Die Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG [1 ed.] 9783428581337, 9783428181339

Die Arbeit thematisiert dogmatische Fragestellungen der Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen nach § 16 Abs. 1 GrEStG (Rüc

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Die Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG [1 ed.]
 9783428581337, 9783428181339

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Schriften zum Steuerrecht Band 154

Die Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG

Von

Isabella Denninger

Duncker & Humblot · Berlin

ISABELLA DENNINGER

Die Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG

S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 154

Die Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG

Von

Isabella Denninger

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D2 Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-18133-9 (Print) ISBN 978-3-428-58133-7 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort An dieser Stelle möchte ich denjenigen meinen Dank aussprechen, die mich bei der Anfertigung meiner Dissertation unterstützt haben: Allen voran danke ich herzlichst meinem Doktorvater Professor Dr. Gregor Crezelius für die stets zielgerichtete Förderung und sehr angenehme Betreuung dieser Arbeit. Er war Ideengeber zu einem Regelungskomplex, der seit Einführung kaum wissenschaftliche Beachtung gefunden hat. Professor Dr. Michael Fischer danke ich für die zügige Zweitbegutachtung. Meiner Mutter spreche ich für ihre stetige Fürsorge und Besonnenheit meinen Dank aus. Meiner Zwillingsschwester Catharina bin ich zutiefst verbunden für ihren jederzeitigen unermüdlichen Zuspruch und ihren scharfen und hilfreichen Blick über den steuerlichen Tellerrand. Meinem Mann Jens bin ich dankbar für seine immerwährende liebevolle Unterstützung sowie seine entschlossene stoische Ruhe in zahlreichen Diskussionen. Meinem Vater widme ich diese Arbeit in dem Wissen, dass er unendlich stolz auf seine Kinder war. Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Fachbereich Rechtswissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Sommersemester 2020 als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung wurden Literatur und Rechtsprechung bis zum 1. August 2020 berücksichtigt. München, im September 2020

Isabella Denninger

Inhaltsübersicht § 1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Problemaufriss und Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Zielsetzung und Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 § 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung . . . . . . . . 27 A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 § 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . 74 A. Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 B. Rechtsbegriff „Rückgängigmachung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 C. Problematische Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 § 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . 188 A. Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . 188 B. Rechtsbegriff „Rückerwerb“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 C. Problematische Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 § 5 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

Inhaltsverzeichnis § 1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Problemaufriss und Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Zielsetzung und Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 § 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung . . . . . . . 27 A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . 27 1. Rechtfertigungsbedürftigkeit der Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Rechtfertigungsansätze zur Erschließung der Grunderwerbsteuerquelle

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3. Konkrete Ausgestaltung des ­GrEStG und Gebot der Folgerichtigkeit . . . 32 II. Besteuerungsgegenstand – Historische Genese der Erwerbsvorgänge des ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Besondere Besteuerungsmerkmale (Besteuerungsgegenstände des § 1 ­GrEStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 a) § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) § 1 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 c) § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 d) § 1 Abs. 1 Nr. 4 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 e) § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 f) § 1 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 g) § 1 Abs. 2a ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 h) § 1 Abs. 3 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 i) § 1 Abs. 3a ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Weitere allgemeine Besteuerungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Rechtsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Inländisches Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 c) Rechtsträgerwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 d) Keine Entgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 III. Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Übertragung von Herrschaftsmacht als Belastungsgrund . . . . . . . . . . . . . 45 2. Herrschaftsmacht bei den Erwerbsvorgängen des § 1 ­GrEStG . . . . . . . . . 49 a) § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

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Inhaltsverzeichnis b) § 1 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 c) § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 d) § 1 Abs. 1 Nr. 4 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 e) § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 Alt. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 f) § 1 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 Alt. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 g) § 1 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 h) § 1 Abs. 2a ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 i) § 1 Abs. 3 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 j) § 1 Abs. 3a ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 IV. Rechtfertigung, Folgerichtigkeit und Auslegung der Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung des Belastungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Rechtfertigung und Folgerichtigkeit der Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . 58 2. Belastungsgrund und Auslegung des ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Auslegung von Rechtsbegriffen im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Verhältnis zwischen Steuerrecht und Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 c) Belastungsgrund und Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 I. Begriff der Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 II. Grunderwerbsteuerliche Behandlung der Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Gesetzliche Grundlagen der Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 a) Grundsatz der Unabänderlichkeit des Steueranspruchs . . . . . . . . . . . . 62 b) Ausnahmen vom Grundsatz der Unabänderlichkeit des Steueranspruchs 62 aa) § 41 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 bb) § 16 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 c) Abgrenzung des § 41 Abs. 1 AO zu § 16 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Historische Genese der Vorschrift über die grunderwerbsteuerliche Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) § 79 RStempG1909 und Ausführungsbestimmungen des Bundesrats . . 65 b) § 34 ZuwStG1911 und Ausführungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . 66 c) §  23 ­GrEStG1919 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 d) §  17 ­GrEStG1940 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 e) §  16 ­GrEStG1983 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 f) Jüngste Entwicklungen des § 16 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 g) Zusammenfassung und Telos des § 16 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Inhaltsverzeichnis

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . 74 A. Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I. Anwendungsbereich § 16 Abs. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3. Abgrenzung § 16 Abs. 1 Nr. 1 von Nr. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 III. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 B. Rechtsbegriff „Rückgängigmachung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 I. Tatbestandselemente der Rückgängigmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Zivilrechtliche Rückgängigmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Vollständige Rückgängigmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3. Tatsächliche Rückgängigmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 C. Problematische Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 I. Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 1. Abgrenzung Zweiterwerbsfälle von sonstigen Vertragsgestaltungen . . . . 82 2. Schlichte, besondere und erweiterte Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . 84 3. Erhöhte Anforderungen an Rückgängigmachung bei Zweiterwerbsfällen 85 4. Entwicklung der Anforderungen an vollständige Rückgängigmachung i. R. der schlichten Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Formlose Aufhebung bei nicht missbräuchlicher Gestaltung . . . . . . . 86 b) Aufheben der wirtschaftlichen Folgen / des wirtschaftlichen Ergebnisses 87 c) Veräußerer erlangt ursprüngliche Rechtsstellung wieder . . . . . . . . . . 89 d) Nicht-mehr-Bestehenbleiben von Bindungen von grunderwerbsteuer­ licher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 e) Sachlicher Zusammenhang der Rechtspositionen der Vertragsparteien 91 f) Verwertung einer verbliebenen Rechtsposition im eigenen Interesse

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aa) Aus rückgängig gemachten Erwerbsvorgang verbliebene Rechtsposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 bb) Tatsächliche Verwertung im Zusammenhang mit der Weiterver­ äußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 cc) Eigenes (wirtschaftliches) Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 g) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 aa) Fortbestehender Übereignungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Nicht (vollständig) erfüllter Kaufpreis-Rückzahlungsanspruch . . 95 cc) Fortbestehen von Besitz, Nutzen und Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . 97 dd) Fortbestehende Grundbuchpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

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Inhaltsverzeichnis ee) Mehrere fortbestehende Rechtspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 ff) Verwertung einer verbliebenen Rechtsposition im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 5. Anforderungen an vollständige Rückgängigmachung i. R. der besonderen Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Wirtschaftliche Betrachtungsweise vs. grunderwerbsteuerlich bedeutsamen Änderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 aa) Wirtschaftliche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Grunderwerbsteuerlich bedeutsame Änderung . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Wirtschaftliche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Grunderwerbsteuerlich bedeutsame Änderung . . . . . . . . . . . . . . . 105 6. Anforderungen an vollständige Rückgängigmachung i. R. der erweiterten Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 II. Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Anwendungsbereich des § 16 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Rückgängigmachung insoweit, als § 1 Abs. 3 ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 III. Rückgängigmachung von Grundstücksgeschäften bei zwischenzeitlicher Anteilsvereinigung bzw. -übertragung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG (Problem der materiellen Rückwirkung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Sachverhaltskonstellationen und Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Abgrenzung zu den Fällen mit zivilrechtlicher Rückwirkung . . . . . . . . . 110 3. Problem der materiellen Rückwirkung von § 16 Abs. 1 ­GrEStG . . . . . . . 111 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Bestimmung der Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung . . . . . 113 1. Wörtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Allgemeiner Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Besonderer (steuerrechtlicher) Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 aa) Umsatzsteuerliche Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (1) Grundlagen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (2) Tatsächliche Rückgewähr der empfangenen Leistung i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG als Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (3) Zulässigkeit umsatzsteuerrechtlicher Konkretisierungen . . . . 118 bb) Schenkungsteuerliche Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Inhaltsverzeichnis

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(1) Grundlagen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (2) Tatsächliche Herausgabe i. S. d. § 29 ErbStG als Maßstab . . . 122 (3) Zulässigkeit schenkungsteuerlicher Konkretisierungen . . . . . 124 cc) Bürgerlich-rechtliche Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (1) Grundlagen des § 346 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (2) Erfüllen der Rückgewährpflichten i. S. d. § 346 Abs. 1 BGB als Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (3) Zulässigkeit bürgerlich-rechtlicher Konkretisierungen . . . . . 127 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4. Wirtschaftliche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 aa) Auslegung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise . . . . . . . 133 bb) Divergenz von deklarierter Form und wirtschaftlichem Erfolg . . 134 b) Reichweite der Rückgängigmachung nach der wirtschaftlichen Betrach­ tungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 c) Zulässigkeit der Auslegung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 5. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Normzweck des § 16 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Keine Modifikation des Normzwecks bei Berücksichtigung des Gesetzeszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 II. Bestimmung der Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung in den Zweiterwerbsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Teleologische Auslegung und Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Rechtstheoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Missbräuchliche Gestaltungen, § 5 RAO bzw. § 6 StAnpG . . . . . 143 bb) § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 cc) Innerer, systematischer Zusammenhang zu § 1 ­GrEStG . . . . . . . . 147 b) Stellungnahme zu den rechtstheoretischen Grundlagen . . . . . . . . . . . 148 aa) Abgrenzungskriterium nach § 5 RAO bzw. § 6 StAnpG . . . . . . . 148 bb) Abgrenzungskriterium nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 ­GrEStG . 149 cc) Abgrenzungskriterium nach innerem, systematischem Zusammenhang zu § 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 c) Jüngste Entwicklungen der rechtstheoretischen Grundlagen . . . . . . . 150 aa) Kombination aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . 151 (1) Verwertung einer verbliebenen Rechtsposition . . . . . . . . . . . 151

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Inhaltsverzeichnis (2) Im eigenen wirtschaftlichen Interesse vs. auf eigene Rechnung 155 (3) Kombination aus Tatbestandselementen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Grundsätzliche Zulässigkeit der Kombination aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 cc) Zulässigkeit der Kombination aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG in den Zweiterwerbsfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Konkretisierungen der vollständigen Rückgängigmachung im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 a) Innehaben einer verbliebenen grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 aa) Rechtsposition aufgrund Vertragsübernahme oder Vertragsbeitritt 162 bb) Abgrenzung Vertragsübernahme / Vertragsbeitritts vom Neu­ abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 cc) Rechtsposition aufgrund Veräußerungsermächtigung i. S. d. § 1 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Gebrauchmachen einer Rechtsposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 aa) Schlichte Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Besondere Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 cc) Erweiterte Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 III. Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG 170 IV. Rückgängigmachung bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Differenzierung nach bürgerlich-rechtlichen Wirkungen . . . . . . . . . . . . . 171 a) Rückgängigmachung von unwirksamen Erwerbsvorgängen . . . . . . . . 171 b) Rückgängigmachung von wirksamen Erwerbsvorgängen . . . . . . . . . 172 2. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und §§ 163, 227 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Erlass aus Billigkeitsgründen nach §§ 163, 227 AO . . . . . . . . . . . . . . 176 3. § 16 Abs. 1 ­GrEStG (analog) bei Rückgängigmachung des Grundstückskaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Lückenfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Lückenausfüllung durch Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 aa) Planwidrige Unvollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (1) Vergleichbare Interessenlage bei den streitigen Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (2) Vergleichbare Interessenlage bei Zwischengeschäften . . . . . 182

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cc) Analoge Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG auf die streitigen Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 4. Kein § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG (analog) bei Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 § 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . 188 A. Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 II. Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Allgemeine Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Vorausgegangener steuerbarer Erwerbsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Identität der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Identität des Grundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Besondere Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) § 16 Abs. 2 Nr. 3 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 III. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 B. Rechtsbegriff „Rückerwerb“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 I. Tatbestandselemente des Rückerwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 1. Zivilrechtlicher Rückerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Tatsächlicher und vollständiger Rückerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 C. Problematische Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 I. Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Anforderungen an den Rückerwerb i. R. d. schlichten Zweiterwerbsfälle 199 a) Gleichlauf der Anforderungen des § 16 Abs. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . 199 b) Verwertung grunderwerbsteuerlich relevanter Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Anforderungen an den Rückerwerb i. R. d. besonderen und erweiterten Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 II. Rückerwerb übergegangener Anteile nach § 1 Abs. 2a ­GrEStG . . . . . . . . . . . 201 1. Anwendungsbereich des § 16 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Umfang des Rückerwerbs übergegangener Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Rückerwerb insoweit, als § 1 Abs. 2a ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt ist 202 b) Kaufpreisrückzahlung und ursprüngliche Gesellschafterstellung . . . 204 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

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Inhaltsverzeichnis III. Rückerwerb übertragener Anteile nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 ­GrEStG . . . . . 206 1. Rückerwerb insoweit, als § 1 Abs. 3 ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt ist . . . . 206 a) § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) § 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 IV. Rückerwerb bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 V. Rückabwicklung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bei zwischenzeitlicher Änderung des Grundstücksbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Sachverhaltskonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 a) Rückabwicklung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bei zwischenzeitlichem Grundstückskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 b) Rückabwicklung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bei zwischenzeitlichem Grundstücksverkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 3. Problem der anteils- oder grundstücksbezogenen Sichtweise . . . . . . . . . 212 a) Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Bestimmung der Reichweite des Rückerwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 II. Bestimmung der Reichweite des Rückerwerbs im Rahmen der Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Konkretisierungen des vollständigen Rückerwerbs im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) Zulässigkeit der Übertragung der entwickelten Kriterien im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) Innehaben einer verbliebenen grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 c) Gebrauchmachen einer Rechtsposition – Verwertungsmöglichkeit des Erwerbers i. S. einer grunderwerbsteuerlichen Neuzuordnung des Grundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Zweiterwerbsfälle und Verwertung einer sonstigen Rechtsposition . . . . . 217 a) Schlichte Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 b) Besondere Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 c) Erweiterte Zweiterwerbsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 III. Reichweite der Wirkungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG in den Fällen des Rückerwerbs von Grundstücksgeschäften bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 IV. Reichweite der Wirkungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG in den Fällen des Rückerwerbs von Anteilen bei zwischenzeitlichen Grundstücksgeschäften . . . . . 221

Inhaltsverzeichnis

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1. Anteils- und Grundstücksbezogenheit von § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a ­GrEStG 221 2. Anteils- und Grundstücksbezogenheit des § 16 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . 222 a) Keine Rückabwicklung einer Fiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Anteilsbezogenheit des § 16 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 c) Grundstücksbezogenheit des § 16 Abs. 2 ­GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Anteils- und grundstücksbezogene Reichweite des § 16 Abs. 2 ­GrEStG . 223 § 5 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

Abkürzungsverzeichnis Abs. Absatz AktG Aktiengesetz AmtshilfeRLUmsG Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I 2013, S. 1809) Anm. Anmerkung AO Abgabenordnung AStG Außensteuergesetz BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) BewG Bewertungsgesetz BeurkG Beurkundungsgesetz BFH Bundesfinanzhof BFHE Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BFH / N V Sammlung der amtlich und nicht amtlich veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bfin. Beschwerdeführerin BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BMF Bundesministerium der Finanzen BStBl. Bundessteuerblatt Bundesrat Drucksache BR Drs. BT Drs. Bundestag Drucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE DB Der Betrieb (Zeitschrift) DNotI-Report Deutsches Notarinstitut-Report (Zeitschrift) Deutsche Notar-Zeitschrift DNotZ Drs. Drucksache DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) DStZ Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) DVR Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau (Zeitschrift) EFG Entscheidungen der Finanzgerichte Einführung / Einführung von Einf / Einf. v. EL Ergänzungslieferung ErbStG Erbschaftsteuergesetz EStG Einkommensteuergesetz FG Finanzgericht FGO Finanzgerichtsordnung Fn. Fußnote Finanzrundschau (Zeitschrift) FR

Abkürzungsverzeichnis

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GBO Grundbuchordnung GG Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH ­GrEStG Grunderwerbsteuergesetz Grunderwerbsteuergesetz vom 12. September 1919 (RGBl. 1919, ­GrEStG1919 S. 1617) Grunderwerbsteuergesetz vom 29. März 1940 (RGBl. I 1940, 585) ­GrEStG1940 Grunderwerbsteuergesetz vom 17. Dezember 1983 (BGBl. I 1982, ­GrEStG1983 1777) Großer Senat des Bundesfinanzhofs GrS Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) HFR Hrsg. Herausgeber Jahressteuergesetz vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I 1996, S. 2049) JStG 1997 Buchstabe (littera) lit. Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und MittBayNot der Landesnotarkammer Bayern Neue juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) NWB Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) NZG RAO Reichsabgabenordnung RFH Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des ReichsfinanzRFHE hofs RGBl. Reichsgesetzblatt Rn. Randnummer RS Rechtsspruch RStBl. Reichssteuerblatt Reichsstempelgesetz vom 15. Juli 2009 (RGBl. 1909, S. 833) RStempelG1909 Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (SteueränderungsStÄndG 2001 gesetz) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, S. 3794) StÄndG 2015 Steueränderungsgesetz vom 2. November 2015 (BGBl. I 2015, S. 1834) Steueranpassungsgesetz vom 16. Oktober 1934 (RGBl. 1934, 925) StAnpG1934 Stbg Die Steuerberatung (Zeitschrift) StBW Steuerberater Woche StEntlG 1999/2000/2002 Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I 1999, S. 402) st. Rspr. ständige Rechtsprechung StuW Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Treuhanderlass Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu grundstücksbezogenen Treuhandgeschäften sowie zu Grundstückserwerben durch Auftragnehmer bzw. Geschäftsbesorger vom 12. Oktober 2007, VV BW FinMin 2007-10-12 3-S 450.0/84 Tz. Textziffer Überbl v Überblick von Ubg Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift)

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Abkürzungsverzeichnis

UmwStG Umwandlungssteuergesetz UStG Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer- Recht (Zeitschrift) UVR Var. Variante Verf. Verfasser VersStG Versicherungssteuergesetz Vorb. Vorbemerkung Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht WEG Zuwachssteuergesetz vom 14. Februar 1911 (RGBl. 1911, S. 53) ZuwStG1911 ZVG Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Im Übrigen wird verwiesen auf: Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8. Auflage 2015

§ 1 Allgemeines A. Problemaufriss und Relevanz Seit der Föderalismusreform I1 können die Bundesländer den Steuersatz der Grunderwerbsteuer individuell bestimmen (Art. 105 Abs. 2a S. 2 GG) und damit ein neues, von § 11 Abs. 1 G ­ rEStG abweichendes Recht schaffen, ohne dass es einer Freigabe durch den Bund bedarf.2 Die Grunderwerbsteuer ist daher in den letzten Jahren vermehrt in den Gesetzgebungsfokus vieler Bundesländer gerückt3 und der Grunderwerbsteuersatz wurde – mit der Begründung der Senkung der Neuverschuldung und des Einhaltens der Schuldenbremse im Jahr 20204 – sukzessive5 erhöht. Infolgedessen haben die Unterschiede zwischen den Grunderwerbsteuersätzen der einzelnen Bundesländer nicht unbeachtliche Ausmaße angenommen. So beträgt der derzeit geltende Grunderwerbsteuersatz in Bayern und Sachsen unverändert 3,5 %, während er beispielsweise in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Schleswig-Holstein und Thüringen auf aktuell 6,5 % erhöht wurde.6 Zur Vermeidung dieser erhöhten wirtschaftlichen Belastung haben steuerliche Berater im Vorfeld von Grundstückstransaktionen teils komplexe grunderwerbsteueroptimierende Gestaltungen, sog. RETT-Blocker-Strukturen7 entwickelt. Diese zielen insbesondere darauf ab, bei einem Rechtsträgerwechsel die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung eines inländischen Grundstücks durch Zwischenschaltung einer Gesellschaft, an der ein Fremder wirtschaftlich nicht oder nur geringfügig beteiligt ist, zu verhindern8. Weitere Gestaltungsvariante war der zeitlich gestreckte Anteilserwerb.9 Mit Einführung des § 1 Abs. 3a ­GrEStG10 hat der Gesetzgeber insbesondere diesen Gestaltungsmöglichkeiten einen Riegel vorgeschoben, um zukünftige Steuerausfälle in Millionenhöhe zu verhindern11.

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Verkündet am 31.8.2006 in BGBl. I 2006, S. 2034. Wernsmann, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 4 AO. Rn. 379. 3 Zu Lösungsvorschlägen der Politik auf steigende Grunderwerbsteuersätze: Schanko, UVR 2016, 16 ff. 4 Z. B. Landtag NRW Drs. 16/7147 vom 28. Oktober 2014, S. 1. 5 Übersicht in Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 11 Rn. 4. 6 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 11 Rn. 4; Griesar / Jochum, ­GrEStG, § 11 Rn. 5. 7 RETT (Real Estate Transfer Tax) hierzu statt vieler z. B. Behrens, DStR 2013, 1405 ff. und Schanko, UVR 2014, 44 ff. 8 BT Drs. 17/13033 vom 10.4.2013, S. 110, rechte Spalte. 9 Griesar / Jochum, ­GrEStG, § 1 Rn. 393. 10 Durch Art. 26 des AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013, BGBl. I 2013, S. 1809. 11 BT Drs. 17/13033 vom 10.4.2013, S. 110, rechte Spalte. 2

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§ 1 Allgemeines

Weitere Maßnahmen zur Verhinderung von Steuergestaltungen wurden in der Finanzministerkonferenz vom 21. Juni 2018 diskutiert und sind teils in dem Referentenentwurf des BMF mit gleichem Datum enthalten12. Im Vordergrund stehen Steuergestaltungen mit Share Deals; angedacht ist bei sämtlichen Ergänzungstatbeständen die Beteiligungsgrenze von bisher 95 % auf 90 % abzusenken sowie deren derzeitige Fünfjahresfristen auf zehn Jahre zu verlängern. Weiterhin soll die bislang nur für grundstücksbesitzende Personengesellschaften geltende Betrachtung der kumulierten Gesellschafterwechsel in modifizierter Form auch auf grundstücksbesitzende Kapitalgesellschaften ausgeweitet werden.13 Der zeitliche Geltungsbereich der geplanten Verschärfungen ist derzeit noch unklar.14 Für den Fall einer beabsichtigten Rückwirkung auf den Zeitpunkt zum 21. Juni 2018 stellen sich Fragen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen (echten) Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen).15 Eine Rückwirkung auf den 21. Juni 2018 wird im Ergebnis verfassungswidrig sein, weil nach derzeitiger Rechtslage der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz in den Bestand der bisherigen Rechtsordnung höher wiegt und die Pressemitteilung vom 21. Juni 2016 dieses Vertrauen nicht zerstört hat.16 Aber auch in den Fällen, in denen sich der zeitliche Anwendungsbereich etwaiger verschärfter Vorschriften bspw. nach der Veröffentlichung im BGBl. (so z. B. bei § 23 Abs. 13 ­GrEStG) richten wird, stellt sich bei den Erwerbsvorgängen der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG die Frage, welche Rechtslage bei zeitlichem Auseinanderfallen von schuldrechtlichen (Signing) und dinglichen Rechtsgeschäften (Closing) bei zwischenzeitlicher Gesetzesverschärfung gilt.17 Davon abhängig könnte zur Vermeidung nicht beabsichtigter Grunderwerbsteuerbelastungen der Anwendungsbereich des § 16 ­GrEStG wieder verstärkt in den Fokus der Beratungspraxis geraten. Denn auch ohne grunderwerbsteueroptimierende Gestaltungen ist und wird in Zukunft der nicht zu unterschätzende Kostenfaktor der Grunderwerbsteuer nur unter den Voraussetzungen des § 16 ­GrEStG nachträglich zu beseitigen sein. § 16

12 Nunmehr Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10. August 2018, BR Drs. 372/18. 13 Im Einzelnen: https://finanzen.hessen.de/presse/pressemitteilung/laenderfinanzministerbeschliessen-konsequentes-vorgehen-gegen-share-deals-bei-der-grunderwerbsteuer, abgerufen am 13.11.2018. 14 So auch Joisten, GmbHR 2018, 1041 (1041); Behrens / D worog, BB 2018, 1943 (1947); Wagner, DB 2018, 1553. 15 Dies zurecht verneinend z. B.: Joisten, GmbHR 2018, 1041 (1042); zur Rückwirkung siehe Wernsmann, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 4 AO Rn. 712 ff., zu den Begrifflichkeiten insbesondere Rn. 714, 715. 16 Hierzu auch Joisten, GmbHR 2018, 1041 (1042); Fischer, Vertrauen in die Grunderwerbsteuer, Beitrag vom 28.09.2018. 17 Diese Frage wird gleichfalls aufgeworfen und beantwortet von Joisten, GmbHR 2018, 1041 (1042 f.).

A. Problemaufriss und Relevanz

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­GrEStG stellt eine besondere verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche Korrekturvorschrift zur Rückabwicklung von grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgängen dar. Danach ist, vereinfacht dargestellt, die Grunderwerbsteuer unter bestimmten Voraussetzungen ganz / zum Teil nicht oder niedriger festzusetzen oder bereits festgesetzte Steuern zu erstatten, wenn ein Verpflichtungsgeschäft (regelmäßig Kaufvertrag) rückgängig gemacht (§ 16 Abs. 1 ­GrEStG), das Grundstückseigentum zurückerworben (§ 16 Abs. 2 ­GrEStG) oder die Gegenleistung nachträglich herabgesetzt wurde (§ 16 Abs. 3 ­GrEStG). Der Weg der Inanspruchnahme des § 16 ­GrEStG ist dabei alles andere als einfach. Eine vertiefte Untersuchung dieser besonderen Korrekturvorschrift des § 16 ­GrEStG erfolgte bislang nicht – anders hingegen zu einzelnen Erwerbsvorgängen, insbesondere des § 1 Abs. 2, Abs. 2a oder Abs. 3 G ­ rEStG18. Ohne auf die Ergebnisse der nachfolgenden Untersuchung vorzugreifen, lassen sich bei Betrachtung des gesetzlichen Regelwerks Anwendungs- und Verständnisprobleme erahnen, so beispielsweise unter welchen Voraussetzungen ein Erwerbsvorgang als im Sinne der Vorschrift rückgängig gemacht anzusehen bzw. das Grundstückseigentum zurückerworben ist. Es ist daher nicht verwunderlich, dass eine erhebliche Zunahme finanzgerichtlicher Verfahren zu beobachten ist, welche die Rechtsanwendung und damit zugleich die Rechtsauslegung des § 16 ­GrEStG betreffen.19 Als besonders streitanfällig zeigen sich die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG und der Rückerwerb des Eigentums an dem Grundstück nach § 16 Abs. 2 G ­ rEStG (zusammen als „Rückabwicklung“) im Zusammenhang mit sog. Weiterveräußerungsfällen20 (nachfolgend „Zweiterwerbsfälle“21). Dies sind Fälle, in denen in einem zeitlichen und / oder wirtschaftlichen Zusammenhang der ursprüngliche Erwerber22 oder ein Dritter im Rahmen der Rückabwicklung des Ersterwerbs Einfluss auf die Weiterveräußerung (nach­ folgend auch „Zweiterwerb“) über dasselbe Grundstück nehmen. Hierbei stellt 18 Jüngst zu § 1 Abs. 2a ­GrEStG: Eulau, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Grunderwerbsteuerrecht (2017); zu § 1 Abs. 2 G ­ rEStG: Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016); zu § 1 Abs. 3 G ­ rEStG Rothenöder, Der Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 ­GrEStG (2009). 19 Hierzu ab S. 77 ff. 20 Explizite Verwendung des Begriffs „Weiterveräußerungsfälle“ in: Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 65 ff.; Pahlke, in: G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 34; Müller-Horn, EFG 2016, 746 (746); FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 1.2.2016 – 3 K 130/15, EFG 2016, 743. 21 Begriffswahl erfolgte in Anlehnung an den sog. (gutgläubigen) Zweiterwerb bspw. einer Vormerkung oder einer Hypothek, siehe hierzu auch Wellenhofer, Sachenrecht (2018) ab. S. 299 ff. und S. 470 ff., weil hier wie dort der Ersterwerber Einfluss auf den (unmittelbar nachfolgenden) Zweiterwerb, regelmäßig durch Abtretung von Ansprüchen, ausübt. 22 Im BGB werden die Begriffe „Veräußerer“ und „Erwerber“ dem Verfügungsgeschäft vorbehalten, während es im Verpflichtungsgeschäft um Käufer und Verkäufer geht. Obgleich das ­GrEStG diese Terminologie übernimmt (Begründung zum G ­ rEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377, S. 389 unter § 9 Abs. 1 Nr. 1) wird im Folgenden stets, d. h. ohne Differenzierung nach schuldund sachenrechtlichem Rechtsgeschäft, vom Veräußerer und vom Erwerber gesprochen.

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§ 1 Allgemeines

sich die schwierige Abgrenzungsfrage, ob die Einflussnahme des ursprünglichen Erwerbers oder Dritten auf den Zweiterwerb Ausfluss des Ersterwerbs ist. Plakativ formuliert, ob der Ersterwerber oder der ursprüngliche Veräußerer das Grundstück weiterveräußert hat. Sofern der Ersterwerber das Grundstück weiterveräußert hat, wäre der ursprüngliche Erwerbsvorgang nicht i. S. d. § 16 Abs. 1 oder 2G ­ rEStG rückabgewickelt worden, mit der Folge, dass eine bisher festgesetzte Grunderwerbsteuer nicht erstattet würde. Ist das Eigentum am Grundstück bereits auf den Ersterwerber übergegangen, kann der „fehlgeschlagene“ Rückerwerb sogar dreifach Grunderwerbsteuer auslösen: hinsichtlich der Hinübertragung, der Rückübertragung und des Zweiterwerbs. Wegen der wirtschaftlich weitreichenden Konsequenzen ist die Antwort auf eben aufgeworfene Frage, mithin die Abgrenzung, ob Einflussmöglichkeiten verblieben sind, d. h. umgekehrt unter welchen Voraussetzungen der Erwerbsvorgang i. S. d. § 16 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG rückabgewickelt ist, von erheblicher praktischer Bedeutung. Seit Jahrzenten bemühen sich Finanzrechtsprechung und Schrifttum insoweit um griffige und überzeugende Kriterien. Zahlreiche Lösungsvorschläge sowohl in der Finanzrechtsprechung als auch in der Literatur enthalten zwar brauchbare Ansätze. Es werden aber regelmäßig nur Einzelaspekte herausgegriffen, die sich nicht zwingend in das innere System der Grunderwerbsteuer einordnen. Entscheidende Punkte bleiben offen, eine Gesamtlösung fehlt, Rechtsunsicherheit ist die Folge. Ein Vorschlag zur Lösung der aufgeworfenen Abgrenzungsfrage und Reichweite der Rückabwicklung muss demnach zweierlei leisten: Er muss erstens Kriterien nennen, anhand derer der Rechtsanwender prüfen kann, ob der ursprüngliche Erwerbsvorgang i. S. d. § 16 Abs. 1 oder Abs. 2 ­GrEStG (gerade im Zusammenhang mit einem Zweiterwerbsfall) rückabgewickelt wurde. Zweitens muss er begründen, warum es grunderwerbsteuerlich zulässig und geboten ist, gerade auf diese Kriterien abzustellen. Neben den sehr praxisrelevanten Zweiterwerbsfällen sind Anwendungs- und Auslegungsfragen im Zusammenhang mit der Rückabwicklung der in den § 1 Abs. 2 bis 3a ­GrEStG genannten Ergänzungstatbestände verstärkt in den Fokus von Literatur und Rechtsprechung gerückt. Den Ergänzungstatbeständen ist gemeinsam, dass sie regelmäßig nicht auf den Eigentumsübergang bzw. auf einen den Eigentumsübergang abzielenden vorgelagerten Rechtsvorgang anknüpfen, sondern zur Verhinderung von Missbräuchen, an einen Vorgang anknüpfen, der dem Eigentumsübergang wirtschaftlich gleichkommt.23 Dies geschieht größtenteils durch Fiktionen.24 Da bei Einführung des § 16 ­GrEStG diese Ergänzungs­ rEStG aufgenommen waren (§ 1 Abs. 2a und tatbestände teils noch nicht in das G Abs. 3a ­GrEStG) bzw. zwischenzeitlich mehrmals modifiziert wurden (§ 1 Abs. 3 ­GrEStG), stellen sich auch in diesem Zusammenhang zahlreiche Fragen zur Reich-

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Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 18 Rn. 37. Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 743, Rn. 943 und Rn. 1209.

B. Zielsetzung und Gegenstand der Arbeit

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weite der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG oder des Rückerwerbs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG.

B. Zielsetzung und Gegenstand der Arbeit Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist daher einerseits eine grundlegende Untersuchung der Rückabwicklung von Grundstücksgeschäften im Lichte des § 16 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG vorzunehmen und andererseits die dieser Vorschrift inhärenten besonders relevanten Problembereiche näher zu erörtern. Nicht näher untersucht werden soll die Regelung des § 16 Abs. 3 ­GrEStG.25 In § 2 werden zunächst die Grundlagen der Grunderwerbsteuer dargestellt. Der Fokus liegt hier auf der Rechtfertigung der Grunderwerbsteuer, der historischen Entwicklung der Erwerbsvorgänge und darauf rekurrierend auf dem Belastungsgrund sowie auf den Auslegungsgrundsätzen des ­GrEStG. In § 3 erfolgt eine ausführliche Untersuchung der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG und dessen spezifischen Problembereichen nebst eigenen Lösungsansätzen. Schwerpunkt der Ausführungen wird der Rechtsbegriff der ­­ Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 GrEStG sein, welchen die Rechtsprechung über Jahrzehnte zu konkretisieren versucht hat. Insoweit wird zwischen der zivilrechtlichen, tatsächlichen und vollständigen Rückgängigmachung differenziert. Bei näherer Betrachtung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur vollständigen Rückgängigmachung wird deutlich, dass die Anforderungen hieran nicht nur stetig konkretisiert wurden, sondern insbesondere im Zusammenhang mit den Zweiterwerbsfällen auch wesentlich erhöht sind. Eine Untersuchung der Rechtsprechungsentwicklung ist daher gleichfalls geboten. Des Weiteren wird im Lichte der jüngst ergangenen Rechtsprechung zur Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ­GrEStG (Anteilsvereinigung) untersucht, ob die dort entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze auch auf die Rückgängigmachung ­ rEStG (Anteilsübertragung) übereines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 G tragbar sind. Schließlich wird der Problemfall der Rückgängigmachung eines Grundstückskaufs oder -verkaufs bei zwischenzeitlicher Anteilsvereinigung oder -übertragung dargestellt. Nach Darstellung der im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 ­GrEStG relevanten Problemfälle werden eigene Ansätze zu deren Lösung herausgearbeitet. Dabei wird vornehmlich auf den zuvor herausgearbeiteten Belastungsgrund des ­GrEStG rekurriert. § 4 thematisiert den Rückerwerb eines Grundstücks nach § 16 Abs. 2 G ­ rEStG und stimmt im Aufbau mit dem vorangegangenen Kapitel § 3 vorwiegend überein. 25 § 16 Abs. 3 ­GrEStG behandelt keine Rückabwicklung von Rechtsgeschäften in dem o.g. Sinne, obgleich eine Herabsetzung der Gegenleistung wirtschaftlich betrachtet einer Teilbeseitigung des Rechtsgeschäfts gleichkommt.

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§ 1 Allgemeines

Daher werden in § 4 zunächst die Anforderungen an den Rückerwerb dargestellt, bevor die dem § 16 Abs. 2 G ­ rEStG immanenten Problemfälle erläutert und einem eigenen Lösungsansatz zugeführt werden. Neben den in § 3 dargestellten parallelen Problemfällen wird zusätzlich der Fall der Rückabwicklung eines Erwerbs­ rEStG bei zwischenzeitlichen Grundstücksgevorgangs nach § 1 Abs. 2a bis 3a G schäften erläutert und einer Lösung zugeführt. In § 5 werden die gefundenen Ergebnisse thesenhaft zusammengefasst.

§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen I. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Grunderwerbsteuer 1. Rechtfertigungsbedürftigkeit der Grunderwerbsteuer Grundsätzlich stellen Rechtsvorschriften, die die Auferlegung von Steuern anordnen, zumindest einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit des Bürgers dar1 und sind daher von Verfassungs wegen rechtfertigungsbedürftig. Sie müssen formell und materiell verfassungsgemäß sein.2 Besondere Bedeutung im Rahmen der materiellen Verfassungsmäßigkeit kommt für den Steuerbereich dem Art. 3 Abs. 1 GG zu.3 Der im allgemeinen Gleichheitssatz verankerte Grundsatz der Steuergerechtigkeit verlangt, dass die Steuerlasten auf die Steuerpflichtigen im Verhältnis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verteilt werden.4 Demgemäß muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen ausgestaltet sein und dem Gleichheitsgebot genügen muss.5 Bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes wird dem Gesetzgeber ein weitreichender Entscheidungsspielraum zugestanden.6 Die Grenzen werden im Willkürverbot gesehen, also dort, wo eine gleiche oder ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, demnach ein einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt und diese

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BVerfG, Urteil vom 3.12.1958 – 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3 (11). BVerfG, Urteil vom 3.12.1958 – 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3 (11). 3 Hey, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 3 Rn. 110 ff. 4 BVerfG, Urteil vom 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (230). 5 BVerfG, Urteil vom 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (230). 6 BVerfG, Urteil vom 9.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 (230). 2

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

daher willkürlich wäre.7 Demgemäß muss der Gesetzgeber im Einzelfall nicht die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden haben.8 Ob sich die Grunderwerbsteuer ebenfalls an diesem Maßstab zu orientieren hat, wird in der Literatur und Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet.9 Nach Auffassung des BVerfG entzieht sich die ohnehin auf Willkür beschränkte Prüfung für die in Art. 105 f. GG erwähnten Steuern einer vollständigen verfassungsgerichtlichen Überprüfung.10 Das Grundgesetz habe diese Steuerarten in ihrer historisch gewachsenen Bedeutung aufgenommen und sie als zulässige Form des Steuerzugriffs anerkannt.11 Die Erhebung der in Art. 105 f. GG genannten Steuern sei im Grundgesetz daher vorgesehen und deshalb verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden.12 Dies gelte auch für die in Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG aufgeführte Grunderwerbsteuer.13 Die Entscheidung steuerliche Folgen an den Grunderwerb zu knüpfen, sei schon in vorkonstitutioneller Zeit getroffen worden und sei vom Grundgesetz rezipiert worden.14 Aufgrund der weitreichenden Gestaltungsbefugnis des Steuergesetzgebers bei der Erschließung von Steuerquellen sei dieser daher berechtigt, sich bei seinen Regelungen auch von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen oder sozialpolitischen Erwägungen leiten zu lassen.15 Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit stehe daher der Besteuerung von Umsatz, Verkehr- und Verbrauchsvorgängen, die die private Vermögensverwendung belasten, nicht entgegen.16 Kirchhof teilt diese Ansicht im Ergebnis.17 Bei der Auswahl der Steuerquellen seien die in Art. 105 f. GG genannten Steuern nicht am Leistungsfähigkeitsprinzip zu messen. Andernfalls würde Art. 3 Abs. 1 GG bereits darüber entscheiden, welche Steuerobjekte zu belasten sind und der Gesetzgeber hätte nach seiner ers 7 Zur Vergnügungssteuer: BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 – 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 (unter C. II. 1. b). 8 BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 – 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 (unter C. II. 1. b). 9 Zustimmend BVerfG, Beschluss vom 18.7.2012 – 1 BvL 16/11, BVerfGE 132, 179 (189); Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 18 Rn. 4; offen gelassen: BVerfG, Beschluss vom 24.3.2015 – 1 BvR 2880/11, BVerfGE 139, 1 (unter B. I.2.b). Ablehnend: BFH, Urteil vom 9.4.2008 – II R 32/06, BFH NV 2008, 1526 (1528); BFH, Urteil vom 7.9.2011 – II R 68/09, BFH NV 2012, 62 (64). 10 BVerfG, Beschluss vom 8.1.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, 152 (unter B. II. 1.). 11 BVerfG, Beschluss vom 8.1.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, 152 (unter B. II. 1.); für die Vermögenssteuer: BVerfG, Beschluss vom 22.6.1995  – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (unter C. II. 1. b)). 12 Siehe Fn. 35. 13 So auch Tipke, StuW 2007, 201 (208, linke Spalte), wonach ein diesbezüglicher Angriff auf die Grunderwerbsteuer beim BVerfG voraussichtlich an Art. 105 Abs. 2a, 106 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4, Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 6 GG scheitern würde. 14 BVerfG, Beschluss vom 8.1.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, 152 (unter B. II. 1.). 15 BVerfG, Beschluss vom 8.1.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, 152 (unter B. II. 1.). 16 BVerfG, Beschluss vom 8.1.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, 152 (unter B. II. 1.). 17 Kirchhof, StuW 2002, 185 (189).

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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ten Entscheidung nur noch Art. 3 Abs. 1 GG zu vollziehen, indem er vergleichbare Steuerobjekte belaste. Folglich wäre ein demokratischer, voluntativer Beschluss des Parlaments aus bspw. finanz- und sozialpolitischen, wirtschaftlichen oder steuertechnischen Erwägungen ausgeschlossen. Deshalb sei die zurückhaltende Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes zur Wahrung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums insoweit angebracht. Tipke stellt sich dieser Ansicht entgegen.18 Nach der von Tipke begründeten besonderen Steuerrechtfertigungstheorie sei die Erhebung von Fiskalzwecksteuern nur (und immer dann) verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn sie sich zur gerechten Verteilung der Gesamtsteuerlast eignen, d. h., wenn sie einen Beitrag zur gleichmäßigen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit erbringen und nicht gegen Grundrechte verstoßen. Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum bei der Erschließung von Steuerquellen sei demnach durch das Gebot zur gleichmäßigen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit begrenzt. Dies gelte auch für die Grunderwerbsteuer. Keine der genannten Ansichten überzeugt vollständig. Gegen die Ansicht des BVerfG und damit auch von Kirchhof spricht insbesondere der Zweck von Art. 105 f. GG, nämlich die Ertrags- und Aufkommensverteilung auf Bund, Länder und Gemeinden. Die Regelungen geben dem Steuergesetzgeber lediglich einen Handlungsrahmen zum Zweck der Aufkommensverteilung und können über diesen Zweck hinaus die dort genannten Steuerarten weder materiell-rechtlich legitimieren noch verfassungsrechtlich institutionalisieren.19 Aber auch Tipkes Ansicht ist zu weitgehend, wenn man ihn dahingehend versteht, dass er die Existenz von Art. 105 f. GG im Grundrechtskontext schlicht ignoriert.20 Vorzugswürdig ist daher, den Art. 105 f. GG ein Mindestmaß an Bedeutung beizumessen21 und daher der Folgefrage nachzugehen, an welchem Maßstab die Grunderwerbsteuer verfassungsrechtlich zu legitimieren ist. 2. Rechtfertigungsansätze zur Erschließung der Grunderwerbsteuerquelle Die ältere Literatur differenziert hinsichtlich der Rechtfertigungstheorien der Grunderwerbsbesteuerung vereinfachend zwischen formellen und materiellen Ansätzen.22 Die formellen Ansätze rücken die Möglichkeit der Erschließung von

18 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band I (2000), ab S. 226 (insb. S. 232) und Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band II (2003), ab S. 1011 (insb. S. 1023). 19 Seer, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 2 Rn. 5. 20 So auch Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 63. 21 Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem (1994), S. 163 f. 22 Umfassend Klein, in: Gerloff / Neumark, Handbuch der Finanzwissenschaft (1956), S. 608–616.

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

Steuereinahmen in den Vordergrund und fragen danach, ob und in welcher Form der Staat sich eine bestimmte Steuerquelle erschließen kann.23 Insoweit wäre es sachgerecht diese „formellen“ Theorien auch als finanzwissenschaftliche oder als fiskalisch motivierte24 Ansätze zu deklarieren. Der wohl bekannteste und zugleich umstrittenste Rechtfertigungsansatz25 in fiskalisch motivierter Hinsicht, ist der von Mirre entwickelte Bewertungsdifferenzgedanke26. Nach Mirre brächten Rechtsverkehrsakte den Vertragsparteien von ihrem subjektiven Standpunkt aus betrachtet stets Vorteile, die es ermöglichen, die Rechtsgeschäfte mit einer Steuer zu belasten, ohne dass dadurch der Abschluss unmöglich gemacht werde. Wolle jemand einen Gegenstand verkaufen, so werde es einen Preis geben, zu dem er ihn verkaufe. Umgekehrt werde es für den Käufer einen Preis geben, den er maximal zu zahlen bereit sei. Der potentielle Käufer werde den Gegenstand regelmäßig höher bewerten als der potentielle Verkäufer und dementsprechend bereit sein, mehr zu zahlen, als vom Verkäufer verlangt. Diese Differenz aus Käufer-Verkäufer-Bewertung könne die Staatskasse im Sinne einer Erhebung von Steuern für sich ausnutzen. Dieser Rechtfertigungsansatz wurde heftig kritisiert27, da sie jeden Sachgerechtigkeitsbezug vermissen lasse und nichts anderes aussage, als dass für den Staat etwas zu holen sei.28 Auch sei sie als „subjektive Werttheorie“ nicht haltbar, da sie von der unbeweisbaren Behauptung ausgehe, dass die Wertschätzung bei Anbietendem und Nachfragendem unterschiedlich sei.29 Dem zustimmend und vor dem Hintergrund, dass Steuergesetze die Vorgaben der Verfassung beachten müssen, hilft eine Rechtfertigung der Grunderwerbsteuer in finanzwissenschaftlicher Hinsicht, d. h. entsprechend der Wirkung der Steuer, nicht weiter. Daher ist mit den materiellen Theorien nach dem wirtschaftlichen Charakter (Belastungsgrund) der steuerlichen Belastung zu fragen30 und zu prüfen, ob sich der Belastungsgrund an dem materiellen Verfassungsrecht, insbesondere den Grund-

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Klein, in: Gerloff / Neumark (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft (1956), S. 610–613 („zweite Gruppe von Versuchen zur Rechtfertigung der Verkehrsteuern“). 24 Ähnlich Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 73 ff., der von „fiskalisch motivierten Formalargumenten“ spricht. 25 Weitere Ansätze und Nachweise in Mirre, in: Gerloff / Meisel, Handbuch der Finanzwissenschaft (1927) Band II, S. 274 (282 ff.) sowie in Klein, in: Gerloff / Neumark (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft (1956), S. 608–616. 26 Mirre, in: Gerloff / Meisel (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft (1927) Band II, S. 274, 279 f., 282. 27 Z. B. Vogel, StuW 1971, 308 (310 f.); Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band II (2003) S. 1011 (1014) m. w. N.; Schaumburg, StuW 1973, 15 (19). 28 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band II (2003) S. 1011 (1014). 29 Kessler, Über das Wesen der Verkehrsbesteuerung (1929) S. 83 f. 30 Klein, in: Gerloff / Neumark (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft (1956) S. 608–610.

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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rechten, messen lässt. Zentraler31 materieller verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab für Steuergesetze ist dabei der Gleichheitssatz, der bereichsspezifisch konkretisiert wird.32 Der Gleichheitssatz zielt auf die Herstellung der Lastengleichheit ab, die sich regelmäßig an der Leistungsfähigkeit des Einzelnen auszurichten hat.33 Greift der Staat mit der Auferlegung von Steuern auf finanzielle Mittel des Einzelnen zu, ist nur ein Zugriff auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen gerecht.34 Die Leistungsfähigkeit des Einzelnen kann in drei Grundformen in Erscheinung treten und dadurch dem Zugriff des Staates ausgesetzt sein: in der Form des Vermögenszugangs (Einkommen), der Vermögensverwendung (Konsum) und des Vermögensbestands (Vermögen).35 Die Grunderwerbsteuer, die traditionell als Verkehrsteuer verstanden wird, da sie an Akte des Rechtsverkehrs anknüpft36, wird insoweit als Vermögensverwendungssteuer (Konsum) klassifiziert.37 Die Steuerwürdigkeit der Vermögensverwendung folgt dabei aus der grob typisierenden Annahme, dass derjenige, der über finanzielle Mittel verfügt, die er ausgeben kann, finanziell leistungsfähig ist.38 Wie sich diese finanzielle Leistungsfähigkeit im Grundstückserwerb und mithin im ­GrEStG konkret niederschlägt, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Nach Birk zeige sich die in der Vermögensverwendung äußernde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei Grundstückserwerbsvorgängen in der Durchführung der Verkehrsakte.39 Derjenige, der den Markt zu Grundstückserwerbsvorgängen nutze, offenbare regelmäßig (Vermögens-) Leistungsfähigkeit insoweit, als der Erwerber über Erwerbspotential verfüge und der Veräußerer sein Vermögen umschichte. Stodian sieht als Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer die jedem Grunderwerbsvorgang immanente Bereicherung im rechtsgeschäftlichen Sinne wie bei der Schenkung.40 Dies bestätigen die Besteuerungstatbestände und die Befreiungsvorschriften des G ­ rEStG. Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sei gleichfalls die Bereicherung.

31 Kirchhof, StuW 2002, 185 (187); vgl. zu sonstigen materiellen Rechtfertigungstheorien: Mirre, in: Gerloff / Meisel, Handbuch der Finanzwissenschaft (1927), Band II, S. 284. 32 BVerfG, Beschluss vom 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (134). 33 BVerfG, Beschluss vom 29.5.1990 – 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60 (86). 34 Wernsmann, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 3 AO Rn. 395. 35 Diese Dreiteilung der Besteuerungsformen hat sich heute durchgesetzt, Hey, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018), § 3 Rn. 55 ff. m. w. N. 36 So Loose, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), Vorbemerkung Rn. 47; a. A. Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen (2005), S. 123–126, insb. S. 126 wonach die Grunderwerbsteuer auch Verbrauchssteuer ist. 37 BVerfG, Beschluss vom 24.3.2015 – 1 BvR 2880/11, BVerfGE 139, 1 (unter B. I.2.a.). 38 Wernsmann, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 3 AO Rn. 385. 39 Birk / Desens / Tappe, Steuerrecht (2019) Rn. 1735. 40 Stodian, Treuhandverhältnisse im Grunderwerbsteuerrecht (2008), S. 84 ff.

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

Das BVerfG konstatiert ganz allgemein, dass Verkehrsteuern an einen Akt des Rechtsverkehrs anknüpfen und den Aufwand treffen wollen, der beim Abschluss des Rechtsgeschäfts entsteht und eine bestimmte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen indiziert.41 So vielschichtig die Ansätze in Literatur und Rechtsprechung sind, gemeinsam ist ihnen ihre fehlende Präzisierung, da der Gesetzgeber in rechtfertigender Weise jeden Rechtsvorgang besteuern könnte, solange sich hierin Leistungsfähigkeit beispielsweise i. S. einer Bereicherung im rechtsgeschäftlichen Sinne (nach Stodian) oder im Sinne von Umschichtung des Vermögens (nach Birk) ausdrückt. Die Ansichten differenzieren hingegen nicht ausreichend nach der Art und Weise der Besteuerung des Grundstücksumsatzes. Ohne eine dahingehende Präzisierung kann jedoch auch die Beurteilung, ob der Gesetzgeber die einmal getroffene Belastungsentscheidung, die dem ­GrEStG zugrunde liegt, folgerichtig umgesetzt hat, nicht erfolgen. 3. Konkrete Ausgestaltung des ­GrEStG und Gebot der Folgerichtigkeit Denn Einigkeit besteht wiederum dahingehend, dass das im allgemeinen Gleichheitssatz gleichfalls verankerte Gebot der Folgerichtigkeit42, wonach die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne einer an der finanziellen Leistungsfähigkeit orientierten Belastungsgleichheit umgesetzt werden muss, für das ­GrEStG uneingeschränkte Geltung beansprucht.43 Ob das ­GrEStG dem Folgerichtigkeitsgebot gerecht wird, bedarf zunächst der Feststellungen zur Art und Weise der Besteuerung, d. h. welche Gegenstände das ­GrEStG als Objekt eines verfassungsrechtlich zulässigen Steuerzugriffs anerkennt (hierzu unter Kapitel § 2 A. II.)44 sowie dem nachfolgend was Belastungs­ rEStG ist (hierzu unter Kapitel § 2 A. III.). Erst, wenn feststeht, welche grund des G Grundprinzipien dem G ­ rEStG zugrunde liegen, kann das Folgerichtigkeitsgebot zur Verwirklichung der Steuergerechtigkeit herangezogen werden und beitragen, andernfalls fehlt es an dem zur Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG notwendigen Vergleichsmaßstab.45 In einem ersten Schritt ist daher zunächst festzustellen, was das ­GrEStG46 besteuern möchte, d. h., was der dem sog. Erwerb zugrundeliegende Besteuerungs 41

Zur Grunderwerbsteuer: BVerfG, Beschluss vom 8.1.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, 152 (unter B. II. 1.). 42 Statt vieler: Tipke, StuW 2007, 201; Hey, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 3 Rn. 118 ff. 43 Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 18 Rn. 6. 44 Englisch, in: Tipke / Seer / Hey u. a., Festschrift für Joachim Lang zum 70. Geburtstag, S. 167 (190 f.). 45 Sog. „Tertium Comparationis“, Hey, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 3 Rn. 117. 46 In der Fassung der Bekanntmachung vom 26.2.1997, BGBl. I 1997, S. 418, S. 1804; zuletzt geändert durch Art. 18 Gesetz vom 18.7.2016, BGBl. I 2016, S. 1679.

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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gegenstand des ­GrEStG ist, insbesondere welche Qualität oder Intensität der Erwerb haben muss. Hierauf aufbauend und dies vertiefend, ist in einem zweiten Schritt zu klären, warum jene Besteuerungsgegenstände gewählt wurden, mithin was Belastungsgrund des G ­ rEStG ist und ob dieser folgerichtig, im Sinne einer an der finanziellen Leistungsfähigkeit orientieren Belastungsgleichheit, im G ­ rEStG umgesetzt wurde.

II. Besteuerungsgegenstand – Historische Genese der Erwerbsvorgänge des ­GrEStG Zur Bestimmung des Besteuerungsgegenstands bedarf es der Betrachtung der historischen Genese der steuerbaren Erwerbsvorgänge des ­GrEStG, da anhand ihrer nachvollzogen werden kann, was der Gesetzesbegründer unter „Er­ rEStG verstanden wissen wollte. Aus der historischen werbsvorgang“ i. S. d. § 1 G Rechtsentwicklung der Erwerbsvorgänge können zugleich wertvolle Erkenntnisse zur späteren Norminterpretation des § 16 G ­ rEStG47 gewonnen werden, insbeson­ rEStG von der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs dere, weil § 16 Abs. 1 G spricht. 1. Besondere Besteuerungsmerkmale (Besteuerungsgegenstände des § 1 ­GrEStG) Im Folgenden wird die historische Entwicklung der grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgänge des § 1 ­GrEStG dargestellt. Die Genese beginnt bei dem Reichsstempelgesetz vom 15. Juli 190948 (RStempG1909), wobei nur die Etappen der Rechtsentwicklung thematisch angerissen werden, die für eine später zu leistende Präzisierung des grunderwerbsteuerlichen Erwerbs-tatbestands bzw. des­ rEStG notwendig sind. Der Ausgangspunkt des sen Rückabwicklung nach § 16 G RStempG1909 wird gewählt49, weil hiermit erstmals in das RStempG vom 1. Juli 188150 eine reichsrechtlich einheitliche Besteuerung des Grundstücksverkehrs eingeführt wurde51. Die Beschränkung auf einen bloße Skizzierung einzelner historischer Etappen der grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgänge dient insbesondere

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Zur historischen Rechtsentwicklung des § 16 ­GrEStG siehe ab S. 65 ff. RGBl. 1909, 833 ff.; Das Gesetz zur Erhebung der Reichsstempelabgaben vom 1.7.1881 (RGBl. 1881, 185 ff.) unterwarf die Beurkundung der Übertragung des Eigentums an im Inland gelegenen Grundstücken noch keiner Stempelsteuer. 49 Baur, Steuersystematisches Postulat und steuertechnische Möglichkeit der Integration der Grunderwerbsteuer in die Umsatzsteuer (1974), ab S. 47 ff. knüpft hingegen zeitlich bereits an das „Preußische Gesetz wegen der Stempelsteuer“ vom 7.3.1822 an, S. 47 ff. 50 RGBl. 1881, S. 185 in der Fassung der Bekanntmachung vom 3.6.1906 (RGBl. 1906, 695). 51 Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (51. EL), Einführung, Rn. 1. 48

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

der Vermeidung etwaiger Redundanz in Anbetracht der von Baur52 dargestellten (erschöpfenden) Genese zu § 1 ­GrEStG1940. a) § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG Das RStempG1909 bestimmte in § 78 i. V. m. Tarif-Nr. 11 lit. a) Abs. 1 als primä­ ren Anknüpfungspunkt der Abgabenverpflichtung die Beurkundung der den Grundstücksübertragungen zugrundeliegenden Kauf- und Tauschverträge sowie andere entgeltliche Veräußerungsverträge53. Unter Veräußerungsverträge fielen hierbei  – entgegen dem Verständnis des BGB, welches hierunter das dingliche Rechtsgeschäft, durch das das Eigentum unmittelbar übertragen wird, versteht – nur schuldrechtliche Verträge.54 Unter unveränderter Fortgeltung des RStempG1909 trat am 1. April 1911 das Zuwachssteuergesetz vom 14. Februar 191155 (ZuwStG1911) in Kraft. Als Besteuerungsgegenstand wählte § 1 Abs. 1 ZuwStG1911 vorrangig den Wertzuwachs beim Übergang des Eigentums an inländischen Grundstücken, der ohne Zutun des Eigentümers entstanden ist, also nicht durch eigene Tätigkeit oder Aufwendungen des Eigentümers, sondern durch gesellschaftliche Entwicklungsvorgänge hervorgebracht war.56 Anknüpfungsmerkmal der Besteuerung war damit, anders als nach dem RStempG1909, nicht die „Urkunde“, sondern der Eigentumsübergang.57 Der Abschluss eines zur Übertragung des Eigentums verpflichtenden Veräußerungsgeschäfts58 war nur nachrangig Besteuerungsgegenstand, wenn nicht innerhalb eines Jahres nach Abschluss dieses Veräußerungsgeschäfts der Übergang des Eigentums an dem Grundstück erfolgte, § 5 Abs. 1 ZuwStG1911. Nach dem Vorbild des ZuwStG1911 wählte das G ­ rEStG vom 12. September 191959 (­GrEStG1919) in § 1 G ­ rEStG1919 ebenfalls den Eigentumsübergang als primären 52 Baur, Steuersystematisches Postulat und steuertechnische Möglichkeit der Integration der Grunderwerbsteuer in die Umsatzsteuer (1974), S. 47–73. 53 Gemeint waren schuldrechtliche Rechtsgeschäfte, Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (389). 54 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (389). 55 Vom 14. Februar 1911, RGBl. 1911, 33; Köppe, Das Zuwachssteuergesetz mit Ausführungsbestimmungen (1911), S. 78 f. 56 Köppe, Das Zuwachssteuergesetz mit Ausführungsbestimmungen (1911), § 1 Abs. 1 Rn. 3, S. 17. 57 Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (51. EL), Einführung, Rn. 1. 58 Der Begriff des „Veräußerungsgeschäfts“ umfasste gleichfalls obligatorische Rechtsgeschäfte, die unmittelbar oder mittelbar als Grundlage für den Übergang des Eigentums oder der Berechtigung zu dienen geeignet und in rechtswirksamer Form abgeschlossen waren, vgl. Begründung zum Entwurf dieses Gesetzes Drs. RT, Begründung zum ZuwStG 1911, Anlage Nr. 374 der Drucksachen des Reichstags, 12. Legislaturperiode, II. Session 1909/1910 ab S. 33, abgerufen unter Münchener Digitalisierungszentrum, Digitale Bibliothek. 59 RGBl. 1919, S. 1617.

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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Anknüpfungspunkt.60 Der Gesetzgeber erachtete dies für steuerliche Zwecke als vorzugswürdig, weil die Feststellung, ob ein Veräußerungsgeschäft vorlag bzw. dessen richtige Abgrenzung gegenüber neuen Formen des Grundstückshandels sehr schwierig sei, während Auflassung und Eintragung leicht feststellbar und kontrollierbar seien.61 Das Veräußerungsgeschäft war nach § 5 Abs. 1 ­GrEStG1919 erst steuerpflichtig, wenn der Übergang des Eigentums mit Ablauf eines Jahres nach Abschluss des Veräußerungsgeschäfts nicht erfolgt war. ­ rEStG vom 29. März Wesentlicher Unterschied des ­GrEStG1919 zum neuen G 194062 (­GrEStG1940) war die erneute Rückkehr zur primären Anknüpfung an den Abschluss des Kaufvertrags oder des sonstigen Verpflichtungsgeschäfts, durch den ein Anspruch auf Übereignung63 eines Grundstücks begründet wird und die nur subsidiäre Besteuerung des Eigentumsübergangs.64 Motiviert war dieser nochmalige Wechsel durch den Gedanken, dass der Kaufvertrag für die am Grundstücksgeschäft Beteiligten der wichtigste Vorgang sei, weil in diesem Kaufpreis, Zahlungsmodalitäten, Zeitpunkt der Übertragung und sonstige Vereinbarungen festgelegt werden.65 Zudem sollte die vorrangige Anknüpfung an das Verpflichtungsgeschäft das bisherige doppelte Festsetzungs- und Rechtsmittelverfahren der voraussichtlich entstehenden und der endgültigen Grunderwerbsteuer beseitigen.66 Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde mit Verabschiedung des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 das Grunderwerbsteuerrecht in die Gesetzgebungs­ rEStG1940 fortan als Landesrecht kompetenz der Länder überführt, sodass das G 67 galt. An der Struktur des Grunderwerbsteuerrechts änderte dies nichts.68 Mit dem Finanzreformgesetz vom 12. Mai 196969 und der Zuweisung der konkurrierenden Gesetzgebung für das Grunderwerbsteuerrecht auf den Bund wurde das ­GrEStG vom 17. Dezember 198370 (­GrEStG1983) verabschiedet. Die Besteuerungstatbestände blieben dabei ohne wesentliche Änderung.71 60

Hagelberg / Krämer, ­GrEStG (1928), S. 16. Ott, ­GrEStG (1923), § 1 Rn. 2. 62 RGBl. I 1940, S. 585; Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377. 63 Der Begriff der „Übereignung“ ist dabei einem unmittelbar darauf gerichteten rechtsgeschäftlichen Übertragungsakt vorbehalten. Dies steht im Einklang mit der zivilrechtlichen Terminologie, obgleich in §§ 873, 925 BGB die Worte „Übertragung des Eigentums an einem Grundstück“ verwendet werden, da es auch im Zivilrecht üblich ist, die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung mit „Übereignung“ zu bezeichnen, zu alle dem: BFH, Urteil vom 10.12.1997 – II R 27/97, BFHE 185, 63 m. w. N. 64 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (388, linke Spalte). 65 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (388, linke und rechte Spalte oben). 66 RGBl. I 1940, 585 ff.; Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (388, linke und rechte Spalte oben). 67 Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG in der Fassung vom 23.5.1949, BGBl. I 1949, S. 1. 68 Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (51. EL), Einführung, Rn. 1. 69 BGBl. I 1969, S. 359. 70 BGBl. I 1982, S. 1777. 71 Zu den Änderungen: Loose, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), Vorbemerkung Rn. 66; Bruschke, ­GrEStG (2016), S. 51. 61

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

b) § 1 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG Das RStempG1909 erklärte gleichfalls den sachenrechtlichen Übereignungsvertrag (die bürgerlich-rechtliche Auflassung nach § 925 BGB) zum Abgabegegenstand72. Durch die Einbeziehung der Auflassung in die Besteuerungsgegenstände sollte die Möglichkeit der Steuerumgehung eingeschränkt werden.73 In dem ­GrEStG1919 wurde die Auflassung zwar nicht in die Besteuerungstatbestände aufgenommen, allerdings erkannte der RFH die Auflassung als ein rechtlich weitergehendes Pendant zu den steuerbaren Veräußerungsgeschäften an.74 Seit dem ­GrEStG1940 ist die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet, subsidiärer Besteuerungstatbestand. Ein Beispiel für einen kraft Gesetzes entstandenen Auflassungsanspruch gibt das Recht des Auftrags, wenn der Beauftragte das Grundstück, das er im Auftrag eines andern von einem Dritten erworben hat, in Erfüllung des Anspruchs aus § 667 BGB an den Auftraggeber auflässt.75 c) § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG Juristische Auslegungsschwierigkeiten hinsichtlich des Begriffs des Veräußerungsgeschäfts brachten den Gesetzgeber dazu, die Abgabenpflicht in dem ­GrEStG1919 vorrangig an den Eigentumsübergang zu knüpfen.76 In dem ­GrEStG1940 drehte der Gesetzgeber diese vorrangige Anknüpfung wieder zurück, indem er mit § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG1940 dem Eigentumsübergang nur noch subsidiäre Bedeutung beimaß. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG in seiner heutigen Fassung ist die Eigentumsübertragung nur steuerbar, wenn ihr weder ein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft noch eine Auflassung vorangegangen sind. § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG erfasst damit regelmäßig solche Eigentumsübergänge, die sich außerhalb des Grundbuchs vollziehen, so dass die Eintragung des neuen Eigentümers lediglich im Wege der Grundbuchberichtigung erfolgt.77 Dies sind insbesondere Eigentumsübergänge kraft Gesetzes oder kraft behördlichen oder gerichtlichen Ausspruchs.78 Beispiele für Eigentumsübergänge kraft Gesetzes sind die Gesamtrechtsnachfolge des oder der Erben (§ 1922 Abs. 1 BGB) oder die Gesamtrechtsnachfolge bei der Umwandlung, sofern der übertragende Rechtsträger fortbesteht.79 72

Tarif-Nr. 11 lit. d) Abs. 1 RStempG1909, nunmehr § 1 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG. Baur, Steuersystematisches Postulat und steuertechnische Möglichkeit der Integration der Grunderwerbsteuer in die Umsatzsteuer (1974) S. 52. 74 RFH, Urteil vom 15.7.1924 – II A 411/24, RFHE 14, 138; Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (390, rechte Spalte). 75 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 336. 76 Ott, ­GrEStG (1923), S. 3. 77 Zöllner in: Lippross / Seibel, Basiskommentar (120. EL), § 1 ­GrEStG Rn. 37. 78 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 45. 79 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 350. 73

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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d) § 1 Abs. 1 Nr. 4 ­GrEStG Nach Tarif-Nr. 11 lit. a) Abs. 1 RStempG1909 war eine Stempelabgabe auch zu entrichten, soweit die Grundstücksübertragung aufgrund gerichtlicher Zwangsversteigerung erfolgte. Das GEStG1919 enthielt keinen derartigen Besteuerungstatbestand; lediglich das mit der Zwangsversteigerung in Verbindung stehende und dem Meistgebot zeitlich nachfolgende Rechtsgeschäft wurde nach § 5 Abs. 4 Nr.  4 ­GrEStG1919 besteuert. Das ­GrEStG1940 nahm den Besteuerungstatbestand von Grundstücksübertragungen im Zwangsversteigerungsverfahren wieder in den Katalog der steuerbaren Erwerbsvorgänge auf, da der Meistbietende durch ein wirksames Meistgebot den Anspruch auf Zuschlag erhalte und mit Zuschlagserteilung das Eigentum am Grundstück übergehe, so dass das Meistgebot seiner Wirkung nach weitgehend dem Abschluss eines schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts entspreche.80 Aus diesem Grund wurde auch zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der Eigentumsübergang im Zwangsversteigerungsverfahren von der Besteuerung ausgenommen.81 Das ­GrEStG in seiner heutigen Fassung führt diese Regelungen inhaltsgleich fort.82 e) § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 ­GrEStG Im Grundstücksverkehr wurde häufig versucht, das die Abgabepflicht auslösende schuldrechtliche Rechtsgeschäft zu vermeiden und stattdessen die Ansprüche aus diesen Rechtsgeschäften zu übertragen. Das RStempG1909 unterwarf daher in Tarif-Nr. 11 lit. a) Abs. 1 die „Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot“ der Stempelabgabe und stellte in Tarif-Nr.  11 lit. a) Abs. 2 S. 1 die „Beurkundungen von Übertragungen der Rechte der Erwerber aus Veräußerungsgeschäften“ der Beurkundung von Veräußerungen gleich. Ebenso wurden nach Tarif-Nr. 11 lit. a) Abs. 2 S. 2 RStempG1909 die „Übertragungen der Rechte aus Anträgen zur Schließung eines entgeltlichen Veräußerungs­geschäfts, die den Veräußerer binden, sowie aus Verträgen, durch die nur der Veräußerer zur Schließung eines solchen Veräußerungsgeschäfts verpflichtet wird“ der Stempelabgabe unterworfen. Diese Vorschriften des RStempG1909 wurden mit den Regelungen des § 5 Abs. 4 ­ rEStG1940 inhaltsNr. 1 bis Nr. 4 G ­ rEStG1919 sowie des § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 G 83 gleich fortgeführt . Wegen der vorrangigen Besteuerung des schuldrechtlichen Geschäfts knüpften die Ersatztatbestände seit dem ­GrEStG1940 zusätzlich an das 80

Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (390, rechte Spalte). Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (390); vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 lit. c) ­GrEStG in seiner heutigen Fassung. 82 Loose, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), Vorbemerkung Rn. 66, 67; zu Problemkreisen i. R. dieses Erwerbsvorgangs siehe Heine, UVR 2014, 189 ff. 83 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, linke Spalte). 81

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

schuldrechtliche Rechtsgeschäft an.84 § 1 Abs. 1 Nr. 5 G ­ rEStG1940 unterwarf demnach jedes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründete der Besteuerung. ­ rEStG1940 war jedes Rechtsgeschäft, das den Anspruch Nach § 1  Abs.  1 Nr. 6 G auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot oder eines Angebots zum Abschluss eines anderen Vertrags, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann, begründete, grunderwerbsteuerbar. Ersatzweise war gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 7 ­GrEStG1940 die jeweilige Abtretung der in Nr. 5 oder Nr. 6 bezeichneten Ansprüche besteuerungswürdig. Ziel dieser Anknüpfungen war, solche Fälle grunderwerbsteuerlich zu erfassen, mit denen die am Grundstücksverkehr Beteiligten dieselben (wirtschaftlichen) Ziele erreichten wie mit der Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG85. Es sollten solche Grundstücksgeschäfte von der Grunderwerbsbesteuerung erfasst werden, die sich im Zwischenhandel herausgebildet haben, indem nicht mit Grundstücken, sondern mit Angeboten zu deren Verkauf gehandelt wurde.86 Das ­GrEStG in seiner heutigen Fassung führt die Regelungen der § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 ­GrEStG1940 inhaltsgleich fort.87 f) § 1 Abs. 2 ­GrEStG 88 Das RStempG1909 enthielt in Tarif-Nr. 11 lit. d) Abs. 4 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Regelungen, wonach bei der Veräußerung durch einen auf eigene Rechnung handelnden Bevollmächtigten der Stempel zweimal erhoben wurde, nämlich für den Kaufvertrag zwischen dem Bevollmächtigten und dem Dritten (Tarif-Nr. 11 lit. a) Abs. 1 RStempG1909) und sodann für die Auflassung (Tarif-Nr. 11 lit. d) Abs. 1 RStempG1909).89 Das Zusammenwirken beider Vorschriften bewirkte im Ergebnis eine dem heute § 1 Abs. 2 ­GrEStG vergleichbare Besteuerung, wonach (je nach Ausgestaltung) die Einräumung einer Veräußerungsvollmacht und die Ausübung der Vollmacht durch Veräußerung des Grundstücks gleichfalls zu einer doppelten Besteuerung des Gesamtvorgangs führt.90 In § 5 Abs. 3 Nr. 5 ZuwStG1911 fand sich gleichfalls eine entsprechende Grundlage für die Besteuerung von Veräußerungsvollmachten, die jemanden ermäch 84

Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, linke und rechte Spalte oben). Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, linke Spalte). 86 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, linke Spalte); MeßbacherHönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 478. 87 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), Vorbemerkung Rn. 66, 67. 88 Zur historischen Genese des § 1 Abs. 2 ­GrEStG eingehend Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 25–57. 89 Vertiefend Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 33–35. 90 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 35. 85

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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tigten ein Grundstück ganz oder teilweise auf eigene Rechnung zu veräußern.91 Daneben wurde mit § 6 ein neuer Tatbestand in das ZuwStG1911eingeführt, wonach die Besteuerung nicht dadurch ausgeschlossen wurde, dass […] „an die Stelle des Überganges des Eigentums ein Rechtsvorgang tritt, der es ohne Übertragung des Eigentums einem anderen ermöglicht, über das Grundstück wie ein Eigentümer zu verfügen“. Jene Regelung des § 5 Abs. 3 Nr. 5 ZuwStG1911 wurde kommentarlos als § 5 Abs. 4 Nr. 5 in das ­GrEStG1919 übernommen92. Die Regelung des § 6 ZuwStG1911 wurde ­ rEStG1919 übernommen93: sprachlich positiv formuliert und wie folgt in § 6 G „Steuerpflichtig ist auch ein Rechtsvorgang, der es ohne Übertragung des Eigentums einem anderen ermöglicht, über das Grundstück wie ein Eigentümer zu verfügen“. § 6 ­GrEStG1919 setzte voraus, dass zwischen dem Eigentümer des Grundstücks und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis begründet wurde, auf Grund dessen der andere eine eigentümerähnliche Rechtsstellung erlangte, ohne dass das Eigentum auf ihn übertragen wurde.94 Es mussten zwischen den Beteiligten rechtliche Beziehungen dergestalt bestehen, die eine Verfügung des (zivilrechtlichen) Eigentümers über das Grundstück ausschlossen und die dem anderen einen Anspruch gewährten, alle wesentlichen Befugnisse des Eigentümers auf eigene Rechnung auszuüben.95 Anlass der Neueinführung des § 6 ZuwStG1911 war damit vorwiegend das Bestreben Steuervermeidungen entgegenzuwirken.96 Das ­GrEStG1940 führte die Tatbestände des § 5 Abs. 4 Nr. 5 und des § 6 G ­ rEStG1919 1940 97 in § 1 Abs. 2 ­GrEStG zusammen. Gesetzgeberisches Ziel war, die Besteuerung solcher Geschäfte zu ermöglichen, die in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis den auf den Erwerb des Eigentums gerichteten Geschäften im Wesentlichen gleichkommen98 und damit gleichfalls Steuerumgehungen zu verhindern. Nicht mehr notwendig war, dass der andere wie ein Eigentümer über das Grundstück verfügen kann.99 Aus der Befugnis über das Grundstück wie ein Eigentümer zu verfügen wurde vielmehr die Möglichkeit der rechtlichen oder wirtschaftlichen Verwertung auf eigene Rechnung. Maßgebend war demnach der wirtschaftliche Inhalt der Rechte, die dem anderen eingeräumt wurden.100 Die Neuregelung war somit inhaltlich weiter als die Altregelungen.101 91

Vertiefend Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 40–44. 92 Nationalversammlung 1919 Drs. Nr. 374 vom 16. Juni 1919, S. 19. 93 Nationalversammlung 1919 Drs. Nr. 374 vom 16. Juni 1919, S. 19, Bericht des 11. Ausschusses, Drs. Nr. 774 zur Nationalversammlung 1919, S. 657. 94 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte). 95 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte). 96 Cuno, ZuwStG (1911), S. 102 f. 97 So auch Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 52 f. 98 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte). 99 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte). 100 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte). 101 Hartel, ­GrEStG 1940, § 1 S. 54.

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

Aufgrund dieser Ausweitung und insbesondere auch wegen der Schwierigkeit den Begriff der rechtlichen und wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeit mit subsumtionsfähigem Inhalt anzureichern, hat sich zwischenzeitlich eine reichhaltige Kasuistik in der Rechtsprechung herausgebildet.102 Die Literatur kategorisiert diese Rechtsfälle in ein System verschiedener Fallgruppen, die sich insoweit hinsichtlich der unterschiedlichen Ausgestaltung der Verwertungsmöglichkeit (im Sinne der Verfügungs- und Nutzungsbefugnis) unterscheidet.103 Das ­GrEStG in seiner heutigen Fassung führt diese Regelungen in § 1 Abs. 2 ­GrEStG inhaltsgleich fort.104 g) § 1 Abs. 2a ­GrEStG § 1 Abs. 2a ­GrEStG wurde durch das JStG  1997 vom 20. Dezember 1996105 neu in das ­GrEStG eingefügt. Die Regelung dient gleichfalls der Verhinderung missbräuchlicher Steuervermeidungen, die darin zu sehen sind, dass – nach der ausschließlich zivilrechtlich orientierten Rechtsprechung des BFH – in Fällen, in denen ein Zwerganteil an einer grundbesitzenden Personengesellschaft zurückbehalten wurde oder auch nur ein Gesellschafter formal in der Altgesellschaft verblieb, kein der Grunderwerbsteuer unterliegender Vorgang gegeben war.106 Gemäß der Gesetzesmaterialien soll durch den neuen Ergänzungstatbestand die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Personengesellschaften der Grunderwerbsteuer unterworfen werden, wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis einer Übertragung des Grundstücks gleichkommt.107 Durch das StEntlG 1999/2000/2002108 wurde § 1 Abs. 2a ­GrEStG in mehrfacher Hinsicht modifiziert; weitere Änderungen erfolgten durch das StÄndG 2001109 sowie das StÄndG 2015110. Nach dem derzeitigen Wortlaut des § 1 Abs. 2a ­GrEStG gilt die unmittelbare oder mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands innerhalb von fünf Jahren dergestalt, dass mindestens 95 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine „neue“ Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Gesetzestechnisch 102 Eingehend Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), ab S. 104. 103 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), ab S. 104. 104 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), Vorbemerkung Rn. 66, 67. 105 BGBl. I 1996, S. 2049. 106 BT Drs. 13/6151 vom 15.11.1996, S. 16; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 2a Rn. 691. 107 BT Drs. 13/6151 vom 15.11.1996, S. 16. 108 Vom 24.3.1999, BGBl. I 1999, S. 402. 109 Vom 20.12.2001, BGBl. I 2001, S. 3794; zu Einzelheiten Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 266. 110 Vom 2.11.2015, BGBl. I 2015, S. 1834; Weitere Einzelheiten, siehe Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 2a Rn. 699 f.; Schanko, UVR 2014, 183 (185).

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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fingiert § 1 Abs. 2a ­GrEStG damit ein auf die Grundstücksübereignung gerichtetes Rechtsgeschäft zwischen der bisherigen und einer, zivilrechtlich als solche nicht existenten, „neuen“ Personengesellschaft.111 Die „qualifizierte Änderung des Gesellschafterbestands“ kann sich dabei innerhalb des Fünfjahreszeitraums aufgrund eines einzelnen Rechtsvorgangs oder auf Grund einer Summe von sukzessiven Teilakten, die zusammen zum Übergang von mind. 95 % der Anteile führen112, vollziehen. Im Übrigen bezieht sich die Norm auf jedes einzelne zum Vermögen der Personengesellschaft gehörende Grundstück, sodass die wesentliche Änderung im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft so viele der Grunderwerbsteuer unterliegende Vorgänge erzeugt, wie dieser inländische Grundstücke gehören.113 h) § 1 Abs. 3 ­GrEStG Erst das ­GrEStG1919 bestimmte in § 3, dass die Vereinigung oder Übertragung von Anteilen dem Übergang des Eigentums an dem Grundstück „gleichgeachtet“ wird, „wenn alle Anteile einer Personenvereinigung […] zu deren Vermögen Grundstücke gehören, in der Hand eines Teilhabers vereinigt oder, nachdem sie in der Hand des Teilhabers vereinigt sind, auf einen anderen übertragen“ werden. Ziel von § 3 ­GrEStG1919 war es, Steuerumgehungen zu verhindern, indem zum Erwerb oder zur Verwertung von Grundstücken Gesellschaften gegründet und deren Anteile übertragen wurden.114 Das ­GrEStG1940 nahm den bisherigen § 3 ­GrEStG1919 in § 1 Abs. 3 auf und erweiterte die bisherigen Regelungen insoweit, als nunmehr die Änderung der Anknüpfung vom dinglichen auf das schuldrechtliche Rechtsgeschäft in den Steuertatbestand einbezogen wurden, § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 ­GrEStG1940. Der Grunderwerbsteuer unterlag fortan ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein […] vereinigt werden (Nr. 1) bzw. die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein solches schuldrechtliches Geschäft vorausgegangen ist (Nr. 2), sowie ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung aller Anteile der Gesellschaft begründet (Nr. 3) bzw. der Übergang aller Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein solches schuldrechtliches Geschäft vorausgegangen ist (Nr. 4). Durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. März 1999115 wurde die Mindestbeteiligungsquote von 100 % auf 95 %, die der Vorschrift des § 327a AktG ent 111

Zöller, in: Lippross / Seibel, Basiskommentar (120. EL), § 1 ­GrEStG Rn. 62. BFH, Urteil vom 27.4.2005 – II R 61/03, BFHE 210, 56. 113 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 99. 114 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (392, rechte Spalte). 115 BGBl. I 1999, S. 402. 112

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

nommen war, abgesenkt. Neben dieser Absenkung wurde (klarstellend)  in den Gesetzestext aufgenommen, dass § 1 Abs. 3 G ­ rEStG unmittelbare und mittelbare Anteilsvereinigungen und -übertragungen erfasst. Nach Ansicht der Finanzrechtsprechung enthält § 1 Abs. 3 ­GrEStG die Fiktion – zivilrechtlich nicht vorhandener  – grundstücksbezogener Erwerbsvorgänge.116 Der Erwerber der qualifizierten Anteile wird für grunderwerbsteuerliche Zwecke so behandelt, als gehörten ihm die im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücke.117 Bei einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 G ­ rEStG wird daher grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen.118 § 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 ­GrEStG fingiert hingegen einen Grundstückserwerb von dem die Anteile übertragenden (Alt-)Gesellschafter auf den Neu-Gesellschafter.119 Hierbei wird nicht der Erwerb der Anteile als solcher besteuert, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke; weiterhin wird der Übergang von mindestens 95 % der Anteile einem Grundstücksübergang gleichgestellt.120 Im Übrigen bezieht sich die Norm auf jedes einzelne zum Vermögen der Gesellschaft gehörende Grundstück, sodass die qualifizierte Anteilsvereinigung oder -übertragung so viele der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerbsvorgänge erzeugt, wie dieser inländische Grundstücke gehören.121 Stehen keine Grundstücke im Eigentum der Gesellschaft, wird keine Grunderwerbsteuer ausgelöst.122 i) § 1 Abs. 3a ­GrEStG § 1 Abs. 3a ­GrEStG wurde durch Art. 26 des AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni ­ rEStG eingefügt124 und beruht auf einer Gesetzesinitiative des 2013123 in das G 125 Bundesrats. Die Vorschrift dient der Verhinderung von Steuerausfällen, die vor allem eintreten können, wenn Immobilientransaktionen unter Aufnahme eines

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BFH, Urteil vom 19.12.2007 – II R 65/06, BFHE 220, 542. BFH, Urteil vom 19.12.2007 – II R 65/06, BFHE 220, 542. 118 BFH, Urteil vom 20.1.2015 – II R 8/13, BFHE 248, 252; dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Steuerbefreiungs- und -vergünstigungsvorschriften, siehe Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 3 Rn. 942. 119 BFH, Urteil vom 2.4.2008 – II R 53/06, BFHE 220, 550. 120 BFH, Urteil vom 2.4.2008 – II R 53/06, BFHE 220, 550. 121 BFH, Urteil vom 28.6.1972 – II 77/64, BFHE 106, 138. 122 BFH, Urteil vom 19.12.2007 – II R 65/06, BFHE 220, 542. 123 BGBl. I 2013, S. 1809. 124 Zur Kritik dieses „Super-Auffangtatbestands“ siehe Wagner / Mayer, BB 2014, 279. 125 BR-Drucks. 139/13 vom 1. März 2013. 117

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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sog. RETT-Blockers126 gestaltet werden.127 Deshalb soll nach § 1 Abs. 3a ­GrEStG als ein Rechtsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 3 ­GrEStG auch ein solcher gelten, aufgrund dessen ein Rechtsträger (teils) unmittelbar und / oder mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mind. 95 % an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat.128 2. Weitere allgemeine Besteuerungsmerkmale a) Rechtsvorgang Den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 1 bis 3a G ­ rEStG ist gemeinsam, dass sie an einen Rechtsvorgang, der bürgerlich-rechtlich oder vollstreckungsrechtlich definiert ist, anknüpfen.129 In Abs. 1 und Abs. 2 wird dies durch die vorangestellte Formulierung „Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge […]“ bzw. „Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge […]“ deutlich. Die Abs. 2a bis 3a setzen gleichfalls Rechtsvorgänge voraus, wenn sie an die rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Übertragung oder an die Übertragung von Anteilen anknüpfen. b) Inländisches Grundstück Gemeinsam ist den Erwerbsvorgängen gleichfalls, dass sie an das Besteuerungsmerkmal inländisches Grundstück anknüpfen.130 ­ rEStG erfasst der grunderwerbsteuerliche GrundstücksNach § 2 Abs. 1 S. 1 G ­ rEStG begriff Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts. Insoweit folgt das G hinsichtlich des Grundstücksumfangs dem bürgerlichen Recht darin, dass zu dem Grundstück gem. §§ 93–96 BGB auch seine (wesentlichen) Bestandteile (nicht jedoch Scheinbestandteile, § 95 BGB) gehören, hingegen nicht das Zubehör (§§ 97, ­ rEStG genannten körperli98 BGB).131 Ferner sollen die in § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 G chen Gegenstände (Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer ­ rEStG genannten Rechte Betriebsanlage gehören) und die in § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 G (Mineralgewinnungsrechte und sonstige Gewerbeberechtigungen) unabhängig davon, ob diese bürgerlich-rechtlich Grundstücksbestandteile sind, nicht unter den 126

Eingehend z. B.: Schaflitzl / Schrade, BB 2013, 343. BT-Drucks. 17/13033 vom 10. April 2013, S. 110 und BR-Drucks. 139/13 vom 1. März 2013, S. 218 f. 128 Der Begriff des Innehabens wird in § 1 Abs. 3a S. 1 ­GrEStG erstmals verwendet. Zur Auslegung: Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 3a Rn. 1129 ff. 129 So noch Fischer, in: Boruttau, ­GrEStG Boruttau (2016), Rn. 131. 130 Griesar / Jochum, ­GrEStG, § 1 Rn. 30. 131 Zöllner, in: Lippross / Seibel, Basiskommentar (120. EL), § 2 ­GrEStG Rn. 5. 127

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

Grundstücksbegriff des § 2 ­GrEStG fallen.132 Ebenso zählt gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ­GrEStG das Recht des Grundstückseigentümers auf den Erbbauzins nicht zum grunderwerbsteuerlichen Grundstück. Den Grundstücken gleichgestellt werden hingegen nach § 2 Abs. 2 ­GrEStG Erbbaurechte (Nr. 1), Gebäude auf fremdem Boden (Nr. 2) und bestimmte dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte (Nr. 3). Welche Grundstücke als inländische Grundstücke anzusehen sind, ergibt sich aus der Natur des ­GrEStG als ein Gesetz der Bundesrepublik Deutschland, wonach inländische Grundstücke nur solche sein können, die im Geltungsbereich des ­GrEStG belegen sind.133 c) Rechtsträgerwechsel Des Weiteren setzt jeder Erwerbsvorgang (begriffsnotwendig) verschiedene Rechtspersonen (Rechtsträger) voraus, da ein Grundstück nur von einem anderen erworben werden kann.134 Folglich muss ein Grundstückswechsel, i. S. eines Wechsels der Zuordnung der Grundstücke, zwischen verschiedenen Rechtsträgern stattfinden.135 Der Begriff des Rechtsträgers ist im grunderwerbsteuerlichen Sinne zu verstehen, so dass es nicht auf eine Rechtsfähigkeit ankommt.136 Rechtsträger in diesem Sinne können natürliche, juristische Personen sowie bestimmte Gesamthandsgemeinschaften sein.137 Die notwendige Verschiedenheit der Rechtsträger ist gegeben, wenn ein Grundstück von einer natürlichen oder juristischen Person auf einen (jeweils) anderen Rechtsträger übergeht138. Ausreichend ist, wenn an einen fingierten, zivilrechtlich nicht vorhanden, Rechtsträgerwechsel, wie im Fall des § 1 Abs. 2a ­GrEStG, angeknüpft wird.139 d) Keine Entgeltlichkeit § 1 ­GrEStG setzt tatbestandlich kein Entgelt voraus.140 Das Kriterium der Entgeltlichkeit kann auch nicht über die Regelungen zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage als systemtragendes Prinzip des ­GrEStG bestimmt wer 132

Viskorf, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 2 Rn. 91, 92, 95, 142, 144. Viskorf, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 2 Rn. 21. 134 Bruschke, ­GrEStG (2016), S. 42. 135 BFH, Urteil vom 1.3.2000 – II R 53/98, BFHE 191, 416. Anders noch § 1 Satz 2 ­GrEStG1919 wonach auch der „Erwerb“ (die Aneignung) von herrenlosen Grundstücken der Steuer un­terlag. 136 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 17. 137 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 16; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 17. 138 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 15. 139 Zöllner, in: Lippross / Seibel, Basiskommentar (120. EL), § 1 ­GrEStG Rn. 4 140 Anders hingegen das UStG, siehe § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. 133

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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den.141 § 8 Abs. 2 Nr. 1 G ­ rEStG, wonach die Steuer nach den Grundbesitzwerten des BewG bemessen wird, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist, bestätigt dieses Ergebnis. Das G ­ rEStG erfasst vielmehr auch Rechtsträgerwechsel, die gerade nicht Teil eines Leistungsaustausches „Grundstück gegen Entgelt“ sind.142 Daher unterliegen auch Grundstücksübergänge infolge von Um­ rEStG. Die Entgeltlichkeit des Erwerbsvorgangs ist damit wandlungen143 dem G kein tragendes Besteuerungsmerkmal des ­GrEStG.

III. Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer Bisher wurde dargestellt, was das Grunderwerbsteuergesetz in seiner heutigen Fassung besteuern möchte, d. h. was Besteuerungsgegenstand des G ­ rEStG ist. Im Folgenden soll erläutert werden, was der dem G ­ rEStG zugrundeliegende Belastungsgrund ist und mithin worin sich die für die Grunderwerbsteuerfestsetzung rechtfertigende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausdrückt. Insoweit werden auch Qualität und Intensität des Erwerbs näher betrachtet. Das Wissen über den Belastungsgrund bringt zugleich Erkenntnisse zum Sinn und Zweck und damit zur teleologischen Auslegung des ­GrEStG, welche sodann für die Auslegung von Einzeltatbeständen, insbesondere für die Regelung des § 16 ­GrEStG, herangezogen werden können. 1. Übertragung von Herrschaftsmacht als Belastungsgrund Will man beantwortet wissen, welcher Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer zugrunde liegt, ist zu fragen, warum (Interessenlage)  und nach welchem Plan (Bewertung sowie Gründe für Bewertung der Interessenlage) der Gesetzgeber bestimmte Sachverhalte für besteuerungswürdig hält bzw. für steuerbar erklärt.144 In der Gesetzesbegründung zum ­GrEStG1940, die auch maßgebend für das ­GrEStG in seiner heutigen Fassung ist145, heißt es diesbezüglich146: „Die Grunderwerbsteuer will den Umsatz von Grundstücken erfassen. Die Steuer in ihrer seitherigen Gestalt knüpfte […] nicht unmittelbar an den wirtschaftlichen Vorgang des Umsatzes, sondern an bestimmte Rechtsvorgänge an, die den Übergang des Eigentums an Grundstücken zum Gegenstand haben. Die Besteuerung eines solchen Vorgangs des 141

Dies vertiefend: Kroschewski, Grunderwerbsteuerliche Anteilsvereinigung im Unternehmensverbund (2001), S. 38–41. 142 BFH, Urteil vom 2.4.2008 – II R 53/06, BFHE 220, 550. 143 BFH, Beschluss vom 7.9.2007 – II B 5/07, BFH / N V 2007, 2351. 144 Im Zusammenhang mit der teleologischen Auslegung: Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung (1983), § 7, S. 127, 129. 145 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), Einführung Rn. 2. 146 Hier und nachfolgend die Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (387 f.).

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung  Rechtsverkehrs kommt in der Regel der Besteuerung des wirtschaftlichen Vorgangs gleich; denn in den meisten Fällen liegt dem Rechtsvorgang, der die Steuer auslöst, ein Umsatz zugrunde“.

Allerdings erkannte der Gesetzgeber, dass in „manchen Fällen […] durch den Rechtsvorgang kein Umsatz verwirklicht [wird]“. Mit „manchen Fällen“ waren insbesondere Rechtsvorgänge gemeint, durch die ein Treuhandverhältnis über ein Grundstück begründet oder ein solches Treuhandverhältnis aufgelöst wurde.147 Beim Treuhandverhältnis wird der Treuhänder im Außenverhältnis zwar zivilrechtlicher Eigentümer des Grundstücks, die (wesentlichen) Rechte aus dem Eigentum stehen im Innenverhältnis aber nicht dem Treuhänder, sondern dem Treugeber zu.148 Bei wirtschaftlicher Betrachtung liegt folglich beim Übergang des zivilrechtlichen Eigentums vom Treugeber auf den Treuhänder oder umgekehrt kein Umsatz, d. h. kein wirtschaftlicher Vorgang, vor. Weil der Gesetzgeber jedoch keine Möglichkeit sah von dem Grundsatz der vorrangigen Anknüpfung der Besteuerung an Rechtsvorgänge abzuweichen, erklärte er, dass es die „Gestaltung der Steuer bedingte […], daß auch diese Fälle, in denen durch den Rechtsvorgang ausnahmsweise kein Umsatz verwirklicht wird, der Besteuerung unterworfen wurden.“ Nach Auffassung des Gesetzgebers war es demnach „geboten eine Regelung aufrecht zu erhalten, die der Rechtssicherheit und Geschäftseinfachheit diente, mochte auch im Einzelfall ein rechtlicher Vorgang zur Steuer herangezogen werden, dem eine Änderung der wirtschaftlichen Beziehungen nicht zugrunde lag.“ Insoweit war es nach dem Willen des Gesetzgebers ausgeschlossen, „den festen Boden der Besteuerung des Eigentumswechsels zu verlassen und den wenig bestimmten und wenig offenliegenden Vorgang des Umsatzes zum Haupttatbestand zu erheben.“ Daneben war gesetzgeberisches Ziel, Steuerumgehungen, die dadurch möglich waren, dass die Beteiligten den wirtschaftlichen Erfolg eines Grundstücksumsatzes herbeiführen, ohne sämtliche Voraussetzungen des Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums zu erfüllen149, weiterhin entgegenzutreten. Dies, indem wie bisher Rechtsvorgänge, die ohne Übertragung des Eigentums einem anderen eine eigentümerähnliche Verfügung über das Grundstück ermöglichen, grunderwerbsteuerbar sein sollen. Zusammengefasst zeigen nachfolgende drei Thesen das dem ­GrEStG1940 zugrundeliegende Besteuerungsbild150:

147

Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (387). Instruktiv: Gernhuber, JuS 1988, 355; Althammer, in: Staudinger BGB (Buch 3/Eigentum 1), Einleitung zu §§ 903 ff. BGB Rn. 14. 149 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (388) in Anlehnung an § 6 ­GrEStG1919, wonach ein Rechtsvorgang, der es ohne Übertragung des Eigentums einem anderen ermöglicht, über das Grundstück wie ein Eigentümer zu verfügen, steuerbar war. 150 Ähnlich Harnisch, Der Gegenstand der Besteuerung im Grunderwerbsteuerrecht (1939), S. 35. 148

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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(1) Die Grunderwerbsteuer will den Umsatz i. S. e. wirtschaftlichen Vorgangs151 von Grundstücken erfassen, wählt aber als Anknüpfungspunkt nicht den Umsatz, sondern bestimmte Rechtsvorgänge, die den Eigentumsübergang des Grundstücks zum Gegenstand haben. Regelmäßig kommt die Besteuerung eines Rechtsvorgangs der Besteuerung eines wirtschaftlichen Vorgangs gleich, da in den meisten Fällen dem Rechtsvorgang ein wirtschaftlicher Vorgang zugrundeliegt / ​ nachfolgt. (2) Tritt mit dem Rechtsvorgang kein wirtschaftlicher Erfolg, d. h. keine Änderung der wirtschaftlichen Beziehungen ein, ist der Rechtsvorgang aus Gründen der Rechtssicherheit und Geschäftseinfachheit besteuerungswürdig. (3) Kommt es umgekehrt zu Änderungen der wirtschaftlichen Beziehungen an dem Grundstück, ohne dass ein Rechtsvorgang vorliegt, ist dieser herbeigeführte wirtschaftliche Erfolg jedenfalls zur Vermeidung von Steuerumgehungen gleichfalls besteuerungswürdig. Während der Übergang des Eigentums unter Zugrundelegung zivilrechtlicher Maßstäbe einfach zu bestimmen ist, erschließt sich nicht sofort, was der Gesetzgeber unter wirtschaftlicher Vorgang / Erfolg verstanden wissen wollte. Legt man die allgemeinen Erläuterungen der Gesetzesbegründung zum ­GrEStG1940 zugrunde, soll ein „wirtschaftlicher Vorgang / Erfolg“ vorliegen, 1. wenn Rechte aus dem Eigentum im Innen- und / oder im Außenverhältnis übergehen bzw. sich die wirtschaftlichen Beziehungen ändern152 oder, 2. wenn ohne Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums wie ein Eigentümer über das Grundstück verfügt werden kann.153 Die zweitgenannte Konkretisierung geht zurück auf § 6 ­GrEStG1919, der durch § 1 Abs. 2 ­GrEStG1940 ersetzt wurde.154 § 6 ­GrEStG1919 setzte voraus, dass zwischen dem Eigentümer des Grundstücks und dem anderen ein Rechtsverhältnis begründet wurde, auf Grund dessen der andere eine eigentümerähnliche Rechtsstellung erlangte, ohne, dass das Eigentum auf ihn übertragen wurde.155 Es musste eine rechtliche Beziehung bestehen, die eine Verfügung des Eigentümers über das Grundstück ausschloss und dem anderen einen Anspruch gewährte, das Grundstück für eigene Rechnung zu besitzen, zu verwalten, zu nutzen, zu belasten und 151

Nach Kroschewski, Grunderwerbsteuerliche Anteilsvereinigung im Unternehmensverbund (2001), S. 43 ff. meint Umsatz die Einräumung der Rechtsstellung i. S. des § 1 Abs. 2 ­GrEStG. 152 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (387 f.), in Anlehnung an Treuhandverhältnisse und an den jetzigen § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO. 153 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (388, linke Spalte), in Anlehnung an § 6 ­GrEStG1919. 154 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte); siehe Ausführungen ab S. 38. 155 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte).

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

zu veräußern, d. h. alle wesentlichen Befugnisse des Eigentümers auf eigene Rechnung auszuüben156. Für den neuen § 1 Abs. 2 G ­ rEStG1940 sollte hingegen nach der Gesetzesbegründung ausreichend sein, dass das Grundstück auf eigene Rechnung verwertet wird. Insoweit sollte es auf den „wirtschaftlichen Inhalt“ der Rechte ankommen, die dem anderen eingeräumt werden.157 Das bloße Nutzungsrecht oder die Einräumung eines Grundpfandrechts über den Grundstückswert hinaus sollten – sofern sonstige Vereinbarungen nicht getroffen wurden – nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 2 ­GrEStG genügen.158 Demgemäß sah der Gesetzgeber des ­GrEStG1940 argumentum a minori ad maius zumindest die Übertragung sämtlicher Eigentumsrechte über ein Grundstück auf einen anderen als einen wirtschaftlichen Vorgang / Erfolg an. Eigentumsrechte ist dabei im Sinne der sog. Herrschaftsrechte, die sich wiederum an dem zivilrechtlichen Herrschaftsbegriff des § 903 BGB orientieren, zu verstehen.159 Nach § 903 BGB kann der zivilrechtliche Eigentümer einer Sache, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. In seiner positiven Ausprägung (Einwirkungsrechte)  umfasst § 903 BGB die Befugnis mit der Sache nach Belieben zu verfahren, also durch Handlungen oder Unterlassungen in beliebiger Weise auf die Sache einzuwirken.160 Dies kann durch tatsächliche oder rechtliche Maßnahmen geschehen. Tatsächliche Maßnahmen sind die Benutzung, Nutzung, Veränderung, Verbrauch, Beschädigung oder Vernichtung der Sache. Rechtliche Maßnahmen sind in erster Linie Verfügungen (§§ 873, 925 sowie §§ 929 ff. BGB), nach der der Eigentümer sein Eigentum übertragen, belasten und aufgeben (§§ 928, 953 BGB) oder von Todes wegen darüber verfügen kann. In seiner negativen Ausprägung (Ausschließungsrechte) gewährt das in § 903 BGB erwähnte Eigentumsrecht grundsätzlich alle tatsächlichen Einwirkungen Dritter auf die Sache auszuschließen, die dem Eigentümer selbst gestattet sind161, wobei sich die Ausschließungsrechte nicht aus § 903 BGB selbst, sondern aus eigenen Anspruchsgrundlagen ergeben, insbesondere aus den §§ 985, 1004 BGB.162 Gemeinsam ist den Ausschließungsrechten, dass sie dem Eigentümer keine Verbesserung seiner Rechtsstellung ermöglichen, sondern auf die (Wieder-) Herstellung des dem Inhalt des Eigentumsrechts entsprechenden Zustandes für die Zukunft zielen.163 156

Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte). Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte). 158 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391 rechte Spalte). 159 Dies ist für das Grunderwerbsteuerrecht anerkannt. Im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 ­GrEStG: BFH, Urteil vom 29.7.2009 – II R 2/08, BFH / N V 2009, 1833; so auch Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 99, 171–172. 160 Althammer, in: Staudinger BGB (Buch 3/Eigentum 1), § 903 Rn. 10. 161 Althammer, in: Staudinger BGB (Buch 3/Eigentum 1), § 903 Rn. 11. 162 Wilhelmi, in: Erman BGB (2017), § 903 Rn. 1. 163 Thole, in: Staudinger BGB (Buch 3/§§ 985–1011), § 1004 Rn. 2. 157

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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Vor dem Hintergrund, dass der Begriff „wirtschaftlicher Vorgang / Erfolg“ eine Veränderung des Ist-Zustands im Sinne einer Veränderung der Grundstückszuordnung indiziert, ist allerdings das Ausschließungsrecht ungeeigneter Maßstab zur Konkretisierung des wirtschaftlichen Vorgangs / Erfolgs.164 Da nunmehr feststeht, dass die Übertragung sämtlicher dem Eigentum innewohnenden Herrschaftsrechte stets besteuerungswürdig ist, ist zu prüfen, – in welchem konkreten Umfang Rechte aus dem Eigentum im Innen- und / oder im Außenverhältnis übergehen bzw. sich die „wirtschaftlichen Beziehungen“ ändern müssen, um gleichfalls einen wirtschaftlichen Vorgang / Erfolg zu begründen, oder – unter welchen Voraussetzungen eine rechtliche oder wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit auf eigene Rechnung vorliegt, um einen wirtschaftlichen Vorgang / Erfolg zu begründen. Die Antwort hierauf lässt Schlussfolgerungen zu, wie die zu übertragenden Herrschaftsrechte konkret ausgestaltet sein müssen, um für Zwecke des ­GrEStG (noch) besteuerungswürdig zu sein. Damit zusammenhängend ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Erwerbsvorgänge des § 1 G ­ rEStG jene Übertragung von Herrschaftsrechten i. S. von Einwirkungsrechten tatsächlich als besteuerungswürdig erachtet. 2. Herrschaftsmacht bei den Erwerbsvorgängen des § 1 ­GrEStG Die bloße Feststellung, dass die Übertragung von Herrschaftsrechten über ein Grundstück Belastungsgrund des G ­ rEStG ist, ist insoweit noch inhaltslos. Um sachgerechte Ergebnisse zur Rückübertragung von Herrschaftsrechten und mithin zur Reichweite der Rückabwicklung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG zu erzielen, bedarf es der nachfolgenden Konkretisierung und sachlichen Anreichung des Kriteriums der Herrschaftsrechte. a) § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Der Begriff „Übereignungsanspruch“ wurde bewusst vom Gesetzgeber gewählt und bezeichnet den Anspruch der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Eigentum an einem Grundstück i. S. d. §§ 873, 925

164 So auch im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 G ­ rEStG: Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 172 f.

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

BGB165. Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG ist, dass aus dem Rechtsgeschäft unmittelbar auf Auflassung des Grundstücks – und nicht erst auf Abschluss des Rechtsgeschäfts – geklagt werden kann.166 Mit dem Übereignungsanspruch erlangt der Erwerber die Rechtsmacht mittelbar (z. B. durch Abtretung des Übereignungsanspruchs) auf die Eigentumszuordnung einwirken. Der Übereignungsanspruch vermittelt insoweit eine grundsätzlich nur dem Eigentümer zustehende Weiter-Veräußerungsbefugnis und damit einen Anspruch auf Herbeiführung einer unmittelbaren Rechtsänderung. Mit Erfüllung des Übereignungsanspruchs, d. h. mit Übergang des Eigentums, gehen sämtliche Herrschaftsreche i. S. d. Einwirkungsrechte auf den Erwerber über und er kann insbesondere durch Verfügungen unmittelbar auf die Eigentumszuordnung einwirken, d. h. eine unmittelbare Rechtsänderung herbeiführen. b) § 1 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG Eben Gesagtes gilt gleichfalls für die Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ­ rEStG.167 Der Erwerber kann vor der Eintragung mittelbar und nach (dem AnG trag auf)  Eintragung im Grundbuch unmittelbar auf die Eigentumszuordnung des Grundstücks einwirken168. Auflassung und Eintragung führen zum Übergang des Eigentums und mithin zur Übertragung sämtlicher Herrschaftsrechte auf den Erwerber. c) § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG knüpft an die sachenrechtliche Eigentumsänderung an.169 Mit der sachenrechtlichen Eigentumsänderung werden sämtliche Herrschaftsrechte auf den neuen Rechtsträger übertragen, der hierdurch unmittelbar auf die Eigentumszuordnung des Grundstücks einwirken kann.

165

BFH, Urteil vom 10.12.1997 – II R 27/97, BFHE 185, 63. BFH, Urteil vom 31.5.1972 – II R 162/66, BFHE 106, 367 m. w. N.; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 243. 167 Obwohl sich der Eigentumsübergang am Grundstück in diesen Fällen ohne ein vorausgegangenes Verpflichtungsgeschäft vollzieht, Griesar / Jochum, ­GrEStG, § 1  Rn. 7. 168 Zum unmittelbaren Einwirkungsmöglichkeit aufgrund eines Anwartschaftsrecht des Auflassungsempfängers siehe Pfeifer / Diehn, in: Staudinger BGB (Buch 3/§§ 925–984; Anh. zu §§ 929–931), § 925 BGB Rn. 121–124. 169 BFH, Urteil vom 16.2.1994 – II R 125/90, BFHE 174, 185. 166

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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d) § 1 Abs. 1 Nr. 4 ­GrEStG Das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren (Nr. 4) führt zum Anspruch des Meistbietenden auf Zuschlag. Die Zuschlagserteilung führt zum Eigentumsübergang, §§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZVG. Das Meistgebot entspricht seiner Wirkung daher dem Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts.170 Mit dem Anspruch auf Zuschlag erlangt der Erwerber daher gleichfalls die Rechtsmacht mittelbar auf die Eigentumszuordnung einwirken. Mit Zuschlagserteilung erstarkt diese Rechtsmacht durch den Eigentumsübergang zur Befugnis unmittelbar auf die Eigentumszuordnung einzuwirken, da sämtliche Herrschaftsrechte auf den Meistbietenden übergehen. e) § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 Alt. 1 ­GrEStG Für § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 Alt. 1 ­GrEStG gilt das zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG Gesagte. In zeitlicher Hinsicht folgt der Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG einem bereits steuerbaren Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG nach171, indem die rechtsgeschäftliche Abtretung von bereits entstandenen Über­ rEStG setzt damit einen voeignungsansprüchen erfasst wird. § 1 Abs. 1 Nr. 5 G rangegangenen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG voraus, da nur in diesen Fällen die Weiterübertragung der sich hieraus ergebenden Rechtsposition ihrerseits besteuerungswürdig ist.172 f) § 1 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 Alt. 2 ­GrEStG Eine Besonderheit hinsichtlich der Übertragung von Herrschaftsrechten könnte hinsichtlich § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG anzunehmen sein, weil § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG an einen Anspruch auf Abtretung von Rechten aus einem Kaufangebot anknüpft. Das Kaufangebot umfasst dabei sowohl den einseitigen Vertragsantrag (Vertragsangebot) als auch das in der Rechtsform des Vertrags gekleidete Angebot aus einem Ankaufsrecht oder Optionsvertrag.173 Allerdings führt das abgetretene174 Kaufangebot per se zu keinem Anspruch auf Übereignung.175 Damit vermittelt das Kaufangebot dem Angebotsempfänger (Zwischenerwerber) gerade noch nicht die 170

Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (390, rechte Spalte). So auch Böing, UVR 2010, 369 (371). 172 BFH, Urteil vom 10.12.1997 – II R 27/97, BFHE 185, 63. 173 BFH, Urteil vom 10.7.1974 – II R 89/68, BFHE 113, 474; BFH, Urteil vom 5.7.2006 – II R 7/05, BFHE 213, 403. 174 Zur bürgerlich-rechtlichen Problematik der Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot, siehe: BFH, Urteil vom 31.5.1972 – II R 162/66, BFHE 106, 367. 175 BFH, Urteil vom 31.5.1972 – II R 162/66, BFHE 106, 367 zur Abgrenzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 ­GrEStG. 171

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

o.g. Rechtsmacht auf die Eigentumsordnung mittelbar einzuwirken. Diese besteuerungsbegründende erforderliche Rechtsmacht erhält der Zwischenerwerber auch nicht aufgrund der Annahme des abgetretenen Kaufangebots durch den Abtretungsempfänger. Denn hierdurch kommt ein Kaufvertrag zwischen Abtretungsempfänger und Veräußerer zustande, der für den Abtretungsempfänger (und nicht für den Zwischenerwerber) einen Anspruch auf Übereignung begründet.176 Eine mittelbare Einwirkungsmöglichkeit auf die Eigentumszuordnung erhält der Zwischenerwerber allenfalls, wenn der Veräußerer an das Kaufangebot gebunden ist. Dies setzt ein rechtswirksames, den Anforderungen des § 311b Abs. 1 BGB genügendes Kaufangebot177 des Veräußerers voraus. Wird dieses (rechtsgeschäftlich) abgetreten und ausgeübt, d. h. kommt der Kaufvertrag zwischen Abtretungsempfänger und Veräußerer tatsächlich zustande178, hatte der Zwischenerwerber – aufgrund der Bindung des Veräußerers an das Kaufangebot – die Rechtsmacht auf die Eigentumszuordnung mittelbar einzuwirken. Allerdings wird im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Abtretung eines Kaufangebots einschränkend verlangt, dass der Zwischenerwerber im eigenen wirtschaftlichen Interesse handeln muss. Diese Vorgabe resultiert aus der Zielsetzung der Vorschrift, den Handel mit Kaufangeboten zu erfassen. Entscheidend ist, ob sich der Zwischenerwerber das Angebot habe machen lassen, um die Rechte aus dem Angebot wie ein Grundstückskäufer oder ein Zwischenhändler für sich zu nutzen.179 Der Zwischenerwerber muss das Kaufangebot zum Nutzen eigener wirtschaftlicher Interessen oder wirtschaftlicher Interessen Dritter, denen gegenüber er im Hinblick auf die Ausübung des Benennungsrechts vertraglich gebunden ist, verwertet haben180. Er muss demgemäß die Möglichkeit gehabt haben, bei der Weitergabe des Grundstücks unter Ausnutzung der Rechtsstellung als Zwischenerwerber wirtschaftliche Vorteile aus dem Handel mit einem Grundstück zu ziehen.181 Diese Einschränkung ändert an der mittelbaren Einwirkungsmöglichkeit des Zwischenerwerbers jedoch nichts. Hierdurch wird keine Aussage zur Ausgestaltung der übertragenen Herrschaftsrechte getroffen, sondern gefragt, ob der Zwi-

176 Zeitlich betrachtet wird also das Zwischengeschäft des § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG vor dem Hauptgeschäft des § 1 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG abgeschlossen, obwohl die Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG erst mit Tatbestandsverwirklichung des nachfolgenden § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG eintritt. 177 Nur ein solches entfaltet gegenüber dem Veräußerer Bindungswirkung und nur in diesem Fall wird dem Zwischenerwerber die notwendige Rechtsmacht eingeräumt, mit dem Kaufangebot zu handeln, siehe BFH, Urteil vom 5.7.2006 – II R 7/05, BFHE 213, 403. 178 Dies wird von der Rechtsprechung auch vorausgesetzt, BFH, Urteil vom 22.1.1997  – II R 97/94, BFHE 182, 222. 179 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 484. 180 BFH, Urteil vom 16.4.1980 – II R 141/77, BFHE 130, 428; BFH, Urteil vom 3.3.1993 – II R 89/89, BFHE 170, 468. 181 BFH, Urteil vom 19.11.2008 – II R 24/07, BFH / N V 2009, 788.

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schenerwerber wirtschaftlich durch den Zwischenerwerb betroffen ist und sich dieser somit als besteuerungswürdiges Zwischenhandelsgeschäft darstellt. g) § 1 Abs. 2 ­GrEStG Gleichfalls diffiziler in der Reichweite der zu übertragenden Herrschaftsrechte ist die Regelung des § 1 Abs. 2 ­GrEStG. Danach unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. § 1 Abs. 2 ­GrEStG möchte zur Vermeidung von Steuerumgehungen daher Fälle, in denen ohne Eigentumsübergang gleichfalls Herrschaftsrechte an dem Grundstück übertragen werden bzw. obwohl ein Eigentumsübergangs vorliegt, bestimmte Herrschaftsrechte zurückbehalten wurden, grunderwerbsteuerlich erfassen. Unter welchen Voraussetzungen eine die Grunderwerbsteuer auslösende Verwertungsbefugnis an einem Grundstück auf eigene Rechnung vorliegt, war und ist wiederholt Gegenstand zahlreicher Diskussionen.182 Gemäß der finanzgerichtlichen Rechtsprechung183 und der herrschenden Kommentarliteratur184 kann sich die Verwertungsbefugnis aus zwei Möglichkeiten der Verwertung ergeben, nämlich aus dem Recht zur Nutzung des Grundstücks sowie aus dem Recht, das Grundstück zu veräußern. Da die Verwertung stets auf eigene Rechnung zu erfolgen hat, verlangen beide Möglichkeiten der Verwertung eine Beteiligung an der Substanz des Grundstücks. Dabei soll bei der rechtlichen Verwertungsmöglichkeit durch Veräußerung die Beteiligung an der Substanz des Grundstücks vorwiegend durch die Teilhabe am Erlös erfolgen. Bei der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis durch Nutzung soll die Substanzbeteiligung durch Wertbeteiligung „in anderer Weise“ erfolgen. Nicht entscheidend soll in diesem Zusammenhang sein, ob beide Verwertungsmöglichkeiten jeweils vollständig verwirklicht werden, sondern vielmehr, dass die Verwertungsbefugnis durch Umstände begründet wird, die teils dem einen und teils dem anderen Bereich zuzuordnen sind.185 Dies vorangestellt, geht Hartlich186 einen Schritt weiter und versucht sich einer Präzisierung des Begriffs der Verwertungsbefugnis im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips. Nach Hartlich sei die Übertragung der Herrschaftsmacht an einem 182

Jüngst Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), insbesondere S. 152–182. 183 Hierzu und nachfolgend z. B. BFH, Urteil vom 29.07.2009 – II R 2/08, BFH / N V 2009, 1833 (1834). 184 Hierzu und nachfolgend Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 547; Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 1 Rn. 242; Hofmann / Hofmann, G ­ rEStG (2017), § 1 Rn. 80; Bruschke, ­GrEStG (2016), S. 67. 185 BFH, Urteil vom 17.10.1990 – II R 55/88, BFH / N V 1991, 556. 186 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 163 ff.

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

Grundstück Belastungsgrund der Grunderwerbsbesteuerung und damit das Kriterium grunderwerbsteuerlicher Leistungsfähigkeit. Die Anknüpfung an die dem zivilrechtlichen Eigentum innewohnende Herrschaftsmacht sei dabei geeigneter Ausgangspunkt einer Präzisierung des Begriffs der Verwertungsbefugnis.187 Die Herrschaftsmacht i. S. d. Einwirkungsrechte in Gestalt der Befugnisse der tatsächlichen Nutzung und der rechtlichen Veräußerung seien die umfassendste Rechtsstellung des Eigentümers. Die Sachnutzungs- und die Veräußerungsbefugnis stünden allerdings in einem Stufenverhältnis, bei der die Veräußerungsbefugnis vorrangig vor der Sachnutzungsbefugnis sei.188 In den Fällen der Veräußerungsermächtigung werde auf das Erfordernis der Befugnis zur tatsächlichen Nutzung sogar vollständig verzichtet. Zudem komme in zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht der Nutzungskomponente (Sachnutzungsbefugnis) nur untergeordnete Bedeutung zu, sodass auf dieses Kriterium vollständig verzichtet werden könne.189 Insoweit bedürfe auch die Voraussetzung auf eigene Rechnung im Rahmen der Verwertung durch Sachnutzungsbefugnis keiner Konkretisierung. Damit komme es für das Vorliegen einer Verwertung nach § 1 Abs. 2 ­GrEStG nur auf die Berechtigung an, die Eigentumszuordnung durch Veräußerung an dem Grundstück zu ändern190. Der Verzicht auf die Nutzungskomponente füge sich dabei konsistent in die Systematik des ­GrEStG und in die Gesamtdogmatik des § 1 ­GrEStG ein191. Das Kriterium auf eigene Rechnung diene lediglich der Konkretisierung der Veräußerungsbefugnis192 und sei erfüllt, wenn der Veräußerungsbefugte (im Übertragungssachverhalt) einen unmittelbaren, d. h. grundstücksbezogenen, wirtschaftlichen Vorteil aus der Grundstücksveräußerung erziele.193 Den Ausführungen von Hartlich ist, bei wertendem Vergleich mit dem Tatbestand von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG, zuzustimmen. Durch den Übereignungsanspruch erhält der Erwerber – über die erlangte Weiterveräußerungsbefugnis – die Rechtsmacht mittelbar auf die Eigentumszuordnung einzuwirken. Die gleiche Rechtsmacht erlangt derjenige, dem kein Übereignungsanspruch zusteht, der aber durch gleichgerichtete übertragene Veräußerungsbefugnisse (in Gestalt der schuldrechtlichen oder dinglichen Vollmacht nach §§ 164 ff. BGB oder der Ermächtigung nach § 185 BGB) gleichfalls mittelbar (bei erteilter schuldrechtlicher Vollmacht) bzw. unmittelbar (bei erteilter Auflassungsvollmacht) auf die Eigentumszuordnung des Grundstücks einwirken kann.

187

Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 167 ff. So wird in den Fällen der Veräußerungsbefugnis auf das Erfordernis der Befugnis zur tatsächlichen Nutzung verzichtet, Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 249; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 83; BFH, Urteil vom 2.12.1971 – II 136/65, BFHE 105, 165 (168). 189 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 152 ff.; 173 ff. 190 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 152 ff. 191 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 183 ff. 192 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 196–203. 193 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 201–203. 188

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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Gemäß § 1 Abs. 2 ­GrEStG ist demnach besteuerungswürdig die mittelbare oder unmittelbare Einwirkung auf die Grundstückszuordnung durch Übertragung von Herrschaftsrechten i. S. d. Einwirkungsrechte in Gestalt der Veräußerungsbefugnis194, die auf eigene Rechnung erfolgen muss. h) § 1 Abs. 2a ­GrEStG Regelungsziel des § 1 Abs. 2a ­GrEStG ist die Übertragung von mindestens 95 % von Anteilen an grundbesitzenden Personengesellschaften der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis einer Übertragung ­ rEStG enthält daher die Fiktion des Grundstücks gleichkommt.195 § 1 Abs. 2a G eines Rechtsgeschäfts, das auf Übereignung des Grundstücks auf eine „neue“ (fiktive) Personengesellschaft gerichtet ist und zwar ungeachtet der zivilrechtlich durch den Gesellschafterwechsel nicht berührten Identität der Personengesellschaft.196 Nach Maßgabe dieser Fiktion verfügt nach der qualifizierten Änderung eine „neue“ Personengesellschaft wie ein Eigentümer über das Grundstück.197 Insoweit erachtet der Gesetzgeber als besteuerungswürdig, dass sämtliche Herrschaftsrechte i. S. d. Einwirkungsrechte an einem inländischen Grundstück unmittelbar oder mittelbar198 auf den Erwerber übergehen. i) § 1 Abs. 3 ­GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 ­GrEStG fingieren zivilrechtlich nicht vorhandene Erwerbsvorgänge und sollen dem Umstand Rechnung tragen, dass demjenigen, der unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft in seiner Hand allein vereinigt oder erwirbt, eine dem zivilrechtlichen Eigentum vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Gesellschaftsgrundstück zuwächst199. Diesbezüglich geht das Gesetz von der Vorstellung aus, wer „Alleinherrscher“ über eine Gesellschaft sei, habe auch die alleinige, dem Eigentum i. S. d. § 903 BGB vergleichbare Herrschaft über ihre Grundstücke.200 Die Tatbestände des § 1 Abs. 3 G ­ rEStG dienen dabei nur der rechtstechnischen Anknüpfung, während

194

Wie diese konkret ausgestalten sein muss: hierzu insb. S. 164. BT Drs. 13/6151 vom 15.11.1996, S. 16. 196 Micker, DStZ 2009, 285 (287). 197 Görgen, UVR 2014, 25 (25). 198 Ausführlich zur mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands Joisten, DStZ 2016, 272 ff. 199 BFH, Urteil vom 20.7.2005 – II R 30/04, BFHE 210, 375; BFH, Urteil vom 12.2.2014 – II R 46/12, BFHE 244, 455. 200 BFH, Urteil vom 26.7.1995 – II R 68/92, BFHE 178, 231: damals noch zu der Beteiligungsquote von 100 %. 195

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

die über die rechtliche Verfügungsmacht an den Gesellschaftsanteilen erlangte Sachherrschaft des neuen Anteilseigners an dem Grundstück erfasst werden soll.201 Wird ein Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 ­GrEStG begründet, kann der Erwerber mittelbar über die rechtliche Verfügungsmacht an den Gesellschaftsanteilen auf die Grundstückszuordnung einwirken. Bei Übertragung und Vereinigung der Anteile i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 4 ­GrEStG erlangt der Erwerber gleichfalls über die rechtliche Verfügungsmacht sämtliche Herrschaftsrechte i. S. d. Einwirkungsrechte. Er kann über die gesellschaftsrechtliche Verfügung auch sachenrechtlich über das Grundstück verfügen und somit unmittelbar auf die Grundstückszuordnung einwirken.202 Wegen der rechtlichen Selbständigkeit der grundstücksbesitzenden Gesellschaft geschieht die Übertragung von Sachherrschaftsrechten über die Fiktion des Eigentumsübergangs an dem Grundstück. Nach § 1 Abs. 3 G ­ rEStG ist somit gleichwohl besteuerungswürdig die mittelbare oder unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit des Erwerbers auf die Grundstückszuordnung. j) § 1 Abs. 3a ­GrEStG Gemäß § 1 Abs. 3a ­GrEStG gilt als Rechtsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 3 ­GrEStG auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger (teils) unmittelbar und / oder (teils) mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung i.H. von mindestens 95 % am Kapital oder Vermögen einer grundbesitzenden Gesellschaft innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich dabei aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung von mittelbaren Beteiligungen sind nach § 1 Abs. 3a S. 3 ­GrEStG die vom Hundertsätze am Kapital oder Vermögen der (grundbesitzenden) Gesellschaften zu multiplizieren. Aufgrund der gleichlaufenden Struktur der Tatbestände des § 1 Abs. 3 ­GrEStG und des § 1 Abs. 3a ­GrEStG müssen zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 3a ­GrEStG stets die Voraussetzungen von § 1 Abs. 3 ­GrEStG erfüllt sein; der einzige Unterschied wird in den Regeln für die Berechnung der Beteiligungsquote und in der Nicht-Erfassung der Organschaftsfälle von § 1 Abs. 3a ­GrEStG gesehen.203 Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 3a ­GrEStG vor, treten als Rechtsfolge zwei Fiktionen ein. Zum einen die Fiktion eines Rechtsvorgangs als Anteilsvereinigung bzw. Anteilsübertragung/-übergang i. S. d. § 1 Abs. 3 ­GrEStG und zum anderen die Fiktion des Grundstückserwerbs von der Gesellschaft (§ 1 201

Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 136. In diese Richtung Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 269 (zu § 1 Abs. 2a ­GrEStG). 203 So Behrens, DStR 2013, 2726 (2730); Rödding, NWB 2016, 3945 (3947 f.) jeweils mit Verweis auf Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 3a ­GrEStG vom 9. Oktober 2013, BStBl. I 2013, 1364, Tz. 1 Abs. 2 wonach die wirtschaftliche Beteiligung in allen Varianten des § 1 Abs. 3 ­GrEStG verwirklicht werden kann. 202

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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Abs. 3 Nr. 1, 2 ­GrEStG) bzw. vom Altgesellschafter (§ 1 Abs. 3 Nr. 3, 4 ­GrEStG)204. Im Ergebnis gilt daher hinsichtlich der Übertragung von Herrschaftsrechten das zu § 1 Abs. 3 Gesagte.205 3. Zusammenfassung ­ rEStG Bei den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4, und Nr. 5 G wird dem Erwerber über den Übereignungsanspruch das grundsätzlich dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer zustehende Herrschaftsrecht der Weiter-Veräußerungsbefugnis eingeräumt. Aufgrund der Veräußerungsbefugnis kann der Erwerber mittelbar auf die Eigentumszuordnung des Grundstücks einwirken. Wird der Übereignungsanspruch erfüllt oder erfolgt im Zusammenhang mit der Auflassung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG (der Antrag auf) die Eintragung im Grundbuch oder ­ rEStG vor, gehen sämtliche in liegt ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 G § 903 BGB genannten Herrschaftsrechte i. S. d. Einwirkungsrechte auf den Erwerber über. Der Erwerber kann grundsätzlich206 unmittelbar auf die Eigentumszuordnung des Grundstücks einwirken. ­ rEStG erhält Bei den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 G der Erwerber keinen Übereignungsanspruch; er kann nicht mittelbar über einen Übereignungsanspruch auf die Eigentumszuordnung einwirken. Die mittelbare Einwirkung auf die Eigentumszuordnung erfolgt vielmehr aufgrund einer rechtswirksamen Bindung des Veräußerers, nach der er sich zum Abschluss eines Kaufvertrags mit einem vom Angebotsempfänger / Verwertungsbefugten (Berechtigter) Benannten verpflichtet. Spätestens mit dem Zustandekommen des Kaufvertrags zwischen Veräußerer und Benannten, steht die Bindung des Veräußerers in ihrer Wirkung einer Übertragung der Veräußerungsbefugnis mittels eines Übereignungsanspruchs gleich. In den Fällen der dinglichen Veräußerungsermächtigung ­ rEStG, jeweils mit § 185 Abs. 1 BGB oder der Auflassungsvollmacht (§ 1 Abs. 2 G ggf. i. V. m. §§ 164 ff. BGB) kann der Erwerber unmittelbar auf die Eigentumszuordnung einwirken.207 Die Kriterien der Verwertung im eigenen Interesse bzw. auf eigene Rechnung sind als Konkretisierung der übertragenen Veräußerungsbefugnis, die jeweils zum eigenen Vorteil des Berechtigten ausgeübt werden muss, zu verstehen. Im Zusammenhang mit den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG erlangt der Erwerber (über die rechtliche Verfügungsmacht an den Anteilen) aufgrund Fiktion die Herrschaftsmacht an einem Grundstück. 204

Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 3a Rn. 1209. Hierzu ab S. 55 f. 206 Zur Ausnahme bei der Treuhand siehe ab S. 45. 207 Abhängig davon, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen dem Auflassungsempfänger ein Anwartschaftsrecht zusteht, siehe Fn. 193. 205

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

Zusammenfassend erachtet der Gesetzgeber als besteuerungswürdiges Primärmerkmal die Übertragung von Herrschaftsrechten i. S. d. Einwirkungsrechte in Gestalt der bloßen Veräußerungsbefugnis im eigenen Interesse bzw. auf eigene Rechnung. Letztgenannte Kriterien sind in Abgrenzung zu den Fällen, in denen ein Übereignungsanspruch besteht oder das Eigentum übertragen wurde, einschränkend notwendig um Steuerumgehungsfälle zu erfassen und dienen zugleich der Konkretisierung der Veräußerungsbefugnis in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (und Nr. 7 Alt. 2) und Abs. 2 G ­ rEStG. Daneben ist argumentum a minori ad maius stets besteuerungswürdig die Übertragung sämtlicher Herrschaftsrechte i. S. d. Einwirkungsrechte. Hingegen ist die Übertragung von Herrschaftsrechten i. S. d. Einwirkungsrechte in Gestalt der bloßen Nutzungsbefugnisse nicht besteuerungswürdig. Zudem ist unerheblich, ob Herrschaftsrechte gegen Entgelt oder unmittelbar / m ittelbar übergehen werden.

IV. Rechtfertigung, Folgerichtigkeit und Auslegung der Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung des Belastungsgrundes 1. Rechtfertigung und Folgerichtigkeit der Grunderwerbsteuer Nachdem nunmehr der Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer herausgearbeitet wurde, offenbart sich als Rechtfertigungsgrund der Grunderwerbsbesteuerung die Übertragung von Herrschaftsrechten. In der Übertragung von Herrschaftsrechten i. S. d. Einwirkungsrechte, die zumindest in Gestalt der Veräußerungsbefugnis (im eigenen Interesse / auf eigene Rechnung) des Erwerbers, auf einen neuen Rechtsträger übergehen muss, drückt sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erwerbers aus. Insoweit ermöglicht die Veräußerungsbefugnis im eigenen Interesse / auf eigene Rechnung dem Erwerber den notwendigen eigennützigen (mittelbaren) Zugriff auf das Grundstück. Den Vertretern anderer Ansichten ist nicht zu folgen, wenn diese die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erwerbers in einer Bereicherung (Stodian), in der Umschichtung von Vermögen (Birk) oder gar in der Entgeltlichkeit des Erwerbsvorgangs (Mirre) sehen wollen.208 Gemeinsam ist ihnen das Fehlen einer hinreichenden Konkretisierung, so dass sie ungeeignet sind, nachvollziehbare Parameter für eine Auslegung am Telos des ­GrEStG und dessen Normen zu begründen.209 Die erläuterten Besteuerungsgegenstände nebst Analyse des zugrundeliegenden Belastungsgrunds bestätigen zugleich die folgerichtige Ausgestaltung.

208

Hierzu ab S. 29 ff. Dies gleichfalls kritisierend Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 163 ff. 209

A. Grunderwerbsteuerliche Grundlagen

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2. Belastungsgrund und Auslegung des ­GrEStG Bevor eine vertiefte Auseinandersetzung mit § 16 ­GrEStG und insbesondere mit den dort normierten Rechtsbegriffen der Rückgängigmachung und des Rückerwerbs erfolgen kann, ist es erforderlich, zu erörtern, ob und ggf. welche Besonderheiten für die Auslegung des ­GrEStG gelten. In diesem Zusammenhang wird zunächst auf die Auslegung von Rechtsbegriffen im Steuerrecht allgemein eingegangen. Im Besonderen wird – aufgrund des vorrangigen Anknüpfens des ­GrEStG an formelle Akte des bürgerlichen Rechtsverkehrs – auf das Verhältnis von Steuerrecht und Zivilrecht näher eingegangen, insbesondere, ob und ggf. wel­ rEStG che Bedeutung das Zivilrecht für die Auslegung von Rechtsbegriffen des G hat. Die jeweils hieraus gewonnenen Erkenntnisse dienen zugleich der späteren Untersuchung, ob und ggf. inwieweit die Anknüpfung der Grunderwerbsteuer an bürgerlich-rechtliche Rechtsvorgänge die Auslegung des § 16 ­GrEStG beeinflussen (kann). a) Auslegung von Rechtsbegriffen im Steuerrecht Ziel der Gesetzesauslegung ist, den Sinn von Gesetzesworten (Rechtsbegriffen) zu ermitteln und klarzustellen.210 Zur Bestimmung des Bedeutungsgehalts von Rechtsbegriffen werden nach der von Larenz entwickelten modernen Methodenlehre211 die vier212 Auslegungskriterien, die nach der herrschenden Meinung nebeneinander in wechselseitiger Ergänzung stehen213, herangezogen. Diese sind die grammatische, die systematisch-logische, die historische und die teleologische Auslegung. Für das Steuerrecht bestehen hinsichtlich der eben genannten Auslegungskriterien zunächst keine Besonderheiten, sie gelten vielmehr auch innerhalb des Steuerrechts.214 Aus der besonderen Teleologie des Steuerrechts ergeben sich jedoch etwaige Modifikationen der klassischen Auslegungskriterien, dazu gehört insbesondere die sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise.215

210

Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 48. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1991), Zur Auslegung S. 312–360. 212 Die klassischen Auslegungskriterien gehen zurück auf Friedrich Carl v. Savigny. Dies waren grammatische, logische, historische und systematische Kriterien; seit Jhering wurden diese Kriterien durch das teleologische Kriterium ergänzt, Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 251. 213 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 253; BVerfG, Beschluss vom 17.5.1960 – 2 BvL 11/59, 2 BvL 11/60, BVerfGE 11, 126 (130); a. A. Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band III (2012) S. 1586 (1599). 214 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 250; Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band III (2012) S. 1586 (1589). 215 Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band III (2012) S. 1586 (1589). 211

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

b) Verhältnis zwischen Steuerrecht und Zivilrecht Steuergesetze knüpfen an wirtschaftliche Vorgänge oder Zustände an (wie Einkommen oder Vermögen), die weitgehend durch das Zivilrecht gestaltet werden.216 Das Zivilrecht liefert die Institutionen für den Rechtsverkehr, der die wirtschaftlichen Ergebnisse hervorbringt, an die das Steuerrecht anknüpft.217 Diese Anknüpfung an einen zivilrechtlich vorgegebenen wirtschaftlichen Vorgang oder Zustand bringt der steuergesetzliche Tatbestand unterschiedlich zum Ausdruck.218 Teils bezieht sich das Steuergesetz ausdrücklich auf zivilrechtliche Institutionen, indem es auf Vorschriften des Zivilrechts unmittelbar verweist (z. B. in § 3 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 ErbStG auf den Erwerb durch Erbfall i. S. d. § 1922 BGB) oder auf Begriffe des Zivilrechts zurückgreift (z. B. auf das Eigentum in § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG).219 Teils verwenden die Steuergesetze Begriffe zivilrechtlicher Herkunft, ohne eine Maßgeblichkeit des zivilrechtlichen Begriffsinhalts für den steuerlichen Tatbestand erkennbar zu machen.220 Enthält ein Steuergesetz Begriffe, die einem anderen Rechtsgebiet entnommen sind, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob das Steuerrecht insoweit den Wertungen des jeweiligen Rechtsgebietes folgt oder mit Hilfe der entlehnten Begriffe eigenständige steuerrechtliche Tatbestände bildet.221 Das BVerfG222 führt im Zusammenhang mit der Auslegung der im Grunderwerbsteuerrecht gewählten primären Anknüpfungen an bürgerlich-rechtliche Begrifflichkeiten insoweit aus: Es gebe keine Vermutung dafür, dass ein dem Zivilrecht entlehntes Tatbestandsmerkmal einer Steuerrechtsnorm im Sinne des zivilrechtlichen Verständnisses zu interpretieren sei. Ein Vorrang oder eine Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Würdigung der von den Parteien gewählten Sachverhaltsgestaltung für die Auslegung der betreffenden steuerrechtlichen Vorschrift bestehe schon deshalb nicht, weil Zivilrecht und Steuerrecht nebengeordnete, gleichrangige Rechtsgebiete seien, die denselben Sachverhalt aus einer anderen Perspektive und unter anderen Wertungsgesichtspunkten beurteilten. Es gelte eine Vorherigkeit des Zivilrechts, jedoch kein Vorrang. Steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale seien, auch wenn sie einem anderen Rechtsgebiet entnommen sind, nach dem steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang, nach dem Zweck des jeweiligen Steuergesetzes und nach dem Inhalt der einschlägigen Einzelregelung zu interpretieren. Die privatautonome Gestaltung des Sachverhalts durch die Parteien sei zunächst am Maßstab des jeweiligen, die

216

Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn 70 und Seer, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 1 Rn. 32. 217 Seer, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 1 Rn. 32. 218 Seer, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 1 Rn. 32; Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn 70–72. 219 Seer, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 1 Rn. 33. 220 Seer, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 1 Rn. 33 mit Beispielen. 221 BVerfG, (Nichtannahme-)Beschluss vom 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212. 222 BVerfG, (Nichtannahme-)Beschluss vom 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212.

B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs

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Gestaltung regelnden Rechts zu qualifizieren und sodann dem Ergebnis der Auslegung der steuerrechtlichen Norm zuzuordnen. Der Steuertatbestand sei erfüllt, wenn die Sachverhaltsgestaltung zu einem Erfolg führe, der nach der steuerrechtlichen Vorschrift eine Belastung rechtfertige. c) Belastungsgrund und Auslegung Wie festgestellt223 ist Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer die Rechts­ änderung i. S. einer Übertragung von Herrschaftsrechten an dem Grundstück und gerade nicht das die Rechtsänderung herbeiführende Rechtsgeschäft selbst, das vielmehr aus besteuerungstechnischen Gründen als vorrangiger Anknüpfungspunkt gewählt wurde und der finanzverfassungsrechtlichen Abgrenzung von anderen Steuerarten dient224. Die Tatbestände des ­GrEStG sind folglich dergestalt auszulegen, dass eine Belastung mit Grunderwerbsteuer nur eintritt, wenn eine Rechtsänderung i. S. eines Wechsels der Herrschaftsrechte in Gestalt der Einwirkungsrechte über das Grundstück auf einen neuen Rechtsträger bewirkt wird. Die folgenden Ausführungen werden sich bei der Auslegung des ­GrEStG hieran orientieren.

B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs I. Begriff der Rückabwicklung Im Nachfolgenden werden unter dem Begriff der Rückabwicklung einerseits die Rückgängigmachung eines Erwerbvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG und andererseits der Rückerwerb des Eigentums nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG verstanden. § 16 Abs. 1 ­GrEStG regelt Fälle, in denen noch kein Eigentumsübergang an einem Grundstück auf einen Erwerber stattgefunden hat, Abs. 2, in denen das Grundstückseigentum auf einen Erwerber bereits übergegangen ist.

223

Hierzu ab S. 45. Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 18 Rn. 4; BFH, Urteil vom 10.12.1997 – II R 27/97, BFHE 185, 63.

224

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

II. Grunderwerbsteuerliche Behandlung der Rückabwicklung 1. Gesetzliche Grundlagen der Rückabwicklung a) Grundsatz der Unabänderlichkeit des Steueranspruchs § 38 AO bestimmt, dass der Steueranspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Demgemäß soll mit Tatbestandsverwirklichung nach heute nahezu225 einhelliger Ansicht226 der Steueranspruch grundsätzlich unabänderlich sein. Insbesondere durch Rückgängigmachungen, Rückbeziehungen oder Rückdatierungen von tatsächlichen oder rechtlichen Vorgängen soll der einmal entstandene Steueranspruch nicht beeinflusst werden können.227 Begründet wird dieser Grundsatz damit, dass die Besteuerung an tatsächliche wirtschaftliche Vorgänge anknüpfe, die nicht ungeschehen gemacht werden können.228 Zudem sei die Steuer als öffentlich-rechtliche Schuld der Verfügung der am Steuerschuldverhältnis Beteiligten entzogen und könne von ihnen grundsätzlich229 nicht mit der Wirkung beeinflusst werden, dass die Tatbestandsverwirklichung als ungeschehen betrachtet werden könne230. Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürften daher einer gesetzlichen Grundlage231 und könnten nicht verallgemeinert werden. b) Ausnahmen vom Grundsatz der Unabänderlichkeit des Steueranspruchs aa) § 41 AO Eine gesetzlich normierte Ausnahme hiervon findet sich in § 41 AO.232 § 41 Abs. 1 S. 1 AO bestimmt, dass unwirksame oder nachträglich unwirksam233 gewordene 225 Abweichend Potthast, Die Rückgängigmachung von Rechtsgeschäften und ihre steuerlichen Wirkungen (1952) passim. 226 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 38 AO Rn. 28 m. w. N. 227 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 38 AO Rn. 29; BFH, Urteil vom 2.8.1983 – VIII R 15/80, BFHE 139, 79 (83) m. w. N. 228 BFH, Urteil vom 2.8.1983 – VIII R 15/80, BFHE 139, 79 (83); Zur die Rückgängigmachung von Geschäftsvorfällen siehe auch: Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 38 AO Rn. 34. 229 Zu den Ausnahmen siehe Schuster, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 38 AO Rn. 52, 54 ff. 230 BFH, Urteil vom 2.8.1983  – VIII R 15/80, BFHE 139, 79 (83); Schuster, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 38 AO Rn 52. 231 BFH, Urteil vom 2.8.1983 – VIII R 15/80, BFHE 139, 79 (83); solche sind z. B. § 6 Abs. 3 AStG, § 2 Abs. 1 UmwStG, §§ 15a, 17 UStG, § 9 Abs. 1 VersStG, § 16 ­GrEStG und § 29 ErbStG. 232 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 38 AO Rn. 29. 233 BFH, Urteil vom 17.2.2004  – VIII R 28/02, BFHE 205, 426 m. w. N.; Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 41 AO Rn. 14

B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs

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Rechtsgeschäfte soweit und solange für die Besteuerung unerheblich sind, als die Vertragsparteien das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Die Vorschrift regelt demgemäß die steuerrechtlichen Wirkungen einer bürgerlich-rechtlichen Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften und ist Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtungsweise.234 Sie ermöglicht die wirtschaftlichen Folgen eines unwirksamen Rechtsgeschäfts, die zunächst eingetreten sind, mit steuerrechtlicher Wirkung für die Vergangenheit (i. V. mit der verfahrensrechtlichen Regelung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO) zu beseitigen. Insoweit ist § 41 Abs. 1 S. 1 AO normative Grundlage einer allgemeinen steuerlichen Doktrin einer (rechtlichen und wirtschaftlichen) Rückabwicklung von bereits verwirklichten Steuertatbeständen.235 Zugrundeliegender Leitgedanke dieser materiell-rechtlichen Generalnorm ist, dass das wirtschaftlich nicht durchgeführte Rechtsgeschäft seine Funktion als Indikator für steuerliche Leistungsfähigkeit verloren hat.236 Daher soll die Anwendung von §§ 41 Abs. 1 AO i. V. m. der verfahrensrechtlichen Umsetzungsnorm des 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auch nicht auf Fälle beschränkt sein, in denen Rechtsgeschäfte bürgerlich-rechtlich von Anfang an unwirksam sind oder rückwirkend unwirksam werden; ebenso wenig soll es darauf ankommen, ob die Rechtsgeschäfte aus rechtlichen oder aus tatsächlichen Gründen wirtschaftlich nicht durchgeführt werden.237 bb) §  16 ­GrEStG § 16 ­GrEStG stellt gleichfalls eine spezialgesetzliche Ausnahme von dem Grundsatz der Unabänderlichkeit des Steueranspruchs dar.238 Die Vorschrift enthält Regelungen betreffend die Rückabwicklung (sowie betreffend die Herabsetzung der Gegenleistung) von tatbestandlich bereits verwirklichten Erwerbsvorgängen ­ rEStG und ordnet als Rechtsfolge die Nichtfestsetzung oder Aufhebung der des G Steuerfestsetzung (bzw. die Änderung der Steuerfestsetzung) an. Als Grundsatz lässt sich dem § 16 ­GrEStG entnehmen, dass eine Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs innerhalb von zwei Jahren stets, während später erfolgte Rückabwicklungen nur ausnahmsweise bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen „begünstigt“ werden. Ohne die Regelungen des § 16 ­GrEStG würde mit Verwirklichung der in ­ rEStG normierten Steuertatbestände die Grunderwerbsteuer als abstrakter § 1 G Steueranspruch entstehen; spätere Sachverhaltsänderungen würden den einmal entstandenen Steueranspruch nicht berühren.239 Die Grunderwerbsteuerpflicht würde

234

Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 41 AO Rn. 2. Fischer, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 41 AO Rn. 91. 236 BFH, Vorlagebeschluss vom 26.3.1991 – VIII R 315/84, BFHE 166, 7. 237 BFH, Vorlagebeschluss vom 26.3.1991 – VIII R 315/84, BFHE 166, 7. 238 Fischer, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 41 AO Rn. 43. 239 Loose, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 11; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 2; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 2. 235

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

also nicht dadurch berührt werden, dass ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht oder das Eigentum am Grundstück zurück übertragen würde. c) Abgrenzung des § 41 Abs. 1 AO zu § 16 ­GrEStG § 16 ­GrEStG verlangt einen vorangegangenen wirksamen Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 ­GrEStG, der nicht durch ein nachträgliches Ereignis mit materiell-rechtlicher Wirkung für die Vergangenheit unwirksam geworden sein darf.240 Damit ist zunächst jeder rückabzuwickelnde Erwerbsvorgang in Abgrenzung zu § 41 Abs. 1 AO auf seine bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit zu überprüfen. Bürgerlich-rechtlich unwirksam sind nichtige sowie relativ und schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte.241 Aus einem bürgerlich-rechtlich unwirksamen Rechtsgeschäft können für Zwecke der Grunderwerbsbesteuerung unterschiedliche Folgen resultieren, die jeweils davon abhängig sind, ob das Eigentum an dem Grundstück bereits übergegangen ist und, ob die Parteien Konsequenzen aus der Unwirksamkeit ziehen: – Ist das Eigentum noch nicht übergegangen und ist das schuldrechtliche Rechtsgeschäft unwirksam, ist der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 ­GrEStG nicht eröffnet, weil es an einem notwendigen wirksamen Erwerbsvorgang fehlt. Eine etwaige bereits festgesetzte Steuer ist nach §§ 41 Abs. 1, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu korrigieren. – Ist das schuldrechtliche Rechtsgeschäft unwirksam, aber soll der wirksame Eigentumsübergang aufrechterhalten bleiben242, besteht der Belastungsgrund für die Grunderwerbsbesteuerung fort. Einer Korrektur nach § 16 Abs. 1 oder Abs. 2 ­GrEStG bedarf es nicht. – Ist dem unwirksamen Eigentumsübergang kein schuldrechtliches Rechtsgeschäft vorausgegangen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG), fehlt es an einem wirksamen Erwerbsvorgang. Eine etwaige bereits festgesetzte Steuer ist nach §§ 41 Abs. 1, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu korrigieren. – Ist dem unwirksamen Eigentumsübergang ein wirksames schuldrechtliches Rechts­ geschäfts i. S. d. § 1 Abs. 1 ­GrEStG vorausgegangen, ist § 16 Abs. 1 ­GrEStG grundsätzlich anwendbar.

240

Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 26. Allgemein zur Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften: Stürner, Jauernig BGB (2018), Rn. 16 ff. Die Unwirksamkeit der Grundstücksübertragung (Eintragung im Grundbuch als Realakt) stellt sich nicht, da Realakte nicht unwirksam sein können. 242 Zwar kann ein unwirksamer Vertrag nicht – wie es der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG fordert – einen Anspruch zur Übereignung begründen, allerdings kann u. U. § 1 Abs. 2 ­GrEStG tatbestandlich erfüllt sein, BFH, Urteil vom 17.12.1975 – II R 35/69, BFHE 118, 367. 241

B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs

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– Folgt auf ein von Anfang an unwirksames schuldrechtliches Rechtsgeschäft ein wirksamer Eigentumsübergang und wird das Grundstück wegen der Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts zurück übertragen (z.B nach § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB), findet § 16 Abs. 2 Nr. 2­GrEStG Anwendung. Zusammenfassend gilt: Sind Rechtsgeschäfte unwirksam und werden sie auch für steuerliche Zwecke als unwirksam behandelt, bleibt für § 16 ­GrEStG kein Raum, weil kein Erwerbsvorgang und mithin kein Grundstücksumsatz vorliegt, der korrigiert werden müsste. Soweit und solange bei Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts keine Konsequenzen aus der Unwirksamkeit gezogen werden, erfolgt weder eine Korrektur nach § 16 G ­ rEStG noch nach §§ 41 Abs. 1, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. 2. Historische Genese der Vorschrift über die grunderwerbsteuerliche Rückabwicklung Fraglich ist, warum der Gesetzgeber für das Grunderwerbsteuerrecht den in § 16 ­ rEStG enthaltenen Regelungsbefehl getroffen hat. Zur Beantwortung dieser Frage G bedarf es der Erörterung der historischen Genese des § 16 ­GrEStG. a) § 79 RStempG1909 und Ausführungsbestimmungen des Bundesrats Im Rahmen der Steuerbarkeit von Grundstücksgeschäften maß der Gesetzgeber des RStempG1909 etwaigen nachträglichen Sachverhaltsänderungen, wie die Hinzufügung von Bedingungen, die unterbliebene Ausführung und die Wiederaufhebung des Geschäfts- oder Rechtsvorganges sowie die Vernichtung der Urkunde grundsätzlich keine Bedeutung bei, § 79 Abs. 1 RStempG1909. Eine Ausnahme hiervon enthielt § 79 Abs. 2 RStempG1909 wonach der Bundesrat ermächtigt wurde, Regelungen zu bestimmen, ob und inwieweit der Abgabenbetrag auf Antrag zu erstatten ist. Derartige Regelungen legte der Bundesrat in den §§ 169 bis 173 der Ausführungsbestimmungen zum RStempG1909 in der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 5. Februar 1912243 fest und bestimmte unter welchen Voraussetzungen eine Erstattung des Abgabenbetrags möglich war. In § 169 der Ausführungsbestimmungen waren Regelungen zur Erstattung aus Rechtsgründen festgelegt, wonach die Abgabe auf Antrag insbesondere zu erstatten war, „wenn ein beurkundeter Rechtsvorgang nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist“. Daneben regelte § 170 der Ausführungsbestimmungen die Erstattung aus Billigkeitsgründen, die eine Erstattung auf Antrag vorsah, „wenn die Ausführung des Rechtsgeschäfts unterblieben oder ein Geschäft aufgrund der Wandlung rückgängig gemacht ist und Billigkeitsgründe vorliegen“. Als in diesem Sinne ausgeführt galt ein Rechtsgeschäft – unter 243

Zentralblatt für das Deutsche Reich, 1912, S. 35 ff.

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

Zugrundelegung eines rechtlichen und nicht wirtschaftlichen Maßstabs – mit Auflassung und Eintragung des Erwerbers im Grundbuch, so dass die bloße Übertragung des Besitzes nicht ausreichend war.244 Einschränkend war gemäß § 171 der Ausführungsbestimmungen in den Fällen des nichtigen Rechtsvorgangs und in den Fällen des § 170 ein Erstattungsgesuch des Antragstellers abzulehnen, wenn der Antragsteller bei der Beurkundung des Rechtsgeschäfts von den die Nichtigkeit bedingenden Umständen Kenntnis gehabt hat oder er die unterbliebene Ausführung des Rechtsgeschäfts oder die Wandlung verschuldet hat. Vice versa kam ein Erlass aus besonderen Billigkeitserwägungen regelmäßig daher nur in Betracht, wenn die Ausführung des Rechtsgeschäfts aufgrund entschuldbaren Versehens oder eines Umstands unterblieb, der außerhalb der Willensbestimmung des Antragstellers gelegen war, sodass jede freiwillige und ohne auf äußere zwingende Veranlassung beruhende Aufhebung nicht zur Erstattung führen konnte.245 Im Übrigen war der Erstattungsantrag nach § 172 Abs. 1 S. 2 der Ausführungsbestimmungen fristgebunden und musste innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Entrichtung der Abgabe „angebracht“ werden. Dieser Fristbeginn verschob sich bei Vorliegen von Tatsachen, die erst nach der Zahlung oder Beitreibung der Abgabe eingetreten sind, auf den Tage, an dem der Antragsteller von diesen Tatsachen Kenntnis erhalten hat, § 172 Abs. 1 S. 3 der Ausführungsbestimmungen. Nach dem gesetzgeberischen Willen und unter Zugrundelegung der dargestellten Rechtslage sollte eine Erstattung der Stempelabgabe vorzugsweise in den Fällen erfolgen, in denen infolge von Umständen, die nach dem steuerpflichtigen Rechtsvorgang eintraten und, die auch außerhalb der Sphäre des Antragsstellers lagen, die Erhebung der Steuer als nicht gerechtfertigt oder unbillig erschien.246 b) § 34 ZuwStG1911 und Ausführungsbestimmungen247 Gleichlaufend mit § 169 der Ausführungsbestimmungen zum RStempG1909 bestimmte § 34 Abs. 1 S. 1 ZuwStG1911, dass die Zuwachssteuer nach näherer Bestimmung des Bundesrats auf Antrag zu erlassen war, wenn im Falle des § 5 ZuwStG1911 das steuerpflichtige Rechtsgeschäft nichtig oder aufgehoben war. Neu im Vergleich zum RStempG1909 war die Regelung des § 34 Abs. 1 S. 2 ZuwStG1911, wonach die Abgabe gleichfalls zu erlassen war, wenn wegen Nichterfüllung der Vertragsbedingungen das Rechtsgeschäft rückgängig gemacht oder das Eigentum 244

Greiff, RStempG (1913), S. 882 zu § 183/§ 170 dort Rn. 3 der Ausführungsbestimmungen in der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 15. September 1913 zum RStempG vom 3. Juli 1913, die im Wortlaut identisch mit den Ausführungsbestimmungen in der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 5. Februar 1912 zum RStempG1909 sind. 245 Greiff, RStempG (1913), S. 883 zu § 184/§ 171 der Ausführungsbestimmungen, dort Rn. 6. 246 Greiff, RStempG (1913), S. 248 zu § 85 RStempG, dort Rn. 8. 247 Gesetz vom 14.2.1911, RGBl. 1911, 33; siehe auch Köppe, Das Zuwachssteuergesetz mit Ausführungsbestimmungen (1911) S. 78 f.

B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs

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zurückübertragen wurde. Gleichfalls neu war die Regelungen des § 34 Abs. 1 S. 3 ZuwStG1911, wonach in den Fällen der Preisminderung (nach §§ 459, 460 BGB) der Veräußerungspreis entsprechend zu ermäßigen und die Steuer entsprechend zurückzuzahlen war. Daneben enthielt § 34 Abs. 2 S. 1 ZuwStG1911 eine Regelung zum Erlass, wenn das Grundstück auf den bisherigen Eigentümer wieder zurück übertragen wurde. In diesen Fällen konnte nach näherer Bestimmung des Bundesrats die Abgabe erlassen werden.248 Sie musste gem. § 34 Abs. 2 S. 2 ZuwStG1911erlassen werden, wenn die Rückübertragung innerhalb von zwei Jahren seit der Veräußerung erfolgte. Nähere Bestimmungen des Bundesrats enthielten die sog. Zuwachssteuer-Ausführungsbestimmungen vom 27. März 1911249. Nach § 30 Abs. 1 lit. a) der Ausführungsbestimmungen war im Falle der Steuerpflicht nach § 5 ZuwStG1911 (mit Jahresablauf nach Abschluss des Veräußerungsgeschäfts250) die Zuwachssteuer auf Antrag zu erlassen oder zu erstatten bei – Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts (Nr. 1), – Aufhebung des Rechtsgeschäfts durch Parteivereinbarung oder infolge Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts (Nr. 2), – Rückgängigmachung infolge Nichterfüllung der Vertragsbedingungen (Nr. 3.) oder – Preisminderung nach §§ 459, 460 BGB, soweit sie eine Ermäßigung der Steuer zur Folge hat (Nr. 4).251 Die Umstände, die zu einer Erstattung oder zu einem Erlass der Steuer führen, mussten sich auf das Veräußerungsgeschäft selbst und nicht auf den Eigentumsübergang beziehen.252 Daneben war wegen der primären Anknüpfung der Besteuerung an den Übergang des Eigentums nach §§ 1 bis 4 ZuwStG1911 (dinglicher Eigentumsübergang und Anteilsübertragungen) die Zuwachssteuer gem. § 30 Abs. 1 lit. b) der Ausführungsbestimmungen zu erlassen oder zu erstatten bei Nichtigkeit der Auflassung oder des sonstigen den Eigentumsübergang bewirkenden Rechtsvorganges (Nr. 1), bei Rückübertragung des Eigentums infolge Nichterfüllung der Vertragsbedingungen des Veräußerungsgeschäfts (Nr. 2) oder bei Rückübertragung des Eigentums innerhalb zweier Jahre seit der Veräußerung (Nr. 3). 248

Der Erlass umfasste dabei sowohl die Befreiung des Steuerpflichtigen von der Zahlung einer noch nicht erhobenen Abgabe als auch die Erstattung, d. h. Rückzahlung bereits erhobener Abgabenbeträge, Cuno, ZuwStG (1911), S. 325. 249 Im Folgenden „Ausführungsbestimmungen“; abgedruckt in Zentralblatt für das Deutsche Reich 1911, S. 79 sowie in Köppe, Das Zuwachssteuergesetz mit Ausführungsbestimmungen (1911) S. 129 ff.; Cuno, ZuwStG (1911), S. 483–586. 250 Hierzu ab S. 34. 251 Köppe, Das Zuwachssteuergesetz mit Ausführungsbestimmungen (1911) S. 143 f. 252 Cuno, ZuwStG (1911), S. 327.

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung 

Die Abgabe konnte zudem bei einer Rückübertragung nach mehr als zwei Jahren seit der Veräußerung nach § 30 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen aus besonderen Billigkeitsgründen erlassen oder erstattet werden. Gesetzgeberische Intention und zugrundeliegender Gedanke des § 34 ZuwStG1911 war, dass nur eine materiell wirksame Eigentumsübertragung bzw. in den Fällen des § 5 ZuwStG1911 die materielle Wirksamkeit des Veräußerungsgeschäfts eine Steuerpflicht begründen und rechtfertigen könne.253 Demgemäß sollte ein materiell unwirksamer Vorgang eine Steuerpflicht nicht begründen und damit keinen Anlass zur Steuerveranlagung und -erhebung bieten können.254 Mit dem Erlassund Erstattungsverfahren nach § 34 ZuwStG1911 i. V. mit § 30 der Ausführungsbestimmungen sollten, ähnlich wie im Rahmen des RStempG1909, nur solche Fälle erfasst werden, die die Steuererhebung als zu Unrecht erfolgt erschienen ließen.255 c) §  23 ­GrEStG1919 Ähnlichkeiten zu den vorgenannten Erlass- und Erstattungsregelungen wies auch § 23 ­GrEStG1919 auf, der vorwiegend an die Regelungen des § 34 ZuwStG1911 bzw. dessen Ausführungsbestimmungen (§§ 29–31) anknüpfte.256 Nach § 23 Abs. 1 lit. a) ­GrEStG1919 hatte die Steuerstelle im Falle der Steuerpflicht nach § 1 ­GrEStG1919 (Eigentumsübergang) die Steuer auf Antrag zu erlassen oder zu erstatten, 1. „bei Nichtigkeit der Auflassung oder des sonstigen den Eigentumserwerb begründenden Rechtsvorganges, 2. bei Rückerwerb des Eigentums infolge Nichterfüllung der Vertragsbedingungen des Veräußerungsgeschäfts, 3. bei Rückerwerb des Eigentums innerhalb zweier Jahre seit der Veräußerung, 4. bei Preisminderung nach den §§ 459, 460 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie eine Ermäßigung der Steuer zur Folge haben würde;“

Weiterhin war nach § 23 Abs. 1 lit.  b)  im Falle der Steuerpflicht nach § 5 ­ rEStG1919 (verpflichtendes Veräußerungsgeschäft) die Steuer auf Antrag zu erG lassen oder zu erstatten 1. „bei Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, 2. bei Aufhebung des Rechtsgeschäfts durch Vereinbarung oder infolge Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts,

253

Cuno, ZuwStG (1911), S. 325. Cuno, ZuwStG (1911), S. 325. 255 Cuno, ZuwStG (1911), S. 327. 256 Hagelberg / Krämer, ­GrEStG (1928), § 23 Rn. 1. 254

B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs

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3. wenn die Veräußerung infolge Nichterfüllung der Vertragsbedingungen rückgängig gemacht wird, 4. wenn der Antrag zur Schließung eines Veräußerungsgeschäfts sowie der nur den Veräußerer bindende Vertrag über Schließung eines Veräußerungsgeschäfts (§ 5 Abs. 4 Ziffer 2) fortgefallen ist, ohne daß das Veräußerungsgeschäft zustande gekommen ist, 5. bei Preisminderung nach den §§ 459, 460 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit sie eine Ermäßigung der Steuer zur Folge haben würde.“

Daneben war nach § 17 der Ausführungsbestimmungen zum ­GrEStG1919 die Steuer entweder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder von Amts wegen – dies war abhängig von der Höhe der zu Unrecht gezahlten Steuer – zu erstatten, soweit die Steuer infolge eines offenbaren Versehens zu Unrecht gezahlt wurde. Vergleicht man die Regelungen des ­GrEStG1919 mit denen der Vorgängerreglungen des ZuwStG1911 nebst den jeweiligen Ausführungsbestimmungen, fällt die Neu-Regelung des § 23 Abs. 1 lit. b) Nr. 4 ­GrEStG1919 auf, wonach die Steuer zu erlassen oder zu erstatten war, bei Fortfall eines Antrags zur Schließung eines Veräußerungsgeschäfts oder eines nur den Veräußerer bindenden Vertrags über die Schließung eines Veräußerungsgeschäfts, ohne dass das Veräußerungsgeschäft zustande gekommen war. Zugrundeliegender Gedanke war, von einer Besteuerung abzusehen, wenn der nach Annahme eines „abgetretenen“ Kaufantrags zustande gekommene Kaufvertrag wieder aufgehoben wurde, ohne dass es zum Eigentumsübergang kam und jener Kaufantrag auch nicht mehr anderweitig zu einem Eigentumsübergang führen konnte.257 Die Vorschrift wurde klarstellend in das ­GrEStG1919 aufgenommen.258 Gesetzgeberisches Ziel des § 23 ­GrEStG1919 war, aus Gründen der Billigkeit von einer Steuerfestsetzung insbesondere abzusehen bzw. bereits festgesetzte Steuern zu erlassen, wenn aus Rechtsgründen der alte Rechtszustand wiederhergestellt wurde259. Denn in solchen Fällen erschien die Steuererhebung gleichfalls als zu Unrecht erfolgt. d) §  17 ­GrEStG1940 Die Erlass- und Erstattungsvorschriften des § 23 ­GrEStG1919 wurden nahezu vollständig von § 17 G ­ rEStG1940 übernommen und an die neue Systematik (primäre Anknüpfung an das Verpflichtungsgeschäft) des § 1 ­GrEStG1940 angepasst sowie erweitert. Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG1940 lautete: „(1) Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, so wird auf Antrag die Steuer nicht erhoben oder erstattet, 257

Ott, ­GrEStG (1923), § 23 Rn. 31. Ott, ­GrEStG (1923), § 23 Rn. 31. 259 Hagelberg / Krämer, ­GrEStG (1928), § 23 Rn. 2; Ott, ­GrEStG (1923), § 23 Rn. 3. 258

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung  1. wenn die Aufhebung durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet; 2. wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. (2) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird auf Antrag sowohl die Steuer für den Rückerwerb als auch die Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang nicht erhoben oder erstattet, 1. wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet; 2. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist; 3. wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.

Aufgrund der primären Anknüpfung des § 1 G ­ rEStG1940 an das schuldrecht­liche Verpflichtungsgeschäft, bezog sich § 17 Abs. 1 G ­ rEStG1940 auf Fälle, in denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (oder die Auflassung) noch nicht zur Eigentumsübertragung geführt hat. Abs. 2 enthielt entsprechende Regelungen für die Fälle, in denen das Eigentum an dem Grundstück auf den Erwerber bereits übergegangen war und dieser Eigentumsübergang rückabgewickelt wurde. Neu im Vergleich zur Vorgängerreglung war die Nichterhebung oder -erstattung der Steuer, wenn ein Erwerbsvorgang durch Ausübung eines Wiederkaufsrechts rückgängig gemacht wurde, § 17 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 ­GrEStG1940. Diese Variante der Rückgängigmachung wurde wegen der Vergleichbarkeit zur Aufhebung durch Vereinbarung bzw. Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts neu aufgenommen, da allen dort genannten Fällen gemeinsam ist, dass die Aufhebung des Rechtsgeschäfts von dem Ermessen der Beteiligten abhängt.260 Weiterhin wurde die bisherige Ungleichbehandlung261 dergestalt, dass die freiwillige Rückgängig­ rEStG1919 nicht fristgebunden, der freiwillige machung in § 23 Abs. 1 lit. b) Nr. 2 G Rückerwerb in § 23 Abs. 1 lit.  a)  Nr. 3 ­GrEStG1919 hingegen fristgebunden war, beseitigt. Nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG1940 waren nunmehr die Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs und der Rückerwerb des Eigentums jeweils fristgebunden. Daneben wurde der Wortlaut des § 23 Abs. 1 lit. a) Nr. 2 und lit. b) Nr. 3 ­GrEStG1919 klarstellend modifiziert. Die „Rückgängigmachung infolge Nichterfüllung der Vertragsbedingungen“ sollte fortan nur erfüllt sein, wenn den Beteiligten bei Nichteinhaltung der Vertragsbedingungen ein gesetzliches oder vertraglich vereinbartes Recht zusteht, das sie dazu berechtigte, das Rechtsgeschäft

260 261

Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (411, linke Spalte). Ausführlicher Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (411, linke Spalte).

B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs

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gegen den Willen des anderen Beteiligten rückabzuwickeln; nicht ausreichend war die freiwillige Aufhebung bei Nichteinhaltung von Vertragsbedingungen262. Schließlich wurde die Steuererstattung für Fälle, in denen ein nichtiges schuldrechtliches Rechtsgeschäft vorliegt und noch keine Übertragung stattgefunden hat (§ 23 Abs. 1 lit. b) Nr. 1 ­GrEStG1919), gestrichen. Begründung war, dass ein nichtiges schuldrechtliches Rechtsgeschäft keinen Erwerbsvorgang darstellt.263 Um dem bürgerlich-rechtlichen Abstraktionsprinzip in Fällen, in denen trotz nichtigem Verpflichtungsgeschäft eine rechtswirksame Grundstücksübereignung erfolgte, gerecht zu werden, wurde § 17 Abs. 2 Nr. 2 G ­ rEStG1940 eingefügt. Ohne diese Regelung wäre die gesetzlich verpflichtende Rückauflassung ein weiterer selbständiger ­ rEStG1919 steuerbarer Erwerbsvorgang.264 Daneben wurde § 23 Abs. 1 lit. b) Nr. 4 G ersatzlos gestrichen. Nach der neu eingeführten Regelung des § 17 Abs. 4 ­GrEStG1940 müssen Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2 ­GrEStG oder § 1 Abs. 3 ­GrEStG zukünftig ordnungsgemäß angezeigt worden sein. Diese Einschränkung erachtete der Gesetzgeber als geboten, weil solche Vorgänge zur Vermeidung von Steuerumgehungen regelmäßig im Verborgenen blieben. Insoweit sollten keine Anreize für Steuerumgehungen geschaffen werden, indem die Beteiligten ein Umgehungsgeschäft steuerneutral wieder aufhoben, sobald die Steuerbehörde das Geschäft doch erfasste265. Gemäß der Gesetzesbegründung war gesetzgeberisches Ziel des § 17 ­GrEStG1940 an einer Grunderwerbsbesteuerung aus Billigkeitsgründen dann nicht mehr festzuhalten, wenn der Grundstücksumsatz nicht zustande kam oder aus besonderen Gründen wieder rückgängig gemacht wurde266, (bezogen auf letzteres) im Ergebnis also der alte Rechtszustand aus Rechtsgründen wiederhergestellt wurde.267 e) §  16 ­GrEStG1983 §  17 ­GrEStG1940 wurde mit Ausnahme einer Ergänzung vollständig in § 16 ­GrEStG des neuen G ­ rEStG vom 17. Dezember 1983268 übernommen269. Jene Er­ rEStG1940. Diese Vorschrift gänzung betraf die Regelung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 G wurde in § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG1983 um einen Satz 2 ergänzt und lautet seither: 262

Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (411, rechte Spalte) durch die Einfügung „und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird“. 263 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (411, rechte Spalte). 264 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (412, linke Spalte). 265 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (412, linke Spalte). 266 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (410, rechte Spalte). 267 Siehe ab S. 53. 268 BGBl. I 1982, S. 1777. 269 BT Drs. 9/251 vom 19.3.1981, S. 20; Padberg, Das neue Grunderwerbsteuergesetz (1983), S. 323.

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§ 2 Systematische Bezüge der grunderwerbsteuerlichen Rückabwicklung  „Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muß innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden.“270

Maßgebend für diese Ergänzung war das Urteil des BFH vom 9. Oktober 1974271, wonach unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung272 ein Rückerwerb i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG1940 bereits vorliegen sollte, wenn innerhalb der Zweijahresfrist ein den Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks begründender Vertrag abgeschlossen wurde. Unerheblich war demgemäß, dass der dingliche Vollzug, d. h. die Auflassung und Eintragung im Grundbuch, erst zu einem späteren Zeitpunkt273 vorgesehen waren. Argumentativ stützte sich der BFH – unter Heranziehung der Parallelvorschrift des § 17 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG1940 – auf den Zweck sowie auf den Wortlaut des § 17 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG1940. Zweck des § 17 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG1940 sei, den Vertragsparteien innerhalb einer bestimmten Frist die Möglichkeit zu geben, den Erwerb unter Wegfall der Steuer rückabzuwickeln. Dieser Zweck könne am ehesten erreicht werden, wenn die Vertragsparteien die Frist sowohl im Falle des Abs. 1 Nr. 1 als auch des Abs. 2 Nr. 1 in möglichst gleicher Weise ausnutzen könnten, so dass die Eigentums-Rückübertragung innerhalb der Frist irrelevant sein müsse. Zudem werde der Begriff des Erwerbs im Grunderwerbsteuerrecht immer nur verwandt, wenn es den Vorgang deutlich machen wolle, der die Grunderwerbsteuer auslöse. In Anlehnung an die primäre Anknüpfung an Kaufverträge, sei unter Rückerwerb ein Vorgang zu verstehen, welcher die Steuer für den Rückerwerb auslöse, regelmäßig also die Aufhebung des Kaufvertrages. ­ rEStG1940 um Satz 2 sollte nach VorMit der Ergänzung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 G stellung des Gesetzgebers die Anwendbarkeit der Vorschrift wieder auf Fälle beschränkt werden, in denen ein Grundstücksumsatz innerhalb angemessener Zeit (vollständig) rückgängig gemacht wird.274 Daneben wurde mit Blick auf das neue allgemeine Verfahrensrecht der AO1977 die ursprüngliche Nichterhebungs- bzw. ­ rEStG1940 in eine Vorschrift Erstattungs- und Ermäßigungsvorschrift des § 17 G über Nichtfestsetzung der Steuer bzw. Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung geändert.275

270

BT Drs. 9/251 vom 19.3.1981, S. 20. BFH, Urteil vom 9.10.1974 – II R 67/68, BFHE 114, 281. 272 BFH, Urteil vom 26.11.1952 – II 43/52S, BFHE 57, 41. 273 Z. B. nach Ablauf eines Leasing- oder Mietkaufvertrages. 274 BT Drs. 9/251 vom 19.3.1981, S. 20. 275 BT Drs. 9/2114 vom 22.11.1982 zu § 16 ­GrEStG: „[…]Die Regelung wird deshalb zur Erleichterung des Verfahrens, auch im Hinblick auf die Automation, so umgestaltet, daß die Erstattung oder Ermäßigung der Steuer sich als Folge einer Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung ergibt.“ 271

B. Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs

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f) Jüngste Entwicklungen des § 16 ­GrEStG Seit dem ­GrEStG1983 haben die Regelungen des § 16 Abs. 1 und 2 ­GrEStG keine wesentlichen Änderungen erfahren. Lediglich die Absätze 3–5 wurden angepasst und erweitert276. So wurde § 16 Abs. 5 durch das JStG 1997277 um den Hinweis auf den in § 1 Abs. 2a ­GrEStG neu eingeführten Erwerbsvorgang ergänzt. Daneben wurde aufgrund der BGB-Schuldrechtsmodernisierung durch Gesetz vom 26. November 2001278 die Verweisung in Abs. 3 Nr. 2 von „der §§ 459 und 460 BGB“ in „des § 437 BGB“ geändert. Durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni 2013279 wurde § 16 Abs. 5 erneut um den Tatbestand des § 1 Abs. 3a ergänzt und mit Gesetz vom 25. Juli 2014280 im Hinblick auf den Inhalt der Anzeige verschärft. g) Zusammenfassung und Telos des § 16 ­GrEStG Aus der historischen Genese wird das gesetzgeberische Ziel der Regelung des § 16 ­GrEStG deutlich. Aufgrund des Unabänderlichkeitsgrundsatzes haben nachträgliche Sachverhaltsänderungen grundsätzlich keinen Einfluss auf den einmal entstandenen Steueranspruch. An einer Grunderwerbsbesteuerung soll allerdings nicht mehr festgehalten werden, wenn der Grundstücksumsatz nicht zustande kam oder aus besonderen Gründen rückgängig gemacht, insbesondere aus Rechtsgründen der alte Rechtszustand wiederhergestellt wurde. Die Erhebung von Grunderwerbsteuer stellt in solchen Fällen eine unbillige Härte dar. Insoweit soll § 16  ­GrEStG sicherstellen, dass die mit Tatbestandsverwirklichung entstehende Steuer nur insoweit festgesetzt wird / festgesetzt bleibt, als der eigentliche Belastungsgrund des ­GrEStG bestehen bleibt.281 Irrelevant ist dabei, ob Rechtsvorgänge tatsächlich zum Eigentumsübergang führten.

276

Übersicht bei Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 1 ff. Vom 20.12.1996, BGBl. I 1996, S. 2049. 278 BGBl. I 2001, S. 3138. 279 BGBl. I 2013, S. 1809. 280 BGBl. I 2014, S. 1266. 281 So auch die Gesetzesbegründung zum G ­ rEStG1940, wenn auf „Wirtschaftlichen Erfolg“/ „Grundstücksumsatz“ abgestellt wird; in diese Richtung auch Bumiller, SteuK 2014, 423 (423) mit Verweis auf BFH, Urteil vom 29.9.2005 – II R 36/04, BFHE 210, 535. 277

§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht ist, beschäftigt die Finanzgerichte in regelmäßigen Abständen.1 Auch wenn sich die Urteile aufgrund der Neubekanntmachungen des G ­ rEStG auf neue Rechtsgrundlagen bezogen, blieb die Problematik der Reichweite der Rückgängigmachung dieselbe. Im Folgenden wird zunächst die derzeitige Regelung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG dargestellt. Hieran anknüpfend werden die Anforderungen, die die Rechtsprechung und das Schrifttum an das Tatbestandsmerkmal der Rückgängigmachung stellen, analysiert und bewertet, bevor die problematischen Fallkonstellationen dargestellt und einer Lösung zugeführt werden.

A. Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs I. Anwendungsbereich § 16 Abs. 1 ­GrEStG Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG können grundsätzlich sämtliche in § 1 G ­ rEStG genannten Erwerbsvorgänge, die noch zu keinem Übergang des Eigentums am Grundstück geführt haben, rückgängig gemacht werden. § 16 Abs. 1 ­GrEStG erfasst damit nur Fälle, in denen nicht durch einen weiteren Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 1 bis 3a G ­ rEStG durch den Erwerber erworbene Rechte wieder auf den Veräußerer zurückübertragen werden.2 § 1 Abs. 1 Nr. 3 ­GrEStG, der Rechtsvorgänge besteuert, bei denen sich der Eigentumsübergang unmittelbar kraft Gesetzes vollzieht oder kraft behördlichen oder gerichtlichen Ausspruchs erfolgt, kann somit nicht Gegenstand einer Rückgängig­ rEStG sein. Dies gilt gleichfalls bei den Erwerbsvormachung nach § 16 Abs. 1 G gängen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG. Hier wird im Rahmen einer Rückabwicklung nicht auf die jeweils geregelte Fiktion der Grund-stücksübereignung abgestellt3, sondern auf die Rückabwicklung der den jeweiligen Tatbestand erfüllenden Übertragung von Anteilen. Die in § 16 Abs. 1 ­GrEStG genannte Formulierung „bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist“ ist in diesem 1

Hierzu ab S. 77. Pahlke, in: ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 11; Nach Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 10 scheidet § 16 Abs. 1 G ­ rEStG für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 4 ggf. i. V. m. Abs. 3a ­GrEStG aus. 3 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 116. 2

A. Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs

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Zusammenhang daher wie folgt zu lesen: „bevor mind. 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen bzw. der Gesellschaft auf den Erwerber übergegangen oder ­ rEStG findet demgemäß keine Anwendung bei der vereinigt sind“4. § 16 Abs. 1 G Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2a, § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 (ggf. i. V. m. Abs. 3a) ­GrEStG soweit der Übertragungsanspruch erfüllt wurde, sowie des § 1 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 4 (ggf. i. V. m. Abs. 3a) ­GrEStG.5 Schließlich stellt die ­ rEStG gleichfalls Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs des § 1 Abs. 1 Nr. 7 G einen weiteren Erwerbsvorgang dar, sodass nur bei Anwendung des § 16 Abs. 2 ­GrEStG die Nichtbesteuerung des Hin- und Rückerwerbs gewährleistet ist.6

II. Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 1 ­GrEStG 1. § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt oder eine solche Festsetzung aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang durch Vereinbarung (Var. 1), durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts (Var. 2) oder eines Wiederkaufsrechts (Var. 3) innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht wird. In zeitlicher Hinsicht ist der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG eingeschränkt. Sachlicher Grund hierfür ist nach Auffassung des Gesetzgebers, dass die Beteiligten in den in Nr. 1 genannten Fällen in ihrer Disposition zur Rückabwicklung frei sind, indem sie der Rechtsänderung zustimmen oder nicht zustimmen können und daher jede Partei die steuerlichen Folgen ihres Entschlusses berücksichtigen kann.7 2. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 G ­ rEStG wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. 4

Für eine solche Lesart auch: Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 251, wonach sich die Vorschriften des G ­ rEStG ihrem Wortlaut nach auf den Grundfall des „Übergang des Eigentums“ beziehen, ohne dass hierdurch die anderen Tatbestände von der Anwendung der entsprechenden Vorschrift ausgeschlossen sein soll. 5 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 270, 274; a. A. Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 116. 6 Im Ergebnis auch Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 10. 7 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (411, linke Spalte), kritisch hierzu Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 37.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Die Rückgängigmachung muss demnach auf einem Rechtsanspruch beruhen, der einseitig und gegen den Willen der am Grundstücksgeschäft anderen beteiligten Vertragspartei durchsetzbar ist und aus der Nichterfüllung der Vertrags­bedingungen folgt.8 „Vertragsbedingungen“ meint rechtswirksame9 Vertragsbestimmungen im Sinne vertraglicher Haupt- und Nebenleistungspflichten des den § 1 ­GrEStG erfüllenden Rechtsgeschäfts.10 Die Nichterfüllung der Vertragsbedingungen stützt sich regelmäßig auf die allgemeinen Tatbestände der Leistungsstörung des allgemeinen Schuldrechts, wie Verzug, Unmöglichkeit und Wegfall der Geschäftsgrundlage11. Eine zeitliche Beschränkung sieht Nr. 2 nicht vor. Dies resultiert aus der Erwägung des Gesetzgebers, dass die Verwirklichung der Rechtsansprüche aufgrund Nichterfüllung von Vertragsbedingungen, die ihrerseits nur innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen geltend gemacht werden können, bei zweifelhafter Rechtslage aufgrund längerer Rechtsstreitigkeiten von unterschiedlicher Dauer sein kann.12 3. Abgrenzung § 16 Abs. 1 Nr. 1 von Nr. 2 ­GrEStG Die in § 16 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG vorgesehene zeitliche Beschränkung wurde nach der früheren Rechtsprechung des BFH unter Heranziehung der Regierungsbegründung zum ­GrEStG1940 begründet. Demgemäß bezieht sich Nr. 1 auf Fälle, in denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft aufgrund freien Entschlusses d. h. einvernehmlich aufgehoben wird, während Nr. 2 einen Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung derart verlangt, dass dieser einseitig und gegen den Willen des anderen am Grundstücksgeschäft Beteiligten durchsetzbar ist und diese Rückgängigmachung auf der Ausübung dieses Rechts beruht.13 Der BFH erkannte mit Urteil vom 18. November 2009, dass die Ausübung eines vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrechts jedoch gleichfalls einseitig und unter Umständen gegen den Willen des Vertragspartners erfolgen kann.14 Daher liege ein Fall der Nr. 1 in Abgrenzung zu Nr. 2 nur dann vor, wenn die Rückgängigmachung von jedem der Beteiligten jederzeit von Anfang an hätte herbeigeführt werden können, während Nr. 2 erst vorliege, wenn die Möglichkeit zur Rückgängigmachung nur für einen der Beteiligten und auch erst aufgrund nachträglich eingetretener Umstände entsteht15. Somit könne auch bei Ausübung vertraglich 8

BFH, Urteil vom 8.6.1988 – II R 90/86, BFH NV 1989, 728. BFH, Beschluss vom 2.8.2013 – II B 111/12, BFH / N V 2014, 383. 10 Schmitz, Grunderwerbsteuerrecht in der Vertragspraxis (2004) Rn. 472. 11 Ausführlich Koppermann, in: Behrens / Wachter ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 95. 12 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (411, linke Spalte). 13 BFH, Urteil vom 8.6.1988 – II R 90/86, BFH NV 1989, 728. 14 BFH, Urteil vom 18.11.2009 – II R 11/08, BFHE 226, 552. 15 BFH, Urteil vom 18.11.2009 – II R 11/08, BFHE 226, 552; in Übereinstimmung mit Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 37. 9

B. Rechtsbegriff „Rückgängigmachung“

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vorbehaltener Rücktrittsrechte oder Wiederkaufsrechte § 16 Abs. 1 Nr. 2 G ­ rEStG vorliegen, wenn die Ausübung dieser Rechte an den Eintritt bestimmter, von Anfang an nicht vorhersehbarer (ungewisser) und vom Berechtigten nicht beeinflussbarer Ereignisse geknüpft ist.

III. Rechtsfolge Liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 G ­ rEStG vor, wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben. Mit Tatbestandsverwirklichung des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG entsteht ein selbständiger Anspruch i. S. d. § 37 Abs. 1 AO, der den ursprünglichen Steueranspruch unberührt lässt, d. h. nicht zum Erlöschen des ursprünglichen Steueranspruchs führt.16

B. Rechtsbegriff „Rückgängigmachung“ Das ­GrEStG definiert das Tatbestandsmerkmal der Rückgängigmachung nicht. Die Finanzrechtsprechung hat daher Elemente entwickelt, die sie bei der Würdigung eines Sachverhalts als Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs üblicherweise heranzieht.17

I. Tatbestandselemente der Rückgängigmachung Die von der Rechtsprechung entwickelten Tatbestandselemente der Rückgängigmachung sind im Kern durch folgende drei kumulativ zu erfüllende Kriterien gekennzeichnet: (1) zivilrechtliche Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs im Sinne einer zivilrechtlichen Aufhebung des dem Erwerbsvorgang zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts; (2) vollständige / wirtschaftliche Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs im Sinne einer umfassenden Rückgängigmachung durch Rückgewähr der empfangenen Leistungen; (3) tatsächliche Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs im Sinne einer echten Beseitigung der wirtschaftlichen Ergebnisse des Erwerbsvorgangs.

16

BFH, Beschluss vom 17.4.2002 – II B 120/00, BFH / N V 2002, 1170; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 12. 17 Zur rechtstheoretischen Begründung der Tatbestandselemente i.R.d. Zweiterwerbsfälle, siehe ab S. 142.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

1. Zivilrechtliche Rückgängigmachung Die finanzgerichtliche Rechtsprechung verlangt, dass das den Steuertatbestand erfüllende Rechtsgeschäft zivilrechtlich wirksam aufgehoben oder durch einseitige Erklärung vernichtet wird18, dessen nur „wirtschaftliche“ Aufhebung genügt wegen der grunderwerbsteuerlichen Anknüpfung an Vorgänge des Rechtsverkehrs nicht.19 Wird der Übereignungsanspruch rechtlich nicht beseitigt, bleiben andernfalls Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsbeteiligten von grunderwerbsteuerlicher Relevanz bestehen.20 Bei der echten Vertragsübernahme und dem echten Vertragsbeitritt21 soll keine zivilrechtliche Rückgängigmachung vorliegen, da sie zu keiner rechtlichen Aufhebung von Vertragspflichten führt22. So folgt bei der echten Vertragsübernahme der neue Vertragspartner vielmehr in die gesamte vertragliche Rechtsposition des Ersterwerbers durch Übertragung des ganzen Schuldverhältnisses nach.23. Es findet auf der Grundlage eines einheitlichen dreiseitigen Rechtsgeschäfts ein Subjektwechsel im Rahmen eines im Übrigen kontinuierlich fortbestehenden Vertrages statt.24 Das Schuldverhältnis als Gesamtheit von Rechten und Pflichten wird zwischen den neuen Vertragspartnern fortgesetzt.25 In der Person des Dritten entsteht das Schuldverhältnis nicht neu und originär.26 Die Übereignungspflicht besteht daher fort. Ebendies gilt auch beim echten Vertragsbeitritt, bei dem ein Zweiterwerber als Ganzes in das Schuldverhältnis neben den Ersterwerber durch ein einheitliches Rechtsgeschäft eintritt.27 Ob beim Rückkauffall die Übereignungspflicht des Veräußerers rechtlich wirksam beseitigt wird, ist strittig28. Loose und Pahlke29 sind der Ansicht, dass auch der Rückkauffall das Tatbestandselement der zivilrechtlichen Rückgängigmachung erfüllt. Loose begründet dies mit einem Rückgriff auf den Wortlaut und auf den Sinn des § 16 Abs. 2 ­GrEStG, der keine bestimmte Form des Rückerwerbs vor 18

BFH, Urteil vom 16.2.2005 – II R 53/03, BFHE 209, 158. BFH, Urteil vom 8.11.1995 – II R 87/93, BFH / N V 1996, 577. 20 BFH, Urteil vom 8.11.1995 – II R 87/93, BFH / N V 1996, 577. 21 Instruktiv: Finanzministerium Baden-Württemberg: Grunderwerbsteuerliche Behandlung von Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt vom 10.8.1995, VV BW FinMin 1995-08-10 S 4543/2; grundlegend auch zur Vertragsübernahme und zum Vertragsbeitritt im Grunderwerbsteuerrecht: Hübner, BB 1994, 2044 ff. 22 BFH, Urteil vom 22.1.2003  – II R 32/01, BFHE 201, 541; FG Bremen, Urteil vom 5.2.2003 – 2 K 224/01, EFG 2003, 1403. 23 Hierzu und im Folgenden: Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), S. 183 ff., 220 f.; Hübner, BB 1994, 2044 (2045). 24 BGH, Urteil vom 20.6.1985 – IX ZR 173/84, BGHZ 95, 88. 25 BGH, Urteil vom 20.6.1985 – IX ZR 173/84, BGHZ 95, 88. 26 Gottwald, DNotZ 2006, 805 (823). Gottwald / Steer, MittBayNot 2004, 166 (166 f.). 27 Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), S. 183 ff., 220 f. 28 Dies verneinend: Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 13. 29 Hierzu und im Folgenden: Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 34; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 18. 19

B. Rechtsbegriff „Rückgängigmachung“

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schreibe. Zur Erfüllung von § 16 Abs. 2 ­GrEStG müsse der vorangegangene der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerbsvorgang zivilrechtlich nicht aufgehoben werden.30 Vielmehr sei entscheidend, dass das Eigentum wieder an den Veräußerer (zur freien Verfügung) zurück übertragen werde.31 Dieser Gedanke sei auf § 16 Abs. 1 ­GrEStG zu übertragen. Obgleich der ursprüngliche tatbestandserfüllende Übereignungsanspruch formal bestehen bleibe, werde im Rückkauffall die schuldrechtliche Verpflichtung zur Übereignung des Grundstücks durch Begründung einer gegenläufigen schuldrechtlichen Verpflichtung beseitigt. Im Ergebnis liege gleichfalls eine wirksame Aufhebung der Übereignungspflicht des Veräußerers vor. Nach Hofmann32 kann der Rückkaufvertrag nicht der Vertragsaufhebung gleichgestellt werden. Obgleich die beiderseitigen Übereignungspflichten faktisch ins Leere gingen, genüge dies nicht den Anforderungen der zivilrechtlichen Rückgängigmachung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG. Vorzugswürdig ist die Ansicht von Loose und Pahlke. Dafür spricht ein Vergleich mit dem in § 16 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 ­GrEStG genannten Wiederkaufsrecht.33 Das Wiederkaufsrecht begründet für den Veräußerer das Recht, auf Grund seiner Erklärung, über die verkaufte Sache einen Kaufvertrag mit umgekehrten Parteirollen zustande zu bringen, also die verkaufte Sache gegen Zahlung des Wiederkaufspreises zurück zu erwerben.34 Mit Abschluss des Wiederkaufsvertrags ruhen nur die Rechte aus dem ursprünglichen Kaufvertrag.35 Letzterer fällt gerade nicht weg36, sondern bildet vielmehr die Rechtsgrundlage für bereits erbrachte Leistungen und die Basis für sonstige schon entstandene Ansprüche.37 Im Rückkauffall wird ebenfalls ein Vertrag mit umgekehrten Parteirollen abgeschlossen.38 Unterschied zwischen Wiederkauf und Rückkauf ist die Wiederkaufsabrede39, mithin ein Vorbehalt, der durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird. Die einseitige Ausübungsmöglichkeit des Wiederkäufers kann dabei allerdings nicht zu einer Ungleichbehandlung von Rückund Wiederkaufsfall führen. Dies zeigt die in § 16 Abs. 1 Nr. 1 Var.  1 ­GrEStG genannte Aufhebungsvereinbarung, die ebenfalls kein einseitiges Rechtsgeschäft darstellt. Wenn der Gesetzgeber den Wiederkauf als ausreichend für die zivilrechtliche Rückgängigmachung erachtet, muss aufgrund der bürgerlich-rechtlichen Vergleichbarkeit (insbesondere in den Wirkungen) auch der Rückkauf von 30 Ausdrücklich BFH, Urteil vom 6.12.1978 – II R 81/73, BFHE 127, 65; BFH, Urteil vom 25.10.1979 – II R 35/75, BFHE 129, 203. 31 BFH, Urteil vom 6.12.1978 – II R 81/73, BFHE 127, 65. 32 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 13. 33 So auch Behrens / Schmitt, BB 2009, 1335 (1339). 34 Erman, Erman BGB (2017), Rn. 3; Berger, in: Jauernig BGB (2018), § 456 BGB Rn. 1. 35 Grunewald, in: Erman BGB (2017), § 456 Rn. 12. 36 BGH, Urteil vom 14.01.2000 – V ZR 386/98, NJW 2000, 1332. 37 Grunewald, in: Erman BGB (2017), § 456 Rn. 12. 38 Weidenkaff, in: Palandt BGB (2020), § 456 Rn. 8. 39 Weidenkaff, in: Palandt BGB (2020), § 456 Rn. 8.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

§ 16 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG erfasst werden, da (bei Ausübung) sich hier wie dort die ursprünglichen Erfüllungspflichten jeweils umkehren, während der ursprüngliche Kaufvertrag bestehen bleibt. 2. Vollständige Rückgängigmachung Welche genauen Anforderungen an das Tatbestandselement der vollständigen Rückgängigmachung zu stellen sind, wurde und wird von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung fallgruppenbezogen beantwortet. Soweit ersichtlich, akzentuiert die finanzgerichtliche Rechtsprechung ihre Anforderungen an das Tatbestandselement der vollständigen Rückgängigmachung insbesondere danach, ob in einem zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs erneut über das Grundstück verfügt wurde (Zweiterwerbsfälle). Liegt kein Zweiterwerbsfall vor, scheinen sich die Anforderungen der finanzgerichtlichen Rechtsprechung40 zur vollständigen Rückgängigmachung zu beschränken auf das Aufheben sämtlicher Vertragspflichten und das sich im Rahmen des Möglichen so stellen, wie wenn der aufgehobene Vertrag nicht geschlossen worden wäre, sodass über die förmliche Aufhebung des Vertrags hinaus die empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind.41 In den Zweiterwerbsfällen sind hingegen die Anforderungen der Rechtsprechung an die vollständige Rückgängigmachung höher.42 3. Tatsächliche Rückgängigmachung In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur werden die Tatbestandselemente vollständige und tatsächliche Rückgängigmachung als „tatsächliche Rückgängigmachung“43 oder als „echte Rückgängigmachung“ zusammengefasst44, zuweilen auch als „wirtschaftliche Rückgängigmachung“ beschrieben.45 Eine klare Abgrenzung zwischen vollständiger und tatsächlicher Rückgängigmachung erfolgt nicht immer.46 Streng genommen muss eine Abgrenzung insoweit 40 Allerdings sind die Nicht-Zweiterwerbsfälle seltener Streitgegenstand vor den Finanzgerichten. 41 BFH, Urteil vom 10.10.1973 – II R 33/68, BFHE 111, 544, der keinen typischen Zweiterwerbsfall betraf, da der Veräußerer den Zweiterwerber bestimmte. 42 Hierzu ab S. 85. 43 BFH, Urteil vom 23.11.2006 – II R 38/05, BFH / N V 2007, 498 m. w. N.; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 61–63. 44 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 17; Bruschke, ­GrEStG (2016), S. 192. 45 Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 30; Gottwald / Behrens, G ­ rEStG (2015), § 16 Rn. 957. 46 So aber u. a. bei Gottwald / Behrens, ­GrEStG (2015), § 16 Rn. 952 und 957–969; Pahlke  / ​ Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 28 f. und 30–33.; im Ansatz auch BFH, Urteil vom 16.2.2005 – II R 53/03, BFHE 209, 158; BFH, Urteil vom 1.7.2008 – II R 36/07, BFHE 220, 555.

C. Problematische Fallkonstellationen

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erfolgen, als  – schon vom Wortsinn betrachtet  – die vollständige Rückgängigmachung den Umfang und demnach das „wie“ und die tatsächliche Rückgängig­ machung das „ob“ der Rückgängigmachung betrifft, d. h. den tatsächlichen Vollzug.47 Obgleich das Tatbestandselement der vollständigen Rückgängigmachung in dem der tatsächlichen Rückgängigmachung aufgehen mag, gilt umgekehrt: Steht nicht fest, in welchem Umfang der Erwerbsvorgang rückgängig gemacht werden muss, um den Anforderungen des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG zu genügen, mag jede getroffene Feststellung zur tatsächlichen Rückgängigmachung zwar richtig, allerdings unvollkommen sein. Streng genommen ist damit die vollständige (und nicht die tatsächliche) Rückgängigmachung das umstrittene Tatbestandselement des § 16 ­GrEStG. Die heutige finanzgerichtliche Rechtsprechung verlangt hinsichtlich der tatsächlichen Rückgängigmachung, dass die Parteien auch das wirtschaftliche Ergebnis des Erwerbsvorgangs wieder beseitigen.48 Ausreichend sei daher nicht die einvernehmlich erklärte bloße Absicht der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs, sondern maßgeblich sei ihr tatsächlicher Vollzug.49

C. Problematische Fallkonstellationen Als in der Praxis regelmäßig streitanfällig und mithin Gegenstand zahlreicher finanzgerichtlicher Verfahren waren und sind die Zweiterwerbsfälle. Hierunter reihen sich solche Fälle ein, in denen in einem zeitlichen und / oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Aufhebung eines Erwerbsvorgangs (Ersterwerb) der ursprüngliche Erwerber oder ein Dritter Einfluss auf die erneute Veräußerung (Zweiterwerb) über dasselbe Grundstück nehmen. Wegen der in diesem Zusammenhang bestehenden unbeschränkten bürgerlich-rechtlichen Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten, die bestmöglich die Nichtbesteuerung des Erst- und / oder Zweiterwerbs zum Ziel haben, stellt die Rechtsprechung erhöhte Anforderungen an die Reichweite der Rückgängigmachung (§ 3 C. I.). Zweifelhaft ist, ob diese erhöhten Anforderungen zulässig und erforderlich sind. Ungeklärt ist im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 G ­ rEStG ferner, unter welchen Voraussetzungen ein Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG rückgängig gemacht ist (§ 3 C. II.). Zudem ist finanzgerichtlich noch nicht entschieden, ob die Regelung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG eine materiell-rechtliche Rückwirkung entfaltet (§ 3 C. III.). Be 47

In Abgrenzung zur bloßen Absicht, siehe auch BFH, Beschluss vom 4.7.2001 – II B 115/00, BFH / N V 2002, 69. 48 BFH, Urteil vom 16.2.2005 – II R 53/03, BFHE 209, 158. 49 BFH, Beschluss vom 10.7.1996 – II B 139/95, BFH / N V 1997, 61; BFH, Beschluss vom 4.7.2001 – II B 115/00, BFH / N V 2002, 69; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 17 spricht von „echter Rückgängigmachung“.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

deutung erlangt diese Frage in Fällen, in denen ein dem Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG vorgelagerter Grundstückskauf oder -verkauf nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG rückgängig gemacht wird. Strittig ist insoweit, ob ein hinzuerworbenes bzw. verkauftes Grundstück nach dessen Rückgängigmachung rückwirkend – also zum Zeitpunkt der Steuerentstehung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG  – dem Gesellschaftsvermögen noch / nicht mehr50 zuzurechnen ist und es entsprechend zur Nichtfestsetzung / Aufhebung (bei Rückgängigmachung des Kaufs) bzw. zur Erstfestsetzung (bei Rückgängigmachung des Verkaufs) von Grunderwerbsteuer für den Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG kommen kann.

I. Zweiterwerbsfälle Die Häufigkeit der Zweiterwerbsfälle resultiert aus dem Umstand, durch entsprechende Vertragsgestaltungen die Nichtfestsetzung oder Aufhebung ursprünglich festgesetzter Grunderwerbsteuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang zu erreichen. 1. Abgrenzung Zweiterwerbsfälle von sonstigen Vertragsgestaltungen Zur Erreichung dieses Ziels sind zunächst Gestaltungen, in denen lediglich die aufgrund des Erwerbsvorgangs eingetretenen Rechtsfolgen eines zwischen Veräußerer (V) und Ersterwerber (E1) abgeschlossenen Kaufvertrages ganz oder teilweise auf einen Zweiterwerber (E2) übergeleitet werden, von der beabsichtigten Vertragsgestaltung, die zur Nichtfestsetzung oder Aufhebung von Grunderwerb­ rEStG führen soll, abzugrenzen. Während im Ergebnis steuer nach § 16 Abs. 1 G stets E2 das Grundstück erwirbt, liegt der wesentliche Unterschied in der Erreichung dieses Ziels. In diesem Zusammenhang sind folgende (vereinfachte) Vertragsgestaltungen möglich51: (1) Fall der Abtretung: E1 veräußert seinen durch den Kaufvertrag mit V entstandenen Übereignungsanspruchs und tritt diesen an E2 ab; (2) Fall der Vertragsübernahme oder des Vertragsbeitritts: E2 erwirbt ganz oder teilweise von E1 die durch den Vertrag zwischen V und E1 in der Person des E1 begründete vertragliche Rechtsstellung;

50 Zurechnung zum Gesellschaftsvermögen bei Rückgängigmachung des Verkaufs bzw. Nicht-Mehr-Zurechnung bei Rückgängigmachung des Kaufs. 51 Nachfolgende Darstellung in Anlehnung an: VV BW FinMin 1995-08-10 S 4543/2: Grunderwerbsteuerliche Behandlung von Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt (10. August 1995).

C. Problematische Fallkonstellationen

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(3) Fall des Zweiterwerbs: nachdem das Eigentum auf E1 übertragen wurde, veräußert E1 das Grundstück an E2 weiter; (4) Fall der Aufhebung und des anschließenden Neuabschlußes: V veräußert unter Rückabwicklung des Kaufvertrags mit E1 das Grundstück an E2 weiter. Den Gestaltungsvarianten 1 und 2 ist gemeinsam, dass die zivilrechtlichen Rechtsfolgen eines zwischen einem Veräußerer und Ersterwerber abgeschlossenen Grundstückskaufvertrages ganz oder teilweise auf einen Zweiterwerber übergeleitet werden. So behandelt Fall 1 die Abtretung nach §§ 398 ff. BGB, Fall 2 stellt die im BGB nicht explizit geregelte Rechtsfigur der Vertragsübernahme oder -beitritt dar, bei der E2 in die gesamte vertragliche Rechtsstellung des E1 nachfolgt bzw. neben E1 tritt. Fall 3 stellt in Abgrenzung zu Fall 1 den Fall der Weiterveräußerung nach Eigentumsübergang dar. In Fall 4 findet keine Überleitung von zivilrechtlichen Rechtsfolgen auf einen Zweiterwerber statt, es erfolgen vielmehr die Aufhebung des ersten Erwerbsvorgangs und ein von diesem vollständig unabhängiger Neuabschluss. Grunderwerbsteuerlich ergeben sich in den genannten Fällen folgende Rechtsfolgen: – In Fall 1 und Fall 2 liegen regelmäßig zwei grunderwerbsteuerbare (und ggf. grunderwerbsteuerpflichtige)  Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG (Ersterwerb) und § 1 Abs. 1 Nr. 5 oder Nr. 7 Alt. 1 ­GrEStG (Zweiterwerb) vor. – In Fall 3 stellen der Erst- und Zweiterwerb je für sich grunderwerbsteuerbare (und ggf. auch grunderwerbsteuerpflichtige) Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG dar. – Für Fall 4 wird unter den näheren Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 ­GrEStG die Grunderwerbsteuer für den ersten Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG nicht festgesetzt bzw. eine bereits festgesetzte Steuer wieder aufgehoben. Der Zweiterwerb wird regelmäßig nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG steuerbar (und steuerpflichtig) sein. Die genannten Fälle zeigen, dass die richtige Einordnung und Abgrenzung der Gestaltungsvarianten von hoher praktischer Relevanz ist, führt sie doch nur im Fall 4 zu dem gewünschten Ergebnis der Beseitigung grunderwerbsteuerlicher Konsequenzen unter Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG. In den Fällen 1 bis 3 löst sie hingegen weitere steuerbare Erwerbsvorgänge aus. Welcher der genannten Fälle vorliegt, erfolgt durch Abgrenzung der möglichen Vertragsgestaltungen anhand der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen nach Maßgabe der allgemeinen zivilrechtlichen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB)52. Demgemäß ist der Wortlaut der Vereinbarung zu würdigen, 52 So auch VV BW FinMin 1995-08-10 S 4543/2: Grunderwerbsteuerliche Behandlung von Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt (10. August 1995).

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der wirkliche Wille zu erforschen, indem die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände und die Entstehungsgeschichte in die Auslegung einbezogen werden53 sowie die Äußerungen der Parteien über den Inhalt des Rechtsgeschäfts sowie die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen.54 2. Schlichte, besondere und erweiterte Zweiterwerbsfälle Den von der Rechtsprechung behandelten Zweiterwerbsfällen ist gemeinsam, dass die ursprünglichen Vertragsparteien eine bürgerlich-rechtliche Aufhebung des ersten Rechtsgeschäfts und den Neuabschluss eines zweiten Rechtsgeschäfts (o.g. Fall 4) beabsichtigten. Dieses Ziel wird jedoch entweder aufgrund einer (unglücklich) gewählten Vertragsgestaltung oder nach Maßgabe der erhöhten Anforderungen der Rechtsprechung an die Rückgängigmachung bei Vorliegen eines Zweiterwerbsfalls nicht erreicht. Statt der Aufhebung des ursprünglichen Rechtsgeschäfts und dem Neuabschluss eines neuen Rechtsgeschäfts liegt dann vielmehr eine gescheiterte Rückabwicklung, d. h. ein weiterhin steuerbarer Erst-Erwerbsvorgang sowie ein weiterer steuerbarer Zweit-Erwerb vor. Die Zweiterwerbsfälle lassen sich hierbei in sog. schlichte, besondere und erweiterte Zweiterwerbsfälle kategorisieren. Schlichte Zweiterwerbsfälle erfassen Fälle, in denen in einem zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG das Grundstück durch einen weiteren Grundstückskaufvertrag zwischen Veräußerer und einem Zweiterwerber weiterveräußert wird (Grundstück als gleichbleibender Erwerbsgegenstand), mithin ein weiterer Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG tatbestandlich verwirklicht wird. Die besonderen und erweiterten Zweiterwerbsfälle erfassen Fälle einer grundstücksbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft (Gesellschaft). In den besonderen Zweiterwerbsfällen veräußert die Gesellschaft ein Gesellschaftsgrundstück an einem Ersterwerber, es wird der Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG verwirklicht. In einem zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Rückgängigmachung dieses Erwerbsvorgangs werden nunmehr Anteile an der Gesellschaft auf den Erst- und / oder Zweiterwerber weiterveräußert (divergierender Erwerbsgegenstand). Die Weiterveräußerung selbst kann dabei den Tatbestand des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG verwirklichen, muss es aber nicht (Übergang von Anteilen unterhalb der Beteiligungsquoten).

53 54

Ellenberger, in: Palandt BGB (2020), § 133 Rn. 14 ff. insbesondere 15, 16. Ellenberger, in: Palandt BGB (2020), § 133 Rn. 14 ff. insbesondere 17, 18.

C. Problematische Fallkonstellationen

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In den erweiterten Zweiterwerbsfällen werden Anteile an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft an einen Ersterwerber dergestalt veräußert, dass hierdurch der Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 ggf. i. V. m. Abs. 3a ­GrEStG verwirklicht wird. In einem zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Rückgängigmachung dieses Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 ggf. i. V. m. Abs. 3a ­GrEStG55 werden die Anteile an der Gesellschaft auf einen Zweiterwerber weiterveräußert (Anteil als gleichbleibender Erwerbsgegenstand). Insoweit kann wiederum die Weiterveräußerung selbst den Tatbestand des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG verwirklichen, muss es aber nicht. 3. Erhöhte Anforderungen an Rückgängigmachung bei Zweiterwerbsfällen Problematisch im Zusammenhang mit den Zweiterwerbsfällen sind die von der Rechtsprechung geforderten erhöhten Voraussetzungen (insbesondere) zur Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung. Grundsätzlich verlangt der BFH für die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs i. S. d. § 16 Abs. 1 ­GrEStG, dass (i) der die Grunderwerbsteuer auslösende Rechtsvorgang i. S. d. § 1 ­GrEStG zivilrechtlich beseitigt / aufgehoben wird, (ii) alle aus diesem Rechtsvorgang entstandenen Leistungsbeziehungen rückgängig gemacht werden, so dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt sowie (iii) alle sonstigen Beziehungen tatsächlicher und rechtlicher Art zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber, die von grunderwerbsteuerrechtlicher Bedeutung sind, tatsächlich beseitigt werden56. Liegt ein schlichter Zweiterwerbsfall vor, soll nach derzeitiger Rechtsprechung57 zudem maßgebend sein, dass (iv) dem Erwerber trotz der wirksamen Vertragsaufhebung im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung keine Möglichkeit der Verwertung einer aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben ist, die er (v) im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse tatsächlich verwertet hat.

55

Soweit noch keine Abtretung der Anteile erfolgt ist, zum Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 auf Erwerbsvorgänge der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG: hierzu auf S. 74. 56 Statt vieler: BFH, Urteil vom 9.3.1994 – II R 86/90, BFHE 173, 568. 57 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383; BFH, Urteil vom 28.3.2012 – II R 42/11, BFH / N V 2012, 1486.

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Hinsichtlich der besonderen Zweiterwerbsfälle sind die Anforderungen an die vollständige Rückgängigmachung noch nicht höchstrichterlich geklärt. Denkbar ist, die vom BFH entwickelten Kriterien für die schlichten Zweiterwerbsfälle entsprechend anzuwenden.58 Ein weiterer möglicher Ansatz könnte sein, mit der Verwertung einer verbliebenen Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse zudem eine grunderwerbsteuerlich relevante Änderung zu fordern59. Gleichfalls nicht finanzgerichtlich entschieden sind die Anforderungen an die vollständige Rückgängigmachung bei den erweiterten Zweiterwerbsfällen. Möglich ist auch hier die vom BFH entwickelten Kriterien für die schlichten Zweiterwerbsfällen entsprechend anzuwenden bzw. darüber hinaus eine grunderwerbsteuerlich relevante Änderung der Grundstückszuordnung zu fordern60. Zu klären gilt es daher zunächst, wie die Rechtsprechung ihre Anforderungen an die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs bei Vorliegen von (schlichten) Zweiterwerbsfällen begründet / rechtfertigt und, ob diese von der Rechtsprechung entwickelten erhöhten Anforderungen an die Rückgängigmachung zulässig, erforderlich und mit dem Normzweck des § 16 Abs. 1 ­GrEStG vereinbar sind. 4. Entwicklung der Anforderungen an vollständige Rückgängigmachung i. R. der schlichten Zweiterwerbsfälle Die Anforderungen der Rechtsprechung an die vollständige Rückgängigmachung im Zusammenhang mit den schlichten Zweiterwerbsfällen waren zeitlich chronologisch die Folgenden: a) Formlose Aufhebung bei nicht missbräuchlicher Gestaltung Nach § 23 Abs. 1 zu lit. b Nr. 2 G ­ rEStG1919 (der im Wesentlichen dem heutigen § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG entspricht) war antragsgemäß die Steuer zu erlassen oder zu erstatten, wenn der Veräußerungsvertrag61 durch Vereinbarung oder infolge Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts aufgehoben wurde. Insoweit war 58 So Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 116; so wohl auch BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 9/12, BFHE 242, 177; Besonderheit des Falles war jedoch, dass der Zweiterwerbsfall zugleich zu einer grunderwerbsteuerlich relevanten Änderung i. S. d. Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG führte. Ob gerade dieser Umstand für den BFH entscheidungserheblich war, ist unklar. Siehe auch ab S. 102. 59 Dies fordernd: FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 1.2.2016 – 3 K 130/15, EFG 2016, 743 und Joisten, DStZ 2016, 272, der sich mit vorgenanntem Urteil auseinandersetzt, sowie ab S. 103. A. A. BFH, Urteil vom 19.9.2018 – II R 10/16, BFHE 262, 465. 60 Siehe unmittelbar vorangehende Fn. 61 Also das schuldrechtliche auf Übertragung des Grundstücks gerichtete Rechtsgeschäft.

C. Problematische Fallkonstellationen

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anerkannt, dass das Finanzamt auf den Nachweis der formlosen Aufhebung eine Veranlagung unterlassen oder eine festgesetzte und entrichtete Grunderwerbsteuer erstatten sollte.62 Nur in den Fällen, in denen die Aufhebung des Veräußerungsvertrags oder der Rücktritt in der Absicht der Steuerumgehung, d. h. unter den Voraussetzungen von § 5 RAO63 erfolgte, sollte keine Nichtfestsetzung oder Erstattung der Grunderwerbsteuer erfolgen64. b) Aufheben der wirtschaftlichen Folgen / des wirtschaftlichen Ergebnisses Den bloßen Nachweis einer formlosen Aufhebung des Veräußerungsvertrags erachtete der RFH wenig später – übereinstimmend mit der Entwicklung seiner Grundsätze zur allgemeinen „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“65  – als nicht mehr ausreichend für die Anwendbarkeit des § 23 ­GrEStG1919. In einer Entscheidung des RFH vom 30. März 192666 verlangte der RFH gleichfalls das Aufheben der wirtschaftlichen Folgen aus dem Kaufvertrag. Tatbestandlich ging es um einen mit einer Gemeinde abgeschlossenen Kaufvertrag über ein Grundstück, der kurze Zeit später aufgehoben wurde. Zeitgleich mit der Aufhebung veräußerte die Gemeinde dasselbe Grundstück zu denselben Bedingungen an eine Tochtergesellschaft der Ersterwerberin. Der RFH versagte das auf § 23 Abs. 1 zu lit. b Nr. 2 ­GrEStG1919 gestützte Freistellungsbegehren67 der Ersterwerberin, weil „die festgestellten Tatsachen zeigen, daß das Ziel der Bfin. [Ersterwerberin] nicht etwa dahin ging, die wirtschaftlichen Folgen des von ihr abgeschlossenen Kaufvertrags wieder aufzuheben, sondern sie dazu zu benutzen, das Eigentum auf ihre Tochtergesellschaft zu übertragen“.68 In der Entscheidung vom 7. Februar 192869 traf der RFH ergänzende Feststellungen, inwieweit die wirtschaftlichen Folgen des Grundstückkaufvertrags aufzuheben sind und stellte unter Zugrundelegung des Normzwecks des § 23 ­GrEStG1919 fest, dass es im Wesentlichen darauf ankomme, den Anspruch auf Eigentumsübereignung zu beseitigen. Insoweit sei „Steuerfreiheit für diejenigen Fälle zu 62

Ott, ­GrEStG (1923), § 23 ­GrEStG1919 Rn. 26 m. w. N. zur Rechtsprechung; zu den Hintergründen der formlosen Aufhebung: Gudat, DStZ 1922, 86 (87); Ott, StuW 1932, 957 (990). 63 Vergleichbar mit dem heutigen § 42 AO. 64 Ott, ­GrEStG (1923), § 23 ­GrEStG1919 Rn. 26. 65 Allgemein zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise: Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 70 ff. 66 RFH, Urteil vom 30.3.1926 – II A 140/26, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 RS 21. 67 Zum Wortlaut von § 23 Abs. 1 zu b Nr. 2 ­GrEStG1919 siehe ab S. 68. 68 Streng genommen versagte er die Steuererstattung jedoch wegen der durch die Weiterveräußerung auslösenden missbräuchlichen Gestaltung nach § 5 RAO. 69 RFH, Urteil vom 7.2.1928 – II A 21/28, RFHE 23, 7 (10), der zu einem Fall zum Rückerwerb / Rückübertragung des dinglichen Eigentums aufgrund nichtiger Auflassung erging, aber genannten Ausführungen zu § 23 Abs. 1 lit. b Nr. 2 G ­ rEStG1919 enthält; siehe auch Kommentierung bei Ott, in: ­GrEStG (1936), § 23 ­GrEStG1919 Anm. 23.

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gewähren, in denen der für die Besteuerung wesentliche Vertragsinhalt, nämlich die Verpflichtung zur Grundstücksübereignung, wieder beseitigt wird, und trifft deshalb überall da zu, wo es sich um diese Beseitigung handelt“. Eine Aufhebungsvereinbarung mit Bestimmungen, wonach der Veräußerer einen Teil des bereits empfangenen Kaufpreises nicht zurückzuzahlen brauche, oder er umgekehrt neben der Rückzahlung des Preises dem Käufer noch eine besondere Vergütung zu gewähren habe, sei unschädlich. Etwas anderes gelte, wenn die aufrechterhaltenen Bestimmungen den Schluss rechtfertigen, dass nicht der alte Vertrag beseitigt werde, sondern ein selbständiger neuer Vertrag vorliege. Dem folgend konstatierte die Kommentarliteratur, dass § 23 ­GrEStG1919 nicht voraussetze, dass beide Parteien wieder so gestellt werden müssen, wie sie vor Abschluss des Geschäfts gestanden haben.70 Später hat der Gesetzgeber den von der Rechtsprechung geprägten Grundsatz der „Maßgeblichkeit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ in § 5 StAnpG1934 adaptiert71. Nach § 5 Abs. 3 StAnpG1934 waren unwirksame Rechtsgeschäfte so lange für die Besteuerung von Bedeutung, als die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts eintreten oder bestehen lassen.72 Bei der Prüfung des § 23 ­GrEStG1919 wurde dieser Grundsatz auch bei Vorliegen eines wirksamen Kaufvertrags entsprechend berücksichtigt.73 Demgemäß heißt der Leitsatz in der Entscheidung des BFH vom 12. August 1953 hinsichtlich der Aufhebung eines rechtswirksamen Kaufvertrags bei anschließendem Weiterverkauf74: „Werden grunderwerbsteuerpflichtige Rechtsvorgänge rückgängig gemacht, und wird durch einen neuen Vertrag das den aufgehobenen Rechtsvorgängen entsprechende wirtschaftliche Ergebnis aufrechterhalten, so kommt eine Nichterhebung oder Erstattung der Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 1 ­GrEStG[1940] für die vorangegangenen Rechtsvorgänge nicht in Betracht“. Entsprechend entschied der BFH – mit Verweis auf das letztgenannte Urteil – in der Entscheidung vom 1. April 196975 hinsichtlich einer Übertragung des väterlichen Hofs auf die Tochter und deren Ehemann zunächst in Miteigentum zu je 1/2 und später durch Abänderungsvertrag in gemeinschaftliches Eigentum nach ehelicher Gütergemeinschaft wie folgt: „Diese Vergünstigungsvorschrift [des § 17 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG1940] ist […] nur anwendbar, wenn der Erwerbsvorgang wirk-

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Ott, in: ­GrEStG (1936), § 23 ­GrEStG Anm. 23 zu § 23 Abs. 1 zu b Nr. 2 ­GrEStG. Ott, in: ­GrEStG (1936), § 23 ­GrEStG Anm. 3. 72 § 5 Abs. 3 StAnpG1934 entspricht im Wesentlichen dem heutigen § 41 Abs.1 AO; Ott, in: ­GrEStG (1936), § 23 ­GrEStG Anm. 3 spricht von nichtigen und aufgehobenen Rechtsgeschäften. 73 Ott, in: G ­ rEStG (1936), § 23 G ­ rEStG Anm. 3; Hartel, G ­ rEStG 1940, § 17 G ­ rEStG S. 123; Ott, StuW 1932, 957 (990). 74 BFH, Urteil vom 12.8.1953 – II 65/52 S, BFHE 57, 748 bei analoger Anwendung des § 5 Abs. 3 StAnpG. 75 BFH, Urteil vom 1.4.1969 – II 83/64, BFHE 96, 66. 71

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lich aufgehoben wird, nicht aber, wenn er zwar „aufgehoben“, das wirtschaftliche Ergebnis durch die nachfolgende Vereinbarung aber aufrechterhalten wird.“ c) Veräußerer erlangt ursprüngliche Rechtsstellung wieder In der Entscheidung vom 6. Mai 196976 erweiterte der BFH seine Anforderungen an die (vollständige) Rückgängigmachung. § 17 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG1940 betreffe im Grunde lediglich solche Fälle, in denen ein Erwerbsvorgang derart rückgängig gemacht wird, dass die Beteiligten aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden und der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Mit Verweis auf dieses Urteil stellte der BFH wenig später in der Entscheidung vom 14. Juni 197277 fest, dass ein Kaufvertrag erst i. S. d. § 17 Abs. 1 ­GrEStG1940 rückgängig gemacht ist, wenn beide Beteiligten unter effektiver Rückgewähr der gegenseitigen Leistungen aus ihren Bindungen entlassen worden sind. In dem Urteil vom 10. Oktober 197378 konkretisierte der BFH seine Anforderungen an die Rückgängigmachung dahingehend, dass ein Vertrag seinem vollen Umfang nach erst rückgängig gemacht ist, wenn die Vertragsbeteiligten sämtliche Vertragspflichten aufheben und sich im Rahmen des Möglichen so stellen, wie wenn der aufgehobene Vertrag nicht geschlossen worden wäre, also über die förmliche Aufhebung des Vertrags hinaus die etwa empfangenen Leistungen zurückgewähren. Insoweit verwies er auf § 346 Satz 1 BGB und § 5 Abs. 5 S. 1 StAnpG. Einschränkend entschied er, dass eine Fortwirkung einzelner Vertragsbedingungen unschädlich sei. Hierbei stützte er sich auf die Regelungen des § 17 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 und Var. 3 G ­ rEStG1940 zur Rückgängigmachung durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktritts- oder eines Wiederkaufsrechts. Hier könnten einzelne Vertragsbedingungen gleichfalls fortbestehen – beispielsweise aus der Vertragswirkung eines vereinbarten Reugelds (§ 353 BGB) bzw. aus der gesetzlichen Ausgestaltung des Wiederkaufs (der den vorangegangenen Kaufvertrag formal bei Bestand lässt79). Maßstab der Fortwirkung einzelner Vertragsbedingungen sei, dass keine wesentlichen Vertragsbedingungen aufrechterhalten bleiben und / oder hierdurch der Tatbestand des § 1 Abs. 2 ­GrEStG1940 erfüllt werde. Welche Vertragspflichten „wesentlich“ seien, folge aus dem Grundgedanken der Grunderwerbsbe­ rEStG unterliegen der Erwerb eines Anspruchs steuerung. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 G auf Übereignung der Grunderwerbsteuer. Bei Abtretung dieses Anspruchs an einen Dritten werde dabei der Übereignungsanspruch nicht beseitigt.80 Daher könne die 76

BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 141/64, BFHE 96, 326. BFH, Urteil vom 14.6.1972 – II R 17/71, BFHE 106, 468. 78 BFH, Urteil vom 10.10.1973 – II R 33/68, BFHE 111, 544. 79 BGH, Urteil vom 14.1.2000 – V ZR 386/98, NJW 2000, 1332. 80 Es entsteht vielmehr ein weiterer Erwerbsvorgang, § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 Var.  1 ­GrEStG. 77

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Aufhebung eines Anspruchs auf Übereignung nur dann als Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 1 G ­ rEStG1940 angesehen werden, wenn der Veräußerer nicht nur gegenüber dem Erwerber, sondern schlechthin aus seiner Übereignungspflicht entlassen werde und er wieder seine ursprüngliche Rechtsstellung erhalte. Der Veräußerer müsse wieder frei über das Grundstück verfügen können. Als Kehrseite müsse der Veräußerer einen bereits empfangenen Kaufpreis in vollem Umfang erstatten. Hinsichtlich der Pflicht zur Kaufpreisrückzahlung entschied der BFH wenig später, dass die Nichtrückzahlung des Kaufpreises unschädlich sei, wenn der Erwerber dem Veräußerer einen Teil des Kaufpreises belasse, um vom Kaufvertrag freizukommen81 oder, wenn der Veräußerer zur Rückzahlung nicht in der Lage sei.82 Unter Heranziehung der vorgenannten Urteile aus dem Jahr 1969 und 1973 kombinierte der BFH in der Entscheidung vom 6. Oktober 197683 die seither benutzten Elemente seiner „Rückgängigmachungs-Formel“, indem er bestimmte, dass eine Rückgängigmachung nur dann vorliege, wenn durch die Aufhebung des Kaufvertrages die Beteiligten derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden, dass die Verfügungsmöglichkeit nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. d) Nicht-mehr-Bestehenbleiben von Bindungen von grunderwerbsteuerlicher Bedeutung In der Entscheidung vom 4. Dezember 198584 entwickelte der BFH diese kombinierte „Rückgängigmachungs-Formel“ fort, indem er für § 16 ­GrEStG die Beseitigung der Folgen eines Grundstückskaufvertrages nur soweit verlangte, dass Bindungen von grunderwerbsteuerlicher Bedeutung nicht mehr bestehen bleiben. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine GmbH erwarb durch fünf notariell beurkundete Verträge vom 3. und 5. November 1982 von der X-GmbH fünf Appartements. Am 25. Januar 1983 erklärten die X-GmbH und die GmbH in notariell beurkundeter Form, dass sie die Kaufverträge wieder aufheben. Der Kaufpreis war noch nicht gezahlt, das Eigentum im Grundbuch war noch nicht umgeschrieben worden. Am selben Tag verkaufte die X-GmbH durch notariell beurkundeten Vertrag die fünf Appartements zum selben Preis an die allein vertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführerin der GmbH.

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BFH, Urteil vom 4.12.1985 – II R 171/84, BFHE 145, 448. BFH, Urteil vom 23.11.2006 – II R 38/05, BFH / N V 2007, 498. 83 BFH, Urteil vom 6.10.1976 – II R 131/74, BFHE 120, 557. 84 BFH, Urteil vom 4.12.1985 – II R 171/84, BFHE 145, 448. 82

C. Problematische Fallkonstellationen

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In den Entscheidungsgründen führte der BFH zunächst seine altbekannten Grundsätze an. Neu in seinen Ausführungen war die Einschränkung, dass § 16 ­GrEStG die Beseitigung der Folgen eines Grundstückskaufvertrages nur soweit verlange, dass Bindungen von grunderwerbsteuerlicher Bedeutung nicht mehr bestehen bleiben. Dies ergebe sich aus der Systematik des Gesetzes. Argumentativ stützte sich der BFH auf § 1 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 ­GrEStG, was in der Literatur zu Kontroversen führte.85 So hindere eine „Auswechselung“ des Erwerbers gegen einen Dritten die Anwendung des § 16 ­GrEStG nicht, wenn durch die Auswech­ rEStG verselung nicht zugleich ein Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 Alt. 2 G wirklicht werde, da nur in diesem Fall (notwendigerweise) grunderwerbsteuerliche Bindungen des Erwerbers fortbestünden. e) Sachlicher Zusammenhang der Rechtspositionen der Vertragsparteien In dem Urteil vom 7. Oktober 198786 ging der BFH einen Schritt weiter und entschied, dass die seitwährenden Voraussetzungen der „Nicht-mehr-Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers“ und der „Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsstellung des Veräußerers“ nicht isoliert, sondern in einem sachlichen Zusammenhang zu betrachten sei. Nur, wenn der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung deshalb nicht wiedererlange, weil trotz der formellen Aufhebung des Vertrags der Erwerber die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück behalte, stehe dies der Annahme einer (vollständigen) Rückgängigmachung des Vertrages entgegen. Für den Fall, dass rechtliche oder tatsächliche Bindungen der Vertragsbeteiligten zu einem Dritten (z. B. Darlehensgeber, Grundpfandgläubiger) die Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis des Veräußerers über das Grundstück verhindern, stehe dies der Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG nicht entgegen, da die fehlende Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis seitens des Veräußerers nicht als Folge einer unvollständigen Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges anzusehen sei. f) Verwertung einer verbliebenen Rechtsposition im eigenen Interesse Zuletzt wurde das Tatbestandselement der vollständigen Rückgängigmachung vom BFH in dem Urteil vom 19. März 200387 konturiert. Im Zusammenhang mit den Zweiterwerbsfällen sei für die Anwendung des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG ohne Bedeutung, ob und nach welcher Vorschrift der nachfolgende Erwerbsvorgang seinerseits der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen ist. Neben der sachlich zusammenhängenden „Nicht-mehr-Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers“ und der 85

Viskorf, DStR 1988, 206 (206) und Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 61 wonach systematisch richtig auf § 1 Abs. 2 ­GrEStG abzustellen sei. 86 BFH, Urteil vom 7.10.1987 – II R 123/85, BFHE 152, 193. 87 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

„Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsstellung des Veräußerers“ sei entscheidend, ob dem Ersterwerber trotz der wirksamen Vertragsaufhebung im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben ist und der Veräußerer demgemäß nicht aus seinen Bindungen entlassen war sowie der Ersterwerber die ihm verbliebene (grunderwerbsteuerrechtlich relevante) Rechtsposition im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse tatsächlich verwertet hat.88 Insoweit bedürfe es stets konkreter Feststellungen und einer Würdigung des Einzelfalls. aa) Aus rückgängig gemachten Erwerbsvorgang verbliebene Rechtsposition Als verbliebene Rechtspositionen sieht die Rechtsprechung seither jede Rechtsposition an, die der Erwerber unmittelbar aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang erworben hat.89 So insbesondere der zivilrechtlich nicht beseitigte Übereignungsanspruch90, die fortbestehende Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers ohne Löschungsbewilligung zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung sowie der fehlende Rückübergang von Besitz, Nutzung und Lastentragung auf den Veräußerer91. Die dem Ersterwerber verbliebene Rechtsposition müsse nicht der Verwertungsbefugnis i. S. d. § 1 Abs. 2 ­GrEStG vergleichbar sein.92 Unklar ist, ob eine grunderwerbsteuerrechtlich relevante Rechtsposition verblieben sein muss, und sofern dies fordernd, welche Anforderungen hieran zu stellen sind.93 bb) Tatsächliche Verwertung im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung Eine Verwertungsmöglichkeit (einer verbliebenen Rechtsposition) bejaht die finanzgerichtliche Rechtsprechung bei Einflussnahme des Ersterwerbers auf die Weiterveräußerung kraft der ihm verbliebenen Rechtsposition.94 Sie soll sich aus der Vertragsgestaltung ergeben können, wenn beispielsweise

88 Seither st. Rspr.: z. B. BFH, Urteil vom 23.8.2006 – II R 8/05, BFH / N V 2007, 273; BFH, Urteil vom 28.3.2012 – II R 42/11, BFH / N V 2012, 1486. 89 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 36. 90 So schon BFH, Urteil vom 8.11.1995 – II R 87/93, BFH / N V 1996, 577. 91 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383; so schon BFH, Beschluss vom 10.7.1996 – II B 139/95, BFH / N V 1997, 61. 92 BFH, Urteil vom 25.8.2010 – II R 35/08, BFH / N V 2010, 2301. 93 Für eine grunderwerbsteuerrechtlich relevante Rechtsposition: BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383; für eine Rechtsposition z. B. BFH, Urteil vom 23.8.2006  – II R 8/05, BFH / N V 2007, 273; BFH, Urteil vom 28.3.2012 – II R 42/11, BFH / N V 2012, 1486. 94 BFH, Urteil vom 25.8.2010  – II R 35/08, BFH / N V 2010, 2301; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 19.

C. Problematische Fallkonstellationen

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(i) Die Aufhebung des Kaufvertrags und das die Weiterveräußerung betreffende Rechtsgeschäft in einer einzigen95 oder in aufeinanderfolgenden96 Vertragsurkunden zusammengefasst sind. In diesem Fall habe der Ersterwerber die rechtliche Möglichkeit, die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags zum anschließenden Erwerb des Grundstücks durch eine von ihm ausgewählte dritte Person zu nutzen. Der Veräußerer werde dann aus seiner Übereignungsverpflichtung gegenüber dem Ersterwerber erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebun­den ist97; (ii) die Löschungsbewilligung für eine Auflassungsvormerkung in derselben Urkunde erteilt werde wie mit dem Weiterveräußerungsvertrag.98 Unklar ist, ob die tatsächliche Verwertung der Rechtsposition zu einer grunder­ werbsteuerrechtlich relevanten Neuzuordnung des Grundstücks geführt haben muss.99 cc) Eigenes (wirtschaftliches) Interesse Schließlich muss der Erwerber im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung seine verbliebene Rechtsposition im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse tatsächlich verwertet haben. Das Handeln des Erwerbers im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse soll isoliert betrachtet kein Tatbestandsmerkmal sein, das die Anwendung des § 16 ­GrEStG ausschließt. Das Vorliegen eigener (wirtschaftlicher) Interessen indiziere daher nicht den Fortbestand einer dem Erwerber verbliebenen Möglichkeit zur Verwertung des Grundstücks100. Als schädliches eigenes (wirtschaftliches) Interesse erkennt die Rechtsprechung insbesondere an: – Ausnutzung bzw. Verschaffung anderweitiger Vermögensvorteile, z. B. die Siche­ rung öffentlicher Fördermittel101;

95 BFH, Urteil vom 23.8.2006 – II R 8/05, BFH / N V 2007, 273; BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 16/12, BFHE 242, 181. 96 BFH, Urteil vom 25.4.2007 – II R 18/05, BFHE 217, 276; BFH, Urteil vom 28.3.2012 – II R 42/11, BFH / N V 2012, 1486. 97 BFH, Urteil vom 23.8.2006 – II R 8/05, BFH / N V 2007, 273; BFH, Urteil vom 25.8.2010 – II R 35/08, BFH / N V 2010, 2301. 98 BFH, Urteil vom 1.7.2008 – II R 36/07, BFHE 220, 555. 99 Dies fordernd FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 1.2.2016 – 3 K 130/15, EFG 2016, 743; a. A. BFH, Urteil vom 19.9.2018 – II R 10/16, BFHE 262, 465. 100 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 101 Angedeutet in BFH, Urteil vom 14.11.2007 – II R 1/06, BFH / N V 2008, 403, wobei ein wirtschaftlicher Erfolg oder die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit ohne Bedeutung sei, BFH, Beschluss vom 3.8.2006 – II B 170/05, BFH / N V 2007, 97.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

– Verlagern von wirtschaftlichen Folgen eines für den Ersterwerber ungünstigen Erwerbs in den betrieblichen Bereich einer Kapitalgesellschaft102. Kein für § 16 ­GrEStG schädliches Interesse soll indes vorliegen, wenn der Ersterwerber allein das Interesse hat: – eine marktübliche Provision zu erzielen103; – sich vom Vertrag zu lösen104; – Schadensersatzansprüche des Veräußerers zu vermeiden oder möglichst gering zu halten105; – dem Verlangen des Veräußerers nach Stellung eines Ersatzerwerbers nachzukom­ men106; – die mit der Nichterfüllung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen bzw. finanziellen Folgen zu vermeiden107. Legt man die entschiedenen Fälle der Rechtsprechung zugrunde, sind die Anforderungen der Rechtsprechung an das Element des schädlichen eigenen wirtschaftlichen Interesses folgende: – Hinsichtlich der Rechtssphäre / Ausrichtung des Interesses: Der Ersterwerber muss im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung ausschließlich im eigenen Interesse oder im auch eigenen Interesse handeln. Das ausschließliche Interesse eines Dritten oder des Veräußerers ist für Zwecke des § 16 ­GrEStG unschädlich. Besonderheiten hinsichtlich der ausschließlichen Interessen Dritter ergeben sich allerdings, wenn Beteiligte des Rückabwicklungs- und Zweiterwerbsfalls Kapitalgesellschaften sind. Aufgrund der Beherrschungs- und Einflussmöglichkeiten werden hier sowohl die Interessen des Alleingesellschafters, unabhängig davon, ob dieser eine natürliche oder eine juristische Person ist, als auch Interessen derjenigen Personen, die bei der Ausübung der Rechtsposition der Kapitalgesellschaft aus dem ursprünglichen Kaufvertrag gehandelt hat, der Kapitalgesellschaft zugerechnet.108

102

BFH, Urteil vom 25.4.2007 – II R 18/05, BFHE 217, 276, wobei der BFH mangels Spruchreife nicht in der Sache entschied. 103 Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen bloße Grundstücksvermittlungsgeschäfte keine Grunderwerbsteuer auslösen, da der typische Makler seine Provision (nur / schon) dafür erhält, dass der Grundstückskaufvertrag zustande kommt und er keinen Handel mit Grundstücken betreibt, wenn er nicht auf eigene Rechnung handelt, mithin nicht Zwischenerwerber ist, BFH, Urteil vom 16.12.1981 – II R 109/80, BFHE 135, 90; hierzu auch Meßbacher-Hönsch, in: ­Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 623. 104 BFH, Urteil vom 6.10.2010 – II R 31/09, BFH / N V 2011, 306. 105 BFH, Urteil vom 6.10.2010 – II R 31/09, BFH / N V 2011, 306. 106 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 107 BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 16/12, BFHE 242, 181. 108 BFH, Urteil vom 25.8.2010 – II R 35/08, BFH / N V 2010, 2301.

C. Problematische Fallkonstellationen

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– Hinsichtlich der Art und Qualität des Interesses: Jedes (ideele, rechtliche oder wirtschaftliche) Interesse, das aus der Weiterveräußerung unmittelbar (nicht schon aus der Aufhebung) resultiert, d. h. kausal zur Weiterveräußerung ist. Das Interesse muss dabei keinen unmittelbaren Bezug zum Grundstück aufweisen. g) Stellungnahme Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer vollständigen Rückgängig­ machung vorliegen, erfolgt anhand einer Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Gestaltungspotentiale könnten sich für denjenigen eröffnen, welcher o.g. Ausschlusskriterien vermeidet, indem beispielsweise die Beurkundung der Aufhebung des Ersterwerbs und die Beurkundung des Zweit­erwerbs nicht in einer Urkunde oder in aufeinanderfolgenden Urkunden, aber bspw. innerhalb von einer Woche beurkundet werden (sog. „Schamfrist“). Fraglich ist, ob der Ersterwerber in diesem Fall nach Maßgabe der gewählten Vertragsgestaltung dennoch Einfluss auf die Weiterveräußerung kraft der ihm verbliebenen Rechtsposition ausüben kann. Ggf. stellt sich die Frage, wie eine etwaige Schonfrist für die Beurkundung der Weiterveräußerung zu bemessen ist. Die Vielzahl zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten109 zeigt die Unschärfe der von der Rechtsprechung festgelegten Kriterien. Bislang unbeantwortet ist ferner, ob die von der Rechtsprechung geforderten Kriterien zur Reichweite der Rückgängigmachung nach Sinn und Zweck des § 16 ­GrEStG zulässig bzw. erforderlich sind. Dem soll im Folgenden nachgegangen werden. aa) Fortbestehender Übereignungsanspruch Soweit gefordert wird, dass ein aus dem Ersterwerb resultierender Übereignungsanspruch zivilrechtlich wirksam zu beseitigen ist, kann dem nur zugestimmt werden. Der (fortbestehende) Übereignungsanspruch ist Grundlage für den dem ­GrEStG immanenten Belastungsgrund des Grundstücksumsatzes, insbesondere weil dem Erwerber spätestens bei Erfüllung des Übereignungsanspruchs regelmäßig sämtliche Sachherrschaftsrechte übertragen werden.110 bb) Nicht (vollständig) erfüllter Kaufpreis-Rückzahlungsanspruch Ob der aufgrund der wirksamen Vertragsaufhebung entstandene KaufpreisRückzahlungsanspruch für die vollständige Rückgängigmachung erfüllt sein muss, 109 110

Gottwald / Behrens, ­GrEStG (2015), § 16 Rn. 966 mit weiteren Gestaltungsvorschlägen. Hierzu ab S. 49.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

ist zu verneinen111. Zwar spricht der Wortlaut des § 16 Abs. 1 ­GrEStG von der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs. Zieht man bspw. als Erwerbsvorgang den Kaufvertrag heran, ist naheliegend die Rückgängigmachung sämtlicher aus dem Kaufvertrag resultierenden (Käufer- und Verkäufer-) Pflichten zu fordern. Allerdings muss unter Berücksichtigung des Belastungsgrundes der Kaufpreis-Rückzahlungsanspruch ohne Relevanz für die Anwendung des § 16 ­GrEStG sein.112 In den relevanten Fällen eines rückabzuwickelnden Kaufvertrags ist zum einen besteuerungswürdig der durch den Kaufvertrag begründete Übereignungsanspruch. Die im Kaufvertrag vereinbarte Gegenleistung ist nur für die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage maßgebend und gerade nicht per se besteuerungswürdig. Weiterhin ist der Kaufpreisrückzahlungs-Anspruch weder geeignet die Veräußerungs- oder gar Verfügungsbefugnis des Veräußerers einzuschränken noch eine solche für den Erwerber zu begründen oder aufrecht zu erhalten, wenn dieser auf die Rückzahlung verzichtet. Denn der Anspruch auf Kaufpreiszahlung führt zu keiner Übertragung von Sachherrschaftsrechten, sondern dient allenfalls als Druckmittel zur Rückabwicklung des Kaufvertrags. Werden die aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang hin übertragenen Sachherrschaftsrechte i. S. d. Einwirkungsrechte zurück übertragen, müssen Höhe und / oder Zeitpunkt der vereinbarten Gegenleistung daher irrelevant sein113. Die Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 ­GrEStG bestätigt dieses Ergebnis. Danach wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder die Steuerfestsetzung geändert, wenn die Herabsetzung der Gegenleistung auf Grund des § 437 BGB (Minderung) vollzogen wird. Vollzogen ist die Minderung erst, wenn sich der Veräußerer auf Verlangen des Erwerbers mit ihr einverstanden erklärt oder dementsprechend verurteilt wird und die Beteiligten dieses Ergebnis tatsächlich eintreten lassen114, d. h. tatsächlich die Gegenleistung zurückzahlen. Da § 16 Abs. 1 ­GrEStG keine entsprechende Voraussetzung hinsichtlich der Gegenleistung normiert, kann die tatsächliche Nicht-Kaufpreisrückzahlung auch nicht tatbestandsausschließend sein.

111 Dies fordernd: BFH, Beschluss vom 10.7.1996 – II B 139/95, BFH / N V 1997, 61; ablehnend: Behrens / Schmitt, BB 2009, 1335 (1339); ablehnend unter bestimmten Voraussetzungen Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 81 m. w. N. 112 Im Ergebnis auch: Behrens / Schmitt, BB 2009, 1335 (1339). 113 In diese Richtung auch Behrens / Schmitt, BB 2009, 1335 (1339); Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 81 wonach der Grundsatz der vollständigen Rückgängigmachung der Erwerberpflichten nicht ausnahmslos gilt, bspw. sei die Nichtrückgewähr des Kaufpreises unschädlich, wenn sie auf der Zahlungsunfähigkeit des Veräußerers beruhe, mit Verweis auf BFH, Urteil vom 26.8.1992 – II R 120/89, BFHE 169, 243, der jedoch einen Fall des § 16 Abs. 3 Nr. 2 ­GrEStG betraf. 114 BFH, Urteil vom 26.8.1992 – II R 120/89, BFHE 169, 243.

C. Problematische Fallkonstellationen

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cc) Fortbestehen von Besitz, Nutzen und Lasten Allein der fehlende Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten zurück auf den Veräußerer kann unter Berücksichtigung des Belastungsgrundes der Grunderwerbsteuer gleichfalls nicht gegen das Vorliegen einer vollständigen Rückgängigmachung eingewandt werden. Belastungsgrund des G ­ rEStG ist die grunderwerbsteuerliche Neuzuordnung, mithin der Grundstücksumsatz im Sinne einer Übertragung von Herrschaftsrechten i. S. von Einwirkungsrechten. Im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2 G ­ rEStG wird die rechtliche Verwertungsbefugnis in Gestalt der Veräußerungsbefugnis auf eigene Rechnung als die umfassendste Form der wertmäßigen Substanzbeteiligung an einem Grundstück angesehen115. Wird diese Befugnis auf den Erwerber übertragen, und fällt sie im Rahmen der Rückabwicklung nur teilweise auf den Veräußerer zurück, kann eine verbleibende Verwertungsbefugnis nur schädlich sein, wenn diese selbst zu einer dem Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer entsprechenden grunderwerbsteuerlichen Neuzuordnung des Grundstücks führt. Nutzungsverhältnisse wie Miete, Pacht und Nießbrauch und mithin die Einräumung der bloßen Nutzungsbefugnis unterliegen jedoch nicht der Grunderwerbsteuer116. Insoweit kann auch die bloße Überlassung zur Nutzung und Lastentragung nicht den Übergang der Verwertungsbefugnis i. S. d. § 1 Abs. 2 ­GrEStG bewirken117. Folglich kann allein der Verbleib von Besitz, Nutzen und Lasten beim Erwerber der Rückgängigmachung nicht entgegenstehen, da insoweit keine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition beim Erwerber verbleibt. In diesem Zusammenhang überzeugt auch nicht die Entscheidung des BFH vom 24. Oktober 1990118. Der BFH entschied, dass ein Grundstückskaufvertrag mit der Verpflichtung das Grundstück weder zu belasten noch an Dritte zu veräußern sowie es nach einer bestimmten Zeit auf den Verkäufer zurück zu übertragen, tatbestandlich § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG erfülle. Nach Ansicht des 2. Senats verlange § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG nicht, dass die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis mitübertragen werden müsse, sondern sei selbst dann noch erfüllt, wenn der Grundstückserwerber wirtschaftlich gesehen eher einem Pächter oder Nießbrauchberechtigten gleichkomme. Unberücksichtigt ließ der BFH dabei, dass der Erwerber aufgrund des vertraglich vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbots vollständig in seiner rechtlichen Verwertungsbefugnis (Veräußerungsbefugnis) beschränkt wurde. Insoweit wurde dem Erwerber, unter Berücksichtigung des Belastungsgrundes der Grunderwerbsteuer, keine Herrschaftsmacht im Sinne von Einwirkungsrechten, zumindest in der Gestalt der Veräußerungsbefugnis übertragen. Dem Erwerber wurde lediglich die reine Nutzung überlassen, die wie o.g. jedoch nicht grunderwerbsteuerbar ist. In dieser besonderen Konstellation hätte der BFH

115

BFH, Urteil vom 2.12.1971 – II 136/65, BFHE 105, 165. BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360 (366). 117 BFH, Urteil vom 27.8.1975 – II R 52/70, BFHE 117, 96. 118 BFH, Urteil vom 24.10.1990 – II R 68/88, BFH / N V 1991, 624. 116

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

die Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG zumindest teleologisch reduzieren und eine Grunderwerbsteuerbarkeit verneinen müssen. dd) Fortbestehende Grundbuchpositionen Nach Ansicht der Rechtsprechung verbleibt dem Erwerber, trotz erloschenem Übereignungsanspruch, eine für § 16 ­GrEStG schädliche Rechtsposition aus dem Erwerbsvorgang, wenn zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung zugunsten des Ersterwerbers eine Auflassungsvormerkung ohne Löschungsbewilligung im Grundbuch eingetragen ist.119 Dies, weil bereits der bloße Rechtsschein einer (im Grundbuch noch nicht gelöschten) wirksamen Vormerkung geeignet sei, die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks faktisch zu beschränken.120 Die Vormerkung sichert einen obligatorischen Anspruch auf dingliche Zuordnungsänderung von Rechten an einem Grundstück im Grundbuch und ist als Sicherungsmittel eigener Art streng akzessorisch in Bezug auf den zu sichernden Anspruch (Übereignungsanspruch).121 Die dinglichen Wirkungen zeigen sich insbesondere in ihrem Schutz vor konkurrierenden Verfügungen (§§ 883 Abs. 2, 888 BGB) sowie in ihrer Rangwahrungsfunktion (§ 883 Abs. 3 BGB). Allerdings hindert die Vormerkung den Vormerkungsschuldner (Veräußerer) nicht an weiteren anspruchswidrigen Verfügungen und begründet auch keine Verfügungsbeschränkung122; sie löst keine Grundbuchsperre aus, und zwar auch nicht dahingehend, dass die Eintragung anspruchswidriger Verfügungen der Zustimmung des Vormerkungsgläubigers bedürfte.123 Sie verleiht als solche dem Vormerkungsgläubiger (Erwerber) keinerlei Herrschaftsbefugnis im Hinblick auf das von ihr betroffene Recht.124 Zudem verliert die Vormerkung wegen ihrer Akzessorietät mit dem Erlöschen des gesicherten Anspruchs ihre Wirksamkeit, wobei der Grund für den Fortfall gleichgültig ist und ohne, dass es auf die Löschung im Grundbuch ankäme.125 Mit Ausübung eines Rücktrittsrechts126 erlöschen der Übereignungsanspruch

119 BFH, Beschluss vom 10.7.1996  – II B 139/95, BFH / N V 1997, 61; BFH, Urteil vom 16.2.2005  – II R 53/03, BFHE 209, 158; zur Kritik an dem irreführenden Begriff der Auflassungsvormerkung: Pfeifer / Diehn, in: Staudinger BGB (Buch 3/§§ 925–984; Anh. zu §§ ­929–931), § 925 BGB Rn. 122. 120 BFH, Beschluss vom 10.7.1996 – II B 139/95, BFH / N V 1997, 61. 121 Herrler, in: Palandt BGB (2020), § 883 Rn. 2. 122 Herrler, in: Palandt BGB (2020), § 883 Rn. 3. 123 Kesseler, in: Staudinger BGB  (Buch 3/§§ 883–902), § 883 Rn. 236; Kohler, in: MüKo (2020), (Band 8) § 883 Rn. 49. 124 Kesseler, in: Staudinger BGB (Buch 3/§§ 883–902), § 883 Rn. 409; Assmann, Die Vormerkung, § 883 BGB (1998), S. 288, 322 f. 125 Strittig, vgl. zum Meinungsstand: Kesseler, in: Staudinger BGB (Buch 3/§§ 883–902), § 886 Rn. 66. 126 Oder jedes anderen Gestaltungsrecht, das auf bzw. zum Löschen des zu sichernden Rechtsanspruchs (Übereignungsanspruch) gerichtet ist bzw. führt.

C. Problematische Fallkonstellationen

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sowie die Vormerkung.127 Das Grundbuch wird unrichtig und der Veräußerer hat dann – auch ohne Bewilligung des vormerkungsberechtigt Eingetragenen – einen Anspruch auf Löschung der Vormerkung im Grundbuch nach § 894 BGB und §§ 22, 29 GBO128, wobei die Löschung nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt129. Daher können, was die Rechtspraxis verkennt, aus dem Fortbestand der Eintragung einer materiell nicht mehr bestehenden Auflassungsvormerkung weder Rechte hergeleitet werden noch gegenüber einem Dritterwerber irgendwelche Rechtswirkungen ausgelöst werden.130 In diesem Sinne ist jede unwirksame Vormer­kung ungeeignet die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks rechtlich zu beschränken. Insoweit kann die unwirksame und noch eingetragene Vormerkung keine für Zwecke des § 1 ­GrEStG relevante Rechtsposition darstellen, weil sie insoweit weder mittelbar noch unmittelbar zur Übertragung von Herrschaftsrechten führt. Im Übrigen ist die Vormerkung als bloßer Annex zum schuldrechtlichen Anspruch nicht selbständig übertragbar131, § 401 BGB. Ohne fortbestehenden zu sichernden Anspruch ist daher für einen etwaigen gutgläubigen Erwerb einer Vormerkung gleichfalls kein Raum.132 Besteht ein solcher Anspruch nicht fort, ist die bloße formale Auflassungsvormerkung für den Ersterwerber rechtlich wertlos133. Sie stellt insoweit auch kein grunderwerbsteuerlich relevantes Interesse an dem Grundstück dar.134 Nach alledem kann eine fortbestehende rein formale Grundbuchposition im Sinne einer unwirksamen Auflassungsvormerkung (ohne Löschungsbewilligung) der Regelung des § 16 G ­ rEStG nicht entgegenstehen, da sie insoweit keine für Zwecke des § 1 ­GrEStG maßgebliche Rechtsposition begründet. In der Entscheidung vom 4. März 1999135 erachtete der BFH fortbestehende Grundpfandrechte, die aufgrund der im Kaufvertrag zwischen Veräußerer und 127

BGH, Urteil vom 22.1.2009 – IX ZR 66/07, NJW 2009, 1414; Strittig, vgl. Kesseler, in: Staudinger BGB (Buch 3/§§ 883–902), § 886 Rn. 66; kritisch: Bohrer, DNotZ 2009, 803 ff. 128 BGH, Urteil vom 22.1.2009 – IX ZR 66/07, NJW 2009, 1414; Assmann, Die Vormerkung, § 883 BGB (1998), S. 385; Kaiser, in: Staudinger BGB (Buch 2/Übersicht §§ 346–361), § 346 Rn. 72; der Nachweis des Erlöschens der Vormerkung durch Untergang des vorgemerkten Anspruchs muss dabei grds. von dem Eigentümer gegenüber dem Grundbuchamt durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt werden, § 29 Abs. 1 GBO. 129 Es sei denn, sie verdeckt ein anderes Rechtsgeschäft, Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 23. 130 Unter der Annahme, dass der akzessorische Sicherungsanspruch in Gestalt des Über­ eignungsanspruchs erloschen ist; BGH, Urteil vom 22.1.2009 – IX ZR 66/07, NJW 2009, 1414: Die Vormerkung „löst weder außerhalb noch innerhalb des Insolvenzverfahrens Rechtswirkungen aus“. 131 Kohler, in: MüKo (2020), (Band 8) § 883 Rn. 6. 132 Kohler, in: MüKo (2020), (Band 8) § 883 Rn. 6. 133 FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 9.10.2001 – 3 K 2471/99, EFG 2002, 423. Andererseits kann die formale Auflassungsvormerkung zumindest ein faktisches Druckmittel darstellen. 134 FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 9.10.2001 – 3 K 2471/99, EFG 2002, 423. 135 BFH, Urteil vom 4.3.1999 – II R 18/97, BFH / N V 1999, 1376.

100

§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Erwerberin getroffenen Vereinbarung der Sicherung von Darlehensforderungen der Bank gegen die Erwerberin dienten, als für die Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 G ­ rEStG schädliche Rechtsposition. Als maßgebend erachtete der zweite Senat, dass der Veräußerer nicht wieder uneingeschränkt über das Grundstück verfügen und in seinem gesamten wirtschaftlichen Gehalt verwerten könne, wenn das Grundstück wegen der bestehenden Darlehensforderung im Interesse der Erwerberin an einen Dritten zwangsversteigert werde. Sind der Bank oder der Erwerberin aufgrund des fortbestehenden Grundpfandrechts grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition im Sinne einer Übertragung von Herrschaftsrechten verblieben, spricht dies gegen die vollständige Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 G ­ rEStG. Eine solche grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition könnte sich aus § 1 Abs. 2 ­GrEStG ergeben. Eine solche Rechtsmacht hatte die Bank im Urteilsfall allerdings nicht inne, obgleich sie die Möglichkeit hatte, den Grundbesitz durch Zwangsvollstreckung verwerten zu lassen und sich aus dem Versteigerungserlös wegen ihrer Forderung zu befriedigen. Denn die Befriedigung erfolgte nicht auf eigene Rechnung der Bank; die Zwangsversteigerung erfolgte für Rechnung des Schuldners. Auch stand der Bank kein Anspruch auf den über die grundpfandrechtsgesicherte Forderung hinausgehenden Verwertungserlös zu. Hingegen lagen auf Ebene der Erwerberin die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ­GrEStG vor, da ihr die Veräußerungsbefugnis der Bank (Zwangsversteigerung) insoweit zuzurechnen war. Fortbestehende Grundpfandrechte können daher grundsätzlich als grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition im Sinne einer Übertragung von Herrschaftsrechten qualifizieren. ee) Mehrere fortbestehende Rechtspositionen Ist der Übereignungsanspruch rechtswirksam erloschen, stellen etwaige Absprachen zum Kaufpreis, der bloße Verbleib von Besitz, Nutzen und Lasten beim Erwerber sowie eine (unwirksame) Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Erwerbers für Zwecke der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG unschädliche Rechtspositionen dar. Diese Rechtspositionen können nach hier vertretener Ansicht weder alternativ noch kumulativ zu einer grunderwerbsteuerlichen Neuzuordnung des Grundstücks und mithin zur Tatbestandsverwirklichung eines Erwerbsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 1 ­GrEStG führen. Ein fortbestehendes Grundpfandrecht kann hingegen eine für Zwecke des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG schädliche Rechtsposition darstellen, wenn durch die Verwertung des Grundpfandrechts die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ­GrEStG erfüllt werden.

C. Problematische Fallkonstellationen

101

ff) Verwertung einer verbliebenen Rechtsposition im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse Für den Rechtsanwender ist unklar, ob die verbliebene Rechtsposition eine solche von grunderwerbsteuerrechtlicher Relevanz sein136 muss bzw. von welcher konkreten Beschaffenheit sie sein muss. Nach der Entscheidung des BFH vom 19. März 2003 war maßgebend, ob dem Ersterwerber im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung des Grundstücks die Möglichkeit zur Verwertung einer grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Rechtsposition verblieben war.137 In Folgeentscheidungen wurde auf die Verwertung verbliebener Rechtspositionen abgestellt.138 So beispielsweise auf die fortbestehende Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers ohne Löschungsbewilligung139 oder auf den Verbleib von Besitz, Nutzen und Lasten beim Erwerber140, die (nach hier vertretener Ansicht) sogar bei kumulativem Vorliegen keine Herrschaftsrechte des Erwerbers begründet und damit nicht tatbestandsauslösend für einen Erwerbsvorgang nach § 1 G ­ rEStG ist. Unklar bleibt insoweit, unter welchen Voraussetzungen das Kriterium der Verwertung (einer verbliebenen Rechtsposition) erfüllt ist. Ausreichend könnte, was die bisherige Rechtsprechung des BFH mutmaßen lässt, jede Einflussnahme auf die Weiterveräußerung sein. Irrelevant wäre dann, ob der Zweiterwerbsfall selbst ein steuerbarer Erwerbsvorgang sein muss.141 Eine tiefergehende Stellungnahme zu dem Kriterium der Verwertung einer verbliebenen Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse ist allerdings erst möglich, wenn feststeht, was Veranlassung für die Wahl dieser finanzgerichtlichen Formel war. Hierzu bedarf es einer eingehenden Erörterung (hierzu ab S. 150). 5. Anforderungen an vollständige Rückgängigmachung i. R. der besonderen Zweiterwerbsfälle Die finanzgerichtliche Rechtsprechung ist bei den sog. besonderen Zweiterwerbsfällen142 insoweit uneinheitlich, als ungeklärt ist, ob die Grundsätze zur vollständigen Rückgängigmachung bei den schlichten Zweiterwerbsfälle i. R. d. besonderen Zweiterwerbsfälle gleichfalls anzuwenden sind. Soweit ersichtlich, existieren zu dieser Frage bislang zwei finanzgerichtliche Entscheidungen. Eine 136

Dies fordernd FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 1.2.2016 – 3 K 130/15, EFG 2016, 743; a. A. Revisionsinstanz BFH, Urteil vom 19.9.2018 – II R 10/16, BFHE 262, 465. 137 So noch BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 138 BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 16/12, BFHE 242, 181; BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 9/12, BFHE 242, 177. 139 BFH, Beschluss vom 5.10.2005 – II B 152/04, BFH / N V 2006, 127. 140 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 141 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 142 Hierzu ab S. 84.

102

§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Entscheidung des BFH vom 5. September 2013143 betrifft den Sachverhalt einer grundstücksveräußernden Personengesellschaft, deren Anteile im Anschluss an die Rückgängigmachung des Grundstückverkaufsvertrags vollständig auf die Ersterwerber- und deren Schwestergesellschaft übertragen wurden. Daneben eine Entscheidung des FG Hamburg vom 1. Februar 2016144 mit dem Sachverhalt einer grundstücksbesitzenden veräußernden Kapitalgesellschaft, deren Anteile im Anschluss an die Rückgängigmachung des Grundstückverkaufsvertrags zu 94 % auf die Muttergesellschaft der Ersterwerberin sowie zu 6 % an einen Dritten übertragen wurden. a) Wirtschaftliche Betrachtungsweise vs. grunderwerbsteuerlich bedeutsamen Änderung? aa) Wirtschaftliche Betrachtungsweise In dem der Entscheidung des BFH vom 5. September 2013145 zugrunde liegenden Fall hoben die Vertragsparteien, eine GbR als grundstücksveräußernde Gesellschaft und eine GmbH als Ersterwerberin, rückwirkend einen Grundstückskaufvertrag über ein mit einem Mietwohnhaus bebautes Grundstück wieder auf. In derselben Urkunde übertrugen die Gesellschafter der GbR stattdessen ihre Geschäftsanteile an der GbR auf die Ersterwerberin (94,5 %) sowie auf eine Schwester-GmbH (5,5 %), an deren Stammkapital beide Gesellschafter-Geschäftsführer der Ersterwerberin auch jeweils hälftig beteiligt waren. ­ rEStG erfüllt sind, Streitig war, ob die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 G wenn die Vertragsparteien eines Grundstückskaufvertrages diesen Vertrag rückwirkend aufheben und in derselben Urkunde die Gesellschafter der das Grundstück veräußernden GbR stattdessen ihre Geschäftsanteile auf die Ersterwerberin und deren Schwester-GmbH übertragen. Der BFH erachtete die Grundsätze zur vollständigen Rückgängigmachung im Rahmen der schlichten Zweiterwerbsfälle für den vorliegenden Fall eines besonderen Zweiterwerbsfalls als gleichfalls anwendbar. Maßgebend sei, ob für die frühere Erwerberin trotz der Vertragsaufhebung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben, die Veräußerin demzufolge nicht aus ihren Bindungen entlassen war und die Erwerberin diese verbliebene Rechtsposition auch tatsächlich im eigenen Interesse verwertet hat.

143

BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 9/12, BFHE 242, 177. FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 1.2.2016 – 3 K 130/15, EFG 2016, 743; a. A. Revisionsinstanz BFH, Urteil vom 19.9.2018 – II R 10/16, BFHE 262, 465. 145 BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 9/12, BFHE 242, 177. 144

C. Problematische Fallkonstellationen

103

Im Streitfall habe die Ersterwerberin aufgrund der gewählten Vertragsgestaltung (Aufhebung und Weiterveräußerung in einer Urkunde) ihre Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag benutzt, um zu bestimmen, wer die Anteile an der grundbesitzenden GbR erwerben darf. So habe die Ersterwerberin – wirtschaftlich betrachtet – den Zugriff auf das Grundstück über die Beteiligung an der GbR behalten, obgleich das Grundstück zivilrechtlich bei der GbR verblieben sei. Hierin sei eine die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG ausschließende Verwertung der Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag im eigenen wirtschaftlichen Interesse zu sehen. bb) Grunderwerbsteuerlich bedeutsame Änderung Die Steuerbarkeit der der Rückgängigmachung eines Grundstückserwerbs nachfolgenden Weiterveräußerung von Anteilen erachtete zumindest das FG Hamburg in der Entscheidung vom 1. Februar 2016146 als maßgebend. In dem streitgegenständlichen Fall schlossen eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts (Erwerberin) und eine deutsche GmbH (Veräußerin) einen Kaufvertrag über ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, bei der die Erwerberin in den bestehenden Mietvertrag eintreten sollte. Da die Vermieterin der Übernahme des Mietvertrags jedoch nicht zustimmte, hoben die Parteien den Grundstückskaufvertrag147 auf und vereinbarten in derselben Urkunde, dass stattdessen sämtliche Geschäftsanteile an der veräußernden GmbH übertragen werden sollten, und zwar zu 94 % an die Muttergesellschaft der Erwerberin und zu 6 % an eine dritte Gesellschaft. Das FG Hamburg hatte gleichfalls die streitige Frage zu entscheiden, ob die Veräußerung der Anteile an der veräußernden GmbH einer für § 16 Abs. 1 ­GrEStG schädlichen Weiterveräußerung i. S. d. Rechtsprechung des BFH gleichzustellen war. Das FG Hamburg stellte in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung zunächst fest, dass der Ersterwerberin aus dem ursprünglichen Kaufvertrag eine Rechtsposition verblieben sei, weil Aufhebung und Anteilsveräußerung in derselben Urkunde vereinbart wurden und, dass die Erwerberin diese Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse genutzt habe, da sie sich die Interessen ihrer Muttergesellschaft zurechnen lassen müsse. Jedoch lehnte das Gericht eine Gleichbehandlung mit den schlichten Zweiterwerbsfällen ab und urteilte, dass von einer Verwertung einer Rechtsposition nur gesprochen werden könne, wenn durch die Verwertung eine grunderwerbsteuerlich bedeutsame Änderung bewirkt werde. Dies sei bei der Vereinigung von weniger als § 95 % von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft vorliegend nicht der Fall, weil insoweit der Tatbestand des § 1 Abs. 2a ­GrEStG nicht erfüllt wurde.148 146

FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 1.2.2016 – 3 K 130/15, EFG 2016, 743, a. A. Revisionsinstanz BFH, Urteil vom 19.9.2018 – II R 10/16, BFHE 262, 465. 147 I. S. einer grunderwerbsteuerlichen Interpretation, § 2 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG. 148 A. A. BFH, Urteil vom 19.9.2018 – II R 10/16, BFHE 262, 465.

104

§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

b) Stellungnahme aa) Wirtschaftliche Betrachtungsweise Die Entscheidung des BFH vom 5. September 2013 wurde bislang in der Literatur eher stiefmütterlich behandelt. Eine vertiefte Auseinandersetzung in der Sache selbst erfolgte nicht, die Ausführungen der Autoren beschränkten sich überwiegend auf bloße Darstellungen.149 Teilweise erfuhr die Entscheidung Zuspruch, so erachten Mayer / Nadler150 sowie Loose151 die Entscheidung als konsequent bzw. überzeugend, weil die Ersterwerberin sich anderweitig den Zugriff auf das Grundstück gesichert habe, indem sie die Anteile an der Veräußerin erwarb. Schley stellte sich dem entgegen.152 So habe der BFH mit der Gleichstellung von Asset und Share Deal den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG über den Wortlaut hinaus weiter eingeengt. Weiterhin verstoße die vom BFH vorgenommene wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach die Ersterwerberin wirtschaftlich betrachtet den Zugriff auf das Grundstück wegen ihres mittelbaren Einflusses über die Beteiligung ­ rEStG vorherrschende Prinzip der zivilan der GbR behalten habe, gegen das im G rechtlichen Betrachtungsweise.153 Dieser Auffassung schloss sich auch Joisten an.154 Schley und Joisten ist entgegenzuhalten, dass die vom BFH vorgenommene wirtschaftliche Betrachtungsweise im Rahmen des ­GrEStG nicht per se unzulässig ist. Ansichten, welche die Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf Verkehrsteuern ablehnen, verkennen, dass für Verkehrsteuern nicht die zivilrechtliche Qualifikation des Sachverhalts allein maßgebend ist, sondern an das von den Parteien gewollte wirtschaftliche Ergebnis, das durch die zivilrechtliche Gestaltung bewirkt wird.155 Auch die Verkehrsteuern besteuern wirtschaftliche Vorgänge156 (dies zeigt insbesondere § 1 Abs. 2 ­GrEStG). Die Besonderheit der Verkehrsteuern besteht darin, dass sie im Gegensatz zu anderen Steuerarten an relativ wenige, enumerativ aufgezählte, Vorgänge anknüpfen.157 Folge ist, dass die Rechtsanwendung schneller an die Grenzen der einzelnen Steuertatbestände stößt, weil die steuerbegründenden Tatbestände sehr viel enger sind als die sehr weiten Tatbestände anderer Steuerarten, sodass bei den Verkehrsteuern für die Auslegung im Wege der wirtschaftlichen Betrachtungsweise weniger Raum bleibt 149 Halaczinsky, UVR 2014, 10; Schaflitzl, GWR 2013, 529; Gottwald, MittBayNot 2015, 1 (12). 150 Mayer / Nadler, BB 2014, 1879 (1881). 151 Loose, jurisPR-SteuerR 1/2014 Anm. 5. 152 Schley, ZfIR 2014, 389 (390). 153 Schley, ZfIR 2014, 389 (390). 154 Joisten, DStZ 2017, 202 (205). 155 BVerfG, (Nichtannahme-)Beschluss vom 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212 (214). 156 BVerfG, (Nichtannahme-)Beschluss vom 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212 (214). 157 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 327.

C. Problematische Fallkonstellationen

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als bei anderen Steuerarten.158 Aus diesen Gründen weist die Rechtsprechung im Zusammenhang mit Verkehrsteuern stets auf die Grenzen der Auslegung im Wege der wirtschaftlichen Betrachtungsweise hin.159 Allerdings ergeben sich mit der Feststellung der Zulässigkeit der Auslegung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise noch keine Grenzen oder Maßstäbe für die Rückgängigmachung selbst. Was unter „Zugriff auf das Grundstück nach wirtschaftlicher Betrachtung“ zu verstehen ist, konkretisiert der BFH in seiner Entscheidung nicht. Ob der „wirtschaftliche Zugriff“ auf das Grundstück nur deshalb (fort-)bestand, weil unmittelbar im Anschluss an die Rückabwicklung eine grunderwerbsteuerlich relevanten Änderung der Grundstückszuordnung nachfolgte, geht aus den Entscheidungsgründen nicht hervor. bb) Grunderwerbsteuerlich bedeutsame Änderung Die Entscheidung des FG Hamburg wurde von der Literatur gleichfalls nur am Rande diskutiert160. Graessner begrüßt das Urteil, weil bei einer zu fordernden Verwertung i. S. einer grunderwerbsteuerlich relevanten Änderung, Steuerpflichtige eine Option hätten, gescheiterte Immobilienübertragungen ohne Grunderwerbsteuer rückabzuwickeln und sie eine vergleichbare wirtschaftliche Lösung herbeiführen könnten.161 Detaillierter setzt sich Joisten162 mit der Entscheidung auseinander. Anhand zahlreicher Beispielsfälle analysiert er, unter welchen Voraussetzungen nach einer Rückgängigmachung eines Grundstückskaufvertrags zwischen veräußernder Personen- oder Kapitalgesellschaft und Erwerber die nachfolgende Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der Veräußerin die Anwendung des § 16 ­GrEStG verhindert. Er entwickelt einen eigenen Ansatz, wonach die bisherigen Grundsätze zu den schlichten Zweiterwerbsfällen auf die besonderen Zweiterwerbsfälle mit den folgenden zusätzlichen (kumulativ zu erfüllenden) Maßgaben anzuwenden sind: (1) der besondere Zweiterwerbsfall müsse selbst gem. § 1 Abs. 2a bis 3a ­ rEStG steuerbar sein, andernfalls verwerte der Erwerber nicht das GrundG stück (über die Fiktion der § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a ­GrEStG), sondern lediglich die Gesellschaftsanteile; (2) die Steuerbarkeit aus (1) müsse allein aus der Weiterveräußerung der rück­ abgewickelten Anteile folgen und nicht aus vor- oder nachgelagerten Anteilsveräußerungen sowie 158

Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 327. Z. B. zur Grunderwerbsteuer: BFH, Urteil vom 30.1.1968 – II 33/63, BFHE 91, 511; Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 327. 160 Graessner, NWB 2016, 2722; Müller-Horn, EFG 2016, 746; Halaczinsky, UVR 2016, 202. 161 Graessner, NWB 2016, 2722 (2725). 162 Joisten, DStZ 2017, 202 ff. 159

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

(3) dem Erwerber müsse das Grundstück nach dem Zweiterwerbsfall grunderwerbsteuerlich zuzurechnen sein. Nur in diesem Fall seien grunderwerbsteuerlich relevante Bindungen bestehen geblieben und dem Erwerber sei die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück verblieben. Ausreichend sei, wenn die Anteile ganz oder teilweise von Personen gehalten werden, deren Interessen dem Erwerber zuzurechnen sind. Joisten beschäftigt sich allerdings nicht mit der Frage, warum für die Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs nicht allein auf diesen selbst und mithin auf das ursprüngliche Verhältnis zwischen Veräußerer und Ersterwerber abzustellen ist. Insoweit setzt er sich unzureichend mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH auseinander, wonach für Zwecke des § 16 ­GrEStG ohne Bedeutung sein soll, ob und ggf. nach welcher Vorschrift der Zweiterwerbsfall grunderwerbsteuerbar ist163. Unklar ist auch in welchem Verhältnis die Voraussetzungen zu (1) und zu (3) stehen (Redundanz), wenn man berücksichtigt, dass die Steuerbarkeit des Zweiterwerbsfalls stets zur grunderwerbsteuerlichen Neu-Zuordnung des Grundstücks führt. 6. Anforderungen an vollständige Rückgängigmachung i. R. der erweiterten Zweiterwerbsfälle Ob die Grundsätze zur vollständigen Rückgängigmachung bei den schlichten / besonderen Zweiterwerbsfällen gleichfalls bei den erweiterten Zweiterwerbsfälle anzuwenden sind, ist finanzgerichtlich noch nicht entschieden. Die Literatur differenziert, soweit dieses Problem überhaupt aufgegriffen wird, nicht ausreichend. Pahlke stellt lediglich fest, dass in diesen (wohl) seltenen (erweiterten Zweiterwerbs-) Fällen, die gleichen Anforderungen an die (vollständige) Rückgängigmachung zu stellen seien, wie bei den schlichten Zweiterwerbsfällen.164 Der BFH ließ in dem Urteil vom 11. Juni 2013 (allerdings im Zusammenhang mit dem Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG) diese Frage offen: „Ob und gegebenenfalls welche weiteren Voraussetzungen an einen den Anforderungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG genügenden Anteilsrückerwerb zu stellen sind, wenn im Zusammenhang mit einer Rückübertragung von Anteilen deren Weiterübertragung an Dritte erfolgt, kann offen bleiben“, da in dem Urteil zugrundeliegenden Fall eine solche Weiterübertragung nicht erfolgt war.165 Fraglich ist auch in diesem Zusammenhang, ob es auf die Steuerbarkeit des Zweiterwerbsfalls ankommt.

163

BFH, Urteil vom 21.2.2006  – II  R 60/04, BFH NV 2006, 1700; BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 164 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 116. 165 BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419.

C. Problematische Fallkonstellationen

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II. Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 ­GrEStG Weitere problematische Fallkonstellation ist die der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 ­GrEStG. In diesen Fällen steht nicht eindeutig fest, wann die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 ­GrEStG erfüllt sind. 1. Anwendungsbereich des § 16 ­GrEStG Nach § 16 Abs. 5 ­GrEStG können Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3 ­GrEStG nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG rückabgewickelt werden. In den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 ­GrEStG fallen allerdings nur die auf Übertragung von Anteilen gerichteten Rechtsgeschäfte, die noch nicht (durch rechtswirksame Abtretung) erfüllt wurden. Hat die Übertragung bzw. Vereinigung bereits stattgefunden, ist hingegen § 16 Abs. 2 ­GrEStG anwendbar.166 2. Rückgängigmachung insoweit, als § 1 Abs. 3 ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt ist Das Urteil des BFH vom 11. Juni 2013 betraf die Rückabwicklung von zuvor sämtlich abgetretenen Geschäftsanteilen, die zu einer grunderwerbsteuerlich relevanten Anteilsvereinigung geführt hat und damit den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 G ­ rEStG. Nach Ansicht des BFH sei ­ rEStG entscheidend, ob aufgrund eines Rückerwerbs für Zwecke des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG vorausgesetzte Quantum von Anteilen das in § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 G von 95 % der Anteile unterschritten wird und damit dieser Steuertatbestand nicht (mehr) erfüllt ist.167 Der Ansicht, dass (sämtliche) Anteilsübertragungen, die zur Verwirklichung des Steuertatbestands des § 1 Abs. 3 ­GrEStG beigetragen haben, vollständig rückgängig gemacht werden müssen, wurde damit eine Absage erteilt168. Ebenso schloss sich der BFH (wohl) nicht der Auffassung an, dass das (letzte) Rechtsgeschäft, welches schließlich zur tatbestandsverwirklichenden Anteilsvereinigung führte, (vollständig) rückabgewickelt werden müsse.169

166

Hierzu ab S. 74. BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. 168 Diese Ansicht vertrat die Finanzverwaltung, vgl. BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. 169 So noch Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2011), § 16 Rn. 275; Heine, GmbHR 2001, 365 (369); mit dieser Interpretation: Behrens, BB 2013, 2341 (2341) mit Verweis auf die Entscheidungsgründe „aufgrund eines Rückerwerbs von Anteilen“; dem zustimmend: Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (48. EL), § 16 Rn. 47; nunmehr auch Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 274; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 68. 167

108

§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Fraglich ist, ob diese Grundsätze zum Rückerwerb vereinigter Anteile nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ­GrEStG auch bei einer Rückgängig­ machung nach § 16 Abs. 1 G ­ rEStG i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 G ­ rEStG gelten. Diese Frage betrifft streng genommen zwei Unterfragen: (1.) sind die Rechtsprechungsgrundsätze auf eine Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 ­GrEStG zu übertragen und (2.) gelten die Rechtsprechungsgrundsätze auch für die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr.  3 ­GrEStG. Die Antworten der Literatur zu der ersten Unterfrage beschränken sich zumeist auf allgemeine Feststellungen. Eine Differenzierung nach § 16 Abs. 1 und 2 ­GrEStG erfolgt, sofern der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 ­GrEStG überhaupt als eröffnet angesehen wird, regelmäßig nicht.170 Nach hier vertretener Ansicht ist die Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Rückgängigmachung gem. § 16 Abs. 1 ­GrEStG von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 ­GrEStG zu befürworten, da einziger Unterschied die dingliche Übertragung der Anteile ist. Auf diese Fälle wird daher nicht weiter eingegangen. Die zweite Unterfrage wird von der herrschenden Literatur – vorwiegend jedoch im Zusammenhang mit der Anwendung des § 16 Abs. 2 ­GrEStG – dahingehend beantwortet, dass die genannten Rechtsprechungsgrundsätze zugleich für die Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 ­GrEStG gelten soll.171 Allerdings könnten Zweifel hinsichtlich der Übertragbarkeit der vorstehende Grundsätze auf die Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG dahingehend bestehen, dass bei den Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG der Tatbestand gerade nicht sukzessive durch mehrere Rechtsvorgänge, sondern nur durch einen Rechtsvorgang verwirklicht werden kann. Die (vollständige) Rückgängigmachung könnte daher voraussetzen, dass das gesamte Rechtsgeschäft aufzuheben ist, so dass beispielsweise ein bloßer Rückkauf eines bestimmten Anteilsteils, der zum Unterschreiten des tatbestandsverwirklichenden Quantums von 95 % der Anteile führt, nicht ausreichend sein könnte172. Bedenken bestehen diesbezüglich auch insoweit, als bei nur teilweiser Rückgängigmachung (z. B. durch Rückkauf) das wirtschaftliche Ergebnis im Wesentlichen beibehalten wird, weil der Erwerber eines Übertragungsanspruchs von bspw. 94,9 % der Anteile die grundstücksbesitzende Gesellschaft faktisch genauso beherrscht und da-

170

Z. B. Gottwald / Behrens, G ­ rEStG (2015), § 16 Rn. 1032; Weilbach, in: Haufe Kommentar ­ rEStG (48. EL), § 16 Rn. 48; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 274; Pahlke / Franz, G ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 116; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 68; konkreter: ­Mayer / ​Nadler, BB 2014, 1879 (1882). 171 Mayer / Nadler, BB 2014, 1879 (1882); Behrens, BB 2013, 2341 (2342); Adolf, GmbHR 2013, 949 (952); Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (48. EL), § 16 Rn. 48. 172 A. A. Behrens, BB 2013, 2341 (2342); Hofmann / Hofmann, G ­ rEStG (2017), § 16 Rn. 65; Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (48. EL), § 16 Rn. 48; Mayer / Nadler, BB 2014, 1879 (1882); Adolf, GmbHR 2013, 949 (952).

C. Problematische Fallkonstellationen

109

mit gleichfalls über die Gesellschaftsgrundstücke verfügt wie derjenige, der 95 % der Anteile hält173.

III. Rückgängigmachung von Grundstücksgeschäften bei zwischenzeitlicher Anteilsvereinigung bzw. -übertragung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG (Problem der materiellen Rückwirkung) 1. Sachverhaltskonstellationen und Problemaufriss Weitere im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 G ­ rEStG problematische Fallkonstel­ lation ist Folgende: Ein von einer grundstücksbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft (Gesellschaft) getätigter Erwerbsvorgang (Grundstückskauf oder -verkauf, z. B. nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG) wird i. S. d. § 16 Abs. 1 ­GrEStG rückgängig gemacht. Im Zeitraum zwischen Tatbestandsverwirklichung des getätigten Grundstücksgeschäfts und dessen Rückgängigmachung werden Anteile an dieser Gesellschaft in einem Maße auf neue Gesellschafter übertragen, so dass ein Tatbestand des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG verwirklicht wurde. Das eigentliche Problem dieser Sachverhaltskonstellation betrifft die grunderwerbsteuerliche Zuordnung von Grundstücken zum Vermögen einer Gesellschaft. Nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG werden so viele Erwerbsvorgänge verwirklicht, wie der Gesellschaft inländische Grundstücke „gehören“.174 Unter welchen Voraussetzungen ein inländisches Grundstück dem Vermögen einer Gesellschaft grunderwerbsteuerlich zuzuordnen ist, d. h. ihr gehört, richtet sich dabei weder nach dem Zivilrecht noch nach § 39 AO; maßgebend ist vielmehr die grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung.175 Demgemäß „gehört“ ein Grundstück der Gesellschaft, wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang aufgrund eines unter § 1 Abs. 1 bis 3a ­GrEStG fallenden Erwerbsvorgangs zuzurechnen ist.176 Der die Grundstückszurechnung auslösende Erwerbsvorgang nach 1 Abs. 1 bis 3a ­GrEStG muss dabei i. S. d. § 38 AO verwirklicht worden sein, sodass die besonderen Fälle des § 14 ­GrEStG zu beachten sind; nicht ausreichend ist die Verwirklichung i. S. d. § 23 ­GrEStG.177 Erst zu diesem Zeitpunkt kann die Gesellschaft Sachherrschaft über das Grundstück ausüben.178

173

In diese Richtung, allerdings im Zusammenhang mit § 16 Abs. 2 ­GrEStG: Görgen, UVR 2013, 370 (373, 374). 174 Z. B. zu § 1 Abs. 2a G ­ rEStG: Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), § 1 Abs. 2a Rn. 761. 175 St. Rechtsprechung, z. B. BFH, Urteil vom 11.12.2014 – II R 26/12, BFHE 247, 343. 176 BFH, Urteil vom 29.9.2004 – II R 14/02, BFHE 207, 59. 177 BFH, Urteil vom 11.12.2014 – II R 26/12, BFHE 247, 343. 178 BFH, Urteil vom 25.8.2010 – II R 65/08, BFHE 231, 239.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Umgekehrt gehört ein Grundstück nicht mehr zum Vermögen der Gesellschaft, wenn es zwar noch in ihrem Eigentum steht bzw. ihr bewertungsrechtlich zuzurechnen ist, es aber vor Entstehung der Steuerschuld nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG Gegenstand eines Veräußerungsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 1 bis 3a ­GrEStG war.179 In diesen Fällen könnte die Rückgängigmachung des Grundstücksgeschäfts und mithin die nachträglich geänderte Zuordnung des Grundstücks (regelmäßig zurück zum Veräußerer) auch Auswirkungen auf die Steuerentstehung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG haben. Insoweit stellt sich die Frage nach der Reichweite der Wirkungen des § 16 Abs. 1 ­GrEStG. Grundsätzlich führt der Anspruch nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG nicht zum Erlöschen des einmal wirksam entstandenen ursprünglichen Steueranspruchs, sondern tritt vielmehr als ein weiterer (gegenläufiger) Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 37 Abs. 1 AO, selbständig neben den ursprünglichen Steueranspruch.180 Dementsprechend lässt der Anspruch aus § 16 ­GrEStG die Rechtmäßigkeit der für den ursprünglichen Erwerbsvorgang vorgenommenen Besteuerung unberührt. Er hat keine materielle Rückwirkung.181 Dies vorangestellt, kann die nachträgliche Änderung der grunderwerbsteuerlichen Zuordnung eines Grundstücks auch hinsichtlich der Steuerentstehung nach § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG grundsätzlich zu keiner nachträglichen Nichtfest­setzung oder Aufhebung bereits festgesetzter (bei Rückgängigmachung des Grundstückskaufs) bzw. zu einer nachträglichen Festsetzung (bei Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs) von Grunderwerbsteuer führen. Die Rückgängigmachung des Grundstücksgeschäfts ändert die grunderwerbsteuerliche Zuordnung des Grundstücks nicht rückwirkend, die Zuordnung der Grundstücke zum Zeitpunkt der Steuerentstehung des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bleibt vielmehr unverändert. 2. Abgrenzung zu den Fällen mit zivilrechtlicher Rückwirkung Nur in Fällen, in denen ein Grundstücksgeschäft bürgerlich-rechtlich als von Anfang an unwirksam gilt, kann sich die Zuordnung des Grundstücks rückwirkend ändern. Wird beispielsweise ein Grundstück vor Steuerentstehung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG veräußert (noch kein Übergang des Eigentums) und wird dieses Grundstücksgeschäft tatsächlich wirksam angefochten (§ 142 Abs. 1 BGB, 179

A. A. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG vom 12. November 2018, BStBl. I 2018, 1314, Tz. 3, wonach Grundstücke im Eigentum der Personengesellschaft, an denen sie einem anderen die Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 ­GrEStG eingeräumt hat, dessen ungeachtet zu ihrem Vermögen gehören; diese Auffassung steht jedoch im Widerspruch zu BFH, Urteil vom 11.12.2014  – II R 26/12, BFHE 247, 343. 180 Hierzu und nachfolgend: BFH, Urteil vom 16.1.2002  – II R 52/00, BFH / N V 2002, 1053. 181 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 12.

C. Problematische Fallkonstellationen

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§ 41 Abs. 1 S. 1 AO), soll das Grundstück zum Zeitpunkt der Steuerentstehung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG rückwirkend wieder zum Vermögen der Gesellschaft gehören.182 Folge ist, dass § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG hinsichtlich dieses Grundstücks rückwirkend verwirklicht wird und einen steuerbaren Erwerbsvorgang darstellt; es ist entsprechend Grunderwerbsteuer festzusetzen. Für den Fall des Grundstückskaufs soll umgekehrt gelten, dass ein vor Steuerentstehung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG noch nicht erfüllter Grundstückskaufvertrag, welcher nach Steuerentstehung des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG tatsächlich wirksam angefochten wird, dazu führt, dass das Erwerbsgrundstück zum Zeitpunkt der Steuerentstehung aufgrund § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG rückwirkend als nicht zum Vermögen der Gesellschaft gehörend anzusehen ist. Folglich ist Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen bzw. eine bereits festgesetzte Grunderwerbsteuer aufzuheben. Als Korrekturnorm findet § 41 Abs. 1 S. 1 AO i. V. m. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO Anwendung.183 Strittig ist, ob die Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts ohne bürgerlichrechtliche Rückwirkung, z. B. durch Aufhebungsvertrag, ebenfalls auf den Zeitpunkt eines zwischenzeitlich verwirklichten Tatbestands nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG zurückwirkt. 3. Problem der materiellen Rückwirkung von § 16 Abs. 1 ­GrEStG a) Grundsatz Wie bereits erwähnt haben Vorgänge nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG grundsätzlich keine Wirkung für die Vergangenheit und stellen daher keine rückwirkenden Ereignisse i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar184. b) Ausnahme Allerdings wollen Stimmen in der Literatur von diesem Grundsatz eine Ausnahme machen und der Regelung des § 16 ­GrEStG in o.g. Fällen materielle Rückwirkung beimessen.185 Unerheblich soll sein, dass der Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG selbst nicht rückgängig gemacht werde.186 Die Rückgängigmachung des Grundstückskaufs oder -verkaufs sei in o.g. Fällen als rückwir 182

Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 3 Rn. 974; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 149; Heine, UVR 2016, 190 (191). 183 Es fehlt an einem wirksamen Erwerbsvorgang, den § 16 Abs. 1 ­GrEStG voraussetzt; i. Ü. siehe unmittelbar vorangehende Fn.  184 Z. B. Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 1. 185 Behrens / Schmitt, UVR 2009, 51 (54 f.); Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 149 und § 16 Rn. 41; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 275. 186 Behrens / Schmitt, UVR 2009, 51 (54).

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

kendes Ereignis anzusehen187, andernfalls trete eine sachlich nicht rechtfertigbare Ungleichbehandlung von Grundstückskauf- und -verkaufsfällen ein.188 Mit der Rückgängigmachung eines Grundstücksgeschäfts nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG werde zugleich die in § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG normierte Fiktion beseitigt.189 Schließlich rechtfertige die besondere grunderwerbsteuerliche Zuordnung von Grundstücken zum Vermögen einer Gesellschaft eine solche Behandlung.190 Im Zusammenhang ­ rEStG stützt sich die Literatur zudem auf Sinn und Zweck von mit § 1 Abs. 2a G §  16 ­GrEStG.191 Heine möchte der Regelung des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG in eben genannten Fällen keine materielle Rückwirkung beimessen, lediglich den in § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG geregelten Fälle komme eine solche Wirkung zu.192 Überdies sei der Fall der Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs bei zwischenzeitlicher (wirtschaftlicher) Anteilsvereinigung oder -übertragung nach § 41 Abs. 2 und § 42 AO zu überprüfen.193 Pahlke ist der Ansicht, dass zumindest ein Erlass oder eine Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen (§ 227 AO) geboten sei.194 Der BFH hat sich mit dieser Fragestellung nur am Rande befasst.195 In einem Fall der Rückgängigmachung einer Grundstücksveräußerung aufgrund Vertrags­ rEStG bei zwischenzeitlicher Tatbestandsveraufhebung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG, bezweifelte er, ob einer Vertragsaufhebung, wirklichung nach § 1 Abs. 3 G welcher (isoliert betrachtet) keine (bürgerlich-rechtlich) rückwirkende Kraft zukomme, Rückwirkung auf den Stichtag der Entstehung der Steuer aus der Anteilsvereinigung zukommen könne.

187

Ausdrücklich zu § 1 Abs. 3 und 3a ­GrEStG: Hofmann / Hofmann, G ­ rEStG (2017), § 1 Rn 149. 188 Für § 1 Abs. 2a ­GrEStG Behrens, DStR 2009, 1611 (1617 f.); für § 1 Abs. 3 ­GrEStG Heine, GmbHR 2001, 365 (371). 189 Im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2a Heine, UVR 2001, 186 (188): „ohne Grundstück kein Grundstückserwerb“. 190 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn 98 und 149. 191 Im Zusammenhang mit § 16 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 2a ­GrEStG: Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 111. 192 Heine, UVR 2016, 190 (191): mit der Begründung, dass die bürgerlich-rechtliche Rückgängigmachung (Aufhebungsvereinbarung, Ausübung Rücktritts- oder Wiederkaufsrecht) unabhängig von dem Willen der Beteiligten, keine rückwirkende Kraft entfalte. 193 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 3. 194 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 111. 195 BFH, Beschluss vom 9.10.1985 – II B 23/85, BFH / N V 1987, 60 (61).

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

113

c) Stellungnahme Den angeführten Ansichten ist gemeinsam, dass sie einer fundierten rechts­ dogmatischen Begründung für die Rechtfertigung einer materiellen Rückwirkung des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG in den genannten Fallkonstellationen entbehren. Das SichBerufen auf die Schlagworte der Unbilligkeit oder Sachgerechtigkeit ohne tiefergehende Ausführungen bestätigen weder die Erforderlichkeit einer materiell-rechtlichen Rückwirkung von § 16 Abs. 1 G ­ rEStG in o.g. Fallkonstellationen noch sind sie per se ausreichend, um auf tiefergehende Ausführungen zu verzichten. Fraglich ist, ob § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO überhaupt als Rechtsgrundlage in genannten Fällen herangezogen werden kann. Zweifelhaft ist auch, ob ein etwaiger geforderter Billigkeitserlass in o.g. Fallkonstellationen erfolgsversprechend wäre. In rechtsdogmatischer Hinsicht könnte die materielle Rückwirkung unter ­ rEStG sowie des Sinn und Zwecks Heranziehung des Belastungsgrundes des G des § 16 ­GrEStG durch eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG auf die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG begründet werden. Für eine analoge Anwendung bedarf es aber zwingend der vorherigen Lückenfeststellung und anschließenden -ausfüllung.196 Eine dahingehende Prüfung bietet den Vorteil eines rechtsdogmatischen Unterbaus und mithin eine rechtssicherere Rechtsanwendung. Weiterer Vorteil ist, dass weder auf die unbestimmten Rechtsbegriffe des rückwirkenden Ereignisses, der Sachgerechtigkeit oder der Unbilligkeit zu rekurrieren ist, noch bedarf es damit zusammenhängend der vertieften Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und der hierzu teilweise unüberschaubaren Kasuistik aufgrund Einzelfallwürdigungen197.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen I. Bestimmung der Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung Die Bestimmung von Kriterien zur Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung i. S. d. § 16 ­GrEStG, muss zweierlei leisten: Es müssen solche Kriterien genannt werden, anhand derer der Rechtsanwender rechtssicher prüfen kann, wann eine Rückgängigmachung i. S. d. § 16 Abs. 1 G ­ rEStG tatbestandlich vorliegt. Da-

196

Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1991) S. 381–391, 401–404; Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1995) S. 202–210 und 220 f.; Völker, DStZ 1989, 235 (235). 197 Statt vieler zu § 175 AO: Loose, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161.  EL), § 175 AO z. B. Rn. 22 allgemein und Rn. 33 ff. zu diversen Fallgruppen; Rust, Das rückwirkende Ereignis im Steuerrecht (1995), passim. Zu § 227 AO und zum Begriff der Unbilligkeit sowie zu diversen Theorienstreits: von Groll, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 227 AO Rn. 110 ff.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

neben muss es begründen, warum es grunderwerbsteuerlich zulässig ist, gerade auf diese Kriterien abzustellen. In einem ersten Schritt wird geprüft, ob bereits anhand der herkömmlichen Auslegungskriterien die Reichweite der Rückgängigmachung bestimmt werden kann. Hierzu werden zunächst die von Savigny198 entwickelten, und von Jhering um das Kriterium der teleologischen Auslegung ergänzten, klassischen Auslegungskriterien, die auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung199 ihren methodischen Überlegungen zugrunde legt, angewandt200. Daneben wird das Auslegungskriterium der wirtschaftlichen Betrachtungsweise herangezogen. 1. Wörtliche Auslegung Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortsinn einer Vorschrift, der zugleich die Grenze der Auslegung bildet.201 Unter Zugrundelegung des jeweiligen Wortlauts wird der mögliche Bedeutungsgehalt der Norm anhand einer textlichen oder sprachlichen Auseinandersetzung gesucht, der einem Begriff nach dem allgemeinen oder besonderen Sprachgebrauch zukommt.202 a) Allgemeiner Sprachgebrauch Im allgemeinen Sprachgebrauch ist unter rückgängig machen zu verstehen: etwas bereits Beschlossenes oder Eingetretenes zu annullieren, für aufgehoben, ungültig erklären zu lassen203 bzw. etwas zu widerrufen, in den alten Zustand zu versetzen204. Allen genannten Definitionen fehlt es an einer hinreichenden Konkretisierung. So ist unklar, welche konkreten Anforderungen an die Annullierung, Aufhebung, Ungültig-Erklärung oder an den Widerruf zu stellen sind, bspw. ob es hierzu einer bestimmten Form bedarf. Lässt man diese Ungenauigkeit der Definitionen außen vor, weil etwa die Wirksamkeit der Aufhebungsvereinbarung

198 Diese sind die grammatische, logische, historische und systematische; zu den Wurzeln von Savigny’s Auslegungslehre siehe Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1991) S. 11–18; Goutier, StuW 1989, 18 (38–42). 199 Nachweise bei Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 251. 200 A. A. Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 55 ff., der für das Steuerrecht die vier herkömmlichen Auslegungskriterien neu bestimmen möchte (nach Wortlautauslegung, historischer und teleologisch-systematischer Auslegung). 201 Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1995), S. 141, 187; Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 340. 202 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 263. 203 Duden – Deutsches Universalwörterbuch (2016), Stichwort: rückgängig machen. 204 Wahrig-Burfeind / Krome, Brockhaus, Wahrig, Deutsches Wörterbuch (2011), Begriff „Rückgängigmachung“ S. 1248.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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zugleich im Rahmen des Tatbestandselements der zivilrechtlichen Rückgängig­ machung zu prüfen ist, erschließt sich aus der Definition dennoch nicht, ob und ggf. wie mit dem rückgängig gemachten Vorgang zusammenhängenden Bindungen, die nicht unmittelbarer Art sind, zu beseitigen sind. So wird regelmäßig mit dem notariell beurkunden Kaufvertrag zugleich eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers bewilligt und in das Grundbuch eingetragen. In diesen Fällen fragt man sich, ob „Versetzen in den alten Zustand“, der sich unmittelbar nur auf den Rechtsvorgang Kaufvertrag bezieht, auch das Versetzen des Grundbuchs in den alten Zustand voraussetzt. Das gewählte Beispiel zeigt, dass der allgemeine Sprachgebrauch zur Konkretisierung ungeeignet ist. b) Besonderer (steuerrechtlicher) Sprachgebrauch Eine weitergehende Konkretisierung bietet möglicherweise der steuerrechtliche Sprachgebrauch. Der Begriff der Rückgängigmachung findet sich ausdrücklich im Umsatzsteuerrecht, § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG. Daneben bieten das Erbschaftsteuerrecht mit § 29 ErbStG und das Bürgerliche Recht mit § 346 BGB ebenfalls Regelungen zur Rückabwicklung von Rechtsvorgängen. Denkbar ist, bei der Bestimmung der Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG an eben genannte rechtsgebietsfremde Konkretisierungen anzuknüpfen und diese zur Bestimmung der Reichweite der grunderwerbsteuerlichen Rückgängigmachung fruchtbar zu machen. aa) Umsatzsteuerliche Wertungen Anknüpfungspunkt der Umsatzsteuer ist der sog. Umsatz. In § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG wird der Begriff des Umsatzes legal definiert. Danach ist ein umsatzsteuerlicher Umsatz jede im Inland erbrachte Lieferungen und sonstige Leistungen eines Unternehmers im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt. Lieferungen und sonstige Leistungen werden unter dem Begriff der Leistungen zusammengefasst205 und haben als Begriffsmerkmale gemeinsam (1) ein willentliches Verhalten des Leistenden, (2) die Zuwendung des wirtschaftlichen Gehalts eines konkreten verkehrsfähigen Wirtschaftsgutes, dessen wirtschaftliche Bedeutung sich nicht in einer Entgeltentrichtung oder Neutralisierung einer früheren Leistung erschöpft sowie (3) die Bewirkung der Zuwendung dieses Vorteils an einen Leistungsempfänger206. Besteuerungsgegenstand des UStG sind insoweit gleichfalls tatsächliche wirtschaftliche Vorgänge207. Weiteres zentrales Merkmal des Umsatzes ist die 205

Stadie, UStG 2015, § 1 Rn. 6. Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 17 Rn. 87; Nieskens, in: Rau / Dürrwächter UStG (187. EL), § 3 Rn. 321. 207 BFH, Urteil vom 24.9.1987 – V R 152/78, BFHE 151, 90. 206

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Gegenleistung („gegen Entgelt“), welche in Rechtsprechung (und Literatur) regelmäßig als Frage nach dem Vorliegen eines Leistungsaustauschs thematisiert wird208 und voraussetzt, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht209. Die Forderung nach einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung spiegelt dabei die Konzeption der Umsatzsteuer als eine Steuer auf die Einkommensverwendung für Zwecke des privaten Verbrauchs wider; dies, weil der Einsatz von Einkommen, ohne dafür eine Leistung zu erhalten, andernfalls nicht zum Zwecke eines Verbrauchs erfolgen würde und eine solche Einkommensverwendung ohne Bezug zu einer Leistung nach dem Belastungskonzept der Umsatzsteuer nicht steuerbar wäre210. Berücksichtigt, dass die Umsatzsteuer und die Grunderwerbsteuer jeweils einen Umsatz und mithin einen wirtschaftlichen Vorgang für besteuerungswürdig erachten, ist ein Gleichlauf zwischen Grunderwerb- und Umsatzsteuer erkennbar. Daher könnten Kriterien zur Rückgängigmachung eines steuerbaren und -pflichtigen Umsatzes nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG für die Reichweite der Rückgängigmachung eines Grundstücksumsatzes nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG herangezogen werden. (1) Grundlagen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG Nach der gesetzgeberischen Intention können umsatzsteuerliche Leistungen nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht werden, soweit sie steuerpflichtig211 waren. Sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG erfüllt, entfällt – abhängig vom Zeitpunkt der Rückgängigmachung – nachträglich die Umsatzsteuer und ggf. der Vorsteuerabzug.212 § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG stellt insoweit gleichfalls eine spezialgesetzliche Ausnahme von dem Grundsatz der Unabänderlichkeit des Steueranspruchs dar.213 In den Rechtsfolgen normiert § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG eine Berichtigungspflicht der Umsatzsteuer für den ursprünglich Leistenden sowie eine Berichtigungspflicht der Vorsteuer für den Leistungsempfänger. In den Tatbestandsvoraussetzungen trifft § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG dabei nur eine knappe Aussage betreffend die Rückgängigmachung einer steuerpflichtigen Leistung. Tatbestandselemente gibt das UStG selbst nicht vor, vielmehr wird die Rückgängigmachung als ein wirtschaft-

208

BFH, Urteil vom 7.5.1981 – V R 47/76, BFHE 133, 133. BFH, Urteil vom 21.10.2015 – XI R 22/13, BFHE 251, 467. 210 Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 17 Rn. 11. 211 Grundsatz der Umsatzsteuerfreiheit der Grundstückslieferung nach § 4 Nr. 9 lit. a) UStG mit der Möglichkeit der Option auf Steuerpflichtigkeit unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG. 212 Sofern auf beiden Seiten Unternehmer i. S. des § 2 UStG beteiligt waren, § 15 Abs. 1 S. 1 UStG. 213 Fischer, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 41 AO Rn. 43. 209

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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liches Ergebnis beschrieben.214 Zur Bestimmung von Voraussetzungen bzw. von Abgrenzungskriterien für das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Rückgängigmachung existiert daher eine Bandbreite finanzgerichtlicher Rechtsprechung und Literatur.215 Die von der Rechtsprechung herausgearbeitete umsatzsteuerliche Definition der Rückgängigmachung konkretisiert hierbei Maßstab und Umfang der Rückgängigmachung, auch hinsichtlich der Frage auf wessen Beurteilung es ankommt (Sicht des Leistungsempfängers), und nennt materielle Kriterien.216 (2) Tatsächliche Rückgewähr der empfangenen Leistung i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG als Maßstab Demgemäß wird die Rückgängigmachung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG durch die folgenden Tatbestandselemente gekennzeichnet: (1) Beseitigung des der Leistung zugrunde liegenden Umsatzgeschäftes oder Berufung auf die Unwirksamkeit des Umsatzgeschäfts; (2) dadurch Entfallen der zuvor begründeten Erwartung des Leistenden auf ein Entgelt sowie (3) tatsächliche Rückgewährung der empfangenen Leistung durch den Leistungs­ empfänger in Rückabwicklung des Umsatzgeschäftes. Streitig war, ob der Leistende das empfangene Entgelt ebenfalls (tatsächlich) zurückgewähren muss.217 Stimmen in der Literatur vertraten die Ansicht, dass § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG die Rückgängigmachung des Leistungsaustauschs voraussetze und daher der Leistende das empfangene Entgelt gleichfalls tatsächlich zurückgewähren müsse.218 Eine dahingehende Auslegung gebiete der Gesetzeszweck, wonach die Bemessungsgrundlage und der Vorsteuerabzug sich nach dem tatsächlichen Aufwand des Leistungsempfängers bestimmen.219 Bei Nichtrückzahlung wäre der Leistungserbringer andernfalls auf Kosten des Leistungsempfängers in Höhe des auf den Rückzahlungsbetrag entfallenden Steuerbetrages bereichert, wenn er gleichwohl die Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt berichtigen könnte.220 Dem folgend verlangt die Rechtsprechung nunmehr, dass der Leistende für Zwecke des 214 Selbherr, Die Rückgängigmachung eines Leistungsaustauschs und die Rückleistung im Umsatzsteuerrecht (2004) S. 39. 215 Z. B. BFH, Urteil vom 12.11.2008  – XI  R 46/07, BFHE 223, 515; BFH, Urteil vom 8.9.2011 – V R 43/10, BFHE 235, 501; zur Literatur: Selbherr, Die Rückgängigmachung eines Leistungsaustauschs und die Rückleistung im Umsatzsteuerrecht (2004); Bley, Tausch und Umtausch, Rücklieferung und Rückgabe im Umsatzsteuerrecht (1987). 216 Für Lieferungen: BFH, Urteil vom 12.11.2008 – XI R 46/07, BFHE 223, 515; BFH, Urteil vom 8.9.2011 – V R 43/10, BFHE 235, 501. 217 Dies noch verneinend BFH, Urteil vom 20.8.1999 – V B 74/99, BFH NV 2000, 243. 218 Stadie, UStG 2015, § 17 Rn. 70. 219 Stadie, UStG 2015, § 17 Rn. 20 220 Stadie, UStG 2015, § 17 Rn. 20.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG das empfangene Entgelt, d. h. den ursprünglich vereinbarten Kaufpreis tatsächlich zurück gewährt.221 (3) Zulässigkeit umsatzsteuerrechtlicher Konkretisierungen Bezogen auf die umsatzsteuerliche Lieferung222 zeigen sich erste Parallelen zu § 16 Abs. 1 ­GrEStG insoweit, als die Rechtsprechung für § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG ebenfalls eine (zivilrechtliche und) tatsächliche Rückgängigmachung voraussetzt. Dem ursprünglichen Leistungserbringer muss im Rahmen der Rückabwicklung die Verfügungsmacht an dem Gegenstand tatsächlich wieder verschafft werden. Der dahinterstehende Gedanke liegt in der vorangegangenen Hin-Lieferung. Die Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG setzt als Tatbestandselemente (i) die Lieferung eines Gegenstands, (ii) das Verschaffen der Verfügungsmacht durch den Liefernden sowie (iii) das Erlangen der Verfügungsmacht durch den Lieferungsempfänger voraus.223 Verschaffen der Verfügungsmacht verlangt regelmäßig die Übertragung des (zivilrechtlichen) Eigentums224, sodass Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand unbedingt und endgültig übertragen werden müssen225 und bezeichnet einen Vorgang tatsächlicher Art226. Für Zwecke der Rückgängigmachung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG muss demgemäß der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht (im Sinne einer faktischen Herrschaftsmacht) an dem Liefergegenstand dem Leistenden tatsächlich wieder zurück gewähren. Die wirtschaftliche Substanz des Liefergegenstands muss unbedingt vom Leistungsempfänger auf den Leistenden zurück übertragen werden. Diese Forderungen folgen aus dem Grundsatz, dass die Umsatzsteuer nicht an

221

Nunmehr bejahend: BFH, Urteil vom 18.9.2008 – V R 56/06, BFHE 222, 162; BFH, Urteil vom 2.9.2010 – V R 34/09, BFHE 231, 321; BFH, Urteil vom 15.9.2011 – V R 36/09, BFHE 235, 507. 222 Nachfolgend wird nur die Lieferung konkretisiert, weil nur diese im Zusammenhang mit Erwerbsvorgängen des ­GrEStG relevant ist. 223 I. E. Nieskens, in: Rau / Dürrwächter UStG (187. EL), § 3 Rn. 348. 224 Stadie, UStG 2015, § 3 Rn. 16; Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bezieht sich der Begriff „Lieferung eines Gegenstands“ nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen; vielmehr umfasst er jede Übertragung eines Gegenstandes durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer, z. B. EuGH, Urteil vom 15.12.2005 – C-63/04, Slg 2005, I-11087–11136. Zur Abgrenzung Eigentumsübergang nach BGB und Verschaffen der Verfügungsmacht: Nieskens, in: Rau / Dürrwächter UStG (187.  EL), § 3 Rn. 470, 491. 225 Nieskens, in: Rau / Dürrwächter UStG (187. EL), § 3 Rn. 434; Martin, in: Sölch / R ingleb UStG (88. EL), § 3 UStG Rn. 70. 226 Martin, in: Sölch / R ingleb UStG (88. EL), § 3 UStG Rn. 70; Nieskens, in: Rau / Dürr­wächter UStG (187. EL), § 3 Rn. 480.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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rechtsgeschäftliche Absprachen oder Verpflichtungstatbestände227, sondern an die tatsächliche Leistungsbewirkung anknüpft.228 Dies ist wesentlicher Unterschied zum ­GrEStG. Die Grunderwerbsteuer knüpft nämlich in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG vorrangig an das Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag) an, auf eine tatsächliche Leistungsbewirkung kommt es nicht an. Aus diesem Grund könnte man die Auffassung vertreten, dass die Grunderwerbsteuer in ihrer einfachgesetzlichen Ausprägung insoweit nicht der Umsatzsteuer entspricht, als die tatbestandsverwirklichenden Anknüpfungspunkte differieren. Dann könnten bei der Auslegung des ­GrEStG umsatzsteuerliche Wertungen nicht herangezogen werden. Ein Vergleich der hinter dem UStG und dem ­GrEStG zugrundeliegenden Belastungsentscheidungen zeigt jedoch, dass eben genannte Argumentation zu kurz greift. Belastungsgrund der Umsatzsteuer ist die Einkommensverwendung für den privaten Verbrauch, die sich im Umsatz ausdrückt und Ausdruck steuerlicher Leistungsfähigkeit ist229. Als wichtigster Umsatz gilt die Leistung gegen Entgelt, welche sich im Fall der Lieferung als das Verschaffen der Verfügungsmacht und damit grundsätzlich als tatsächlicher Übergang von Sachherrschaftsrechten an einem Gegenstand konkretisiert230. Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer ist der Grundstücksumsatz, der sich ebenfalls im Übergang von Herrschaftsmacht über ein Grundstück auf einen anderen Rechtsträger ausdrückt und insoweit Ausdruck steuerlicher Leistungsfähigkeit ist. Die grunderwerbsteuerliche Anknüpfung an das Verpflichtungsgeschäft erfolgt aus Gründen der Steuererhebungstechnik sowie aus Vereinfachungsgründen.231 Im Übrigen erlangt der Erwerber mit Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts, d. h. mit Erfüllung des Übereignungsanspruchs, sämtliche Herrschaftsrechte an dem Grundstück. Aufgrund dieser Ähnlichkeit der Belastungsentscheidungen von Umsatz- und Grunderwerbsteuer könnten die in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zu § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG entwickelten Kriterien als Maßstab zur Reichweite der grunderwerbsteuerlichen vollständigen Rückgängigmachung gemäß § 16 Abs. 1 ­GrEStG herangezogen werden. Dann wäre insbesondere die ausgeübte Kritik an der von der Rechtsprechung geforderten Rückzahlung des Kaufpreises für Zwecke des § 16 Abs. 1 ­GrEStG hinfällig.232

227

Diese können allerdings als Anhaltspunkt für Inhalt und Umfang des Leistungsaustauschs dienen, siehe unmittelbar nachfolgende Fn.  228 St. Rspr. BFH, Urteil vom 24.9.1987 – V R 152/78, BFHE 151, 90; Robisch, in: Bunjes / ​ Geist, UStG (2019), Rn. 27. 229 Stadie, UStG 2015, Einführung, Vorbemerkung, Allgemeines, Rn. 17. 230 BFH, Urteil vom 21.4.2005 – V R 11/03, BFHE 211, 50; hinsichtlich der Abgrenzung Verschaffung der Verfügungsmacht und zivilrechtliche Eigentumsübertragung: Nieskens, in: Rau / Dürrwächter UStG (187. EL), § 3 Rn. 490 ff. 231 Hierzu ab S. 35. 232 Hierzu ab S. 95.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Allerdings ist bei der Forderung nach der „tatsächlichen Rückzahlung des Entgelts“ im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG zu berücksichtigen, dass das Entgelt für umsatzsteuerliche Zwecke zentrales Tatbestandselement des Umsatzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist und somit für deren Rückgängigmachung ebenfalls zentrales Merkmal sein muss. Für grunderwerbsteuerliche Zwecke ist die Gegenleistung (das Entgelt) hingegen kein Tatbestandselement des Erwerbsvorgangs, sondern dient allein der Bestimmung der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Wegen dieser Wesensverschiedenheit ist das Kriterium „tatsächliche Rückzahlung des Entgelts“ für die vollständige Rückgängigmachung eines grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgangs (nach hier vertretener Ansicht nach wie vor) ungeeignet. Zudem wird für das umsatzsteuerliche Verschaffen der Verfügungsmacht bzw. umgekehrt für die Rückübertragung dieser Verfügungsmacht vorwiegend auf die sog. wirtschaftliche Substanz abgestellt.233 Gehen daher beispielsweise vor der Eintragung im Grundbuch der unmittelbare Besitz, Lasten, Gefahr und Nutzung des Grundstücks auf den Erwerber über, soll bereits zu diesem Zeitpunkt eine umsatzsteuerliche Lieferung vorliegen.234 Zu diesem Zeitpunkt erlangt der Erwerber die Verfügungsmacht an dem Gegenstand und die wirtschaftliche Substanz des Gegenstandes wird auf ihn übertragen, sofern er den (noch) zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer wirtschaftlich von der Einwirkung auf das Grundstück ausschließen kann.235 Für grunderwerbsteuerliche Zwecke führt der bloße Übergang von unmittelbarem Besitz, Lasten, Gefahr und Nutzung des Grundstücks jedoch gerade zu keinem Grundstücksumsatz. Für grunderwerbsteuerliche Zwecke maßgebend ist insofern nicht der Übergang der wirtschaftlichen Substanz, sondern die Übertragung einer Veräußerungsbefugnis (ggf. auf eigene Rechnung / im eigenen Interesse).236 Wegen dieser unterschiedlichen Ausprägung der zu übertragenen Herrschaftsrechte im UStG und im ­GrEStG, sind umsatzsteuerliche Konkretisierungen zur Reichweite der Rückgängigmachung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG für Zwecke des § 16 Abs. 1 ­GrEStG ungeeignet. Im Übrigen nehmen weder das UStG noch die umsatzsteuerliche Rechtsprechung zu Folgewirkungen (z. B. Auflassungsvormerkung), die aus dem Umsatz resultieren, für diesen aber nicht tatbestandserfüllend sind, näher Stellung. Unklar ist insoweit, ob es für die Rückgängigmachung einer umsatzsteuerlichen Leistung auf mittelbare Folgewirkungen ohnehin nicht ankommt, oder ob Folgewirkungen nie entscheidungserheblich waren, weil Grundstücksgeschäfte grundsätzlich umsatzsteuerfrei sind, § 4 Nr. 9 lit. a) UStG. Insoweit existiert kein Maßstab hinsichtlich der Rückgängigmachung etwaiger Folgewirkungen, die für die grunderwerbsteuerliche Rückgängigmachung herangezogen werden können. 233

Nieskens, in: Rau / Dürrwächter UStG (187. EL), § 3 Rn. 490. Nieskens, in: Rau / Dürrwächter UStG (187. EL), § 3 Rn. 550. 235 Nieskens, in: Rau / Dürrwächter UStG (187. EL), § 3 Rn. 550. 236 Siehe hierzu insbesondere die Zusammenfassung ab S. 57. 234

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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Schließlich scheint auch die in der umsatzsteuerlichen Praxis schwierige Abgrenzung zwischen der Rückgängigmachung einer Lieferung, der Rücklieferung, bei dem ein weiterer Umsatz erfolgt, der Rückgabe (als tatsächlicher Akt) und dem Umtausch, bei dem die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht und ein neuer Gegenstand geliefert wird237, nicht auf das G ­ rEStG und den dort problematischen Zweiterwerbsfällen übertragbar. Dies insbesondere, wenn hierfür wiederum auf die Beseitigung des Leistungsaustauschs aus Sicht des Leistungsempfängers rekurriert wird238. Weiterhin liegt bei der umsatzsteuerlichen Rückgängigmachung typischerweise eine Vertragsstörung vor, die zugleich dadurch gekennzeichnet ist, dass das ursprüngliche Entgelt zurückzuzahlen ist.239 Für grunderwerbsteuerliche Zwecke kommt es jedoch weder auf eine Vertragsstörung an, dies zeigt § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG, noch kommt es auf das Entgelt an. Aus diesen Gründen sind die zur Rückgängigmachung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG von der Finanzrechtsprechung festgesetzten Konkretisierungen zur Bestimmung der Reichweite der grunderwerbsteuerlichen Rückgängigmachung nicht heranzuziehen. bb) Schenkungsteuerliche Wertungen Zwar benutzt § 29 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG nicht ausdrücklich den Begriff der Rückgängigmachung. Gleichfalls betrifft § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eine Regelungen zur Rückabwicklung von Schenkungen, so dass in diesem Zusammenhang definierte Kriterien zur Rückabwicklung einer Schenkung zur Bestimmung der Reichweite der grunderwerbsteuerlichen Rückgängigmachung herangezogen werden könnten. Besteuerungsgegenstand des Schenkung- und Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) sind Erwerbs- und Zuwendungsvorgänge, die zu einem unentgeltlichen Vermögenszuwachs (Bereicherung) bei einem oder mehreren Erwerbern führen.240 Wie das ­GrEStG knüpft das ErbStG hierzu an Rechtsverkehrsvorgänge, d. h. an bestimmte zivilrechtlich bezeichnete Erwerbsvorgänge, an.241 Besteuerungsgrund ist hingegen „der wirtschaftliche Vorgang des Substanzübergangs“242, so dass im Ergebnis das ErbStG ebenfalls wirtschaftliche Vorgänge erfassen will – obgleich sie sich in den Rechtsverkehrsvorgängen nicht immer eindeutig widerspiegeln243. 237 Zu alledem Selbherr, Die Rückgängigmachung eines Leistungsaustauschs und die Rückleistung im Umsatzsteuerrecht (2004), insbesondere S. 35–36 mit Ausführungen zu den o. g. Begrifflichkeiten. 238 BFH, Urteil vom 12.11.2008 – XI R 46/07, BFHE 223, 515; zu den Begrifflichkeiten Selbherr, Die Rückgängigmachung eines Leistungsaustauschs und die Rückleistung im Umsatzsteuerrecht (2004), S. 55 ff. 239 BFH, Urteil vom 12.11.2008 – XI R 46/07, BFHE 223, 515. 240 Gottschalk, in: Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk (ErbStG) (58. EL), Einführung Rn. 1. 241 Hannes / Holtz, in: Meincke / Hannes / Holtz (ErbStG) (2018), Einführung Rn. 1; Gottschalk, in: Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk (ErbStG) (58. EL), Einführung Rn. 29. 242 BVerfG, Beschluss vom 15.5.1984 – 1 BvR 464/81, 1 BvR 427/82, 1 BvR 440/82, 1 BvR 605/81, BStBl. II 1984, 608 (613). 243 Hannes / Holtz, in: Meincke / Hannes / Holtz (ErbStG) (2018), Einführung Rn. 1.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Insofern ist ein Gleichlauf zwischen Grunderwerb- und Erbschaftsteuer erkennbar. Vor diesem Hintergrund könnten Überlegungen zu § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG für die Entwicklung von Kriterien zur Reichweite der Rückgängigmachung nach § 16 ­GrEStG herangezogen werden244. (1) Grundlagen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Aufgrund der zivilrechtlichen Dispositionsfreiheit können Schenkungen dergestalt aufgehoben werden, wie wenn sie nicht geschehen wären. Steuerrechtlich führt eine solche (freiwillige) Aufhebung der Schenkung grundsätzlich nicht zum Erlöschen der einmal entstandenen Steuer245. Vielmehr wird die Rückübertragung des Zuwendungsgegenstands vom Beschenkten an den Schenker als erneute (Rück-)Schenkung gewertet246. Dies führt dazu, dass zwei schenkungsteuerpflichtige Zuwendungen vorliegen, obwohl wirtschaftlich betrachtet „alles beim Alten geblieben ist“, der Gegenstand sich nämlich wieder im Vermögen des ursprünglichen Schenkers befindet247. Diese steuerlich nachteiligen Folgen sollen nach dem gesetzgeberischen Willen nicht eintreten, wenn es für die Rückabwicklung der Schenkung einen Rechtsgrund gibt, welcher den Beschenkten zur Rückübertragung verpflichtet, § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Mit dieser Regelung erachtet der Gesetzgeber die Besteuerung immer dann als nicht in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis gerechtfertigt, wenn die Bereicherung dem Beschenkten ohne seinen Willen entzogen wird248, d. h. der Beschenkte eine von ihm letztlich nicht zu vertretende Entreicherung erfährt249. (2) Tatsächliche Herausgabe i. S. d. § 29 ErbStG als Maßstab Voraussetzung für das Erlöschen der Steuer bei der Rückabwicklung der Schenkung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist, dass der Beschenkte den Zuwendungsgegenstand aufgrund des Rückforderungsrechts250 tatsächlich herausgegeben hat,

244 FG Düsseldorf, Urteil vom 6.8.2008 – 4 K 3936/07 Erb, EFG 2008, 1644 greift hinsichtlich der Anforderungen der Rückgängigmachung nach § 29 ErbStG auf die Rechtsprechung zur vollständigen Rückgängigmachung nach § 16 ­GrEStG zurück. 245 Hierzu ab S. 62. 246 Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 29 Rn. 1. 247 Piltz, ZEV 2009, 70 (71), m.w. Ausführungen zur Problematik der Rückschenkung in eine ungünstigere Steuerklasse als bei der Hin-Schenkung. 248 Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 29 Rn. 2. 249 Pahlke, in: Haufe Kommentar zum ErbStG 2017, § 29 Rn. 1. 250 Zu den Arten: Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 29 Rn. 7; Zur Abgrenzung des Rückforderungsrechts von dem Rückgaberecht, das eine freigebige Zuwendung darstellt und damit einen weiteren steuerbaren Vorgang darstellt: Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 29 Rn. 30.1.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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dieser zumindest nicht bei ihm verblieben ist251 und der Beschenkte diesen auch nicht aus anderen Gründen behalten hat252. Insoweit soll die bloße Rückgabe­ verpflichtung nicht ausreichend sein, vielmehr muss der Beschenkte den Rückforderungsanspruch des Schenkers tatsächlich erfüllen.253 Gelingt dies nur teilweise, wird der Beschenkte so gestellt, als wenn er von Anfang an nur den restlichen verbleibenden Teil erhalten hätte.254 Die Notwendigkeit der tatsächlichen Herausgabe rechtfertigt sich aus dem Belastungsgrund des Substanzübergangs / der Bereicherung sowie aus dem Entstehungszeitpunkt der Schenkungsteuer. Die Schenkungsteuer entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, d. h., wenn der Bedachte das erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede bzw. nach dem Willen des Zuwendenden verschafft werden soll.255 Maßgebend ist insoweit die eintretende Bereicherung im Sinne des Eintritts des Leistungserfolges256. Dabei tritt der Leistungserfolg bei der Zuwendung von beweglichen Sachen ein, wenn die versprochene Rechtsposition vollständig i. S. e. Übereignung der Sache nach § 929 S. 1 BGB und damit mit Besitzübergang, d. h. der Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache verschafft wurde257. Dies berücksichtigt, ist es konsequent, wenn die Steuer nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erst erlischt, sobald im Rahmen der Rückgängigmachung von beweglichen Zuwendungsgegenständen der Beschenkte materiell wieder entreichert ist, d. h. er nicht mehr die tatsächliche Gewalt über den Zuwendungsgegenstand hat, weil er das Geschenk körperlich tatsächlich herausgegeben hat258 und damit das Eigentum an dem Geschenk wieder verloren hat. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz zum Zeitpunkt der Steuerentstehung wird bei Grundstücksschenkungen gemacht. Hier wird der Zeitpunkt der Ausführung der freigebigen Zuwendung (des Leistungserfolgs) und mithin der Entstehungszeitpunkt der Steuer vorverlagert, so dass nicht Auflassung und Eintragung in das Grundbuch maßgebend sind259. Maßgebend ist vielmehr der Zeitpunkt der 251

BFH, Urteil vom 24.5.2000 – II R 62/97, BFH / N V 2001, 39. Jülicher, in: Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk (ErbStG) (58. EL), § 29 Rn.  15. 253 Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 29 Rn. 6. 254 Högl, in: Stenger / Loose, BewG / ErbStG (149. EL), § 29 ErbStG Rn. 11; im Ergebns Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 29 Rn. 6. 255 BFH, Urteil vom 23.8.2006 – II R 16/06, BFHE 213, 399. 256 BFH, Urteil vom 20.1.2010 – II R 54/07, BFHE 228, 177. 257 Söffing, in: ErbStG (Stand 27.06.2017), § 9 Rn. 46 unter dem Stichwort Sachzuwendungen beweglicher Gegenstände. 258 Jülicher, in: Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk (ErbStG) (58. EL), § 29 Rn. 17. 259 Diese Vorverlegung erfolgt im Hinblick darauf, dass der Eintritt des Leistungserfolgs der Mitwirkung des Grundbuchamts bedarf und für zivilrechtlich abgeschlossene Vorgänge ein unter dem Gesichtspunkt der §§ 11, 14 oder § 37 ErbStG sinnvoller Ausführungszeitpunkt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bestimmt werden soll, BFH, Urteil vom 2.2.2005 – II R 26/02, BFHE 208, 438; BFH, Urteil vom 20.1.2010 – II R 54/07, BFHE 228, 177; Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 9 Rn. 69 f. 252

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Vollziehungshandlung, d. h., wenn der Eintritt der dinglichen Rechtsänderung herbeigeführt werden kann und die Umschreibung im Grundbuch und der Eigentumswechsel nachfolgt260. Also sobald die Vertragsparteien die Auflassung formwirksam erklärt haben und der Schenker die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligt hat – der Beschenkte damit jederzeit seine Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch beantragen kann261. Für die Rückgängigmachung von Grundstücksschenkungen müsste dies im Umkehrschluss bedeuten, dass unter den sonstigen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereits ausreichend ist, wenn dem ursprünglichen Schenker (i) die Eintragung einer bedingten Rückauflassungsvormerkung bewilligt wird, (ii) der Beschenkte dem Schenker eine unwiderrufliche und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Vollmacht zur Rückauflassung des Schenkungsgegenstandes einräumt und (iii) die Bedingung tatsächlich eintritt, da der Schenker erst mit Eintritt der Bedingung aufgrund Rückauflassungsvormerkung und Rückabwicklungsvollmacht seine Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch beantragen kann262. Für Zwecke der Rückgängigmachung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG wäre dann zumindest der von der Rechtsprechung geforderte tatsächliche Rück-Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten überholt. (3) Zulässigkeit schenkungsteuerlicher Konkretisierungen Die gesetzgeberische Entscheidung bestimmte Vorgänge der Schenkung- und / ​ oder der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, folgt ähnlichen Wertungen: Belastungsgrund der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist eine beim Beschenkten eingetretene materielle Bereicherung. Für die Grunderwerbsteuer ist maßgebend ein Grundstücksumsatz i. S. e. Übertragung von Herrschaftsrechten, die auch zu einer (juristisch untechnisch gesprochenen) Bereicherung beim Erwerber führt. Hierfür spricht sich auch Stodian aus, wenn sie den Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer in der grundstücksbezogenen Bereicherung i. S. e. rechtsgeschäftlichen Vermögensvorteils / -mehrung des Steuerpflichtigen wie bei der Schenkung verstanden wissen will.263 Entstehungstatbestände und die Befreiungsvorschriften seien Beleg für eine derartige gesetzgeberische Entscheidung.264 Wie festgestellt, ist der Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer jedoch nicht in der Bereicherung zu sehen. Bei der Übertragung eines kontaminierten Grund 260 BFH, Urteil vom 24.7.2002 – II R 33/01, BFHE 199, 25; Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 9 Rn. 69. 261 BFH, Urteil vom 2.2.2005 – II R 26/02, BFHE 208, 438; Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 9 Rn. 57 und 69. 262 In diese Richtung: Jülicher, in: Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk (ErbStG) (58. EL), § 29 Rn. 17; Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 29 Rn. 31. 263 Stodian, Treuhandverhältnisse im Grunderwerbsteuerrecht (2008), S. 84, 86. 264 Stodian, Treuhandverhältnisse im Grunderwerbsteuerrecht (2008), S. 86 ff.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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stücks beispielsweise, bei dem der Beseitigungsaufwand den Verkehrswert des Grundstücks übersteigt und es damit wertlos ist, liegt aus schenkungsteuerlicher Sicht keine Vermögensmehrung der Vermögenssubstanz vor.265 Der Beschenkte ist lediglich formal bereichert.266 Hierin zeigt sich der wesentliche Unterschied zum ­GrEStG, da die Übertragung eines kontaminierten Grundstücks – trotz fehlender Bereicherung im Sinne einer Vermehrung der Vermögenssubstanz – grunderwerbsteuerbar ist, wenn insoweit Sachherrschaftsrechte übertragen wurden.267 Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen Schenkung- und Grunderwerbsteuer liegt in der Einräumung von Nutzungsrechten. Vorgänge, bei denen dem „Erwerber“ bloße Nutzungsrechte an einem inländischen Grundstück eingeräumt werden, sind nicht grunderwerbsteuerbar.268 Anders die Bewertung für schenkungsteuerliche Zwecke. Hier stellt die bloße Einräumung von Gebrauchs- und Nutzungsmöglichkeiten an einem Grundstück bereits eine schenkungsteuerlich relevante Bereicherung und mithin einen schenkungsteuerbaren Vorgang dar269. Dies bestätigt § 29 Abs. 2 ErbStG. Hiernach ist der Erwerber für den Zeitraum, für den ihm die Nutzungen des zugewendeten Vermögens zugestanden haben, wie ein Nießbraucher zu behandeln. Zwischenzeitliche Nutzungen werden daher der Erbschaftsteuer unterworfen. Grundgedanke dieser Regelung ist die Überlegung, dass dem Beschenkten trotz der Herausgabe des Geschenks Vorteile verblieben sein können und er insoweit bereichert geblieben ist.270 Der Beschenkte soll aufgrund der Rückabwicklung der Schenkung und damit einhergehend mit dem Erlöschen der Schenkungsteuer jedoch nicht übervorteilt werden, indem ihm gezogene Nutzungen unentgeltlich anfallen.271 Das ErbStG und das ­GrEStG unterscheiden sich insoweit wesentlich voneinander. Etwaige Konkretisierungen der tatsächlichen Herausgabe für Zwecke des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG können aufgrund der unterschiedlichen Belastungsgründe des ErbStG und des ­GrEStG sowie aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltungen 265

So auch Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 167. Allerdings will Stodian auch nicht auf die formale Bereicherung i. S. des Bereicherungsrechts abstellen; Stodian, Treuhandverhältnisse im Grunderwerbsteuerrecht (2008), S. 86; dies kritisierend Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 167. 267 Ggf. könnten unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 ­GrEStG Herabsetzungsansprüche geltend gemacht werden, wenn der Wert nicht bereits über die Höhe der Bemessungsgrundlage berücksichtigt wurde. 268 Hierzu insbesondere ab S. 53 sowie Begründung zum G ­ rEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte zu § 1 Abs. 2 ­GrEStG). 269 BFH, Urteil vom 30.1.2013 – II R 38/11, BFHE 240, 287. 270 Jülicher, in: Troll / Gebel / Jülicher / Gottschalk (ErbStG) (58. EL), § 29 Rn. 122; Hannes / Holtz, in: Meincke / Hannes / Holtz (ErbStG) (2018), § 29 Rn. 25. 271 Geck, in: Kapp / Ebeling (ErbStG) (83. EL), § 29 Rn. 61; Hannes / Holtz, in: Meincke / Hannes / Holtz (ErbStG) (2018), § 29 Rn. 25, die den Anwendungsbereich des § 29 Abs. 2 ErbStG für sehr begrenzt halten, da die meisten Rückforderungsrechte auf das Bereicherungsrecht und damit auch auf die Vorschrift des § 818 Abs. 1 BGB verweisen, dem zufolge die Herausgabepflicht auch auf die gezogenen Nutzungen erstreckt wird. 266

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

der Rückabwicklungsnormen, daher nicht für die Reichweite der Rückgängig­ machung nach § 16 ­GrEStG fruchtbar gemacht werden. cc) Bürgerlich-rechtliche Wertungen List272 spricht sich ausdrücklich für eine Auslegung des in § 16 Abs. 1 ­GrEStG verwendeten Begriffs der Rückgängigmachung im Wege strikter zivilrechtlicher Interpretation aus. So entstehe durch die zivilrechtlich wirksame Rückgängigmachung eines Kaufvertrags in Form einer Vereinbarung oder in Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittrechts, die Verpflichtung, das beiderseits Empfangene wieder zurück zu gewähren. Wenn jene beiderseitigen Verpflichtungen i. S. d. § 346 Abs. 1 BGB erfüllt seien, entstehe der Anspruch nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG. Eine dahin­ rEStG diene der Rechtssicherheit. Daneben gehende Auslegung des § 16 Abs. 1 G entspreche sie den grunderwerbsteuerlichen Bedürfnissen sowie verfassungsrechtlichen Grundsätzen; der Zweck des § 16 Abs. 1 ­GrEStG werde insoweit ebenfalls nicht beeinträchtigt. Ob dieser Ansicht uneingeschränkt zuzustimmen ist, wird im Folgenden erörtert. (1) Grundlagen des § 346 Abs. 1 BGB Der Rücktritt wird als die Rückgängigmachung eines schuldrechtlichen Vertrags durch einseitige Erklärung aufgrund vertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Rücktrittrechts verstanden.273 Normativ sind die Rechtsfolgen eines wirksamen Rücktritts in den §§ 346 ff. BGB geregelt; sie gelten für gesetzliche wie vertragliche Rücktrittsrechte in gleicher Weise. Wesentliche Rechtsfolge ist, dass die noch nicht erfüllten Leistungspflichten erlöschen.274 Ziel des Rücktritts ist, den Zustand wiederherzustellen, der ohne den Vertrag bestanden hätte (status quo ante).275 Dabei sind die Interessen beider Vertragspartner auszugleichen.276 Es soll nicht der hypothetische Zustand ohne Leistungsstörung wiederhergestellt werden, sondern der Zustand, wie er nach Vertragsschluss, aber vor dem Leistungsaustausch bestand.277 Dies, weil die Leistungen nicht wegen einer Störung bei Vertragsschluss, sondern wegen einer Leistungsstörung im Erfüllungsstadium rückabgewickelt wer-

272

List, DStR 2000, 1161 ff. Röthel, in: Erman BGB (2017), Vorbemerkung vor § 346 Rn. 1. 274 Grüneberg, in: Palandt BGB (2020), Einf. v. § 346 Rn. 3. 275 Kaiser, in: Staudinger BGB (Buch 2/Übersicht §§ 346–361), Vorbem zu §§ 346–354 Rn. 1. 276 Kaiser, in: Staudinger BGB (Buch 2/Übersicht §§ 346–361), § 346 Rn. 5, in Abgrenzung zum Anspruch auf Ersatz des negativen, der nur das Interesse einer Partei befriedigen soll. 277 Kaiser, in: Staudinger BGB (Buch 2/Übersicht §§ 346–361), § 346 Rn. 5; Unzutreffend ist daher die häufig gebrauchte Formel, Ziel des Rücktritts sei die Wiederherstellung des Zustandes „wie wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre“. 273

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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den. Soweit das Vertragsverhältnis im Zeitpunkt des Rücktritts abgewickelt war, wandelt es sich in ein Rückabwicklungsverhältnis um.278 Empfangene Leistungen sind „nach der Natur des Erlangten“279 Zug um Zug zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. (2) Erfüllen der Rückgewährpflichten i. S. d. § 346 Abs. 1 BGB als Maßstab Der konkrete Inhalt der Rückgewährpflicht bestimmt sich im Einzelnen nach der Art des Leistungsgegenstands: übereignete Sachen sind zurück zu übereignen, übertragener Besitz ist herauszugeben, ein Grundstück ist an den Veräußerer rückaufzulassen und der Veräußerer ist wieder in das Grundbuch einzutragen sowie Rechte sind zurück zu übertragen.280 (3) Zulässigkeit bürgerlich-rechtlicher Konkretisierungen Berücksichtigt, dass die Erwerbsvorgänge des § 1 ­GrEStG an Rechtsvorgänge des BGB anknüpfen, ist es naheliegend, deren Rückgängigmachung ebenfalls nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.281 Dadurch würde im Sinne der Einheit der Rechtsordnung eine zivilrechtliche Interpretation für grunderwerbsteuerliche Zwecke insofern zur Rechtssicherheit beitragen, als die Finanzgerichte am ­ rEStG Maßstab des § 346 Abs. 1 BGB die Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 G prüfen könnten. Ob jedoch durch die Rückgängigmachung von Rechtsgeschäften, ein Gleichlauf von zivil- und steuerrechtlichen Wirkungen besteht, ist auch davon abhängig, in welchem Verhältnis die zivil- und steuerrechtlichen Wirkungen zueinander stehen. Folgt das Steuerrecht dem Zivilrecht, ist mit der Klärung der zivilrechtlichen Wirkung zugleich die steuerrechtliche Wirkung der Rückgängigmachung beleuchtet. Ist das Steuerrecht hingegen selbständige Rechtsdisziplin, kann, muss aber kein Gleichlauf von zivil- und steuerrechtlicher Wirkung vorliegen.282 Nach Auffassung des BVerfG sind das Zivilrecht und Steuerrecht nebengeordnete, gleichrangige Rechtsgebiete, die denselben Sachverhalt aus einer anderen

278

Grüneberg, in: Palandt BGB (2020), Einf. v. § 346 Rn. 3. Gaier, in: MüKo (2020), (Band 3) § 346 Rn. 17. 280 Röthel, in: Erman BGB (2017), § 346 Rn. 3; Kaiser, in: Staudinger BGB (Buch 2/Übersicht §§ 346–361), § 346 Rn. 72. 281 Dies, obgleich der Begriff der Rückgängigmachung, wie ihn § 16 Abs. 1 ­GrEStG voraussetzt, sich im BGB nicht ausdrücklich wiederfindet. 282 Potthast, Die Rückgängigmachung von Rechtsgeschäften und ihre steuerlichen Wirkungen (1952), S. 1. 279

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Perspektive und unter anderen Wertungsgesichtspunkten beurteilen.283 Ein Vorrang oder eine Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Würdigung der von den Parteien gewählten Sachverhaltsgestaltung für die Auslegung der betreffenden steuerrechtlichen Vorschrift besteht nicht. Die Parteien können zwar einen Sachverhalt vertraglich gestalten, nicht aber die steuerrechtlichen Folgen bestimmen, die das Steuergesetz an die vorgegebene Gestaltung knüpft. Insoweit gilt eine Vorherigkeit für die Anwendung des Zivilrechts, jedoch kein Vorrang. Das Steuerrecht prägt damit seine eigenen Tatbestände. Auch wenn ein Steuergesetz Begriffe enthält, die einem anderen Rechtsgebiet entnommen sind, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob das Steuerrecht den Wertungen des anderen Rechtsgebietes folgt oder mit Hilfe der entlehnten Begriffe eigenständige steuerrechtliche Tatbestände bildet. Verwendet eine steuerrechtliche Vorschrift eine im Zivilrecht geläufige Terminologie, kann es den darin ausgedrückten Tatbestand aufnehmen oder eine im Zivilrecht entwickelte Begrifflichkeit zur Bezeichnung eines eigenen steuerlichen Tatbestandes verwenden. Dies vorangestellt, ist ein Gleichlauf von zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Wirkung grundsätzlich möglich. Dies allerdings nur insoweit, als grunderwerbsteuerliche Bedürfnisse, insbesondere der Normzweck des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG, nicht beeinträchtigt werden. Der Grund für die primäre Anknüpfung des ­GrEStG an Rechtsvorgänge des BGB war, dass diese sich einfach und zuverlässig ermitteln lassen.284 Belastungsgrund war und ist hingegen der Grundstücksumsatz, d. h. der mit dem Rechtsvorgang eintretende bzw. zu erwartende wirtschaftliche Erfolg im Sinne einer Übertragung von Herrschaftsrechten auf den Erwerber. Vor diesem Hintergrund entspricht eine rein zivilrechtliche Interpretation des Begriffs der Rückgängigmachung weder den grunderwerbsteuerlichen Bedürfnissen, noch dem Zweck des § 16 Abs. 1 ­GrEStG. Im Einzelnen: (1) Ein Erwerbsvorgang in Gestalt eines formwirksamen Kaufvertrags ist nach § 16 Abs. 1 G ­ rEStG bereits vollständig rückgängig gemacht, wenn wesentliche Vertragspflichten aufgehoben werden.285 Welche Vertragspflichten „wesentlich“ sind, folgt aus dem Grundgedanken der Besteuerung des ­GrEStG. Demgemäß ist die Aufhebung des Übereignungsanspruchs zwingend, da der Erwerber hiermit die notwendige und besteuerungswürdige Veräußerungsbefugnis bzw. er mit der Erfüllung des Übereignungsanspruchs sämtliche Herrschaftsrechte an dem Grund-

283 Hierzu und im Folgenden: BVerfG, (Nichtannahme-)Beschluss vom 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212; zu der umstrittenen Frage, ob das Steuerrecht selbständige Rechtsdisziplin ist, siehe Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung (1983), insbesondere §§ 10, 17, 18 und 20; im Übrigen siehe auch ab S. 60. 284 Hierzu ab S. 34. 285 So schon BFH, Urteil vom 10.10.1973 – II R 33/68, BFHE 111, 544, allerdings mit der in Rn. 10 genannten Einschränkung, dass auch der Kaufpreis tatsächlich zurückzuzahlen ist.

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stück erwirbt. Folglich lässt nur eine vollständige Beseitigung der Übereignungspflicht des Veräußerers die Übertragung von Herrschaftsrechten wieder entfallen. (2) Ist der Übereignungsanspruch erloschen, ist das Erfordernis der Rückgewähr der vollständigen Kaufpreiszahlung286, wie es § 346 Abs. 1 BGB verlangen würde, nicht vom Normzweck des § 16 ­GrEStG erfasst. Die Rückgewähr der Kaufpreiszahlung kann für das Vorliegen der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nicht tatbestandsmäßig sein, wenn umgekehrt die bloße Kaufpreiszahlung für die Tatbestandsmäßigkeit des Erwerbsvorgangs gleichfalls unerheblich ist. Nach §§ 8, 9 ­GrEStG wird der Kaufpreis nur zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage relevant. Die Kaufpreiszahlung selbst entfaltet für Zwecke der Grunderwerbsbesteuerung keine Wirkung287, sodass § 16 ­GrEStG damit auch nicht ein Mehr an Anforderungen voraussetzen kann. (3) Auch eine – trotz Beseitigung des zu sichernden Anspruchs – zugunsten des Erwerbers fortbestehende im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung ist, anders als für Zwecke des § 346 Abs. 1 BGB, für § 16 Abs. 1 ­GrEStG nicht zu beseitigen288. Die Vormerkung hindert den Vormerkungsschuldner (Veräußerer) nicht an weiteren (anspruchswidrigen) Verfügungen, begründet keine Verfügungsbeschränkung289 und löst keine Grundbuchsperre aus. Dies auch nicht dahingehend, dass die Eintragung anspruchswidriger Verfügungen der Zustimmung des Vormerkungsgläubigers (Erwerber) bedürfte.290 Der Rechtsschein einer noch nicht gelöschten Vormerkung weist gleichfalls keine grunderwerbsteuerliche Relevanz auf. (4) Schließlich ist die „Rückgewähr“ von Besitz, Nutzen und Lasten i. S. d. § 346 Abs. 1 BGB nach Sinn und Zweck des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG nur insoweit zu fordern, als andernfalls Herrschaftsrechte im Sinne von Einwirkungsrechten beim Erwerber verbleiben oder der Tatbestand des § 1 Abs. 2 ­GrEStG erfüllt ist. Dies ist bei der bloßen Nutzungsüberlassung regemäßig nicht der Fall.291 Eine strikte zivilrechtliche Interpretation und mithin die Heranziehung von Kriterien nach § 346 Abs. 1 BGB für Zwecke der Rückgängigmachung nach § 16 ­ rEStG entspricht weder den grunderwerbsteuerrechtlichen Bedürfnissen Abs. 1 G noch dem Zweck des § 16 Abs. 1 ­GrEStG. Zivilrechtliche Interpretationen, insbesondere § 346 Abs. 1 BGB sind zur Konkretisierung der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG daher ungeeignet.

286

So BFH, Urteil vom 10.10.1973 – II R 33/68, BFHE 111, 544. Anders beispielsweise im Ertragssteuerrecht, wo es auf den Zeitpunkt der Kaufpreis­ zahlung ankommen kann, § 11 EStG. 288 A. A. BFH, Beschluss vom 10.7.1996 – II B 139/95, BFH / N V 1997, 61; BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 289 Kohler, in: MüKo (2020), (Band 8) § 883 Rn. 49. 290 Artz, in: Erman BGB (2017), § 883 Rn. 34. 291 Hierzu insbesondere ab S. 53. 287

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

c) Zwischenergebnis Die Auslegung nach dem Wortlaut in Gestalt des allgemeinen und des besonderen Sprachgebrauchs erweisen sich zur Konkretisierung der Reichweite der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG als ungeeignet. 2. Historische Auslegung Mit der historischen Auslegung wird der Sinngehalt eines Rechtssatzes anhand seiner Entstehungsgeschichte bestimmt.292 Als geeignete Erkenntnisquellen dienen dabei neben den Gesetzesmaterialien, die Auseinandersetzung mit dem Zeitpunkt und den Umständen der Gesetzesinitiative sowie der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Rechtsnorm.293 Wie in der Rechtsentwicklung zu § 16 ­GrEStG dargestellt294, enthielt erstmals das ­GrEStG1940 den Begriff der Rückgängigmachung. Anknüpfungspunkt der Rückgängigmachung war damals wie heute der Erwerbsvorgang. Zur Reichweite bzw. zum Umfang der Rückgängigmachung enthalten die Gesetzesmaterialien keine konkreten Ausführungen. Die Regierungsbegründung zum ­GrEStG1940 enthält diesbezüglich lediglich Ausführungen zu einem nichtigen Rechtsgeschäft, dessen wirtschaftliches Ergebnis trotz der Nichtigkeit herbeigeführt wurde. In diesen Fällen könne eine Steuerfestsetzung nur dann zurückgenommen werden, wenn das wirtschaftliche Ergebnis wieder beseitigt werde.295 Die historische Auslegung bietet damit keine weiterführenden Konkretisierungen zur Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung. 3. Systematische Auslegung Ausgehend von der Annahme, dass die Rechtsordnung ein sinnvoll aufgebautes Gesamtgefüge ohne innere oder äußere Widersprüche ist296, fragt die systematische Auslegung nach der Bedeutung eines Begriffs innerhalb des abgestimmten Gesamtkontextes297. Bei der Anwendung systematischer Kriterien geht es darum, einen in sich widerspruchsfreien Sinnzusammenhang zwischen den einzelnen 292

Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 292. Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 295. 294 Hierzu unter S. 65 bis 73. 295 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (411, rechte Spalte und 412 linke Spalte). 296 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161.  EL), § 4 AO Rn. 269 f.; zur teleologischen Reduktion zur Vermeidung eines Normwiderspruchs und damit zum Erhalt der inneren Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung siehe BFH, Urteil vom 15.4.2010 – IV R 5/08, BFHE 229, 524. 297 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 268. 293

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Rechtsnormen und Rechtbegriffen zu ermitteln.298 Die systematische Auslegung lässt sich als Fortsetzung der Wortlaut-Auslegung begreifen, da hier wie dort an das äußere Erscheinungsbild der Rechtsnorm angeknüpft wird.299 § 16 ­GrEStG ist als einzige Rechtsnorm in 6. Abschnitt (Nichtfestsetzung der Steuer, Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung) angesiedelt. Aus der bloßen äußeren systematischen Stellung des § 16 ­GrEStG im Aufbau des G ­ rEStG lassen sich keine konkreten Aussagen zur Reichweite der Rückgängigmachung treffen. Stellt man auf das Gesamtgefüge des ­GrEStG ab, drängt sich der Zusammenhang zu § 1 ­GrEStG, der die grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgänge normiert, auf. § 16 Abs. 1 ­GrEStG spricht vom Erwerbsvorgang, der rückgängig gemacht wird und nimmt damit die Erwerbsvorgänge des § 1 ­GrEStG in seinen Tatbestand auf. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung erkennt § 16 ­GrEStG daher als eine am Besteuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 ­GrEStG an, die mit dieser in systematischen Zusammenhang steht.300 Allerdings verlangt die Rechtsprechung die Beseitigung sämtlicher Bindungen als Maßstab für die Reichweite der (vollständigen) Rückgängigmachung.301 Trotz Heranziehung der zwischen § 1 und § 16 G ­ rEStG bestehenden inneren Systematik, scheint diese Forderung überschießend. Legt man den klassischen Fall des Grundstückskaufvertrags und damit einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG zwischen Veräußerer und Ersterwerber zugrunde, wäre für Zwecke des ­ rEStG erforderlich, dass der Grundstückskaufvertrag innerhalb § 16 Abs. 1 Nr. 1 G von zwei Jahren aufgehoben würde. Durch Aufhebungsvereinbarung oder bspw. Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts käme es zur zivilrechtlichen Aufhebung des Kaufvertrags und mithin zum Erlöschen des ursprünglichen Über­ eignungsanspruchs nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB302. Ohne wirksamen Kaufvertrag und ohne Vorliegen eines Übereignungsanspruchs ist der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG nicht mehr erfüllt. Mit dem bloßen Erlöschen des Übereignungsanspruchs wäre der Erwerbsvorgang nach dem systematischen Verständnis grundsätzlich rückgängig gemacht. Die Systematik rechtfertigt demnach keine Rückgängigmachung dergestalt, dass Rechtszustände beseitigt werden müssen, die gerade nicht zur unmittelbar vorangegangenen tatbestandsmäßigen Erfüllung des § 1 ­GrEStG erforderlich waren. Eine fortbestehende Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers oder der noch nicht vom Veräußerer zurückgezahlte Kaufpreis sind nicht zur Tat­

298

Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 270. Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 272. 300 Statt vieler BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 301 Z. B. BFH, Beschluss vom 10.7.1996 – II B 139/95, BFH / N V 1997, 61. 302 Hinsichtlich Rücktritt: Grüneberg, in: Palandt BGB (2020), Einf. v. § 346 Rn. 3. 299

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

bestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG erforderlich und können daher der Regelung des § 16 ­GrEStG systematisch nicht entgegenstehen. Die Forderung der Rechtsprechung nach der Beseitigung sämtlicher Bindungen in den problematischen Weiteveräußerungsfällen könnte somit überschießend sein und nicht mit der zwischen § 1 und § 16 ­GrEStG bestehenden Systematik im Einklang stehen. Dies scheint zumindest in Gestaltungen, in denen der Übereignungsanspruch des Ersterwerbers eine juristische Sekunde vor dem Zweiterwerbsfall erlischt, weil Aufhebungs- und Weiterveräußerungsurkunden in einer Urkunde zusammengefasst sind oder unmittelbar aufeinander folgen, zweifelhaft. Erfolgt die Aufhebung- und Weiterveräußerung auf „Veranlassung“ des Ersterwerbers, wäre die ursprüngliche Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG zwar durch die Aufhebungsvereinbarung zunächst beseitigt. Allerdings könnte dem Ersterwerber durch seine Veranlassung / Einflussnahme bei der Bestimmung des Zweiterwerbers eine anderweitige grunderwerbsteuerrechtlich relevante Rechtsposition verblieben sein. Dies gilt es näher zu analysieren. 4. Wirtschaftliche Betrachtungsweise Hinsichtlich der jüngsten BFH Rechtsprechung303 ist zu untersuchen, ob der Rückgriff auf den wirtschaftlichen Zugriff auf das Grundstück – und mithin eine wirtschaftliche Betrachtungsweise  – insbesondere im Rahmen der besonderen Zweiterwerbsfälle ein zulässiges Kriterium zur Bestimmung der Reichweite der Rückgängigmachung ist und insoweit auch dem Normzweck des § 16 ­GrEStG gerecht wird. Sofern dies bejahend, ist zu analysieren, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein derartiger wirtschaftlicher Zugriff auf das Grundstück noch vorliegt. Insoweit ist auch zu überlegen, ob die wirtschaftliche Betrachtungsweise gleichfalls bei den schlichten und erweiterten Zweiterwerbsfälle Anwendung findet. a) Grundlagen Unter dem Begriff der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ werden zwei verschiedene Rechtsanwendungsprobleme abgehandelt, (aa) die Auslegung der von den Steuergesetzen verwendeten Begriffe und (bb) die Fälle der Divergenz von deklarierter Form und wirtschaftlichem Erfolg.304 Steuergesetzliche Vorschriften zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise finden sich in den Regelungen der §§ 39–42 AO305 und reichen von der wirtschaftlichen Zurechnung (§ 39 AO), über gesetz- oder sittenwidrige Verhalten (§ 40 AO), der Divergenz zwischen wirtschaftlichem Verhalten und juristischem Zustand (§ 41) bis hin zu den Gestaltungsmissbräuchen (§ 42 AO). 303

BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 9/12, BFHE 242, 177. Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 320, 333. 305 Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 95–145. 304

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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aa) Auslegung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise Im Rahmen der Auslegung kennzeichnet die wirtschaftliche Betrachtungsweise ein Bekenntnis zu einer eigenen, d. h. insbesondere von der zivilrechtlichen losgelösten, steuerrechtlichen Begriffsbildung.306 Verwenden Steuertatbestände Begriffe aus dem BGB, dem HGB oder anderen Gesetzen, deren Regelungszwecke sie nicht übernehmen, ist im Einzelfall anhand der jeweiligen steuerrechtlichen Regelungszwecke zu überprüfen, wie der dem fremden Rechtsgebiet entlehnte Begriff im Steuerrecht zu verstehen ist307. Eine dahingehende Auslegung rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass die Tatbestände der Steuergesetze darauf angelegt sind, möglichst nur solche Vorgänge, Zustände und Veranstaltungen zu erfassen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufweisen308. Dies gilt auch für die Grunderwerbsteuer, da sie an wirtschaftliche Vorgänge (eingekleidet in Rechtsformen des Zivilrechts) anknüpft und damit eine durch den Erwerb ausdrückende Leistungsfähigkeit offenbart.309 Eine Anknüpfung an den bloßen Rechtsvorgang und damit eine rein zivilrechtliche Auslegung und Betrachtung wären dagegen kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, da die bürgerlich-rechtliche Einkleidung des Verkehrsvorgangs noch nichts über die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aussagt.310 Grenze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist der Wortsinn.311 Darüber hinaus sind die steuerbegründenden Tatbestände des ­GrEStG sehr viel enger, als die sehr weiten Tatbestände anderer Steuergesetze, so dass hierdurch die Auslegung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gleichfalls eingeschränkt wird.312

306 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 322; zur Auslegung zivilrechtlich vorgegebener Begriffe: Seer, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 1 Rn. 34 ff.; Zum Verhältnis Steuerrecht und Zivilrecht insbesondere: Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung (1983), insbesondere § 10. 307 Kruse, in: Kruse, Festschrift für Heinz Paulick zum 65. Geburtstag, 403, S. 409; Seer, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 1 Rn. 34 ff.; BVerfG, (Nichtannahme-)Beschluss vom 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212. 308 Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 56, 58. 309 Hierzu ab S. 45; Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rz. 327; Diffe­ renzierend: Fischer, DStR 1997, 1745 (1746) wonach eine wirtschaftliche Betrachtung zumindest im Rahmen des § 1 Abs. 2 ­GrEStG zwingend geboten sei, sofern nur ein auslösender Rechtsvorgang vorliegt. 310 Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 18 Rn. 4. 311 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 334; die allerdings nicht bei steuerbefreienden und steuerbegünstigenden Vorschriften gelten soll, Kruse, in: Kruse, Festschrift für Heinz Paulick zum 65. Geburtstag, 403, S. 411. 312 Nur aus diesen Gründen zieht die Rechtsprechung Grenzen hinsichtlich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei Verkehrsteuern, BFH, Urteil vom 30.1.1968 – II 33/63, BFHE 91, 511 (514); Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 327.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

bb) Divergenz von deklarierter Form und wirtschaftlichem Erfolg Hinsichtlich der Rechtsanwendung der Divergenz von deklarierter Form und wirtschaftlichem Erfolg dient die wirtschaftliche Betrachtungsweise der Überwindung von juristischem Zustand und wirtschaftlichem Verhalten.313 Fallen Rechtsgeschäft und wirtschaftliche Durchführung auseinander, ist das wirtschaftlich tatsächlich Durchgeführte maßgebend.314 b) Reichweite der Rückgängigmachung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise Grundsätzlich scheinen wirtschaftliche Kriterien in der Grunderwerbsbesteuerung auf der neuen Linie des BFH zu liegen.315 In einem vom BFH zu entscheidenden Fall der mittelbaren Anteilsübertragung nach § 1 Abs. 2a ­GrEStG war streitig, ob eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands i. S. d. § 1 Abs. 2a S. 2 ­GrEStG nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen ist.316 Konkret ging es um die Frage, ob auch schuldrechtliche Vereinbarungen eine Zurechnung von Anteilen am Gesellschaftsvermögen abweichend von der zivilrechtlichen Zuordnung zum (Alt-)Gesellschafter zu einem Dritten (fiktiver Neugesellschafter) rechtfertigen können. Der BFH griff in den Entscheidungsgründen auf die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO und damit auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise zurück. Zwar sei § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO im Grunderwerbsteuerrecht aufgrund der Anknüpfung an bürgerlich-rechtliche Vorgänge grundsätzlich nicht anwendbar, jedoch sei bei dem sich nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erschließenden Tat­ bestandselement der „mittelbaren Änderung“ ein Rückgriff auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO sachlich geboten. In der Entscheidung vom 5. September 2013317 stellte der BFH für Zwecke des § 16 ­GrEStG ebenfalls auf wirtschaftliche Kriterien ab. So seien die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG nicht erfüllt, wenn im Zusammenhang mit der bürgerlich-rechtlichen Aufhebung eines Grundstückskaufvertrags zwischen der ersterwerbenden Kapitalgesellschaft und der grundstücksveräußernden Personengesellschaft in derselben Urkunde zugleich sämtliche Anteile an Letzterer auf die Ersterwerberin und deren Schwestergesellschaft (zusammen Zweiterwerber) übertragen werden. Hierdurch verwerte die Ersterwerberin eine verbliebene Rechtsposition aus dem rückgängig gemachten Kaufvertrag dahingehend, dass sie 313

Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 95 spricht von „juristischem Zustand“ statt von deklarierter Form; Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rz. 333. 314 Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 95, 97; Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 333 spricht auch von „wirtschaftlich Gewollte und tatsächlich Bewirkte“. 315 Müller-Horn, EFG 2016, 746 (746). 316 BFH, Urteil vom 9.7.2014 – II R 49/12, BFHE 246, 215. 317 BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 9/12, BFHE 242, 177.

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sich über die Anteilsübertragung das Grundstück wirtschaftlich – über die Beteiligung am Gesamthandsvermögen – zueigne. Dies stehe einer Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG entgegen. Insoweit sei zur Versagung der Vergünstigung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG maßgebend, dass die Ersterwerberin trotz Erlöschen des Übereignungsanspruchs – wirtschaftlich betrachtet – weiterhin den Zugriff auf das Grundstück wegen des mittelbaren Einflusses hierauf über die Beteiligung an der Personengesellschaft behalten habe, obwohl das Grundstück zivilrechtlich bei der Gesellschaft verblieben sei. Unter welchen konkreten Umständen ein wirtschaftlicher Zugriff auf das Grundstück fortbestehe, hat der BFH nicht weiter konkretisiert. c) Zulässigkeit der Auslegung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise Unter Berücksichtigung der letztgenannten Entscheidung könnte zur Bestimmung der Reichweite der Rückgängigmachung auf die Zuordnung des Grundstücks und insoweit auf das wirtschaftliche Eigentum i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO abgestellt werden. Demgemäß wäre ein Erwerbsvorgang nicht i. S. d. § 16 Abs. 1 ­GrEStG vollständig rückgängig gemacht, wenn der Erwerber trotz Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags wirtschaftlicher Eigentümer i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO des Grundstücks blieb. Allerdings könnte ein solches Verständnis gegen den Grundsatz, wonach Grundstücke erst mit Tatbestandsverwirklichung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 ­GrEStG dem neuen Rechtsträger grunderwerbsteuerlich zuzuordnen sind, verstoßen. Denn erst zu diesem Zeitpunkt erwirbt der Erwerber die erforderliche Sachherrschaft über das Grundstück. Erst zu diesem Zeitpunkt liegt der besteuerungswürdige Grundstücksumsatz vor. Daher soll es zur Bestimmung der grunderwerbsteuerlichen Zuordnung des Grundstücks weder auf das zivilrechtliche Eigentum, noch auf bewertungsrechtliche Maßstäbe oder auf die Regelung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ankommen.318 Die Rechtsprechung des BFH zur Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei der mittelbaren Änderung im Gesellschafterbestand nach § 1 ­ rEStG müsste diesen Grundsatz gleichfalls beachtet haben. Dies Abs. 2a S. 2 G war der Fall. Denn der BFH entschied lediglich die Frage der Zuordnung der Anteile und damit, ob eine qualifizierte Änderung des Gesellschafterbestands vorliegt, unter Heranziehung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Zwar mag von dieser Bewertung auch die Grundstückszuordnung mittelbar betroffen sein, weil erst mit Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG, d. h. mit der mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands, ein Grundstücksübergang auf eine „neue“ Personengesellschaft fingiert wird. Allerdings führt diese Fiktion zu kei 318

Zu § 39 AO: Fischer, DStR 1997, 1745 (1746); im Zusammenhang mit § 1 Abs. 3 ­GrEStG: BFH, Urteil vom 11.12.2014 – II R 26/12, BFHE 247, 343.

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nem Gleichlauf zwischen der Bewertung der Sachherrschaft an den Anteilen und an der Sachherrschaft an dem Grundstück. Erwirbt demgemäß jemand (nur) wirtschaftliches Eigentum an Anteilen in einer den Tatbestand des § 1 Abs. 2a ­GrEStG verwirklichenden Weise, führt dies nicht dazu, dass er zugleich nur wirtschaft­ liches Eigentum an dem Grundstück erwirbt. Damit ist ihm das Grundstück nicht nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 AO zuzurechnen, sondern allein aufgrund der Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG. Der BFH hat damit keine Aussagen zur Zuordnung des Grundstücks nach § 39 Abs. 2 AO getroffen, sondern lediglich das Tatbestandselement der Anteilsinhaberschaft anhand wirtschaftlicher Kriterien bestimmt. Vor dem Hintergrund, dass ein wirtschaftlicher Eigentümer von Anteilen gleichfalls Sachherrschaftsrechte an diesen Anteilen erhält, ist diese Schlussfolgerung im Lichte des Belastungsgrunds des ­GrEStG auch konsequent. Grundsätzlich liegt nach ständiger Rechtsprechung wirtschaftliches Eigentum an Anteilen vor, wenn der Käufer von Anteilen – aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und – die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie – das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.319 Zieht man vergleichend die Voraussetzungen an den Erwerbsvorgang des § 1  Abs. 2 G ­ rEStG, konkret der „Veräußerungsbefugnis auf eigene Rechnung“, heran, ist der Gleichlauf der jeweils geforderten Kriterien offensichtlich.320 In der Entscheidung des BFH zur Rückgängigmachung eines Asset-Deals und der zeitlich zusammenhängenden Weiterveräußerung im Rahmen eines Share Deals321 (besonderer Zweiterwerbsfall), hat der BFH streng genommen keine Auslegung anhand der wirtschaftlichen Betrachtungsweise vorgenommen. Maßgebend war, ob der Ersterwerberin aufgrund vertraglicher Gestaltungen (Aufhebung und Weiterveräußerung in einer Urkunde) Rechtspositionen verblieben sind, die sie im Zweiterwerbsfall verwertete. Auf wirtschaftliche Kriterien bezog sich der BFH mit der Aussage, ob sich die Ersterwerberin durch die Weiterveräußerung das Grundstück wirtschaftlich zugeeignet habe, jedoch nicht. Mit dieser unpräzisen Feststellung ging er lediglich der Frage nach, ob der Zweiterwerbsfall einen Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 2a ­GrEStG darstellt und daher eine grunderwerbsteuerlich veränderte Zuordnung des Grundstücks bewirkt wurde. Die Rechtsprechung wendet also die wirtschaftliche Betrachtungsweise zur Beantwortung der Frage nach der Grundstückszuordnung nicht an. Dies wäre andern 319

BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 9/12, BFHE 242, 177. Hierzu insbesondere ab S. 53. 321 BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 9/12, BFHE 242, 177. 320

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falls ein Verstoß gegen den Grundsatz zur grunderwerbsteuerlichen Zuordnung von Grundstücken, wonach Grundstücke erst mit Tatbestandsverwirklichung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 ­GrEStG dem neuen Rechtsträger grunderwerbsteuerlich zuzuordnen sind. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise kann somit nicht zur Konkretisierung der Bestimmung der Reichweite der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG herangezogen werden. Demgemäß kann es bei der vollständigen Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgang i. S. d. § 16 Abs. 1 ­GrEStG auch nicht darauf ankommen, ob der Erwerber noch wirtschaftlicher Eigentümer i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO des Grundstücks geblieben ist. Zwar kann insoweit ein Gleichlauf der Zuordnung des Grundstücks aufgrund einer wirtschaftlichen Eigentümerstellung und einer grunderwerbsteuerlichen Zuordnung aufgrund Tatbestandsverwirklichung (bzw. -aufrechterhaltung) eines Erwerbsvorgangs nach § 1 ­GrEStG vorliegen, dies muss es aber nicht. 5. Teleologische Auslegung Die teleologische Auslegung ist eine Auslegung nach dem Zweck und dem erkennbaren Grundgedanken einer Regelung.322 Sie setzt die Kenntnis des Normzwecks voraus.323 Streng methodisch differenziert sie nach dem Norm- und nach dem Gesetzeszweck.324 Die Auslegung nach dem Normzweck bezieht sich unmittelbar auf die auszulegende Norm. Hingegen gehört die Auslegung nach dem Gesetzeszweck als Ganzes zu den mittelbaren Auslegungskriterien, welche nur indirekt mit der Norm zusammenhängen.325 Hieraus ergibt sich eine zweistufige Prüfung, bei der zunächst der Normzweck der betreffenden Norm selbst zu betrachten ist. Erst danach ist die Auslegung nach dem Gesetzeszweck in eine Abwägung der Auslegungskriterien und Argumente einzubeziehen.326 Um sichere Anhaltspunkte für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Rückgängigmachung des § 16 ­GrEStG zu erhalten, ist zunächst erforderlich, den Normzweck der Vorschrift selbst zu betrachten. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der Zweck des ­GrEStG327 von dem Normzweck des § 16 ­GrEStG abweicht und ggf. wie sodann die ermittelten Zwecke zu werten und abzuwägen sind.328 322

Allgemein zur teleologischen Auslegung: Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 274 ff. 323 Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 55, 63 ff. spricht von teleologischsystematischer Auslegung. 324 Höhn, in: Lang, Die Steuerrechtsordnung in der Diskussion, S. 222. 325 Höhn, in: Lang, Die Steuerrechtsordnung in der Diskussion, S. 222. 326 Höhn, in: Lang, Die Steuerrechtsordnung in der Diskussion, S. 222. 327 Siehe hierzu ab S. 45. 328 Im Ergebnis auch Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 275, wonach die teleologische Auslegung als mehrdimensionale Methode, die bei einander widersprechenden Zwecken auch die Wertung und Abwägung der vom Gesetz verfolgten Zwecke verlangt.

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a) Normzweck des § 16 ­GrEStG In den Gesetzesmaterialien zu § 17 ­GrEStG1940 heißt es329: „Das Gesetz macht bestimmte Rechtsvorgänge zum Gegenstand der Steuer, weil es davon ausgeht, daß durch diese Rechtsvorgänge in der Regel als das von den Beteiligten beabsichtigte wirtschaftliche Ergebnis ein Grundstücksumsatz verwirklicht wird. Der Grundstücksumsatz, der durch den Rechtsvorgang verwirklicht werden soll, kommt aber nicht in allen Fällen zustande oder wird aus besonderen Gründen wieder rückgängig gemacht. Die Besteuerung kann in diesem Fall für die Betroffenen eine unbillige Härte bedeuten. […] [§ 17 ­GrEStG] sieht deshalb unter bestimmten Voraussetzungen die Nichterhebung oder die Erstattung der Steuer vor.“ Dies ist, trotz seitheriger Änderungen des § 17 ­GrEStG1940, unverändert fortbestehendes gesetzgeberisches Ziel. Berücksichtigt man, dass das ­GrEStG individuelle Verhältnisse des Steuerschuldners grundsätzlich unberücksichtigt lässt und damit, anders als das EStG, auf Einzelfallgerechtigkeit weniger sensibel reagieren kann330, wird deutlich, wa­ rEStG in bestimmten Fällen nicht auf einen Bilrum sich der Gesetzgeber des G ligkeitserlass331 verlassen wollte, sondern – der Rechtssicherheitswillen – eine entsprechende Billigkeitsregelung expressis verbis geschaffen hat. Rückt man diese Billigkeitserwägungen in den Fokus, so gilt als sachlich unbillig eine Besteuerung, die zwar dem gesetzlichen Tatbestand entspricht, aber unter den besonderen Umständen des Einzelfalls den gesetzlichen Wertungen bzw. den allgemeinen Wertungen der Rechtsrichtigkeit zuwiderläuft.332 Aufgabe der Billigkeit ist daher das Ergebnis der strikten Gesetzesanwendung zu korrigieren, wenn dieses andernfalls dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck widersprechen würde.333 Nach Maßgabe dieser dem § 16 G ­ rEStG immanenten Billigkeitserwägung, ist Sinn und Zweck des § 16 ­GrEStG, Korrekturen der Grunderwerbsbesteuerung dann vorzunehmen, wenn eine Besteuerung dem Sinn und Zweck des G ­ rEStG wider­ rEStG will den Umsatz von Grundstücken erfassen334. Der Grundspricht. Das G stücksumsatz zielt auf ein wirtschaftliches Ergebnis ab, das jede Veränderung des Ist-Zustands im Sinne einer Veränderung der Grundstückszuordnung in Form der Übertragung von (bestimmten) Herrschaftsrechten i. S. v. Einwirkungsrechten an einem Grundstück auf einen anderen Rechtsträger umfasst.

329

Nunmehr § 16 ­GrEStG, damals § 17 ­GrEStG, Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (410 f.). 330 von Groll, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 227 AO Rn. 142. 331 Der Billigkeitserlass war bereits in der in § 108 RAO1919 (RGBl. 1919, 1993) und in § 131 RAO1931 (RGBl. I 1931, 161) geregelt. 332 von Groll, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 227 AO Rn. 126. 333 Loose, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 227 AO Rn. 42. 334 Hierzu und nachfolgend ab S. 45.

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Bleibt dieses wirtschaftliche Ergebnis bestehen, verbietet der Normzweck des § 16 ­GrEStG eine Korrektur der ursprünglichen Grunderwerbsbesteuerung.335 Diese Ansicht vertreten im Ergebnis auch Literatur336 und finanzgerichtliche Rechtsprechung337, wenn sie § 16 ­GrEStG als eine am Besteuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 ­GrEStG ansehen, die mit dieser in einem systematischen Zusammenhang steht. b) Keine Modifikation des Normzwecks bei Berücksichtigung des Gesetzeszwecks Das ­GrEStG erachtete auch Rechtsvorgänge, die zu keinem wirtschaftlichen Erfolg führen, aus Gründen der Rechtssicherheit und Geschäftseinfachheit für besteuerungswürdig.338 Gemeint waren und sind insbesondere die Fälle der sog. Übertragungs-Treuhand339, bei dem der Eigentümer des Grundstücks das Eigentum auf einen Treuhänder überträgt340. Hierbei wird der Treuhänder zwar bürgerlich-rechtlich Eigentümer mit unbeschränkten und unbeschränkbarer Rechtsmacht im Außenverhältnis (§ 137 S. 1 BGB). Allerdings werden seine Rechte im Innenverhältnis aufgrund einer schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung insoweit relativiert, als er die dem Eigentum innewohnenden Herrschaftsrechte nur (eingeschränkt) im Interesse des Treugebers ausüben darf.341 Der Treugeber behält sich insoweit bestimmte Herrschaftsrechte (Verwertungsmöglichkeiten) zurück, er überträgt lediglich ein um Verwertungsmöglichkeiten reduziertes, ein sog. „formales“ Eigentum auf den Treuhänder.342 Das Ergebnis ist, dass formales Eigentum und die dem Eigentum inhärenten Verwertungsmöglichkeiten ausein­ ander fallen.

335 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 11; Beachte jedoch die Besonderheiten im Zusammenhang mit den Zweiterwerbsfällen, hierzu ab S. 82. 336 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 11; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 2; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 2; Gottwald / Behrens, ­GrEStG (2015), § 16 Rn. 938. 337 Z. B. BFH, Urteil vom 9.3.1994 – II R 86/90, BFHE 173, 568. 338 Gemeint ist insbesondere der Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 2 ­GrEStG, hierzu ab S. 53. 339 Begriff nach Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), § 1 Rn. 127 ff.; zur Auffassung der Finanzverwaltung zur Treuhand: Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu grundstücksbezogenen Treuhandgeschäften sowie zu Grundstückserwerben durch Auftragnehmer bzw. Geschäftsbesorger vom 12. Oktober 2007, BStBl. I 2007, S. 757 (nachfolgend „Treuhanderlass“). 340 Denn nur in diesen Fällen findet zwar ein Rechtsvorgang im Sinne eines zivilrecht­ lichen Eigentum-Übergangs statt, allerdings behält der Treugeber Herrschaftsrechte zurück, es kommt nicht zum wirtschaftlichen Erfolg / zum Grundstücksumsatz i. S. d. Übertragung sämtlicher Herrschaftsrechte. 341 Abhängig von der jeweiligen Ausgestaltung der Treuhand-Vereinbarung, siehe hierzu Treuhanderlass. 342 Im Sinne einer reinen Grundbuchposition.

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In diesen Fallkonstellationen werden gerade nicht sämtliche Herrschaftsrechte, insbesondere in Gestalt der Veräußerungsbefugnis, auf den Erwerber übertragen. Es stellt sich die Frage, ob in diesen Fällen eine Korrektur des nach § 16 ­GrEStG rückgängig gemachten Grundstücksumsatzes überhaupt in Betracht kommt. Konkretisierend auf den Zweck ist zu prüfen, ob in derartigen Fällen der Normzweck des § 16 ­GrEStG (keine Besteuerung, weil wirtschaftlicher Erfolg wieder beseitigt wurde) von dem des G ­ rEStG (Besteuerung, obwohl kein wirtschaftlicher Erfolg eingetreten ist) abweicht und wenn ja, wie etwaige gegenläufige Zwecke in Einklang zu bringen sind. Zur Beantwortung dieser Frage sind die Veränderungen eines Treuhandverhältnisses näher zu untersuchen. Als Veränderungen kommen der Treugeberwechsel unter Aufrechterhaltung des Treuhandverhältnisses sowie die Auflösung des Treuhandverhältnisses in Betracht. Bei der Auflösung ist zu unterscheiden, ob nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung entweder (i) die formale Eigentumsposition wieder zurück auf den Treugeber übertragen wird, ob (ii) die zurückbehaltene Verwertungsmöglichkeit nunmehr vom Treugeber auf den Treuhänder übertragen wird oder, ob (iii) der Treuhänder das Eigentum an einen Dritten veräußert. Dabei wird oben aufgeworfene Frage nur in den Fällen der Auflösung des Treuhandverhältnisses durch Rückübertragung des formalen Eigentums sowie der Weiterübertragung der Verwertungsmöglichkeiten auf den Treuhänder relevant. In diesen Fällen sind nämlich das formale Eigentum und die Verwertungsmöglichkeit (zusammen der wirtschaftliche Erfolg) wieder in einer Person vereinigt, indem es zur Rückübertragung des formalen Eigentums bzw. der Weiterübertragung der Verwertungsmöglichkeit kommt. Bei Auflösung und Rückübertragung des formalen Grundstückseigentums vom Treuhänder auf den Treugeber, welcher den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ­GrEStG auslöst, soll sowohl § 3 Nr. 8 ­GrEStG als auch § 16 Abs. 2 ­GrEStG ­ rEStG vor, Anwendung finden.343 Liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 G entfällt die Steuer für die Hin- und Rückübertragung des formalen Eigentums. Dies ist konsequent, weil der Belastungsgrund des Rechtsvorgangs, durch den gleichfalls formale Herrschaftsrechte übertragen wurden, durch die Rückübertragung wieder vollständig beseitigt wird. Der ursprüngliche Veräußerer (Treugeber) wird wieder formaler Eigentümer nebst sämtlichen Verwertungsbefugnissen. Normzweck des § 16 ­GrEStG und Gesetzeszweck des ­GrEStG stehen insoweit im Einklang. Die Auflösung und Weiterübertragung der Verwertungsmöglichkeit vom Treu­ rEStG geber auf den Treuhänder stellt einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2 G dar.344 Bei der Übertragungs-Treuhand sollen die Regelungen des § 3 Nr. 8 oder § 16 Abs. 2 ­GrEStG nicht anwendbar sein.345 In diesen Fällen ist vielmehr § 1 Abs. 6 S. 2

343

Treuhanderlass, Tz. 1.3.1.1., 1.3.1.2 und 1.3.1.3. Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 144. 345 Treuhanderlass, Tz. 1.3.2. 344

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­GrEStG einschlägig.346 Dies ist gleichfalls konsequent. Es fehlt schon begrifflich an der Hin- und Rückübertragung der Verwertungsmöglichkeit, da der Treugeber sukzessive erst das formale Eigentum und später die Verwertungsmöglichkeit überträgt.347 Zudem wird durch die Übertragung der Verwertungsmöglichkeit der wirtschaftliche Erfolg nicht beseitigt, sondern vielmehr durch die Weiterübertragung auf den Treuhänder erst vollständig erfüllt. Im Übrigen wird die Steuer auf die Übertragung der Verwertungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 6 ­GrEStG nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage den Betrag übersteigt, von dem die Steuer für den Erwerb des (formalen) Eigentums berechnet wurde.348 Demgemäß kommt es für Zwecke des § 16 ­GrEStG im Ergebnis stets darauf an, dass ursprünglich übertragene Herrschaftsrechte wieder vollständig beseitigt werden. Ob diese zurückübertragenen Herrschaftsrechte nur solche im Sinne einer formalen Eigentumsposition sind, ist unerheblich. Denn sowohl die Übertragung nur formaler Eigentumsrechte als auch die (Weiter-)Übertragung der Verwertungsmöglichkeit erfüllen den Belastungsgrund des ­GrEStG. Und dieser entfällt (wie gezeigt) auch erst, wenn der Belastungsgrund wieder vollständig beseitigt ist. Normzweck des § 16 ­GrEStG und Gesetzeszweck des ­GrEStG stehen daher auch bei Rechtsvorgängen, denen kein wirtschaftlicher Erfolg zugrunde liegt, im Einklang. Es bedarf keiner Modifikation. c) Zwischenergebnis Normzweck des § 16 ­GrEStG ist die Beseitigung der Grunderwerbsbesteuerung, wenn ursprünglich übertragene Herrschaftsrechte i. S. d. Einwirkungsrechte auf den Veräußerer vollständig zurück übertragen wurden. Demgemäß sind für Zwecke des § 16 Abs. 1 ­GrEStG diejenigen Herrschaftsrechte, die auf den Ersterwerber übertragen wurden, wieder vollständig, d. h. in gleichem Umfang auf den Veräußerer zurück zu übertragen. Hat der Erwerber, beispielsweise durch einen wirksamen Kaufvertrag einen Übereignungsanspruch und mithin das Herrschaftsrecht der Weiter-Veräußerungsbefugnis erworben, liegen die Voraussetzungen der vollständigen Rückgängigmachung bereits vor, wenn diese Weiter-Veräußerungsbefugnis vollständig beseitigt ist. Der noch nicht erfüllte Kaufpreis-Rückzahlungsanspruch, das Verbleiben von Besitz, Nutzen und Lasten beim Erwerber oder das Fortbestehen einer (unwirksamen) Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Erwerbers hindern die Rückgängigmachung hingegen nicht. Für die problematischen Zweiterwerbsfälle hilft diese Aussage nur begrenzt weiter. Dies zeigen insbesondere die Vertragsgestaltungen, in denen die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags und der Kaufvertrag über die Weiterveräuße 346

Treuhanderlass, Tz. 1.3.2. Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 137. 348 Treuhanderlass, Tz. 1.3.2. 347

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rung in einer einzigen oder in aufeinanderfolgenden Urkunden zusammengefasst sind. Hier soll nach Ansicht der Rechtsprechung trotz erloschenem Übereignungs­ anspruch keine vollständige Rückgängigmachung vorliegen, weil der Veräußerer aus seiner Übereignungsverpflichtung erst mit der Unterzeichnung des Vertrags durch alle Vertragsbeteiligten und damit erst in dem Augenblick entlassen ist, in dem er bereits wieder hinsichtlich der Übereignung des Grundstücks an den Zweiterwerber gebunden ist. Nach Maßgabe der Rechtsprechung können nämlich trotz eigentlich vollständiger Rückübertragung der ursprünglich übertragenen Herrschaftsrechte auf den Veräußerer, dennoch Rechtspositionen beim Ersterwerber verblieben sein, die gleichwohl besteuerungswürdig sind. Es bedarf demnach der Analyse, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist und sodann unter welchen Voraussetzungen in den Zweiterwerbsfällen der ursprüngliche Erwerbsvorgang rückabzuwickeln ist, ohne hierdurch den Normzweck des § 16 ­GrEStG zu überdehnen.

II. Bestimmung der Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung in den Zweiterwerbsfällen 1. Teleologische Auslegung und Zweiterwerbsfälle a) Rechtstheoretische Grundlagen Es wird zunächst auf die rechtstheoretischen Grundlagen der Rechtsprechung zur Reichweite der Rückgängigmachung in den (schlichten) Zweiterwerbsfällen näher eingegangen. Deren rechtsdogmatische Begründung war lange umstritten.349 Die Entwicklung der Finanzrechtsprechung zur methodischen Auslegung des Begriffs der Rückgängigmachung vollzieht sich in mehreren Phasen. Im Wesentlichen sind drei Phasen der rechtstheoretischen Herleitung der vollständigen Rückgängigmachung erkennbar.350 Der RFH – und später auch der BFH – orientierte sich zur Auslegung des Rechtsbegriffs der Rückgängigmachung daran, ob das wirtschaftliche Ergebnis beseitigt wurde351, wobei er in diesem Zusammenhang regelmäßig § 5 RAO bzw. dessen Nachfolgeregelung § 6 StAnpG352 anwandte. Maßgebend war demnach ob in der Aufhebung und Weiterveräußerung eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt353. Später nahm der BFH eine Parallelwertung zu den Tat­ 349

Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 61 m. w. N. Zur dogmatischen Herleitung der „tatsächlichen“ Rückgängigmachung: Viskorf, DStR 1988, 206 ff.; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 61. 351 Insbesondere im Zusammenhang mit den sog. Zweiterwerbsfällen, Ott, in: ­GrEStG (1936), §  23 ­GrEStG1919 Anm. 3. 352 Vorgängerregelungen zu dem heutigen § 42 AO. 353 RFH, Urteil vom 30.3.1926 – II A 140/26, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 RS 21; RFH, Urteil vom 12.6.1923 – II A 113/23, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 Abs. 1 RS 14; RFH, Urteil vom 2.11.1926 – II A 521/26, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 Abs. 4 Nr. 3 RS 4; BFH, Urteil vom 350

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beständen des § § 1 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 Alt. 2 ­GrEStG354 vor. Diese Parallelwertung ist zwischenzeitlich in den Hintergrund getreten, da der BFH in der letz­ rEStG selbst abstellt.355 ten (derzeitigen) Phase systematisch vorwiegend auf § 1 G aa) Missbräuchliche Gestaltungen, § 5 RAO bzw. § 6 StAnpG Nach feststehender Rechtsprechung des RFH356 und des BFH357 sollte in den Zweiterwerbsfällen die Grunderwerbsteuer nach § 23 ­GrEStG1919 bzw. § 17 ­GrEStG1940 nicht erlassen bzw. erstattet werden, wenn insbesondere § 5 RAO bzw. § 6 StAnpG358 tatbestandlich erfüllt ist. Maßgebend war, ob der Erwerbsvorgang durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts zum Zwecke der Steuerumgehung oder -minderung aufgehoben bzw. rückgängig gemacht wurde und die bürgerlich-rechtlich wirksame Aufhebung grunderwerbsteuerlich nicht anzuerkennen war, weil in der Aufhebung ein Missbrauch vorlag. Hierbei nahm der RFH unterschiedliche Akzentuierungen vor. In der Entscheidung vom 12. Juni 1923359 sah der RFH die Voraussetzungen des § 5 RAO in einem Fall, in der ein Ersterwerber ein Grundstück im eigenen Namen aber für Rechnung einer noch zu gründenden GmbH gekauft hatte und der Kaufvertrag aufgehoben und gleichzeitig von der inzwischen errichteten Gesellschaft geschlossen wurde, als nicht erfüllt an. In den Entscheidungsgründen stützte der RFH sein Ergebnis insbesondere damit, dass dem Ersterwerber keinerlei Vorteile aus dem zweiten Vertrag zugeflossen waren und dieser wirtschaftlich nicht an dem Grundstücksumsatz beteiligt war. Daher sei es auch keine ungewöhnliche rechtliche Gestaltung, wenn der erste Kaufvertrag aufgehoben werde und ein zweiter Kaufvertrag zwischen dem Veräußerer und der GmbH zustande komme. Denn, 25.11.1953 – II 216/52 U, BFHE 58, 279; zu § 6 Abs. 2 StAnpG: BFH, Urteil vom 9.12.1959 – II 76/56, HFR 1961, 34; BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 141/64, BFHE 96, 326; BFH, Urteil vom 24.6.1969 – II R 132/66, BFHE 97, 92. 354 BFH, Urteil vom 4.12.1985 – II R 171/84, BFHE 145, 448; BFH, Urteil vom 7.10.1987 – II R 123/85, BFHE 152, 193; BFH, Beschluss vom 16.9.1987 – II R 84/86, BFHE 150, 573. 355 BFH, Urteil vom 9.3.1994 – II R 86/90, BFHE 173, 568; BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. 356 RFH, Urteil vom 12.6.1923 – II A 113/23, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 Abs. 1 RS 14; RFH, Urteil vom 30.3.1926 – II A 140/26, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 RS 21; RFH, Urteil vom 2.11.1926 – II A 521/26, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 Abs. 4 Nr. 3 RS 4. 357 BFH, Urteil vom 25.11.1953 – II 216/52 U, BFHE 58, 279; zu § 6 Abs. 2 StAnpG: BFH, Urteil vom 9.12.1959 – II 76/56, HFR 1961, 34. 358 Die Regelung des § 5 RAO wurde 1934 durch § 6 StAnpG1934 abgelöst. § 6 StAnpG hatte folgenden Wortlaut: „(1) Durch Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts kann die Steuerpflicht nicht umgangen oder gemindert werden. (2) Liegt ein Mißbrauch vor, so sind die Steuern so zu erheben, wie sie bei einer dem wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wäre [(3)… (4)…]“, abgedruckt in Fischer, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257.  EL), § 42 AO Rn. 7. 359 RFH, Urteil vom 12.6.1923 – II A 113/23, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 Abs. 1 RS 14.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

obgleich das wirtschaftliche Ziel auch durch Weiterverkauf oder Abtretung der Rechte aus dem Kaufvertrag des Ersterwerbers an die GmbH hätte erreicht werden können, lägen die Voraussetzungen des § 5 RAO nicht vor, da diese Regelung nur die Wahl ungewöhnlicher Rechtsformen für steuerlich unbeachtlich erkläre. Jedoch könnten die Beteiligten ihre wirtschaftlichen Ziele unter mehreren an sich möglichen und wirtschaftlichen Vorgängen entsprechenden Rechtsformen sich derjenigen bedienen, die in steuerlicher Hinsicht die für sie günstigste sei. Eine ungewöhnlicher rechtliche Gestaltung liege (nur) dann vor, wenn der wirtschaftliche Erfolg einer gewinnbringenden Weiterveräußerung und der unmittelbare Verkauf für Rechnung des ersten Käufers erzielt werde, wenn insbesondere der erste Käufer den zweiten Käufer ermittelt hat und den von diesem bewilligten Mehrpreis für sich behalten darf. Kurze Zeit später bejahte der RFH mit Urteil vom 30. März 1926360 in einem ähnlich gelagerten Fall die Annahme einer Steuerumgehung und mithin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 RAO, mit der Folge, dass das Steuer-Frei­ stellungsbegehren nach § 23 ­GrEStG1919 versagt wurde. Eine GmbH schloss mit einer Stadtgemeinde einen Kaufvertrag über ein Grundstück ab. Dieser Kaufvertrag wurde zeitnah wieder aufgehoben, wobei gleichzeitig die Stadtgemeinde dasselbe Grundstück zu denselben Bedingungen an eine Tochtergesellschaft der GmbH verkaufte. Das auf der Rückgängigmachung des ersten Erwerbsvorgangs gestützte Freistellungsbegehren der GmbH nach § 23 lit. b) Nr. 2 ­GrEStG1919 wurde in der Einspruchs- und Berufungsinstanz zurückgewiesen. Der RFH sah die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unbegründet an und entschied, dass die Regelung des § 5 RAO den Voraussetzungen des § 23 lit. b Nr.2 ­GrEStG1919 entgegenstehe. So sei bei der Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen im Zusammenhang mit Zweiterwerbsfällen nach dem Ziel der (zivilrechtlichen) Rückgängigmachung zu fragen. Sei Ziel der (zivilrechtlichen) Rückgängigmachung die bloße Beseitigung der wirtschaftlichen Folgen des Kaufvertrags, sei für die Anwendung des § 5 RAO regelmäßig kein Raum. Sei Ziel der (zivilrechtlichen) Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs hingegen, dass das Eigentum am Grundstück zugleich auf einen Dritten übertragen werde, d. h. war dem Ersterwerber am weiteren Schicksal des Grundstücks gelegen, lägen regelmäßig die Voraussetzungen des § 5 RAO vor, weil jenes Ziel für gewöhnlich durch den erneuten Abschluss eines Kaufvertrags zwischen Ersterwerber und Zweiterwerber erreicht werde. In der Entscheidung vom 2. November 1926361 präzisierte der RFH seine Anforderungen dahingehend, dass die Regelung des § 5 RAO einer Rückgängigmachung im Zusammenhang mit einem Zweiterwerbsfall grundsätzlich nur entgegenstehe, wenn der Ersterwerber das Grundstück mit Weiterveräußerungsabsicht erworben habe. In dem zugrundeliegenden Fall ging es um eine Grundstücksweiterveräuße 360

RFH, Urteil vom 30.3.1926 – II A 140/26, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 RS 21. RFH, Urteil vom 2.11.1926 – II A 521/26, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 Abs. 4 Nr. 3 RS 4. 361

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rung durch einen Makler. Ein Makler ließ sich von dem Veräußerer eine Vollmacht zum Verkauf eines Grundstücks ausstellen. Wenig später erwarb der Makler vom Veräußerer das Grundstück und inserierte selbiges in der Zeitung zum Verkauf. Hierauf bekundete ein Erwerber Interesse an dem Grundstück und es wurde vor einem Notar ein neuer Kaufvertrag zu demselben Kaufpreis zwischen Veräußerer und Erwerber geschlossen. Der ursprüngliche Kaufvertrag zwischen Veräußerer und Makler wurde aufgehoben. Im Übrigen erhielt der Makler eine Vermittlungsgebühr. Der RFH sah die Tatbestandsmerkmale des § 5 RAO für die Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs zwischen Makler und Veräußerer nach Maßgabe der bislang getroffenen Feststellungen als nicht gegeben an. Abgrenzungskriterium, ob § 5  RAO bei Zweiterwerbsfällen vorliege, sei, ob der Ersterwerber (Makler) das Grundstück gekauft hatte, um es weiterzuverkaufen. § 5 RAO sei nicht einschlägig, wenn die Aufhebung des Kaufvertrags auf einer Anregung des Verkäufers beruhe oder, wenn der Ersterwerber das Grundstück gekauft hatte, um es zu behalten, ihm der Vertrag aber dann leid wurde. Wolle der Ersterwerber in Wirklichkeit jedoch nicht von dem Vertrag frei sein, sondern war ihm vielmehr an dem Eigentumsübergang an einen Dritten gelegen, weil er z. B. die Aufhebung des Vertrages von dem Abschluss eines Vertrages mit dem Dritten abhängig macht, könne § 5 RAO zur Anwendung kommen. Für den vorliegenden Fall schlussfolgerte der RFH, dass es gerade den wirtschaftlichen Vorgängen entspreche, wenn jemand, der nur ein Kaufgeschäft vermitteln wolle und einen Käufer findet, der ursprünglich abgeschlossene Kaufvertrag oder der diesem erklärte Vertragsantrag wieder aufgehoben werde. Eine derartige Aufhebung der ursprünglichen Bindungen sei nicht missbräuchlich i. S. d. § 5 RAO. Eine hiervon abweichende Beurteilung könne sich (nur) ergeben, wenn der Makler einen wirtschaftlichen Zwischenhandel betrieben habe.362 Der BFH bestätigte in seiner Entscheidung vom 25. November 1953363 die bisherige Rechtsprechung des RFH364, wonach eine die Steuererstattung des § 17 Abs. 1 Nr.  1 ­GrEStG1940 ausschließende Steuerumgehung nach § 6 Abs. 1 StAnpG vorliege, wenn es dem Ersterwerber im Zweiterwerbsfall nicht darauf ankomme, von dem Vertrag freizukommen, sondern ihm vielmehr an der Weitergabe des Grundstücks an den Dritten gelegen ist. So versagte der BFH einem Gesellschafter einer noch zu errichtenden GmbH, der mit einem Veräußerer einen Kaufvertrag über ein Grundstück abschloss, aufhob und unter gleichen Bedingungen an die inzwischen er­ rEStG1940. richtete GmbH veräußerte, die Steuererstattung nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 G Keine Bedeutung maß der BFH dem Umstand bei, dass der Gesellschafter – anders als wohl in der Entscheidung des RFH vom 30. März 1926 – bereits von vornherein beabsichtigte das Grundstück der in der Entstehung befindlichen GmbH zuzufüh 362

Diese Schlussfolgerung resultiert aus dem Umstand, dass dann die Voraussetzungen der § 1 Abs. 1 Nr. 5–7 ­GrEStG erfüllt sein können. 363 BFH, Urteil vom 25.11.1953 – II 216/52 U, BFHE 58, 279. 364 Hierzu ab S. 86.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

ren. Entscheidend sei vielmehr, dass der Gesellschafter aufgrund des ursprünglichen Kaufvertrags selbst in der Lage war, seinen Grundstücksübereignungs­ anspruch an die GmbH zu übertragen, jedoch als ungewöhnlichen Weg den Umweg über den Veräußerer wählte. Insoweit gab der Ersterwerber das Grundstück dem Veräußerer nicht wieder zur beliebigen Verwendung, d. h. gegebenenfalls zu einer Veräußerung an einen anderen Dritten, frei. In früheren Entscheidung, so beispielsweise in dem Urteil vom 20. Oktober 1965365 hob der BFH hervor, dass es dem Steuerpflichtigen nicht verwehrt werden könne, seine Rechtsverhältnisse beliebig zu gestalten, selbst wenn diese Gestaltung aus Steuerersparnisgründen geschehe. Daher könne ein Gestaltungsmissbrauch nicht schon dann bejaht werden, wenn für ein bestimmtes Ziel ein nach bürger­ lichem Recht ungewöhnlicher Weg gewählt werde. Entscheidend müsse hinzukommen, dass durch diesen ungewöhnlichen Weg ein steuerlicher Erfolg erreicht werde, der bei sinnvoller – Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigenden – Auslegung vom Gesetz missbilligt werde. Aufgrund dieser nunmehr gebotenen Zurückhaltung sei bei § 17 ­GrEStG1940 die Frage eines Gestaltungsmissbrauchs unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu beantworten. In der Entscheidung vom 6. Mai 1969366 stellt der BFH daher klar, dass die Vergünstigung des § 17 ­GrEStG1940 wegen eindeutiger Steuerumgehungsabsicht nur (und immer dann) zu versagen sei, wenn der Ersterwerber trotz Aufhebung des ersten Vertrags auf die Weiterveräußerung des Grundstücks an einen bestimmten Dritten entscheidenden Einfluss nehme. Tragender Gedanke sei, dass der Ersterwerber unter Nutzung seiner rechtlichen Stellung im Ergebnis selbst wie ein Veräußerer das Grundstück an den von ihm bestimmten Dritten weiterveräußern lasse. Dies gelte unabhängig davon, ob er das Grundstück von vornherein mit Weiterveräußerungsabsicht erwirbt, um es schon jetzt „sicherzustellen“, oder nachträglich den ursprünglichen Grundstückseigentümer zur Aufhebung des ersten Vertrags bewegt und die Aufhebung bindend vom Abschluss des Weiterveräußerungsvertrags an den von ihm benannten neuen Erwerber abhängig macht.367 Fällen dieser Art sei gemeinsam, dass nicht der Veräußerer, sondern allein der Ersterwerber an der Aufhebung des ersten Vertrages interessiert ist und dies nicht um aus dem Vertrag freizukommen, sondern weil ihm allein an der Weitergabe des Grundstücks an den von ihm gewünschten Dritten gelegen ist.

365

BFH, Urteil vom 20.10.1965 – II 119/62 U, BFHE 83, 545. BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 141/64, BFHE 96, 326. 367 Damit entgegen RFH, Urteil vom 2.11.1926 – II A 521/26, Mrozek Kartei, RAO 1919, § 5 Abs. 4 Nr. 3 RS 4. 366

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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bb) § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 ­GrEStG In späteren Entscheidungen verzichtete der BFH – entgegen der früheren Auffassung – auf die Heranziehung des § 6 StAnpG, stattdessen gewann er dasselbe steuerrechtliche Ergebnis unmittelbar durch (teleologische)  Auslegung des Tat­ ­ rEStG1940 bezwecke unter bestandsmerkmals der „Rückgängigmachung“.368 § 17 G den dort genannten Voraussetzungen die Nichterhebung oder die Erstattung der Steuer, wenn der Grundstücksumsatz nicht zustande gekommen oder wieder rückgängig gemacht worden ist. Für die Rückgängigmachung reiche es nicht aus, das Verpflichtungsgeschäft formal aufzuheben, da allein durch diese formale Aufhebung der Grundstücksumsatz nicht rückgängig gemacht werde. Erforderlich sei vielmehr sämtliche Beziehungen rechtlicher oder tatsächlicher Art von grunderwerbsteuerlicher Relevanz wieder zu beseitigen.369 Rechtsdogmatisch zog der BFH die Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 Alt. 2 ­GrEStG heran. Die Vertragspartner müssten derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangt. Diese erlange der Veräußerer aber nicht zurück, wenn die Auswechselung des Ersterwerbers gegen einen Dritten einen Zwischenerwerb des Ersterwerbers ersetzt oder dessen eigenen wirtschaftlichen Interessen dient, da dies einer Abtretung der Rechte i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 Alt. 2 ­GrEStG gleichkomme.370 Die Vorschriften der § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 Alt. 2 ­GrEStG dienen der steuerlichen Erfassung von Zwischengeschäften, welche den Veräußerer binden. Aufgrund dieser neuen Bindung erlange der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsposition daher nicht wieder zurück. cc) Innerer, systematischer Zusammenhang zu § 1 ­GrEStG Seit der Entscheidung des BFH vom 9. März 1994371 erachtet die finanzgerichtliche Rechtsprechung unter Zugrundelegung von Sinn und Zweck sowie der Gesetzessystematik den systematischen Zusammenhang zwischen § 1 ­GrEStG und § 16 ­GrEStG als maßgebenden dogmatischen Unterbau für die Beurteilung der vollständigen Rückgängigmachung.

368 BFH, Urteil vom 29.9.1976 – II R 163/71, BFHE 120, 405; BFH, Urteil vom 6.10.1976 – II R 131/74, BFHE 120, 557; BFH, Urteil vom 10.2.1988 – II R 145/85, BFHE 152, 550. 369 Hierzu und nachfolgend BFH, Urteil vom 4.12.1985 – II R 171/84, BFHE 145, 448; Nach Viskorf, DStR 1988, 206 (206) ergebe sich dies aus § 17 ­GrEStG selbst, da kein Raum für eine Festsetzung bzw. Aufrechterhaltung der Grunderwerbsteuer verbleibe, wenn von dem Grundstücksumsatz, den das ­GrEStG erfassen will, nichts mehr übrig bleibt. 370 BFH, Urteil vom 4.12.1985 – II R 171/84, BFHE 145, 448. 371 BFH, Urteil vom 9.3.1994 – II R 86/90, BFHE 173, 568.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

§ 16 G ­ rEStG sei eine am Besteuerungszweck orientierte Korrekturvorschrift zu § 1 ­GrEStG. Die durch Verwirklichung eines der Rechtsvorgänge des § 1 ­GrEStG entstandene Steuer entfalle (erst) wieder, wenn es zu den durch diese Rechtsvorgänge intendierten Grundstücksumsätzen tatsächlich (wirtschaftlich) nicht kommt oder nicht auf Dauer verbleibt. Daher könne im Rahmen der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG nicht nur abgestellt werden auf die (zivilrechtliche) Aufhebung eines Rechtsvorgangs i. S. von § 1 ­GrEStG, sondern es müsse auch dessen tatsächliche (wirtschaftliche)  Rückgängigmachung verlangt werden. Dies erfordere, dass zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber alle Beziehungen tatsächlicher und rechtlicher Art, die von grunderwerbsteuerlicher Relevanz sind, beseitigt sein müssen. b) Stellungnahme zu den rechtstheoretischen Grundlagen aa) Abgrenzungskriterium nach § 5 RAO bzw. § 6 StAnpG Die Abkehr der Rechtsprechung von der Missbrauchsformel ist zu begrüßen372, wenn man berücksichtigt, dass sich die Missbrauchsformel aus subsumtionsun­ fähigen Definitionselementen zusammensetzte und deren Umschreibungen durch die Rechtsprechung sich weitgehend in Leerformeln erschöpfte, indem eine „Unbe­ kannte durch eine andere ersetzt“373 wurde. Zudem wies die etwaige Konkretisierung der für § 5 RAO bzw. § 6 StAnpG erforderlichen „Unangemessenheit“ keinen ­ rEStG auf374 und konnte Konnex zur gesetzlichen Belastungsentscheidung des G damit kein Mehr an Rechtssicherheit gewährleisten. Gleichfalls waren die Anforderungen an den erforderlichen eindeutigen Nachweis einer fehlenden Steuerumgehungsabsicht375 sowie an das Vorliegen beachtlicher Gründe nicht steuerlicher Art376 der Rechtssicherheit im Einzelfall nicht dienlich. ­ rEStG1983 /  Hingegen führt der direkte Zugriff auf die Wertungen des § 17 G § 16 ­GrEStG zu rechtsmethodisch saubereren Ergebnissen, insbesondere, weil der hinter einer Norm stehende Zweck eine konkretere Aussage enthält, als eine missbrauchsverhindernde Generalklausel377. Weiterer praktischer Vorteil der Abkehr von der Missbrauchsformel zu einer Auslegung nach dem Sinn und Zweck lag darin, dass objektive Umstände (steuerbarer Erwerbsvorgang) leichter festzustellen

372

Zur Kritik im Rahmen der Anwendung der Missbrauchsformel z. B.: Heise, DStR 1967, 539 (540 ff.). 373 Kirchhof, StuW 1983, 173 (176). 374 Fischer, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 42 AO Rn. 74. 375 BFH, Urteil vom 2.3.1966 – II 113/61, BFHE 86, 396; dies kritisierend: Viskorf, DStR 1988, 206 (209). 376 BFH, Urteil vom 18.12.1963 – II 198/61, HFR 1964, 246. 377 Fischer, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 42 AO, Rn. 427; Kirchhof, StuW 1983, 173 (178, 181).

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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sind, als das subjektive Element der Steuerumgehungsabsicht als einem schwer feststellbaren inneren Tatbestandsmerkmal.378 bb) Abgrenzungskriterium nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 7 ­GrEStG Mit der Begründung, dass es für Zwecke des § 16 Abs. 1 ­GrEStG maßgebend auf das aufzuhebende Rechtsverhältnis und gerade nicht auf ein diesem nachfolgendes Rechtsverhältnis ankomme, sieht Viskorf die rechtstheoretischen Grundlagen der Rückgängigmachung nicht in § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 ­GrEStG379. Entscheidend sei vielmehr, ob Bindungen von grunderwerbsteuerlicher Relevanz zwischen den ursprünglichen Vertragsbeteiligten bestehen geblieben sind. Folglich könne es für Zwecke der Rückgängigmachung nicht auf tatsächliche oder rechtliche Beziehungen des Erst- zu einem Zweiterwerber, insbesondere nicht auf die Steuerbarkeit eines nachfolgenden Rechtsvorgangs ankommen. Dies zeige sich auch in ­ rEStG, wonach für die Frage der Steuerbarkeit eines Rechtsvorgangs § 1 Abs. 6 G jeder einzelne Erwerbsvorgang getrennt zu beurteilen und zu besteuern sei.380 Da die Regelungen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 ­GrEStG das ursprüngliche (rückgängig gemachte) Vertragsverhältnis jedoch nicht betreffen, könne dieses Abgrenzungskriterium gerade nicht zur Reichweite der Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs herangezogen werden. Der Ansicht von Viskorf kann nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Zwar ist einleuchtend, dass für die Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs die Rechtsbeziehung zwischen den ursprünglich Beteiligten maßgeblich sein muss. Dies gilt insbesondere für alle Erwerbsvorgänge des § 1 ­GrEStG, die das Innehaben einer grunderwerbsteuerlichen Rechtsposition der Besteuerung unterwerfen und, die nur im Zwei-Personenverhältnis tatbestandsverwirklichend sind. Allerdings erachtet das ­GrEStG auch das Gebrauchmachen einer Rechtsposition unter bestimmten Voraussetzungen als grunderwerbsteuerbar, was regelmäßig Drei-Personenverhältnisse betrifft. Diesem Umstand muss im Rahmen der Rückabwicklung ebenfalls Rechnung getragen werden. cc) Abgrenzungskriterium nach innerem, systematischem Zusammenhang zu § 1 ­GrEStG ­ rEStG bestehenden systematischen Nach Maßgabe des zwischen § 1 und § 16 G Zusammenhangs sind für Zwecke der vollständigen Rückgängigmachung nach § 16 378

Viskorf, DStR 1988, 206 (209). Viskorf, DStR 1988, 206 (207) m. w. N. Kritisch zu diesem Abgrenzungskriterium auch Kilches, DVR 1986, 75 (76). 380 BFH, Urteil vom 10.2.1988 – II R 145/85, BFHE 152, 550 verweist noch auf § 1 Abs. 5 ­GrEStG1940, der allerdings inhaltsgleich zu § 1 Abs. 6 ­GrEStG in seiner heutigen Fassung ist. 379

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Abs. 1 G ­ rEStG alle Beziehungen zwischen Veräußerer und Erwerber tatsächlicher und rechtlicher Art, die von grunderwerbsteuerlicher Relevanz sind, zu beseitigen. Dem Grunde nach ist das Rekurrieren auf die Systematik zutreffend. Allerdings setzt sich die Rechtsprechung hinsichtlich der Anforderung an die „Beseitigung von tatsächlichen und rechtlichen Bindungen (von grunderwerbsteuerlicher) Relevanz“ teilweise in Widerspruch. In einigen Entscheidungen führten fortbestehende Bindungen erst zur Versagung des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG, wenn sie selbst geeignet waren, den Tatbestand des § 1 ­GrEStG zu verwirklichen, so beispielsweise bei Fortbestehen des Übereignungsanspruchs381. Dem ist zuzustimmen, da es systematisch richtig ist, fortbestehende grunderwerbsteuerlich relevante Bindungen zu fordern. Alternativ stand jede beliebige fortbestehende Rechtsposition einer vollständigen Rückgängigmachung entgegen, etwa eine fortbestehende Auflassungsvormerkung ohne Löschungsbewilligung oder ein nicht zurückgezahlter Kaufpreis382. Systematisch lässt sich diese Anforderung nicht rechtfertigen, wenn feststeht, dass weder der Anspruch auf Kaufpreis-Rückzahlung noch eine unwirksame Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers per se geeignet sind, grunderwerbsteuerwürdige Sachherrschaftsrechte im Sinne der Einwirkungsrechte beim Erwerber zu begründen oder aufrechtzuerhalten. Insoweit war nicht verwunderlich, dass verfassungsrechtliche Zweifel erhoben wurden, wonach die Anforderungen an die „tatsächliche Rückgängigmachung“ gegen den klaren Gesetzeswortlaut verstoßen und deshalb verfassungswidrig seien.383 c) Jüngste Entwicklungen der rechtstheoretischen Grundlagen In jüngster Zeit scheint der von der Rechtsprechung gewählte dogmatische ­ rEStG und § 16 Unterbau des systematischen Zusammenhangs zwischen § 1 G ­GrEStG, zumindest in den Zweiterwerbsfällen, zu verwässern. Zwar soll es nach ständiger Rechtsprechung weiterhin auf das Nicht-Mehr-Verfügen-Können des Ersterwerbers und die Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsposition des Veräußerers ankommen. Allerdings prüft der BFH das Kriterium der vollständigen Rückgängigmachung im Rahmen von (schlichten) Zweiterwerbsfällen nunmehr regelmäßig danach, ob dem Ersterwerber trotz wirksamer Vertragsaufhebung (i) die Möglichkeit der Verwertung (ii) einer aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben ist und er (iii) die ihm verbliebene Rechtsposition im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse tatsächlich verwertet hat.384 381

BFH, Urteil vom 29.9.1976 – II R 163/71, BFHE 120, 405. So BFH, Beschluss vom 10.7.1996 – II B 139/95, BFH / N V 1997, 61 m. w. N. 383 Vortrag des Steuerpflichtigen und diesen im Ergebnis verneinend, BFH, Urteil vom 9.3.1994 – II R 86/90, BFHE 173, 568. 384 Seither st. Rspr.: BFH, Urteil vom 23.8.2006 – II R 8/05, BFH / N V 2007, 273; BFH, Urteil vom 28.3.2012 – II R 42/11, BFH / N V 2012, 1486. 382

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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Bislang nicht untersucht wurde, ob diese von der Rechtsprechung gewählte Formel zur Bestimmung der Reichweite und mithin zur Konkretisierung der vollständigen Rückgängigmachung erforderlich und zulässig ist. Zudem steht nicht hinreichend fest, ob eine Rechtsposition verblieben sein muss, die ihrerseits geeignet ist zu einer grunderwerbsteuerlich relevanten Änderung der Grundstückszuordnung zu führen. aa) Kombination aus § 1 Abs. 1 Nr. 6385 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG Naheliegend ist, dass es sich bei dem Kriterium der Verwertung einer aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang herzuleitenden verbliebenen Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse um eine in Anlehnung an die § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG modifizierte Anforderung handelt386. Denn sowohl ­ rEStG setzen zur Tatbestandsverwirklichung § 1 Abs. 1 Nr. 6 als auch § 1 Abs. 2 G eine bestimmte vom Veräußerer eingeräumte Rechtsposition (Kaufangebot / rechtliche oder wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit), die vom Erwerber verwertet wird, voraus. Dabei differenzieren die einzelnen Regelungen hinsichtlich der Qualität der einzuräumenden Rechtspositionen wie folgt: (1) Verwertung einer verbliebenen Rechtsposition Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 G ­ rEStG ist ein Rechtsgeschäft grunderwerbsteuerbar, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründet. Nach S. 2 steht dem Kaufangebot ein Angebot zum Abschluss eines anderen Vertrags gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann. Gesetzgeberische Intention dieser Regelungen war und ist Steuerumgehungen mit Hilfe von Zwischenhandelsgeschäften zu verhindern.387 Die legislative Entscheidung für die Begriffe Kaufangebot (S. 1) und Angebot zum Abschluss eines anderen Vertrags (S. 2) zeigen, dass sowohl der einseitige Vertragsantrag (Vertragsangebot) im Sinne einer einseitigen empfangsbedürf­ tigen Willenserklärung als auch der in einem Vertrag eingekleidete Vertragsantrag (Ankaufs- / Optionsvertrag) tatbestandsmäßig sein können388. Allerdings muss das Vertragsangebot rechtswirksam, d. h. unter Beachtung der Formvorschriften 385

Hier und im Nachfolgenden kommt alternativ stets § 1 Abs. 1 Nr. 7 Alt. 2 ­GrEStG in Betracht, so dass sämtliche zu § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG gemachten Ausführungen entsprechend gelten. 386 Behrens / Schmitt, UVR 2008, 370 (371) stellt fest, dass nunmehr die Rückgängigmachung nicht mehr an § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 ­GrEStG zu messen sei, sondern vielmehr an § 1 Abs. 2 ­GrEStG, obgleich in den Entscheidungsgründen die Regelung des § 1 Abs. 2 ­GrEStG nicht zitiert werde. 387 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, linke Spalte). 388 BFH, Urteil vom 31.5.1972 – II R 162/66, BFHE 106, 367.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

des § 311b BGB abgegeben worden sein389, weil nur dann der Angebotsempfänger die von § 1 Abs. 1 Nr. 6 vorausgesetzte Rechtsmacht hat, mit dem Kaufangebot zu handeln390. Nach Maßgabe der gesetzgeberischen Intention wird zur Tatbestandsverwirklichung weiterhin vorausgesetzt, dass die sich aus einem rechtswirksamen Angebot ergebenden Rechte vom Angebotsempfänger an einen Dritten abgetreten werden und der Kauf zwischen dem Veräußerer und dem Abtretungsempfänger tatsächlich zustande kommt.391, Erst und frühestens zu diesem Zeitpunkt kann die Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG entstehen.392 Voraussetzung für die Verwirk­ lichung von § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG ist somit ein (der Übertragung der Rechte aus einem rechtswirksamen Kaufangebot) nachfolgender steuerbarer Erwerbsvorgang zwischen Veräußerer und Abtretungsempfänger. Nach § 1 Abs. 2 ­GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer solche Rechts­ vorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Als Ersatztatbestand dient die Vorschrift der Ver­ rEStG hinderung von Umgehungen der in den Grundtatbeständen des § 1 Abs. 1 G normierten Steuerpflicht.393 Die Verwertungsbefugnis i. S. d. § 1 Abs. 2 G ­ rEStG wird dabei aus einem bzw. aus einem Bündel von Rechtsvorgängen erlangt394 – in der Regel aus Verträgen des Verwertungsberechtigten mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer395 – die eine auf dem Rechtsvorgang beruhende rechtliche oder wirtschaftliche Rechtsmacht des Erwerbers erzeugt.396 Als rechtlicher Ausgangspunkt für die Qualität der rechtlichen oder wirtschaftlichen Rechtsmacht und mithin für eine Definition der Verwertungsmöglichkeit dient nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein wertender Vergleich mit den einem Eigentümer zustehenden Rechten.397 Demge­ rEStG aus zwei Mögmäß kann sich die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 G lichkeiten der Verwertung ergeben, nämlich aus dem Recht zur Nutzung und aus dem Recht, das Grundstück (wie ein Zwischenerwerber) auf eigene Rechnung zu 389

BFH, Urteil vom 31.5.1972 – II R 162/66, BFHE 106, 367. BFH, Urteil vom 10.7.1974 – II R 89/68, BFHE 113, 474; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 512. 391 BFH, Urteil vom 6.5.1969  – II 131/64, BFHE 96, 201; BFH, Urteil vom 6.9.1989  – II R 135/86, BFHE 158, 135; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 509. 392 BFH, Urteil vom 24.1.1990 – II R 138/87, BFH / N V 1991, 119; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 535. 393 BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360. 394 BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360. 395 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 562; Bruschke, UVR 2006, 316 (317). 396 BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360. 397 BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360 (366), so kann § 1 Abs. 2 ­GrEStG unter der (rechtlichen oder wirtschaftlichen) Möglichkeit, ein Grundstück „auf eigene Rechnung zu verwerten“, nur eine Rechtsmacht verstanden werden, welche schwächer ist als die des unbeschränkten Eigentümers. 390

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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veräußern.398 Ob beide Verwertungsmöglichkeiten jeweils vollständig verwirklicht werden, ist unerheblich, vielmehr soll ausreichend sein, wenn die Verwertungsbefugnis durch Umstände begründet wird, die teils dem einen und teils dem anderen Bereich zugehören.399 Da es sich allerdings bei der Verwertungsmöglichkeit durch Veräußerung um die stärkste Form der Verwertungsmacht handelt, soll auf diese nicht verzichtet werden können.400 Umgekehrt muss die Nutzungsbefugnis insbesondere in Fällen, in denen ein Grundstück zur Veräußerung auf Rechnung des Verwertungsbefugten überlassen wird, nicht zwingend eingeräumt werden, da sich in der Veräußerung auf eigene Rechnung die umfassendste Form der wertmäßigen Substanzbeteiligung am Grundstück ausdrückt.401 Auf jeden Fall verlangt § 1 Abs. 2 ­GrEStG stets eine Gesamtbetrachtung aller der dem jeweiligen Rechtsvorgang zugrundeliegenden Vereinbarungen über die Einräumung rechtlicher oder wirtschaftlicher Rechtsmacht.402 Die im Rahmen zur Prüfung von § 1 Abs. 2 G ­ rEStG von der Rechtsprechung vorgenommene Gesamtbetrachtung sowie die jeweils unterschiedlichen Ausprägungsmöglichkeiten von Veräußerungs- und Nutzungsbefugnis führten dazu, dass sich in der Rechtspraxis eine detaillierte Kasuistik herausgebildet hat.403 Im Zusammenhang mit den Rückabwicklungs- und Zweiterwerbsfällen ist relevanteste Fallgruppe die der sog. Veräußerungsermächtigung. Hier wie dort veräußert nicht der Eigentümer selbst, sondern ein (ermächtigter) Dritter das Grundstück, der zugleich insoweit auf die Eigentumszuordnung an dem Grundstück einwirkt. Die dieser Fallgruppe zugrundeliegende Regelungswirkung wurde ursprünglich von § 5 Abs. 4 Nr. 5 ­GrEStG1919 erfasst, wonach grunderwerbsteuerbar auch solche Rechtsgeschäfte waren, durch die jemand ermächtigt wurde, ein Grundstück ganz oder teilweise auf eigene Rechnung zu veräußern. Dieser Regelungs­ rEStG1940 übernommen, gehalt wurde nicht wortgetreu in das Nachfolgesetz des G sollte aber nach dem gesetzgeberischen Willen künftig von § 1 Abs. 2 G ­ rEStG1940 404 umfasst sein . Die Veräußerungsermächtigung erfasst verschiedene Konstellationen, die es einem Dritten (Ermächtigten / Bevollmächtigten) ermöglichen, auf die zivilrecht 398

BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360; BFH, Urteil vom 29.7.2009 – II R 2/08, BFH / N V 2009, 1833. 399 BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360. 400 Str. z. B. bei der Verwertungsbefugnis aufgrund eines Einbringungsvorgangs quoad sortem, Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 81. 401 BFH, Urteil vom 2.12.1971 – II 136/65, BFHE 105, 165. 402 So z. B. die Betrachtung der Gesamtheit vereinbarter Abreden und Verträge in BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360; BFH, Beschluss vom 17.2.1993 – II B 118/92, BFH / N V 1994, 123 sowie Loose, EFG 2004, 840 (841) mit (nicht abschließenden) Hinweisen für die Praxis, welche Entscheidungskriterien für bzw. gegen das Vorliegen der Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 ­GrEStG sprechen können. 403 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), § 1 Rn. 549; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 80 ff.; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 248 ff. 404 Begründung zum ­GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 377 (391, rechte Spalte).

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

liche Zuordnung des Grundstückseigentums einzuwirken.405 Die Einwirkung kann unmittelbar durch eigene Eingriffsbefugnis des Ermächtigten aufgrund Einwilligung nach § 185 Abs. 1 BGB (im eigenen Namen) oder des Bevollmächtigten aufgrund sog. Auflassungsvollmacht nach §§ 164 ff. BGB (im fremden Namen) erfolgen. Eine mittelbare Einflussnahme auf die Grundstückszuordnung ist möglich aufgrund Verkaufsvollmacht nach §§ 164 ff. BGB oder aufgrund einer sonstigen schuldrechtlichen Verpflichtung des Eigentümers, dass er einen von dem Ermächtigten bzw. Bevollmächtigten angebahnten Grundstücksverkaufsvertrag abschließen und erfüllen werde.406 Diesbezüglich ist eine Befugnis zur dinglichen Verfügung über das Grundstück nicht erforderlich. Jede Verpflichtung des Eigentümers, wonach der Ermächtigte bzw. Bevollmächtigte von diesem die Veräußerung des Grundstücks an bestimmte Personen verlangen kann, ist ausreichend (aber auch notwendig)407. Das Einhalten von Beurkundungspflichten für die zu erteilende Vollmacht ist dabei nicht zwingend, sofern die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis eintreten und bestehen lassen (§ 41 Abs. 1 S. 1 AO).408 Welche weiteren Anforderungen an die Veräußerungsermächtigung bzw. -vollmacht zu stellen sind, z. B. ob es der Einräumung von Vertragsstrafen bedarf, weil hierdurch die freie Entschließung des Eigentümers zusätzlich beeinträchtigt wird oder, ob es einer unwiderruflichen und / oder unbefristeten Vollmachtserteilung bedarf, werden unterschiedlich beantwortet.409 Jene Fragen werden verstärkt im Zusammenhang mit dem Tatbestandselement auf eigene Rechnung thematisiert. So soll bei Vorliegen von (i) befristeten Vollmachten, (ii) mehreren gleichzeitig erteilten Vollmachten, (iii) Vollmachten mit dem Vorbehalt des Eigentümers, das Grundstück selbst zu veräußern oder (iv) Vollmachten, die nur mit Zustimmung des Eigentümers ausgeübt werden können, dem Verwerter lediglich eine bloße Chance der Substanzbeteiligung ein­ rEStG nicht ausreichend sei.410 In geräumt sein, was für Zwecke des § 1 Abs. 2 G

405

Zu § 5 Abs. 4 Nr. 5 ­GrEStG1919 siehe insbesondere RFH, Urteil vom 12.7.1933 – II A 21/33, RFHE 34, 93 (96 ff.). 406 Siehe hierzu instruktiv RFH, Urteil vom 12.7.1933 – II A 21/33, RFHE 34, 93 (96 ff.); zur zivilrechtlichen Beurkundungspflicht siehe Schumacher, in: Staudinger BGB (Buch 2/§§ 311, 311a-c), § 311b Rn. 104. 407 BFH, Urteil vom 10.3.1999 – II R 35/97, BFHE 188, 444 (447). 408 BFH, Urteil vom 10.11.1976 – II R 95/71, BFHE 120, 412; BFH, Urteil vom 14.9.1988 – II R 116/85, BFHE 155, 153. 409 Dies wohl fordernd RFH, Urteil vom 12.7.1933 – II A 21/33, RFHE 34, 93 (97); a. A. Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 195, wonach es auf die konkrete Ausgestaltung der Veräußerungsermächtigung nicht ankomme, mit Verweis auf die Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG, die ebenfalls keine Vereinbarung über Vertragsstrafen oder die Absicherung durch Vormerkung verlange; offen gelassen in BFH, Beschluss vom 17.2.1993 – II B 118/92, BFH / N V 1994, 123. 410 Zu Fall (i) und (ii) siehe BFH, Urteil vom 10.11.1976 – II R 95/71, BFHE 120, 412; zu Fall (iii) Gottwald / Behrens, G ­ rEStG (2015), § 1 Rn. 172; zu Fall (iv) Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 620.

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diesen Fällen sei § 1 Abs. 2 ­GrEStG daher erst mit Abschluss des Kaufvertrags aufgrund der erteilten Vollmacht verwirklicht, weil der Verwerter erst hierdurch eine Rechtsstellung erlangt hat, die wirtschaftlich der Stellung eines Eigentümers ähnlich ist.411 (2) Im eigenen wirtschaftlichen Interesse vs. auf eigene Rechnung Neben der Verwertung einer bestimmten Rechtsposition setzen die Regelungen ­ rEStG die Erfüllung weiterer (teils ungeder § 1 Abs. 1 Nr. 6 sowie § 1 Abs. 2 G schriebener) Tatbestandselemente voraus. Aus der genannten Erwägung, dass § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG den Handel mit Kaufangeboten erfassen will, verlangt die Rechtsprechung, dass der Angebotsempfänger die Absicht oder die Möglichkeit hatte, mit dem Kaufangebot zu handeln, indem entweder ein (etwaiger vermiedener) Zwischenerwerb ersetzt wurde, der entsprechend dem gewollten wirtschaftlichen Ergebnis geboten gewesen wäre, oder bei Verwertung des Kaufvertragsangebotes eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt wurden412. Die „Verfolgung wirtschaftlicher Interessen“ konkretisiert der BFH als Möglichkeit bei der Weitergabe des Grundstücks unter Ausnutzung der Rechtsstellung als Angebotsempfänger wirtschaftliche Vorteile aus dem Handel mit einem Grundstück zu ziehen, indem er wie ein Eigentümer oder Zwischenhändler verfährt413. Hinsichtlich des Umfangs des wirtschaftlichen Interesses führt der BFH weiter aus, dass das bloße Interesse an dem Abschluss eines Grundstückskaufvertrags – in Anlehnung an den bloßen Maklervertrag oder an den bloßen Stellvertreter – nicht zur Verfolgung eigener wirtschaftlicher Interesse ausreichend sei414, da der Makler seine Provision bereits dafür erhalte, dass der Grundstückskaufvertrag zustande kommt; insoweit werde kein Handel mit Kaufangeboten verfolgt. Bejaht wird das wirtschaftliche Interesse hingegen insbesondere, wenn der Angebotsempfänger den zu benennenden Käufer (Abtretungsempfänger) zum Abschluss weiterer Verträge bestimmt hat415. Weiterhin sei kein grundstücksbezogenes wirtschaftliches Interesse im Sinne eines wirtschaftlichen Vorteils mit Be-

411

BFH, Urteil vom 18.12.1985 – II R 180/83, BFHE 145, 451. Erstmals BFH, Urteil vom 10.7.1974 – II R 89/68, BFHE 113, 474; der die Fälle des Benennungsrechtes mit den wirtschaftlich kaum abweichenden Fällen, in denen einem Makler ein Kaufangebot gemacht und ihm gleichzeitig Verkaufsvollmacht eingeräumt wird, verglich und insoweit, wie § 1 Abs. 2 ­GrEStG, eine Verwertung auf eigene Rechnung forderte. BFH, Urteil vom 16.4.1980 – II R 141/77, BFHE 130, 428 stellte dann auf den eigenen Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG ab und entwickelte das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des Handelns „im eigenen wirtschaftlichen Interesse“; so auch die nachfolgende Rechtsprechung, z. B. BFH, Urteil vom 6.9.1989 – II R 135/86, BFHE 158, 135. 413 BFH, Urteil vom 18.12.2002 – II R 12/00, BFHE 201, 319. 414 BFH, Urteil vom 18.12.2002 – II R 12/00, BFHE 201, 319. 415 BFH, Urteil vom 16.4.1980 – II R 141/77, BFHE 130, 428. 412

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zug zum Grundstück notwendig416. Ausreichend sei, dass konkrete wirtschaftliche Vorteile aus dem Handel mit einem Grundstück resultieren.417 Daneben soll weder erforderlich sein, dass der Angebotsempfänger bei der Ausübung des Benennungsrechts den erhofften wirtschaftlichen Vorteil tatsächlich erzielte418, noch, dass es sich bei den wirtschaftlichen Interessen um unmittelbar eigene Belange handelt, sodass auch die wirtschaftlichen Interessen Dritter maßgebend sein können.419 Insoweit differenziert und konkretisiert der BFH hinsichtlich der Ausrichtung des wirtschaftlichen Interesses folgendermaßen: Der Angebotsempfänger kann (i) im eigenen wirtschaftlichen Interesse, (ii) im wirtschaftlichen Interesse eines Dritten, (iii) im Interesse des Veräußerers oder (iv) im Interesse des Erwerbers handeln. Soweit der Angebotsempfänger im auch eigenen wirtschaftlichen Interesse tätig werde, sei eben genannte Differenzierung nach der Ausrichtung unerheblich, da in diesen Fällen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal stets erfüllt sei.420 Hingegen sei ein Handeln des Angebotsempfänger ausschließlich im Interesse des Veräußerers421 oder des Erwerbers422 nicht tatbestandsverwirklichend, da dann kein Handel mit Kaufangeboten vorliege. Bei der Verfolgung (auch) wirtschaftlicher Interessen eines Dritten komme es einschränkend darauf an, ob im Hinblick auf die Ausübung des Benennungsrechts vertragliche Bindungen (egal welcher Art) zu dem Dritten bestünden.423 Für den Fall, dass eine (Personen- oder Kapital-) Gesellschaft Angebotsempfängerin und damit benennungsberechtigt ist, sollen eigene wirtschaftliche Interessen der Gesellschafter nicht tatbestandserfüllend sein; vielmehr müsse durch die Ausübung des Benennungsrechts ein konkreter Vermögensvorteil bei den Gesellschaftern eintreten, welcher über das bloße Interesse als Gesellschafter hinausreiche424. Eben genannte Konkretisierungen zum eigenen wirtschaftlichen Interessen, welche die Rechtsprechung zu § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG herausgearbeitet hat, werden seit dem Urteil des BFH vom 19. März 2003 nunmehr regelmäßig bei der 416 In diese Richtung: BFH, Urteil vom 18.12.2002 – II R 12/00, BFHE 201, 319, wonach diese Voraussetzung bei Ausübung der sonst dem Veräußerer gegebenen Möglichkeit, den jeweiligen benannten Angebotsempfänger und Annehmenden zum Abschluss weiterer Verträge zu bestimmen erfüllt sein kann. Solche weiteren Verträge können nach BFH, Urteil vom 22.1.1997 – II R 97/94, BFHE 182, 222 z. B. Steuerberatungs- oder andere Dienstleistungsverträge sein. 417 BFH, Urteil vom 19.11.2008 – II R 24/07, BFH / N V 2009, 788. 418 BFH, Urteil vom 6.9.1989 – II R 135/86, BFHE 158, 135; Heine, UVR 2000, 57 (60). 419 BFH, Urteil vom 3.3.1993 – II R 89/89, BFHE 170, 468. 420 BFH, Urteil vom 18.12.2002 – II R 12/00, BFHE 201, 319. 421 In diese Richtung schon BFH, Urteil vom 4.12.1985 – II R 171/84, BFHE 145, 448. 422 BFH, Urteil vom 22.1.1997 – II R 97/94, BFHE 182, 222; BFH, Urteil vom 18.12.2002 – II R 12/00, BFHE 201, 319. 423 BFH, Urteil vom 3.3.1993 – II R 89/89, BFHE 170, 468: auch unabhängig davon, ob standesrechtliche Bindungen der vertraglichen Bindung ggf. entgegenstehen; BFH, Urteil vom 18.12.2002 – II R 12/00, BFHE 201, 319. 424 BHF, Urteil vom 17.7.1974  – II  R 18/69, BFHE 114, 271 (276); BFH, Urteil vom 15.3.2000 – II R 30/98, BFHE 191, 419.

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Prüfung der Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 ­GrEStG, dem im zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang ein Zweiterwerbsfall nachfolgt, herangezogen425. § 1 Abs. 2 ­GrEStG setzt dagegen die Möglichkeit der Verwertung auf eigene Rechnung voraus. Das Kriterium „auf eigene Rechnung“ konkretisiert und begrenzt die Verwertungsmöglichkeit dergestalt, dass diese zum eigenen Vorteil des Verwertungsberechtigten geschehen muss, d. h. es muss ein wirtschaftlicher Erfolg bzw. Chance des Berechtigten aus der Verwertung des Grundstücks resultieren.426 Insoweit wird gerade ein Bezug zum Grundstück verlangt.427 Daher verlangen beide Möglichkeiten der Verwertung eine Beteiligung an der Substanz des Grundstücks, die bei der vorwiegend rechtlichen Verwertungsmöglichkeit durch Veräußerung durch entsprechende Teilhabe am Erlös und bei der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis durch Nutzung durch Wertbeteiligung in anderer Weise erfolgen soll.428 Nicht ausreichend ist die bloße Chance zur Substanzbeteiligung, sodass bspw. bei der Einräumung einer befristeten Veräußerungsermächtigung der Tatbestand des ­ rEStG erst verwirklicht sein soll, wenn der Kaufvertrag zwischen § 1 Abs. 2 G Eigentümer und Dritten rechtswirksam zustande gekommen ist.429 In diesen Fällen wird also zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2 ­GrEStG ein nachfolgender steuerbarer Erwerbsvorgangs zwischen Veräußerer und dem vom Veräußerungsermächtigten bestimmten Dritten vorausgesetzt.

425 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383; BFH, Urteil vom 21.2.2006 – II R 60/04, BFH NV 2006, 1700. 426 BFH, Urteil vom 12.12.1973 – II R 29/69, BFHE 111, 360 (367), wonach beim Eigentümer verbliebene Risiken / Nachteile unschädlich sind. Nach Hartlich zeige dies auch der Wortlaut, da der Begriff „ermöglichen“ nicht auf eine Abwägung oder Zusammenschau von Chancen und Risiken abstelle, Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 197 ff., 202. 427 Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 119; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 616 f. 428 BFH, Urteil vom 29.7.2009 – II R 2/08, BFH / N V 2009, 1833; kritisch hierzu Hartlich, Die Verwertungsmöglichkeit in der Grunderwerbsteuer (2016), S. 152 ff. 429 BFH, Urteil vom 18.12.1985 – II R 180/83, BFHE 145, 451; BFH, Urteil vom 17.10.1990 – II R 55/88, BFH / N V 1991, 556. Nach älterer Rechtsprechung, war § 1 Abs. 2 G ­ rEStG zwar tatbestandlich bereits verwirklicht, die Steuer sollte aber nach § 14 Nr. 1 G ­ rEStG erst mit Abschluss des Kaufvertrags entstehen, BFH, Urteil vom 10.11.1976 – II R 95/71, BFHE 120, 412. Nunmehr scheint Rechtsprechungspraxis zu sein, dass bei Erteilung einer befristeter Vollmacht § 1 Abs. 2 G ­ rEStG tatbestandlich noch nicht verwirklicht ist, BFH, Urteil vom 17.10.1990 – II R 55/88, BFH / N V 1991, 556.

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(3) Kombination aus Tatbestandselementen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG Die Ausführungen unter Interesse sowohl Tatbestandselemente des § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG (im eigenen wirtschaftlichen Interesse)  als auch des § 1 Abs. 2 ­GrEStG (Verwertung einer Rechtsposition) kombiniert. Insoweit erachtet der BFH jede in Gestalt einer der Veräußerungsermächtigung i. S. d. § 1 Abs. 2 G ­ rEStG entsprechende fortbestehende Rechtsposition des Ersterwerbers sowie das Vorliegen irgendwelcher wirtschaftlicher Interessen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG, ohne, dass diese (unmittelbare) Bezüge zum Grundstück und mithin wirtschaftliche Chancen aus der Grundstücksveräußerung aufweisen müssten, als für Zwecke des § 16 Abs. 1 ­GrEStG schädlich. Im Detail: Bei Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags mit zeitlich oder wirtschaftlich zusammenhängender Weiterveräußerung wird regelmäßig kein rechtswirksam bindendes Kaufangebot i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG vorliegen. Gegenteiliges könnte sich ggf. aus der vertraglichen Gestaltung, wenn Aufhebungsund Weiterveräußerung in einer oder in aufeinanderfolgenden Urkunden erfolgt, ergeben. Bei derartigen Gestaltungen könnte man eine fortdauernde Bindung des Veräußerers im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG, die lediglich für eine (unbeachtliche) juristische Sekunde besteht430, bejahen. Dann käme es aber auch darauf an, dass der Zweiterwerb einen steuerbaren Erwerbsvorgang darstellt431. Auf die Steuerbarkeit eines der Rückgängigmachung nachfolgenden Erwerbsvorgangs soll es aber gerade nicht ankommen.432 Fehlt es an einer derartigen vertraglichen Gestaltung (einheitliche Urkunde über Aufhebung und Neuabschluss) könnte nur über eine Veräußerungsermächtigung gemäß § 1 Abs. 2 ­GrEStG eine relevante Rechtsposition des Ersterwerbers fortbestehen sein. In diesen Fällen müsste aber das die Verwertungsbefugnis konkretisierende Kriterium auf eigene Rechnung erfüllt sein. Je nach Ausgestaltung der Veräußerungsermächtigung kann es dann gleichfalls auf die Grunderwerbsteuerbarkeit des Zweiterwerbsfalles ankommen.433 Damit ist zugrunde gelegter Maßstab des BFH für die Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung das jeweils weitere der eben genannten beiden Tatbestandselemente der §§ 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG. Fraglich ist, ob eine Kombination der jeweils inhaltlich weiteren Tatbestandselemente zur Bestimmung der Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung unter Berücksichtigung des Belastungsgrundes des ­GrEStG und mithin unter Beachtung des Normzwecks von § 1 und § 16 ­GrEStG zulässig ist und mithin zu sachgerechten Ergebnissen führt. 430

Siehe hierzu BFH, Urteil vom 23.8.2006 – II R 8/05, BFH / N V 2007, 273. Hierzu ab S. 165. 432 BFH, Urteil vom 19.3.2003 – II R 12/01, BFHE 202, 383. 433 BFH, Urteil vom 10.3.1999 – II R 35/97, BFHE 188, 444. Hierzu auch ab S. 166 f. 431

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Denn isoliert betrachtet sind die Tatbestände des § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG bzw. des § 1 Abs. 2 ­GrEStG nicht verwirklicht, weil es stets an der engeren Voraussetzung, also entweder an der Verwertung eines rechtswirksamen Kaufangebots oder an einer Verwertung auf eigene Rechnung fehlt. Fraglich ist dann, wie mit Blick auf Systematik und Sinn und Zweck von § 16 ­GrEStG die von der Rechtsprechung geforderte Rechtsposition, die isoliert betrachtet keine grunderwerbsteuerliche Relevanz voraussetzt und damit auch zu keiner grunderwerbsteuerlich relevanten Neuzuordnung des Grundstückseigentums führen kann, die Versagung der Vergünstigung nach § 16 ­GrEStG bewirken kann. Insoweit drängt sich die Frage auf, ob mit der „BFH-Formel“ zur Reichweite der Rückgängigmachung im Zweiterwerbsfall das sonst beachtete systematische Verhältnis der Steuertatbestände des § 1 G ­ rEStG zu der gegenläufigen Korrekturvorschrift des § 16 ­GrEStG gewahrt ist. Dies, weil für den Zweiterwerbsfall, wenn nicht zumindest eine Rechtsposition i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 bzw. § 1 Abs. 2 ­GrEStG verblieben ist und auch tatsächlich verwertet wurde, gerade keine grunderwerbsteuerlich relevanten Bindungen aufrechterhalten wurden, die der Regelung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG entgegenstehen können. Nur hierauf kann es aber im Zusammenhang mit § 16 ­GrEStG und mit Blick auf den Belastungsgrund des ­GrEStG ankommen. Damit gilt es auch zu klären, ob die Verwertung einer Rechtsposition zu einer grunderwerbsteuerlich bedeutsamen Änderung führen muss434; ­ rEStG legen dies zumindest § 1 Abs. 1 Nr. 6 (und Nr. 7 Alt. 2) und § 1 Abs. 2 G nahe.435 bb) Grundsätzliche Zulässigkeit der Kombination aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG Die von der Rechtsprechung vorgenommene Kombination der jeweils weiteren Tatbestands-elemente des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (oder Nr. 7 Alt. 2) und § 1 Abs. 2 ­GrEStG zur Bestimmung der Reichweite der Rückgängigmachung im Zusammenhang mit Zweiterwerbsfällen könnte zulässig sein, wenn beide Tatbestände denselben Lebenssachverhalt besteuern. Denn dann würde zumindest in den hier relevanten Zweiterwerbsfällen der Tatbestand der einen Vorschrift in dem Tatbestand der anderen Vorschrift aufgehen. Gemeinsam ist den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (oder Nr. 7 Alt.  2) und Abs. 2 ­GrEStG das Nichtbestehen eines Anspruchs auf Übereignung.436 Weder das eingeräumte Kaufangebot noch die Veräußerungsermächtigung begründen einen solchen Anspruch; die Tatbestände des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (oder Nr. 7 Alt. 2) und des

434

So FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 1.2.2016 – 3 K 130/15, EFG 2016, 743. Siehe Fn. 697 und Fn. 735. 436 Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 508 und 545. 435

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

§ 1 Abs. 2 G ­ rEStG schließen sich daher grundsätzlich nicht aus.437 Allerdings behandelt § 1 Abs. 2 ­GrEStG die unmittelbar vom Veräußerer erlangte Befugnis, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, insoweit besteht der erste, das sachherrschaftsübertragende auslösende Moment zwischen Veräußerer (Eigen­ tümer oder sonst Berechtigter) und dem Verwertungsbefugten, während dieser bei der Abtretung der Rechte aus dem Kaufangebot zwischen dem Angebotsempfänger und dem Erwerber / Abtretungsempfänger liegt.438 Trotz dieser Verschiedenheit der Personenbindungen geht das Eigentum in beiden Fällen vom Veräußerer auf den Erwerber über, während der Verwertungsbefugte und der Angebotsempfänger sich jeweils nur an dem zwischen Veräußerer und Erwerber bestehenden Rechtsgeschäft mittels bestimmter Rechtsvorgänge beteiligen.439 Damit können die Tatbestände des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (oder Nr. 7 Alt. 2) und des § 1 Abs. 2 G ­ rEStG insbesondere bei den Zweiterwerbsfällen durch den gleichen Lebensvorgang verwirklicht werden.440 cc) Zulässigkeit der Kombination aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG in den Zweiterwerbsfällen Allerdings verbietet sich nach der Systematik und nach Sinn und Zweck des § 16 ­ rEStG die Kombination der jeweils weiteren Tatbestandselemente des § 1 Abs. 1 G Nr. 6 (oder Nr. 7 Alt. 2) und § 1 Abs. 2 G ­ rEStG zur Bestimmung der Reichweite der Rückgängigmachung bei Vorliegen von Zweiterwerbsfällen. Denn eine verbliebene Rechtsposition, die isoliert betrachtet weder den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (oder Nr. 7 Alt. 2) ­GrEStG noch den Tatbestand des § 1 Abs. 2 ­GrEStG verwirklicht und damit grunderwerbsteuerlich nicht von Bedeutung ist, weil sie auch zu keiner grunderwerbsteuerlich relevanten Neuzuordnung des Grundstückseigentums führen kann, ist nicht geeignet die Rückgängigmachung nach § 16 ­GrEStG zu versagen. Sie kann damit auch nicht als Voraussetzung zur Versagung der Vergünstigung nach § 16 ­GrEStG dienen. Die „BFH-Formel“ widerspricht insoweit dem systematischen Verhältnis der Steuertatbestände des § 1 ­GrEStG zu der gegenläufigen Korrekturvorschrift des § 16 ­GrEStG. Zudem entspricht sie nicht dem Sinn und Zweck des § 16 ­GrEStG, wonach eine Grunderwerbsbesteuerung nicht aufrechterhalten bleiben soll, wenn der Belastungsgrund des ­GrEStG im Sinne einer Übertragung von Sachherrschaftsrechten auf einen neuen Rechtsträger nicht mehr fortbesteht oder nicht auf Dauer verblieben ist.

437 BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 131/64, BFHE 96, 201: Sofern sie zu einer unterschiedlichen Besteuerungsgrundlage führen, ist die Steuer aus der höheren Besteuerungsgrundlage festzusetzen. 438 BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 131/64, BFHE 96, 201. 439 BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 131/64, BFHE 96, 201. 440 BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 131/64, BFHE 96, 201.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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2. Konkretisierungen der vollständigen Rückgängigmachung im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips Fraglich ist, inwieweit die Forderung der Rechtsprechung nach dem „Nichtmehr-Verbleiben einer Rechtsposition, die im eigenen wirtschaftlichen Interesse tatsächlich verwertet wird“ zu modifizieren ist, damit sie dem Sinn und Zweck von § 16 G ­ rEStG (wieder) gerecht wird. Hierzu soll das Leistungsfähigkeitsprinzip und mithin der Belastungsgrund des G ­ rEStG selbst zur Bestimmung der Reichweite der Rückgängigmachung bei den Zweiterwerbsfällen herangezogen werden. ­ rEStG gleichfalls am Leistungsfähigkeitsprinzip zu Wie festgestellt, ist das G ­ rEStG in den Erwerbsmessen. Das Leistungsfähigkeitsprinzip spiegelt sich im G vorgängen des § 1 G ­ rEStG wider. Besteuerungswürdig ist nach den Wertungen des ­GrEStG, wenn Herrschaftsrechte i. S. d. Einwirkungsrechte auf einen neuen Rechtsträger übergehen.441 Die einfachgesetzliche Auslegung der Besteuerungs­ rEStG hat sich hieran und damit am Leistungsfähigkeitsprinzip tatbestände des G zu orientieren. Dies gilt umgekehrt auch für die die Besteuerungstatbestände korrigierende Norm des § 16 ­GrEStG. a) Innehaben einer verbliebenen grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsposition Für die Frage nach der Beurteilung der Einflussnahme des Ersterwerbers auf den Zweiterwerbsfall muss für die Anwendung des § 16 ­GrEStG daher von Bedeutung sein, ob dem Ersterwerber eine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition verblieben ist  – er eine solche weiter innehat. Grunderwerbsteuerlich relevant ist eine Rechtsposition, wenn sie geeignet ist, den ursprünglichen steuerbaren Erwerbsvorgang aufrecht zu erhalten. Nicht ausreichend ist das Innehaben irgendeiner Rechtsposition, die aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang hervorgegangen ist.442 Das Innehaben einer grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsposition steht im Einklang mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip und berücksichtigt den Belastungs­ rEStG. Werden besteuerungswürdige Sachherrschaftsrechte auf den grund des G ursprünglichen Erwerber übertragen und verbleiben diese beim Erwerber, besteht der Belastungsgrund fort, § 16 G ­ rEStG findet keine Anwendung. Werden nach dem verwirklichten Erwerbsvorgang Vereinbarungen zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien getroffen, die die ursprünglich übertragene Sachherrschaft nicht berühren, bleiben auch diese nachträglichen Vereinbarungen ohne Auswirkung auf den Belastungsgrund. Berücksichtigt, dass das G ­ rEStG zumindest die auf den Er 441

Hierzu ab S. 45. Anders jedoch, bei der Verwertungsmöglichkeit einer Rechtsposition / dem Gebrauchmachen einer Rechtsposition, siehe ab S. 165.

442

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

werber übertragene Veräußerungsbefugnis (im eigenen Interesse bzw. auf eigene Rechnung) als besteuerungswürdig erachtet, muss diese mindestens vollständig beseitigt werden, damit der Belastungsgrund nachträglich wieder entfällt. aa) Rechtsposition aufgrund Vertragsübernahme oder Vertragsbeitritt Die ursprünglich auf den Erwerber übertragene Veräußerungsbefugnis kann unter bestimmten Umständen trotz beabsichtigter Aufhebung des Kaufvertrags fortbestehen. Dies scheint die Rechtsprechung nicht ausreichend zu berücksichtigen.443 Vereinbaren die Vertragsparteien eines noch nicht erfüllten Grundstücks­ geschäfts mit einem Dritten, dass dieser an die Stelle des Erwerbers treten soll, kann es sich dabei um eine Vertragsübernahme durch den Dritten444 oder um die Aufhebung und den Neuabschluss des Kaufvertrages mit dem ursprünglichen Veräußerer handeln. In den Fällen der Vertragsübernahme (oder des Vertragsbeitritts) erlangt der Veräußerer – vergleichbar mit den Vertragsgestaltungen der Aufhebung und Weiterveräußerung in einer Urkunde oder in aufeinander folgenden Urkunden  – seine ursprüngliche Rechtsstellung nicht vollständig zurück.445 In diesen Fällen besteht eine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition zugunsten des Erwerbers dergestalt fort, dass Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt gerade nicht zum Erlöschen der Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag und mithin nicht zum Erlöschen der Übereignungspflicht führen.446 Deshalb setzen Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt auch voraus, dass der zu übernehmende Vertrag noch nicht erloschen ist, sei dies bspw. durch Zeitablauf, durch beiderseitige Erfüllung oder durch Rücktritt.447 Hierin zeigt sich die Parallele zu den Rückabwicklungs- und Zweiterwerbsfällen i. S. d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG.448 Beiden Fällen ist gemeinsam, dass die bisherigen Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag von dem Ersterwerber auf einen Zweiterwerber übergeleitet werden.449 Das Überleiten einer Rechtsposition indiziert zugleich, dass (für Zwecke des § 16 Abs. 1 ­GrEStG ggf. schädliche) grunderwerbsteuerlich relevante Rechtspositionen beim Erwerber verblieben sind. 443 Dies auch kritisierend mit Beispielen aus der Rechtsprechung: Hübner, BB 1994, 2044 (2048). 444 Unerheblich ist, wer die Beteiligten am Übernahmevertrag sind und wer zustimmt. Ausführlich Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), insb. S. 191–196. 445 Hierzu schon ab S. 92. 446 Siehe hierzu ab S. 78. 447 Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), S. 209. 448 Anders hingegen in den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG, da hier die Ansprüche aus dem Kaufvertrag regelmäßig durch Ausübung eines Gestaltungsrechts (kraft Gesetzes) erlöschen. 449 So liegen in den Zweiterwerbsfällen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 ­GrEStG nicht vor, wenn die Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag bereits zivilrechtlich nicht wirksam beseitigt wurden.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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Es ist daher zunächst zu prüfen, wann in Abgrenzung zur Vertragsübernahme / ​ zum Vertragsbeitritt eine echte Aufhebung des Kaufvertrags verbunden mit einem Neuabschluss vorliegt. Denn nur die echte Aufhebung des Kaufvertrags erfüllt die für Zwecke des § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG erforderliche zivilrechtliche Rückgängigmachung. Fehlt es bereits hieran, erübrigen sich Ausführungen zur Reichweite der Rückgängigmachung. Liegt hingegen eine wirksame Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrags tatsächlich vor, ist zu prüfen, ob trotz Aufhebung des Kaufvertrags und mithin trotz Beseitigung des Übereignungsanspruchs grunderwerbsteuerlich relevante Rechtspositionen zugunsten des Ersterwerbers fortbestehen. bb) Abgrenzung Vertragsübernahme / Vertragsbeitritts vom Neuabschluss Die Abgrenzung der Vertragsübernahme / des Vertragsbeitritts von der Aufhebung und dem Neuabschluss erfolgt anhand einer Auslegung der Parteierklärungen, die darauf abzielt, den tatsächlichen Willen der Vertragsparteien (§ 133 BGB) zu ermitteln.450 Der tatsächliche Wille ist dabei aus der Sicht des jeweiligen Erklärungsempfängers u. a. anhand der Entstehungsgeschichte der geschlossenen Verträge, der mit ihnen verfolgte Zweck und der Interessenlage der Parteien zu würdigen.451 Hat zumindest eine Partei das Interesse, am ursprünglichen Verhandlungsergebnis festzuhalten, um nicht erneut in Verhandlungen eintreten zu müssen, spricht dies für eine Vertragsübernahme.452 Maßgebend ist, ob eine verbundene Fixierung der im ursprünglichen Kaufvertrag vereinbarten Konditionen gewollt ist.453 Enthält das ursprüngliche Vertragsverhältnis über den Parteiwechsel hinaus weitere Inhaltsänderungen, ist von einer Vertragsübernahme / Vertragsbeitritt454 dennoch auszugehen, wenn sich die Inhaltsänderung nur auf Nebenpunkte (Bsp.: Zahlungsmodalitäten) bezieht und keine abweichenden Bestimmungen zur Gegenleistung existieren (nicht unerhebliche Erhöhung des Kaufpreises).455 Ferner spricht für eine Vertragsübernahme / Vertragsbeitritt, wenn die Inhaltsänderung eine Anrechnungsbestimmung hinsichtlich bereits erbrachter Leistungen des Ersterwerbers (Anzahlungen, Kaufpreisraten) zugunsten des Zweiterwerbers enthält und ein Ausgleich dieser Leistungen ggf. nur im Verhältnis zwischen Erstund Zweiterwerber vorgesehen ist.456 Schließlich spricht auf für eine Vertrags­ übernahme / Vertragsbeitritt, wenn dem Ersterwerber wirtschaftliche Vorteile aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang bei Kontinuität des ursprünglichen Vertrages 450

Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), S. 184. Statt vieler: Arnold, in: Erman BGB (2017), § 133 Rn. 24, 25. 452 Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), S. 184; Hübner, BB 1994, 2044 (2047). 453 Hübner, BB 1994, 2044 (2047). 454 Zur Zulässigkeit der Übertragung der Grundsätze zur Vertragsübernahme auf den Vertragsbeitritt, siehe: Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), S. 186; 220–221; Hübner, BB 1994, 2044 (2047). 455 Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), S. 185; Hübner, BB 1994, 2044 (2047). 456 Nörr / Scheyhing / Pöggeler, Sukzessionen (1999), S. 186; Hübner, BB 1994, 2044 (2047). 451

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

resultieren.457 Im Übrigen kommt der Bezeichnung der getroffenen Vereinbarungen als „Aufhebungsvereinbarung“ nur deklaratorische Bedeutung zu, wenn nach dem Parteiwillen eine kontinuitätswahrende Rechtsnachfolge gewollt ist.458 cc) Rechtsposition aufgrund Veräußerungsermächtigung i. S. d. § 1 Abs. 2 ­GrEStG Trotz / m it Aufhebung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs kann dem Erwerber zugleich eine Veräußerungsermächtigung i. S. d. § 1 Abs. 2 G ­ rEStG eingeräumt worden sein. Diese stellt eine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition dar, weil sie, isoliert betrachtet, geeignet ist auf die Grundstückszuordnung (mittelbar oder unmittelbar) einzuwirken. Die Ausgestaltung der Veräußerungsermächtigung kann unterschiedlich erfolgen. Nicht notwendig ist die Befugnis zur dinglichen Verfügung über das Grundstück, so dass jede Verpflichtung des Eigentümers, wonach der Ermächtigte von diesem die Veräußerung des Grundstücks an bestimmte Personen verlangen kann, ausreichend (aber auch notwendig) ist459. Das Einhalten von Beurkundungspflichten ist gleichfalls nicht zwingend. Welche weitergehenden Anforderungen an Art und Umfang der Veräußerungsermächtigung zu stellen sind, werden im Zusammenhang mit dem Kriterium auf eigene Rechnung thematisiert. Teilt man die Ansicht, dass die Veräußerungsermächtigung bspw. unbeschränkt und / oder unwiderruflich erteilt werden müsse, ist der Tatbestand des § 1 Abs. 2 ­GrEStG zumindest mit Abschluss des Kaufvertrags aufgrund der erteilten Vollmacht verwirklicht, weil der Verwerter hierdurch spätestens die Rechtsstellung erlangt hat, die wirtschaftlich der Stellung eines Eigentümers ähnlich ist. Insoweit wäre es sachgerecht nicht vom Innehaben einer grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsposition, sondern vom Gebrauchmachen einer sonstigen Rechtsposition zu sprechen, weil es dann gleichfalls auf den nachfolgenden zustande gekommenen Kaufvertrag ankäme. Dies vorangestellt, kann die Verpflichtung des Veräußerers, dass er das Grundstück nach Aufhebung des Kaufvertrags an einem vom Ersterwerber Benannten veräußern werde, als grunderwerbsteuerlich relevante verbliebene Rechtsposition des Ersterwerbers i. S. e. dem Ersterwerber eingeräumten Veräußerungsermächtigung ausgelegt werden. Liegt zugleich auch das Kriterium auf eigene Rechnung vor, wurden nicht die für § 16 Abs. 1 ­GrEStG maßgeblichen sämtlichen hin-übertragenen Sachherrschaftsrechte wieder zurück auf den Veräußerer übertragen.

457

Hübner, BB 1994, 2044 (2047). Hübner, BB 1994, 2044 (2047); Arnold, in: Erman BGB (2017), § 133 Rn. 25. 459 Hierzu und im Nachfolgenden bereits ab S. 151. 458

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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dd) Zwischenergebnis Eine Aufhebungsvereinbarung i. S. d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG führt zum Erlöschen der beidseitigen Rechte und Pflichten und damit zugleich zur Beseitigung des besteuerungswürdigen Übereignungsanspruchs, wenn sich aus der gewählten Vertragsgestaltung unter Berücksichtigung des tatsächlich Gewollten ergibt, dass mit der Aufhebungsvereinbarung keine Vertragsübernahme / kein Vertragsbeitritt gewollt war. Ist der Übereignungsanspruch wirksam erloschen und liegen auch nicht die Vo­ rEStG vor, verbleiben dem Erwerber grundsätzlich raussetzungen des § 1 Abs. 2 G keine grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtspositionen aus dem ursprünglichen Erwerbsvorgang. Ein etwaiger noch nicht erfüllter Kaufpreis-Rückzahlungsanspruch, das Verbleiben von Besitz, Nutzen und Lasten beim Erwerber sowie eine unwirksame Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers stellen keine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition dar. Diese Rechtspositionen sind weder alternativ noch kumulativ besteuerungswürdig. Hat der Erwerber aufgrund zivilrechtlich wirksamer Rückabwicklung keine grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsposition mehr inne, kann sich eine für Zwecke des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 G ­ rEStG schädliche Rechtsposition allenfalls aus dem Gebrauchmachen einer Rechtsposition ergeben. Damit kann es gleichwohl auf das Verhältnis zwischen Ersterwerber und Dritten (Zweiterwerber) ankommen. b) Gebrauchmachen einer Rechtsposition Nach Viskorf kann es in den Zweiterwerbsfällen auf das Gebrauchmachen einer Rechtsposition und mithin auf die grunderwerbsteuerlich relevante Neuzuordnung des Grundstücks nicht ankommen.460 So seien bei der Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen, die im Zusammenhang mit Zweiterwerbsfällen stehen, vorausgegangene oder nachfolgende Erwerbsvorgänge für die Frage der Reichweite der Rückgängigmachung irrelevant. Das Rückabwicklungsverhältnis finde nach § 16 ­GrEStG allein zwischen den am ursprünglichen Erwerbsvorgang Beteiligten statt. Auf nachfolgende Erwerbsvorgänge und insbesondere auf § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 ­GrEStG abzustellen, sei systemwidrig, da diese Regelungen nicht das Innehaben, sondern das Gebrauchmachen einer bestimmten Rechtsposition besteuern. Auf das Gebrauchmachen einer Rechtsposition und mithin auf das Verhältnis des Erwerbers zu einem erst an der Weiterveräußerung beteiligten Dritten könne es für die Frage der Rückgängigmachung aber nicht ankommen. Vielmehr sei für grunderwerbsteuerliche Zwecke irrelevant, ob Beziehungen zwischen Erwerber und Dritten bestünden, es komme allein auf das Bestehenbleiben von Bindungen zwischen den ursprünglichen Vertragsbeteiligten an. 460

Hierzu und nachfolgend: Viskorf, DStR 1988, 206 (207).

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Dieser Ansicht ist nicht zuzustimmen. In den Zweiterwerbsfällen kann es gerade auf den nachfolgenden Erwerbsvorgang ankommen. Trotz Beseitigung des Übereignungsanspruchs, kann dem Erwerber nämlich eine Rechtsposition verbleiben, die er zur Verwertung des Grundstücks im Sinne einer grunderwerbsteuerlichen Neuzuordnung des Grundstücks auf einen neuen Rechtsträger ausnutzt. Insoweit erachtet der Gesetzgeber auch das Gebrauchmachen einer sonstigen (isoliert betrachtet, grunderwerbsteuerlich nicht relevanten) Rechtsposition als besteuerungswürdig. Dies bestätigen die § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 G ­ rEStG. Unter Heranziehung des Belastungsgrunds sind keine Gründe ersichtlich, den nachfolgenden Erwerbsvorgang unberücksichtigt zu lassen. Solange wie der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG verwirklicht ist, solange kann der Zwischenerwerber mittelbar auf die Grundstückszuordnung einwirken. Nur, wenn die Voraussetzungen der § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG nicht (mehr) vorliegen, hat der Zwischenerwerber keine Möglichkeit mehr auf die Grundstückszuordnung Einfluss zu nehmen. Hierzu bedarf es allerdings nicht der Rückabwicklung aller nachfolgenden verwirklichten Erwerbsvorgänge, sondern nur der Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs zwischen Veräußerer und Dritten (Abtretungsempfänger / Benannten)461, weil § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG dann nicht mehr verwirklicht ist. Es entfällt der Belastungsgrund bzw. dieser bleibt solange entfallen, wie der Erwerber seine nicht steuerbare Rechtsposition (Kaufangebot) nicht erneut grunderwerbsteuerlich relevant verwertet. Zudem ist der Zwischenerwerber mit der Rückabwicklung des grundstückszuordnenden Rechtsgeschäfts nicht (mehr) in seiner Leistungsfähigkeit gesteigert, er kann nicht (mehr) Sachherrschaftsrechte auf einen neuen Rechtsträger (mittelbar) übertragen. Für Zwecke des § 1 Abs. 2 ­GrEStG gilt ebendies, wenn man die Ansicht teilt, dass abhängig von der Ausgestaltung der Veräußerungsermächtigung, dem Erwerber ggf. bislang nur eine bloße Chance der Substanzbeteiligung eingeräumt wurde462 – und diese Chance (und damit das Tatbestandselement auf eigene Rechnung) erst mit der Ausübung der Veräußerungsermächtigung i. S. d. Zustandekommens eines Kaufvertrags zwischen Veräußerer und Benannten realisiert wird.463 Erst mit dem Zustandekommen des Kaufvertrags hat der Erwerber demnach eine verbliebene Rechtsposition verwertet und mithin auf die grunderwerbsteuerlich relevante Neuzuordnung eingewirkt. 461

A. A. Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 9, wonach § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG gar nicht erst nach § 16 ­GrEStG rückabgewickelt werden kann, weil der Zwischenerwerber das Kaufangebot nicht mehr zurückerhalten kann, da es mit Ausübung erlischt und die Rückabwicklung nicht zum Wiederaufleben des Kaufangebots führt, § 146 BGB; sowie Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 20 wonach § 16 ­GrEStG nur dann Anwendung findet, wenn alle Rechtsvorgänge in der Kette rückabgewickelt wurden. 462 Siehe hierzu ab S. 151. 463 Unter der weiteren Voraussetzung, dass das Kriterium auf eigene Rechnung aufgrund von Vereinbarungen zur Teilhabe am Veräußerungserlös erfüllt ist.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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Damit ist im Zusammenhang mit den Zweiterwerbsfällen für die Reichweite der Rückgängigmachung gleichfalls maßgebend, ob der Erwerber eine – isoliert betrachtet – nicht grunderwerbsteuerbare Rechtsposition i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder § 1 Abs. 2 G ­ rEStG verwertet hat, indem er bei der grunderwerbsteuerlich relevanten Neuzuordnung des Grundstücks auf einen neuen Rechtsträger „mitgewirkt“ hat. Eine derartige Interpretation ist im Einklang mit der Systematik des ­GrEStG, wonach grunderwerbsteuerlich relevante Bindungen erst entstehen und solange bestehen bleiben, wie ein Erwerbsvorgang nach § 1 ­GrEStG verwirklicht ist und bleibt. Insoweit trägt eine dahingehende Auslegung dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung. c) Zweiterwerbsfälle aa) Schlichte Zweiterwerbsfälle Für die schlichten Zweiterwerbsfälle ergeben sich hinsichtlich der Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung somit folgende Anforderungen / ​ Konkretisierungen: (1) Ist dem Ersterwerber eine aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition verblieben, hindert dies die Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG. Auf einen nachfolgenden Erwerbsvorgang kommt es insoweit nicht an. Grunderwerbsteuerlich relevant sind nur solche Rechtspositionen, die geeignet sind einen Erwerbsvorgang nach § 1 ­GrEStG herbeizuführen oder aufrechtzuerhalten. Wurde der ursprüngliche Übereignungsanspruchs wirksam beseitigt und liegt kein Fall der Vertragsübernahme oder des Vertragsbeitritts vor, fehlt es regelmäßig an einer grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsposition. (2) Sind dem Erwerber im Rahmen der Rückgängigmachung lediglich sonstige (grunderwerbsteuerlich nicht relevante) Rechtspositionen verblieben, hindert dies die Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG nur, wenn der Erwerber diese Rechtsposition verwertet hat, indem eine grunderwerbsteuerlich relevante Neuzuordnung des Grundstücks auf einen neuen Rechtsträger stattfand. Insoweit kommt es auf die Steuerbarkeit des nachfolgenden Erwerbsvorgangs (Weiterveräußerung) an. Die Verwertung einer sonstigen Rechtsposition entspricht regelmäßig der Verwirk­ lichung der Erwerbsvorgänge der § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG durch den Ersterwerber. bb) Besondere Zweiterwerbsfälle Bei der Prüfung, unter welchen Voraussetzungen in den sog. besonderen Zweiterwerbsfällen und damit außerhalb der Grundstücks-Weiterveräußerung i. S. d.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

§ 1 Abs. 1 ­GrEStG eine vollständige Rückgängigmachung vorliegt, entfällt regelmäßig der erste Prüfungspunkt. Es ist schwer zu begründen, dass die Vertragsparteien eine Vertragsübernahme oder einen Vertragsbeitritt gewollt haben, wenn sich die Vertragspartei (statt der grundstücksbesitzenden veräußernden Gesellschaft nunmehr deren Gesellschafter), der Kaufgegenstand (statt dem Grundstück werden die Anteile an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft veräußert) und damit ggf. auch der Kaufpreis geändert haben. Weiterhin wird schon kein Auswechseln der Erwerber-Vertragspartei gewollt sein, weil in den besonderen Zweiterwerbsfällen der Ersterwerber des Grundstücks regelmäßig zugleich der Ersterwerber der Anteile sein wird.464 Liegen die Voraussetzungen der Vertragsübernahme oder des Vertragsbeitritts nicht vor, erlischt mit der Aufhebung des Grundstücks-Kaufvertrags grundsätzlich der besteuerungswürdige Übereignungsanspruch. Der vollständigen Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG kann dann nur noch entgegenstehen, wenn dem Ersterwerber sonstige (grunderwerbsteuerlich nicht relevante) Rechtspositionen verblieben sind, die er verwertet hat, indem der Rückgängigmachung eine grunderwerbsteuerlich relevante Neuzuordnung des Grundstücks auf einen neuen Rechtsträger nachfolgte. Insoweit kommt es wiederum auf die Steuerbarkeit des nachfolgenden Erwerbsvorgangs (Zweiterwerb) an. Als sonstige Rechtsposition könnte eine dem Ersterwerber eingeräumten Verwertungsbefugnis i. S. d. § 1 Abs. 2 ­GrEStG der vollständigen Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG entgegenstehen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich dieser Tatbestand auf die Verwertung inländischer Grundstücke und nicht auf die Verwertung von Anteilen an grundstücksbesitzenden Gesellschaften bezieht. Weiterhin ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass das ­GrEStG den rechtsgeschäftlichen Anspruch auf Abtretung bzw. die Abtretung von Geschäftsanteilen an grundbesitzenden Gesellschaften nicht besteuert. Dies hat der BFH mit Urteil vom 12. Mai 2016465 bestätigt, wonach weder die Abtretung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbe­ rEStG) noch die Begründung der Versitzenden Gesellschaft (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 G pflichtung dazu (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterliegen. Eine entsprechende Anwendung der § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 ­GrEStG auf die Fälle des § 1 Abs. 3 ­GrEStG sei unzulässig, da sie gegen das im Steuerrecht geltende Verbot verstoße, über den Wortsinn des Gesetzes hinaus Steuertatbestände auszuweiten oder neue Steuertatbestände zu schaffen.466 Dies berücksichtigt, kann die Einräumung eines Kaufangebots über Geschäftsanteile nicht zur Tatbestandsverwirklichung des

464 Ggf. ein Fall des Vertragsbeitritts, so in den Fällen des FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 1.2.2016 – 3 K 130/15, EFG 2016, 743; BFH, Urteil vom 5.9.2013 – II R 16/12, BFHE 242, 181. 465 BFH, Urteil vom 12.5.2016 – II R 26/14, BFHE 254, 71; so bereits Heine, UVR 2005, 273 (274). 466 Hierzu auch kritisch: Figatowski, Ubg 2016, 457.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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§ 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG führen, so dass es für o.g. Prüfung auch nicht auf einen nachfolgenden steuerbaren Erwerbsvorgang ankommt. Dem folgend ist die Steuer auf rückabgewickelte Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 1 ­ rEStG, die im Zusammenhang mit (steuerbaren) Zweiterwerbsfällen nach § 1 G Abs. 2a bis 3a ­GrEStG stehen, grundsätzlich nach § 16 ­GrEStG aufzuheben oder nicht festzusetzen. Der Rechtsprechung des BFH vom 5. September 2013 ist insoweit zu widersprechen.467 cc) Erweiterte Zweiterwerbsfälle Unter Heranziehung der bisherigen Grundsätze, stellt sich die Prüfung der Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung im Rahmen der erweiterten Zweiterwerbsfälle als eine Kombination der Prüfungselemente aus den schlichten und besonderen Zweiterwerbsfällen dar. In den erweiterten Zweiterwerbsfällen wird regelmäßig nur der Ersterwerber gegen einen Zweiterwerber ausgetauscht, Kaufgegenstand (Anteile)  und Veräußerer bleiben identisch, so dass eine bloße Auswechselung der Parteien im Sinne einer Vertragsübernahme oder eines Vertragsbeitritt grundsätzlich vorliegen kann. Daher ist zuerst zu prüfen, ob der auf die Übertragung der Anteile gerichtete Anspruch wirksam beseitigt wurde und dem Erwerber insoweit keine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition verblieben ist. Liegt kein Fall der Vertragsübernahme oder des Vertragsbeitritts vor, wurde also der auf Anteile gerichtete Übertragungsanspruch wirksam beseitigt, verbietet sich jedoch aufgrund des Verbots der steuerbegründenden Analogie, die nachfolgende Prüfung, ob der Ersterwerber eine sonstige Rechtsposition grunderwerbsteuerlich relevant verwertet hat.468 Denn der Ersterwerber kann in den erweiterten Zweiterwerbsfällen eine aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 ­GrEStG sonstige verbliebene Rechtsposition weder nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG noch nach § 1 Abs. 2 G ­ rEStG verwerten. Die Einräumung eines Kaufangebots über Geschäftsanteile kann nicht zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG führen, zudem bezieht sich die Verwertung des § 1 Abs. 2 auf die Verwertung eines Grundstücks und gerade nicht auf die Verwertung von Anteilen. Liegen die Voraussetzungen der Vertragsübernahme oder des Vertragsbeitritts nicht vor, ist die Steuer auf rückabgewickelte Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 (ggf. i. V. m. Abs. 3a) ­GrEStG, die im Zusammenhang mit steuerbaren Zweiterwerbsfällen nach § 1 Abs. 3 (ggf. i. V. m. Abs. 3a) ­GrEStG stehen, nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG aufzuheben oder nicht festzusetzen. 467 468

Hierzu ab S. 102. BFH, Urteil vom 12.5.2016 – II R 26/14, BFHE 254, 71.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Die Praxisrelevanz solcher Fälle erscheint allerdings als nicht besonders hoch, wenn man berücksichtigt, dass der Tatbestand des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG bereits ver­ rEStG nicht (mehr) erwirklicht ist, sobald der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 G füllt ist, d. h. das vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft durch die Rückgängigmachung wieder unterschritten wird.469

III. Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG Die Anforderungen an die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG haben sich gleichfalls an den Maßstäben der BFH Rechtsprechung vom 11. Juni 2013470 zu orientieren. Für Zwecke der Rückgängigmachung kann es nicht darauf ankommen, ob der Erwerbsvorgang sukzessive erfüllt wird. Maßgebend ist, dass alles, was grunderwerbsteuerlich relevant war, beseitigt wurde. Der von dem Gesetzgeber gewählte Belastungsgrund darf nicht mehr bestehen. Sinn und Zweck des § 16 Abs. 1 ­GrEStG sprechen daher dafür, dass ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG be­ rEStG rückgängig gemacht ist, wenn das von diereits dann i. S. d. § 16 Abs. 1 G ser Vorschrift vorausgesetzte Quantum durch die Rückgängigmachung wieder ­ rEStG nicht unterschritten wird und der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 G (mehr) erfüllt ist. Ausreichend ist insoweit die rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Anteilsrückübertragung durch Rückkaufverpflichtung. Die Erwägungen zur zivilrechtlichen Rückgängigmachung, wonach der bloße Rückkauf von § 16 Abs. 1 ­GrEStG erfasst ist, bestätigen dieses Ergebnis.471 Dies zeigt auch die mit dem Wiederkaufsrecht in § 16 Abs. 1 Nr. 1 Var.  3 ­GrEStG kodifizierte gesetzgeberische Wertung. Unerheblich ist somit, ob der ursprüngliche Anteilsübertragungsanspruch selbst oder aufgrund eines gegenläufigen Anspruchs beseitigt wird. Die Auffassung, wonach ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG, der nur durch einen einheitlichen Rechtsvorgang bewirkt werden kann, naturgemäß erst bzw. nur i. S. d. § 16 Abs. 1 ­GrEStG rückgängig gemacht ist, wenn das gesamte Anteilspaket rückgängig gemacht ist, ist damit überholt472. Bei wirtschaftlicher Betrachtung wird zwar das wirtschaftliche Ergebnis durch den Rückübertragungsanspruch, der zum Unterschreiten der 95 %-Grenze führt, im Wesentlichen beibehalten, weil der Inhaber von (regelmäßig) 94,9 % (oder weniger) der Anteile die grundstücksbesitzende Gesellschaft faktisch genauso beherrscht und damit gleichfalls über die Gesellschaftsgrundstücke verfügen kann wie derjenige, der 95 % der Anteile hält. Allerdings verstößt eine dahingehende 469

Siehe sogleich ab S. 170 BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. 471 Hierzu und im Folgenden siehe ab S. 78. 472 So noch Heine, GmbHR 2001, 365 (369 f.). 470

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 3 G ­ rEStG, der nur Anteilsübertragungen von mindestens 95 % als tatbestandsverwirklichend ansieht. Insoweit ist Grenze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Wortlaut.

IV. Rückgängigmachung bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG Die bisherigen Ansichten, wonach Sachgerechtigkeitserwägungen für eine materielle Rückwirkung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG und mithin eine Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO sprechen bzw., wonach die Billigkeitsregelung des § 227 AO zu einer Aufhebung bereits festgesetzter Steuer führt, lassen eine tiefergehende Auseinandersetzung vermissen. Die nachfolgenden Ausführungen sollen dem abhelfen. Zunächst werden o.g. Fallkonstellationen nach der Wirksamkeit des rückabzu­ rEStG einen wirkwickelnden Grundstücksgeschäfts unterteilt, da § 16 Abs. 1 G samen Erwerbsvorgang voraussetzt. Anschließend wird der Frage nachgegangen, ob die Regelungen des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO oder § 227 AO dem Grunde nach anwendbar sein können und ggf., welche Anforderungen insoweit zu erfüllen sind. Schließlich wird ein eigener rechtsdogmatischer Begründungsansatz zu der von der Literatur postulierten Forderung der materiellen Rückwirkung der Rückgängigmachung eines Grundstücksgeschäfts bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG formuliert. Hierbei wird zwischen der Rückgängigmachung des Grundstückskaufs und des Grundstücksverkaufs in o.g. Fallkonstellationen differenziert. 1. Differenzierung nach bürgerlich-rechtlichen Wirkungen a) Rückgängigmachung von unwirksamen Erwerbsvorgängen Zunächst sind o.g. Fallkonstellationen473 daraufhin zu überprüfen, ob die Rückgängigmachung des Grundstücksgeschäfts (Kauf oder Verkauf)  nach Maßgabe ­ rEStG oder des § 41 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO des § 16 Abs. 1 G erfolgt. Dieser Vorprüfung bedarf es, weil § 16 Abs. 1 ­GrEStG das Vorliegen eines wirksamen Erwerbsvorgangs voraussetzt. Bei Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts mit bürgerlich-rechtlicher ex tunc Wirkung, so beispielsweise aufgrund wirksamer und tatsächlicher Anfechtung, gilt das Verpflichtungsgeschäft als von Anfang an nichtig, § 142 Abs. 1 BGB. In diesen Fällen fehlt es an einem für § 16 Abs. 1 G ­ rEStG notwendigen wirksamen Erwerbsvorgang. Als Korrektur 473

Im Detail hierzu ab S. 109.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

norm kommt § 41 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO in Betracht, der die Grunderwerbsbesteuerung mit Wirkung für die Vergangenheit beseitigt. War bei den fraglichen Sachverhaltskonstellationen das Grundstücksgeschäft von Anfang an unwirksam, wirkt diese Unwirksamkeit als rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auch auf die Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG zurück und es ist Grunderwerbsteuer erstmals festzusetzen bzw. aufzuheben.474 b) Rückgängigmachung von wirksamen Erwerbsvorgängen In den sonstigen Fällen, d. h., wenn ein wirksamer Erwerbsvorgang vorliegt, kann die Steuer aufgrund der fehlenden materiellen Rückwirkung bei der Rückgängigmachung des Grundstückskaufs hinsichtlich der Besteuerung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG grundsätzlich nicht aufgehoben bzw. im Fall der Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs nicht nachträglich nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG festgesetzt werden. Dieses Ergebnis wird unter Heranziehung des Belastungsgrunds des ­GrEStG und unter Heranziehung von Sinn und Zweck des § 16 Abs. 1 ­GrEStG als nicht sachgerecht empfunden, weil nach der Rückgängigmachung eines Grundstückskaufs die „neue“ Gesellschaft / der neue Anteilseigner475 keine Sachherrschaft mehr über das Grundstück ausüben kann. Bzw. umgekehrt die „neue“ Gesellschaft / der neue Anteilseigner nach Rückgängigmachung eines Grundstücksverkaufs wieder Sachherrschaft über das Grundstück hat. Fraglich ist, ob und ggf. wie dieser Umstand in der Besteuerung zu berücksichtigen ist. Als allgemeine verfahrensrechtliche Korrekturvorschriften kommen für eine Änderung einer bereits festgesetzten Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG und damit in den Fällen der Rückgängigmachung eines Grundstückskaufs grundsätzlich in Betracht: – § 164 Abs. 1 S. 1 AO: Dies setzt voraus, dass der Grunderwerbsteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, was regelmäßig nicht der Fall sein wird. Dies, weil mit dem dem Finanzamt vorgelegten wirksamen Kaufvertrag keine Unsicherheiten hinsichtlich der gesetzesmäßigen Tatbestandsverwirklichung bestehen und die Steuer daher vor dem Hintergrund der Verfahrensbeschleunigung regelmäßig nicht vorläufig festgesetzt sein wird.476 Von einer weitergehenden Vertiefung wird daher abgesehen. 474

Im Ergebnis Heine, UVR 2016, 190 (191); Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 149; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 974. 475 Nach Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG gilt die Personengesellschaft als eine „neue“ Personengesellschaft, BFH, Urteil vom 16.02.2005 – II R 59/02, BFH / N V 2005, 1369; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 2a Rn. 758. 476 Heuermann, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 164 AO Rn. 1.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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– § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO: Voraussetzung für das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen ist, dass die Tatsachen bei Erlass bereits vorhanden waren und vom Finanzamt hätten berücksichtigt werden können.477 Erfolgt die Rückgängigmachung des Grundstückskaufs nach der Grunderwerbsteuerfestsetzung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG, fehlt es an dem Erfordernis des nachträglichen Bekanntwerdens, da zum Zeitpunkt der Festsetzung bzw. Noch-Nicht-Festsetzung die Rückgängigmachung noch nicht existent war. Aus diesen Gründen soll § 173 Abs. 1 AO ebenfalls nicht weiter untersucht werden. – § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO: Hierzu müsste die Rückgängigmachung des Grundstückskaufs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG ein rückwirkendes Ereignis darstellen. Dies scheint vor dem Hintergrund, dass § 16 Abs. 1 ­GrEStG die materielle Rechtmäßigkeit des einmal enstandenen Steueranspruchs unberührt lässt, zumindest zweifelhaft und bedarf einer genaueren Prüfung. – § 163478 oder § 227 AO: Erforderlich ist, dass die Erhebung bzw. Einziehung der Grunderwerbsteuer nach Lage des einzelnen Falls persönlich oder sachlich unbillig wäre. Ob diese Voraussetzung in o.g. Fällen grundsätzlich vorliegen, ist gleichfalls näher zu untersuchen. – § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. d)  AO i. V. m. § 16 Abs. 1 ­GrEStG: Erforderlich hierzu wäre, dass die Rückgängigmachung des Grundstückskaufs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG, entgegen dem Wortlaut, zugleich auf die Steuerfestsetzung des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG „durchschlägt“. Dies könnte mittels analoger Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG erreicht werden, was im Detail zu prüfen ist. In den Fällen der Rückgängigmachung eines Grundstücksverkaufs bedarf es hingegen keiner Korrektur einer bisherigen Grunderwerbsteuerfestsetzung, sondern umgekehrt einer Rechtsgrundlage für die erstmalige Festsetzung von Grunderwerbsteuer. In Betracht kommen nur die steuerbegründenden Tatbestände der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG. Nur, wenn in o.g. Fallkonstellationen durch die Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs zugleich ein erneuter Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG verwirklicht würde, stellt sich nachfolgend die Frage nach einer etwaigen Korrektur der hieraus resultierenden Steuerfestsetzung (z. B. nach § 163 AO).

477

BFH, Urteil vom 18.3.1987 – II R 226/84, BFHE 149, 141; zu § 173 AO Tz. 1.3. AEAO. Nur für den Fall, dass Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG noch nicht festgesetzt wurde, Rüsken, in: Klein AO (2020), § 163 AO Rn. 5 zur Differenzierung der Billigkeitsregelungen im Festsetzungs- und Erhebungsverfahren. 478

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

2. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und §§ 163, 227 AO a) § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO Stimmen in der Literatur wollen die Rückgängigmachung des Grundstücksgeschäfts nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG ausnahmsweise als rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ansehen479. Fraglich ist, ob § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO als Korrekturnorm für eine zu ändernde Steuerfestsetzung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG herangezogen werden kann.480 Grundsätzlich tritt § 16 Abs. 1 ­GrEStG als spezialgesetzliche Korrekturvorschrift neben die allgemeinen Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO, ohne diese zu verdrängen.481 Eigenständige praktische Bedeutung erlangen die allgemeinen Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO grundsätzlich nur, wenn ein Tatbestandsmerkmal des § 16 ­GrEStG nicht erfüllt ist. So in den Fällen des Fehlens eines rechtswirksamen Erwerbsvorgangs482; hier findet § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 41 Abs. 1 S. 1 AO Anwendung, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des unwirksamen Rechtsgeschäfts nicht eintreten und bestehen lassen. Nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Der Begriff „Ereignis“ umfasst dabei alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge; dazu rechnen nicht nur solche mit ausschließlich rechtlichem Bezug, sondern auch tatsächliche Lebensvorgänge.483 Der Begriff „eintritt“ und der Bedeutungszusammenhang zu § 173 Abs. 1 AO zeigen, dass sich der Vorgang ereignen muss, nachdem der Steueranspruch entstanden ist bzw. nachdem der Steuerbescheid ergangen ist.484 Nicht ausreichend ist, dass das spätere Ereignis den nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalt anders gestaltet. Vielmehr muss sich die Änderung – ungeachtet der zivilrechtlichen Wirkungen – steuerlich in die Vergangenheit auswirken, und zwar in der Weise, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist.485 479

Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 1 Rn. 149; wohl auch Behrens / Schmitt, UVR 2009, 51 (54); Behrens, DStR 2009, 1611 (1617) wenn sie jeweils von „(zu)rückwirkendes Ereignis“ sprechen. 480 Insoweit differenziert die Literatur nicht nach der Rückgängigmachung des Grundstückskaufs und des Grundstücksverkaufs. Im Verkaufsfall kann § 175 Abs. 1 S 1 Nr. 2 AO mangels vorausgegangener Festsetzung aber gerade keine Anwendung finden. 481 BFH, Beschluss vom 17.4.2002  – II B 120/00, BFH / N V 2002, 1170; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 5; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 4; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 12, 13; Wohltmann, UVR 2008, 344 (345). 482 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 4. 483 BFH, Beschluss vom 19.7.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66 unter C. II. 1. a). 484 BFH, Beschluss vom 19.7.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66 unter C. II. 1. a). 485 BFH, Beschluss vom 19.7.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66 (unter C. II. 1. b).

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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Ob eine nachträgliche Änderung des Sachverhalts steuerlich in die Vergangenheit zurückwirkt, bestimmt sich dabei im Einzelfall nach dem jeweils einschlägigen materiellen Steuergesetz (z. B. § 41 Abs. 1 S. 2 AO)486. Nach diesem ist zu beurteilen, ob zum einen eine Änderung des ursprünglich gegebenen Sachverhalts den Steuertatbestand überhaupt betrifft und, ob darüber hinaus der bereits entstandene materielle Steueranspruch mit steuerlicher Rückwirkung noch geändert werden oder entfallen kann.487 Die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG wirkt nicht steuerlich in die Vergangenheit zurück. Hiergegen sprechen insbesondere der Wortlaut und die Systematik der Regelung. Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 ­GrEStG ist bei Tatbestandsverwirklichung von Nr. 1 oder Nr. 2 die Steuer auf Antrag nicht festzusetzen oder eine Steuerfestsetzung aufzuheben, so dass, anders als nach dem Wortlaut des § 29 Abs. 1 ErbStG, die Steuer gerade nicht mit Wirkung für die Vergangenheit erlischt. Systematisch stellt § 16 Abs. 1 ­GrEStG eine am Be­ rEStG dar. steuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 G Demgemäß entsteht nur ein gegenläufiger Anspruch, der neben den ursprüngli­ rEStG tritt und den ursprünglichen Steueranspruch chen Steueranspruch aus § 1 G unberührt lässt. Insoweit kommt § 16 ­GrEStG keine steuerliche Wirkung für die Vergangenheit zu. Diese Ausgestaltung fügt sich auch in das System der Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. So erfolgt die Rückgängigmachung ­ rEStG regelmäßig aufgrund Ausübung von vertraglichen oder nach § 16 Abs. 1 G gesetzlichen Gestaltungsrechten488. Diese stellen per se kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar489; sie wirken daher auch nicht auf die ursprüngliche Steuerfestsetzung zurück490. Dies ist konsequent, da eine rückwirkende Aufhebung, Änderung oder Begründung von Vertragsverhältnissen nicht die kraft Gesetzes entstandenen Steueransprüche erfassen kann, weil andernfalls öffentlich-rechtliche Steueransprüche den vertraglichen Dispositionen zugänglich wären491. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO kann damit nicht als Grundlage für eine Korrektur der Grunderwerbsteuerfestsetzung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG herangezogen werden.

486

BFH, Beschluss vom 19.7.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66 (unter C. II. 1. c); Fischer, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 41 AO, Rn. 101. 487 BFH, Beschluss vom 19.7.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66 (unter C. II. 1. c). 488 Hierzu ab S. 75. 489 Loose, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 175 AO Rn. 28; im Zusammenhang mit § 16 ­GrEStG: FG Münster, Urteil vom 19.11.2007 – 8 K 2562/05 GrE, EFG 2008, 877, bestätigt durch BFH, Urteil vom 18.11.2009 – II R 11/08, BFHE 226, 552; A. A. FG Berlin, Urteil vom 11.11.2004 – 1 K 1071/02, EFG 2005, 554 zu § 16 Abs. 3 ­GrEStG. 490 Im Zusammenhang mit § 16 ­GrEStG: Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 10.6.2010 – 8 K 1441/08, UVR 2010, 263; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 13. 491 Loose, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 175 AO Rn. 28.

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b) Erlass aus Billigkeitsgründen nach §§ 163, 227 AO In den Fällen der Rückgängigmachung eines Grundstückskaufs könnte die Billigkeitsregelung des § 227 AO als Grundlage herangezogen werden, um eine Aufhebung bereits festgesetzter Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG zu erreichen.492 Bei der Rückgängigmachung eines Grundstücksverkaufs könnte zudem die Billigkeitsregelung des § 163 AO493 herangezogen werden, wobei insoweit die Frage nach der Rechtsgrundlage für die erstmalige Festsetzung denklogisch vorgelagert ist. Die Billigkeitsvorschrift des § 227 AO erlaubt es, ausnahmsweise in eine von der Gesetzesanwendung unabhängigen und (nur) deren Ergebnis auf Grund außergewöhnlicher Umstände korrigierenden Einzelfallwürdigung unter dem Gesichtspunkt der sachlichen und / oder persönlichen494 Billigkeit einzutreten.495 Dabei stellt § 227 AO weder eine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar, noch darf der Erlass auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde496. Ebenfalls kein Raum für einen Steuererlass wegen (sachlicher) Unbilligkeit besteht, wenn das „billige“ Ergebnis durch Auslegung des Gesetzes und entsprechende Änderung von Steuerbescheiden (aufgrund einer Korrekturnorm) erreicht werden kann.497 Daher ist zwischen bestandskräftigen und nicht bestandskräftigen Steuerbescheiden zu differenzieren.498 Zum Zeitpunkt der Rückgängigmachung des Grundstückskaufs wird der Bescheid über Grunderwerbsteuer aufgrund § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG regelmäßig bereits bestandskräftig sein. Eine Korrektur wird daher mangels Vorliegen einer Korrekturnorm nicht in Betracht kommen.499 Die Durchbrechung der Bestandskraft ist dann (aufgrund von sachlichen Billigkeitserwägungen) nur noch möglich, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig fehlerhaft ist und dem Steuerpflichtigen eine rechtzeitige Gegenwehr gegen die Fehlerhaftigkeit der Steuerfestsetzung

492

Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 111; so noch Heine, GmbHR 2001, 365 (370 f). Wegen der tatbestandsmäßigen Vergleichbarkeit der beiden Billigkeitsvorschriften wird nachfolgend zunächst nur auf die Kommentierung zu § 227 AO näher eingegangen. 494 Zur Unbilligkeit aus persönlichen Gründen, die in o.g. Fallkonstellationen regelmäßig nicht anwendbar sein wird, weil sich diese insbesondere aus den wirtschaftlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen ergeben, siehe Fritsch, in: König AO, § 227 AO Rn. 28–35; Rüsken, in: Klein AO (2020), § 227 AO Rn. 1, 33. 495 von Groll, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 163 AO Rn. 21; Fritsch, in: König AO, § 227 AO Rn. 13; Rüsken, in: Klein AO (2020), § 163 AO Rn. 1. 496 Zu § 227 AO: BFH, Urteil vom 23.3.1998 – II R 41/96, BFHE 185, 270. 497 BFH, Urteil vom 28.11.1991  – XI R 25/90, BFH / N V 1992,530; BFH, Urteil vom 21.1.1992 – VIII R 51/88, BFHE 168, 500: dies folgt aus der subsidiären Natur des Billigkeitserlasses, so Loose, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 227 AO Rn. 45. 498 So auch Loose, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 227 AO Rn. 45 ff. 499 Siehe Ausführungen ab S. 172. 493

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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nicht möglich oder nicht zumutbar war.500 Offensichtlich ist die Fehlerhaftigkeit der Steuerfestsetzung, wenn vor dem für die Entscheidung über den Billigkeitserlass maßgeblichen Zeitpunkt die Annahme einer fehlerhaften Auslegung des Gesetzes durch die steuerfestsetzende Behörde auf der Hand lag.501 Eine unmögliche oder unzumutbare Gegenwehr des Steuerpflichtigen gegen diese fehlerhafte Auslegung wird bejaht, wenn sich der Steuerpflichtige darauf verlassen konnte und durfte, dass die Steuerbehörde die Rechtslage gründlich geprüft hatte.502 Die Rechtslage in o.g. Konstellationen ist höchstrichterlich nicht geklärt; eine offensichtliche fehlerhafte Auslegung durch die steuerfestsetzende Behörde liegt damit regelmäßig nicht auf der Hand; ein Billigkeitserlass hängt somit allein von der fehlerfreien Ermessensausübung durch die Behörde ab. Diese wird prüfen, ob die Voraussetzungen einer sachlichen Unbilligkeit vorliegen. Sachliche Unbilligkeit liegt vor, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Einzelfall derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint.503 Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat und die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – hätte der Gesetzgeber sie geregelt – im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden würde.504 Die Billigkeit soll damit einem Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die mit Sinn und Zweck des Steuergesetzes zu vereinbarende Regelung Rechnung tragen und die steuerliche Belastung auf das vom Gesetzgeber gewollte Maß zurückführen.505 Dies insbesondere, wenn die Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung in atypischen Einzelfällen zu verfassungsrechtlich bedenklichen Problemlagen führen.506 Nach alledem ist für Zwecke des § 227 AO zu prüfen, ob die Grunderwerbsteuerfestsetzung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG in den fraglichen Sachverhaltskonstellationen unbillig ist, weil im spezifischen Einzelfall der Wortlaut von § 1 Abs. 2a ­ rEStG mit dessen Normzweck divergiert und es daher zu einer unbilligen, bis 3a G vom Gesetzgeber nicht gewollten Besteuerung kommt507. 500

BFH, Urteil vom 11.8.1987  – VII R 121/84, BFHE 150, 502; von Groll, in: H / H /Sp (AO / FGO Kommentar) (257. EL), § 227 AO Rn. 272. 501 BFH, Urteil vom 22.9.1976 – I R 68/74, BFHE 120, 200; FG Köln, Urteil vom 28.8.1996 – 6 K 4003/92, EFG 1997, 695. 502 So im Fall; FG Köln, Urteil vom 28.8.1996 – 6 K 4003/92, EFG 1997, 695. 503 Im Zusammenhang mit § 227 AO: z. B. BFH, Urteil vom 28.3.2012 – II R 42/11, BFH / N V 2012, 1486; Loose, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 227 AO Rn. 42; Fritsch, in: König AO, § 227 AO Rn. 13. 504 BFH, Urteil vom 23.3.1998 – II R 41/96, BFHE 185, 270; BFH, Urteil vom 4.2.2010 – II R 25/08, BFHE 228, 130; BVerfG, Beschluss vom 5.4.1978 – 1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102. 505 Rüsken, in: Klein AO (2020), § 163 AO Rn. 35. 506 BVerfG, Beschluss vom 5.4.1978 – 1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102; Rüsken, in: Klein AO (2020), § 163 AO Rn. 38. 507 Dabei kommt es nicht auf eine Divergenz zwischen Wortlaut und Normzweck des § 16 ­GrEStG an. Dies, weil Rechtsgrundlage für die fragwürdige Steuerfestsetzung die Erwerbs-

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

Stellt man auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­ rEStG ab, besteht im Grunde keine Divergenz zwischen Wortlaut und NormG zweck und damit keine sachliche Unbilligkeit, da zu diesem Zeitpunkt die (nachträglich rückgängig gemachten) Grundstücke richtigerweise der Gesellschaft zuzuordnen waren. Liegen aus diesem Grund die Voraussetzungen der Unbilligkeit nicht vor, ist eine gerichtliche Nachprüfbarkeit fehlerhafter Ermessensausübung auch nur eingeschränkt möglich.508 Nur, wenn eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, ist der Ermessensspielraum der Behörde nämlich auf Null reduziert.509 Demgemäß sollte der Steuerpflichtige die ursprünglich materiell richtige Steuerfestsetzung ­ rEStG nicht vorrangig auf einen Billigkeitserlass nach nach § 1 Abs. 2a bis 3a G § 227 AO stützen. 3. § 16 Abs. 1 ­GrEStG (analog) bei Rückgängigmachung des Grundstückskaufs a) Lückenfeststellung Die in den o.g. Fällen zu beanstandende Regelungslücke510 zeigt sich bei vollständiger Ausschöpfung des Wortsinns sowie der Gegenüberstellung des Normzwecks von § 16 ­GrEStG wie folgt: Nach dem Wortlaut kommt in o.g. Fallkonstellationen eine unmittelbare Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG auf die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG nicht in Betracht, weil die Anteilsübergänge nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG rechtlich und tatsächlich nicht rückgängig gemacht werden – die neue Gesellschafterstruktur bleibt vielmehr aufrechterhalten. Im Übrigen wäre der sach­ rEStG zumindest bei den Erwerbsvorliche Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 G gängen des § 1 Abs. 2a ­GrEStG schon nicht eröffnet.511 Nach dem Wortlaut kann die vorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG sind und es damit für die Billigkeit auch nur auf diese Rechtsgrundlage ankommen kann. 508 § 227 AO als sog. Kopplungsvorschrift = Rechtsnormen, die auf der Tatbestandsseite einen unbestimmten Gesetzesbegriff enthalten und auf der Rechtsfolgeseite als Ermessensentscheidung ausgestaltet sind, vgl. Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 5 AO Rn. 29a; i. E. Loose, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 227 AO Rn. 22. A. A. BFH, wonach § 227 AO eine einheitliche Ermessensvorschrift darstellt, BFH, Urteil vom 28.3.2012 – II R 42/11, BFH / N V 2012, 1486. 509 FG Düsseldorf, Urteil vom 19.7.2000 – 7 K 237/97 AO, EFG 2000, 1410. 510 Zur Abgrenzung zwischen Auslegung und Lückenfeststellung siehe u. a. Völker, DStZ 1989, 235 (236); Drüen, GmbHR 2005, 69 (75 ff.); Tipke, Die Steuerrechtsordnung Band III (2012), S. 1586 (S. 1637–1646). 511 § 1 Abs. 2a ­GrEStG knüpft tatbestandlich an die dingliche Übertragung der Anteile an einer Personengesellschaft an und fingiert die Übertragung des Grundstücks auf eine „neue“ Personengesellschaft; die Rückabwicklung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG bezieht sich auf die Rückabwicklung der Änderung des Gesellschafterbestands und soll in Anlehnung an die in § 16 Abs. 1 und 2 ­GrEStG normierte Differenzierung nach der dinglichen Eigentumsübertragung

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ursprünglich materiell richtige Steuerfestsetzung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG daher nicht wegen der Rückgängigmachung des vorangegangenen Grundstücksgeschäfts nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG korrigiert werden. Sinn und Zweck des § 16 ­GrEStG ist, unter Berücksichtigung des Belastungsgrunds des ­GrEStG, an einer Grunderwerbsbesteuerung nicht mehr festzuhalten, wenn der Grundstücksumsatz – und damit die Übertragung von Sachherrschaftsrechten – nicht zustande kam oder aus besonderen Gründen wieder rückgängig gemacht wurde. Umgekehrt soll eine Besteuerung erfolgen bzw. aufrechterhalten bleiben, wenn Sachherrschaft an dem Grundstück übertragen wird bzw. (unverändert) fortbesteht. Stellt man Wortsinn und Normzweck gegenüber, haben zwar in den fraglichen Fällen die neuen Gesellschafter bzw. die „neue“ Personengesellschaft aufgrund der vorangegangenen Erwerbsvorgänge (Grundstückskauf) gleichfalls Sachherrschaft über inländische Grundstücke erlangt. Allerdings bestand diese Sachherrschaft aufgrund der Rückgängigmachung der Grundstückskäufe nicht dauerhaft fort. Die Sachherrschaft wurde durch Aufhebung des Rechtsgeschäfts nachträglich beseitigt. Die ursprünglich auf die „neue“ Personengesellschaft / neuen Gesellschafter übertragene Sachherrschaft an den Gesellschaftsgrundstücken aufgrund der Tat­ rEStG wird als Reflexwirkung bestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a bis 3a G der Rückgängigmachung des Grundstückskaufs gleichfalls zurück übertragen. Zu prüfen ist daher, ob aus diesen Erwägungen der § 16 Abs. 1 G ­ rEStG für einen nicht mehr fortbestehenden Grundstücksumsatz auch auf zwischenzeitliche Erwerbsvorgänge Rechtswirkungen entfalten kann, ohne dass diese zwischenzeit­ rEStG rückgängig gemacht werden. lichen Erwerbsvorgänge i. S. d. § 16 Abs. 1 G Konkret stellt sich die Frage, ob die Regelung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG (im Wege der Analogie) dahingehend auszulegen ist, dass allein die Rechtsfolge des § 16 Abs. 1 ­GrEStG (Nichtfestsetzung bzw. Aufhebung der Festsetzung) auf die zwischenzeitlichen Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG eintritt. b) Lückenausfüllung durch Analogie Die Analogie ist die Grundform der wortlautergänzenden Rechtsanwendung und setzt voraus, dass eine Norm ein Rechtsprinzip enthält, das auf einen Fall zutrifft, den der mögliche Wortlaut der Norm planwidrig nicht bzw. unvollständig erfasst512. Dabei ist der zu entscheidende Fall dem Rechtsprinzip, welches dem Normzweck zugrunde liegt, den wortlautgedeckten Fällen so ähnlich, dass sich der Wortlaut

nur nach § 16 Abs. 2 G ­ rEStG möglich sein, Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 270; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 62. Siehe auch ab S. 201. 512 Allgemein Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 365–376; Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 74 ff.

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der Norm als planwidrig unvollständig darstellt513. Diese Unvollständigkeit wird bei Vergleichbarkeit der Interessenlage im Wege der wortlautergänzenden Rechtsanwendung beseitigt. aa) Planwidrige Unvollständigkeit ­ rEStG bezieht sich allein auf den rückgängig geDie Regelung des § 16 Abs. 1 G machten Erwerbsvorgang. Diese isolierte Bezugnahme rechtfertigt sich aus dem Grundsatz, dass jeder Erwerbsvorgang und damit jede eigentumsmäßige Zuordnung an einem Grundstück für sich betrachtet besteuerungswürdig ist und § 16 Abs. 1 ­GrEStG die gegenläufige Wertung des Gesetzgebers enthält, dass erst die Rückgängigmachung dieser Änderung der eigentumsmäßigen Zuordnung eines Grundstücks die eigentlich indizierte Besteuerungswürdigkeit wieder aufhebt514. § 16 Abs. 1 ­GrEStG nimmt dabei keinen expliziten Bezug zu Erwerbsvorgängen, die erst durch die (nachträglich rückgängig gemachten) vorangegangenen Erwerbsvorgänge zur Tatbestandsverwirklichung oder Steuerentstehung geführt haben. Dies ist beispielsweise der Fall bei den Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG, die ihrerseits tatbestandlich erst verwirklicht sind, wenn ein vorangegangener Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG verwirklicht wurde515. ­ rEStG schweigt zu diesen und zu den streitigen Fallkonstellationen. § 16 Abs. 1 G Eine planwidrige Unvollständigkeit liegt demnach vor, da es an einer erforderlichen gesetzlichen Anordnung fehlt, die Norm also hinsichtlich der Rechtsanwendung dieser Fälle völlig schweigt516. Naheliegend ist, dass bei Zustandekommen des ­GrEStG jene Fälle schlicht übersehen bzw. noch gar nicht geregelt werden konnten. So wurden erst durch die Rechtsprechung die Anforderungen an die Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 1 Nr. 5 konkretisiert, insbesondere, dass die Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 1 Nr. 5 G ­ rEStG einen vorherigen Er­ rEStG voraussetzt.517 Insoweit heißt es: werbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 G 513

Grundlegend Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz (1983); Englisch, in: Tipke / Lang, Steuerrecht (2018) § 5 Rn. 74 ff. 514 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 11. 515 BFH, Urteil vom 10.12.1997  – II R 27/97, BFHE 185, 63: „Von Zwischengeschäften […] kann aber nur gesprochen werden, wenn bereits die Begründung der weiterübertragenen Rechtsposition der Steuer unterlegen haben kann. Nur in den Fällen, in denen die Steuerpflicht bereits auf das auf Eintritt der Eigentumsänderung zielende Rechtsgeschäft vorverlegt ist, ist es zur Vermeidung einer Besteuerungslücke notwendig, auch die vor Eintritt der Eigentumsänderung erfolgende Weiterübertragung dieser Rechtsposition ihrerseits der Steuer zu unterwerfen.“ 516 Sog. offene Regelungslücke Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 351; im Gegensatz hierzu die verdeckte Regelungslücke, wenn das Gesetz zwar eine Regelung enthält, diese aber ihrem Zweck nach auf eine bestimmte Gruppe von Fällen nicht passt, weil sie deren für die Wertung relevante Besonderheiten außer Acht lässt, Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 352. 517 Hierzu und nachfolgend: BFH, Urteil vom 10.12.1997 – II R 27/97, BFHE 185, 63.

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„Von Zwischengeschäften […] kann aber nur gesprochen werden, wenn bereits die Begründung der weiterübertragenen Rechtsposition der Steuer unterlegen haben kann. Nur in den Fällen, in denen die Steuerpflicht bereits auf das auf Eintritt der Eigentumsänderung zielende Rechtsgeschäft vorverlegt ist, ist es zur Vermeidung einer Besteuerungslücke notwendig, auch die vor Eintritt der Eigentumsänderung erfolgende Weiterübertragung dieser Rechtsposition ihrerseits der Steuer zu unterwerfen.“ Zudem wurden bspw. die Erwerbsvorgänge der § 1 Abs. 2a bis ­ rEStG, in 3a ­GrEStG teilweise erst nachträglich, also nach Einführung des § 16 G das ­GrEStG eingeführt.518 bb) Vergleichbare Interessenlage Eine Analogie der dem Gesetz zu entnehmenden Rechtsprinzipien ist nur auf solche Fälle möglich, die von den im Gesetz entschiedenen Fällen unwesentlich abweichen, d. h. diesen Fällen rechtsähnlich sind, ihnen also in den für den Grund der Entscheidung maßgebenden Teilen gleichen oder wesensgleich sind.519 Dies ist teleologisch zu ermitteln.520 (1) Vergleichbare Interessenlage bei den streitigen Fallkonstellationen In den streitigen Fallkonstellationen besteht aufgrund der Rückgängigmachung des Grundstückskaufs (vorangegangener Erwerbsvorgang) der Grundstücksumsatz, welcher für die grunderwerbsteuerliche Zuordnung des Grundstücks zum Gesellschaftsvermögen notwendig war und mithin erst die nachfolgende Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG ermöglichte, nicht mehr fort. Ohne diesen vorausgegangenen Erwerbsvorgang verliert der Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG ein notwendiges Tatbestandsmerkmal, da ohne vorausgegangenen Erwerbsvorgang keine Zuordnung des Grundstücks zum Vermögen der Gesellschaft erfolgt. Weiterhin, entfällt ohne diesen vorausgegangenen Erwerbsvorgang der der Besteuerung immanente Belastungsgrund der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG, nämlich die fortbestehende Ausübung der Sachherrschaft (über die gehaltenen Anteile am Gesellschaftsvermögen / an der Gesellschaft) am Grundstück. Diese innere Verknüpfung beider Erwerbsvorgänge  – wobei nur der nachfolgende Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG den vorausgegangenen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 bis 3a G ­ rEStG zur Tatbestandsverwirklichung 518 Hierzu ab S. 40. Im Übrigen beschränkt sich der Gesetzgeber hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 16 ­GrEStG auf Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a, 3a G ­ rEStG lediglich auf die in § 16 Abs. 5 ­GrEStG genannte Bezugnahme. 519 Klug, Juristische Logik (2014), S. 97; Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 365. 520 Klug, Juristische Logik (2014), S. 123.

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bedingt, nicht umgekehrt – führt zur Wesensgleichheit und damit zur Vergleich­ rEStG erfassten Fälle. Hier wie dort entfällt barkeit der sonst von § 16 Abs. 1 G erst / aber auch bereits mit der Rückgängigmachung des besteuerungswürdigen Erwerbsvorgangs der Belastungsgrund. (2) Vergleichbare Interessenlage bei Zwischengeschäften Ein Vergleich mit den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG (rechtsgeschäftliche Abtretung eines Übereignungsanspruchs) unterstreicht die eben festgestellte Wesensgleichheit. § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG setzt einen vorangegangenen wirksamen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG (Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks) voraus. Die Gemeinsamkeit zu den o.g. strittigen Fallkonstellationen ist das Vorliegen eines vorangegangenen Erwerbsvorgangs.521 Hier wie dort führt (erst) die Tatbestandsverwirklichung des vorangegangenen Erwerbsvorgangs i. S. d. § 38 AO (ggf. i. V. m. § 14 G ­ rEStG) zur grunderwerbsteuerlichen Zuordnung des Grundstücks zum Erwerber (Zwischenerwerber / Gesellschaft). Wird in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 G ­ rEStG der vorangegangene Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG rückgängig gemacht, erlischt der Übereignungsanspruch. Ohne rechtswirksamen Übereignungsanspruch verliert auch das Zwischengeschäft nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG ein notwendiges Tatbestandsmerk­ mal; ohne Übereignungsanspruch entfällt der der Besteuerung immanente Belastungsgrund. Aufgrund dieser Verknüpfung ist durch Rückgängigmachung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG und damit durch Beseitigung des Übereignungsanspruchs zugleich § 1 Abs. 1 Nr. 5 G ­ rEStG als rückgängig gemacht anzusehen, ohne dass es der Rückgängigmachung des § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG, d. h. insbesondere der Beseitigung des rechtsgeschäftlichen Abtretungsanspruchs selbst bedarf522. Allerdings könnten dieser Ansicht die Rechtsprechungs-Grundsätze zur Rückgängigmachung mehrerer aufeinanderfolgender Erwerbsvorgänge entgegenste-

521 Im Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 5 G ­ rEStG: ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, im Fall des § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG zur Zuordnung eines inländischen Grundstücks ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 bis 3a ­GrEStG. 522 A. A. wohl Heine, UVR 2000, 57 (62), ders. aber mit wohl abweichender Ansicht in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG, mit der Begründung, dass mit der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG (zwischen Veräußerer und Zessionar), welcher Voraussetzung für das Entstehen der Steuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG (Erwerbsvorgang zwischen Zedent und Zessionar) ist, der rechtliche Grund für die Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG weggefallen sei und daher die Steuerfestsetzung nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG aufzuheben sei. So könne ein Zwischenerwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG) nicht stattgefunden haben, wenn der Erwerbsfall beim Zessionar nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG eingetreten ist.

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hen.523 So sei bei zwei oder mehreren aufeinanderfolgenden Erwerbsvorgängen (Kettenerwerbsvorgänge)  hinsichtlich desselben Grundstücks jeder Erwerbs­ vorgang selbständig an § 16 Abs. 1 ­GrEStG zu messen. Demnach könne die Rechtsfolge des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG nur für den oder die Erwerbsvorgänge eintreten, die in einer den Tatbestand des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG erfüllenden Weise rückgängig gemacht wurde. Der tatbestandserfüllende Anspruch auf Übereignung des Eigentums an einem Grundstück sei auf jeder Vertragsstufe rechtlich, vollständig und tatsächlich zu beseitigen. Werde der Kettenerwerb nur auf einer Vertragsstufe rückabgewickelt, habe dies keine Auswirkungen auf die Erwerbsvorgänge auf anderen Vertragsstufen.524 Dem Grundsatz, dass die Rückgängigmachung für jeden Erwerbsvorgang isoliert zu betrachten ist, ist grundsätzlich zuzustimmen. Ist allerdings ein vorangegangener Erwerbsvorgang (Zwischenerwerb) notwendige Voraussetzung für das Entstehen der Steuer eines weiteren Erwerbsvorgangs und wird der vorangegangene Erwerbsvorgang i. S. d. § 16 Abs. 1 rückgängig gemacht, besteht der Belas­ rEStG für den weiteren Erwerbsvorgang nicht mehr fort. Folge tungsgrund des G ist, dass in derartigen Fällen unter Zugrundelegung des Belastungsgrunds nicht sämtliche Erwerbsvorgänge auf jeder Vertragsstufe rückgängig zu machen sind, sondern nur der vorausgegangene Erwerbsvorgang, welcher tatbestandsverwirklichend bzw. zur Entstehung der Steuer des weiteren Erwerbsvorgangs führte. Die Rückgängigmachung der vorangegangenen Erwerbsvorgänge sollte dann – nach Prüfung, ob kein der Rückgängigmachung entgegenstehender schädlicher Zweiterwerbsfall vorliegt – zugleich zur Nichtfestsetzung bzw. Aufhebung bereits festgesetzter Grunderwerbsteuer des nachfolgenden Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG führen. In den von der Finanzrechtsprechung entschiedenen Fällen der Rückgängigmachung von Kettengeschäften, geht aus den Urteilsgründen nicht eindeutig hervor, ob das etwaige, zwischen den aufeinanderfolgenden Erwerbsvorgängen notwendige und zugleich tatbestandserfüllende „Abhängigkeitsverhältnis“ ausreichend Berücksichtigung fand. In dem dem Urteil vom 14. Juli 1999 zugrundeliegenden Fall wurde ein zwischen Veräußerer und Ersterwerber geschlossener Grundstückskaufvertrag auf einen Zweiterwerber übergeleitet.525 Nach Ausübung des vertraglich vereinbarten Wiederkaufsrechts durch den Veräußerer begehrte der Zweiterwerber für den Zweiterwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG) die Aufhebung festgesetzter Steuern nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG. Begründet wurde das Begehren damit, dass der Ersterwerb durch Ausübung des vorbehaltenen Wiederkaufsrechts beseitigt wurde und dies gleichfalls zur Vertragsaufhebung des Zweiterwerbs führe. Der BFH entschied, dass die Beseitigung des Übereignungsanspruchs aus dem (über 523

BFH, Urteil vom 14.7.1999 – II R 1/97, BFHE 189, 188; hinsichtlich § 16 Abs. 2 Nr. 3 ­GrEStG: BFH, Beschluss vom 16.10.2009 – II B 37/09, BFH / N V 2010, 240. 524 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 36. 525 BFH, Urteil vom 14.7.1999 – II R 1/97, BFHE 189, 188.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

geleiteten) Ersterwerb keinerlei rechtlichen Einfluss auf den Zweiterwerb habe, vielmehr bleibe dieser Vertrag hiervon unberührt. Daher fehle es bereits an der zivilrechtlichen Rückgängigmachung des Zweiterwerbs. Mit Blick auf den bürgerlich-rechtlichen Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse mag die Begründung des BFH einleuchtend sein. Allerdings sind grunderwerbsteuerliche Wertungen für Zwecke des § 16 ­GrEStG ebenfalls, wenn nicht sogar vorrangig, zu berücksichtigen. Das ­GrEStG erfasst jede Übertragung von Sachherrschaftsrechten und damit jede Änderung der eigentumsmäßigen Zuordnung eines Grundstücks als steuerbar.526 Dabei macht das Gesetz die Steuerpflicht nicht vom Eintritt der Rechtsänderung abhängig, sondern verlegt rechtstechnisch die Steuerpflicht bereits auf Rechtsgeschäfte vor, die auf den Eintritt der Eigentumsrechtsänderung zielen. Zur Vermeidung von Umgehungen werden auch vor Eintritt der Eigentumsänderung erfolgende Weiterübertragungen dieser Rechtsposition der Steuer unterworfen. Dies ist Sinn und Zweck von § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG, der Zwischengeschäfte erfassen will. Von einem solchen Zwischengeschäfte kann dabei nur gesprochen werden, wenn die Begründung der weiterübertragenen Rechtsposition selbst der Steuer unterlegen hat.527 Nur dann ist es zur Vermeidung einer Besteuerungslücke notwendig, auch die vor Eintritt der Eigentumsänderung erfolgende Weiterübertragung dieser Rechtsposition ihrerseits der Steuer zu unterwerfen. Unterliegt die Begründung der auf Eigentumsänderung abzielenden Rechtsposition selbst nicht der Steuer, besteht keine Notwendigkeit, die Weiterübertragung dieser Rechtsposition der Steuer zu unterwerfen. Aus diesen Gründen darf umgekehrt bei Rückgängigmachung der auf Eigentumsänderung abzielenden Rechtsposition ebenfalls keine Notwendigkeit bestehen, die Weiterübertragung einer aufgrund Rückgängigmachung nicht mehr fortbestehenden Rechtsposition weiterhin zu besteuern. Nach Sinn und Zweck des § 16 Abs. 1 ­GrEStG folgt hieraus, dass die Rückgängigmachung des vorangegangenen Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 G ­ rEStG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG, d. h. insbesondere die rechtswirksame Beseitigung des Übereignungsanspruchs, zugleich zur Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG führen muss. Insoweit ist keine zwingende Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG erforderlich, d. h. keine zivilrechtliche Beseitigung des Anspruchs auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs. Allerdings sind ggf. die Grundsätze zur Rückgängigmachung im Zweiterwerbsfall zu beachten.528

526

Hierzu und im Folgenden: BFH, Urteil vom 10.12.1997 – II R 27/97, BFHE 185, 63. Anders hingegen in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 ­GrEStG, wonach die Einräumung des Kaufangebots gerade noch keine steuerbare Rechtsposition darstellt. Erst durch die Abtretung und die Annahme des Kaufangebots erstarkt die nicht steuerbare Rechtsposition zu einem steuerbaren Erwerbsvorgang. 528 Insbesondere ab S. 167. 527

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

185

cc) Analoge Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG auf die streitigen Fallkonstellationen Dies vorangestellt, muss in den Fällen der Rückgängigmachung eines Grundstücksgeschäfts bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG ebendies gelten. Die Rechtsfolgen der Rückgängigmachung des vorangegangenen Grundstücksgeschäfts erstrecken sich auch auf die zwischenzeit­ rEStG, ohne, dass der liche Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a G Tatbestand des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG selbst i. S. d. § 16 Abs. 1 ­GrEStG rückgängig zu machen wäre. Gegen eine solche Ausweitung spricht auch nicht das sog. Verbot der „singularia non sunt extendenda“529, wonach Ausnahme- und Vergünstigungsvorschriften eng530 oder nur bei gewichtigen Gründen über ihren reinen Wortlaut auszulegen sind531. Denn der Umstand, dass Ausnahme- und Vergünstigungsvorschriften eine Ausnahme von der Besteuerung vorsehen, kann nicht allein dazu führen, diese eng auszulegen.532 Sie sind vielmehr wie allgemeine Vorschriften anzuwenden und demgemäß einer teleologischen Auslegung533 oder einer Analogie zugänglich534. Maßgeblich muss sein, ob die Ausnahme oder Vergünstigung nach dem gesetzgeberischen Ziel in zeitlicher, sachlicher oder persönlicher Hinsicht über die unmittelbaren Befreiungsfälle ausgedehnt werden kann oder muss.535 Der Rechtsanwender ist daher nach der Singularia-Maxime vorrangig dazu angehalten, den gesetzlichen Zweck und das Ausdehnungsbedürfnis besonders intensiv darzulegen.536 Dem ist und wird nochmals nachgekommen: Die zur Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG zwingende Notwendigkeit einer grunderwerbsteuerlichen Grundstückszuordnung zum Vermögen einer Gesellschaft537 und damit verbunden die zwingende Notwendigkeit eines vorausgegangenen Erwerbsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 1 bis 3a ­GrEStG538 muss in o.g. Fallkonstellatio 529

Allgemein zu dieser Maxime siehe Muscheler, in: Drenseck / Seer, Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, S. 135 (insb. S. 146–153); krit. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1991) S. 355; Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 224 und 364. 530 BFH, Urteil vom 4.11.1986 – VIII R 1/84, BFHE 148, 446. 531 BFH, Urteil vom 27.2.1973 – VII R 100/70, BFHE 109, 4. 532 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161. EL), § 4 AO Rn. 224 und 364. 533 Ausdrücklich BFH, Urteil vom 4.11.1994 – VI R 81/93, BFHE 175, 567. 534 Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161.  EL), § 4 AO insb. Rn. 224, 226, 364 je­weils m. w. N. zu Rechtsprechung und Literatur; a. A. FG Münster, Urteil vom 19.11.2007  – 8 K 2562/05 GrE, EFG 2008, 877. 535 Drüen, GmbHR 2005, 69 (76). 536 Drüen, GmbHR 2005, 69 (76); Drüen, in: Tipke / K ruse (AO / FGO) (161.  EL), § 4 AO Rn. 364. 537 Gehört der Gesellschaft kein inländisches Grundstück, ist jeder (wesentliche)  Gesellschafterwechsel i. S. des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG nicht tatbestandsauslösend. 538 Die grunderwerbsteuerliche Zuordnung des Grundstücks zum Vermögen der Gesellschaft erfolgt erst, wenn ein Erwerbsvorgang i. S. des § 38 AO und ggf. § 14 ­GrEStG verwirklicht wurde.

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§ 3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG 

nen im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 ­GrEStG Berücksichtigung finden. Ohne vorangegangenen verwirklichten Erwerbsvorgang findet keine Zuordnung eines Grundstücks zum Vermögen der Gesellschaft statt, d. h. zugleich, dass ohne Sachherrschaft über ein Grundstück auch keine Besteuerung erfolgt. Fand eine Grundstückszuordnung zum Vermögen der Gesellschaft aufgrund eines vorausgegangenen Erwerbsvorgangs statt und wird dieser Erwerbsvorgang wieder rückgängig gemacht, hat die Gesellschaft keine Sachherrschaft mehr über dieses Grundstück. Die wieder zurückübertragene Sachherrschaft kann bei zwischenzeitlichem Gesellschafterwechsel auch nicht mehr durch die „neue“ Personengesellschaft / neuen Gesellschafter ausgeübt werden. Der nach § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG besteuerungswürdige Grundstücksumsatz wird vielmehr durch die Rückgängigmachung des Grundstückskaufs aufgrund der bestehenden inneren Verknüpfung zwischen beiden Tatbeständen gleichzeitig beseitigt. Die Rückgängigmachung des Grundstückskaufs als Voraussetzung der Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG muss insoweit ausreichend sein. Es sind nicht sämtliche Erwerbsvorgänge auf jeder Vertragsstufe rückgängig zu machen. Folglich kommt es nur auf die Rückgängigmachung derjenigen Erwerbsvorgänge an, welche unmittelbar tatbestandsverwirklichend waren bzw. zur Entstehung der Steuer des nachfolgenden Erwerbsvorgangs führten.

4. Kein § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG (analog) bei Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs In den Fällen der Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG kommt es zu einer nachträglichen Zuordnung eines Grundstücks zum Vermögen einer Gesellschaft, deren Gesellschafterbestand bzw. Anteilseignerstruktur sich zwischenzeitlich maßgebend geändert hat. Durch die nachträgliche Zuordnung des Grundstücks, die ihren Rechtsgrund in der Rückgängigmachung des vorausgegangenen Grundstücksverkaufs hat, erlangt die ursprünglich grundstücksveräußernde Gesellschaft wieder Sachherrschaftsrechte an dem Grundstück. Insoweit geht es auf Ebene der „neuen“ Personengesellschaft bzw. der neuen Gesellschafter nicht um die Korrektur einer Grunderwerbsbesteuerung, weil Sachherrschaftsrechte an einem Grundstück übertragen wurden und diese nicht auf Dauer verblieben sind. Vielmehr geht es umgekehrt um eine Korrektur einer noch nicht erfolgten Grunderwerbsbesteuerung, weil Sachherrschaftsrechte zum Zeitpunkt der Änderung des Gesellschafterbestands bzw. der Anteilseignerstruktur aufgrund des Grundstücksverkaufs nicht mehr ausgeübt werden konnten, diese aber aufgrund und zum Zeitpunkt der Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs, wieder ausgeübt werden können, weil sie zurückübertragen wurden. In diesen Fällen hilft eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 1 ­GrEStG, wie bei der Rückgängigmachung des Grundstückskaufs, nicht weiter, weil es nicht

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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um die Korrektur nicht mehr fortbestehender Sachherrschaftsrechte (und damit nicht um die Nichtfestsetzung bzw. Aufhebung einer Steuerfestsetzung) geht. Es geht umgekehrt um die Korrektur wieder eingeräumter Sachherrschaftsrechte und damit um den Anwendungsbereich der § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG selbst. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschriften scheidet aus, weil sich der Gesellschafterbestand bzw. die Anteilseigerstruktur durch die Rückgängigmachung des Grundstücksverkaufs nicht maßgebend, nämlich gar nicht, geändert hat. Allerdings scheidet auch eine analoge Anwendung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG aus, da eine solche zu einem Verstoß gegen das grunderwerbsteuerliche Stichtagsprinzip sowie gegen den Grundsatz des Verbots der steuerbegründenden Analogie führen würde539. Zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG gehörten der grundstücksveräußernden Gesellschaft nur die zu diesem Zeitpunkt grunderwerbsteuerlich zuzuordnenden Grundstücke. Das veräußerte Grundstück „gehörte“ der grundstücksveräußernden Gesellschaft zum Zeitpunkt der Steuerentstehung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG jedoch gerade nicht (mehr). Nur auf diesen Zeitpunkt kann es aber ankommen, wenn man auf die maßgebliche Übertragung der Sachherrschaftsrechte abstellt. Denn die „neue“ Personengesellschaft bzw. die neuen Anteilseigner erhalten über die erworbenen Anteile nur für die Gesellschaftsgrundstücke die besteuerungswürdige Herrschaftsmacht, für die die Sachherrschaftsrechte vor der Änderung des Gesellschafterbestands bzw. der Anteilseignerstruktur bereits bzw. noch bestanden. Werden nach Tatbestandsverwirklichung und Steuerentstehung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG Grundstücke hinzuerworben, kann dies zu keiner erneuten Steuerentstehung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG führen.

539 Zum Verbot der steuerbegründenden Analogie: BFH, Urteil vom 12.5.2016 – II R 26/14, BFHE 254, 71.

§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG A. Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück § 16 Abs. 2 ­GrEStG enthält drei Tatbestandsvarianten, wonach die Steuer auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben wird, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerwirbt.

I. Sachlicher Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 ­GrEStG ist in Abgrenzung zu § 16 ­ rEStG auf Erwerbsvorgänge beschränkt, die zum Übergang des EigenAbs. 1 G tums an dem Grundstück auf den Erwerber geführt haben und das übergegangene Eigentum vom Veräußerer zurück erworben wird. Dies sind insbesondere Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 G ­ rEStG sowie solche, die an ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft anknüpfen (z. B. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG) und durch Eigentumsübergang bereits erfüllt wurden. Im Zusammenhang mit den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG findet § 16 Abs. 2 ­GrEStG Anwendung, soweit die Anteile rechtswirksam abgetreten wurden. Dies ist stets der Fall bei den Erwerbsvorgängen der § 1 Abs. 2a, Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 (ggf. i. V. m. Abs. 3a) ­GrEStG sowie bei den Erwerbsvorgängen der § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 ­GrEStG, wenn die zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäfte erfüllt wurden. Daneben sind vom Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 ­GrEStG die Fälle erfasst, bei denen die Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs einen weiteren Erwerbsvorgang darstellt. Hierunter fallen bspw. die Erwerbsvorgänge des Abs. 1 ­ rEStG, da hier der Rückerwerb stets als ein weiterer ErNr. 7 Alt.  1, Abs. 2, G werbsvorgang gilt.1

1

Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 10; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 11, 68.

A. Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück 

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II. Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 2 ­GrEStG 1. Allgemeine Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG a) Vorausgegangener steuerbarer Erwerbsvorgang ­ rEStG einen (rechtswirksamen2) vorausgegangeFraglich ist, ob § 16 Abs. 2 G nen steuerbaren Erwerbsvorgang voraussetzt, der zu der grunderwerbsteuerlich relevanten Neuzuordnung des Grundstücks geführt hat.3 Eine solche Forderung wäre berechtigt, da erst durch die Rückabwicklung eines vorausgegangenen steuerbaren Erwerbsvorgangs der Belastungsgrund und mithin die Besteuerungswürdigkeit dieses Erwerbsvorgangs nachträglich entfallen kann. Erst hierin zeigt sich die Korrekturwirkung des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG, der die Divergenz zwischen Steuerentstehung aufgrund eines zuvor (erfüllten) Erwerbsvorgangs – mit dem Ergebnis eines dauerhaften (nachfolgenden) Grundstücksumsatzes – und Rückabwicklung dieses Erwerbsvorgangs, mithin dem nachträglichen Wegfallen des Belastungsgrundes, wieder ausgleicht4. Hofmann und Weilbach möchten § 16 Abs. 2 ­GrEStG hingegen auch dann anwenden, wenn der vorausgegangene Vorgang (Hin-Erwerb) nicht grunderwerbsteuerbar war, sondern nur dessen Rückabwicklung der Steuer unterliegt.5 Diesbezüglich nennen Hofmann und Weilbach als Beispiel eine nicht grunderwerbsteuerbare Anteilsübertragung (Veräußerer hält mind. 95 % der Anteile und tritt nur einen Teil davon ab), die rückabgewickelt wird und deren Rückabwicklung beim Veräußerer (Rückerwerber) zur erneuten Vereinigung von mind. 95 % der Anteile führt und somit zur Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 3 (i. V. m. Abs. 3a)  ­GrEStG. In diesen Fällen habe der Rückerwerber grundsätzlich einen Anspruch nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG auf Nichtfestsetzung oder Aufhebung bereits festgesetzter Steuer für den Rückerwerbsvorgang. Folgt man dieser Ansicht, stellt sich für Zwecke des § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG zumindest die Frage nach dem Beginn der Zweijahresfrist, die insoweit auf die Entstehung der Steuer des vorangegangenen Erwerbsvorgangs abstellt6, an dem es vorliegend gerade fehlt. Auch stellt sich die Frage,

2

Ausnahme allerdings in § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG, siehe S. 193 f. Dies verneinend Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 11; Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (51.  EL), § 16 Rn. 35; unklar bei Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 131, 133, 183, insbesondere Rn. 133 wonach eine Änderung der grunderwerbsteuerlichen Zuordnung zwar stattgefunden haben muss, diese aber nicht notwendigerweise der Grunderwerbsteuer unterlegen bzw. grunderwerbsteuerpflichtig gewesen sein muss; a. A. Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 68. 4 In diese Richtung schon BFH, Urteil vom 9.3.1994 – II R 86/90, BFHE 173, 568. 5 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 11; Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (51. EL), § 16 Rn. 35. 6 Anders hingegen bei Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 ­GrEStG, der keine Frist voraussetzt, so in dem Beispiel bei Weilbach, in: Haufe Kommentar G ­ rEStG (51. EL), § 16 Rn. 35. 3

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

ob und wie die Anzeigepflichten nach § 16 Abs. 5 ­GrEStG i. V. m. §§ 18 bis 20 ­GrEStG zu erfüllen sind. Einigkeit besteht wiederum dahingehend, dass der Rückerwerb selbst keinen steuerbaren (und steuerpflichtigen) Erwerbsvorgang darstellen muss.7 Vielmehr ­ rEStG auch in Fällen, in denen erworbene Rechte auf den Vergreift § 16 Abs. 2 G äußerer zurückübertragen werden, ohne, dass durch die Rückübertragung selbst ­ rEStG verwirklicht würde. Hierunter ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 bis 3a G fallen insbesondere die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG.8 In diesen Fällen führt ein Anteilsrückerwerb, welcher seinerseits nicht die Besteuerungs­ voraussetzungen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG erfüllt, unter den sonstigen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG gleichfalls zur Nichtfestsetzung bzw. Aufhebung der Festsetzung von Grunderwerbsteuer für den ursprünglichen Anteilserwerb.9 b) Identität Weiterhin muss der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück erwerben. § 16 Abs. 2 ­GrEStG verlangt damit die Identität des Grundstücks sowie Identität der Beteiligten an dem Hin- und Rückerwerb des veräußerten Grundstücks.10 aa) Identität der Beteiligten Konkret muss der Rückerwerb zwischen den Personen stattfinden, die am vorausgegangenen Erwerbsvorgang unmittelbar beteiligt waren.11 Von diesem Erfordernis wird abgesehen, wenn vor dem Rückerwerb eine Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist, z. B. kraft Erbfall oder Umwandlung.12 Des Weiteren, wenn das Eigentum am Grundstück zur Vermeidung von Formalitäten im Wege eines vereinfachten Verfahrens („abgekürzter Leistungsweg“) statt auf den Veräußerer auf einen Dritten übertragen wird, bspw. durch Auflassung im Auftrag oder mit Ein 7

Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 68; Hofmann / Hofmann, G ­ rEStG (2017), § 16 Rn. 11; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 183. 8 BFH, Urteil vom 18.4.2012  – II R 51/11, BFHE 236, 569; für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 G ­ rEStG siehe BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419; Loose, in: ­Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 131. 9 BFH, Urteil vom 18.4.2012 – II R 51/11, BFHE 236, 569; BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. 10 BFH, Urteil vom 16.1.1963  – II  58/61, HFR 1964, 241; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 37. 11 BFH, Urteil vom 16.1.1963 – II 58/61, HFR 1964, 241. 12 Zum Rückerwerb aufgrund Verschmelzung siehe BFH, Urteil vom 6.12.1978 – II R 81/73, BFHE 127, 65; Loose, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 201; Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 74; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 37.

A. Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück 

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verständnis des Veräußerers.13 Voraussetzung insoweit ist, dass stets ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft zwischen Veräußerer und Dritten abgeschlossen wird.14 Zum vereinfachten Verfahren zählt unter sehr engen Voraussetzungen auch der Rückerwerb bei sog. Kettengeschäften. Erforderlich ist, dass nach einer Weiterveräußerung eines Grundstücks durch den Ersterwerber an einen Zweiterwerber, der Zweiterwerber das Grundstück unmittelbar in Erfüllung der Vereinbarung zwischen Veräußerer und Ersterwerber an den Veräußerer überträgt und sämtliche Erwerbsvorgänge zwischen Veräußerer und Ersterwerber sowie zwischen Erst- und Zweiterwerber i. S. d. § 16 ­GrEStG rückabgewickelt werden.15 bb) Identität des Grundstücks Zudem muss das Eigentum „an dem veräußerten Grundstück“ zurückerworben werden. Demnach müssen veräußertes und zurückerworbenes Grundstück identisch sein. Legt man den Wortlaut von § 16 Abs. 2 G ­ rEStG zugrunde, setzt die Identität des Grundstücks nicht die Identität des Grundstückszustands voraus.16 Demgemäß beeinflussen Wertminderungen oder -verbesserungen nach Eigentumsübertragung und vor Rückerwerb, bspw. durch An- oder Umbauten bzw. durch Beschädigungen oder Zerfall, die Identität des Grundstücks nicht.17 Zwar tritt eine Veränderung der Identität des zurückübereigneten Grundstückes dergestalt ein, dass sich das Grundstückseigentum beispielsweise nunmehr auf die in der Zwischenzeit mit dem Grund und Boden verbundenen Bauteile erstreckt (§§ 93, 94, 946 BGB), allerdings bleibt es dasselbe Grundstück i. S. d. bürger­ lichen Rechts, § 2 Abs. 1 S. 1 ­GrEStG).18 Eine Differenzierung nach der zwischen Erwerb und Rückerwerb eingetretenen (Wert-) Veränderungen des Grundstückszustands würde andernfalls dazu führen, dass diesen für grunderwerbsteuerliche Zwecke eine Selbständigkeit beigemessen wird, die § 2 ­GrEStG nicht vorsieht; dies ist nur bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden der Fall, § 2 Abs. 2 Nr.  2 ­GrEStG.19 Die für Zwecke des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG nicht erforderliche Identität des Grundstückszustands entspricht auch dem Normzweck, wonach nur solche Erwerbs­ vorgänge nicht (mehr) mit Grunderwerbsteuer belastet werden sollen, die nicht 13 BFH, Beschluss vom 31.5.1972  – II B 30/71, BFHE 105, 287; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 75, Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 38. 14 BFH, Beschluss vom 31.5.1972 – II B 30/71, BFHE 105, 287. 15 Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 16 Rn  76; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 187. 16 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 40. 17 Zu Aufbauten: BFH, Beschluss vom 19.2.2014 – II B 106/13, BFH / N V 2014, 901; BFH, Urteil vom 14.1.1976 – II R 149/74, BFHE 118, 239; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 215. 18 BFH, Urteil vom 14.1.1976 – II R 149/74, BFHE 118, 239. 19 BFH, Urteil vom 14.1.1976 – II R 149/74, BFHE 118, 239.

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

zum intendierten Grundstücksumsatz führen oder ein solcher nicht auf Dauer aufrechterhalten wird.20 Bloße Wertsteigerungen des Grundstücks führen gerade zu keinem Grundstücksumsatz im Sinne einer Übertragung von Herrschaftsrechten an einem (weiteren) Grundstück. Irrelevant ist weiterhin, ob das gesamte Grundstück zurückerworben wird; ausreichend ist auch der teilweise Rückerwerb, mit der Folge, dass die Grunderwerbsteuer nur für diesen anteiligen Rückerwerb nicht festgesetzt bzw. eine Steuerfestsetzung aufgehoben wird.21 Anders zu beurteilen sind hingegen die Fälle der Hin-Übertragung eines Grundstücks zu Alleineigentum und der Rückübertragung des (sonst identischen) Grundstücks zu (neu gebildeten22) Miteigentumsanteilen (sog. Grundstücks­modell).23 Hier fehlt es tatsächlich an der Identität des Grundstücks, weil für jeden Miteigentumsanteil nach § 7 Abs. 1 S. 1 WEG (ggf. i. V. m. § 8 Abs. 2 S. 1 WEG) von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt wird und durch diese bürgerlich-rechtliche Beurteilung jeder Miteigentumsanteil ein selbständiges Grundstück i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 ­GrEStG darstellt.24 Keine Identität besteht ebenfalls, wenn dem Veräußerer in unmittelbarem Anschluss an eine Grundstücksübertragung ein Erbbaurecht eingeräumt wird.25 Die Bestellung des Erbbaurechts zugunsten des Veräußerers führt zu keiner Rückübertragung des identischen Grundstücks, weil Grundstücksveräußerung und Erbbaurechtsbestellung grunderwerbsteuerlich zwei selbständige Grundstücksumsätze ­ rEStG. Unerheblich ist, dass hierdurch weitgehend darstellen, § 2 Abs. 2 Nr. 1 G der gleiche rechtliche und wirtschaftliche Erfolg erzielt werden kann.26 2. Besondere Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG a) § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG § 16 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ­GrEStG verlangt tatbestandlich, dass der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang zurück erwirbt. Damit entspricht § 16 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 G ­ rEStG hinsichtlich der Kriterien der Frei-

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BFH, Urteil vom 14.1.1976 – II R 149/74, BFHE 118, 239. BFH, Urteil vom 27.4.2005 – II R 4/04, BFH / N V 2005, 1629. 22 Wohnungseigentum wird nach § 2 WEG durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3 WEG) oder durch Teilung (§ 8 WEG) begründet. 23 Instruktiv Weber, DNotI-Report 2015, 33 passim. 24 BFH, Beschluss vom 19.2.2014 – II B 106/13, BFH / N V 2014, 901. 25 BFH, Urteil vom 8.8.2001 – II R 46/99, BFH / N V 2002, 71. 26 BFH, Urteil vom 8.8.2001 – II R 46/99, BFH / N V 2002, 71: zu dem Fall der GrundstücksHinübertragung und Rückübertragung durch Einräumung eines Erbbaurechts. 21

A. Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück 

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willigkeit und Fristgebundenheit sachlich dem § 16 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG. Insoweit gelten die Ausführungen zu § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG entsprechend.27 Darüber hinaus sind Motive und Rechtsgrund für die Rückabwicklung unerheblich, so dass nicht das dem Eigentumsübergang zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft bürgerlich-rechtlich aufgehoben werden muss.28 Vielmehr ist ausreichend, wenn eine etwaige ursprüngliche Übereignungsverpflichtung durch Begründung (irgend-) einer gegenläufigen Verpflichtung aufgehoben wird.29 Nach Satz 2 der Vorschrift muss in den Fällen, in denen für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich ist, die Erklärung der Auflassung (§ 925 BGB) und der Antrag auf Eintragung im Grundbuch (§ 873 BGB, § 13 GBO) innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang erfolgen. Das Nicht-Abstellen auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Eintragung ist sachgerecht, da die Beteiligten nur auf den Zeitpunkt des Antrags, nicht aber auf den Zeitpunkt der Eintragung Einfluss haben.30 Bedarf der Eintritt der Rechtsänderung keiner Eintragung in das Grundbuch, so beispielsweise bei dem Eigentumsübergang kraft Gesetzes31, findet Satz 2 keine Anwendung. b) § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG ist auf Fälle beschränkt, in denen es unbeschadet einer nichtigen oder durch Anfechtung nichtig gewordenen schuldrechtlichen Verpflichtung zu einer wirksamen Eigentumsübertragung gekommen ist. Diese Diskrepanz zwischen vorausgegangenem nichtigen Verpflichtungsgeschäft und wirksamer Eigentumsübertragung beruht auf dem im bürgerlichen Recht geltenden Abstraktionsprinzip, wonach die Wirksamkeit schuldrechtlicher Rechtsgeschäfte unabhängig von der Wirksamkeit dinglicher Rechtsgeschäfte ist.32 Ist die Eigentumsübertragung auf Grund einer nichtigen oder durch Anfechtung nichtig gewordenen schuldrechtlichen Verpflichtung erfolgt, steht nämlich dem Veräußerer nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums zu. Dessen Erfüllung führt zu einem steuerbaren Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG. § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG will diese Besteuerung (und die des vorausgegangenen Erwerbsvorgangs) unter den dort genannten Vorausset­ zungen verhindern. 27

Hierzu ab S. 75. Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 146; Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 80. 29 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 42; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 146. 30 Die Rechtsprechung des BFH, Urteil vom 9.10.1974 – II R 67/68, BFHE 114, 281 ist insoweit überholt. Im Übrigen Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (51. EL), § 16 Rn. 28. 31 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 81 a. E. 32 Gottwald / Behrens, G ­ rEStG (2015), § 16 Rn. 1007; allgemein zum Abstraktionsprinzip Ellenberger, in: Palandt BGB (2020), Überbl. v. § 104 Rn. 22. 28

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

Das Tatbestandsmerkmal der Nichtigkeit verlangt die objektive Nichtigkeit des betreffenden Verpflichtungsgeschäfts – so dass es nicht darauf ankommt, ob die Parteien selbst das Rechtsgeschäft für nichtig halten33 oder sich vergleichsweise auf das Vorliegen einer Nichtigkeit einigen34 – und beurteilt sich nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen.35 Demgemäß kann die Nichtigkeit beispielsweise auf Formmangel (§ 125 BGB), Geschäftsunfähigkeit (§§ 104 ff. BGB), Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) beruhen. Eine nur steuerrechtlich nach §§ 41 oder 42 AO zu beachtende Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts soll die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG hingegen nicht rechtfertigen.36 Wird die Nichtigkeit des dem Erwerbs­ vorgang zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts nachträglich geheilt (z. B. nach § 311b Abs. 1 S. 2 BGB), liegt kein nichtiges Rechtsgeschäft (mehr) vor, § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG findet keine Anwendung.37 Ebenfalls kein Anwendungsfall des § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG ist, wenn nur das Verfügungsgeschäft nichtig ist38 oder, wenn das Verpflichtungs- und das Verfügungsgeschäft nichtig sind39. Bei Letzterem mangelt es schon an einem für § 16 ­GrEStG notwendigen steuerbaren Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 ­GrEStG. Bei dennoch festgesetzter Steuer kann § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO anwendbar sein.40 Anfechtbare Rechtsgeschäfte sind beispielsweise solche wegen Irrtums (§ 119 BGB), falscher Übermittlung (§ 120 BGB) oder Täuschung oder Drohung (§ 123 BGB). Wie für die Nichtigkeit sind hierfür gleichfalls das objektive Vorliegen eines Anfechtungsgrunds sowie die tatsächliche Anfechtung maßgebend.41 Die zu dem tatsächlich angefochtenen Rechtsgeschäft bestehende Anspruchskonkurrenz zu § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 41 Abs. 1 AO wird nach Maßgabe des lex specialis Grundsatzes zugunsten des § 16 Abs. 2 Nr. 2 ­GrEStG aufgelöst; daher findet hinsichtlich der Festsetzungsfrist die Regelung des § 16 Abs. 4 ­GrEStG und nicht § 175 Abs. 1 S. 2 AO Anwendung42.

33

BFH, Urteil vom 27.1.1999 – II R 78/96, BFH / N V 1999, 964. BFH, Beschluss vom 30.6.2008 – II B 61/07, BFH / N V 2008, 1698. 35 BFH, Urteil vom 29.6.2016 – II R 14/12, BFH / N V 2017,1. 36 BFH, Urteil vom 29.6.2016 – II R 14/12, BFH / N V 2017,1. 37 Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 87; Hofmann / Hofmann, G ­ rEStG (2017), § 16 Rn. 45. 38 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 162. 39 Hier bedarf es keines Rückerwerbs, sondern nur der Grundbuchberichtigung, § 894 BGB; Hofmann / Hofmann, G ­ rEStG (2017), § 16 Rn. 45; Gottwald / Behrens, G ­ rEStG (2015), § 16 Rn. 1008. Zur Fehleridentität siehe Arnold, in: Erman BGB (2017), § 142 Rn. 5. 40 Gottwald / Behrens, ­GrEStG (2015), § 16 Rn. 1008. 41 BFH, Urteil vom 27.1.1999 – II R 78/96, BFH / N V 1999, 964; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 164; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 45. 42 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 45; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 84. 34

B. Rechtsbegriff „Rückerwerb“

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c) § 16 Abs. 2 Nr. 3 ­GrEStG Werden Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, welches den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt und wird das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht, bietet § 16 Abs. 2 Nr. 3 ­GrEStG gleichfalls die Möglichkeit einer grunderwerbsteuerneutralen Rückabwicklung. § 16 Abs. 2 Nr. 3 ­GrEStG ist insoweit Parallelvorschrift zu § 16 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG und setzt ein gesetzlich oder vertraglich vorbehaltenes Recht zur Rückgängigmachung des Rechtsgeschäfts voraus, das tatsächlich ausgeübt wird. Insoweit gilt das zu § 16 Abs. 1 Nr. 2 ­GrEStG Gesagte sinngemäß.43 Im Übrigen liegt auch dem § 16 Abs. 2 Nr. 3 G ­ rEStG der Rechtsgedanke zugrunde, dass auf Antrag Steuer nicht festzusetzen bzw. eine bereits festgesetzte Steuer aufzuheben ist, wenn sich der Erwerber oder der Veräußerer dem Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstücks aus Rechtsgründen nicht entziehen kann.44

III. Rechtsfolge Sind die jeweiligen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 G ­ rEStG erfüllt, wird sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben. Insoweit entsteht ein selbständiger Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 37 AO, der den ursprünglichen Steueranspruch unberührt lässt.45 Dieser Anspruch entsteht kraft Gesetzes mit Tatbestandsverwirklichung, § 38 AO.46

B. Rechtsbegriff „Rückerwerb“ I. Tatbestandselemente des Rückerwerbs Nach Maßgabe der § 16 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 G ­ rEStG muss der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerwerben. Eine Präzisierung des Begriffs des Rückerwerbs erfolgt in § 16 Abs. 2 ­GrEStG insoweit, als die an dem Rückerwerb Beteiligten und das von dem Rückerwerb betroffene Grundstück jeweils identisch zu dem vorausgegangenen Erwerbsvorgang sein müssen.47 Ob darüber hinaus die im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 ­GrEStG geforderten 43 Hierzu ab S. 75; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 176; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 89. 44 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 46; i. E. Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 177. 45 BFH, Beschluss vom 17.4.2002 – II B 120/00, BFH / N V 2002, 1170. 46 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 291. 47 Hierzu ab S. 190.

196

§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

Tatbestandselemente der zivilrechtlichen, vollständigen und tatsächlichen Rück­ gängigmachung auch für den Rückerwerb i. S. d. § 16 Abs. 2 ­GrEStG gelten, wird im Folgenden untersucht. 1. Zivilrechtlicher Rückerwerb In einer früheren Entscheidung vom 6. Mai 196948 vertrat der BFH in Fällen, in denen der Eigentumsübergang an einem Grundstück auf einem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft beruht, die Ansicht, dass ein die Steuererstattung49 auslösender Rückerwerb erst vorliege, wenn auch die Übereignungspflicht aus dem vorangegangenen Verpflichtungsgeschäft aufgehoben worden sei. Diese Forderung nach zivilrechtlicher Rückgängigmachung des vorausgegangenen Erwerbsvorgangs rechtfertigte der BFH mit einer etwaigen bestehenden inneren Verknüpfung zwischen dem vorangegangenen schuldrechtlichen Übereignungsanspruch und der hieran nachfolgenden dinglichen Eigentumsübertragung. So sei § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG nur eine notwendige Ergänzung zu § 16 Abs. 1 Nr. 1 ­GrEStG dergestalt, als auch die Steuer für den wegen des vollzogenen Eigentumsübergangs erforderlich gewordenen Rückerwerb nicht erhoben werde. Daher rechtfertige sich die gleichfalls vorgeschriebene Erstattung der Steuer für den vorausgegangenen schuldrechtlichen Erwerbsvorgang nur, wenn dieser Erwerbsvorgang ebenfalls beseitigt werde. Jene innere Verknüpfung zeige sich in dem identischen Fristbeginn des § 16 Abs. 1 und Abs. 2 jeweils Nr. 1 G ­ rEStG. Daher müsse für Zwecke des § 16 Abs. 1 ­GrEStG der schuldrechtliche „Hin-Erwerb“ ebenfalls i. S. d. § 16 Abs. 1 ­GrEStG zivilrechtlich rückgängig gemacht werden. Später konkretisierte der BFH die Anforderung an die zivilrechtliche Rückabwicklung dahingehend, dass § 16 Abs. 2 ­GrEStG keine besondere Form des Rückerwerbs voraussetze, insbesondere der Rückerwerb nicht durch Aufhebung des vorausgegangenen Erwerbsvorgangs erfolgen müsse50, so dass ein Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG auch durch schlichten Rückkauf anzuerkennen sei51. Diese Nichtnotwendigkeit der Beseitigung der Übereignungspflicht aus einem Kaufvertrag gilt nach der Rechtsprechung allerdings nur in den Fällen, in denen die Übereignungspflicht durch Eigentumsübertragung erfüllt wurde und das 48 BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 87/64, BFHE 96, 197; damals noch zu der Regelung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG1940, die dem § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG in seiner heutigen Fassung entspricht. 49 Bzw. nunmehr Nichtfestsetzung, hierzu ab S. 69. 50 BFH, Urteil vom 6.12.1978 – II R 81/73, BFHE 127, 65; bestätigt durch BFH, Urteil vom 25.10.1979 – II R 35/75, BFHE 129, 203; so auch die Literatur: Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 42; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 146; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 72. 51 In diese Richtung schon BFH, Urteil vom 23.2.1956 – II 286/55 U, BFHE 62, 356; bestätigt durch BFH, Urteil vom 6.12.1978 – II R 81/73, BFHE 127, 65.

B. Rechtsbegriff „Rückerwerb“

197

Grundstück im Rahmen des Rückerwerbs auf den Veräußerer tatsächlich zurückübertragen wurde.52 Dies verkennt die Literatur, wenn sie den Rückkauf als zulässige Form des Rückerwerbs damit begründet, dass hierdurch der ursprüngliche Erwerbsvorgang zivilrechtlich durch Begründung der gegenläufigen schuldrechtlichen Verpflichtung im Ergebnis aufgehoben werde53. Denn vielmehr erlischt der ursprüngliche Übereignungsanspruch aufgrund der Eigentumsübertragung (durch Erfüllung) und er lebt auch nicht durch die Rückübertragung und / oder durch den Rückkauf wieder auf. 2. Tatsächlicher und vollständiger Rückerwerb Die Kommentarliteratur verweist regelmäßig hinsichtlich des tatsächlichen und vollständigen Rückerwerbs auf die im Zusammenhang zur Rückgängigma­ rEStG getroffenen Ausführungen. So müsse der Veräuchung nach § 16 Abs. 1 G ­ rEStG das Grundstück rechtlich und tatsächßerer für Zwecke des § 16 Abs. 2 G lich zurückerwerben54, der Rückerwerb verlange die vollständige, rechtliche und tatsächliche Rückgängigmachung der Eigentumsübertragung55, der Rückerwerb müsse tatsächlich (wirtschaftlich) durchgeführt werden56. Als erforderlich wird demgemäß gleichfalls erachtet, dass die Beteiligten derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden, dass der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wieder erlangt und der Erwerber keinen weiteren Einfluss auf das Schicksal des Grundstücks behält.57 Der Veräußerer muss die volle Verfügungsfreiheit über das Grundstück wieder zurückerwerben; eine bloße formelle Rückübertragung des Grundstücks ist nicht ausreichend.58 Volle Verfügungsfreiheit erlangt der Veräußerer erst zurück, wenn er das volle Eigentum zurückerlangt.59 Der Rückerwerb der bloßen Verwertungsbefugnis wird demgemäß nicht den Anforderungen des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG gerecht.60 Vielmehr setzt der Rückerwerb im Umkehrschluss zum Erwerb gleichfalls den Eintritt des wirtschaftlichen Erfolgs voraus, d. h. die Rückauflassung und Wiedereintragung des Rückerwerbers.61 52 BFH, Urteil vom 6.12.1978 – II R 81/73, BFHE 127, 65; BFH, Urteil vom 25.10.1979 – II R 35/75, BFHE 129, 203. 53 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 42. 54 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 146, 183 f. und 185; Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 39; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 71, 72. 55 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 149. 56 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 71, 72. 57 BFH, Urteil vom 27.1.1982  – II R 119/80, BFHE 135, 224; BFH, Beschluss vom 2.12.1987 – II R 94/85, BFH / N V 1989, 253. 58 Siehe unmittelbar vorausgehende Fn. 59 BFH, Urteil vom 26.11.1952  – II 43/52S, BFHE 57, 41; BFH, Urteil vom 14.6.1961  – II 33/59 U, BFHE 73, 747. 60 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 39; Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 72. 61 BFH, Urteil vom 26.11.1952 – II 43/52S, BFHE 57, 41.

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

Für Zwecke des § 16 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ­GrEStG könnte von dieser Anforderung der Rückauflassung und Wiedereintragung eine Ausnahme gelten, wenn bereits der nach S. 2 für die Vorschrift erforderliche fristgerechte Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt zur Erfüllung der Voraussetzungen der Vorschrift materiell ausreichend wäre.62 Allerdings steht einer solchen Auslegung der Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG entgegen. Das Abstellen auf den Antrag auf Eintragung im Grundbuch ist lediglich eine Erleichterung hinsichtlich der in § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG normierten Frist und keine Einschränkung der materiellen Voraussetzungen.63 Dies zeigt die Entstehungsgeschichte des § 16 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 ­GrEStG.64 Der Tatbestand des § 16 Abs. 2 Nr. 1 ist daher gleichfalls erst verwirklicht, wenn aufgrund der fristgerechten und rechtswirksamen Beantragung die Eintragung im Grundbuch auch tatsächlich erfolgt ist.65 3. Zusammenfassung Für Zwecke des § 16 Abs. 2 ­GrEStG bedarf es, anders als im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 ­GrEStG, keiner zivilrechtlichen Rückgängigmachung im Sinne einer wirksamen Beseitigung des Übereignungsanspruchs, wenn dem Eigentumsübergang ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft, das auf Übereignung des Grundstücks gerichtet ist, zugrunde liegt. Der Übereignungsanspruch wurde durch den Eigentumsübergang erfüllt, ist mithin erloschen und gelangt durch den Rückerwerb des Eigentums auch nicht wieder zur Entstehung. Hingegen muss im Rahmen des vollständigen und tatsächlichen Rückerwerbs das Eigentum i. S. einer Rückauflassung und Eintragung auf den Veräußerer zurückübertragen werden.

C. Problematische Fallkonstellationen I. Zweiterwerbsfälle Im Zusammenhang mit § 16 Abs. 2 ­GrEStG stellt sich gleichfalls das Problem der Reichweite des Rückerwerbs, wenn der Rückerwerb im zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit einem Zweiterwerbsfall stattfindet. Die Literatur will die im Rahmen zu § 16 Abs. 1 ­GrEStG gemachten Ausführungen zu den Anforderungen an die Rückgängigmachung im Zusammenhang mit 62

Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 149. Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 149. 64 Hierzu ab S. 71. 65 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 81; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 149. 63

C. Problematische Fallkonstellationen

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den Zweiterwerbsfällen gleichermaßen bei einem Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG heranziehen. Hinsichtlich der Reichweite des Rückerwerbs im Vergleich zu der Reichweite der Rückgängigmachung nimmt die Literatur insoweit keine eindeutige Differenzierung vor.66 Weitergehende Anforderungen werden ledig­ rEStG erforderlichen Identität des Grundstücks und lich aus der für § 16 Abs. 2 G der Identität der Beteiligten gefordert.67 1. Anforderungen an den Rückerwerb i. R. d. schlichten Zweiterwerbsfälle Im Zusammenhang mit § 16 Abs. 2 ­GrEStG können die Zweiterwerbsfälle gleichfalls in die schlichten, besonderen und erweiterten Zweiterwerbsfälle unterteilt werden.68 Soweit ersichtlich, ist eine sehr überschaubare Anzahl an jüngeren finanzgerichtlichen Entscheidungen zu § 16 Abs. 2 ­GrEStG im Zusammenhang mit den schlichten Zweiterwerbsfällen ergangen. Im Wesentlichen sind dies die Entscheidungen des BFH vom 2. Dezember 198769 sowie vom 14. August 200170. a) Gleichlauf der Anforderungen des § 16 Abs. 1 ­GrEStG Gemäß den Entscheidungsgründen der Beschlüsse vom 2. Dezember 198771 ­ rEStG im Zusowie vom 14. August 200172 zum Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 G sammenhang mit einem schlichten Zweiterwerbsfall stellt der BFH grundsätzlich die gleichen Anforderungen an den Rückerwerb wie im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG. So könne gemäß den Entscheidungsgründen aus dem Beschluss vom 2. Dezember 1987 von einem Rückerwerb des Grundstücks nur gesprochen werden, wenn der Erwerbsvorgang nicht nur formal rückabgewickelt werde, sondern die Beteiligten derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden, dass der Ver­ äußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt und der Erwerber keinen weiteren Einfluss auf das Schicksal des Grundstücks behält73. Das Ergebnis sei

66

Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 71; Hofmann / Hofmann, G ­ rEStG (2017), § 16 Rn. 39; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 133, 146, 183 ff. 67 Hierzu ab S. 190. 68 Hierzu ab S. 84. 69 BFH, Beschluss vom 2.12.1987 – II R 94/85, BFH / N V 1989, 253. 70 BFH, Beschluss vom 14.8.2001 – II B 85/00, BFH / N V 2001, 1605. 71 BFH, Beschluss vom 2.12.1987 – II R 94/85, BFH / N V 1989, 253. 72 BFH, Beschluss vom 14.8.2001 – II B 85/00, BFH / N V 2001, 1605. 73 Diese Formulierung wandte der BFH erstmals in der Entscheidung vom 6. Mai 1969 in einem Fall der Rückgängigmachung zu § 16 Abs. 1 Nr. 1 G ­ rEStG an, BFH, Urteil vom 6.5.1969 – II 141/64, BFHE 96, 326; hierzu unter S. 89.

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

maßgebend, nämlich dass der Veräußerer die volle Verfügungsfreiheit über das Grundstück zurückerwerbe; eine bloße formelle Rückübertragung genüge nicht. Der Veräußerer sei in seiner Verfügungsmöglichkeit über das Grundstück nach der Rückübertragung des Eigentums nicht wieder vollkommen frei, wenn der Erwerber am weiteren Schicksal des Grundstücks interessiert sei und zwischen ihm und dem Veräußerer weiterhin Bindungen bezüglich des Grundstücks bestehen geblieben sind, die die Rückübereignung des Grundstücks als Weiterveräußerung durch den ursprünglichen Erwerber erscheinen lasse. Indiz hierfür seien die Interessen und die mit dem Geschäft verfolgten Ziele der Vertragsbeteiligten. In dem Beschluss vom 14. August 2001 erachtete der BFH als entscheidend, dass die Erwerberin bei der Weiterveräußerung die durch den ursprünglichen Kaufvertrag erworbene Rechtsstellung im eigenen oder im Fremdinteresse ausgenutzt habe, weil dadurch die Veräußerin ihre freie Verfügungsbefugnis über das Grundstück nicht wiedererlangen konnte und dies der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG entgegenstehe. b) Verwertung grunderwerbsteuerlich relevanter Rechtsposition im eigenen wirtschaftlichen Interesse Wie festgestellt, ist für Zwecke des § 16 Abs. 1 ­GrEStG seit jeher maßgebend, dass der Erwerber nicht mehr über das Grundstück verfügen kann und der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt hat sowie, dass keine Bindungen von grunderwerbsteuerlicher Relevanz zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien bestehen geblieben sind.74 Nach jüngster Rechtsprechung kommt es für § 16 Abs. 1 ­GrEStG weiterhin darauf an, ob dem Ersterwerber im Zusam­ menhang mit der Weiterveräußerung die Möglichkeit der Verwertung einer aus dem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang herzuleitenden Rechtsposition verblieben ist und der Veräußerer demgemäß nicht aus seinen Bindungen entlassen war sowie der Ersterwerber die ihm verbliebene (grunderwerbsteuerrechtlich relevante) Rechtsposition im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse tatsächlich verwertet hat.75 Finanzgerichtlich bislang nicht entschieden ist, ob beim Rückerwerb nach § 16 ­ rEStG im Zusammenhang mit einem Zweiterwerbsfall gleichfalls diese Abs. 2 G von der Rechtsprechung zu § 16 Abs. 1 G ­ rEStG vorgenommene Konkretisierung zur Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung entsprechend Anwendung findet. Sofern dies bejahend, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen aus der festgestellten Unzulässigkeit bzw. Nichterforderlichkeit zur Reichweite der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 für den Rückerwerb des Eigentums nach § 16

74 75

Hierzu ab S. 90. Hierzu ab S. 91.

C. Problematische Fallkonstellationen

201

Abs. 2 ­GrEStG resultieren. Insbesondere, ob die im Rahmen zu § 16 Abs. 1 ­GrEStG gefundenen Konkretisierungen gleichfalls auf den Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG anzuwenden sind. Dies gilt es zu prüfen.76 2. Anforderungen an den Rückerwerb i. R. d. besonderen und erweiterten Zweiterwerbsfälle Gleichfalls noch nicht finanzgerichtlich entschieden, sind die Anforderungen an den Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 G ­ rEStG im Zusammenhang mit den besonderen und erweiterten Zweiterwerbsfällen. Auch hier stellt sich die Frage zur Reichweite des Rückerwerbs.

II. Rückerwerb übergegangener Anteile nach § 1 Abs. 2a ­GrEStG Als weitere problematische Fallkonstellation hat sich die Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2a ­GrEStG (Änderung des Gesellschafterbestands) erwiesen. In diesem Zusammenhang waren hinsichtlich der konkreten Anwendungsvoraussetzungen von § 16 Abs. 2 ­GrEStG einzelne Anwendungsfragen strittig und sind es teilweise noch immer.77 Höchstrichterlich bereits entschieden ist die Frage, ob bei Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG durch mehrere Anteilsübergänge sämtliche, nur einer oder nur ein Teil eines der Anteilsübergänge rückabgewickelt gemacht werden muss.78 1. Anwendungsbereich des § 16 ­GrEStG Die Rückabwicklung der Änderung des Gesellschafterbestands wird nur im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 ­GrEStG relevant, da § 1 Abs. 2a ­GrEStG nach dem Gesetzeswortlaut eine dinglich wirksame (unmittelbare oder mittelbare) Über­tragung von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter voraussetzt. Der schuldrechtliche Anspruch ist zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG nicht ausreichend.79 Maßgebend ist vielmehr der Erwerb einer gesamthänderischen Mitberechtigung. Hierzu bedarf es der Übertragung der Mitgliedschaft an der Personengesellschaft durch Abtretung des Gesellschaftsanteils gemäß §§ 413, 398 BGB.80 Folge hiervon ist, dass für die Rückabwicklung von nach 76

Hierzu ab S. 215. Instruktiv Behrens, DStR 2009, 1611 ff. 78 Siehe BFH, Urteil vom 18.4.2012 – II R 51/11, BFHE 236, 569 sowie ab S. 201. 79 Behrens, DStR 2009, 1611 (1612). 80 BFH, Vorlagebeschluss an BVerfG vom 2.3.2011 – II R 23/10, BFHE 232, 358. 77

202

§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

§ 1 Abs. 2a ­GrEStG verwirklichten Erwerbsvorgängen nur § 16 Abs. 2 ­GrEStG einschlägig sein kann.81 Insoweit bezieht sich der Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG auch nicht auf die von § 1 Abs. 2a ­GrEStG angeordnete Rechtsfolge einer fiktiven Übereignung eines Grundstücks von der alten auf eine „neue“ Personengesellschaft, sondern allein auf die tatbestandserfüllende Änderung im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft.82 2. Umfang des Rückerwerbs übergegangener Anteile a) Rückerwerb insoweit, als § 1 Abs. 2a ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt ist Zu der Frage unter welchen Voraussetzungen die Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 2a ­GrEStG die Anforderungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG erfüllt, vertraten Finanzverwaltung, Finanzgerichte und Literatur unterschiedliche Ansichten. Die Tendenzen reichten von der Rückabwicklung sämtlicher bzw. nur einer (der letzten) Anteilsübertragung bis hin zur Rückabwicklung nur eines Teils einer Anteilsübertragung. Die strengsten Anforderungen an die Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 2a ­GrEStG hatte die Finanzverwaltung. Die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 24. Juni 199883, vom 7. Februar 200084 sowie vom 26. Februar 200385 regelten hierzu jeweils in Tz. 12, dass § 16 ­GrEStG im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2a ­GrEStG nur dann anzuwenden sei, „wenn alle Gesellschafterwechsel, die zu einer Verwirklichung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG geführt haben, rückgängig gemacht werden“. Es waren demnach sämt­ liche übergegangenen Anteile, die zur Verwirklichung von § 1 Abs. 2a G ­ rEStG beigetragen haben, auf die ursprünglichen Anteilsveräußerer zurück zu übertragen.

81

Heine, UVR 2001, 186 (187); Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (51.  EL), § 16 Rn. 44; Pahlke / Franz, G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 108; Hofmann / Hofmann, G ­ rEStG (2017), § 16 Rn. 62; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 270; Gottwald / Behrens, ­GrEStG (2015), § 16 Rn. 1029 spricht nur von der Anwendung des 16 ­GrEStG. 82 BFH, Urteil vom 18.4.2012 – II R 51/11, BFHE 236, 569; Loose, in: Boruttau G ­ rEStG (2018), § 16 Rn. 270. 83 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG vom 24. Juni 1998, BStBl. I 1998, 925. 84 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG vom 7. Februar 2000, BStBl. I 2000, 344, die Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG vom 24. Juni 1998, BStBl. I 1998, 925 ersetzten. 85 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG vom 26. Februar 2003, BStBl. I 2003, 271, die Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG vom 7. Februar 2000, BStBl. I 2000, 344 ersetzten.

C. Problematische Fallkonstellationen

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Begründet wurde diese Ansicht mit dem die Fiktion auslösenden Rechtsgeschäft, welches sowohl als einzelner Rechtsvorgang als auch als Summe von Teilakten tatbestandserfüllend sei, so dass im Ergebnis die Summe aller Rechtsakte, die die (wesentliche) Änderung von mindestens von 95 % der Anteile des Gesellschafterbestands herbeiführe, tatbestandsverwirklichend sei und nicht die letzte, zur Wesentlichkeit führende Veränderung im Gesellschafterbestand.86 Stimmen in der Literatur sahen hierin die Forderung, dass letztlich die in § 1 Abs. 2a ­GrEStG angeordneten Fiktion des Übergangs des Eigentums am Grundstück auf eine „neue“ Personengesellschaft für Zwecke des § 16 ­GrEStG rückabzuwickeln sei87. Allerdings lasse sich eine Fiktion nicht rückabwickeln.88 Daher sei der Anteilsübergang selbst (als maßgeblicher Erwerbsvorgang) rückabzuwickeln, wobei ausreichend sei, wenn nach der Rückabwicklung die 95 %-Schwelle nicht mehr erreicht sei.89 Mit Erlass vom 25. Februar 201090 näherte sich die Finanzverwaltung dieser Auffassung an91. Erforderlich war nunmehr, dass „einer der Gesellschafterwech­ rEStG gesel [anstatt aller], die zu einer Verwirklichung des § 1 Abs. 2a Satz 1 G führt haben, vollständig, d. h. rechtlich und tatsächlich, im Sinne des § 16 ­GrEStG rückgängig gemacht wird und etwaige weitere Gesellschafterwechsel nicht zu einem Übergang von mindestens 95 % am Gesellschaftsvermögen geführt haben“. Das FG Nürnberg bestätigte mit Urteil vom 18. August 201192 die Ansicht der Finanzverwaltung. Der Entscheidung des FG lag dabei vereinfacht folgender Fall zugrunde: An dem Gesellschaftsvermögen einer KG waren drei Kommanditisten (K1, K2 und K3) beteiligt, deren Anteile sukzessive an einen Erwerber E1 übertragen wurden. Nachdem das Finanzamt infolge des dadurch eingetretenen vollständigen Gesellschafterwechsels Grunderwerbsteuer festsetzte, erwarb der letzte Anteilsüberträger K3 6 % der Anteile, und damit nur einen Teil der zuvor übertragenen Anteile, an der KG von E1 zurück (ohne Anpassung der vertraglich vereinbarten Gegenleistungen). Das FG entschied, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG nicht vorlägen, da zwar einer der Erwerbsvorgänge, der zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a G ­ rEStG geführt hat, rückgängig, jedoch nicht vollständig rückgängig gemacht wurde.

86

BFH, Urteil vom 8.11.2000 – II R 64/98, BFHE 194, 252. Klass / Möller, BB 2010, 3060 (3063). 88 Klass / Möller, BB 2010, 3060 (3063); im Ergebnis auch Behrens, DStR 2009, 1611 (1615). 89 Siehe unmittelbar vorangehende Fn. 90 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a G ­ rEStG vom 25. Februar 2010, BStBl. I 2010, 245, die Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG vom 26. Februar 2003, BStBl. I 2003, 271 ersetzten. 91 Dies begrüßend Behrens, DStR 2010, 777 (786); Schanko, StbW 2010, 370 (373 f.); Klass / Möller, BB 2010, 3060 (3063). 92 FG Nürnberg, Urteil vom 18.8.2011 – 4 K 1837/10, abgerufen über Juris. 87

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

In der Revisionsentscheidung widersprach der BFH mit Urteil vom 18. April 201293 der Rechtsauffassung des FG Nürnberg und der Finanzverwaltung. § 16 Abs. 2 Nr. 1 G ­ rEStG setze im Hinblick auf Erwerbsvorgänge i. S. d. § 1 Abs. 2a G ­ rEStG nicht den Rückerwerb sämtlicher Anteile voraus, deren Übergang zur Verwirklichung des Steuertatbestands des § 1 Abs. 2a ­GrEStG beigetragen hat. Ausreichend sei, einen Gesellschafterwechsel, der zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG beigetragen hat, insoweit rückgängig zu machen, als dadurch im Ergebnis ein Übergang von weniger als 95 % erfolgt und damit die Voraussetzungen für den fiktiven Übergang der Gesellschaftsgrundstücke „auf eine neue Gesellschaft“ wieder entfallen sind. Argumentativ stützte sich der BFH auf den systematischen Zusammenhang zwischen § 16 ­GrEStG und den Steuertatbeständen des § 1 ­GrEStG. Werde eine nach § 1 Abs. 2a ­GrEStG steuerbare Änderung des Gesellschafterbestands in der Weise beseitigt, dass das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen unterschritten werde, sei der Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt. In dem Erlass vom 18. Februar 2014 sowie vom 12. November 201894 schloss sich die Finanzverwaltung der Rechtsprechung des BFH an und bestimmte, dass § 16 Abs. 2 ­GrEStG im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2a ­GrEStG anzuwenden sei, wenn einer oder mehrere der Gesellschafterwechsel, die zu einer Verwirklichung des § 1 Abs. 2a S. 1 ­GrEStG geführt haben, ganz oder teilweise rechtlich und tatsächlich im Sinne des § 16 ­GrEStG rückgängig gemacht wird bzw. werden und infolgedessen ein Übergang von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen im Ergebnis nicht mehr gegeben ist. b) Kaufpreisrückzahlung und ursprüngliche Gesellschafterstellung Weiterhin entschied der BFH in der Entscheidung vom 18. April 2012, dass die Gegenleistung für die Steuerbarkeit eines Gesellschafterwechsels nach § 1 Abs. 2a ­GrEStG unerheblich sei, sodass bei der Rückabwicklung eines solchen Erwerbsvorgangs die Gegenleistung keine Rolle spiele. Nach Pahlke könne sich jedoch aus der Nichtrückzahlung des Kaufpreises beim Hinzutreten weiterer Umstände ein Indiz für den fehlenden tatsachlichen (wirtschaftlichen) Rückerwerb ergeben.95 Nach Auffassung des BFH sei schließlich nicht erforderlich, dass der frühere Gesellschafter seine ursprüngliche Gesellschafterstellung ganz oder zum Teil rückwirkend zurückerlangt oder schuldrechtlich so gestellt werde, als ob er Gesell­

93

BFH, Urteil vom 18.4.2012 – II R 51/11, BFHE 236, 569. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a ­GrEStG vom 12. November 2018, BStBl. I 2018, 1314, Tz.  10, die Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörde der Länder: Anwendung des § 1 Abs. 2a G ­ rEStG vom 18. Februar 2014, BStBl. I 2014, 561, Tz. 9 ersetzten. 95 Pahlke / Franz, ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 111. 94

C. Problematische Fallkonstellationen

205

schafter geblieben wäre.96 Ausreichend sei, dass durch den Rückerwerb der Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a ­GrEStG nicht verwirklicht worden wäre, wenn der frühere Gesellschafter mit diesem Anteil durchgehend Gesellschafter geblieben wäre. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit § 16 Abs. 2 Nr. 1 ­GrEStG, wonach rückwirkende Vereinbarungen nicht erforderlich seien, insbesondere nicht vorausgesetzt werde, dass der vorangegangene Erwerbsvorgang aufgehoben werde und deshalb der Rückerwerb erfolge. Auf jeden Fall dürfe jedoch die Verfügungsbefugnis hinsichtlich des zurückerworbenen Anteils nicht, auch nicht teilweise beim zwischenzeitlichen Gesellschafter verbleiben.97 3. Stellungnahme Die Rechtsprechung des BFH ist auf breite Zustimmung gestoßen98, nur vereinzelt wurde Kritik erhoben. So kritisiert Görgen, dass sich die Anwendung des § 16 ­GrEStG nach der Lesart des BFH nun nicht mehr in der Korrektur wirtschaftlich nicht erfolgter Umsätze erschöpfe, sondern reflexartig bereits dann einschlägig sei, wenn die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2a ­GrEStG nicht mehr vorliegen.99 Dies, weil unter Beibehaltung des wirtschaftlichen Erfolges (Anteilsübergang von 94,9 %) der die Grunderwerbsteuer auslösende Moment isoliert rückgängig gemacht werden könne und § 16 ­GrEStG damit nicht allein auf unbillige Härten aufgrund wirtschaftlich nicht getätigter Umsätze reagiere. Görgen stellt sich sodann die Frage, ob der BFH zu Gunsten der Systematik des Gesetzes den eigentlichen Zweck des § 16 ­GrEStG ignoriere, wenn das wirtschaftliche Ergebnis und damit auch der vom Besteuerungszweck erfasste wirtschaftliche Umsatz in den entschiedenen Fällen fortbestehe. Unberufen kommt er aufgrund der Differenzierung nach rein wirtschaftlichen und grunderwerbsteuerlichen Wertungen dann aber doch noch zu dem Ergebnis, dass der Zweck des § 16 ­GrEStG nicht ignoriert werde, wenn der von dem Gesetzgeber an den Belastungsgrund diktierte Maßstab befolgt werde. Der Entscheidung des BFH ist uneingeschränkt zuzustimmen. Wie gezeigt, ist Belastungsgrund des ­GrEStG die Übertragung von Herrschaftsrechten i. S. v. Einwirkungsrechten. Für Zwecke des § 1 Abs. 2a ­GrEStG gehen diese Herrschaftsrechte erst mit Übergang von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen von einem Altgesellschafter auf einen Neugesellschafter über. Anteilsübergänge unterhalb dieser 95 %-Schwelle sind nach der gesetzgeberischen 96

A. A. noch Behrens, DStR 2009, 1611 (1615). So schon Behrens, DStR 2009, 1611 (1615). 98 Meßbacher-Hönsch, jurisPR-SteuerR 35/2012 Anm. 5; Behrens, BB 2012, 2098; Halaczinsky, ErbStB 2012, 269; Adolf, GmbHR 2012, 922 (925 ff.); Böing, GmbH-StB 2012, 269 (270); Graessner / El Mourabit, NWB 2012, 3012 (3017); Mies / Greiser, SteuK 2012, 344; Görgen, UVR 2013, 370 ( 371 ff.). 99 Görgen, UVR 2013, 370 (373). 97

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

Entscheidung nicht besteuerungswürdig und führen zu keiner Übertragung von maßgeblichen Herrschaftsrechten an dem Gesellschaftsgrundstück auf den Neugesellschafter. Das Unterschreiten dieser Schwelle aufgrund eines Rückerwerbs ­ rEStG tatbestandlich nicht mehr verwirklicht führt daher dazu, dass § 1 Abs. 2a G ist und der Belastungsgrund des G ­ rEStG nicht mehr aufrechterhalten wird / fort­ rEStG werden damit Sachverhalte erfasst, die nicht besteht.100 Von § 16 Abs. 2 G in der vollständigen Beseitigung des rein wirtschaftlichen Ergebnisses, sondern allein im Wegfall der Voraussetzungen des jeweiligen Tatbestandes des § 1 ­GrEStG begründet sind.101 Dies ist im Einklang mit dem Belastungsgrund des ­GrEStG, wonach nicht jeder wirtschaftliche Erfolg als besteuerungswürdig erachtet wird, sondern nur bestimmte wirtschaftliche Erfolge.

III. Rückerwerb übertragener Anteile nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 ­GrEStG Eine parallele Problematik wie bei der Anwendung des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG auf Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG besteht im Zusammenhang mit der Anwendung des § 16 Abs. 2 ­GrEStG auf bereits erfüllte Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG sowie auf Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3 Nr. 4 ­GrEStG. 1. Rückerwerb insoweit, als § 1 Abs. 3 ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt ist a) § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 ­GrEStG Unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Vereinigung von Anteilen i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 ­GrEStG rückabzuwickeln ist, ist höchstrichterlich entschieden. Mit Urteil vom 11. Juni 2013102 entschied der BFH den Fall der Rück­abwicklung von abgetretenen Geschäftsanteilen, die zu einer grunderwerbsteuerlich relevanten Anteilsvereinigung geführt haben und damit den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 ­GrEStG i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ­GrEStG betrafen. Maßgebend ist, ob aufgrund eines Rückerwerbs von Anteilen das in § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ­GrEStG vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile unterschritten werde und damit dieser Steuertatbestand nicht (mehr) erfüllt ist. Eines Rückerwerbs sämtlicher Anteile, deren Übergang zur Verwirklichung des Steuertatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ­GrEStG beigetragen hat, bedürfe es nicht.

100

Ähnlich Adolf, GmbHR 2012, 922 (926). Görgen, UVR 2013, 370 (373). 102 BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. 101

C. Problematische Fallkonstellationen

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b) § 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 ­GrEStG Die Frage nach der Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze zur Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ­GrEStG auf einen ­ rEStG stellt sich Rückerwerb abgetretener Anteile i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 G genauso wie im Fall der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 ­GrEStG.103 Zweifel an der Übertragbarkeit der Rechtssprechungsgrundsätze könnten wie­ rEStG nicht sukderum aus dem Umstand resultieren, dass § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 G zessive durch mehrere Rechtsvorgänge, sondern nur durch einen Rechtsvorgang verwirklicht wird. Der (vollständige) Rückerwerb könnte daher ebenfalls voraussetzen, dass das gesamte Anteilspaket zurück zu erwerben ist und beispielsweise ein bloßer Rückkauf eines bestimmten Anteilsteils, der zum Unterschreiten des tatbestandsverwirklichenden Quantums von 95 % der Anteile führt, nicht ausreichend sein könnte104. Zusätzliche Bedenken zu der Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze könnten aufgrund der Voraussetzung des § 16 Abs. 2 ­GrEStG hinsichtlich der Identität des Grundstücks und Identität der Beteiligten bestehen. Adolf105 differenziert danach, ob bei den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 ­GrEStG die Übertragung durch mehrere (bereits vereinigter) Anteile oder nur eines Anteils an der Gesellschaft, die jeweils mindestens einer 95 % Beteiligung entsprechen, erfolgte. Im zweitgenannten Fall müsse der eine Anteil für Zwecke eines teilweisen Rückerwerbs ggf. geteilt werden. Bei einer Teilung werde rechtlich betrachtet jedoch ein anderer Anteil zurückübertragen als der erworbene Anteil. Diese ­ rEStG entNicht-Identität der Anteile könnte der Anwendung des § 16 Abs. 2 G gegenstehen. Weiterhin könnte der Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zu § 16 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ­GrEStG auf Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 ­GrEStG entgegengehalten werden, dass wirtschaftlich betrachtet bei dem Rückerwerb eines Anteils, der marginal zum Unterschreiten der 95 %-Grenze führt, das wirtschaftliche Ergebnis im Wesentlichen beibehalten werde. So beherrsche faktisch der Inhaber von 94,9 % (oder 94 %) der Anteile die grundstücksbesitzende Gesellschaft und verfüge über die Gesellschaftsgrundstücke genauso wie derjenige, der 95 % der Anteile halte.106

103

Hier ab S. 107 und 170. So noch Behrens / Schmitt, UVR 2009, 51 (53); nunmehr A. A. Behrens, BB 2013, 2341 (2342); Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 68; Weilbach, in: Haufe Kommentar ­GrEStG (51. EL), § 16 Rn. 48; Mayer / Nadler, BB 2014, 1879 (1882); Adolf, GmbHR 2013, 949 (952). 105 Adolf, GmbHR 2013, 949 (952). 106 In diese Richtung Görgen, UVR 2013, 370 (373, 374). 104

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

2. Stellungnahme Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 ­GrEStG sprechen dafür, dass ein Erwerbs­ vorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 ­GrEStG bereits dann i. S. d. § 16 Abs. 2 ­GrEStG rückabgewickelt ist, wenn das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft durch Rückerwerb der Anteile wieder unter­ rEStG nicht schritten wird und der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 G (mehr) erfüllt ist. Die Anforderungen an den Rückerwerb eines Erwerbsvorgangs ­ rEStG orientieren sich danach gleichfalls an den nach § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 G Maßstäben der BFH Rechtsprechung vom 11. Juni 2013107. Demgemäß ist für Zwecke des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG nicht erforderlich, die letzte Anteilsübertragung vollständig rückabzuwickeln108. Der Rückerwerb ist vollständig, wenn das von § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 ­GrEStG vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft wieder unterschritten wird, da dann alles, was grunderwerbsteuerlich relevant war, beseitigt ist. Der von dem Gesetzgeber gewählte Belastungsgrund besteht nicht mehr fort. Den Bedenken von Adolf ist entgegenzuhalten, dass § 16 Abs. 2 ­GrEStG lediglich die Identität der Grundstücke und die Identität der am ursprünglichen Erwerbsvorgang Beteiligten voraussetzt. Der Grund für die Forderung nach der Identität der Grundstücke und der Beteiligten spiegelt sich im Belastungsgrund wider. Ist Belastungsgrund des § 1 ­GrEStG die von einem Veräußerer auf einen bestimmten Erwerber übertragene Herrschaftsmacht über ein bestimmtes inländisches Grundstück, so ist umgekehrt zur Beseitigung des Belastungsgrunds die Rückübertragung der Herrschaftsmacht an diesem bestimmten Grundstück an denselben Veräußerer erforderlich. Im Übrigen ist die Forderung nach einer Identität der ­ rEStG Anteile weder geboten noch erforderlich. Die Tatbestände des § 1 Abs. 3 G knüpfen an den Erwerb von mindestens 95 % der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft an, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass der Erwerber hierdurch die alleinige Herrschaftsmacht i. S. d. Einwirkungsrechte über die Grundstücke erlangt und es daher gerechtfertigt ist, ihn so zu behandeln, als „gehörten“ ihm die Grundstücke, die grunderwerbsteuerlich der Gesellschaft zu­ rEStG sind nicht zurechnen sind. Belastungsgrund der § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 G der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch den Anteilserwerb begründete eigenständige Neu-Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke zum Anteilserwerber109. Damit kann es auf eine Identität der Anteile nicht ankommen. Eine etwaige wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach der Inhaber von weniger als 95 % der Anteile die grundstücksbesitzende Gesellschaft faktisch be 107

BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. Behrens, BB 2013, 2341 (2342); Mayer / Nadler, BB 2014, 1879 (1882); Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 68. 109 BFH, Urteil vom 25.8.2010 – II R 65/08, BFHE 231, 239; Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 3 Rn. 1060. 108

C. Problematische Fallkonstellationen

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herrscht und deshalb – über die gehaltenen Anteile – entsprechende Herrschaftsmacht an den Gesellschaftsgrundstücken ausüben kann, steht dem Ergebnis nicht entgegen. Eine derartige Auslegung verstößt gegen den klaren Wortlaut des § 1 Abs. 3 ­GrEStG, der nur Anteilsübertragungen von mindestens 95 % als tatbestandsverwirklichend ansieht. Insoweit ist Grenze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gleichfalls der Wortlaut. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung wird erst durch die Übertragung von mindestens 95 % von Anteilen ein Grundstücksumsatz im Sinne des ­GrEStG fingiert. Erst bei Erreichen dieses Quorums soll ein wirtschaftlicher Erfolg im Sinne eines Grundstücksumsatzes vorliegen, den der Gesetzgeber als besteuerungswürdig erachtet. Wird dieser besteuerungswürdige wirtschaftliche Erfolg durch Rückerwerb von Anteilen wieder beseitigt, entfällt auch nachträglich der Besteuerungsgrund. In diesen Fällen muss nach Sinn und Zweck des § 16 G ­ rEStG gleichfalls eine etwaige Steuerbelastung entfallen. Nur eine dahingehende Auslegung entspricht den grunderwerbsteuerlichen Wertungen. Für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist daher kein Raum110.

IV. Rückerwerb bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG Bislang noch keiner Entscheidung zugeführt ist auch die Frage, ob bzw. wie sich die Rückabwicklung von Grundstücksgeschäften einer grundstücksbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft bei zwischenzeitlicher Verwirklichung ­ rEStG auf die „neue“ Personengesellschaft / neuen Geselldes § 1 Abs. 2a bis 3a G schafter auswirkt. Die unter § 3 C. III. geschilderte Problematik der Reichweite der Wirkungen von § 16 Abs. 1 ­GrEStG111 stellt sich insoweit in gleicher Weise für den Anwendungsfall des § 16 Abs. 2 ­GrEStG, wenn das Eigentum an dem Grundstück bereits wirksam auf die Erwerbergesellschaft übertragen wurde. Die Eigentumsübertragung ist der wesentliche Unterschied zu den Fällen des § 16 Abs. 1 ­GrEStG112. Im Übrigen bleibt es bei der bereits aufgeworfenen Frage, ob nachträgliche Änderungen der grunderwerbsteuerlichen Zuordnung eines Grundstücks aufgrund des Rückerwerbs eines Grundstücks bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG, diesbezüglich zu einer nachträglichen Steuerbarkeit (Rückabwicklung Grundstücksverkauf)  bzw. zu einer nachträglichen Nichtfestsetzung oder Aufhebung bereits festgesetzter Steuer (Rückabwicklung Grundstückskauf) führen können.

110

Im Ergebnis auch Görgen, UVR 2013, 370 (373, 374). Siehe hierzu ab S. 109 und 171. 112 Hierzu S. 61. 111

210

§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

V. Rückabwicklung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bei zwischenzeitlicher Änderung des Grundstücksbestands Bislang noch keiner finanzgerichtlichen Entscheidung zugeführt sind die Fragen, ob / welche Wirkungen sich aus dem Rückerwerb von Anteilen bei zwischenzeitlichem Erwerb oder Veräußerung eines Grundstücks auf die bisherige Steuerfestsetzung ergeben. 1. Sachverhaltskonstellationen Werden Gesellschafterwechsel, (wirtschaftliche) Anteilsübertragung oder -vereinigung (i. S. d. § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG) rückabgewickelt, stellt sich die Frage nach der Reichweite der Wirkungen von § 16 Abs. 2 ­GrEStG, wenn im Zeitraum zwischen Tatbestandsverwirklichung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG und dessen Rückabwicklung weitere Grundstücke hinzuerworben bzw. bisherige Gesellschafts­grundstücke weiterveräußert wurden113. Jene Fälle werden vorwiegend im Zusammenhang mit § 16 Abs. 2 G ­ rEStG thematisiert; nicht hingegen im Rahmen der Rückgängigmachungen nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG114. Grund hierfür ist, dass der in der Praxis zur Tatbestandsverwirklichung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG notwendige Kauf- und Abtretungsvertrag regelmäßig in einer Urkunde zusammengefasst und notariell beurkundet werden. Enthält der Abtretungsvertrag keine (aufschiebenden) Bedingungen und ist er auch nicht genehmigungspflichtig, ist er mit notarieller Beurkundung erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt sind die Anteile auf den Erwerber abgetreten und der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 ­GrEStG ist eröffnet. Irrelevant sind wiederum die Fälle des Rückerwerbs von Anteilen i. S. d. § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG, die bürgerlich-rechtlich mit ex tunc Wirkung unwirksam sind und, die auch tatsächlich als unwirksam behandelt werden, § 41 Abs. 1 S. 1 AO. Hier ist der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG mangels Vorliegen eines wirksamen vorausgegangenen Erwerbsvorgangs nicht eröffnet.115 Im Einzelnen geht es um nachfolgende Fallkonstellationen, die bislang weder finanzgerichtlich entschieden, noch von der Finanzverwaltung kommentiert wurden:

113

Instruktiv Behrens, DStR 2009, 1611 (1619–1620) und Behrens / Schmitt, UVR 2009, 51 (55–57). 114 Ausnahme bei Behrens / Schmitt, UVR 2009, 51 (57; dort Fn. 48). 115 Hierzu ab S. 62.

C. Problematische Fallkonstellationen

211

a) Rückabwicklung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bei zwischenzeitlichem Grundstückskauf Bei einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft (Grundstücke 1 und 2) kommt es zu einem Gesellschafterwechsel i. S. d. § 1 Abs. 2a G ­ rEStG oder zu einer (wirtschaftlichen) Anteilsvereinigung oder -übertragung i. S. d. § 1 Abs. 3 (ggf. i. V. m. Abs. 3a)  ­GrEStG. Im Anschluss hieran erwirbt die Gesellschaft ein weiteres Grundstück (Grundstück 3). Wenig später werden die abgetretenen Anteile unter Erfüllung sämtlicher Anforderungen des § 16 Abs. 2 vom veräußernden Gesellschafter wieder zurückerworben. Der ursprünglich veräußernde Gesellschafter erhält nun Anteile an einer Gesellschaft, der nunmehr die Grundstücke 1 bis 3 grunderwerbsteuerlich zuzurechnen sind. Fraglich ist, ob der Rückerwerb zugleich dazu führt, dass erstmals auch für das Grundstück 3 Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG festzusetzen ist. b) Rückabwicklung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bei zwischenzeitlichem Grundstücksverkauf Eine parallele Problematik entsteht in den Fällen, in denen im Anschluss an die Verwirklichung eines Erwerbsvorgangs i. S. d. § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG die grundstücksbesitzende Gesellschaft z. B. das Grundstück 3 veräußert und daran anschließend der zuvor verwirklichte Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG unter Erfüllung sämtlicher Anforderungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG rückabgewickelt wird. Fraglich ist dann, ob sich der Rückerwerb auch auf das mittlerweile ausgeschiedene Grundstück 3 erstrecken kann. D. h., ob die Steuer für den Erwerbsvorgang der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG hinsichtlich des Grundstücks 3 gleichfalls zu erstatten ist. 2. Problemaufriss Prima facie scheint das eigentliche Problem der genannten Sachverhaltskonstellationen bei den unterschiedlichen Anknüpfungspunkten der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG und des § 16 ­GrEStG zu liegen. Anknüpfungspunkt und Besteuerungsgegenstand der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG sind die qualifizierte Änderung des Gesellschafterbestands / von Anteilsquoten einer grundbesitzenden Gesellschaft. Jene Änderung bezieht sich dabei auf die der Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnenden Grundstücke. Des­ rEStG ausgelöst, halb werden so viele Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a G wie die Gesellschaft Grundstücke in ihrem Vermögen hält116. Maßgebend für die 116

Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Rn. 761, 863 (zu § 1 Abs. 2a ­GrEStG), Rn. 945 (zu § 1 Abs. 3 ­GrEStG) und Rn. 1211 (zu § 1 Abs. 3a ­GrEStG) m. w. N.

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

Beurteilung der Vermögenszugehörigkeit eines Grundstücks zur Gesellschaft ist wiederum der Zeitpunkt, in dem die Steuer für die qualifizierte Änderung des Gesellschafterbestands / der Anteilsquoten entsteht117. Insoweit ist Anknüpfungspunkt der Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG sowohl die qualifizierte Änderung des Gesellschafterbestands / der Anteilsquoten als auch der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Grundstücksbestand. Anknüpfungspunkt des § 16 ­GrEStG ist der Erwerbsvorgang i. S. d. § 1 Abs. 1 (bis 3a) ­GrEStG, der nunmehr rückabgewickelt wird. Nach diesem systematischen Verständnis muss die Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG grundsätzlich sowohl auf die qualifizierte Änderung des Gesellschafterbestands / der Anteilsquoten als auch auf den Grundstücksbestand abstellen. Fraglich ist im Ergebnis daher, auf welchen Zeitpunkt beim Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 G ­ rEStG abzustellen ist. Konkret, ob es auf den Grundstücksbestand zum Zeitpunkt des Hin- oder des Rückerwerbs ankommt. Sofern es auf den Zeitpunkt des Rückerwerbs ankommt, gewinnt die Frage, ob der Rückerwerb einen vorausgegangenen Hin-Erwerb voraussetzt, erneut an Bedeutung. 3. Problem der anteils- oder grundstücksbezogenen Sichtweise In der Literatur werden eben genannte Fälle regelmäßig im Rahmen des Kriteriums der Identität der Grundstücke und hier zuweilen unter dem Stichwort der anteils- oder der grundstücksbezogenen Sichtweise des § 16 ­GrEStG thematisiert.118 a) Ansichten in der Literatur Nach Hofmann119 unterliegen die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG jeweils nur in Bezug auf das einzelne Grundstück der Steuer, so dass sich Veränderungen im Bestand der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke zugleich auf den Anspruch aus § 16 Abs. 2 ­GrEStG auswirken. So finde § 16 Abs. 2 ­GrEStG keine Anwendung auf Grundstücke, die im Zeitpunkt der Rückübertragung der Anteile nicht mehr zum Vermögen der Gesellschaft gehörten. Etwas anderes könne nur gelten, wenn hinsichtlich des Grundstücksverkaufs selbst ein Anspruch aus § 16 Abs. 2 G ­ rEStG entstanden wäre. Dementsprechend löse auch der nachträgliche Hinzuerwerb eines Grundstücks bei zwischenzeitlicher Rückabwicklung der

117

BFH, Urteil vom 11.12.2014 – II R 26/12, BFHE 247, 343. Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 41; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 273 (zu § 1 Abs. 2a G ­ rEStG) und 275 (zu § 1 Abs. 3 G ­ rEStG). Behrens / Schmitt, UVR 2009, 51 (55–57) zu § 1 Abs. 3 ­GrEStG; Behrens, DStR 2009, 1611 (1619–1620) zu § 1 Abs. 2a ­GrEStG; 119 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 41. 118

C. Problematische Fallkonstellationen

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Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG erstmals Grunderwerbsteuer (hinsichtlich dieses neu hinzuerworbenen Grundstücks) aus. Bezogen auf zwischenzeitlich veräußerte Grundstücke teilt Loose120 diese Auffassung. Auf ausgeschiedene / veräußerte Grundstücke könne sich die Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs nicht mehr beziehen, sodass eine Nichtfestsetzung bzw. Änderung der Steuerfestsetzung nach § 16 ­GrEStG nicht in Betracht komme. Lediglich, wenn der Rechtsvorgang, der zur grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung des betreffenden Grundstücks zum Vermögen der Gesellschaft geführt hat, in einer den Anforderungen des § 16 ­GrEStG genügenden Weise rückabgewickelt werde, könne § 16 ­GrEStG Anwendung finden. ­ rEStG hingegen streng anteilsbezogen anNach Behrens121 sei § 16 Abs. 2 G zuwenden, da die in § 1 Abs. 2a bis 3 ­GrEStG genannten Fiktionen einer Grund­ stücksübertragung keiner Rückabwicklung zugänglich seien. Auf den Grundstücksbestand komme es daher nicht an. Bei der Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a bis 3 G ­ rEStG seien bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG die Anteils-Hin- und Rückübertragung für grunderwerbsteuerliche Zwecke als nicht erfolgt zu werten. Fehle es daher an der Hin- und Rückübertragung, könne der (eigentlich als nicht mehr erfolgt zu wertende) Rückerwerb von Anteilen in den Fällen des zwischenzeitlichen Grundstücks-Zukaufs zu keinem Erwerbsvorgang hinsichtlich des hinzuerworbenen Grundstücks führen.122 Daher könne auch keine Grunderwerbsteuer nachträglich festgesetzt werden. Der Sinn und Zweck des § 16 ­GrEStG als Korrekturvorschrift zur Vermeidung unbilliger Härten spreche für eine dahingehende Interpretation. Beim zwischenzeitlichen Grundstücks-Verkauf kommt es nach Behrens darauf an, ob die Anteile i. S. d. § 16 Abs. 2 G ­ rEStG zurückübertragen wurden. Wegen dieser anteilsbezogenen Sichtweise sei gleichfalls der zwischenzeitliche Grundstücksbestand irrelevant; aus dem Gesetz lasse sich nicht herleiten, dass § 16 ­GrEStG nur in Bezug auf solche Grundstücke bestehe, die nach der Rückübertragung wieder vom Rückerwerber gehalten werden. b) Stellungnahme Die Ansicht von Behrens überzeugt im Ergebnis nicht. Sinn und Zweck des § 16 ­GrEStG sprechen nicht dafür, die Grunderwerbsteuer in den Fällen der Rück­ abwicklung der Anteilsübertragung bei zwischenzeitlich hinzuerworbenen Grundstücken nicht erstmals festzusetzen. Denn in diesen Fällen erhält der Rückerwerber 120

Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 273 (zu § 1 Abs. 2a ­GrEStG) und Rn. 275 (zu § 1 Abs. 3 ­GrEStG). 121 Behrens / Schmitt, UVR 2009, 51 (55–57) zu § 1 Abs. 3 ­GrEStG; Behrens, DStR 2009, 1611 (1619–1620) zu § 1 Abs. 2a ­GrEStG. 122 § 16 ­GrEStG führt demnach dazu, dass der Rückerwerb keinen Erwerbsvorgang darstellt.

214

§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

Anteile an einer Gesellschaft, der nunmehr weitere Grundstücke zuzuordnen sind. Der Rückerwerber ist hinsichtlich dieses neuen Grundstücks „bereichert“. Dies muss sich auch in der Besteuerung widerspiegeln. Die Regelung des § 16 Abs. 2 ­GrEStG will keine Besserstellung des Rückerwerbers erreichen, sondern bei Rückabwicklung lediglich den Besteuerungszustand herstellen, der ohne den ursprünglichen, vorausgegangenen Erwerbsvorgang bestand. Dies aber auch nur und erst dann, wenn der ursprüngliche Erwerbsvorgang im Sinne des § 16 ­GrEStG rückabgewickelt wurde. Bezogen auf den dem ­GrEStG immanenten Belastungsgrund also erst, wenn die Sachherrschaft auf den Veräußerer, also auf den Rückerwerber tatsächlich zurückübertragen wurde. Wird jedoch dem Rückerwerber ein Mehr an Sachherrschaft übertragen, und sei dies auch nur als Reflex des Rückerwerbs, d. h. ohne willentlichen Entschluss, so ist diese Sachherrschafts-Übertragung entsprechend besteuerungswürdig. Der Rückerwerb kann daher, sofern diesem kein Hin-Erwerb vorausgegangen ist, auch selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG auslösen. In dem Fall des vollständigen Rückerwerbs von übertragenen Anteilen bei zwischenzeitlich hinzuerworbenen Grundstücken tut er dies auch, wenn seinerseits die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG erfüllt sind. Werden hingegen die ursprünglichen Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG nur in der Weise beseitigt, dass das von diesen Vorschriften vorausgesetzte Quantum unterschritten wird, ist der Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt, weiterhin stellt der Rückerwerb keinen (weiteren) steuerbaren Erwerbsvorgang dar, sodass es insoweit auch nicht auf den Grundstücksbestand ankommt. Zudem lässt Behrens in den Fällen der Rückabwicklung von Anteilsübertragungen bei zwischenzeitlichen Grundstücks-Verkäufen unberücksichtigt, dass ­ rEStG Aussagen zum Grundstücksbestand trifft. die Regelung des § 16 Abs. 2 G Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG ist notwendig, dass der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerwirbt. Insoweit verlangt § 16 Abs. 2 ­GrEStG eine doppelte Identität, nämlich hinsichtlich des Grundstücks und hinsichtlich der Beteiligten. Demgemäß ist das ursprünglich erworbene Grundstück zurück zu erwerben. Dabei sind nur Änderungen des Grundstückszustands unbeachtlich. Eine Änderung des Grundstücksbestands ist hingegen tatbestandsausschließend. Dies zeigt auch die Rechtsprechung des BFH zur Teil-Rückabwicklung von Grundstücken, wonach beim Rückerwerb von Teilflächen die Regelung des § 16 Abs. 2 ­GrEStG bezüglich der Steuer auf den ursprünglichen Erwerbsvorgang nur insoweit eingreift, als sie auf die zurückerworbene Teilfläche entfällt123. Eine substantiierte Argumentation ist möglich, wenn man die von der h. M. favorisierte Behandlung auch rechtsdogmatisch durchdringt. Dies gilt es nachzuholen.124

123 124

BFH, Urteil vom 27.4.2005 – II R 4/04, BFH / N V 2005, 1629. Hierzu ab S. 221.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen I. Bestimmung der Reichweite des Rückerwerbs Für Zwecke des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG muss im Rahmen des vollständigen und tatsächlichen Rückerwerbs das Eigentum i. S. einer Rückauflassung und Wieder-Eintragung auf den Veräußerer zurückübertragen werden. Mit der Rück-Übertragung des Eigentums erlangt der ursprüngliche Veräußerer sämtliche Sachherrschaftsrechte an dem Grundstück wieder zurück. Erst zu diesem Zeitpunkt ist das Tat­ bestandsmerkmal Rückerwerb i. S. d. § 16 Abs. 2 ­GrEStG verwirklicht.

II. Bestimmung der Reichweite des Rückerwerbs im Rahmen der Zweiterwerbsfälle Allerdings können trotz Rückerwerb des Eigentums an dem Grundstück dennoch Rechtspositionen verblieben sein, die gleichwohl besteuerungswürdig sind. Es bedarf demnach der Analyse, ob die zu § 16 Abs. 1 ­GrEStG gefundenen Konkretisierungen125 gleichfalls in den Fällen des § 16 Abs. 2 Anwendung finden können. 1. Konkretisierungen des vollständigen Rückerwerbs im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips a) Zulässigkeit der Übertragung der entwickelten Kriterien im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 ­GrEStG Der wesentliche Unterschied zwischen der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 ­ rEStG und dem Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG liegt in dem Übergang des G Eigentums am Grundstück bzw. bei den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG in der bereits erfolgten Übertragung der Anteile. In den Fällen des § 16 Abs. 1 G ­ rEStG liegt demgemäß nur ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang vor, nämlich der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts, dessen Rückgängigmachung keinen weiteren steuerbaren Erwerbsvorgang darstellt.126 Im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG tritt hingegen zu dem ursprünglichen Erwerbsvorgang aufgrund des Rückerwerbs (ggf.)127 ein weiterer Erwerbsvorgang hinzu. § 16 Abs. 2 ­GrEStG gewährt daher unter den weiteren Voraussetzungen der Nr. 1 bis Nr. 3 für beide Erwerbsvorgänge einen Anspruch auf Nichtfestsetzung 125

Siehe hierzu insbesondere ab S. 161 und ab S. 167. BFH, Urteil vom 22.6.2010 – II R 24/09, BFH / N V 2010, 2300. 127 Kein steuerbarer Erwerbsvorgang bei teilweisem Rückerwerb von Anteilen, siehe BFH, Urteil vom 18.4.2012 – II R 51/11, BFHE 236, 569 und BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. 126

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

der bzw. Aufhebung bereits festgesetzter Steuer. Gemeinsam ist den Vorschriften, dass sie die vollständige Rückgängigmachung bzw. den vollständigen Rückerwerb dergestalt verlangen, dass ursprünglich übertragene Sachherrschaftsrechte wieder vollständig auf den Veräußerer zurückübertragen werden müssen. Es darf insoweit keine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition beim Erwerber verbleiben. Hat der Erwerber keine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition inne, darf er auch nicht im Rahmen der Rückabwicklung von einer sonstigen fortbestehenden Rechtsposition Gebrauchmachen, indem er diese durch Einwirken auf die Grund­ rEStG stückszuordnung verwertet. Insoweit sind § 16 Abs. 1 und § 16 Abs. 2 G vergleichbar und die zu § 16 Abs. 1 ­GrEStG gefundenen Ergebnisse128 sind entsprechend für § 16 Abs. 2 ­GrEStG grundsätzlich zu übernehmen. b) Innehaben einer verbliebenen grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtsposition Anders als in den Fällen des noch nicht erfüllten Grundstücksgeschäfts, erlischt mit dem Eigentumsübergang ein etwaiger Übereignungsanspruch aufgrund Erfüllung. Weder durch die zivilrechtliche Rückabwicklung, obgleich es einer solchen für Zwecke des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG nicht zwingend bedarf129, noch durch den Rückerwerb kann der bereits erloschene Übereignungsanspruch erneut entstehen. Da jedoch Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt voraussetzen, dass der zu übernehmende Vertrag noch nicht erloschen ist, wird in den Fällen des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG trotz Rückerwerb keine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition in Gestalt eines Übereignungsanspruchs beim Ersterwerber verbleiben. Dann können der Regelung des § 16 Abs. 2 G ­ rEStG nur solche Rechtspositionen entgegenstehen, die geeignet sind, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 G ­ rEStG selbst zu erfüllen. Stellt die verbliebene Rechtsposition keine Verwertungsmöglichkeit i. S. d. § 1 Abs. 2 ­GrEStG dar, ist zu prüfen, ob trotz Rückerwerb sonstige (grunderwerbsteuerlich nicht relevante) Rechtspositionen zugunsten des Ersterwerbers fortbestanden, die der Ersterwerber durch Einwirkung auf die Grundstückszuordnung im Rahmen der Weiterveräußerung verwertet hat (siehe nachfolgend unter c)).

128 129

Siehe insbesondere ab S. 161 und 167. Vgl. aber S 196.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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c) Gebrauchmachen einer Rechtsposition – Verwertungsmöglichkeit des Erwerbers i. S. einer grunderwerbsteuerlichen Neuzuordnung des Grundstücks ­ rEStG kann trotz Rückerwerb des Wie auch in den Fällen des § 16 Abs. 1 G Eigentums dem Erwerber eine sonstige Rechtsposition verbleiben, die er zur Verwertung des Grundstücks im Sinne einer grunderwerbsteuerlichen Neuzuordnung des Grundstücks auf einen neuen Rechtsträger, ausgenutzt hat. Damit ist im Zusammenhang mit den Weitveräußerungsfällen für die Reichweite der Rückgängigmachung gleichfalls maßgebend, ob der Erwerber eine – isoliert betrachtet – nicht grunderwerbsteuerbare Rechtsposition i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 G ­ rEStG130 oder § 1 131 Abs.  2 ­GrEStG verwertet hat, indem er auf die grunderwerbsteuerlich relevanten Neuzuordnung des Grundstücks (auf einen neuen Rechtsträger) im Rahmen der Weiterveräußerung eingewirkt hat. 2. Zweiterwerbsfälle und Verwertung einer sonstigen Rechtsposition a) Schlichte Zweiterwerbsfälle Für die schlichten Zweiterwerbsfälle ist im Rahmen des Rückerwerbs daher zu prüfen, ob dem Erwerber im Rahmen des Rückerwerbs sonstige (grunderwerbsteuerlich nicht relevante) Rechtspositionen verblieben sind, die er dergestalt verwertet hat, dass durch die Weiterveräußerung eine grunderwerbsteuerlich relevante Neuzuordnung des Grundstücks auf einen neuen Rechtsträger stattfand. Insoweit kommt es auf die Steuerbarkeit des nachfolgenden Erwerbsvorgangs (Zweiterwerb) an. Die Verwertung einer sonstigen Rechtsposition entspricht dabei regelmäßig der Verwirklichung der Erwerbsvorgänge der § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 1 Abs. 2 ­GrEStG durch den Ersterwerber. b) Besondere Zweiterwerbsfälle Hier ist, wie in den schlichten Zweiterwerbsfällen, gleichfalls zu prüfen, ob dem Ersterwerber aus dem Rückerwerb sonstige (grunderwerbsteuerlich nicht relevante) Rechtspositionen verblieben sind, die er verwertet hat, indem er durch

130 Der Grundstücks-Übereignungsanspruch oder der Anteils-Übertragungsanspruch erlöschen mit Übergang des Eigentums an dem Grundstück bzw. an den Anteilen, so dass § 1 Abs. 1 Nr. 5 ­GrEStG insoweit nicht erfüllt sein kann. 131 Die je nach Ausgestaltung von Art und Umfang der Veräußerungsermächtigung (noch) keine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition darstellt, sondern nur über die tatsächliche Verwertung einer sonstigen Rechtsposition (auf eigene Rechnung) tatbestandserfüllend ist, siehe hierzu ab S. 151 und 164.

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

die Weiterveräußerung auf die grunderwerbsteuerliche Neuzuordnung des Grundstücks auf einen neuen Rechtsträger einwirkte. Abweichend zu dem schlichten Zweiterwerbsfall kann der Ersterwerber in den besonderen Zweiterwerbsfällen jedoch nicht durch Verwertung einer sonstigen Rechtsposition auf die Weiterveräußerung und mithin auf die Neuzuordnung des Grundstücks einwirken. Wie im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 ­GrEStG ist nämlich die Abtretung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft oder die Begründung der Verpflichtung hierzu nicht grunderwerbsteuerbar. Die Einräumung eines Kaufangebots über Geschäftsanteile kann gerade nicht zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (und Nr. 7) ­GrEStG führen. Ebenso ist zu beachten, dass § 1 Abs. 2 G ­ rEStG nur die Verwertung eines Grundstücks, nicht hingegen die Verwertung von Anteilen als besteuerungswürdig erachtet. Folglich ist die Steuer auf den Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück, der im Zusammenhang mit steuerbaren Zweiterwerbsfällen nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG steht, stets unter den besonderen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG aufzuheben oder nicht festzusetzen.

c) Erweiterte Zweiterwerbsfälle In den erweiterten Zweiterwerbsfällen verbleiben dem Ersterwerber ebenfalls keine grunderwerbsteuerlich relevanten Rechtspositionen, da diese durch Erfüllung erloschen sind. Der Erwerber hat deshalb mit Rückübertragung des Eigentums keine fortbestehende besteuerungswürdige grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition mehr inne. Eine solche kann sich auch nicht aus § 1 Abs. 2 ­GrEStG ergeben, da das Innehaben der Verwertungsmöglichkeit sich nur auf inländische Grundstücke und gerade nicht auf die Verwertung von Anteilen bezieht. Nach dem Rückerwerb des Eigentums an dem veräußerten Grundstück kann der Ersterwerber nach dem eindeutigen Wortlaut der § 1 Abs. 1 Nr. 6, Nr. 7 und § 1 Abs. 2 G ­ rEStG auch nicht mehr von einer etwaigen sonstigen verbliebenen Rechtspositionen Gebrauchmachen und damit das Grundstück auch nicht im Sinne einer Neuzuordnung des Grundstücks auf einen neuen Rechtsträger verwerten. Es gilt das zu den besonderen Zweiterwerbsfällen Gesagte entsprechend. Die Steuer ist daher auf rückabgewickelte Erwerbsvorgänge der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG, die im Zusammenhang mit steuerbaren Zweiterwerbsfällen nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG stehen, stets unter den besonderen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG aufzuheben oder nicht festzusetzen. Abermals erscheint die Praxisrelevanz solcher Fälle als nicht besonders hoch, wenn man berücksichtigt, dass der Tatbestand des § 16 Abs. 2 ­GrEStG bereits

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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verwirklicht ist, sobald der Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a, Abs. 3 ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt ist, d. h. das vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft durch den Rückerwerb wieder unterschritten wird.132

III. Reichweite der Wirkungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG in den Fällen des Rückerwerbs von Grundstücksgeschäften bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG § 16 Abs. 1 und § 16 Abs. 2 ­GrEStG entfalten keine materielle Rückwirkung. Aufgrund dieser Vergleichbarkeit sind die im Zusammenhang zu § 16 Abs. 1 ­GrEStG gefundenen Ergebnisse zugleich auf § 16 Abs. 2 G ­ rEStG zu übertragen.133 Die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte des § 16 Abs. 1 ­GrEStG, der die Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen, die noch nicht zum Übergang des Eigentums geführt haben, betrifft und des § 16 Abs. 2 ­GrEStG für Rückerwerbe nach Eigentumsübergang, führen zu keiner abweichenden Behandlung.134 Demgemäß gilt für den Fall des Rückerwerbs eines Grundstücks, das bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG durch den Rückerwerb wieder aus dem Gesellschaftsvermögen ausgeschieden ist (Rückabwicklung des Grundstückskaufs) Folgendes: Spätestens mit dem Übergang des Eigentums gehört das Grundstück zum Gesellschaftsvermögen der erwerbenden Gesellschaft. Diese Zuordnung ist für die Tatbestandsverwirklichung und Steuerentstehung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG gleichfalls notwendig, da § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG tatbestandlich sooft verwirklicht wird, wie der Gesellschaft inländische Grundstücke gehören. Diese innere Verbundenheit zwischen Zuordnung von Grundstücken zum Gesellschaftsvermögen (spätestens mit Übergang des Eigentums) und Tatbestandsverwirklichung und Steuerentstehung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG führt dazu, dass nachträgliche Änderungen des Grundstücksbestands, die allein aus einem Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG resultieren, zugleich auf die Tatbestandsverwirklichung der § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG wirken. Fand eine Grundstückszuordnung aufgrund eines vorangegangenen Erwerbsvorgangs zum Vermögen der Gesellschaft statt und scheidet dieses Grundstück durch Rückerwerb aus dem Gesellschaftsvermögen wieder aus, hat die ursprünglich erwerbende Gesellschaft keine Sachherrschaft mehr über dieses Grundstück. Die wieder zurückübertragene Sachherrschaft kann bei zwischenzeitlichem Gesellschafterwechsel auch nicht mehr durch die „neue“ Personengesellschaft / neuen Gesellschafter ausgeübt werden. Der nach 132

So schon im Zusammenhang mit § 16 Abs. 1 ­GrEStG siehe ab S. 169. Vgl. S. 171. 134 So auch schon nicht im Zusammenhang mit der Reichweite des Rückerwerbs bei den Zweiterwerbsfällen, siehe ab S. 215. 133

220

§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

§ 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG besteuerungswürdige Grundstücksumsatz wird durch den Rückerwerb des Eigentums am Grundstück aufgrund der bestehenden inneren Verknüpfung zwischen beiden Tatbeständen gleichfalls beseitigt. Obgleich die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG nicht rückabgewickelt werden, ist das unbillige Ergebnis der Besteuerung dieser Erwerbsvorgänge durch analoge Anwendung des § 16 Abs. 2 ­GrEStG zu korrigieren. Für den Fall des Rückerwerbs eines Grundstücks, das bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG durch den Rückerwerb wieder zum Gesellschaftsvermögen gehört (Rückabwicklung des Grundstücksverkaufs), gilt umgekehrt: ­ rEStG Zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung der § 1 Abs. 2a bis 3a G gehörten der grundstücksveräußernden Gesellschaft nur die zu diesem Zeitpunkt grunderwerbsteuerlich zuzuordnenden Grundstücke. Nur auf diesen Zeitpunkt kann es ankommen, wenn man auf die maßgebliche Übertragung der Sachherrschaftsrechte abstellt. Die „neue“ Personengesellschaft / neuen Gesellschafter erhalten über die erworbenen Anteile nur für die Gesellschaftsgrundstücke die besteuerungswürdige Herrschaftsmacht, für die die Sachherrschaftsrechte vor der Änderung des Gesellschafterbestands bzw. der Anteilseignerstruktur bereits bzw. noch bestanden. Werden nach der Tatbestandsverwirklichung und Steuerentstehung gemäß § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG Grundstücke hinzuerworben, führt dies zu keiner erneuten Steuerentstehung gemäß § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG. Dies gilt unabhängig vom Übergang des Eigentums an den Grundstücken. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob die Wieder-Zuordnung der Grundstücke zum Gesellschaftsvermögen aufgrund Rückerwerbs als ein Reflex einer zivilrechtlichen Rückabwicklung oder aufgrund eines neuen, selbständigen Erwerbsvorgangs erfolgt ist. Maßgebend ist allein die Übertragung von Sachherrschaftsrechten, ohne dass es – wie im Umsatzsteuerrecht – darauf ankommt, ob ein Erwerbsvorgang auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt wird oder auf einem neuen Leistungswillen beruht135.

135

Siehe hierzu die Ausführungen ab S. 115, insbesondere ab S. 118, sowie Selbherr, Die Rückgängigmachung eines Leistungsaustauschs und die Rückleistung im Umsatzsteuerrecht (2004), ab S. 114, der für die umsatzsteuerliche Rückgängigmachung auf das Abgrenzungskriterium des sog. Innenverkehrsgeschäfts, welches im Zusammenhang mit dem Rückerwerb des Nichtberechtigten thematisiert wird, rekurriert.

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

221

IV. Reichweite der Wirkungen des § 16 Abs. 2 ­GrEStG in den Fällen des Rückerwerbs von Anteilen bei zwischenzeitlichen Grundstücksgeschäften Die bisherigen Ausführungen, wonach die Grundsätze zur Identität der Grundstücke bzw. zur Grundstückszugehörigkeit für eine grundstücksbezogene Sichtweise sprechen, lassen eine tiefergehende Auseinandersetzung vermissen. Die nachfolgenden Ausführungen sollen dem abhelfen. Insbesondere soll die von der Literatur favorisierte Ansicht einem tragfähigen rechtsdogmatischen Unterbau zugeführt werden. 1. Anteils- und Grundstücksbezogenheit von § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a ­GrEStG § 1 Abs. 2a ­GrEStG unterwirft den qualifizierten Übergang von Anteilen an grundbesitzenden Personengesellschaften der Grunderwerbsteuer und enthält die Fiktion eines Rechtsgeschäfts, das auf die Übereignung des Grundstücks auf eine „neue“ Personengesellschaft gerichtet ist.136 Dabei ist der Übergang der Anteile zwar das die Steuer auslösende Moment, Belastungsgrund ist jedoch die durch die Änderung des Gesellschafterbestands begründete geänderte gesamthänderische Mitberechtigung (Beteiligung des neuen Gesellschafters) (zugleich im Sinne einer insoweit übertragenen Sachherrschaft) am Vermögen der Gesamthand.137 Bei den gesetzlichen Tatbeständen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 ­GrEStG ist ebenfalls der Vorgang, der zum Erwerb der Anteile führt, das die Steuer auslösende Moment während Belastungsgrund nicht der Anteilserwerb als solcher ist, sondern die durch ihn begründete grunderwerbsteuerrechtlich veränderte Zuordnung (und mithin übertragene Sachherrschaft) der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke.138 § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 4 G ­ rEStG fingieren  – zivilrechtlich nicht vorhandene  – grundstücksbezogene Erwerbsvorgänge und tragen dem Umstand Rechnung, dass demjenigen, der alle Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft in seiner Hand vereinigt oder erwirbt, eine dem zivilrechtlichen Eigentum an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Gesellschaftsgrundstück zuwächst.139 Eben dies gilt gleichermaßen für die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3a ­GrEStG, der die Tatbestandsverwirklichung eines Erwerbsvorganges nach § 1 Abs. 3 ­GrEStG voraussetzt. Dies vorangestellt, ist den Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a ­GrEStG gemeinsam, dass der rechtsgeschäftliche Anspruch auf Übertragung bzw. der Über 136

BFH, Urteil vom 16.02.2005 – II R 59/02, BFH / N V 2005, 1369. Meßbacher-Hönsch, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 1 Abs. 2a Rn. 724. 138 BFH, Urteil vom 20.7.2005 – II R 30/04, BFHE 210, 375. 139 BFH, Urteil vom 20.7.2005 – II R 30/04, BFHE 210, 375. 137

222

§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

gang einer bestimmten Anteilsquote (i.H.v. 95 %) grunderwerbsteuer­auslösend ist und § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a ­GrEStG insoweit an ein anteilsbezogenes Kriterium anknüpfen. Ob und ggf. wie viele Erwerbsvorgänge i. S. d. § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG verwirklicht werden, hängt von der Zugehörigkeit inländischer Grundstücke zum Gesellschaftsvermögen ab. Ein Grundstück „gehört“ der Gesellschaft, wenn es ihr aufgrund eines unter § 1 Abs. 1 bis 3a ­GrEStG fallenden Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerlich zuzurechnen ist.140 Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Vermögenszugehörigkeit eines Grundstücks ist derjenige, in dem die Steuer für die qualifizierte Änderung des Gesellschafterbestands i. S. d. § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a ­GrEStG entsteht. Damit haben § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG auch einen grundstücksbezogenen Bezugspunkt. 2. Anteils- und Grundstücksbezogenheit des § 16 Abs. 2 ­GrEStG a) Keine Rückabwicklung einer Fiktion Bei Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2a G ­ rEStG bezieht sich die Rückabwick­ rEStG angeordnete Rechtsfolge einer fiktiven lung nicht auf die von § 1 Abs. 2a G Übereignung eines Grundstücks, sondern allein auf die tatbestandserfüllende Änderung im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft141 Die Übereignung des Grundstücks von einer Personengesellschaft auf eine andere findet nämlich tatsächlich nicht statt und kann daher auch nicht rückabgewickelt werden.142 Für Er­ rEStG gilt eben dies, denn obgleich § 1 Abs. 3 werbsvorgänge des § 1 Abs. 3, 3a G ­GrEStG zivilrechtlich nicht vorhandene Grundstückserwerbe fingiert, bezieht sich der tatbestandsmäßige Rückerwerb nach § 16 Abs. 2 G ­ rEStG allein auf den tatbestandserfüllenden Anteilserwerb.143 b) Anteilsbezogenheit des § 16 Abs. 2 ­GrEStG § 16 Abs. 2 ­GrEStG setzt im Hinblick auf die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a ­ rEStG nicht den Rückerwerb sämtlicher Anteile voraus, deren Übergang zur G Verwirklichung des Steuertatbestands des § 1 Abs. 2a ­GrEStG beigetragen hat. Ausreichend ist, einen Gesellschafterwechsel, der zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a G ­ rEStG beigetragen hat, insoweit rückabzuwickeln, dass im Ergebnis ein Übergang von weniger als 95 % erfolgt und damit die Voraussetzungen

140

Zu § 1 Abs. 3 ­GrEStG: BFH, Urteil vom 11.12.2014 – II R 26/12, BFHE 247, 343. BFH, Urteil vom 18.4.2012 – II R 51/11, BFHE 236, 569. 142 Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 270. 143 BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419. 141

D. Lösung der problematischen Fallkonstellationen

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für den fiktiven Übergang der Gesellschaftsgrundstücke auf eine „neue Gesellschaft“ wieder entfallen sind.144 Hinsichtlich der Rückabwicklung von Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 ­ rEStG) oder Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 G G ­ rEStG) gilt nach hier vertretener Ansicht das gleiche wie für Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 2a ­GrEStG.145 § 16 Abs. 2 G ­ rEStG ist bereits erfüllt, wenn durch Anteilsrückerwerb eine nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 4 G ­ rEStG steuerbare Anteilsvereinigung oder -übertragung in der Weise beseitigt wird, dass das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft unterschritten wird und deshalb der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 4 ­GrEStG nicht (mehr) erfüllt ist. c) Grundstücksbezogenheit des § 16 Abs. 2 ­GrEStG § 16 Abs. 2 ­GrEStG setzt voraus, dass das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück erworben wird. Demnach müssen veräußertes und zurückerworbenes Grundstück identisch sein. Identität des Grundstücks bedeutet nicht Identität des Grundstückszustands146, sodass Wertminderungen oder -verbesserungen nach Eigentumsübertragung und vor Rückerwerb die erforderliche Identität des Grundstücks nicht beeinflussen147. Die Identität des Grundstücks ist noch gewahrt, wenn nicht das gesamte veräußerte Grundstück zurückerworben wird, sondern nur eine Teilfläche, so dass der teilweise Rückerwerb (Teilflächen) die Anwendung des § 16 Abs. 2 ­GrEStG nicht hindert. Wird nur eine Teilfläche des Grundstücks zurückerworben, greift jedoch § 16 Abs. 2 ­GrEStG nur insoweit ein, wie die Steuer auf die zurückerworbene Teilfläche entfällt.148 3. Anteils- und grundstücksbezogene Reichweite des § 16 Abs. 2 ­GrEStG Demgemäß knüpft die Rückabwicklung nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG sowohl an anteils- als auch an grundstücksbezogene Kriterien an. Bezugspunkt ist stets der vorausgegangene Erwerbsvorgang. Dieser Bezugspunkt ist mit Blick auf den Regelungszweck des § 16 ­GrEStG auch notwendig, wenn § 16 ­GrEStG eine am Be­ rEStG ist und die Korsteuerungszweck orientierte Korrekturvorschrift zu § 1 G ­ rEStG getroffenen Grundentscheidung der Besteuerung eines rektur der in § 1 G 144

BFH, Urteil vom 18.4.2012 – II R 51/11, BFHE 236, 569. Zu § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 G ­ rEStG explizit auch: BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 52/12, BFHE 241, 419; zu § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 ­GrEStG siehe ab S. 208. 146 Hofmann / Hofmann, ­GrEStG (2017), § 16 Rn. 40. 147 BFH, Urteil vom 14.1.1976 – II R 149/74, BFHE 118, 239; BFH, Beschluss vom 19.2.2014 – II B 106/13, BFH / N V 2014, 901; Loose, in: Boruttau ­GrEStG (2018), § 16 Rn. 215. 148 BFH, Urteil vom 27.4.2005 – II R 4/04, BFH / N V 2005, 1629. 145

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§ 4 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG 

Grundstücksumsatzes beinhaltet. Tritt der Grundstücksumsatz tatsächlich nicht ein oder bleibt er nicht fortbestehen, kann dies zu vom Steuerzweck nicht gedeckten Härten führen, den § 16 ­GrEStG korrigieren möchte. Maßgebend ist damit der vorausgegangene Erwerbsvorgang, der bei den Tatbeständen der § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a ­GrEStG seinerseits sowohl auf den Anteilsübergang als auch auf den Grundstücksbestand abstellt. Diese doppelte Anknüpfung ist bei der Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG zwingend zu berücksichtigen. Daher können nur so viele Rückerwerbe stattfinden, wie vorausgegangene Erwerbsvorgänge noch vorliegen. Wie viele Erwerbsvorgänge i. S. d. § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a ­GrEStG vorliegen, richtet sich zugleich nach der Anzahl der der Gesellschaft grunderwerbsteuerlich zuzurechnenden Grundstücke. § 16 Abs. 2 ­GrEStG kann nach seinem Sinn und Zweck nur dort eingreifen, wo es um die Rückabwicklung eines vorausgegangenen Erwerbsvorgangs, konkret um den Rückerwerb des ursprünglich übertragenen Grundstücks geht. Wegen der festgestellten Anteils- und Grundstücksbezogenheit des § 1 Abs. 2a bis 3a und des § 16 Abs. 2 ­GrEStG kann damit aber auch und immer nur dann ein Rückerwerb von Anteilen i. S. d. § 16 Abs. 2 ­GrEStG vorliegen, wenn der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Rückerwerbs der Anteile die dem Gesellschaftsvermögen zuzuordnenden Grundstücke noch immer zuzuordnen sind. Wurde, wie im Fall der zwischenzeitlichen Veräußerung eines Grundstücks, die durch Tatbestandsverwirklichung eines Erwerbsvorgangs ursprünglich eingeräumte und übertragene Sachherrschaft dadurch beendet, dass sie auf einen Dritten und damit gerade nicht zurück auf den Veräußerer zurückübertragen wurde, wurde der ursprüngliche Grundstücksumsatz aufrechterhalten. Einer Korrektur nach § 16 ­GrEStG bedarf es nicht. Bei zwischenzeitlich hinzuerworbenen Grundstücken gilt umgekehrt: Der ursprüngliche Veräußerer der Anteile wird durch den Rückerwerb um ein weiteres Grundstück „bereichert“. Der Hin-Erwerb von Anteilen steht mit dem Rückerwerb der Anteile nur hinsichtlich der von der Gesellschaft ursprünglich zuzuordnenden Grundstücke in Zusammenhang. Nachträglich – nach der Steuerentstehung von § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG – hinzuerworbene Grundstücke weisen keinen solchen Zusammenhang auf. Der Rückerwerb stellt dann einen eigenständigen, steuer­ baren Erwerbsvorgang dar, wenn hierfür die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG tatbestandlich erfüllt sind.

§ 5 Zusammenfassung der Ergebnisse Grunderwerbsteuerliche Grundlagen 1. Der in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz der Steuergerechtigkeit verlangt, dass die Steuerlasten auf die Steuerpflichtigen im Verhältnis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verteilt werden. Bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes wird dem Gesetzgeber dabei ein weitreichender Entscheidungsspielraum zugestanden. Die Grenzen werden im Willkürverbot gesehen. Diese Grenze gilt gleichfalls für die in Art. 105 f. GG genannte Grunderwerbsteuer.1 2. Legt man den wirtschaftlichen Charakter der grunderwerbsteuerlichen Belastung zugrunde, ist sachlicher Rechtfertigungsgrund (und zugleich Belastungsgrund) der Grunderwerbsteuer die sich im sog. Grundstücksumsatz ausdrückende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.2 3. Der Grundstücksumsatz erfasst – unter Heranziehung der in § 1 ­GrEStG genannten Besteuerungsgegenstände – die Übertragung von Herrschaftsrechten im Sinne der Einwirkungsrechte, zumindest in Gestalt der Veräußerungsbefugnis (auf eigene Rechnung oder im eigenen Interesse) auf einen neuen Rechtsträger. Hierdurch erhält der Erwerber un-/mittelbare Einwirkungsmöglichkeiten auf die Eigentumszuordnung eines Grundstücks.3 Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs 4. § 16 ­GrEStG stellt eine besondere verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche Korrekturvorschrift zur Rückabwicklung von grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgängen dar.4 5. An einer Grunderwerbsbesteuerung soll, entgegen dem anerkannten Grundsatz der Unabänderlichkeit des Steueranspruchs, unter Zugrundelegung der historischen Genese des § 16 ­GrEStG nicht mehr festgehalten werden, wenn der Grundstücksumsatz nicht zustande kam oder aus besonderen Gründen rückgängig gemacht wird.5 1

Hierzu unter Kapitel § 2. A. I. 1. Hierzu unter Kapitel § 2. A. I. 2. 3 Hierzu unter Kapitel § 2. A. I. 3. und § 2. A. II. und § 2. A. III. 4 Hierzu unter Kapitel § 2. B. I. und § 2. B. II. 1. 5 Hierzu unter Kapitel § 2. B. II. 2. 2

226

§ 5 Zusammenfassung der Ergebnisse

Rückabwicklung eines Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG 6. Nach § 16 Abs. 1 ­GrEStG ist, unter den dort genannten näheren Voraussetzungen, die Steuer auf Antrag nicht festzusetzen oder eine Steuerfestsetzung aufzuheben, wenn ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist.6 7. § 16 Abs. 2 ­GrEStG ist in Abgrenzung zu § 16 Abs. 1 ­GrEStG auf Erwerbsvorgänge beschränkt, die zum Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf den Erwerber geführt haben und das übergegangene Eigentum vom Veräußerer nunmehr zurück erworben wird.7 Rechtsbegriff der Rückgängigmachung und des Rückerwerbs 8. Das ­GrEStG definiert die Tatbestandsmerkmale der Rückgängigmachung und des Rückerwerbs nicht.8 9. Die Finanzrechtsprechung hat Elemente entwickelt, die sie bei der Würdigung eines Sachverhalts als Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs bzw. eines Rückerwerbs heranzieht.9 10. Diese Elemente sind im Kern durch die drei kumulativ zu erfüllenden Kriterien zivilrechtliche, vollständige und tatsächliche Rückgängig-machung / Rückerwerb gekennzeichnet.10 11. Ihre Wurzeln haben die drei Kriterien in den sog. Zweiterwerbsfällen. Dies sind Fälle, in denen in einem zeitlichen und / oder wirtschaftlichen Zusammenhang der ursprüngliche Erwerber oder ein Dritter im Rahmen der Rückabwicklung des Ersterwerbs Einfluss auf die Weiterveräußerung (Zweiterwerb) über dasselbe Grundstück nehmen.11 Problematische Fallkonstellation: Zweiterwerbsfälle 12. Die Zweiterwerbsfälle lassen sich, je nachdem ob sich im Vergleich zum Ersterwerb der Kaufgegenstand (Grundstück oder Anteile) bzw. die Vertragspartei (Austausch Veräußerer und / oder Erwerber) geändert haben, in schlichte, besondere und erweiterte Zweiterwerbsfälle kategorisieren.12 6

Hierzu unter Kapitel § 3. A. Hierzu unter Kapitel § 4. A. 8 Hierzu unter Kapitel § 3. B. I. und § 4. B. I. 9 Hierzu unter Kapitel § 3. B. I. 10 Hierzu unter Kapitel § 3. B. I. 11 Hierzu unter Kapitel § 3. C. I. 12 Hierzu unter Kapitel § 3. C. I. 2. 7

§ 5 Zusammenfassung der Ergebnisse

227

13. Im Zusammenhang mit den Zweiterwerbsfällen stellt die Rechtsprechung an das Kriterium der vollständigen Rückgängigmachung höhere Anforderungen.13 14. Diese von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen sind mit Blick auf Sinn und Zweck des § 16 ­GrEStG sowie mit Blick auf den Belastungsgrund des G ­ rEStG weder erforderlich noch zulässig.14 15. Zur Bestimmung der (richtigen) Reichweite der vollständigen Rückgängigmachung helfen die Auslegung nach dem Wortlaut (Auslegung nach dem besonderen Sprachgebrauch, insbesondere unter Heranziehung umsatzsteuerlicher, schenkungsteuerlicher und bürgerlich-rechtlicher Wertungen) nicht oder nur bedingt weiter.15 16. Die Auslegung nach der Historie, Systematik, nach dem Telos sowie nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise helfen im Rahmen der Zweiterwerbsfälle ebenfalls nur bedingt weiter.16 17. Zulässige Parameter für die Reichweite der / des vollständigen Rückgängigmachung / Rückerwerbs in den Zweiterwerbsfällen ergeben sich hingegen, wenn man die Konkretisierungen an die Rückgängigmachung und an den Rückerwerb im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips vornimmt, d. h. insoweit auf den Belastungsgrund des ­GrEStG rekurriert.17 18. Demgemäß ist im Rahmen der (schlichten) Zweiterwerbsfälle zu prüfen, ob dem Ersterwerber eine grunderwerbsteuerlich relevante Rechtsposition verblieben ist (Innehaben). Sofern dies nicht der Fall ist, ist zu prüfen, ob dem Ersterwerber aufgrund der Rückabwicklung eine sonstige Rechtsposition verblieben ist, die er im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung dergestalt verwertet hat, dass eine Neuzuordnung des Eigentums an dem Grundstück auf einen (neuen) Rechtsträger stattfand (Gebrauchmachen).18 19. Im Rahmen der besonderen und erweiterten Zweiterwerbsfälle ergeben sich Modifikationen der vorgenannten Prüfung.19

13

Hierzu unter Kapitel § 3. C. I. 3. Hierzu insbesondere unter Kapitel § 3. C. I. 4. g) und § 3. D. II. 1. c) 15 Hierzu unter Kapitel § 3. D. I. 1. a) und § 3. D. I. 1. b). 16 Hierzu unter Kapitel § 3. D. I. 2., § 3. D. I. 3., § 3. D. I. 4. und § 3. D. I. 5. 17 Hierzu unter Kapitel § 3. D. II. 2. 18 Hierzu unter Kapitel § 3. D. II. 2. a) c) aa). 19 Hierzu unter Kapitel § 3. D. II. 2. a) c) bb) und § 3. D. II. 2. a) c) cc) 14

228

§ 5 Zusammenfassung der Ergebnisse

Weitere problematische Fallkonstellationen 20. Hinsichtlich der Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 ­GrEStG gilt:20 – Unter Zugrundelegung des Belastungsgrunds kommt es in den – finanzgerichtlich noch nicht entschiedenen – Fällen der Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 ­GrEStG nach § 16 Abs. 1 oder Abs. 2 ­GrEStG darauf an, ob durch die Rückgängigmachung bzw. durch einen Anteilsrückerwerb das von der Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der Gesellschaft unterschritten wird.21 21. In den Fällen der Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts bei zwischenzeitlicher Tatbestandsverwirklichung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a bis 3a G ­ rEStG und damit hinsichtlich der Frage der materiellen Rückwirkung des § 16 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG gilt:22 – § 16 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG kommt keine materielle Rückwirkung zu, sie entfalten keine Wirkung für die Vergangenheit.23 – Bei der Rückabwicklung eines Grundstückskaufs kann die für den zwischenzeitlichen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bisher festgesetzte Steuer aufgrund der fehlenden Rückwirkung des § 16 Abs. 1 und Abs. 2 ­GrEStG nicht nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO korrigiert werden.24 – Ein Erlass der festgesetzten Steuer nach § 227 AO kommt regelmäßig mangels Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit gleichfalls nicht in Betracht.25 – Rechtsdogmatisch ist eine Aufhebung bereits festgesetzter Steuer vielmehr auf eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 1, Abs. 2 AO zu stützen. Die Voraussetzungen für die analoge Anwendung liegen vor. Die Singularia-Maxime wird durch die analoge Anwendung nicht verletzt.26 – Hingegen kann bei der Rückabwicklung eines Grundstücksverkaufs die für den zwischenzeitlichen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG bislang 20

Hierzu unter Kapitel § 3. C. II. (für § 16 Abs. 1 ­GrEStG) und § 4. C. III. (für § 16 Abs. 2 ­GrEStG). 21 Hierzu unter Kapitel § 3. D. III. 22 Hierzu unter Kapitel § 3. C. III. (für § 16 Abs. 1 G ­ rEStG) und § 4. C. IV. (für § 16 Abs. 2 ­GrEStG). 23 Hierzu unter Kapitel § 3. D. IV. 1. (für § 16 Abs. 1 ­GrEStG) und § 4. D. IV. (für § 16 Abs. 2 ­GrEStG). 24 Hierzu unter Kapitel § 3. D. IV. 2. (für § 16 Abs. 1 G ­ rEStG) und § 4. D. IV. (für § 16 Abs. 2 ­GrEStG). 25 Hierzu unter Kapitel § 3. D. IV. 2. (für § 16 Abs. 1 G ­ rEStG) und § 4. D. IV. (für § 16 Abs. 2 ­GrEStG). 26 Hierzu unter Kapitel § 3. D. IV.3 (für § 16 Abs. 1 ­GrEStG) und § 4. D. IV. (für § 16 Abs. 2 ­GrEStG).

§ 5 Zusammenfassung der Ergebnisse

229

noch nicht festgesetzte Steuer auch nicht mehr nachträglich festgesetzt werden. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage.27 22. In den Fällen der Rückabwicklung von Erwerbsvorgängen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG nach § 16 Abs. 2 ­GrEStG bei zwischenzeitlichen Grundstücks­ geschäften gilt:28 – § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG knüpfen sowohl an ein anteils- als auch grundstücksbezogenes Kriterium an.29 – § 16 Abs. 2 ­GrEStG knüpft gleichfalls an dieses anteils- und grundstücksbezogene Kriterium an.30 – Wegen dieser Anteils- und Grundstücksbezogenheit von § 1 Abs. 2a bis 3a und § 16 Abs. 2 ­GrEStG kann ein Rückerwerb von Anteilen nur vorliegen, wenn der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Rückerwerbs die dem Gesellschaftsvermögen zuzuordnenden Grundstücke noch immer zuzuordnen sind.31 – Im Fall der zwischenzeitlichen Veräußerung eines Grundstücks wurde die ursprünglich eingeräumte und übertragene Sachherrschaft an dem Grundstück dadurch beendet, dass sie auf einen Dritten und damit gerade nicht zurück auf den Veräußerer der Anteile übertragen wurde. Der ursprüngliche Grundstücksumsatz wurde damit aufrechterhalten.32 – Bei zwischenzeitlich hinzuerworbenen Grundstücken gilt umgekehrt: Der ursprüngliche Veräußerer der Anteile wird durch den Rückerwerb um ein weiteres Grundstück „bereichert“. Der Rückerwerb stellt insoweit einen eigenständigen, steuerbaren Erwerbsvorgang dar, wenn hierfür die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a bis 3a ­GrEStG tatbestandlich erfüllt sind.33

27

Hierzu unter Kapitel § 3. D. IV. 4. (für § 16 Abs. 1 ­GrEStG) und § 4. D. IV. (für § 16 Abs. 2 ­GrEStG). 28 Hierzu unter Kapitel § 4. C. V. 29 Hierzu unter Kapitel § 4. D. IV. 1. 30 Hierzu unter Kapitel § 4. D. IV. 2. 31 Hierzu unter Kapitel § 4. D. IV. 3. 32 Hierzu unter Kapitel § 4. D. IV. 3. 33 Hierzu unter Kapitel § 4. D. IV. 3.

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Sachverzeichnis § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG  9, 34, 38, 49, 50, 51, 52, 54, 64, 83, 84, 89, 97, 98, 109, 119, 131, 132, 154, 180, 182, 184, 188 § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG  9, 10, 36, 50, 57, 193 § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG  9, 10, 36, 50, 57, 60, 64, 74, 118 § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG  9, 10, 37, 51, 223 § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 GrEStG  9, 37, 38, 165, 168 § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG  10, 38, 51, 180, 182, 183, 184, 217 § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG  10, 13, 14, 38, 51, 52, 57, 58, 91, 143, 147, 149, 151, 152, 155, 156, 158, 159, 160, 166, 167, 169, 182, 184, 217, 218 § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG  38, 75, 79, 151 § 1 Abs. 2 GrEStG 9, 10, 14, 23, 24, 38, 39, 40, 47, 48, 49, 53, 54, 55, 57, 64, 71, 89, 91, 92, 97, 100, 104, 110, 125, 129, 133, 136, 139, 140, 151, 152, 153, 154, 155, 157, 158, 159, 160, 164, 175, 166, 167, 168, 169, 216, 217, 218, 231, 233, 235 § 1 Abs. 2a GrEStG  9, 10, 12, 14, 15, 16, 17, 22, 23, 24, 26, 40, 41, 44, 55, 56, 57, 73, 74, 75, 82, 84, 85, 86, 103, 105, 109, 110, 111, 112, 113, 134, 135, 136, 169, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 181, 182, 185, 186, 187, 188, 190, 201, 202, 203, 204, 205, 206, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 228, 229, 230, 232, 234, 235, 236 § 1 Abs. 3 GrEStG  9, 10, 12, 16, 23, 24, 41, 42, 43, 55, 56, 71, 107, 112, 135, 168, 170, 171, 190, 206, 208, 209, 211, 212, 213, 221, 222, 230, 236 § 1 Abs. 3a GrEStG  9, 12, 21, 42, 43, 56, 211, 221

§ 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG  11, 75, 76, 80, 86, 102, 103, 104, 112, 121, 131, 134, 162, 163, 165, 193, 196, 199 § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG  11, 75, 77, 100, 162, 183, 195 § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG  15, 71, 106, 189, 192, 195, 196, 198, 200, 204, 205, 231, 232 § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG  15, 65, 112, 189, 193, 194 § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG  15, 183, 189, 195 § 41 Abs. 1 AO 10, 62, 63, 64, 65, 88, 111, 154, 171, 172, 174, 175, 194, 210 Analog  15, 88, 113, 173, 178, 186, 220, 228 Analogie  14, 169, 179, 181, 185, 187, Änderung im Gesellschafterbestand  41, 135, 202, 203, 222 Ankaufsrecht 51 Anteils- und Grundstücksbezogenheit  17, 221, 222, 224, 229 Auflassungsvormerkung  92, 93, 98, 99, 100, 101, 115, 120, 124, 129, 131, 141, 150, 165, 231 Auslegung  10, 12, 13, 23, 24, 25, 36, 43, 45, 58, 59, 60, 61, 83, 84, 104, 105, 114, 117, 119, 126, 128, 130, 131, 132, 133, 135, 136, 137, 142, 146, 147, 148, 161, 163, 167, 171, 176, 177, 178, 185, 198, 209, 227, 232, 234 Belastungsgrund  9, 10, 25, 30, 31, 32, 33, 45, 49, 54, 58, 59, 61, 64, 73, 95, 96, 97, 113, 119, 123, 124, 125, 128, 136, 140, 141, 158, 159, 160, 161, 162, 166, 170, 172, 179, 181, 182, 183, 189, 205, 206, 208, 214, 221, 225, 227, 228 Besteuerungsgegenstand  9, 33, 34, 36, 45, 58, 115, 121, 211, 225 Billigkeits– gründe  14, 65, 68, 71, 112, 176

240

Sachverzeichnis

– erlass  113, 138, 176, 177, 178 – erwägung  66, 138, 176 – regelung  138, 171, 173, 176 – vorschrift 176 Bürgerlich-rechtliche Wertungen  13, 126 Entgeltlichkeit  9, 44, 45, 58 Ersterwerb  81, 83, 95, 183, 184, 226 Fiktion  17, 42, 55, 56, 57, 74, 105, 112, 135, 203, 221, 222 Folgerichtigkeit  9, 10, 32, 58, 235 Folgerichtigkeitssgebot 32 Gesellschafterwechsel  22, 55, 185, 186, 202, 203, 204, 210, 211, 219, 222 Gestaltungsmissbrauch 146 GrEStG1919  10, 19, 34, 35, 36, 37, 39, 41, 44, 46, 47, 68, 69, 70, 71, 86, 87, 88, 142, 143, 144, 153, 154 GrEStG1940  10, 19, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 41, 45, 46, 47, 48, 69, 70, 71, 72, 73, 76, 88, 89, 90, 130, 138, 143, 145, 146, 147, 149, 153, 196 GrEStG1983  10, 19, 35, 71, 73, 148 Grunderwerbsteuerrechtlich relevante Rechtsposition  97, 100, 161, 162, 164, 165, 167, 169, 216, 217, 218, 227 Grundpfandrecht 100 Grundstücksbestand  212, 213, 214, 224, 230 Grundstückszuordnung  49, 55, 56, 86, 105, 135, 136, 138, 151, 154, 164, 166, 185, 186, 216, 219 Herrschaftsrechte  48, 49, 50, 51, 52, 53, 55, 56, 57, 58, 61, 101, 119, 120, 128, 129, 139, 140, 141, 142, 161, 205 Historische Genese  9, 10, 33, 65 Identität der Beteiligten  15, 190, 199, 207 Identität des Grundstücks  15, 190, 191, 192, 199, 207, 223 Im eigenen wirtschaftlichen Interesse  14, 15, 52, 86, 101, 103, 151, 155, 156, 158, 161, 200 Inländisches Grundstück  9, 43, 53, 109, 152, 185, 208

Kaufpreis  35, 90, 100, 118, 128, 129, 131, 145, 168 Kaufpreis-Rückzahlungsanspruch  11, 95, 96, 141, 150, 165 Korrekturvorschrift  23, 131, 129, 148, 159, 160, 174, 175, 213, 223, 225 Leistungsfähigkeit  27, 28, 29, 31, 33, 45, 54, 58, 63, 119, 133, 166, 167, 225 Materielle Rückwirkung  110, 111, 112, 113, 171, 219, 228 Normzweck  13, 86, 128, 129, 132, 137, 138, 139, 140, 141, 142, 177, 178, 179, 191 Option  101, 116 Optionssvertrag  51, 151 Rechtfertigung  9, 10, 25, 27, 29, 30, 58, 113, 236 Rechtfertigungstheorien  29, 31 Rechtsträgerwechsel  9, 21, 44, 45 Rechtsvorgang  9, 24, 32, 39, 43, 46, 47, 56, 65, 66, 85, 108, 115, 128, 133, 139, 152, 153, 170, 203, 207, 213 RETT-Blocker  21, 43, 230, 236 RStempG1909  10, 33, 34, 36, 37, 38, 65, 66, 68 Rückabwicklung  7,9, 10, 11, 15, 16, 17, 23, 24, 25, 26, 27, 33, 49, 61, 62, 63, 65, 74, 75, 80, 83, 84, 96, 97, 105, 106, 107, 108, 111, 115, 117, 118, 121, 122, 125, 149, 157, 165, 166, 178, 188, 189, 193, 195, 196, 201, 202, 203, 204, 206, 207, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 216, 219, 220, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 233, 236 Rückerwerb  7, 15, 16, 23, 24, 25, 26, 61, 68, 70, 72, 87, 106, 108, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 204, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 222, 223, 224, 226, 227, 229, 230 Rückgängigmachung – tatsächliche  11, 77, 80, 81, 118, 150, 197 – vollständige  11, 12, 80, 81, 86, 89, 95, 100, 101, 106, 108, 120, 142, 168, 216 – zivilrechtliche  11, 77, 78, 79, 163

Sachverzeichnis Rückkauf  79, 108, 170, 196, 197, 207 Rückkauffall  78, 79 Sachherrschaft  56, 109, 135, 136, 161, 172, 179, 181, 186, 214, 219, 221, 224, 229 Sachnutzungsbefugnis 54 Schenkungsteuerliche Wertungen  12, 121 Steueranspruch  62, 63, 73, 77, 110, 174, 175, 195 Steuerentstehung  82, 110, 111, 123, 178, 180, 187, 189, 219, 220, 224 Treuhand  57, 139, 140, 232 Übereignungsanspruch  11, 49, 50, 54, 57, 58, 78, 79, 89, 95, 96, 98, 100, 129, 132, 141, 142, 165, 168 ,182, 196, 197, 198, 216, 217 Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten ​ 97, 124 Umsatzsteuerliche Wertungen  12, 115, 119 Unabänderlichkeit des Steueranspruchs   10, 62, 63, 116, 225 Unwirksamkeit  63, 64, 65, 117, 171, 172 Veräußerungsbefugnis  50, 54, 57, 58, 97, 100, 120, 128, 136, 140, 141, 162, 225 Veräußerungsermächtigung  14, 54, 57, 153, 154, 157, 158, 159, 164, 166, 217 Verkehrsteuer  18, 20, 31 Vertragsbeitritt  14, 78, 82, 83, 162, 163, 165, 168, 169, 216, 234 Vertragsübernahme  14, 78, 82, 83, 162, 163, 165, 167, 168, 169, 216, 234, 235

241

Verwertungsbefugnis  53, 54, 92, 97, 110, 152, 153, 157, 158, 168, 197, 231, 235 Verwertungsmöglichkeit  16, 23, 29, 30, 38, 39, 40, 48, 49, 53, 54, 58, 92, 125, 140, 141, 151, 152, 153, 154, 157, 161, 216, 217, 218, 233 Wiederkaufsrecht  79, 112, 170 Wirtschaftliche Betrachtungsweise  12, 13, 23, 59, 102, 104, 132, 133, 134, 136, 137, 208, 209, 232, 234 Wirtschaftlicher Vorgang  46, 47, 49 Wirtschaftlicher Erfolg  47, 93, 140, 141, 157, 209 ZuwStG1911  34, 39, 67, 68, 231 Zweiterwerb  23, 24, 81, 83, 158, 168, 183, 184, 217, 226 Zweiterwerbsfall/-fälle  11, 12, 13, 14, 15, 16, 23, 24, 25, 77, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 91, 94, 95, 101, 102, 103, 105, 106, 121, 132, 136, 139, 141, 142, 143, 144, 145, 150, 153, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 165, 166, 167, 183, 184, 198, 199, 200, 201, 215, 217, 218, 219, 226, 227 – besonderer Zweierwerbsfall  11, 12, 14, 15, 16, 84, 86, 101, 102, 105, 132, 136, 167, 168, 201, 217, 218, 227 – erweiterter Zweiterwerbsfall  11, 12, 14, 15, 16, 84, 85, 86, 132, 169, 201, 218, 227 – schlichter Zweiterwerbsfall  11, 14, 15, 16, 84, 85, 86, 102, 103, 105, 106, 132, 142, 150, 167, 199, 217, 227 Zwischenerwerber  51, 52, 94, 152, 166, 182