber strafrechtlichen Sanktionen sind sie einfacher durchzusetzen. Nachteilig ist vor allem, dass der Ausschluss stark prognostisch ist. 3. Es gibt zwei komplementäre Grundsysteme, mit denen ein Ausschluss von der Geschäftsleitung realisiert werden kann. Im akzessorischen System, welches § 6 Abs. 2 GmbHG zu Grunde liegt, greift der Ausschluss ipso iure, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Vorteile dieses Systems sind die einfache und schnelle Durchsetzung und ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Nachteil ist die starre Anknüpfung. Beim nicht-akzessorischen System schließt ein Gericht oder eine Behörde eine Person direkt vom Amt des Geschäftsführers aus. Vorteile dieses Systems sind die hohe Einzelfallgerechtigkeit und die flexiblen Reaktionsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite entstehen verhältnismäßig hohe Kosten. 4. Die bisherigen Inhabilitätsgründe lassen sich wie folgt systematisieren:

S. 2

S. 3

S. 4 Alt. 1

S. 4 Alt. 2

Umfang

Absolut

+

+

+

+

-

-

Relativ

-

-

-

-

+

+

Starr

+

-

-

+

-

-

Flexibel

-

+

+

-

+

+

Objektiv (Personenbezogen)

+

+

+

-

-

-

Subjektiv (Verhaltensbezogen)

-

-

-

+

+

+

Anknüpfung

S. 1 Alt. 2

Dauer

§ 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 1

A. Thesen

423

5. Inhabilitätsbestimmungen dienen in der Regel vor allem dem Schutz der Gläubiger. 6. Ausschlussgründe greifen vor allem in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, und die Niederlassungsfreiheit des Geschäftsführers, Art. 43 EGV, ein. Zudem ist das allgemeine Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. 7. Der Ausschluss juristischer Personen gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GmbHG ist gesellschaftsrechtlich nicht zwingend. Er verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da juristische Personen Liquidator, nicht aber Geschäftsführer werden können. Diese Ungleichbehandlung sollte der Gesetzgeber lösen, indem juristische Personen nicht mehr Liquidator werden können. 8. Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige sind von der Geschäftsführung einer GmbH derzeit voll umfänglich ausgeschlossen. Der Ausschluss ist verfassungsgemäß, wenn auch nicht unbedenklich. Der Gesetzgeber sollte darüber nachdenken, Minderjährigen mit Einwilligung der gesetzlichen Vertreter und des Vormundschaftsgerichts die Aufnahme der Geschäftsführerposition zu erlauben. 9. Betreute, die einem Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten unterliegen, sind inhabil. Es sollte gesetzlich vermutet werden, dass jeder Betreute in Vermögensangelegenheiten nicht als Geschäftsführer geeignet ist. Diese Vermutung kann der Betreute widerlegen. 10. Der Ausschlussgrund des § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG ist verfassungswidrig, da sowohl die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, als auch der Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG, verletzt werden. Im Übrigen besitzt die Norm derzeit kaum praktische Wirksamkeit. § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG sollte so geändert werden, dass alle Verurteilungen wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, vorsätzlicher Insolvenzdelikte, wegen Betrugs und Untreue im Zusammenhang mit der Geschäftsleitertätigkeit, wegen „Falscher Angaben“ und „Unrichtiger Darstellung“ und wegen eines Verstoßes gegen eine neu einzuführende Strafnorm, welche eine Geschäftsführung entgegen § 6 Abs. 2 S. 3 und 4 GmbHG sanktioniert, inhabilitätsauslösend sind. Des Weiteren sollte es dem Strafgericht ermöglicht werden, eine Person als Geschäftsführer zu disqualifizieren, wenn diese eine unternehmensbezogene Straftat begangen hat und prognostiziert werden kann, dass sie die beschränkte Haftung missbrauchen wird. Diese Disqualifikation sollte über § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG gesellschaftsrechtlich Wirkung entfalten. 11. § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG schließt in der Praxis kaum Personen aus. Berufsgerichtliche Berufsverbote führen nicht zur Inhabilität. Die Vorschrift ist verfassungskonform auf die Berufsverbote zu beschränken, die eine Wirtschaftsstraftat als Anlasstat haben. § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 1 GmbHG sollte abgeschafft werden. 12. Der Ausschlussgrund des § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG wirkt zeitpunktbezogen mit Bekanntgabe der Untersagung. Untersagungsverfügungen außer § 35 GewO (ggf. i.V. m. 59 GewO), die Versagung, der Widerruf oder die

424

3. Teil: Zusammenfassung und Ausblick

Rücknahme einer Erlaubnis werden von § 6 Abs. 2 S. 4 Alt. 2 GmbHG nicht erfasst. Dies ist verfassungsrechtlich bedenklich. Die Norm sollte künftig auch für Versagungen, Widerrufe und Rücknahmen bei erlaubnispflichtigen Gewerben insoweit geöffnet werden, wie eine Unzuverlässigkeit tatsächlich Grund für die Versagung, den Widerruf und die Rücknahme war. Dabei muss die Option bestehen, durch die Widerlegung der eigenen Unzuverlässigkeit habil zu werden, ohne dass alle Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sein müssen. 13. Eine Bestellung entgegen § 6 Abs. 2 GmbHG ist nichtig. Eine spätere Inhabilität führt ipso iure zur Amtsunfähigkeit. Tritt jemand entgegen § 6 Abs. 2 GmbHG als Geschäftsführer auf, ist er faktisches Organ. Ein inhabiler Geschäftsführer kann gegenüber Dritten und der Gesellschaft haften. Der Rechtsverkehr wird über § 15 HGB geschützt. Handelt ein Geschäftsunfähiger, so wird sein Handeln der Gesellschaft nach den allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen zugerechnet. Diese Rechtsfolgen sind beizubehalten. 14. Versicherungspflicht und Strafbewehrung derselben sind im Kern unverändert beizubehalten, freilich sind effektivitätssteigernde Maßnahmen zu ergreifen. Die Information der Registergerichte ist zu verbessern; früher oder später sollte ein Inhabilitätsregister eingeführt werden. 15. Ausländer können uneingeschränkt zum Geschäftsführer bestellt werden. 16. Firmenbestattungsfälle werden mit dem hier erarbeiteten System erheblich erschwert. 17. Vermögenslose Personen sind nicht von der Geschäftsleitung auszuschließen. 18. Personen, die Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft waren, die insolvent geworden ist, sollten vom Insolvenzgericht für die Dauer von einem Jahr bis zu drei Jahren ausgeschlossen werden können, wenn ihnen ein kaufmännisch zu beanstandendes Verhalten vorzuwerfen ist und dieses zur Insolvenz beigetragen hat. 19. Umgeht jemand einen Inhabilitätsgrund, indem er im Ausland eine Gesellschaft gründet und mittels einer Zweigniederlassung in Deutschland tätig wird, besteht für ihn in aller Regel wegen § 6 Abs. 2 GmbHG ein Tätigkeitsverbot. Der Gesellschaft oder dem Organ kann die Eintragung nicht verweigert werden. Die derzeitige registerrechtliche Praxis, den Zweigniederlassungen die Eintragung zu verwehren, und die diesem Ansatz folgende Lösung des MoMiGs sind europarechtswidrig. Eine Reform sollte möglichst auf europäischer Ebene ansetzen und europaweite Verbote oder Anerkennungsverfahren schaffen. 20. § 6 Abs. 2 S. 4 GmbHG gilt nicht analog für Tätigkeitsverbote, die jemand als Geschäftsführer in einem anderen Land erhalten hat. De lege ferenda hat es dabei zu bleiben, da die Rechtssicherheit und -klarheit dies verlangen.

B. Ausblick

425

B. Ausblick Fleischer bezeichnete § 6 Abs. 2 GmbHG vor nicht all zu langer Zeit als „vorsichtig tastende Lösung“ des Gesetzgebers. 1 Dies charakterisiert sehr gut die Zurückhaltung und die Ungewissheit, die den Gesetzgeber bei der Einführung von Inhabilitätsgründen begleitet haben. Allerdings erstaunt es, dass der Gesetzgeber lange Zeit auf die Unzulänglichkeiten der Norm nicht reagierte. Erst jetzt, mehr als 25 Jahre nach ihrer Einführung, sollen die Ausschlussgründe erweitert werden. Sicher kann man dem Gesetzgeber diesmal nicht vorwerfen, seine Lösung sei vorsichtig tastend. Die Reformbestrebungen dauern schließlich bereits fünf Jahre an und hatten einen erweiterten, wenn auch im Umfang wechselnden, Katalog an Inhabilitätsgründen zum Gegenstand. Das am Ende dieser Entwicklung stehende MoMiG sieht dabei vielversprechende und notwendige Veränderungen vor. Allerdings beschränken sich die Neuerungen vor allem auf die inhabilitätsauslösenden Verurteilungen. Andere Ungereimtheiten und Schwachstellen bleiben bestehen. Man wird das Ergebnis des MoMiGs daher schwerlich optimal nennen können. Diese Untersuchung und die hier erarbeiteten Reformvorschläge möchten dem Gesetzgeber daher – ohne rechtspolitische Zwänge – Anregungen bieten, sich einer generellen Reform des § 6 Abs. 2 GmbHG zu widmen. Im Sinne eines effektiven Schutzes Dritter wäre es wünschenswert, sich nicht nur auf punktuelle Änderungen zu beschränken, sondern den großen Schritt zu wagen. Dazu sollte der Gesetzgeber vor allem dazu übergehen, von dem rein akzessorischen System abzusehen und zu einem Kombinationssystem zu wechseln. Damit sollte es möglich sein, die Vorteile des akzessorischen Systems (einfacher Vollzug, geringer Aufwand) mit denen des nicht-akzessorischen Systems (Einzelfallgerechtigkeit, Flexibilität) insoweit zu vereinen. In der Folge wären Dritte und der Geschäftsverkehr hinreichend geschützt, während ein unternehmerisches Handeln mit beschränkter Haftung und die Rechte des Geschäftsführers nicht unnötig eingeschränkt wären.

1

WM 2004, 157, 164.

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Personen- und Institutionenverzeichnis Ausschuss für GmbH-Recht 55, 155 Bartl, Harald 343 Baums, Theodor 273 Bender, Karl 119 Bittmann, Folker 85, 189, 194, 203 –204, 379 Bokelmann, Gunther 67, 264, 283 Braasch, Dietrich 341 – 342 Brandes, Stephan 113 Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) 86, 89, 315, 334 Centrale für GmbH 56 – 67, 264 Crisolli, Karl-August 53, 55, 155, 314, 383, 387 Deutler, Karl-F. 318 Deutsche Industrie- und Handelskammertag 85 Deutscher Anwaltverein (DAV) 156 Deutscher Anwaltverein (DAV), Zivilrechtsausschuss 308 – 309, 311, 312 Dreher, Meinrad 288, 291 – 292 Drygala, Tim 74, 188, 307 – 310, 312 Fleischer, Holger 28, 70, 88, 89, 425 Gehling, Christian 298 Gernoth, Jan P. 89 Haas, Ulrich 189, 198, 259 Hachenburg, Max 155 Heckschen, Heribert 85 Hefermehl, Wolfgang 293 Heidland, Herbert 57, 57 –58, 156, 213, 314, 383, 387 Hengeler Mueller 89, 315 High Level Group 90

Hirte, Heribert 86, 89, 200, 240 –241, 336 – 337, 372, 413 –416 Kindler, Peter 85 Klausing, Friedrich 55 Komp, Gabriele 113 Kort, Michael 171, 172, 174, 270 Lanzius, Tim 200, 415 –416 Lewinsky, o.N. 340, 369 Lutter, Marcus 86 Marcks, Peter 247 Mertens, Hans-Joachim 232 Mock, Sebastian 200 Mülbert, Peter O. 88, 182, 303 Noack, Ulrich 411 Odersky, Walter 57, 58 –60, 213, 235, 314 Otte, Sabine 78, 88 –89 Rönnau, Thomas 417 –418 Roth, Günter H. 322 Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 56 –62, 213, 235, 383, 388 Schmidt, Karsten 200, 207, 218 –219, 287, 289, 298 –299, 388, 389, 390 Schmitz, Bettina 28, 49, 142, 174, 207 – 209 Schumacher, Thorsten 254 Seibert, Ulrich 372 Spickhoff, Andreas 280 Spindler, Gerald 293 Stein, Ursula 157, 167 –174, 206 –207, 268 – 273, 304 Tiedemann, Klaus 62, 157, 162, 191, 214

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Personen- und Institutionenverzeichnis

Triebel, Volker 78 Ulmer, Peter 117, 118 von Schütz, Wolf-Dietrich 61

Vossius, Oliver 89 Wachter, Thomas 79, 89, 407, 412 Wasmann, Dirk 113

Sachwortverzeichnis 66. Deutscher Juristentag, Beschlüsse des 79, 384 action plan 90 Akzessorisches System 33 – 34 Amtsunfähigkeit, Begriff der 30 – 31 Amtsunfähigkeitsgründe bei anderen Rechtsformen 52 Ausblick 425 Ausländer als Geschäftsführer – Analoge Anwendung von § 6 GmbHG (Wohnsitzerfordernis) 361 – 362 – Ausländerrechts, Anforderungen des 350 – 357 – Diskussion 69 – 70 – Einreisemöglichkeit, Anknüpfung an jederzeitige 365 –376 – Einreisemöglichkeit, Untauglichkeit des Kriteriums der 371 – 372 – Entwicklung 339 – 350 – nicht-privilegierte Ausländer, Anforderungen des Ausländerrechts an 353 – 356 – privilegierte Ausländer, Anforderungen des Ausländerrechts an 356 – 357 – Reformansatz 377 – Registergericht, Prüfung durch das 364 – 365, 374 – Sittenwidrigkeit siehe Bestellung – Unionsbürger, Anforderungen des Ausländerrechts an 352 – 353 – Verbotsgesetz, Verstoß gegen siehe Bestellung – Verwaltungssitzes, Verlegung des 374 – 376 – Wohnsitz in Deutschland, Anknüpfung an 358 – 365

ausländische Berufsverbote, Anknüpfung an 232 –233 ausländische Tätigkeitsverbote, Anknüpfung an – geltendes Recht 419 –420 – Reformansatz 421 ausländische Untersagung, Anknüpfung an 261 – 262 Auslandsstraftaten, Erstreckung auf – Anknüpfung an vergleichbaren Sachverhalt 179 –180 – MoMiG, Änderungen durch das 181 – Vergleichbarkeit, formelle 177 –179 – Vergleichbarkeit, materielle 177 Berufsverbots, Auschluss wegen eines – ausländische Berufsverbote siehe ausländische Berufsverbote, Anknüpfung an – berufsgerichtliche Berufsverbote 224 – 227 – Dauer 229 – Entwicklung 213 –214 – rechtstatsächliche Bedeutung 228 – Reformansatz 234 – strafrechtliches Berufsverbot, Anknüpfung an siehe Strafrechtliches Berufsverbot – Umfang 229 –230 – verfassungsrechtliche Rechtfertigung 231 – 232 – vorläufiges Berufsverbot 222 –224 – zivilgerichtliche Berufsverbote 228 – Zweck 231 beschränkt Geschäftsfähiger, Ausschluss – Entwicklung 133 –134 – faktischer Geschäftsführer, Behandlung als siehe Faktischer Geschäftsführer

458

Sachwortverzeichnis

– fehlerhaft bestelltes Organ, Behandlung als 272 – 273 – Gründe 134 – 136 – rechtstatsächliche Bedeutung 139 – Reformansatz 142 – 143 – Reichweite 139 – verfassungsrechtliche Rechtfertigung 140 – 141 – Zweck 139 – 140 Bestellung – Sittenwidrigkeit 155, 363, 373 – Verbotsgesetz, Verstoß gegen 362 –363 Betreuter mit Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten, Ausschluss – Analoge Anwendung 147 – 148 – Berufsfreiheit, Art. 12 GG, Vereinbarkeit mit der 146 – 147 – Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 GG, Vereinbarkeit mit dem 147 – Gründe 145 – rechtstatsächliche Bedeutung 145 –146 – Reformansatz 148 – 154 – Zweck 146 Company Directors Disqualification Act (CDDA), Anpassung an 27 – 28 Company Directors Disqualification Act (CDDA), Schaffung vergleichbarer Regelung 209 Durchsetzung – Entwicklung 313 – 316 – Information des Registergerichts 332 – 333 – Inhabilitätsregister 336 – 337 – Löschung von Amts wegen 333 – Reformansatz 333 – 337 – Versicherungspflicht siehe Versicherungspflicht Einreisemöglichkeit, Anknüpfung an jederzeitige siehe Ausländer als Geschäftsführer

Entwicklung 52 –89 Entwicklung auf europäischer Ebene 90 – 92 Europäische Privatgesellschaft 91 –92 Europarechtliche Rechtfertigung – Beschränkung der Gesellschaft 109 – Beschränkung der Gesellschafter 109 – Diskriminierung von EU-Ausländern 105 – 108 – Inländerdiskriminierung 108 –109 Faktischer Geschäftsführer – Begriff 267 – beschränkt Geschäftsfähige als 274 – 275 – fehlerhaft bestelltes Organ, Abgrenzung siehe fehlerhaften Organstellung, Lehre von der – juristische Person als 274 –275 – Rechte und Pflichten 273 –275 – Strafrecht siehe Insolvenzdelikte fehlerhaften Organstellung, Lehre von der – Anwendbarkeit bei Amtsunfähigkeit 268 – 273 – Begriff 267 – beschränkt Geschäftsfähige siehe beschränkt Geschäftsfähiger, Ausschluss – faktischer Geschäftsführer, Abgrenzung 267 – Voraussetzungen 267 – 268 Firmenbestattungsfälle – Altgeschäftsführers, Amtsunfähigkeit des 379 –380 – MoMiG, Änderungen durch das siehe MoMiG, Änderungen durch das – Neugeschäftsführers, Amtsunfähigkeit des 380 –380 – Problem 378 –379 – Umsetzung der eigenen Vorschläge 381 – 382 Forderungssicherungsgesetz – Entwurf 2002 71 –73 – Entwurf 2004 73 –74

Sachwortverzeichnis – Entwurf 2006 75 – 76 freiberuflicher GmbH, Zusammensetzung der Geschäftsführung in 47 – 48 Geschäftsführer – Arbeitserlaubnis 351 – 352 – Begriff 31, 96 – Beruf im Sinne von Art. 12 GG 95 – 98 – Bestellung 42 – faktischer siehe Faktischer Geschäftsführer – Gegenstand eines Berufsverbots siehe Strafrechtliches Berufsverbot – keine Betreuung in Geschäftsführerangelegenheiten 149 – 152 – ordnungsgemäßer Betrieb der GmbH 26, 43 – 44 – Organ 41 – 42 – Pflichten 42 – 43 – strafrechtliche Haftung 45 – zivilrechtliche Haftung 44 – 45 Geschäftsunfähiger, Ausschluss 133 – Einschränkung des registerrechtlichen Schutzes siehe Handelsregister, Schutz durch das – Verkehrsschutz außerhalb des Handelsregisters siehe Rechtsscheinsgrundsätze, Vertrauensschutz über Gesellschafter, Schadensersatzhaftung der ~ nach dem MoMiG 306 – 313 – Strohmannkonstruktionen, Verhinderung von 307 – 310 Gesellschaftsvertragliche Eignungsvoraussetzungen 51 Gesetz zur Bekämpfung von Missbräuchen, zur Neuregelung der Kapitalaufbringung und zur Förderung der Transparenz im GmbH-Recht (MiKaTraG) 75 Gewerbeuntersagung – Allgemeines 236 – Erforderlichkeit 240 – 241 – Person des Unzuverlässigen 239 – 240 – Rechtsfolgen 241 – 242 – rechtstatsächliche Bedeutung 243

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– Untersagungen gegen Vertretungsberechtigte 242 – Unzuverlässigkeit 237 –239 GmbH – Bedeutung 25 – Insolvenzanfälligkeit 26 GmbH-Gesetz – Entwurf von 1939 55 – Entwürfe von 1971/73 56 – Fassung von 1892 52 – GmbH-Novelle 56 –68 – Referentenentwurf von 1969 56 Grundlagen der Betreuung 143 –144 Gründungstheorie, Anknüpfung an § 6 Abs. 2 unter der siehe IPR-rechtliche Anknüpfung an § 6 Abs. 2 vor dem Inkrafttreten des MoMiGs Handelsregister, Schutz durch das – Einschränkung bei Geschäftsunfähigen 288 – 289 – Reichweite des Schutzes bei Amtsunfähigkeit 289 –291 – Spätere Inhabilität und § 15 Abs. 1 HGB 291 – 293 – Voraussetzungen von § 15 Abs. 3 HGB 286 – 288 Handlungsmöglichkeiten des Gesetzgebers 26 – 27, 32 –35 Inhabilitätsregister, Einführung eines siehe Durchsetzung Inkompatibilitätsvorschriften 47 Insolvenz, Ausschluss wegen Beteiligung an einer – Entwicklung 387 –389 – Reformansatz 389 –391 Insolvenzdelikte – Anfälligkeit für deals 162 – Darstellung 157 –159 – faktischer Geschäftsführer 163 –164 – Interessenformel 162 –163 – Statistik 160 –162 – Verbraucherinsolvenz 164 –165

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Sachwortverzeichnis

Insolvenzdeliktes, Ausschluss wegen der Verurteilung wegen eines – analoge Anwendung auf allgemeine Wirtschaftsstraftatbestände 175 – analoge Anwendung auf Auslandsstraftaten 176 – 180 – analoge Anwendung auf Insolvenzverschleppung 175 – 176 – Berufsfreiheit, Art. 12 GG, Vereinbarkeit mit der 167 – 172 – Dauer 166, 167 – Entwicklung 154 – 157 – Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 GG, Vereinbarkeit mit dem 172 – 174 – Kritik 187 – rechtstatsächliche Bedeutung 165 –166 – Reformansatz siehe Reform der strafrechtlichen Amtsunfähigkeitsgründe – Zweck 166 IPR-rechtliche Anknüpfung an § 6 Abs. 2 vor dem Inkrafttreten des MoMiGs – Gründungstheorie, Sonderanknüpfung an § 6 Abs. 2 unter der 400 – 403 – Heimtatstaats, grundsätzliche Anknüpfung an das Recht des 398 – Registerrecht, Sonderanknüpfung über das 398 – 399 – Sitztheorie, Sonderanknüpfung bei Geltung der 399 juristischer Personen, Ausschluss – Begründung des Gesetzgebers 111 –112 – Berufsfreiheit, Art. 12 GG, Vereinbarkeit mit 126 – 129 – europarechtliche Rechtfertigung 131 – faktischer Geschäftsführer, Behandlung als siehe Faktischer Geschäftsführer – Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 GG, Vereinbarkeit mit 129 – 130 – Kritik 113 – 123 – Missbrauchsgefahr 121 – 122 – praktischer Reformbedarf 124 – 125 – rechtstatsächliche Bedeutung 112

– Reformhinweise 132 – Zulassung im europäischen Ausland 122 – 123 – Zweck 125 –126 Katalogstraftaten, Anknüpfung an Verurteilung wegen bestimmter – Betrug und Untreue als Geschäftsführer 205 – 206 – gesellschaftsrechtliche Sonderdelikte 206 – Grundsätze 199 –201 – Insolvenzdelikte 202 –204 – Insolvenzverschleppung 201 –202 – Strafnorm zur Sicherung der Amtsunfähigkeitsgründe 206 MiKaTraG siehe Gesetz zur Bekämpfung von Missbräuchen, zur Neuregelung der Kapitalaufbringung und zur Förderung der Transparenz im GmbH-Recht (MiKaTraG) Minderjährigenschutz 135, 137 Missbrauch der Niederlassungsfreiheit siehe Zweigniederlassung, Umgehungsproblematik vor dem Inkrafttreten des MoMiGs mitbestimmten GmbH, Amtsunfähigkeitsgründe in der 48 MoMiG – Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses 86 –87 – Expertenanhörung 85 –86 – Gegenäußerung der Bundesregierung 84 – 85 – Referentenentwurf 76 –78 – Regierungsentwurf 79 –82 – Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf 82 –84 MoMiG, Änderungen durch das – Ausländer als Geschäftsführer 376 – Belehrung und Versicherungspflicht 316 – Firmenbestattungsfälle 381

Sachwortverzeichnis – Gesellschafterhaftung 309 – 310 – Strafbewehrung der Versicherungspflicht 330 – strafrechtlichen Verurteilungen, Erweiterung der relevanten 183 – Verwaltungssitzes, Verlegung des 349, 376 – Zweigniederlassung, Recht der 409 Nachteile der Amtsunfähigkeit 38 – 39 Nicht-Akzessorisches System 34 Niederlassungsfreiheit, Missbrauch der durch Einsatz einer Zweigniederlassung siehe Zweigniederlassung, Umgehungsproblematik vor dem Inkrafttreten des MoMiGs Rechtsfolgen, Entwicklung 264 Rechtsfolgen, Reformansätze 303 – 313 – Haftung der Gesellschafter siehe Gesellschafter, Schadensersatzhaftung der ~ nach dem MoMiG – Haftung des Geschäftsführers 306 – Reichweite der Amtsunfähigkeitsgründe 304 – 306 Rechtsfolgen für den Geschäftsführer – Anmeldung des Erlöschens der Organstellung 276 – 277 – faktischer Geschäftsführer, Behandlung als siehe Faktischer Geschäftsführer – fehlerhafte Organstellung siehe fehlerhaften Organstellung, Lehre von der – Haftung gegenüber der Gesellschaft 282 – 283 – Haftung gegenüber Dritten 278 – Informationspflichten gegenüber der Gesellschaft 277 – Nichtigkeit der Bestellung 265 – 266 – Schutzgesetzverletzung, Haftung für siehe Schutzgesetz, § 6 Abs. 2 als; Schutzgesetz, § 82 Abs. 1 Nr. 5 als Rechtsfolgen für den Rechtsverkehr – Anfechtung von Rechtsgeschäften 284

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– Rechtsscheinsgrundsätze, Vertrauensschutz über siehe Rechtsscheinsgrundsätze, Vertrauensschutz über – Registerrechtlicher Vertrauensschutz siehe Handelsregister, Schutz durch das – Vertreter ohne Vertretungsmacht, Handeln als siehe Vertreter ohne Vertretungsmacht, Handeln als Rechtsfolgen für Gesellschaft und Gesellschafter vor dem MoMiG 299 –302 Rechtsfolgen für Gesellschafter nach dem MoMiG siehe Gesellschafter, Schadensersatzhaftung der ~ nach dem MoMiG Rechtsscheinsgrundsätze, Vertrauensschutz über – fehlenden Vertretungsmacht, Überwindung der 293 –294 – Geschäftsunfähigkeit, Überwindung der 295 – 299 Reform der strafrechtlichen Amtsunfähigkeitsgründe – Anknüfung an ausländische Straftaten 211 – Bewährungsaussetzung 206 –207 – Dauer 211 – durch das FoSiG und das MoMiG 182 – 183 – Ermessensanordnung des Ausschlusses 207 – 209 – Katalogstraftaten siehe Katalogstraftaten, Anknüpfung an Verurteilung wegen bestimmter – Kombinationsystem 197 –199 – Kritik der Änderungen durch das MoMiG 194 –196 – Kritik der geplanten Änderungen durch das FoSiG 188 –193 – Kritik der geplanten Änderungen durch den RefE MoMiG 193 –194 – praktische Relevanz der Änderungen 212 – Schutzzweckänderung durch das MoMiG 196 –197

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Sachwortverzeichnis

– Strafnorm zur Absicherung der Amtsunfähigkeitsgründe, Einführung einer siehe Strafnorm zur Absicherung der Amtsunfähigkeitsgründe, Einführung einer – Vorschläge aus der Rechtswissenschaft und Praxis 183 –187 Schutzgesetz, § 6 Abs. 2 als 278 –280, 301 – 302 Schutzgesetz, § 82 Abs. 1 Nr. 5 als 281 – 282 Schutzzweckänderung durch das MoMiG siehe Reform der strafrechtlichen Amtsunfähigkeitsgründe Schutzzwecke der Amtsunfähigkeit 39 –41, 271 Sitztheorie, Anknüpfung an deutsche Amtsunfähigkeitsgründe nach der siehe IPRrechtliche Anknüpfung an § 6 Abs. 2 vor dem Inkrafttreten des MoMiGs Societas Europaea (SE) 91 spezialgesetzliche Regelungen der Amtsunfähigkeitsgründe 47 Strafnorm zur Absicherung der Amtsunfähigkeitsgründe, Einführung einer 209 – 211 Strafrechtliches Berufsverbot – Anordnung 216 – 217 – Einsatz in der Praxis 221 – 222 – Folgen 219 – 220 – Geschäftsführertätigkeit als Gegenstand des Berufsverbots 217 – 219 – Voraussetzungen 215 – 216 – Zweck 215 Systematik der Amtsunfähigkeitsgründe 49 – 50 Thesen 422 – 424 Untersagung, Ausschluss wegen einer – ausländische Untersagung siehe ausländische Untersagung, Anknüpfung an – Berufsfreiheit, Art. 12 GG, Vereinbarkeit mit der 259 – 260 – Betriebsuntersagung 244 – Dauer des Ausschlusses 257

– Entwicklung 235 –236 – Gewerbeuntersagung gemäß § 35 GewO siehe Gewerbeuntersagung – Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 GG, Vereinbarkeit mit dem 260 –261 – rechtstatsächliche Bedeutung 257 – Reformansatz 262 –263 – Rücknahme einer Gewerbeerlaubnis 244 – 249 – Umfang des Ausschlusses 258 – Untersagung nach dem KWG 249 –250 – Untersagung nach dem VAG 249 – vergleichbare Normen zu § 35 GewO 244 – Vollziehbarkeit der Entscheidung siehe Vollziehbarkeit der Entscheidung – Zweck 258 –259 Verfassungsrechtliche Rechtfertigung – Berufsfreiheit, Art. 12 GG 93 –99, 102 – 104, 104 – Eigentum, Art. 14 GG 101, 103 –104 – Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 GG 100 – 103, 104 –105 – Handlungsfreiheit, Art. 2 GG 99 –100, 104 – Vereinigungsfreiheit, Art. 9 GG 102 – 103 Vermögenslosigkeit, Ausschluss wegen – Entwicklung 383 –384 – Reformansatz 384 –387, 387 Versicherungspflicht – Belehrung 326 –327 – Bezugszeitpunkt 321 –323 – Einsichtnahme in die Versicherung 328 – 329 – Kollision mit § 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG 318 – 319 – Nachmeldepflicht 321 –323 – Registergericht, Prüfung durch das 327 – 328 – Reichweite der Versicherung 317 –321

Sachwortverzeichnis – Strafbewehrung 329 – 332 – Wortlaut der Versicherung 323 – 325 Vertreter ohne Vertretungsmacht, Handeln als 283 – 285 Verwaltungssitzes, Verlegung des siehe Ausländer als Geschäftsführer Vollziehbarkeit der Entscheidung – Folgen der Anknüpfung an die Vollziehbarkeit (Rückwirkungslösung) 252 –253 – Folgen der Anknüpfung an die Vollziehbarkeit (Zeitpunktslösung) 253 – 257 – Grundlagen 251 – 252 Vorteile der Amtsunfähigkeit 35 – 38 Wohnsitz in Deutschland, Anknüpfung an siehe Ausländer als Geschäftsführer Zweigniederlassung, Amtsunfähigkeit des Geschäftsleiters der 391, 417 – 419 Zweigniederlassung, Handlungsunfähigkeit der in Umgehungsfällen 396 Zweigniederlassung, kein Bestellungsakt in der 402 – 403, 405 Zweigniederlassung, registerrechtliche Lösung der Umgehungsproblematik vor dem MoMiG – Eintragung, Versagung der 404 – Kritik der Lösungsansätze 404 – 406 – Vereinbarkeit mit Europarecht 407 – 408 Zweigniederlassung, Umgehung deutscher Amtsunfähigkeitsgründe durch eine – europäischer Ebene, Reform auf 413

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– HGB vor 1993, Lösung nach dem 392 – 393 – MoMiGs, Lösung vor Inkraftreten des siehe Zweigniederlassung, Umgehungsproblematik vor dem Inkrafttreten des MoMiGs – nationalen Rechts, Reform des 413 – 417 – Problem 391 –392 Zweigniederlassung, Umgehungsproblematik nach dem MoMiG – Gesetzesänderungen 409 – Kritik 410 –412 – Vereinbarkeit mit Europarecht 411 Zweigniederlassung, Umgehungsproblematik vor dem Inkrafttreten des MoMiGs – Bestellungsakt, kein ~ erforderlich siehe Zweigniederlassung, kein Bestellungsakt in der – gesellschaftsrechtliche Lösung 398 – 404 – gewerberechtliche Lösung 394 –397 – Missbrauch der Niederlassungsfreiheit 401 – 402 – registerrechtliche Lösung siehe Zweigniederlassung, registerrechtliche Lösung der Umgehungsproblematik vor dem MoMiG – strafrechtliche Lösung 394 Zweigniederlassung, Versagung der Eintragung siehe Zweigniederlassung, registerrechtliche Lösung der Umgehungsproblematik vor dem MoMiG