Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 5 und 6 BGB 9783504383237

Gleich ob Verkauf eines Kleinbetriebes, Ausgliederung ganzer Geschäftsbereiche im Konzern oder Unternehmensumwandlung -

145 81 42MB

German Pages 504 Year 2005

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 5 und 6 BGB
 9783504383237

Citation preview

Timon Grau Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gemäߧ 613a Abs. 5 und 6 BGB

Rechtsfragen der Wirtschaft

Band 46

Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gemäߧ 613a Abs. 5 und 6 BGB

von

Dr: Timon Grau

2005

Verlag Dr.OttoSchmidt Köln

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemami.-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 3-504-68048-2 © 2005 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Druck und Verarbeitung: Druck Partner Rübelmann, Hemsbach Printed in Germany

Für Nadine Marion Markus Aurel

Vorwort Durch die Ergänzung des § 613a BGB um das Unterrichtungsgebot und die Kodifizierung des Widerspruchsrechts sind Wissenschaft und Praxis fur den Bereich von Betriebsübernahmen einmal mehr vor neue Herausforderungen gestellt. Eine auch beinahe drei Jahre nach In-Kraft-Treten von § 613a Abs. 5 und 6 BGB anhaltende Publikationsflut zu den Neuregelungen zeugt insofern ebenso von der ganz erheblichen Praxisrelevanz insbesondere der Inforrnationspflicht als auch davon, welche Verunsicherung durch die neuen Vorschriften ausgelöst worden ist. Die Neuregelungen stehen insofern ganz in der Tradition der seit je her lebhaft gefuhrten Kontroverse um Tatbestand und Rechtsfolgen des Betriebsübergangs. Dies gilt auch deswegen, weil sich Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht wie § 613a BGB insgesamt in dem spannungsreichen Beziehungsgeflecht von europäischem und nationalem Recht bewegen. Diese Untersuchung rückt neben den europäischen Bezügen insbesondere der Information der Arbeitnehmer auch zahlreiche anwendungsbezogene Fragen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB in den Mittelpunkt. Bei deren Auswahl habe ich mich nicht zuletzt von meinen Erfahrungen als Mitarbeiter in der arbeitsrechtlichen Praxis einer großen Sozietät leiten lassen. Es ist insofern ein Anliegen dieser Arbeit, Einzelprobleme von Unterrichtung und Widerspruchsrecht auch aus dem übergreifenden Blickwinkel ihres jeweiligen Gewichts fur die Bewältigung von Betriebsübertragungen zu behandeln. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat die vorliegende Abhandlung im Sommersemester 2004 als Dissertation angenommen. AufVorschlag der Fakultät ist die Arbeit mit dem Ehrhardt-Imelmann-Preis 2004 ausgezeichnet worden. Sehr zu danken habe ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. Peter Hanau, fur seine Unterstützung sowie fur die Betreuung der Arbeit. Herrn Prof. Dr. Ulrich Preis danke ich fur die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Gewidmet ist die Arbeit meiner Frau Nadine und unseren Familien, hier ganz besonders meinen Eltern Marion und Markus Grau und meinem Bruder Aurel. Sie alle haben ihren Anteil an der Verwirklichung dieses Buchs. Dies gilt auch fur Herrn Roman Grau, dem ich herzlich fur seine Förderung durch Literatur danke. Mit Dank fur viele interessante Gespräche und Hinweise verbunden bin ich den im Arbeitsrecht bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Köln tätigen

VII

Vorwort

Anwälten. Dies gilt insbesondere für Herrn Dr. Elmar Schnitker, der das Thema dieser Untersuchung angeregt hat. Danken möchte ich schließlich auch Frau Melanie Pelzer für die Durchsicht des Manuskripts. Die Arbeit wurde vor Drucklegung noch einmal umfassend aktualisiert. Rechtsprechung und Literatur konnten bis einschließlich Oktober 2004 berücksichtigt werden. Köln, im Oktober 2004

VIII

Timon Grau

Inhaltsübersicht Seite Vorwort ....................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ......................................................................................... XI Abkürzungsverzeichnis ......................................................................... XXXV

1. Kapitel: Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB .................................................................................................... l

§1

Einführung ............................................................................................ !

§2

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB ............................................................................................ 6

2. Kapitel: Die Unterrichtung der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht .................................. 25 §3

Unterrichtung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter nach der Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht ............................................................ 25

§4

Der Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Unterrichtung aus § 613aAbs. 5 BGB ............................................................................. 74

§5

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des §613aAbs.5Nr.l bis4BGB ........................................................... 96

§6

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung ....... l96

§7

Die Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs ........................... 219

§8

Die Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung ............................................................................. 248

§9

Ausschluss des Unterrichtungsrechts infolge Unmöglichkeit, Verzicht, Verwirkung etc. und die Auswirkungen auf das Widerspruchsrecht ............................................................................ 278

IX

Inhaltsübersicht

§ 10 Die Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht aus § 613a Abs. 5 BGB ................................. 292

3. Kapitel: Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts in§ 613a Abs. 6 BGB ....................................... 339 § 11

Die Anwendung von § 613a Abs. 6 BGB bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers infolge einer Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG ....................................... 340

§ 12 Der Ausschluss des Widerspruchsrechts, insbesondere durch Verzicht des Arbeitnehmers .............................................................. 350 § 13

Die Rechtsfolgen des Widerspruchs für die Rechtsbeziehungen zwischen dem bisherigen Arbeitgeber, dem neuen Betriebsinhaber und dem widersprechenden Arbeitnehtner .................................................................................... 361

§ 14 Die kündigungsrechtliche Folgeproblematik bei der Sozialauswahl zugunsten des widersprechenden Arbeitnehmers .................................................................................. 391 § 15

Schlussbetrachtung ........................................................................... 414

Literaturverzeichnis .................................................................................... 417 Stichwortverzeichnis ................................................................................... 451

X

Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort ....................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ............................................................................................. IX Abkürzungsverzeichnis ......................................................................... XXXV

1. Kapitel: Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB .................................................................................................... 1

§1 A. B.

§2 A.

Einführung .......................................................................................... 1 Überblick über die Neuregelungen in § 613a Abs. 5 und 6 BGB ...................................................................................................... 1 Überblick zum Ablauf der vorliegenden Untersuchung ....................... 3 Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB ........................................................................................... 6 Entstehungsgeschichte von § 613a Abs. 5 und 6 BGB ........................ 6 I.

B.

Gesetzgebungsverfahren ............................................................... 6 1. Gesetzesentwurf der Bundesregierung ................................... 6 2. Beratungsschwerpunkte und abweichende Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren ................................ 7 3. Reformbestrebungen nach Inkrafttreten von§ 613a Abs. 5, 6 BGB ........................................................................ 9 II. Vorgeschichte der Neuregelungen in§ 613aAbs. 5 und 6 BGB ............................................................................................... 9 1. Vorbemerkung: Rechtsdogmatische Einordnung des Arbeitgeberwechsels nach§ 613aAbs. 1 S. 1 BGB und Folgen für die Arbeitnehmer ........................................... 9 2. Entwicklungslinien des Widerspruchsrechts ........................ 11 3. Entwicklungslinien der individuellen Unterrichtung der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang ............................... 14 a) Rechtsprechung ........................................................... 14 b) Literatur ....................................................................... 16 Grundlagen zu§ 613a Abs. 5 und 6 BGB .......................................... 17 I. Zweck und Systematik der Neuregelungen in § 613a Abs. 5, 6 BGB ...................................................................................... 17 II. Anwendungsbereich von§ 613aAbs. 5 und 6 BGB ................... 19

XI

Inhaltsverzeichnis

1.

2. 3.

Sachlicher Anwendungsbereich ........................................... 19 a) (Geplanter) Übergang einer wirtschaftlichen Einheit .......................................................................... l9 b) Unterrichtung und Widerspruchsrecht bei Unternehmensumwandlungen nach dem UmwG ......................................................................... 20 c) Unterrichtung und Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang in der Insolvenz .............................. 22 Persönlicher Anwendungsbereich von § 613a Abs. 5 und 6 BGB ............................................................................ 22 Zeitliche Anwendung der Neuregelungen in § 613a Abs. 5 und 6 BGB ................................................................ 24

2. Kapitel: Die Unterrichtung der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht .................................. 25 §3

A.

B.

XII

Unterrichtung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter nach der Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht ................................. 25 Die Unterrichtung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter nach Art. 7 RL 2001/23/EG ........................................................................ 25 I. Überblick über die wesentlichen Vorschriften des Art. 7 RL 2001/23/EG ........................................................................... 25 li. Struktur der Vorschriften des Art. 7 RL 2001/23/EG .................. 28 1. Kollektive und individuelle Unterrichtung nach Art. 7 RL 2001/23/EG, Grund- undAusnahmemodell ................ 28 2. Die strukturellen Auswirkungen der Wahl des Ausnahmemodells für die Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG im deutschen Recht ........................ 31 a) Umsetzung des Ausnahmemodells durch §§ 111 ff.BetrVG ........................................................ 31 b) Folgewirkungen für die Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG ................................................ 32 Die Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 RL 2001/23/EG im deutschen Recht... ..................................................... 35 I. Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 Abs. 6 RL 2002/23/EG durch§ 613aAbs. 5 BGB ................................. 35 1. Unterrichtungsverpflichtete und -berechtigte ...................... 35 a) Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG .................................................................. 35

Inhaltsverzeichnis

b)

2.

3.

4.

5. 6.

Bestimmungen des§ 613aAbs. 5 BGB ...................... 37 aa) Bisheriger und neuer Betriebsinhaber als Adressaten der Informationspflicht ...................... 37 bb) Von einem Übergang betroffene Arbeitnehmer als Unterrichtungsberechtigte .................................... 38 ( 1) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse nach§ 613aAbs. 1 S. I BGB übergehen ...................................... 38 (2) Nicht gemäߧ 613aAbs. 1 S. 1 BGB übergehende Arbeitnehmer ............................ 39 (a) Der übertragenen betrieblichen (Teil-) Einheit nicht zuzuordnende Arbeitnehmer .......................................... 40 (aa) Interpretationsalternativen nach dem Wortlaut der Norm? ........ .40 (bb )Teleologische und systematische Erwägungen .............. 41 (cc) Korrektur vermittels richtlinienkonformer Auslegung? ...................................... 41 (b) Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses bereits widersprochen haben .............................. 42 Inhalt und Form der Infonnation ......................................... .44 a) Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 2001 /23/EG .................................................................. 44 b) Bestimmungen des § 613a Abs. 5 BGB ..................... .44 Zeitpunkt der Information ................................................... .45 a) Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG .................................................................. 45 b) Bestimmungen des§ 613aAbs. 5 BGB ..................... .46 Sanktionen bei Missachtung der Unterrichtung ................... 46 a) Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG .................................................................. 46 b) Bestimmungen des§ 613aAbs. 5 BGB ...................... 47 Ergebnis zur Richtlinienkonformität von§ 613aAbs. 5 BGB ................................................................................... 48 Konsequenzen der Über- und der Untererfüllung der Vorgaben von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG ....................... .49

XIII

Inhaltsverzeichnis

a)

Auswirkungen der überschießenden Umsetzung auf die Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB .......................................................................... 49 b) Auswirkungen der überschießenden Umsetzung auf die Auslegungszuständigkeit des EuGH im Verfahren nach Art. 234 EG .................. 51 aa) Meinungsspektrum ............................................... 51 bb) Stellungnahme ...................................................... 53 cc) Ergebnis ................................................................ 55 c) Auswirkungen der Untererfüllung: Unmittelbare Geltung von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG im defizitär umgesetzten Bereich? .......... 56 li. Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 RL 2001/23/EG für die Information und Konsultation der Arbeitnehmervertreter durch § 106, §§ 111 ff. BetrVG .............. 57 1. Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 RL 2001/23/EG durch§ 106 BetrVG ................................... 57 2. Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 RL 2001/23/EG durch§§ 111 ff. BetrVG ............................ 58 a) Richtlinienkonformität der§§ 111, 112 BetrVG im Ausnahmemodell .................................................... 59 aa) Arbeitnehmer-Schwellenwert und Tatbestand der Betriebsänderung als Voraussetzung für Informations- und Beratungsrechte nach § 111 S. 1 BetrVG ............. 59 bb) Einigungsstelle als Schiedsstelle sowie das Recht der Arbeitnehmervertreter, eine Entscheidung über die hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffenden Maßnahmen zu erhalten ............................................................. 60 (1) Sozialplan als Entscheidung über hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffende Maßnahmen im Sinne des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG ........................ 61 (a) Meinungsspektrum ................................. 61 (b) Stellungnahme ........................................ 61 (c) Zwischenergebnis ................................... 63 (2) Interessenausgleich als Entscheidung über hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffende Maßnahmen im Sinne des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG ........................ 64 XIV

Inhaltsverzeichnis

b)

Ergebnis zur Richtlinienkonformität der § § 111, 112 BetrVG im Ausnahmemodell und Folgen ............ 65 c) Therapie: Betriebsübergang als Betriebsänderung im Sinne von § 111 S. 1 BetrVG im Grundmodell? ........................................... 66 III. Schlussbemerkung zur Umsetzung von Art. 7 RL 200 1/23/EG im deutschen Recht... .............................................. 69 1. Wechsel in das Grundmodell als Umsetzungsalternative ......................................................... 70 a) Überwindung der mangelnden Abstimmung von Art. 7 Abs. 3, 5 und Absatz 6 RL 2001123/EG .................................................................. 70 b) Zugang der Arbeitnehmerunterrichtung als widerspruchsfristauslösendes Moment im Grundmodell ................................................................ 71 2. Neuerlicher Umsetzungsbedarf durch die Rahmenrichtlinie 2002/14/EG .............................................. 72

§4

B.

Der Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Unterrichtung aus§ 613a Abs. 5 BGB ..................................................................... 74 A. Unterrichtung gemäߧ 613aAbs. 5 BGB als echte schuldrechtliche Rechtspflicht oder bloße Obliegenheit ............. 74 I. Bedeutung der Frage und Meinungsspektrum ............................ 74 II. Stellungnahme ............................................................................. 75 1. Keine strukturmerkmalsbezogene Abgrenzung von Schuld und Obliegenheit ...................................................... 75 2. Auslegung des§ 613aAbs. 5 BGB ...................................... 76 a) Grammatikalische Auslegung ...................................... 76 b) Systematische Auslegung ............................................ 77 c) Historische Auslegung ................................................. 78 d) Teleologische Auslegung ............................................. 80 e) Verfassungskonforme Auslegung ................................ 80 f) Richtlinienkonforme Auslegung .................................. 81 III. Ergebnis und Folgerungen fiir dogmatische Einordnung und Einklagbarkeit des Informationsanspruchs aus § 613aAbs. 5 BGB ...................................................................... 82 Entstehung des Informationsanspruchs aus§ 613aAbs. 5 BGB sowie Betriebsveräußerer und -erwerber als Schuldner der Unterrichtung ............................................................................... 84 I. Entstehung des Informationsanspruchs ....................................... 84

XV

Inhaltsverzeichnis

Mögliche zeitliche Anknüpfungspunkte für die Anspruchsentstehung ........................................................... 84 2. Vergleich mit dem Merkmal der "Rechtzeitigkeit" in § 106Abs. 2 bzw. § 111 S. I BetrVG ................................... 85 3. Ableitung des Entstehungszeitpunkts fiir § 613aAbs. 5 BOB aus dem Informationskatalog ................................... 86 II. Bisheriger Arbeitgeber und neuer Betriebsinhaber als Schuldner der Information .......................................................... 88 I. Gesamtschuldverhältnis der Unterrichtungsschuldner ......... 88 a) Meinungsspektrum ...................................................... 88 b) Stellungnahme ............................................................. 89 aa) Schuldnermehrheit ................................................ 90 bb) Identisches Informationsinteresse ........................ 91 cc) Keine Teilschuld des Veräußerers bzw. Erwerbers .............................................................. 91 dd) Einmaliges Forderungsrecht auf Information ........................................................... 91 ee) Gleichrangigkeit der Informationsverpflichtung .................................... 92 c) Ergebnis ....................................................................... 92 2. Rechtswirkungen der Unterrichtungs gesamtschuld ............. 92 a) Beliebige Inanspruchnahme des alten oder neuen Arbeitgebers ...................................................... 92 b) Gesamt- und einzelwirkende Tatsachen ...................... 93 c) Aufwendungsausgleich zwischen den Arbeitgeberparteien ..................................................... 94 Zusammenfassung zu § 4 ................................................................... 94 I.

C.

§5 A. B.

XVI

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613aAbs. 5 Nr.l bis 4 BGB .......................................................... 96 Überblick und zur weiteren methodischen Vorgehensweise .............. 96 Abstrakt-generelle Konkretisierung von Inhalt und Reichweite der Unterrichtung nach§ 613aAbs. 5 BOB ................... 97 I. Vorgaben des Katalogs von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG ......... 97 II. Regelungsimmanente Grenzen fiir Inhalt und Reichweite der Unterrichtung ........................................................................ 98 I. Reichweite der Unterrichtung nach dem Wortlaut von§ 613aAbs. 5 BGB ........................................................ 98 a) Angaben nach§ 613aAbs. 5 BOB als Grundlage zur Selbstinformation ................................ 99

Inhaltsverzeichnis

b)

Einheitliche Information für alle Arbeitnehmer der übergehenden betrieblichen Einheit? .................. 100 2. Reichweite der Unterrichtung nach dem Zweck des § 613aAbs. 5 BGB ............................................................. l01 a) Mindeststandard für die Reichweite der Information aus dem Zweckzusammenhang von Unterrichtung und Widerspruchsrecht ................ 101 b) Zweckzusammenhang von Unterrichtung und Widerspruchsrecht als Obergrenze für die Reichweite der Unterrichtung? .................................. 102 3. Ermittlung des Unterrichtungsinhalts aus dem Gesamtkontext von§ 613aAbs. 1 bis 4 BGB .................... 104 4. Komplexität des Unterrichtungsgegenstands und rechtstatsächliche Schranken für die Reichweite der Information ......................................................................... 105 5. Beschränkung der Informationspflicht durch den subjektiven Kenntnishorizont der infonnierenden Partei ................................................................................... 105 a) Meinungsspektrum .................................................... 106 b) Stellungnahme ........................................................... l 06 c) Ergebnis ..................................................................... 108 6. Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als Schranke für den Inhalt der Unterrichtung ......................... l 08 a) Problemstellung ......................................................... 108 b) Stellungnahme ........................................................... 109 aa) Bedürfnis für einen Geheimnisschutz im Lichte des Informationskatalogs von § 613aAbs. 5 Nr. 1 bis 4 BOB? ......................... 109 bb) Auslegungvon § 613aAbs. 5 BGB .................... llO cc) Lückenschließung durch Analogie? ................... 110 c) Ergebnis und Realisierung eines etwaigen Geheimhaltungsinteresses ohne inhaltliche Beschränkung der Information .................................. 113 III. Unterrichtung gemäߧ 613aAbs. 5 BOB im Spiegel anderer gesetzlicher Arbeitnehmerinformationspflichten ......... 113 1. Pflicht zum Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen (§§ 2, 3 NachwG) als Orientierungspunkt für Inhalt und Reichweite der Unterrichtung gemäߧ 613aAbs. 5 BOB ......................... 114 a) Vorschläge aus der Literatur betreffend die Übertragbarkeit von Regelungselementen und XVII

Inhaltsverzeichnis

C.

XVIII

Wertungen der Informationspflicht aus dem NachwG auf§ 613aAbs. 5 BGB ............................... ll5 b) Stellungnahme ........................................................... 115 aa) Betroffenheit wesentlicher Vertragsbedingungen als Indiz fiir eine diesbezügliche Mitteilungspflicht ...................... 115 bb) Abgrenzung der Schutzzwecke und Folgerungen fiir die Darstellungstiefe bei § 613aAbs. 5 BGB ............................................. ll7 cc) Ersetzung der Angaben nach§ 613aAbs. 5 Nr. 3, 4 BGB durch Verweis auf Kollektivvereinbarungen .................................... 118 (1) Gesetzgeberische Wertungen: Erforderlichkeit einer Balance zwischen Praktikabilität und Effektivität der Unterrichtung ..................... 119 (2) Folgerungen fiir § 613aAbs. 5 BGB ........... l20 (3) Wahrung des Informationsinteresses der Arbeitnehmer und praktische Handhabung der Verweisung ....................... l21 c) Ergebnis ..................................................................... 122 2. Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat bei Betriebsänderung als Orientierungspunkt fiir Inhalt und Reichweite der Unterrichtung gemäߧ 613a Abs. 5 BGB ........................................................................ 123 3. Arbeitsrechtliche Pflichtangaben in Umwandlungsverträgen als Orientierungspunkt fiir Inhalt und Umfang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB ........................................................................ 124 a) Rückschlüsse aus dem Umwandlungsrecht fiir die Auslegung von§ 613aAbs. 5 Nr. 3, 4 BGB nach der Literatur ....................................................... l25 b) Stellungnahme ........................................................... 126 c) Ergebnis ..................................................................... l28 Inhalt der einzelnen Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. l bis 4 BGB ..................................................................... l29 I. Angaben zu dem Zeitpunkt oder dem geplanten Zeitpunkt des Übergangs(§ 613aAbs. 5 Nr. I BGB) ............... l29 1. Zeitpunkt des Betriebsübergangs ....................................... 129 2. Zeitpunkt des Betriebsübergangs bei Untemehmensumwandlungen ............................................ l30

Inhaltsverzeichnis

3. Geplanter Zeitpunkt des Übergangs ................................... 131 Il. Angabe des Grundes flir den Übergang(§ 613aAbs. 5 Nr. 2 BGB) ................................................................................ 132 1. Meinungsspektrum ............................................................. 132 2. Stellungnahme .................................................................... 134 a) Möglicher Wortsinn ................................................... l34 b) Angabe zum Beweggrund der beteiligten Arbeitgeber ................................................................ 134 c) Zwischenergebnis und Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Mitteilung ............................. 136 d) Angabe der rechtsgeschäftliehen Grundlage der Transaktion ................................................................ 137 3. Ergebnis .............................................................................. 138 III. Angaben zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs flir die Arbeitnehmer sowie zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen(§ 613aAbs. 5 Nr. 3 und 4 BGB) ......................................................................................... 139 1. Unmittelbare und mittelbare Auswirkungen des Übergangs ftir die Arbeitnehmer als Gegenstand der Information nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB ............. 139 a) Problemstellung ......................................................... 139 b) Systematisierung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des Übergangs flir die Arbeitnehmer und Zuordnung zu den Tatbeständen des§ 613aAbs. 5 Nr. 3 und 4 BGB ........................................................................... 141 aa) Primärfolgen kraftunmittelbaren rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhangs ................................................. 141 bb) Primärfolgenkraft unmittelbaren Planungszusammenhangs ................................... 142 cc) Sekundärfolgen in weiterem Planungszusammenhang ..................................... 144 dd) Sonstige Sekundärfolgen .................................... 14 7 c) Zusammenfassende Übersicht.. ................................. 148 2. Nachteilige und nicht nachteilige Auswirkungen des Übergangs als Gegenstand der Unterrichtung .................... 150 3. Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB im Einzelnen ............................................................................ 150 XIX

Inhaltsverzeichnis

a)

XX

Rechtliche Folgen des Übergangs im Einzelnen (§ 613aAbs. 5 Nr. 3 1. Fall BGB) ............................. 151 aa) Angaben zum Eintritt des neuen Betriebsinhabers in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ............................................. 151 bb) Angaben zur Fortgeltung und Ablösung kollektivvertraglich geregelter Arbeitsbedingungen sowie zur erstmaligen Geltung von Kollektivverträgen nach dem Übergang ............................................................. 152 (1) Beschränkung der Darstellung auf Inhaltsnormen .............................................. 152 (2) Kollektivrechtliche Fortgeltung von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen etc ......................... 153 (a) Tarifverträge ......................................... 154 (b) Betriebsvereinbarungen ........................ 154 (3) Ablösung von Kollektivverträgen durch Erwerberregelungen .......................... 155 (a) Ablösung durch Tarifvertrag ................ 155 (b) Ablösung durch Betriebsvereinbarung ............................ 157 (4) Weitergeltung kollektivvertraglicher Arbeitsbedingungen als Inhalt des Arbeitsverhältnisses ..................................... 157 (5) Individualvertragliche Inbezugnahme von Tarifverträgen ....................................... 158 (6) Nach dem Übergang erstmals einschlägige Kollektivverträge .................... 159 cc) Angaben zu atypischen rechtlichen Folgen des Übergangs für wesentliche Vertragsbedingungen und zu Auswirkungen des Betriebsübergangs auf eine betriebliche Altersversorgung ..................... 160 ( 1) Wettbewerbsverbote .................................... 160 (2) Sozialleistungen wie Arbeitgeberdarlehen, Werkswohnungen ........................................ 161 (3) Unternehmens- oder betriebsspezifische Vergütungsregelungen ................................. 162

Inhaltsverzeichnis

b)

(4) Betriebliche Altersversorgung ..................... 163 dd) Angaben zur Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers ................................ 166 (1) Haftung gemäߧ 613aAbs. 2 BGB ............ 166 (2) Eingreifen anderer Haftungsnormen sowie Haftungsbesonderheiten bei Umwandlung und in der Insolvenz .............. 167 ee) Angaben zu Besitzstandswahrung und kündigungsrechtlichen Auswirkungen des Übergangs ........................................................... 168 ( 1) Wahrung von Besitzständen, Dienstzeitenanrechnung etc ......................... 168 (2) Kündigungsrechtliche Auswirkungen des Übergangs .............................................. 169 (a) Kündigungsverbot nach§ 613a Abs. 4 BGB ........................................... 169 (b) Verbesserung/Verschlechterung des kündigungsschutzrechtlichen Status ..................................................... 170 (c) Einhaltung von Standortgarantien, Beschäftigungszusagen oder befristetem Kündigungsverzicht ........... 170 (d) Sonderkündigungsschutz fiir Mandatsträger ....................................... 171 fl) Angaben zu dem Widerspruchsrecht nach § 613aAbs. 6 BGB und den Folgen seiner Ausübung ............................................................ 171 (1) Meinungsspektrum ...................................... 172 (2) Stellungnahme ............................................. 173 (a) Hinweis auf das Widerspruchsrecht und seine Ausübungsmodalitäten ......................... 173 (b) Hinweis auf die Folgen der Widerspruchsrechtsausübung ............... 174 Wirtschaftliche Folgen des Übergangs im Einzelnen(§ 613a Abs. 5 Nr. 3 2. Fall BGB) ............ 177 aa) Angaben zu finanziellen Auswirkungen des Übergangs fiir die Arbeitnehmer ........................ 177 bb) Angaben zur wirtschaftlichen Situation des Erwerbers ............................................................ 179

XXI

Inhaltsverzeichnis

c)

D.

§6 A.

XXII

Soziale Folgen des Übergangs im Einzelnen (§ 613aAbs. 5 Nr. 3 3. Fall BGB) ............................. 180 aa) Angaben zu Sozialleistungen und über das Bestehen von Sozialeinrichtungen bei dem Betriebsnachfolger .............................................. 180 bb) Angaben zu Veränderungen der Anzahl der durchschnittlich im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ...................................................... 181 cc) Angaben zu betriebsorganisatorischen Veränderungen .................................................... 181 dd) Angaben zu betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen des Übergangs ............................ 182 ( 1) Meinungsspektrum ...................................... 182 (2) Stellungnahme ............................................. 183 (3) Ergebnis ....................................................... 185 ee) Angaben zu mitbestimmungsrechtliehen Auswirkungen des Übergangs ............................ 186 4. Hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen(§ 613aAbs. 5 Nr. 4 BGB) ....... 186 a) Definition der "Maßnahmen" .................................... 186 b) Anforderungen an "in Aussicht genommene" Maßnahmen ............................................................... 188 aa) Erfordernis konkreter Planung ........................... 188 bb) Planung durch Obergesellschaften oder Gesellschafter ..................................................... 189 c) Erforderliche Angaben im Einzelnen ........................ 190 aa) Geplante individualrechtliche Maßnahmen wie Kündigungen, Versetzungen, Umsetzungen etc ................................................. 190 bb) Betriebsbezogene Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse ......... 190 cc) Berufsbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen etc .......................... 191 d) Kein Erfordernis einer Negativerklärung .................. 191 Zusammenfassende Übersicht zum Inhalt der Unterrichtung .......... 192 Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung ................................................................................. 196 Textform der Unterrichtung .............................................................. 196 I. Zweck des Textformerfordernisses ........................................... 196 II. Anforderungen an die Einhaltung der Textform ....................... 196

Inhaltsverzeichnis

B.

C.

D.

III. Einzelfälle .................................................................................. 197 1. Telegramm; Kopie .............................................................. 197 2. Telefax; e-mail; Intranet ..................................................... 197 3. Aushang im Betrieb ............................................................ 198 a) Meinungsspektrum .................................................... 198 b) Stellungnahme ........................................................... 199 IV. Rechtsfolgen von Formverstößen .............................................. 20l 1. Unwirksamkeit der Unterrichtung ...................................... 201 2. Beachtlichkeit der nicht formgerechten Unterrichtung im Ausnahmefall wegen§ 242 BGB? ........ 201 Sprache der Unterrichtung ............................................................... 202 I. Pflicht zur Übersetzung der Mitteilungen? ............................... 203 II. Fakultative fremdsprachliche Unterrichtung ............................. 205 Zugang der Unterrichtung ................................................................ 205 I. Entsprechende Anwendung der Regeln über den Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen ................................. 205 II. Arbeitgeberparteien als Träger des Zugangsrisikos .................. 206 III. Zugangshindernisse und ihre Auswirkungen auf Unterrichtungsanspruch und Fristbeginn fiir den Widerspruch .............................................................................. 207 1. Zugangsverhinderung durch den Arbeitnehmer ................. 208 2. Zugang bei Abwesenheit des Arbeitnehmers ..................... 208 a) Problemstellung und Lösungsalternativen ................ 208 b) Stellungnahme ........................................................... 210 c) Ergebnis ..................................................................... 212 Koordination der Arbeitnehmerunterrichtung durch die informationspflichtigen Arbeitgeber ................................................ 212 I. Regelungsbedürftige Aspekte im Innenverhältnis zwischen Betriebsveräußerer und -erwerber ............................. 212 II. Pflicht zur Mitwirkung bei der Unterrichtung im Innenverhältnis zwischen dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber.......................................................................... 214 1. Kein wechselseitiger Anspruch auf Durchfiihrung der Unterrichtung ............................................................... 214 2. Pflicht zur gegenseitigen Ermöglichung der Unterrichtung ..................................................................... 215 a) Mitwirkungspflicht aus dem Betriebsübertragungsvertrag...................................... 215 b) Mitwirkungspflicht aus dem Gesamtschuldverhältnis ............................................. 216

XXIII

Inhaltsverzeichnis

E.

§7 A.

B.

XXIV

III. Haftung gegenüber der anderen Arbeitgeberpartei bei Verletzung der Mitwirkungspflicht ........................................... 217 Zusammenfassung zu § 6 ................................................................. 217 Die Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs ..................... 219 Erlöschen des Unterrichtungsanspruchs der Arbeitnehmer bei Zugang des Informationsschreibens ................................................. 219 I. Erfüllungsvoraussetzungen für den Informationsanspruch ....... 219 II. Gesamtschau von Einzelmitteilungen ....................................... 219 Ill. Mitteilung fehlerhafter, über den gesetzlichen Mindestumfang hinausgehender Informationen ....................... 220 IV. "Heilung" von Unterrichtungsfehlern ....................................... 221 V. Reichweite der arbeitsgerichtliehen Kontrolle von Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterrichtung ................... 222 1. Problemstellung und Meinungsspektrum ........................... 222 2. Stellungnah1ne .................................................................... 223 3. Ergebnis .............................................................................. 226 Auslösung der Frist für den Widerspruch nach § 613a Abs. 6 S. 1 BGB und Anforderungen an eine fristwahrende Widerspruchserklärung durch den Unterrichtungsadressaten .......... 226 I. Unterrichtungszugang als Voraussetzung für das Ingangsetzen der Widerspruchsfrist .......................................... 227 I. Parallellaufvon Erfüllung des Unterrichtungsanspruchs und Widerspruchsfristbeginn .................................................... 227 2. Ingangsetzen der Widerspruchsfrist durch Unterrichtungszugang nach dem Vollzug des Betriebsübergangs .............................................................. 229 Il. Gesetzliche Frist für den Widerspruch und Fristberechnung ......................................................................... 231 1. Monatsfristdes § 613aAbs. 6 S. 1 BGB ............................ 231 2. Verschiebungen bei der Widerspruchsfrist gegenüber der Rechtslage vor Einführung von § 613a Abs. 5, 6 BGB .................................................................................... 232 3. Von§ 613aAbs. 6 S. 1 BGB abweichende Regelungen hinsichtlich der Frist ....................................... 233 a) Fristverkürzung .......................................................... 233 b) Fristverlängerung ....................................................... 235 4. Folgen eines Widerspruchs nach Fristablauf...................... 236 a) Unbeachtlichkeit des Widerspruchs .......................... 236

Inhaltsverzeichnis

b)

C.

D.

§8 A. B.

Berufung des Arbeitnehmers auf die Verfristung seiner eigenen Widerspruchserklärung .............................................. 23 7 III. Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerspruchserklärung neben der Wahrung der Erklärungsfrist ........................................................................... 23 8 1. Inhaltliche Anforderungen an die Widerspruchserklärung ....................................................... 23 8 2. Schriftform der Widerspruchserklärung ............................. 240 a) Zweck und Anforderungen der Schriftform .............. 240 b) Rechtsfolgen bei Formmängeln ................................. 241 3. Zugang beim richtigen Erklärungsempfänger .................... 242 a) Empfängerwahlrecht des Arbeitnehmers ................... 242 b) Wechselseitige Mitteilungspflicht der beteiligten Arbeitgeber über eingehende Widersprüche ............................................................. 244 Materiell-rechtliche Bindungswirkung der Unterrichtung ............... 244 I. Kein rechtsgeschäftlicher Zusagegehalt.. .................................. 244 II. Berufen des informierenden Arbeitgebers aufvom Unterrichtungsinhalt abweichende Rechtslage ......................... 245 Zusammenfassung zu§ 7 ................................................................. 246 Die Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung ............................................................ 248 Problemstellung ................................................................................ 248 Pflicht zu erneuter Unterrichtung bei Änderung des Sachbzw. Planungsstandes ....................................................................... 249 I. Meinungsspektrum .................................................................... 249 II. Stellungnahme ........................................................................... 251 1. Fallgruppe (1): Übergang auf einen anderen als den als Betriebserwerber genannten Rechtsträger .................... 251 2. Fallgruppe (2): Nachträgliche Änderungen im Bereich einzelner Unterrichtungsbestandteile .................... 253 a) Erneute Unterrichtungaufgrund von§ 613a Abs. 5 BGB? .............................................................. 253 aa) Grammatikalische Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB ......................................................... 253 bb) Teleologische und systematische Auslegung von§ 613aAbs. 5 BGB .................... 253 cc) Weitere systematische und vergleichende Überlegungen ...................................................... 25 5

XXV

Inhaltsverzeichnis

C.

XXVI

dd) Überprüfung anband der Vorgaben von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG .................................... 256 ee) Ergebnis zu§ 613aAbs. 5 BGB ......................... 256 b) Hinweispflicht auf den geänderten Sach- bzw. Planungsstand aufgrund der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ............................... 257 aa) Hinweispflicht als Ergebnis einer einzelfallbezogenen Interessenahwägung .......... 257 bb) Typisierende Kriterien fiir eine Interessenabwägung ............................................ 259 cc) Ergebnis zum Eingreifen einer Hinweispflicht aufgrund der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht .................... 261 Folgeproblematik in Bezug auf das Widerspruchsrecht bzw. den bereits ausgeübten Widerspruch ................................................ 262 I. Fallgruppe (1): Es besteht (ausnahmsweise) eine Pflicht zu erneuter Unterrichtungaufgrund von§ 613aAbs. 5 BGB ........................................................................................... 262 I. Rechtslage nach ursprünglicher (gegenstandsloser) Unterrichtung ohne Widerspruchserklärung ...................... 262 2. Rechtslage nach ursprünglicher (gegenstandsloser) Unterrichtung und erklärtem Widerspruch ......................... 262 II. Fallgruppe (2): Es besteht keine Pflicht zu erneuter Unterrichtungaufgrund von§ 613aAbs. 5 BGB ...................... 263 1. Rechtslage bei noch nicht ausgeübtem Widerspruchsrecht .............................................................. 264 2. Rechtslage bei bereits erfolgtem Widerspruch ................... 264 a) Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers auf eine Änderung entscheidungsrelevanter Umstände bei bereits ausgeübtem Widerspruch ........ 264 aa) Beseitigung des Widerspruchs im Einvernehmen mit den beteiligten Arbeitgebern ....................................................... 265 bb) Einseitige Beseitigung des Widerspruchs durch den Arbeitnehmer ..................................... 266 (1) Widerrufbzw. Rücknahme der Widerspruchserklärung ................................ 267 (2) Anfechtung der Widerspruchserklärung ................................ 268 (3) Prävention durch bedingte Widerspruchsrechtsausübung bzw.

Inhaltsverzeichnis

D.

§9

A.

B.

durch ausdrücklichen Vorbehalt eines Widerrufs ..................................................... 269 b) Ergebnis zur Risikoverteilung bei Widerspruch und nachträglicher Änderung entscheidungsrelevanter Umstände ........................... 272 c) Korrektur durch einen Einstellungsanspruch gegen den Betriebserwerber bei enttäuschter Erwartung der Weiterbeschäftigung nach Widerspruch? ............................................................. 272 Zusammenfassung zu§ 8 ................................................................. 276 Ausschluss des Unterrichtungsrechts infolge Unmöglichkeit, Verzicht, Verwirkung etc. und die Auswirkungen auf das Widerspruchsrecht ................................. 278 Untergang des Unterrichtungsanspruchs bei Ausschluss der Leistungspflicht (§ 275 BGB) .......................................................... 278 I. AllgeJneines ............................................................................... 278 11. Zweckerreichung bei anderweitiger Kenntniserlangung des Arbeitnehmers vom Unterrichtungsinhalt? ......................... 279 III. Beginn der Widerspruchsfrist bei Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 BGB ............................................. 280 Ausschluss des Unterrichtungsrechts infolge Verzichts bzw. durch Bestätigung der Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung ....... 281 I. Unterrichtungsrechtsverzicht des Arbeitnehmers ..................... 281 1. Prinzipielle Anerkennung der Verzichtsmöglichkeit .......... 281 2. Voraussetzungen für einen wirksamen Verzicht.. ............... 282 a) Eindeutige Erklärung des Verzichtswillens ............... 282 b) Verzicht im Hinblick auf einen konkreten Übertragungsvorgang ................................................ 283 c) Formfreiheit der Verzichtserklärung .......................... 284 d) Formularvertraglicher Unterrichtungsrechtsverzicht ..................................... 2 84 II. Rechtswirkungen des Unterrichtungsrechtsverzichts ............... 285 1. Gesamtwirkung gegenüber Veräußerer und Erwerber? ........................................................................... 285 2. Folgewirkungen für das Widerspruchsrecht ....................... 285 a) Problemstellung und Lösungsalternativen ................ 286 b) Stellungnahme ........................................................... 286 III. Bestätigung der Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Unterrichtung durch den Adressaten ................................... 288

XXVII

Inhaltsverzeichnis

C.

D.

Ausschluss des Unterrichtungsrechts durch Kollektivvereinbarung oder wegen Treueverstoßes ......................... 289 I. Kollektivvertraglicher Ausschluss ............................................. 289 li. Ausschluss wegen Treueverstoßes, insbesondere bei Verwirkung des Unterrichtungsrechts ....................................... 290 Zusammenfassung zu§ 9 ................................................................. 291

§ 10 Die Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht aus§ 613a Abs. 5 BGB ............................. 292 A.

B. C.

Zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts bei ausbleibender oder fehlerhafter Unterrichtung ................................ 292 I. Keine Auslösung der Frist fiir den Widerspruch ....................... 292 1. Absolute zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Rechtsanalogie zu § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG? ....................................................................... 293 2. Stellungnahme .................................................................... 293 li. Begrenzung des Widerspruchsrechts über das Rechtsinstitut der Verwirkung ................................................... 295 1. Allgemeine Verwirkungsvoraussetzungen ......................... 295 2. Zeit- und Umstandsmoment in Bezug auf die Verwirkung des Widerspruchsrechts .................................. 296 a) Fehlende Kenntnis des Arbeitnehmers von dem Betriebsinhaberwechsel ............................................. 296 b) Bestehende Kenntnis des Arbeitnehmers von dem Betriebsinhaberwechsel ..................................... 297 aa) Zeitmoment ......................................................... 298 bb) Umstandsmoment ............................................... 302 Zurückbehaltungsrecht bei ausbleibender Unterrichtung ................ 303 Anfechtung des Widerspruchs nach Falschunterrichtung ................ 304 I. Keine Anfechtung des Schweigens als "Nichtwiderspruch" ................................................................... 305 li. Anfechtung des Widerspruchs gemäߧ 123 Abs. 1 BGB ........ 305 1. Arglistige Täuschung im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerunterrichtung und irrtumsbedingter Widerspruch ....................................................................... 305 2. Kein Anfechtungsausschluss gemäß § 123 Abs. 2 S. 1 BGB ................................................................................. 306 III. Anfechtung des Widerspruchs gemäߧ 119 Abs. 2 BGB ......... 308 IV. Richtiger Anfechtungsgegner .................................................... 309 V. Wirkung und Folgeprobleme der Widerspruchsanfechtung ........................................................... 310

XXVIII

Inhaltsverzeichnis

D.

Schadensersatzfolgen bei Unterrichtungspflichtverstößen und die Beseitigung des erklärten Widerspruchs im Wege der Naturalrestitution .............................................................................. 312 I. Schadensersatz wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis bzw. aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis ........................................................................ 312 1. Überblick über Anspruchsziele und -grundJagen ............... 312 2. Verantwortlichkeit der Unterrichtungsschuldner aus § 280Abs. I i.V.m. § 613aAbs. 5 BGB ............................. 313 a) Verletzung der Pflicht aus einem Schuldverhältnis ........................................................ 313 aa) Schuldverhältnis aus Arbeitsvertrag bzw. Gesetz ................................................................. 314 bb) Pflichtverletzung ................................................. 315 b) Vertretenmüssen und Verschuldenszurechnung im Verhältnis der Pflichtadressaten aus § 613a Abs. 5 BGB ................................................................ 316 c) Schaden und Ursachenzusammenhang zwischen Unterrichtungspflichtverstoß und Einbuße ...................................................................... 319 aa) Vermögensschaden und ersatzfahige Nachteile unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks von § 613a Abs. 5 BGB .............. 319 bb) Kausalität und Vermutung "informationsrichtigen" Verhaltens bei der Widerspruchsentscheidung ................................. 321 d) Ersatz des durch den Unterrichtungspflichtverstoß entstandenen Schadens .................................................................... 323 aa) Schadensersatz in Geld als Wertersatzanspruch gegen den Betriebsveräußerer .............................................. 324 bb) Einstellungsanspruch gegen den neuen Betriebsinhaber als Naturalrestitution ................ 325 (1) Problemstellung und Meinungsspektrum ...................................... 325 (2) Stellungnahme ............................................. 326 (3) Ergebnis und Wirkung des Einstellungsanspruchs ................................. 328

XXIX

Inhaltsverzeichnis

3.

E. F.

Verantwortlichkeit der Unterrichtungsschuldner aus §§ 280 Abs. I und 2, 286 BOB i.V.m. § 613aAbs. 5 BGB .................................................................................... 330 li. Schadensersatz aus Delikt bei Gesetzesverstoß gegen § 613aAbs. 5 BGB .................................................................... 331 1. Verlust des Arbeitsplatzes nach Unterrichtungspflichtverstoß und Widerspruch als Beeinträchtigung eines "Rechts am Arbeitsplatz" (§ 823 Abs. 1 BOB)? .......................................................... 331 2. Unrichtige oder unvollständige Unterrichtung als Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BOB i.V.m. § 613aAbs. 5 BGB)? .......................................................... 334 Rechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Unterrichtung .................................................................................... 336 Zusammenfassung zu§ 10 ............................................................... 338

3. Kapitel: Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts in § 613a Abs. 6 BGB ....................................... 339

§ 11 Die Anwendung von § 613a Abs. 6 BGB bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers infolge einer Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG ................................... 340 A. Problemstellung und Meinungsspektrum ......................................... 340 B. Stellungnahme .................................................................................. 342 I. Grammatikalische Auslegung von § 613a Abs. 6 BOB i.V.m. § 324 UinwG ................................................................... 342 li. Historische Auslegung von § 613a Abs. 6 BOB i.V.m. § 324 UmwG ............................................................................. 343 III. Teleologische und verfassungskonforme Auslegung von § 613aAbs. 6 BOB i.V.m. § 324 UmwG .................................. 344 1. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Widerspruchsrechts als Abwehrrecht gegen den neuen Arbeitsvertragspartner aus Art. 12 Abs. 1 GG ......... 345 2. Keine geringere Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Abwehr eines neuen Arbeitsvertragspartners bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers .............................................. 346 C. Ergebnis und Zusammenfassung zu § 11 ......................................... 349 § 12 Der Ausschluss des Widerspruchsrechts, insbesondere durch Verzicht des Arbeitnehmers ............................................... 350

XXX

Inhaltsverzeiclmis

A.

Verzicht des Arbeitnehmers auf das Widerspruchsrecht .................. 350 Erscheinungsformen eines Widerspruchsrechtsverzichts und bisherige Rechtslage ........................................................... 350 II. Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Rechtsverzicht aus§ 613aAbs. 6 BGB ............................................................. 352 1. Individuelle Verzichtserklärung des Arbeitnehmers im Hinblick auf einen konkreten Betriebsübertragungsvorgang ............................................. 352 2. Schriftformerfordernis analog§ 613aAbs. 6 S. 1 BGB .................................................................................... 354 3. Erfordernis vorheriger Unterrichtung entsprechend § 613aAbs. 5 BGB? ........................................................... 356 III. Antezipierte Ausübung des Widerspruchsrechts, z.B. im Arbeitsvertrag ............................................................................ 357 Ausschluss des Widerspruchsrechts wegen Rechtsmissbrauchs ........................................................................... 358 Zusammenfassung zu§ 12 ............................................................... 360 I.

B. C.

§ 13 Die Rechtsfolgen des Widerspruchs für die Rechtsbeziehungen zwischen dem bisherigen Arbeitgeber, dem neuen Betriebsinhaber und dem widersprechenden Arbeitnehmer ................................................................................. 361 A. Rechtsbeziehungen bei Widerspruch vor dem Vollzug des Betriebsübergangs ............................................................................ 361 I. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer ..................................................................... 361 II. Vergütungsansprüche bei fehlender Weiterbeschäftigung durch den Betriebsveräußerer. ................................................... 361 1. Gläubigerverzug des bisherigen Betriebsinhabers ............. 361 2. Kürzung des Annahmeverzugslohns wegen§ 615 S. 2 BGB ................................................................................. 362 a) Zumutbarkeit der vorübergehenden Tätigkeit für den Betriebsnachfolger ........................................ 363 b) Böswilligkeit des Unterlassens .................................. 366 B. Rechtsbeziehungen bei Widerspruch nach Vollzug des Betriebsübergangs ............................................................................ 367 I. Rechtsbeziehungen zwischen dem Betriebsnachfolger und dem Arbeitnehmer .............................................................. 367 1. Meinungsspektrum ............................................................. 368 a) Rechtsfolgenmodell der herrschenden Meinung: Rückwirkung des nachträglichen

XXXI

Inhaltsverzeichnis

C.

D.

Widerspruchs und Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis ................................... 368 b) Kritik an der Rückwirkungslehre und abweichende Lösungsmodelle ................................... 370 2. Stellungnahme .................................................................... 373 3. Ergebnis und Folgerungen für die Behandlung von Begünstigungen, Ahmahnungen etc. aus der Sphäre des Betriebserwerbers ........................................................ 378 II. Rechtsbeziehungen zwischen dem bisherigen Betriebsinhaber und dem Arbeitnehmer .................................... 379 1. Erhalt der Arbeitgeberrechte und -pflichten, aber keine Ausfallhaftung für Entgeltansprüche des Arbeitnehmers gegen den Betriebserwerber ...................... 379 2. Gläubigerverzug des bisherigen Betriebsinhabers ............. 380 3. Anrechnung von Leistungen des Betriebsübemehmers .......................................................... 3 81 Rechtsbeziehungen bei Widerspruch und Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers mit Eintragung von Verschmelzung, Aufspaltung und entsprechenden Formen der Vermögensübertragung nach dem UmwG ....................................... 382 I. Problemstellung ......................................................................... 382 II. Meinungsspektrum .................................................................... 3 83 Ill. Stellungnahme und Ergebnis ..................................................... 384 1. Schicksal des Arbeitsvertrags im Zeitpunkt des Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers ..................... 384 2. Abwicklung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere im Hinblick auf an die Vertragsbeendigung anknüpfende Rechte und Pflichten ..................................... 386 IV. Umsetzungsdefizit gegenüber Art. 4 Abs. 2 RL 200 1123/EG bei Widerspruch aufgrund Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Erlöschen der übertragenden Gesellschaft ............................................................................... 388 Zusammenfassung zu§ 13 ............................................................... 390

§ 14 Die kündigungsrechtliche Folgeproblematik bei der Sozialauswahl zugunsten des widersprechenden Arbeitnehmers ................................................................................ 391 A.

Vorbemerkung: Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes als mittelbare Widerspruchsfolge .......................................................... 391

XXXII

Inhaltsverzeichnis

B.

C.

D.

Betriebsbedingte Kündigung nach Widerspruch und der Konflikt bei der Sozialauswahl im Falle einer Betriebsteilübertragung .................................................................... 393 Lösungskonzepte in Rechtsprechung und Literatur sowie Stellungnahme .................................................................................. 395 I. Lösungsmodell der Rechtsprechung ......................................... 395 II. Meinungsspektrum in der Literatur ........................................... 397 III. Stellungnahme ........................................................................... 399 1. Erfordernis und Zulässigkeit einer rechtsfortbildenden Konfliktlösung im Lichte der Geltung von§ 613aAbs. 6 BGB ....................................... .400 2. Methodisch-dogmatische Umsetzung der Konfliktlösung auf Arbeitnehmerseite .............................. .403 a) Keine Restriktion auf der Voraussetzungsseite des Widerspruchsrechts ............................................. 403 b) Lösungsmodelle auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchsrechts .................................................... 404 aa) Kein genereller Ausschluss der Sozialauswahl ..................................................... 404 bb) Einschränkung des Sozialauswahlgebots .......... .405 ( 1) Keine Heranziehung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs ............................... .405 (2) Keine Gewichtung der Gründe ftir den Widerspruch als Faktor im Rahmen der Sozialauswahl ........................................ 406 (3) Teleologische Reduktion von§ 1 Abs. 3 S. 1 KSchG bei fehlendem Sachgrund flir den Widerspruch .................. 408 3. Anforderungen an einen sachlichen Verdrängungsgrund ............................................................ 409 Zusammenfassung zu§ 14 .............................................................. .413

§ 15 Schlussbetrachtung ........................................................................ 414 Literaturverzeichnis .................................................................................... 417 Stichwortverzeichnis ................................................................................... 451

XXXIII

Abkürzungsverzeichnis

AV

anderer Ansicht alte Fassung Amtsblatt Absatz Archiv für die civilistische Praxis Arbeitsrechtliche Entscheidungen Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht Die Aktiengesellschaft Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Arbeitsrecht im Betrieb Aktiengesetz Alternative Arbeitnehmer Anmerkung Anwaltsblatt Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts arbeitsrechtlich Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsrecht-Blattei, Handbuch für die Praxis (Systematische Darstellungen) Der Arbeits-Rechts-Berater, Informationsdienst ft.ir die Beratungspraxis Artikel allgemeiner Teil Arbeit und Arbeitsrecht Auflage Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Arbeit und Recht, Zeitschrift für die Arbeitsrechtspraxis Ausschussdrucksache Altersversorgung

BAG BB

Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater

a.A. a.F. ABI. Abs. AcP AE AfP AG AGBG AiB AktG Alt. AN Anm. AnwBl AP arbeitsrechtl. ArbG ArbGG AR-Blattei SD ArbRB Art. AT AuA Aufl. AÜG AuR Ausschussdrucks.

XXXV

Abkürzungsverzeichnis

BBiG Bd. BDA

BuW BVerfG BVerfGE bzw.

Berufsbildungsgesetz Band Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Bearbeiter Beilage Arbeitsrechtliches Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Blatt Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Bundesrat Bundesratsdrucksache Beispiel beispielsweise Bundestagsdrucksache Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) Betrieb und Wirtschaft Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise

CR

Computer und Recht

d.h. DAV DB DBGrG

das heißt Deutscher Anwaltverein Der Betrieb Gesetz über die Gründung einer Deutschen Bahn AG Definition derselbe

Bearb. Beil. BeschFG

BetrAVG BetrVG BGB BGBI. BGH BGHZ BI. BMA BR BR-Drucks. Bsp. bspw. BT-Drucks. BUr!G

Def. ders. XXXVI

Abkürzungsverzeichnis

dies. Dig. DJT DStR DZWIR

dieselben Digesten Deutscher Juristentag Deutsches Steuerrecht Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EAS EBRG

EzA

Europäisches Arbeits- und Sozialrecht Gesetz über Europäische Betriebsräte (Europäische-Betriebsräte-Gesetz) Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz) Europäische Gemeinschaft/Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft siehe EG et cetera Europäische Union/Vertrag über die Europäische Union Europäischer Gerichtshof europäisch siehe EU Europäische Zeitschrift ftir Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht, Betriebs-Berater für Europarecht Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht

f.lff. FA FAZ Fn. FS

folgende/r Fachanwalt Arbeitsrecht Frankfurter Allgemeine Zeitung Fußnote Festschrift

gern. GewO GG

gemäß Gewerbeordnung Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls GmbH-Rundschau grundsätzlich

EFZG

EG EGV etc. EU EuGH europ. EUV EuZW EWG EWiR EWS

ggf. GmbHR grds.

XXXVII

Abkürzungsverzeichnis

GS GVG

Großer Senat/Gedächtnisschrift Gerichtsverfassungsgesetz

h.L. h.M. HdB. HGB HS HzA

herrschende Lehre herrschende Meinung Handbuch Handelsgesetzbuch Halbsatz Handbuch zum Arbeitsrecht

i.S.v. i.V.m. inkl. insbes. Insü

im Sinne von in Verbindung mit inklusive insbesondere Insolvenzordnung

Jura JuS JZ

Juristische Ausbildung Juristische Schulung, Zeitschrift flir Studium und praktische Ausbildung Juristen-Zeitung

krit. KSchG

kritisch Kündigungsschutzgesetz

LAG LAGE lit. LS

Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte litera Leitsatz

m.w.N. MDR

mit weiteren Nachweisen Monatsschrift flir Deutsches Recht

n.F. n.v. NachwG

neue Fassung nicht veröffentlicht Gesetz über den Nachweis der flir ein Arbeitsverhältnis wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz) Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Nachweise

NJW NJW-RR Nr. Nw. XXXVIII

Abkürzungsverzeichnis

NZA NZA-RR NZG

Neue Zeitschrift ftir Arbeitsrecht NZA-Rechtsprechungs-Report Arbeitsrecht Neue Zeitschrift ftir Gesellschaftsrecht

OLG

Oberlandesgericht

PersR

Der Personalrat Pressemitteilung Pensions-Sicherungs-Verein

PM PSV RabelsZ RdA RG RGZ RL Rn. Rspr.

S. s.a. SAE SchwbG

Rabels Zeitschrift ftir Ausländisches und Internationales Privatrecht Recht der Arbeit Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Richtlinie Randnummer Rechtsprechung

Slg. sog. Spstr.

siehe/SeiteiSatz siehe auch Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz) Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III)- Arbeitsförderung Sammlung sogenannt Spiegelstrich

TVG TzBfG

Tarifvertragsgesetz Teilzeit- und Befristungsgesetz

u.a. u.U. UAbs. UmwG UmwStG Unterr.

unter anderem/unter anderen unter Umständen Unterabsatz Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unterrichtung

SGB lii

XXXIX

Abkürzungsverzeichnis

Urt.

Urteil

V.

von/vom Variante Versicherungsrecht vergleiche Vorauflage

Var. VersR vgl. Voraufl.

WM WO BetrVG WpÜG z.B. z.T. ZEuP ZfA ZGR ZIP ZTR zugl. zust.

XL

Wertpapiermitteilungen, Zeitschrift fiir Wirtschafts- und Bankrecht Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung) Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift fiir Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift fiir Wirtschaftsrecht Zeitschrift ftir Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes zugleich zustimmend

1. Kapitel: Einführung und Grundlagen zu§ 613a Abs. 5 und 6 BGB § 1 Einführung A.

Überblick über die Neuregelungen in § 613a Abs. 5 und 6 BGB

Mit Wirkung vom 1. April 2002 hat der Gesetzgeber § 613a BGB, Brennglas des deutschen Arbeitsrechts, um die Absätze 5 und 6 erweitert. Die Neuregelungen, die an versteckter Stelle, nämlich in Art. 4 und 5 des Gesetzes zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.3.2002 1, eingeftihrt worden sind, lauten:

§ 613a BGB Rechte und Pflichten beim Betriebsübergang (5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über: 1. den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, 2. den Grund ftir den Übergang, 3. die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs ftir die Arbeitnehmer und 4. die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen. (6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Ausweislich der Regierungsbegründung will der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 613a Abs. 5 BGB Vorgaben der EG-Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen2 umsetzen3 • Gemäß Artikel 7 Abs. 6 der Richtlinie sind die Mit-

2

BGBI. I 2002, S. 1163 ff. Die Verkündung der Änderung des§ 613a BGB im Seemannsgesetz ist mit Blick auf fehlende Transparenz kritisiert worden; s. Däubler, NJW 2004, 993, 994; Wank, EWiR 2004, 589. ABI. EG Nr. L 82 v. 22.3.2001, S. 16 ff. Bei der RL 2001/23/EG handelt es sich um eine inhaltlich unveränderte Neufassung ("Kodifizierung") der sog. Betriebsüber-

Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB

gliedsstaaten verpflichtet, eine Regelung zur individuellen Information der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer über den Zeitpunkt bzw. den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund fur den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs fur die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu schaffen, wenn es unabhängig von dem Willen der Arbeitnehmer in einem Unternehmen oder in einem Betrieb keine Vertreter der Arbeitnehmer gibt. Da Unterrichtung und Widerspruchsrecht nach Auffassung des Gesetzgebers in einem wechselseitigen Bezug stehen\ wurde die Umsetzung der Richtlinienvorgaben zum Anlass genommen, das vom BAG entwickelte und in ständiger Rechtsprechung 5 anerkannte Widerspruchsrecht zu kodifizieren. Die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 613a Abs. 6 BGB wurde als im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geboten angesehen6 . Damit hat eine zum Teil heftig geführte Kontroverse um die Anerkennung des Widerspruchsrechts, bisweilen als eine der zentralen Fragen des § 613a BGB 7, bisweilen als Verschwendung knapper juristischer Ressourcen 8 apostrophiert, ihr Ende gefunden. Trotz der Kodifizierung des Widerspruchsrechts haben die Neuregelungen mehr Fragen aufgeworfen als gelöst. Denn bei § 613a Abs. 5 und 6 BGB handelt es sich nur auf den ersten Blick um eine die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben treu befolgende und bisheriges Richterrecht lediglich zementierende Regelung. Dies verdeutlichen nicht zuletzt die erheblichen Bedenken, die in der Fachöffentlichkeit an der Gesetzeskonzeption von § 613a

3

4 5 6 7 8

2

gangsrichtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14.2.1977, ABI. EG Nr. L 61 v. 5.3.1977, S. 26, geändert durch RL 98/50 des Rates v. 29.6.1998, ABI. EG Nr. L 201 v. 17.7.1998, s. 88. BT-Drucks. 14/7760, S. 19. Im Zusammenhang mit der Zielsetzung der Richtlinienumsetzung weist Franzen, RdA 2002, 258 (Fn. 8) darauf hin, dass die Einführung von § 613a Abs. 5 BGB mit den Änderungen des Seemannsgesetzes insofern eine gesetzestechnische Kuriosität darstellt, als die RL 200 I/23/EG nach Art. I Abs. 3 überhaupt nicht für Seeschiffe gilt. Rechtlich ist dies allerdings unbedenklich. Nach überwiegender Ansicht ist § 613a BGB auch auf Seeschiffe anwendbar; vgl. BAG v. 18.3.1977, AP Nr. 16 zu § I BetrAVG Betriebsveräußerung (LS); Junker, Intern. Arbeitsrecht im Konzern, S. 236; einschränkend RGRK-Ascheid, BGB, § 613a Rn. 65. Vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7760 S. 20. Nachweise in Fn. 48. BT-Drucks. 14/7760 S. 20. Vgl. Gitter, FS 25 Jahre BAG, S. 133; lngelfinger, ZfA 1996,591,592. Junker, JZ 1994, 277, 282; Wollenschläger/Pollert, ZfA 1996, 547, 587.

Einftihrung

Abs. 5 und 6 BGB laut geworden sind 9 . Eckpfeiler der Kritik ist vor allem die gesetzgeberische Verknüpfung von Unterrichtung und Widerspruchsrecht über den Fristbeginn flir den Widerspruch. Während sich der Gesetzgeber hiervon Klarheit flir die Beteiligten und insofern mehr Rechtssicherheit verspricht 10, prophezeien Literaturstimmen das Gegenteil, nämlich erhebliche Risiken und zudem mehr Bürokratie 11 • Angesichts des in aller Regel vitalen Interesses des Betriebsveräußerers und Erwerbers, möglichst frühzeitig Klarheit über die Anzahl der übergehenden Arbeitnehmer zu gewinnen und nachträgliche Widersprüche zu vermeiden, fällt unabhängig von einer näheren Bewertung eines der zentralen Probleme der Neuregelung ins Auge: Inhalt, Umfang und Modalitäten der aus § 613a Abs. 5 geschuldeten Unterrichtung.

B.

Überblick zum Ablauf der vorliegenden Untersuchung

Eine Analyse von § 613a Abs. 5 und 6 BGB muss die gesetzgeberischen Zielvorstellungen sowie die Beziehungszusammenhänge von Unterrichtung und Widerspruchsrecht ins Zentrum der Betrachtung rücken. Dort, wo sich Wechselbezüglichkeiten ergeben, ist eine integrierende Darstellung der sich berührenden Problemkreise geboten. Aus diesem Grunde liegt der Schwerpunkt der Untersuchung im 2. Kapitel, in dem nach einer historischsystematischen Einflihrung zu den Neuregelungen in Kapitel 1 die Unterrichtung bei Betriebsinhaberwechsel nebst ihren Zusammenhängen mit dem Widerspruchsrecht behandelt wird. Ansatzpunkt flir die Analyse von § 613a Abs. 5 BGB sind die Vorgaben der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG. Es ist zu fragen, ob der Gesetzgeber mit der Regelung in § 613a Abs. 5 BGB, aber auch mit kollektiven Informationspflichten aus dem Betriebsver9 S. etwa ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a 8G8 Rn. 316; Bauer, NZA 2002, 1001, 1002; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457; B.Gaul/Otto, D8 2002, 634, 640; Grobys, 88 2002, 726, 73; Holtkamp, AuA 2002, 404, 407; Huke, FA 2002, 263, 268; Kliemt, Juve-Hd8. 2002/2003, S. 214; Laber/Roos, ArbR8 2002, 303, 305, 306; Meyer, 88 2003, I 01 0; Sayatz/Wolj; DStR 2002, 2039, 2043; Tepass, FAZ v. 6.3.2002 (Nr. 55), S. 24; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1165; Worzalla, NZA 2002, 353, 358; s.a. die Stellungnahme des Arbeitsrechtsausschusses im DAV, NZA 2002, Heft 2, IX sowie die Presse-Information des 8DA v. 1.2.2002 zur Verabschiedung Seemannsgesetz (PI 12/02). I 0 V gl. die Regierungsbegründung, 8T-Drucks. 14/7760, S. 19 sowie die Pressemitteilung des 8MA v. 28.3.2002 unter der Überschrift "Mehr Rechtssicherheit beim 8etriebsübergang". ll Statt vieler Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 697; Rödder!Hötzel/MuellerThuns, Unternehmenskauf, § 12 Rn. 21; Bauer, NZA 2002, 1001, 1002; Bauerlv.Steinau-Steinrück, FAZ v. 23.3.2002 (Nr. 70), S. 23; Tepass, FAZ v. 6.3.2002 (Nr. 55), S. 24; Worzalla, NZA 2002, 353, 358.

3

Einführung und Grundlagen zu§ 613a Abs. 5 und 6 BOB

fassungsrecht, namentlich in §§ 106, 111 ff. BetrVG, seiner Umsetzungspflicht im Einzelnen hinreichend nachgekommen ist. Anschließend gilt es, die Regelung des § 613a Abs. 5 BGB näher zu beleuchten, wozu etwa geklärt werden muss, ob die beteiligten Arbeitgeber nur eine Obliegenheit oder vielmehr eine echte Rechtspflicht zur Unterrichtung trifft. In diesem Zusammenhang wird auch das Verhältnis der beiden Unterrichtungsschuldner, Betriebsveräußerer und -erwerber, darzulegen sein. Sodann müssen Inhalt und Reichweite des Informationskanons in § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB bestimmt werden. Ergänzend hierzu tritt die Frage nach den Modalitäten der Unterrichtung etwa in Bezug auf Form, Sprache, Bewirken des Zugangs des Mitteilungen sowie Koordination der Information durch die beteiligten Arbeitgeber. Hierauf aufbauend ist zu erörtern, welche Rechtsfolgen sich bei Zugang des Informationsschreibens insbesondere im Hinblick auf das Widerspruchsrecht ergeben. Im Mittelpunkt steht dabei unter anderem die Frage nach den Anforderungen an eine fristwahrende Widerspruchserklärung durch den Arbeitnehmer unter Vergleich der bisherigen mit der aktuellen Rechtslage. Weiterhin wird das komplexe Problem der Änderung unterrichtungsrelevanter Umstände nach bereits erfolgtem Zugang der Mitteilungen behandelt. Hier ist vor allem zu beleuchten, ob die Betriebsübertragungsparteien Informationen aktualisieren müssen und ob die Arbeitnehmer bei bereits erklärtem Widerspruch das Risiko einer nachträglichen Veränderung ihrer Entscheidungsgrundlage tragen. Anschließend wird der Frage nach einem Ausschluss des Unterrichtungsrechts, etwa infolge Unmöglichkeit oder arbeitnehmerseitigen Verzichts, und dessen Auswirkungen auf das Widerspruchsrecht nachgegangen. Schließlich wird zum Abschluss des 2. Kapitels untersucht, welche Rechtsfolgen sich aus Verstößen gegen § 613a Abs. 5 BGB, unter anderem mit Blick auf Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer, ergeben. Kapitel 3 der Arbeit widmet sich ausgewählten Rechtsfragen des Widerspruchsrechts, die sich unabhängig von einer vorherigen Unterrichtung der Arbeitnehmer ergeben, zugleich aber einen aktuellen Bezug zu der Gesetzesnovelle in § 613a Abs. 6 BGB aufWeisen. Auf eine umfassende Darstellung der mit dem Widerspruchsrecht im Einzelnen verbundenen unmittelbaren und mittelbaren arbeits- und sozialrechtlichen Folgefragen 12 wird also bewusst verzichtet. Geklärt wird allerdings die Anwendung von § 613a Abs. 6 BGB bei der Übertragung einer wirtschaftlichen Einheit im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG unter gleichzeitigem Erlöschen des 12 Diese sind umfassend dargestellt u.a. in der Dissertation von Menze, Widerspruchsrecht, (2000). Hinsichtlich der hier nicht näher behandelten Aspekte wird zudem in dem jeweiligen Kontext aufweiterführende Literatur verwiesen.

4

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

übertragenden Rechtsträgers. Einer teilweisen Neubewertung müssen möglicherweise auch die Voraussetzungen flir einen Ausschluss des Widerspruchsrechts, beispielsweise durch Verzicht des Berechtigten, unterzogen werden. Weiterhin sollen die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerspruchsrechts flir die Rechtsbeziehungen zwischen dem bisherigen Arbeitgeber, dem neuen Betriebsinhaber und dem Arbeitnehmer insbesondere unter dem Blickwinkel rückwirkender Widersprüche analysiert werden. Das 3. Kapitel endet mit einer Abhandlung zu der kündigungsrechtlichen Folgeproblematik bei Teilbetriebsübergang, Widerspruch und SozialauswahL

5

Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB

§ 2 Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB Im folgenden soll zunächst die Entstehungsgeschichte der Neuregelungen kurz dargestellt werden. Anschließend wird auf gemeinsame Grundlagen von Arbeitnehmerunterrichtung und Widerspruchsrecht, wie etwa auf den Anwendungsbereich der Bestimmungen, einzugehen sein.

A.

Entstehungsgeschichte von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

I.

Gesetzgebungsverfahren

1.

Gesetzesentwurf der Bundesregierung

Die parlamentarischen Beratungen über die Erweiterung von § 613a BOB durch die Absätze 5 und 6 im Rahmen von Artikel 4 des Gesetzes zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze begannen im November 2001, nachdem das Bundeskabinett am 2.10.2001 eine Ergänzung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen zum Betriebsübergang beschlossen hatte 13 . Im Anschluss an die erste Lesung empfahlen die mit der Vorlage befassten Ausschüsse, Rechtsausschuss 1\ Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen15 und federführend der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestages 16, die Annahme des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung17. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung sah insoweit eine Modifikation der Regierungsvorlage vor, als anstelle der im Regierungsentwurf enthaltenen Widerspruchsfrist von drei Wochen nach Zugang der Unterrichtung gemäߧ 613aAbs. 5 BOB eine Frist von einem Monat vorgeschlagen wurde 18 . Die verlängerte Widerspruchsfrist sollte den betroffenen Beschäftigten mehr Zeit geben, die Konsequenzen des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber 13 S.Widlak,FA2002,363. 14 114. Sitzung vom 30.1.2002, Annahmeempfehlung mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und POS bei Stimmenthaltung der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, s. BT-Drucks. I4/8I28 S. 4. 15 74. Sitzung am 23.1.2002, einstimmige Annahmeempfehlung, s. BT-Drucks. I4/8I28 S. 4. I6 I I 7. Sitzung am 30.1.2002, Annahmeempfehlung mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und POS bei Stimmenthaltung der Mitglieder der Fraktionen von CDU/CSU und FDP, s. BT-Drucks. I4/8128 S. 4. 17 BT-Drucks. 14/7760. I8 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. I4/7760, I4/7797), BTDrucks. 14/8I28 S. 3.

6

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

oder des Verbleibs beim bisherigen Arbeitgeber abwägen zu können 19 . Dies ging in die Gesetzesvorlage ändernd ein. Am 31.1.2002 wurde das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze durch den Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat hat seine erforderliche Zustimmung am 1.3.2002 entgegen der Ankündigung einiger CDU/CSU gefiihrter Länder 0 erteilt2 1• Die Novelle trat schließlich entsprechend Art. 10 des Gesetzes am 1.4.2002 in Kraft. Zuvor war die Umsetzungsfrist fiir die Bestimmungen der RL 2001/23/EG zur Unterrichtung der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang am 17.7.2001 abgelaufen22 . Die Ergänzung der deutschen Bestimmungen zum Betriebsübergang war damit im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle überfällig.

2.

Beratungsschwerpunkte und abweichende Vorschläge im GesetzgebungsverfahreR

In den Ausschussberatungen war der den Betriebsübergang betreffende Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze heftig umstritten. Neben der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss fiir Arbeit und Sozialordnung legte auch die FDP-Fraktion im Ausschuss einen Änderungsantrag23 vor. Zudem brachte die FDP-Fraktion einen Änderungsantrag24 zu der zweiten und dritten Beratung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung sowie - bereits nach Verabschiedung des Gesetzesentwurfs im Parlament - einen Gesetzesentwurf zur Erhöhung der Rechtssicherheit beim Betriebsübergang25 in den Bundestag ein. Im Zentrum der Oppositionsvorlagen stand die Forderung, die individuelle Unterrichtung der Arbeitnehmer auf Fälle des Übergangs nicht betriebsratsfähiger Einheiten 26 bzw. solcher Betriebe zu beschränken, in denen es unabhängig von dem Willen der betroffenen Beschäftigten in dem Unternehmen oder Betrieb keine Vertreter der Arbeitnehmer gibt27 • Dies wurde vor allem mit der Vermeidung einer übermäßigen Regulierung sowie einer fehlenden Systemkonfonnität des Ge19 20 21 22 23 24 25 26 27

Vgl. BT-Drucks. 14/8128, S. 7. Vgl. Handelsblatt v. 1.3.2002, S. I. BR-Drucks. 71102. S. Art. 12 und Anhang I Teil B RL 200 I /23/EG. Ausschussdrucks. 14/2067 und Ausschussdrucks. 14/2068, s. BT-Drucks. 14/8128, S. 4. BT-Drucks. 14/8128. BT-Drucks. 14/8496. Die beiden Änderungsanträge sowie die Gesetzesvorlage sind inhaltlich gleich. Änderungsantrag der FDP im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Ausschussdrucks. 14/2068 sowie BT-Drucks. 14/8144, S. I und BT-Drucks.l4/8496, S. 3. Änderungsantrag der CDU/CSU im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Ausschussdrucks. 14/2067; s. BT-Drucks. 14/8128, S. 4.

7

Einführung und Grundlagen zu§ 613a Abs. 5 und 6 BOB

setzesentwurfs der Bundesregierung mit der Betriebsübergangsrichtlinie begründet28. Keine abweichenden Vorschläge wurden zum Unterrichtungsinhalt gemacht. Im Hinblick auf die Verknüpfung von Unterrichtung und Fristbeginn fiir den Widerspruch (§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB) wurde kritisiert, dass die Unbestimmtheit des Informationskataloges zu gravierender Rechtsunsicherheit bei der Frage fiihre, ob die Widerspruchsfrist tatsächlich ausgelöst worden sei29 • In Anlehnung an die Stellungnahme des Arbeitsrechtsausschusses im DAV zur Gesetzesvorlage der Bundesregierung30 wurde daher konzeptionell eine strikte systematische Trennung von Unterrichtung und Fristauslösung fiir den Widerspruch befiirwortet. Die Widerspruchsfrist sollte bereits dann in Gang gesetzt werden, wenn dem einzelnen Arbeitnehmer unabhängig von der Information nach § 613a Abs. 5 BGB der (geplante) Zeitpunkt des Übergangs in Textform mitgeteilt wurde31 • Kritisch wurde auch das in § 613a Abs. 5 BGB verankerte Erfordernis der Textform der Unterrichtung beurteilt32 • Der Referentenentwurf sah ein noch strengeres Schriftformerfordernis vor33 , das jedoch in der Regierungsvorlage entgegen einer Prüfbitte des Bundesrates34 aufgegeben wurde35 • Schließlich wurde die von der Regierung vorgesehene Ausgestaltung des Widerspruchsrechts angegriffen. Kernpunkt der Kritik war das Fehlen einer absoluten zeitlichen Begrenzung des Widerspruchsrechts in § 613a Abs. 6 BGB, wenn die Unterrichtung nicht den Anforderungen von§ 613a Abs. 5 BGB entsprechend erfolgt ist36 • Im Übrigen sehen alle Oppositionsvorschlä28 S. BT-Drucks. 14/8128, S. 4 f.; BT-Drucks. 14/8144, S. 2 und BT-Drucks. 14/8496, S. I. 29 Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Rechtssicherheit beim Betriebsübergang, BT-Drucks. 14/8496, S. I ff. sowie BT-Drucks. 14/8128, S. 4 f. und 14/8144, 2 f. 30 Abgedruckt in NZA 2002, Heft 2, S. VIII f. 31 V gl. Anträge der FDP im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Ausschussdrucks. 14/2068 (s. BT-Drucks. 14/8128, S. 4) und im Bundestag, BT-Drucks. 14/8144, S. I und 14/8496, S. 3. 32 Vgl. BT-Drucks. 14/8128, S. 4 f., 6 und 14/8144, S. I, 3 sowie 14/8496, S. I, 4: Keine Belastung nicht betriebsratsfähiger Kleinbetriebe mit einer Formvorschrift, die bei den betriebsverfassungsrechtlichen Informationspflichten, z.B. nach § III BetrVG, nicht einmal für "große" Arbeitgeber vorgesehen sei. 33 S. Franzen, RdA 2002, 258. 34 ER-Beschluss v. 30.11.2001, BR-Drucks. 831/01 (Anlage 2 zu BT-Drucks. 14/7760, s. 22). 35 BT-Drucks. 14/7760 S. 10, 19 und 23. 36 Vgl. BT-Drucks. 14/8496, S. 5 und BT-Drucks. 14/8128, S. 4.

s.

8

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von§ 613a Abs. 5 und 6 BGB

ge, insoweit noch im Einklang mit dem Regierungsentwurf, eine Frist von drei Wochen fiir den Widerspruch vo2 7•

3.

Reformbestrebungen nach lokrafttreten von § 613a Abs. 5, 6 BGB

Auch nach Irrkrafttreten von § 613a Abs. 5, 6 BGB hält die politische Diskussion um Informationspflichten und Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang an. Beispielhaft zu erwähnen sind die beim Bundesrat von den Ländern Sachsen-Anhalt und Sachsen38 sowie von Bayern39 eingebrachten Änderungsentwürfe. Die erstgenannte Vorlage sieht vor, § 613a BGB um einen wie folgt gefassten Absatz 7 zu ergänzen: "Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass das Formerfordernis gemäß Abs. 5 Satz 1 entfällt, die Frist zum Widerspruch gemäß Abs. 6 auf drei Wochen verkürzt und der Fristbeginn auf den Zugang der Unterrichtung nach Abs. 5 Ziff. 1 beschränkt wird. In Betrieben mit weniger als fiinf ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern im Sinne von § 1 Betriebsverfassungsgesetz kann von einer Informationspflicht abgesehen werden." Begründet wird die Initiative vor allem mit einer "Überregulierung" durch die deutsche Umsetzung gegenüber den Vorgaben der Betriebsübergangsrichtlinie und der Entlastung insbesondere von kleineren und mittleren Betrieben40 • Nach dem Gesetzesentwurf Bayerns ist § 613a Abs. 6 BGB zu korrigieren, indem ein neu einzufiigender S. 3 bestimmt: "Das Widerspruchsrecht erlischt drei Monate nach Betriebsübergang." Dieser Vorschlag soll das "unerwünschte" Ergebnis eines unbefristeten Widerspruchsrechts im Falle von Unterrichtungsmängeln beheben41 •

II.

Vorgeschichte der Neuregelungen in § 613a Abs. 5 und 6 BGB

1.

Vorbemerkung: Rechtsdogmatische Einordnung des Arbeitgeberwechsels nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB und Folgen für die Arbeitnehmer

Die Bestimmungen des§ 613aAbs. 5, 6 BGB stehen in notwendigem Bezug zu der in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB angeordneten gesetzlichen Sondernach37 S. Änderungsanträge der Mitglieder der Oppositionsfraktionen im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 14/8128, S. 4 sowie die Vorlagen der FDP auf BT-Drucks. 14/8144, S. I und BT-Drucks. 14/8496, S. 3. 38 BR-Drucks. 309/03 v. 8.5.2003. 39 Entwurf eines Gesetzes zur Flexibilisierung des Arbeitsrechts (Flexibilisierungsgesetz - FlexG), BR-Drucks. 863/02 v. 22.11.2002 ; BT-Drucks. 15/406 v. 5.2.2003. 40 Vgl. BR-Drucks. 309/03, S. I. 41 BT-Drucks. 15/406, S. 13. S. dazu auch die Gegenäußerung der Bundesregierung, ebendaS. 17.

9

Einftihrung und Grundlagen zu§ 613a Abs. 5 und 6 BGB

folge des Betriebsübernehmers in die Rechtsstellung des Arbeitgebers mit allen Rechten und Pflichten42 . Der Arbeitnehmer erhält somit nach dem Gesetzesmodell ohne Rücksicht auf seinen Willen einen neuen Vertragspartner. Dies korrespondiert mit Art. 3 Abs. 1 RL 2001/23/EG, wonach die Regel gilt, dass der Übergang ipso iure und damit ohne Zustimmung der Beteiligten erfolgt43 . Konsequenterweise wird ein Einverständnis des Arbeitnehmers für die Überleitung seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB (im Sinne eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals) nicht verlangt44. Dies wird nunmehr durch § 613a Abs. 6 BGB als systematischem Gegenpol zu § 613a Abs. 1 S. 1 BGB bestätigt, wonach sich der Arbeitnehmer dem Vertragspartnerwechsel ausdrücklich widersetzen muss. Durch die neue Bestimmung wird somit der Charakter des Widerspruchsrechts als Rechtsfolgenverweigerungsrecht45 in der Form eines Gestaltungsrechts 46 besonders unterstrichen.

42 Vgl. nur Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 73, 145; Staudinger-Richardi, BGB, § 613a Rn. I 04; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 49; Heinze, DB 1980, 205 m.w.N. 43 Vgl. EuGH v. 25.7.1991, Rs C-362/89 (D'Urso), NZA 1993, 137, 138; v. 14.11.1996, Rs C-305/94 (de 1-lartaing), APNr. 12 zu EWG RL 77/187 (unter 18); v. 24.1.2002, Rs C-51/00 (Temco), NJW 2002, 811, 813; BAG v. 13.11.1997, AP Nr. 169 zu § 613a BGB (unter !I 3 c); MünchArbR-Birk, § 19 Rn. 235; v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 237 f.; Fuchs/Merhold, Europ. Arbeitsrecht, S. 114 f.; Schmidt, Arbeitsrecht der Europ. Gemeinschaft, S. 260; Weiss-Waas, EU-Arbeitsrecht, S. 153, 172; Commandeur, NJW 1996, 2537, 2538; Engels, RdA 1978, 52, 54; MüllerGlöge, NZA 1999, 449, 455. 44 Die Position des BAG war zunächst unklar. Während in früheren Entscheidungen noch von einer erforderlichen Zustimmung des Arbeitnehmers die Rede ist (vgl. Urt. v. 2.10.1974, v. 21.7.1977, AP Nr. 1 (LS 2 und unter III), Nr. 8 (unter li 2 b) zu§ 613a BGB), hat die Rechtsprechung seit längerem klargestellt, dass es allenfalls um ein den Übergang hindemdes Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gehen kann; BAG v. 30.10.1986, AP Nr. 55 zu § 613a BGB (LS und unter II 1 b); v. 29.11.1988, AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung (unter 3 c); v. 20.4.1989, v. 13.11.1997, AP Nr. 81 (unter !I 3), Nr. 169 (unter li 3 c cc) zu § 613a BGB; ebenso u.a. MünchKommSchaub, § 613a BGB Rn. 60; Staudinger-Richardi/Annuß, § 613a BGB Rn. 105; Menze, Widerspruchsrecht, S. 49; Schaub-Schaub, Arbeitsrechts-1-ldB., § 118 Rn. 58; Seiler, BetriebsinhaberwechseL S. 67; Schiefer, NJW 1998, 1817, 1818; a.A. Pottmeyer, Überleitung und Mitbestimmung, S. 161; ders., ZfA 1989, 239, 249; Birk, Anm. zu BAG v. 17.11.1977, AP Nr. 10 zu§ 613a BGB (BI. 795). 45 BAG v. 22.4.1993, AP Nr. 103 zu § 613a BGB (unter II 7); v. 27.4.1995, EzA Nr. 126 zu § 613a BGB (S. 8); v. 30.10.2003, NZA 2004, 481, 483; APS-Kiel, § I KSchG Rn. 513; KR-Pfei.ffer, § 613a BGB Rn. III; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 61; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 133; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 228; ders., ZfA 1990, 87, 90; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002,

10

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

2.

Entwicklungslinien des Widerspruchsrechts

Der angesprochene zwingende Arbeitgeberwechsel veranlasste die Rechtsprechung schon alsbald nach Inkrafttreten von § 613a BGB 47 zu einer rechtsfortbildenden Reduktion der Norm im Wege einer teleologischen verfassungskonformen Auslegung, indem dem Arbeitnehmer das Recht zugebilligt wurde, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsübernehmer zu widersprechen48 • Nachdem das BAG seine diesbezügliche Rechtsprechung zunächst explizit auf den Fall der Übertragung eines Betriebsteils beschränkt hatte, wurde diese später auf die Übertragung eines gesamten Betriebes ausgedehnt49 • Die Anerkennung des Widerspruchsrechts wird seit der ersten Grundsatzentscheidung des 5. Senats 50 durch das BAG schlagwortartig zusammengefasst mit nachfolgenden zentralen Argumenten begründet 51 : kein aufgezwungener Schuldnerwechsel (analog § 415 Abs. 1 S. 1 BGB); kein "Verkauf' des Arbeitnehmers gegen seinen Willen (Art. 1 und 2 GG); Grundrecht auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 Abs. 1 GG); höchstpersönlicher Charakter der Dienstleistung(§ 613 BGB); Möglichkeit

46

47

48

49 50 51

457, 459; Laber/Roos, ArbRB 2002, 289, 303; Lüke, Anm. zu BAG v. 30.10.1986, AP Nr. 55 zu§ 613a BGB (Bl. 890); Pröpper, DB 2000, 2322; Sayatz/Wo!jf, DStR 2002, 2039, 2042. Die Rechtsqualität des Widerspruchsrechts als Gestaltungsrecht ist heute allgemein anerkannt; s. (in Bezug auf§ 613a Abs. 6 BGB) ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 92; ders., Arbeitsrecht I, S. 895; Palandt-Putza, BGB, § 613a Rn. 49; Widmann/MayerVa/lrath, UmwG, § 324 Rn. 18; Hölters-Bauer/v.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 118; Reichold, Arbeitsrecht, § 10 Rn. 28; Franzen, RdA 2002, 258, 263; Laber/Roos, ArbRB 2002, 303; Rieble, NZA 2002, 706, 707; Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2042; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159; Worzalla, NZA 2002, 353, 356. Zur näheren Herleitung s. Menze, Widerspruchsrecht, S. 48 ff. m.w.N. Eingefugt in das BGB im Zuge der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 1972. Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und 3 sind durch § 122 BetrVG geschaffen und mit dem BetrVG 1972 am 19.1.1972 in Kraft getreten. Erstmals BAG v. 2.1 0.1974, AP Nr. 1 zu § 613a BGB (5. Senat). Seitdem ständige Rspr., u.a. BAG APNr. 8 (v. 21.7.1977, 3. Senat), Nr. 10 (v. 17.11.1977, 5. Senat), Nr. 21 (v. 6.2.1980), Nr. 37 (v. 15.2.1984), Nr. 55 (v. 30.10.1986), Nr. 96 (v. 21.5.1992), Nr. 102 (v. 22.4.1993), Nr. 103 (v. 22.4.1993), Nr. 177 (v. 19.3.1998), Nr. 215 (v. 25.1.2001) zu§ 613a BGB. BAG v. 21.7.1977 und v. 6.2.1980, APNr. 8 und 21 zu§ 613a BGB. Urt. v. 2.10.1974, APNr. 1 zu§ 613a BGB (unter II, Ill). S. BAG v. 22.4.1993, AP Nr. 103 m.w.N. (unter Il 2). Die einzelnen Begründungszusammenhänge aus der Rechtsprechung analysieren umfassend u.a. Felsner, Unternehmensübernahmen in Europa, S. 273 ff.; Menze, Widerspruchsrecht, S. 2 ff. m.w.N.; Pottmeyer, Überleitung und Mitbestimmung, S. 140 ff.; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 3 ff.; Gitter, FS 25 Jahre BAG, S. 133 ff.; Hecke/mann, GS Grabitz, S. 141, 146 ff.

11

Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB

des Verzichts auf arbeitsrechtlichen Bestandsschutz; Entstehungsgeschichte von § 613a BGB. Die Rechtsprechung zum Widerspruchsrecht hat im Schrifttum sowohl Zustimmung52 als auch - bisweilen vehemente - Gegnerschaft 53 erfahren. Genährt wurde die Kontroverse vor allem durch die Frage der Vereinbarkeit des Widerspruchsrechts mit Art. 3 Abs. 1 RL 200 1123/EG (Art. 3 Abs. 1 RL 771187/EWG). Nach dieser Bestimmung gehen die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrags auf den Erwerber über. Dies hatte der EuGH 54 im Rahmen einer Vorabentscheidung nach Art. 234 EG (Art. 177 EGV) zunächst dahingehend ausgelegt, dass der Veräußerer eines Unternehmens, Betriebs oder Betriebsteils nach dem Zeitpunkt des Übergangs von seinen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis allein aufgrund des Übergangs befreit sei, selbst wenn die in dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer dem nicht zustimmten oder Einwände dagegen erhöben. Hieraus wurde zum Teil gefolgert, dass die Gewährung eines Widerspruchsrechts mit Europarecht nicht vereinbar sei 55 . Seither bekennt sich der EuGH allerdings explizit zu einer Richtlinienauslegung, die einer Anerkennung des deutschen Wider-

52 Ausdrücklich oder unter Berufung auf die Rechtsprechung u.a. ErfKomm-Preis (2. Aufl.), § 613a BGB Rn. 86; Erman-Hanau, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. 48; GKFabricius/Oetker, BetrVG, § III Rn. 77; KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. l 09; MünchKomm-Schaub, § 613a BGB Rn. 60; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 117 ff.; Brox!Rüthers, Arbeitsrecht (Voraufl.), Rn. 223 c; Gamillscheg, Arbeitsrecht, S. 524; Hanau!Adomeit, Arbeitsrecht, Rn. 927; Kerschner/Köhle, Betriebsveräußerung und Arbeitsrecht, S. 30 f.; Posth, Betriebsinhaberwechsel, S. 53 ff.; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 66; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 7 ff.; Hanau, FS D.Gaul, S. 287, 292; Heither, NZA 1991, 136, 137; Henssler, NZA 1994, 913, 921; Wollenschläger, FS Gitter, S. 1067, 1070 f.; weitere Nw. bei Menze, Widerspruchsrecht, S. l (Fn. 5). 53 MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 97; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 146 ff.; Bracker, Betriebsübergang und Betriebsverfassung, S. 39 ff.; Felsner, Unternehmensübernahmen in Europa, S. 286; Fischer, Betriebsübergang, S. 115 ff.; Hölters-Bauer, Unternehmenskauf (Voraufl.), V Rn. 96; Pietzko, Tatbestand, S. 234 ff.; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 89; Commandeur, NJW 1996, 2537, 2538; D.Gaul, ZfA 1990, 87, 88 f.; Gitter, FS 25 Jahre BAG, S. 133, 140 ff.; Heinze, DB 1980, 205, 206; Kraft, FS 25 Jahre BAG, S. 299, 31 0; weitere Nw. bei Menze, Widerspruchsrecht, S. 2 (Fn. 6). 54 EuGH v. 5.5.1988- Rs C 144 und 145/87 (Summerland), EzA Nr. 89 zu§ 613a BGB (LS I und S. 3). 55 Bauer, NZA 1990, 881, 883; ders., NZA 1991, 139, 140; Berger-Delhey, I. Anm. zu EuGH v. 5.5.1988, EzA Nr. 89 zu§ 613a BGB (S. 10 f.); Birk, EuZW 1993, 156, 157 ff.; D.Gaul, 2. Anm. zu EuGH v. 5.5.1988, EzA Nr. 89 zu§ 613a BGB (S. 19 ff.); Meilicke, DB 1990, 1770.

12

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

spruchsrechts nicht entgegensteht56 • Der Arbeitnehmer sei bei der Wahl seines Arbeitgebers frei und könne nicht gezwungen werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt habe 57 • Die Frage nach der Vereinbarkeit des Widerspruchsrechts mit den Vorgaben der Betriebsübergangsrichtlinie ist somit nur noch von rechtshistorischer Bedeutung58 • Für die neue Bestimmung des § 613a Abs. 6 BGB folgt hieraus der Befund, dass an ihrer Gemeinschaftsrechtskonformität auf der Grundlage der Aussagen des EuGH und weiterer Analysen 59 keine Zweifel bestehen. Bereits vor Einführung von § 613a Abs. 5, 6 BGB hat der Gesetzgeber das Widerspruchsrecht in der Gesetzesbegründung zum Umwandlungsgesetz60 ausdrücklich gebilligt. Ein Vorläufer findet sich zudem in § 133 Abs. 2 S. 2 des Entwurfes eines Arbeitsvertragsgesetzes61 • Hiernach sollte der Arbeitnehmer "dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses bei berechtigtem Interesse" widersprechen können. Im Unterschied hierzu soll es weder nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG62 noch ausweislich des Wortlautes von § 613a Abs. 6 BGB tatbestandlieh auf die Gründe des Arbeitnehmers für den 56 EuGH v. 16.12.1992- Rs C 132191, 138, 91, 139/91 (Katsikas u.a.), AP Nr. 97 zu § 613a BGB (LS und unter 33). 57 In dem Widerspruchsrecht wird nunmehr sogar eine Ausprägung eines gemeinschaftsrechtlichen "Grundrechts" auf freie Wahl des Arbeitgebers erblickt; s. EuGH v. 16.12.1992- Rs C-132/91, C-138/91, C-139/91 (Katsikas u.a.), AP Nr. 97 zu§ 613a BGB (unter 32); Urt. v. 7.3.1996- Rs C-171/94, C-172/94 (Merckx und Neuhuys), AP Nr. 9 zu EWG-RL 771187 (unter 34); v. 24.1.2002- Rs C-51 (Temco), NJW 2002, 811, 812; MünchArbR-Birk, § 19 Rn. 235; Weiss-Waas, EU-Arbeitsrecht, S. 153, 174 ff.; Ingelfinger, ZfA 1996, 591, 592; Joost, ZIP 1993, 178, 179; Moll, Anm. zu BAG v. 22.4.1993, AP Nr. 103 zu§ 613a BGB (BI. 1725); Oetker, DZWIR 1993, 136, 138; kritisch insoweit Fuchs/Merhold, Europ. Arbeitsrecht, S.145. 58 Es verwundert, dass die Änderung der RL 77/187/EWG durch die RL 98/50/EG im Jahre 1998 nicht zum Anlass genommen wurde, ein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auch in der Richtlinie ausdrücklich zu verankern. 59 v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 264 ff.; Menze, Widerspruchsrecht, S. 14 ff.; Däubler, NZA 1991, 134, 135; Hecke/mann, GS Grabitz, S. 141 ff.; Loew, DB 1991,546 ff.; Oetker, NZA 1991, 137 ff. 60 S. BT-Drucks. 12/6699; dort (S. 121) heißt es: "Macht ein Arbeitnehmer von dem ihm nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zustehenden Widerspruchsrecht Gebrauch, so gehen ( ... ) die Rechte und Pflichten aus dem diesen Arbeitnehmer betreffenden Arbeitsverhältnis nicht auf den übernehmenden oder neuen Rechtsträger über, dem sie( ... ) zugeordnet sein sollten.". 61 BR-Drucks. 293/95, S. 65; GutachtenD fiirden 59. DJT in Hannover, 1992, S. 64. 62 BAG v. 15.2.1984, v. 22.4.1993,APNr. 37 (unter li 3), Nr. 102 zu§ 613aBGB (unter V 2 c bb); v. 18.3.1999, NZA 1999, 870,871.

13

Einführung und Grundlagen zu§ 613a Abs. 5 und 6 BGB

Widerspruch ankommen. Die Regelung in § 613a Abs. 6 BGB steht zumindest insoweit in der Tradition der Rechtsprechung. Dies betont auch die Regierungsbegründung, in der (ausschließlich) auf die HAG-Rechtsprechung Bezug genommen wird 63 •

3.

Entwicklungslinien der individuellen Unterrichtung der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang

In Rechtsprechung und Literatur war bislang nicht abschließend geklärt, ob der von einer Einzelrechtsnachfolge gemäß § 613a Abs. 1 S. I BGB betroffene Arbeitnehmer verlangen konnte, über den Betriebsinhaberwechsel und die damit verbundenen Rechtsfolgen unterrichtet zu werden. Eine allgemeine gesetzliche Regelung bestand bislang, mit Ausnahme von § 110 BetrVG, nicht 64 • Dieser verpflichtet den Unternehmer (nur) in Unternehmen mit in der Regel mehr als 1000 ständig beschäftigten Arbeitnehmern zu einer schriftlichen Unterrichtung der Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens, wozu auch ein etwaiger Betriebsübergang gehört 65 •

a)

Rechtsprechung

In der Rechtsprechung hat die Infonnation der Arbeitnehmer über den Betriebsinhaberwechsel Bedeutung im Zusammenhang mit der Widerspruchsfrist erlangt. Grundsätzlich sollte das Widerspruchsrecht nur bis zum Vollzug der Übertragung ausgeübt werden können, ohne dass es auf die Einhaltung einer Frist durch den Arbeitnehmer ankam 66 . Insoweit knüpfte das BAG weniger an den Umstand der Information durch den Arbeitgeber, sondern vielmehr an die bloße Kenntnis der Beschäftigten von der bevorstehenden Übertragung an 67 • Nach dem Übergangsstichtag sollte von dem Widerspruchsrecht im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nur aus-

63 Vgl. BT-Drucks. 14/7760, S. 19 f. 64 Einen Spezialfall regelt § 14 Abs. I S. 2 DBGrG, wo im Zusammenhang mit der Gründung der Deutschen Bahn AG eine Verpflichtung des übertragenden Rechtsträgers (Vorstand des Bundeseisenbahnvermögens) zur Information der jeweils betroffenen Arbeitnehmer geschaffen wurde; vgl. B.Gaul/Otto, DB 2002, 634. 65 Wisskirchen, AE 112002, S. V, X. Da nur eine jährliche Unterrichtung erfolgen muss, dürfte bei der Information nach § 110 Abs. 2 BetrVG aber regelmäßig ein zeitlicher Bezug zu einer beabsichtigten Betriebsübertragung fehlen. 66 BAG v. 17.11.1977, v. 19.3.1998, AP Nr. 10 (unter I 2 a), Nr. 177 (unter I 2 a) zu § 613a BGB; s. ferner noch unten§ 7 B. II. 2. 67 V gl. Franzen, RdA 2002, 258, 262; Moll, Anm. zu BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 03 zu § 613a BGB (BI. 1726).

14

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

nahmsweise Gebrauch gemacht werden können 68 • In diesem Fall verlangte das BAG eine ausreichende Unterrichtung der Arbeitnehmer über den Betriebsübergang und die damit verbundenen Folgen, um eine angemessene Überlegungsfrist für die Entscheidung über einen Widerspruch auszulösen. In Bezug auf Umfang und Modalitäten der Unterrichtung konnte als gesichert gelten, dass die Mitteilung, im Gegensatz zu der nunmehr in § 613a Abs. 5 BOB vorgesehenen Textform, formlos möglich war69 . Im Übrigen war manches unklar. Insbesondere wurde ein feststehender Katalog von Mindestinformationen nicht entwickelt. Der in der Judikatur zur Auslösung der Widerspruchsfrist geforderte Informationsumfang blieb zudem weit hinter dem Katalog des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BOB zurück. Kernpunkt der Rechtsprechung war insoweit die Feststellung, dass es ausreiche, wenn der Betriebsveräußerer oder -erwerber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt, sich vor der Entscheidung über die Ausübung des Widerspruchsrechts näher zu erkundigen und Rat einzuholen70 • Hierfür wurde die Kenntnis der Person des Betriebserwerbers sowie der für diesen geltenden maßgeblichen tariflichen Regelwerke bereits als ausreichend erachtet, da der Arbeitnehmer dann unschwer feststellen könne, welche Folgen der Betriebsübergang für ihn haben werde 71 • Insgesamt stellte sich die Information der betroffenen Arbeitnehmer nach bisheriger Rechtslage als bloßer Reflex des Widerspruchsrechts dar 72 . Aus Sicht der Rechtsprechung war es daher konsequent, den Arbeitnehmern keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der für erforderlich gehaltenen Informationen zuzubilligen, sondern den Charakter der Unterrichtung als bloße Obliegenheit der beteiligten Arbeitgeber zu betonen73 •

68 BAGv.17.11.1977,v.22.4.1993,v.19.3.1998,APNr.10(unteri2a),Nr.l02(unter B V 1), Nr. 177 (unter I 3 c) zu§ 613a BGB. 69 Vgl. die Sachverhalte der BAG-Urteile v. 22.4.1993, AP Nr. 102 und 103 zu§ 613a BGB (Unterrichtung auf Betriebsversammlung) sowie bei LAG Schleswig-Holstein v. 30.10.2002- 5 Sa 206 c/02, EWiR 2003, 355 f. (Schnitker/Grau). 70 BAG v. 17.11.1977, v. 22.4.1993, AP Nr. I 0 (unter I 2 a), Nr. 102 (unter V 2 a) zu § 613a BGB. 71 Vgl. BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 02 zu§ 613a BGB (unter V 2 b). 72 Vgl. Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 178; Oetker, EAS B 8300 Rn. 367; ders., NZA 1998, 1193, 1201. 73 BAG v. 20.5.1988, DB 1988, 2156, 2157; v. 22.4.1993, AP Nr. 103 zu§ 613a BGB (unter li 6 b); s.a. BAG v. 17.11.1977, v. 15.2.1984, v. 30.10.1986, AP Nr. I 0 (unter I 2 a), Nr. 37 (unter III I), Nr. 55 (unter li 3 a) zu § 613a BGB.

15

Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB

b)

Literatur

Das Schrifttum bemühte sich, soweit Stellungnahmen überhaupt vorliegen 7\ bislang zumeist unter Bezugnahme auf die geschilderte Rechtsprechung vor allem um eine Präzisierung der inhaltlichen Anforderungen an die Unterrichtung. Im Ausgangspunkt wurde dem BAG überwiegend darin beigepflichtet, dass die Mitteilungen nur Grundlage zum Einholen weiterer Erkundigungen durch die Adressaten sein könnten 75 • Zum Teil wurden daher bereits Angaben zum Faktum des Betriebsübergangs und der Person des Betriebserwerbers als ausreichend angesehen 76 . Weitergehend wurde eine Mitteilung zum Übertragungszeitpunkt und zur Art der Übertragung verlangt 77 • Vereinzelt wurden auch Irrfonnationen zur Regelung der betrieblichen Ruhegeldansprüche beim Erwerber 78 sowie insgesamt zu den näheren Rechtsfolgen des Betriebsübergangs 79 als flir eine Widerspruchsfristauslösung notwendig erachtet. In der Literatur finden sich auch Positionen, die sich konzeptionell von der bisherigen Rechtsprechung zur Arbeitnehmerinformation entfernen. So wurde der Arbeitgeber zum Teil bereits aus §§ 242, 611 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht) als gehalten angesehen, die betroffenen Beschäftigten rechtzeitig über die Übertragung, deren Zeitpunkt und den neuen Arbeitgeber aufzuklären 80 . Andere Autoren sahen den übertragenden Rechtsträger auf der Grundlage einer nebenvertraglichen Pflicht zur Unterrichtung der Arbeitnehmer verpflichtet 81 • Schließlich sind zu den von der Rechtsprechung wesentlich abweichenden

74 In der Kommentarliteratur wurde die individuelle Arbeitnehmerinformation bei Betriebsübergang zumeist nicht näher problematisiert. 75 Menze, Widerspruchsrecht, S. 59; Dreher, BB 2000, 2358, 2359; Fischer, DB 2001, 331, 332; Moll, Anm. zu BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 03 zu § 613a BGB (BI. 1726). 76 KDZ-Zwanziger, § 613a BGB Rn. 49; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 154; Dreher, BB 2000, 2358, 2359; Moll, Anm. zu BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 03 zu § 613a BGB (BI. 1726); ders., NJW 1993, 2016; Preis/Ste.ffan, DB 1998, 309, 311; Weber, SAE 1998,322, 323. 77 Erman-Hanau, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. 51; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 71; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 35; Fenn/Klose, JuS 2000, 531, 533. 78 Pietzko, Tatbestand, S. 290. 79 Menze, Widerspruchsrecht, S. 58 ff. 80 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 7; ders., BB 1999, 582. Ablehnend Schipp/Schipp, Privatisierung, Rn. 42. 81 Debong, Arbeitnehmeransprüche beim Betriebsübergang, S. 94; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 178; Pietzko, Tatbestand, S. 291 f.; Oetker, NZA 1998, 1193, 1201; Waas!.lohanns, EuZW 1999,458, 462; Zachert/Kocher, FS 50 Jahre Arbeitsgerichtsbarkeit Rheinland-Pfalz, S. 51, 65.

16

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

auch solche Stimmen zu zählen, die den Katalog der notwendigen Angaben bereits vor der Schaffung von § 613a Abs. 5 BGB durch die Vorgaben der Betriebsübergangsrichtlinie determiniert wissen wollten 82 • Nach diesem Ansatz hätte es, wie teilweise behauptet wird, einer ausdrücklichen gesetzlichen Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG gar nicht bedurft83 .

B. I.

Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB Zweck und Systematik der Neuregelungen in§ 613a Abs. 5, 6 BGB

Die Zielvorstellungen des Gesetzgebers, wonach mit § 613a Abs. 5 und 6 BGB die Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG umgesetzt und das Widerspruchsrecht im Interesse von Rechtssicherheit und -klarheit kodifiziert werden sollte, wurden bereits angesprochen. Zweck und Systematik der Neuregelungen erfordern eine eingehendere Betrachtung. Ausgangspunkt einer näheren Analyse der Normzusammenhänge von Absatz 5 und 6 des § 613a BGB ist die Feststellung, dass die Neuregelungen eine erhebliche konzeptionelle Verschiebung gegenüber der bisherigen Rechtslage bedeuten. Dies betrifft vor allem die fundamentale Aufwertung des Informationsinteresses der Arbeitnehmer, die sich in dem weiten Katalog des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB spiegelt, sowie die konsequente gesetzliche Verzahnung von Unterrichtung und Widerspruchsrecht Indem die beteiligten Arbeitgeber gezwungen sind, ihre umfängliche Informationspflicht zu erfüllen, um mit Ablauf der Widerspruchsfrist rechtsverbindlich Klarheit über die übergehenden Arbeitsverhältnisse zu erlangen, wird das Widerspruchsrecht zum Durchsetzungsvehikel für das Informationsinteresse der Beschäftigten 84 . Von einem Unterrichtungsrecht als bloßem Reflex des Widerspruchsrechts kann folglich mit Blick auf die Regelungssystematik in § 613aAbs. 5, 6 S. 1 BGB nicht mehr gesprochen werden. Bringen die Bestimmungen in § 613a Abs. 5, 6 BGB durch die selbständige Akzentuierung der Unterrichtung einerseits wesentlich Neues, so gilt ande-

82 Moll, AnwBl 1991, 282, 296; Moll/Jacobi, Anm. zu BAG v. 19.3.1998, AP Nr. 177 zu § 613a BGB (BI. 862); Oetker, NZA 1998, 1193, 1201. Ablehnend Erman-Hanau, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. 51. 83 Waas/Johanns, EuZW 1999, 458, 462; s.a. Bauer, DB 1994, 1982, 1983 in Bezug auf den Vorschlag der EU-Kommission vom 8.9.1994 zur Änderung der Betriebsübergangsrichtlinie (Abi. EG C 274 v. 1.1 0.1994, S. 10). Im Ergebnis ähnlich Schmalenberg, NZA 1989, Beil. 3, S. 14, 24, der aus den Richtlinienvorgaben eine unmittelbare Verpflichtung des Arbeitgebers folgern will. 84 Wie hier Franzen, RdA 2002, 258, 263.

17

Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB

rerseits, dass der spezifische Zweckbezug der Information nach deutschem Recht wie bislang in der Ermöglichung einer sachgerechten und die eigenen Belange wahrenden Entscheidung des Arbeitnehmers pro/contra Arbeitgeberwechsel liegt85 • Information und Widerspruchsrecht stehen somit in einem System der Wechselbezüglichkeit. Die Koppelung der Überlegungsfrist in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB an den Zugang der Mitteilungen nach Absatz 5 verdeutlicht, dass der Arbeitnehmer nicht zu einer definitiven Entscheidung über den Vertragspartnerwechsel gezwungen sein soll, bevor ihm nicht die geforderten Angaben vorliegen. Zur Begründung verweist der Regierungsentwurf darauf, dass eine Betriebsveräußerung fiir die betroffenen Arbeitnehmer mit wesentlichen Änderungen der Arbeitsbedingungen und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten verbunden sein kann, die eine Ausübung des Widerspruchsrechts gegebenenfalls als im Interesse des Beschäftigten sinnvoll erscheinen lassen86 • Die Angaben nach § 613a Abs. 5 BGB zielen folglich auf den Motivbereich bei der Willensbildung über den Widerspruch ab. In der Konsequenz wird die individuelle Information der Arbeitnehmer bei Betriebsübertragungen nach deutschem Recht auf eine Bedeutungsebene gehoben, die ihr nach den Mindestvorgaben der Betriebsübergangsrichtlinie nicht zukommt. Denn die subsidiäre Information der Beschäftigten nach Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG ist nur Selbstzweck, weil sie im Gegensatz zu § 613a Abs. 5 BGB nicht als Grundlage für die Ausübung spezifischer, beim Betriebsübergang wahrzunehmender individueller Befugnisse der Arbeitnehmer konzipiert ist. Hierdurch wird aus der Warte des deutschen Gesetzgebers erklärlich, warum § 613a Abs. 5 BGB anders als Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG eine Information aller Arbeitnehmer, das heißt unabhängig von dem möglichen Bestehen einer Arbeitnehmervertretung, vorschreibt. Wird die Unterrichtung in dem von der Richtlinie generierten Umfang nach nationalem Recht (freiwillig) zur Basis für die Widerspruchsentscheidung des Arbeitnehmers gemacht, so ist es folgerichtig, diese Informationen gegenüber allen Arbeitnehmern unabhängig von der Existenz einer Arbeitnehmervertretung vorzuschreiben, um bei identischer Interessenlage kein sachwidriges Informationsgefalle unter den widerspruchsberechtigten Beschäftigten zu schaffen.

85 Vgl. BT-Drucks. 14/7760, S. 19; aus dem Schrifttum statt vieler ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 84; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 38; DLW-Baeck/Haussmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3346; Düwell, FA 2002, 107, 109; Grobys, BB 2002, 726, 727; Huke, FA 2002,263, 264; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1161. 86 BT-Drucks, 14/7760, S. 19.

18

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

II.

Anwendungsbereich von§ 613a Abs. 5 und 6 BGB

1.

Sachlicher Anwendungsbereich

a)

(Geplanter) Übergang einer wirtschaftlichen Einheit

Der sachliche Anwendungsbereich der Neuregelungen in § 613a Abs. 5, 6 BGB erstreckt sich auf (geplante) Betriebs- bzw. Betriebsteilübergänge im Sinne des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB. Erforderlich ist der Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit kraft Rechtsgeschäfts, der zu einem Wechsel in der Rechtspersönlichkeit des Inhabers führt. Entscheidend ist die Übertragung einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit87 . Hierunter ist eine organisierte Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit zu verstehen 88 . Für das Eingreifen der Unterrichtungspflicht ist bedeutsam, dass ein (geplanter) Betriebsübergang auch dann vorliegen kann, wenn keine unmittelbare rechtsgeschäftliehen Vereinbarung zwischen dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber existiert. Es genügt, wenn die Betriebsinhaberstellung durch ein Bündel von Rechtsgeschäften mit einem oder mehreren beteiligten Dritten erworben wird, sofern dies im Ergebnis zu der Übernahme einer funktionsfahigen betrieblichen Einheit führt (z.B. Neuverpachtung laufender Geschäftsbetriebe; Neuvergabe eines Bewirtschaftungsvertrags89; u.U. auch Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber etc.) 90 . Da mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 613a Abs. 1 S. 1

87 Ständige Rspr., s. EuGH v. 18.3.1986- Rs 24/85 (Spijkers), EAS Nr. 2 zu Art. I RL 77/187 EWG (LS); v. 11.3.1997- Rs C-13/95 (Süzen),APNr. 14zu EWG-RL 77/187 (unter 13); BAG v. 22.5.1997, v. 13.11.1997, v. 26.8.1999 AP Nr. 154 (unter B II 2 c), Nr. 170 (unter li), Nr. 196 (unter BI) zu§ 613a BGB; v. 13.2.2003, BB 2003, 1286, 1287; v. 20.3.2003, ZIP 2003, 1557, 1559; v. 17.4.2003-8 AZR 253/02, n.v., (unter II I a); v. 25.9.2003, NZA 2004, 316, 317 f.; v. 5.2.2004, NZA 2004, 845, 846 m.w.N. 88 S. die nunmehr ausdrückliche Regelung in Art. I Abs. I b) RL 2001123/EG sowie beispielhaft aus der Rspr. des BAG die Urteile v. 22.5.1997, v. 13.11.1997, v. 26.8.1999, AP Nr. 154 (unter II 2), Nr. 170 (unter II I), Nr. 196 (unter B I) zu § 613a BGB; weitere Nw. zur EuGH-Rechtsprechung bei Henssler!Braun-Henssler, Arbeitsrecht in Europa, Europ. Union Rn. 71. 89 S. EuGH v. 20.11.2003 - Rs C-340/01 (Abler), BB 2004, 272 ff. mit Anm. Schnitker/Grau; s.a. Willemsen!Annuß, DB 2004, 134 f. 90 Vgl. EuGH v. 24.1.2002 - Rs C-51/00 (Temco ), NJW 2002, 811, 813 m.w.N .; BAG v. 25.2.1981, v. 27.7.1997, v. 11.12.1997, AP Nr. 24 (unter 2), Nr. 118 (unter B I 3 a), Nr. 171 (unter BI) zu§ 613a BGB; v. 18.2.1999, NZA 1999, 648, 649; ArbRKommWillemsen, § 613a BGB Rn. 184, 198; KR-Pfeif.fer, § 613a BGB Rn. 85 f. m.w.N.; Kraft, FS 25 Jahre BAG, S. 299, 305 f.; Mayer-Maly, Anm. zu BAG v. 18.8.1976, AP Nr. 4 zu § 613a BGB (BI. 744); Schiefer/Pogge, NJW 2003, 3734, 3737; Wank!Börgmann, DB 1997, 1229, 1233 ff.; Willemsen, ZIP 1986,477,485 f.

19

Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB

BGB - insbesondere in Bezug auf die notwendige Abgrenzung des Betriebsübergangs von Fällen der schlichten Funktionsnachfolge - komplexe Rechtsfragen angesprochen sind, deren Erörterung nicht Anliegen dieser Arbeit ist, sei im Übrigen auf die einschlägige Kommentar- und Aufsatzliteratur verwiesen 91 . b)

Unterrichtung und Widerspruchsrecht bei Unternehmensumwandlungen nach dem UmwG

Ausweislich des Wortlauts von§ 324 UmwG n.F. bleibt§ 613aAbs. 1, 4 bis 6 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Wirkungen der Eintragung einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung unberührt. Bisher hatte das Gesetz dies nur flir die Absätze I und 4 von § 613a BGB vorgesehen. Bei der Ergänzung von§ 324 UmwG handelt es sich demnach um eine bloß redaktionelle Folgeänderung, die die Verweisung auf§ 613aAbs. 1 und 4 BGB um die neu eingefügten Absätze 5 und 6 erweitert92 . Hiermit wird der heute ganz herrschenden Auffassung Rechnung getragen, die - im Einklang mit der Betriebsübergangsrichtlinie93 - von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 613a BGB im Umwandlungsrecht ausgeht94 . Voraussetzung hierflir ist allerdings im konkreten Einzelfall, dass der Umwandlungsvorgang tatbestandlieh zu einem Betriebsübergang fUhrt. Die Voraussetzungen des § 613a BGB sind daher auch im Umwandlungsfall selbständig zu prüfen 95 . Eine Verschmelzung (bzw. entsprechende Vermögensvollübertra91 Ausführliche Literaturliste bei B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, S. I 02 f. 92 Vgl. die Regierungsbegründung, BI-Drucks. 14/7760, S. 20. 93 S. Art. I Abs. I a) RL 2001/23/EG; Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 75 ff.; Oetker, EAS B 7200 Rn. 18 m.w.N. 94 BAG v. 5.1 0.1993, AP Nr. 42 zu § I BetrAVG Zusatzversorgungskassen (unter II 2); ArbRKomm-Willemsen, § 324 UmwG Rn. 2 ff.; Dehmer, UmwG, § 324 Rn. I f.; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 29; Goutier/Knopf/Tulloch-Berme/, UmwG, § 324 Rn. 2 f; Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 324 Rn. I ff.; KR-Friedrich, §§ 322 ff. UmwG Rn. 28; Lutter-Joost, UmwG, § 324 Rn. 3; MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 210; Richardi-Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rn. 127; Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. I; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 173; Staudinger-Richardi, BGB, § 613a Rn. 216; Widmann/Mayer-Vollrath, UmwG, § 324 Rn. 2 f.; Gussen/Dauck, Weitergeltung, Rn. 302 ff.; Joost, Umwandlungsrechtstage, S. 297, 319; Sagasser/BulaSagasser/Schmidt, Umwandlungen, F Rn. 3 ff.; Schaub-Schaub, Arbeitsrechts-HdB., § 117 Rn. 10 ff.; weitere Nw. bei Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 63 (Fn. 217). 95 Vgl. BAG v. 25.5.2000, RdA 2001, 236, 238; MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 211; Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 324 Rn. 2; Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 85 ff.; Menge!, Umwandlungen, S. 72 ff., 79 f., 80 ff; Schaub-Schaub, Arbeitsrechts-HdB., § 117 Rn. I 0 ff.; Grobys, BB 2002, 726, 730; Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2045.

20

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

gung,s. §§ 176Abs.1, 178Abs.1, 188Abs.1 UmwG)fiihrtwegenRechtsnachfolge in das gesamte Vermögen des übertragenden Rechtsträgers (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) freilich stets zu einem Betriebsinhaberwechsel im Sinne des § 613a BGB, wenn bei dem übertragenden Rechtsträger eine der Norm unterfallende wirtschaftliche Einheit existiert96 • Hinsichtlich der verschiedenen Varianten der Spaltung und die sich an die Spaltungsvorschriften nach§§ 177 Abs. 1, 179 Abs. 1, 184 Abs. 1, 189 Abs. 1 UmwG anlehnenden Formen der Vermögensübertragung sieht§ 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UmwG einen Vermögens- bzw. Vermögensteilübergang entsprechend der im Spaltungs- oder Übernahmevertrag vorgesehenen Aufteilung (s. § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG) jeweils als Gesamtheit auf die übernehmenden Rechtsträger vor. Ob hiervon Betriebe oder Betriebsteile betroffen sind, ist eine Frage des Einzelfalls97 . Kommt es nach den beschriebenen Grundzügen im Rahmen des Umwandlungsvorgangs zu einem Betriebsübergang gemäߧ 613a BGB, so bestehen als Folge der Ausdehnung der Verweisung in § 324 UmwG nunmehr nicht nur Informationspflichten der beteiligten Unternehmen gegenüber den jeweiligen Betriebsräten (s. §§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3, 176, 177, 194 Abs. 2 UmwG), sondern parallel und unabhängig davon auch gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern. Zugleich wird nunmehr durch § 324 UmwG klargestellt, dass die übergehenden Arbeitnehmer auch über ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB verfügen, sofern ein Betriebsübergang vorliegt. Dies entspricht der bereits zur bisherigen Rechtslage ganz überwiegend vertretenen, durch das BAG mit Urteil vom 25.5.2000 98 anerkannten Auffassung, wonach jedenfalls auch die von einer Abspaltung, Ausgliederung oder Vermögensteilübertragung betroffenen Arbeitnehmer einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen können 99 . Unklar ist die Reichweite der 96 Statt vieler Goutier/Knopf/Tulloch-Bermel, UmwG, § 324 Rn. 3; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 27; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, S. 49. 97 Die oftmals erstrebte Steuerneutralität einer Spaltung gemäß § 15 Abs. I UmwStG kann freilich im Regelfall nur erreicht werden, wenn es zumindest zum Übergang eines Teilbetriebes im Sinne der Nonn kommt. Der Begriff des Teilbetriebes ist hierbei mit dem arbeitsrechtlichen Terminus des Betriebsteils weitgehend identisch; vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf des UmwStG, BT-Drucks. 12/6885, S. 22 f.; Blumers/Siegels, DB 1996, Beil. I, S. 7 ff.; Dehmer, DStR 1994, 1753, 1755. 98 BAG v. 25.5.2000, RdA 2001, 236, LS 2 und S. 239. 99 Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 324 Rn. 5; Lutter-Joost, UmwG, § 323 Rn. 41, § 324 Rn. 34; MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 217; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 176a; Heiss, Spaltung von Unternehmen, S. 163 f.; Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 138 ff.; Menge!, Umwandlungen, S. 164 ff.; Müller-Ehlen, Übergang von Arbeitsverhältnissen, S. 79 f.; Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057, 1061; Bo-

21

Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB

Verweisung in § 324 UmwG allerdings fiir Fälle, in denen der übertragende Rechtsträger mit Wirksamwerden der Umwandlung erlischt 100 •

c)

Unterrichtung und Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang in der Insolvenz

Die Anwendbarkeit von § 613a BGB bei Betriebsübertragungen aus der Insolvenz wird durch die Regelung des § 128 InsO vom Gesetzgeber vorausgesetzt und damit ftir die aktuelle Rechtslage anerkannt 101 • Dementsprechend müssen auch die Vorschriften des § 613a Abs. 5 und 6 BGB Beachtung finden 102 • Für die Arbeitnehmerunterrichtung wird damit dem Gemeinschaftsrecht entsprochen, da Einschränkungsmöglichkeiten fiir den Anwendungsbereich der Betriebsübergangsrichtlinie in der Insolvenz nur fiir nationale Regelungen zur Kündigung, der zwingenden Eintrittspflicht des Neuinhabers und zur Haftungsübernahme ftir Altverbindlichkeiten (Art. 3 und 4), nicht hingegen fiir Art. 7, der die Information und Konsultation der Arbeitnehmer betrifft, vorgesehen sind (vgl. Art. 5 RL 2001/23/EG). Soweit fiir die Wirkungen des § 613a BGB in Insolvenzfällen haftungsrechtliche Einschränkungen angenommen werden 103 , ist dies fiir die Anwendbarkeit von § 613a Abs. 5 und 6 BGB ohne Belang. Allerdings können haftungsrechtliche Besonderheiten auf den Unterrichtungsinhalt nach§ 613a Abs. 5 BGB durchschlagen 104 •

2.

Persönlicher Anwendungsbereich von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

Nach Wortlaut und Systematik der Neuregelungen in§ 613a Abs. 5, 6 BGB muss der betreffende Beschäftigte Arbeitnehmer sein. Der Anwendungsbereich von Absatz 5 und 6 ist damit identisch mit dem allgemeinen persönlichen Anwendungsbereich von§ 613a BGB, der ebenfalls die Arbeitnehmer-

ecken, ZIP 1994, 1087, 1092; Däubler, RdA 1995, 136, 140; Hanau, ZGR 1990,548, 556 f.; Rieble, ZIP 1997, 301, 306; Schaub, FS Wlotzke, S. I 03, 118 f.; Steuck, NJW 1995,2887, 2890; Willemsen, RdA 1993, 133, 137; ders., NZA 1996, 791, 798; Wollenschläger/Pollert, ZfA 1996, 547, 558; weitere Nw. bei Menze, Widerspruchsrecht, S. 42 (Fn. 176). Ablehnend u.a. MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 214; Heinze, ZfA 1997, I, 6; Hennrichs, ZIP 1995, 794, 799. I 00 Dazu ausführlich § II. 101 Statt vieler Uhlenbruck-Berscheid, InsO, § 128 Rn. 5; SPV-Vossen, Kündigung, Rn. 2198; SteindorjlRegh, Arbeitsrecht in der Insolvenz,§ 3 Rn. 731 m.w.N. 102 Zu einem Eingreifen von§ 613a Abs. 5 BGB unter dem speziellen Gesichtspunkt der Umstrukturierung in der Insolvenz unter Einschaltung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft s. Lembke, BB 2004, 773, 778. I 03 Nw. in Fn. 516, 517 (2. Kapitel). I 04 Dazu § 5 C. III. 3. a) dd) (2).

22

Entstehungsgeschichte und Grundlagen von § 613a Abs. 5 und 6 BGB

eigenschaft voraussetzt 105 . Unerheblich ist, ob es sich um Arbeitsverhältnisse von Arbeitern, Angestellten, Auszubildenden(§ 3 Abs. 2 BBiO) oder leitenden Angestellten handelt, der Betrieb betriebsratspflichtig oder ein Tendenzbetrieb ist 106 . Auf Leiharbeitsverhältnisse ist § 613a Abs. 5, 6 BOB anwendbar, wenn der Verleiher seinen Betrieb veräußert. Nicht einschlägig sind jedenfalls § 613a Abs. 1 bis 4 und 6 BOB, wenn der Entleiherbetrieb den Inhaber wechselt, da hiervon die Arbeitsverhältnisse der Leiharbeitnehmer mit dem Verleiher grundsätzlich nicht erfasst werden 107 • Demgegenüber scheidet jedenfalls nach dem Wortlaut von § 613a Abs. 5 BOB das Bestehen einer Unterrichtungspflicht gegenüber dem Leiharbeitnehmer in derartigen Konstellationen nicht ohne weiteres aus, da der Fremdarbeitnehmer ungeachtet des fehlenden Übergangs seines Arbeitsverhältnisses von der Betriebsübertragung, beispielsweise bei einer hiermit zusammenhängenden Betriebsverlegung, im natürlichen Wortsinn "betroffen" sein kann. Entscheidend für die Anwendung von § 613a Abs. 5 BOB ist hier, ob das Unterrichtungsrecht unabhängig von einem möglichen Übergang des Arbeitsverhältnisses des "betroffenen" Arbeitnehmers besteht 108 •

I 05 Nicht erfasst sind arbeitnehmerähnliche Personen, Ruhestandsverhältnisse, Dienstverhältnisse von Organmitgliedem; s. BAG v. 13.2.2003, NZA 2003, 552, 554 f.; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 42; Staudinger-Richardi, BGB, § 613a Rn. 4 jeweils m.w.N. Liegt der Organstellung ganz ausnahmsweise ein ruhendes (verdecktes) Arbeitsverhältnis zugrunde, ist eine Anwendung von § 613a Abs. 5 und 6 BGB allerdings theoretisch denkbar. Soweit fiir derartige Fälle bislang angenommen wird, dass ein die Rechtsfolgen des § 613a Abs. I BGB hindemder Widerspruch stets dann anzunehmen sei, wenn das Organmitglied darauf besteht, sein Dienstverhältnis mit dem bisherigen Rechtsträger fortzusetzen, da das ruhende Arbeitsverhältnis nicht vom Organ-Dienstvertrag abgekoppelt werden dürfe (Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 24 ), ist dies für die Rechtslage nach Einführung von § 613a Abs. 6 BGB problematisch, weil der Widerspruch nunmehr schriftlich erklärt werden muss. Eine sachgerechte Lösung ermöglicht nur die Annahme einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits mit Begründung der Organstellung. Hierbei ergibt sich allerdings eine Parallelproblematik in Bezug auf§ 623 BGB; dazu jüngst Dollmann, BB 2003, 1838 ff. m.w.N. 106 Statt aller MünchKomm-Schaub, § 613a BGB Rn. 8 m.w.N.; fiir die Neuregelungen ausdrücklich Kliemt, Juve-HdB. 2002/2003, S. 214, 215. 107 S. MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 14; Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 28; DLW-Baeck!Haussmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3332. Etwas anderes gilt allerdings in den Fällen, in denen nach § 10 Abs. I AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Arbeitnehmer fingiert wird; Beisel!Klumpp, Unternehmenskauf, 10 Rn. 39 m.w.N. 108 Dazu§ 3 B. I. I. b) bb) (2) (a).

23

Einführung und Grundlagen zu § 613a Abs. 5 und 6 BGB

3.

Zeitliche Anwendung der Neuregelungen in § 613a Abs. 5 und 6 BGB

Im Zusammenhang mit der Einführung von § 613a Abs. 5, 6 BOB wurde keine Übergangsvorschrift geschaffen. Die Neuregelungen sind somit auf alle Betriebsübertragungen anwendbar, die vor deren Inkrafttreten am 1.4.2002 noch nicht vollzogen waren 109 • Die Ansicht, wonach altes Recht anzuwenden sei, wenn die Belegschaft schon vor diesem Zeitpunkt Kenntnis von einem späteren Betriebsübergang erhalten hat 110 , findet im Gesetz keine Stütze. Für die Frage, ob der Widerspruch den Anforderungen des § 613a Abs. 6 S. 1 BOB (Schriftform) genügen muss, kommt es auf den Zeitpunkt des Zugangs der Widerspruchserklärung an. Ab dem 31.3.2002 zugegangene Widersprüche bedürfen daher der Schriftform. Für die Widerspruchsfrist ist ebenfalls der Stichtag des Inkrafttretens der Neuregelungen maßgeblich. Vollzog sich der Betriebsübergang vor dem 1.4.2002, so verbleibt es grundsätzlich bei der Anwendung der nach der Rechtsprechung bislang geltenden Regelung für die Widerspruchsfrist, wonach der Arbeitnehmer dem Arbeitgeberwechsel nach Vollzug des Betriebsübergangs innerhalb von drei Wochen widersprechen muss 111 • Etwas anderes gilt, wenn die Arbeitnehmer über die Übertragung nicht entsprechend den Anforderungen der bisherigen Rechtsprechung informiert wurden und mithin eine Frist für den Widerspruch nicht ausgelöst wurde. Hier können Betriebsveräußerer bzw. erwerber ab dem 1.4.2002 durch eine Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BOB die einmonatige Frist des § 613a Abs. 6 BOB auch nachträglich noch auslösen 112 •

109 II 0 !II 112

24

Wie hier ErfK.omm-Preis, § 613a BGB Rn. 100. Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 465. S. BAG v. 22.3.1993, AP Nr. 102 zu§ 613a BGB (LS und unter V 2 c cc). Die Anwendung von § 613a Abs. 6 S. I BGB bei Zugang des Informationsschreibens nach dem Betriebsübergangsstichtag wird in § 7 B. I. 2. behandelt.

2. Kapitel: Die Unterrichtung der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht § 3 Unterrichtung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter nach der Richtlinie 2001123/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht Ziel des folgenden Abschnitts ist es, die Regelung in§ 613a Abs. 5 BGB im Lichte der gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen der Norm und des gesetzgeberischen Umsetzungsziels näher zu untersuchen. Da Art. 7 RL 2001/23/EG sowohl Vorgaben für eine Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer als auch ihrer Vertreter im Zuge des Übergangs von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung bzw. Verschmelzung (s. Art. 1 Abs. 1 lit. a RL 2001/23/EG) statuiert, ist hierbei auch von Belang, ob der deutsche Gesetzgeber seiner Umsetzungspflicht im kollektiven Bereich hinreichend nachgekommen ist.

A.

Die Unterrichtung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter nach Art. 7 RL 2001123/EG

I.

Überblick über die wesentlichen Vorschriften des Art. 7 RL 2001123/EG

Art. 7 RL 200 1/23/EG betrifft vornehmlich Pflichten des Betriebsveräußerers und -erwerbers zur Information und Konsultation der Arbeitnehmervertreter. Hierbei wird der kollektive Schutz als Ergänzung zum individuellen Schutz der Richtlinie gesehen; er soll diejenigen nachteiligen Auswirkungen ausgleichen, die von dem individuellen Schutz nicht hinreichend erfasst sind 1• Art. 7 Abs. I und 2 RL 200 1/23/EG bestimmt insoweit, dass Veräußerer und Erwerber verpflichtet sind, die Vertreter ihrer jeweiligen von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer zu informieren über: den Zeitpunkt bzw. den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang,

S. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Kommissionsvorschlag von Mai 1974, Abi. EG Nr. C 255 v. 7.11.1975, S. 27; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 175; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 35.

25

§ 613a Abs. 5 8GB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen fiir die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen. Der Veräußerer muss den Vertretern seiner Arbeitnehmer diese Informationen rechtzeitig vor dem Vollzug des Übergangs übermitteln. Ebenso ist der Erwerber verpflichtet, den Vertretern seiner Arbeitnehmer diese Informationen rechtzeitig zu erteilen, auf jeden Fall aber bevor diese Arbeitnehmer von dem Übergang hinsichtlich ihrer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen unmittelbar betroffen werden. Ziehen Veräußerer bzw. Erwerber Maßnahmen hinsichtlich ihrer Arbeitnehmer in Betracht, so müssen sie die Vertreter ihrer Arbeitnehmer rechtzeitig zu diesen Maßnahmen zu konsultieren, um eine Übereinkunft anzustreben, Art. 7 Abs. I UAbs. 2, Abs. 2 RL 2001 /23/EG. Sofern die nationalen Bestimmungen vorsehen, dass die Arbeitnehmervertreter eine Schiedsstelle anrufen können, um eine Entscheidung über die hinsichtlich der Beschäftigten zu treffenden Maßnahmen zu erhalten, können die Mitgliedsstaaten die Verpflichtungen zur Information und Konsultation gemäß Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG auf den Fall beschränken, dass der vollzogene Übergang eine Betriebsänderung hervorruft, die wesentliche Nachteile für einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer zur Folge haben kann. Bei dieser Regelung soll es sich um eine von der damaligen Bundesregierung durchgesetzte Ausnahme handeln, die es ermöglichen sollte, das deutsche BetrVG in der Fassung vom 15.1.1972 unverändert zu lassen 2 • Eine weitere Einschränkungsmöglichkeit sieht Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie vor. Hiernach können die Mitgliedsstaaten die Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 1 bis 3 RL 2001/23/EG aufUnternehmen oder Betriebe beschränken, die hinsichtlich der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer die Voraussetzungen fiir die Wahl oder Bestellung eines Kollegiums als Arbeitnehmervertretung erfüllen. Es steht danach im Belieben der Mitgliedsstaaten, Schwellenwerte für die Errichtung einer mehrköpfigen Arbeitnehmervertretung zu schaffen und damit solche Betriebe von der Informations- und Konsultationspflicht

2

26

S. v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 123, 291 f.; Engels, RdA 1978, 52, 55; Franzen, RdA 2002, 258, 260; Vandamme, Cahiers de Droit Europeen 1977,25,40.

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

auszuschließen, in denen aufgrund der geringen Beschäftigtenzahl nur eine Person zur Vertretung der Arbeitnehmer befugt ist3 • Als Ergänzung zu Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG begründet Abs. 6 eine subsidiäre Verpflichtung, die vom Übergang einer wirtschaftlichen Einheit betroffenen Arbeitnehmer individuell zu informieren. Die Regelung lautet: Die Mitgliedsstaaten sehen vor, dass die betreffenden Arbeitnehmer fiir den Fall, dass es unabhängig von ihrem Willen in einem Unternehmen oder in einem Betrieb keine Vertreter der Arbeitnehmer gibt, vorher zu informieren sind über den Zeitpunkt bzw. den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, den Grund fiir den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer, die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen. Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG geht zurück auf die Novellierung der Betriebsübergangsrichtlinie 771187/EWG durch die RL 98/50/EG im Jahre 1998. Seine Vorgängervorschrift hatte in Art. 6 Abs. 5 RL 771187/EWG lediglich bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten vorsehen können, dass die betreffenden Arbeitnehmer flir den Fall der Nichtexistenz von Arbeitnehmervertretern in einem Unternehmen oder Betrieb über den bevorstehenden Übergang im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie zu informieren sind. Bis zu der Novelle wurden also nicht nur geringere Anforderungen an den Umfang der Unterrichtung gestellt, sondern die Umsetzung der Vorschrift lag insgesamt im Ermessen der Mitgliedsstaaten. Damit hatte sich eine Forderung des Europäischen Parlaments zunächst nicht durchsetzen können, nach der flir Betriebe ohne Arbeitnehmervertreter eine Information der Beschäftigten selbst vorgeschrieben werden sollte4 • Diese wurde durch den Vorschlag der Kommission flir eine novellierte Betriebsübergangsrichtlinie vom 8.9.1994; wieder aufgegriffen, der fiir Art. 6 Abs. 6 eine obligatorische sub-

3

4 5

S. Oetker, EAS B 8300 Rn. 331 mit einem Überblick über diejenigen europäischen Staaten, die von der Ermächtigung zur Festlegung eines solchen Schwellenwertes Gebrauch gemacht haben (u.a. Belgien, Frankreich, Niederlande). S. die Stellungnahme vom 8.4.1975, ABI. EG.Nr. C 95 v. 28.4.1975, S. 17 tf. ABI. EG Nr. C 274 v. 1.1 0.1994, S. I 0 tf. Zum Kommissionsvorschlag ausführlich Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 195 tf.; Bauer, DB 1994, 1982; Hanau, ZIP 1994, 1568. Näher zur Entstehungsgeschichte Franzen, RdA 1999, 361,

27

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

sidiäre Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer vor dem Übergang vorsieht. Hinsichtlich der Gründe für die Neuregelung ist ihrer Entstehungsgeschichte im Wesentlichen nur zu entnehmen, dass "zu präzisieren" sei, unter welchen Umständen die Arbeitnehmervertreter zu informieren sind, wenn es keine Arbeitnehmervertreter gibt6 • Aus dem Gesamtkontext der Richtlinienbestimmungen zur Information und Konsultation ergibt sich allerdings, dass die schließlich verabschiedete Regelung in Art. 6 Abs. 6 RL 98/50/EG (Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG) dem Ausgleich von Defiziten dienen soll, die durch die in Art. 6 Abs. 5 RL 98/50/EG (Art. 7 Abs. 5 RL 2001/23/EG) vorgesehene Beschränkungsmöglichkeit der kollektiven Unterrichtung auf Unternehmen oder Betriebe, die die Voraussetzungen für die Wahl eines Kollegiums als Arbeitnehmervertretung erfüllen, entstanden sind 7 . Dieses Ziel würde jedoch wie zu zeigen sein wird - bei wortgetreuer Umsetzung der Vorgaben in Deutschland völlig verfehlt. Für die deutsche Diskussion um die Änderungsrichtlinie 98/50/EG bleibt noch festzuhalten, dass die Änderungen im Bereich der Information und Konsultation der Arbeitnehmer neben den im Zentrum der Aufmerksamkeit stehenden Bemühungen um eine Klarstellung des Anwendungsbereichs der Betriebsübergangsrichtlinie in deren Art. 1 sowie deren Geltung in der Insolvenz eine eher marginale Rolle gespielt haben 8 . Allerdings haben diese zu einer Wiederbelebung der Frage geführt, ob das deutsche Betriebsverfassungsrecht, namentlich die Vorschriften der §§ 111 ff. BetrVG, Umsetzungsdefizite gegenüber den europäischen Vorgaben für die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter bei einem Betriebsübergang aufweist.

II.

Struktur der Vorschriften des Art. 7 RL 2001/23/EG

1.

Kollektive und individuelle Unterrichtung nach Art. 7 RL 2001/23/EG, Grund- und Ausnahmemodell

Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG muss im Gesamtkontext von Art. 7 gesehen werden, der von seiner Struktur her einem Regel-Ausnahme-Schema9 folgt. Art. 7 Abs. 1 RL 2001/23/EG regelt die von den einzelnen Mitgliedsstaaten

6 7 8 9

28

362 ff.; B.Gaul, NZA 1997, 1022, 1024; ders., BB 1999, 526; Oetker, EAS B 7200 Rn.2. Diese Formulierung hat Eingang in die Richtlinie gefunden, s. 12. Erwägungsrund zur RL 98/50/EG des Rates v. 29.6.1998, ABI. EG Nr. L 201 v. 17.7.1998, S. 88, 89. Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 177; Oetker, EAS B 8300 Rn. 332; Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZlP 2002, 457, 460 f. m.w.N. S. etwa MünchArbR-Birk, § 19 Rn. 216: Änderungen durch die RL 98/50/EG außerhalb des A11. I nur "leichtere Randkorrekturen". Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1132.

Richtlinie 2001123/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

zu gewährleistenden Mindestbedingungen hinsichtlich der Information der Arbeitnehmervertreter. Ergänzt wird dies in Absatz 2 durch eine zusätzliche Konsultationspflicht, wenn Veräußerer oder Erwerber Maßnahmen hinsichtlich ihrer jeweiligen Arbeitnehmer in Betracht ziehen. Beide Bestimmungen bilden zusammen das sog. Grundmodell 10 der Informationsverpflichtung. Art. 7 Abs. 3 RL 200 1123/EG erlaubt es den Mitgliedsstaaten, die Pflicht zur Information und Konsultation unter den oben bereits angesprochenen Voraussetzungen abweichend von dem Grundmodell auf Betriebsübergänge zu reduzieren, die eine Betriebsänderung hervorrufen, sog. Ausnahmemodell 11 • Auf den ersten Blick isoliert neben Grund- und Ausnahmemodell steht die aus Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG folgende Pflicht ftir die Mitgliedsstaaten, Bestimmungen zur individuellen Information der Arbeitnehmer vorzusehen, wenn es unabhängig von dem Willen der Beschäftigten keine Arbeitnehmervertretung in dem Unternehmen oder Betrieb gibt. Damit sind in erster Linie Konstellationen angesprochen, in denen nach innerstaatlichem Recht überhaupt keine Arbeitnehmervertretung gebildet werden kann. In Deutschland kommt die Vorschrift somit primär Arbeitnehmern nicht betriebsratsfähiger Betriebe, also solcher Einheiten, in denen in der Regel weniger als ftinf Arbeitnehmer beschäftigt werden (§ 1 Abs. 1 BetrVG), zugute. Es ist aber nicht exakt, den Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG ausschließlich auf diesen Fall zu beschränken 12 , weil eine individuelle Information gemäß Absatz 6 nach Wortlaut und Zweck der Norm immer dann erforderlich ist, wenn unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer - gleich aus welchem Grund - die Bildung eines Betriebsrats nicht möglich ist. Dies ist etwa auch der Fall, wenn zwar ein betriebsratsfähiger Betrieb vorliegt, die Wahlen zur Arbeitnehmervertretung aber durch den Arbeitgeber behindert werden oder wegen der Dauer des Wahlverfahrens nicht rechtzeitig vor der Betriebsübertragung abgeschlossen werden können 13 . Im Hinblick auf die Richtlinienvorgaben wird daher zu kurz gegriffen, wenn gefordert wird 1\ eine unmittelbare Unterrichtung der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang im deutschen Recht ausschließlich ftir nicht betriebsratsfähige Betriebe vorzusehen. Art. 7 Absatz 6 RL 2001/23/EG ist andererseits aber nicht ein10 Oetker, EAS B 8300 Rn. 314; ders., NZA 1998, 1193. II Oetker, EAS B 8300 Rn. 327; ders., NZA 1998, 1195. 12 So aber ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 84; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 458; Franzen, RdA 2002, 258, 259 und 260. 13 Vgl. zutreffend B.Gaul/Otto, DB 2002, 634; Pfaff, BB 2002, 1604, 1607. 14 S. Anträge der Fraktion der FDP im Gesetzgebungsverfahren zu § 613a Abs. 5, 6 BGB, BT-Drucks. 14/8128, S. 4; 14/8144, S. I f. sowie der entsprechende Gesetzesentwurf, BT-Drucks. 14/8496, S. 3; Stellungnahme des Arbeitsrechtsausschusses des DAV, NZA 2002, Heft 2 S. Vl!I f.

29

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

schlägig, wenn eine Arbeitnehmervertretung bereits existiert 15 oder die Arbeitnehmer von ihrer Möglichkeit zur Errichtung einer solchen keinen Gebrauch gemacht haben 16 . Im letzten Fall haben sich die Arbeitnehmer nämlich gerade "abhängig von ihrem Willen" gegen eine Repräsentation entschieden, was den Verlust der Rechte aus Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG zur Folge hat. Dies belegt auch die Entstehungsgeschichte der Norm, da nach dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag 17 eine individuelle Unterrichtung schlicht immer dann vorgeschrieben werden sollte, wenn in einem Unternehmen oder Betrieb keine Arbeitnehmervertretung existiert. Aus dem Umstand, dass schließlich eine wesentlich engere Formulierung verabschiedet wurde, lässt sich ersehen, dass die Einfiihrung einer lückenlosen Informationspflicht nicht beabsichtigt war 18 • Dies wird in dem in Art. 7 RL 2001/23/EG angelegten Stufenverhältnis zwischen kollektiver und individueller Unterrichtung gespiegelt. Lediglich dann, wenn ungeachtet eines dahingehenden Willens der Arbeitnehmer die Bildung einer Vertretung im Unternehmen oder Betrieb nicht möglich ist, soll hilfsweise die Informationsverpflichtung direkt gegenüber den Beschäftigten eingreifen. Setzt man dies in Beziehung zum Grundmodell von Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG, so ergibt sich ein systematisch stimmiges Gefiige: In Betrieben, in denen nach innerstaatlichem Recht eine Arbeitnehmervertretung gebildet werden kann, muss diese nach Art. 7 Abs. 1, 2 der Richtlinie informiert und konsultiert werden. Ist die Bildung einer Arbeitnehmervertretung nach innerstaatlichem Recht hingegen - gleich aus welchen Gründen - nicht möglich, sind die betroffenen Arbeitnehmer selbst zu informieren. Diese treten als Adressaten folglich an die Stelle ihrer Vertreter 19 • Es gehört zu den im Folgenden noch näher zu beleuchtenden Auswirkungen der Umsetzung des Ausnahmemodells in Deutschland, dass das auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene bestehende Subsidiaritätsverhältnis der individuellen gegenüber der kollektiven Unterrichtung im deutschen Recht nicht abgebildet, sondern geradezu in sein Gegenteil verkehrt ist. Denn während § 613a Abs. 5 BGB eine Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer einschränkungslos in allen Betrieben unabhängig von Betriebsgröße und Existenz einer Arbeitnehmervertretung vorschreibt, sind die Infonnationsrechte des Betriebsrats bzw. Wirtschaftsausschusses aus §§ 106, 111 ff. BetrVG Beschränkungen unterworfen. Welche systematischen Brüche Art. 7 Abs. 6 15 16 17 18 19

30

In dieser Beziehung missverständlich Oetker, EAS B 8300 Rn. 366. A.A. Pfaff, BB 2002, 1604, 1607. ABI. EG Nr. C 274 v. 1.1 0.1994, S. I 0. Ebenso Willemsen/Annuß, NJW 1999, 2073, 2080. V gl. Franzen, RdA 2002, 258, 260.

Richtlinie 200 l/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

RL 200 1123/EG bei einer Umsetzung im Ausnahmemodell produziert, lässt sich am deutschen Recht geradezu exemplarisch zeigen. 2.

Die strukturellen Auswirkungen der Wahl des Ausnahmemodells für die Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG im deutschen Recht

a)

Umsetzung des Ausnahmemodells durch §§ 111 ff. BetrVG

Eine umfassende Regelung zur Information und Beteiligung des Betriebsrats bei Betriebsänderungen enthalten die §§ 111 ff. BetrVG20 , mit denen die Bundesrepublik die Bestimmungen der Betriebsübergangsrichtlinie für die Informations- und Konsultationsrechte der Arbeitnehmervertreter beim Betriebsinhaberwechsel allerdings nie explizit umgesetzt hat, sondern mit denen sie die Ausnahmevorschrift des Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 RL 2001/23/EG (Art. 6 Abs. 3, 4 RL 771187/EWG) für sich in Anspruch nehmen wi11 21 • Grund hierftir ist, dass eine Integration der mit Art. 6 Abs. 1 und 2 RL 771187/EWG (Grundmodell) im Jahre 1977 erstmals geschaffenen europäischen Vorgaben für die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter bei Betriebsübertragungen in das bestehende Gefüge des deutschen Betriebsverfassungsrechts auf Probleme stoßen musste. Gemäß § 111 S. 1 BetrVG ist das Eingreifen von Infonnations- und Beratungsrechten des Betriebsrats nämlich zum einen davon abhängig, dass in dem Unternehmen in der Regel mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt sind. Zum anderen sind diese Rechte jedenfalls nach der ursprünglichen gesetzgeberischen Konzeption und dem darauf aufbauenden Verständnis von Rechtsprechung und Schrift20 Daneben wird in der Literatur z.T. angenommen, dass der Betriebsrat über einen Betriebsübergang als solchen aufgrundvon §§ 2, 74 Abs. I BetrVG bzw. § 80 Abs. 2 S. I BetrVG informiert werden muss; vgl. Erman-Hanau, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. 77; FESTL, BetrVG, § 80 Rn. 53; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1161; Wollenschläger, FS Gitter, S. 1067, 1072; ablehnend ArbRKomm-Willemsen/MüllerBonanni, § 613a BGB Rn. 293; Staudinger-Richardi/Annuß, 8GB, § 613a Rn. 235. Dies kann außer Betracht bleiben, da nur solche Vorschriften den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen genügen können, die eine Information und Konsultation der Arbeitnelunervertreter im Umfang von Art. 7 Abs. I RL 2001/23/EG ausdrücklich vorsehen; vgl. Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1133; Pranzen, RdA 2002, 258, 260; s. zudem noch unten 8. II. 2. c). 21 Die Richtlinie 77/187 /EWG wurde durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom 8. August 1980 (BGBI. I, S. 1308) umgesetzt. Hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmervertreter ging der Gesetzgeber offenbar davon aus, dass die schon vorgesehenen Mitwirkungsrechte des Betriebsrats den Anforderungen der Richtlinie genügten; vgl. die Gesetzesbegründung der Bundesregierung, BT-Drucks. 8/3317, S. I ff.; Debong, Arbeitnehmeransprüche beim Betriebsübergang, S. 94; Oetker, EAS 8 8300 Rn. 335.

31

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

turn daran gekoppelt, dass sich im Zuge des Übertragungsvorgangs zusätzlich auf der betrieblich-strukturellen Ebene Änderungen ergeben 22 , während die Richtlinie seit Art. 6 Abs. I, 2 RL 771187 /EWG von jeher an den Rechtsvorgang des Unternehmens- oder Betriebsübergangs als solchen anknüpft, ohne dass es zu Veränderungen ftir die Arbeitnehmer kommen muss 23 .

b)

Folgewirkungen für die Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001123/EG

Die Tatsache, dass sich der deutsche Gesetzgeber bislang gescheut hat, vor dem Hintergrund der Vorgaben von Art. 7 Abs. 1, 2 RL 200 1123/EG die am Ausnahmemodell orientierte Struktur der §§ 111 ff. BetrVG aufzubrechen, zeitigt erhebliche Folgewirkungen ftir die Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG. Diese treten offen zutage, wenn man sich vergegenwärtigt, wie eine wortgetreue Umsetzung der Vorschrift im deutschen Recht ausgesehen hätte. In Betrieben, in denen eine Arbeitnehmervertretung nicht gebildet werden kann, hauptsächlich in Kleinbetrieben mit weniger als flinf Arbeitnehmern(§ 1 Abs. 1 BetrVG), müsste wegen Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG eine unmittelbare Unterrichtung der betroffenen Arbeitnehmer erfolgen, wenn ein Betriebsübergang vorliegt. In Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern wäre aufgrund der Ausnahmevorschrift in Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG (nur) der Betriebsrat zu unterrichten, sofern eine Betriebsänderung bevorsteht, die wesentliche Nachteile ftir erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben kann. Nimmt man mit der ganz herrschenden Meinung an, dass ein Betriebsübergang als solcher nicht bereits eine Betriebsänderung darstellt2\ so würden Arbeitnehmer betriebsratsloser Betriebe, in denen eine Arbeitnehmervertretung nicht gebildet werden kann, auf sinnwidrige Weise besser gestellt als ihre durch einen Betriebsrat vertretenen Kollegen 25 . Denn deren Vertretung wäre nur dann zu unterrichten, wenn neben der Betriebsübernahme zusätzlich die weiteren Voraussetzungen einer Betriebsänderung erfüllt sind.

22 Vgl. BAG v. 21.10.1980, v. 16.6.1987, AP Nr. 8 (LS I und unter I, 3), Nr. 19 (LS 2 unduntern !)zu§ 111 BetrVG 1972;v.IO.l2.1996,APNr.IIOzu§ 112BetrVG 1972 m.w.N. (unter B II I); aus der Literatur u.a. ErfKomm-Kania, § III BetrVG Rn. I 0; FESTL, BetrVG, § III Rn. 50; HSWG-Hess, BetrVG, § III Rn. 55; RichardiRichardi!Annuß, BetrVG, § !II Rn. 133; WHSS-Schweibert, Umstrukturierung, C Rn. 79 ff.; Wiedemann, FS Fleck, S.447, 462; Willemsen, RdA 1993, 133, 139. 23 S. bereits Engels, RdA 1978, 52, 55. 24 Nw. in Fn. 159, 160. 25 Vgl. Willemsen/Annuß, NJW 1999, 2073, 2080.

32

Richtlinie 200 1123/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

Kurios ist auch die sich bei wortgetreuer Umsetzung der Richtlinie im Ausnahmemodell für Betriebe mit sechs bis 20 Arbeitnehmern ergebende Rechtslage. Aufgrund der Kleinbetriebsklausel in Art. 7 Abs. 5 RL 200 1123/EG müsste der Betriebsrat nicht informiert werden, da ein Kollegium als Arbeitnehmervertretung im deutschen Recht erst ab einer Beschäftigtenzahl von 21 Arbeitnehmern im Betrieb gebildet wird(§ 9 S. 1 1. und 2. Fall BetrVG). Aber auch die einzelnen Arbeitnehmer müssten wegen Art. 7 Abs. 6 der Betriebsübergangsrichtlinie grundsätzlich nicht unterrichtet werden, da eine betriebsratsfähige Einheit vorliegt (§ 1 Abs. 1 BetrVG). Hier stünde also weder dem Betriebsrat noch den einzelnen Arbeitnehmern ein Informationsrecht zu. Die geschilderten Ergebnisse sind zu Recht als "Unsinn" bezeichnet worden26. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung von§ 613a Abs. 5 BGB somit richtig erkannt, dass eine I: I-Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG im Ausnahmemodell von vorneherein nicht in Betracht kommen konnte. Dabei wurzeln die aufgezeigten strukturellen Probleme letztlich darin, dass sich Art. 7 Abs. 6 der Betriebsübergangsrichtlinie konzeptionell zwar nahtlos in das Grundmodell einfügt, im Ausnahmemodell aber einen isoliert neben Art. 7 Abs. 3 und 5 stehenden Fremdkörper bildet. Zur Vermeidung systematischer Brüche im Ausnahmemodell wäre es erforderlich gewesen, in der Richtlinie eine speziell auf dieses zugeschnittene subsidiäre Vorschrift nach dem Vorbild von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG zu schaffen27 • Diese müsste neben der Konstellation, dass es unabhängig von dem Willen der Arbeitnehmer in einem Unternehmen oder Betrieb keine Vertreter der Arbeitnehmer gibt, einen Unterrichtungsanspruch der einzelnen Arbeitnehmer auch für diejenigen Fälle regeln, in denen die Arbeitnehmervertretung aufgrund der Ausnahmebestimmungen in Art. 7 Abs. 3 und 5 der Betriebsübergangsrichtlinie nicht unterrichtungs- und konsultationsberechtigt ist. Dies würde freilich einen Bedeutungswandel zugunsten eines lückenlosen Schutzes im Hinblick auf die Arbeitnehmerinformation bedeuten, den die RL 200 1/23/EG bislang aber nicht intendiert und der zudem insgesamt zu einer Aufweichung der Strukturen des Art. 7 führte. Abschließend ist zu klären, welche Auswirkungen sich durch die Umsetzung von Art. 7 Abs. 3, 5 und 6 RL 2001/23/EG für das deutsche Recht im Einzelnen ergeben. Der Gesetzgeber meint jedenfalls, mit dem Informationsrecht zugunsten der Arbeitnehmer aus § 613a Abs. 5 BGB Schutzdefizite

26 Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 460; Willemsen/Annuß, NJW 1999, 2073, 2080. 27 S. Franzen, RdA 2002, 258, 260.

33

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

kompensieren zu können, die durch die Umsetzung des Ausnahmemodells flir Fälle der reinen Betriebsübernahme entstanden sind28 • Außer Betracht bleibt, dass der erstrebte Ausgleich der im Ausnahmemodell bruchstückhaften Richtlinienvorgaben flir den Bereich des§ 613aAbs. 5 BGB Folgeprobleme produzieren muss. Hierbei ist nicht so sehr an den zum Teil beklagten29 Verwaltungsmehraufwand zu denken, den eine Pflicht zur Information jedes einzelnen Arbeitnehmers im Vergleich zu einer Mitteilungspflicht (nur) gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu Lasten der Arbeitgeber mit sich bringt. Vielmehr ist insbesondere problematisch, dass mit § 613a Abs. 5 BGB die Arbeitnehmerunterrichtung bei Betriebsübernahmen von ihren strukturellen Wurzeln abgekoppelt wird, die nach dem Vorbild von Art. 7 RL 200 1123/EG nicht im individualvertraglichen Bereich, sondern schwerpunktmäßig im Betriebsverfassungsrecht liegen 30 . Dies äußert sich darin, dass die einzelnen Beschäftigten gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB mit einem umfangreichen Informationskatalog zu konfrontieren sind, der an sich wegen Art. 7 Abs. 1 RL 2001/23/EG auf den Verständnishorizont von Betriebsräten zugeschnitten ist. Bedenkt man die im Einzelnen komplexen Rechtsfolgen des§ 613a BGB, so wird schnell deutlich, aufwelche Schwierigkeiten in Darstellung und Verständnis dies bei allen Beteiligten fUhren kann, zumal das im deutschen Recht bestehende Nebeneinander von individuellen und kollektiven Infonnationspflichten nach § 613a Abs. 5 BGB, dem BetrVG, EBRG, UmwG etc. die Gefahr inhomogener Informationen und damit einer Verunsicherung der betroffenen Arbeitnehmer in sich birgt. Neben diesen letztlich eher im Praktischen angesiedelten Folgewirkungen beschwört der deutsche Gesetzgeber, indem er durch die Wahl des Ausnahmemodells gezwungen ist, mit § 613a Abs. 5 BGB die fehlende Abstimmung zwischen Art. 7 Abs. 3, 5 und Absatz 6 RL 2001/23/EG auszugleichen, auch ein handfestes Auslegungsproblem herauf. Nach allgemeinen Grundsätzen ist Richtlinien umsetzendes nationales Recht richtlinienkonform auszulegen 31 • Dies gilt auch flir § 613aAbs. 5 BGB,jedenfalls soweit hierdurch die Vorgaben von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG umgesetzt wer28 Vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 29 WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 225; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457; Crisolli, CR 2002, 386, 387; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 640; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 269; Meyer, AuA 2002, 159, 160; Warmbein, DZWIR 2003, II, 13; Worzalla, NZA 2002, 353, 358. 30 Vgl. auch Franzen, RdA 2002, 258, 261. 31 Ausführlich dazu u.a. Franzen, Privatrechtsangleichung, S. 291 ff.; Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 89 ff.; Schulze-Schulze, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 9, 14 ff.; Roth, FS 50 Jahre BGH, S. 847, 874 ff.jeweils m.w.N.

34

Richtlinie 200 l/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

den. Über diese geht § 613a Abs. 5 BGB jedoch hinaus, weil hierin eine Informationspflicht auch gegenüber Arbeitnehmern solcher Betriebe statuiert ist, die über einen Betriebsrat entweder verfügen oder in denen abhängig vom Willen der Beschäftigten die Bildung einer Arbeitnehmervertretung jedenfalls möglich wäre. Es ergibt sich damit die Frage, ob gleichsam auch in dem überschießend 32 umgesetzten Bereich von § 613a Abs. 5 BGB eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung möglich oder sogar geboten ist. Ebenso zweifelhaft ist die Auslegungszuständigkeit des EuGH für den durch den Bundesgesetzgeber autonom dem europäischen Recht angeglichenen Bereich des§ 613aAbs. 5 BGB 33 •

B.

Die Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 RL 2001/23/EG im deutschen Recht

Im Folgenden soll überprüft werden, ob sich die Bundesrepublik auf eine hinreichende Umsetzung von Art. 7 RL 2001/23/EG im deutschen Recht berufen kann. I.

Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 Abs. 6 RL 2002/23/EG durch § 613a Abs. 5 BGB

Die Beurteilung der Gemeinschaftsrechtskonfonnität von § 613a Abs. 5 BGB muss sich wie folgt an einzelnen Regelungskomplexen orientieren. 1.

Unterrichtungsverpflichtete und -berechtigte

a)

Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 2001123/EG

Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG trifft keine ausdrückliche Regelung über den Adressaten der Informationspflicht Wer Unterrichtungspflichtiger ist, muss daher aus dem systematischen Gesamtzusammenhang von Art. 7 der Richtlinie erschlossen werden. Nach dessen Absatz 1 und 2 sind sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber des übergehenden Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteils zur Irrfonnation und Konsultation angehalten 34 • Hiermit wird allerdings keine kumulative Verpflichtung begründet. Vielmehr ergibt sich aus Art. 7 Abs. I UAbs. 2 und 3 RL 2001/23/EG, dass Veräußerer und Erwerber die jeweils bei ihnen bestehenden Arbeitnehmervertretungen unterrichten und konsultieren müssen. Angesichts der subsidiären Auffang32 Der Terminus "überschießende Umsetzung" stammt von Habersack/Mayer, JZ 1999, 913. 33 Zu diesen Problemkreisen noch näher unter B. I. 6. a) und b ). 34 Vgl. MünchArbR-Birk, § 19 Rn. 260; v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. I 02; Rademacher, Europäischer Betriebsrat, S. 58; B.Gaul, BB 1999, 582; Oetker, EAS B 8300 Rn. 315; ders., NZA 1998, 1193, 1194.

35

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

funktion von Art. 7 Abs. 6 der Betriebsübergangsrichtlinie bedeutet dies ftir die individuelle Unterrichtung, dass der übertragende Rechtsträger die bei ihm von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer in dem von der Richtlinie vorgesehenen Umfang informieren muss, während die gleiche Pflicht den Übernehmer gegenüber den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern trifft, sofern in den betroffenen Einheiten eine Arbeitnehmervertretung nicht gebildet werden kann35 • Hinsichtlich der Unterrichtungsberechtigung ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass die Richtlinie auch solche Arbeitnehmer36 in ihren Schutz mit einbezieht, die nicht unmittelbar in der übergehenden Einheit beschäftigt sind. Zwar ist der Wortlaut von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG, wo nur von den "betreffenden Arbeitnehmern" gesprochen wird, offen37 , jedoch erweisen sich auch hier die systematischen Zusammenhänge von Art. 7 Abs. 1 und Abs. 6 der Richtlinie als erhellend. Wenn gemäß Absatz 1 die Vertreter der Arbeitnehmer beim Veräußerer wie auch beim Erwerber zu unterrichten sind, so kann flir die individuelle Unterrichtung nach Absatz 6, bei der die einzelnen Arbeitnehmer als Adressaten an die Stelle ihrer Vertretung rücken, nichts anderes gelten. Gemäß Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG besteht daher eine Mitteilungspflicht auch gegenüber Arbeitnehmern des Betriebserwerbers, die von dem Betriebsübergang betroffen und die in Einheiten beschäftigt sind, in denen die Errichtung einer Arbeitnehmervertretung nicht möglich ist 38 .

35 Ebenso Franzen, RdA 2002, 258, 261; s.a. Oetker, NZA 1998, 1193, 1194. 36 Arbeitnehmer in diesem Sinne ist jede Person, die aufgrund mitgliedsstaatliehen Arbeitsrechts geschützt ist, s. Art. 2 Abs. I lit. d) RL 200 1123/EG; näher Alsbaek, Betriebsübergang und Folgen in Europa, S. 32 f.; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. I 7 f. m.w.N. 37 Die Betriebsübergangsrichtlinie kennt durchaus Formulierungen, die eindeutig erkennen lassen, dass nur die jeweils in der übertragenen Einheit beschäftigten Arbeitnehmer geschützt werden sollen. So differenzieren bspw. die englische, französische und italienische Richtlinienfassung im Gegensatz zur deutschen ausdrücklich zwischen vom Übergang betroffenen und übergehenden Arbeitnehmern, vgl. Art. 6 Abs. I RL 2001/23/EG: "employees affected by the transfer" bzw. "transferred employees", "travailleurs concemes par le transfer" bzw. "travailleurs transferes"; "lavoratori interessati da! trasferimento" bzw. "lavoratori trasferiti". 38 V gl. Franzen, RdA 2002, 258, 261; Willemsen/Annuß, NJW 1999, 2073, 2079 f.

36

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

b)

Bestimmungen des§ 613a Abs. 5 BGB

aa)

Bisheriger und neuer Betriebsinhaber als Adressaten der Informationspflicht

Gemäß § 613a Abs. 5 BGB muss der "bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber" die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer informieren. Es ist fraglich, ob der bisherige Arbeitgeber oder der neue Betriebsinhaber hierdurch kumulativ ("sowohl als auch") oder nur alternativ (im Sinne eines "entweder oder") verpflichtet sein sollen. Der geschilderten Struktur von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG käme ein Verständnis näher, das vor dem Betriebsübergang ausschließlich den bisherigen Betriebsinhaber, nach Vollzug der Übertragung nur seinen Nachfolger als Adressat der Pflicht aus § 613a Abs. 5 BGB ansieht. Indessen lässt die Norm die Annahme einer alternativen Informationsverpflichtung nicht zu. So legt bereits der Wortlaut von§ 613a Abs. 5 BGB nahe, dass stets auch der Betriebsnachfolger schon vor dem Übergang berechtigt und verpflichtet ist, die gesetzlich geforderten Informationen zu erteilen. Daneben lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass die Mitteilungspflicht den bisherigen Arbeitgeber und seinen Nachfolger gleichermaßen trifft, da sich die Beteiligten hinsichtlich der Information absprechen sollen39 . Verstünde man § 613a Abs. 5 BGB hingegen im Sinne eines "entweder oder", so bliebe nach dem Gesetz völlig offen, unter welchen Voraussetzungen jeweils der bisherige oder der neue Betriebsinhaber im Außenverhältnis auf Informationsecteilung in Anspruch genommen werden könnte. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass sowohl der bisherige Betriebsinhaber als auch der Erwerber Schuldner aus § 613a Abs. 5 BGB ist40 . In den Gesetzestext ist folglich anstelle des "oder" ein "und" hineinzulesen. Die geltende Gesetzesfassung erklärt sich aus dem Umstand, dass§ 613aAbs. 5 BGB eine doppelte bzw. parallele Unterrichtung der betroffenen Arbeitnehmer jeweils durch den übertragenden und den übernehmenden Rechtsträger nicht verlangt. Dies ist konsequent, weil das von der Norm vorausgesetzte Informationsinteresse der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer zur Auslösung der Wider39 S. BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 40 Ebenso APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 203; ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 321; ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 86; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 124; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3348; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspa1tung, § II Rn. 81; Bichlmeier, DZWIR 2002, 277, 278; Düwell, HzA-aktuell 2002, 31 ,34; Franzen, RdA 2002, 258, 264; Huke, FA 2002, 263, 264; Krügermeyer-Kalthr?ff!Reutershan, MDR 2003, 541, 542; Nehls, NZA 2003, 822; Widlak, FA 2002, 363; Worzalla, NZA 2002, 353; Wuljf, AiB 2002, 594. A.A. offenbar Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 463; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 22.

37

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

spruchsfrist nur einmal befriedigt werden muss. Die Verwendung des Wortes "oder" hat insoweit klarstellenden Charakter. Aus der vollständigen Abkopplung des § 613a Abs. 5 BGB von betriebsverfassungsrechtlichen Informationspflichten folgt, dass die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB nicht durch eine Information des Betriebsrats oder des Wirtschaftsausschusses ersetzt bzw. inhaltlich eingeschränkt werden kann41 . Insofern sind die beteiligten Arbeitgeber aus § 613a Abs. 5 BGB auch unabhängig von dem Bestehen oder der möglichen Wahl einer Arbeitnehmervertretung verpflichtet. Hierin liegt, wie angesprochen, eine Übererfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Direktiven des Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG, die aber nicht zuletzt wegen der Günstigkeitsklausel in Art. 8 RL 2001/23/EG europarechtlich unschädlich ist42 . Dies gilt im Übrigen auch für die in der Betriebsübergangsrichtlinie nicht vorgesehene Information durch den übernehmenden Rechtsträger gegenüber den übergehenden Arbeitnehmern vor dem Vollzug der Übertragung. Auch hier ist§ 613a Abs. 5 BGB günstiger, weil den Arbeitnehmern ein zusätzlichen Unterrichtungsschuldner zur Verfügung gestellt wird. bb)

Von einem Übergang betroffene Arbeitnehmer als Unterrichtungsberechtigte

Als Unterrichtungsberechtigte nennt § 613a Abs. 5 BGB die "von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer". Fraglich ist, wie dies auszulegen ist. (1)

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse nach§ 613a Abs. 1 S. 1 BGB übergehen

§ 613aAbs. 5 BGB ist im Einklang mit Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG jedenfalls gegenüber solchen Arbeitnehmern einschlägig, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf den Betriebsnachfolger überge41 In diesem Sinne auch APS-Steffan, § 613a Rn. 202; Bamberger/Fuchs-Roth, BOB, § 613a Rn. 77; DLW-Baeck!Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3349; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 12; Bährle, BuW 2002, I 004, 1005; Nehls, NZA 2003, 822, 823; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1161. Dasselbe gilt im Verhältnis zu personalvertretungsgesetzlichen Informationspflichten; s. Kröll, PersR 2002, 391,392 m.w.N. 42 Die Oünstigkeitsklausel ist lediglich Ausdruck des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Oünstigkeitsprinzips, so dass die Mitgliedsstaaten auch ohne die ausdrückliche Regelung des Art. 8 RL 2001/23/EO berechtigt wären, eine über Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EO hinausgehende Unterrichtungspflicht unabhängig vom Eingreifen kollektiver Informationstatbestände vorzusehen, soweit der Richtlinien-Mindeststandard gewahrt bleibt; vgl. v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 264 ff.; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 37 f. m.w.N.; Lutter, FS Everling, S. 765, 768 f., 780.

38

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

leitet werden43 . Da der Arbeitnehmer kraft Gesetzes einen neuen Vertragspartner erhält und überdies eine Veränderung der Arbeitsbedingungen beim Betriebsnachfolger (in den von § 613a Abs. 1 bis 4 BGB gezogenen Grenzen) möglich ist, sind übergehende Arbeitnehmer stets im Sinne von§ 613a Abs. 5 BGB "betroffen". Die Abgrenzung des unterrichtungsberechtigten Personenkreises ruft lediglich dann Schwierigkeiten hervor, wenn unklar ist, welche Arbeitnehmer der auf den Betriebsnachfolger übergehenden betrieblichen Einheit zuzurechnen sind. Hiermit sind allgemeine Zuordnungsprobleme angesprochen, wie sie etwa bei Betriebsteilübergängen entstehen können, wenn Arbeitnehmer eines anderen betrieblichen Teilbereiches funktionell vollständig oder zumindest überwiegend in dem ausgegliederten Betriebsteil tätig sind (typischerweise sog. Overhead- oder Querschnittspositionen wie Stabsfunktionen, Buchhaltung, EDV, Logistik). Für die Unterrichtungsberechtigung der betroffenen Arbeitnehmer ist dann entscheidend, ob das jeweilige Arbeitsverhältnis von dem Übergang gemäß § 613a Abs. 1 S.1 BGB erfasst wird44 • Dies richtet sich nach den in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Zuordnungskriterien45 .

(2)

Nicht gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB übergehende Arbeitnehmer

Zweifelhaft ist, ob § 613a Abs. 5 BGB auch zugunsten von Beschäftigten Anwendung findet, deren Arbeitsverhältnis nicht auf den Betriebsnachfolger übergeht. 43 Einhellige Ansicht, ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 86; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 41; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3349; Eich/meier, DZWIR 2002, 277, 278; Pranzen, RdA 2002, 258, 261; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1161; Worzalla, NZA 2002, 353; Wuif.f, AiB 2002, 594. 44 Ein Übergang des Arbeitsverhältnisses kann auch aufgrund des Abschlusses einer rechtsgeschäftliehen Überleitungsvereinbarung erzielt werden. Im Hinblick auf die Unterrichtungsberechtigung des betroffenen Arbeitnehmers nach§ 613a Abs. 5 BGB ist insoweit zu differenzieren: Geht das Arbeitsverhältnis unabhängig von der Überleitungsvereinbarung schon gemäß § 613a Abs. I S. I BGB auf den Betriebsnachfolger über, dann folgt daraus zugleich die Anwendbarkeit von Absatz 5, sofern der Arbeitnehmer nicht auf die Infonnation verzichtet hat (zum Unterrichtungsrechtsverzicht s. noch § 9 B.). Wäre § 613a Abs. I S. I BGB nicht einschlägig, so greift kraft Gesetzes auch § 613a Abs. 5 BGB nicht ein. 45 Ausführlich dazu (auch unter Einbeziehung unterschiedlicher objektiver und subjektiver Ansätze) ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 225 ff.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, I Rn. 166 ff.; WHSSWillemsen, Umstrukturierung, G Rn. !57 ff.; Kreitner, NZA 1990, 429 ff.; Willemsen/Annuß, Anm. zu BAG v. 18.9.1997, EzA Nr. !53 zu§ 613a BGB (S. 15 ff.)jeweils mit Nw. zur Rspr.

39

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

(a)

Der übertragenen betrieblichen (Teii-)Einheit nicht zuzuordnende Arbeitnehmer

Nach dem Vorbild von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG müsste§ 613a Abs. 5 BGB auch nur mittelbar von der Betriebsübertragung betroffenen Arbeitnehmern ein Informationsrecht zuerkennen, sofern in dem betreffenden Betrieb oder Unternehmen eine Arbeitnehmervertretung nicht gebildet werden kann 46 • Von praktischer Bedeutung wäre dies vor allem bei einem Betriebsübergang unter Eingliederung der übertragenen Einheit in bei dem Erwerber bestehende betriebliche Strukturen, wo zu fragen ist, ob § 613a Abs. 5 auch eine Information der Beschäftigten in dem aufnehmenden Betrieb verlangt. Dieselbe Schwierigkeit besteht umgekehrt, wenn sich bei einer Betriebsteilveräußerung mittelbare Auswirkungen für diejenigen Arbeitnehmer ergeben, deren Arbeitsverhältnis dem bei dem übertragenden Rechtsträger verbleibenden Restbetrieb zuzuordnen ist. (aa)

Interpretationsalternativen nach dem Wortlaut der Norm?

Für die Reichweite der Informationsberechtigung aus § 613a Abs. 5 BGB ist entscheidend, ob auch Arbeitnehmer nicht übergehender Einheiten im Sinne der Norm "betroffen" sein können. Nach dem Normwortlaut sind zwei Deutungsalternativen denkbar. Bei einem engen Begriffsverständnis ist das Betroffenheitsmerkmal so zu lesen, als seien Mitteilungen nur gegenüber von einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses betroffenen Beschäftigten erforderlich. Legt man hingegen ein weites Verständnis an, so könnten auch Arbeitnehmer erfasst sein, die unabhängig von einem persönlichen Arbeitgeberwechsel nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB von Maßnahmen der beteiligten Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Betriebsübertragung betroffen sind (Bsp.: Versetzungen oder Kündigungen, die der Betriebnachfolger zur Realisierung von Synergien in dem aufnehmenden Betrieb vornimmt; Herausfallen des Restbetriebs aus dem bisherigen tariflichen Geltungsbereich47 ). Schon bei näherer Wortlautbetrachtung erweist sich die letztgenannte Auslegungsvariante indessen als nicht plausibel. Wird nämlich die Fassung des gesamten Eingangssatzes von § 613a Abs. 5 BGB gewürdigt, so ist festzustellen, dass neben dem neuen Betriebsinhaber ausdrücklich der "bisherige Arbeitgeber" in die Pflicht genommen wird. Damit wird ein Beziehungsdreieck abgesteckt, dem der bisherige Arbeitgeber, der Betriebserwerber sowie diejenigen Arbeitnehmer angehören, bei denen es - vorbehaltlich eines Widerspruchs - zu einem gesetzlichen Vertragspartnerwechsel auf der 46 S. oben I. I. a). 47 Zu den hiermit verbundenen tarifrechtliehen Fragen s. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 24 Rn. 151 ff. m.w.N.

40

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

Arbeitgeberseite nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB kommt. Somit lässt bereits eine grammatikalische Auslegung erkennen, dass § 613a Abs. 5 BGB nur jeweils in Akzessorietät zu einem möglichen Übergang des Arbeitsverhältnisses nach Absatz 1 S. 1 der Norm einschlägig ist.

(bb)

Teleologische und systematische Erwägungen

Dieser Befund erhärtet sich unter Berücksichtigung der systematischen und zweckbezogenen Zusammenhänge von § 613a Abs. 5 und 6 BGB. Die Information kann ihren primären Zweck, den Arbeitnehmern als Entscheidungsgrundlage ftir den Widerspruch zu dienen, nur gegenüber solchen Beschäftigten erfüllen, denen ein Widerspruchsrecht auch zusteht. Dies sind nur Arbeitnehmer der übergehenden Einheit. Wäre der Kreis der aus § 613a Abs. 5 BGB Begünstigten weiter zu ziehen, so ergäben sich überdies ungereimte Konsequenzen. Zählte man beispielsweise Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebes zu den Mitteilungsadressaten, so würde gemäß § 613a Abs. 5 Eingangssatz BGB auch der übertragende Rechtsträger zu einer Information der (fremden) Arbeitnehmer des Übemehmers verpflichtet. Die hiermit angesprochenen Verwerfungen zwischen § 613a Abs. 5 BGB und den Richtlinienvorgaben resultieren daher, dass die deutsche Umsetzungsnorm anders als Art. 7 Abs. 6 RL 2001121/EG nicht denjeweiligen Arbeitgeber der übergangsbetroffenen Arbeitnehmer in die Pflicht nimmt. Dies ist aus Sicht des nationalen Gesetzgebers völlig konsequent, da der gesamte Normkontext von § 613a BGB auf eine Überleitung der Arbeitsverhältnisse ausgerichtet ist. Somit ist auch Absatz 5 systematisch ganz auf ein Unterrichtungsrecht nur solcher Mitarbeiter zugeschnitten, deren Arbeitsverhältnis von dem gesetzlichen Vertragspartnerwechsel nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB betroffen ist. Hätte der Gesetzgeber ein allgemeines Informationsrecht auch zugunsten nur mittelbar von der Betriebsübertragung berührter Arbeitnehmer begründen wollen, so hätte dies außerhalb von § 613a BGB, etwa im Betriebsverfassungsgesetz, geregelt werden müssen. (cc)

Korrektur vermittels richtlinienkonformer Auslegung?

Es stellt sich die Frage, ob der nach dem bisherigen Auslegungsergebnis gegenüber Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG in§ 613a Abs. 5 BGB zu eng gezogene Kreis der Informationsberechtigten im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zugunsten mittelbar betroffener Arbeitnehmer erweitert werden kann. Ziel der richtlinienkonformen Auslegung ist es, den gemeinschaftsrechtlichen Direktiven im nationalen Recht zur Durchsetzung zu verhelfen und damit die Verwirklichung der Richtlinienziele zu gewährleisten48 . Aller48 Vgl. EuGH v. 13.11.1990- Rs C-1 06/89 (Marleasing), Slg. 1990, I-4135, 4159; Schulze-Zu/eeg, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 163, 167 f. m.w.N.

41

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

dings setzt dies stets voraus, dass die jeweilige Vorschrift des mitgliedsstaatliehen Rechts einen Deutungsspielraum belässt, so dass der mit der Richtlinie übereinstimmenden Variante der Vorzug zu geben ist49 • Erfordert das Gemeinschaftsrecht ein Normverständnis, das mit der nationalen Bestimmung unvereinbar ist, so ist eine "Normkorrektur" ausgeschlossen - die Richtlinie ist schlicht defizitär umgesetzt 50 . Dies vorausgeschickt, kann § 613a Abs. 5 BOB nicht abweichend dahingehend richtlinienkonform ausgelegt werden, dass auch nicht von § 613a Abs. 1 S. 1 BOB betroffene Arbeitnehmer in seinen Schutz einbezogen werden. Es wurde nämlich nachgewiesen, dass eine Auslegung nach nationalen Auslegungskriterien ausschließlich den einzig sinnvollen Schluss zulässt, dass § 613a Abs. 5 BOB nur gegenüber solchen Arbeitnehmern einschlägig sein kann, die bei dem übertragenden Rechtsträger beschäftigt sind und die vorbehaltlich einer Widerspruchserklärung aufgrund von § 613a Abs. 1 S. 1 BOB einen neuen Arbeitgeber erhalten. Eine Erweiterung des Begünstigtenkreises trüge mithin dem Erfordernis nicht Rechnung, dass eine mit Blick auf die Richtlinie gewonnene Auslegung innerstaatlichen Rechts auch dann eine nach den nationalen Auslegungsregeln vertretbare Auslegung sein muss, wenn man die betreffende Richtlinie außer Acht lässt 51 • Es verbleibt somit bei dem- mit Blick auf Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG defizitärenErgebnis, dass § 613a Abs. 5 BOB zugunsten anderer als von dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 1 S. 1 BOB betroffener Beschäftigter kein Informationsrecht begründet52 •

(b)

Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses bereits widersprochen haben

Im Hinblick auf den Hauptzweck des § 613a Abs. 5 BOB, die Ermöglichung einer informierten Entscheidung über den Arbeitgeberwechsel, ist die Norm möglicherweise gegenüber solchen Arbeitnehmern nicht mehr einschlägig, die sich bereits verbindlich über einen Widerspruch nach § 613a Abs. 6 49 V gl. EuGH v. 16.12.1993 - Rs C-334/92 (Wagner Miret), Slg. 1993, 1-6926, 6932; Oppermann, Europarecht, Rn. 688; Schulze-Schulze, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 9, 14 f.; Schulze-Zuleeg, ebenda, S. 163, 171 f. m.w.N.; Franzen, RdA 1999,361,370 m.w.N. 50 Vgl. Schulze-Schulze, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 9, 14 f.; Krause, NZA 1998, 1201, 1204 m.w.N. 51 Vgl. EuGH v. 16.12.1993- Rs C-334/92 (Wagner Miret), Slg. 1993, 1-6911, 6932; BAG v. 30.3.2004- I AZR 7/03, (unter II 3 b cc (!)); Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 95 m.w.N.; Habersack/Mayer, WM 2002, 253, 256. 52 Im Ergebnis wie hier Franzen, RdA 2002, 258, 261; Nehls, NZA 2003, 822, 823.

42

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

BGB erklärt haben 53 . Zu beantworten ist also, ob Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis widerspruchsbedingt nicht auf den Betriebsnachfolger übergeleitet wird, gleichwohl noch zu den "von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmern" im Sinne von§ 613aAbs. 5 BGB zählen. Auszugehen ist zunächst davon, dass es nach dem Wortlaut der Bestimmung nur auf die Betroffenheit von einem Übergang nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB ankommt. Diese ist auch gegeben, wenn die gesetzliche Überleitung des Arbeitsverhältnisses letztlich durch einen Widerspruch verhindert wird. Bestätigt wird diese Auslegung dadurch, dass nach dem Gesetz neben dem "bisherigen Arbeitgeber" der "neue Inhaber" Adressat der Mitteilungspflicht ist. Auf Seiten des Betriebserwerbers wird somit gerade nicht darauf abgestellt, dass dieser tatsächlich in die Arbeitgeberstellung des betroffenen Arbeitnehmers einrückt. Existieren wie hier Auslegungsspielräume im nationalen Recht, so muss § 613a Abs. 5 BGB zudem richtlinienkonform ausgelegt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es im Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG auf eine Verkürzung der Richtlinienvorgaben hinausliefe, widersprechenden Arbeitnehmern eine Berechtigung aus § 613a Abs. 5 BGB abzusprechen. Da die Betriebsübergangsrichtlinie ein Widerspruchsrecht jedenfalls explizit nicht kennt, muss dieses auch bei der Abgrenzung der gemäß Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG zu informierenden Arbeitnehmer unberücksichtigt bleiben. Für § 613a Abs. 5 BGB kann insoweit nichts anderes gelten. Im Sinne von § 613a Abs. 5 BGB ist daher ein Arbeitnehmer auch dann von dem Übergang "betroffen", wenn sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613a Abs. 1 S. I BGB auf den neuen Betriebsinhaber überginge, sofern er dem Übergang nicht bereits widersprochen hätte 54 . Dasselbe gilt in dem umgekehrten Fall, wenn der Arbeitnehmer auf sein Widerspruchsrecht verzichtet hat und der Übergang seines Arbeitsverhältnisses damit bereits feststeht55. Festzuhalten bleibt, dass eine Ausklammerung widersprechender Arbeitnehmer aus dem Begünstigtenkreis des § 613a Abs. 5 BGB ungeachtet des beschränkten Zwecks, der den Mitteilungen nach bereits erfolgter Entschei-

53 Eine Widerspruchsrechtsausübung ist auch vor Zugang der Unterrichtung möglich; s. § 7 B. I. I. 54 Denkbar ist allerdings, dass der Betreffende mit dem schriftlichen Widerspruch einen Verzicht auf die Unterrichtung verbindet. Zu den diesbezüglichen Voraussetzungen s. § 9 B. I. 55 Zum Verzicht auf das Widerspruchsrecht näher§ 12 A. 1., II.

43

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

dung für oder gegen den Arbeitgeberwechsel noch zukommen kann, im Ergebnis nicht begründbar ist.

2.

Inhalt und Form der Information

Vergleichsweise wenig Schwierigkeiten wirft die Frage nach einer Kongruenz von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG und§ 613a Abs. 5 BGB im Hinblick auflnhalt und Form der Unterrichtung auf.

a)

Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 2001123/EG

Der Katalog der von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG verlangten Information 56 ist mit Art. 7 Abs. 1 RL 2001/23/EG identisch. Auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts kann daher zur Konkretisierung des Unterrichtungsumfangs nach Art. 7 Abs. 6 auf die Begrifflichkeiten zurückgegriffen werden, die zu Absatz 1 entwickelt worden sind 57 • Diese bleiben allerdings vage, da die Richtlinie ungeachtet der in Teilen generalklauselartigen Fassung der Informationstatbestände keine weiteren Definitionen enthält. Eine Formvorschrift für die Information enthält Art. 7 RL 2001/23/EG nicht. Mündliche Mitteilungen genügten folglich dem Richtlinienstandard 58 .

b)

Bestimmungen des§ 613a Abs. 5 BGB

Der Informationskatalog von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB stimmt fast wörtlich mit Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG überein. Der Gesetzgeber hat gut daran getan, durch eine den Wortlaut der Richtlinie in dieser Hinsicht treu befolgende Abbildung nicht zusätzliche Unsicherheiten heraufzubeschwören59. Freilich kann§ 613aAbs. 5 BGB aufdiese Weise auch keine Präzisierung hinsichtlich der geschuldeten Informationsinhalte schaffen60 , so dass das weitgehende Fehlen von Orientierungspunkten auf der Ebene des Art. 7 Abs. 1, 6 RL 2001/23/EG auf die deutsche Rechtslage durchschlägt. An der Gemeinschaftsrechtskonformität von § 613a Abs. 5 BGB bestehen insoweit jedoch keine Zweifel.

56 Der Wortlaut der Norm ist in diesem Abschnitt unter A. I. wiedergegeben. 57 S. etwa v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 120 f.; weitere Nw. bei Oetker, EAS B 8300 Rn. 320 ff. 58 Frwzzen, RdA 2002, 258, 261. 59 Eine andere Möglichkeit hätte darin bestanden, wie in §§ I 06 Abs. 2, III S. I BetrVG eine "umfassende" Informationspflicht vorzusehen. Dies wäre der Rechtssicherheit bezüglich des Gegenstands der notwendigen Mitteilungen jedoch offensichtlich abträglich gewesen. 60 Zu Möglichkeiten des nationalen Gesetzgebers zur Präzisierung von Richtlinien im Rahmen der Umsetzungs. Grundmann, JZ 1996, 274, 282 ff.

44

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

Gemäߧ 613aAbs. 5 BGB hat die Unterrichtung in Textform (§ 126b BGB) zu erfolgen. Damit geht die deutsche Umsetzung über das gemeinschaftsrechtlich Notwendige hinaus und setzt die betroffenen Unternehmen Verpflichtungen aus, denen Arbeitgeber in anderen Mitgliedsstaaten jedenfalls auf Grund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht unterliegen 61 . Der Gesetzgeber sah es insoweit als vordringlich an, die dauerhafte Verfugbarkeit der Informationen zugunsten der Mitteilungsadressaten sicher zu stellen62. Gemeinschaftsrechtsbezogene Einwände bestehen hiergegen nicht.

3.

Zeitpunkt der Information

§ 613aAbs. 5 BGB weist hinsichtlich des Zeitpunktes der Information keine Defizite gegenüber der Direktive in Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG auf:

a)

Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 2001123/EG

Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG legt den Zeitpunkt der Unterrichtung nur recht undeutlich fest ("vorher"). Zur weiteren Präzisierung kann aber auch hier auf die Regelung in Art. 7 Abs. 1 RL 2001/23/EG zurückgegriffen werden, da die einzelnen Arbeitnehmer als Mitteilungsadressaten nach der Richtlinie an die Stelle ihrer Vertretung treten. Bezüglich des Informationszeitpunkts unterscheidet Absatz 1 zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber, stellt aber fur beide gleichermaßen das Erfordernis der Rechtzeitigkeit auf. Dieses wird fur den Betriebsveräußerer dahingehend konkretisiert, dass die Information den Arbeitnehmervertretern rechtzeitig vor dem Vollzug des Übergangs zu übermitteln ist63 • Unter dem Vollzug des Übergangs ist hierbei der Übergang der tatsächlichen Leitungsmacht auf den Erwerber zu verstehen, da sich zu diesem Zeitpunkt spätestens eine faktische Beeinträchtigung der Lage der Arbeitnehmer ergibt64 . Daher muss auch die Information der einzelnen Beschäftigten im Veräußererbetrieb gemäß Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG spätestens erfolgt sein, wenn der Betriebsnachfolger die betriebliche Leitungsmacht übernommen hat. Andererseits muss ein zeitlicher 61 Kritisch unter diesem Gesichtspunkt Franzen, RdA 2002, 258, 261. 62 Vgl. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 63 S. Art. 7 Abs. I Unterabs. 2 RL 2001/23/EG. Für die Arbeitnehmer des Betriebserwerbers gilt die Regelung in Satz 2 der Norm. Hiernach ist derErwerberzur rechtzeitigen Informationsübermittlung, auf jeden Fall bevor die Arbeitnehmer von dem Übergang hinsichtlich ihrer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen unmittelbar betroffen sind, verpflichtet. Dies kann im Rahmen der hier zu behandelnden Fragestellung außer Betracht bleiben, da§ 613a Abs. 5 BGB nach den bisherigen Feststellungen ohnehin nur gegenüber Arbeitnehmern des übertragenden Rechtsträgers einschlägig ist. 64 v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 120; Oetker, EAS B 8300 Rn. 319; ders., NZA 1998, 1193, 1194; ähnlich APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 154.

45

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Vorlauf, der den Arbeitnehmern die Möglichkeit bietet, ihre Bedenken und Anregungen mit der Unternehmensleitung zu diskutieren, weder im Rahmen von Art. 7 Abs. I noch im Bereich des Absatzes 6 eingehalten werden, da diese Normen im Gegensatz zu der Spezialregelung in Art. 7 Abs. 2 der Betriebsübergangsrichtlinie den Arbeitnehmern gerade kein Konsultationsrecht einräumen 65 .

b)

Bestimmungen des§ 613a Abs. 5 BGB

Ähnlich wie sein gemeinschaftsrechtliches Vorbild legt § 613a Abs. 5 BGB den Zeitpunkt der Unterrichtung nur grob fest ("vor dem Übergang"). Der Gesetzgeber hat insofern konsequenterweise auf die Einfiihrung eines Rechtzeitigkeitsmerkmals wie in § 106 Abs. 2 S. 1 bzw. § 111 S. 2 BetrVG verzichtet. Im deutschen Recht ist damit in ausreichendem Einklang mit den europäischen Vorgaben sichergestellt, dass eine Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer nach dem Betriebs- oder Betriebsteilübergang jedenfalls zu spät kommt. Den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an den Unterrichtungszeitpunktist somit durch§ 613aAbs. 5 BGB genügt 66 .

4.

Sanktionen bei Missachtung der Unterrichtung

Abschließend ist zur Beurteilung der Richtlinienkonformität von § 613a Abs. 5 BGB auf die Frage einzugehen, ob die Missachtung der Informationspflicht durch die beteiligten Rechtsträger nach deutschem Recht hinreichend sanktioniert ist.

a)

Bestimmungen des Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG

Die Betriebsübergangsrichtlinie enthält abgesehen von der verfahrensbezogenen Regelung in Art. 9 keine unmittelbaren materiellen Direktiven ftir die Mitgliedsstaaten in Bezug auf eine Sanktionierung von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht 67 . Verwunderlich ist dies allemal, zumal etwa die Richtlinie 2002114/EG "angemessene Sanktionen" ausdrücklich verlangt68 . Dies könnte zu dem argurnenturn e contrario verleiten, Sanktionsbestimmungen ftir Verstöße gegen von Art. 7 RL 2001/23/EG generiertes nationales Recht seien entbehrlich. Es gilt aber die allgemeine Verpflichtung der 65 Diese Differenzierung übersieht offenbar v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 120. 66 Noch zu erörtern ist, welche Spielräume bei der Wahl des Informationszeitpunkts ftir die Betriebsübertragungsparteien vor dem Übergang bestehen; dazu § 4 B. I. 67 Oetker, EAS B 8300 Rn. 334; s.a. B.Gaul, NZA 1997, 1022, 1027. S. zu Art. 9 RL 200 1123/EG noch § 4 A. II. 2. t). 68 S. Art. 8 Abs. 2 der RL zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft vom 11.3.2002, ABI. EG v. 23.3.2002, S. 29 ff. (sog. Rahmenrichtlinie).

46

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

Mitgliedsstaaten, solche Sanktionen für Verstöße gegen Vorschriften aus umgesetztem Recht vorzusehen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind69 • Da sich dieses Gebot, die praktische Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten ("effet utile" 70 ), unmittelbar aus dem primären Gemeinschaftsrecht, namentlich aus Art. 10 EG (Art. 5 EGV), ergibt1 1, ist eine ausdrückliche Sanktionsbestimmung in der Richtlinie ohnehin entbehrlich. Bei der Wahl der Sanktion steht dem nationalen Gesetzgeber ein Ermessensspielraum zu 72 . Für Zivilrechtsfolgen ist insoweit anerkannt, dass insbesondere Schadensersatzansprüche eine abschreckende Sanktion in dem oben genannten Sinne darstellen können 73 . Öffentlich-rechtliche Sanktionen, wie sie beispielsweise in § 121 BetrVG vorgesehen sind, sind daher nicht zwingend erforderlich.

b)

Bestimmungen des§ 613a Abs. 5 BGB

Eine spezielle Sanktionsnorm für Verstöße gegen § 613a Abs. 5 BOB ist im Kontext der Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG nicht geschaffen worden. Gleichwohl genügt das deutsche Recht den geschilderten europäischen Anforderungen: Zunächst muss gewürdigt werden, dass der bundesdeutsche Gesetzgeber mit der Regelung in § 613a Abs. 6 S. 1 BOB ein wirksames Instrument zur Durchsetzung des Informationsrechts der Arbeitnehmer geschaffen hat. In der Praxis dürfte bereits die bei Verstößen gegen das Unterrichtungsgebot bestehende Gefahr unbefristet möglicher Widersprüche 74 die Betriebsübertragungsparteien dazu anhalten, größtmögliche Sorgfalt auf die Information der betroffenen Beschäftigten zu verwenden, zumal eine Vielzahl nachträg69 Vgl. EuGH v. 10.4.1984 - Rs 14/83 (v.Colson und Kamann), AP Nr. I zu § 611 a BGB (unter LS 3 und unter c); v. 21.9.1989- Rs 68/88 (Kommission./.Griechenland), Slg. 1989, III-2965, 2984 f.; v. 8.6.1994 - Rs C-383/92 (Kommission./.Vereinigtes Königreich), Slg. 1994, 1-2479, 2494; v. 12.9.1996 - Rs C-58/95 (Galotti), Slg. 1996 1-4345, 4369; v. 23.1.1997- Rs C-29/95 (Pastoors), Slg. 1997,1-285, 308; BAG v. 30.3.2004I AZR 7/03, (unter II 3 b bb); Fuchs/Merhold, Europ. Arbeitsrecht, S. 151 f.; Oetker, EAS B 8300 Rn. 334 m.w.N. 70 Zu Begriffsbildung und Anwendungsspektrum dieser Rechtsfigur ausfuhrlieh Streinz, FS Everling, S. 1491 ff. m.w.N. 71 S. Weyer, ZEuP 1999,424, 442; Wißmann, RdA 1998,221,225. 72 EuGH v. 21.9.1989 - Rs 68/88 (Kommission./.Griechenland), Slg. 1989, III-2965, 2985; v. 10.7.1990- Rs 326/88 (Hansen), Slg. 1990,1-2911, 2935; v. 12.9.1996- Rs C-58/95 (Galotti), Slg. 1996, 1-4345, 4369; v. 23.1.1997 - Rs C-29/95 (Pastoors), Sl. 1997, 1-285, 308; Oetker, EAS B 8300 Rn. 334; Weyer, ZEuP 1999, 424, 442; Wißmann, RdA 1998,221,225. 73 Vgl. nur Weyer, ZEuP 1999, 424, 442. 74 Dazu§ 10A.I. I.

47

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

licher Widersprüche insbesondere durch Schlüsselkräfte oder allgemein bei personalintensiven Betrieben die Betriebsübertragung hinfällig machen kann 75 • Da sich für die Transaktionsbeteiligten hier durchaus existenzielle Risiken ergeben können 76 , liegt es nahe, das bei nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung bestehende unbefristete Widerspruchsrecht als wirksame und abschreckende Sanktion aufzufassen. Allerdings wird es auch Konstellationen geben, in denen der Betriebsveräußerer oder -erwerber ausnahmsweise ein Interesse daran hat, den übergehenden Arbeitnehmern die Widerspruchsmöglichkeit so lange als möglich zu erhalten (Bsp.: Veräußerer will Know-How-Träger behalten; Erwerber will nur die Betriebsmittel, nicht die Beschäftigten übernehmen). In diesen Fällen taugt die Aussicht nachträglicher Widersprüche zur praktischen Durchsetzung der Information nicht. Auch in einem derartigen Fall sind aber Zweifel an der Richtlinienkonformität des § 613a Abs. 5 BGB unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Sanktionierung von Pflichtverstößen nicht angebracht. Denn § 613a Abs. 5 BGB unterliegt infolge seiner systematischen Anhindung an das Arbeitsvertragsrecht allgemeinen schuldrechtlichen und zivilprozessualen Instrumentarien, die die Durchsetzbarkeit der Unterrichtung gewährleisten. Dies gilt insbesondere für Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer als mögliche Folge einer Verletzung von § 613a Abs. 5 BGB 77 • Die praktische Wirksamkeit der Verpflichtungen des Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG ist folglich im deutschen Recht insgesamt ausreichend sichergestellt. 5.

Ergebnis zur Richtlinienkonformität von § 613a Abs. 5 BGB

Es konnte nachgewiesen werden, dass§ 613a Abs. 5 BGB im Verhältnis zu Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG sowohl überschießende als auch defizitäre Komponenten aufweist. Freiwillige Rechtsanpassung hat der Gesetzgeber im Hinblick auf den Anwendungsbereich von § 613a Abs. 5 BGB insoweit betrieben, als die Norm stets und unabhängig von der möglichen Existenz von Arbeitnehmervertretungen eingreift. Daneben übertrifft auch die zusätzliche Unterrichtungsverantwortlichkeit des übernehmenden Rechtsträgers für die übergehenden Arbeitnehmer sowie das Textformerfordernis für die Mitteilungen die Richtlinienvorgaben. Ein Umsetzungsdefizit enthält das deutsche Recht deswegen, weil in § 613a Abs. 5 BGB keine Pflicht des Betriebserwerbers zur Information der bei ihm beschäftigten, von dem Über75 Ausführlich hierzu Menze, Widerspruchsrecht, S. 211 ff. m.w.N. 76 Vgl. das Beispiel bei Tepass, FAZ v. 6.3.2002 (Nr. 55), S. 24. 77 Zur Einklagbarkeit von Rechten aus § 613a Abs. 5 BGB s. § 4 A. III.; Schadensersatzfolgen bei Unterrichtungspflichtverstößen werden in§ 10 D. behandelt.

48

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

tragungsvorgang mittelbar betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen ist, wenn in dem aufnehmenden Betrieb oder Unternehmen eine Arbeitnehmervertretung nicht gebildet werden kann. Ob dieses Umsetzungsdefizit tatsächlich als nebensächlich bezeichnet werden kann 78 , ist zweifelhaft. Die vorstehende Untersuchung hat allerdings gezeigt, dass der Gesetzgeber aus systematischen Gründen gut daran getan hat, Informationspflichten der Transaktionsparteien gegenüber der Belegschaft des Betriebserwerbers nicht in § 613a BGB zu verankern. Insoweit besteht Anpassungsbedarf im Betriebsverfassungsrecht

6.

Konsequenzen der Über- und der Untererfüllung der Vorgaben von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG

Sowohl Über- als auch Untererfiillung von Art. 7 Abs. 6 RL 200 l/23/EG bringen, abgesehen davon, dass die defizitäre Umsetzung gegen Art. 249 Abs. 3 und Art. 10 EG verstößt, spezifische Folgeprobleme mit sich.

a)

Auswirkungen der überschießenden Umsetzung auf die Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB

Die durch die Übererfüllung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG aufgeworfene Auslegungsproblematik ist bereits angeklungen 79 . Im Kern geht es hierbei um die Frage, ob § 613a Abs. 5 BGB auch in dem richtlinienfreien Bereich konform mit Ziel und Zweck von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG ausgelegt werden kann oder gar muss. Geboten ist also eine zweischrittige Betrachtung. Zunächst ist zu ermitteln, welches Auslegungsergebnis sich in dem unmittelbaren Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG, also in Betrieben oder Unternehmen, in denen unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer keine Arbeitnehmervertretung existiert, unter dem Blickwinkel der Richtlinie fiir § 613a Abs. 5 BGB ergibt80 . Sodann ist problematisch, ob auch in dem erweitert angeglichenen Bereich von § 613a Abs. 5 BGB ein analoges Auslegungsergebnis möglich bzw. gefordert ist oder ob statt dessen eine "gespaltene" Auslegung der Norm hingenommen werden muss 81 .

78 So Franzen, RdA 2002, 258, 261. 79 Oben unter A. !!. 2. b). 80 Hierbei kann sich allerdings die Situation ergeben, dass das nationale Recht mangels Deutungsalternativen schon eine richtlinienkonforme Auslegung nicht zulässt; zu einem derartigen Falls. oben I. b) bb) (2) (a) (cc). 81 Da sich die Frage nach einer einheitlichen oder gespaltenen Auslegung immer dann stellt, wenn der Gesetzgeber eine fällige Richtlinienumsetzung zum Anlass nimmt, freiwillig über das Gemeinschaftsrecht hinauszugehen, existieren im deutschen Recht zahlreiche vergleichbare Problemkonstellationen; s. die Beispiele bei Habersack!Mayer, JZ 1999, 913,914 f.

49

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Auszugehen ist davon, dass in dem überschießend umgesetzten Bereich von § 613a Abs. 5 BGB eine richtlinienkonforme Auslegung im streng dogmatischen Sinne nicht möglich ist, weil sich deren Geltungsanspruch auf unmittelbar umgesetztes Recht beschränkt82 . Andererseits hindert das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedsstaaten nicht, die Maßgeblichkeit einer Richtlinie auch für die Auslegung nationaler Vorschriften jenseits des Richtlinienbereichs eigenständig anzuordnen. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die fragliche Vorschrift dann insgesamt, das heißt auch in ihrem nicht von der Richtlinie abgedeckten Bereich, im Lichte der Richtlinienziele und insofern insgesamt einheitlich auszulegen (sog. "quasi-richtlinienkonforme" Auslegung")83. Technisch ist also zu fingieren, dass der fragliche Sachverhalt der Richtlinie unterfällt 84 . Da die quasi-richtlinienkonforme Auslegung ausschließlich auf dem zu ermittelnden Geltungswillen des jeweiligen Gesetzgebers beruht 85 , besteht für den Rechtsanwender aber keine Verpflichtung, derjenigen Norminterpretation den Vorzug zu geben, durch welche die Richtlinienziele am besten erreicht werden 86 • Es muss insofern sorgfältig geprüft werden, ob der nationale Gesetzgeber eine einheitliche Auslegung tatsächlich gewollt hat. Allerdings soll hierfür eine Vermutung sprechen87 , weil regelmäßig nur eine einheitliche Auslegung die Widerspruchsfreiheit und gleichmäßige Anwendung des mitgliedsstaatliehen Rechts zu gewährleisten vermag 88 . Macht man das Gesagte für § 613a Abs. 5 BGB fruchtbar, so ergibt sich, dass eine gespaltene Auslegung der Norm je nach Anwendbarkeit des zugrundeliegenden Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG mit dem Regelungsanliegen des Gesetzgebers unvereinbar ist. Als Beispiel sei auf die noch näher zu 82 S. Brechmann. Richtlinienkonforme Auslegung, S. 273 f.; Schulze-Schulze, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 9, 18; Grundmann, JZ 1996, 274, 281; Habersack!Mayer, WM 2002,253, 256; Hennrichs, ZGR 1997,66,76 f.; Hommelhoff, FS 50 Jahre BGH, S. 889, 915; Schnorbus, RabelsZ 2001,654,685 f. m.w.N. 83 Hommelhoff, FS 50 Jahre BGH, S. 889, 915 f.; Piekenbrock!Schulze, WM 2002, 521, 527. 84 Hommelhoff, FS 50 Jahre BGH, S. 889, 915. 85 In diesem Sinne EuGI-1 v. 18.10.1990- Rs 283/88 u. 197/89 (Dzodzi), Slg. 1990, I3783, 3794; v. I 6.7. I 998- Rs 264/96 (!Cl), Slg. I 998, I-4711, 4725. 86 Hommelhoff, FS 50 Jahre BGI-1, S. 889,916. 87 Vgl. Roth, FS 50 Jahre BGI-1, S. 847, 884 f., der ausführt, dass sich der Gesetzgeber zur Verwirklichung einer gespaltenen Auslegung im Extensionsbereich dezidiert einer sich von der Richtlinie abhebenden Terminologie bedienen müsse. 88 Schulze-Schulze, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 9, 18. Beispielsweise im Bereich der Haustürgeschäfte (§§ 312 f. BGB) wird eine gespaltene Auslegung z.T. als unausweichlich angesehen; vgl. Habersack!Mayer, WM 2002, 253, 257m.w.N.

50

Richtlinie 2001123/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

behandelnde Frage verwiesen, ob der Normappell des § 613a Abs. 5 BOB als echte Rechtspflicht im Sinne der Begründung eines einklagbaren Anspruchs auf Information oder lediglich als Obliegenheit der beteiligten Arbeitgeber einzuordnen ist 89 • Wird unterstellt, dass Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG in seinem Anwendungsbereich ein Verständnis der Bestimmung als Anspruchsnorm erfordert, so ftihrte es offensichtlich zu einer sachwidrigen Differenzierung, in dem Extensionsbereich nur von dem Bestehen einer bloßen Informationsobliegenheit auszugehen. Dies hat letztlich auch der Gesetzgeber gesehen, indem er die betroffenen Arbeitnehmer im Hinblick auf ihre Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BOB gerade unabhängig davon ftir schutzwürdig erachtet hat, ob deren Interessen aufbetrieblicher Ebene durch einen Betriebsrat wahrgenommen werden können90 • Eine einheitliche Auslegung des § 613a BOB ist schließlich auch wegen der ansonsten drohenden Rechtszersplitterung geboten, wie ein zweites Beispiel belegen mag. Schafft der EuGH nämlich erste Auslegungsdirektiven ftir die Informationstatbestände des Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG, so ftihrte deren Übertragung nur auf den Umsetzungsbereich von § 613a Abs. 5 BOB zur Begründung in ihrer Reichweite unterschiedlicher Infonnationspflichten. Da ein derartiges Ergebnis ersichtlich nicht interessengerecht ist, kann ftir § 613a Abs. 5 BOB eine divergierende Auslegung je nach Betroffenheit des umgesetzten oder des richtlinienfreien Bereichs der Norm nicht in Betracht kommen. Es muss insoweit auf das Instrument der quasirichtlinienkonformen Auslegung zurückgegriffen werden.

b)

Auswirkungen der überschießenden Umsetzung auf die Auslegungszuständigkeit des EuGH im Verfahren nach Art. 234 EG

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Judikatur des EuGH zur Auslegung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG de facto Einfluss auf die Interpretation von § 613a Abs. 5 BOB insgesamt nehmen wird. Eine andere Frage ist es, ob die nationalen Gerichte Zweifelsfragen über das Verständnis von Gemeinschaftsrecht dem EuGH auch im Rahmen der quasirichtlinienkonformen Auslegung zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorlegen können oder müssen. Die Ansichten hierzu sind geteilt.

aa)

Meinungsspektrum

Die Position des EuGH erscheint uneinheitlich. Grundsätzlich betont der Gerichtshof, es sei Sache des nationalen Gerichts, Vorschriften außerhalb des Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrechts gemeinschaftsrechtskon89 Dazu§ 4A. 90 Vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7760, S. 19.

51

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

form auszulegen 91 • Prinzipiell seien allein die Gerichte des Mitgliedsstaats zu einer Entscheidung darüber berufen, ob und inwieweit in dem betreffenden Rechtsstreit die durch den EuGH auszulegenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen sind92 . Andererseits betont der EuGH, dass er, wenn das nationale Gericht zu dem Ergebnis gelange, für die Beurteilung des Rechtsstreits sei die Auslegung einer Richtlinie maßgeblich, unabhängig davon zur Entscheidung berufen sei, aus welchen Gründen die Auslegung der Richtlinie als fallentscheidend angesehen werde 93 . Es bestehe ein Interesse der Gemeinschaft daran, dass jede gemeinschaftsrechtliche Bestimmung unabhängig von ihren Anwendungsvoraussetzungen einheitlich ausgelegt werde. Daher komme dem EuGH für die letztverbindliche Auslegung von Gemeinschaftsrecht eine Monopolstellung zu 94 • In der Tendenz bejaht der Gerichtshof folglich die Vorlageberechtigung nationaler Gerichte auch in Fällen überschießender Richtlinienumsetzung95 • Dies zugrundegelegt ist eine Vorlage an den EuGH möglich, wenn das vorlegende Gericht diese als sachdienlich erachtet und der nationale Gesetzgeber den gemeinschaftsrechtlich geregelten und den ungeregelt gebliebenen Fall erkennbar gleich behandelt96 . Anders als der Gerichtshof lehnen die Generalanwälte die Spruchkompetenz des EuGH für autonom angeglichenes Recht traditionell ab 97 • Betreffe der Ausgangsrechtsstreit das Gemeinschaftsrecht nur mittelbar, so beurteile der EuGH in realiter innerstaatliche Vorschriften 98 . Zweck des Verfahrens nach Art. 234 EG sei es, Gemeinschaftsrecht in seiner einheitlichen Wirkung zu gewährleisten99 - jenseits des Anwendungsbereiches von Gemeinschaftsrecht gebe es aber kein Gemeinschaftsrecht 100 •

91 EuGH v. 16.7.1998- Rs 264/96 (ICI), Slg. 1998,1-4711,4725. 92 Vgl. EuGH v. 18.10.1990- Rs 238/88 u. 197/89 (Dzodzi), Slg. 1990,1-3783,3794. 93 EuGH v. 18.10.1990- Rs 238/88 u. 197/98 (Dzodzi), Slg. 1990, 1-3783, 3794; v. 8.11.1990- Rs 231/89 (Gmurzynska-Bscher), Slg. 1990, 1-4012,4017. 94 EuGH v. 18.10.1990- Rs 238/88 u. 197/89 (Dzodzi), Slg. 1990, 1-3783, 3794; v. 17.7.1997- Rs 28/95 (Leur-Bloem), Slg. 1997,1-4190,4201 f. 95 Vgl. Hommelhojf, FS 50 Jahre BGH, S. 889,917 sowie Schulze-Schulze, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 9, 19. 96 S. EuGH v. 17.7.1997- Rs C-28/95 (Leur-Bloem), Slg. 1997, 1-4161, 4202; v. 15.1.200 I - Rs C-43/00 (Andersen), EuZW 2002, 184, 185. 97 S. die Nw. bei Hommelhojf, FS 50 Jahre BGH, S. 889,918 (Fn. 137). 98 Mancini, Rs 166/84 (Thomasdünger), Slg. 1985, 1-3002, 3003 f. 99 Darmon, Rs 297/88 u. 197/89 (Dzodzi), Slg. 1990, 3778, 3779 f. sowie Rs 231/89 (Gmurzynska-Bscher), Slg. 1990,1-4009,4010. 100 Vgl. Dm·mon, Rs 297/88 u. 197/89 (Dzodzi), Slg. 1990,3778,3779 f. und Rs 231/89 (Gmurzynska-Bscher), S1g. 1990,1-4009,4010.

52

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

Die ambivalente Haltung auf europäischer Ebene spiegelt sich auch in der wissenschaftlichen Diskussion wider. Teilweise wird die Auslegungszuständigkeit des EuGH für freiwillig angepasstes Recht vemeint 101 . Die Mitgliedsstaaten seien nicht befugt, durch freiwillige Rechtsanpassung einseitig den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts zu erweitem 102 . Aus Art. 234 EG lasse sich keine Auslegungszuständigkeit des EuGH für europäisch geprägtes Recht herleiten, wenn dieses nicht als Gemeinschaftsrecht, sondern nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers nur als Auslegungskriterium zu beachten sei 103 • Nach anderer Ansicht ist die Möglichkeit einer Vorlage und sogar die Pflicht hierzu 104 hingegen zu bejahen 105 . Anderenfalls könnten Richtlinien in verschiedenen Mitgliedsstaaten unterschiedlich interpretiert werden, was mangels Vorlagemöglichkeit das Ziel einer einheitlichen Auslegung gefährde 106 .

bb)

Stellungnahme

Die Frage der Auslegungszuständigkeit des EuGH im richtlinienfreien Bereich mitgliedstsaatlichen Rechts kann nur ausgehend vom Sinn des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 EG beantwortet werden. Bei diesem handelt es sich um ein objektives prozessuales Zwischenverfahren zum Zwecke der Koordinierung der Rechtsprechung durch die europäische Gerichtsbarkeit107. Durch die in diesem Verfahren ergehenden Entscheidungen soll verhindert werden, dass die Gerichte der einzelnen Mitliedsstaaten das Gemeinschaftsrecht unterschiedlich anwenden und auslegen, so dass dieses in allen gemeinschaftsangehörigen Staaten immer die gleiche Wirkung hat 108 • Unter Berücksichtigung der Komplementärfunktion des Vorabentscheidungsverfahrens zur Richtlinie als wichtigstem gemeinschaftsrechtlichem 101 Habersack!Mayer, JZ 1999,913,919 f.; Hommelhoff, FS 50 Jahre BGH, S. 889,919 f. I 02 Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 919 f. 103 Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 919 f.; s.a. dies., WM 2002, 253, 254. 104 Roth, FS 50 Jahre BGH, S. 847, 885. I 05 Schulze-Schulze, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 9, 19; Basedow, FS Brandner, S. 651, 663. I 06 V gl. Schulze-Schulze, Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, S. 9, 19; Basedow, FS Brandner, S. 651, 662 f. 107 Oppermann, Europarecht, Rn. 767. I 08 V gl. EuGH v. 16.1.1974- Rs 166/73 (Rheinmühlen Düsseldorf), Slg. 1974, 33, 38; v. 15.1.2002- Rs C-43/00 (Andersen), EuZW 2002, 184, 185; Schwarze-Schwarze, EU, Art. 234 EGV Rn. 2; Oppermann, Europarecht, Rn. 757; Daig, FS Kutscher, S. 79, 80m.w.N.

53

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Instrument zur Rechtsvereinheitlichung in der Gemeinschaft erscheint eine weitestmögliche Ausdehnung der Auslegungszuständigkeit des EuGH auf den ersten Blick sachgerecht. Denn praktische Rechtsangleichung erfordert neben gleicher Rechtssetzung vor allem auch eine gleiche Rechtsanwendung in den Mitgliedsstaaten, da die Harmonisierungsfunktion der (Betriebsübergangs-)Richtlinie ansonsten in der Rechtswirklichkeit nicht hinreichend zum Tragen gelangt. Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch Zweifel, ob der von den Beftirwortern einer erweiterten Spruchkompetenz ins Felde geflihrte rechtsvereinheitlichende Zweck des Verfahrens nach Art. 234 EG tatsächlich die Auslegungszuständigkeit des EuGH in Fällen zu rechtfertigen vermag, in denen im richtlinienfreien Bereich allenfalls mittelbar über die Interpretation von Gemeinschaftsrecht gestritten wird. Denn um Rechtsangleichung kann es an sich nur insoweit gehen, wie die Richtlinie selbst als Instrument zur Rechtsharmonisierung in den Mitgliedsstaaten eingesetzt wird 109 • Dementsprechend können auch die Instrumente der richtlinienkonformen Auslegung und des Vorabentscheidungsverfahrens, denen letztlich eine dienende Funktion gegenüber der Richtlinie zukommt, nicht in dogmatisch befriedigender Weise über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus eingesetzt werden. Schließlich liegt es, wie mit Recht bemerkt wird, auch nicht in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten, die Richtlinie als solche über ihren sachlichen oder persönlichen Geltungsbereich hinaus zu erweitern. Vor diesem Hintergrund offenbart sich, dass die Frage nach einer Vorlagemöglichkeit bzw. -pflicht im Rahmen einer bloß quasi-richtlinienkonformen Auslegung in Wahrheit kein europäisches, sondern ein weitgehend nationales Auslegungsproblem betrifft. Werden die mitgliedsstaatliehen Gerichte nach der Richtlinienumsetzung zunächst mit Fällen befasst, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, so verbleibt bei Ablehnung einer Vorlagemöglichkeit allein eine Auslegung unter Zuhilfenahme althergebrachter Instrumente. Kommt es später zu einer Befassung mit ähnlichen Fällen, die den richtliniengenerierten Bereich betreffen, und einer abweichenden Beurteilung vorlagepflichtiger Auslegungsfragen durch den EuGH, so ergibt sich zwar ein Dilemma 110 • Dieses kann und muss dann aber durch die nationalen Gerichte vermittels einer quasi-richtlinienkonformen Auslegung aufgelöst werden, indem die Gerichte ihre divergierende Spruchpraxis im Interesse einer einheitlichen Interpretation der überschießend umgesetzten Norm revidieren. Zwar mag dieser Weg im Einzelnen misslich sein. Je-

I 09 Ebenso Hommelhoff, FS 50 Jahre BGH, S. 889, 921. II 0 V gl. Basedow, FS Brandner, S. 651, 663.

54

Richtlinie 200 l/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

doch führte auch eine Vorlage nach Art. 234 EG nicht zu einer befriedigenderen Lösung. Es entspricht nämlich einhelliger Auffassung, dass in dem übererfüllten Normbereich gerade keine Verpflichtung besteht, der von der Richtlinie geforderten Interpretation den Vorzug zu gebenJll. Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens ist es aber, eine für das Ausgangsstreitverfahren bindende Auslegungsdirektive im Hinblick auf die in Rede stehende Richtlinienbestimmung vorzugeben 112 . Wird von der bindenden Wirkung in Fällen, die der betreffenden Richtlinie nicht unterfallen, nicht abgewichen, so besteht der anerkannte Auslegungsspielraum im richtlinienfreien Bereich nach nationalem Recht gerade nicht. Hiermit wäre die Unterscheidung zwischen richtlinienkonformer und quasi-richtlinienkonformer Auslegung hinfällig es gäbe (zwingendes) Gemeinschaftsrecht außerhalb des Gemeinschaftsrechts. Dies wäre unter Kompetenzgesichtspunkten höchst problematisch 113 • Außerdem würde der Wille des Richtliniengebers verwässert, der, wie in Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG, offenbar bewusst auf eine lückenlose Richtlinienfassung verzichtet hat. Als Ausweg bliebe, der Vorabentscheidung des EuGH im Zusammenhang mit erweitert angeglichenem Recht lediglich eine bloße Orientierungsfunktion für die nationalen Gerichte zuzubilligen. In diesem Fall wäre das Verfahren gemäß Art. 234 EG aber ad absurdum geführt, weil es seine rechtsharmonisierende Zielsetzung nur erfüllen kann, wenn das vorlegende Gericht an die von dem Gerichtshof vorgegebene Auslegung der Richtlinie auch tatsächlich gebunden ist 114 • cc)

Ergebnis

Es ist im Ergebnis festzuhalten, dass das nationale Arbeitsgericht, das letztinstanzlich zu einer Entscheidung über einen§ 613a Abs. 5 BGB betreffenden Fall berufen ist, der außerhalb des Anwendungsbereiches von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG liegt, bei Auslegungszweifeln über die genannte Richtlinienbestimmung jedenfalls nicht nach Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorlage an den EuGH verpflichtet ist. Im Übrigen sollte angesichts der Tatsache, lll Nw. in Fn. 86. 112 Statt vieler Callies/Ruffert-Wegener, EUV/EGV, Art. 234 Rn. 32; Dmtses, Vorabentscheidungsverfahren, S. 148 f.; Hakenberg/Stix-Hach/, Verfahren vor dem EuGH, S. 64 jeweils m.w.N. 113 Auch ftir den EuGH als Organ der Europäischen Gemeinschaft gilt das u.a. in Art. 7 EG niedergelegte Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung; s. zu diesem Aspekt in dem hier erörterten Zusammenhang Habersack!Mcyer, JZ 1999, 913, 919 f. 114 V gl. die Anträge der Generalanwälte Darmon, Rs 297/88 u. 197/89 (Dzodzi), Slg. 1990, I-3778, 3780 f. und Tesauro, Rs 346/93 (Kleinwort Benson), Slg. 1995, I-617, 628 f.; dem folgend EuGH v. 28.3.1995 - Rs 346/93 (Kleinwort Benson), Slg. 1995, 633, 639 ff. Pointiert Habersack/Mcyer, JZ 1999, 913, 920: Stellungnahme des EuGH hätte bloßen Charakter eines "Rechtsgutachtens".

55

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

dass das Vorabentscheidungsverfahren seinen Zweck bei erweitert angeglichenem Recht nicht systemgerecht erfüllen kann, auch eine Vorlagemöglichkeit gemäß Art. 234 Abs. 2 EG verneint werden, wenn der anhängige Fall nicht dem Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts unterfällt c)

Auswirkungen der Untererfüllung: Unmittelbare Geltung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG im defizitär umgesetzten Bereich?

§ 613aAbs. 5 BGB findet zugunsten der Belegschaft des aufnehmenden Betriebs, die von einer Betriebsübernahme (mittelbar) betroffen ist, keine Anwendung115. Angesichts der insofern gegenüber Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG- je nach möglichem Bestehen einer Arbeitnehmervertretungdefizitären Umsetzung ist zu erwägen, ob sich die betreffenden Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber unmittelbar auf einen Informationsanspruch aus der Richtlinie berufen können.

Mit der hier aufgeworfenen Frage ist das allgemeine Problem einer horizontalen Direktwirkung von Richtlinien angesprochen, das hier nicht in der Tiefe diskutiert werden soll 116 . Nach Auffassung des EuGH und der herrschenden Lehre gilt, dass Richtlinien grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung im Verhältnis Privater zueinander entfalten, weil sich Art. 249 EG auf das vertikale Verhältnis EG - Mitgliedsstaat beschränkt 117 • Somit können sich Arbeitnehmer des aufnehmenden Betriebs auf Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG ungeachtet des partiellen Umsetzungsdefizits nicht unmittelbar stützen. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn es sich bei dem Betriebserwerber um den Staat als Arbeitgeber handelt, da dann keine horizontale, sondern vielmehr eine vertikale Direktwirkung in Rede steht 118 • Diese kann zur Begünstigung des Arbeitnehmers auch gegenüber dem Staat als privatem Arbeitgeber stattfinden, und zwar unabhängig von der Rechtsform der Einrichtung oder des Rechtssubjekts, das dem Staat oder seiner Aufsicht untersteht, sofern die Richtlinienbestimmungen nur hinreichend klar und bestimmt 115 S. oben I. b) bb) (2) (a). 116 Näher u.a. Classen, EuZW 1993, 83 ff.; Emmert, EWS 1992, 56 ff.; Gassner, JuS 1996,303 ff.; Steindorff, FS Everling, S. 1455, 1460 ff. 117 Vgl. EuGH v. 26.2.1986 - Rs 152/84 (Marshall), S1g. 1986, 732, 749; v. 13.11.1990 Rs C-1 06/89 (Marleasing), Slg. 1990, 1-4135, 4158; v. 14.7.1994 - Rs C-91/92 (Faccini Dori), Slg. 1994, 1-3325, 3355; v. 7.3.1996- Rs C-192/94 (EI Corte Ingles), EuZW 1996, 236 f.; Lenz-Hetmeier, EGV, Art. 249 Rn. 12; Herdegen, Europarecht, Rn. 185; Streinz, Europarecht, Rn. 399 ff. m.w.N. sowie speziell in Bezug auf§ 613a BGB v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 337 f. 118 Vgl. Herdegen, Europarecht, Rn. 183 f. m.w.N. zur EuGH-Rspr.; Jarass, NJW 1991, 2665, 2668 f.; Scherzberg, Jura 1993, 225, 227; sowie in Bezug auf § 613a BGB v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 145 f., 338.

56

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

sind 119 • Eine unmittelbare Wirkung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG kommt daher im deutschen Recht jedenfalls in Betracht, wenn der Staat Arbeitgeber120 in dem aufnehmenden Betrieb ist und die Voraussetzungen der Bestimmung vorliegen. II.

Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 RL 2001123/EG für die Information und Konsultation der Arbeitnehmervertreter durch§ 106, §§ 111 ff. BetrVG

In engem Sachzusammenhang mit der Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität von § 613a Abs. 5 BGB steht das Problem, ob die Bundesrepublik ihrer Umsetzungspflicht im kollektiven Bereich des Art. 7 RL 200 1/23/EG nachgekommen ist oder ob insgesamt eine konzeptionelle Neuausrichtung der Arbeitnehmerinformation bei Betriebsübertragungen im deutschen Recht angeraten erscheint 121 .

1.

Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 RL 2001123/EG durch § 106 BetrVG

Gemäߧ 106 Abs. 2 BetrVG hat der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens zu unterrichten, wozu nach § I 06 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG auch ein Betriebsübergang zählt 122 • Adressat der Regelung ist sowohl der Betriebsveräußerer als auch der Erwerber 123 . Nach dem Gesetz besteht eine Informationskette, da der Wirtschaftsausschuss seinerseits gemäß § 108 Abs. 4 BetrVG verpflichtet ist, dem Betriebsrat unverzüglich und vollständig Be119 S. EuGH v. 26.2.1986- Rs 152/84 (Marshall), Slg. 1986, 1-723, 749; v. 12.7.1990Rs C-188/89 (F oster), EuZW 1990, 424; Herdegen, Europarecht, Rn. 184; Haedrich, EAS B I 000, Rn. I 04 ff.; Jarass, NJW 1991, 2665; Lutter, JZ 1992, 593,596 f. m.w.N. 120 Der EuGH zieht den Kreis der dem Staat zuzurechnenden Arbeitgeber weit; vgl. Urt. v. 12.7.1990- Rs C-188/89 (Foster), EuZW 1990,424. 121 Da ftir den Bereich der maßgebenden §§ I 06, III ff. BetrVG schon mehrere Analysen vorliegen, konzentriert sich die folgende Darstellung auf die aus Sicht des Verfassers wesentlichen aktuellen Diskussionspunkte; s. im Übrigen bereits v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 328 ff.; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 176 ff.; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 129 ff.; Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1133 ff.; Düwell, FA 2002, 107, 110; Franzen, RdA 1999, 361, 371 ff.; B.Gaul, BB 1999, 582 ff.; Oetker, EAS B 8300 Rn. 335 ff.; ders., NZA 1998, 1193, 1196 ff.; Schreiber, RdA 1982, 137, 145; Zachert/Kocher, FS 50 Jahre Arbeitsgerichtsbarkeit Rheinland-Pfalz, S. 51, 64 f. 122 ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BOB Rn. 292; HSW-Wank, HdB. europ. Arbeits- und Sozialrecht, § 18 Rn. 151 m.w.N.; Gutzmann, DB 1989, 1083, 1084. 123 Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 178.

57

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

richt zu erstatten. Es ist daher aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht unerheblich, ob der Wirtschaftsausschuss als Arbeitnehmervertretung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 RL 2001/23/EG angesehen werden kann 124 • Da dessen Zwischenschaltung die Unterrichtung des Betriebsrats nicht beeinträchtigt, ist aus§§ 106 Abs. 2, 108 Abs. 4 BetrVG nämlich ein mittelbares Informationsrecht der Arbeitnehmervertretung abzuleiten, was den Anforderungen der maßgebenden Richtlinienbestimmungen insoweit genügt 125 • Insgesamt kann § 106 BetrVG jedoch allenfalls als fragmentarische Umsetzung der gemäß Art. 7 Abs. 1, 2 RL 200 1123/EG gegenüber den Arbeitnehmervertretern bestehenden Beteiligungsrechte verstanden werden 126 • Dies liegt vor allem daran, dass die Unterrichtungsrechte des Wirtschaftsausschusses gemäß § 106 Abs. 1 S. 1 BetrVG erst in einem Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern eingreifen. Demgegenüber sieht Art. 7 Abs. 1 RL 2001/23/EG keinen Schwellenwert vor. Zwar können die Mitgliedsstaaten die ihnen aus dieser Bestimmung erwachsene Umsetzungspflicht aufgrund von Art. 7 Abs. 5 der Betriebsübergangsrichtlinie auf Betriebe beschränken, die hinsichtlich der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Wahl eines Kollegiums als Arbeitnehmervertretung erfüllen. Dies ist nach § 9 S. 1 2. Fall BetrVG jedoch nicht erst ab einer Zahl von in der Regel 100, sondern bereits bei einer regelmäßigen Arbeitnehmeranzahl von mehr als 20 im Betrieb Beschäftigten der Fall. Überdies räumt § 106 BetrVG der Arbeitnehmervertretung kein Konsultationsrecht ein, wie dies nach Art. 7 Abs. 2 RL 2001/23/EG erforderlich wäre. Vor diesem Hintergrund kommt § 106 BetrVG von vomherein nur eine begrenzt lückenfüllende Funktion zu.

2.

Umsetzung und Erfüllung der Vorgaben von Art. 7 RL 2001/23/EG durch §§ 111 ff. BetrVG

Ob sich die Bundesrepublik mit den §§ 111 ff. BetrVG tatsächlich auf eine ordnungsgemäße Umsetzung der Vorgaben von Art. 7 der Betriebsübergangsrichtlinie für die Infonnation und Konsultation der Arbeitnehmervertreter berufen kann, wird seit längerem kontrovers diskutiert. Kernpunkt der 124 Gemäß Art. 2 Abs. I lit. c) RL 200 1/23/EG ist der Begriff des Arbeitnehmervertreters nach den Rechtsvorschriften oder der Praxis der Mitgliedsstaaten zu bestimmen. Zu der (umstrittenen) Einordnung des Wirtschaftsausschusses s. Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 179; Oetker, EAS B 8300 Rn. 362 m.w.N. 125 Zutreffend Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 179 f.: Oetker, EAS B 8300 Rn. 363; a.A. Debong, Arbeitnehmeransprüche beim Betriebsübergang, S. 95 f. 126 Oetker, EAS B 8300 Rn. 365. S.a. Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 179 f.

58

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

Erörterung war hierbei lange die Frage, ob die mit Art. 2 des Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 26. April 1985 127 eingefUgte Regelung des § 112a BetrVG, wonach das Recht des Betriebsrats zur Anrufung der Einigungsstelle, um nach § 112 Abs. 4 und 5 BetrVG einen Sozialplan zu erzwingen, in zwei Fällen beschränkt wird, Lücken in die Umsetzung des Ausnahmemodells des Art. 7 Abs. 3 RL 200 I /23/EG durch die §§ 111, 112 BetrVG reißt 128 • Demgegenüber wird die Richtlinienkonformität des ursprünglichen Systems der§§ 111, 112 BetrVG bislang zumindest im Ergebnis kaum in Frage gestellt 129 . Dass dies nicht gerechtfertigt ist und der Kontroverse um § 112a BetrVG insgesamt nur eine nachrangige Bedeutung beizumessen ist, haben unlängst Beiträge von B.Gaul und Düwell herausstellen können 130 • In Übereinstimmung mit deren Ansatz muss der Fokus bei der Frage nach der Richtlinienkonformität der §§ 111, 112 BetrVG unmittelbar auf diese Bestimmungen, nicht auf die Ausnahmeregelung des § 112a BetrVG gerichtet werden. a)

Richtlinienkonformität der§§ 111, 112 BetrVG im Ausnahmemodell

aa)

Arbeitnehmer-Schwellenwert und Tatbestand der Betriebsänderung als Voraussetzung für Informations- und Beratungsrechte nach§ 111 S. 1 BetrVG

§ 111 BetrVG koppelt das Eingreifen des Infonnations- und Beratungsrechts zugunsten des Betriebsrats an das Überschreiten eines Schwellenwertes von in der Regel mehr als zwanzig Beschäftigten sowie an das Vorliegen einer Betriebsänderung, die wesentliche Nachteile flir die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können. Beide Erfordernisse begegnen flir sich betrachtet im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 7 RL 2001/23/EG keinen Bedenken. Zunächst ist der Schwellenwert wegen Art. 7 Abs. 5 RL 2001/23/EG in Verbindung mit § 9 S. 1 BetrVG unproblema-

127 BGBI. I, S. 7!0 ff. 128 Vgl. Franzen, RdA 1999,361, 372; Oetker, EAS B 8300, Rn. 345 ff. mit umfangreichen Nw. 129 Vgl. Debong, Arbeitnehmeransprüche beim Betriebsübergang, S. 93 ff.; HSW-Wank, HdB. europ. Arbeits- und Sozia1recht, § 18 Rn. 151; v.A!vensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 330; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 182; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 129; Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1134 f., 1138; Hanau, FS D.Gau1, S. 287,303. 130 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 28 Rn. 101 ff.; ders., BB 1999, 582 f.; s.a. Düwell, FA 2002, 107, 11 0; ders., FA 2002, 172, 173 f.

59

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

tischl3l. Schließlich erlaubt das Ausnahmemodell des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG auch eine Beschränkung der Information und Konsultation auf Fälle der Betriebsänderung. Es bleibt insoweit festzuhalten, dass die Richtlinie deutlich zwischen einem bloßen Betriebsübergang und einer Betriebsänderung unterscheidet. An dieser Stelle ist der im deutschen Recht bestehende Streit 132 , ob auch ein bloßer Betriebsinhaberwechsel eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 S. 1 BetrVG auszulösen vermag, folglich unter dem Blickwinkel des Gemeinschaftsrechts in der Tat ohne Belang 133 • Liegen die Voraussetzungen des § 111 S. 1, 3 BetrVG vor, so erwächst dem Betriebsrat ein Recht auf Unterrichtung und Beratung. Diese Termini sind mit den Begriffen Information und Konsultation gemäß Art. 7 der Betriebsübergangsrichtlinie identisch 134 .

bb)

Einigungsstelle als Schiedsstelle sowie das Recht der Arbeitnehmervertreter, eine Entscheidung über die hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffenden Maßnahmen zu erhalten

Ein Ausklammern der schlichten Betriebsübertragung aus den Beteiligungsrechten der Arbeitnehmervertretung gestattet Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG im Ausnahmemodell nur unter der Voraussetzung, dass die Vertreter der Arbeitnehmer eine Schiedsstelle anrufen können, um eine Entscheidung über die hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffenden Maßnahmen zu erhalten. Die in § 112 Abs. 2-5 BetrVG angesprochene Einigungsstelle ist eine Schiedsstelle in diesem Sinne 135 • Problematisch ist nun, ob diese gemäß § 112 BetrVG in ausreichendem Maße zu einer "Entscheidung über hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffende Maßnahmen" im Sinne von Art. 7 Abs. 3 RL 200 1123/EG berufen ist.

131 Ebenso v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 335; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 182; Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1134; Engels, RdA 1978, 52, 55; Oetker, EAS B 8300 Rn. 336; ders., NZA 1998, 1193, 1196. 132 Dazu sogleich unter c). 133 Soweit dies hingegen generell angenommen wird (vgl. Oetker, NZA 1998, 1193, 1194 m.w.N.), kann dem- wie zu zeigen sein wird- nicht gefolgt werden. 134 Oetker, EAS B 8300 Rn. 341; ders., NZA 1998, 1193, 1197. 135 v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 291; Debong, Arbeitnehmeransprüche beim Betriebsübergang, S. 96; Lichtenberg-Birk, Sozialpolitik in der EG, S. 155, 168; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 182; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 129; Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1134; Oetker, EAS B 8300 Rn. 339; ders., NZA 1998, 1193, 1197.

60

Richtlinie 200 1/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

(1)

Sozialplan als Entscheidung über hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffende Maßnahmen im Sinne des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG

Da der Sozialplan gemäß § 112 Abs. 4 S. 2 BetrVG im Gegensatz zu einem Interessenausgleich erzwingbar ist, ist zunächst dieser im Hinblick auf die angesprochene Fragestellung zu untersuchen. (a)

Meinungsspektrum

Ganz überwiegend wird davon ausgegangen, dass ein Sozialplan der Regelung des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG unterfällt 136 • Zwar sehe der Sozialplan anders als der nicht erzwingbare Interessenausgleich keine Entscheidung über die Durchfiihrung der Betriebsänderung als solche vor, sondern enthalte lediglich einen Ausgleich oder eine Minderung der mit der Betriebsänderung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile. Jedoch sei der Wortlaut von Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG so unbestimmt, dass auch eine Regelung, die lediglich einen Ausgleich für die mit der Maßnahme verbundenen Nachteile vorsehe, aber nicht das "ob" und "wie" der Maßnahme selbst betreffe, von ihr erfasst 137 . Dieses Verständnis hat unlängst B. Gau/ 138 angegriffen. Es könne vor dem Hintergrund von Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG gerade nicht ausreichen, dass lediglich eine Entscheidung über den Ausgleich der mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile erzwingbar sei. (b)

Stellungnahme

Eine nähere Analyse von Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG ergibt in der Tat, dass an dem herrschenden weiten Verständnis der Richtlinienbestimmung nicht festgehalten werden kann. Anzusetzen ist beim Wortlaut der Richtlinie. Art. 7 Abs. 3 UAbs. 1 räumt den Arbeitnehmern das Recht zur Anrufung einer Schiedsstelle ein, die eine Entscheidung über die hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffenden Maßnahmen fällt. Dieses Regelungsprogramm ist keineswegs unbestimmt. Der Normwortlaut findet sich fast wörtlich in Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 4. Spstr. und Art. 7 Abs. 6 4. Spstr. RL 200 1123/EG wieder, wo ebenfalls von "Maßnah-

136 v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 329 ff.; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 182 m.w.N.; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 129; Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1134; Oetker, EAS B 8300 Rn. 339; ders., NZA 1998, 1193, 1197. 137 Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 182; Oetker, EAS B 8300 Rn. 339; ders., NZA 1998, 1193, 1197. 138 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 28 Rn. I 06.

61

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

men" die Rede ist, die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommen werden. Unter den Maßnahmebegriff sind nach einhelligem Verständnis alle vom Arbeitgeber bewusst oder unbewusst herbeigeführten Änderungen der wirtschaftlichen, rechtlichen oder sozialen Situation der Arbeitnehmer im Betrieb oder Unternehmen, die sich nicht unerheblich zum Nachteil der Arbeitnehmer auswirken können, zu subsumieren 139 • Gemeint sind insbesondere Vorhaben, die die Personalplanung des Unternehmens, Betriebs oder Betriebsteils betreffen 140 • Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Begriff der Maßnahmetrotz identischer Terminologie in Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG anders zu verstehen sein soll als in Absatz I, 2 und 6 der Norm. Nach der Richtlinie muss die Schiedsstelle folglich gerade zu einer Entscheidung über arbeitgeberseitig geplante, für die Beschäftigten nachteilige Änderungen der Arbeitsbedingungen in dem genannten weiten Sinne berufen sein. Sozialpläne sind hiermit schon deswegen nicht angesprochen, weil sich deren Regelungsgegenstand nicht auf ein Übereinkommen hinsichtlich der Änderung der Arbeitsbedingungen, sondern auf die Kompensation von wirtschaftlichen Nachteilen bezieht, die den Arbeitnehmern erst infolge der arbeitgeberseitigen Maßnahmen entstehen 141 • Dies genügt nicht, da Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG ausdrücklich von einer Entscheidung über die Maßnahme selbst spricht 142 • Gegen den hier vertretenen Standpunkt lässt sich nicht einwenden, dass Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG aufDrängen der Bundesregierung geschaffen wurde, so dass die Bestimmung auf§§ 111, 112 BetrVG zugeschnitten sei und daher eine mit deutschem Recht übereinstimmende Interpretation zulassen müsse 143 . Oetker 144 hat die Schwäche eines derartigen historischen Auslegungssatzes bereits überzeugend offengelegt Diese folgt insbesondere daraus, dass sich die Entstehungsgeschichte von Art. 6 Abs. 3 der Betriebsübergangsrichtlinie, der Vorgängervorschrift von Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG, 139 v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 121; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 35; Oetker, EAS B 8300 Rn. 322; ders., NZA 1998, 1193, 1194; vgl. auch Franzen, RdA 2002, 258, 265; Ziemons, ZIP 1995, 1805, 1807. 140 v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 121; s.a. Memorandum der Kommission zu den erworbenen Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, abgedruckt in NZA 1997,697, 701 (Nr. 15). 141 S. nur BAG v. 20.11.2001,APNr. 39 zu§ 113 BetrVG 1972 (LS und unter !I 1 b); FESTL, BetrVG, §§ 112, 112a Rn. 77 ff. 142 Zutreffend B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 28 Rn. 106. 143 Vgl. die Argumentation bei v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 333. 144 Oetker, EAS B 8300 Rn. 351 f.

62

Richtlinie 2001123/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

nicht anhand von Materialien zur Richtlinie belegen lässt. Diejenigen Autoren, die sich hinsichtlich der Schaffung von Art. 6 Abs. 3 auf die Einflussnahme der Bundesregierung verweisen, beziehen sich nur auf sekundäre Quellen 145 • Insoweit ist der Begründungswert einer historischen Argumentation gering. Zum anderen wäre ein derartiger Ansatz methodisch verfehlt, da das nationale Recht richtlinienkonform und nicht die Richtlinie konform mit demjeweiligen mitgliedsstaatliehen Recht auszulegen ist. Dass die Erzwingbarkeit eines Sozialplans den Anforderungen des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG im deutschen Recht nicht zu genügen vermag, bestätigen schließlich systematische und teleologische Folgeüberlegungen. Vor dem Hintergrund der arbeitnehmerschützenden Zwecksetzung der Betriebsübergangsrichtlinie ist davon auszugehen, dass im Grund- und Ausnahmemodell des Art. 7 ein in etwa gleichwertiges Schutzniveau gewährleistet sein soll 146 . Äquivalenz und Effektivität des Schutzes sind aber nur gesichert, wenn sich die Beratungsrechte der Arbeitnehmervertreter im Ausnahmemodell wie in Art. 7 Abs. 2 RL 2001/23/EG unmittelbar auf die arbeitgeberseitigen nachteiligen Maßnahmen und nicht erst auf die Bewältigung wirtschaftlicher Folgen beziehen. Sieht man dies anders, so käme es zu einer gravierenden Schieflage zwischen den im Ausnahmemodell ohnehin bereits eingeschränkten Rechten der Arbeitnehmervertreter und dem im Grundmodell gewährleisteten Schutz. Dies wird vermieden, indem Art. 7 Abs. 3 RL 2001 /23/EG die Schiedsstelle mit der Befugnis zu einer Entscheidung unmittelbar über das "Ob" und "Wie" der hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen ausstattet. Ein Sozialplan nach deutscher Diktion entspricht diesem Richtlinienverständnis nicht. (c)

Zwischenergebnis

Festzuhalten bleibt, dass der Sozialplan gemäß § 112 BetrVG- ungeachtet der überdies problematischen Einschränkungen des § 112a BetrVG - kein genügend taugliches Schutzinstrumentarium im Sinne des Art. 7 Abs. 3 RL 200 1/23/EG ist.

145 Vgl. Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 177 (Fn. 514); Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1133 (Fn. II). Ohne einschlägige Quellenangaben v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 122 f., 333. 146 V gl. Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 183; Oetker, EAS B 8300 Rn. 353.

63

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

(2)

Interessenausgleich als Entscheidung über hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffende Maßnahmen im Sinne des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG

Zu erörtern bleibt, ob die Bundesrepublik jedenfalls mit Blick auf das Interessenausgleichsverfahren eine hinreichende Umsetzung des Ausnahmemodells fiir sich in Anspruch nehmen kann. Da eine Einigung über den Interessenausgleich vor der Einigungsstelle nicht erzwingbar ist, ist hierfür letztlich entscheidend, ob gemäß Art. 7 Abs. 3 RL die Erzwingbarkeit der Schiedsstellenentscheidung über die hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffenden Maßnahmen gewährleistet sein muss. Bereits der Wortlaut des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG legt das Erfordernis einer verbindlichen Entscheidung über die Maßnahme nahe 147 • Anders als in Art. 7 Abs. 2 wird nämlich nicht lediglich von einer Konsultation "um eine Übereinkunft anzustreben" gesprochen. Vielmehr verdeutlicht die finale Formulierung in Absatz 3, dass die Schiedsstelle zu einer abschließenden Entscheidung über die die Arbeitnehmer betreffenden Maßnahmen befugt sein soll. Dies trägt der Zielsetzung der Betriebsübergangsrichtlinie Rechnung, dass die Umstrukturierung von Unternehmen innerhalb des Gemeinsamen Marktes keine negativen Auswirkungen für die Beschäftigten mit sich bringt 148 , was gerade auch durch Infonnation, Konsultation und Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern über die Interessen der betroffenen Beschäftigten sichergestellt werden soll 149 • Für die notwendige Beschaffenheit der Schiedsstelle und ihres Verfahrens ist zudem wiederum die innere Systematik von Art. 7 RL 2001/23/EG aufschlussreich. Auch hier gilt, dass ein dem Grundmodell des Art. 7 Abs. 1, 2 vergleichbarer Schutz im Ausnahmemodell nur bei einer Erzwingbarkeit des Schiedsverfahrens gewährleistet ist 150 . Somit wird ausgeglichen, dass die tatbestandliehen Voraussetzungen für eine Beteiligung der Arbeitnehmervertreter durch das zusätzliche Erfordernis der Betriebsänderung verschärft sind 151 . Interpretiert man die Regelung in Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG hingegen im Sinne eines bloßen Anrufungsrechts der Arbeitnehmervertretung152, so büßte die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter im Ausnahme147 Ebenso Franzen, RdA 1999,361,372. 148 S. Memorandum der Kommission zu den erworbenen Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, abgedruckt in NZA 1997, 697, 698. 149 Vgl. die Vorschlagsbegründung der Kommission zu Art. 8 der RL 77/187/EWG v. 31.5.1974,RdA 1975,124,125. !50 Oetker, EAS B 8300 Rn. 353. !51 Oetker, EAS B 8300 Rn. 353 m.w.N. !52 Vgl. v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 333 f.

64

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

modell system-und zweckwidrig ihre praktische Wirksamkeit ein 153 . Richtigerweise wird daher angenommen, dass das Ausnahmemodell nur dann hinreichend umgesetzt ist, wenn in allen Fällen, in denen der vollzogene Übergang eine Betriebsänderung auslöst, die wesentliche Nachteile fiir einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer zur Folge haben kann, die Arbeitnehmervertreter eine erzwingbare Schiedsstellenentscheidung herbeifuhren können154. Der Interessenausgleich im deutschen Recht genügt dem mangels Erzwingbarkeit nicht.

b)

Ergebnis zur Richtlinienkonformität der§§ 111, 112 BetrVG im Ausnahmemodell und Folgen

Da nach deutschem Recht die Einigungsstelle als Schiedsstelle im Sinne des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG nicht wie nach der Richtlinie geboten zu einer verbindlichen Entscheidung über hinsichtlich der Arbeitnehmer zu treffende Maßnahmen befugt ist, kann sich die Bundesrepublik nicht auf eine vollständige Umsetzung des Ausnahmemodells berufen 155 • Als Folge hiervon bleibt Deutschland verpflichtet, ein Informations- und Konsultationsverfahren gemäß Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG bei Betriebsübergang zu statuieren156. Soweit im Einzelfall die Bestimmungen des § 106 Abs. 2 S. 1 BetrVG oder des § 17 Abs. 2 KSchG eingreifen, ist den Anforderungen der Richtlinie genügt. Dazwischen verbleiben freilich Lücken, die auch § 613a Abs. 5 BGB nicht zu schließen vermag 157 . Für die Richtlinienkonformität der§§ 111, 112 BetrVG ist schlussendlich also die Frage entscheidend, ob zumindest im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des Tatbestands

!53 Ebenso Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 183. 154 Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 183; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 133 f.; Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1135; Oetker, EAS B 8300 Rn. 355. !55 Im Ergebnis Umsetzungsdefizite wie hier bejahend MünchArbR-Birk, § 19 Rn. 267; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 184; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 134; Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1135; Düwell, FA 2002, 107, 11 0; ders., FA 2002, 172, 173 f.; ders., HzA-aktuell 2002, 31, 37 ff.; Pranzen, RdA 1999, 361, 373; Oetker, EAS B 8300 Rn. 355; ders., NZA 1998, 1193, 1196 ff.; v.Roetteken, NZA 2001, 414, 423; Zachert/Kocher, FS 50 Jahre Arbeitsgerichtsbarkeit Rheinland-Pfalz, S. 51, 64; a.A. HSW-Wank, HdB. europ. Arbeits- und Sozialrecht, § 18 Rn. 151; v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 335 f. 156 Oetker, EAS B 8300 Rn. 356 sowie Colneric, FS Steindorff, S. 1129, 1135. !57 Begünstigt durch Art. 7 Abs. I RL 200 1123/EG sind die Arbeitnehmervertreter, nicht wie in§ 613a Abs. 5 BGB die Arbeitnehmer individuell. Auch ein Konsultationsrecht fehlt in§ 613a BGB.

65

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

der Betriebsänderung im Sinne von § 111 S. 1 BetrVG ein gemeinschaftsrechtskonformer Zustand geschaffen werden kann.

c)

Therapie: Betriebsübergang als Betriebsänderung im Sinne von § 111 S. 1 BetrVG im Grundmodell?

§ 111 BetrVG erwiese sich nahtlos als Umsetzung des Grundmodells des Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG, wenn de lege lata die bloße Betriebsveräußerung die in der Norm vorgesehenen Unterrichtungs- und Beratungsrechte auslöste 158 • Problematisch ist aber bereits, dass nach fast einhelliger Auffassung in Rechtsprechung 159 und Schrifttum 160 der rechtsgeschäftliche Be158 Der Arbeitnehmerschwellenwert in § III BetrVG ist wegen des Vorbehaltes in Art. 7 Abs. 5 RL 2001/23/EG ebenso unschädlich wie die Einschränkung der Sozialplanpilicht durch § ll2a BetrVG, weil im Grundmodell ein Schiedsstellenverfahren nicht vorgesehen ist. 159 Ständige Rspr., s. BAG v. 24.7.1979, OB 1980, 164; v. 21.10.1980, v. 17.2.1981, v. 17.3.1987, v. 16.6.1987, AP Nr. 8 (LS 1), Nr. 9 (unter II 3), Nr. 18 (unter 12), Nr. 19 (unter 11 I) zu § III BetrVG 1972 v. 29.10.1992, NZA 1993, 743, 748; v. I 0.12.1996, AP Nr. II 0 zu § 112 BetrVG 1972 (unter B II 2 c aa); v. 19.1.1999, AP Nr. 37 zu§ 113 BetrVG 1972 (unter III 2 a); v. 25.1.2000, AP Nr. 137 zu§ 112 BetrVG 1972 (unter B I 3). 160 ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 290 und Hohenstatt/Willemsen, § III BetrVG Rn. 53; ErfKomm-Kania, § III BetrVG Rn. I 0; FESTL, BetrVG, § 111 Rn. 50; GL-Löwisch, BetrVG, § 111 Rn. 19c; GKFabricius/Oetker, BetrVG, § III Rn. 52; HSWG-Hess, BetrVG, § III Rn. 55; MünchArbR-Matthes, § 360 Rn. 58; ders.,FS Wiese, S. 293 ff.; ders., NZA 2000, 1073, 1074 ff.; Richardi-Richardi!Annuß, BetrVG, § III Rn. 124; Stege!Weinspach/ Schiefer, BetrVG, §§ 111-113 Rn. 48; Wlotzke, BetrVG, § 111 unter 3.; Beisel/Klumpp, Untemehmenskauf, I 0 Rn. 128; Hölters-Bauer/v.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 281; JRH-Röder/Baeck, PraxishdB. Betriebsverfassungsrecht, 28 Rn. 64; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 95; Lieb, Arbeitsrecht, Rn. 881; G.Picot-GPicot, Mergers&Acquisitions, S. 143; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, II Rn. 53; Schaub-Koch, ArbeitsrechtshdB., § 244 Rn. 8; Schwanda, Betriebsübergang, S. 281; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, S. 121; Tschöpe-Tschöpe, AnwaltshdB., 4 A Rn. 869; Weber/Ehrich!Hörchens/Oberthür, HdB. Betriebsverfassungsrecht, J Rn. 19 ff.; WHSS-Schweibert, Umstrukturierung, C Rn. 79 ff.; Boemke/Tietze, DB 1999, 1389; Bark, BB 1989, 2181, 2184 f.; Franzen, RdA 1999, 361, 372; Gutbrod, DB 1980, 164 f.; Moll, RdA 2003, 129, 130; Neej, NZA 1994, 97 ff.; Neumann-Duesberg, NJW 1972, 665, 670; Salje, NZA 1988, 449, 453; Steffan, NZA-RR 2000, 337, 340; Stück, AuA 2003, 6, 14; Wiedemann, FS Fleck, S.447, 462; Willemsen, RdA 1993, 133, 137; Wissmann, NZA 2003, I, 4; Wollenschläger, FS Gitter, S. 1067, 1071, 1073. A.A.: DKK-Däubler, BetrVG, § 111 Rn. I 02; GK-Fabricius, BetrVG (Voraufl.), § 111 Rn. 250 ff.; Pottmeyer, Überleitung und Mitbestimmung, S. 227 ff.; Engels, DB 1979, 2227, 2229 f.; Kittner, Anm. zu BAG v. 17.2.1981, AP Nr. 9 zu § 111 BetrVG 1972 (BI. 866); offen lassend Plander, NZA2000, 393,397.

66

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

triebsübergang im Sinne des § 613a BGB für sich genommen nicht unter den Tatbestand der Betriebsänderung subsumierbar ist. Diese Auslegung ist unlängst im Zusammenhang mit der Schaffung von § 613a Abs. 5 BGB durch den Gesetzgeber erneut ausdrücklich bestätigt worden 161 • Ungeachtet dessen soll nach Auffassung von B. Gau/ 162 ein Rückgriff auf die Grundsätze der richtlinienkonformen Auslegung eine Öffnung der Beteiligungsrechte gemäß §§ 111, 112 BetrVG für Fälle des schlichten Betriebsinhaberwechsels ermöglichen. Die Übertragung eines Betriebs- oder Betriebsteils stelle eine Maßnahme dar, die den Betrieb betreffe. Wegen des Vorrangs der Richtlinie müsse eine Einbeziehung der Betriebsübertragung in den Anwendungsbereich von § 111 BetrVG auch dann erfolgen, wenn die Identität des Betriebes nach der Übertragung gewahrt bleibe. Deshalb löse ein Betriebsübergang gemäß § 111 S. 1 BetrVG Unterrichtungs- und Beratungsrechte aus, sofern der konkrete Übertragungsvorgang wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder einen erheblichen Teil der Belegschaft zur Folge haben kann 163 • Entgegen der Ansicht von B.Gaul ist eine "Umdeutung" der mangelhaften Umsetzung des Ausnahmemodells in eine Umsetzung des Grundmodells im deutschen Recht vermittels des Instruments der richtlinienkonformen Auslegung nicht möglich. Es ist schon zweifelhaft, ob § 111 BetrVG in Bezug auf den Begriff der Betriebsänderung überhaupt hinreichende Auslegungsspielräume eröffnet, um sodann der durch die Richtlinie geforderten Interpration zum Durchbruch verhelfen zu können 164 . Grundvoraussetzung für eine Subsumtion des Betriebsübergangs unter den Tatbestand der Betriebsänderung wäre insoweit, dass der Katalog von Betriebsänderungen in § 111 S. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG, denen der bloße Inhaberwechsel unstreitig jedenfalls nicht unterfällt, nicht als abschließende Legaldefinition zu verstehen ist. Heftig umstritten ist aber bereits, ob Sachverhalte, die nicht gemäß § 111 S. 3 BetrVG als Betriebsänderung "gelten", gleichwohl über § 111 S. 1 BetrVG die Qualität einer beteiligungspflichtigen Betriebsänderung aufweisen können 165 . Selbst wenn man dies unterstellt, so verbliebe gleichwohl der Befund, dass die Veräußerung eines Betriebes als solche keine Auswirkungen auf einer 161 S. die Begründung zum Gesetzesentwurf, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 162 B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 28 Rn. 103 ff.; ders., BB 1999, 582; ders., NZA 1997, 1022, 1026. 163 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 28 Rn. 109 entgegen noch ders., DB 1995, 2265, 2266. 164 Vgl. dazu bereits I. I. b) bb) (2) (a) (cc). 165 Hierzu im Einzelnen ArbRK.omm-Hohenstatt/Willemsen, § 111 BetrVG Rn. 20; Richardi-Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rn. 41 jeweils m.w.N.

67

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

betrieblich-organisatorischen Ebene hervorruft 166 • Die greifbare Änderung der Organisations- bzw. Arbeitsstruktur im Betrieb wird aber gerade als wesensprägendes Merkmal der Betriebsänderung erachtet 167 • Selbst bei Außerachtlassung dieser im nationalen Recht wurzelnden Bedenken ist dem Ansatz von B. Gaul letztlich entgegenzuhalten, dass hiermit die Wirkungen des Instruments der richtlinienkonformen Auslegung erheblich überspannt werden. Die Betriebsübergangsrichtlinie unterscheidet in Art. 7 Abs. 1, 2 und 3 selbst scharf zwischen dem bloßen Übergang einer wirtschaftlichen Einheit und einer durch einen vollzogenen Übergang hervorgerufenen Betriebsänderung. Auf dieser Trennung fußt die gesamte Regelungssystematik der kollektiven Informations- und Konsultationsrechte in Art. 7. Weicht man diese auf, so verschwimmen zugleich die Grenzen zwischen Grund- und Ausnahmemodell, da kein hinreichendes Unterscheidungskriterium für das Pflichtenprogramm aus Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG einerseits und Absatz 3 der Norm andererseits mehr zur Verfügung steht. Eine derartige Interpretation nationalen Rechts, die weder Terminologie noch Systematik der Richtlinie überzeugend Rechnung trägt, kann schwerlich als richtlinienkonforme Auslegung bezeichnet werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass auch aus formalen Gründen ein richtlinienkonformer Zustand im deutschen Betriebsverfassungsrecht nicht schlicht durch eine interpretative Öffnung des Betriebsänderungsbegriffs für einfache Betriebsübertragungsvorgänge geschaffen werden kann. Nach der Rechtsprechung des EuGW 68 setzt eine hinreichende Richtlinienumsetzung nationale Bestimmungen voraus, die vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit und des Rechtsschutzes die sich aus der Richtlinie ergebenden Rechte eindeutig formulieren, damit den betroffenen Personen eine genaue Kennt-

166 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass völlig zu Recht anerkannt ist, dass es anlässlich eines Betriebsübergangs zu einer Betriebsänderung kommen kann, so etwa bei der Spaltung eines Betriebes im Zuge einer Teilbetriebsveräußerung; vgl. nur BAG v. 4.12.1979, AP Nr. 6 zu § 111 BetrVG (LS 2); v. 25.1.2000, AP Nr. 137 zu § 112 BetrVG 1972 (LS I und unter BI 3); Richardi-Richardi!Annuß, BetrVG, § I II Rn. 128 ff.; JRH-Röder!Baeck, PraxishdB. Betriebsverfassungsrecht, 28 Rn. 64; Rumpff!Boewer, Mitbestimmung in wit1schaftlichen Angelegenheiten, H Rn. 114; ausführlichjUngst Moll, RdA 2003, 129 ff. 167 S. statt vieler ArbRKomm-Hohenstatt/Willemsen, § 613a BGB Rn. 53; FESTL, BetrVG, § II! Rn. 50. 168 S. nur EuGH v. 30.1.1985 - Rs 143/83 (Kommission./.Königreich Dänemark), Slg. 1985, 427, 435; näher zum Erfordernis der rechtssicheren und transparenten Umsetzung Franzen. Privatrechtsangleichung, S. 364 ff. m.w.N.

68

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

nis ihrer Rechte möglich ist 169 . Die erforderliche Rechtssicherheit und Wirksamkeit der Vorgaben des Grundmodells ftir die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertreter kann eine Auslegung, nach der in einem Betriebsübergang eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 1 BetrVG zu erblicken ist, schon deswegen nicht sicherstellen, weil in § 111 BetrVG systematisch und terminologisch eindeutig das Ausnahmemodell des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG in Bezug genommen wird. Zudem ist die im europäischen wie deutschen Recht angelegte systematische Unterscheidung von Betriebsübergang und Betriebsänderung im Verständnis von Rechtsprechung und ganz herrschender Lehre derart fest verwurzelt 170 , dass die praktische Durchsetzung der Vorgaben des Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG kaum auch nur mittelfristig über eine (vermeintlich) richtlinienkonforme Auslegung des § 111 S. 1 BetrVG gewährleistet werden könnte. Es muss daher insgesamt davon ausgegangen werden, dass nur solche Vorschriften dem gemeinschaftsrechtlichen Erfordernis einer rechtssicheren und transparenten Umsetzung entsprechen, die explizit anordnen, dass die Arbeitnehmervertreter bei einem Betriebsübergang im Sinne des § 613a Abs. 1 S. 1 BOB in dem von Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG vorgesehenen Umfang zu informieren und konsultieren sind 171 . § 111 BetrVG ist folglich als Umsetzung des Grundmodells im deutschen Recht de lege lata untauglich 172 •

111.

Schlussbemerkung zur Umsetzung von Art. 7 RL 2001123/EG im deutschen Recht

Die Untersuchung hat das spannungsreiche Verhältnis von Art. 7 RL 2001/23/EG und den zu seiner Umsetzung ergangenen Vorschriften im deutschen Recht zu Tage gefördert. Vor diesem Hintergrund fehlt es nicht an Stimmen, die dem deutschen Gesetzgeber einen Wechsel von dem Ausnahme- in das Grundmodell des Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG nahe legen wollen 173 . Diesen Vorschlag gilt es abschließend zur Analyse der Umsetzung von Art. 7 RL 200 1123/EG im deutschen Recht näher zu betrachten.

169 S. auch Art. II Abs. 2 RL 2002/14/EG, wonach die Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, unmittelbar in den zur Umsetzung der Rahmenrichtlinie ergehenden Vorschriften oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die Richtlinie Bezug zu nehmen. 170 Vgl.dieNw.inFn.l59, 160. 171 So wohl auch Franzen, RdA 1999, 361, 372. 172 Ähnlich Franzen, RdA 1999, 361, 372. 173 Vgl. Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002,457,460 f.; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634; Franzen, RdA 1999, 361, 373; ders., RdA 2002, 258, 262; Stellungnahme des Arbeitsrechtsausschusses im DAV, NZA 2002, Heft 2 S. VIII f.

69

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

1.

Wechsel in das Grundmodell als Umsetzungsalternative

Der genannte Vorschlag fiihrte im Gegensatz zu der derzeitigen Rechtslage zu einer Beseitigung von Defiziten bei der Erfüllung der Direktiven von Art. 7 der Betriebsübergangsrichtlinie hinsichtlich der Information und Konsultation der Arbeitnehmervertreter. Es ist aber auch wichtig, sich die Konsequenzen ins Bewusstsein zu rufen, die ein Wechsel in das Grundmodell für die individuelle Irrfonnation der Arbeitnehmer gemäß Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG mit sich brächte.

a)

Überwindung der mangelnden Abstimmung von Art. 7 Abs. 3, 5 und Absatz 6 RL 2001123/EG

Der Vorteil einer Umsetzung des Grundmodells in Bezug auf die Information der einzelnen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit Betriebsübertragungen liegt unübersehbar darin, dass sich auf diesem Wege die mangelhafte Abstimmung von Art. 7 Abs. 3, 5 und Absatz 6 RL 2001/23/EG überwinden lässt. Anders als im Ausnahmemodell kann die Informationspflicht gegenüber den einzelnen Beschäftigten ihre subsisidiäre Funktion hier nämlich systematisch stimmig ausftillen 174 • Rechtstechnisch ließe sich dies fiir das deutsche Recht - wie zum Teil vorgeschlagen - durch eine Ergänzung von §§ 110, 111 BetrVG 175 oder durch Einfugung eines § 11 Oa BetrVG sowie hierauf abgestimmter Einschränkungen des Anwendungsbereichs von § 613a Abs. 5 BGB 176 bewerkstelligen. Insoweit müsste im kollektiven Bereich vorgesehen werden, dass Veräußerer und Erwerber die Vertreter ihrer jeweiligen von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer in dem von Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2001/23/EG vorgeschriebenen Umfang informieren und konsultieren und zwar unabhängig davon, ob der Betriebsübergang zugleich eine Betriebsänderung darstellt. Eine unmittelbare Unterrichtung der Arbeitnehmer kann dann für diejenigen Betriebe vorbehalten bleiben, in denen eine Arbeitnehmervertretung nicht (rechtzeitig) gebildet werden kann. Angesichts der funktional eher dem Betriebsverfassungsrecht zugewiesenen Vorschrift des Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG wäre es insoweit, bei Außerachtlassung der nach europäischem Recht nicht geforderten Verknüpfung von Unterrichtung und Fristbeginn ftir den Widerspruch, richtliniengetreuer, die (subsidiäre) individuelle Unterrichtung im BetrVG festzuschreiben. Dies fiihrte auch nicht zu systematischen Brüchen, weil dem BetrVG mit Blick

174 Dazu bereits A. II. I. und 2. b). 175 Franzen, RdA 2002,258, 261. Ähnlich Gau/lOtto, DB 2002, 634, 640. 176 S. die Stellungnahme des Arbeitsrechtsausschusses im DAV, NZA 2002, Heft 2 S. VIII f. sowie die offenbar hieran angelehnten Vorschläge der Bundestagsfraktion der FDP aufBT-Drucks. 14/8128, S. 4 f.; 14/8144, S. I f.; 14/8496, S. 3.

70

Richtlinie 2001/23/EG und Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht

auf dessen § 110 eine Pflicht des Unternehmers zur Information der einzelnen Arbeitnehmer in wirtschaftlichen Angelegenheiten keineswegs fremd ist. Allerdings ergäben sich Fragen insbesondere nach angemessenen Rechtsfolgen einer Informationspflichtverletzung, weil im Betriebsverfassungsrecht kein umfassendes Sanktionssystem für Pflichtverstöße des Arbeitgebers existiert 177 • Hier hätte vor dem Hintergrund gemeinschaftsrechtlicher Anforderungen an eine effektive und abschreckende Sanktionierung von Verstößen folglich ein nicht zu unterschätzender gesetzgeberischer Klärungsbedarf bestanden 178 •

b)

Zugang der Arbeitnehmerunterrichtung als widerspruchsfristauslösendes Moment im Grundmodell

Als problematisch erwiese sich ein Wechsel in das Grundmodell im Hinblick auf die mit§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB geschaffene Verknüpfung von Arbeitnehmerunterrichtung und Widerspruchsrecht Es gehört zum Kern des Grundmodells nach Art. 7 Abs. 1, 2 RL 2002/23/EG, dass die Unterrichtung primär gegenüber den Arbeitnehmervertretern und nach Art. 7 Absatz 6 der Richtlinie nur subsidiär gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern zu erfolgen hat. Wird dies in das deutsche Recht transportiert, so fehlte es in all denjenigen Betrieben, in denen eine Arbeitnehmervertretung besteht oder jedenfalls abhängig vom Willen der Arbeitnehmer gebildet werden kann, mangels einer Pflicht von Betriebsveräußerer bzw. -erwerber zur individuellen Information der Arbeitnehmer an einem Anknüpfungspunkt für den Beginn der Widerspruchsfrist Auf den Zugang der Unterrichtung beim Betriebsrat könnte insoweit nicht abgestellt werden, da der Betriebsrat ansonsten systemwidrig 179 zum gesetzlichen Empfangsvertreter der Arbeitnehmer in Anlehnung an § 164 Abs. 3 BGB gemacht würde und das Dazwischenschalten des Betriebsrats überdies zu Unsicherheiten in Bezug auf den genauen Beginn der Widerspruchsfrist führte. Auch wäre unklar, ob der Betriebsveräußerer bzw. -erwerber oder die von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer das Risiko einer verzögerten oder inhaltlich fehlerhaften Weitergabe der Mitteilungen durch den Betriebsrat zu 177 So können bspw. Verstöße des Unternehmers gegen die Unterrichtungspflicht nach § 110 BetrVG im Wesentlichen nur als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, ohne dass den Arbeitnehmern selbst materiell-rechtliche Folgeansprüche zustünden; s. FESTL, BetrVG, § II 0 Rn. II. 178 Anders B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 640, die fehlende Sanktionsmöglichkeiten im Betriebsverfassungsrecht bei Missachtung der Unterrichtung gerade als Vorteil einer Umsetzung im BetrVG ansehen. 179 Der Betriebsrat ist nicht Vertreter einzelner Arbeitnehmer; FESTL, BetrVG, § I Rn. 196.

71

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

tragen verpflichtet wären. Einen Ausweg böte nur eine solche Konzeption, die den Beginn der Frist flir den Widerspruch nicht an die Information der einzelnen Arbeitnehmer in dem von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG bzw. § 613aAbs. 5 BGB geforderten Umfang koppelt, sondern schlicht daran anknüpft, dass die Betroffenen über die Tatsache und gegebenenfalls den Zeitpunkt des Betriebsübergangs in Kenntnis gesetzt worden sind 180 . Vor- und Nachteile dieser Konzeption liegen auf der Hand. Einerseits wird flir die Auslösung der Widerspruchserklärungsfrist eine einfachere und damit letztlich auch rechtssicherere Gestaltung gewählt, da im Gegensatz zu der gültigen Rechtslage unschwer festgestellt werden kann, ob die Frist durch eine vollständige Mitteilung in Gang gesetzt wurde. Andererseits müsste auf den rechtstechnischen Kunstgriff verzichtet werden, das Widerspruchsrecht als Instrument flir die Durchsetzung der Unterrichtung in dem Umfang des Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG zu nutzen. Gerade dieser dürfte in der Rechtswirklichkeit aber besonders dazu geeignet sein, dem im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Informationsgebot des § 613a Abs. 5 BGB zur praktischen Durchsetzung zu verhelfen.

2.

Neuerlicher Umsetzungsbedarf durch die Rahmenrichtlinie 2002/14/EG

In der Literatur ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der Forderung eines Wechsels in das Grundmodell des Art. 7 der Betriebsübergangsrichtlinie zusätzliche Legitimität durch neuerlichen Umsetzungsbedarf irrfolge der Richtlinie 2002/14/EG vom 11.3.2002 zur F estlegung eines allgemeinen Rahmens flir die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft verliehen wird 181 . Ziel dieser Richtlinie ist es, die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen der Richtlinie über Europäische Betriebsräte 182, der Betriebsübergangsrichtlinie und der Massenentlassungsrichtlinie183 hinsichtlich der Information und Anhörung der Arbeitnehmer zu vervollständigen 184 . Erste Analysen der RL 2002/14/EG haben bereits den Befund ergeben, dass sich die Einschränkung von Informationsrechten der

180 Vgl. die Anträge der FDP-Fraktion aufBT-Drucks. 14/8128, S. 4 f.; 14/8144, S. I, 3 f., 14/8496, S. 3; Stellungnahme des Arbeitsrechtsausschusses des DAV, NZA 2002, Heft 2, S. VIII f. 181 Franzen, RdA 2002, 258, 261 f. 182 RL 94/45/EG, ABI. EG Nr. L 254, v. 30.9.1994, S. 64; auf das Vereinigte Königreich ausgedehnt durch RL 97/74/EG, ABI. EG Nr. L 10 v. 16.1.1998, S. 22; in Deutschland umgesetzt durch das EBRG v. 28.10.1996, BGBl. I, S. 1548. 183 RL 75/129/EWG, ABI. EG Nr. L 48 v. 22.2.1975, S. 29; neu gefasst durch RL 98/59/EG, ABI. EG Nr. L 225 v. 20.7.1998, S. 16. 184 Deinert, NZA 1999,800 m.w.N.

72

Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Unterrichtung aus § 613a Abs. 5 BGB

Arbeitnehmervertreter im Voraussetzungsbereich der §§ 106, 111 BetrVG auch hier als problematisch erweist 185 . Sofern sich dies im Einzelnen erhärtet, muss die Bundesrepublik spätestens dann den Sonderweg des Art. 7 Abs. 3 RL 2001/23/EG auch im Interesse einer systemgerechten und lückenlosen Umsetzung der Vorgaben der RL 2002114/EG aufgeben. Hierbei wird dann auch auf die vorstehend geschilderten Folgen im Bereich von Art. 7 Abs. 6 der Betriebsübergangslinie bzw. § 613a Abs. 5 BGB Bedacht zu nehmen sem.

185 Näher Deinert, NZA 1999, 800, 80 I f.; Reichold, NZA 2003, 289, 298 f.; WendelingSchröder/Welkoborsky, NZA 2002, 1370, 1372 f. Die Umsetzungsfrist flir die Mitgliedsstaaten läuft am 23.5.2005 ab.

73

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

§ 4 Der Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Unterrichtung aus § 613a Abs. 5 BGB A.

Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB als echte schuldrechtliche Rechtspflicht oder bloße Obliegenheit

I.

Bedeutung der Frage und Meinungsspektrum

Das allgemeine Schuldrecht kennt neben den vollkommenen und unvollkommenen Verbindlichkeiten die Obliegenheit als "Pflicht minderer Intensität"186. Deren Befolgung ist lediglich Gebot eigenen Interesses, da der Belastete bei ihrer Verletzung zwar einen Rechteverlust oder einen rechtlichen Nachteil erleidet 187 • Hingegen begründet die Obliegenheit für den "Berechtigten" weder einklagbare Primär- oder Sekundäransprüche noch ein Zurückbehaltungsrecht188. Die Vorschriften der§§ 241 ff. BGB lassen sich auf Obliegenheiten demnach allenfalls analog anwenden 189 . Ausgehend hiervon wird das Informationsgebot des § 613a Abs. 5 BGB zum Teil als gesetzliche Obliegenheit des bisherigen Arbeitgebers bzw. neuen Betriebsinhabers verstanden 190 . Andere Rechtsnachteile oder Sanktionen als die fehlende Fristauslösung für den Widerspruch bei Nichteinhaltung der Unterrichtungspflicht sehe das Gesetz nicht vor. Dies entspreche der Betriebsübergangsrichtlinie, die Sanktionsregelungen den Mitgliedsstaaten überlasse 191 . Im Übrigen bezwecke § 613a Abs. 5 BGB nicht den Schutz der Vermögensinteressen der Beschäftigten. Daraus folge, dass die Beschäftigten keinen echten Anspruch auflnformation haben 192 .

186 Soergel- Teichmann, BGB, Vor § 241 Rn. 7; R.Schmidt, Obliegenheiten, S. I 04. 187 Statt vieler Palandt-Heinrichs, BGB, Ein!. v. § 241 Rn. 13. Rechtsdogmatische Grundlage der Obliegenheit ist das Verbot des venire contra factum proprium; s. R.Schmidt, Obliegenheiten, S. 109 ff., 317; Hanau, AcP 165 (1965), 220, 239; Wieling, AcP 176 (1976), 334, 351 f. 188 Vgl. BGH v. 13.6.1957, BGHZ 24,378, 382; MünchKomm-Kramer, BGB, Ein!. Bd. 2 Rn. 49; Soergel-Teichmann, BGB, Vor§ 241 Rn. 7 f.; Medicus, BGB AT, Rn. 59, 889; R.Schmidt, Obliegenheiten, S. 318 f. 189 MünchKomm-Kramer, BGB, Ein!. Bd. 2 Rn. 51 m.w.N. 190 Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 48; Huke, Unterrichtung, S. 99; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 458; Grobys, BB 2002, 726, 727; unklar Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübemahme, Rn. 264; Holtkamp, AuA 2002, 404 f.; Worzalla, NZA 2002, 353, 355. 191 Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 458. 192 Semler/Stengei-Simon, UmwG, § 324 Rn. 48; Grobys, BB 2002,726,727.

74

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

Diesem Verständnis wird von der ganz überwiegenden Ansicht im Schrifttum widersprochen 193 . Zur Begründung wird zum Teil auf den Normwortlaut verwiesen, wonach der bisherige Arbeitgeber bzw. der neue Inhaber die Arbeitnehmer "zu unterrichten hat" 194 . Andere Autoren weisen daraufhin, dass sich schon aus dem Arbeitsvertrag bzw. § 242 BGB eine entsprechende Nebenpflicht des Arbeitgebers zur Information über den Betriebsübergang ergebe195. Schließlich wird zur Rechtfertigung der Annahme einer echten Unterrichtungspflicht Art. 9 RL 200 1123/EG herangezogen, wonach die Arbeitnehmer ihre Forderungen aus der Richtlinie einklagen können müssen, falls die Verpflichtungen der Arbeitgeber hieraus nicht beachtet werden 196 .

II.

Stellungnahme

1.

Keine strukturmerkmalsbezogene Abgrenzung von Schuld und Obliegenheit

Nachdem einzelne Wesensmerkmale der Obliegenheit bereits angesprochen worden sind, ist in methodischer Hinsicht vorab zu überlegen, ob die fragliche Einordnung des Informationsgebotes des§ 613a Abs. 5 BGB ausgehend von einem allgemeinen Ordnungsbegriff der Obliegenheit mit entsprechend gefestigten Strukturmerkmalen erfolgen kann.

193 APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 203; ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 341; Baumbach/Hopt-Hopt, HGB, §59 Rn. 19; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 90; ders., Arbeitsrecht I, S. 894; Paiandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 39; Beisel!Klumpp, Untemehmenskauf, 10 Rn. 34; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3347; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. I, 76 f.; HS-Spirolke, Arbeitsrecht!. Mandat, § 8 Rn. 29; Kunst, Informationsrechte, S. 131; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 28; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 224; Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 277; Bichlmeier, DZWIR 2002, 277, 278; Düwell, FA 2002, 107, 109; ders., HzA-aktuell 2002, 31, 34; Pranzen, RdA 2002, 258, 262; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 639 f.; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 45 f.; Kossens, AuA 2002, 158; KrügermeyerKalthoff/Reutershan, MDR 2003, 541, 545; Laber!Roos, ArbRB 2002, 268; Nehls, NZA 2003, 822, 824; Sayatz/Wolff, DStR 2002, 2039, 2045, Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 116. Differenzierend Rieble, NZA 2004, 1, 8: Rechtspflicht zur Information nur im Verhältnis zum jeweiligen Arbeitsvertragspartner des Arbeitnehmers). 194 DLW-Baeck!Haussmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3347. 195 V gl. KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 9; Oetker, NZA 1998, 1193, 1201; Nehls, NZA 2003, 822, 824; Waas/Johanns, EuZW 1990, 458, 462; Zachert!Kocher, FS 50 Jahre Arbeitsgerichtsbarkeit Rheinland-Pfalz, S. 51, 65. 196 Pranzen, RdA 2002, 258, 262; Nehls, NZA 2003, 822, 824; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1161.

75

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Bis heute ist allerdings unklar, welche Gemeinsamkeiten Rechtssätze überhaupt aufweisen müssen, um begrifflich unter die Kategorie der Obliegenheiten gefasst werden zu können 197 • Auch die eingangs beschriebenen Charakteristika (Verknüpfung eines Vorteils oder Nachteils mit einem bestimmten Verhalten, Fehlen von Erfüllungsansprüchen oder Vollstreckungsmöglichkeiten, keine Schadensersatzansprüche bei Nichtvomahme der normierten Handlung) sind für eine Zuordnung nicht belastbar, da bei einem Abstellen hierauf in zirkelschlüssiger Weise das Ergebnis der Prüfung zu seiner Begründung herangezogen würde. Zwar finden sich in der Literatur vereinzelt begriffsjuristische Ansätze zu weiteren Merkmalsbildungen 198 . Deren Schwächen hat J.Schmidt 199 jedoch bereits überzeugend nachgewiesen. Es verwundert insofern nicht, wenn sich die Kommentarliteratur anstelle einer eingehenderen begrifflichen Abgrenzung von Schuld und Obliegenheit vielfach damit behilft, lediglich die Beispiele für Obliegenheiten aufzuzählen 200 • Es muss somit davon ausgegangen werden, dass es der Begriffstypus der Obliegenheit nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht ermöglicht, ein Schuldverhältnis von einem Nicht-Schuldverhältnis abzugrenzen 201 • Für die vorliegende Untersuchung folgt daraus, dass eine nähere Qualifizierung des Gebotes aus § 613a Abs. 5 BGB als Schuld oder Obliegenheit nur anhand einer an allgemeinen methodischen Grundsätzen orientierten Gesetzesauslegung erfolgen kann. 2.

Auslegung des § 613a Abs. 5 BGB

a)

Grammatikalische Auslegung

Zunächst soll der Wortlaut von § 613a Abs. 5 BGB ("hat ... zu unterrichten") analysiert werden. Dessen Normbefehl ist im Hinblick auf die Abgrenzung von echter Rechtspflicht und "Pflicht minderer Intensität" keineswegs eindeutig. So spricht das Gesetz auch bei der Anzeigeobliegenheit des§ 149 BGB oder der handelsrechtliehen Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB davon, dass der Normadressat einem bestimmten Verhalten zu entsprechen "hat", ohne dass es sich um eine echte Rechts-

197 198 199 200

So ausdrücklich Staudinger-.l.Schmidt, BOB, Ein!. zu§§ 241 ff. Rn. 269. Nw. bei Staudinger-.l.Schmidt, BOB, Ein!. zu§§ 241 ff. Rn. 271 ff. Staudinger-.l.Schmidt, BOB, Ein!. zu§§ 241 ff. Rn. 286. Vgl. Erman-Westermann, BOB, Eint. § 241 Rn. 24; MünchKomm-Kramer, BOB, Ein!. Bd. 2 Rn. 50. Gesetzliche Obliegenheiten finden sich vor allem im Kauf- und Versicherungsrecht, durchaus aber auch im lndividualarbeitsrecht, z.B. die Anzeigeund Nachweispflichten gemäß § 5 Abs. I S. 2, 3 EFZG (s. ErfKomm-Dörner, § 5 EFZG Rn. 44 ). 201 Staudinger-J.Schmidt, BOB, Ein!. zu§§ 241 ff. Rn. 286.

76

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

pflicht handelt202 • Andererseits finden sich Gegenbeispiele, bei denen der Gesetzgeber unter Verwendung einer dem Eingangssatz von § 613a Abs. 5 BGB vergleichbaren Wortwahl eine echte Verbindlichkeit geschaffen hat, so etwa in§ 2 Abs. I S. I NachwG203 • Erkenntnisse fiir die Einordnung der Unterrichtungspflicht des § 613a Abs. 5 BGB lassen sich möglicherweise daraus gewinnen, dass das Gesetz "die Arbeitnehmer" als "Berechtigte" benennt. Immerhin wird fiir die Information der Beschäftigten nach § 110 Abs. 1 BetrVG ein Individualanspruch zum Teil aufgrund des gesetzlichen Plurals abgelehnt204 • Auch dies ist jedoch streitig 205 • Zwingend erscheint ein derartiger Schluss fiir § 613a Abs. 5 BGB im Übrigen auch deswegen nicht, weil die Verwendung des Plurals in der Norm vor allem der Klarstellung dient, dass die Mitteilung inhaltlich nicht individuell auf jedes Arbeitsverhältnis bezogen sein muss206 • Für die Wortlautauslegung muss folglich festgehalten werden, dass sie keine eindeutige Qualifizierung ermöglicht, ob es sich bei dem Normgebot des§ 613a Abs. 5 BGB um eine echte Rechtspflicht von Betriebsveräußerer bzw. -erwerber handelt. b)

Systematische Auslegung

Unter dem Gesichtspunkt einer systematischen Auslegung ist zu fragen, welche Anhaltspunkte sich aus der Verknüpfung von Unterrichtung und Fristauslösung fiir den Widerspruch in§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB für die nähere Einordnung der Informationspflicht ergeben. Nach dem Regelungskonzept der Absätze 5 und 6 Satz 1 des § 613a BGB können sich die beteiligten Arbeitgeber einen Monat nach Zugang der Unterrichtung auf die Verfristung erst hiernach zugehender Widersprüche berufen. Dieses Recht besteht im Falle einer ausbleibenden oder pflichtwidrigen Unterrichtung nicht. Der hierin liegende Nachteil in Gestalt einer zeitlich grundsätzlich unbefristeten "Rückkehrmöglichkeit" der Arbeitnehmer zu dem übertragenden Rechtsträger 07 lässt eine Einordnung von § 613a Abs. 5 BGB als Obliegenheit unter dem Gesichtspunkt der Verknüpfung von 202 S. nur Soergel-Teichmann, BGB, Vor§ 241 Rn. 7. 203 Vgl. BAG v. 17.4.2002, NZA 2002, 1096 ff.; ErfKomm-Preis, Einf. NachwG Rn. 13; Schaefer, NachwG, D Rn. 181; Bepler, ZTR 2001,241,244 f.; Birk, NZA 1996,281, 288; B.Gaul, NZA 2000, Beil. Heft 3, S. 51, 53; Leuchten/Zimmer, NZA 1999, 969, 970; Müller-Glöge, RdA 2001, Beil. Heft 5, S. 46, 53. 204 GK-Fabricius/Oetker, BetrVG, § 110 Rn. 4. 205 Für ein einklagbares Informationsrecht der Arbeitnehmer etwa DKK-Däubler, BetrVG, § 110 Rn. 18; ErfKomm-Kania, § 110 BetrVG Rn. 8. 206 Dazu§ 5 B. II. I. 207 S. noch ausfUhrlieh § I 0 A.

77

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Normverstoß und Eintritt eines Rechtsnachteils jedenfalls als denkbar erscheinen. Soweit abweichend hiervon vertreten wird, § 613a Abs. 5 BGB könne keine Obliegenheit darstellen, weil der Rechtsnachteil, die Nichtauslösung der Frist fiir den Widerspruch, nicht unmittelbar auch in Absatz 5 benannt sei 208 , überzeugt dies nicht. Der Blick in eine der "klassischen" Obliegenheiten, § 377 HGB, erweist nämlich, dass Verhaltensgebot und Nachteil bei Nichtbefolgung rechtskonstruktiv keineswegs in einem Absatz verbunden sein müssen209 • Andererseits ist es unzutreffend, aus dem Fehlen weiterer Sanktionen im Regelungszusammenhang von § 613a Abs. 5, 6 BGB fiir Informationspflichtverstöße auf das Vorliegen einer bloßen Unterrichtungsobliegenheit zu schließen. Auch andere arbeitsrechtliche Bestimmungen innerhalb und außerhalb des BGB schaffen echte Verbindlichkeiten des Arbeitgebers gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern, ohne dass sich spezifische Regelungen fiir Pflichtverletzungen finden 210 • Es wäre insofern weder erforderlich noch logisch gewesen, fiir § 613a Abs. 5 BGB ein eigenständiges Sanktionsreglement zu schaffen, zumal die systematische Verankerung der Norm im BGB bei Bejahung einer echten Rechtspflicht eine Anwendung allgemeiner schuldrechtlicher Regeln, wie etwa der §§ 280 ff. BGB, ohne weiteres ermöglicht211. Auch bei systematischer Auslegung lässt sich § 613a Abs. 5 BGB folglich weder eindeutig als echte Verbindlichkeit, noch als Obliegenheit einordnen. c)

Historische Auslegung

Unter dem Gesichtspunkt einer historischen Auslegung wäre § 613a Abs. 5 BGB als echte Informationspflicht zu qualifizieren, wenn eine solche im Zusammenhang mit Betriebsübertragungen gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern schon vor dessen Einfiihrung anerkannt war und die Norm als deren gesetzliche Konkretisierung angesehen werden könnte. Hingegen wäre das Gegenteil der Fall, wenn der Gesetzgeber mit § 613a Abs. 5 BGB nur die bisherige HAG-Rechtsprechung festschreiben wollte, wonach die Be208 Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1161. 209 V gl. § 3 77 Abs. I, 3 HGB einerseits und Absatz 2 der Norm andererseits. 210 Dies gilt nahezu ftir das gesamte gesetzlich ausgeprägte Nebenpflichtenprogramm des Arbeitgebers; s. bspw. § 630 BGB bzw. § I 09 GewO (vgl. ErfKomm-MüllerGlöge, § 109 GewO Rn. 121 ff. m.w.N.) oder die Rechtslage im Nachweisgesetz, das keine Aussagen über die Rechtsfolgen von Pflichtverstößen des Arbeitgebers trifft und wo gleichwohl von einem Einsatz des aUgemeinen Zivilrechts zur Durchsetzung der Nachweispflicht ausgegangen wird ( u.a. Birk, NZA 1996, 281, 288); anders etwa § 618 Abs. 3 BGB. 211 Ebenso B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 76.

78

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

triebsübertragungsparteien nur eine Informationsobliegenheit zur Auslösung der Widerspruchsfrist nach Vollzug der Betriebsübertragung treffen sollte212 • Nach bisherigem Recht war umstritten, ob und inwieweit die beteiligten Arbeitgeber zur Information der übergehenden Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs- oder Betriebsteils verpflichtet waren213. Eine Auslegung von§ 613a Abs. 5 BGB, die in dieser Frage (vorgebliche) Kontinuitäten bemüht, steht folglich auf einem ungesicherten Fundament. Setzt man sich über diese Bedenken hinweg und unterstellt das Bestehen eines (ungeschriebenen) Informationsanspruchs nach alter Rechtslage, so ergibt sich fiir die Qualifizierung von § 613a Abs. 5 BGB als Rechtspflicht oder Obliegenheit gleichwohl nichts. Zum einen war ein Unterrichtungsrecht der Arbeitnehmer beim Betriebsinhaberwechsel keinesfalls mit dem von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB nunmehr geforderten umfangreichen Informationsinhalt anerkannt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass ein Informationsanspruch der Arbeitnehmer nach bisherigem Recht mangels gesetzlicher Regelung allenfalls aus dem Arbeitsvertrag als Nebenpflicht des jeweiligen Arbeitgebers folgen konnte. Verpflichtet aus § 613a Abs. 5 BGB ist aber neben dem aktuellen Arbeitgeber des betreffenden Beschäftigten stets auch die jeweils andere Betriebsübertragungspartei, die als erst künftiger oder ehemaliger Betriebsinhaber noch nicht oder - abgesehen von einem späteren Widerspruch - nicht mehr Arbeitgeber des informationsberechtigten Arbeitnehmers ist. Im Verhältnis entweder zu Betriebsveräußerer oder -erwerber, je nach Zeitpunkt vor oder nach dem Betriebsübergang, kann§ 613a Abs. 5 BGB folglich schon konstruktiv keine gesetzliche Ausprägung einer arbeitsvertragliehen Nebenpflicht sein. Ein Rückgriff auf die bisherige Rechtslage hilft folglich für die hier interessierende Fragestellung nicht recht weiter. Auch die Gesetzesmaterialien zu § 613a Abs. 5 BGB geben keine klare Auskunft darüber, ob die Informationspflicht eine echte Schuld oder bloße Obliegenheit begründet. Zwar nimmt die Regierungsbegründung einleitend zu § 613a Abs. 5, 6 BGB ausdrücklich auf die bisherige Rechtsprechung zum Widerspruchsrecht und zu der hieraus abgeleiteten Informationsobliegenheit Bezug214 • Hieraus ist jedoch nicht ersichtlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers mit den Neuregelungen eine Kontinuität in diesem speziellen Gesichtspunkt erstrebt ist, zumal im Folgenden von einer "Unterrichtungspflicht" aus § 613a Abs. 5 BGB gesprochen wird 215 • Rückt man die 212 213 214 215

Nw. in Fn. 73 (1. Kapitel). Vgl. oben§ 2 A. II. 3. BT-Drucks. 14/7760, S. 19. BT-Drucks. 14/7760, S. 19.

79

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

hier behandelte Problematik zudem in den Gesamtkontext eines umfassenderen Vergleichs der Neuregelung in § 613a Abs. 5 BGB mit der bisherigen Rechtslage, so ist zu berücksichtigen, dass das Unterrichtungsrecht infolge seiner Aufwertung durch den Gesetzgeber nicht länger als bloßer Annex zum Widerspruchsrecht verstanden werden kann216 • Es liegt insoweit nahe, in der Genese von § 613a Abs. 5 BGB ein Indiz für die Annahme einer echten Rechtspflicht zur Information der Arbeitnehmer zu erblicken.

d)

Teleologische Auslegung

Zweck des § 613a Abs. 5 BGB ist zum einen die Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG (dazu noch sogleich) und zum anderen die Ermöglichung einer informierten Entscheidung über einen Widerspruch zugunsten der Arbeitnehmer. Zumindest das letztgenannte Ziel kann unabhängig von der Frage erreicht werden, ob es sich bei der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB um eine Schuld von Betriebsveräußerer bzw. -erwerber oder lediglich um eine Obliegenheit handelt. Dem Gesetzeszweck besser entspräche allerdings die Annahme einer Rechtspflicht, weil auf diese Weise die rechtliche Durchsetzbarkeit des Informationsinteresses in jedem Einzelfall gewährleistet ist. Es dürfte dies zumindest als ein Indiz dafür zu werten sein, dass § 613a Abs. 5 BGB den übergangsbetroffenen Arbeitnehmern ein subjektives Recht aufErteilung der Informationen einräumt.

e)

Verfassungskonforme Auslegung

Die Anerkennung des Widerspruchsrechts ist nach Auffassung des Gesetzgebers zum Grundrechtsschutz der Arbeitnehmer erforderlich 217 • Da die Unterrichtung ihrerseits der Ermöglichung einer informierten Widerspruchsentscheidung zu dienen bestimmt ist, lässt sich die Annahme einer echten Unterrichtungspflicht in§ 613a Abs. 5 BGB möglicherweise mittelbar aus verfassungsrechtlichen Erwägungen ableiten 218 . Ein Rückgriff auf verfassungsrechtliche Wertungen ist indessen für die hier interessierende Problematik unergiebig. Die fragliche Einordnung der Unterrichtung als echte Verbindlichkeit oder bloße Obliegenheit lässt das Recht zum Widerspruch unberührt, zumal der Zugang der Mitteilungen nicht Entstehungsvoraussetzung für das Widerspruchsrecht ist. Zwar wird eine informierte Entscheidung über den Widerspruch die eigenen Belange des betreffenden Arbeitnehmers in der Regel besser wahren. Die Effektivität des Widerspruchsrechts wird jedoch unabhängig von einer näheren Qualifizie216 S.§2B.I. 217 Dazu näher § II B. III. 218 Befürwortend zur bisherigen Rechtslage Menze, Widerspruchsrecht, S. 202.

80

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

rung des Informationsrechts regelungsimmanent dadurch abgesichert, dass das Widerspruchsrecht mangels Verfristung bei Unterrichtungspflichtverstößen weiterhin ausgeübt werden kann. Auf verfassungsrechtliche Erwägungen kommt es insoweit nicht an. t)

Richtlinienkonforme Auslegung

Der nach den bisherigen Ergebnissen in der hier behandelten Frage bestehende Auslegungsspielraum muss so ausgefiillt werden, dass die Verwirklichung der Ziele von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG und ihre praktische Wirksamkeit am besten gesichert ist219 • Dies gilt wegen der gebotenen einheitlichen Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB auch in dem richtlinienfreien Allwendungsbereich der Norm220 . Gemäß Art. 9 RL 200 1/23/EG sind die Mitgliedsstaaten zu einer Aufnahme von Bestimmungen in ihre innerstaatlichen Rechtssysteme verpflichtet, welche Arbeitnehmern, die ihrer Ansicht nach durch die Nichtbeachtung der sich aus der Betriebsübergangsrichtlinie ergebenden Verpflichtungen benachteiligt sind, die Möglichkeit geben, ihre Forderungen durch Gerichtsverfahren einzuklagen. In Anbetracht dieser Vorgabe ist es allein folgerichtig, § 613a Abs. 5 BGB im Sinne eines einklagbaren Informationsrechts der betroffenen Beschäftigten zu interpretieren. Zwar handelt es sich bei Art. 9 nicht um eine Regelung materiell-inhaltlicher Vorgaben fiir die Arbeitnehmerrechte, sondern in erster Linie um eine verfahrensbezogene Bestimmung221, so dass ihr im Hinblick auf§ 6l3a Abs. 5 BGB unmittelbar nur die Pflicht zur Bereitstellung eines arbeitsgerichtliehen Verfahrens entspringt, welches es den Arbeitnehmen ermöglicht, die Information auf dem Klagewege geltend machen zu können. Allerdings spricht Art. 9 RL 200 1123/EG selbst von "Forderungen" der Arbeitnehmer. Da sich die Normaufgrund ihrer systematischen Stellung und Funktion auf alle Arbeitnehmerrechte aus der Betriebsübergangsrichtlinie erstreckt und diese weder graduelle Abstufungen bei den Pflichten noch eine Verknüpfung von Informationspflicht und Widerspruchsrecht kennt, ergibt sich hieraus wenigstens mittelbar die Verpflichtung des deutschen Gesetzgebers, § 6l3a Abs. 5 BGB als Anspruchsnorm auszugestalten, die den Arbeitnehmern eine "Forderung" auf Information einräumt222 • Schließlich ist ein materieller Informationsan-

219 Vgl. bereits§ 3 B.l. I. b) bb) (2) (a) (cc) und B. I. 4. a). 220 S. oben § 3 B. I. 6. a). 221 A.A. in Bezug auf das Erfordernis einer materiellen Sanktionsregelung für Verstöße aus der Betriebsübergangsrichtlinie v.Roetteken, NZA 2001,414,419. 222 Im Ergebnis wie hier Kunst, Informationsrechte, S. 131; Franzen, RdA 2002, 258, 262; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1161.

81

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

spruch eine zwingend notwendige Vorbedingung dafiir, dass der nach Art. 9 RL 2001/23/EG vorzusehende Verfahrensweg überhaupt mit Aussicht auf Erfolg beschritten werden kann. Bestätigt wird diese Auslegung durch das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot Der praktischen Wirksamkeit der arbeitnehmerschützenden Zielrichtung von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG wird nur angemessen Rechnung getragen, wenn notwendigenfalls, das heißt falls sich die Betriebsübertragungsparteien auch in Anbetracht des Risikos unbefristet möglicher Widersprüche nicht zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung bereit finden, eine klageweise Durchsetzung des Rechts aus § 613a Abs. 5 BGB möglich ist. Dies ist bei einer Qualifizierung der Norm als schlichte Obliegenheit nicht der Fall. 111.

Ergebnis und Folgerungen für dogmatische Einordnung und Einklagbarkeit des Informationsanspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB

Unter Beachtung des Postulats der richtlinienkonformen Auslegung begründet § 613a Abs. 5 BGB eine echte Schuld des bisherigen Arbeitgebers bzw. neuen Betriebsinhabers. Hiermit koreliert aus Sicht der begünstigten Arbeitnehmer ein einklagbarer Unterrichtungsanspruch. In dogmatischer Hinsicht stellt § 613a Abs. 5 BGB eine gesetzliche Ausprägung des arbeitgeberseitigen Nebenpflichtprogramms (s. § 241 Abs. 2 BGB) dar, wie sich auch aus einer Parallele zu sonstigen Auskunftspflichten, so zum Beispiel der Informationspflicht aus dem NachwG223 , den Vorschriften der§§ 81 ff. BetrVG224 oder auch zu allgemeinen Hinweispflichten aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers 225 , ergibt. Der Sache nach handelt es sich um eine selbständige Nebenpflicht, die neben der geschuldeten Hauptleistung des Arbeitsgebers einem eigenständigen Zweck dient2 26 • Im Verhältnis zu demjenigen Pflichtadressaten aus§ 613a Abs. 5 BGB, der jeweils nicht Arbeitgeber des Informationsberechtigten ist (Betriebserwerber vor Vollzug des Inhaberwechsels und Betriebsveräußerer nach dem Übertragungsstichtag) scheidet eine Qualifizierung als Nebenpflicht im bestehenden Arbeitsverhältnis freilich aus. Insoweit begründet § 613a Abs. 5 BGB aber ein gesetzliches Schuldverhältnis227 •

223 Vgl. ErtKomm-Preis, Einf. NachwO Rn. 13; ders., NZA 1997, 10, 11; Birk, NZA 1996,281,289. 224 S. Richardi-Richardi/Thüsing, BetrVO, § 81 Rn. 6. 225 Dazu statt vieler ErfKomm-Preis, § 611 BOB Rn. 781 ff. m.w.N. 226 Vgl. MünchKomm-Roth, BOB,§ 242 Rn. 182 m.w.N. In der dogmatischen Bewertung von§ 613a Abs. 5 BOB wie hier B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 639. 227 Dazu noch § I 0 D. I. 2. a) aa).

82

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass in Fällen, in denen Betriebsveräußerer bzw. -erweber ihrer Pflicht aus § 613a Abs. 5 BGB nicht nachkommen, im Urteilsverfahren Leistungsklage auf Erteilung der gesetzlich geforderten Informationen vor dem Arbeitsgericht erhoben werden kann. Die Vollstreckung erfolgt gemäß § 888 ZPO. Ein Antrag auf Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung gemäß § 61 Abs. 2 S. 1 ArbGG fiir den Fall, dass der im Prozess unterlegene Arbeitgeber die Unterrichtung nicht innerhalb einer bestimmten Frist vornimmt, ist prinzipiell denkbarl 28 . Daneben kann dann allerdings kein weiterer gesonderter Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen die Unterrichtungspflicht geltend gemacht werden229 • Werden die Betriebsübertragungsparteien gemeinsam klageweise in Anspruch genommen, so sind sie einfache Streitgenossen (§ 59 ZP0) 230 • Haben der gemeinsam verklagte bisherige und der neue Betriebsinhaber unterschiedliche Gerichtsstände, so hat das gemeinsame obere Gericht gegebenenfalls gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das zuständige Arbeitsgericht zu bestimmen231 . Ähnlich wie im Nachweisrecht232 dürften isolierte Klagen auf Erfiillung des Informationsanspruchs in der Praxis gegenüber Streitigkeiten um eine Verfristung des Widerspruchsrechts gemäߧ 613a Abs. 6 S. 1, Abs. 5 BGB wenig bedeutsam sein, da sich die Arbeitnehmer durch die Nichtauslösung der Frist fiir den Widerspruch bei ausbleibender oder fehlerhafter Unterrichtung regelmäßig hinreichend geschützt sehen können. Gleichwohl kann das Einklagen des Informationsanspruchs Sinn machen, so etwa wenn eine Verwirkung der Rechte aus § 6_13a Abs. 5 und 6 BGB droht233 oder der Arbeitnehmer aus tatsächlichen Gründen gehalten ist, zügig eine Entscheidung über einen Widerspruch zu treffen. Macht der Arbeitnehmer seinen Anspruch aus § 613a Abs. 5 BGB 228 Lässt der Arbeitgeber die Frist verstreichen, so geht der Anspruch aus § 613a Abs. 5 BGB nicht unter; die Rechtsfolge des § 613a Abs. 6 S. I BGB wird nicht ausgelöst. Der Arbeitnehmer kann nach Ablauf der vom Arbeitsgericht festgesetzten Frist allerdings wegen § 61 Abs. 2 S. I ArbGG lediglich in die Entschädigungssumme vollstrecken. Da der Unterrichtungsanspruch noch besteht, kann der Arbeitnehmer die verspätete Mitteilung aber noch mit der Folge des§ 613a Abs. 6 S. I BGB an Erfüllungs Statt annehmen; vgl. BAG 28.10.1992, NZA 1993, 520, 521. 229 Vgl. Germelmann!Prütting-Germelmann, ArbGG, § 61 Rn. 36a. 230 Dies folgt aus der Gesamtschuldnerschaft der Pflichtadressaten aus § 613a Abs. 5 BGB; vgl. nur Staudinger-Noack, BGB, § 421 Rn. 118. Zum Bestehen der Gesamtschuld nachfolgend unter B. Il. 231 Vgl. BAG v. 25.4.1996, NZA 1996, 1062; Neef, NZA-RR 1999,225,230. 232 Vgl. insoweit ErfKomm-Preis, Einf. NachwG Rn. 12; ders., NZA 1997, 10, II; B. Gaul, NZA 2000, Beil. Heft 3, S. 51, 53. 233 Zu den Verwirkungsvoraussetzungen s. § 9 C. II. (für die Unterrichtung) und § I 0 A. Il. (für das Widerspruchsrecht).

83

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

geltend, so unterfallen benachteiligende Maßnahmen, die der Arbeitgeber an das Informationsverlangen knüpft, dem Maßregelungsverbot des § 612a BGB.

B.

Entstehung des Informationsanspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB sowie Betriebsveräußerer und -erwerber als Schuldner der Unterrichtung

I.

Entstehung des Informationsanspruchs

§ 613a Abs. 5 BGB sieht eine Unterrichtung "vor dem Übergang" vor. Der Vollzugszeitpunkt der Betriebsübertragung markiert folglich die zeitliche Grenze, ab der die beteiligten Arbeitgeber infolge Fälligkeitseintritt unter den Voraussetzungen der §§ 280, 286 BGB in Schuldnerverzug geraten können. Noch unbeantwortet ist die Frage, ab wann der Informationsanspruch der Arbeitnehmer aus § 613a Abs. 5 BGB zur Entstehung gelangt, das heißt mit der Wirkung des § 613a Abs. 6 S. I BGB fühestens erfüllbar ist. Hierüber sagt der Normwortlaut des § 613a Abs. 5 BGB unmittelbar nichts aus. 1.

Mögliche zeitliche Anknüpfungspunkte für die Anspruchsentstehung

Als auslösendes Moment ftir die Anspruchsentstehung aus § 613a Abs. 5 BGB kommen mehrere Umstände in Betracht. Denkbar ist es, dass den Arbeitnehmern ein Unterrichtungsrecht bereits mit dem Entschluss zur Betriebsveräußerung bzw. -Übernahme erwächst. Andererseits könnte auf denjenigen Zeitpunkt abgestellt werden, in dem die Arbeitnehmer von den Auswirkungen der bevorstehenden Übertragung ein erstes Mal im tatsächlichen Sinne betroffen sind, so z.B. bei Reorganisationsmaßnahmen des Veräußerers im Hinblick auf den Betriebsübergang. Zu erwägen ist auch, die Information in jedem Fall spätestens einen Monat vor dem geplanten Übertragungsstichtag zuzulassen, damit im Vollzugszeitpunkt wegen Ablaufs der Widerspruchsfrist Klarheit über die Anzahl der übergehenden Arbeitsverhältnisse herrscht und zudem rückwirkende Widersprüche vermieden werden können234 • Schließlich könnte der Entstehungszeitpunkt ftir das Recht aus§ 613a Abs. 5 BGB aus dem gesetzlichen Unterrichtungsinhalt gefolgert werden. Frühestmöglicher Anknüpfungspunkt ftir die Mitteilungen wäre

234 Dahingehend Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163.

84

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

dann derjenige Zeitpunkt, zu dem die Informationen der Nr. I bis 4 des § 6I3a Abs. 5 BGB ein erstes Mal seriös gegeben werden können 235 •

2.

Vergleich mit dem Merkmal der "Rechtzeitigkeit" in§ 106 Abs. 2 bzw. § 111 S. 1 BetrVG

Möglicherweise lässt sich der Entstehungszeitpunkt fiir das Recht der Arbeitnehmer aus § 6I3a Abs. 5 BGB durch einen Vergleich mit der Rechtslage bei § I 06 Abs. 2 bzw. § III S. I BetrVG erhellen. Nach diesen Vorschriften muss die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses bzw. des Betriebsrats "rechtzeitig" erfolgen. Dies bedeutet fiir Betriebsänderungen, dass der Betriebsrat frühzeitig beteiligt werden muss, und zwar bevor der Unternehmer mit der Verwirklichung des von ihm verfolgten Plans beginnt236 • Die Pflicht zur Unterrichtung besteht allerdings erst, wenn der Unternehmer eine Betriebsänderung konkret plant237 • Zur Markierung der zeitlichen Grenze hat man die Formel aufgestellt, dass die Planung schon zu einer gewissen Reife gediehen sein muss, der Unternehmer also im Prinzip zur Durchfiihrung einer bestimmten Betriebsänderung entschlossen ist238 • Ähnliches gilt fiir die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Hier kann freilich schon der Entschluss zur Planung Unterrichtungspflichten auslösen, weil Ziele und Wege erörtert werden sollen 239 • Rechtzeitige Unterrichtung bedeutet insoweit, dass der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss vor einer Entscheidung unterrichten muss 240 • Wäre Entsprechendes fiir das Eingreifen von § 613a Abs. 5 BGB zugrunde zu legen, so müsste davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmer be235 In diesem Sinne auch ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 325; Franzen, RdA 2002, 258, 265. 236 Vgl. BAG v. 14.9.1976, AP Nr. 2 zu § 113 BetrVG 1972 (LS I und unter 3); ArbRKomm-Hohenstatt/Willemsen, § 111 BetrVG Rn. 61; GK-Fabricius/Oetker, BetrVG, § III Rn. 148; GL-Löwisch, BetrVG, § III Rn. 37; Richardi-Richardi/ Annuß, BetrVG, § III Rn. 147; Wlotzke, BetrVG, § III unter 5.; Ehmann, Betriebsstilllegung und Mitbestimmung, S. 21; Richardi, Sozialplan, S. 27; Bauer/Göpfert, OB 1997, 1464, 1467. 237 BAG v. 20.11.2001, AP Nr. 39 zu § 113 BetrVG 1972 (unter l I b); GKFabricius/Oetker, BetrVG, § III Rn. 149; HSWG-Hess, BetrVG, § III Rn. 27 ff.; Richardi-Richardi!Annuß, BetrVG, § III Rn. 145; Röder/Baeck, Interessenausgleich und Sozialplan, S. 6. 238 S. ArbRKomm-Hohenstatt/Willemsen, § III BetrVG Rn. 60; Richardi-Richardi/ Annuß, BetrVG, § III Rn. 145 m.w.N. 239 Vgl. OLG Harnburg v. 4.6.1985, NZA 1985, 568, 569; DKK-Däubler, § 106 BetrVG, Rn. 39 f.; ErfKomm-Kania, § 106 BetrVG Rn. 4; DLW-Wildschütz, HdB. Arbeitsrecht, I Rn. 864; FESTL, BetrVG, § 106 Rn. 22. 240 Statt vieler FESTL, BetrVG, § I 06 Rn. 22; Gutzmann, DB 1989, I 083, I 086.

85

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

reits in einem frühen Planungsstadium bezüglich der Betriebsveräußerung Informationen beanspruchen können. Bei der gebotenen Abgrenzung der Zwecke von kollektiver Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten einerseits und der individuellen Information der Beschäftigten beim Betriebsinhaberwechsel andererseits ergibt sich jedoch, dass das für §§ 106, 111 BetrVG bestehende Bedürfnis für eine frühzeitige Beteiligung der Mitteilungsadressateil im Bereich des § 613a Abs. 5 BGB nicht besteht. Der Grund für das frühe Einsetzen der Pflichten aus § 106 Abs. 2 S. 1 bzw. § 111 S. 1 BetrVG besteht nämlich darin, zu gewährleisten, dass der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte wahrnehmen und insbesondere noch auf die Willensbildung des Unternehmers Einfluss nehmen kann241 . Demgegenüber dient § 613a Abs. 5 BGB nicht der Ermöglichung von Beteiligungsrechten der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Betriebsübertragung. Anders als im Bereich der §§ 106, 111 BetrVG kann es folglich für den Entstehungszeitpunkt des Rechts aus § 613a Abs. 5 BGB nicht darauf ankommen, ob die der übergehenden Einheit zuzuordnenden Arbeitnehmer bereits von etwaigen Vorwirkungen des Betriebsübergangs in Gestalt etwa von Reorganisationsmaßnahmen des Veräußerers betroffen sind. Rückschlüsse aus den zum Informationszeitpunkt in wirtschaftlichen Angelegenheiten entwickelten Grundsätzen im Betriebsverfassungsrecht ergeben sich für die Enstehung der Rechte und Pflichten aus§ 613a Abs. 5 BGB somit nicht.

3.

Ableitung des Entstehungszeitpunkts für§ 613a Abs. 5 BGB aus dem Informationskatalog

In Anbetracht der bisherigen Ergebnisse kann die Frage nach dem frühestmöglichen Zeitpunkt für das Eingreifen von § 613a Abs. 5 BGB nur aus der Norm selbst beantwortet werden. Bei näherer Betrachtung ergibt sich insoweit, dass die Mitteilungen erst dann bewirkt werden können, wenn das "Ob" der Betriebs- oder Betriebsteilübertragung, die Person des Betriebserwerbers sowie zumindest der geplante Übergangszeitpunkt derart gewiss sind, dass sich ausgehend von diesen Grunddaten die von§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB verlangten Informationen ableiten lassen. Es genügt demnach nicht, wenn der bisherige Arbeitgeber zwar zu einer Betriebsveräußerung entschlossen ist, er sich aber noch mit mehreren potenziellen Erwerbern in

241 BAG v. 14.9.1976, AP Nr. 2 zu § 113 BetrVG 1972 (unter 2); v. 20.11.1984, AP Nr. 3 zu § 106 BetrVG 1972 (unter II 2 a); ArbRKomm-Hohenstatt/Willemsen, § III BetrVG Rn. 61; ErfKomm-Kania, § III BetrVG Rn. 20; FESTL, BetrVG, § 106 Rn. 22, § III Rn. 107; GK-Fabricius/Oetker, BetrVG, § III Rn. 147; Rump.ff/Boewer, Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, G Rn. 29.

86

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

Verhandlungen befindet242 • Andererseits muss die Übernahme nicht letztverbindlich feststehen, so dass § 613a Abs. 5 BGB auch dann eingreift, wenn der Übertragungsvertrag unter Bedingungen (§§ 158 ff. BGB) geschlossen wurde. Entscheidend ist, ob die Kataloginformationen des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB bereits sinnvollerweise gegeben werden können. Dies ist bei einem Ausgehen von den genannten drei Koordinaten der Fall, da mit Blick auf den übernehmenden Rechtsträger und die bei diesem bestehenden Arbeitsbedingungen insbesondere auch die Folgen des Übergangs fiir die Arbeitnehmer(§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB) benannt werden können243 • Existieren noch keine Planungen hinsichtlich der Arbeitnehmer (§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB), so ist ein Zuwarten mit der Information bis zu einer späteren Entschließung der beteiligten Arbeitgeber allerdings nicht erforderlich. Anderenfalls wäre das Entstehen des Infonnationsrechts davon abhängig, dass überhaupt Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommen werden. Zu einer Beschlussfassung hierüber ist der bisherige bzw. neue Arbeitgeber aber von Rechts wegen nicht verpflichtet. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass gerade bei größeren Transaktionen mit längerer Vorlaufzeit in aller Regel ein so frühzeitiger Informationszeitpunkt gewählt werden kann, dass ein im Interesse der Rechtsklarheit wünschenswertes Ablaufen der Widerspruchsfrist gemäߧ 613a Abs. 6 S. 1 BGB noch vor dem Betriebsübergangsstichtag bewirkt wird. Zwingend ist dies jedoch nicht. Vorstellbar sind nämlich auch Konstellationen, in denen die Unterrichtung erst unmittelbar vor dem Vollzug der Übernahme erfolgen kann, so beispielsweise bei einem Betriebserwerb im Wege des Bieterver-fahrens und kurzfristigem Einrücken in die betrieblich-organisatorische Leitungsmacht Schließlich kann, freilich aus tatsächlichen Gründen, eine Information zeitlich vor der Betriebsnachfolge überhaupt nicht erfolgen, wenn sich, wie bei einem verdeckten Betriebsübergang24\ der Betriebsinhaber und sein Nach-

242 Bestätigt wird dies durch den Eingangssatz des§ 613a Abs. 5 BGB, wonach die Information auch von dem "neuen Inhaber" zu bewirken ist. Ein Interesse des Betriebsveräußerers an einer Information der Beschäftigten bereits in der Verhandlungsphase der Transaktion dürfte aber im Regelfall zur Vermeidung einer Verunsicherung der Belegschaft ohnehin nicht bestehen. 243 Verfehlt Holtkamp, AuA 2002, 404, 406, der davon ausgeht, dass die Unterrichtung bereits erfolgen kann, bevor auch nur die Person des Erwerbers feststeht. Dies bedeutete, dass schon der bloße Entschluss zur Betriebsveräußerung einen Unterrichtungsanspruch der Arbeitnehmer auslöst, obwohl weder Erwerber, Zeitpunkt noch Folgen des Übergangs mitgeteilt werden können. 244 Zu Erscheinungsformen und Rechtsfragen des zunächst unerkannten Betriebsübergangs (z.B. infolge Übemahme der Hauptbelegschaft durch den Auftragsnachfolger

87

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

folger sowie die übergehenden Arbeitnehmer des Vorliegens der Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB schlicht nicht bewusst sind. In diesen und anderen Fällen, in denen die Unterrichtung vor dem Übertragungsstichtag unterbleibt, besteht das Recht aus§ 613a Abs. 5 BGB mangels zeitlicher Begrenzung des Informationsanspruchs zugunsten der übergegangenen Arbeitnehmer grundsätzlich bis zu seiner Erfiillung fort 245 • II.

Bisheriger Arbeitgeber und neuer Betriebsinhaber als Schuldner der Information

Bei dem Vergleich von § 613a Abs. 5 BGB mit den Vorgaben der Betriebsübergangsrichtlinie hat sich ergeben, dass nach deutschem Recht entgegen der insoweit missverständlichen Gesetzesfassung der bisherige Arbeitgeber und der neue Betriebsinhaber zur Information der betroffenen Arbeitnehmer verpflichtet ist246 • Hierauf aufbauend gilt es das Haftungsverhältnis der Unterrichtungsschuldner näher zu analysieren. 1.

Gesamtschuldverhältnis der Unterrichtungsschuldner

a)

Meinungsspektrum

Nach ganz herrschender Auffassung ist mit Rücksicht auf die auch hier getroffene Feststellung einer Verpflichtung sowohl des alten als auch des neuen Betriebsinhabers aus § 613a Abs. 5 BGB von dem Bestehen einer Gesamtschuld im Sinne der§§ 421 ff. BGB zwischen den beteiligten Rechtsträgem auszugehen247 • Vereinzelt wird eine gesamtschuldnerische Verpflichbei betriebsmittelarmer Tätigkeit; s. WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 108 m.w.N.) vgl. Fischer, DB 2001, 331 ff.; Preis/Steffan, DB 1998, 309, 311 ff. 245 Ebenso BTM-Trittin, KSchG, § 613a BGB Rn. 178; ErlKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 88; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3351; B.Gaul, Betriebsund Untemehmensspaltung, § II Rn. 27; Pranzen, RdA 2002, 258, 265 f.; Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2042; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1163. Ausnahmen bilden etwa Fälle der Unmöglichkeit wegen Zweckerreichung bei zwischenzeitlich bereits erlangter Kenntnis des Arbeitnehmers vom Unterrichtungsinhalt; dazu § 9 A. II. 246 S. oben§ 3 8. I. I. b) aa). 247 APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 203; ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a 8GB Rn. 321; Palandt-Heinrichs, BGB, § 613a Rn. 41; BKMT-Trittin, Arbeitsrecht bei Unternehmensumwandlung, F Rn. 85; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3348; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 24; ders., FA 2002, 299; HS-Spirolke, Arbeitsrecht]. Mandat, § 8 Rn. 30; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 28; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 227; Pranzen, RdA 2002, 258, 264; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 640; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 45; Meyer, BB 2003, 1010, !Oll; Sayatz/Woljf, DStR 2002, 2039; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1162. Im Ergebnis auch Laber/Roos, ArbRB 2002,

88

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

tung der Betriebsübertragungsparteien aus § 613a Abs. 5 BGB aber auch in Abrede gestelltl48 • Zur Begründung wird angeführt, dass eine Anwendung der §§ 421 ff. BGB ausscheide, weil der Betriebsveräußerer und Erwerber entscheiden könnten, wer die Unterrichtung zu leisten hat. Voraussetzung einer Gesamtschuld sei aber, dass der Gläubiger die Leistung von beiden Schuldnern verlangen könne 249 • Diese Bedenken geben Anlass, den Standpunkt der herrschenden Meinung zu überprüfen. b)

Stellungnahme

Ob die Entstehungsvoraussetzungen für ein Gesamtschuldverhältnis zwischen den Infonnationsschuldnern aus § 613a Abs. 5 BGB gegeben sind, muss unter Berücksichtigung allgemeiner schuldrechtlicher Regeln ermittelt werden. Eine Gesamtschuld kann sich hiernach insbesondere aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung oder aus dem Vorliegen der Merkmale des allgemeinen Gesamtschuldtatbestandes (§ 421 BGB) ergeben250 . Ersteres scheidet für§ 613a Abs. 5 BGB ersichtlich aus. Allerdings sieht § 613a Abs. 2 BGB vor, dass der bisherige Arbeitgeber neben dem neuen Inhaber gesamtschuldnerisch für Verpflichtungen nach Absatz I haftet. Es könnte insoweit im Wege eines Umkehrschlusses anzunehmen sein, dass fiir Verpflichtungen von Betriebsveräußerer bzw. -erwerber aus§ 613a BGB außerhalb von Absatz 1 eine gesamtschuldnerische Haftung nicht gewollt ist, da der Gesetzgeber die Regelung des Absatzes 2 sonst bei der jüngst erfolgten Ergänzung des § 613a BGB auf die Informationsverpflichtung hätte ausdehnen müssen. Eine solche Folgerung wäre aber schon deswegen verfehlt, weil § 613a Abs. 2 S. 1 BGB nach seinem Sinn in einem ausschließlichen Bezug zu § 613a Abs. 1 S. 1 BGB steht. Ziel des gesetzlichen Schuldbeitritts in Absatz 2 ist es nämlich, die fiir den Betriebsveräußerer haftungsbefreiende Anordnung des Übergangs der arbeitsvertragliehen Pflichten auf den Betriebsnachfolger zugunsten der Arbeitnehmer auszugleichen251 . Hingegen nimmt§ 613a Abs. 5 BGB den Veräußerer als Schuldner der Unterrichtung auch nach bereits erfolgtem Betriebsübergang weiter in die Pflicht, wenn bis zu diesem Zeitpunkt ein ordnungsgemäßes Informationsschreiben nicht zugegangen ist. Eine Erweiterung des Verweises in § 613a Abs. 2 S. I BGB

248 249 250 251

268 sowie im Sinne einer gesamtschuldnerischen Obliegenheit Bauer/v.SteinauSteinrück, ZIP 2002, 457,463. Worzalla, NZA 2002, 353, 354 sowie auch (ohne dezidierte Begründung) Warmbein, DZWIR 2003, II, 14; offen gelassen von Holtkamp, AuA 2002, 404,405. Worzalla, NZA 2002, 353, 354. Heute ganz h.M.; statt vieler Staudinger-Noack, BGB, § 421 Rn. I, 8 ff. m.w.N. S. ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 129; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 95 f.; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 211.

89

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

wäre somit - im Übrigen auch vor dem Hintergrund der pro rata temporisRegelung in dessen Satz 2 - sinnwidrig gewesen. Dem Normkontext des § 613a Abs. 5 BGB ist daher insgesamt weder eine Anerkennung noch eine Ablehnung einer gesamtschuldnerischen Informationsverpflichtung zu entnehmen. Folglich muss auf die gesetzlichen Merkmale der Gesamtschuld gemäߧ 421 BGB 252 zurückgegriffen werden 253 •

aa)

Schuldnermehrheit

Nach dem Eingangswortlaut von § 421 BGB ist es fiir die Annahme einer Gesamtschuld zunächst notwendig, dass "mehrere" schulden. Da § 613a Abs. 5 BGB als Adressaten der Informationsverpflichtung sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Inhaber benennt, liegt eine Schuldnermehrheit vor. Soweit dies fiir den Fall bestritten wird, dass sich der alte und der neue Betriebsinhaber gemeinsam darauf verständigt haben, wer die Unterrichtung durchfiihrt25 \ wird übersehen, dass eine derartige Absprache im Innenverhältnis keine anspruchsbeschneidende Wirkung zu Lasten Dritter, das heißt der Arbeitnehmer, im Außenverhältnis entfalten kann 255 . Insbesondere ist weder dem Wortlaut des § 613a Abs. 5 BGB noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, dass der konkrete Unterrichtungsschuldner zur Disposition der Pflichtadressaten stehen soll. Schließlich wird auch sonst für das Außenverhältnis allgemein von der Unwirksamkeit von Vereinbarungen zwischen dem Betriebsveräußerer und -erwerber ausgegangen, die darauf abzielen, § 613a BGB hinsichtlich seiner Rechtsfolgen zu modifizieren256. Die beteiligten Rechtsträger können sich also nicht darauf verlas252 Eine (vorrangige) Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses über § 427 BOB bzw. § 431 BOB kommt nicht in Betracht, weil es sich bei der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BOB weder um eine gemeinschaftliche vertragliche Verpflichtung mehrerer zu einer teilbaren Leistung noch um eine Verpflichtung zu einer unteilbaren Leistung handelt. 253 Hierbei soll die streitige Frage, ob neben den in § 421 BOB genannten Voraussetzungen weitere Merkmale ftir das Bestehen einer Gesamtschuld in Abgrenzung zu anderen Erscheinungsformen der Schuldnermehrheit zu fordern sind, weitgehend außer Betracht bleiben; zum Streitstand s. MünchKomm-Bydlinski, BOB, § 421 Rn. 9 ff.; Staudinger-Noack, BOB,§ 421 Rn. II ff. m.w.N. 254 So Worzalla, NZA 2002, 353, 354. 255 S. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 24; ders., FA 2002, 299; Nehls, NZA 2003, 822, 823. Die Nichtdurchführung der Arbeitnehmerunterrichtung entgegen einer Absprache z.B. im Unternehmenskaufvertrag kann unter dem Gesichtspunkt des § 280 BOB schadensersatzpflichtig gegenüber dem übertragenden bzw. übernehmenden Rechtsträger machen. 256 Allg. Ansicht, s. nur Staudinger-Richardi!Ann~ß, BOB,§ 613a Rn. 3; Bauer, Unternehmensveräußerung, S. 51; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 207; Kraft, FS 25 Jahre BAG, S. 299, 311.

90

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

sen, dass der jeweils andere den Unterrichtungsanspruch der Arbeitnehmer erfiillt2 57 • bb)

Identisches Informationsinteresse

Die Schuldner müssen dem Gläubiger nach § 421 BGB ferner "eine Leistung" zu erbringen haben. Durch die Leistung muss also dasselbe Leistungsinteresse des Gläubigers befriedigt werden258 • Die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB dient der Ermöglichung einer informierten Entscheidung über das Widerspruchsrecht Das von der Regelung vorausgesetzte Informationsinteresse der betroffenen Arbeitnehmer ist gegenüber dem alten und dem neuen Betriebsinhaber identisch. Beide sollen, wie auch durch den Wortlaut von§ 613a Abs. 5 BGB (zu unterrichten hat der "bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber") zum Ausdruck gebracht, ein und dasselbe Wissensinteresse befriedigen, so dass eine Leistung im Sinne von § 421 BGB geschuldet wird. cc)

Keine Teilschuld des Veräußerers bzw. Erwerbers

Da das Gesetz bei teilbaren Leistungen von Teilschuld ausgeht (§ 420 BGB), setzt die Annahme einer Gesamtschuld voraus, dass die mehreren Schuldner jeweils "auf das Ganze" verpflichtet sind 259 • Dem entspricht die Regelung des § 613a Abs. 5 BGB, wonach der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber als Unterrichtungsschuldner die Arbeitnehmer jeweils vollumfänglich entsprechend dem Katalog der Nummern 1 bis 4 unterrichten muss 260 • dd)

Einmaliges Forderungsrecht auf Information

Der Gläubiger muss die geschuldete Leistung insgesamt nur einmal fordern dürfen261 • Die Unterrichtung zielt, gleich ob durch den alten oder den neuen Arbeitgeber, auf die Schaffung eines bestimmten Wissenshorizonts ab. Haben die Arbeitnehmer die von§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB geforderten Informationen erhalten, so besteht nach dem Gesetz im Hinblick auf das Widerspruchsrecht eine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Die Arbeitnehmer sollen den bisherigen Betriebsinhaber und seinen Nachfolger im Er257 Zutreffend HS-Spirolke, Arbeitsrechtl. Mandat, § 8 Rn. 30; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 55; B.Gaul/Otto, DB 2002,634, 639. 258 MünchKomm-Bydlinski, BGB, § 421 Rn. 5; Soergei-Woif, BGB, § 421 Rn. 18; Staudinger-Noack, BGB, § 421 Rn. 32. 259 Staudinger-Noack, BGB, § 421 Rn. 33. 260 Dazu noch § 5 B. II. 5. unter dem Gesichtspunkt der fraglichen Beschränkung der Unterrichtungspflicht durch den subjektiven Kenntnishorizont des informierenden Rechtsträgers. 261 MünchKomm-Bydlinski, BGB, § 421 Rn. 5; Paiandt-Heinrichs, BGB, § 421 Rn. 4.

91

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

gebnis nicht kumulativ belangen können262 • Dem Informationsberechtigten stehen folglich mehrere Schuldner zur einmaligen Befriedigung eines identischen Interesses gegenüber.

ee)

Gleichrangigkeit der Informationsverpflichtung

Neben den genannten unmittelbar der Regelung des § 421 BGB zu entnehmenden Merkmalen wird überwiegend die Gleichrangigkeit der Verpflichtungen der Schuldner als weitere Voraussetzung filr die Annahme einer Gesamtschuld verlangt263 • Entscheidend ist das Außenverhältnis 264 • Da § 613a Abs. 5 BGB eine unterschiedliche Rangstufe der Informationsverpflichtung, etwa im Sinne einer zunächst nur subsidiären Verpflichtung des zukünftigen Betriebsinhabers, nicht begründet, bestehen insoweit keine Bedenken.

c)

Ergebnis

Es konnte nachgewiesen werden, dass die allgemeinen Gesamtschuldvoraussetzungen gemäß § 421 BGB in Bezug auf die Informationsverpflichtung des übertragenden und des aufuehmenden Rechtsträgers aus § 613a Abs. 5 BGB vorliegen. Grundlage filr das Gesamtschuldverhältnis ist nicht das der Betriebsübernahme zugrunde liegende Rechtsgeschäft, sondern§ 421 BGB in Verbindung mit § 613a Abs. 5 BGB unmittelbar, so dass es auf das Bestehen einer direkten Vertragsbeziehung zwischen dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber nicht ankommt265 •

2.

Rechtswirkungen der Unterrichtungsgesamtschuld

a)

Beliebige Inanspruchnahme des alten oder neuen Arbeitgebers

Als unmittelbare Folge der Gesamtschuld ergibt sich aus § 421 BGB, dass die von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer ihr Recht aus§ 613a Abs. 5 BGB bis zu dessen Erfilllung beliebig gegen ihren alten oder neuen Arbeitgeber verfolgen können (sog. Gläubigerprivileg) 266 • Dies gilt auch hinsichtlich des Umfangs der Information. Diese können die Arbeitnehmer von einem Schuldner ganz oder nur zum Teil fordern (Bsp.: Inanspruchnahme des Veräußerers auf Unterrichtung über Grund, Zeitpunkt und Folgen des Übergangs; Geltendmachung von Informationen über hinsichtlich der Ar262 S. bereits § 3 B. I. 1. b) aa). 263 BGH V. 26.1.1989, v. 22.10.1993, V. 28.10.1997, BGHZ 106,313, 319; 120,50, 56; 137, 76, 82; MünchKomm-Bydlinski, BOB,§ 421 Rn. 12; Soergel-Wolf, BOB,§ 421 Rn. 15; Medicus, Schuldrecht I,§ 69 Rn. 798 m.w.N.; Seih, Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern, S. 42; kritisch u.a. Staudinger-Noack, BOB,§ 421 Rn. 18 ff. m.w.N. 264 Soergel-Wolf, BOB,§ 421 Rn. 15. 265 S. hierzu noch§ 6 D. II. 2. b). 266 Vgl. Soergel-Wolf, BOB,§ 421 Rn. 16.

92

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

beitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen gegenüber dem Erwerber).

b)

Gesamt- und einzelwirkende Tatsachen

Im Übrigen muss hinsichtlich der Folgen der Gesamtschuld aus §§ 613a Abs. 5, 42I BGB nach allgemeinen Grundsätzen zwischen Gesamt- und Einzelwirkungen unterschieden werden. Informiert beispielsweise der bisherige Arbeitgeber nach § 613a Abs. 5 BGB ordnungsgemäß und vollständig, so kommt es zu einem Erlöschen des Unterrichtungsanspruchs infolge Erftillung auch mit Wirkung gegenüber dem Betriebsnachfolger (§ 422 Abs. I S. I BGBf67 . Da Teilleistungen, soweit sie vom Gläubiger angenommen werden, die Wirkungen des § 422 Abs. I S. I BGB für den geleisteten Teil erzeugen268, gilt dies entsprechend, wenn und soweit der bisherige oder der neue Arbeitgeber nur einen Teil der von dem Katalog des § 613a Abs. 5 BGB geforderten Informationen erteilt. Entlässt der unterrichtungsberechtigte Arbeitnehmer durch Vertrag (§ 397 BGB) eine der Arbeitgeberparteien aus der Informationsverpflichtung nach § 613a Abs. 5 BGB, so ist gemäß § 423 BGB durch Auslegung zu ermitteln, ob dieser Verzicht Wirkung auch gegenüber dem anderen Schuldner entfalten soll. Dies gilt sinngemäß auch für einen einseitigen Verzicht des Arbeitnehmers auf sein Unterrichtungsrecht2 69 . Ist die Erklärung des Arbeitnehmers Ausdruck der Aufgabe des Informationsinteresses insgesamt, so liegt Gesamtwirkung vorl70 . Andere als die eine Gesamtwirkung begründenden Tatsachen wirken nach § 425 Abs. 1 BGB nur in der Person des übertragenden oder übernehmenden Rechtsträgers, in der sie vorliegen (Einzelwirkung), sofern sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt. Dies gilt nach Absatz 2 der Norm insbesondere von dem Verzuge, dem Verschulden und der Unmöglichkeit der Leistung. Ist beispielsweise einem der beteiligten Rechtsträger eine vollständige Information ausnahmsweise unmöglich, weil er seinerseits die für vollständige Angaben nach § 6I3a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB notwendigen Hintergrundinformationen definitiv nicht erlangen kann, so wird die andere 267 Ebenso ErfK.omm-Preis, § 613a BGB Rn. 86; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 41; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3348; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 24; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 227; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 458; Pranzen, RdA 2002, 258, 264; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162. 268 Soergei-Wolf, BGB § 422 Rn. 2. 269 Vgl. Staudinger-Noack, BGB, § 423 Rn. 9. 270 Dazu noch § 9 B. II. 1.

93

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Betriebsübertragungspartei, die über das erforderliche Wissen verfügt, nicht nach§ 275 Abs. 1 BGB von der Leistung frei 271 • Einzelwirkung hat grundsätzlich auch die Verwirkung272 • Jedoch wird sich insoweit regelmäßig ergeben, dass die Voraussetzungen für die Verwirkung des Informationsrechts sowohl gegenüber dem alten als auch dem neuen Arbeitgeber vorliegen. Auch die Rechtskraft eines Urteils, etwa im Zusammenhang mit einer Klage auf Informationserteilung, wirkt nur für und gegen denjenigen Gesamtschuldner, der als Partei an dem Prozess beteiligt war273 •

c)

Aufwendungsausgleich zwischen den Arbeitgeberparteien

Vorbehaltlich besonderer Absprachen sind Betriebsveräußerer und -erwerber gehalten, die für die Durchführung der Arbeitnehmerunterrichtung erforderlichen Aufwendungen zu gleichen Anteilen zu tragen (§ 426 Abs. I S. I BGB). Bemüht beispielsweise der Betriebsnachfolger- erforderlichenfalls anwaltliehen Rat bei der Erstellung des Informationsschreibens gemäß § 613a Abs. 5 BGB, so kann für Honorarauslagen von dem bisherigen Inhaber hälftig Ersatz verlangt werden. Aus Vereinbarungen zwischen den Parteien etwa hinsichtlich der Person des Durchführenden kann sich für den Gesamtschuldnerausgleich aber auch ergeben, dass der Veräußerer oder Erwerber die für die Unterrichtung notwendigen Aufwendungen alleine tragen soll 274 •

C.

Zusammenfassung zu § 4

§ 613a Abs. 5 BGB begründet eine echte Rechtspflicht des bisherigen Arbeitgebers und neuen Betriebsinhabers zur Unterrichtung. Hiermit korrespondiert ein einklagbarer Anspruch der Arbeitnehmer. Der Unterrichtungsanspruch entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB geforderten Angaben erstmals sinnvollerweise gemacht werden können. Mitteilungen mit der Folge des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB sind daher möglich, wenn die notwendigen Informationen aus den Grundkoordinaten Person des Betriebserwerbers und (geplanter) Übertragungszeitpunkt ableitbar sind. Dies wird zumeist, aber nicht notwendig mindestens einen Monat vor dem Übergangsstichtag der Fall sein. Nicht mehr rechtzeitig ist die In271 Dazu § 9 A. I. 272 BGH v. 6.12.2001, NJW-RR 2002,478 f.; Palandt-Heinrichs, BGB, § 425 Rn. 7. 273 S. BGH v. 15.11.1951, BGHZ 3, 385, 389; Erman-Ehmann, BGB, § 425 Rn. 32; MünchKomm-Bydlinski, BGB, § 425 Rn. 29; RGRK-Weber, BGB, § 425 Rn. 20. 274 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 24; ders., FA 2002, 299: Vereinbarungen der beteiligten Rechtsträger über die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB dienen der Vorbereitung des Gesamtschuldnerausgleichs im Innenverhältnis.

94

Rechtsanspruch auf Unterrichtung

fonnation, wenn diese nicht bis zum Vollzug des Inhaberwechsels bewirkt ist. Zur Information sind die beteiligten Arbeitgeber gesamtschuldnerisch verpflichtet, wie sich aus§ 421 i.V.m. § 613a Abs. 5 BGB ergibt.

95

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

§ 5 Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB A.

Überblick und zur weiteren methodischen Vorgehensweise

Der Informationsanspruch der Arbeitnehmer aus § 613a Abs. 5 BGB ist gerichtet auf: •

eine inhaltlich ordnungsgemäße und vollständige Unterrichtung;



eine formgerechte Unterrichtung.

Gegenstand dieses Abschnitts sind Inhalt und Reichweite des Informationskataloges der Nummern 1 bis 4 des§ 613a Abs. 5 BGB. Diese Regelung hat in der Fachöffentlichkeit angesichts ihrer (behaupteten) Unbestimmtheit eine überwiegend kritische Aufnahme gefunden. So wird geltend gemacht, dass vor allem die Adjektive "wirtschaftlich" und "sozial" eine endlose Weite des Begriffs der "Folgen" suggerierten 275 • Hiermit ist das Problem angesprochen, dass sich sämtliche denkbaren rechtlichen und tatsächlichen Auswirkungen eines Betriebsinhaberwechsels für die Beschäftigten angesichts der ungeheuren Vielgestaltigkeit von Transaktionsvorgängen nicht abschließend abstrakt beschreiben lassen276 • Eine Untersuchung von § 613a Abs. 5 BGB darf vor diesem Befund jedoch nicht kapitulieren. Es wird aber deutlich, dass keine überspannten Anforderungen an die Reichweite der von § 613a Abs. 5 BGB geforderten Informationen gestellt werden dürfen, zumal eine Pflicht zur detaillierten Darstellung aller möglichen unmittelbaren und mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs nahezu auf die Begründung eines objektiv unmöglichen Pflichteninhaltes hinausliefe (§ 275 Abs. 1 BGB)277 • Zugleich wäre dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer nicht gedient, da ausufernde Angaben aufKosten der Verständlichkeit gehen 278 .

275 S. nur Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 462 ("Der Phantasie keine Grenzen setzt der Wortlaut"); zustimmend DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3354; kritisch etwa auch Beisel!Klumpp, Unternehmenskauf, 10 Rn. 34 (über den Umfang der Informationspflicht könne "trefflich gestritten" werden); Nehls, NZA 2003, 822, 824 und 825 ("konturenlose" und "diffuse Anforderungen" an die Unterrichtung). 276 Ebenso Meyer, AuA 2002, 159, 161. 277 So Meyer, AuA 2002, 159, 162. Zur Rechtslage vor Einführung von § 613a Abs. 5 BGB in diesem Sinne bereits Menze, Widerspruchsrecht, S. 59. 278 Es ist bezeichnend, dass aus diesem Grunde fiir die Praxis Höchstgrenzen für den Umfang des Informationsschreibens empfohlen werden; vgl. etwa die Empfehlungen des BOA in der Handreichung zur Unterrichtung gem. § 613a Abs. 5 BGB beim Be-

96

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. l bis 4 8GB

Dies vorausgeschickt muss sich eine Analyse des Informationskataloges von § 613a Abs. 5 BGB an der folgenden Zielsetzung orientieren: Zum einen müssen die notwendigen Pflichtangaben wegen der Verknüpfung von ordnungsgemäßer Information und Fristbeginn fiir den Widerspruch im Interesse der Rechtssicherheit so weit als möglich konkretisiert werden. Zu diesem Zwecke müssen typische Folgen bzw. Begleiterscheinungen von Betriebsübertragungen (z.B. Änderung von Arbeitsbedingungen) - erforderlichenfalls - den Tatbeständen von § 613a Abs. 5 BGB zugeordnet werden. Hierbei muss hinsichtlich der Anforderungen an Reichweite und Umfang der Angaben dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer, aber auch dem Bedürfnis der Betriebsübertragungsparteien nach einer praktikablen Handhabung der Mitteilungen Rechnung getragen werden. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass sich nicht sämtliche möglicherweise informationsrelevante Auswirkungen einer Betriebsübernahme fiir die Arbeitnehmer in einer Untersuchung wie hier abstrakt-katalogartig erfassen lassen. Es müssen Parameter herausgearbeitet werden, anhand derer auch im (atypischen) Einzelfall eine Einschätzung möglich ist, ob bestimmte Folgen oder Maßnahmen nach§ 613a Abs. 5 BGB mitteilungspflichtig sind oder nicht. Um den genannten Punkten zu entsprechen, wird vorliegend bei der Analyse von§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB methodisch in zwei Stufen vorgegangen. In einem ersten Schritt (nachfolgend unter B.) wird gefragt, welche Indikatoren generell fiir eine Darstellungspflicht sprechen und wie sich Inhalt und Reichweite der Informationspflicht aus § 613a Abs. 5 BGB durch Normauslegung und Vergleich mit anderen gesetzlichen Informationspflichten abstrakt-generell bestimmen lassen. Dies zugrunde gelegt wird sodann in einem zweiten Schritt (unter C.) im Einzelnen unter die Tatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB subsumiert.

B.

Abstrakt-generelle Konkretisierung von Inhalt und Reichweite der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB

I.

Vorgaben des Katalogs von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG

Wegen des Postulats richtlinienkonformer Auslegung müssen die Informationstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB übereinstimmend mit dem (fast) identischen Angabenkatalog des Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG interpretiert werden. Für eine Darstellungspflicht in Bezug auf einen bestimmten Umstand nach deutschem Recht spricht es daher, wenn der EuGH diesbezüglich im Verfahren nach Art. 234 EG die Einschlägigkeit der Richtlinie triebsübergang, S. 3 (maximal zwei bis drei Seiten); Kliemt, Juve-HdB. 2002/2003, S. 214 (nicht mehr als drei Seiten).

97

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

feststellt. Gegenwärtig stehen Impulse flir die Auslegung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG durch den EuGH soweit ersichtlich allerdings noch aus. Da Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG im Wortlaut seinerseits nicht konkreter ist als § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB, trägt auch die wissenschaftliche Diskussion um die Richtlinie nach ihrem derzeitigen Stand nur wenig zu einer Erhellung der erforderlichen Informationsinhalte bei. Aus diesem Grunde kann momentan nur bedingt auf gesicherte, im Gemeinschaftsrecht wurzelnde Anhaltspunkte flir die Auslegung von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB zurückgegriffen werden279 .

II.

Regelungsimmanente Grenzen für Inhalt und Reichweite der Unterrichtung

1.

Reichweite der Unterrichtung nach dem Wortlaut von§ 613a Abs. 5BGB

Nach dem Eingangssatz von § 613a Abs. 5 BGB beziehen sich die Informationen nach Nr. 1 bis 4 der Norm auf "die" Arbeitnehmer. Hieraus wird in der Literatur einhellig der Schluss gezogen, dass vor allem die von § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB geforderten Angaben inhaltlich nicht auf die Person jedes einzelnen Adressaten zugeschnitten sein müssen 280 . Der Arbeitgeber oder derErwerberkönne die Folgen kollektiv flir die Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen beschreiben 281 ; eine individuelle (Rechts-)Beratung könne nicht verlangt werden 282 . Konsequenz dieser Auffassung ist, dass es dem Mitteilungsadressaten obliegt, die Angaben mittels Subsumtion und gegebenenfalls auch durch weitere Erkundigungen flir sein Arbeitsverhältnis umzusetzen 283 .

279 Eine Ausnahme gilt flir den Begriff der "Maßnahmen" in Art. 7 Abs. 6 4. Spstr. RL 200 1123/EG bzw. § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB, s. unten C. lll. 4. a). 280 ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 323; Sem1er/StengelSimon, UmwG, § 324 Rn. 41; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3356; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 18; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 134; ders., FA 2002, 299, 300; Steineke, Wiedereinstellungsanspruch, S. 222; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 230; Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 462; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 635; Holtkamp, AuA 2002, 404, 407; Laber/Roos, ArbRB 2002, 303, 305; Nehls, NZA 2003, 823, 824; Sayatz/Wo(f, DStR 2002, 2039, 2040; Warmbein, DZWIR 2003, II, 12; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163. 281 ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 85; Jaeger, ZIP 2004,433,440. 282 B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 18; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 54; Bonanni, GmbHR 7/2002, S. R 137; Warmbein, DZWIR 2003, II, 12. 283 So ausdrücklich Laber/Roos, ArbRB 2002, 303, 305; Meyer, AuA 2002, 159, 162.

98

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

a)

Angaben nach § 613a Abs. 5 BGB als Grundlage zur Selbstinformation

Die vorstehend geschilderte einschränkende Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB in Bezug auf die Darstellungstiefe der Pflichtangaben überzeugt. Sie findet ihre Rechtfertigung neben dem Wortlaut des§ 613a Abs. 5 BGB, wo auch innerhalb der Tatbestände der Nummern 3 und 4 bloß von Folgen für die Arbeitnehmer und von Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer gesprochen wird, in einem Vergleich mit der Fassung anderer gesetzlicher Informationspflichten. So hat der Gesetzgeber beispielsweise in § 81 Abs. 1 und 2 BetrVG mit einer ausdrücklich auf den einzelnen Arbeitnehmer Bezug nehmenden Formulierung im Gegensatz zu dem Wortlaut von § 613a Abs. 5 BGB dokumentiert, dass die Information individuell auf den einzelnen Beschäftigten bezogen sein muss. Die hier im Einklang mit dem Schrifttum vertretene Auslegung von§ 613a Abs. 5 BGB wird zudem durch das Regelungsanliegen des Gesetzgebers gestützt, wonach Betriebsveräußerer und -erwerber durch eine frühzeitige Unterrichtung Rechtssicherheit in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse erreichen können284 • Eine auf jedes Arbeitsverhältnis heruntergebrochene Darstellung der Folgen und Maßnahmen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB setzte eine zeit- und kostenaufwendige rechtliche und tatsächliche Analyse der Beschäftigungsbedingungen jedes einzelnen betroffenen Beschäftigten vor und nach dem Übergang voraus. Verlangte man dies, so wäre insbesondere bei der Übertragung größerer Betriebe eine rechtzeitige Information vor dem Übergang kaum zu gewährleisten. Schließlich hat auch das für die Neuregelungen in § 613a Abs. 5, 6 BGB seinerzeit verantwortlich zeichnende Fachressort darauf hingewiesen, dass zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für die beteiligten Arbeitgeber vom Betriebsübergang gleichermaßen betroffene Arbeitnehmer durch einen gleichlautenden Text informiert werden können285 • Dies setzt voraus, dass eine generalisierende Darstellung, freilich in Bezug auf den konkreten Übertragungsvorgang, den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB prinzipiell zu genügen vermag. Es verbleibt also, wie die Regierungsbegründung betont 286 , auch nach neuem Recht dabei, dass sich der Arbeitnehmer ungeachtet der weit reichenden Informationsverpflichtung der Betriebsübertragungsparteien nach eigener Initiative gegebenenfalls weitergehend erkundigen bzw. beraten lassen muss (z.B. beim Betriebsrat, einer Gewerkschaft oder einem Rechtsanwalt). 284 Vgl. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 285 S. Pressemitteilung des BMA vom 28.3.2002 zu "Mehr Rechtssicherheit beim Betriebsübergang". 286 BT-Drucks. 14/7760 S. 19.

99

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Angaben nach § 613a Abs. 5 BGB funktional als Basis zur Selbstinformation dienen. Mit Rücksicht hierauf ist ein Eingehen auf das individuelle Arbeitsverhältnis ebenso wenig geschuldet wie eine weitergehende Erklärung oder Erörterung der Folgen des Übergangs für den einzelnen Beschäftigten.

b)

Einheitliche Information für alle Arbeitnehmer der übergehenden betrieblichen Einheit?

Aus dem Vorstehenden könnte zu folgern sein, dass die Mitteilungen gemäß § 613a Abs. 5 BGB so generalisierend gefasst werden können, dass stets ein einheitlicher Informationstext für alle Arbeitnehmeradressaten möglich ist. Dies kann aber aus mehreren Gründen nicht angenommen werden. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit einer vereinheitlichenden Darstellung dort endet, wo sich beispielsweise wegen inhomogener Arbeitsbedingungen in der übertragenen Einheit die Konsequenzen des Übergangs für die Arbeitnehmer nicht mehr einheitlich beschreiben lassen. Eine Differenzierung der Informationen nach bestimmten Arbeitnehmergruppen (z.B. tarifgebundene/nicht tarifgebundene Arbeitnehmer; leitende/"normale" Angestellte; Arbeitnehmer der Betriebsabteilung X und Y) ist dann unausweichlich, wenn der Betriebsübergang zu unterschiedlichen Folgen führt oder verschiedene Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommen werden (Bsp.: Personalabbau nur in einer Abteilung). Innerhalb einer Gruppe kann die Unterrichtung dann wieder identisch sein 287 • Soweit eine Differenzierung notwendig ist, ist es allerdings unschädlich, wenn diese im Rahmen eines einzigen Informationsschreibens vorgenommen wird. Dessen Fassung muss es dem Arbeitnehmer dann allerdings ermöglichen, sein Arbeitsverhältnis einer der genannten Gruppen von Betroffenen zuzuordnen. Ferner steht der Zweckbezug der Unterrichtung einer generellen Ausklammerung solcher Umstände aus der Information, die nur einen oder wenige Arbeitnehmer betreffen, entgegen. Eine informierte Entscheidung über einen Widerspruch ist nicht gewährleistet, wenn beispielsweise der Wegfall einer Hierarchieebene nach dem Übergang, der (nur) einen Arbeitsplatz entfallen lässt, in dem Unterrichtungsschreiben gegenüber dem Betroffenen unberücksichtigt bleiben darf. Entscheidend für die Frage, inwieweit eine generelle Darstellung den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB genügt, kann daher nicht die Anzahl der Beschäftigten sein, die von einer für die Widerspruchsentscheidung relevanten Veränderung der Arbeitsbedingungen be-

287 Ebenso DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3356.

100

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

troffen ist. Eine Grenze fiir nicht näher differenzierende und undetaillierte Angaben zu den Folgen des Übergangs und den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen ergibt sich vielmehr auch dort, wo in Bezug auf zumindest einen Mitteilungsadressaten wegen der Oberflächlichkeit der Darstellung der Zweck der Information verfehlt würde288 • 2.

Reichweite der Unterrichtung nach dem Zweck des § 613a Abs. 5 BGB

Weitere Anhaltspunkte fiir die Reichweite der gemäß § 613a Abs. 5 BGB geschuldeten Mitteilungen lassen sich bei der gebotenen teleologischen Normauslegung aus dem Sinn der Unterrichtung folgern: a)

Mindeststandard für die Reichweite der Information aus dem Zweckzusammenhang von Unterrichtung und Widerspruchsrecht

Die in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB manifestierte Zweckbezüg1ichkeit von Unterrichtung und Widerspruchsrecht wurde bereits erörtert289 • Sollen die Mitteilungen ihren Zweck erfiillen und eine Entscheidung über den Widerspruch ermöglichen, so müssen sie jedenfalls solche Informationen beinhalten, die fiir einen die eigenen Belange des Arbeitnehmers wahrenden Entschluss hinsichtlich des Arbeitgeberwechsels unerlässlich sind. Als Faustfonnel ist hieraus zu folgern, dass ein Umstand, der sich § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB nach dem Normwortlaut zuordnen lässt, mitteilungspflichtig ist, wenn dieser bei verobjektivierender Betrachtungsweise als für die Widerspruchsentscheidung des oder der betroffenen Arbeitnehmer relevant angesehen werden kann. Hinsichtlich des Beurteilungsmaßstabs kommt es insoweit wegen des gebotenen Abstellens auf den Horizont der Unterrichtungsschuldner auf die Sichtweise eines verständigen (bisherigen oder neuen) Arbeitgebers an. Möglicherweise lassen sich die vorstehenden teleologischen Erwägungen noch um einen weiteren Aspekt ergänzen. Auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchsrechts gilt nämlich nach der auch hier vertretenen Auffassung, dass sich ein widersprechender Arbeitnehmer auf das Sozialauswahlgebot des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zu Lasten vergleichbarer Beschäftigter nicht berufen kann, wenn der Widerspruch grundlos erfolgt ist. Umgekehrt können objektiv vertretbare "sachliche Gründe" für den Widerspruch eine Verdrän288 Dem informierenden Rechtsträger steht es selbstverständlich frei, die erforderliche Detailangabe (z.B. geplante Rationalisierung in Bezug auf einen bestimmten Arbeitsplatz) nur gegenüber dem Betroffenen zu kommunizieren oder aber in ein Informationsschreiben an die gesamte Belegschaft aufzunehmen. 289 § 2 B. I.

101

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

gung anderer Arbeitnehmer bei der Sozialauswahl rechtfertigen290 . Es liegt insofern nahe, die Tatsache, dass ein bestimmter Umstand als "sachlicher Grund" llir einen Widerspruch anzuerkennen ist, als wesentliches Indiz für eine diesbezügliche Mitteilungspflicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB zu begreifen291. Dies folgt zum einen daraus, dass der Adressat sein Kündigungsrisiko in Bezug auf das Eingreifen von § 1 Abs. 3 KSchG zu seinen Gunsten im Falle einer Entscheidung llir einen Widerspruch besser einschätzen kann. Zum anderen wäre es schwerlich begründbar, den übergangsbetroffenen Arbeitnehmern ein Informationsinteresse hinsichtlich solcher Umstände abzusprechen, die so gewichtig sind, dass von dem Widerspruch mit der Folge des Arbeitsplatzverlustes eines Dritten unbeteiligten Arbeitnehmers Gebrauch gemacht werden kann. Allerdings ist in Rechtsprechung und Lehre bislang nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen an einen "sachlichen Grund" für den Widerspruch im Rahmen der kündigungsrechtlichen Folgeproblematik zu stellen sind. Legt man die hier vertretene Auffassung zugrunde, so gilt ein strenger Maßstab 292 • Relevant ist insbesondere eine drohende Gefährdung des Arbeitsplatzes oder eine Verschlechterung des kündigungsrechtlichen Status im Falle einer Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsnachfolger. Diesbezügliche Informationen müssen in die Mitteilungen nach§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB einbezogen werden, um eine sachgerechte Entscheidung der Widerspruchsberechtigten für oder gegen einen Arbeitgeberwechsel zu ermöglichen. b)

Zweckzusammenhang von Unterrichtung und Widerspruchsrecht als Obergrenze für die Reichweite der Unterrichtung?

Fraglich ist, ob sich - gleichsam als Gegenschluss aus den Ergebnissen des vorstehenden Abschnitts - aus dem Zweckzusammenhang von Unterrichtung und Widerspruchsrecht zugleich auch eine Obergrenze llir die Reichweite der nach § 613a Abs. 5 BGB geschuldeten Information folgern lässt. Es wären danach insbesondere im Rahmen von § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB schlechthin nur solche Umstände anzusprechen, die nach den geschilderten Maßstäben als entscheidungsrelevant llir einen Widerspruch anzusehen wären. Eine derart restriktive Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB ist jedoch unter mehreren Gesichtspunkten bedenklich. Zum einen wird die praktische Durchsetzung der Informationsverpflichtung beeinträchtigt, wenn sich die beteiligten Arbeitgeber per se darauf berufen könnten, man habe die Bedeu290 Zu diesem Problemkreis§ 14 B. und C. 291 So auch ArbRKomm-Wi/lemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 333. 292 S. § 14 C. IIl. 3.

102

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BOB

tung eines bestimmten Umstandes für die Entscheidungstindung der Arbeitnehmer nicht absehen können und habe sich daher zu einer Mitteilung nicht verpflichtet gesehen. Zum anderen wäre eine absolute Begrenzung der Unterrichtungspflicht über den systematischen Zusammenhang mit dem Widerspruchsrecht im Hinblick auf die Vorgaben von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG problematisch. Da der Information nach der Richtlinie der im deutschen Recht bestehende Zweckbezug fehlt, könnte es im Einzelfall auf eine unzulässige Verkürzung der Richtliniendirektiven hinauslaufen, den zwingenden Inhalt der Mitteilungen nach nationalem Recht durch eine dem Gemeinschaftsrecht fremde Teleologie zu begrenzen 293 . Aus dem Gesagten folgt andererseits nicht, dass die objektiv fehlende Relevanz eines bestimmten Umstandes für die Entscheidung über den Arbeitgeberwechsel bei einer Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB stets unberücksichtigt bleiben muss. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG seinerseits keine Infonnation über schlechthin alle rechtlichen oder tatsächlichen Auswirkungen des Übergangs für die Arbeitnehmer verlangt. Denn nach der Richtlinie besteht eine Unterrichtungspflicht über die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen nur dann, wenn sich hieraus zumindest potenziell erhebliche Nachteile für die Beschäftigten ergeben 294 . Dementsprechend ist es zulässig und vor dem Hintergrund der weiten Gesetzesfassung des § 613a Abs. 5 BGB auch geboten, eine Mitteilungspflicht insbesondere im Bereich der "Folgen" und "Maßnahmen" nur insoweit anzuerkennen, wie erhebliche Auswirkungen des Übergangs in Rede stehen. Angesichts der Unbestimmtheit dieses Kriteriums kann es dem nationalen Gesetzgeber prinzipiell nicht verwehrt sein, die Erheblichkeitsschwelle näher zu definieren, solange die Richtlinienintention und der Grundsatz des "effet utile" gewahrt bleiben. Diese anzuerkennende Konkretisierung des Erheblichkeitskriteriums ist im deutschen Recht über den Zweckzusammenhang von Unterrichtung und Widerspruchsrecht erfolgt. Es ist daher zulässig, im Rahmen einer teleologischen Auslegung die Tatsache, dass ein bestimmter Umstand als ftir die Entscheidung des Arbeitnehmers über einen Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB irrelevant erscheint, als Indiz gegen die Einschlägigkeit von § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4

293 Unter anderem aus diesem Grunde wurde nachgewiesen, dass das Unterrichtungsrecht als solches nicht von einer (fortbestehenden) Widerspruchsbefugnis nach § 613aAbs. 6 BOB abhängt; s. § 3 B. I. I b) bb) (2) (b). 294 Vgl. v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 121; Oetker, EAS B 8300 Rn. 322 m.w.N.

103

§ 613a Abs. 58GB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

BGB zu berücksichtigen295 • Dies gilt allerdings nur so lange, wie sich keine Kollision mit Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG respektive der Rechtsprechung des EuGH ergibt.

3.

Ermittlung des Unterrichtungsinhalts aus dem Gesamtkontext von§ 613a Abs. 1 bis 4 BGB

Nach dem Regelungswillen des Gesetzgebers sollen sich wesentliche Unterrichtungsbestandteile aus dem Normkontext von § 613a Abs. 1 bis 4 BGB ableiten lassen296 • Technisch ist so zu verfahren, dass mit Blick auf den konkreten Betriebsübertragungsvorgang und die Arbeitsbedingungen bei den beteiligten Arbeitgebern unter die betreffenden Bestimmungen subsumiert wird. Die so gewonnenen Ergebnisse sind Gegenstand der Beschreibung der "rechtlichen Folgen" des Übergangs. Eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes von§ 613aAbs. 1 bis 4 BGB genügt also keinesfalls 297 . Kein stichhaltiger Anhaltspunkt besteht dafür, dass die Folgen des Übergangs im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB abschließend in den Absätzen 1 bis 4 geregelt sind, so dass nicht unmittelbar aus dem Gesamtkontext von § 613a BGB hervorgehende Auswirkungen des Inhaberwechsels in dem Informationsschreiben nicht angesprochen werden müssten. Zwar heißt es in den Gesetzesmaterialien, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs ergäben sich vor allem aus den unverändert fortgeltenden Regelungen des § 613a Abs. 1 bis 4 BGB 298 , jedoch ist dies schon vom Ansatz her recht fragwürdig. Denn § 613a BGB regelt in erster Linie die rechtliche, nicht die wie auch immer geartete soziale oder wirtschaftliche Kontinuität der Arbeitsbedingungen 299 • Hätte der Gesetzgeber eine Beschränkung der Informationspflicht nur auf die sich aus § 613a BGB unmittelbar ergebenden Auswirkungen der Übertragung gewollt, so hätte in § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB nicht zusätzlich von "wirtschaftlichen" und "sozialen" Folgen gesprochen werden dürfen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sich aus dem Gesamtkontext von § 613a BGB ein wichtiger Kernbestandteil der notwendigen Angaben zu den Fol-

295 In diesem Sinne u.a. auch Grobys, 88 2002, 726, 728; Huke, FA 2002, 263, 264; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162 f.; enger wohl ArbRKommWillemsen!Müller-Bonanni, § 613a 8GB Rn. 333. 296 V gl. die Begründung zum Gesetzesentwurf, BT-Drucks. 14/7760 S. 19. 297 Allgemeine Ansicht, s. nur B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 18; Sayatz/Wo(ff, DStR 2002,2039, 2041 m.w.N. 298 S. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 299 Ebenso Grobys, 88 2002, 726, 728.

104

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

gen des Übergangs, keinesfalls aber der vollständige Unterrichtungsinhalt ableiten lässt.

4.

Komplexität des Unterrichtungsgegenstands und rechtstatsächliche Schranken für die Reichweite der Information

Die Rechtsfolgen von Betriebsübernahmen werfen typischerweise komplexe Fragen auf, die häufig sogar zwischen den betroffenen Rechtsträgem selbst bzw. den an der Transaktion beteiligten Beratern umstritten sind. Für die praktische Handhabung der Informationspflicht wird sich hieraus nicht selten die Schwierigkeit ergeben, die Mitteilungen einerseits Iücken- und widerspruchsfrei zu fassen, andererseits Transparenz und Verständlichkeit und damit zugleich Zweck und Effizienz der Unterrichtung zu wahren. Dies muss bei den Anforderungen, die an den Detaillierungsgrad der Angaben gemäß § 613a Abs. 5 BGB zu stellen sind, berücksichtigt werden. Zu bedenken ist hierbei zunächst, dass die einzelnen Beschäftigten als Adressaten zumeist nicht über den Empfangerkonzent des Betriebsrats verfügen werden, wie dies Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG und mit ihm die deutsche Umsetzungsnorm an sich voraussetzt300 . Zwar kann aus diesem Umstand nicht gefolgert werden, dass den Arbeitnehmern von § 613a Abs. 5 BGB geforderte Informationen mit dem Hinweis auf die Komplexität einzelner Folgen des Übergangs oder eine unklare Rechtslage vorenthalten werden können301. Allerdings muss auch mit Blick auf den Zweck der Unterrichtung gelten, dass gutachterliehe Ausführungen weder angebracht sind noch verlangt werden können. Ist die Rechtslage unklar oder umstritten, so ist es als hinreichende Information anzusehen, wenn der Betriebsveräußerer bzw. erwerber auf einschlägige Rechtsprechung verweist oder bei Fehlen einer gefestigten Judikatur seine eigene, unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse objektiv vertretbare Rechtsauffassung wiedergibt. Die Arbeitgeberparteien sind auch nicht zu einer Entwicklung spekulativer Szenarien gehalten, falls exakte Angaben aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sind (Bsp.: Benennung des genauen Übergangsstichtags bei Verschmelzung302; Vermutungen über die wirtschaftliche Entwicklung des Betriebs).

5.

Beschränkung der Informationspflicht durch den subjektiven Kenntnishorizont der informierenden Partei

Eine Grenze für die Reichweite der Verpflichtung aus § 613a Abs. 5 BGB ergäbe sich, sofern angenommen werden könnte, dass die Unterrichtung auf 300 S. § 3 A. !I. 2 b). 301 In diesem Sinne auch DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3356. 302 Dazu noch unter C. I. 2.

105

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

im Informationszeitpunkt präsentes Wissen des informierenden Arbeitgebers beschränkt ist. Virulent wird diese Frage, wenn der die Unterrichtung durchführende Rechtsträger über einen geringeren Kenntishorizont verfügt als die andere Betriebsübertragungspartei. Im Kern geht es also darum, ob vorhandene Wissensdefizite zwischen den Informationsschuldnern, beispielsweise im Bereich der von dem anderen Arbeitgeber hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen, im Vorfeld der Unterrichtung ausgeglichen werden müssen oder ob sich der Mitteilende auf seine fehlende Kenntnis von Umständen aus der Sphäre der anderen Partei berufen kann.

a)

Meinungsspektrum

Nach herrschender Auffassung soll eine Beschränkung der Informationspflicht auf die Erkenntnisse nur jeweils des Betriebsveräußerers oder erwerbers nicht in Betracht kommen303 . Dies folge jedenfalls für einen konzerninternen Betriebsinhaberwechsel aus den Vorgaben der Betriebsübergangsrichtlinie304. Zudem habe der Gesetzgeber eine Verständigung der beiden Arbeitgeberparteien hinsichtlich des Informationsinhalts bei der Schaffung von § 613 a Abs. 5 BGB vorausgesetzt30;. Anderer Ansicht zufo1ge wird die Pflicht aus § 613a Abs. 5 BGB durch den Kenntnishorizont des jeweils informierenden Rechtsträgers begrenzt. Es könne nur über diejenigen in Aussicht genommenen Maßnahmen informiert werden, die dem mitteilenden Arbeitgeber konkret bekannt sind306 . Im Übrigen seien die Arbeitnehmer an die andere Partei zu verweisen307 .

b)

Stellungnahme

Der zuletzt genannten einschränkenden Auffassung kann aus verschiedenen Gründen nicht gefolgt werden. Richtigerweise wird darauf hingewiesen, dass eine Begrenzung der Pflicht aus § 613a Abs. 5 BGB auf die Offenbarung nur subjektiv vorhandenen Wissens jedenfalls bei konzerninternen Betriebsübernahmen mit geltendem Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist. Gemäß Art. 7 Abs. 4 S. 2 RL 303 Ausdrücklich oder in diesem Sinne DLW-Baeck/Haussmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3357; B.Gaul, FA 2002, 299, 300; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 227; Grobys, BB 2002, 726, 728; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 47; Krügermeyer-KalthojjlReutershan, MDR 2003, 541, 543; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 269; Meyer, BB 2003, 1010, 1012. 304 B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 20. 305 Krügermeyer-KalthojjlReutershan, MDR 2003, 541, 543; s.a. Warmbein, DZWIR 2003, II, 13. 306 Franzen, RdA 2002, 258, 265; unklar Preis, Arbeitsrecht I, S. 894. 307 Holtkamp, AuA 2002, 404, 407.

106

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

200 1/23/EG findet bei Verstößen gegen die in Art. 7 statuierten Informations- und Konsultationspflichten der Einwand, die Verfehlung gehe auf die mangelhafte Übermittlung von Informationen durch ein den Arbeitgeber beherrschendes Unternehmen zurück, keine Berücksichtigung. Zwar hat der Gesetzgeber fiir § 613 a Abs. 5 BGB auf eine ausdrückliche - dem § 17 Abs. 3a S. 2 KSchG 308 vergleichbare- Umsetzung dieser Vorgabe verzichtet, jedoch muss diese als Missbrauchsschranke im Wege einer richtlinienkonformer Auslegung in die Interpretation der Norm einfließen. Unabhängig hiervon ist gegen eine Subjektivierung des Umfangs der nach § 613a Abs. 5 BGB geschuldeten Information einzuwenden, dass diese letztlich auf Kosten der Rechtssicherheit geht. So wäre bei Streitigkeiten darüber, ob die informierende Partei ihren Pflichten genügt hat, neben der Frage, welche Folgen der Betriebsübergang fiir die Arbeitnehmer tatsächlich gehabt hat, zusätzlich zu ermitteln, ob dem informierenden Rechtsträger die betreffenden Umstände vor der Durchfiihrung der Unterrichtung bekannt waren. Hier bestünde nicht nur die Gefahr "gewollter Rechtsblindheit", sondern es drohte zugleich eine Entwertung der Informationspflicht Es dürfte nämlich nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein, dass Veräußerer und Erwerber nicht automatisch über das fiir die Mitteilungen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB notwendige Hintergrundwissen hinsichtlich der bei dem anderen Arbeitgeber geltenden Arbeitsbedingungen oder der arbeitnehmerbezogenen Planungen fiir die Zeit nach dem Übergang verfugen. Könnte sich der die Unterrichtung durchführende Rechtsträger stets auf seinen begrenzten Erkenntnishorizont berufen, so wäre nicht erklärlich, warum § 613a Abs. 5 BGB uneingeschränkt sowohl den bisherigen als auch den neuen Betriebsinhaber zur Information verpflichtet. Denn Angaben nach § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB kann weder der eine noch der andere Arbeitgeber isoliert sinnvoll bewirken. Die hier im Einklang mit der herrschenden Ansicht vertretene Auslegung der Reichweite der Informationspflicht wird schlussendlich durch die Gesetzesmaterialien zu § 613a Abs. 5 BGB bestätigt. Hierin wird ausdrücklich hervorgehoben, dass sich der bisherige Arbeitgeber und der neue Inhaber über den Inhalt der Unterrichtung verständigen sollen309 .

308 Das gemeinschaftsrechtliche Vorbild dieser Norm findet sich in Art. 2 Abs. 4 RL 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie ). 309 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. Zu Ermöglichung und Koordination der Arbeitnehmerunterrichtung im Verhältnis von Betriebsveräußerer und Übernehmer s. § 6 D.

107

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

c)

Ergebnis

§ 613a Abs. 5 BGB verpflichtet beide an dem Übergang beteiligten Rechtsträger gleichermaßen auch zur Mitteilung solcher Umstände, die aus der Sphäre des anderen Arbeitgebers stammen und nur diesem bekannt sind. Ein Wissensgefälle zwischen den Parteien muss daher zum Zwecke der Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterrichtung gegebenenfalls ausgeglichen werden.

6.

Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als Schranke für den Inhalt der Unterrichtung

a)

Problemstellung

Die deutsche Rechtsordnung kennt etliche Unterrichtungs- und Berichtspflichten, die bei betrieblichen oder unternehmensweiten Umstrukturierungsmaßnahmen zu Lasten des oder der betroffenen Arbeitgeber ausgelöst werden. Zum Teil sieht das Gesetz in einem derartigen Zusammenhang ausdrücklich vor, dass Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse nicht offenbart werden müssen 310 . Sofern dies nicht der Fall ist, wird nicht selten eine analoge Anwendung entsprechender gesetzlicher Bestimmungen in Erwägung gezogen 311 • Es stellt sich die Frage, ob ein Vorbehalt des Geheimnisschutzes auch für die Infonnationspflicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB anzuerkennen ist. Dem Wortlaut der Norm ist eine entsprechende Beschränkung der Informationspflicht allerdings nicht zu entnehmen. Gleichwohl wird im Schrifttum zum Teil, wenngleich ohne nähere dogmatische Begründung, angenommen, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von der Unterrichtungspflicht gegenüber den Arbeitnehmern ausgenommen sind 312 •

310 S. bspw. § 8 Abs. 2 S. I UmwG; § I 06 Abs. 2 BetrVG; § 39 Abs. I EBRG. 311 V gl. insbesondere den Streit um eine entsprechende Anwendung des § I 06 Abs. 2 BetrVG im Rahmen der Unterrichtungspflicht nach § !II S. I BetrVG, die von der h.M. abgelehnt wird; FESTL, BetrVG, § !II Rn. !II; GK-Fabricius/Oetker, § !II BetrVG Rn. 144; Richardi-Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rn. !52 jeweils m.w.N. § 110 BetrVG steht unter dem nicht ausdrücklich geregelten Vorbehalt des Geheimnisschutzes; ErtXomm-Kania, § II 0 BetrVG Rn. 4; FESTL, BetrVG, § II 0 Rn. 7; MünchArbR-Joost, § 319 Rn. 64. Im Umwandlungsrecht wird hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Inhalte des Verschmelzungsvertrages z.T. ein Geheimnisschutz über eine Analogie zu § 8 Abs. 2 UmwG bzw. § 131 Abs. 3 Nr. I AktG beftirwortet; vgl. Hjort, NJW 1999, 750, 752 m.w.N. 312 Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002,457, 461; Franzen, RdA 2002,258, 265; Grobys, BB 2002, 726, 728; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 46; Warmbein, DZWIR 2003, II, 12; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163.

108

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

b)

Stellungnahme

Ein Geheimnisschutzvorbehalt wäre fllr § 613a Abs. 5 BGB dann anzuerkennen, wenn fllr den von der Norm erfassten Bereich tatsächlich ein dringliches Bedürfnis fllr den Schutz vertraulicher Informationen besteht und dieses in dogmatisch befriedigender Weise, etwa durch Auslegung oder Analogiebildung, umgesetzt werden kann.

aa)

Bedürfnis für einen Geheimnisschutz im Lichte des Informationskatalogs von§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB?

Es ist zu fragen, ob § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB nach seinem Wortlaut überhaupt zu einer Preisgabe von rechtlich als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis anzuerkennenden Umständen verpflichten kann. Da die Befllrworter eines Geheimnisschutzes fllr § 613a Abs. 5 BGB sämtlich unbeantwortet lassen, welche Informationen sie als vertraulich ansehen wollen, bietet es sich an, zur Klärung auf die im Betriebsverfassungsrecht weitgehend gebräuchliche Definition zurückzugreifen. Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sind demnach Tatsachen zu verstehen, die im Zusammenhang mit dem technischen Betrieb oder der wirtschaftlichen Betätigung des Unternehmens stehen, nur einem begrenzten Personenkreis bekannt, also nicht offenkundig sind, nach dem bekundeten Willen des Unternehmens geheim gehalten werden sollen und deren Geheimhaltung fllr den Betrieb oder das Unternehmen wichtig ist (materielles Geheimnis )313 • Als Beispiele werden Kundenlisten, Unterlagen über technische Verfahren, Absatzplanung, Kalkulationen, Konstruktionszeichnungen, unveröffentlichte Jahresabschlüsse, Liquidität des Unternehmens, Auftragslage, Umsatzhöhe und wichtige Verträge genannt314 . Alle diese Beispiele lassen sich bereits nach dem Wortlaut von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB nicht unter die Informationspflicht fassen, so dass ein dringliches Bedürfnis fllr einen Schutz vertraulicher Umstände im Bereich des§ 613aAbs. 5 BGB nicht ohne weiteres unterstellt werden kann 315 . Der Grund hierfllr liegt darin, dass die Mitteilungen nach Wortlaut und Zweck auf arbeitnehmerbezogene 313 Vgl. BAG v. 16.3 .1982, AP Nr. I zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis (LS 2); v. 26.2.1987, AP Nr. 2 zu§ 79 BetrVG 1972 m.w.N. (unter II 2 c aa); ErfK.omm-Kania, § 79 BetrVG Rn. 2; FESTL, BetrVG, § 79 Rn. 3; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 79 Rn. 4; DLW-Wildschütz, HdB. Arbeitsrecht, I Rn. 870; Etzel, Betriebsverfassungsrecht, Rn. 956; Rumpif/Boewer, Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, G Rn.42. 314 S. ErfK.omm-Kania, § 79 BetrVG Rn. 4; FESTL, BetrVG, § 79 Rn. 4. 315 Auf die Frage, ob eine Offenlegung von Kalkulationsplänen oder Geschäftsplänen den beteiligten Arbeitgebern zurnutbar wäre, kommt es folglich entgegen Krügermeyer-Kalthoif/Reutershan, MDR 2003, 541, 543, gar nicht erst an.

109

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Folgen des Übergangs und Planungen bezogen sind. Sensible Informationen, die sich auf den Betrieb oder das Unternehmen des Veräußerers oder Erwerbers beziehen, müssen insoweit schon nach der Normstruktur des § 613a Abs. 5 BGB nicht offen gelegt werden. Vereinzelt können sich allerdings Schnittmengen ergeben, so zum Beispiel bei einer in Aussicht genommenen Entlassung übergehender Arbeitnehmer irrfolge geplanter Stilllegung der übernommenen Einheit. Da eine Betriebsstilllegung unter den geschilderten Voraussetzungen ein materielles Geheimnis darstellt316, kann beispielsweise in einem derartigen Fall aus Sicht der informationspflichtigen Rechtsträger ein Geheimhaltungsinteresse bestehen317 . Es ist also weiter zu untersuchen, ob und inwiefern diesem in derartigen Konstellationen gegenüber dem Wissensinteresse der aus § 613a Abs. 5 BGB berechtigten Arbeitnehmer der Vorrang gebührt.

bb)

Auslegung von§ 613a Abs. 5 BGB

Nach der eindeutigen Gesetzesfassung ist das Informationsrecht in dem von § 6I3a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB vorgesehenen Umfang vorbehaltlos gewährleistet. Auch einen mittelbaren gesetzlichen Schutz durch die Statuierung einer Verschwiegenheitspflicht der Infonnationsadressaten (vgl. §§ 79, I 07 Abs. 3 S. 4 BetrVG) kennt die Norm nicht. Entstehungsgeschichte und Materialien zu § 6I3a Abs. 5 BGB lassen nicht erkennen, dass der Gesetzgeber vertrauliche Informationen ausdrücklich aus dem Katalog der Informationstatbestände ausklammem wollte. Zudem verdeutlicht nicht zuletzt die Diskussion um eine Einschränkung der Unterrichtungspflicht gemäß § Ili S. I BetrVG318 , dass ein genereller ungeschriebener Vorbehalt des Geheimnisschutzes bei einem kollidierenden Wissensinteresse der Arbeitnehmer auch im Lichte verfassungsrechtlicher Wertungen nicht existiert. Es fehlt daher insgesamt an einem hinreichenden Anknüpfungspunkt in § 613a Abs. 5 BGB, um die Unterrichtungspflicht des bisherigen bzw. neuen Arbeitgebers im Rahmen einer Auslegung nur unter der Prämisse zuzulassen, dass eine Gefahrdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht zu besorgen ist. Hierüber vermag auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht so ohne weiteres hinwegzuhelfen 319 .

cc)

Lückenschließung durch Analogie?

Unterstellt man mit Rücksicht auf die bisherigen Ergebnisse aus Sicht der informationspflichtigen Rechtsträger das Bestehen einer Regelungslücke in 316 317 318 319

IIO

RumpjlBower, Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, G Rn. 45. In diesem Sinne offenbar Warmbein, DZWIR 2003, II, 12. Nw. in Fn. 311. A.A. Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1158, 1163.

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

§ 613a Abs. 5 BOB, so ist zu fragen, ob diese vermittels Analogieschlusses zu einem ausdrücklich geregelten Geheimnisschutzvorbehalt im Zusammenhang mit einer Informationsverpflichtung des Arbeitgebers geschlossen werden kann. Hierbei ist § 106 Abs. 2 2. HS BetrVG in Betracht zu ziehen320, zumal sich die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses in wirtschaftlichen Angelegenheiten auch auf Fälle des Betriebsinhaberwechsels erstreckt32 1• Die Ausfüllung einer Gesetzeslücke im Wege der Analogie setzt konstruktiv eine planwidrige Normunvollständigkeit voraus 322 . Es ist somit zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Regelungsabsicht des Gesetzgebers eine Einschränkung der Informationspflicht aus § 613a Abs. 5 BOB in Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hätte erwartet werden können.

§ 613a Abs. 5 BOB dient nach dem gesetzgeberischen Willen der Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1/23/EG. Die Betriebsübergangsrichtlinie erkennt für die in Art. 7 vorgesehenen Infonnations- und Konsultationsverpflichtungen einen dezidierten Schutz von aus Arbeitgebersicht vertraulichen Informationen nicht an. Vereinzelt wird aus Art. 6 der Rahmenrichtlinie 2002/14/EG323 ein genereller Geheimnisvorbehalt auch für die Unterrichtungspflichten nach der Betriebsübergangsrichtlinie abgeleitet324 • Dies überzeugt jedoch offensichtlich nicht. Zum einen ist Art. 6 RL 2002/14/EG lediglich auf Arbeitnehmervertreter als Informationsadressaten zugeschnitten und überdies für Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG nicht einschlägig325 . Zum 320 Hiernach besteht eine Informationspflicht des Arbeitgebers in wirtschaftlichen Angelegenheiten nur, soweit nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden. Die Norm ist nach h.M. restriktiv zu interpretieren. Eine Offenbarung gegenüber den Arbeitnehmern muss hiernach etwa zu einer Gefährdung für Bestand und Entwicklung des Unternehmens führen; näher BAG v. 11.7.2000, NZA 2001,402, 405; OLG Karlsruhe, AP Nr. I zu§ 121 BetrVG 1972 (unter I b); DKK-Däubler, BetrVG, § I 06 Rn. 58; ErfKomm-Kania, BetrVG, § I 06 Rn. 6; FESTL, BetrVG, § I 06 Rn. 30; GL-Löwisch, BetrVG, § I 06 Rn. 35; Stege/Weinspach/Schiefer, BetrVG, §§ 106-109 Rn. 42; Wlotzke, BetrVG, § 106 unter 3. 321 Nw. in Fn. 122. 322 Statt aller Bydlinski, Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 472 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 370 ff., 381 ff. 323 Hiernach haben die Mitgliedsstaaten vorzusehen, dass es den Arbeitnehmervertretern oder sie unterstützenden Sachverständigen nicht gestattet ist, ihnen in berechtigtem Interesse der Unternehmen oder Betriebe ausdrücklich als vertraulich mitgeteilte Informationen an Arbeitnehmer oder Dritte weiterzugeben. Zudem können die Arbeitgeber für "besondere Fälle" von der Unterrichtungspflicht entbunden werden. 324 So offenbar Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 461 (Fn. 4 7). 325 Gemäß Art. 9 Abs. I 2. Fall RL 2002/14/EG lässt die Rahmenrichtlinie die spezifischen Informations- und Konsultationsverfahren nach der Betriebsübergangsrichtli-

111

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

anderen belegt die Entstehungsgeschichte der Betriebsübergangsrichtlinie, dass der Richtliniengeber die Mitteilungspflichten des Arbeitgebers nach Art. 7 gerade nicht auf Informationen beschränken will, die kein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis darstellen326 • Angesichts des Umsetzungswillens des deutschen Gesetzgebers kann ein fehlender Vertraulichkeitsvorbehalt in § 613a Abs. 5 BGB gerade auch in Anbetracht der fast wortgetreuen Umsetzung des Informationskataloges von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG nicht als planwidrige Gesetzeslücke angesehen werden. Der vorstehende Befund wird durch eine zweckbezogene Betrachtung von § 613a Abs. 5 BGB unter Einbeziehung der Interessen der Arbeitnehmer als Unterrichtungsadressaten untermauert. Die Information soll die von dem Betriebsinhaberwechsel betroffenen Beschäftigten vor einer "blinden" Widerspruchsentscheidung schützen. Hierzu trägt neben der Mitteilung über die Folgen des Übergangs ganz wesentlich die perspektivisch ausgerichtete Information über die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen(§ 613aAbs. 5 Nr. 4 BGB) bei. Wären ausArbeitgebersieht als vertraulich anzusehende Planungen von den darstellungspflichtigen Maßnahmen per se nicht erfasst, so würde die Unterrichtung und mit ihr der Gesetzeszweck sinnentleert. Dies zeigt deutlich das bereits angesprochene Beispiel einer für die Zeit nach dem Inhaberwechsel geplanten Stilllegung der erworbenen Einheit. Wäre ein hiermit verbundener Personalabbau nicht gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB mitzuteilen, so wäre eine die eigenen Belange des Arbeitnehmers wahrende Widerspruchsentscheidung nicht möglich. Da der Gesetzgeber insoweit das Informationsinteresse der Arbeitnehmer als vorrangig erachtet hat, kann von einem planwidrigen Außerachtlassen der Geheimhaltungsbelange von Veräußerer und Erwerber nicht gesprochen werden. Es fehlt somit insgesamt an einer Möglichkeit ergänzender Rechtsfindung zur Einschränkung der Informationspflicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB im Interesse des Vertraulichkeitsschutzes von Informationen, die von der Norm als entscheidungsrelevant für einen möglichen Widerspruch vorausgesetzt werden.

nie ausdrücklich unberührt. Die Rahmenrichtlinie darf gemäß Art. 9 Abs. 4 zudem nicht als Rechtfertigung ftir eine Einschränkung von den Arbeitnehmern nach nationalem Recht bislang bereits zustehenden Rechten herangezogen werden. 326 Entsprechende Vorschläge des Wirtschafts- und Sozialausschusses (s. dessen Stellungnahme zur Änderungsrichtlinie 98/50/EG v. 29.3.1995, ABI. EG Nr. C 133 v. 31.5 .1995, S. 13, 16) für eine Einschränkung der Verpflichtungen der Arbeitgeber aus Art. 7 haben keinen Eingang in die Richtlinie gefunden.

112

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

c)

Ergebnis und Realisierung eines etwaigen Geheimhaltungsinteresses ohne inhaltliche Beschränkung der Information

Im Ergebnis kann der übertragende oder übernehmende Arbeitgeber von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB tatsächlich geforderte Informationen nicht mit dem Hinweis auf deren Vertraulichkeit verweigern. Für entsprechende Annahmen in der Literatur fehlt es an einer hinreichenden dogmatischen Grundlage. Dies stellt Veräußerer und Erwerber indessen nicht völlig schutzlos. So kann ein einstweiliges Geheimhaltungsinteresse gegenüber den Arbeitnehmern dadurch realisiert werden, dass die Unterrichtung erst kurz vor dem Übertragungsstichtag durchgeführt wird. Eines irgendwie gearteten berechtigten Interesses hierfür bedarf es nicht, weil die Arbeitgeberparteien den Zeitpunkt der Mitteilungen, sofern er nur vor dem Betriebsübergang liegt, frei wählen können327 . Besorgnisse der an dem Inhaberwechsel beteiligten Rechtsträger können sich aber auch darauf gründen, gegenüber der anderen Partei im Zuge der Vorbereitung des Informationsschreibens gemäß § 613a Abs. 5 BGB als sensibel erachtete Daten übermitteln zu müssen. Diesen Bedenken kann durch eine vertragsstrafenbewehrte Vertraulichkeits- und Geheimhaltungsvereinbarung, wie sie bei Betriebs- bzw. Unternehmenskäufen im Zusammenhang mit der Durchführung der sogenannten due diligence im Vorfeld der Transaktion üblich sind 328 , Rechnung getragen werden. Soll insgesamt vermieden werden, dass die andere Betriebsübertragungspartei Kenntnis von Daten erhält, die zum Zwecke der ordnungsgemäßen Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB ausgewertet werden müssen, so bietet sich die Erstellung des Informationsschreibens durch einen neutralen Dritten an, der gegenüber Veräußerer und Erwerber gleichermaßen zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. 111.

Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB im Spiegel anderer gesetzlicher Arbeitnehmerinformationspflichten

Zur näheren Konkretisierung der Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB an Inhalt und Reichweite der Infonnationspflicht werden im Schrifttum in unterschiedlichen Zusammenhängen Vergleiche zu anderen gesetzlichen Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers, namentlich aus dem Bereich des NachwG, des BetrVG und des UmwG, bemüht329 • Zweck des folgenden Ab327 S. aber zum frühestmöglichen Informationszeitpunkt § 4 B. I. 3. 328 V gl. G.Picot-GPicot, Unternehmenskauf, I Rn. 15, 17; speziell für die arbeitsrechtliche due diligence s. WHSS-Hohenstatt, Umstrukturierung, Anhang I Rn. 5. 329 Vgl. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 15 ff.; ders., FA 2002, 299, 300; Huke, Unterrichtung, S. 62; ders, FA 2002,263, 265; Bauer/v.SteinauSteinrück, ZIP 2002, 457, 462; Franzen, RdA 2002, 258, 265; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 635; Grobys, BB 2002, 726, 729; Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2040; Schnit-

113

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

schnitts ist es, einzelne Literaturansätze näher zu verfolgen, weiter zu entwickeln und gegebenenfalls fur die Auslegung von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB fruchtbar zu machen330 • 1.

Pflicht zum Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen (§§ 2, 3 NachwG) als Orientierungspunkt für Inhalt und Reichweite der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB

Das NachwG 331 verpflichtet den Arbeitgeber zu einer schriftlichen Niederlegung und Aushändigung des Inhalts der vereinbarten wesentlichen Vertragsbedingungen332. Diese Pflicht entsteht im Falle der erstmaligen Aufnahme des Arbeitsverhältnisses (§ 2 Abs. 1 S. 1 NachwG) sowie bei einer Änderung der wesentlichen Arbeitsbedingungen, sofern es sich nicht um eine bloße Änderung kollektivvertraglicher Bestimmungen handelt, die fur das Arbeitsverhältnis gelten (§ 3 NachwG). Der erforderliche Inhalt der Niederschrift wird vom Gesetz mit dem Begriff der "wesentlichen Vertragsbedingungen" umschrieben. Dieser wird durch den Mindestkatalog des § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG konkretisiert 333 . Bestimmte Angaben können durch einen Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen sowie ähnliche Regelungen, die flir das Arbeitsverhältnis gelten, ersetzt werden(§ 2 Abs. 3 S. 1 NachwG).

330

331

332

333

114

ker/Grau, EWiR 2002, 929, 930; Warmbein, DZWIR 2003, II, 12; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162; Wisskirchen, AE 1/2002, S. V, XI; Worzalla, NZA 2002, 353, 355. Ein ausführlicher Vergleich zwischen den betreffenden gesetzlichen Verpflichtungen wäre wegen der unterschiedlichen Regelungsbereiche allerdings nicht sinnvoll. Aus diesem Grunde wird auch nicht auf alle gesetzlichen Informationspflichten des Arbeitgebers eingegangen, zu denen sich (entfernte) Wortlautparallelen ziehen ließen (s. bspw. § 17 Abs. 2 KSchG; arbeitsrechtliche Pflichtangaben der Angebotsunterlage des Bieters nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz gern. § II Abs. 2 S. 3 Nr. 2 WpÜG). Das NachwG geht zurück auf die RL 91/533/EWG des Rates über die Pflichten des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die ftir seinen Arbeitsvertrag geltenden Arbeitsbedingungen vom 14.10.1991, ABI. EG Nr. L 288 v. 18.10.1991, S. 32. Die Pflicht zur Niederschrift und Aushändigung entfällt, soweit der Arbeitnehmer über einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit den von dem Nachweiskatalog geforderten Angaben verfugt, § 2 Abs. 4 NachwG. Der Gesetzeskatalog ist nicht abschließend; vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf, BT-Drucks. 13/668, S. I 0; ferner BAG v. 23.1.2002, NZA 2002, 800, 80 I; ErfKomm-Preis, § 2 NachwG Rn. 8, 10; ders., NZA 1997, 10, 14; MünchArbRRichardi, § 43 Rn. 34; Bepler, ZTR 2001, 241, 243; Linde/Lindemann, NZA 2002, 649, 650; Müller-Glöge, RdA 2001, Beil. Heft 5, S. 46, 47; Schwarze, ZfA 1997, 43, 52. A.A. Wank, RdA 1996, 21, 23; widersprüchlich Birk, NZA 1996, 281, 285.

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

a)

Vorschläge aus der Literatur betreffend die Übertragbarkeit von Regelungselementen und Wertungen der Informationspflicht aus dem NachwG auf§ 613a Abs. 5 BGB

Die Informationspflicht aus § 613a Abs. 5 BGB ist in der Literatur in zweifacher Hinsicht mit der Nachweispflicht des Arbeitgebers in Verbindung gebracht worden. Zum einen wird vorgeschlagen, die in § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG genannten Regelungstatbestände als "Anregung" für eine Bestimmung der nach § 613a Abs. 5 Nummer 3 BGB geforderten Unterrichtung über die Folgen des Übergangs zu verstehen334 • Dies zugrunde gelegt, wäre die Unterrichtung jedenfalls unter anderem auf das Schicksal wesentlicher Vertragsbedingungen bei dem Betriebsinhaberwechsel zu beziehen. Ferner wird befürwortet, die für die Niederschrift bestehende Möglichkeit, den Nachweis bestimmter Arbeitsbedingungen durch die Angabe eines einschlägigen Kollektivvertrags zu ersetzen, sinngemäß auf den Bereich des§ 613a Abs. 5 BGB zu übertragen 335 • Anstelle von näheren inhaltlichen Ausführungen zu einer Änderung oder einem erstmaligen Eingreifen kollektiver Arbeitsbedingungen in dem Informationsschreiben könnte somit weitgehend auf einschlägige Kollektivverträge verwiesen werden. b)

Stellungnahme

Zunächst wird der Vorschlag untersucht, wonach die in § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG genannten Regelungstatbestände als Bezugspunkt für die von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB geforderten Angaben zu den Folgen des Übergangs heranzuziehen sind. aa)

Betroffenheit wesentlicher Vertragsbedingungen als Indiz für eine diesbezügliche Mitteilungspflicht

§ 613a Abs. 5 BGB liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass eine Interessen wahrende Entscheidung über den Arbeitgeberwechsel die Orientierung über eine Kontinuität bzw. Änderung der Arbeitsbedingungen bei dem Betriebsnachfolger voraussetzt. Hierbei wird aus Arbeitnehmersicht nicht allen Umständen das gleiche Gewicht bei der Entscheidungstindung beigemessen werden. In das Kalkül mit einbezogen werden dürften aber regelmäßig solche Umstände, die den Kern der Arbeitsbedingungen ausmachen. Dies betrifft etwa die Frage nach den Auswirkungen des Übergangs auf Lohn- und Gehaltsansprüche, Sonderzuwendungen, Arbeitszeitregelun334 Vgl. Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 129; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung,§ II Rn. 15; Worzalla, NZA 2002, 353, 355. 335 Huke, Unterrichtung, S. 62; ders., FA 2002, 263, 265; Schnitker!Grau, EWiR 2002, 929,930.

115

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

gen, Urlaubsansprüche etc. Alle diese Beispiele betreffen Arbeitsbedingungen, die der Gesetzgeber ausweislich der Wertung von § 2 Abs. 1 S. 1, 2 NachwG als wesentlich ansieht. Berücksichtigt man dies, so ergeben sich durchaus Schnittmengen zwischen Informationen, die fiir die Willensbildung des Arbeitnehmers über den Widerspruch gemäß § 613a Abs. 5, 6 BGB als wesentlich anzusehen sind, einerseits und erforderlichen Inhalten der Niederschrift der wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen nach § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG andererseits. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Einwände dagegen, die Tatsache, dass es infolge des Betriebsübergangs zu einer Änderung wesentlicher Arbeitsbedingungen im Sinne von § 2 Abs. I S. I, 2 NachwG kommt, als ein Indiz für die Einschlägigkeit einer diesbezüglichen Mitteilungspflicht gemäß § 6I3a Abs. 5 (Nr. 3) BGB zu begreifen336. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass der Übertragbarkeit der Regelungstatbestände des § 2 Abs. 1 S. 1, 2 NachwG auf den Inhalt der Unterrichtung gemäߧ 6I3aAbs. 5 BGB Grenzen gesetzt sind. Dies betrifft etwa solche in die Niederschrift aufzunehmenden Vertragsbedingungen, bei denen es begrifflich nicht um Folgen des Übergangs im Sinne des § 6I3a Abs. 5 BGB gehen kann 337 • Wesentliche Vertragsbedingungen gemäß dem NachwG und für die Widerspruchsentscheidung relevante Arbeitsbedingungen sind folglich nicht identisch. Dies gilt auch deswegen, weil § 6I3a Abs. 5 BGB die Informationspflicht zusätzlich auf die Folgen des Übergangs fiir wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen der Tätigkeit erstreckt. Demgegenüber bezieht sich der Nachweiskatalog auf die vertragliche und damit in erster Linie rechtliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Anhaltspunkte für die Frage, welche Gesichtspunkte im Rahmen von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB infolge ihrer Bedeutung für die Arbeitsbedingungen der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer angesprochen werden müssen, lassen sich§ 2 Abs. 1 S. 1, 2 NachwG insoweit nur für die Beschreibung der rechtlichen Folgen des Betriebsinhaberwechsels entnehmen. Schließlich ist zu 336 Dies betrifft beispielsweise auch Name und Anschrift des Betriebsnachfolger als neuen Vertragspartner der übergehenden Arbeitnehmer (vgl. § 2 Abs. I S. 2 Nr. 1 NachwG) und die nach dem Übergang einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen (vgl. § 2 Abs. I S. 2 Nr. 10 NachwG). Aus dem Bereich der anerkannten ungeschriebenen wesentlichen Vertragsbedingungen (§ 2 Abs. I S. 1 NachwG) sind etwa Wettbewerbsverbote (vgl. ErfKomm-Preis, § 2 NachwG Rn. 8), Ausschluss- bzw. Verfallfristen (vgl. BAG v. 23 .1.2002, NZA 2002, 800, 801; Schaefer, NachwG, D Rn. 178) und Altersversorgungszusagen (vgl. ErfKomm-Preis, § 2 NachwG Rn. 7) zu nennen. 337 S. etwa Zeitpunkt, Beginn und (bei Befristung) Dauer des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort, Tätigkeitsbeschreibung (§ 2 Abs. I S. 2 Nr. 2 bis 5 NachwG).

116

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

bedenken, dass auch nicht von der Nachweispflicht erfasste Arbeitsbedingungen für die Entscheidung über einen Widerspruch bedeutsam und insoweit gemäß § 613a Abs. 5 BGB informationsrelevant sein können, wie zum Beispiel die Auswirkungen des Übergangs auf den Kündigungsschutz der betroffenen Arbeitnehmer338 . Schon vor diesem Hintergrund kann der gesetzlichen Ausprägung wesentlicher Vertragsbedingungen im Sinne des NachwG nur eine Orientierungsfunktion für die Konkretisierung darstellungspflichtiger Folgen des Betriebsübergangs beigemessen werden339 • bb)

Abgrenzung der Schutzzwecke und Folgerungen für die Darstellungstiefe bei§ 613a Abs. 5 BGB

Die vorstehenden Überlegungen werden durch die gebotene randscharfe Abgrenzung der Schutzzwecke der Informationspflichten aus §§ 2, 3 NachwG und § 613a Abs. 5 BGB bestätigt. Zugleich ergeben sich hieraus weitere Folgerungen für die Darstellungstiefe bei§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB: Die Nachweispflicht verschafft dem Arbeitnehmer im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Arbeitsverhältnis die Möglichkeit, sich über die für ihn geltenden Arbeitsbedingungen zu unterrichten 340 . Ziel ist es, den Beschäftigten über seine vertraglichen Rechte und Pflichten ins Bild zu setzten, so dass er seine Rechte gegebenenfalls besser durchsetzen kann341 • Mit Blick hierauf kann davon ausgegangen werden, dass auch der Arbeitnehmer, der nicht über einen schriftlichen Arbeitsvertrag verfügt (vgl. § 2 Abs. 4 NachwG), die für ihn wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen kennt. Zweck von§ 613a Abs. 5 BGB kann es somit nicht sein, detaillierte Grundinformationen in Bezug auf die arbeitsvertragliehen Rechte und Pflichten der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Hiermit wird zum einen die Auslegung bestätigt, wonach die Mitteilungen gemäߧ 613aAbs. 5 Nr. 3, 4 BGB nicht aufdie individuelle Situation jedes einzelnen Arbeitnehmers zugeschnitten sein müssen 342 • Zum anderen zeigt sich, dass Arbeitsbedingungen, die nach dem Übergang unverändert fortgelten (§ 613aAbs. 1 S. 1 BGB), im Rahmen der von§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB geforderten Mitteilung nicht im Einzelnen aufgelistet werden 338 Dazu unter C. III. 3. a) ee) (2) (b). 339 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § I I Rn. I 5: Ansprechen der in § 2 Abs. I NachwG genannten Regelungstatbestände unzureichend. 340 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 13/668, S. 8; Koch, FS Schaub, S. 421, 427. 341 Vgl. die Zielsetzung der zugrunde liegenden Nachweisrieblinie 91/533/EWG (Erwägungsgründe); ferner MünchArbR-Birk, § 19 Rn. 144; ders., NZA 1996, 281, 282; Preis, NZA 1997, 10; Schwarze, ZfA 1997,43,44. 342 S. bereits vorstehend unter II. I.

117

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

müssen, da deren Kenntnis nicht zuletzt wegen des Anspruchs der Arbeitnehmer auf Erteilung einer Niederschrift vorausgesetzt werden kann. Sofern Veräußerer bzw. Erwerber in dem Informationsschreiben auf§ 613a Abs. 1 S. 1 BOB verweisen, werden hiervon grundsätzlich alle wesentlichen Vertragsbedingungen erfasst, fiir die die kontinuitätserhaltende Wirkung der Norm einschlägig ist. Ein Bedürfnis für ein dezidiertes Ansprechen des Schicksals einzelner wesentlicher arbeitsvertraglicher Rechte und Pflichten besteht daher für§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BOB nur dann, wenn es irrfolge des Übergangs tatsächlich zu Veränderungen, zum Beispiel durch einen Tarifwechsel, kommt343 • Aus dem Gesagten folgt umgekehrt, dass der Zugang von Mitteilungen gemäß § 613a Abs. 5 BOB die Nachweispflicht nicht ohne weiteres entfallen lässt. Dies ist wichtig, weil § 3 S. 1 NachwG eine schriftliche Information der Arbeitnehmer verlangt, wenn sich im laufenden Arbeitsverhältnis wesentliche Vertragsbedingungen ändern. Ein Anwendungsfall dieser Bestimmung liegt gerade auch bei Änderungen irrfolge eines Betriebsübergangs vo~ 44 • Unterrichtungspflichten aus§ 613aAbs. 5 BOB und§§ 2, 3 NachwG können also durchaus parallel eingreifen, wobei die Nachweispflicht individualisierte Angaben in Bezug auf jeden einzelnen Niederschriftadressaten erfordert345 . Für detaillierte Mitteilungen zu Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungeil irrfolge des Betriebsübergangs sind somit §§ 2, 3 NachwG 346 , nicht§ 613aAbs. 5 BOB einschlägig. cc)

Ersetzung der Angaben nach§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB durch Verweis auf Kollektivvereinbarungen

§ 613a Abs. 5 BOB trifft keine Aussagen darüber, ob im Rahmen der Mitteilungen zu den Folgen des Übergangs oder zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen anstelle näherer inhaltlicher Angaben von Verweisungen auf Kollektivvereinbarungen Gebrauch gemacht werden kann. Diese Frage stellt sich etwa dann, wenn es irrfolge des Betriebsübergangs zu einer Änderung wesentlicher Arbeitsbedingungen kommt, die in einem Kollektivvertrag geregelt sind. Ferner ist an den Fall zu 343 Im Ergebnis wie hier Huke, Unterrichtung, S. 59. 344 Schaefer, NachwG, F Rn. 121, 124. 345 Es bestehen keine Einwände dagegen, Nachweiserteilung und Information anlässlich des Betriebsübergangs insbesondere unter dem Gesichtspunkt des § 3 NachwG miteinander zu verbinden. In diesem Fall muss den Anforderungen des Nachweisgesetzes und denen des § 613a Abs. 5 BGB kumulativ genügt sein. Eine ausdrückliche Bezeichnung des Informationsschreibens als Niederschrift ist nicht notwendig; Preis, NZA 1997, 10, 16. 346 Die Nachweispflicht trifft den Betriebsnachfolger als neuen Arbeitgeber.

118

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

denken, dass arbeitnehmerbezogene Planungen in einem Interessenausgleich oder Sozialplan beschrieben sind. In derartigen Konstellationen ist fraglich, ob die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB auf die betreffenden Umstände ausdrücklich eingehen muss, oder ob inhaltliche Angaben durch einen Verweis auf die einschlägige Kollektivvereinbarung, gegebenenfalls unter Benennung ihres Regelungsgegenstands, ersetzt werden können (Bsp.: Ersetzung der Angabe, dass die wöchentliche tarifliche Arbeitszeit bei dem Betriebsübernehmer X Stunden beträgt durch die Angabe, dass sich die Arbeitszeit künftig nach dem Tarifvertrag A bemisst bzw. noch allgemeiner - dass sich die tariflichen Arbeitsbedingungen künftig insgesamt nach dem Tarifvertrag A richten; Angabe, dass Personalabbau, wie in Interessenausgleich B dargelegt, geplant ist; Mitteilung, dass sich Qualifizierungsmaßnahmen nach der in Aussicht genommenen Betriebseinschränkung nach dem Sozialplan C bemessen).

(1)

Gesetzgeberische Wertungen: Erforderlichkeif einer Balance zwischen Praktikabilität und Effektivität der Unterrichtung

Zur Klärung der geschilderten Problematik ist in der Literatur auf Wertungen aus dem NachwG verwiesen worden 347 , wo der Gesetzgeber Verweisungen auf Kollektivregelungen als Ersatz für nähere inhaltliche Angaben ausdrücklich anerkannt hat. So darf der Arbeitgeber es gemäß § 2 Abs. 3 NachwG hinsichtlich aller wesentlichen Vertragsbedingungen im Sinne von § 2 Abs. I S. 2 Nr. 2 NachwG, deren Regelung in einem Kollektivvertrag denkbar ist, mit einem Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen bewenden lassen348 . Zudem geht die herrschende Meinung davon aus, dass durch einen allgemeinen Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, auch der Inhalt der betreffenden Kollektivregelung ausreichend nachgewiesen ist349 • Zur Begründung wird auf die Wertung des Gesetzgebers verwiesen, wonach die Möglichkeit, bestimmte Angaben 347 Nw. in Fn. 335. 348 Dies gilt auch, wenn die betreffende Kollektivregelung nur aufgrund individualvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist; vgl. die Gesetzesmaterialien, BT-Drucks. 1311753, S. 13; Schwarze, ZfA 1997, 43, 46. 349 Vgl. BAG v. 23.1.1 002, NZA 2002, 800; LAG Hamm v. I 0.9.1999, MDR 2000, 463; LAG Bremen v. 9.11.2000, NZA-RR 2000, 98, 99 f.; LAG Köln v. 6.12.2000, NZARR 2001, 261, 262; LAG Niedersachsen v. 7.12.2000, NZA-RR 2001, 145, 146; Feldgen, Nachweisgesetz, Rn. 184, 187; Bepler, ZTR 2001,241,243 ff.; Birk, NZA 1996, 281, 287; Krause, AR-Blattei SD 220.2.2, Rn. 175; Müller-Glöge, RdA 2001, Beil. Heft 5, S. 46; kritisch ErfKomm-Preis, § 2 NachwG Rn. 25; Linde/Lindemann, NZA 2003, 649, 652 ff.; Preis/Lindemann, Anm. zu EuGH v. 8.2.2001, EAS Nr. 2 zu Art. 2 RL91/533/EWG (S. 16 ff.).

119

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

durch Verweisung zu ersetzen, die Praktikabilität der Informationspflicht des Arbeitgebers erhöhen soll 350 • Überdies sei dem Informationsinteresse des Arbeitnehmers bei einem Verweis genügt, da er sich sodann über die für ihn einschlägigen und aktuellen Regelungen des nachgewiesenen Kollektivvertrags selbst und eigenverantwortlich informieren könne 351 .

(2)

Folgerungen für § 613a Abs. 5 BGB

Der gesetzliche Ausgleich zwischen Praktikabiliät der Informationspflicht einerseits und Wahrung des Informationsinteresses der Arbeitnehmer andererseits ist für Reichweite und Handhabung der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB möglicherweise unter Wertungsgesichtspunkten wegweisend. Auszugehen ist zunächst davon, dass für § 613a Abs. 5 BGB aus Sicht der Arbeitgeberparteien gleichermaßen ein Bedürfnis besteht, ausufernde Darstellungen zu vermeiden und die Information inhaltlich möglichst einfach zu gestalten. Dem trägt, wie die Rechtslage im NachwG verdeutlicht, die Anerkennung einer Ersetzung näherer Angaben durch einen Hinweis auf einschlägige Kollektivverträge Rechnung. Es liegt insofern der Schluss nahe, dass, wenn eine Ersetzung im Rahmen des auf die individuellen Arbeitsbedingungen des einzelnen Arbeitnehmers zugeschnittenen Nachweises zulässig ist, eine solche bei der Unterrichtung gemäߧ 613aAbs. 5 Nr. 3, 4 BGB, die prinzipiell nur generalisierende Mitteilungen verlangt, im Grundsatz nicht unzulässig sein kann. Die vorstehende Annahme wird durch das Regelungskonzept des § 613a Abs. 5 BGB unterstützt. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Unterrichtung beim Betriebsübergang funktional (nur) auf die Bereitstellung von Basisinformationen gerichtet ist, die für die Ausübung des Widerspruchsrechts entscheidungswesentlich sind352 • Bereits vor diesem Hintergrund sind die Adressaten nicht davon enthoben, sich erforderlichenfalls unter Berücksichtigung der Mitteilungen weitergehend über die sich für ihr Arbeitsverhältnis konkret ergebenden Auswirkungen des Betriebsübergangs zu informieren. Diese nähere Erkundigungsmöglichkeit ist grundsätzlich auch dann sichergestellt, wenn die Mitteilungsadressaten auf die Einschlägigkeit eines bestimmten Kollektivvertrages für ihr Arbeitsverhältnis nach dem Übergang lediglich hingewiesen werden. Eine Verpflichtung der Arbeitgeberparteien 350 S. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 13/668, S. II; ErfK.omm-Preis, § 2 NachwG Rn. 33. 351 Vgl. BT-Drucks. 13/668, S. 12 f.; BAG v. 23.1.2002, NZA 2002, 800, 804; LAG Hamm v. 10.9.1999, MDR 2000, 463; LAG Bremen v. 9.11.2000, NZA-RR 2001, 98, 100. 352 S. oben unter Il. I.

120

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

zur Übermittlung einer Abschrift oder inhaltlichen Wiedergabe von Kollektivregelungen betreffend die Folgen des Übergangs oder die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen besteht damit nach § 613aAbs. 5 Nr. 3, 4 BGB grundsätzlich nicht353 • (3)

Wahrung des Informationsinteresses der Arbeitnehmer und praktische Handhabung der Verweisung

Unbeschadet der grundsätzlichen Anerkennung einer Verweisungsmöglichkeit im Rahmen von§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB darf aus der Ersetzung näherer inhaltlicher Darstellungen keine Beeinträchtigung des Informationsinteresses der Arbeitnehmer folgen. Hieraus ergeben sich Konsequenzen fiir Handhabung und Ausgestaltung der Verweisung in dem Informationsschreiben. Entsprechend dem Zweck von § 613a Abs. 5, 6 BGB muss sichergestellt sein, dass die Arbeitnehmer die bei den Mitteilungen in Bezug genommenen Kollektivverträge auch tatsächlich als Informationsquelle nutzen und deren Inhalte bei der Entschließung über den Widerspruch berücksichtigen können. Dies bedeutet, dass die Informationsadressaten die Möglichkeit haben müssen, die betreffenden Kollektivregelungen effektiv einzusehen354 • Angesichts der begrenzten Zeitspanne von einem Monat fiir die Entscheidung über den Widerspruch ist es problematisch, den Mitteilungsempfänger auf eigene Recherchen zu verweisen. Zudem bestehen betriebliche Einsichtnahmemöglichkeiten nicht ohne weiteres, da der jeweilige Arbeitgeber nur verpflichtet ist, bei ihm selbst anwendbare Kollektivverträge im Betrieb auszulegen (s. § 8 TVG, § 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG). Erst mit Vollzug der Betriebsübertragung ablösende Erwerberregelungen werden hiervon nicht erfasst. Es erscheint daher sachgerecht, einen Hinweis auf die Geltung von Kollektivregelungen als Ersatz für nähere Angaben nach§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB nur dann anzuerkennen, wenn zugleich mitgeteilt wird, wo und gegebenen353 Im Ergebnis wie hier Huke, FA 2002, 263, 268 (Verweis auf Tarifverträge/ Betriebsvereinbarungen); G.Picot-Picot/Schnitker, Untemehmenskauf, III Rn. 73; WHSSWillemsen, Umstrukturierung, G Rn. 231; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1163 (Verweis auf lnteressenausgleich/Sozialplan). Enger wohl Jaeger, Z!P 2004, 433, 441: nach dem Übergang geltende Tarifverträge sind der Unterrichtung als Anlage beizufügen. 354 Vgl. flir das NachwG ErfKomm-Preis, § 2 NachwG Rn. 34. Bei schwebenden Verhandlungen mit dem Betriebsrat etwa über einen Interessenausgleich oder Sozialplan muss allerdings die Angabe genügen, dass bestimmte Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer noch Gegenstand der Verhandlungen sind. Denn der Arbeitgeber kann das Ergebnis der Verhandlungen nicht vorhersehen. Wie hier HS-Sprolke, Arbeitsrecht!. Mandat,§ 8 Rn. 32; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 54 m.w.N.

121

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

falls wann die betreffenden Kollektivregelungen, die nach der Wertung des § 613a Abs. 5 Eingangssatz BGB zudem in Textform vorliegen müssen 355 , tatsächlich eingesehen werden können (z.B. Verweis auf Annex zum Informationsschreiben, Aushändigung durch Personalabteilung oder Betriebsrat, Einstellen ins Internet oder Intranet 356 , Hinweis auf die tarifschließenden Verbände als Bezugsquelle357 ). Es fallt dann, vergleichbar mit der Sachlage nach Aushändigung der Niederschrift gemäß § 2 Abs. 1, 3 NachwG oder auch bei Inbezugnahme tariflicher Regelungen im Arbeitsvertrag, in den Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers, sich über die Details der für ihn nach dem Übergang einschlägigen Arbeitsbedingungen zu informieren. Aus der Verweisungsmöglichkeit ist im Übrigen nicht zu folgern, dass ein schlichter Hinweis auf die bei dem Betriebserwerber anwendbaren Kollektivverträge ohne Nennung der darin jeweils geregelten Materie genügt358 • Insofern wird auf die Ausführungen zur Ablösung von Tarifverträgen bzw. Betriebsvereinbarungen sowie zur erstmaligen kollektivvertragliehen Regelung einzelner Arbeitsbedingungen bei dem Betriebsnachfolger verwiesen359 • c)

Ergebnis

Eine informierte Widerspruchsentscheidung ist nur unter Berücksichtigung der Folgen des Betriebsübergangs für wesentliche Vertragsbedingungen möglich. Der Katalog von § 2 Abs. 1 S. 1, 2 NachwG ermöglicht Rückschlüsse darauf, welche Arbeitsbedingungen insoweit als wesentlich angesehen werden können. Die Mitteilungen gemäß § 613a Abs. 5 BGB müssen einerseits den Detaillierungsgrad einer Niederschrift im Sinne des NachwG 355 Zu fordern ist eine Verkörperung des Textes in einer Urkunde oder dessen andere dauerhafte Wiedergabe sowie ein Abschluss der Erklärung. Die Person des Erklärenden ergibt sich bei Inbezugnahme von Dokumenten aus dem Gesamtkontext des Unterrichtungsschreibens. S. zur Textform der Unterrichtung ausführlich § 6 A. 356 Vgl. SAG v. 30.5.2001, NZA 2002, 800, 805; LAG Niedersachsen v. 7.12.2000, NZA-RR 2001, 145, 148. Auch insoweit muss eine effektive Zugriffsmöglichkeit aber sichergestellt sein. Hiervon kann der Arbeitgeber ausgehen, wenn den Arbeitnehmern Computer mit entsprechenden Zugangsmöglichkeiten am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen oder der Arbeitnehmer eine private e-mail-Adresse mitgeteilt hat. 357 Vgl. LAG Hamm v. 10.9.1999, MDR 2000, 463 unter Bezugnahme auf SAG v. 6.7.1972,APNr. I zu§ 8 TVG (unter3); LAGNiedersachsen v. 7.12.2000, NZA-RR 2001, 145, 147. 358 In diesem Sinne wohl auch Jaeger, ZIP 2004, 433, 441; Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2041. Vgl. für das NachwG die Anforderungen an einen sog. "qualifizierten Nachweis"; ErfKomm-Preis, § 2 NachwG Rn. 34; Linde/Lindemann, NZA 2003, 649, 654 f.; Preis/Lindemann, Anm. zu EuGH v. 8.2.2001, EAS Nr. 2 zu Art. 2 RL 91/533/EWG (S. 23 ff.). 359 Dazu unter C. Ill. 3. a) bb) (3) und (6).

122

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

nicht erreichen, gehen in ihrer Reichweite andererseits aber über den Katalog nachweispflichtiger Regelungen hinaus. Die für die Handhabung der Nachweispflicht bestehende Balance zwischen Effizienz der Angaben und dem Infonnationsinteresse der Arbeitnehmer ist unter Wertungsgesichtspunkten für § 613a Abs. 5 BGB richtungsweisend. Anstelle einer näheren Schilderung der bei dem Betriebserwerber geltenden Arbeitsbedingungen oder der hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen kann auf einschlägige Kollektivregelungen verwiesen werden. In diesem Fall muss gewährleistet sein, dass die Arbeitnehmer die in Bezug genommenen Bestimmungen tatsächlich einsehen können.

2.

Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat bei Betriebsänderung als Orientierungspunkt für Inhalt und Reichweite der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB

§ 111 S. 1 BetrVG schreibt die "umfassende" Unterrichtung des Betriebsrats bei Betriebsänderungen vor. Diese hat sich regelmäßig insbesondere auf folgende Angaben zu beziehen360 : Form der Umstrukturierung; Gründe für die geplante Maßnahme; Zeitplan der Umstrukturierung; Kennzeichnung der betroffenen Arbeitnehmer; alternative Maßnahmen; räumliche Unterbringung der betroffenen Betriebe; Leitungsstruktur der beteiligten Gesellschaften; Auswirkungen auf die Betriebs- und Arbeitsorganisation; technische und organisatorische Verknüpfung zwischen den beteiligten Unternehmen; Konsequenzen für (Konzern-/Gesamt-)Betriebsvereinbarungen; Rechtsfolgen für Tarifverträge/Tarifbindung des übernehmenden Rechtsträgers; Personalplanung der beteiligten Rechtsträger; beabsichtigte Maßnahmen für den Fall eines Widerspruchs gegen den Übergang von Arbeitsverhältnissen. Daneben soll im Einzelfall auch die Vorlage von Gutachten von Unternehmensberatern oder Wirtschaftsprüfern, Marktanalysen etc. verlangt werden können 361 • Es stellt sich die Frage, ob die zum Inhalt der Information nach § 111 S. 1 BetrVG entwickelten Grundsätze eine Orientierungshilfe für die Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB im Hinblick auf die Reichweite der Unterrichtung bieten. Eine entsprechende Annahme liegt deshalb nicht ganz fern, weil beiden Vorschriften jedenfalls nach dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 (i.V.m. Abs. 3) und Abs. 6 RL 2001/23/EG identische gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für den Katalog der geforderten Informationen zugrunde liegen.

360 Auflistung nach B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 28 Rn. 35. 361 ErfKomm-Kania, § !II BetrVG Rn. 21; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 28 Rn. 37 m.w.N.

123

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspmchsrecht

Im Ergebnis lässt sich die Reichweite der Informationspflicht gemäß § 111 S. 1 BetrVG auf den Unterrichtungskatalog nach § 613a Abs. 5 BGB jedoch nicht übertragen. Im Hinblick auf die Richtlinienvorgaben ist zu berücksichtigen, dass die von Art. 7 Abs. 1 RL 200 1/23/EG geforderten Angaben durch das nach Absatz 3 der Norm bestehende Konsultationserfordernis mit den Arbeitnehmervertretern determiniert werden. Dementsprechend wird ftir § 111 S. 1 BetrVG angenommen, dass die Information gegenüber dem Betriebsrat so beschaffen sein muss, dass dieser in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf das Ob und Wie der Betriebsänderung Einfluss nehmen und insbesondere Alternativvorschläge machen kann362 . Derartige Begründungszusammenhänge sind ftir die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht einschlägig, weil diese nicht der Ermöglichung von Beteiligungsrechten der Arbeitnehmer zu dienen bestimmt sind. Konsequenterweise sind im Rahmen von § 613a Abs. 5 BGB jegliche Angaben zu etwaigen Gestaltungsalternativen oder zu dem der Betriebsübertragung zugrunde liegenden Unternehmerischen Gesamtkonzept entbehrlich. Entscheidend ftir § 613a Abs. 5 BGB sind die in Bezug auf die Arbeitnehmer geplanten Maßnahmen, die in Umsetzung des Unternehmerischen Konzepts ergehen. Erst recht müssen keine Unterlagen, etwa zum Beleg der übermittelten Informationen, vorgelegt werden. Insgesamt sind Zweck und Bezugspunkt der "umfassenden" Information nach § 111 S. 1 BetrVG einerseits und der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB andererseits so verschieden, dass sich aus den zum Inhalt der Unterrichtung des Betriebsrats bei Betriebsänderungen entwickelten Grundsätzen nichts ftir eine nähere Klärung der Reichweite von§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB herleiten lässt. Dies bedeutet zugleich, dass Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Unterrichtung im Streitfall ftir beide Regelungskomplexe getrennt zu beurteilen sind, wenn und soweit es im Einzelfall zu einem parallelen Eingreifen der Informationspflichten aus §§ 111 S. 1 BetrVG, 613aAbs. 5 BGB kommt 363 .

3.

Arbeitsrechtliche Pflichtangaben in Umwandlungsverträgen als Orientierungspunkt für Inhalt und Umfang der Unterrichtung nach§ 613a Abs. 5 BGB

Gemäߧ 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG (für den Verschmelzungsvertrag) bzw. § 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG (ftir den Spaltungs- und Übernahmevertrag) hat der 362 Statt vieler ErfKomm-Kania, § 111 BetrVG Rn. 20 f. m.w.N. 363 Dies ist der Fall, wenn anlässlich des Betriebsübergangs zugleich eine Betriebsändemng erfolgt. In praktischer Hinsicht wird der informierende Arbeitgeber in derartigen Fällen streng darauf Bedacht nehmen wollen, gegenüber der Arbeitnehmervertretung und den von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmern keine widersprüchlichen Informationen zu kommunizieren.

124

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

Umwandlungsvertrag oder sein Entwurf unter anderem Angaben zu den Folgen der Umwandlung ftir die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie zu den insoweit vorgesehenen Maßnahmen zu enthalten364 • Vor dem Hintergrund des sehr ähnlichen Gesetzeswortlauts in § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB stellt sich die Frage, ob umwandlungsrechtliche Auslegungsgrundsätze Fixpunkte für Inhalt und Reichweite der Unterrichtung bei Betriebsübergang bereit halten.

a)

Rückschlüsse aus dem Umwandlungsrecht für die Auslegung von § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB nach der Literatur

Anknüpfend an die Ähnlichkeit des Nonnkataloges von §§ 5 Abs. 1 Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG einerseits und§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB andererseits wird zum Teil angenommen, es liege nahe, sich bei der Auslegung von§ 613aAbs. 5 Nr. 3, 4 BGB an der Literatur zu den umwandlungsrechtlichen Vorschriften zu orientieren365 • Aus einem Vergleich ergebe sich insoweit, dass der Begriff der "Folgen" des Übergangs restriktiv zu interpretieren se? 66 • Zudem könne einem Umkehrschluss aus dem Wortlaut der umwandlungsrechtlichen Vorschriften entnommen werden, dass die Folgen des Übergangs ftir Arbeitnehmervertretungen (Betriebsrat etc.) gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB nicht darstellungspt1ichtig seien367 • Andere Stimmen begegnen Verweisen auf Wortlautparallelen im Umwandlungsrecht ausdrücklich mit Skepsis 368 . Ein Blick auf Unterrichtungspflichten gemäß §§ 5 Abs. 1 Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11 etc. UmwG sei wenig hilf364 Dasselbe gilt ftir den gesetzlichen Mindestinhalt des Umwandlungsbeschlusses beim Formwechsel nach § 194 Abs. I Nr. 7 UmwG. Der Umwandlungsvertrag oder sein Entwurf ist rechtzeitig dem zuständigen Betriebsrat zuzuleiten, s. §§ 5 Abs. 3,126 Abs. 3, 194 Abs. 2 UmwG. Die Verpflichtungen aus dem UmwG bleiben von der Unterrichtungspflicht gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern gemäß § 613a Abs. 5 BGB wie auch von betriebsverfassungsrechtlichen Informationspflichten, etwa nach §§ 106, !II BetrVG, unberührt ("Trennungstheorie"); vgl. WHSS-Wil!emsen, Umstrukturierung, C Rn. 374; ders., NZA 1996, 791, 795 f., 797 f. 365 APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 209; Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 41; WHSS-Wil!emsen, Umstrukturierung, G Rn. 229; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162; Wisskirchen, AE 1/2002, S. V, XI; s.a. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspa1tung, § II Rn. 15 ff.; HS-Spirolke, Arbeitsrecht!. Mandat, § 8 Rn. 32; Warmbein, DZWIR 2003, II, 12. 366 Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 462. 367 ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 335; WHSS-Wil!emsen, Umstrukturierung, G Rn. 229; Jaeger, ZIP 2004, 433, 443; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1162. 368 Vgl. Franzen, RdA 2000, 258, 265; Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2040; Worzalla, NZA 2002, 353, 355.

125

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

reich, weil es hierbei allein um eine Information des Betriebsrats gehe, der einen anderen Empfängerkonzent und ein anderes Interesse habe als der einzelne Arbeitnehmer369 . Primäre Richtschnur für die Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB seien nicht Paralleltatbestände im nationalen Recht, sondern die Betriebsübergangsrichtlinie und deren Zwecksetzung370 • b)

Stellungnahme

§§ 5 Abs. 1 Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG bieten ungeachtet der äußerlichen Similarität mit§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB kaum verlässliche Anhaltspunkte für eine inhaltliche Konkretisierung der Informationspflicht bei Betriebsübergang. Das Fehlen verlässlicher Orientierungshilfen aus dem Umwandlungsrecht folgt allerdings nicht denknotwendig aus dem unterschiedlichen Empfängerhorizont von Betriebsrat, dem der Vertragsentwurf zuzuleiten ist, einerseits und den individuellen Arbeitnehmern andererseits. Wie für das Informationsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB gilt ftir den Umwandlungsvertrag, dass eine Überfrachtung mit ausufernden, gegebenenfalls gutachterliehen Darstellungen zu den (arbeitsrechtlichen) Folgen der Übertragung vermieden werden soll 371 . Da dies in beiden Fällen keine Darstellungstiefe wie etwa bei der Information des Betriebsrats nach § 111 S. 1 BetrVG zulässt, dürfte sich der unterschiedliche Adressat hier weniger auswirken. Auch das Postulat der richtlinienkonformen Auslegung verbietet es prinzipiell nicht, zur Konkretisierung umgesetzten Rechts andere mitgliedsstaatliehen Vorschriften heranzuziehen, zumal nationale Auslegungsregeln auf angeglichenes Recht (selbstverständlich) anwendbar bleiben372 • Zwar gebührt bei verschiedenen Auslegungsvarianten der von der Richtlinie abgedeckten Interpretation der Vorzug. Da ftir die Informationstatbestände des Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG bis dato aber jedenfalls keine umfangreichen Auslegungsgrundsätze existieren, spricht in methodischer Hinsicht nichts dagegen, unter dem Gesichtspunkt eines Vergleichs einzelner nationaler Arbeitgeberinformationspflichten beispielsweise die Tatsache, dass § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB anders als etwa§ 5 Abs. I Nr. 9 UmwG nicht die Folgen der Übertragung ftir die Arbeitnehmervertreter ausdrücklich mit einbezieht, als Indiz gegen eine diesbezügliche Mitteilungspflicht zu werten. Besonders aussage369 Sayatz/Wolj, DStR 2002,2039, 2040; Worzalla, NZA 2002, 353, 355. 370 Franzen, RdA 2002,258, 265. 371 Für das Umwandlungsrecht s. Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 5 Rn. 53; ders., RdA 1998, 23, 26; in Bezug auf§ 613a Abs. 5 BGB s. bereits unter II. 4. 372 Vgl. nur Jarass, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, S. 93 ff.; Roth, FS 25 Jahre BGH, S. 847, 875 f.

126

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

kräftig ist ein derartiger Schluss allerdings deswegen nicht, weil sich der Wortlaut von § 613a Abs. 5 BGB aus einem "Abschreiben" des Informationskatalogs von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG erklärt. Dem Gesetzgeber mit Blick auf die Wortwahl den Willen unterstellen zu wollen, in § 613a Abs. 5 BGB hinsichtlich der Angaben zu betriebsverfassungsrechtlichen Folgen der Übertragung bewusst hinter den Anforderungen für die Darstellungen im Umwandlungsvertrag zurückbleiben zu wollen, dürfte folglich zu weit gehen373. Dies gilt auch deswegen, weil der Wortlaut von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB wegen der Nennung "rechtlicher, wirtschaftlicher und sozialer" Folgen andererseits über die umwandlungsrechtlichen Informationstatbestände hinausgeht. Ein Rückgriff auf zur Reichweite der arbeitsrechtlichen Pflichtangaben im Umwandlungsvertrag entwickelte Grundsätze scheitert zudem insgesamt daran, dass solche in gesicherter Form nach dem gegenwärtigen Stand der Diskussion nur sehr bedingt existieren 374 • Der Rückschluss von einer restriktiven Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG auf eine einschränkende Interpretation von § 613a Abs. 5 BGB ist für sich betrachtet eine Gleichung mit zwei Unbekannten. Dies verdeutlicht nicht zuletzt der im Umwandlungsrecht mit Verve geführte Streit, ob sich die zu benennenden Folgen und Maßnahmen neben einer Schilderung der unmittelbaren Konsequenzen der Umwandlung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen375 zudem auf sonstige mittelbare arbeitsrechtliche Folgen der Umwandlung, also durch diese nicht selbst eintretende, aber für den weiteren Verlauf bereits geplante oder auch nur absehbare Umstrukturierungen (z.B. Ausgliederung von Betriebsteilen, Personalabbau), erstrecken376 • Zwar ergibt sich eine vergleichbare Problematik auch für die Reichweite von § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB 377 . Aus einer identischen Fragestellung folgt aber nicht, dass auch die

3 73 Dazu noch unter C. III. 3. c) dd). 374 Vgl. Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 5 Rn. 52: Fehlen einer "verlässlichen herrschenden Meinung". 375 So die Vertreter der "Kleinen Lösung"; s. Dehmer, UmwG, § 5 Rn. 47; Goutier!Knopf/Tulloch-Bermer!Hannappel, UmwG, § 5 Rn. 97; Lutter-Lutter, UmwG, § 5 Rn. 53 ff.; Drygala, ZIP 1996, 1365, 1368 ff. Differenzierend B.Gaul, Betriebsund Untemehmensspaltung, § 29 Rn. 21 ff.; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, C Rn. 372 f.; ders., RdA 1998,23,25 ff. 376 Für die sog. "große Lösung" etwa FESTL, BetrVG, § I Rn. 169; Boecken, Unternehmensumwandlungen, Rn. 319 f.; Grunewald, Umwandlungsrechtstage, S. 19, 22; Menge!, Umwandlungen, S. 339 ff.; Pfa.ff, Angaben im Umwandlungsvertrag, S. 165 ff.; Bachner, NJW 1995, 2881, 2886; Hjort, NJW 1999, 750, 753 f.; Joost, ZIP 1995, 976,979 ff.; Wlotzke, DB 1995,40,45. 377 Näher dazu unter C. Ill. I.

127

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Antworten fiir die unterschiedlichen Regelungsbereiche von §§ 5 Abs. 1 Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwO und § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BOB gleich ausfallen müssen, zumal sich die tragenden Erwägungen, die für eine Beschränkung der arbeitsrechtlichen Pflichtangaben im Umwandlungsvertrag ins Feld geführt werden, auf die Arbeitnehmerunterrichtung bei Betriebsübergang nicht stimmig übertragen lassen 378 . Schließlich hindem Unterschiede bei Struktur und Zweckbezug von §§ 5 Abs. I Nr. 9, 126 Abs. I Nr. 11 UmwO und § 613a Abs. 5 BGB eine Rückkoppelung bei der Auslegung. Bei den Umwandlungsvorschriften handelt es sich um reine Berichtsnormen ohne Auswirkungen auf individuelle oder kollektive Rechte der Belegschaft379 • Demgegenüber ist die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BOB wegen der Fristauslösung für den Widerspruch auf die Herbeiführung einer individuellen Rechtsfolge gerichtet. Dies kann in Verbindung mit dem Normzweck-jenach Relevanz eines bestimmten Umstands für die Widerspruchsentscheidung - eine engere oder weitere Auslegung des Begriffs der Folgen und Maßnahmen bedingen, als dies möglicherweise für rein deskriptive Angaben im Umwandlungsvertrag notwendig ist.

c)

Ergebnis

Aus den Wortlautparallelen zwischen § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BOB und umwandlungsrechtlichen Vorschriften flir arbeitsrechtliche Angaben im Umwandlungsvertrag ergibt sich entgegen manchen Ansätzen im Schrifttum 378 Dies betrifft etwa die Annahme, dass der Wortlaut der "vorgesehenen Maßnahmen" in§ 5 Abs. I Nr. 9 UmwG (bzw. § 126 Abs. I Nr. II UmwG) nur unmittelbare Folgen erfassen könne, da der Gesetzgeber in Bezug auf den Formwechsel in § I94 Abs. I Nr. 7 UmwG dieselbe Formulierung gebraucht habe. Dort seien aber, weil sich lediglich die Rechtsform, nicht aber die Identität des Unternehmens ändere, nur unmittelbare arbeitsrechtlichen Folgen überhaupt denkbar (vgl. Lutter-Lutter und LutterDecher, UmwG, § 5 Rn. 55 und § I94 Rn. 28; Drygala, ZIP 1996, 1365, I368; kritisch wiederum Hjort, NJW I999, 750, 75I. Des weiteren wird auf den Gesamtkontext der in den Umwandlungsvertrag aufzunehmenden Grundinformationen (s. Lutter-Lutter, UmwG, § 5 Rn. 56), registerrechtliche Wertungen (vgl. Bungert, NZG I998, 733) und eine Entbehrlichkeit weiterer Darstellungen wegen des Eingreifen von Informationsrechten des Betriebsrats nach dem BetrVG (s. Lutter-Lutter, UmwG, § 5 Rn. 57; Sagasser/Bula, Umwandlungen, J Rn. 69) verwiesen. Keiner dieser Begründungsansätze kann flir eine restriktive Auslegung der Folgen und Maßnahmen im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB fruchtbar gemacht werden. 379 Vgl. Danko/Heckschen!Plesterninks, Umstrukturierung, A Rn. 126 ff.; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 29 Rn. I6 und 18 ("Vertragsbelletristik"); Bungert, NZG 1998, 733, 734; ders., DB 1997, 2209 und 2213; Willemsen, RdA I998, 23, 31.

128

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

ungeachtet ähnlicher Fragestellungen, die ftir die betreffenden Regelungsbereiche bestehen - keine tragfahige Grundlage ftir eine identische Auslegung der Reichweite der jeweiligen Informationspflichten.

C.

Inhalt der einzelnen Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB

Unter Einbeziehung der bisherigen Feststellungen ist nunmehr unter die einzelnen Katalogtatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BOB zu subsumieren.

I.

Angaben zu dem Zeitpunkt oder dem geplanten Zeitpunkt des Übergangs(§ 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB)

§ 613a Abs. 5 Nr. 1 BOB sieht vor, dass die Arbeitnehmer über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs zu informieren sind. 1.

Zeitpunkt des Betriebsübergangs

Die Angabe des Betriebsübernahmezeitpunkts erfordert den Hinweis, an welchem Stichtag (Datum) aus Sicht der beteiligten Rechtsträger die tatbestandliehen Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 S. 1 BOB vorliegen. Entscheidend ist, zu welchem Zeitpunkt der Betriebsnachfolger die rechtlich begründete tatsächliche Leitungsmacht über den Betrieb im eigenen Namen erlangen soll 380 • Eines besonderen Übertragungsaktes bedarf es insoweit jedoch nicht; entscheidend ist die Betriebsführung durch den neuen Inhabe~ 81 • Sollen die Betriebsmittel schrittweise übertragen werden, so ist als Zeitpunkt des Übergangs dasjenige Datum zu nennen, zu dem der neue Betriebsinhaber über die betriebsindividualisierenden Betriebsmittel disponieren kann 382 •

380 S. nur BAG v. 6.2.1985, AP Nr. 44 zu § 613a BGB (unter 8 I 3 b); v. 26.3. I996, AP Nr. I48 zu § 613a 8GB m.w.N. (LS I und unter B II 2); ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 66; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 41; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 56; G.Picot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, I Rn. 189; Rödder/Hötzel!Mueller-Thuns, Unternehmenskauf, § 12 Rn. 13; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 75 f.; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 150 m.w.N. 381 BAG v. 20.6.2002, BB 2003,423, 424 m.w.N. 382 Vgl. BAG v. 16.2.1993, AP Nr. 15 zu§ I BetrAVG Betriebsveräußerung (LS 3 und unter 2 b); Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 116; s. ferner B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 8 Rn. 9 ff. m.w.N., zum Übergangszeitpunkt bei Einstellung von zu einer organisatorischen Einheit verbundenem Personal.

129

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

2.

Zeitpunkt des Betriebsübergangs bei Unternehmensumwandlungen

Die Angabe des Übertragungszeitpunkts bereitet in Fällen der Unternehmensumwandlung Schwierigkeiten, weil der Stichtag des Wirksamwerdens der Übernahme des Betriebs- oder Betriebsteils (Eintragung der Verschmelzung oder sonstigen Umwandlung in das Handelsregister, vgl. §§ 20 Abs. I Nr. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1, 171,324 UmwG i.V.m. § 613aAbs. 1 BGB) nicht sicher vorhergesagt werden kann 383 • Gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB könnte insoweit der vorgesehene Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrages und/oder die Tatsache, dass sich der Übergang mit Wirksamwerden der Umwandlung vollzieht 384 oder der voraussichtliche Termin des Umwandlungs- und damit Übergangsstichtags (ca. vier bis acht Wochen nach Anmeldung der Eintragung beim zuständigen Registergericht385 ) anzugeben sein. Aus Arbeitnehmersicht dürfte indessen regelmäßig weder ein Hinweis auf das Datums der Antragstellung noch ein Hinweis auf die Tatsache des Wirksamwerdens des Übergangs mit der Umwandlung geeignet sein, eine Vorstellung über den ungefähren Zeitpunkt des Arbeitgeberwechsels hervorzurufen. Aus diesem Grunde ist es sachgerecht anzunehmen, dass die letztgenannten beiden Angaben kombiniert werden müssen. Es ist folglich darauf hinzuweisen, dass der Betriebsübergang mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister eintritt und sich dies voraussichtlich in dem Monat X bzw. in dem bestimmten Zeitraum von X bis Yvollzieht 386 .

383 Zu beachten ist, dass sich ein Betriebsübergang in derartigen Fällen auch dem Wirksamwerden der gesellschaftsrechtlichen Umwandlung vorgelagert nach allgemeinen Grundsätzen durch Übertragung der betriebsorganisatorischen Leitungsmacht ergeben kann; vgl. nur den der Entscheidung des BAG v. 25.5.2000, RdA 2001, 236 zugrunde liegenden Sachverhalt; näher Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 324 Rn. 13 ff. Dann ist es möglich, den exakten Übergangsstichtag anzugeben. 384 Warmbein, DZWIR 2003, II, 12; ftir eine Kombination Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039,2040. 385 Vgl. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 13. 386 Wie hier Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 46; Jaeger, ZIP 2004, 433, 439; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1165; ähnlich Bonanni, ArbRB 2002, 19,20 f.; anders B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 13 (Wahlrecht zwischen diesen Angaben). Entsprechendes gilt, wenn das Wirksamwerden des Übergangs noch von dem Eintritt einer Bedingung, z.B. behördlicher Genehmigung, abhängig ist. In diesem Fall ist über die Bedingung sowie deren voraussichtlichen Eintritt zu informieren; ebenso Bährle, BuW 2002, 1004, 1005.

130

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

3.

Geplanter Zeitpunkt des Übergangs

Die bloße Mitteilung des "geplanten" Übergangszeitpunkts kommt vor allem in Betracht, wenn exaktere Angaben aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sind. Neben den angesprochenen Umwandlungsfällen betrifft dies Konstellationen, in denen aus Sicht der Betriebsübertragungsparteien noch nicht letztgültig absehbar ist, zu welchem Datum der Erwerber die betriebliche Leitungsmacht übernimmt. Dann muss der Stichtag angegeben werden, zu dem der Betriebsinhaberwechsel nach dem Stand der Planungen voraussichtlich stattfindet. Bereitet auch dies aufgrund der Umstände Schwierigkeiten - etwa bei einem schrittweisen Einrücken des Betriebsnachfolgers in die betrieblichen Leitungsfunktionen - so ist auch die Angabe eines Zeitraumes, während dessen sich die Übernahme vollziehen soll, zulässig. Entsprechend den obigen Wertungen muss die Benennung eines Zeitraumes zumindest eine konkrete Vorstellung von dem ungefähren Übergangsstichtag ermöglichen, so dass keine beliebig weite Zeitspanne gewählt werden kann. Zieht man die für Umwandlungsfälle geltenden Grundsätze als Richtwert heran, so ist wenigstens der voraussichtliche Monat des Übergangs bzw. ein hierfür vorgesehener Zeitraum von ca. vier Wochen ab oder bis zu einem bestimmten Datum mitzuteilen. Ist eine derartige Eingrenzung für den Arbeitgeberwechsel nicht möglich, so kann von einem "geplanten" Zeitpunkt des Übergangs im Sinne des Gesetzes nicht gesprochen werden. Es muss dann mit der Unterrichtung insgesamt abgewartet werden, bis sich die Überlegungen der beteiligten Rechtsträger hinsichtlich der zeitlichen Dimension der Übernahme so weit konkretisiert haben, dass die Pflichterfüllung aus § 613aAbs. 5 Nr. 1 BGB möglich ist. Fraglich ist, ob die Angabe eines "geplanten" Zeitpunkts auch dann möglich ist, wenn der Stichtag der Betriebsübernahme aus Sicht der Arbeitgeberparteien ex ante an sich feststeht. Hierfür kann durchaus ein praktisches Bedürfnis bestehen, da sich die Übertragung insbesondere bei komplexeren Transaktionen verzögern kann (bspw. durch Geltendmachen von Zurückbehaltungsrechten des Veräußerers; Umstellungsschwierigkeiten in Produktion und EDV) und die Mitteilung des exakten Vollzugszeitpunkts dann ihre Aktualität einbüßt. Angesichts solcher Unwägbarkeiten liegt es nahe, den Unterrichtungsschuldnern ein Wahlrecht zwischen Angaben gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 1 1. und 2. Alt. BGB einzuräumen387 . Dies wird durch die Gesetzesfassung bes387 Ebenso ErtKomm-Preis, § 613a BGB, Rn. 85; Krügermeyer-KalthojjlReutershan, MDR 2003, 541, 542; Meyer, AuA 2002, 159, 160; ders., BB 2003, 1010, 1012; Worzalla, NZA 2002, 353, 354. In diesem Sinne zur bisherigen Rechtslage auch

131

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

tätigt, die Angaben zum sicheren und zum geplanten Übergangszeitpunkt offenbar als gleichwertig erachtet. Hinweise auf ein dem entgegen stehendes Subsidiaritätsverhältnis finden sich auch in den Gesetzesmaterialien nicht. Den Interessen der Informationsadressaten wird durch eine Mitteilung des voraussichtlichen Stichtags flir den Arbeitgeberwechsel möglicherweise sogar besser gedient, weil die Gefahr von Verzögerungen wahrheitsgemäß zum Ausdruck kommt. Auch aus Sicht der beteiligten Arbeitgeber dürfte es sich empfehlen, stets nur im Sinne der zweiten Variante des § 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB über den geplanten Zeitpunkt des Übergangs zu informieren, um bei einer Verschiebung gegenüber den Beschäftigten nicht in Erklärungsnöte zu geraten und Irritationen zu vermeiden388 . II.

Angabe des Grundes für den Übergang(§ 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB)

§ 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB verlangt die Mitteilung des Grundes flir den Übergang. Wie dies auszulegen ist, ist nicht recht klar. Denn Grund flir den Übergang der Arbeitsverhältnisse ist an sich dessen gesetzliche Anordnung in§ 613aAbs. 1 S. I BGB. 1.

Meinungsspektrum

Die richtige Interpretation von § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB ist in der Literatur umstritten. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass der "Grund flir den Übergang" mit der Angabe der rechtsgeschäftliehen Grundlage flir den Betriebsübergang ausreichend gekennzeichnet ist (z.B. Kauf der Betriebsmittel, Betriebsflihrungsvereinbarung, Umwandlung); einer Benennung der wirtschaftlichen Ursachen flir den Betriebsübergang oder der Motive der Beteiligten bedürfe es niche 89 . Eine weitergehende Aufforderung stünde im

Menze, Widerspruchsrecht, S. 60. Anders wohl DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3352; Kröll, PersR 2002,391,392. Unklar Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 46. 388 Ebenso Meyer, AuA 2002, 159, 160; Worzalla, NZA 2002, 353, 354. 389 Vgl. ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 85; Erman-Edenjeld, BGB, § 613a Rn. 128; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 14; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 132; ders., FA 2002, 299; HS-Spirolke, Arbeitsrecht!. Mandat, § 8 Rn. 31; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 29; G.PicotPicot/Schnitker, Untemehmenskauf, VIII Rn. 71; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 53; Crisolli, CR 2002, 386, 388; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 635; Grobys, BB 2002, 726, 727; Huke, FA 2002, 263, 265 f.; Jaeger, ZIP 2004, 433, 439; Kröll, PersR 2002, 391, 392; Krügermeyer-Kaltho.ff/Reutershan, MDR 2003, 541, 543; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 269; Wisskirchen, AE 2002, S. V, XI; Worzalla, NZA 2002, 353, 354.

132

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

Widerspruch zum Grundsatz der Unternehmerischen Freiheit390 und sei für die Arbeitnehmer überdies nicht von Nutzen391 . Andere Autoren halten zusätzlich einen Hinweis auf das der Betriebsübertragung zugrunde liegende Motiv (Bsp.: Kostenreduktion; Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Kerngeschäftspolitik) für möglich 392 oder sogar für geboten393 • Die Arbeitnehmer könnten sich der ratio legis entsprechend eher ein Bild von dem Übergang und den sie betreffenden Folgen machen, wenn sie über die wirtschaftliche Motivation der beteiligten Unternehmen orientiert seien394 • Dem kommt die Ansicht nahe, nach der gegebenenfalls eine schlagwortartige Einordnung der Transaktion in den wirtschaftlichen Kontext der beteiligten Unternehmen erforderlich bzw. das jeweilige Umstrukturierungskonzept kurz mitzuteilen ist395 . Hierunter sollen etwa OutsourcingKonzepte oder eine Kerngeschäft-Politik fallen 396 . Am weitesten geht die Auffassung, es sei neben einer Information über die vertragliche Grundlage des Übergangs eine nähere Schilderung der unternehmenspolitischen und wirtschaftlichen Gründe der Übernahme geboten. Aus dem Wortlaut von § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB ergebe sich keine Beschränkung der Informationspflicht397 • Zum Teil werden auch Angaben zur geplanten Unternehmensführung des Erwerbers unter Benennung seiner wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder, seiner Beteiligungsverhältnisse und seiner

390 Huke, FA 2002, 263, 265; Wisskirchen, AE 2002, S. V, XI; ähnlich B.Gaul, Betriebsund Untemehmensspaltung, § II Rn. 14; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 22; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 635. 391 Krügermeyer-Kalthoff/Reutershan, MDR 2002, 541, 543; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 269. 392 DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3353; Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 462; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 269. 393 So APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 208; ArbRK.omm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 327; BTM-Trittin, KSchG, § 613a BGB Rn. 175; ders., BKMT, Arbeitsrecht bei Untemehmensumwandlung, F Rn. 83; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 43; Bährle, BuW 2002, 1004, 1005; Franzen, RdA 2002, 258, 265; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 46; Huke, FA 2002, 263, 265; Kliemt, Juve-HdB. 2002/2003, S. 214; Nehls, NZA 2003, 822, 823; ähnlich Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2040: stichwortartige Beschreibung der hinter dem Betriebsübergang stehenden betriebswirtschaftlichen Überlegungen. 394 Nehls, NZA 2003, 822, 824. 395 WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 228; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162; einschränkend Warmbein, DZWIR 2003, II, 12 ("gegebenenfalls"). 396 Bichlmeier, DZWTR 2002, 277, 278. 397 Wolff, AiB 2002, 594 f.

133

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Konzernanhindung als gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB erörterungswert erachtet398.

2.

Stellungnahme

a)

Möglicher Wortsinn

Nach dem möglichen Wortsinn des § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB sind mehrere Auslegungsvarianten denkbar. Dies wird deutlich, wenn man den gesamten Vorgang der Betriebsübertragung als Kausalverlauf betrachtet. Stark vereinfacht steht an erster Stelle der Unternehmerische Entscheidungsprozess, der unter Einbeziehung wirtschaftlicher, strategischer oder organisatorischer Überlegungen zu dem Entschluss für die Betriebsübertragung bzw. übernahme führt399 . Die abschließende jeweilige Entscheidung der beteiligten Rechtsträger setzt sich aus dem rechtsgeschäftliehen Willen und den tragenden Motiven zusammen. Grund für den Übergang ist insoweit die Unternehmerentscheidung einschließlich des maßgebenden Beweggrundes. Diese muss allerdings auch umgesetzt werden, damit es zu der Betriebsübernahme kommt. Da § 613a Abs. 1 S. 1 BGB einen Übergangkraft Rechtsgeschäfts, nicht notwendig unmittelbar zwischen den beteiligten Arbeitgebern400 , voraussetzt, ist Grund für den Übergang auch der Abschluss des Kausalgeschäfts. Schließlich gehen die Arbeitsverhältnisse aufgrund der gesetzlichen Anordnung des § 613a Abs. I S. 1 BGB über. Ein simpler Hinweis auf das Gesetz genügte dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer jedoch offensichtlich nicht. Zugespitzt formuliert ist somit in Anbetracht des offenen Normwortlauts von § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB zu entscheiden, ob es auf den Entschluss des übertragenden und übernehmenden Rechtsträgers bzw. seinen wirtschaftlichen Hintergrund oder auf den Rechtsgrund für den Betriebsübergang oder beides ankommt.

b)

Angabe zum Beweggrund der beteiligten Arbeitgeber

Untersucht werden soll zunächst, ob sich die Mitteilungen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB auf den jeweiligen Entschluss der beteiligten Rechtsträger für den Betriebsübergang beziehen müssen. Da die bloße Angabe, es komme infolge einer Unternehmerischen Entscheidung zu einem Betriebsübergang,

398 Meyer, AuA 2002, 159, 160. 399 S. ausführlich zur Ablaufplanung von Unternehmens- bzw. Betriebsübernahmen aus wirtschaftsrechtlicher Sicht G.Picot-Picot, Unternehmenskauf, I Rn. 7 ff. m.w.N. 400 Nw. in Fn. 90 (I. Kapitel).

134

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

dem Normzweck ersichtlich nicht gerecht wird401 , käme es in erster Linie auf den jeweiligen Beweggrund der Übertragungsparteien an. Wegen der Auslegungszweifel muss die Betriebsübergangsrichtlinie konsultiert werden. Wenig hilfreich ist die deutsche Fassung von Art. 7 Abs. 6 2. Spstr. RL 2001/23/EG EG, wo gleichfalls von dem "Grund" ftir den Übergang gesprochen wird. Als erhellend erweist sich aber ein Blick in die englische bzw. französische Richtlinienfassung. Dort wird von "reason for the transfer" bzw. von dem "motif du transfert" gesprochen. Dies ist unzweideutig, weil zwischen der Motivationsgrundlage und dem Rechtsgrund ftir den Übergang dezidiert unterschieden wird. Es muss folglich davon ausgegangen werden, dass sich die Mitteilung gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB jedenfalls auf die unternehmerische Entscheidung der Parteien ftir den Übergang respektive den hierftir ausschlaggebenden Beweggrund bezieht. Die vorherrschende Auffassung, die Grund mit Rechtsgrund (Kausalgeschäft) ftir den Übergang gleichsetzen möchte, ist mit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht kompatibel 402 . Die hier vertretene Auslegung ist mit der Teleologie von § 613a Abs. 5 BGB vereinbar. Es ist sicherlich richtig, wenn angenommen wird, dass Angaben zum Motiv ftir den Übergang neben den ftir die Adressaten "greifbareren" Informationen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB regelmäßig von geringerem Nutzen flir die Entscheidung über einen Widerspruchsrecht sein werden. Damit ist allerdings nicht gesagt, dass ein Hinweis auf die hinter der Betriebsübernahme stehende Überlegung im Einzelfall nicht doch dazu beiträgt, dass die Adressaten über die Zukunftsperspektive ftir den Betrieb und ihr Arbeitsverhältnis besser orientiert sind403 • Dies wird durch Erkenntnisse aus dem Personalmanagement bestätigt404 . 401 Sonst müsste parallel dazu etwa bei § 17 Abs. 2 S. I Nr. I KSchG, wonach dem Betriebsrat der Grund ftir geplante Entlassungen mitzuteilen ist, angenommen werden, dass der Grund der Ausspruch von Kündigungen ist. Dies ist offensichtlich unsinnig. 402 Ebenso Franzen, RdA 2002, 258, 265. 403 Zu denken ist beispielsweise an den Fall einer Betriebsveräußerung zur Vermeidung einer Insolvenz oder zur Realisierung einer Kerngeschäftspolitik des Veräußerers. Aus einer entsprechenden Mitteilung erschließt sich ftir Beschäftigte der abgestoßenen betrieblichen Einheit zumindest, dass bei einem Widerspruch keine günstige Beschäftigungsperspektive bei dem bisherigen Arbeitgeber bestehen dürfte. Umgekehrt kommt ein Widerspruch eher in Betracht, wenn in dem übertragenen Betrieb verwurzelte Gründe zu der Veräußerung geführt haben (z.B. mangelnde Produktivität wegen überalterter Anlagen; keine Wachstumschancen infolge fehlender Ausbaumöglichkeiten), weil sich diese Umstände auch nach dem Übergang nicht ohne weiteres ändern. Gibt der Erwerber das längerfristige Erzielen von Synergien in einem bestimmmten Bereich als Grund fiir die Übernahme an, so dürfte dies von den betriebsorganisato-

135

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Schlussendlich steht der Gesichtspunkt der Unternehmerischen Freiheit einer Mitteilungspflicht in Bezug auf den Beweggrund für die Übertragung bzw. Übernahme nicht entgegen. Richtig ist, dass das Recht zur Veräußerung und zum Erwerb von Betrieben verfassungsrechtlich (über Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG) gewährleistet ist. Es ist aber nicht einsichtig, warum eine Hinweispflicht auf die Entscheidungsgrundlage gegenüber den Arbeitnehmern in diese Freiheit überhaupt eingreifen soll, da keinerlei Rechtsmissbrauchsoder Motivkontrolle stattfindet405 • Die Handlungsfreiheit hinsichtlich des Ob der Transaktion bleibt von der Unterrichtungspflicht unberührt.

c)

Zwischenergebnis und Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Mitteilung

Es ist im Einklang mit dem von Art. 7 Abs. 6 RL 200 1123/EG vorgegebenen Verständnis festzuhalten, dass § 613a Abs. 5 Nr. 2 BOB ein Eingehen auf den jeweiligen Beweggrund der beteiligten Rechtsträger für den Übergang verlangt. Angaben zu der gesellschaftsrechtlichen Struktur des Erwerbers oder zu dessen Beteiligungsverhältnissen, wie zum Teil in Erwägung gezogen wird, sind damit nicht erforderlich. Es ist aber weiter zu fragen, welche Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Mitteilung gemäߧ 613aAbs. 5 Nr. 2 BOB zu stellen sind. Die Antwort erschließt sich aus dem Wesen der Unternehmerischen Entscheidung sowie dem Wortlaut von § 613a Abs. 5 Nr. 2 BOB und Art. 7 Abs. 6 2. Spstr. RL 2001/23/EG. In den Unternehmerischen Entschluss zur Veräußerung bzw. zum Erwerb eines Betriebes fließen angesichts seiner wirtschaftlichen Bedeutung im allgemeinen zahlreiche Faktoren, Analysen, Prognosen, Erwartungen und Hoffnungen ein. Angesichts der Komplexität dieser Motivbündelung kann nicht verlangt werden, dass Erwägungen bzw. Konzepte im Detail dargelegt oder gar Begründungszusammenhänge erörtert werden. Die Angaben zum Grund des Übergangs können somit auf eirisch betroffenen Arbeitnehmern ebenfalls bei der Widerspruchsentscheidung berücksichtigt werden. 404 Für die Risiken/Chancen-Bewertung einer Transaktion soll aus Arbeitnehmersicht das Motiv fiir die Übernahme von wichtiger Bedeutung sein; vgl. A.Picot! Nordmeyer!Pribilla-Schartau, Management von Akquisitionen, S. 205, 207. 405 Hieraus folgt, dass der mitgeteilte Grund flir den Übergang auch objektiv willkürlich oder sachfremd sein kann. Eine "Richtigkeitskontrolle" bei Streitigkeiten um die Erfüllung von § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB findet somit nicht statt. Allerdings wird der informierende Arbeitgeber glaubhaft zu machen haben, dass es sich bei dem mitgeteilten Umstand tatsächlich um einen aus seiner Sicht maßgebenden Beweggrund flir die Betriebsveräußerung bzw. -Übernahme gehandelt hat. S. zur Reichweite der arbeitsgerichtlichen Prüfungskompetenz in Bezug auf die Unterrichtung noch § 7 A. V.

136

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 6 I 3a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

nen schlagwortartigen Hinweis beschränkt werden (bspw. Entschluss, zukünftig eine bestimmte Dienstleistung nicht mehr anzubieten; Ausgliederung wegen zu hoher Produktionskosten; Verkauf der Betriebsmittel zur Verbesserung des Unternehmensergebnisses; Übernahme zum Zwecke der Sanierung). Eine Rechtfertigung der Entscheidung ist insoweit ebenso wenig geboten wie die Vorlage betriebswirtschaftlicher Zahlen, Prognosen, unternehmensinterner Kalkulationen oder Ergebnissen von Gutachten etc. 406 . Für die Auswahl des tragenden Beweggrundes kann es nur auf die Sichtweise von Betriebsveräußerer und Erwerber ankommen. Sie legen im Rahmen einer subjektiven Determination fest, welchen Gesichtspunkt sie jeweils als ausschlaggebend fiir ihren Entschluss zur Übertragung oder Übernahme der betroffenen Einheit ansehen und damit zum Gegenstand der Unterrichtung machen wollen. Diese Beschränkung wird durch die Gesetzesfassung von § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB bestätigt, wo nur die Angabe des Grundes, nicht der Gründe ftir den Übergang verlangt wird. Auch Art. 7 Abs. 6 2. Spstr. RL 2001/23/EG geht von einer Mitteilung nur der tragenden Erwägung gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern aus 407 .

d)

Angabe der rechtsgeschäftliehen Grundlage der Transaktion

Möglicherweise verlangt § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB überdies die Angabe der rechtsgeschäftliehen Grundlage der Betriebsübertragung. Gemeinschaftsrechtlich geboten ist dies, wie gezeigt, nicht. In Anbetracht fehlender Interpretationshilfen aus der Betriebsübergangsrichtlinie und des offenen Wortlauts von § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB muss auf den Unterrichtungszweck zurückgegriffen werden. Hierbei ergibt sich, dass nicht generell ersichtlich ist, welche Bedeutung einer Kenntnis der Art der Übertragung (z.B. Umwandlung) fiir die Widerspruchsentscheidung zukommen soll, zumal etwaige unterschiedliche haftungsrechtliche Konsequenzen von der Beschreibung der Folgen des Übergangs gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB erfasst sind408 • Zwar sind Fälle denkbar, in denen mit der 406 So auch B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 14; Franzen, RdA 2002, 258, 265; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 635; Grobys, BB 2002, 726, 728; Krügermeyer-Kaltho.ff!Reuters-han, MDR 2003, 541, 543; Nehls, NZA 2003, 822, 824; Warmbein, DZWIR 2003, II, 12. 407 Die englische Fassung von Art. 7 Abs. I und 6 RL 200 1/23/EG differenziert in diesem Zusammenhang sogar ausdrUcklieh zwischen den unterschiedlichen Adressaten der Unterrichtung. Während im Hinblick auf die Information der Arbeitnehmervertreter von Informationen betreffend "reasons for the transfer" die Rede ist, wird in Bezug auf die Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer lediglich von "reason ofthe transfer" gesprochen. 408 Dazu noch unter III. 3. a) dd) (2).

137

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Angabe der vertraglichen Grundlage der Übertragung zumindest die Andeutung verbunden ist, dass Übergang des Betriebs und damit der Arbeitsverhältnisse nur auf Zeit erfolgt (Bsp.: Betriebspacht oder Leasing der Betriebsmittel). Offen bliebe aber bei Zugang der Mitteilungen, ob und zu welchem Zeitpunkt der Betrieb wieder auf den bisherigen Arbeitgeber zurückfällt409. Ein generelles Informationsinteresse in Bezug auf das der Betriebsübertragung zugrunde liegende Kausalgeschäft ergibt sich auch nicht notwendig unter dem Gesichtspunkt der den Arbeitnehmern verbleibenden Haftungsgrundlage410. Es ist zwar möglich, dass den übergehenden Arbeitnehmern, wenn der Betrieb beispielsweise im Rahmen einer Verschmelzung übergeht, in folge der Vermögensübertragung auf einen bestehenden Rechtsträger mehr haftendes Vermögen zur Verfügung steht. Zwingend ist dies indessen nicht, z.B. bei Verschmelzung auf eine sanierungsbedürftige Obergesellschaft. Mehr als Mutmaßungen erlaubte die Angabe der Art der Übertragung insoweit wohl nicht. Es liegt daher insgesamt nahe, die Mitteilung der rechtsgeschäftliehen Grundlage des Übergangs in das Ermessen der Unterrichtungsschuldner zu stellen. Eine diesbezügliche Darstellungspflicht gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB ist hingegen nicht anzuerkennen.

3.

Ergebnis

Unter dem Grund für den Übergang im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB ist der jeweils tragende Beweggrund für die Übertragung und die Übernahme des Betriebs- bzw. Betriebsteils zu verstehen. Maßgebend ist die Anschauung der beteiligten Rechtsträger (subjektive Determination). Es genügt eine schlagwortartige Angabe der wichtigsten betriebswirtschaftlichen, strategischen oder organisatorischen Überlegung. Optional sind zusätzliche Angaben zu der Art des Übertragungsvertrags.

409 Die vertragsgemäße Rückgabe eines verpachteten Betriebs an den Verpächter stellt entgegen früherer Rechtsprechung (vgl. BAG v. 27.4.1995, AP Nr. 128 zu§ 613a BGB) nicht automatisch einen Betriebsübergang dar; BAG v. 18.3.1999, AP Nr. 189 zu§ 613a BGB (LS und unter Il3). Zu einem Betriebsübergang kommt es nur, wenn der Verpächter den Betrieb identitätswahrend fortführt; vgl. ErfK.omm-Preis, § 613a BGB Rn. 54; Schiefer, NZA 1998, I 095, II 02 f. Auf einen potenziell erneuten Betriebsübergang in der Zukunft erstreckt sich die Unterrichtung grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rücküberleitung der Arbeitsverhältnisse durch Betriebsübergang oder eine anderweitige Übertragung der erworbenen Einheit im lnformationszeitpunkt bereits konkret geplant ist. Dies ist sodann gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB anzusprechen. 410 A.A. Menze, Widerspruchsrecht, S. 59.

138

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 6 13a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

111.

Angaben zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer sowie zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen (§ 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB)

Gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB muss die Unterrichtung auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen eingehen. 1.

Unmittelbare und mittelbare Auswirkungen des Übergangs für die Arbeitnehmer als Gegenstand der Information nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB

a)

Problemstellung

Den Informationstatbeständen von § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB ist gemeinsam, dass sie sich auf die Auswirkungen des Übergangs für die Arbeitnehmer beziehen. Die Zusammenhänge verdeutlicht folgendes Beispiel: (I) Zur Erzielung von Synergien werden im Konzern rechtsträgerübergreifend Produktionseinheiten zusammengefasst. Hierdurch entfallen Arbeitsplätze in den betroffenen Betrieben. Es ist ein Personalabbau geplant.

Nicht nur in diesem Fall bereitet die Klärung der Frage, ob es sich um Folgen des Übergangs (hier: Wegfall der Arbeitsplätze) und/oder um hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen (Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen) im Sinne der Nummer 3 bzw. 4 des § 613a Abs. 5 BGB handelt, erhebliche Schwierigkeiten. Diese gehen auf das gemeinschaftsrechtliche Vorbild der Norm, Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG, und das hierin angelegte weite Verständnis des Begriffs der Maßnahmen zurück411. Folgen und Maßnahmen sind entsprechend dem Wortlaut von § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB dort, wo Arbeitgebermaßnahmen der Bewältigung bzw. Gestaltung von unmittelbaren Auswirkungen des Übergangs dienen, kaum trennscharf voneinander abgrenzbar412 . Entschärft wird dieses Problem aber dadurch, dass es ftir die Frage der Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Unterrichtung nicht darauf ankommt, welche - vorhandenen - Angaben in dem Informationsschreiben welchen Regelungstatbeständen von § 613a Abs. 5 BGB im Einzelnen zuzuordnen sind.

411 S. unten 4. a). 412 Vgl. den Hinweis auf Überschneidungen bei WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 231; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163.

139

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Eine nähere Analyse des Beziehungszusammenhangs von§ 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BOB und eine Abgrenzung zu gegebenenfalls nicht mehr darstellungspflichtigen entfernteren Folgewirkungen des Übergangs ist jedoch dann unvermeidlich, wenn es um eine Einordnung mehr oder minder lose mit der Übertragung zusammenhängenden Auswirkungen fiir die Beschäftigten geht. Hierzu folgende Beispiele:

(2) Der Erwerber kauft die wesentlichen Betriebsmittel zur Nutzung an seinem Firmensitz. Die Arbeitnehmer sollen übernommen und zur Tätigkeit an dem neuen Standort angewiesen werden. Für sie ergeben sich im Durchschnitt erheblich weitere Anfahrtswege und hieraus resultierend spürbar höhere Fahrtkosten. (3) Der bisherige Arbeitgeber verfügt nach der Betriebsveräußerung über keine Arbeitsplätze mehr. Widersprechenden Arbeitnehmern soll gekündigt werden. (4) Der bisherige Betriebsinhaber plant seit längerem die Einstellung einer Produktlinie. Hierdurch würden Arbeitsplätze entfallen. Den betroffenen Beschäftigten soll gekündigt werden. Angesichts der sich hinziehenden Verhandlungen über die Betriebsveräußerung wird die Absicht nicht weiter verfolgt. DerErwerber möchte die Planungen nunmehr nach Vollzug des Übergangs verwirklichen. Während sich die Belastungen fiir die Arbeitnehmer in Beispiel 2 zumindest begrifflich noch als Folge des Übergangs fassen lassen, ist dies in den anderen Fällen problematisch. In Beispiel 3 ergeben sich Auswirkungen des Übergangs fiir die Arbeitnehmer erst infolge der Zwischenursache des Widerspruchs. In Beispiel 4 bestehen keine näheren Zusammenhänge zwischen der Reorganisationsentscheidung des Erwerbers und der Betriebsübemahme, da der Veräußerer die Planungen ebenso hätte realisieren können. Verlangt man, dass hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BOB zumindest auf einem planerischen Gesamtkonzept mit dem Betriebsübergang beruhen müssen, so schiede eine Mitteilungspflicht aus. Den genannten Beispielen ist gemeinsam, dass sie die Frage betreffen, wie eng der Kausalzusammenhang zwischen dem Übergang und dessen Folgewirkungen beschaffen sein muss, um eine Darstellungspflicht gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BOB zu begründen. Es wurde bereits angesprochen, dass im Umwandlungsrecht bei sehr ähnlichem Gesetzeswortlaut ein erbitterter Meinungssstreit in Bezug auf die Reichweite arbeitsrechtlicher Vertragsan-

140

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

gaben geführt wird413 . Es sind flir § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB zu Recht parallele Auslegungsschwierigkeiten gesehen worden414 • In der Literatur sind bislang allerdings keine Ansätze ersichtlich, die flir § 613aAbs. 5 Nr. 3, 4 BGB relevante und irrelevante Primär- und Sekundärfolgen des Übergangs nach einem übergeordneten Konzept unterscheiden. Dabei zeigt die umwandlungsrechtliche Diskussion, dass unter unmittelbaren und mittelbaren Folgen des Übergangs nicht selten vollkommen Gegensätzliches verstanden wird 415 . Eine Analyse der Reichweite der Darstellungspflicht gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB muss folglich zunächst bei einer grundsätzlichen Systematisierung von arbeitnehmerbezogenen Folgen des Übergangs ansetzen. b)

Systematisierung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des Übergangs für die Arbeitnehmer und Zuordnung zu den Tatbeständen des § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB

Die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen von Betriebsübergängen für die Arbeitnehmer lassen sich unter Beachtung der von dem Gesetzgeber in § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB gewählten Unterscheidung von "Folgen" und "in Aussicht genommenen Maßnahmen" wie folgt grundsätzlich systematisieren und den genannten Informationstatbeständen zuordnen. aa)

Primärfolgenkraft unmittelbaren rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhangs

Unter Primärfolgen kraft unmittelbaren rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhangs sind solche Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer zu verstehen, die sich im Wege schlichter Subsumtion unter die maßgebenden gesetzlichen Vorschriften bzw. durch einen einfachen Vergleich der tatsächlichen Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer unmittelbar vor und nach dem 413 Oben B. III. 3. b). 414 Entsprechende Stellungnahmen finden sich bereits im Gesetzgebungsverfahren, s. den Änderungsantrag sowie den Gesetzesentwurf der FDP-Fraktion auf BT-Drucks. 14/8144 (S. 4) bzw. BT-Drucks. 14/8496 (S. 4). Vgl. im Übrigen etwa WHSSWillemsen, Umstrukturierung, G Rn. 230; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163. 415 So wird beispielsweise eine Betriebsstättenverlegung im Zuge der Umwandlung und damit verbundene Änderung der Anfahrtswege bisweilen als unmittelbare Folge der Umwandlung (vgl. Danko/Heckschen/Plesterninks, Umstrukturierung, Rn. 123), bisweilen aber auch als weit entfernte mittelbare Auswirkung (Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 5 Rn. 50) charakterisie1i. Eine wegweisende abstrakte Systematisierung der möglichen Umwandlungsfolgen findet sich allerdings bei Willemsen, RdA 1998, 23, 25 ff. Die dort getroffenen Unterscheidungen können für die hier interessierende Problematikjedenfalls tenninologisch fruchtbar gemacht werden.

141

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Übergang im Sinne von§ 613a BOB in rechtlicher, wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht ermitteln lassen416 • Hierbei ist, vor allem in Abgrenzung zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen, entscheidend, dass die Betroffenheit der Arbeitnehmer auf dem Übergang als solchem beruht und nicht erst durch eine weitere Entscheidung der Arbeitgeberparteien vermittelt wird 417 • Derartige Primärfolgen unterfallen ausschließlich der Bestimmung des § 613a Abs. 5 Nr. 3 BOB. Dies ergibt sich aus dem Normwortlaut und den Gesetzesmaterialien. Ausweislich der Regierungsbegründung sollen sich die rechtlichen Folgen des Übergangs insbesondere den Vorschriften des § 613a Abs. I bis 4 BOB unmittelbar entnehmen lassen 418 . Eine Einschlägigkeil von§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BOB kommt deswegen nicht in Betracht, weil das Treffen von "Maßnahmen" rechtslogisch das Bestehen eines Gestaltungsspielraums für den Arbeitgeber voraussetzt. Dies ist aber angesichts des prinzipiell zwingenden Charakters der Bestimmungen des § 613a BOB im Bereich der unmittelbaren Folgen des Übergangs nicht der Fall. bb)

Primärfolgenkraft unmittelbaren Planungszusammenhangs

Primärfolgen kraft unmittelbaren Planungszusammenhangs sind solche Auswirkungen des Übergangs für die Arbeitnehmer, die sich zwar erst aus einer im Zeitpunkt der Unterrichtung bereits definitiven weiteren Entscheidung eines oder beider an dem Übergang beteiligten Rechtsträger ergeben, die aber ihrerseits unmittelbar auf dem auch der Betriebsübertragung zugrunde liegenden planerischen Gesamtkonzept beruht und daher mit dem gesamten Übertragungsvorgang eng verknüpft ist419 • Hierbei geht es vor allem um Entscheidungen, die notwendigerweise schon vor dem Übergang getroffen werden müssen, um das mit dem Betriebsinhaberwechsel verfolgte 416 Sofern die Unterrichtung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben vor dem Übergang erfolgt, kommt es insoweit auf eine Prognose an. 417 V gl. zu einem ähnlichen Begriffsverständnis der "Folgen" im Umwandlungsrecht B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 29 Rn. 21; Wil/emsen, RdA 1998, 23, 27 ("arbeitsrechtliche Pflichtangabenkraft rechtlichen Zusammenhangs"). 418 BI-Drucks. 14/7760, S. 19. 419 Zur Erläuterung der Anforderungen an den engen planerischen Zusammenhang sei auf die Rechtslage bei § 111 BetrVG verwiesen. Hier wird vom Vorliegen einer einheitlichen Betriebsänderung ausgegangen, wenn etwa bei einem sukzessiven Personalabbau die einzelnen Schritte auf ein und dem selben Planungssachverhalt beruhen und ein innerer Zusammenhang besteht; vgl. BAG v. 6.6.1978, BB 1978, 1362; v. 22.5.1979, AP Nr. 4 zu § 111 BetrVG 1972 (unter B II I d); RichardiRichardi!Annuß, BetrVG, § II! Rn. 75; DLW-Wi/dschütz, HdB. Arbeitsrecht, I Rn. 1789; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, li Rn. 61; Baeck!Diller, NZA 1997,689,691 f.; Hjort, NJW 1999,750,753.

142

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

primäre Ziel überhaupt realisieren zu können420 . Deren Folgen erscheinen daher als Folgen des Übergangs selbst. Als Beispiel mögen die oben unter (I) oder unter (2) geschilderten Konstellationen gelten. In Beispiel (I) lassen sich die mit der Betriebsübernahme erstrebten Synergien nur durch den Personalabbau realisieren. Diesbezügliche Planungen sind daher über ein Konzept untrennbar mit dem Betriebsübertragungsvorgang verbunden. Ähnliches gilt flir Beispiel (2). Hier ist die mit dem Übergang einhergehende Betriebsstättenverlegung notwendige Bedingung daflir, dass die erworbenen "assets" überhaupt nach der Intention des neuen Inhabers genutzt werden können. Bei dem Personalabbau wie auch bei der Anweisung eines neuen Tätigkeitsorts und den damit verbundenen Auswirkungen flir die Beschäftigten handelt es sich mithin um Primärfolgen kraft unmittelbaren Planungszusammenhangs421 flir die Arbeitnehmer. Die genannten Primärfolgen müssen stets unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Folgen des Übergangs bzw. der hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen angesprochen werden. Soweit sich Überschneidungen ergeben, ist eine genauere Zuordnung zu dem Tatbestand der Nr. 3 oder Nr. 4 des § 613a Abs. 5 BOB entbehrlich. Dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer ist im Regelfall genügt, soweit die betreffenden Auswirkungen des Übergangs nur überhaupt angesprochen werden (s. Beispiel (2): Zuweisung eines neuen -zu benennenden- Tätigkeitsorts nach dem Übergang 422 ). Eine Einbeziehung der Primärfolgen kraft unmittelbaren Planungszusammenhangs in die Regelung des § 613a Abs. 5 Nr. 3 BOB rechtfertigt sich daraus, dass der Betriebsübergang und die Folgen flir die Arbeitnehmer über das hinter der Übertragung der wirtschaftlichen Einheit stehende Konzept zu

420 Zur Behandlung vergleichbarer Folgen in Verschmelzungs- und Spaltungsverträgen s. Willemsen, RdA 1998, 23, 27 ("arbeitsrechtliche Pflichtangaben kraft direkten Sachzusammenhangs"). 421 Anders wäre es zu beurteilen, wenn in Beispiel (1) ein Personalabbau unabhängig von Synergien durch die Übemahme oder in Beispiel (2) eine Betriebsverlegung erst ftir einen späteren Zeitpunkt nach dem Übergang geplant wäre. Dann könnte von einem engen planerischen Gesamtzusammenhang nicht gesprochen werden. Geht es nur um weitergehende Planungen, beispielsweise um spätere Rationalisierungen zur Verbesserung des Betriebsergebnisses nach dem Übergang, so handelt es sich nicht mehr um Primär-, sondem um Sekundärfolgen des Übergangs. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB ist dann nicht einschlägig. Es kommt eine Mitteilungspflicht nach Nummer 4 in Betracht (s. unten). 422 S. dazu noch 3. b) aa).

143

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

einer untrennbaren Einheit verknüpft sind423 • Es besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang, der in seiner Intensität der Kausalbeziehung bei den im vorstehenden Abschnitt erörterten Primärfolgen kraft unmittelbaren rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhangs trotz des Dazwischentretens einer Umsetzungsentscheidung des Arbeitgebers als folgenvermittelnde Ursache vergleichbar ist. Unter § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB können die Primärfolgenkraft unmittelbaren Planungszusammenhangs deswegen gefasst werden, weil der betreffende Rechtsträger hier, wie von der Gesetzesterminologie vorausgesetzt, aufgrund einer bereits bestehenden Planung gestaltend auf die Arbeitsbedingungen einwirkt bzw. einwirken will. Zwar ergeben sich insoweit Überschneidungen zwischen den Informationstatbeständen von § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB. Eine fehlende randscharfe Trennung ist jedoch unschädlich. Denn nach der hier vertretenen Auffassung sind ohnehin alle erheblichen Primärfolgen des Übergangs fiir die Arbeitnehmer zu den Mindestinhalten der Unterrichtung zu zählen424 • Im Übrigen schließt die Darstellung der in Aussicht genommenen Maßnahmen gemäߧ 613aAbs. 5 Nr. 4 BGB Angaben zu deren Auswirkungen in rechtlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht ohnehin mit ein 425 . cc)

Sekundärfolgen in weiterem Planungszusammenhang

Unter Sekundärfolgen in weiterem Planungszusammenhang sind solche mittelbaren Auswirkungen des Übergangs flir die Arbeitnehmer zu fassen, die auf weiteren Planungen der Arbeitgeberparteien hinsichtlich der Arbeitnehmer beruhen (sollen). Hierbei muss ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Übergang bzw. der Unterrichtung über den Übergang bestehen. Dieser wird dadurch hergestellt, dass die betreffenden Maßnahmen im Zeitpunkt der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB bereits konkret in Aussicht genommen sein müssen426 • Eine bloße Absehbarkeit oder gar Wahrscheinlichkeit von Maßnahmen und ihren Folgen genügt nicht. Als Beispiel fiir Sekundärfolgen in diesem Sinne seien Auswirkungen fiir die Arbeitnehmer genannt, die sich 423 In der Sache ebenso WHSS- Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 231; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1163. Dort wird allerdings abweichend von der hier verwandten Terminologie von "Sekundärfolgen" gesprochen. 424 Auch hier gelten allerdings die sich aus dem Zweckzusammenhang von Unterrichtung und Widerspruchsrecht ergebenden allgemeinen Grenzen fiir die Reichweite der Angaben. Primärfolgen, die als für die Widerspruchsentscheidung irrelevant angesehen werden können, müssen grundsätzlich nicht mitgeteilt werden; vgl. oben B. II. 2 b). 425 S. unten 4. a). 426 Zur Auslegung dieses Merkmals noch unter 4. b).

144

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BOB

aufgrund von geplanten Strukturanpassungeil nach dem Übergang ergeben (Folgenbewältigungsmaßnahmen427 , z.B. Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen bei dem aufnehmenden Rechtsträger, Betriebsänderungen), ohne dass die diesbezüglichen Entscheidungen eng in ein einheitliches Gesamtkonzept mit der Betriebsübernahme verwoben sind. Die Gesetzesbegründung nennt ausdrücklich Weiterbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit geplanten Produktionsumstellungen oder Umstrukturierungen sowie andere Maßnahmen, die die berufliche Entwicklung der Arbeitnehmer betreffen428 • Sekundärfolgen in weiterem Planungszusammenhang sind überdies in Beispiel (3) mit der geplanten Kündigung widersprechender Arbeitnehmer durch den Veräußerer angesprochen. Hinsichtlich der Einordnung der hier behandelten Sekundärfolgen hat zu gelten, dass diese ebenfalls § 613a Abs. 5 BGB unterfallen. Nicht einschlägig ist allerdings der Tatbestand der Nummer 3, weil nach der Gesetzessystematik bloß mittelbare Auswirkungen des Übergangs für die Arbeitnehmer nicht unter den Begriff der Folgen gefasst werden können 429 . Wenn sich nämlich, wie dargestellt und gemeinhin angenommen, die rechtlichen Folgen des Übergangs unmittelbar aus den maßgebenden gesetzlichen Vorschriften ableiten lassen müssen, so können unter den ebenfalls in Nummer 3 genannten wirtschaftlichen und sozialen Folgen konsequenterweise nicht auch weiter gehende mittelbare Auswirkungen verstanden werden. Dem Gesetz ist nämlich kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass die einzelnen Varianten der Folgen im Sinne von§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB hinsichtlich ihrer Reichweite inkongruent ausgelegt werden sollen. Daher muss in Bezug auf Sekundärfolgen in weiterem Planungszusammenhang jedenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt des § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB eingegangen werden. Einschlägig ist hingegen § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB 430 . Hierfür sprechen der weite Wortlaut der Norm und systematische Gründe. So wäre der Tatbestand 427 Vgl. Boecken, Untemehmensumwandlungen, Rn. 320. 428 Vgl. BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 429 A.A. offenbar BTM-Trittin, KSchG, § 613a BOB Rn. 175 sowie ders., BKMT, Arbeitsrecht bei Unternehmensumwandlung, F Rn.83: mittel- und langfristige Planungen als "soziale Folgen". 430 Insofern muss beachtet werden, dass nach der gemeinschaftsrechtlichen Definition des Maßnahmebegriffs, der die Auslegung von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BOB zu entsprechen hat, auch im Rahmen des Unterrichtungstatbestandes der Nummer 4 aufwesentliche Änderungen der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der Arbeitnehmer eingegangen werden muss; s. unten 4. a). Die Tatsache, dass Sekundärfolgen dem Unterrichtungstatbestand des§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BOB nicht unterfallen, macht sich hinsichtlich der Reichweite der geschuldeten Angaben folglich nur dann praktisch bemerkbar, wenn die Voraussetzungen einer Darstellungspflicht nach Nr. 4

145

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

der Nummer 4 des§ 613aAbs. 5 BGB bei einer generellen Verneinung einer Unterrichtungspflicht bezüglich mittelbarer Folgen des Übergangs weitgehend überflüssig. Denn angesichts der festgestellten Überschneidungen von "Folgen" und "Maßnahmen" bei der Information über Primärfolgen des Übergangs verbleibt für Nummer 4 weitgehend nur in Bezug auf Sekundärfolgen ein eigenständiger Anwendungsbereich 431 . Im Übrigen ist deren Einbeziehung in den Pflichtkanon der Unterrichtung, soweit die Sekundärfolgen auf einer im Zeitpunkt der Unterrichtung bereits in Aussicht genommenen Entscheidung beruhen, auch deswegen geboten, weil es den von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmern hierdurch im Einklang mit dem Zweck von § 613a Abs. 5 BGB ermöglicht wird, die sich für ihr Arbeitsverhältnis ergebenden Perspektiven im Hinblick auf die Widerspruchsentscheidung besser einzuschätzen. Aus diesem Grunde müssen in dem obigen Beispiel (4) die von dem Erwerber in Aussicht genommenen Entlassungen mitgeteilt werden. Auf die Tatsache, dass die Betriebsübernahme und die geplante Personalreduzierung nicht in einem näheren sachlichen oder konzeptionellen Zusammenhang stehen, kommt es nicht an. Diese erweiternde Auslegung von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB entspricht europäischem Recht. Gemäß Art. 7 Abs. 6 4. Spstr. RL 2001/23/EG ist eine Mitteilungspflicht zu in Aussicht genommenen Maßnahmen nicht an das Bestehen eines sachlichen Zusammenhangs zwischen den Arbeitgeberplanungen hinsichtlich der Arbeitnehmer einerseits und der Betriebsübertragung andererseits, sondern (nur) daran geknüpft, dass die Maßnahmen im Zuge des Inhaberwechsels vorgenommen werden432 . Notwendige und zugleich hinreichende Bedingung für die Einschlägigkeit von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB ist es daher, wenn Maßnahmen nicht vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn noch keine Maßnahmen in Aussicht genommen sind, sondern diese nur absehbar, möglich oder auch wahrscheinlich sind. Bsp.: Wäre in dem obigen Beispiel (2) nach den weiteren Planungen des Erwerbers im Zeitpunkt der Unterrichtung für die Zukunft eine Betriebsverlegung mit erheblichen Auswirkungen für die Arbeitnehmer in Aussicht genommen, dann wären hierzu Angaben gemäߧ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB erforderlich. Besteht hingegen nur die Möglichkeit, dass nach der Betriebsübernahme später eine Betriebsstättenverlegung notwendig wird, ohne dass diesbezüglich bereits konkrete Planungen existieren, dann besteht eine Mitteilungspflicht weder nach Nr. 3 noch nach Nr. 4 des § 613a Abs. 5 BGB. 431 Die hier dargestellten Erwägungen sind auf das Verhältnis der Folgen und der hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen im Sinne von Art. 7 Abs. 6 3. und 4. Spstr. RL 2001123/EG übertragbar. Unzutreffend daher Hjort, NJW 1999, 750, 753 f., der offenbar davon ausgeht, dass der Begriff der Folgen alle denkbaren relevanten Auswirkungen erfasst. Bei diesem Verständnis wäre der Tatbestand der Maßnahmen vollkommen funktionslos. 432 S. Oetker, EAS B 8300 Rn. 322.

146

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB

hinsichtlich der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Unterrichtung bereits in Aussicht genommen sind und deswegen von einem weiteren Planungszusammenhang mit dem Betriebsübergang gesprochen werden kann433 •

dd)

Sonstige Sekundärfolgen

Es verbleiben sonstige Sekundärfolgen. Hierunter sind mittelbare Auswirkungen des Betriebsinhaberwechsels fiir die Arbeitnehmer zu verstehen, die nicht auf einem einheitlichen planensehen Gesamtzusammenhang mit der Betriebsübertragung oder auf einer im Zeitpunkt der Unterrichtung bereits konkret in Aussicht genommenen Maßnahme beruhen. Dies betrifft in erster Linie nur absehbare, mögliche oder bloß wahrscheinliche zukünftige Änderungen der personellen oder organisatorischen Strukturen bei dem Betriebsnachfolger (z.B. Personaleinsparungspotenziale ohne konkrete Planungen hinsichtlich ihrer Realisierung; bloße Ablösungsmöglichkeit gemäß § 613a Abs. 1 S. 3 BGB von nach Satz 2 zunächst als Individualrecht fortgeltenden Arbeitsbedingungen434 ). Sonstige Sekundärfolgen sind nicht Gegenstand der Informationspflicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB. Dies ergibt sich in Bezug auf die nach Nr. 3 geschuldeten Angaben zu den Folgen unmittelbar aus den vorstehend geschilderten Überlegungen. Gerade im Bereich der hier in Rede stehenden Sekundärfolgen fehlt es nämlich an dem von§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB geforderten engen Kausalzusammenhang mit dem Übergang. Im Übrigen kann angesichts der Finalität des Begriffs der Folgen aus terminologischen Gründen nicht über Umstände zu unterrichten sein, deren Eintritt aufgrund einer fehlenden Planung im Zeitpunkt der Unterrichtung ungewiss ist. Auch § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB ist nicht einschlägig. Insoweit ergibt sich schon aus dem Wortlaut, dass Angaben nur dann gemacht werden müssen, wenn Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer im Unterrichtungszeit-

433 Ähnlich Huke, Unterrichtung, S. 90. Vgl. auch Menze, Widerspruchsrecht, S. 62 f. ft.ir die Rechtslage vor Einfiihrung von§ 613a Abs. 5 BGB. 434 Eine Ablösung als Individualrecht fortgeltender Arbeitsbedingungen ist auch durch eine bei dem Erwerber geltende, erst nachträglich abgeschlossene Kollektivvereinbarung möglich; allg. Ansicht, s. BAG v. 19.3.1986, v. 20.4.1994, AP Nr. 49 (LS), Nr. 108 zu § 613a BGB (unter IV 2 c aa); v. 16.5.1995, AP Nr. 15 zu § 4 TVG Ordnungsprinzip (unter II 2 b); ErfK.omm-Preis, § 613a BGB Rn. 121; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 87 jeweils m.w.N.

147

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

punkt auch tatsächlich bereits (konkret) in Aussicht genommen worden sind. Eine Pflicht zur Offenbarung von Vorüberlegungen besteht folglich nicht435 . Die Ausklammerung sonstiger Sekundärfolgen aus dem Kreis der gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB mitteilungspflichtigen Inhalte hält einer teleologischen Auslegung stand. Von der Ermöglichung einer informierten Entscheidung über den Widerspruch kann nämlich nicht die Rede sein, wenn die Unterrichtungsschuldner zu ins Spekulative abgleitenden Angaben, zur Darstellung von Eventualitäten oder Vermutungen gezwungen wären436 . Dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer wäre mit Mitteilungen wie "es kann nicht ausgeschlossen werden, dass( ... )" oder "es muss für die weitere Folgezeit möglicherweise gerechnet werden mit ( ... )" nicht gedient, zumal keinerlei Richtigkeitsgewähr entsprechend dem Planungshorizont der Arbeitgeberparteien im Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilungen bestünde. Zur Vermeidung einer konturlosen Globalinformationspflicht hinsichtlich sonstiger Sekundärfolgen des Übergangs räumt § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB den Unterrichtungsschuldnern folglich im Einklang mit Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG das Recht ein, die Information entsprechend der Reichweite tatsächlich existierender konkreter Planungen zu beschränken.

c)

Zusammenfassende Übersicht

Zusammengefasst stellt sich die hier vorgenommene Systematisierung der Primär- und Sekundärfolgen des Übergangs sowie deren Zuordnung zu den Unterrichtungstatbeständen des § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB wie folgt dar437:

435 In diesem Sinne auch ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 338; G.Picot-Picot/Schnitker, Untemehmenskauf, Ill Rn. 73; Menze, Widerspruchsrecht, S. 62 (zur bisherigen Rechtslage). 436 Ebenso Krügermeyer-Kalthoff/Reutershan, MDR 2003, 541, 543. 437 V gl. für das Umwandlungsrecht die Darstellung von Willemsen, RdA 1998, 23, 29.

148

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

Primärfolgen Kraft unmittelbaren rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhangs • Folgen flir die Arbeitnehmer, die auf dem Übergang als solchem beruhen und sich daher im Wege schlichter Subsumtion bzw. durch einen Vergleich der Arbeitsbedingungen unmittelbar vor und nach dem Übergang in rechtlicher. wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht ermitteln lassen (Bsp.: Tarifablösung gern. § 613a Abs. I S. 3 BGB) • Darstellungspflicht gemäߧ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB

Kraft unmittelbaren Planungszusammenhangs • Folgen flir die Arbeitnehmer, die sich aus definitiver Entscheidung des bisherigen oder neuen Betriebsinhabers ergeben, die ihrerseits unmittelbar auf dem der Betriebsübertragung zugrundeliegenden einheitlichen Gesamtkonzept beruht (Bsp.: Betriebsverlegung im Zuge des Erwerbs der "assets") • Darstellungspflicht gemäߧ 613a Abs. 5 Nr. 3 bzw. Nr. 4 BGB

Sekundärfolgen In weiterem Planungszusammenhang • mittelbare Auswirkungen fur die Arbeitnehmer, die sich infolge weiterer Planungen des bisherigen oder neuen Betriebsinhabers ergeben (Bsp.: Kündigungen wegen geplanter Betriebseinschränkung) • Darstellungspflicht gemäߧ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB, wenn Maßnahmen im Zeitpunkt der Unterrichtung bereits konkret "in Aussicht genommen" sind

Sonstige •

mittelbare Auswirkungen flir die Arbeitnehmer, die nicht auf einer Entscheidung in Planungseinheit mit dem Übergang oder auf seitens des/der beteiligten Rechtsträger bereits konkret in Aussicht genommenen Maßnahmen beruhen (Bsp.: bloß mögliche Versetzungen wegen denkbarer zukünftiger Zusammenlegung von Abteilungen; spätere Ablösungsmöglichkeit gem. § 613a Abs. 3 S. I BGB)

• keine Darstellungspflicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB

149

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

2.

Nachteilige und nicht nachteilige Auswirkungen des Übergangs als Gegenstand der Unterrichtung

Für die Tatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 3 und 4 BGB stellt sich gleichermaßen die Frage, ob nur solche Auswirkungen des Übergangs angesprochen werden müssen, die für die Arbeitnehmer objektiv nachteilig sind438 • Einer dementsprechenden Begrenzung des Unterrichtungsinhaltes nach § 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB stehen Wortlaut und Zweck der Norm entgegen. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB spricht von Folgen, nicht von Nachteilen des Übergangs für die Arbeitnehmer. Auch der Begriff der Maßnahmen im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB ist insoweit neutral. Zudem setzt eine informierte Entscheidung pro/contra Arbeitgeberwechsel auch die Kenntnis von einer Verbesserung der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen der Tätigkeit voraus. Insofern sind objektiv positive (erhebliche) Auswirkungen des Übergangs des Vertragsverhältnisses auf den Betriebsnachfolger nicht minder unterrichtungsrelevant als negative Folgen. Eine Bewertung der Folgen als günstig oder ungünstig (z.B. Tarifvergleich) verlangt§ 613aAbs. 5 BGB allerdings nicht439 •

3.

Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB im Einzelnen

Für die Informationsrelevanz einzelner (typischer) Auswirkungen des Übergangs ftir die Arbeitnehmer im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gilt nunmehr Folgendes, wobei die Zuordnung zu den rechtlichen, den wirtschaftlichen oder den sozialen Folgen auf einer Schwerpunktbetrachtung beruht44o.

438 Z.B. Hinweispflicht auf Nichtanwendbarkeit des KSchG im aufnehmenden Betriebnicht hingegen auf erstmalige Anwendbarkeit, etwa bei Überschreiten des Schwellenwertes des § 23 Abs. I S. 2 KSchG, nach dem Übergang? 439 Ebenso Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2041. 440 Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen lassen sich nämlich nicht immer begrifflich eindeutig trennen. So enthält z.B. die Frage nach der Kontinuität der Arbeitsbedingungen neben einer rechtlichen auch eine wirtschaftliche Komponente. Der Eintritt des Erwerbers in Sozialleistungen mit Entgeltcharakter ist sogar rechtlich, wirtschaftlich und sozial von Bedeutung. Dass nähere Differenzierungen insoweit im Rahmen von§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB schwerlich möglich sind, ist unschädlich, weil es sich um einen einheitlichen Informationstatbestand zu den Primärfolgen des Übergangs für die Arbeitnehmer handelt. Soweit hier gleichwohl eine Einordnung unter rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen vorgenommen wird, dient dies vor allem der besseren Übersichtlichkeit der Darstellung.

150

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

a)

Rechtliche Folgen des Übergangs im Einzelnen(§ 613a Abs. 5 Nr. 3 1. Fall BGB)

aa)

Angaben zum Eintritt des neuen Betriebsinhabers in die bestehenden Arbeitsverhältnisse

Gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 i. V.m Abs. I S. 1 BGB ist den Arbeitnehmern mitzuteilen, dass die Arbeitsverhältnisse mit allen bestehenden Rechten und Pflichten auf den neuen Betriebsinhaber übergehen und dieser damit neuer Vertragspartner der Arbeitnehmer wird. Hierbei muss der übernehmende Rechtsträger identifiziert werden (Name einschließlich Rechtsform, Anschrift)441 • Die von der Überleitung gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB erfassten arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten müssen, wie schon dargelegt, nicht im Einzelnen aufgelistet werden442 • Besonderheiten gelten für atypische Auswirkungen des Übergangs auf einzelne wesentliche Vertragsbedingungen, z.B. unternehmensspezifische Vergütungsregelungen443 • Ein näheres Eingehen auf einzelne Aspekte des Vertragspartnerwechsels (z.B. Befugnis des Erwerbers zur Ausübung von Gestaltungsrechten, Übergang des Direktionsrechts, Eintritt in betriebliche Übungen)444 liegt im Ermessen der Unterrichtungsschuldner. Die Norm des § 613a BGB muss (ebenso wie andere einschlägige gesetzliche Vorschriften) in dem Informationsschreiben nicht wiedergegeben werden.

441 ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 85; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 54; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162. Angesichts der nunmehr in der Rechtsprechung ausdrücklich anerkannten (BGH v. 29.1.2001, NJW 2001, 1056 ff.) Teilrechtsfahigkeit der GbR müssen als neue Vertragspartei nicht die einzelnen Gesellschafter mit Name und Anschrift angegeben werden. Die Gesellschaft wird mit dem Übergang selbst Arbeitgeber; vgl. ErfKomm-Preis, § 2 NachwG Rn. II; Diller, NZA 2003,401 ff. 442 Wie hier ausdrücklich Huke, FA 2002, 263, 266; Tepass, FAZ v. 6.3.2002 (Nr. 55), S. 24. S. ferner bereits B. 111. I. b) bb). 443 Dazu nachfolgend unter cc ). 444 S. statt aller Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 74, 79 ff.

151

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

bb)

Angaben zur Fortgeltung und Ablösung kollektivvertraglich geregelter Arbeitsbedingungen sowie zur erstmaligen Geltung von Kollektivverträgen nach dem Übergang

Die beteiligten Arbeitgeber müssen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB über die Auswirkungen des Betriebsübergangs auf kollektivvertraglich geregelte Arbeitsbedingungen informieren445 .

(1)

Beschränkung der Darstellung aufinhaltsnormen

Es stellt sich die Frage, ob sich die Darstellungspflicht zu den Auswirkungen des Betriebsübergangs auf Kollektivverträge nur auf den normativen Teil von Tarifverträgen (Inhaltsnormen, § 1 Abs. 1 2. Var. TVG) bzw. Betriebsvereinbarungen erstreckt oder ob zudem auf das Schicksal von Betriebsnormen, betriebsverfassungsrechtlichen Normen oder schuldrechtlichen Pflichten der Tarifvertragsparteien eingegangen werden muss. Für eine Beschränkung der Mitteilungspflicht auf die Fortgeltung von Irrhaltsnormen spricht der Wortlaut von§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Folgenfür die Arbeitnehmer sind nicht betroffen, soweit es um den schuldrechtlichen Teil von Kollektivverträgen geht, der nur das Verhältnis der Tarif- bzw. Betriebspartner zueinander regelt. Gleichermaßen geht es bei der (Weiter-) Geltung von Betriebsnormen in erster Linie nicht um die Arbeitsverhältnisse, sondern um betriebsorganisatorische Fragen. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB ist daher allenfalls dann einschlägig, wenn sich irrfolge des Übergangs die betriebsverfassungsrechtliche Struktur des Betriebs ändert und insofern von einer sozialen Folge des Übergangs für die Arbeitnehmer gesprochen werden kann446 . Die hier vertretene Auslegung wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Ausweislich der Regierungsbegründung ergeben sich die Folgen des Übergangs gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB vornehmlich aus den Absätzen 1 bis 4447 . Der in§ 613a Abs. 1 BGB geregelte Mechanismus der Fortgeltung kollektivvertraglich geregelter Arbeitsbedingungen bezieht sich nur auf Inhaltsnormen448. Dies weist darauf hin, dass unter dem Gesichtspunkt der Folgen 445 Statt aller ErfKomm-Preis, § 613a BOB Rn. 85; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3356; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 15; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 462; Huke, FA 2002, 263, 266; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 270; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163; Worzalla, NZA 2002, 353, 355. 446 Dazu unter c) dd). 447 Vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19. 448 ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BOB Rn. 264; ErfK.omm-Preis, § 613a BOB Rn. 114; Staudinger-Richardi/Annuß, BOB, § 613a Rn. 179; DLW-

152

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 6!3a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

des Übergangs nur auf das Schicksal solcher kollektivvertraglicher Bestimmungen einzugehen ist, die einer Fortgeltung als Individualrecht gemäß § 613a Abs. 1 S. 2 BGB zugänglich sind. Dies ist grundsätzlich nur bei Inhaltsnormen der Fall449 • Schließlich gilt, dass das Informationsinteresse der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Widerspruchsentscheidung - auch unter Berücksichtigung des Wortlauts von§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB- primär auf die Auswirkungen des Übergangs fiir den Inhalt des Arbeitsverhältnisses und dessen F ortbestand ausgerichtet ist. Auch dies spricht dafür, dass die Unterrichtung grundsätzlich auf das Schicksal von normativ auf die Arbeitsverhältnisse einwirkenden kollektivrechtlichen Vereinbarungen beschränkt werden kann. Im Ergebnis sind Angaben zu den Folgen des Übergangs im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB nur in Bezug auf kollektivvertraglich geregelten Arbeitsbedingungen notwendig, die den Inhalt und die Beendigung der Arbeitsverhältnisse betreffen450 • Somit muss auch auf bei dem Erwerber (erstmalig) geltende Betriebsnormen grundsätzlich nicht hingewiesen werden. (2)

Kollektivrechtliche Fortgeltung von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen etc.

Nach heute nahezu einhelliger Auffassung können bei dem bisherigen Betriebsinhaber anwendbare Kollektivverträge auch nach dem Inhaberwechsel kollektivrechtlich, das heißt unabhängig von dem Auffangtatbestand des § 613aAbs. 1 S. 2 BGB, fortgelten 451 •

Baeck/Haußrnann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3383; Hanau/Vossen, FS Hilger/Stumpf,

s. 270,280. 449 Ausnahmen können fur Betriebsnormen gelten, die zugleich den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestalten; vgl. ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 114; Errnan-Edenjeld, BGB, § 613a Rn. 81; Wiedemann-Oetker, TVG, § 3 Rn. 194; Skuderis, Weitergeltung von Tarifverträgen, S. 118 f.; Hanau/Vossen, FS Hilger/Stumpf, S. 270, 290 f. Es muss sich insoweit um eine Regelung handeln, die den Arbeitnehmern klagbare Rechte einräumt; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. !56. 450 Ebenso Huke, FA 2002, 263, 266. 451 S. nur BAG v. 5.2.1991, 27.7.1994, AP Nr. 89 (unter B IV 2 c cc) und 118 (LS 3 und unter B II) zu § 613 a BGB; v. 29.8.2001, AP Nr. 17 zu § I TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag (unter I 3 b aa); ArbRKomm-Willernsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 254 ff.; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 109; FESTL, BetrVG, § 77 Rn. 168; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 127; Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 175; Wiedemann-Oetker, TVG, § 3 Rn. 184; Hrornadka/Maschrnann/Wallner, Tarifwechsel, Rn. 337; Hanau/Vossen, FS Hilger/Stumpf, S. 271, 272 ff.; Heinze, DB 1998, 1861, 1862 f.; Henssler, NZA 1994, 913, 918; Moll, 153

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

(a)

Tarifverträge

Verbandstarifverträge gelten nach dem Betriebsübergang kollektivrechtlich fort, wenn der Betrieb(steil) auch nach dem Übergang unter seinen Geltungsbereich fallt und beiderseitige Tarifgebundenheit von Arbeitnehmern und dem neuen Arbeitgeber besteht oder diese durch eine Allgemeinverbindlichkeit gemäß § 5 Abs. 4 TVG ersetzt ist452 • Ein Firmentarifvertrag kann grundsätzlich nur bei einem Betriebsinhaberwechsel im Rahmen einer Universalsukzession kollektivrechtlich fortgelten453 , z.B. aufgrund von § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG bei Verschmelzung454 . Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist den Arbeitnehmern mitzuteilen, dass und auf welcher Rechtsgrundlage (z.B. kongruente Verbandsmitgliedschaft des neuen Arbeitgebers; Vertragsübernahme des Haustarifs455 , Allgemeinverbindlichkeit etc.) die bestehenden Tarifverträge nach dem Übergang unverändert fortgelten.

(b)

Betriebsvereinbarungen

Für eine kollektivrechtliche Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen (ebenso Sprechervereinbarungen456 ) ist entscheidend, dass die Betriebsidentität im Wesentlichen bei dem neuen Inhaber erhalten bleibt457 . Noch nicht letztgül-

452 453

454

455 456 457

154

NJW 1993,2019, 2020; ders., RdA 1996, 275; Preis!Ste.ffan, FS Kraft, S. 477,478 f.; Schiefer, RdA 1994, 83, 88; Schiefer/Pogge, NJW 2003, 3734, 3738. Statt vieler DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3394. S. BAG v. 24.6.1998, AP Nr. I zu § 20 UmwG (unter 2); v. 20.6.2001, v. 29.8.200 I, AP Nr. 18 (unter I I c bb ), Nr. 17 (unter I 2 c bb) zu § I TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; näher MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 133; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Untemehmenskauf, I Rn. 305 ff.; Hanau/Vossen, FS Hilger/Stumpf, S. 271,296 f. S. BAG v. 24.6.1998, AP Nr. 1 zu § 20 UmwG (unter 2); v. 29.8.2001, AP Nr. 17 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag (unter I 2 c bb); Kempen!Zachert, TVG, § 3 Rn. 57; Prange, NZA 2002, 817, 819; Zerres, ZIP 2001, 359, 366. Nach anderer Auffassung kommt eine kollektivrechtliche Fortgeltung von Firmentarifverträgen nur bei Spaltung durch Neugründung in Betracht; s. B.Gaul, NZA 1995, 717, 722 f. m.w.N. Vgl. RGRK-Ascheid, BGB, § 613a Rn. 185; Waas, Tarifvertrag und Betriebsübergang, S. 14 m.w.N. S. nur Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 177. Ganz h.M., BAG v. 5.2.1991, v. 27.7.1994, AP Nr. 89 (unter B IV 2 c), Nr. 118 m.w.N. (unter B II) zu§ 613a BGB; v. 14.8.2001, AP Nr. 85 zu§ 77 BetrVG 1972 (unter A II 1 a); v. 15.1.2002, NZA 2002, 1034, 1035; aus der Literatur FESTL, BetrVG, § 77 Rn. 170; GK-Kreutz, BetrVG, § 77 Rn. 385; HSWG-Worzalla, BetrVG, § 77 Rn. 226; Kreutz, FS Kraft, S. 323, 333; Preis/Richter, ZIP 2004, 925, 927 ff.; Schiefer, NJW 1998, 1817, 1820. Im Übrigen muss der Betrieb auch nach dem Über-

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB

tig geklärt ist, inwieweit die Kongruenz von Betriebsidentität und kollektiver Normsetzung auch Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen erfasst458. Das BAG hält einen kollektivrechtlichen Fortbestand von Gesamtbetriebsvereinbarungen grundsätzlich für möglich, selbst wenn nicht sämtliche Betriebe eines Unternehmens auf einen neuen Arbeitgeber übertragen werden 459 . Für § 613a Abs. 5 Nr. 3 BOB genügt insoweit die Angabe, dass der Betriebsinhaberwechsel keine Folgen für die Betriebsvereinbarungen (Sprechervereinbarungen) hat und diese somit unverändert fortbestehen. Einer Auflistung der betreffenden Vereinbarungen bedarf es nicht. Ablösung von Kollektivverträgen durch Erwerberregelungen Sind vom Regelungsbereich her identische 460 kollektivvertragliche Rechte und Pflichten bei dem neuen Betriebsinhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt, so kann es nach§ 613a Abs. I S. 3 BOB zu einer Ablösung der bisher geltenden kollektivvertragliehen Arbeitsbedingungen kommen461 . (3)

(a)

Ablösung durch Tarifvertrag

Voraussetzung für eine Ablösung durch einen Erwerbertarif ist eine kongruente Tarifbindung462 der Arbeitsvertragsparteien oder die Allgemeinverbindlichkeit (§ 5 TVG) des Erwerbertarifs. Da sich die Gewerkschaftszuge-

458

459 460

461

462

gang dem Geltungsbereich des BetrVG unterfallen; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 75 m.w.N. Zum Streitstand aktuell B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 25 Rn. 210 ff.; Bachner, NJW 2003, 2861 ff.; Hohenstatt!Müller-Bonanni, NZA 2003, 766, 768 f.; Meyer, ZIP 2004, 545 ff.; Preis/Richter, ZIP 2004, 925, 930 ff.; Rieble/Gutzeit, NZA 2003, 233, 236 ff. BAG v. 18.9.2002, NZA 2003, 670 ff. m.w.N. V gl. zum Erfordernis der Identität der Regelungsmaterie u.a. BAG v. 22.1.2003, AP Nr. 242 zu§ 613a BGB m.w.N. (LS I und unter !I 2); Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 87 ff.; Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 126; Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 186 m.w.N. Theoretisch denkbar ist hierbei auch eine sog. Überkreuzablösung durch eine Kollektivvereinbarung anderer Art; näher Henssler, FS Schaub, S. 311, 321 f.; Kania, DB 1995, 625, 626; Moll, RdA 1996, 275, 283 jeweils m.w.N. Ganz überwiegende Ansicht, BAG v. 30.8.2000, AP Nr. 12 zu § I Bezugnahme auf Tarifvertrag (LS 2); v. 21.2.2001, AP Nr. 20 zu§ 4 TVG m.w.N. (LS und unter BI 2); ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 267; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 119; Erman-Edenfeld, BGB, § 6 13a Rn. 89; Wiedemann-Oetker, TVG, § 3 Rn. 199; Gussen/Dauck, Weitergeltung, Rn. 233 ff.; Hromadka/Maschmann/Wallner, Tarifwechsel, Rn. 345 ff.; Schiefer, DB 2003, 390, 391; kritisch u.a. WHSS-Hohenstatt, Umstrukturierung, E Rn. 136; Heinze, FS Schaub, S. 275, 290; Wellenhofer/Klein, ZfA 1999, 239, 256 ff. m.w.N.

155

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

hörigkeit der Arbeitnehmer regelmäßig der Kenntnis des Arbeitgebers entzieht, muss das bei dem Betriebsnachfolger geltende Tarifregime im Rahmen der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB nur abstrakt bezeichnet werden. Hinsichtlich der Notwendigkeit, die von der Tarifablösung konkret betroffene Regelungsmaterie zu benennen, ist zu unterscheiden. Werden kollektivvertragliche Regelungen des Betriebsveräußerers insgesamt abgelöst, weil die betreffende Regelungsmaterie auch bei dem neuen Arbeitgeber vollständig tarifVertraglich geregelt ist, so ist eine Aufzählung der von der Ablösung nach§ 613a Abs. 1 S. 3 BGB betroffenen Regelungsbereiche entbehrlich. In diesem Fall ist mitzuteilen, dass die bei dem bisherigen Arbeitgeber tariflich geregelten Arbeitsbedingungen mit dem Betriebsübergang durch den/die Erwerbertarif(e) abgelöst werden, wenn der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist (sofern der Erwerbertarif nicht ohnehin allgemeinverbindlich ist). Dabei muss ein ablösender Tarifvertrag hinreichend identifiziert (Vertragsparteien; bei laufenden Aktualisierungen gültige Fassung etc.) und angegeben werden, wo und gegebenenfalls wann die nach dem Übergang einschlägigen Regelungswerke (tatsächlich) eingesehen werden können463 • Soweit sich die bei dem neuen und dem alten Betriebsinhaber geltenden Kollektivverträge hinsichtlich ihrer Regelungsbereiche nicht decken, scheidet eine Tarifablösung nach§ 613aAbs. 1 S. 3 BGB aus- es findet§ 613a Abs. 1 S. 2 BGB Anwendung (dazu noch sogleich). In diesem Fall muss ergänzend zu den geschilderten Angaben bei der Unterrichtung nach den von einer Ablösung und den von einer Fortgeltung als Individualrecht betroffenen Regelungsbereichen differenziert werden464 • Es ist mitzuteilen, dasshinsichtlich einzelner konkret zu benennender (vertragswesentlicher) Regelungsgegenstände (Bsp.: Wochenarbeitszeit und Entgelt) bei dem neuen Betriebsinhaber eine tarifliche Regelung existiert, die für tarifgebundene Arbeitnehmer ablösende Wirkung entfaltet, und es im Übrigen zu einer individualrechtliehen Weitergeltung bisheriger tariflicher Rechte und Pflichten kommt465 • Da es für das Eingreifen eines anderen TarifVertrages nach § 613a Abs. 1 S. 3 BGB ausreicht, wenn die Neuregelung erst nach dem Betriebsübergang geschaffen wird466 , kann eine Tarifablösung auch unter dem Gesichtspunkt 463 S. oben B. III. 1. b) cc) (3). 464 Ähnlich Jaeger, ZIP 2004, 433, 441. A.A. Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 262: Angaben dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Tarifablösung stattfinde, seien flir Veräußerer und Erwerber unzumutbar. 465 Dazu nachfolgend (4). 466 Nw. in Fn. 434.

156

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

der Unterrichtung über die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen Bedeutung erlangen. Für die Einschlägigkeit von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB kommt es insoweit darauf an, dass die zu dem Tarifwechsel führende Arbeitgebermaßnahme (bspw. Verbandseintritt des Erwerbers) bereits konkret geplant ist467 •

(b)

Ablösung durch Betriebsvereinbarung

Lokale Betriebsvereinbarungen auf Erwerberseite beanspruchen nur für den Betrieb Geltung, für den sie abgeschlossen worden sind. Eine gemäß § 613a Abs. 1 S. 3 BGB ablösende Wirkung kommt daher grundsätzlich nur in Betracht, wenn der erworbene Betrieb oder Betriebsteil in die bei dem neuen Inhaber bestehende Einheit eingegliedert wird468 • Für die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gilt im Wesentlichen das zur Tarifablösung Gesagte entsprechend. Es sind Angaben dazu notwendig, dass eine bestimmte Regelungsmaterie in dem aufnehmenden Betrieb durch eine Betriebsvereinbarung geregelt ist und es insoweit zu einer Ablösung von Veräußererregelungen kommt und Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus Betriebsvereinbarungen im Übrigen individualrechtlich fortgelten. Plant der Betriebsnachfolger die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Betriebsrat über den Abschluss einer ablösenden Betriebsvereinbarung für die Zeit nach dem Übergang (z.B. zur Vereinheitlichung von Arbeitsbedingungen), so ist dies in dem Informationsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB mitzuteilen.

(4)

Weitergeltung kollektivvertraglicher Arbeitsbedingungen als Inhalt des Arbeitsverhältnisses

Bei fehlender kollektivrechtlicher Fortgeltung oder Ablösung gemäß § 613a Abs. 1 S. 3 BGB gelten die kollektivvertragliehen Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB als Inhalt des Arbeitsverhältnisses weiter469 • Eine Änderung binnen Jahresfrist nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil der Arbeitnehmer ist unzulässig. Bei einer Einschlägigkeit von § 613a Abs. 1 S. 2 BGB ist in dem Informationsschreiben mitzuteilen, dass die bei dem bisherigen Arbeitgeber geltenden Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer aus Kollektivvereinbarungen mit dem Übergang 467 S. oben I. b) dd). 468 Daneben können nach bestrittener Ansicht auch bei dem neuen Arbeitgeber geltende Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen eine Ablösung bewirken; näher GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, I Rn. 286 ff. m.w.N. 469 Zur dogmatischen Einordnung der Fortgeltungsanordnung s. u.a. BAG v. 29.8.2001, AP Nr. 17 zu § I TVG (unter 3 b); Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 173 ff.; Meyer, DB 2004, 1886, 1888; Zöllner, DB 1995, 1401 f.jeweils m.w.N.

157

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

zum Inhalt des einzelnen Arbeitsverhältnisses werden und statisch470 fortgelten und dies, soweit tarifvertragliche Rechte und Pflichten betroffen sind, nur gilt, sofern die Arbeitnehmer bislang tarifgebunden waren471 (ansonsten ist § 613a Abs. 1 S. 1 BGB einschlägig). Ein Hinweis auf die individualrechtliche Veränderungssperre des § 613a Abs. 1 S. 2 2. HS BGB ist nicht erforderlich472 • Ob und inwieweit Arbeitsbedingungen künftig geändert werden dürfen, ist eine abstrakte Rechtsfrage, deren Berücksichtigung den Rahmen von§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB sprengt. Wollte man das Gegenteil annehmen, so müsste man zur Vermeidung falscher Erwartungen konsequenterweise auch einen Hinweis auf gleichwohl über § 613a Abs. 1 S. 3 BGB bestehende zwischenzeitliche Verschlechterungsmöglichkeiten473 und auf die in § 613a Abs. 1 S. 4 BGB statuierten Ausnahmeregelungen für die Veränderungssperre als notwendig erachten. Dies liefe insgesamt auf eine Pflicht zum Abschreiben des Gesetzes und zur abstrakten Rechtsberatung hinaus. Beides verlangt § 613a Abs. 5 BGB nicht.

(5)

Individualvertragliche lnbezugnahme von Tarifverträgen

Zum Pflichtkanon der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch Angaben zu den Folgen des Arbeitgeberwechsels für AußenseiterArbeitnehmer, auf deren Arbeitsverhältnisse Tarifbedingungen kraft vertraglicher Inbezugnahme Anwendung finden. Bezugnahmeklauseln gehen, wie andere individualvertragliche Abreden, gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf

470 Vgl. BAG v. 13.11.1985, v. 1.4.1987, AP Nr. 46 (unter 2); Nr. 64 (BI. 1029) zu § 613a BGB; v. 29.8.2001, AP Nr. 17 zu § I TVG (LS I und unter I 3 b bb); ArbRK.omm-Willernsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 265; RGRK-Ascheid, BGB, § 613a Rn. 207; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 182; Wiedemann-Oetker, TVG, § 3 Rn. 195; Heinze, DB 1998, 1861, 1862; Moll, NJW 1993, 2016, 2020; Wank, NZA 1987, 505, 506. 471 Vgl. BAG v. 4.8.1999, AP Nr. 14 zu§ I TVG Tarifverträge: Papierindustrie (unter II); ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 113. 472 A.A. APS-Ste.ffan, § 613a BGB Rn. 209; Huke, FA 2002, 263, 267; Sayatz!Wolj, DStR 2002, 2039,2041. 473 Das Günstigkeitsprinzip findet im Verhältnis zwischen dem als Individualrecht fortgeltenden und dem neuen Kollektivrecht bei dem Erwerber keine Anwendung; BAG v. 16.5.1995, AP Nr. 15 zu§ 4 TVG Ordnungsprinzip (unter 112 b); ErfKomm-Preis, § 6 13a BGB Rn. 121; MünchKomm-Schaub, BGB, § 6 13a Rn. 190. In bereits unverfallbare Anwartschaften kann das neue Kollektivrecht allerdings nicht eingreifen; vgl. BAG v. 24.7.2001, AP Nr. 18 zu§ 1 BetrAVG Betriebsveräußerung (LS 1 und unter II 5 a); ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 121; Hanau/Vossen, FS Hilger/Stumpf, S. 271, 278.

158

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

den Erwerberüberund gelten bei diesem unverändert fort 474 • Es muss dann allerdings geprüft werden, ob und inwieweit ihnen ein Verweis auf die bei dem übernehmenden Rechtsträger gegebenenfalls bestehenden Tarifverträge entnommen werden kann. Entscheidend ist eine Auslegung der betreffenden Klauseln475 • Ist eine sachliche bzw. branchenbezogene Statik feststell bar, so ist zudem zu eruieren, ob die Bezugnahme in zeitlicher Hinsicht Dynamik besitzt476 . Die insgesamt komplexe Verweisungsproblematik beim Betriebsinhaberwechsel soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden477 • Entscheidend ist die Feststellung, dass die beteiligten Arbeitgeber die (nicht organisierten) Arbeitnehmer über die sich fiir sie in "tariflicher" Hinsicht ergebenden Folgen des Übergangs informieren müssen.

(6)

Nach dem Übergang erstmals einschlägige Kollektivverträge

Gelangen die Arbeitnehmer mit dem Übergang in den Geltungsbereich eines bei dem übernehmenden Rechtsträger geltenden Kollektivvertrags, ohne dass insoweit Fragen der Fortgeltung oder Ablösung von Veräußererregelungen betroffen sind, so handelt es sich auch hierbei um eine rechtliche Folge im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Es muss die betreffende Kollektivvereinbarung mit einer schlagwortartigen Angabe ihres Regelungsgegenstandes bezeichnet werden, sofern es sich um wesentliche Arbeitsbedingungen handelt478 . 474 Vgl. BAG v. 28.5.1997, AP Nr. 6 zu§ I TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag (unter !I); Annuß, RdA 2000, 179, 181; Hanau/Kania, FS Schaub, S. 239, 256; Hanau/Vossen, FS Hilger/Stumpf, S. 271, 294; Henssler, FS Schaub, S. 311, 322; Kania, DB 1994, 529, 532; Thüsing/Lambrich, RdA 2002, 193, 210. 475 Vgl. BAG v. 30.8.2000, v. 25.10.2000, AP Nr. 12 (unter I I b, c), Nr. 13 (unter !I 3 b) zu§ I TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; ErfKomm-Preis, BGB, § 613a Rn. 123 m.w.N.; ausfuhrlieh zur Auslegungsproblematik von Verweisungsklauseln Preis, FS Schaub, S. 571 ff. 476 Vgl. B.Gaul, BB 2000, 1086, 1087. 477 Aus der aktuellen Literatur näher u.a ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 275 ff.;. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 24 Rn. 64 ff.; ders., BB 2000, I 086 ff.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, I Rn. 332 ff.; Reiche!, Arbeitsvertragliche Bezugnahme, S. 185 ff.; Waas, Tarifvertrag und Betriebsübergang, S. 96 ff.; ders., Anm. zu BAG v. 30.8.2000, AP Nr. 12 zu§ I TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag (BI. !Oll ff.); WHSS-Hohenstatt, Umstrukturierung, E Rn. 174 ff.; Annuß, RdA 2000, 179 ff.; Bauer/Haußmann, DB 2003, 610 ff.; Däubler, RdA 2002, 303 ff.; Meyer, NZA 2003, 1126 ff.; Prange, NZA 2002, 817, 821 f.; Schiefer, FA 2002, 258 ff.; Thüsing/Lambrich, RdA 2002, 193, 208 ff. 478 Ausgenommen bleiben Erwerberregelungen, die sich nicht auf den Inhalt der Arbeitsverhältnisse der übergehenden Arbeitnehmer beziehen [s. oben unter (!)] oder die für die Widerspruchsentscheidung aus verobjektivierter Sicht irrelevant sind [s. oben B. II. 2. b) und III. I. b) aa)].

159

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

cc)

Angaben zu atypischen rechtlichen Folgen des Übergangs für wesentliche Vertragsbedingungen und zu Auswirkungen des Betriebsübergangs auf eine betriebliche Altersversorgung

Im Hinblick auf einzelne Arbeitsbedingungen können sich atypische Folgen des Übergangs ergeben, wenn eine inhaltliche I: 1-Aufrechterhaltung der betreffenden Rechte und Pflichten bei dem neuen Arbeitgeber ungeachtet der formal-rechtlichen Kontinuitätsanordnung des § 613a Abs. 1 BGB nicht möglich ist. Sind wesentliche Vertragsbedingungen betroffen, so besteht ein Informationsinteresse der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Widerspruchsentscheidung. Der pauschale Hinweis auf einen Eintritt des neuen Betriebsinhabers in die arbeitsvertragliehen Rechte und Pflichten wird derartigen Fällen nicht gerecht. Dies betrifft beispielhaft: (1)

Wettbewerbsverbote

Gelten bei dem bisherigen Arbeitgeber fiir die Arbeitnehmer Wettbewerbsverbote, so tritt der neue Betriebsinhaber auch insoweit grundsätzlich an die Stelle seines Vorgängers 479 . In der Konsequenz kann es hierdurch zu einer Änderung von Inhalt und Reichweite eines unternehmensbezogenen Verbots kommen, wenn der Erwerber mit dem Betrieb einen anderen Unternehmenszweck verfolgt480 . Entsprechendes gilt für Abreden über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (z.B. §§ 74 ff. HGB) 481 • Das Schicksal von Wettbewerbsverboten kann im Rahmen von§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB aufgrundder wesentlichen Bedeutung für das berufliche Fortkommen der Arbeitnehmer nicht außer Betracht bleiben. Allerdings können Informationen nur in begrenztem Umfang erteilt werden, da einzelfallbezogene Abwägungsfragen betroffen sind482 und die beteiligten Arbeitgeber 479 Vgl. ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 243 ff.; ErfK.ommSchauh, § 74 HGB Rn. 55; Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. !57; Beisel!Klumpp, Untemehmenskauf, I 0 Rn. 45; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 44. 480 AusfUhrlieh Bauer!Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 673 ff.; Höiters-Bauer/v.SteinauSteinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 198; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 199 ff.; D.Gaul, NZA 1989,697,698. 481 Vgl. Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 87; Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 160; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 44 m.w.N. § 613a BGB greift allerdings nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits beendet ist; Bauer!Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 684 ff; HöltersBauer/v.Steinau-Steinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 196. 482 Im Einzelfall kann dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit auf dem Gebiet des Unternehmenszwecks des neuen Arbeitgebers nicht untersagt werden, wenn er in Unkenntnis des Übergangs bereits konkrete, erhebliche unternehmerische Dispositionen getrof-

160

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

keine auf das individuelle Arbeitsverhältnis bezogene Unterrichtung schulden483. Ausreichend ist daher gegebenenfalls der Hinweis, dass der den Betrieb übernehmende Rechtsträger einen anderen (konkret anzugebenden) Unternehmenszweck verfolgt als der bisherige Arbeitgeber und sich dies auf Inhalt und Reichweite der bestehenden Wettbewerbsverbote auswirken kann.

(2)

Sozialleistungen wie Arbeitgeberdarlehen, Werkswohnungen

Hat der bisherige Betriebsinhaber den Arbeitnehmern Sozialleistungen gewährt, so tritt der neue Inhaber auch insoweit nach allgemeinen Maßstäben (§ 613a Abs. 1 S. 1 bis 3 BGB) in die betreffenden Verpflichtungen ein. Problematisch ist die Rechtslage allerdings in Bezug auf das Schicksal von Vertragsbeziehungen, die an sich selbst keine arbeitsvertragliehen Elemente aufweisen (z.B. Miete, Darlehen, Leihe usw.)484 . In derartigen Fällen kann § 613a Abs. 1 BGB grundsätzlich nur in Bezug auf das Zuwendungselement, das VersehafTungsversprechen aus der arbeitsvertragliehen Grundzusage, nicht hingegen auf das Erfüllungsgeschäft (Miet-, Darlehensvertrag zu vergünstigten Konditionen) Anwendung finden485 . Ergeben sich in diesem Zusammenhang Auswirkungen für die Arbeitnehmer, etwa weil der Erwerber zur Gewährung einer identischen Leistung nicht in der Lage ist, so besteht eine Mitteilungspflicht nach§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB (z.B. notwendige Ablösung eines Arbeitgeberdarlehens durch einen ebenso günstigen Krefen hat; vgl. Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 86; Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 152; Hölters-Bauer!v.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 193; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 201; D.Gaul, NZA 1989, 697, 698. Ob dies der Fall ist, dürfte sich der Kenntnis der Unterrichtungsschuldner bei Durchfiihrung der Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB regelmäßig entziehen. 483 S. bereits unter B. II. I. Fakultativ können selbstverständlich detailliertere Angaben in Bezug auf den einzelnen Arbeitnehmer gemacht werden. Insbesondere der Betriebserwerber wird im Zusammenhang mit Wettbewerbsverboten regelmäßig ein Interesse daran haben, deren Erstreckung nach dem Übergang auf den von ihm verfolgten Unternehmenszweck möglichst genau darzustellen; vgl. Hölters-Bauer!v.SteinauSteinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 200. 484 Zur arbeitsrechtlichen Einordnung grundlegend Kania, Nichtarbeitsrechtliche Beziehungen, S. 8 ff. Zum Schicksal bei Betriebsübergang s. Hölters-Bauer!v.SteinauSteinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 173 ff., 182 ff.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, I Rn. 223, 228; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 191 ff.jeweils m.w.N. 485 Dazu Willemsen, FS Wiedemann, S. 645 ff. Ein Eintritt in die Zusage findet nur in den seltenen Fällen nicht statt, in denen der Arbeitgeber eine Leistung ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt; vgl. WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 192. Dann besteht auch keine diesbezügliche Mitteilungspflicht nach§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB.

161

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

ditvertrag; Leasingkostenzuschuss anstelle der Überlassung eines Dienstfahrzeugs zur privaten Nutzung; Zurverfiigungstellung einer anderen, vergleichbaren Werkswohnung oder Zahlung der Differenz zwischen der bisherigen verbilligten Miete und dem ortsüblichen Mietspiegelt86 • Bei einem privatisierenden Betriebs(teil)übergang sind auch die Folgen des Übergangs fiir die Zusatzversorgung der Arbeitnehmer anzusprechen487 • (3)

Unternehmens- oder betriebsspezifische Vergütungsregelungen

Hat der bisherige Arbeitgeber oder ein mit ihm konzernverbundenes Unternehmen den Arbeitnehmern der übergehenden Einheit unternehmens- oder betriebsspezifische Vergütungszusagen erteilt, die auf die tatsächlichen, gesellschaftsrechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Veräußerers zugeschnitten sind (z.B. produktbezogene Vergünstigungen; Tantiemen; unternehmenserfolgsbezogene Boni), so kann es sich auf der Rechtsfolgenseite des § 613a Abs. 1 BGB ergeben, dass die bisherige Rechtsposition der Arbeitnehmer nicht ohne Vertragsanpassung aufrecht erhalten werden kann488 (bspw. Zusage von Aktienoptionen durch den bisherigen Arbeitgeber489). Zu atypischen Auswirkungen des Betriebsinhaberwechsels kommt es auch, wenn (in zulässiger Weise) vertragliche Bestimmungen über das Schicksal besonderer Vergütungsformen beim Betriebsübergang getroffen worden sind (z.B. in Aktienoptionsplänen übliche Abfindungs- und Ausübungsbefristungsklauseln; Bestimmung der sofortigen Ausübungsreife, sog. "premature vesting") oder die Zusage nicht von dem Arbeitgeber, sondern von einem konzernverbundenen Unternehmen, typischerweise der Obergesellschaft, stammt (Bsp.: Gewährung von Aktienoptionen durch die Konzernmutter490 ). Kommt es zu Veränderungen, Anpassungen oder gar einem Wegfall von Begünstigungen, so kann dies bei der Unterrichtung nicht außer Betracht blei486 Rechtstechnisch ergeben sich die Anpassungen grundsätzlich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung der Grundzusage oder aus § 313 BOB. 487 Ebenso Kröll, PersR 2002,391,393. 488 Näher Fuchs, Sozialleistungen beim Betriebsübergang, S. 27 ff.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, I Rn. 210 ff.; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 195 ff.; Grimm!Walk, BB 2003, 577 ff. 489 Ausführlich zum Schicksal von Aktienoptionen bei Betriebsübergang Schnitker!Grau, BB 2002, 2497 ff. m.w.N. 490 In diesem Fall sind keine Rechte aus dem Arbeitsverhältnis betroffen, so dass nach h.M. ein Übergang nach § 613a Abs. I BOB ausscheidet; BAG v. 12.2.2003, ZIP 2003, 682 ff.; LAG Düsseldorf v. 3.3.1998, NZA 1999, 981 ff.; ArbRKommWillemsen!Müller-Bonanni, § 613a BOB Rn. 232a; dies., ZIP 2003, 1177, 1180, 1184; Schnitker!Grau, BB 2002, 2497, 2499; Urban-Crell!Manger, NJW 2004, 125, 126 f.; differenzierend Willemsen, FS Wiedemann, S. 645, 654 ff.; a.A. Lipinski/Melms, BB 2003, !50 ff.

162

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

ben491 • Anzugeben ist auch, welche Ersatzansprüche den Arbeitnehmern insoweit künftig zustehen (z.B. Umwandlung von Aktienoptionen in entsprechende Wertsteigerungsrechte492 ), wobei auf gegebenenfalls bestehende Regelungen, etwa in einem Optionsplan oder Gewährungsvertrag, verwiesen werden kann. Verbleiben die Rechte und Pflichten aus der Zusage ausnahmsweise bei einem Drittunternehmen, so ist auch dies den Arbeitnehmern verbunden mit einem Hinweis auf etwaige Konsequenzen (z.B. Auswirkungen des Wegfalls der Konzernzugehörigkeit auf das künftige Entstehen von Rechten aus einem Bonusprogramm) gemäߧ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB mitzuteilen.

(4)

Betriebliche Altersversorgung

Die Mitteilungspflicht gemäߧ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Auswirkungen des Betriebsinhaberwechsels auf Ruhegeldanwartschaften der übergehenden Arbeitnehmer493 • Der Eintritt des Erwerbers in bestehende Versorgungszusagen494, muss allerdings nicht extra angesprochen werden, wenn sich im Zuge des Übergangs keine Veränderun-

491 Ähnlich (Aussagen über das Schicksal von Aktienotionen) Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2041; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, ll63. 492 Zur Umwandlung von Optionen in sog. "stock appreciation rights" anlässlich eines Betriebsinhaberwechsels s. Kessler/Sauter-Mohr/Bihn, HdB. Stock Options, Rn. 1077 ff. 493 Wie hier Kemper/Kisters-Kölkes, Grundzüge der betrieblichen AV, Rn. 485; Reichei/Heger, Betriebliche AV, Rn. 416; WHSS-Doetsch/Rühmann, Umstrukturierung, J Rn. 117; Krügermeyer/Kaltho.ff/Reutershan, MDR 2003, 541, 543; Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2041. Näher zum Schicksal von Versorgungszusagen bei Betriebsübergang Blomeyer/Otto, BetrAVG, Anh. § I Rn. 300 ff.; Höfer, BetrAVG, ART Rn. 892 ff.; Beisei/Kiumpp, Untemehmenskauf, I 0 Rn. 84 ff.; Hölters-Bauerlv.SteinauSteinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 203 ff.; G.Picot-Heubeck, Untemehmenskauf, IV Rn. 76 ff.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Untemehmenskauf, VI Rn. 32 ff.; WHSS-Doetsch!Rühmann, Umstrukturierung, J Rn. 95 ff.; Lindemann!Simon, BB 2003, 2510 ff. 494 S. nurSAG v. 24.3.1977, v. 5.5.1977,APNr. 6 (LS 1), Nr. 7 (untern 2 b) zu§ 613a BGB; v. 22.6.1978, v. 15.3.1979, AP Nr. 12 (LS I, 2), Nr. 15 (LS I) zu§ 613a BGB; v. 17.1.1980, v. 14.7.1981 und v. 20.11.1984, AP Nr. 18 (unter II), Nr. 27 (unter I) und 38 (unter 2). Ein Eintritt des Betriebserwerbers in bereits erwachsene Ruhegeldverpflichtungen und unverfallbare Versorgungsanwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer findet hingegen nicht statt; Blomeyer!Otto, BetrAVG, Anh. § I Rn. 314 m.w.N. Angaben hierzu werden nach § 613a Abs. 5 BGB nicht geschuldet. Ruhegeldempfänger bzw. ausgeschiedene Arbeitnehmer zählen nicht zum Kreis der Unterrichtungsberechtigten.

163

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

gen ergeben495 . Denn der Eintritt vollzieht sich rechtstechnisch nach allgemeinen Grundsätzen(§ 613aAbs. 1 S. 1 bis 3 BGB, s.o.) je nachdem, ob die Versorgungsanwartschaften auf einer Betriebsvereinbarung bzw. einem Tarifvertrag oder auf einer individualvertraglichen Grundlage (einschließlich Gesamtzusage, betrieblicher Übung, allgemeinem Gleichbehandlungsgrundsatz) beruhen 496 . Ist letzteres der Fall, genügt die Mitteilung, dass der Erwerber in sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt. Rechte aus einer betrieblichen Altersversorgung werden insoweit im Hinblick auf die Unterrichtung nicht anders behandelt als sonstige Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag. Beruht das Versorgungsversprechen auf einem Kollektivvertrag, so richten sich die erforderlichen Angaben im Prinzip nach dem oben zur Fortgeltung und Ablösung kollektivvertraglich geregelter Arbeitsbedingungen Gesagten (s. für den Fall einer Ablösung durch eine Erwerberregelung aber noch das Folgende) 497 . Hinsichtlich der Berücksichtigung der bei dem Veräußerer zurückgelegten Dienstzeit bei der Berechnung der Unverfallbarkeit498 genügt ein allgemeiner Hinweis zur Besitzstandswahrung499. Dezidierte Angaben sind unter dem Gesichtspunkt des § 613a Abs. 5 Nr. 3 (bzw. 4) BGB aber erforderlich, wenn und soweit sich Veränderungen hinsichtlich der materiellen Inhalte der Versorgungszusagen ergeben. Dies betrifft beispielhaft: Auswirkungen auf dienstzeitabhängige Faktoren und andere Berechnungsgrundlagen (z.B. fakultative Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten durch den Erwerber unter der bei ihm geltenden Leistungsordnungsoo);

495 Ebenso Menze, Widerspruchsrecht, S. 61 f.; a.A.: Pietzko, Tatbestand, S. 290 (beide zur Rechtslage vor Einfiihrung des § 613a Abs. 5 BGB); ArbRKommWillemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 329. 496 Vgl. nur Blomeyer/Otto, BetrAVG, Anh. §I Rn. 303 m.w.N. 497 Dies bedeutet, dass die ablösende kollektive Versorgungsordnung des Erwerbers angegeben und mitgeteilt werden muss, wo diese eingesehen werden kann. 498 Beschäftigungszeiten beim alten Arbeitgeber werden für die Ermittlung der Unverfallbarkeitsfrist nach § I b Abs. I S. I BetrAVG mit berücksichtigt; BAG v. 19.12.2000, AP Nr. I 0 zu § I BetrAVG Unverfallbarkeit (unter BI! 2 a); StaudingerRichardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 164; Andresen/Förster/Rößler!Rühmann, Arbeitsrecht der betrieblichen AV, 14 B Rn. 340. 499 Dazu noch unter ee) (I). 500 S. BAG v. 30.8.1979, AP Nr. 16 zu § 613a BGB (LS I und unter 2); v. 24.7.2001, AP Nr. 18 zu § I BetrAVG Betriebsveräußerung (LS 2 und unter I! 5 b); ArbRKommWillemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 235; Blomeyer/Otto, BetrAVG, Anh. § I

164

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

Besitzstandswahrung bei Aufeinandertreffen kollektiv-rechtlicher Regelungen501; Folgen des Betriebsübergangs bei mittelbarer Versorgung (Unterstützungskasse, Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds) des Vorarbeitgebers 502 (z.B. Erlöschen von Ansprüchen aus dem Deckungsverhältnis gegenüber dem Versorgungsträger und Erwachsen eines Anspruchs auf wertmäßig der alten entsprechende Versorgung 503 ; Umstellung des Durchfuhrungsweges); Besonderheiten für betriebliche Versorgungsrechte bei Betriebsübernahme aus der Insolvenz (z.B. Fortführung der Versorgungsverpflichtungen durch den Erwerber mit begrenzter Einstandspflicht auf nach Vollzug des Übergangs erdiente Anwartschaften 504 ); konkret geplante Änderung von Versorgungszusagen nach dem Übergang505 (z.B. Abschluss einer ablösenden Betriebsvereinbarung506 ). Zu weit geht die Annahme 507 , in dem Unterrichtungsschreiben müsse stets dargestellt werden, wie der künftige Betriebsinhaber den Anspruch der Arbeitnehmer auf Entgeltumwandlung (§ la BetrVG) umsetzen will. Soweit

501

502

503 504

505

506

507

Rn. 305; Höfer, BetrAVG, ART Rn. 903; RGRK-Ascheid, BGB, § 613a Rn. 132; WHSS-Doetsch/Rühmann, Umstrukturierung, J Rn. 113. Nur Tätigkeitszeiten nach dem Übergang können mit einer schlechteren Kollektivregelung des Erwerbers bedient werden; zum "Quotierungsprinzip" s. Höfer, BetrAVG, ART Rn. 909.4 ff.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Untemehmenskauf, VI Rn. 54; WHSS-Doetsch/Rühmann, Umstrukturierung, J Rn. I 09. Näher Hölters-Bauer/v.Steinau-Steinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 206 ff.; Kemper!Kisters-Kölkes, Grundzüge der betrieblichen AV, Rn. 488 ff.; WHSSDoetsch/Rühmann, Umstrukturierung, J Rn. 115 ff. m.w.N. Vgl. Hölters-Bauer/v.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 209. Vgl. Kemper!Kisters-Kölkes, Grundzüge der betrieblichen AV, Rn. 474 m.w.N. Nähere Angaben zur Reichweite der Ausfallhaftung des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSV), s. §§ 7 Abs. 2, I b BetrAVG, sind nicht erforderlich, weil es sich hierbei nicht um eine Folge des Betriebsübergangs handelt. Zur Änderung von Versorgungszusagen nach Betriebsübergang s. GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, VI Rn. 100 ff.; WHSS-Doetsch/Rühmann, Umstrukturierung, J Rn. 157 ff.; B.Gaul!Kühnreich, NZA 2002, 495 ff.; Willemsen, RdA 1987, 327 ff. Vgl. Höfer, BetrAVG, ART Rn. 307 m.w.N. Zur Wahrung des Unterrichtungszwecks und zur Vermeidung von Missverständnissen muss überblickartig mitgeteilt werden, welche Eingriffe die Arbeitnehmer in etwa zu erwarten haben und welche Eingriffsschranken bestehen, z.B. Wahrung der kollektiven Günstigkeit (vgl. BAG GS v. 16.9.1986,APNr. 17 zu§ 77 BetrVG 1972 (unterC !I 4); Höfer, BetrAVG,ART Rn. 310 ff. m.w.N.). So aber Kemper/Kisters-Kölkes, Grundzüge der betrieblichen AV, Rn. 486.

165

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

hier darauf abgehoben wird, dass die Arbeitnehmer dann, wenn der Arbeitgeber nicht zu einer Durchfiihrung über einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse bereit ist, gemäß § la Abs. 1 S. 3 BetrAVG den Abschluss einer Direktversicherung verlangen können, wird übersehen, dass der neue Arbeitgeber erst Anlass zu entsprechenden Überlegungen hat, wenn die Arbeitnehmer den Anspruch auf Entgeltumwandlung geltend gemacht habensos. dd)

Angaben zur Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers

Die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Übergangs fiir die Arbeitnehmer im Sinne von§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB umfasst auch Angaben zu der Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers509 • (1)

Haftung gemäß § 613a Abs. 2 BGB

Mit Blick auf die in § 613a Abs. 2 BGB getroffene Anordnung eines gesetzlichen Schuldbeitritts 510 ist den Arbeitnehmern mitzuteilen, dass der neue Betriebsinhaber für alle Ansprüche der übernommenen Arbeitnehmer haftet, unabhängig davon, ob diese vor oder nach dem Betriebsübergang entstanden und/oder fällig geworden sind511 ; der bisherige Arbeitgeber zeitlich unbeschränkt als Gesamtschuldner neben dem Betriebsnachfolger fiir Forderungen der Arbeitnehmer haftet, die vor dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind512 und der bisherige Betriebsinhaber neben dem Erwerber als Gesamtschuldner fiir Ansprüche der Arbeitnehmer, die nach dem Betriebsübergang ent508 Etwas anderes mag gelten, wenn die Arbeitnehmer ihren Entgeltumwandlungsanspruch bereits gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber verfolgt haben. Eine Informationspflicht gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 4 BOB greift aber auch insofern nur ein, wenn beim Betriebserwerber bereits konkrete Planungen für die Durchfiihrung der Entgeltumwandlung existieren. 509 Statt aller ErtKomm-Preis, § 613a BOB Rn. 85; Palandt-Putzo, BOB,§ 613a Rn. 44; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 15; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 29. Ebenso die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, s. 19. 510 Erman-Edenfeld, BOB, § 613a Rn. 96. 511 Vgl. BAO v. 18.8.1976, AP Nr. 4 zu § 613a BOB (unter 2 a); StaudingerRichardi/Annuß, BOB,§ 613a Rn. 208; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, c Rn. 3375. 512 Vgl. MünchKomm-Schaub, BOB, § 613a Rn. 106; Staudinger-Richardi/Annuß, BOB,§ 613a Rn. 211; DLW-Baeck/Haußmann, HdB.Arbeitsrecht, C Rn. 3378.

166

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB

stehen und innerhalb eines Jahres nach dem Stichtag des Übergangs fällig werden, in dem Umfang einzustehen hat, der dem im Zeitpunkt des Betriebsinhaberwechsels abgelaufenen Bemessungszeitraum entspricht.

(2)

Eingreifen anderer Haftungsnormen sowie Haftungsbesonderheiten bei Umwandlung und in der Insolvenz

Neben § 613a BGB können fiir den neuen und den alten Betriebsinhaber weitere Haftungsgrundlagen in Betracht kommen (Bsp.: gesetzlicher Schuldbeitritt nach§§ 25, 28 HGB, vertraglicher Schuldbeitritt, Vermögensübernahme) 513 • Soweit die Voraussetzungen dieser Haftungsgrundlagen vorliegen, kommen sie neben§ 613a BGB zur Anwendung 514 • Eine diesbezügliche Darstellungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB besteht grundsätzlich nicht, weil es sich insoweit nicht um eine Folge des Betriebsübergangs, sondern vielmehr des Vorliegens hiervon unabhängiger rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Voraussetzungen handelt. Informationsrelevant wird das Eingreifen anderer Haftungsnormen aber dann, wenn es zu einer Modifikation oder Verdrängung der Bestimmungen des § 613a Abs. 2 BGB kommt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn dem Betriebsinhaberwechsel eine Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung nach dem UmwG zugrunde liegt oder sich der Betriebsübergang nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Veräußerers vollzieht. Erlischt der übertragende Rechtsträger durch Umwandlung, so kommt eine Haftung des bisherigen Arbeitgebers nicht in Betracht(§ 613aAbs. 3 BGB). Dies ist den Arbeitnehmern gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB mitzuteilen. Im Übrigen kann es namentlich in Fällen der Spaltung hinsichtlich der Haftung des übertragenden Rechtsträgers zu einer Kollision der Haftungsvorschriften der§§ 133, 134 UmwG und des§ 613a Abs. 2 BGB kommen, die von der vorherrschenden Ansicht zugunsten eines Vorranges der umwandlungsrechtlichen Haftung aufgelöst wird515 • Legt man dies fiir die Unterrichtung gemäß 513 Ausführlich hierzu Commandeur!Kleinebrink, Betriebs- und Firrnenübemahme, Rn. I ff. 514 ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 300; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 137; Errnan-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 68; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 113; Beisel!Klumpp, Untemehmenskauf, 10 Rn. 53 ff. 515 Kallmeyer-Kallmeyer, UmwG, § 133 Rn. 11 (unter Aufgabe seiner bisherigen Ansicht, ZIP 1995, 550 ff.); Lutter-Joost, UmwG, § 324 Rn. 41 ff.; ders., Umwandlungsrechtstage, S. 297, 323 ff.; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 218; Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 179; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 217; Beisel/Klumpp, Untemehmenskauf, 10 Rn. 51; Commandeur!Kleinbrink, Betriebsund Firrnenübemahme, Rn. 864; Boecken, ZIP 1994, 1087, 1094; Wlotzke, DB 1995,

167

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

§ 613a Abs. 5 BGB zugrunde, so müssen die die Haftung der beteiligten Rechtsträger betreffenden Angaben gegebenenfalls entsprechend angepasst werden. Bei einer Betriebsübernahme in der Insolvenz des Arbeitgebers scheidet eine uneingeschränkte Anwendung der in § 613a BGB angelegten Haftung des Erwerbers infolge Vorrangs der Verteilungsgrundsätze des Insolvenzverfahrens aus. Der Übernehmer haftet nicht fiir solche Ansprüche, die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits entstanden waren516 und die zur Insolvenztabelle angemeldet werden können517 • Entsprechende Beschränkungen der Haftung des neuen Arbeitgebers müssen den Arbeitnehmern unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen (bzw. wirtschaftlichen) Folgen des Übergangs im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB mitgeteilt werden. Nähere Ausruhrungen zu der Realisierbarkeit rückständiger Forderungen der Arbeitnehmer gegen den Betriebsveräußerer sind nicht erforderlich, da es sich bei dessen Insolvenz und den hiermit verbundenen Auswirkungen fiir die Arbeitnehmer nicht um Folgen des Betriebsübergangs handelt. ee)

Angaben zu Besitzstandswahrung und kündigungsrechtlichen Auswirkungen des Übergangs

Für eine die eigenen Belange wahrenden Entscheidung über einen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses sind Informationen zu einer Wahrung von Besitzständen und zum Bestandsschutz von besonderer Bedeutung.

(1)

Wahrung von Besitzständen, Dienstzeitenanrechnung etc.

Der neue Betriebsinhaber tritt nach § 613a Abs. l S. 1 BGB auch in solche Rechtspositionen und Anwartschaften ein, die sich noch nicht zu Rechten 40, 43. Offen lassend Willemsen, NZA 1996, 791, 800 f. Für eine Anspruchskonkurrenz Kasseler HdB.-Düwell, 6.8 Rn. 217; Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057, 1062; Kresse!, BB 1995, 925, 928. Für eine Spezialität von § 613a Abs. 2 BGB (zumindest bzgl. § 133 UmwG) Boecken, Untemehmensumwandlungen, Rn. 228; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Untemehmenskauf, I Rn. 370 ff. 516 Näher zum Ganzen sowie zur dogmatischen Begründungs. BAG v. 17.1.1980, v. 20.11.1984, v. 13.11.1986, v. 4.12.1986, v. 26.3.1996, AP Nr. 18 (unter II), Nr. 38 (unter 2 b}, Nr. 56 (unter II 3), Nr. 57 (unter II 2 a), Nr. 148 (unter B II I) zu§ 613a BGB; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 223 ff.; KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 134; G.Picot-Aleth, Untemehmenskauf, VIII Rn. 268 m.w.N. Eine Beschränkung der Haftung des Erwerbers kommt nicht in Betracht, wenn der Betrieb vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens übernommen wird; BAG v. 20.6.2002, BB 2003, 423, 425 f. m.w.N. 517 Vgl. dazu Staudinger-Richardi/Annuß, BGB § 613a Rn. 228; Hölters-Bauer/ v.Steinau-Steinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 262.

168

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BOB

und Pflichten verdichtet haben. Sofern es hierbei auf die Länge der Betriebszugehörigkeit ankommt, kann von "rechtlichen" bzw. "sozialen" Besitzständen gesprochen werden 518 • Für die Mitteilungen zu den rechtlichen (bzw. sozialen) Folgen des Übergangs genügt insoweit die Angabe, dass der neue Betriebsinhaber grundsätzlich in die bereits zurückgelegte Betriebszugehörigkeit eintritt519 • Da der neue Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, "mitgebrachte" Dienstzeiten bei einer Neueinführung bestehender Sozialleistungen zu berücksichtigen520, ist in einem derartigen Zusammenhang zusätzlich mitzuteilen, ob er die Betriebszugehörigkeitszeiten insoweit anrechnen will (§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB). Eine Mitteilungspflicht setzt allerdings voraus, dass diesbezüglich im Unterrichtungszeitpunkt bereits konkrete Planungen bestehen.

(2)

Kündigungsrechtliche Auswirkungen des Übergangs

Zum Pflichtbestandteil der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zählen auch kündigungsrechtliche Folgen des Betriebsübergangs 521 •

(a)

Kündigungsverbot nach § 613a Abs. 4 BGB

Geboten ist der Hinweis, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer wegen des Übergangs unwirksam ist. Zur Vermeidung von Missverständnissen empfiehlt sich aus Sicht der Arbeitgeberparteien zudem der Hinweis, dass das Recht zur Kündigung aus anderen Gründen unberührt bleibt(§ 613a Abs. 4 S. 2 BGB); zwingend ist

518 Vgl. Hölters-Bauerlv.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 150 mit einer Auflistung von Gesichtspunkten, für die die bei dem Veräußerer zurückgelegte Dienstzeit von Belang ist; Franzen, RdA 2002, 258, 265; Laber!Roos, ArbRB 2002, 268,270. 519 Vgl. statt aller Natzel, Betriebszugehörigkeit im Arbeitsrecht, S. 253 m.w.N. 520 Vgl. BAG v. 25.8.1976, APNr. 41 zu§ 242 BOB Gleichbehandlung (LS I); MünchKomm-Schaub, BOB, § 613a Rn. 98; Hölters-Bauerlv.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 153; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, I Rn. 207; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 188; für die betriebliche Altersversorgung s. Fn. 500. 521 S. die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. Aus dem Schrifttum ErfKomm-Preis, § 613a BOB Rn. 85; Palandt-Putzo, BOB, § 613a Rn. 44; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 15; Bauerlv.SteinauSteinrück, ZIP 2002,457, 463; Düwell, FA 2002, 107, 109; Franzen, RdA 2002,258, 265; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 635; Grobys, BB 2002, 726, 728; Huke, FA 2002, 263, 266; Laber!Roos, ArbRB 2002, 268, 269; Widlak, FA 2002, 363; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163; Worzalla, NZA 2002, 353, 354.

169

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

dies nicht 522 • Nähere abstrakte Ausfiihrungen, etwa zur Reichweite des Kündigungsverbotes nach § 613a Abs. 4 S. 1 BGB, zur einschlägigen gesetzlichen Frist fiir die Geltendmachung eines Verbotsverstoßes 523 oder zur Passivlegitimation des bisherigen bzw. des neuen Arbeitgebers im Zusammenhang mit Feststellungsstreitigkeiten524 können nicht verlangt werden. (b)

VerbesserungNerschlechterung des kündigungsschutzrechtlichen Status

Kommt es infolge des Betriebs(teil)übergangs zu Veränderungen beim Kündigungsschutz der Arbeitnehmer, so ist dies ebenfalls eine darstellungspflichtige rechtliche Folge im Sinne von§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BGB. Gegebenenfalls ist hierbei § 323 Abs. 1 UmwG zu beachten525 • Kündigungsrechtliche Besonderheiten bei einer Insolvenz des bisherigen Arbeitgebers (vgl. § 113, §§ 125 bis 128 InsO) sind nicht mitzuteilen, weil es sich hierbei weder um Primär- noch um Sekundärfolgen des Betriebsübergangs handelt. (c)

Einhaltung von Standortgarantien, Beschäftigungszusagen oder befristetem Kündigungsverzicht

Gemäß § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB sind die Auswirkungen des Übergangs auf den Fortbestand eventuell vorliegender Standortgarantien, Beschäftigungs-

522 Wie hier Huke, Unterrichtung, S. 78; ders., FA 2002, 263, 266; a.A. Bährle, BuW 2002, 1004, 1005; Kröll, PersR 2002, 391, 393; Sayatz/Woljf, DStR 2002, 2039, 2041. 523 Nach bisherigem Recht unterlag die Geltendmachung von § 613a Abs. 4 BGB der zeitlichen Grenze der Verwirkung; Erman-Hanau, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. I 05 f. Mit Wirkung zum 1.1.2004 ist in § 4 S. I KSchG durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt eine einheitliche Klagefrist eingeführt worden. Nunmehr müssen auch Verstöße gegen das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 S. I BGB binnen drei Wochen nach Kündigungszugang geltend gemacht werden. Noch offen ist, ob eine nachträgliche Klagezulassung in Betracht kommt, wenn dem Arbeitnehmer die Umstände, deretwegen die Kündigung gegen das Verbot aus § 613a Abs. 4 S. I BGB verstößt, erst nach Ablauf der Klagefrist bekannt werden; s. Bender/Schmidt, NZA 2004, 358, 365 f.; Preis, DB 2004, 70, 77. Wurde der Betreffende über den Betriebsübergang unterrichtet, so stellt sich diese Frage selbstverständlich nicht. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die Mitteilung in Bezug auf einzelne Unterrichtungsbestandteile möglicherweise fehlerhaft war, da die Klagefrist schon bei Kenntnis von der bloßen Tatsache des Inhaberwechsels gewahrt werden kann. 524 Näher KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 205 ff. m.w.N. 525 Nach dieser Norm soll sich die kündigungsrechtliche Stellung eines Arbeitnehmers nach einer Spaltung für die Dauer von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens nicht verschlechtern; dazu Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 323 Rn. 2 ff.; ders., NZA 1996,791,799 m.w.N.

170

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

zusagen oder befristeter Kündigungsverzichte etc. anzusprechen 526 • Hat der Betriebsnachfolger die Abgabe entsprechender Zusagen in Aussicht genommen, so besteht eine Darstellungspflicht nach§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB. (d)

Sonderkündigungsschutz für Mandatsträger

Bleibt die betriebliche Einheit im Zuge des Übergangs erhalten, so hat der Übergang keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Mitglieder der Arbeitnehmervertretungen 527 • Damit bleibt den Mandatsträgem auch der Sonderkündigungsschutz nach §§ 15 KSchG, 103 BetrVG erhalten. Anders kann es sein, wenn nur ein Betriebsteil veräußert wird (vgl. § 24 Nr. 3 BetrVG) 528 • Eine unmittelbare Verschlechterung des besonderen Kündigungsschutzes tritt gleichwohl auch in diesen Fällen nicht ein, weil die betroffenen Mandatsträger über ein Rest- bzw. Übergangsmandat entsprechend §§ 21a, b BetrVG verfUgen können 529 und auch bei dem Betriebsnachfolger eine Berufung auf nachwirkenden Kündigungsschutz (vgl. § 15 KSchG) möglich ist 530 . Mitteilungen zu den insoweit nur langfristigen Auswirkungen des Übergangs auf den Sonderkündigungsschutz betrieblicher Funktionsträger sind daher nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB nicht geschuldet. Im Übrigen können sich die Mitglieder der Arbeitnehmervertretungen bei Bejahung einer Darstellungspflicht hinsichtlich des Schicksals der Arbeitnehmervertretungen531 selbst ein Bild über zukünftige individuelle Verschlechterungen beim Sonderkündigungsschutz machen 532 • ff)

Angaben zu dem Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB und den Folgen seiner Ausübung

Fraglich ist, ob und inwieweit die Unterrichtungsschuldner aus§ 613a Abs. 5 Nr. 3 (und 4) BGB zu Mitteilungen über das Widerspruchsrecht und zu den Folgen seiner Ausübung verpflichtet sind.

526 Ebenso Meyer, AuA 2002, 159, 161; ders., BB 2003, 1010, 1012 f.; Sayatz/Woljf, DStR 2002, 2039, 2041. 527 Vgl. nur FESTL, BetrVG, § 24 Rn. 26. 528 S. LAG Schleswig-Holstein, DB 1985, 47, 48; ErtKomm-Preis, BGB, § 613a Rn. 126; FESTL, BetrVG, § 24 Rn. 26; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 142. 529 Vgl. nur Richardi-Richardi!Thüsing, BetrVG, § 24 Rn. 12. 530 ErtKomm-Preis, BGB, § 613a Rn. 126; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 142. 531 Dazu nachfolgend unter c) dd). 532 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 17; a.A. Krügermeyer-Kalthoff!Reutershan, MDR 2003, 541, 543.

171

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

(1)

Meinungsspektrum

Die Ansichten im Schrifttum sind geteilt. Angaben zum Widerspruchsrecht gemäߧ 613a Abs. 6 BGB werden zum Teil ausdrücklich nicht ftlr obligatorisch gehalten 533 . Insoweit greife die im Rechtsverkehr übliche Prämisse ein, dass die Beteiligten die einschlägigen Rechtsnormen kennen oder sich zumindest leicht über deren Inhalt erkundigen können 534 . Im Übrigen handele es sich nicht um eine Rechtsfolge des Übergangs, sondern um ein Rechtsfolgenverweigerungsrecht535. Anderer Ansicht zufolge erstreckt sich die Unterrichtung immer auch auf das Widerspruchsrecht 536 sowie auf die Folgen seiner Ausübung 537 • Unterschiedlich wird in diesem Zusammenhang wiederum die Reichweite der erforderlichen Angaben beurteilt. Zum Teil werden jedenfalls Angaben über einen bestehenden Kündigungsentschluss des Betriebsveräußerers gegenüber widersprechenden Arbeitnehmern als unerlässlich angesehen 538 • Auch die Verwendungsmöglichkeit des Widersprechenden in anderen Bereichen bei dem Veräußerer sei anzusprechen 539 . Am weitesten reicht eine vereinzelt gebliebene Ansicht, wonach auch die beim Betriebsveräußerer ftlr die wi-

533 ErfKomm-Preis, BGB, § 613a Rn. 85; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 16; ders., FA 2002, 299, 300; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 133; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 230; Bauer/v.SteinauSteinrück, ZIP 2002, 457, 463; Jaeger, ZIP 2004, 433, 442; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163 sowie (zur Rechtslage vor Einftihrung von § 613a Abs. 5 BGB) Neej, NZA-RR 1999, 225, 228. Vermittelnd Huke, Unterrichtung, S. 84; ders., FA 2002, 263, 267: Hinweis auf Widerspruchsrecht und Ausübungsmodalitäten aus Arbeitgebersicht empfehlenswert. 534 WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 230; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163. 535 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 16. 536 APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 210; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 44; G.PicotPicot/Schnitker, Unternehmenskauf, III Rn. 72; Rödder!Hötzel/Mueller-Thuns, Unternehmenskauf, § 12 Rn. 22; Bichlmeier, DZWiR 2002, 277, 278; KrügermeyerKalthoff/Reutershan, MDR 2003, 541, 543; Nehls, NZA 2003, 822, 825; Worzalla, NZA 2002, 353, 355; Wulff, AiB 2002, 594, 595. 537 HS-Spirolke, Arbeitsrecht!. Mandat, § 8 Rn. 33; Kunst, lnformationsrechte, S. 126; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 29; Bährle, BuW 2002, 1004, 1005; Kröll, PersR 2002,391, 391. 538 Vgl. HS-Spirolke, Arbeitsrecht!. Mandat, § 8 Rn. 33; Meyer, AuA 2002, 159, 161 (unter dem Gesichtspunkt der sozialen Folgen); Willemsen/Lembke, NJW 2002, !!59, 1163; Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2041; ähnlich Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 40: Hinweis auf Widerspruchsrecht unentbehrlich, wenn Kündigung widersprechender Arbeitnehmer beabsichtigt. 539 HS-Spirolke, Arbeitsrecht!. Mandat,§ 8 Rn. 33.

172

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 8G8

dersprechenden Arbeitnehmer künftig bestehenden Arbeitsbedingungen in die Unterrichtung miteinzubeziehen seien540 • Dies gebiete der Zweck der Information, zumal eine sinnvolle Abwägung pro/contra Arbeitgeberwechsel aus Arbeitnehmersicht ansonsten nicht möglich sei. Vom Wortlaut her könne eine entsprechende Unterrichtungspflicht in § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB verortet werden 541 •

(2)

Stellungnahme

Hinsichtlich der Erforderlichkeit von Mitteilungen zum Widerspruchsrecht bzw. dessen Ausübungsmodalitäten sowie weiteren Folgen ist zu unterscheiden:

(a)

Hinweis auf das Widerspruchsrecht und seine Ausübungsmodalitäten

Zunächst gilt, dass jedenfalls Angaben zum Bestehen eines Widerspruchsrechts zum Pflichtbestandteil der Unterrichtung zu rechnen sind. Eine Erstreckung von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB auf das Widerspruchsrecht liegt bereits deswegen nahe, weil dieses in Bezug auf eine bevorstehende Betriebsübernahme zur Entstehung gelangt und im Übergangszeitpunkt (gegebenenfalls rückwirkend) 542 wirksam wird, so dass es sich begrifflich ohne weiteres um eine rechtliche "Folge" des Betriebsübergangs handelt. Dem steht die Tatsache, dass das Widerspruchsrecht nach seiner Stellung im systematischen Kontext des § 613a BGB den Vorschriften über die Unterrichtung nachgeordnet ist, nicht entgegen, weil sich zwar wesentliche, keineswegs aber alle darstellungspflichtigen rechtlichen Folgen des Übergangs den Absätzen 1 bis 4 des§ 613a BGB entnehmen lassen 543 • Maßgeblich fiir eine Hinweispflicht auf das Widerspruchsrecht spricht der Zweckbezug von § 613a Abs. 5 und 6 BGB. Die Unterrichtung wird fiir rechtsunkundige Adressaten entwertet, wenn nicht deutlich wird, dass die Arbeitnehmer anlässtich des gesetzlichen Übergangs ihres Arbeitsverhältnisses zu einer Entscheidung über einen Arbeitgeberwechsel befugt sind. Wird nämlich einerseits auf den Eintritt des Erwerbers in die Arbeitsverhältnisse hingewiesen (§ 613a Abs. 5 Nr. 3, Abs. 1 S. I BGB), zu dem Bestehen des Widerspruchsrechts aber geschwiegen, so muss fiir die Mitteilungsadressaten der Eindruck entstehen, als schreibe das Gesetz den Arbeitgeberwechsel zwingend vor. Dies liefe ersichtlich dem Regelungszweck von 540 541 542 543

Franzen, RdA 2002, 258, 267. Franzen, RdA 2002, 258, 267. Zur Problematik rückwirkender Widersprüche noch§ 13 8. I. S. oben 8. li. 3.

173

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

§ 613a Abs. 5 BGB zuwider, der gerade auf eine Erleichterung der Rechtsausübung aus § 613a Abs. 6 BGB gerichtet ist. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zudem, dass neben dem Hinweis auf das Bestehen des Widerspruchsrecht zudem kurz auf die entscheidenden Ausübungsmodalitäten (Frist, Schriftform, beide Arbeitgeber als Adressaten 544 ) hinzuweisen ist545 • Auch insoweit muss zum Zwecke der Effektuierung des Widerspruchsrechts eine Irreführung der informationsadressaten vermieden werden. Macht beispielsweise der Arbeitgeber von seiner Unterrichtungsmöglichkeit durch e-mail Gebrauch, so liegt es aus Sicht des rechtsunkundigen Adressaten nicht fern, seinen Widerspruch in einer Antwort-e-mail zu erklären546• Ein derartiger Widerspruch wäre aber wegen §§ 613aAbs. 6 S. 1, 126 Abs. 1, 125 S. 1 BGB unwirksam. Derartige Missverständnisse werden bei einem kurzen Hinweis auf die Bestimmungen des § 613a Abs. 6 BGB vermieden, ohne dass hiermit ein substanzieller Mehraufwand fiir die Unterrichtungsschuldner verbunden ist. Der hier vertretenen Auffassung steht die - fiir sich genommen richtige Annahme nicht entgegen, dass jeder fiir die Kenntnis der ihn betreffenden gesetzlichen Bestimmungen selbst Sorge zu tragen hat. Gegenstand der Schilderungen der rechtlichen Folgen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB sind die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Übergang. Wollte man die angesprochene Prämisse zur Richtschnur fiir die Reichweite des Informationskataloges machen, so bliebe kaum ein Unterrichtungsgegenstand übrig. Denn ebenso gut ließe sich folgern, die Arbeitnehmer hätten sämtliche ihrer Rechte aus§ 613a BGB zu kennen. Dies fiihrte den Informationszweck ad absurdum.

(b)

Hinweis auf die Folgen der Widerspruchsrechtsausübung

Der erforderliche Hinweis auf das Bestehen des Widerspruchsrechts schließt die Mitteilung des Verbleibs des Arbeitsverhältnisses bei dem bisherigen Arbeitgeber mit ein. Hat der Widerspruch ausnahmsweise das automatische und unmittelbare Erlöschen des Arbeitsverhältnisses im Umwandlungszeitpunkt zur Folge (z.B. bei Verschmelzung)547, so muss auf den möglichen 544 Zum Empfangerwahlrecht des Arbeitnehmers s. § 7 B. III. 3. a). 545 Dann erübrigt sich auch die Frage, ob der Empfanger einer z.B. formunwirksamen Widerspruchserklärung gehalten ist, den Arbeitnehmer auf den Formfehler hinzuweisen, wenn die Erklärung noch wirksam nachgeholt werden könnte. Dies kann nach einer vorherigen Unterrichtung unter Einbeziehung der maßgeblichen Ausübungsmodalitäten für das Widerspruchsrecht nicht angenommen werden. 546 Vgl. Nehls, NZA 2003, 822, 825. 547 Dazu § 13 C. III. I. und 2.

174

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BOB

Verlust arbeitsvertraglicher Rechte und Pflichten zur Wahrung von Zweck und Transparenz der Unterrichtung eindeutig und unmissverständlich hingewiesen werden. Von einer infonnierten Widerspruchsentscheidung kann nämlich ersichtlich nicht gesprochen werden, wenn sich der Arbeitnehmer über die besondere "Gefahrlichkeit" des Widerspruchs bei Untergang der Rechtspersönlichkeit des bisherigen Arbeitgebers nicht im Klaren ist 548 • Die Wahrung des spezifischen Informationszwecks von § 613a Abs. 5 BGB macht auch Angaben zu individualrechtliehen Maßnahmen des Betriebsveräußerers gegenüber widersprechenden Arbeitnehmern erforderlich, soweit diese im Unterrichtungszeitpunkt bereits konkret geplant sind (z.B. betriebsbedingte Kündigung 549). Ein diesbezügliches Unterrichtungsrecht folgt allerdings nicht aus § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB ("Folgen des Übergangs"), da die betreffenden Maßnahmen gerade bei einem widerspruchsbedingten Nichtübergehen Platz greifen sollen. Unproblematisch möglich ist allerdings eine Subsumtion von Veräußerermaßnahmen unter § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB. Der allgemein gehaltene Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen, zumal dieser nicht erkennen lässt, dass nur Maßnahmen durch den Übernehmer, nicht hingegen durch den übertragenden Arbeitgeber, erfasst sein sollen550 . Auf den planenden bzw. durchfUhrenden Rechtsträger, den alten oder den neuen Arbeitgeber, kommt es folglich im Rahmen von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB nicht an. Durch die hier vertretene Auslegung kann somit dem berechtigten Infonnationsinteresse der Widerspruchsberechtigten hinsichtlich der sich flir sie im Falle eines Verbleibs bei ihrem bisherigen Arbeitgeber ergebenden Beschäftigungsperspektive Rechnung getragen werden. Überdehnt wird die Reichweite von§ 613a Abs. 5 BGB hingegen durch die Forderung einer Einbeziehung der bei dem Betriebsveräußerer nach Vollzug der Betriebsübertragung allgemein vorzufindenden Arbeitsbedingungen in 548 Eine Aufklärungspflicht hinsichtlich sonstiger eventueller Risiken der Widerspruchsrechtsausübung (z.B. Ausschluss von Leistungen aus einem Sozialplan, s. Fn. I, 3. Kapitel) trifft die beteiligten Arbeitgeber im Übrigen jedoch nicht. 549 Es ist denkbar, die Kündigung bei Vorliegen ihrer Rechtfertigungsvoraussetzungen bereits in dem Unterrichtungsschreiben aufschiebend bedingt auf die Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Arbeitnehmer auszusprechen. Bedenken hiergegen unter dem Gesichtspunkt der Bedingungsfeindlichkeit einseitiger Rechtsgeschäfte bestehen nicht, weil das Wirksamwerden der Kündigung in diesem Fall (nur) von einer Willensentscheidung des Erklärungsadressaten abhängt (Potestativbedingung; vgl. Palandt-Heinrichs, BOB, Einf. § !58 Rn. 13). Die Einhaltung der ftir die Unterrichtung vorgesehenen Textform genügt ftir die Kündigung allerdings nicht(§ 623 BOB); es muss somit die strengere Schriftform gewählt werden. Zur Kündigung nach Widerspruch s. noch § 14. 550 A.A. ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BOB Rn. 337.

175

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

den Unterrichtungsinhalt (z.B. Herausfallen des Veräußerer-Restbetriebs aus dem fachlichen Geltungsbereich des bislang anwendbaren Tarifvertrags551 ; künftige Betriebsratsfähigkeit; Anwendbarkeit des KSchG etc.). Es ist zwar richtig, dass dem Informationsinteresse der Adressaten, soweit dieses nicht bereits durch die gebotenen Mitteilungen zu den hinsichtlich der widersprechenden Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen (s. vorstehend) befriedigt ist, durch eine "Verdoppelung" der Informationspflicht zu den Auswirkungen der Übertragung auf die jeweiligen Arbeitsbedingungen besonders gedient wäre 552 . Aus § 613a Abs. 5 Nr. 3 BOB können Mitteilungen zu den bei dem Veräußerer künftig vorzufindenden Verhältnissen aber nicht verlangt werden. Bezugspunkt der Angaben sind die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs flir die Arbeitnehmer. Derartige Folgen treten gerade nicht ein, wenn der Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 6 BOB verweigert wird. Soweit sich die Arbeitsbedingungen flir Arbeitnehmer nach einem Widerspruch ändern, handelt es sich um Auswirkungen des Verbleibs bei dem bisherigen Arbeitgeber. Zu den Folgen des Übergangs gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BOB spiegelbildliche Angaben bezüglich der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Verbleibs bei dem Betriebsveräußerer erfordert das Gesetz nicht. Dies ist im Interesse der Vermeidung einer uferlosen Ausdehnung der Infonnationspflicht folgerichtig. Während nämlich fiir die Ermittlung der Folgen des Übergangs auf Seiten des Erwerbers insbesondere auf den Normkontext des § 613a BOB zurückgegriffen werden kann, der der Unterrichtung Konturen verleiht, steht ein vergleichbarer Maßstab fiir die Ermittlung der Arbeitsbedingungen nach einem Widerspruch nicht zur Verfligung. Zu Recht bestätigen daher die Gesetzesmaterialien, dass die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen im Sinne von§ 613aAbs. 5 Nr. 3 BOB auf den Übergang der Arbeitsverhältnisse und damit auf die Verhältnisse bei dem übernehmenden Rechtsträger zugeschnitten sind553 • Eine Informationspflicht hinsichtlich der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Widerspruchs ergibt sich auch aus § 613a Abs. 5 Nr. 4 BOB nicht. Eine nach dieser Norm begründete Darstellungspflicht setzt das 551 Zu dieser Problematik B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 24 Rn. 151 ff. m.w.N. 552 Zu berücksichtigen ist auch, dass sich die künftigen Arbeitsbedingungen flir den Fall eines Verbleibs bei dem bisherigen Arbeitgeber zum Teil auch mittelbar infolge der von § 613a Abs. 5 BGB unstreitig geforderten Angaben einschätzen lassen (Bsp.: Insolvenz des Arbeitgebers als Grund ftir den Übergang; Erlöschen von Betriebsvereinbarungen bei Verlust der betrieblichen Identität etc.). 553 V gl. die Regierungsbegründung zu den notwendigen Inhalten der Unterrichtung, BTDrucks. 14/7760, S. 19.

176

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

(geplante) Ergreifen von Maßnahmen durch die beteiligten Arbeitgeber voraus. Sofern es nur um die schlichte Veränderung von Arbeitsbedingungen unmittelbar infolge der Betriebsübertragung geht, ist § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB hingegen weder im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen widersprechender noch übergehender Arbeitnehmer einschlägig, weil insoweit keine Gestaltungsspielräume genutzt werden 554•

b)

Wirtschaftliche Folgen des Übergangs im Einzelnen (§ 613a Abs. 5 Nr. 3 2. Fall BGB)

aa)

Angaben zu finanziellen Auswirkungen des Übergangs für die Arbeitnehmer

Sofern sich der Betriebsinhaberwechsel fiir die Arbeitnehmer bei hiermit verbundenen Veränderungen der Arbeitsbedingungen bzw. der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht nur unerheblich finanziell auswirkt, kann dies ebenfalls eine Darstellungspflicht nach§ 613aAbs. 5 Nr. 3 2. Fall BGB begründen. Da individuell auf das einzelne Arbeitsverhältnis bezogene Angaben nicht verlangt werden können, gilt generell, dass auf die betreffenden Veränderungen nur schlagwortartig eingegangen werden muss. Dies bedeutet, dass der Informationspflicht beispielsweise im Falle einer Ablösung von Kollektivverträgen genügt ist, wenn als (rechtliche) Folge des Übergangs auf die Einschlägigkeit der ErwerberregeJung hingewiesen wird. Es muss demnach unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zusätzlich "umgerechnet" werden, ob und inwieweit einzelne Beschäftigte nach dem Übergang in den Genuss höherer Entgeltansprüche kommen etc. 555 • Vor diesem Hintergrund ist der Bezugspunkt der wirtschaftlichen Folgen fiir die Arbeitnehmer vor allem in der Darstellung solcher Veränderungen zu sehen, die sich nicht als rechtliche Folgen unmittelbar den Bestimmungen von § 613a Abs. 1 bis 4 BGB entnehmen lassen. Insoweit kann es um allgemeine Arbeitsbedingungen gehen, die bei dem neuen Betriebsinhaber nach dem Übergang fiir die übergehenden Arbeitnehmer erstmals einschlägig sind, aber auch um Kompensationsleistungen, faktisch höhere Belastungen der Ar-

554 Vgl. oben I. b) aa) und bb). 555 Ebenso WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 231; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163; in diesem Sinne auch Sayatz/Wo/jf, DStR 2002, 2039, 2041: Aussagen über individuelle Verbesserungen oder Verschlechterungen nicht notwendig); anders wohl Krügermeyer-Kalthoff/Reutershan, MDR 2003, 541, 543: Unterrichtung über Höhe des Arbeitsentgelts.

177

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

beitnehmer irrfolge des Übergangs usw., sofern es sich hierbei um erhebliche Primärfolgen des Übergangs handelt 556 • Als Beispiele für mitteilungsbedürftige wirtschaftliche Folgen seien genannt: freiwillige Leistungen des Betriebserwerbers z.B. aufgrund von Gesamtzusage, betrieblicher Übung, sofern sich hieraus Ansprüche für die übergehenden Arbeitnehmer ergeben557 (Bsp.: Zahlung eines 13. Gehalts bei dem neuen Inhaber); freiwillige Kompensationsleistungen des Betriebserwerbers im Zusammenhang mit dem Übergang (z.B. Eingliederungshilfen, Umzugspauschalen etc. ); erhebliche Minderung von Verdienstchancen irrfolge des Entfallens von Zuschlägen (Bsp.: keine Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit bei dem neuen Betriebsinhaber); erhebliche Belastungen für die übergehenden Arbeitnehmer durch eine mit der Betriebsübertragung einhergehenden Betriebsstättenverlegung (etwa bei ungünstiger Erreichbarkeit, Erforderlichkeit eines Wohnsitzwechsels )558 ;

556 Zur Kategorisierung der Folgen s. oben I. b). Sofern sich Veränderungen in wirtschaftlicher Hinsicht nicht in unmittelbarem Planungszusammenhang mit dem Übergang ergeben, aber auf einer in Aussicht genommenen Maßnahme im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB beruhen, kommt hinsichtlich der hier angesprochenen Gesichtspunkte auch eine Unterrichtungspflicht nach Nummer 4 in Betracht. 557 Für diese Frage kommt es in erster Linie auf den Inhalt der Zusage an. Unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgrundsatzes können die übergehenden Beschäftigten in der Regel keine Anpassung an die Rechtsverhältnisse der Arbeitnehmer des übernehmenden Rechtsträgers verlangen, weil die unterschiedliche "Herkunft" der Mitarbeiter (zunächst) einen Sachgrund fiir eine Differenzierung darstellt; vgl. BAG v. 25.8.1976 AP Nr. 41 zu § 242 BGB Gleichbehandlung (LS I und unter 2, 3); ErmanEdenfeld, BGB, § 613a Rn. 61; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 100; Schiefer, NJW 1998,1817, 1819. 558 Insoweit dürfte regelmäßig ein Hinweis auf den Standortwechsel unter Angabe des neuen Betriebsstandortes zur Befriedigung des Informationsinteresses der Arbeitnehmer genügen. Unerhebliche Standortverschiebungen sind nicht informationsrelevant Bezüglich der Konkretisierung des Erheblichkeitsmaßstabes bietet es sich an, auf die zu § II! S. 3 Nr. 2 BetrVG entwickelten Grundsätze zurückzugreifen. Auch dort darf die örtliche Veränderung nicht nur geringftigig sein; BAG v. 17 .8.1982, AP Nr. II zu § !II BetrVG 1972 (LS I und unter II 2); FESTL, BetrVG, § !II Rn. 81; Richardi-Richardi/Annuß, BetrVG, § !II Rn. 92.

178

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

fehlende Sozialplanpflicht bei dem Betriebserwerber nach dem Übergang (bspw. wegen Einschlägigkeit von § 112a BetrVG bei dem übernehmenden Rechtsträger) 559 •

bb)

Angaben zur wirtschaftlichen Situation des Erwerbers

Es stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die wirtschaftlichen Folgen des Übergangs im Sinne von§ 613a Abs. 5 Nr. 3 2. Fall BOB zudem Angaben zu der wirtschaftlichen Situation des Betriebsübernehmers umfassen. Eine Informationspflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation des Erwerbers kommt nur in Betracht, wenn diese unmittelbar auf die Position der übergehenden Arbeitnehmer durchschlägt. Nur in diesem Fall kann nämlich entsprechend der Diktion des Gesetzes überhaupt von Folgen für die Arbeitnehmer gesprochen werden. Die Offenlegung vermeintlicher Insolvenzrisiken, der Eigentumsverhältnisse an wesentlichen Betriebsmitteln oder der Beteiligungsverhältnisse kann insofern ebenso wenig verlangt werden wie Mitteilungen zu der allgemeinen finanziellen Ausstattung des übernehmenden Rechtsträgers 560 . Ein berechtigtes Informationsinteresse kann den betroffenen Arbeitnehmern aber insoweit nicht abgesprochen werden, wie ihre individuelle Rechtsposition nach dem Übergang durch die ökonomischen Rahmenbedingungen bei dem neuen Arbeitgeber unmittelbar betroffen ist. Hierfür reicht beispielsweise eine allgemein schlechte Ertragslage oder die Berechtigung zur Verweigerung der Anpassung laufender Rentenverpflichtungen gemäß § 16 Abs. I BetrAVG aufgrundeiner Unternehmenskrise nicht aus. Zu denken ist vielmehr an Umstände, die unmittelbar zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Arbeitnehmer nach dem Übergang fuhren. Dies ist beispielsweise bei einer (über den Übertragungsstichtag hinaus) bestehenden Anordnung von Kurzarbeit in dem aufnehmenden Betrieb der Fall, da sich hier die Bezüge der Arbeitnehmer entsprechend mindern (Kurzarbeitergeld, §§ 169 ff. SGB III) 561 • Im Übrigen darf nach dem Zweck von § 613a Abs. 5 BOB eine unmittelbar bevorstehende Zahlungsunfähigkeit des Betriebs-

559 Anlass für eine Mitteilung besteht insoweit aber nur, wenn im Zeitpunkt der Unterrichtung eine gemäß §§ !II ff. BetrVG beteiligungspflichtige Betriebsänderung durch den übernehmenden Rechtsträger bereits konkret in Aussicht genommen ist. 560 A.A. Bichlmeier, DZWIR 2002, 277, 278. 561 Einschlägig sein kann insoweit neben Nummer 3 auch Nummer 4 des§ 613a BGB, wenn Kurzarbeit zwar noch nicht angeordnet wurde, dies aber durch den neuen Betriebsinhaber bereits in Aussicht genommen worden ist.

179

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

nachfolgers bei der Unterrichtung nicht ohne Erwähnung bleiben562 , zumal es sich bei der Illiquidität des möglichen neuen Arbeitgebers um einen anzuerkennenden "sachlichen Grund" für einen Widerspruch handelt563 • Es stellt daher eine wirtschaftliche Folge des Übergangs für die Arbeitnehmer dar, wenn im Unterrichtungszeitpunkt die Erfüllung fälliger Ansprüche der übergehenden Beschäftigten gegen den neuen Arbeitgeber tatsächlich gefährdet ist564 . Schließlich darf den Arbeitnehmern auch ein bei dem Übernehmer laufendes Insolvenzverfahren nicht vorenthalten werden 565 •

c)

Soziale Folgen des Übergangs im Einzelnen(§ 613a Abs. 5 Nr. 3 3. Fall BGB)

aa)

Angaben zu Sozialleistungen und über das Bestehen von Sozialeinrichtungen bei dem Betriebsnachfolger

Die Frage der Aufrechterhaltung bzw. des Verlusts oder der Anpassung von Sozialleistungen, die der bisherige Betriebsinhaber seinen Arbeitnehmern gewährt hat, ist regelmäßig bereits Bestandteil der Mitteilungen zu den rechtlichen Folgen des Übergangs und muss insofern nicht dezidiert unter dem Aspekt der sozialen Folgen angesprochen werden. Soweit erhebliche soziale Auswirkungen des Übergangs ftir die Arbeitnehmer hiervon nicht bereits erfasst sind, bezieht sich § 613a Abs. 5 Nr. 3 3. Fall BGB beispielsweise auf folgende Umstände: Auswirkungen des Betriebsinhaberwechsels auf Versicherungsverhältnisse der in einer Betriebskrankenkasse des bisherigen Betriebsinhabers versicherten Arbeitnehmer; (erstmaliges) Zurverfügungstellen von Werkswohnungen durch den Erwerber; Bestehen/Nichtbestehen von Sozialeinrichtungen im Sinne von § 87 Abs. I Nr. 8 BetrVG bei dem Betriebsnachfolger, sofern die übergehen562 Generell gegen eine Informationspflicht hinsichtlich der Solvenz des neuen Arbeitgebers hingegen Huke, Unten·ichtung, S. 89; Grobys, BB 2002, 726, 728. 563 S. oben B. li. 2 a) sowie noch§ 14 C. III. 3. 564 Der Betriebsnachfolger muss seine wirtschaftliche Bedrängnis aufgrund seiner Treuepflicht nach dem Übergang ohnehin offenbaren, wenn Lohnansprüche gefährdet sind; vgl. BAG v. 24.9.1974, NJW 1975, 708, 709; v. 8.3.1977, DB 1977, 1322 Qeweils unter dem Gesichtspunkt einer vorvertragliehen Aufklärungspflicht); MünchKomm-Roth, BGB, § 242 Rn. 316; Soergei-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 145. 565 So auch ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 85; Kunst, Informationsrechte, S. 126; Kröll, PersR 2002, 391, 393; Krügermeyer-Kaltho.ff/Reutershan, MDR 2003, 541, 543; Worzalla, NZA 2002, 353, 355; unklar Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 44 (geschuldet seien Informationen über denneuen Arbeitgeber).

180

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

den Arbeitnehmer dem begünstigten Personenkreis hinzuzurechnen sind und entsprechende Informationen objektiv von Relevanz fiir die Widerspruchsentscheidung sind 566 •

bb)

Angaben zu Veränderungen der Anzahl der durchschnittlich im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer

Kommt es im Zuge der Eingliederung der übertragenen Einheit in einen Erwerberbetrieb zu gravierenden Veränderungen der Anzahl der durchschnittlich in dem übergehenden Betrieb(steil) beschäftigten Arbeitnehmer, so handelt es sich hierbei um eine darstellungsbedürftige soziale Folge des Übergangs. Dies rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass zahlreiche Arbeitnehmerrechte, insbesondere auch in kollektivrechtlicher Hinsicht, von dem Erreichen bestimmter Schwellenwerte abhängig sind. Es besteht insbesondere ein Informationsinteresse dahingehend, ob der Betrieb künftig nicht mehr als Kleinbetrieb, sondern als mittelständischer oder Großbetrieb gefiihrt wird 567 • Hinsichtlich der Frage, wann eine relevante Veränderung der Beschäftigtenzahl vorliegt, kann auf die Schwellenwerte des § 9 BetrVG zurückgegriffen werden. Wäre hiernach (gegebenenfalls fiktiv) eine Aufstockung bzw. Verkleinerung eines Betriebsrats nach dem Übergang notwendig, so ist folglich die künftige Beschäftigenzahl in dem aufnehmenden Erwerberbetrieb mitzuteilen 568 • cc)

Angaben zu betriebsorganisatorischen Veränderungen

Fraglich ist, ob zu dem erforderlichen Unterrichtungsinhalt auch betriebsorganisatorische Veränderungen zu zählen sind, die sich im Zusammenhang mit der (Teil-) Betriebsübertragung ergeben. Nach Wortlaut und Zweck des§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB kommt es fiir das Eingreifen einer Mitteilungspflicht darauf an, ob die betreffenden betrieblichen Auswirkungen der Übernahme unmittelbare Folgenfür die Arbeitnehmer haben. Aus diesem Grunde sind beispielsweise Angaben zur Stellung der übertragenen Einheit in der Unternehmenshierarchie des Erwerbers im 566 Unterhält der Betriebsnachfolger ein Netz von Sozialeinrichtungen (z.B. Großkonzeme), so kann mitgeteilt werden, dass mit der Unternehmenszugehörigkeit nach Maßgabe der jeweiligen Nutzungsbedingungen ein Zugangsrecht zu firmeneigenen Sozialeinrichtungen besteht. Werden entsprechende Angaben gemacht, so kann der neue Arbeitgeber damit zugleich seiner aus § 81 BetrVG bzw. der Fürsorgepflicht abzuleitenden Pflicht zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über der Belegschaft zur Verfügung stehende soziale Einrichtungen (vgl. Richardi-Richardi!Thüsing, BetrVG, § 81 Rn. 4 m.w.N.) entsprechen. 567 So auch Kunst, Informationsrechte, S. 126; Menze, Widerspruchsrecht, S. 60. 568 Angaben zur Belegschaftsstärke im Erwerberunternehmen sind hingegen entbehrlich.

181

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Regelfall nicht notwendig 569 . § 613a Abs. 5 Nr. 3 3. Fall BGB kann aber zum Beispiel eingreifen, wenn: es im Zuge einer Betriebseingliederung zu dem Entfallen von betrieblichen Funktionen kommt und Arbeitnehmer der übergehenden Einheit hierdurch bedingt tariflich anders eingruppiert, umgesetzt oder versetzt werden; die Betriebsübertragung mit tiefgreifenden Umstellungen von Arbeitsprozessen oder einem grundlegenden Wechsel des Betriebszwecks verbunden ist (z.B. Umstellung von manueller auf maschinelle Produktion oder Erbringung einer völlig anderen Dienstleistung und dadurch erforderliche Umschulungsmaßnahmen); der Betrieb künftig erstmals oder aber nicht mehr als eigenständiger Betrieb geführt wird (Bsp.: Betriebsaufspaltung ftihrt unter Bündelung von Leitungsfunktionen zur Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes mehrerer Unternehmen, vgl. § 1 Abs. 2 BetrVG).

dd)

Angaben zu betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen des Übergangs

Problematisch und umstritten ist, ob und inwieweit der bisherige bzw. der neue Betriebsinhaber aus § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB verpflichtet ist, auf betriebsverfassungsrechtliche Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Betriebsinhaberwechsel570 hinzuweisen.

(1)

Meinungsspektrum

Nach herrschender Meinung können derartige Veränderungen bei der Unterrichtung nicht unberücksichtigt bleiben. Graduelle Unterschiede ergeben sich im Hinblick auf den Umfang der als notwendig erachteten Angaben. Preis bejaht eine Mitteilungspflicht in Bezug auf das Nichtbestehen eines Betriebsrats bei dem Erwerber sowie eine Änderung der betriebsverfassungsrechtlichen Struktur mit dem Hinweis auf den Zweck der Unterrichtung, nämlich Entscheidungsgrundlage ftir das Widerspruchsrecht zu sein571 . Bichlmeier, Huke und Franzen wollen die Auswirkungen des Betriebsübergangs auf die Arbeitnehmervertretungen bzw. den Betriebsrat explizit unter 569 A.A. Grobys, BB 2002, 726, 728; Krügermeyer-KalthojjlReutershan, MDR 2003, 541, 543. 570 Allgemein hierzu ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 285 ff.; ErtKomm-Preis, BGB, § 613a Rn. 124 ; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 79; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 27 Rn. 3 ff.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, IIl Rn. 54 ff. 571 ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 85; ähnlich APS-Ste.ffan, § 613a Rn. 213.

182

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

die sozialen Folgen im Sinne von§ 613a Abs. 5 Nr. 3 3. Fall BOB fassen 572 , wobei Kröll, Krügermeyer-Kalthojj!Reutershan und Worzalla auch Angaben zu eingeschränkten Rechten des Betriebsrats wegen Nichterreichens bestimmter Schwellenwerte (z.B. 20 Arbeitnehmer für eine Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen, § 99 BetrVG) als erforderlich ansehen573 • Meyer und Wuljf zufolge muss die betriebsverfassungsrechtliche Situation bei dem Erwerber (Bestehen eines Konzern-/Gesamt-Betriebsrats) geschildert werden 574 • Schließlich soll es sich nach Baeck!Haussmann um eine darstellungspflichtige Folge handeln, wenn ein Betriebsteilübergang dazu fuhrt, dass die Arbeitnehmer nach Ablauf eines Übergangsmandats nicht mehr von dem bisherigen Betriebsrat oder aufgrund einer Eingliederung nunmehr von einem anderen Betriebsrat repräsentiert würden. Im Übrigen seien die Auswirkungen auf die Arbeitnehmervertretungen grundsätzlich nicht Gegenstand der Unterrichtung 575 • Andere Autoren, namentlich B. Gaul, Jaeger sowie Willemsen und Lembke, sprechen sich generell gegen eine Informationspflicht in Bezug auf die Folgen des Übergangs für Arbeitnehmervertretungen aus 576 • Dies ergebe sich aus einem Wortlautvergleich von§ 6I3a Abs. 5 Nr. 3 BOB mit§§ 5 Abs. I Nr. 9, 126 Abs. I Nr. Il UmwG, wo ausdrücklich von den Folgen flir die Arbeitnehmervertretungen die Rede sei. Zudem spielten Bestand und Zusammensetzung der Vertretungsorgane aus Sicht des objektivierten Arbeitnehmerhorizonts eine eher untergeordnete Rolle für die Entscheidung gegen einen Arbeitgeberwechsel 577 • (2)

Stellungnahme

Zunächst muss ermittelt werden, ob Folgen des Übergangs in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht ganz grundsätzlich überhaupt als Gegenstand der Unterrichtung in Betracht kommen. 572 Bichlmeier, DZWIR 2002, 277, 278; Franzen, RdA 2001, 258, 265; Huke, FA 2002, 263, 267. In diesem Sinne auch Bährle, BuW 2002, 1004, 1005; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43,46; Kliemt, Juve-HdB. 2002/2003, S. 214, 215; Sayatz/Woljf, DStR 2002, 2039, 2042 (Hinweis auf Übergangsmandat als Bestandteil der rechtlichen Folgen). 573 Kröll, PersR 2002, 391, 9393; Krügermeyer-KalthojjlReutershan, MDR 2003, 541, 543; Worzal/a, NZA 2002, 353, 355. 574 Meyer, BB 2003, 1010, 1013; Wuljf, AiB 2002, 594, 595; ähnlich Sayatz/Woljf, DStR 2002, 2039, 2042. 575 DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3355. 576 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 17; ders., FA 2002, 299, 300; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 229; Jaeger, ZIP 2004, 433, 443; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162 f. 577 Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162 f.

I83

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Auszugehen ist von den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG. Ob der dortige Begriff der Folgen des Übergangs fur die Arbeitnehmer auch Änderungen fur die Beschäftigten in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht umfasst, ist nicht eindeutig. Einerseits können sich die Folgen im Sinne dieser Bestimmung nicht auf das Schicksal der Arbeitnehmervertretungen beziehen, weil die subsidiäre Vorschrift des Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG gerade bei deren Nichtexistenz im Veräußererbetrieb zur Anwendung gelangt. Für die deutsche Umsetzung ist dies allerdings wenig aussagekräftig, da der Anwendungsbereich von § 613a Abs. 5 BOB insoweit gegenüber dem europäischen Recht gerade erweitert ist 578 • Andererseits ist nicht ausgeschlossen, dass unter die sozialen Folgen des Übergangs im Sinne der Richtlinie beispielsweise auch die betriebsverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen bei dem Betriebserwerber zu fassen sind. Berücksichtigt man Wortlaut und Zweck des § 613a Abs. 5 BOB, so spricht einiges dafur, dass eine generelle Ausk1ammerung von betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen des Inhaberwechsels aus dem Informationskanon nicht zu rechtfertigen ist. Angesichts des weit gefassten Wortlautes von § 613aAbs. 5 Nr. 3 BOB kann beispielsweise der Verlust der Repräsentation durch einen Betriebsrat oder deren Hinzugewinn ohne weiteres als soziale Folge des Übergangs fur die Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes verstanden werden. Der von der Gegenansicht bemühte, ohnehin wenig aussagekräftige579 Umkehrschluss aus dem Umwandlungsrecht trägt die Ablehnung einer Mitteilungspflicht zum Schicksal der Arbeitnehmervertretungen folglich zumindest so lange nicht, wie sich betriebsverfassungsrechtliche Änderungen als Folge des Übergangs auf die Lage der betroffenen Arbeitnehmer auswirken. Schließlich wird auch die Annahme, der Bestand von Vertretungsorganen spiele keine Rolle bei der Entscheidung über einen Arbeitgeberwechsel, keineswegs immer verfangen. Hat der übernehmende Rechtsträger beispielsweise eine Betriebsänderung in der erworbenen Einheit in Aussicht genommen, so ist das Eingreifen der Arbeitnehmerrechte nach den §§ 111 ff. BetrVG davon abhängig, dass ein Betriebsrat bereits in dem Zeitpunkt besteht, in dem sich der Unternehmer zu der Betriebsänderung entschließt580. Die übergehenden Arbeitnehmer haben folglich ein berechtigtes Informationsinteresse dahingehend, ob sie mit einer Beteiligung des fortbestehenden Betriebsrats (ggf. im Rahmen eines Übergangs- oder Restman578 Vgl. oben§ 3 A. !1. 1., 2. b). 579 S. bereits unter B. III. 3 b). 580 BAG v. 20.4.1982, v. 28.10.1992, AP Nr. 15 (LS und unter !I 1), Nr. 63 (LS und unter !I 2) zu § 112 BetrVG 1972; FESTL, BetrVG, § 111 Rn. 33 f.; HSWG-Hess, BetrVG, § 111 Rn. 2; Richardi-Richardi!Annuß, BetrVG, § 111 Rn. 27 m.w.N.

184

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB

dats) oder einer bei dem Erwerber bereits bestehenden Arbeitnehmervertretung rechnen können. Verdeutlichen die vorstehenden Überlegungen, dass eine Unterrichtung über Veränderungen der betriebsverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen im Zuge des Betriebsinhaberwechsels nicht generell entbehrlich ist, so bleibt der Umfang der Darstellungspflicht zu klären. Da § 613a Abs. 5 BGB weder Angaben zu schlechthin allen denkbaren Folgen noch abstrakte Rechtsausführungen verlangt, muss auch hier gelten, dass nur solche betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen des Übergangs der Mitteilung bedürfen, die die Arbeitnehmer nach dem Übergang unmittelbar betreffen und denen im Zeitpunkt der Unterrichtung im Hinblick auf die Widerspruchsentscheidung eine aktuelle Relevanz zukommt. Für § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB wird man daher Umstände wie eine gegebenenfalls erforderlich werdende Aufstockung oder Verringerung der Zahl der Betriebsratsmitglieder, die Auswirkungen des Übergangs auf besondere Arbeitnehmervertretungsstrukturen oder deren Existenz bei dem Betriebsnachfolger (vgl. z.B. §§ 3; 117 Abs. 2 BetrVG; Bestand eines Europäischen Betriebsrats) als irrelevant ansehen dürfen. Dasselbe gilt für allgemeine Änderungen hinsichtlich des Rechteund Pflichtenumfangs des Betriebsrats, sofern letzteren im Zeitpunkt der Unterrichtung keine aktuelle Bedeutung zukommt (z.B. Einschränkungen von Beteiligungsrechten gemäß §§ 111 ff, 118 Abs. 1 S. 2 BetrVG irrfolge Tendenzschutzes beim Erwerber, ohne dass im Zeitpunkt der Unterrichtung eine Betriebsänderung in Aussicht genommen ist). (3)

Ergebnis

Die Angabepflicht gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB kann sich auch aufFolgen des Übergangs für die Arbeitnehmer erstrecken, die sich auf den Bestand oder die Rechte ihrer Vertretungen beziehen. Als Beispiele seien genannt: Schicksal eines bei dem bisherigen Betriebsinhaber bestehenden Betriebsrats (Sprecherausschusses etc.); Repräsentation der übergehenden Arbeitnehmer durch bei dem neuen Betriebsinhaber bestehende Arbeitnehmervertretungen (inkl. Gesamtund Konzernbetriebsrat); verminderte oder erweiterte Rechte der Arbeitnehmervertreter nach dem Übergang - nur soweit im Zusammenhang mit einer hinsichtlich der Arbeitnehmer zumindest konkret in Aussicht genommenen, widerspruchsentscheidungswesentlichen Maßnahme stehend;

185

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Verlust oder Hinzuerwerb der Betriebsratsfahigkeit der übertragenen Einheit (z.B. bei Wechsel vom Personalvertretungs- in das Betriebsverfassungsrecht).

ee)

Angaben zu mitbestimmungsrechtliehen Auswirkungen des Übergangs

Nicht zu den (sozialen) Folgen des Übergangs im Sinne von§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören etwaige mitbestimmungsrechtliche Auswirkungen 581 des Betriebsinhaberwechsels wie z.B. eine Änderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrats oder eine Eingliederung der übertragenen Einheit in ein mitbestimmtes Untemehmen 582 . Derartige Auswirkungen sind bei objektiver Betrachtungsweise fiir die Widerspruchsentscheidung irrelevant, weil kein näherer Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen besteht.

4.

Hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen(§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB)

a)

Definition der "Maßnahmen"

Ausweislich der Regierungsbegründung zu § 613a Abs. 5 BGB soll unter dem Gesichtspunkt der hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen auf Weiterbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit geplanten Produktionsumstellungen oder Umstrukturierungen sowie allgemein auf solche Arbeitgebermaßnahmen eingegangen werden, welche die berufliche Entwicklung der Arbeitnehmer betreffen583 . Eine nähere Eingrenzung des Maßnahmebegriffs ist mit dieser Aussage offensichtlich nicht verbunden, da neben berufsbildenden Maßnahmen gerade im Zusammenhang mit Reorganisationsschritten des Betriebsnachfolgers eine Vielzahl von arbeitnehmerbezogenen Vorhaben denkbar ist, die sich ebenfalls auf die "berufliche Entwicklung" der Beschäftigten auswirken (z.B. geplante Personalreduzierung). Der Terminus der Maßnahmen im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB kann - und muss nach dem Umsetzungsziel des Gesetzgebers - somit nur im Lichte der Richtlinienvorgaben von Art. 7 Abs. 6 4. Spstr. RL 2001/23/EG definiert werden. Dem Maßnahmebegriff unterfällt daher jede durch den bisherigen oder den neuen Betriebsinhaber bewusst oder unbewusst herbei581 S. hierzu B.Gaul, Betriebs-und Untemehmensspaltung, § 34 Rn. 6 ff., 51 ff.; D.Gaul, ZfA 1990,87, 109. 582 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 17; WHSSWillemsen, Umstrukturierung, G Rn. 229; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1162; a.A. Bichlmeier, DZWIR 2002, 277, 278. 583 BT-Drucks. 14/7760, S. 19.

186

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB

gefiihrte erhebliche Änderung der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer 584 • Bedingt durch die europäischen Vorgaben ist insofern eine weite Auslegung erforderlich585 . Aus der vorstehenden Definition ergeben sich Konsequenzen ftir Gegenstand und Reichweite der Angaben nach§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB. Für die Einschlägigkeit der Nonn ist nicht entscheidend, ob die beteiligten Arbeitgeber gezielt Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse treffen wollen. Es reicht vielmehr aus, wenn sich beispielsweise geplante betriebsbezogene Veränderungen auf die Arbeitnehmer in rechtlicher, wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht auswirken. Zudem zeigt sich, dass dem Begriff der Maßnahmen auch solche Vorhaben unterfallen, die der Betriebsveräußerer hinsichtlich der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor oder nach der Übertragung in Aussicht nimmt. Dies ist nach der Konzeption von § 613a Abs. 5, 6 BGB auch sachgerecht, weil konkret zu erwartende Maßnahmen des Veräußerers von erheblicher Relevanz fiir die Widerspruchsentscheidungsein können. Es müssen damit im Rahmen von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB auch arbeitnehmerbezogene Planungen des bisherigen Betriebsinhabers Berücksichtigung finden (z.B. Veräußererkündigungen aufgrund Erwerberkonzepts 586 ; geplante Kündigung widersprechender Arbeitnehmer)587. Schließlich ist hervorzuheben, dass es ftir das Eingreifen von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB unerheblich ist, ob die in Aussicht genommenen Maßnahmen Auswirkungen ftir die Arbeitnehmer im Einzelnen in rechtlicher, wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht entfalten. Die im Rahmen der Tatbestände von Nummer 3 und Nummer 4 des § 613a Abs. 5 BGB in Betracht kommenden Gegenstände der Information überschneiden sich somit. Für die Zuordnung zu den "Folgen" oder "Maßnahmen" ist nach der hier vertretenen Auffassung lediglich entscheidend, ob es sich bei den Auswir584 Nw. in Fn. 139. 585 Vgl. v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 121; Rademacher, Europäischer Betriebsrat, S. 58; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht; Oetker, EAS B 8300 Rn. 322; ders., NZA 1998, 1193, 1194; Franzen, RdA 2002, 258, 265. Im Ergebnis wie hier auch DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3357; a.A. Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002. 457, 463, deren restriktive Auslegung des Maßnahmebegriffs einer Überprüfung anband der europäischen Vorgaben nicht standhält. 586 Zu den Kündigungsmöglichkeiten des Veräußerers aufgrund Erwerberkonzepts s. BAG v. 20.3.2003, DB 2003, 1906 ff. mit Anm. Schnitker/Grau, EWiR 2003, 909 f.; ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 3 14; Annuß/Stamer, NZA 2003, 1247 ff.; B.Gaul/Bonanni/Neumann, DB 2003, 1902 ff.; Meyer, NZA 2003, 244 ff.; Schumacher-Mohr, NZA 2004, S. 629 ff. 587 A.A. ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 337.

187

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

kungen um Primärfolgen des Übergangs handelt (dann Nr. 3), oder ob diese durch eine Entscheidung der beteiligten Arbeitgeber im weiteren Planungszusammenhang mit dem Übergang vermittelt werden (dann Nr. 4) 588 .

b)

Anforderungen an "in Aussicht genommene" Maßnahmen

Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer müssen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB nur dann mitgeteilt werden, wenn diese im Zeitpunkt der Unterrichtung in Aussicht genommen sind. aa)

Erfordernis konkreter Planung

Vorweggenommen wurde bereits, dass ein bloßes In-Betracht-Ziehen oder gar die schlichte Absehbarkeit eines Erforderlichwerdens von Maßnahmen keine Mitteilungspflicht nach§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB begründet589 • Es ist somit davon auszugehen, dass Maßnahmen nur dann "in Aussicht genommen" sind, wenn im Zeitpunkt der Unterrichtung zumindest ein konkretes Planungsstadium erreicht ist590 . Diese Interpretation rechtfertigt sich zum einen aus dem Wortlaut der Norm, da dem Terminus "in Aussicht genommen" im Gegensatz etwa zu einem "ln-Betracht-Ziehen" ein finales Element innewohnt. Zum anderen wäre es im Hinblick auf den Zweck der Unterrichtung, die Schaffung einer sicheren Entscheidungsbasis fiir den Widerspruch, kontraproduktiv, eine Darstellungspflicht bereits im spekulativen Vorstadium konkreter Planungen zu begründen. Die Betriebsübertragungsparteien müssen zukünftige Maßnahmen hinsichtlich der Beschäftigten in dem Informationsschreiben folglich nur dann ansprechen, wenn diesbezügliche Planungen schon zu einer gewissen Reife gediehen sind, der jeweilige Rechtsträger nach dem Abschluss von Vorüberlegungen also im Prinzip zur 588 Die Zuordnung verdeutlich folgendes Beispiel: Vollzieht sich eine Tarifablösung unmittelbar mit dem Übergang gemäߧ 613a Abs. I S. 3 BGB, weil entsprechende tarifliche Rechte und Pflichten bei dem Erwerber durch einen anderen TarifVertrag geregelt sind, so ist ftir die Unterrichtung § 613a Abs. 5 Nr. 3 I. Fall BGB einschlägig. Plant der Erwerber ftir die Zeit nach dem Übergang die Herbeiführung einer Tarifablösung durch einen späteren Eintritt in den tarifschließenden Verband, so besteht eine Informationspflicht nach § 6 I 3a Abs. 5 Nr. 4 BGB. 589 Oben unter I. b) dd). 590 Allg. Ansicht, s. ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 85; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 130; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 45; DLW-Baeck!Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3357; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 19; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 134; ders., FA 2002, 299, 300; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 463; Franzen, RdA 2002, 258, 265; Grobys, BB 2002, 726, 728; Jaeger, ZIP 2004, 433, 442; KrügermeyerKalthoff/Reutershan, MDR 2003, 541, 543 f.; Meyer, BB 2003, 1010, 1012; Sayatz/Woljj; DStR 2002, 2039, 2042; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1163; Worzalla, NZA 2002, 353, 355; Wulff, AiB 2002, 594, 595.

188

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des§ 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BOB

Durchführung einer konkreten Maßnahme vor oder nach dem Übergang entschlossen ist 591 • bb)

Planung durch Obergesellschaften oder Gesellschafter

Fraglich ist, ob § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB auch dann einschlägig sein kann, wenn nicht der übertragende oder übernehmende Rechtsträger, sondern dessen Konzernobergesellschaft Maßnahmen hinsichtlich der von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer in Aussicht nimmt, um sodann den Arbeitgeber zur Umsetzung anzuweisen. Unzweifelhaft ist lediglich, dass in derartigen Fällen die betreffende Obergesellschaft nicht selbst aus § 613a Abs. 5 BGB unterrichtungspflichtig ist, weil nur die beteiligten Arbeitgeber Adressaten der Informationspflicht sind. Aus den Direktiven von Art. 7 Abs. 4 RL 200 l/23/EG 592 folgt, dass dem Infonnationsinteresse der betroffenen Arbeitnehmer auch dann vollumfänglich entsprochen werden muss, wenn nicht ein an der Betriebsübertragung unmittelbar beteiligter Rechtsträger, sondern dessen Obergesellschaft Maßnahmen hinsichtlich der Beschäftigten plant, die der Umsetzung durch den Arbeitgeber bedürfen. Entsprechend der Rechtslage zu § 111 BetrVG593 muss daher angenommen werden, dass die Unterrichtungspflicht aus§ 613a Abs. 5 BGB nicht dadurch umgangen werden kann, dass Unternehmerische Maßnahmen auf eine andere Entscheidungsebene verlagert werden. Die Tatsache, dass nicht der Arbeitgeber, sondern dessen Obergesellschaft im Zeitpunkt der Unterrichtung Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht nimmt, steht einer Mitteilungspflicht folglich nicht entgegen. Dasselbe gilt im Falle einer Planung durch Gesellschafter und Anweisung der Geschäftsführung. Es obliegt dann den beteiligten Gesellschaften bzw. Organen oder Anteilseignern, für einen ausreichenden internen Informationsfluss zu sorgen. 591 Es liegt insoweit eine Anlehnung an die zu§ !II S. I BetrVG entwickelten Auslegungsgrundsätze nahe; vgl. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 19; Menze, Widerspruchsrecht, S. 62 f.; Jaeger, ZIP 2004, 433, 442. Graduell unterscheiden wollen ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BOB Rn. 338, nach denen "in Aussicht genommen" weiter zu verstehen ist als "geplant". Ob dies praktische Folgen hat, ist fragwürdig. 592 Nach dieser Vorschrift gelten die Informations- und Konsultationsverpflichtungen der Betriebsübergangsrichtlinie unabhängig davon, ob die zu dem Übergang führende Entscheidung von dem Arbeitgeber oder von einem diesen beherrschenden Unternehmen getroffen wird. Ferner soll der Einwand gegenüber Verstößen gegen die Informations- und Konsultationspflichten, der Verstoß gehe darauf zurück, dass die Information von einem beherrschenden Unternehmen nicht übermittelt worden sei, keine Berücksichtigung finden. 593 Vgl. Röder!Baeck, Interessenausgleich und Sozialplan, S. 7 m.w.N.

189

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

c)

Erforderliche Angaben im Einzelnen

Als gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB mitzuteilende Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht: aa)

Geplante individualrechtliche Maßnahmen wie Kündigungen, Versetzungen, Umsetzungen etc.

Eine Darstellungspflicht besteht in Bezug auf geplante individualrechtliche Maßnahmen wie betriebsbedingte Kündigungen, Versetzungen, Umsetzungen, andere Eingruppierungen der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer, Arbeitsvertragsänderungen etc. In diesem Zusammenhang muss in Anbetracht des Zwecks der Unterrichtung gegebenenfalls auch darauf hingewiesen werden, dass der bisherige Arbeitgeber plant, widersprechenden Arbeitnehmern die Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen anzubieten 594 . bb)

Betriebsbezogene Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse

Während betriebs- bzw. unternehmensbezogene Maßnahmen als solche grundsätzlich nicht darstellungsbedürftig sind, greift § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB dann und insoweit ein, als sich im Zuge derartiger Vorhaben in rechtlicher, wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht Auswirkungen auf die Arbeitnehmer ergeben. Vor diesem Hintergrund können beispielsweise anzusprechen sein: Maßnahmen, die zu einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 S. 3 BetrVG führen (Bsp.: geplante Betriebsstilllegung beim Betriebsveräußerer oder -erwerber; Personalabbau) 595 ; sofern über den Umfang der Maßnahmen noch keine Klarheit besteht genügt die Angabe, dass hinsichtlich eines zu bezeichnenden Vorhabens Verhandlungen mit der zuständigen Arbeitnehmervertretung schweben oder aufgenommen werdens96;

594 Die Mitteilung kann mit dem von der Rechtsprechung (BAG v. 15.8.2002, NZA 2003, 430 ff. mit zust. Anm. Joost, EwiR 2003, 429 f.) bei einem bevorstehenden Teilbetriebsübergang geforderten verbindlichen Angebot des bisherigen Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz nach Widerspruch und Vollzug der Übertragung verbunden werden; s. noch§ 14 B. 595 Vgl. DLW-Baeck!Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3357; Menze, Widerspruchsrecht, S. 63 (zur bisherigen Rechtslage); Crisolli, CR 2002, 386, 388; Tepass, FAZ v. 6.3.2002 (Nr. 55), S. 24; a.A. Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 463; unklar Worzalla, NZA 2002, 353, 355: Unterrichtung über die Personalentwicklung. 596 Ebenso B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 635.

190

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. l bis 4 BGB

der geplante Abschluss eines Interessenausgleichs und/oder Sozialplans einschließlich der darin vorgesehenen Maßnahmen 597 . cc)

Berufsbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen etc.

§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB erstreckt sich insbesondere auch auf geplante Maßnahmen, die fiir die Beschäftigungsperspektive der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer bedeutsam sind. Relevant sind beispielsweise Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, Umschulungen, sonstige Maßnahmen der Berufsbildung (vgl. § 92 Abs. 1 BetrVG), Angebot der Überführung der Arbeitnehmer in eine Qualifizierungs- oder Beschäftigungsgesellschaft (sog. Outplacement-Programme etc.) 598 sowie Beschäftigungssicherungsmaßnahmen. d)

Kein Erfordernis einer Negativerklärung

Sofern im Unterrichtungszeitpunkt (noch) keine konkreten Planungen hinsichtlich der Arbeitnehmer existieren, stellt sich die Frage, ob eine Negativerklärung in den Informationstext aufgenommen werden muss ("Es sind keine Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommen")s99. Eine Negativerklärung ist jedenfalls nicht obligatorisch600 • Dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer ist entsprochen, wenn sie über tatsächlich bestehende Planungen orientiert werden. Bei einem Schweigen der Unterrichtung zu arbeitnehmerbezogenen Maßnahmen können die Empfänger davon ausgehen, dass entsprechende Planungen (noch) nicht vorliegen 601 • Die Annahme einer Pflicht zur Aufnahme einer Negativerklärung in den Informationstext erschiene vor diesem Hintergrund als übertriebener Formalismus. Aus Gründen der Klarstellung kann sich eine Negativerklärung aus Sicht der beteiligten Arbeitgeber freilich empfehlen.

597 Ebenso ErfK.omm-Preis, § 613a BGB Rn. 85; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung,§ II Rn. 19; ders., FA 2002, 299, 300; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 635. 598 Insoweit bietet sich insbesondere ein Verweis auf den geplanten Abschluss eines sog. Transfer-Sozialplans an. 599 S. zur vergleichbaren Problematik im Hinblick auf arbeitsrechtliche Pflichtangaben im Umwandlungsvertrag sowie in der Angebotsunterlage des Bieters nach dem WpÜG etwa Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 5 Rn. 59; Geibel/Süßmann-Süßmann, WpÜG, § II Rn. 36; Seiht, DB 2002, 529, 533. 600 Wie hier ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 85; unklar Grobys, BB 2002, 726, 728: Negativerklärung bei fehlenden Planungen "ausreichend". 60 l Entsprechendes gilt flir den Bereich der Folgen gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB.

191

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

D.

Zusammenfassende Übersicht zum Inhalt der Unterrichtung

In einem Überblick setzt sich die Unterrichtung gemäߧ 613a Abs. 5 BGB im Wesentlichen wie folgt zusammen. Inhalt der Unterrichtung gemäߧ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB Angaben nach§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB

Zeitpunkt oder geplanter Zeitpunktdes Übergangs

• entscheidend ist der Stichtag der Übernahme der betriebIichen Leitungsmacht durch den Erwerber • Angabe eines geplanten, hinreichend bestimmten Zeitraums für den Inhaberwechsel genügt • bei Unternehmensumwandlungen grds. Hinweis auf Übergang mit Eintragung in das Handelsregister und Nennung eines ungefähren Zeitpunkts hierfür

Grundfür den Übergang

• gemeint ist das der Betriebsübertragung zugrunde liegende Motiv, nicht die rechtsgeschäftliche Grundlage der Betriebsübertragung • schlagwortartige Angabe der aus Sicht der beteiligten Rechtsträger entscheidenden betriebswirtschaftliehen oder unternehmenspolitischen Überlegung (subjektive Determinierung)

rechtliche, wirtschaftliche oder soziale Folgen des Übergangsfür die Arbeitnehmer

• Übergang des Arbeitsverhältnisses mit allen Rechten und Pflichten; Identifizierung des Erwerbers

• Fortgeltung, Ablösung, erstmalige Geltung von Kollektivverträgen nach dem Übergang; grds. Beschränkung auf ("Primärfolgen kraft rechtInhaltsnormen; Tarifbindung des Erwerbers; genaue lichen oder tatsächlichen Identifizierung der Erwerberregelung (ggf. mit Regelungsgegenstand) Zusammenhangs bzw. kraft unmittelbaren Pla• Auswirkungen auf Arbeitnehmeraußenseiter bei Bezugnungszusammenhangs") nahmeklauseln • atypische Folgen bzgl. wesentlicher Vertragsbedingungen (z.B. Aktienoptionen, produktbezogene Vergiinstigungen, betriebliche Altersversorgung) • Haftung der beteiligten Rechtsträger (einschließlich Besonderheiten bei Umwandlung und Insolvenz)

192

Inhalt und Reichweite der Unterrichtungstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BOB • Besitzstandswahrung, Anrechnung von Dienstzeiten • kündigungsrechtliche Auswirkungen des Übergangs (ohne Sonderkündigungsschutz flir Mandatsträger); Schicksal von Standortgarantien, Beschäftigungszusagen etc. • Widerspruchsrecht einschließlich Adressaten, Form, Frist flir dessen Ausübung; ggf. Erlöschen des Arbeitsverhältnisses als Folge des Widerspruchs bei Verschmelzung etc. • (nur bei konkreten Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse) wirtschaftliche Lage des Erwerbers, z.B. bei Kurzarbeit, Zahlungsunfahigkeit • erhebliche finanzielle Auswirkungen des Übergangs; freiwillige Leistungen des Erwerbers; Belastungen durch Standortwechsel • Sozialleistungen, Sozialeinrichtungen beim Erwerber • funktionale bzw. organisatorische Veränderungen in der übergehenden Einheit (wenn Auswirkungen auf die AN); erhebliche Veränderungen der Beschäftigtenzahl im Betrieb • Ende des Betriebes; künftige Führung als Gemeinschaftsbetrieb • Schicksal bestehender AN-Vertretungen; künftige Repräsentation durch Erwerberbetriebsrat; verminderte Rechte der AN-Vertretung beim Erwerber (nur wenn aktuell relevant); Verlust oder Erwerb der Betriebsratsfähigkeit der übertragenen Einheit hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen ("Sekundärfolgen in weiterem Planungszusammenhang")

• Def. "Maßnahme": jede durch den bisherigen oder den neuen Betriebsinhaber bewusst oder unbewusst herbeigeführte erhebliche Änderung der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer • d.h. grds. auch alle Veränderungen relevant, die als "Folgen" i.S.v. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BOB zu qualifizieren wären, wenn sie nicht erst aufgrund weiterer Planungen der beteiligten Rechtsträger eintreten bzw. eintreten sollen

193

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht • "in Aussicht genommen" bedeutet konkret geplant; unterhalb dieser Schwelle ist eine Negativerklärung nicht notwendig • Kündigungen, Versetzungen, Umsetzungen, Eingruppierungen, Arbeitsvertragsänderungen, Änderung von Versorgungszusagen etc. • Kündigung oder Weiterbeschäftigung widersprechneder AN; Beschäftigungssicherung • Maßnahmen im Zusammenhang mit geplanten Betriebsänderungen, z.B. Personalab bau, Stilllegung der erworbenen Einheit • Abschluss von lnteressenausgleich, Sozialplan einschließlich des vorgesehenen Regelungssujets • Maßnahmen betreffend die berufliche Entwicklung der AN; Qualifizierungsmaßnahmen; Umschulungen; Transfer-Sozialplan

Weitere arbeitnehmerbezogene Folgen und Maßnahmen im Einzelfall Indikatorenfür eine Mit• EuGH stellt Einschlägigkeil von Art. 7 Abs. 6 3., 4. teilungspjlicht gemäߧ Spstr. RL 2001/23/EG fest 61 Ja Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB • von dem Wortlaut der Nr. 3, 4 erfasster Umstand ist bei bei weiteren arbeitnehobjektiver Betrachtungsweise für eine die Interessen des merbezogenen Folgen und Arbeitnehmers wahrende Entscheidung pro/contra ArMaßnahmen im Einzelfall beitgeberwechsel von Relevanz (insbesondere: Anerkennung als "sachlicher Grund" für einen Widerspruch im Rahmen kündigungsrechtlicher Folgeproblematik) • Auswirkung bezieht sich auf eine wesentliche Vertragsbedingung; für Wesentlichkeil ist Wertung von § 2 NachwG zu berücksichtigen

Grenzen für Inhalt und Reichweite der Unterrichtung Systematisierung der Auswirkungen des Übergangs

• nur denkbare, mögliche oder bloß wahrscheinliche Entwicklungenhinsichtlich der Arbeitnehmer ("sonstige Sekundärfolgen") bleiben außer Betracht

Bezugspunkt der Angaben

• "Folgen" beziehen sich grds. nur auf die Situation bei dem Betriebsnachfolger (allerdings: keine Beschränkung auf nur dem jeweils informierenden Rechtsträger bekannte Umstände)

194

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung • geplante "Maßnahmen" sind auch solche des übertragenden Rechtsträgers (insbesondere hinsichtlich widersprechender AN) Wortlaut der Norm

• abstrakt-generell gefasste Unterrichtung als Basis zur Selbstinformation genügt; AN muss die sich flir ihn persönlich ergebenden Konsequenzen aber im Wege der Subsumtion ermitteln können • einheitliche Information flir alle AN grds. möglich; ggf. Differenzierung nach einzelnen Gruppen- oder Organisationszugehörigkeit, Abteilungen etc. notwendig

Zweck der Unterrichtung

• unter Zugrundelegung eines verobjektivierenden Maßstabs ftir die Widerspruchsentscheidung irrelevante Umstände müssen grds. nicht mitgeteilt werden ("Erheblichkeitsschwelle"); aufNachteiligkeit der Auswirkungen kommt es allerdings nicht an • keine Ausftihrungen zu übergeordneten konzeptionellen Fragen oder Planungsalternativen geschuldet, entscheidend sind Auswirkungen flir die Arbeitnehmer

• generelle Angabe zur Kontinuität von ArbeitsbedingunPraktikabilitätsinteresse der Unterrichtungsschuldgen nach dem Übergang macht nähere Auflistung von ner Regelungsbereichen, auf die dies zutrifft, grds. entbehrlich (Bsp.: keine Auflistung aller kollektivrechtlich fortgeltenden Betriebsvereinbarungen) • Ersetzung inhaltlicher Angaben zu Veränderungen durch Verweis auf Kollektivverträge; hierbei ist anzugeben, wo eine (tatsächliche) Einsichtnahmemöglichkeit besteht • Verweis auflaufende oder vorgesehene Verhandlungen zwischen den Betriebspartnern • Unterrichtungsschuldner bestimmen Zeitpunkt der Information bis zum Stichtag des Übergangs Komplexität des Unterrichtungsgegenstands

• keine gutachterliehen Ausftihrungen; keine Rechtsberatung; keine Erörterungspflicht; Wahrung von Transparenz und Verständlichkeit der Information • bei streitigen Rechtsfragen ohne gefestigte Rspr. nur Wiedergabe der eigenen (vertretbaren) Rechtsauffassung geschuldet

195

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

§ 6 Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung A.

Textform der Unterrichtung

Gemäß § 613a Abs. 5 l. HS BGB muss die Unterrichtung in Textform (§ 126b BGB 602 ) erfolgen. Entgegen der bislang als zulässig erachteten Praxis ist damit eine mündliche Unterrichtung, z.B. anlässlich einer Mitarbeiterversammlung603, nicht ausreichend. Das Formerfordernis ist zwingend. Es steht den informationspflichtigen Rechtsträgem frei, eine strengere Form zu wählen, da die Textform in dieser aufgeht 604 . I.

Zweck des Textformerfordernisses

Die Textform soll allgemein der Erleichterung von Massenvorgängen dienen, wenn es um eine Information des Erklärungsempfängers über einen bestimmten Sachverhalt geht, der gegebenenfalls eine rechtliche Reaktion erfordert605. Von diesem Regelungsanliegen ist der Gesetzgeber auch bei der Schaffung von § 613a Abs. 5 BGB ausgegangen. Hier soll die Informationsund Dokumentationsfunktion, die eine bloße Mündlichkeit nicht genügen lässt, nicht aber die Beweis- und Warnfunktion im Vordergrund stehen. Bei Einhaltung der Textform sei gewährleistet, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit habe, die für ihn neuen und nicht sofort überschaubaren Infonnationen nachzulesen, sich weitergehend zu erkundigen und notwendigenfalls beraten zu lassen, um auf dieser Grundlage über einen möglichen Widerspruch zu entscheiden606 .

II.

Anforderungen an die Einhaltung der Textform

Bei der Textform handelt es sich um einen neuen Formtyp der lesbaren, aber unterschriftslosen Erklärung 607 . Diese muss entweder in einer Urkunde oder auf eine andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben werden (Papierdokument oder elektronisches Doku-

602 Eingefügt in das BGB mit Wirkung zum 1.8.2001 durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr, BGBI. I, S. 1542 ff. 603 Vgl. oben§ 2 A. II. 3. a). 604 S. nur Jauernig-Jauernig, BGB, § 126b Rn. 4. 605 Vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19; BT-Drucks. 14/7797 sowie die Gesetzesbegründung zu§ 126b BGB, BT-Drucks. 14/4987 S. 19. 606 Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 607 Pa!andt-Heinrichs, BGB, § 126b Rn. I.

196

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung

ment 608 ). Die Erklärung muss lesbar sein, so dass eine dauerhafte Wiedergabemöglichkeit des Unterrichtungstextes gegeben ist609 . Dem Lesbarkeitserfordemis ist genügt, wenn der Empfänger den Text auf einem Bildschirm lesen kann 610 • Ob der Arbeitnehmer ein elektronisches Schreiben speichert oder ausdruckt, entscheidet er folglich selbst. Die praktische Bedeutung der Textform liegt darin, dass diese auch ohne eigenhändige Unterschrift des Erklärenden gewahrt ist. Erforderlich ist nur, dass erkennbar ist, wer Erklärender ist. Hierfür genügt auch eine Nennung innerhalb der Erklärung611 • Zudem ist der Abschluss der Erklärung kenntlich zu machen. Dies kann durch Nachbildung der Unterschrift (eingescannte Unterschrift) oder auf andere Weise, zum Beispiel durch Datierung oder Grußformel, geschehen612 • Die Textform bezieht sich auf die Unterrichtung insgesamt, das heißt auch in Bezug genommene Dokumente müssen in Textform vorliegen (z.B. bei Verweis auf einen Sozialplan).

III.

Einzelfälle

1.

Telegramm; Kopie

Unter Beachtung der vorstehend genannten näheren Voraussetzungen für die Wahrung der Textform bestehen gegen eine Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB mittels Telegramm613 oder durch Aushändigung von Kopien 614 (z.B. Rundschreiben) keine Bedenken.

2.

Telefax; e-mail; Intranet

Die Textform der Unterrichtung kann auch durch ein Infonnationsschreiben via (Computer-)Telefax, einfache e-mail oder betriebliche Informationskanäle wie Intranet gewahrt werden 615 . Allerdings können sich Folgeprobleme 608 HK-BGB-Dörner, § 126b Rn. 4. 609 Jauernig-Jauernig, BGB, § 126b Rn. 2; Palandt-Heinrichs, BGB, § 126b Rn. 3. 610 BT-Drucks. 14/4987 S. 19; Palandt-Heinrichs, BGB, § 126b Rn. 3; DLWBaeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3350; Gotthardt/Beck, NZA 2002, 876,

877. 611 Palandt-Heinrichs, BGB, § 126b Rn. 4; Gotthardt/Beck, NZA2002, 876,877. 612 Vgl. BT-Drucks. 14/4987 S. 20; ErfKomm-Preis, §§ 125-127 BGB Rn. 34; HKBGB-Dörner, § 126b Rn. 6; Jauernig-Jauernig, BGB, § 126b Rn. 2; PalandtHeinrichs, BGB, § 126b Rn. 5; Franzen, RdA 2002, 258, 266; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 635; Wisskirchen, AE 112002, S. V, XI. 613 Vgl. nur ErfKomm-Preis, §§ 125-127 BGB Rn. 34. 614 S. HK-BGB-Dörner, § 126b BGB Rn. 4; Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2042; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1164. 615 Vgl. ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 87; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3350; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 25; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 234; Jaeger, ZIP 2004, 433, 436.

197

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

beim Zugang der Mitteilungen ergeben. Grundsätzlich kann ein ComputerInformationssehreiben zugehen, wenn es in der eigenen Datenverarbeitungsanlage des Adressaten oder im Empfängerbrietkasten des Providers abrufbar gespeichert ist, bei Eingang zur Unzeit am folgenden Tag616 . Hierfür ist jedoch Voraussetzung, dass der Empfänger ausdrücklich oder konkludent zu erkennen gegeben hat, dass er mit der telekommunikativen Übermittlung rechtserheblicher Erklärungen einverstanden ist617 , was insbesondere dann anzunehmen sein wird, wenn die Arbeitnehmer über e-mail-Adressen an ihrem Arbeitsplatz verfügen und diese durch den Arbeitgeber auch sonst für rechtserhebliche Mitteilungen (z.B. Ausübung von Weisungsbefugnissen) genutzt werden. Hat der Adressat hingegen keine "Freigabe" für den Empfang von Computererklärungen erteilt, so erfolgt ein Zugang der Mitteilungen nur, wenn sie der Adressat auch tatsächlich zur Kenntnis nimmt 618 •

3.

Aushang im Betrieb

Problematisch und umstritten ist, ob der bisherige Arbeitgeber bzw. der neue Betriebsinhaber die Unterrichtung - wie bislang 619 - durch Aushang eines Infonnationsschreibens an geeigneter Stelle (z.B. schwarzes Brett) bewirken kann.

a)

Meinungsspektrum

Eine Unterrichtung mittels Aushang im Betrieb wird überwiegend als formgerecht und insgesamt ausreichend angesehen620 . Im Hinblick auf Beweisprobleme bezüglich des Zugangs der Mitteilungen wird ein entsprechendes Vorgehen aus Sicht der informationspflichtigen Rechtsträger allerdings nicht angeraten 621 .

616 Pa1andt-Heinrichs, BGB, § 130 Rn. 7a; Dörner, AcP 202 (2002), 363, 369. 617 APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 205; ErtKomm-Preis, §§ 125-127 BGB Rn. 34; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 125; Jauernig-Jauernig, BGB, § 126b Rn. 3; Palandt-Heinrichs, BGB, § l26b BGB Rn. 3; Gotthardt/Beck, NZA 2002, 876, 877. Speziell in Bezug auf§ 613a Abs. 5 BGB: Huke, Unterrichtung, S. 45; Franzen, RdA 2002, 258, 266; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 270; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1164 (Fn. 63). 618 Dörner, AcP 202 (2002), 363, 368. 619 Vgl. nur Errnan-Hanau, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. 51; Pottmeyer, ZfA 1989,239, 261. 620 HS-Spiro!ke, Arbeitsrecht!. Mandat, § 8 Rn. 34; Huke, FA 2002, 263, 265; Wisskirchen, AE 1/2002, S. V, XI; Wuljf, AiB 2002, 594. 621 Vgl. Bauerlv.Steinau-Steinrück, FAZ v. 23.3.2002 (Nr. 70), S. 23; Huke, FA 2002, 263, 265; Kliemt, Juve-HdB. 2002/2003, S. 214,215.

198

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung

Andere Autoren zweifeln die Möglichkeit einer Arbeitnehmerinformation durch betrieblichen Aushang im Hinblick auf den Zweck der Textform an 622 bzw. stellen diese im Ergebnis ganz in Abrede 623 • Ein Aushang lasse die Intention des Gesetzgebers, wonach eine dauerhafte Verfiigbarkeit der Informationen bestehen solle, unbeachtet 624 . Franzen will zwischen der Frage der Formwahrung und des Zugangs der Information differenzieren. Letzterer könne bei einem bloßen Aushang nicht bewirkt werden, da die Unterrichtung in der vorgeschriebenen Form zugehen müsse. Dies ergebe sich aus Grundsätzen, die fiir den Zugang formbedürftiger, empfangsbedürftiger Willenserklärungen anerkannt seien 625 •

b)

Stellungnahme

Richtigerweise müssen bei Aushang des Unterrichtungsschreibens Formwahrung und Zugang der Mitteilungen unterschieden werden. Für die Frage der Formgerechtigkeit gilt, dass sich diese allein nach den von § 126b BGB postulierten Erfordernissen beurteilt. Sofern ein ausgehängtes Informationsschreiben diesen genügt, können an einer Wahrung der Form keine Zweifel bestehen. Zweckerwägungen können hier angesichts der eindeutigen Gesetzesfassung nicht Platz greifen, zumal die Aufnahme der strengeren Schriftform im Gesetzgebungsverfahren beraten und abgelehnt worden ist626 • Bedenken gegen eine Unterrichtung per Aushang ergeben sich aber daraus, dass fiir fonngebundene Willenserklärungen ein Zugang gemeinhin nur dann angenommen wird, wenn die Mitteilung auch in der fiir sie vorgeschriebenen Form zugeht627 . Zur Begründung wird insbesondere auf das Interesse des Empfängers, sichere Beweisunterlagen über das Wirksamwerden

622 623 624 625 626 627

Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 270; Worzalla, NZA 2002, 353, 356. Franzen, RdA 2002, 258, 266. Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 270. Franzen, RdA 2002,258, 266; so offenbar auch Bährle, BuW 2002, 1004, 1006. S. § 2 A. I. 2. BGH v. 28.1.1993, BGHZ 121, 224, 229; v. 7.6.1995, BGHZ 130, 71, 74 f.; v. 30.7.1997, NJW 1997, 3169 f.; LAG Hamm v. 4.12.2003, EWiR 2004, 485 (Thüsing); Bamberger/Roth-Wendtland, BGB, § 130 Rn. I I; MünchKomm-Einsele, BGB, § 130 Rn. 33; Palandt-Heinrichs, BGB, § 130 Rn. 10. S. auch die Rechtslage im Kündigungsschutzrecht, wo wegen der Formvorschrift des § 623 BGB davon ausgegangen wird, dass Massenkündigungen durch betrieblichen Aushang nicht mehr wirksam erfolgen können; SPV-Preis, Kündigung, Rn. 222 m.w.N.

199

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

der Erklärung zu erlangen 628 , sowie auf den Schutzzweck der einschlägigen F ormvorschrift629 verwiesen. Für die hier interessierende Problematik ist entscheidend, ob sich die Grundsätze fl.ir empfangsbedürftige, formgebundene Willenserklärungen auf die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB übertragen lassen. Dies ist deswegen nicht zweifelsfrei, weil es sich bei der Arbeitnehmerinformation nicht um die Abgabe einer Willenserklärung handelt und dieser zudem keine Warnfunktion eignet. Allerdings finden auf die Unterrichtung die allgemeinen Zugangsregeln entsprechend Anwendung 630 • Außerdem muss die Frage nach den Zugangserfordernissen fl.ir formbedürftige Erklärungen im Lichte eines bestehenden Formzwecks beantwortet werden. Es kommt insoweit darauf an, ob eine flüchtige Möglichkeit der Kenntnisnahme der Unterrichtung, gleichsam bei einer Lektüre im Vorbeigehen, als ausreichend zu erachten ist oder ob der Arbeitnehmer im Sinne einer zumindest vorübergehenden Zugriffsmöglichkeit über das Informationsschreiben auch tatsächlich verfUgen können muss. Für ersteres ließe sich anfUhren, dass bei Vorgängen im Betriebsverfassungsrecht, die eine Information einer Vielzahl von Mitarbeitern betreffen, in der Regel ein Zugänglichmachen der Information an geeigneter Stelle im Betrieb als ausreichend angesehen wird631 . Hierbei handelt es sich allerdings um Mitteilungen, die im Gegensatz zu der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht mit der Herbeifl.ihrung einer Rechtsfolge fl.ir die Adressaten verbunden ist. Zudem weisen die Gesetzesmaterialien im Zusammenhang mit der Infonnationsfunktion von § 613a Abs. 5 BGB i.V.m. § 126b BGB ausdrücklich darauf hin, dass wegen der gebotenen rechtlichen Reaktion des Arbeitnehmers (Schweigen oder Widerspruch) die Möglichkeit der dauerhaften Verfl.igbarkeit bestehen soll 632 • Dies ist sachgerecht, weil in Anbetracht der Komplexität des Unterrichtungsgegenstandes

628 MünchKomm-Einsele, BGB, § 130 Rn. 33 m.w.N. 629 Vgl. BGH v. 28.1.1993, BGHZ 121,224,229 f. (in Bezug aufdie Warnfunktion des § 766 BGB). 630 Dazu nachfolgend C. I. 631 Dies gilt insbesondere ftir die im Rahmen des Verfahrens zur Wahl eines Betriebsrats der Belegschaft bekannt zu gebenden Erklärungen, s. §§ 2 Abs. 4, 3 Abs. 4, 10 Abs. 2, 18 WO BetrVG. Für die schriftliche Unterrichtung der Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens gemäß § 110 BetrVG ist die Rechtslage streitig; s. ErfKomm-Kania, § 110 BetrVG Rn. 3; GK-Fabricius/Oetker, BetrVG, § 110 Rn. 18; Richardi-Richardi/Annuß, BetrVG, § 110 Rn. 6 jeweils m.w.N. 632 Vgl. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19 sowie die plastische Formulierung in der Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7797: Von dem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer sollen "Schriftstück an die Hand bekommen".

200

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung

sichergestellt sein sollte, dass die Arbeitnehmer die Informationen beliebig oft nachlesen können und ihnen zudem fiir den Fall einer Auseinandersetzung über die Vollständigkeit bzw. Richtigkeit der Angaben ein beweiskräftiges Dokument zur Verfügung steht. Im Ergebnis kann ein Aushang des Unterrichtungsschreibens den Anforderungen des § 126b BGB genügen. Die Mitteilungen müssen aber auch in Textform zugehen. Hierfiir ist erforderlich, dass die Möglichkeit der individuellen Verfiigbarkeit der Informationen besteht. Diese ist bei einem Aushang nicht gewährleistet633 . IV.

Rechtsfolgen von Formverstößen

1.

Unwirksamkeit der Unterrichtung

Wie sich aus Wortlaut und Systematik von § 613a Abs. 5, 6 BGB ergibt, fiihrt nur der Zugang eines formwirksamen Informatiosschreibens zur Befriedigung des Unterrichtungsanspruchs der Arbeitnehmer sowie zur Auslösung der Frist fiir den Widerspruch. Das Textformerfordernis ist folglich konstitutiv, so dass Formfehler zur Unbeachtlichkeit der Unterrichtung ftihren634. Erfolgt die Unterrichtung in zwei oder mehreren Dokumenten, von denen nur einzelne den Anforderungen von §§ 613a Abs. 5, 126b BGB nicht genügen, bestehen keine Bedenken gegen eine "Heilung" des Formmangels durch erneute Übermittlung nur der ursprünglich formnichtigen Informationsbestandteile. Für den Beginn der Widerspruchsfrist kommt es sodann auf den Zeitpunkt an, in dem die von§ 613aAbs. 5 BGB geforderten Mitteilungen in der Gesamtschau formwirksam vorliegen. Ist das gesamte Unterrichtungsschreiben formunwirksam, so ist eine Neuvomahme unumgänglich. 2.

Beachtlichkeit der nicht formgerechten Unterrichtung im Ausnahmefall wegen § 242 BGB?

Bundesarbeitsgericht und Bundesgerichtshof nehmen in ständiger Rechtsprechung an, dass die Berufung auf Fonnmängel in Ausnahmenfallen eine unzulässige Rechtsausübung darstellen kann. Zwar müsse prinzipiell jede 633 In Ausnahmefallen kann allerdings auch ein Aushang den Anforderungen von § 613a Abs. 5, 6 BGB genügen, wenn der informationsberechtigte Arbeitnehmer auf den Zugang der Mitteilungen gerade in Textform verzichtet. Dies ist, im Gegensatz zu dem nicht dispositiven Textformerfordernis ftir das Unterrichtungsschreiben selbst, prinzipiell möglich; vgl. BGH v. 7.6.1995, BGHZ 130, 71, 75; MünchKommEinsele, BGB, § 130 Rn. 33. 634 Wie hier ausdrücklich ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 87; Commandeur/ Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 263.

201

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Partei die Rechtsnachteile tragen, die sich aus Formverstößen ergeben. Abweichungen von diesem Grundsatz seien aber zulässig, wenn es nach den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, die Wirksamkeit einer Erklärung an dem Formmangel scheitern zu lassen; das Ergebnis müsse aber für die Parteien nicht nur hart, sondern schlechthin untragbar sein 635 • Es stellt sich die Frage, ob unter Heranziehung dieser Regeln die nicht formgerechte Unterrichtung im Ausnahmefall wegen § 242 BGB mit der Folge einer Fristauslösung für den Widerspruch als beachtlich angesehen werden kann. Einer entsprechenden Annahme steht nicht entgegen, dass sich die Rechtsprechung zur Durchbrechung der Formnichtigkeit primär auf § 125 BGB und mithin auf Rechtsgeschäfte bezieht. Denn § 242 BGB ermöglicht im Einzelfall auch eine Durchbrechung gesetzlicher Formvorschriften636. Für eine Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze auf eine formnichtige Unterrichtung besteht aber im Regelfall kein Bedürfnis, weil sich sachgerechte und zudem dem Regelungszweck des § 613a Abs. 5 BGB Rechnung tragende Ergebnisse bei Formfehlern besser über eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung erreichen lassen 637 . So kann bei der Bemessung des Verwirkungszeitraums insbesondere Berücksichtigung finden, ob die Informationsfunktion der Textforn1 trotzdes Formverstoßes weitgehend gewahrt ist (Bsp.: bloßes Fehlen eines hinreichenden Abschlusses des Informationsschreibens bei gleichzeitiger Mitteilung aller notwendigen Angaben). Im Übrigen dürften die in Rechtsprechung und Literatur zur ausnahmsweisen Wirksamkeit fommichtiger Rechtsgeschäfte entwickelten Fallgruppen638 in Bezug auf § 613a Abs. 5 BGB kaum je in der Sache einschlägig sein.

B.

Sprache der Unterrichtung

Bei multinationalen Belegschaften ist problematisch, ob die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB insgesamt auf deutsch vorgenommen werden

635 S. nur BGH v. 5.2.1957, v. 3.12.1958, v. 27.10.1967, v. 24.4.1998, BGHZ 23,249, 255; 29, 6, 10; 48, 396, 398; 138, 339, 348; BAG v. 22.2.1972, AP Nr. I zu§ 15 BBiG (unter 3); v. 27.3.1987, AP Nr. 29 zu § 242 BGB Betriebliche Übung (unter li 6); weitere Nw. bei Pa!andt-Heinrichs, BGB, § 125 Rn. 16 ff. und Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 352. 636 ErtKomm-Preis, §§ 125-127 BGB Rn. 57; Larenz/Wolj, BGB AT, § 27 Rn. 44 ff. 637 Dazu § I 0 A. li. 638 Vgl. nur Pa!andt-Heinrichs, BGB, § 125 Rn. 21 ff.; Medicus, BGB AT, Rn. 628 ff.; ders., Bürgerliches Recht, Rn. 180 ff. jeweils m.w.N.

202

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung

kann oder ob die Infonnationen in die Sprache des Arbeitnehmers übersetzt zu erteilen sind. I.

Pflicht zur Übersetzung der Mitteilungen?

Weder § 613a Abs. 5 BGB noch den Gesetzesmaterialien sind unmittelbare Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, ob eine fremdsprachliche Unterrichtung gegebenenfalls obligatorisch ist639 • Eine Klärung kann somit nur unter Berücksichtigung übergreifender Wertungen sowie zweckbezogener Erwägungen erfolgen. Keine Lösung für die hier angesprochene Problematik ergibt sich aus den Regeln über das sogenannte "Sprachrisiko". Dabei geht es um die Folgen, wenn eine Partei die rechtsgeschäftliehen Erklärungen der anderen sprachlich nicht versteht. Im deutschen Recht werden hierfür die Regeln über den Zugang, die Auslegung und Anfechtung von Willenserklärungen herangezogen640. Die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB ist aber auf die (schlichte) Mitteilung von Wissen und Rechtstatsachen, nicht auf die Äußerung eines rechtsgeschäftliehen Willens gerichtet. Auslegungs- und Anfechtungsregeln können hier nicht wie bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung Platz greifen. Gegen eine Übersetzungspflicht spricht möglicherweise ein Vergleich mit anderen gesetzlichen Arbeitnehmerunterrichtungspflichten. So wird hinsichtlich der Parallelproblematik bei der Nachweispflicht davon ausgegangen, dass das Gesetz keinen Anspruch ausländischer Arbeitnehmer auf Erhalt eines Nachweises in ihrer Muttersprache begründet641 . Zudem hat der Gesetzgeber an anderer Stelle eine Rechtspflicht des Arbeitgebers zur Beifügung von Übersetzungen ausdrücklich im Gesetz verankert (s. § 11 Abs. 2 AÜG). Ob dies einen Gegenschluss für§ 613a Abs. 5 BGB rechtfertigt, ist allerdings zweifelhaft. In Bezug auf die die Information über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens gemäß § 110 BetrVG wird nämlich auch ohne eine entsprechende Gesetzesbestimmung eine Überset639 Auch die Betriebsübergangsrichtlinie enthält insoweit keine Regelung. Für die Nachweisrichtlinie 9!/533/EG haben sich Bestrebungen, den Arbeitgeber ausdrücklich zu einer Niederschrift in einer dem Arbeitnehmer verständlichen Sprache zu verpflichten, nicht durchsetzen können; s. Schaefer, NachwG, A Rn. 6, unter Hinweis auf einen Vorschlag des Wirtschafts- und Sozialausschusses (ABI. EG Nr. C 159 v. 17.6.1991, S. 32). 640 Vgl. Medicus, BGB AT, Rn. 295 f.; John, AcP 184 (1984), 385, 397 ff.; ausführlich "Sprachrisiko" unter individualarbeitsrechtlichen Aspekten s. zum Heinz/Schuhmann!Busemann, Ausländische Arbeitnehmer, Rn. 121 ff. m.w.N. 641 ErfKomm-Preis. § 2 NachwG Rn. 4; Schaejer, NachwG, B Rn. 24; Birk, NZA 1996, 281,285 (Fn. 27); Riesenhuber, NZA 1999,798,799.

203

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

zungspflicht befürwortet, wenn in dem betreffenden Unternehmen nicht nur vereinzelt ausländische Arbeitnehmer beschäftigt sind, die über keine hinreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen642 • Ein eindeutiges Bild ergibt sich somit insgesamt nicht. Eine Übersetzungspflicht zugunsten sprachunkundiger Informationsadressaten lässt sich möglicherweise aus dem Zweck des § 613a Abs. 5 BGB folgern. Die Effektivität der Unterrichtung als Entscheidungsbasis für den Widerspruch wird durch für den betreffenden Arbeitnehmer fremdsprachliche Mitteilungen beeinträchtigt. Andererseits müssen ausländische Beschäftigte im allgemeinen Rechtsverkehr und vor Gericht (s. § 184 GVG) ebenfalls Informationen in deutscher Sprache rezipieren und bei Verständnisschwierigkeiten im eigenen Interesse für eine Übersetzung sorgen. Ist deutsches Recht auf den Arbeitsvertrag anwendbar, so muss eine deutschsprachige Unterrichtung also im Grundsatz ausreichen. Dieser Befund wird zudem durch das Anliegen des Gesetzgebers gestützt, den Aufwand für die beteiligten Arbeitgeber bei der Unterrichtung so gering als möglich zu halten643 • Dieses Ziel würde bei der Annahme einer generellen Pflicht zur fremdsprachlichen Information beeinträchtigt, weil in diesem Falle gerade bei größeren Betrieben mit multinationaler Arbeitnehmerschaft ein ganz erheblicher Kosten- und Verwaltungsaufwand entstünde. Eine Ausnahme von dem vorstehend geschilderten Grundsatz der deutschsprachigen Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB ist allerdings dann anzuerkennen, wenn sich der bisherige bzw. der neue Betriebsinhaber mit der Erteilung einer Informationsschrift auf Deutsch in Widerspruch zur fortwährenden Praxis des Arbeitgebers setzt, rechtserhebliche Mitteilungen gegenüber dem betreffenden Mitarbeiter, z.B. bei Ausübung von Weisungsbefugnissen, in dessen Muttersprache zu machen 644 • In diesem Fall wäre es als treuwidrig anzusehen, dem Beschäftigten die Unterrichtung entgegen der alltäglichen Übung im Arbeitsverhältnis nicht in einer übersetzten Fassung zur Verfügung zu stellen, zumal der Arbeitgeber offensichtlich selbst nicht mit einer hinreichenden Verständnismöglichkeit der deutschen Sprache rechnet. Die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB beginnt in einem derartigen Fall erst mit dem Zugang eines übersetzten Informationsschreibens in der jeweiligen Sprache des Arbeitnehmers.

642 DKK-Däubler, BetrVG, § 110 Rn. 6; ErfK.omm-Kania, § llO BetrVG Rn. 3; FESTL BetrVG, § llO Rn. 6; Richardi-Richardi!Annuß, BetrVG, § llO Rn. 7. 643 Vgl. die Äußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7797. 644 Ähnlich B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 26.

204

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung

II.

Fakultative fremdsprachliche Unterrichtung

Von dem vorstehend erörterten Problem ist zu unterscheiden, ob die Unterrichtungsschuldner die Mitteilungen nach ihrer Wahl in ausländischer Sprache mit der Rechtsfolge der Widerspruchsfristauslösung vornehmen dürfen. Die Gesetzesfassung von § 613a Abs. 5 BGB steht einer freiwilligen fremdsprachlichen Durchfuhrung der Unterrichtung durch die beteiligten Arbeitgeber nicht entgegen. Zur Wahrung der Verständlichkeit der Mitteilungen ist fur die Wahl einer anderen als der deutschen Sprache allerdings eine sachliche Rechtfertigung in Bezug auf den einzelnen Arbeitnehmeradressaten zu fordem 645 . Diese ist gegeben, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen kann, dass die Angaben fur den Arbeitnehmer besser oder zumindest ebenso gut verständlich sind wie Informationen in deutscher Sprache. Hierfur ist der Betriebsveräußerer bzw. -erwerber im Streitfall beweispflichtig.

C.

Zugang der Unterrichtung

Da § 613a Abs. 6 S. 1 BGB den Lauf der Widerspruchsfrist an den "Zugang" der Unterrichtung knüpft, ist zu klären, welche Maßstäbe hierfur gelten. I.

Entsprechende Anwendung der Regeln über den Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen

Gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 BGB wird eine empfangsbedürftige Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Ernpfarrger zugeht. Bei verkörperten Erklärungen kommt es darauf an, dass diese so in den Bereich des Ernpfarrgers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, von dem Erklärungsinhalt Kenntnis zu nehmen 646 . Diese Regeln finden auch auf geschäftsähnliche Handlungen Anwendung647 • Für das Unterrichtungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB wären sie somit ohne weiteres einschlägig, wenn der Information der Rechtscharakter einer geschäftsähnlichen Handlung zukommt. Bei geschäftsähnlichen Handlungen handelt es sich um Erklärungen, die auf den Eintritt eines tatsächlichen Erfolges gerichtet sind, der fur die Rechts-

645 V gl. zur Rechtslage in Bezug auf das Nachweisgesetz Riesenhuber, NZA 1999, 789, 799. 646 Palandt-Heinrichs, BGB, § 130 Rn. 5 (fiir Erklärungen unter Abwesenden) und Rn. 13 (fiir Erklärungen unter Anwesenden) m.w.N. 647 Palandt-Heinrichs, BGB, § 130 Rn. 3.

205

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

verhältnisse des Äußernden von Bedeutung ist648 • In Abgrenzung zu Willenserklärungen treten die Rechtsfolgen kraft Gesetzes und damit unabhängig vom Willen des Erklärenden ein 649 • Bloße Realakte (Tathandlungen) unterscheiden sich von geschäftsähnlichen Handlungen dadurch, dass sie keine Erklärungen sind 650 . Unter geschäftsähnliche Handlungen werden insbesondere auch Tatsachenoder Wissenserklärungen gefasst651 • Die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB ist eine Erklärung in diesem Sinne, weil sie auf die Kommunikation von Rechtstatsachen (z.B. Folgen des Übergangs) bzw. Wissen (z.B. in Aussicht genommene Maßnahmen) durch den bisherigen oder den neuen Arbeitgeber, mithin auf einen tatsächlichen Erfolg, gerichtet ist. Der Rechtserfolg der Mitteilungen aus Sicht des Erklärenden, die Auslösung der Frist für den Widerspruch, tritt - wie für geschäftsähnliche Handlungen begriffsprägend-gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB kraft Gesetzes ein, ohne dass es eines hierauf gerichteten Willens des informierenden Rechtsträgers bedarf. Aus alledern folgt, dass die für den Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen entwickelten Grundsätze auf den Zugang des Informationsschreibens entsprechende Anwendung finden 652 • Dies spiegeln die Gesetzesberatungen wider, in denen die Geltung der Zugangsgrundsätze für Willenserklärungen bei § 613a Abs. 5 BGB ausdrücklich hervorgehoben wurden 653 • II.

Arbeitgeberparteien als Träger des Zugangsrisikos

Das Zugangsrisiko für die Mitteilungen gemäß § 613a Abs. 5 BGB tragen nach zutreffender allgemeiner Ansicht Betriebsveräußerer bzw. -erwerber654 • 648 MünchKomm-Schmitt, BGB, § 105 Rn. 10; Soerge!-Hefermehl, BGB, Vor§ 104 Rn. 20. 649 Vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, Überbl. v. § 104 Rn. 6; Hübner, BGB AT, Rn. 696; Medicus, BGB AT, Rn. 197. 650 S. nur Pa!andt-Heinrichs, BGB, Überbl. v. § I 04 Rn. 9; Medicus, BGB AT, Rn. 196. 651 MünchKomm-Schramm, BGB, § 164 Rn. 5; Medicus, BGB AT, Rn. 197. 652 Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Zugangsvoraussetzungen (z.B. bei Einschaltung von Empfangsvertretern oder -boten; Unterrichtungper Einschreiben etc.) kann der Sache nach auf die Literatur zum Zugang etwa von Kündigungen verwiesen werden; ausführlich SPV-Preis, Kündigung, Rn. 209 ff. m.w.N. 653 V gl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses ftir Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 14/8128, S. 6. Missverständlich die Unterrichtung durch die Bundesregierung auf BT-Drucks. 14/7797, wo im Zusammenhang mit § 613a Abs. 5 BGB von dem Zugang einer Willenserklärung gesprochen wird. 654 Vgl. BT-Drucks. 14/8128, S. 6; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 11 Rn. 25; ders., FA 2002, 299, 300; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 135; Huke, Unterrichtung, S. 45; Preis, Arbeitsrecht I, S. 894; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 56; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 465; Bonanni,

206

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung

Im Falle von Streitigkeiten über die Auslösung oder den Auslösungszeitpunkt fiir die Widerspruchsfrist obliegt es folglich den beteiligten Arbeitgebern, den Zugang des Informationsschreibens bei dem einzelnen Adressaten darzulegen und zu beweisen. Vor diesem Hintergrund wird aus Sicht der Betriebsübertragungsparteien gemeinhin von einer Unterrichtung durch telekommunikative Übermittlung des Informationsschreibens abgeraten 655 , da sich hier im Einzelnen Beweisschwierigkeiten ergeben können656 . Die mit der Möglichkeit der Textformwahl verbundenen Erleichterungen werden insoweit durch die Beweisinteressen der Arbeitgeber wesentlich relativiert. Da auch bei einer Unterrichtung in Papierform ohne persönliche Zustellung bzw. protokollierte Übergabe des Schreibens ein sicherer Zugangsnachweis nicht möglich ist, empfiehlt es sich aus der Warte der Informationsschuldner, sich den Empfang der Mitteilungen schriftlich von dem jeweiligen Adressaten bestätigen zu lassen. Zur Erteilung einer Quittung gegen Empfang des Informationsschreibens ist der Arbeitnehmer auf Verlangen verpflichtet, § 368 BGB. Bei der Gestaltung der Empfangsquittung wird regelmäßig auf die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB für die Verwendung formularmäßiger Vertragsbedingungen zu achten sein 657 •

111.

Zugangshindernisse und ihre Auswirkungen auf Unterrichtungsanspruch und Fristbeginn für den Widerspruch

Im Schrifttum zu den Neuregelungen in § 613a Abs. 5, 6 BGB unerörtert geblieben ist bislang, inwieweit sich Zugangshindernisse bezüglich des Informationsschreibens im Bereich von§ 613a Abs. 5, 6 BGB auswirken.

GmbHR 7/2002, S. 137, 138; Crisolli, CR 2002, 386, 388; Grobys, BB 2002, 726, 727; Jaeger, ZIP 2004, 433, 437; Krügermeyer-Kalthoff/Reutershan, MDR 2003, 541, 542; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 270; dies., ebenda, S. 303, 305; Nehls, NZA 2003, 822; Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2043; Worzalla, NZA 2002, 353, 356. In diesem Sinne zur alten Rechtslage bereits Erman-Hanau, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. 51. 655 Vgl. statt vieler B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 635; Huke, FA 2002, 263, 265. 656 Fürper Telefax übersandte Mitteilungen gilt beispielsweise, dass selbst die durch einen Sendebericht protokollierte Absendung des Faxschreibens keinen Anscheinsbeweis für den Zugang darstellt; vgl. BGH v. 7.12.1994, NJW 1995, 665, 666 m.w.N.; LAG Hamm v. 13.1.1993, LAGE Nr. 19 zu§ 130 BGB (LS). 657 Insbesondere ist auf§ 309 Nr. 12 b) BGB Bedacht zu nehmen, wonach ein Empfangsbekenntnis zu seiner Wirksamkeit der gesonderten Unterschrift seines Ausstellers bedarf. Das Empfangsbekenntnis muss von der Unterrichtung zudem hinreichend abgegrenzt sein; vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 309 Rn. 102.

207

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

l.

Zugangsverhinderung durch den Arbeitnehmer

Nach allgemeinen Grundsätzen geht die berechtigte Verweigerung der Annahme einer Erklärung zu Lasten des Erklärenden658 • Hiervon ist etwa auszugehen, wenn das zurückgewiesene Schreiben unterfrankiert oder unrichtig adressiert ist659 • In derartigen Fällen besteht der Informationsanspruch des Adressaten aus § 613a Abs. 5 BGB fort. Mangels Zugangs läuft die Frist gemäߧ 613aAbs. 6 S. 1 BGB nicht. Kommt es aus einem von dem Adressaten zu vertretenen Grund nicht zu einem Zugang des Unterrichtungsschreibens, so bleibt der Anspruch aus § 613a Abs. 5 BGB gleichwohl aufrechterhalten. Die informationspflichtigen Rechtsträger dürfen sich folglich nicht mit dem einmal fehlgeschlagenen Zugang begnügen. Mit dem ordnungsgemäßen Angebot der Unterrichtung und ihrer Zurückweisung gerät der Arbeitnehmer allerdings in Annahmeverzug (§ 293 BGB). Für das Irrgangsetzen der Widerspruchsfrist gilt, dass § 613a Abs. 6 S. 1 BGB wegen des fehlenden Zugangs der Mitteilungen nicht unmittelbar eingreifen kann. Der Adressat kann sich aber auf den fehlenden Fristbeginn wegen des nicht erfolgten Zugangs der Information nicht berufen660 . Dies folgt aus dem Rechtsgedanken von§ 242 BGB (venire contra factum proprium) und § 162 Abs. 1 BGB. Im Ergebnis ist es daher für die Widerspruchsfrist so anzusehen, als sei die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB im Zeitpunkt der unberechtigten Zugangsvereitelung zugegangen. 2.

Zugang bei Abwesenheit des Arbeitnehmers

a)

Problemstellung und Lösungsalternativen

Für den Zugang der Unterrichtung bei Abwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb gelten die allgemeinen oben beschriebenen Regeln. Ein Zugang findet nicht statt, wenn die Unterrichtung über rein betriebliche Informationskanäle erfolgt und der Adressat vorübergehend keinen Zugang zum Betrieb 658 V gl. nur BGH v. 27.10.1982, NJW 19983, 929, 930 f.; Jauernig-Jauernig, BGB, § 130 Rn. 6; RGRK-Krüger-Nieland, BGB, § 130 Rn. 27. 659 Vgl. APS-Preis, GrundlagenD Rn. 42; ErfKomm-Ascheid, § 4 KSchG Rn. 43; KRFriedrich, § 4 KSchG Rn. 121; Tschöpe-Schulte, AnwaltshdB., 3 C Rn. I 04; Medicus, BGB AT, Rn. 280. 660 V gl. die Rechtslage bei der Vereitelung des Kündigungszugangs aufgrund eines vom Empfänger zu vertretenden Umstandes; BAG v. 26.11.1997, AP Nr. 19 zu § 130 BGB (unter II 2); v. 7.11.2002, 88 2003, 1178, 1181 f.; LAG Hessen v. 6.11.2000, NZA-RR 2001, 637 f.; APS-Preis, Grundlagen D Rn. 58; ErfKomm-Ascheid, § 4 KSchG Rn. 42 f.; KR-Friedrich, § 4 KSchG Rn. 126; SPV-Preis, Kündigung, Rn. 224.

208

Praktische Durchftihrung und Koordination der Unterrichtung

oder keinen Anlass zu dessen Aufsuchen hat (z.B. bei Elternzeit oder Altersteilzeit; Abordnung zu konzernverbundenen Unternehmen), weil die Mitteilung in diesem Fall nicht in den Machtbereich des Empfängers gelangt bzw. mit einer Kenntnisnahme objektiv nicht gerechnet werden kann. Demgegenüber genügt eine Übermittlung des Unterrichtungsschreibens an den Wohnsitz des Arbeitnehmers den Zugangsvoraussetzungen grundsätzlich immer. Ob und wann der Adressat von einer derart in seinen Machtbereich gelangten Mitteilung dann tatsächlich Kenntnis nimmt, ist nach allgemeinen Regeln unerheblich. Zweifelhaft ist aber, ob von einem Zugang im Sinne des§ 613aAbs. 6 S. 1 BGB auch dann ausgegangen werden kann, wenn der Arbeitnehmer infolge längerer, typischerweise urlaubsbedingter Abwesenheit (ebenso bei Kur, Krankenhausaufenthalt etc.) aus tatsächlichen Gründen insgesamt gehindert ist, die Mitteilungen zu lesen. Im Kündigungsrecht ist für hier angesprochene Konstellationen seit langem streitig, wann die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer zugeht. Nach der überkommenen Rechtsprechung des BAG sollte der Arbeitgeber bei einer Kündigung die ihm bekannte Abwesenheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen haben 661 • Danach galt der Zugang als aufgeschoben. Diese Rechtsprechung hat das BAG aufgegeben662 . Orientiert man sich an dem kündigungsrechtlichen Streit, so bieten sich für die Zugangsproblematik bei fehlender subjektiver Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem Informationsschreiben im Wesentlichen zwei Lösungsalternativen an 663 • Zum einen könnte in Anlehnung an die ältere Judikatur da-

661 BAG v. 16.12.1980, AP Nr. II zu § 130 BGB (LS 2). 662 BAG v. 16.3.1988, EzA Nr. 16 zu§ 130 BGB (LS) mit zust. Anm. Adam (S. II ff.); zust. ferner u.a. LAG Berlin v. 16.11.1987, BB 1988, 484 f.; LAG Hamm v. 25.2.1988, LAGE Nr. II zu § 130 BGB (S. 5); LAG Baden-Württemberg v. 14.2.1990, LAGE Nr. 13 zu§ 130 BGB (LS); Tschöpe-Schulte, AnwaltshdB., 3 C Rn. 102 f.; Dilcher, JZ 1989, 298 f.; krit. u.a. Medicus, BGB AT, Rn. 283; Klevemann, Anm. zu LAG Hamm v. 25.2.1988, LAGE Nr. II zu § 130 BGB (S. 9 ff.); Klinkhammer, Anm. zu BAG v. 2.3.1989, EzA Nr. 22 zu§ 130 BGB (S. 13 ff.); Nippe, JuS 1991,285 ff.;Popp, DB 1989,1133 ff. 663 Denkbar ist zudem, dass ftir derat1ige Konstellationen einschlägige tarifliche oder einzelvertragliche Regelungen über den Zugang von Arbeitgebennitteilungen existieren (z.B. Zustellung im Krankenhaus oder am Urlaubsort; vgl. ErfKomm-Ascheid, § 4 KSchG Rn. 41 ). In diesem Fall ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die betreffende Absprache nur ftir bestimmte Erklärungen (bspw. Kündigung) oder ftir alle rechtserheblichen Mitteilungen eingreifen soll. Im letzteren Fall gilt die Absprache auch ftir die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB. Die an dem Betriebsinhaberwechsel beteiligten Rechtsträger müssen sich dann im Interesse einer ordnungsgemäßen Unterrichtung über derartige Absprachen in Kenntnis setzen.

209

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

von auszugehen sein, dass für die betreffende Zeit kein Zugang des Informationsschreibens bewirkt werden kann. Andererseits könnte ein Zugang ungeachtet der Abwesenheit des Adressaten bejaht werden. In diesem Fall ergäbe sich das Folgeproblem, ob eine Verlängerung der Widerspruchsfrist geboten ist. b)

Stellungnahme

Für den zunächst isoliert zu betrachtenden Zugang der Unterrichtung muss gelten, dass dieser auch erfolgt, wenn der Adressat aus in seiner Person liegenden Gründen an einer Kenntnisnahme der in seinen Machtbereich gelangten Mitteilungen gehindert ist 664 . Ob dem Arbeitgeber die Abwesenheit des Betreffenden bekannt ist, ist wegen des an objektiven Kriterien ausgerichteten Zugangsbegriffs unerheblich. Dies folgt aus prinzipiellen Erwägungen, da eine Subjektivierung des Zugangsbegriffs auf die Anerkennung einer zugangslosen Zeit hinausliefe, was mit den allgemeinen Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs und dem Postulat der Rechtssicherheit unvereinbar wäre66s. Problematisch ist, ob ungeachtet des bewirkten Zugangs mit Blick auf den Lauf der Widerspruchsfrist Korrekturen auf der Rechtsfolgenseite der Unterrichtung geboten sind. Die hier vertretene Ablehnung eines Hinausschiebens des Zugangs auch bei nachweisbarer längerer Abwesenheit des Arbeitnehmers kann nämlich zur Folge haben, dass die Widerspruchsfrist gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BOB ganz oder zum Teil abgelaufen ist, bevor der Adressat das Unterrichtungsschreiben tatsächlich erhält. In Anbetracht der berechtigten Erwägungen des Gesetzgebers, wonach eine Anerkennung des Widerspruchsrechts verfassungsrechtlich geboten ist666, kann dem Mitteilungsempfänger das Risiko der verzögerten Kenntnisnahme nicht generell einseitig aufgebürdet werden. Anderenfalls kann das Abwehrrecht gegen den Arbeitgeberwechsel verfristet sein, bevor aus Arbeitnehmersicht überhaupt ein Anlass besteht, einen Widerspruch in Erwägung zu ziehen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine tragende Erwägung der oben angesprochenen neueren Judikatur im Kündigungsschutzrecht in den über

664 Ebenso ftir die Rechtslage vor Einflihrung von § 613a Abs. 5, 6 BGB Dreher, BB 2000, 2358 f. 665 In diesem Sinne BAG v. 16.3.1988, EzA Nr. 16 zu§ 130 BGB (S. 7) m.w.N. Weitere beachtliche Argumente gegen ein subjektives Verständnis von Zugangsvoraussetzungen bei Adam, Anm. zu BAG v. 16.3.1988, EzA Nr. 16 zu§ 130 BGB (S. 14 ff.). 666 Dazu § II B. III. I.

210

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung

§ 5 KSchG eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten liegt667 • Hiernach kann eine Kündigungsschutzklage nachträglich zugelassen werden, wenn der Arbeitnehmer glaubhaft machen kann, er sei an einer rechtzeitigen Klageerhebungtrotz aller ihm nach Lage der Umstände zurnutbaren Sorgfalt verhindert gewesen. Der Arbeitnehmer muss somit durch die Ablehnung einer Zugangssperre während seiner Abwesenheit keinen Rechtsnachteil erleiden. Da ein dem § 5 Abs. 1, 2 KSchG vergleichbarer Korrekturmechanismus fiir § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB nicht existiert und eine Analogie zum Kündigungsschutzrecht wegen des speziell gelagerten Charakters von § 5 KSchG als prozessualem Rechtsbehelf ausscheidet668 , muss im Einzelfall eine Lösung über § 242 BGB herbeigefUhrt werden. Die Ausübung des Widerspruchsrechts steht ebenso wie das Recht der beteiligten Arbeitgeber, sich auf dessen Verfristung zu berufen, wie eine jegliche Rechteausübung unter dem immanenten Vorbehalt von Treu und Glauben669 • Eine gerechte Risikoverteilung bei längerfristig fehlender Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Unterrichtung muss insoweit neben dem Interesse des Arbeitnehmers, einen angemessenen Zeitraum fiir die Widerspruchsentscheidung zur VerfUgung zu haben, auch das in den Gesetzesmaterialien hervorgehobene Interesse der Arbeitgeberparteien, schnell und rechtssicher Klarheit über die übergehenden Arbeitsverhältnisse gewinnen zu können670 , berücksichtigen. War der Arbeitnehmer nachweislichtrotzaller ihm nach Lage der Umstände zumutbaren Sorgfalt an einer Kenntnisnahme der Mitteilungen und einem rechtzeitigen Widerspruch gehindert und konnte der Arbeitgeber dies erkennen, so können Betriebsveräußerer und -erwerber folglich nach Treu und Glauben bei Abwägung der Interessen im Einzelfall daran gehindert sein, den nach dem Wortlaut von § 6l3a Abs. 6 S. 1 BGB an sich verspäteten Widerspruch zurückzuweisen. Hiermit ist allerdings nicht gesagt, dass dem Arbeitnehmer nach tatsächlichem Erhalt des Informationsschreibens entsprechend§ 613aAbs. 6 S. 1 BGB (maximal) ein voller Monat als Überlegungsfrist fiir die Widerspruchsrechtsausübung zuzubilligen ist. Insoweit dürfte es im Rahmen der Abwägung gemäß § 242 BGB vor allem auf die Komplexität der Informationen im Einzelfall ankommen.

667 Vgl. BAG v. 16.3.1988, EzA Nr. 16 zu § 130 BGB (S. 7 f.); LAG BadenWürttemberg v. 14.2.1990, LAGE Nr. 13 zu§ 130 BGB (S. 2); s.a. KR-Friedrich, § 4 KSchG Rn. !II; Adam, Anm. zu BAG v. 16.3.1988, EzA Nr. 16 zu § 130 BGB (S.21 f.); Wenzel,BB 1981,1031,1032. 668 A.A. wohl Dreher, DB 2000, 2358, 2359. 669 Vgl. nur BAG v. 5.2.2004, NZA 2004, 845, 847; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 38; Menze, Widerspruchsrecht, S. 95 jeweils m.w.N. 670 S. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19.

211

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

c)

Ergebnis

Betriebsveräußerer bzw. -erwerber können sich auch bei Kenntnisnahmehindernissen in der Person des Arbeitnehmers prinzipiell auf ein Eingreifen von § 613a Abs. 6 S. 1 BOB verlassen. Nach Treu und Glauben kann ein verspäteter Widerspruch im Ausnahmefall allerdings beachtlich sein, wenn der Informationsadressat trotz aller ihm zuzumutenden Sorgfalt an einer rechtzeitigen Kenntnisnahme der Mitteilungen und daher an einem fristgerechten Widerspruch gehindert war und der Arbeitgeber hiermit zumindest rechnen musste.

D.

Koordination der Arbeitnehmerunterrichtung durch die informationspflichtigen Arbeitgeber

Zu Fragen der Durchfiihrung der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BOB gehört auch eine Beleuchtung des Innenverhältnisses der informationspflichtigen Rechtsträger im Hinblick auf die wechselseitige Ermöglichung und Koordination der Mitteilungen. I.

Regelungsbedürftige Aspekte im Innenverhältnis zwischen Betriebsveräußerer und -erwerber

§ 613a BOB greift bei einem rechtsgeschäftliehen Betriebsinhaberwechsel ein. Im Regelfall vollzieht sich die Betriebsübertragung auf vertraglicher Grundlage zwischen dem bisherigen Inhaber und seinem Nachfolger. Aus Sicht der Parteien ist es möglich und sinnvoll, im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Betriebsübernahme zugleich vertragliche Absprachen in Bezug auf die Arbeitnehmerunterrichtung zu treffen. Derartige Absprachen können insbesondere zur Konfliktvermeidung (Bsp.: bisheriger Arbeitgeber will mit "negativer Tendenz" bzgl. der Beschäftigungsperspektive beim Erwerber unterrichten, um Schlüsselkräfte zum Widerspruch zu bewegen) sowie zur Steuerung des wirtschaftlichen Risikos von Widersprüchen (z.B. Freistellung des Betriebsveräußerers durch den Erwerber von Ansprüchen widersprechender Arbeitnehmer im Innenverhältnis) dienen. Für letzteres dürfte aus der Warte des Betriebsveräußerers regelmäßig ein besonders dringliches Bedürfnis bestehen, weil er das Risiko trägt, Arbeitnehmer nach einem Widerspruch zumindest bis zum Ablauf der individuellen Kündigungsfrist weiter beschäftigen zu müssen. Dieses wird nunmehr durch die Gesetzeskonzeption von § 613a Abs. 5, 6 BOB verstärkt, da bei Unterrichtungsmängeln eine zeitlich grundsätzlich unbefristete Rückkehrmöglichkeit der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer zu ihrem bisheri-

212

Praktische Durchführung und Koordination der Unterrichtung

gen Arbeitgeber besteht671 . Bei fehlenden vertraglichen Regelungen mit dem Betriebsnachfolger trifft das wirtschaftliche Risiko von Verstößen gegen die Informationspflicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB somit überwiegend den Veräußerer. Für den Erwerber besteht insoweit allerdings die Gefahr, von ihm gewünschte Arbeitnehmer irrfolge (nachträglichen) Widerspruchs nicht übernehmen und den erworbenen Betrieb daher nicht reibungslos fortfuhren zu können. Vor diesem Hintergrund können sich im Zusammenhang mit Unterrichtung und Widerspruchsrecht insbesondere folgende Aspekte zwischen den Betriebsübertragungsparteien als vertraglich regelungsbedürftig erweisen: Bestimmung des Rechtsträgers, der die Unterrichtung durchfuhrt, bzw. Festlegung, welche Partei gegenüber den Arbeitnehmern welche Angaben macht; Regelungen zur Kommunikation von Daten und Fakten, die fur die Vorbereitung der Unterrichtung notwendig sind (Abgrenzung und Auflistung der informationsberechtigten Arbeitnehmer; notwendige Hintergrundinformationen, z.B. über das Tarifregime beim Erwerber); Festlegung eines Zeitrahmens bis zur gemeinsamen Schlussredaktion; Abstimmung von Unterrichtungsinhalt und -zeitpunkt; Kostentragung der Aufwendungen flir Erstellung und Durchfuhrung der Unterrichtung (Modifikation der Regeln über den Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB); Verteilung des wirtschaftlichen Risikos von Unterrichtungsmängeln, z.B durch Freistellung des Betriebsveräußerers von den Kosten nachträglicher Arbeitnehmerwidersprüche 672 ; Haftung bei Nicht- oder Schlechterfullung von Vereinbarungen über die Durchflihrung der Unterrichtung, z.B. pauschalierter Schadensersatz; Zuweisung des wirtschaftlichen Risikos von Widersprüchen gegen den Arbeitgeberwechsel 673 ; Verteilung von Personalabbaukosten bei Arbeitskräfteüberhang im Veräußererrestbetrieb nach dem Übergang 674 ; Regelungen zur gegenseitigen Übermittlung jeweils beim Veräußerer oder Erwerber eingehender Widersprüche; 671 Grenzen ergeben sich allerdings aus einer möglichen Verwirkung des Widerspruchsrechts; näher § I 0 A. II. 672 Näher Jaeger, ZIP 2004, 433, 434. 673 S. Hölters-Bauer/v.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 145. 674 Vgl. Meyer, BB 2003, \010 f.

213

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Bestimmungen über die Auswirkungen von Widersprüchen auf den Betriebsveräußerungsvertrag675, z.B. Rücktrittsrechtsvereinbarung für den Fall des Widerspruchs einer bestimmten Arbeitnehmeranzahl676 , aufschiebende Bedingung, dass Know-How-Träger nicht widersprechen 677 • Steht der Vollzug der Betriebsübergangs alsbald bevor, so kann auch in der Weise verfahren werden, dass das ausformulierte Unterrichtungsschreiben, das im Rahmen der Vertragsverhandlungen erstellt wurde, zur Anlage des Kauf- bzw. Übernahmevertrags gemacht wird. In jedem Falle erscheint es unter Haftungsgesichtspunkten sinnvoll, das Verfahren hinsichtlich der Erstellung des Informationsschreibens so auszugestalten, dass bei einer später festgestellten Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Mitteilungen eine Zuordnung der Fehlerquelle zu dem Veräußerer oder Erwerber möglich ist 678 •

II.

Pflicht zur Mitwirkung bei der Unterrichtung im Innenverhältnis zwischen dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber

Sofern dezidierte vertragliche Abreden über die Unterrichtung nicht getroffen wurden, stellt sich die Frage, inwieweit die Unterrichtungsschuldner zur wechselseitigen Mitwirkung bei der Vorbereitung und Durchführung der Information gehalten sind. 1.

Kein wechselseitiger Anspruch auf Durchführung der Unterrichtung

Zunächst ist festzuhalten, dass ein wechselseitiger Anspruch der Arbeitgeberparteien im Innenverhältnis auf Durchführung der Unterrichtung gegenüber den Beschäftigten nicht existiert. § 613a Abs. 5 BGB weist das Unterrichtungsrecht allein den Arbeitnehmern zu. Der bisherige und der neue Betriebsinhaber können sich also nicht darauf verlassen, dass der jeweils andere den Informationsanspruch der Beschäftigten erfüllt679 .

675 Die Folgen des Widerspruchs von Schlüsselkräften oder einer bedeutenden Anzahl von Arbeitnehmern ftir den Fmtbestand des Vertrages über die Betriebsveräußerung sind bereits Gegenstand mehrerer Untersuchungen. Da sich durch die Einführung von § 613a Abs. 5, 6 BGB insoweit keine Veränderungen ergeben haben, sei auf die einschlägige Literatur verwiesen; s. Hölters-Bauerlv.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 145; Menze, Widerspruchsrecht, S. 211 ff.; Pietzko, Tatbestand, S. 313 ff.; T.5chöpe, Rechtsfolgen, S. 80 ff. 676 V gl. Menze, Widerspruchsrecht, S. 217; T.5chöpe, Rechtsfolgen, S. 80 ff. 677 S. D.Gaul, ZfA 1990, 87,93 f. 678 Jaeger, ZIP 2004, 433, 434. 679 Zutreffend Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 55; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 639.

214

Praktische Durchfuhrung und Koordination der Unterrichtung

2.

Pflicht zur gegenseitigen Ermöglichung der Unterrichtung

Die Frage nach einer Mitwirkungspflicht wird sich regelmäßig dann stellen, wenn einer der beteiligten Rechtsträger sich weigert, den Arbeitnehmern die von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB geforderten Informationen unmittelbar zu erteilen und die andere Partei die für eine vollständige Unterrichtung, beispielsweise zu den Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer, notwendigen Hintergrundinformationen entbehrt 680 . In diesem Fall ist zu überlegen, ob Veräußerer und Erwerber einander auf Zurverfügungstellung der für eine ordnungsgemäße und vollständige Unterrichtung notwendigen Informationen in Anspruch nehmen können.

a)

Mitwirkungspflicht aus dem Betriebsübertragungsvertrag

Als Rechtsgrundlage für eine Pflicht zur Mitwirkung bei der Ermöglichung der Unterrichtung kommt der Betriebsübertragungsvertrag in Betracht. Insoweit wird mit Recht angenommen, dass die beteiligten Rechtsträger sich als Nebenpflicht hieraus wechselseitig die zur pflichtgemäßen Durchführung der Unterrichtung erforderlichen Informationen übermitteln müssen 681 . Dies entspricht auch der Auffassung des Gesetzgebers, wonach sich die Arbeitgeberparteien hinsichtlich der Unterrichtung verständigen sollen682 . Hinsichtlich der dogmatischen Einordnung kann an die Grundsätze zum Bestehen selbständiger Nebenpflichten in Gestalt von Mitwirkungspflichten, die darauf gerichtet sind, im Zusammenwirken die Voraussetzungen für die Durchflihrung des Vertrages zu schaffen, angeknüpft werden683 . Zudem geht es für die Arbeitgeberparteien darum, unter dem Aspekt der gegenseitigen Interessenwahrung den Vertragspartner bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen aus § 613a Abs. 5 BGB gegenüber den Arbeitnehmern zu unterstützen684. Hieraus resultiert eine einklagbare Auskunftspflicht über unter-

680 Relevant kann dies vor allem werden, wenn dem Betriebserwerber an einer Übernahme der Arbeitnehmer nicht gelegen ist und er vor diesem Hintergrund kein Interesse an einem Ingangsetzen der Widerspruchsfrist hat. Demgegenüber wird der bisherige Arbeitgeber die Unterrichtung möglichst frühzeitig vollständig durchführen wollen, um eine Rückkehrmöglichkeit widersprechender Arbeitnehmer nach dem Übergang auszuschließen. 681 ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 86; KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 112; WHSSWillemsen, Umstrukturierung, G Rn. 227; Menze, Widerspruchsrecht, S. 64; Meyer, BB 2003, I 010, I 0 II; Nehls, NZA 2003, 822, 823; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159,1162. 682 Vgl. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 683 S. MünchKomm-Roth, BGB, § 242 Rn. 214 ff. 684 Vgl. allgemein Paiandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 31 m.w.N.

215

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

richtungsrelevante Umstände gegenüber der anderen Partei685 . Hinzu tritt die allgemeine Pflicht der Vertragspartner, alles zu unterlassen, was die Herbeiflihrung des Leistungserfolges, das heißt die ordnungsgemäße Überleitung des Betriebs- bzw. Betriebsteils einschließlich des in den zugehörigen Arbeitnehmern gebündelten Know-Hows, vereiteln oder gefährden könnte 686 . Veräußerer und Übemehmer müssen somit auch im Innenverhältnis alles unterlassen, was unter dem Aspekt bewusst falscher, widersprüchlicher oder irreflihrender Unterrichtung Arbeitnehmerwidersprüche provozieren oder ausschließen soll.

b)

Mitwirkungspflicht aus dem Gesamtschuldverhältnis

Bei Fehlen einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zwischen bisherigem und neuem Betriebsinhaber und gleichwohl vorliegendem Betriebsübergang im Sinne des§ 613a BGB 687 , scheidet eine Anknüpfung an vertragliche Nebenpflichten zur Begründung einer Mitwirkungspflicht bei der Unterrichtung aus. Auch in derartigen Konstellationen besteht aber ein Interesse daran, flir die Mitteilungen relevante Hintergrundinformationen zwischen den beteiligten Arbeitgebern auszutauschen, um durch einen Zugang der Mitteilungen die Widerspruchsfrist auszulösen. Vor diesem Hintergrund wird zu Recht angenommen, dass (auch) aus dem zwischen den informationspflichtigen Rechtsträgem durch§ 613a Abs. 5 1. HS BGB i.V.m. § 421 BGB gesetzlich begründeten Gesamtschuldverhältnis688 ein Anspruch auf Auskunft über unterrichtungsrelevante Umstände resultiert689. Dogmatisch kann ebenfalls von Mitwirkungspflichten gesprochen werden, weil die Gesamtschuld ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen den betroffenen Schuldnern knüpft und diese einander wechselseitig verpflichtet sind, an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken 690 . Zudem 685 Es ist dem in Anspruch genommenen Rechtsträger allerdings zuzubilligen, anstelle derErteilungvon Auskünften im Innenverhältnis die erforderlichen Angaben unmittelbar gegenüber den Arbeitnehmern machen. In diesem Fall hat er seiner Mitwirkungspflicht genügt. 686 Vgl. nur RG v. 5.10.1939, RGZ 161, 330; 338; BGH v. 14.12.1954, BGHZ 16, 4, 10; MünchKomm-Roth, BGB, § 242 Rn. 144, 192; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 29. 687 S. oben § 2 B. II. I. a). 688 Dazu § 4 B. II. 689 Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2040; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1162. Da die Gesamtschuld hier kraft Gesetzes besteht, kommt es auf das Vorliegen einer Vertragsbeziehung zwischen altem und neuem Betriebsinhaber nicht an. Dies übersieht Holtkamp, AuA 2002, 404, 405. 690 V gl. OLG München v. 11.1.1999, NJW-RR I 999 590; 592; Palandt-Heinrichs, BGB, § 426 Rn. 4; Staudinger-Noack, BGB, § 426 Rn. 2, 73.

216

Praktische Durchfiihnmg und Koordination der Unterrichtung

ergibt sich auch aus der Gesamtschuld die Schuldnerpflicht untereinander, die gegenseitigen Interessen zu wahren 691 • Es ist somit zu folgern, dass sich aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen den informationspflichtigen Arbeitgebern als Gesamtschuldner weitgehend dieselben Rechte und Pflichten im Hinblick auf die Ermöglichung der Unterrichtung ergeben, als wenn die Parteien eine entsprechende vertragliche Nebenpflicht aus dem Übertragungsgeschäft träfe. 111.

Haftung gegenüber der anderen Arbeitgeberpartei bei Verletzung der Mitwirkungspflicht

Eine Verletzung der vorstehend geschilderten Mitwirkungspflichten kann zu Schadensersatzansprüchen aus § 280 Abs. 1 BGB (ehedem positive Vertragsverletzung) bzw.- bei Fehlen einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung zwischen dem alten und neuen Betriebsinhaber- aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) führen. Im Falle eines besonders gravierenden Pflichtverstoßes im Zusammenhang mit der Unterrichtung nach§ 613a Abs. 5 BGB und hierdurch bedingter nachhaltiger Störung der Vertrauensgrundlage wird der geschädigten Partei über §§ 324, 241 Abs. 2 BGB ausnahmsweise auch ein Recht auf Rücktritt von dem Vertrag über die Betriebsübertragung zuzubilligen sein.

E.

Zusammenfassung zu § 6

Gemäߧ§ 613aAbs. 5, 126b BGB ist für die Unterrichtung Textfonn vorgeschrieben, so dass eine telekommunikative Übermittlung grundsätzlich möglich ist. Verstöße gegen die Textform führen zur Unwirksamkeit der Unterrichtung. Wichtig ist, dass die Mitteilungen auch in Textform zugehen müssen. Für die Zugangsvoraussetzungen gelten die Regeln für empfangsbedürftige Willenserklärungen wegen des Charakters der Unterrichtung als geschäftsähnliche Handlung entsprechend. Ein Zugang mit der Rechtsfolge der Fristauslösung für den Widerspruch ist auch möglich, wenn der Arbeitnehmer subjektiv an einer Kenntnisnahme gehindert ist. An sich verspätete Widersprüche können in diesem Fall unter Berücksichtigung der Wertungen von § 5 Abs. 1, 2 KSchG nach Treu und Glauben beachtlich sein. Die Sprache für die Unterrichtung ist auch bei multinationaler Belegschaft grundsätzlich deutsch. Ausnahmsweise besteht eine Pflicht zur Übersetzung, wenn der Arbeitgeber rechtserhebliche Mitteilungen gegenüber dem Arbeitnehmer auch sonst fremdsprachlich vornimmt.

691 Staudinger-Noack, BGB, § 426 Rn. 82.

217

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Die Arbeitgeberparteien sollen sich über die Unterrichtung verständigen. Es besteht eine Pflicht im Innenverhältnis, an der Ermöglichung der Information mitzuwirken. Insbesondere muss zum Zwecke der ordnungsgemäßen Erfl.illung des Informationsanspruchs Auskunft über unterrichtungsrelevante Umstände erteilt werden, die in der jeweils eigenen Sphäre des betreffenden Rechtsträgers liegen. Sinnvoll sind zudem umfassende vertragliche Absprachen zwischen Veräußerer und Übernehmer, die sich insbesondere auf die Durchfl.ihrung der Unterrichtung sowie die Risikotragung bei Widersprüchen beziehen.

218

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

§ 7 Die Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs A.

Erlöschen des Unterrichtungsanspruchs der Arbeitnehmer bei Zugang des Informationsschreibens

I.

Erfüllungsvoraussetzungen für den Informationsanspruch

Der Unterrichtungsanspruch der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer erlischt bei Zugang eines formgerechten Informationsschreibens mit den von dem Katalog des§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB geforderten Angaben infolge Erfüllung (§ 362 BGB). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Ordnungsgemäßheit der Mitteilungen ist der des Sach- und Planungsstandes bei deren Zugang. Die Information wird folglich nicht durch eine nachträgliche Änderung einzelner unterrichtungsrelevanter Umstände unrichtig692. Beweisbelastet für die Erfüllung des Informationsanspruchs ist im Streitfall der alte bzw. der neue Betriebsinhaber693 . Dies ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen, wonach es dem Schuldner obliegt, nicht nur für die Tatsache der Leistung (Zugang des Unterrichtungsschreibens), sondern auch für ihre Obligationsgemäßheit (inhaltliche Richtigkeit, Vollständigkeit, Formgerechtigkeit der Unterrichtung) Beweis zu führen 694 . Allerdings wird der Mitteilungsadressat im Streitfalle zuvor schlüssig darzulegen haben, mit Rücksicht aufwelchen Umstand eine Informationspflichtverletzung vorliegen soll.

II.

Gesamtschau von Einzelmitteilungen

Eine den Vorgaben von§ 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB entsprechende Unterrichtung kann auch dadurch bewirkt werden, dass die beteiligten Arbeitgeber den Arbeitnehmern jeweils Teile der nach dem gesetzlichen Katalog erforderlichen Informationen übermitteln 695 . Das Informationsinteresse der Arbeitnehmer ist befriedigt, wenn sich die geschuldeten Angaben aus einer Zu-

692 Zu diesem Problemkomplex und zur Begründung s. § 8 B. II. 693 Wie hier Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 66. Demgegenüber muss der Arbeitnehmer das Bestehen des Unterrichtungsanspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB, mithin das Bevorstehen oder Vorliegen eines konkreten Betriebsinhaberwechsels, beweisen. Es gelten die zum Beweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 613a Abs. I S. I BGB entwickelten Grundsätze entsprechend; dazu Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 39. 694 BGH v. 3.12.1976, BGHZ 69,361, 368; v. 24.3.1982, BGHZ 83,260, 267; PalandtHeinrichs, BGB, § 363 Rn. I; Staudinger-0/zen, BGB, § 362 Rn. 50. 695 Wie hier ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 86; Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 463; Laber!Roos, ArbRB 2002, 303, 305.

219

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

sammenschau der Mitteilungen ergeben. Erfüllung tritt daher in dem Zeitpunkt des Zugangs desjenigen Informationsschreibens ein, mit dem die noch fehlenden Angaben ergänzt werden. Zu beachten ist, dass sich die Mitteilungen in derartigen Fällen inhaltlich nicht widersprechen dürfen. Denn widersprüchliche Informationen sind für die Arbeitnehmer bei ihrer Entscheidung hinsichtlich des Arbeitgeberwechsels unverwertbar. Voraussetzung für eine Erfüllung des Unterrichtungsanspruchs durch Gesamtschau von Mitteilungen des alten und des neuen Arbeitgebers ist daher, dass sich die Angaben zu einem widerspruchsfreien, vollständigen Gesamtbild in dem von § 613aAbs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB geforderten Umfang zusammenfügen. Von der vorstehend geschilderten Konstellation sind Fälle zu unterscheiden, in denen nach Zugang eines richtigen und vollständigen Informationsschreibens die zutreffenden Angaben durch einen der beteiligten Arbeitgeber unberechtigterweise dementiert werden. Da es für die Frage der Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung auf deren Zugangszeitpunkt ankommt, vermögen falsche, von der ursprünglichen Information abweichende Angaben an dem bereits eingetretenen erfüllungsbedingten Untergang des Unterrichtungsanspruchs sowie der Auslösung der Widerspruchsfrist gemäß § 613a Abs. 6 BGB nichts mehr zu ändern 696 . Die Belange der Arbeitnehmer werden insoweit durch ein eventuell bestehendes Recht zur Anfechtung täuschungsbedingter Widersprüche bzw. durch etwaige Schadensersatzansprüche gegen den fehlerhaft infonnierenden Rechtsträger gewahrt697 •

111.

Mitteilung fehlerhafter, über den gesetzlichen Mindestumfang hinausgehender Informationen

Es steht den beteiligten Arbeitgebern selbstverständlich frei, über die Pflicht aus § 613a Abs. 5 BGB inhaltlich hinausgehende oder detailliertere Auskünfte zu erteilen. Geschieht dies, so müssen die Zusatzinformationen allerdings richtig und vollständig sein 698 • Ist dies nicht der Fall, so ist zu bedenken, ob eine Erfüllung des Informationsanspruchs der Arbeitnehmer aus

696 Im Ergebnis wie hier Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002,457, 463 f.; Franzen, RdA 2002, 258, 264; Laber/Roos, ArbRB 2002, 303, 305. 697 Dazu§ 10 C. und D. 698 Vgl. BAG v. 13.11.1984,APNr. 5 zu§ I BetrAVG Zusatzversorgungskassen (unter3 b); v. 17.10.2000, AP Nr. 116 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht (unter lJ I); Lembke, BB 2004, 773, 778 m.w.N.

220

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

§ 613a Abs. 5 BGB durch gleichzeitig übermittelte richtige Basisinformationen in dem vom Gesetz geforderten Umfang gehindert wird 699 • Grundsätzlich muss die Richtigkeit zusätzlicher Informationen und die Erfüllung der Anforderungen von § 613a Abs. 5 BGB getrennt beurteilt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die freiwilligen Zusatzangaben inhaltlich nicht auf die Katalogtatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB beziehen (z.B. an sich überflüssige Mitteilungen zu den Beteiligungsverhältnissen bei dem Betriebserwerber). In diesem Fall findet eine "Infizierung" der ordnungsgemäß erteilten Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB durch darüber hinausgehende fehlerhafte Mitteilungen nicht statt. Etwas anderes hat aber zu gelten, wenn sich die überobligationsmäßigen Informationen unmittelbar auf den gesetzlichen Unterrichtungsinhalt beziehen und die Pflichtangaben verfalschen. Hierzu kann es vor allem dann kommen, wenn der bisherige bzw. der neue Betriebsinhaber die Folgen des Übergangs auf jedes einzelne Arbeitsverhältnis herunterbricht (s. das Beispiel in Fn.699). Sofern mit Blick auf den Zweck der Unterrichtung nicht zwischen den gesetzlich notwendigen Informationen und den fehlerhaften Zusatzmitteilungen unterschieden werden kann, gehen freiwillige aber falsche Detailangaben zu Lasten der informationspflichtigen Rechtsträger. Der Arbeitnehmeranspruch aus § 613a Abs. 5 BGB mit der Rechtsfolge der Widerspruchsfristauslösung ist dann nicht erfüllt.

IV.

"Heilung" von Unterrichtungsfehlern

Inhaltlich fehlerhafte oder unvollständige Angaben können durch Ergänzung bzw. Ersetzung mit Wirkung ftir die Zukunft durch die Unterrichtungsschuldner ohne weiteres richtig gestellt werden 700 • Eine vollständige Neuvomahme der Infonnation ist also nicht notwendig. Der Anspruch der Arbeitnehmer aus § 613a Abs. 5 BGB erlischt, wenn die nach dem Gesetz notwendigen Angaben in der Zusammenschau zum ersten Mal vollständig vorliegen. Eine Rückwirkung bei einer Nachbesserung der Mitteilungen dergestalt, dass für Erfullung und Fristbeginn ftir den Widerspruch auf den Zugang der ursprünglichen korrekturbedürftigen und nunmehr richtig ge-

699 Bsp.: Richtige und notwendige Benennung eines Tarifwechsels als Folge des Übergangs und freiwillig zusätzliche, aber falsche Mitteilung zu der individuellen Höhe und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts ftir das individuelle Arbeitsverhältnis. 700 Ebenso ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 340; Bährle, BuW 2002, 1004, 1006; Jaeger, ZIP 2004, 433, 444. Der Einhaltung einer Frist ftir die Korrektur der Mitteilungen bedarf es nicht. § 121 BGB gilt nicht, auch nicht entsprechend. V gl. ftir die parallele Rechtslage in Bezug auf die Nachweiserteilung Schwarze, ZfA 1997, 43, 60.

221

§ 6 I 3a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

stellten Angaben abzustellen wäre, findet nicht statt. Von einer "Heilung" im eigentlichen Sinne kann folglich nicht gesprochen werden 701 • V.

Reichweite der arbeitsgerichtliehen Kontrolle von Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterrichtung

1.

Problemstellung und Meinungsspektrum

Bei einer Auseinandersetzung über die ordnungsgemäße Erfiillung der Vorgaben von § 613a Abs. 5 BOB ist problematisch, inwieweit die Arbeitsgerichte im Prozess zu einer Prüfung von Richtigkeit und Vollständigkeit erteilter Informationen berufen sind. Hinsichtlich der formellen Anforderungen von § 613a Abs. 5 BOB (Rechtzeitigkeit, Formgerechtigkeit der Information) steht die Kontrollbefugnis außer Zweifel. Nicht einheitlich wird hingegen beurteilt, ob den Arbeitsgerichten auch eine inhaltliche Prüfungskompetenz zuzubilligen ist. Während eine Begrenzung auf ein formelles richterliches Prüfungsrecht, das die materiell-rechtliche Richtigkeit der Unterrichtung außer Acht ließe, zum Teil ausdrücklich abgelehnt wird 702 , soll nach anderer Auffassung den Anforderungen von § 613a Abs. 5 BOB aus Sicht des Arbeitsgerichts genügt sein, wenn sich die von den Arbeitgebern gemachten Angaben bei objektiver Betrachtung den in Nr. 1 bis 4 der Norm genannten Tatbestandsmerkmalen zuordnen lassen 703 • Hierflir werden im Wesentlichen zwei Gründe angeflihrt. Zum einen wird befiirchtet, die Beschäftigten könnten insbesondere in Insolvenzfällen geneigt sein, ihr Widerspruchsrecht nachträglich mit dem Hinweis auszuüben, die eingetretene Entwicklung sei bereits absehbar und die Unterrichtung daher mangelhaft gewesen 704 . Einem Gericht sei es aber kaum möglich, hierüber im Nachhinein zu befinden und eine Beweiserhebung durchzufiihren 705 • Zum anderen scheide eine materielle Überprüfung der Mitteilungen vor Gericht deswegen aus, weil dem Registergericht hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Pflichtangaben im Umwandlungsvertrag, plan oder -beschluss (§§ 5 Abs. 1 Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11, 194 Abs. 1 Nr. 7 UmwG) kein inhaltliches Prüfungsrecht zustehe. Da Umwandlungsfälle 701 Unscharf daher Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2042. In der Sache hingegen wie hier Laber/Roos, ArbRB 2002, 303, 304; Worzalla, NZA 2002, 353, 357. 702 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § I 1 Rn. 74. 703 Grobys, BB 2002, 726, 729; ftir ein bloß formelles Prüfungsrecht im Hinblick auf die Vollständigkeit der Unterrichtung auch ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 89 (sofern keine bewusst falsche Unterrichtung vorliegt); G.Picot-Picot/Schnitker, Unternehmenskauf, III Rn. 75. 704 Grobys, BB 2002, 726, 729. 705 ErfK.omm-Preis, § 6 I 3a BGB Rn. 89; ders., Arbeitsrecht I, S. 894; Grobys, BB 2002, 726,729.

222

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

häufig mit einem Betriebsübergang nach§ 613a BGB einhergingen, käme es zu Wertungswidersprüchen, wenn einerseits der im Umwandlungsgesetz vorgesehene Rechtsübergang unbeschadet einer materiellen Prüfung der arbeitsrechtlichen Angaben eintrete, der faktische Vollzug der Umwandlung in Form einer widerspruchslosen Weiterarbeit der Beschäftigten im Ergebnis aber davon abhängig wäre 706 • 2.

Stellungnahme

Die zum Teil befürwortete Beschränkung der arbeitsrichterlichen Kontrollkompetenz hinsichtlich der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB hält einer näheren Überprüfung nicht stand. Zunächst ist anzuführen, dass nur eine formelle und inhaltliche Überprüfung der Mitteilungen geeignet ist, objektiv Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Arbeitnehmer tatsächlich über die vom Gesetz in § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB verlangte Entscheidungsbasis für den Widerspruch verfügte. Beließe man es hier bei einer bloßen Kontrolle, ob die einzelnen Tatbestände der Nummern 1 bis 4 in dem Informationsschreiben nur tatsächlich angesprochen sind, könnten sich die beteiligten Arbeitgeber ihren Pflichten aus § 613a Abs. 5 BGB leicht mit dem Hinweis entziehen, man habe schließlich irgendeine Angabe zu arbeitnehmerbezogenen Folgen des Übergangs und Maßnahmen gemacht. Im Prozess hätte der Ausschluss einer inhaltlichen Richtigkeits- und Vollständigkeitskontrolle die nicht akzeptable Konsequenz, dass von dem Vorliegen einer hinreichenden Unterrichtung mit der Rechtsfolge des Ingangsetzens der Widerspruchsfrist bereits ausgegangen werden müsste, wenn dem Arbeitnehmer ein formgerechtes, nicht ganz offensichtlich lückenhaftes Infonnationsschreiben zugegangen ist. Hiermit würde das Risiko von Falschangaben entgegen der gesetzlichen Konzeption von der Arbeitgeber- auf die Arbeitnehmerseite verlagert. Die Mitteilungsadressaten wären nämlich zu einer Widerspruchsentscheidung binnen eines Monats nach Unterrichtungszugang selbst bei objektiv falschen Informationen gezwungen, da sie Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Angaben bei Annahme einer bloß fonnellen Prüfungskompetenz des Arbeitsgerichts im Prozess nicht mehr angreifen könnten. Im Ergebnis wären damit nicht nur materielle Einwände gegen eine von den beteiligten Arbeitgebern behauptete Verfristung des Widerspruchsrechts, sondern auch weitere an die Darlegung von inhaltlichen Mängeln der Infonnation geknüpfte Rechte, wie z.B. ein Recht zur Anfechtung des Widerspruchs oder Schadensersatzansprüche, zu Lasten der Arbeitnehmer von vornherein abgeschnitten. Es liegt auf der Hand, dass damit für eine Umgehung der inhaltlichen Anforderun706 Grobys, BB 2002, 726, 729.

223

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

genvon § 613a Abs. 5 BOB durch die Unterrichtungsschuldner Tür und Tor geöffnet würde. Eine Beschränkung der arbeitsgerichtliehen Kontrolle im Bereich von § 613a Abs. 5 BOB ist auch deswegen abzulehnen, weil hierdurch die praktische Wirksamkeit der Informationspflicht als Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG entgegen dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot des "effet utile"707 gefährdet würde. Die Gegenansicht läuft auf eine Hinderung der gerichtlichen Durchsetzung des Informationsanspruchs und der schadensersatzrechtlichen Sanktionierung von Pflichtverstößen hinaus. Es ist widersprüchlich, unter anderem vor dem Hintergrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben einen klagbaren Informationsanspruch der Arbeitnehmer aus § 613a Abs. 5 BOB zu bejahen708 , andererseits aber die effektive Durchsetzung der Informationspflicht über die Ablehung eines inhaltlichen Prüfungsrechts der Arbeitsgerichte gravierend einzuschränken. Eine inhaltliche Überprüfung der Angaben gemäß § 613a Abs. 5 S. 1 BOB scheitert auch nicht daran, dass eine richterliche Beurteilung des fiir die Unterrichtung maßgebenden Sach- und Planungsstandes ex post nicht möglich wäre. Die Gegenansicht legt bei dem Hinweis, eine Beweiserhebung über die Absehbarkeit möglicher Folgen des Übergangs im Unterrichtungszeitpunkt sei im nachhinein schwerlich möglich, ein zu weites Verständnis der Reichweite von§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BOB zugrunde. Die Norm begründet nämlich keine Darstellungspflicht in Bezug aufbloß denkbare oder absehbare Entwicklungen, solange noch keine konkreten Planungen hinsichtlich der Arbeitnehmer existieren709 . Aus diesem Grunde verfängt auch der Einwand nicht, ein umfassendes richterliches Prüfungsrecht ftihre dazu, dass die Arbeitnehmer die Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung auch noch nach Jahren mit dem Argument angreifen könnten, bestimmte in den Mitteilungen nicht enthaltene, aber gleichwohl eingetretene Folgen seien bereits absehbar gewesen. Ein derartiges Vorbringen wäre nämlich im Prozess schon als unerheblich anzusehen; eine - in der Tat problematische - Beweiserhebung über die Absehbarkeit kommt von vorneherein nicht in Betracht. Demgegenüber ist eine Beweiserhebung darüber, von welchen unmittelbaren Folgen des Übergangs fiir die Arbeitnehmer die Arbeitgeberparteien im Unterrichtungszeitpunkt ausgehen durften bzw. mussten, keineswegs ausgeschlossen. Gleiches gilt für die im Zugangszeitpunkt der Mitteilungen hinsichtlich der Arbeitnehmer bestehenden Planungen. Zur nachträglichen Klärung im

707 Dazu § 3 8. I. 4. a) sowie § 4 A. II. 2. t). 708 Dazu § 4 A. II. 2. t). 709 S. § 5 C. Ill. I. b) dd).

224

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

Prozess können beispielsweise der seinerzeitige Stand von Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretungen, interne Dokumente bzw. Geschäftsfuhrungsbeschlüsse, Protokollnotizen im Zusammenhang mit der betriebs- und personalwirtschaftlichen Planung des Betriebsübergangs, anwaltliehe Gutachten sowie Aussagen der Verantwortlichen etc. herangezogen werden. Sofern die beteiligten Arbeitgeber durch mangelhafte Dokumentation ihrer arbeitnehmerbezogenen Planungen im Einzelfall in Beweisschwierigkeiten geraten, rechtfertigt dies eine generelle Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle des Unterrichtungsinhaltes nicht. Denn hier liegen die Dinge nicht anders als in sonstigen Fällen, in denen es im Prozess darauf ankommt, ex post das Vorliegen einer planerischen Entscheidung des Arbeitgebers zu einem bestimmten Stichtag nachzuvollziehen, ohne dass insofern Abstriche bei der richterlichen Kontrollkompetenz gemacht werden 710 . Für die Betriebsübertragungsparteien bedeutet dies, dass ihnen im Zusammenhang mit den arbeitnehmerbezogenen Planungen beim Betriebsübergang eine hinreichende Dokumentation des Sach- und Planungsstandes im Zeitpunkt der Unterrichtung dringend anzuraten ist. Schließlich fuhrt die Annahme eines inhaltlichen Prüfungsrechts der Arbeitsgerichte bei § 613a Abs. 5 BGB nicht zu Wertungswidersprüchen mit einer (behaupteten) begrenzten Prüfungskompetenz des Registerrichters hinsichtlich arbeitsrechtlicher Pflichtangaben im Umwandlungsvertrag, -plan oder -beschluss. Die Herstellung von Zusammenhängen ist schon deswegen angreifbar, weil die Einschränkung der Kontrollbefugnis des Registergerichts bei Unternehmensumwandlungen keineswegs abschließend geklärt isf 11 . Zu den angeblichen Kollisionen könnte es überdies nur kommen, wenn der Betriebsübergang tatsächlich auf einer Umwandlung nach dem UmwG beruht. In allen übrigen Fällen des "schlichten" Betriebsübergangs

710 Zu denken ist beispielsweise an die Frage, ob die eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigende Unternehmerentscheidung zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs tatsächlich vorlag, die der vollen arbeitsgerichtliehen Kontrolle unterliegt; s. nur BAG v. 20.3.1986, AP Nr. 14 zu§ 2 KSchG 1969 (unter B IV 2); v. 17.6.1999, NZA 1999, I 098, I 099. Auch hier obliegt es dem Arbeitgeber, seine Entschlüsse sorgfältig zum Zwecke eines späteren Nachweises zu protokollieren; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, IV Rn. 18; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, H Rn. 10. S. ferner BAG v. 19.6.1991, AP Nr. 53 zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung (unter II I) zu den Anforderungen an den arbeitgeberseitigen Nachweis des (bestrittenen) Vorliegens einer Betriebsstilllegungsabsicht im Kündigungszeitpunkt 711 Zum Streitstand B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 29 Rn. 126 ff.; Bungert, DB 1997, 2209, 2211 f.; Henssler, FS Kraft, S. 219, 241 ff.; Joost, ZIP 1995, 976, 986; Willemsen, RdA 1998, 23, 33 jeweils m.w.N.

225

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

versagt der Hinweis auf fehlende materielle Kontrollbefugnisse des Registergerichts schon im Ansatzpunkt. Die Konsequenz wäre, dass ein inhaltliches Prüfungsrecht in Abhängigkeit von der rechtsgeschäftliehen Grundlage der Übertragung in Umwandlungsfcillen zu bejahen, im Übrigen zu verneinen wäre. Eine derartige Unterscheidung wäre ersichtlich nicht sachgerecht, weil sich die Arbeitnehmerrechte in beiden Fällen nach § 613a BGB (ggf. i.V.m. § 324 UmwG) bemessen. Ganz entscheidend gegen eine Heranziehung von Wertungen aus dem Umwandlungsrecht spricht schließlich, dass der zum Teil gesehene Wertungswiderspruch nicht existiert. Die angenommene Beschränkung des Registergerichts auf ein formelles Prüfungsrecht soll nämlich neben registerrechtlichen Wertungen vor allem auf dem schlichten Berichtscharakter der arbeitsrechtlichen Pflichtangaben fußen 712 . Beide Gesichtspunkte lassen sich auf die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht übertragen. Anders als das Registergericht verfugen die Arbeitsgerichte nämlich über die fiir eine materiell-arbeitsrechtliche Prüfung der Angaben notwendige spezifische Sach- und Rechtskenntnis. Zudem handelt es sich bei § 613a Abs. 5 BGB nicht um eine reine Berichtsnorm, da eine individuelle Rechteausübung der Arbeitnehmer ermöglicht werden soll. Die Interessenlage bei der Frage nach der Reichweite der Prüfungskompetenz des Registergerichts einerseits und nach dem Umfang der Kontrollbefugnis der Arbeitsgerichte hinsichtlich der Mitteilungen nach § 613a Abs. 5 BGB andererseits ist demnach völlig verschieden. Rückschlüsse aus dem Umwandlungsrecht sind insoweit nicht möglich.

3.

Ergebnis

Es bleibt somit festzuhalten, dass die Arbeitsgerichte die Erfiillung der Vorgaben von § 613a Abs. 5 BGB im Streitfall in formeller wie materieller Hinsicht überprüfen können und müssen. Die Kontrolle bezieht sich insbesondere auch auf die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Darstellungen.

B.

Auslösung der Frist für den Widerspruch nach § 613a Abs. 6 S. 1 BGB und Anforderungen an eine fristwahrende Widerspruchserklärungdurch den Unterrichtungsadressaten

Im Zentrum der betrieblichen Praxis bei Betriebsveräußerungen wird regelmäßig nicht die isolierte Frage des Erlöschens des Rechts der Arbeitnehmer aus § 613a Abs. 5 BGB stehen, sondern das Problem, ob der Arbeitnehmer 712 Semler/Stengel-Siman, UmwG, § 5 Rn. 78; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, C Rn. 377; Pfajf, Angaben im Umwandlungsvertrag, S. 267; Willemsen, RdA 1998, 23, 33.

226

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

von seinem Widerspruchsrecht wirksam Gebrauch gemacht hat bzw. ob die beteiligten Arbeitgeber weiterhin mit dem Eingang von Widersprüchen rechnen müssen. I.

Unterrichtungszugang als Voraussetzung für das Ingangsetzen der Widerspruchsfrist

1.

Parallellaufvon Erfüllung des Unterrichtungsanspruchs und Widerspruchsfristbeginn

Nur eine den Anforderungen von § 613a Abs. 5 BGB vollständig entsprechende Unterrichtung hat nach ganz herrschender und richtiger Auffassung gemäß Absatz 6 S. I ein Ingangsetzen der Widerspruchsfrist zur Folge713 • Es macht insoweit keinen Unterschied, ob und aus welchen Gründen der Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht ausreichend bzw. ganz oder in Teilen fehlerhaft oder nicht formgerecht informiert worden ist. Soweit abweichend hiervon von einer Unbeachtlichkeit kleinerer Fehler oder Unvollständigkeiten ausgegangen wird 714 oder ein Fristbeginn selbst bei objektiv falschen Angaben befürwortet wird 715 , ist dies aus mehreren Gründen abzulehnen. 713 ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn.340; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 89, 96; ders., Arbeitsrecht I, S. 894; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 51; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 51; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 10 Rn. 34, 36; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 264, 578, 581; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3340; B.Gaul, Betriebsund Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 46, 74; HS-Spirolke, Arbeitsrecht!. Mandat, § 8 Rn. 35; Huke, Unterrichtung, S. 98; Kunst, Informationsrechte, S.l31; Lingemann/v.Steinau-Steinrück/Mengel, Employment & Labor Law, S. 38; Rödder!Hötzei/Mueller- Thuns, Unternehmenskauf, § 12 Rn. 21; Tschöpe-Bese/er, AnwaltshdB., 2 G Rn. 66; Bährle, BuW 2002, 1004, 1006; Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 459; Eich/meier, DZWIR 2002, 277, 278; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 21; dies., GmbHR 7/2002, S. R 137, 138; Crisolli, CR 2002, 386, 388; Franzen, RdA 2002, 258, 265; B.Gaui/Otto, DB 2002, 634, 638 f.; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 44; Holtkamp, AuA 2002, 404, 405; Kröll, PersR 2002, 391, 394; KrügermeyerKalthoff!Reutershan, MDR 2003, 541, 544; Laber!Roos, ArbRB 2002, 268, 269 und ebenda, 303, 304; Nehls, NZA 2003, 822, 824; 0/bertz/Ungnad, BB 2004, 213; Partsch/Reich, AfP 2002, 298, 30 I; Sayatz!Woljf, DStR 2002, 2039, 2043; Warmbein, DZWIR 2003, 11, 13; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1164; Wisskirchen, AE 112002, Heft 1 S. V, XII; Worzalla, NZA 2002, 353, 357. 714 Semler/Stengel-Siman, UmwG, § 324 Rn. 46; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 236; s.a. Meyer, AuA 2002, 159, 161 f.; unklar Holzapfel!Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 697. 715 Pröpper, DB 2003, 2011, 2012. Dessen Kernthese, wonach es flir die Fristauslösung flir das Widerspruchsrecht nur darauf ankommen soll, ob der Katalog des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB "im Grundsatz" beachtet sei, was auch bei unvorsätzlich falschen oder unvollständigen Angaben anzunehmen sei, ist insgesamt widersprüchlich,

227

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Zunächst gilt es festzustellen, dass eine einschränkende Auslegung der Anforderungen für ein Auslösen der Widerspruchsfrist weder Entstehungsgeschichte noch Wortlaut und Systematik von § 613a Abs. 5, 6 BGB gerecht wird. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich betont, dass die Erklärungsfrist für den Widerspruch erst nach vollständiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung zu laufen beginne 16 • Dies spiegelt sich in dem unmissverständlichen Wortlaut von§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB wider, wonach die Fristauslösung an eine Unterrichtung "nach Absatz 5" gekoppelt ist. Eine mängelbehaftete Information unterfällt dem offensichtlich nicht. Im Übrigen vertrüge sich der mit der Annahme einer Unschädlichkeit "kleinerer" Unterrichtungsmängel - wobei unter Rechtssicherheitsgesichtspunkten in nicht hinzunehmender Weise offen bliebe, was hierunter zu verstehen sein soll verbundene Eingriff in das Normgefüge von§ 613aAbs. 5 und 6 BGB nicht mit der Gesetzessystematik. Relativierungen der Anforderungen an die Information im Rahmen des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB führten nämlich dazu, dass die Gefahr unbefristeter Widersprüche entgegen der gesetzgeberischen Konzeption 717 nicht als Durchsetzungsvehikel für das Unterrichtungsrecht der Arbeitnehmer zum Tragen kommt. Schließlich wird im Zusammenhang mit der hier erörterten Problematik mit Recht auf die zur Unwirksamkeit einer Kündigung gemäß § 102 Abs. I S. 3 BetrVG entwickelten Grundsätze verwiesen 718 • Obwohl nach dem Gesetzestext nur eine "ohne Anhörung" des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam sein soll, wird davon ausgegangen, dass dies auch dann der Fall ist, wenn eine Anhörung zwar erfolgt, diese aber mangelhaft ist 719 • Die hierin zum Ausdruck kommende Wertung, dass die Mitteilungspflicht bei einem rein formalen Anknüpfen an die Durchführung der Information als solche, mithin ohne Berücksichtigung ihres Inhaltes, letztlich entwertet würde, ist auch für§ 613 Abs. 5, 6 S. 1 BGB einschlägig.

716 717 718

719

228

weil es sich entgegen der Behauptung von Pröpper (ebenda, S. 2012) dann aus Arbeitnehmersicht gerade nicht um eine "verwertbar erfolgte Unterrichtung" handelt. Auf der Grundlage falscher Informationen ist eine vernünftige Widerspruchsentscheidung nämlich nicht möglich. BT-Drucks. 14/7760, S. 19. Dazu bereits§ 2 B. I. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 74; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 638 f.; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 31; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 66; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 23. Allg. Ansicht, BAG v. 16.9 .1993, v. 17 .2.2000, v. 16.1.2003, AP Nr. 62 (LS 2 und unter BI! 2 b cc (1), Nr. 113 (unter 2 a), Nr. 129 (unter BI l) zu§ 102 BetrVG 1972; ErfKomm-Kania, § 102 BetrVG Rn. 29; FESTL, BetrVG, § 102 Rn. 56; Etzel, Betriebsverfassungsrecht, Rn. 880.

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

Es verbleibt somit im Ergebnis dabei, dass nur eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB inhaltlich wie formal genügende Unterrichtung die Widerspruchsfrist gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB in Gang setzt. Zwischen dem Erfüllungseintritt des Infonnationsanspruchs der Arbeitnehmer und dem Widerspruchsfristbeginn ergibt sich somit ein zeitlicher Gleichlauf. Von der vorstehend erörterten Fragestellung zu trennen ist, dass der Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut von § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht Entstehungsvoraussetzung für das Widerspruchsrecht ist. Anderenfalls hätten es die Arbeitgeberparteien in der Hand, Widersprüche durch Verzögerungen bei der Information zu vereiteln. Im Übrigen wäre es aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, die die Anerkennung eines Widerspruchsrechts bedingen, nicht zu rechtfertigen, die vorherige Unterrichtung zur Voraussetzung für dessen Existenz zu machen. Der Arbeitnehmer kann daher von seinem Recht aus § 613a Abs. 6 BGB Gebrauch machen, sobald er von einem bevorstehenden oder bereits vollzogenem Betriebsübergang, gleich aus welcher Quelle, Kenntnis erlangt 720 . Wird der Widerspruch vor Zugang der Mitteilungen nach Absatz 5 erklärt, so trägt der Arbeitnehmer allerdings das Risiko einer unzureichenden Informationsgrundlage flir seine Entscheidung. Ein Rückgängigmachen des voreilig erklärten Widerspruchs mit der Begründung, bei Kenntis der später zugegangenen Unterrichtung anders entschieden zu haben, kommt wegen der Gestaltungswirkung des Widerspruchs nicht in Betracht 721 .

2.

lngangsetzen der Widerspruchsfrist durch Unterrichtungszugang nach dem Vollzug des Betriebsübergangs

§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB knüpft die Auslösung der Frist flir den Widerspruch an eine Unterrichtung "nach Absatz 5". Absatz 5 sieht nach seinem Eingangswortlaut eine Unterrichtung "vor dem Übergang" vor. Aus diesem Grunde ist bezweifelt worden, ob die Widerspruchsfrist durch eine Unterrichtung nach dem Stichtag des Betriebsinhaberwechsels überhaupt noch ausgelöst werden kann 722 . Folge einer derartigen Betrachtung ist, dass die beteiligten Arbeitgeber bei einem Verstreichenlassen des Vollzugsdatum für die Übertragung Widersprüche grundsätzlich zeitlich unbeschränkt gegen sich gelten lassen müssten. Dies wird von der ganz herrschenden Auffassung

720 Wie hier ausdrücklich B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 37; Grobys, BB 2002, 728, 729. 721 Zur Rechtsbindung an einen erklärten Widerspruchs. noch§ 8 C. I!. 2. a) bb). 722 Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 459 und 464; Partsch/Reich, AfP 2002, 298,301.

229

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

im Schrifttum ungeachtet des missverständlichen Wortlauts von § 6l3a Abs. 6 S. l BGB aus guten Gründen abgelehnt 723 : Auszugehen ist davon, dass auch eine Interpretation, wonach mit der "Unterrichtung nach Absatz 5" lediglich die dort geregelten inhaltlichen wie formalen Anforderungen an die Mitteilung Voraussetzung für den Fristbeginn sein sollen, noch vom Wortlaut des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB gedeckt ist. Dieses Verständnis wird durch die Regierungsbegründung ausdrücklich bestätigt, wonach die Widerspruchsfrist auch durch eine Unterrichtung nach bereits vollzogenem Übergang ausgelöst werden kann 724 • Auch Arbeitnehmerschutzaspekte machen eine andere als die hier im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung vertretene Auslegung von § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht erforderlich. Es ist wegen der rückwirkenden Gestaltungskraft des Widerspruchsrechts 725 kein Grund erkennbar, warum den Arbeitnehmern bei Zugang der Mitteilungen erst nach dem Vollzugszeitpunkt der Übertragung ein zeitlich unbefristetes Widerspruchsrecht zustehen soll, während zuvor die gesetzliche Monatsfrist eingreift. Bei einer anderen Betrachtung wäre der Gesetzgeber im Übrigen aus Arbeitgebersicht weit hinter der Rechtslage vor Einführung von § 613a Abs. 5, 6 BGB zurückgeblieben, wonach sich die Arbeitnehmer ausweislich der Rechtsprechung des BAG über den Widerspruch nach dem Übergangsstichtag unverzüglich zu erklären hatten 726 • Sollte nunmehr bei einer Unterrichtung nach dem Übergang keine Widerspruchsfrist eingreifen, so würde das Regelungsanliegen des Gesetzgebers, zugunsten der Arbeitgeberparteien Rechtssicherheit in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse durch Bewirken der Information zu ermöglichen 727 , verfehlt. 723 ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 343; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 96; Sem1er/Stenge1-Simon, UmwG, § 324 Rn. 44, 57; Commandeur!Kleinebrink, Betriebsund Firmenübernahme, Rn. 577; DLWBaeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3340; Holzapfel!Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 687; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 173; Düwell, FA 2002, 107, 108; ders., HzA-aktuell 2002, 31, 36; Franzen, RdA 2002, 258, 266; B.Gaul, FA 2002,299, 301; Grobys, BB 2002, 726, 729; Hauck, NZA 2004, Beil. 1, S. 43, 45; Jaeger, ZIP 2004, 433, 437; Kossens, AuA 2002, 158, 159; Laber/Roos, ArbRB 2002, 268, 270; Meyer, AuA 2002, 159, 162; Nehls, NZA 2003, 822; 0!bertz/Ungnad, BB 2004,213, 218; Sayatz/Wolj, DStR 2002,2039, 2042; Warmbein, DZWIR 2003, 11, 13; Widlak, FA 2002, 363, 364; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1163 f.; Wisskirchen, AE 1/2002, S. V, XI. 724 BT-Drucks. 14/7760, S. 20. 725 Dazu§ 13 B. I. 726 Nachweise im nächsten Abschnitt unter Il. 2. 727 V gl. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19.

230

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

Schließlich muss berücksichtigt werden, dass eine Unterrichtung zeitlich vor dem Inhaberwechsel aus tatsächlichen Gründen nicht immer möglich ist 728 . Es besteht kein sachlicher Grund, dem bisherigen Betriebsinhaber und seinem Nachfolger in derartigen Konstellationen die Möglichkeit zu versagen, eine Widerspruchsfristauslösung durch nachträgliche Unterrichtung herbeizuführen. Somit ist insgesamt festzuhalten, dass die Widerspruchsfrist durch Zugang einer Mitteilung gemäß § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BOB unabhängig davon in Gang gesetzt wird, ob der Zugangszeitpunkt vor oder nach dem Stichtag des Übergangs liegt.

II.

Gesetzliche Frist für den Widerspruch und Fristberechnung

1.

Monatsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB

§ 613a Abs. 1 S. 1 BOB sieht einen Monat nach Zugang der ordnungsgemäßen und vollständigen Unterrichtung als Frist ftir die Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Adressaten vor. Diese Frist ist auch dann maßgeblich, wenn einzelne Angaben in dem Informationsschreiben durch Verweis auf eine Kollektivvereinbarung ersetzt wurden729 • Eine Fristverlängerung um die Zeitspanne, die erforderlich ist, um in die betreffenden Dokumente Einsicht nehmen zu können, findet aus Gründen der Rechtssicherheit nicht statt730 • Für die Fristberechnung gelten die Bestimmungen der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BOB. Der Tag, an dem die Unterrichtung zugeht, ist folglich für die Fristberechnung nicht mitzurechnen, so dass die Widerspruchsfrist mit Ablauf desjenigen Tages des Folgemonats endet, der durch seine Benennung dem Tag des Unterrichtungszugangs entsprichC 31 . Für die Fristwahrung kommt es auf den Zeitpunkt des Zugangs der schriftlichen Widerspruchserklärung bei dem bisherigen oder dem neuen Arbeitgeber an. Da der Arbeitnehmer von dem Widerspruchsrecht per einseitiger empfangsbedürftiger Willenserklärung Gebrauch machC 32 , sind für die Frage des fristwah-

728 Dies ist insbesondere bei einem zunächst unerkannten oder äußerst kurzfristigen Übertragungsvorgang der Fall; s. bereits§ 4 B. I. 3. 729 Dazu§ 5 B. III. I. b)cc). 730 Ebenso Meyer, AuA 2002, 159, 163. 731 Unrichtig Rödder/Hötzel/Mueller-Thuns, Unternehmenskauf, § 12 Rn. 21 und 22: Frist betrage vier Wochen. 732 Allg. Ansicht, s. BAG v. 22.4.1993 und v. 27.4.1995, AP Nr. I 02 (unter V 2 a), 128 (unter B !I 4) zu§ 613a BGB; LAG Bremen v. 18.9.1987, AP Nr. 9 zu§ 613a BGB (unter I I b); KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. III; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 60; RGRK-Ascheid, BGB, § 613a Rn. 164; Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 155; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 123; Menze, Widerspruchsrecht, S. 50;

231

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

renden Zugangs insbesondere die Regeln des § 130 BGB unmittelbar heranzuziehen. Die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang einer Erklärung und deren Rechtzeitigkeit trägt nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der sich hierauf beruft 733 • Sie obliegt folglich dem widersprechenden Arbeitnehmer734.

2.

Verschiebungen bei der Widerspruchsfrist gegenüber der Rechtslage vor Einführung von § 613a Abs. 5, 6 BGB

Mit der Neuregelung in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB ist eine konzeptionelle Neuausrichtung hinsichtlich der Frist für den Widerspruch verbunden. Nach der Rechtsprechung des BAG galt bislang, dass der arbeitnehmerseitige Widerspruch vor dem Vollzug des Betriebsübergangs grundsätzlich zeitlich unbefristet bis zum Stichtag des Übergangs ausgeübt wurden konnte 735 • Im Schrifttum wurde überwiegend gefordert, der Arbeitgeberseite die Möglichkeit einzuräumen, den Arbeitnehmern verbunden mit einer Information über den Betriebsinhaberwechsel eine Frist zur Ausübung ihres Widerspruchsrechts zu setzen, um bereits vor dem Übergang Gewissheit über die übergehenden Arbeitsverhältnisse schaffen zu können736 . Das BAG hat die Möglickeit einer Fristsetzung zuletzt ausdrücklich offen gelassen737 • Nach dem Betriebsübergang musste der Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht unverzüglich Gebrauch machen, nachdem er über den Inhaberwechsel informiert worden war 738 • Das BAG hat dies durch eine Drei-Wochen-Frist entsprechend § 4 KSchG konkretisiert 739 •

733 734

735 736

73 7

738 739

232

Seifer, Betriebsinhaberwechsel, S. 68; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 30 f.; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 91; Fenn/Klose, JuS 2000, 531, 533. Vgl. nur BGH v. 18.1.1978, v. 13.5.1987, BGHZ 70,232 ff.; 101,49,54 f.; PalandtHeinrichs, BGB, § 130 Rn. 21. Wie hier ausdrücklich ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 96; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 567; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 65; Worzalla, NZA 2002, 353, 357. BAGv.l7.11.1977,v.I9.3.1998,APNr.10(unterl2a),Nr.l77(LSundunterl3c bb) zu§ 613a BGB; ausfuhrlieh Menze, Widerspruchsrecht, S. 52 ff. m.w.N. Dreher, BB 2000, 2358, 2359 f.; weitere Nw. bei Menze, Widerspruchsrecht, S. 53 (Fn. 222); ablehnend Pottmeyer, Überleitung und Mitbestimmung, S. 165 f.; Fenn/Klose, JuS 2000, 531, 534. BAG v. 19.3.1998, AP Nr. 177 zu § 613a BGB (unter I 3 c bb ). Bejahend demgegenüber noch BAG v. 17.1 1.1977, AP Nr. I 0 zu § 613a BGB (unter 1 2 a); v. 15.2.1984 und v. 30.10.1986,APNr. 37 (unter III 1), Nr. 55 (unter II 3) zu§ 613a BGB. BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 02 zu § 613a BGB (LS und unter B V 2). BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 02 zu § 613a BGB (unter B V 2 c cc (3); BAG v. 19.3.1998,APNr. 177 zu§ 613aBGB m.w.N. (unterl3 c aa).

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

Mit der einheitlichen Monatsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB wird die von der Rechtsprechung vorgenommene Unterscheidung fiir eine Überlegungsfrist jeweils vor und nach dem Vollzug des Betriebsübergangs aufgegeben. Damit hat sich die bisherige Streitfrage erledigt, ob der bisherige bzw. der neue Betriebsinhaber die betroffenen Arbeitnehmer bereits im Vorfeld des Übergangs durch eine rechtzeitige Information zur Ausübung des Widerspruchsrechts zwingen kann. Die mit der Neuregelung fiir die beteiligten Arbeitgeber verbundene Möglichkeit, nachträgliche Widersprüche durch eine frühzeitige Unterrichtung auszuschließen, ist in der Literatur zu Recht begrüßt worden 740 • Eine kritische Aufnahme hat hingegen die vom Gesetzgeber vorgenommene Ausweitung der Widerspruchsfrist auf einen Monat erfahren 741 • Die Monatsfrist stelle im System der bisher geltenden arbeitsrechtlichen Fristen im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (vgl. §§ 4 S. 1, 13 Abs. 1 S. 2 KSchG; § 17 S. 1 TzBfG) einen Fremdkörper dar742 • Dem ist zuzugeben, dass die Monatsfrist einen Vergleichspunkt im arbeitsrechtlichen Normgefüge vermissen lässt. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass den Betroffenen hinreichend Zeit gegeben werden muss, um die zum Teil komplexen Informationen gemäß § 613a Abs. 5 BGB zu rezipieren und sich gegebenenfalls weiter zu erkundigen. Die Erwägungen zur Rechtfertigung der Monatsfrist, es müsse ein ausreichender Überlegungs- und Abwägungszeitraum bestehen 743 , sind also durchaus nachvollziehbar.

3.

Von § 613a Abs. 6 S. 1 BGB abweichende Regelungen hinsichtlich der Frist

a)

Fristverkürzung

Anders als vor der Einfiihrung von § 613a Abs. 5, 6 BGB ist wegen des zwingenden Charakters der Regelungen selbst eine nur verfahrensausgestaltende Abweichung von den gesetzlichen Regeln über die Modalitäten des Widerspruchs zu Ungunsten des Arbeitnehmers weder individual- noch kol-

740 B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 45; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 637; Laber!Roos, ArbRB 2002, 303, 304; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1165. 741 S. u.a. ErfKomm-Preis, § 6!3a BGB Rn. 96; Bauer!v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 459; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 637; Worzalla, NZA 2002, 353, 357. 742 Laber!Roos, ArbRB 2002, 303, 304. Ebenso B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 637. 743 V gl. BT-Drucks. 14/8128, S. 6. Schon bislang ftir eine angemessene Überlegungsfrist von vier Wochen bzw. einem Monat Staudinger-Richardi, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. 127; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, S. 71; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 37.

233

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

lektivvertraglich möglich 744 • Arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die eine kürzere als die einmonatige Frist vorsehen oder den Fristbeginn nicht (wenigstens) an den Zugang einer Unterrichtung nach Absatz 5 der Norm knüpfen, sind daher entsprechend§ 134 BGB grundsätzlich nichtig 745 . Unwirksam wegen Verstoßes gegen§§ 613aAbs. 6, 134 BGB sind ferner alle einseitigen Maßnahmen des bisherigen oder neuen Arbeitgebers, die auf eine Verkürzung der einmonatigen Überlegungsfrist abzielen 746 • Insbesondere kann den Arbeitnehmern keine kürzere als die gesetzlich vorgesehene Frist gesetzt werden, während derer sie sich über den Widerspruch zu erklären haben 747 . Hieraus ergibt sich, dass die bislang nicht unübliche Arbeitgeberpraxis, die Beschäftigten zur ausdrücklichen Erklärung von Widersprüchen aufzufordern, anderenfalls man in der fortgesetzten Tätigkeit für den Betriebsnachfolger die Zustimmung zum Arbeitgeberwechsel erblicken werde, nach neuem Recht nicht fortgeführt werden kann. Denn die bislang verbreitete Annahme, dass ein Arbeitnehmer, der in Kenntnis des Betriebsübergangs vorbehaltlos für den Betriebserwerber tätig wird, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zugestimmt hae 48 , ist unter der Geltung von § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB wegen der zwingenden gesetzlichen Überle-

744 Wie hier (in Bezug auf Kollektivverträge) B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 48; Bonanni, OmbHR 7/2002 S. R 137, 138; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 638. Zu Regelungsspielräumen hinsichtlich der Modalitäten des Widerspruchsrechts nach alter Rechtslage s. Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 99 f.; Menze, Widerspruchsrecht, S. 51; Pietzko, Tatbestand, S. 296; Pröpper, DB 2000, 2322 m.w.N. 745 A.A. Bonanni, OmbHR 7/2002, S. R 137, 138. Etwas anderes gilt nur dann, wenn und soweit anlässtich eines konkret bevorstehenden Arbeitgeberwechsels gemäß § 613a BOB ein Verzicht auf das Widerspruchsrecht insgesamt möglich ist (s. unten § 12 A. !!.). In diesem Fall bestehen hinsichtlich einer Teildisposition über das Widerspruchsrecht keine Bedenken. 746 Ebenso ErfKomm-Preis, § 613a BOB Rn. 99; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 36; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 21; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 637; Grobys, BB 2002, 729, 730; Warmbein, DZWIR 2003, II, 13. 747 Wie hier Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 57; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 48; Tschöpe-Bese/er, AnwaltshdB., 2 0 Rn. 65; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 637; a.A. Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 581. 748 V gl. BAO v. 17.11.1977, AP Nr. I 0 zu § 613a BOB (LS 2 und unter I 2); StaudingerRichardi/Annuß, BOB,§ 613a Rn. 124; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 72; T.5chöpe, Rechtsfolgen, S. 39 f.; Hergenröder, AR-Blattei SD, 500.1 Rn. 303; Moll/Jacobi, Anm. zu BAO v. 19.3.1998, AP Nr. 177 zu § 613a BOB (BI. 862); Pottmeyer, Überleitung und Mitbestimmung, S. 169; ders., ZfA 1989,239, 258; Schmalenberg, NZA 1989, Beil. Heft 3, S. 14, 25; kritisch Menze, Widerspruchsrecht, S. 83; Birk, Anm. zu BAO v. 17.11.1977, ebenda (BI. 796).

234

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

gungsfrist von einem Monat- bis zu deren Ablauf- nicht mehr zu halten 749 • Möglich ist nunmehr lediglich der deklaratorisch wirkende Hinweis, dass man aus Arbeitgebersicht einen Monat nach Zugang der Unterrichtung und widerspruchsloser Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Übernehmer davon ausgehe, dass der Arbeitnehmer mit dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses einverstanden sei. Konsequenterweise kann auch in dem Einklagen von Ansprüchen gegen den übernehmenden Rechtsträger vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht ohne weiteres eine Zustimmung zu dem Arbeitgeberwechsel (im Sinne eines Widerspruchsrechtsverzichts) erblickt werden 750 .

b)

Fristverlängerung

Im Gegensatz zu einer Verkürzung ist eine individual- oder kollektivvertragliehe Verlängerung der in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB vorgesehenen Frist aus Arbeitnehmerschutzgesichtspunkten unbedenklich, sofern hinsichtlich der Fristauslösung ebenfalls an eine Unterrichtung nach Absatz 5 der Norm angeknüpft wird (Günstigkeitsprinzip). Problematisch ist jedoch, dass eine Verlängerung der Widerspruchsfrist nur mit einheitlicher Wirkung gegenüber dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber in Betracht kommt, weil beide Widerspruchsadressaten von der Gestaltungswirkung des Widerspruchs gleichermaßen betroffen sind. Aus diesem Grunde muss sichergestellt sein, dass beide beteiligten Arbeitgeber an die Vereinbarung über die Verlängerung der Widerspruchsfrist gebunden sind. Dies ist nicht ohne weiteres der Fall, da der Betriebserwerber an diesbezügliche arbeitsvertragliche Abreden vor dem Stichtag des Übergangs des Arbeitsverhältnisses noch nicht, der Betriebsveräußerer nach diesem Stichtag wegen seines Ausscheidens als Vertragspartei nicht mehr gebunden ist und einer der Arbeitgeber über das Recht der anderen Betriebsübertragungspartei, Widersprüche einen Monat nach Unterrichtungszugang als verspätet zurückzuweisen, nicht verfügen kann 751 • Soll kein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter vorliegen, so

749 Missverständlich Blomeyer/Otto, BetrAVG, Anh. § I Rn. 298; FESTL, BetrVG, § I Rn. 132; Löwisch, Arbeitsrecht, Rn. 1445; Meyer, AuA 2002, 159, 164. 750 Ebenso B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 51; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 638; a.A. Tschöpe-Beseler, AnwaltshandB, 2 G Rn. 72 sowie (zur bisherigen Rechtslage) LAG Hamm v. 28.8.1997, LAGE Nr. 64 zu§ 613a BGB (LS 3). Zum Verzicht auf§ 613a Abs. 6 BGB s. insgesamt noch§ 12 A. 751 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 48; B.Gaul/Otto, DB 2002,634, 637; Warmbein, DZWIR 2003, II. 13.

235

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

bedarf es für eine wirksame Verlängerungsvereinbarung folglich eines dreiseitigen Konsenses der beteiligten Arbeitgeber und des Arbeitnehmers 752 . Für die Wirksamkeit einer kollektivvertragliehen Verlängerung der Widerspruchstrist kann in der Sache nichts anderes gelten. Auch sie setzt voraus, dass die Abrede Bindungswirkung gegenüber dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber entfaltet. Schreibt ein Tarifvertrag eine übergesetzliche Widerspruchsfrist vor, so muss neben dem Arbeitnehmer, der sich hierauf beruft, auch der übertragende und der übernehmende Rechtsträger tarifgebunden sein. Im Übrigen verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung für die Widerspruchsfrist in § 613a Abs. 6 S. I BGB.

4.

Folgen eines Widerspruchs nach Fristablauf

a)

Unbeachtlichkeit des Widerspruchs

Bei der Frist des § 6I3a Abs. 6 S. 1 BGB handelt es sich um eine Ausschlussfrist153. Mit ihrem Ablauf erlischt das Widerspruchsrecht Der verfristete Widerspruch ist unbeachtlich, so dass der Arbeitnehmer den Vertragspartnerwechsel auf der Arbeitgeberseite gemäß § 613a Abs. I S. I BGB nicht mehr einseitig verhindem bzw. rückgängig machen kann. Eine Umdeutung (§ I40 BGB) des unwirksamen Widerspruchs in eine Kündigung gegenüber dem neuen Arbeitgeber scheidet aus. Voraussetzung für eine Umdeutung ist nämlich, dass das Ersatzgeschäft in seinen rechtlichen Wirkungen nicht weiter reicht als das unwirksame Rechtsgeschäft 754 . Da das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, der Widerspruch zwar auf eine Vereitelung eines Vertragsverhältnisses mit dem neuen Betriebsinhaber, zugleich aber regelmäßig auf einen Verbleib bei dem bisherigen Arbeitgeber abzielt, ist diesem Erfordernis nicht entsprochen.

752 ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 99; B.Gaul, Betriebs- und Unternehrnensspaltung, § II Rn. 48; Bonanni, GmbHR 7/2002, S. R 137, 138; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 637; Warmbein, DZWIR 2003, II, 13; unklar Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 65. 753 Palandt-Heinrichs, BGB, § 613a Rn. 51; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 583; Warmbein, DZWIR 2003, II, 13; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1160. V gl. bereits zur bisherigen Rechtslage BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 02 zu § 613a BGB (unter V 2); Erman-Hanau, BGB (Voraufl. ), § 613a Rn. 51; Menze, Widerspruchsrecht, S. 84 m.w.N. 754 BGH v. 15.12.1955, BGHZ 19,269, 275; BAG v. 12.9.1974, DB 1975,214 m.w.N.; Palandt-Heinrichs, BGB, § 140 Rn. 6.

236

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

b)

Berufung des Arbeitnehmers auf die Verfristung seiner eigenen Widerspruchserklärung

Zweifelhaft ist, ob sich der Arbeitnehmer auf die Verfristung und Unwirksamkeit seines eigenen Widerspruchs berufen kann 755 • Diese Frage stellt sich dann, wenn der bisherige und der neue Betriebsinhaber den Verbleib des Arbeitsverhältnisses bei dem alten Arbeitnehmer billigen und den Widerspruch nicht als verfristet zurückweisen, sondern gegen sich gelten lassen ("genehmigen") wollen. Ausgehend vom Schutzzweck der Widerspruchsfrist, wonach die Arbeitgeberparteien Klarheit über die übergehenden Arbeitsverhältnisse erlangen sollen, könnte es nahe liegen, die Akzeptanz eines verfristeten Widerspruchs in das einvernehmliche Ermessen des bisherigen und des neuen Arbeitgeberbers zu stellen. Eine derartige Betrachtung ist jedoch nicht haltbar. Von einem bereits erloschenen Recht kann auch mit Billigung des Erklärungsemprangers nicht wirksam Gebrauch gemacht werden. Im Übrigen verlöre die Ausschlussfrist in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB ihre allgemein rechtsbefriedende Wirkung, wenn sich nur der Erklärungsadressat, nicht aber der Erklärende hierauf berufen könnte. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer müsste von dem unwirksam widersprechenden Arbeitnehmer nur dann akzeptiert werden, wenn ihm ein Berufen auf die Unwirksamkeit der eigenen Erklärung nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium verwehrt wäre. Allerdings stellt der bloße Hinweis auf einen Selbstwiderspruch für sich alleine noch keine brauchbare Begründung für einen Treueverstoß dar756 . Es steht dem Arbeitnehmer somit grundsätzlich frei, seinen Willen nach Ausspruch eines unwirksamen Widerspruchs zu ändern. Dies findet seine Bestätigung im Kündigungsrecht, wo dem Erklärenden ein Berufen auf die Unwirksamkeit seiner unter Missachtung von § 623 BGB ausgesprochenen Kündigung im Regelfall nicht verwehrt sein soll 757 • Das BAG hat allerdings einen Treueverstoß in einem Fall angenommen, in dem der Arbeitnehmer seinen unwirksam zum Ausdruck gebrachten Kündigungsentschluss mehrfach unmissverständlich und definitiv bekräftigt hat-

755 Eine identische Fragestellung besteht bei Nichteinhaltung der Schriftform für den Widerspruch. 756 Vgl. nur Canaris, Vertrauenshaftung, S. 287; zustimmend Soergel-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 312. 757 Caspers, RdA 2001, 28; Singer, NZA 1998, 1309 ff.; s.a. allgemein für das Berufen auf die Nichtigkeit der eigenen Erklärung Larenz/Wolf, BGB AT, § 16 Rn. 44.

237

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

te 758 • Indessen betrafen die Feststellungen, wie das Gericht selbst betont, besondere Einzelfallumstände 759 • Für die hier erörterte Problematik gilt es somit insgesamt festzuhalten, dass der Arbeitnehmer auch unter Berücksichtigung von § 242 BGB grundsätzlich nicht gehindert ist, den Übergang seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB nach verfristeiern oder sonst unwirksamem Widerspruch geltend zu machen. 111.

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerspruchserklärung neben der Wahrung der Erklärungsfrist

Wurde die Widerspruchsfrist gemäߧ 613aAbs. 5, 6 S. 1 BGB ausgelöst, so ist für einen wirksamen Widerspruch neben der Wahrung der Erklärungsfrist Folgendes zu beachten. 1.

Inhaltliche Anforderungen an die Widerspruchserklärung

Hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an eine Widerspruchserklärung gilt allgemein, dass der Rechtsfolgenverweigerungswille des Arbeitnehmers gegenüber dem in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB vorgesehenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses hinreichend zum Ausdruck kommen muss. Da der Widerspruch als Gestaltungserklärung auf die Rechtsstellung der beteiligten Arbeitgeber ohne deren Zutun einwirkt, ist wie bei anderen Gestaltungsrechten das Gebot der Klarheit der Erklärung zu berücksichtigen 760 . Eine ausdrückliche Verwendung der Gesetzesterminologie "Widerspruch" ist aber nicht erforderlich 761 • Wie zuvor kann eine Begründung des Widerspruchs durch den Arbeitnehmer nicht verlangt werden 762 • Dessen Wirksamkeit kann insbesondere nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Erklärende diesen auf Umstände 758 BAG v. 4.12.1997, AP Nr. 141 zu § 626 BGB (LS und unter II I b); kritisch Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 353; Singer, NZA 1998, 1309 ff. 759 BAG v. 4.12.1997, AP Nr. 141 zu § 626 BGB (unter II I a, b). 760 S. Palandt-Heinrichs, BGB, Überbl. v. § 104 Rn. 17. 761 Vgl. die Rechtslage bei der Anfechtungserklärung, BGH v. 22.9.1983, v. 7.6.1984, BGHZ 88,232, 245; 91,324, 331; V. 15.12.1987, V. 22.9.1995, NJW-RR 1988,566 f.; 1995, 859. 762 V gl. etwa BAG v. 15.2.1984, NZA 1984, 32, 33; v. 22.4.1993, v. 19.3.1999, AP Nr. 102 (unter V 2 b cc), Nr. 177 (unter! 2 b) zu§ 613aBGB; v. 30.10.2003, NZA2004, 481, 482; LAG Brandenburg v. 29.8.2003- 8 Sa 199/03, (LS I) mit Anm. Schnitker/Grau, EWiR 2004, 173; KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. III; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 50; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübemahme, Rn. 553 (anders noch Commandeur, NJW 1996, 2337, 2542); B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 40; ders., FA 2002, 299, 301; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 65; Henssler, NZA 1994, 913, 921; Warmbein, DZWIR 2003, II, 13.

238

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

stützt, die Gegenstand der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB gewesen sind. Aus der verfassungsrechtlich fundierten Abwehrfunktion des Widerspruchsrechts folgt nämlich, dass der Ablehnung des Vertragspartnerwechsels durch den Arbeitnehmer auch bei objektiver Betrachtung irrationale, unvernünftige oder unsachliche Motive zugrunde liegen können. Es ist andererseits unschädlich, wenn der Arbeitnehmer seine Motive für die Widerspruchsentscheidung in der Erklärung mitteilt. In jedem Fall muss er die Gründe und das mit dem Widerspruch verbundene Risiko eigenverantwortlich abwägen. Ob ein Widerspruch im Sinne von § 613a Abs. 6 BGB und nicht beispielsweise eine Kündigung vorliegt, ist nach den Grundsätzen der normativen Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vom Empfängerhorizont zu ermitteln(§§ 133, 157 BGB) 763 . Entscheidend ist, wie ein objektiver Arbeitgeber in der Person des Adressaten die Arbeitnehmererklärung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste 764 • Diesen Grundsätzen entsprechend hat das BAG in der Vergangenheit eine als Kündigung bezeichnete Erklärung eines Arbeitnehmers als Widerspruch ausgelegt 765 • Zur Begründung wurde ausgeführt, die Auslegung der Erklärung habe ergeben, dass der betreffende Arbeitnehmer lediglich den Vertragspartnerwechsel habe verhindern, aber keine Beendigung seines Arbeitsverhältnisses habe erreichen wollen. Ob eine entsprechende Auslegung auch unter der Geltung des § 613a Abs. 6 S. l BGB vertretbar ist, ist nicht zweifelsfrei. Nach der von der Rechtsprechung bei der Auslegung formbedürftiger Erklärungen postulierten sog. Alldeutungstheorie gilt nämlich, dass der aus Umständen außerhalb der Urkunde ermittelte rechtsgeschäftliche Wille nur berücksichtigt werden kann, wenn dieser in der förmlichen Erklärung zumindest unvollkommen Ausdruck gefunden hae 66 • Eine formbedürftige Erklärung soll daher auch unter Berücksichtigung des wahren Willens des Erklärenden nicht gegen ihren

763 Vgl. Flume, BGB AT II, S. 309 ff.; Larenz/Wolj, BGB AT,§ 28 Rn. 16 ff. 764 Vgl. BGH V. 5.10.1961, V. 3.2.1967, V. 24.2.1988, BGHZ 36, 30, 33; 47, 75, 78; 103, 275, 280; v. 5.7.1990, NJW 1990, 3206; Soerge1-Hefermehl, BGB, § 133 Rn. 17 ff.; Medicus, BGB AT, Rn. 323 ff. 765 BAG v. 21.7.1977, AP Nr. 8 zu§ 613a BGB (unter II 2 b); LAG Sch1eswig-Ho1stein v. 6.4.2004- 5 Sa 400/03, (LS 2 und unter 2 c); Errnan-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 49; Soerge1-Raab, BGB, § 613a Rn. 151 m.w.N. 766 S. RG v. 12.2.1937, RGZ 154,41,44 f.; BGH v. 20.12.1974, v. 9.1.1981, BGHZ 63, 359, 362; 80, 242, 246; v. 17 .2.2000, NJW 2000, 1569, 1570; Pa1andt-Heinrichs, BGB, § 133 Rn. 19; kritisch MünchKomm-Mayer-Maly/Busche, BGB, § 133 Rn. 29.

239

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden können (sog. Eindeutigkeitsregel)767 • Allerdings hat sich die Rechtsprechung selbst bisweilen von der Andeutungstheorie entfernt. So soll bei einer irrtümlichen Falschbezeichnung nach der falsa demonstratio non nocet-Regel auch dann das Gewollte gelten, wenn es in der formbedürftigen Erklärung keinen Anhalt findee 68 • Legt man das zuletzt Gesagte zugrunde, so kann ungeachtet des neuen Schriftformerfordernisses flir die Widerspruchserklärung an der Unbeachtlichkeit einer irrtümlichen Falschbezeichnung des Widerspruchs etwa als "Kündigung" festgehalten werden. Hieraus ist selbstverständlich nicht zu folgern, dass eine jegliche Beendigungserklärung des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang als Widerspruch zu werten ist. Entscheidend ist, ob es sich den beteiligten Arbeitgebern als Erklärungsadressaten aufgrund der Umstände erschließen kann, dass das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Arbeitnehmers mit dem Veräußerer fortgesetzt werden soll. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Erklärende bei Abgabe der schriftlichen "Kündigung" mitteilt, dass hierdurch sein Arbeitsverhältnis ja nicht überginge, sondern wie bislang bestehen bleibe 769 • Auch die auf die Information über den Betriebsinhaberwechsel hin erfolgte schriftliche Erklärung gegenüber dem Veräußerer, an dem "Übernahmevertrag kein Interesse" zu haben, kann als Widerspruch auszulegen sein 770 •

2.

Schriftform der Widerspruchserklärung

a)

Zweck und Anforderungen der Schriftform

Gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB bedarf der Widerspruch der Schriftform. Damit geht die Neuregelung über die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze hinaus, wonach der Widerspruch auch wirksam durch schlüssiges Verhalten erklärt werden konnte 771 • Nach neuem Recht gilt hingegen, dass weder eine schlichte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber noch die Verweigerung der Arbeitsaufnahme bei dem neuen Betriebsinhaber den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerspruchserklärung 767 Vgl. Medicus, BGB AT, Rn. 328 unter Hinweis auf Paulus Dig. 32, 25, 1: Cum in verbis nulla ambiguitas est, non debet admitti voluntatis quaestio. 768 S. BGH v. 25.3.1983, BGHZ 87, 150, 153; v. 7.12.2001, NJW 2002, 1038 ff.; Palandt-Heinrichs, BGB, § 133 Rn. 19. 769 Menze, Widerspruchsrecht, S. 72. Zur (möglichen) Verbindung von Widerspruch und Kündigung gegenüber dem Betriebsveräußerer s. Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 69; Tschöpe, Rechtsfolgen, 31 f. 770 LAG Schleswig-Holstein v. 6.4.2004- 5 Sa 400/03, (unter 2 c). 771 Nw. bei Menze, Widerspruchsrecht, S. 50 f. (Fn. 21 0). Ein konkludenter Widerspruch ist etwa bei Verweigerung der Fortführung der Tätigkeit ftir den Übernehmer angenommen worden; LAG Bremen v. 18.9.1987, AP Nr. 9 zu § 613a BGB (LS I und 2).

240

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

genügt. Da in derartigen Konstellationen auch eine konkludente Kündigung gegenüber dem Betriebserwerber wegen des hierfür gleichfalls bestehenden Schriftformerfordernisses (§ 623 BGB) nicht in Betracht kommt, wird die bloße Verweigerung der Leistung gegenüber dem neuen Arbeitgeber regelmäßig als Erfüllungsverweigerung und damit als Vertragsverletzung des Arbeitnehmers zu werten sein 772 . Der Verankerung des Schriftformerfordernisses für den Widerspruch liegt die Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, dass hiermit dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit für die Beteiligten besser entsprochen und dem Arbeitnehmer zugleich die Bedeutung der Erklärung eindringlicher vor Augen geführt wird 773 • Der Schriftform in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB kommt folglich gleichermaßen eine Beweis- wie Warnfunktion zu. Für die Anforderungen an eine die Schriftfonn gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB wahrende Erklärung gilt § 126 Abs. 1 BGB. Die schriftliche Form kann nach § 126 Abs. 2 bzw. 3 BGB durch notarielle Beurkundung odermangels einer Ausschlussregelung wie beispielsweise in § 766 S. 2 BGBdurch elektronische Form im Sinne von § 126a Abs. 1 BGB ersetzt werden. Der Formzwang gemäߧ 613a Abs. 6 S. I BGB erstreckt sich nicht auf eine zur gewillkürten Stellvertretung bei der Widerspruchsrechtsausübung erteilten Vollmacht(§ 167 Abs. 2 BGB) 774 . b)

Rechtsfolgen bei Formmängeln

Die Nichtbeachtung der gesetzlichen Form des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB hat gemäß § 125 S. 1 BGB die unheilbare Nichtigkeit des Widerspruchs zur Folge. Sofern die Widerspruchsfrist nicht bereits abgelaufen ist, kann der Arbeitnehmer die Erklärung aber jederzeit formgerecht nachholen. Im Übrigen besteht ein Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsnachfolger, das nur nach allgemeinen Grundsätzen gelöst werden kann. Auf die Formnichtigkeit kön-

772 Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer seinem Arbeitsplatz bei dem Betriebserwerber fernbleibt, seinem bisherigen Arbeitgeber aber gleichzeitig fristgerecht (§ 613a Abs. 6 S. l BGB) ein schriftliches Arbeitsangebot übermittelt. Eine derartige Erklärung kann als Widerspruch ausgelegt werden; Franzen, RdA 2002,258,263. 773 S. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 20. 774 Als vertretungsberechtigte Person ausgeschlossen ist der Betriebsrat, in dessen Kompetenzbereich die Erklärung von Widersprüchen nicht fällt; BAG v. 2.1 0.1974, AP Nr. I zu§ 613a BGB (unter IV 2); a.A. BTM-Trittin, KSchG, § 613a BGB Rn. 184 f.; ders., Betriebsübergang, S. 17. Näher zur Stellvertretung bei Widerspruch Menze, Widerspruchsrecht, S. 72 f.

241

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

nen sich der alte und der neue Betriebsinhaber sowie der Arbeitnehmer775 berufen, ohne dass es der Einhaltung einer gesetzlichen Frist bedarf. Allerdings unterliegt das Recht, bei unwirksamem Widerspruch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses infolge von § 613a Abs. 6 S. 1 BGB mit dem neuen Betriebsinhaber geltend zu machen, der Verwirkung(§ 242 BGB). Die Nichtigkeitsfolgen des § 125 BGB werden durch den Grundsatz von Treu und Glauben eingeschränkt776 • Für die ausnahmsweise Beachtlichkeit eines nicht formgerechten Widerspruchs können die zur Abweichung von der Nichtigkeitsfolge bei einer gegen § 623 BGB verstoßenden Kündigungserklärung entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden777. Hinzuweisen ist darauf, dass alleine die Tatsache, dass einer der nach § 613a Abs. 6 S. 2 BGB möglichen Erklärungsempfänger einen formnichtig erklärten Widerspruch zunächst beanstandungslos entgegennimmt und sich eine der Arbeitgeberparteien erst später auf die Nichtigkeit beruft, noch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt 778 • 3.

Zugang beim richtigen Erklärungsempfänger

a)

Empfängerwahlrecht des Arbeitnehmers

Die Wirksamkeit des Widerspruchs als empfangsbedürftige Willenserklärung setzt voraus, dass dieser frist- und formgerecht beim richtigen Erklärungsempfänger zugeht.§ 613aAbs. 6 S. 2 BGB benennt als Adressaten den bisherigen Arbeitgeber oder den neuen Betriebsinhaber. Nach der bisherigen Rechtslage war der richtige Erklärungsadressat umstritten 779 • Die Rechtsprechung hat dem widersprechenden Arbeitnehmer die Möglichkeit der Ausübung des Widerspruchsrechts gegenüber dem Veräußerer oder dem Erwerber eingeräumt. Dies wurde bislang allerdings nur fiir solche Fälle angenommen, in denen der Übergang bereits vollzogen war und zudem weder

775 Zur Berufung des Arbeitnehmers auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Widerspruchserklärung vgl. oben Il. 4. b). 776 Palandt-Heinrichs, BGB, § 125 Rn. 16 ff. m.w.N. 777 Es sei auf die einschlägige Literatur verwiesen, etwa APS-Preis, § 623 Rn. 39 ff.; KR-Spilger, § 623 BGB Rn. 200 ff.; DLW-Dörner, HdB. Arbeitsrecht, D Rn. 28 ff.; Preis!Gotthardt, NZA2000, 248,252 f. m.w.N. 778 Vgl. die Rechtslage bei zunächst beanstandungsloser Entgegennahme einer formnichtigen Kündigung; ErfKomm-Müller-Glöge, § 623 BGB Rn. 26; Preis!Gotthardt, NZA 2000, 348, 353. 779 Ausführlich Menze, Widerspruchsrecht, S. 73 ff. m.w.N.

242

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

der bisherige noch der neue Betriebsinhaber den Arbeitnehmer über den Betriebsübergang unterrichtet hatte 780 . Nach der eindeutigen Gesetzesfassung des§ 613aAbs. 6 S. 2 BGB soll dem Arbeitnehmer nunmehr entsprechend der schon bislang überwiegenden Auffassung in der Literatur781 ein Wahlrecht zustehen, gegenüber welchem Rechtsträger er den Widerspruch erklären will. Dieses besteht unabhängig davon, ob die Widerspruchserklärung vor oder nach dem Stichtag des Betriebsübergangs zugeht und welcher der beteiligten Arbeitgeber die Unterrichtung vorgenommen hat 782 . Es ist unschädlich, wenn die Arbeitnehmer zur Begrenzung des VerwaltungsaufWands gebeten werden, ihren Widerspruch an eine der Arbeitgeberparteien bzw. an eine dort intern zuständige Stelle zu übermitteln. Hierbei darf jedoch nicht der Eindruck erweckt werden, als werde die nach dem Gesetz bestehende alternative Empfangszuständigkeit des anderen Rechtsträgers verdrängt, da es sich bei § 613a Abs. 6 S. 2 BGB um nicht dispositives Recht handelt. Die Beschäftigten können daher entgegen einer vereinzelt gebliebenen Auffassung 783 nicht rechtswirksam aufgefordert werden, Widersprüche ausschließlich an den unterrichtenden Arbeitgeber zu richten. Erklärt der Arbeitnehmer, weil er nicht ausreichend über die Person des Betriebserwerbers unterrichtet worden ist, den Widerspruch vorsorglich gegenüber mehreren Rechtsträgern, die als Übernehmer in Betracht kommen, so muss der übertragende Rechtsträger dies gegen sich gelten lassen 784 .

780 BAG v. 22.4.1993, v. 25.1.2001, AP Nr. 103 (unter II 5), Nr. 215 (unter IV 1 a) zu § 613a BGB; LAG Hamm v. 12.12.1996, LAGE Nr. 60 zu§ 613a BGB (S. 10). 781 Erman-Hanau, BGB (Vorautl.), § 613a Rn. 49; MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 98; Soerge1-Raab, BGB, § 613a Rn. 153; Pietzko, Tatbestand, S. 282; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 69; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 32 f.; weitere Nw. bei Menze, Widerspruchsrecht, S. 74 (Fn. 294). 782 So auch APS-Ste.ffan, § 613a BGB Rn. 223; ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 352; Erman-Edenjeld, BGB, § 613a Rn. 49; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 575; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspa1tung, § 11 Rn. 37; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 62; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 636; Laber/Roos, ArbRB 2002, 303; Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2043 Worzalla, NZA 2002, 353, 356. 783 Meyer, AuA 2002, 159, 164. 784 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspa1tung, § 11 Rn. 37; Fischer, OB 2001,331, 332; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 636.

243

§ 6!3a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

b)

Wechselseitige Mitteilungspflicht der beteiligten Arbeitgeber über eingehende Widersprüche

Schon nach bisherigem Recht wurde davon ausgegangen, dass sich die an dem Betriebsinhaberwechsel beteiligten Rechtsträger im Innenverhältnis wechselseitig über ihnen jeweils zugegangene Widersprüche in Kenntnis zu setzen haben 785 • Von diesem Rechtszustand ist der Gesetzgeber bei der Schaffung von§ 613aAbs. 5, 6 BGB ausdrücklich ausgegangen 786 . Rechtsgrundlage für die Mitteilungspflicht ist eine vertragliche Nebenpflicht aus dem Übertragungsgeschäft 787 • Unterbleibt die Mitteilung über vorliegende Widersprüche, so kommen Schadensersatzansprüche gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies gilt etwa dann, wenn der Betriebserwerber infolge der unterbliebenen Information mit dem Übergang sämtlicher Arbeitsverhältnisse auf ihn rechnet und es somit versäumt, Dispositionen zu treffen, um den widerspruchsbedingten Verlust von Arbeitskräften in dem übernommenen Betrieb auszugleichen.

C.

Materiell-rechtliche Bindungswirkung der Unterrichtung

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswirkungen der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB ist abschließend zu überlegen, ob und inwieweit der informierende Arbeitgeber gegenüber dem Adressaten an die Angaben gebunden ist. I.

Kein rechtsgeschäftlicher Zusagegehalt

Prinzipiell gilt, dass der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB keine rechtsgeschäftliche Bindungswirkung im Sinne eines verbindlichen Angebotes an die Arbeitnehmer zukommt (z.B. Zusage eines Übergangsgeldes). Ein Erfüllungsanspruch wird durch die Mitteilungen grundsätzlich nicht begründeC88. Dies folgt aus dem Charakter der Unterrichtung als Mitteilung von 785 BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 03 zu § 613a BGB (unter II 5 b) mit insoweit zust. Anm. Moll (Bi. 1726); v. 25.1.2001, AP Nr. 215 zu§ 613a BGB (unter IV I a); SoergeiRaab, BGB, § 613a Rn. 153. In Bezug auf die aktuelle Rechtslage ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 95; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 37; Düwell, FA 2002, 107, 108; Widlak, FA 2002, 363, 364; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1160. 786 S. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 20. 787 BAG v. 19.3.1998, AP Nr. 103 zu § 613a BGB (unter II 5 b bb); Commandeur!Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübemahme, Rn. 576; Hölters-Bauer, Unternehmenskauf, V Rn. 118; Menze, Widerspruchsrecht, S. 74; Nehls, NZA 2003, 822, 825; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1160. 788 Wie hier Semler/Stenge1-Simon, UmwG, § 324 Rn. 48; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 82; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121,

244

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

Rechtstatsachen und vorhandenem Wissen. Es muss daher grundsätzlich zwischen dem Informationsinhalt als solchem, z.B. über eine anlässlich des Betriebsübergangs geplante Zusage, und einer etwaigen späteren Willenserklärung, der Zusage selbst, unterschieden werden. Umgekehrt gilt wegen des fehlenden rechtsgeschäftliehen Charakters der Unterrichtung, dass eine konkludente Arbeitsvertragsänderung nicht in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer von den vereinbarten Vertragsbedingungen abweichende Angaben unwidersprochen lässt. Das Gesagte schließt nicht aus, dass mit der Unterrichtung im Einzelfall eine bindende unmittelbare Arbeitgeberzusage verbunden ist (bspw. Gesamtzusage im Zusammenhang mit der Unterrichtung). Zur Ermittlung, ob der erforderliche Rechtsbindungswille des Arbeitgebers vorliegt, ist auf die Grundsätze der normativen Auslegung vom Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) zurückzugreifen 789 •

II.

Berufen des informierenden Arbeitgebers aufvom Unterrichtungsinhalt abweichende Rechtslage

Eine Selbstbindung des informierenden Rechtsträgers an die Darstellungen in dem Informationsschreiben folgt grundsätzlich auch nicht daraus, dass es diesem unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt wäre, sich auf eine hiervon abweichende Rechtslage zu berufen. Es wurde bereits erörtert, dass die Unterrichtungsschuldner ihre Pflicht aus § 613a Abs. 5 BGB durch im Zeitpunkt ihres Zugangs aktuelle Mitteilungen erfiillen 790 • Ein Vertrauen auf Arbeitnehmerseite, die Sach- und Rechtslage bleibe gegenüber der Unterrichtung unverändert, ist daher nicht schutzwürdig. Es stellt somit prinzipiell kein widersprüchliches Verhalten dar, wenn sich die Arbeitgeberparteien in der Folgezeit nach Zugang der Information auf eine Änderung der Sach- und Rechtslage berufen. Zu bedenken ist, ob ein treuwidriges Verhalten mit der Folge, dass sich der infonnierende Rechtsträger entsprechend dem Unterrichtungsinhalt behandeln lassen muss, dann vorliegt, wenn einzelne Mitteilungen bereits im Zeitpunkt ihres Zugangs unrichtig waren. Auch dies kann jedoch nicht ohne weiteres angenommen werden. Das BAG hat in Bezug auf eine Verletzung der Nachweispflicht durch den Arbeitgeber ausgeführt, dass allein die Übermittlung fehlerhafter Angaben nicht den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens begründet. Die Berufung auf die wahre Rechtslage sei dem 138; HS-Spirolke, Arbeitsrechtl. Mandat,§ 8 Rn. 35; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 235; Worzalla, NZA 2002, 353, 355. 789 Vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, Einf. v. § 116 Rn. 3, § 133 Rn. 9 jeweils m.w.N. 790 Oben unter A. I.

245

§ 613a Abs. 58GB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Arbeitgeber folglich nicht schon deswegen verwehrt, weil er sich rechtswidrig verhalten habe 791 • Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass eine Rechteausübung nicht bereits unzulässig ist, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fälle 92 • Etwas anderes kann im Ausnahmefall gelten, wenn die Arbeitnehmer durch bewusst wahrheitswidrige Informationen zu einem bestimmten Widerspruchsverhalten veranlasst worden sind. Hier kann es, ganz in Abhängigkeit von den Einzelfallumständen, geboten sein, beispielsweise dem Betriebserwerber unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs das Berufen auf einen betriebsbedingten Kündigungsgrund zu verweigern, wenn er zuvor in dem Informationsschreiben arglistig falsch mitgeteilt hat, er verzichte fiir einen gewissen Zeitraum nach dem Übergang auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen. Es wird aber vor einem Rückgriff auf die Grundsätze von § 242 BGB stets zu prüfen sein, ob sich ein billiges Ergebnis auch in einem Fall der vorsätzlichen Falschunterrichtung nicht bereits durch eine nachträgliche Erklärung oder Anfechtung eines Widerspruchs bzw. durch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers realisieren lässt 793 .

D.

Zusammenfassung zu § 7

Mit Zugang eines inhaltlich richtigen und vollständigen Informationsschreibens gemäߧ 613a Abs. 5 BGB erlischt der Unterrichtungsanspruch des Adressaten. Die in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB vorgesehene Rechtsfolge der Widerspruchsfristauslösung greift unabhängig davon ein, ob die Unterrichtung vor oder nach dem Übertragungsstichtag erfolgt. Beurteilungszeitpunkt flir die der vollen arbeitsgerichtliehen Kontrolle unterliegende Ordnungsgemäßheit der Mitteilungen ist der ihres Zugangs. Die geschuldeten Angaben können sich auch aus mehreren Einzelmitteilungen ergeben. Freiwillige Zusatzangaben der Arbeitgeber oder Mitteilungen nach Zugang einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Unterrichtung bleiben bei der Frage des Fristbeginns fiir den Widerspruch grundsätzlich außer Betracht. Die Ausübungsmodalitäten fiir das Widerspruchsrecht lassen sich § 613a Abs. 6 BGB unmittelbar entnehmen; Abweichungen hiervon zu Ungunsten

791 SAG v. 17.4.2002, NZA2002, 1096, 1098; v. 29.5.2002-5 AZR 105/01, n.v., (unter III 5); v. 5.11.2003, NZA 2004, 102, I 04; ArbRK.omm-Kliemt, Vorb. NachwG Rn. 35; a.A. LAG Schleswig-Holstein v. 8.2.2000, DB 2000, 724 f. S. auch SAG v. 22.1.1997, DB 1997, 880 und v. 23.1.2002, NZA 2002, 800, 803: Vorherige Auskunftspflichtverletzung bzw. Verstoß gegen § 8 TVG hindert Berufung auf Ausschlussfrist gemäß § 242 8GB nicht. 792 Statt aller Palandt-Heinrichs, 8GB,§ 242 Rn. 46 m.w.N. 793 Zu den Rechtsfolgen der Falschunterrichtung ausführlich in § I 0.

246

Rechtswirkungen des Unterrichtungszugangs

des Arbeitnehmers sind prinzipiell unzulässig. Eine Verlängerung der Widerspruchsfrist kann einvernehmlich zwischen beiden Betriebsübertragungsparteien und dem Arbeitnehmer vereinbart werden. Ausübungsmängel wie Verfristung machen den Widerspruch unbeachtlich. Hierauf kann sich auch der Arbeitnehmer berufen. Eine materiell anspruchsbegründende Wirkung kommt der Unterrichtung regelmäßig nicht zu. In Ausnahmefallen kann es den Betriebsübertragungsparteien wegen § 242 BGB verwehrt sein, sich auf die wahre, von dem Inhalt des Unterrichtungsschreibens abweichende Rechtslage zu berufen.

247

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

§ 8 Die Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung A.

Problemstellung

Das Problem einer nach Zugang des Informationsschreibens eingetretenen Änderung von Unterrichtungsbestandteilen gemäߧ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB ist im Verlaufe dieser Untersuchung bereits im Zusammenhang mit dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt fiir die Beurteilung von Richtigkeit und Vollständigkeit der Arbeitgebermitteilungen angeklungen. Insgesamt geht es in diesem Kontext um zwei ineinander übergehende Problemkreise. Zum einen stellt sich die Frage nach einer "Nacherfiillungspflicht" der Unterrichtungsschuldner. Müssen diese - und bejahendenfalls auf welcher Rechtsgrundlage, in welcher Form und in welchen Grenzen - die Arbeitnehmer über Umstandsänderungen in Kenntnis setzen? Zum anderen ist problematisch, welche Folgewirkungen sich im Bereich von § 613a Abs. 6 BGB ergeben, wenn sich die Informationsbasis fiir die Widerspruchsrechtsausübung im nachhinein als überholt erweist. Inwiefern kann der Arbeitnehmer, gegebenenfalls nach bereits erklärtem Widerspruch, auf die veränderten Gegebenheiten reagieren? Zur Illustration des Problemkreises mögen die folgenden Beispiele dienen. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Unterrichtung im Zeitpunkt ihres Zugangs den aktuellen Sach- und Planungsstand zutreffend wiedergegeben hat. (I) Der Betrieb wird entgegen der Unterrichtung nicht an die A-OHG, die von dem Betriebsveräußerungsvertrag zurückgetreten ist, sondern an die BGmbH und damit an einen anderen als den angegebenen Rechtsträger veräußert. (2) Ursprünglich war eine Fortführung des bei dem Veräußerer verbleibenden Restbetriebs geplant. Die neue Geschäftsleitung des Veräußerers will den Restbetrieb nunmehr stilllegen und widersprechende Arbeitnehmer entlassen. (3) Arbeitnehmer A erlangt davon Kenntnis, dass aufgrund einer nicht vorhersehbaren Allgemeinverbindlichkeitserklärung entgegen den Mitteilungen ein TarifWechsel bei dem Betriebserwerber stattfindet. Da der neue Tarifvertrag eine deutlich längere Wochenarbeitszeit vorsieht, möchte er nun doch von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen.

248

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

(4) A ist bei seinem Widerspruch entsprechend der Unterrichtung davon ausgegangen, dass die übergehenden Arbeitnehmer mit Anderungskündigungen zu rechnen haben. In inzwischen aufgenommenen Verhandlungen vereinbart der neue Betriebsinhaber mit dem Betriebsrat, dass alle übergegangenen Arbeitsverhältnisse für ein Jahr Bestandsschutz genießen. A möchte nun doch den Übergang seines Arbeitsverhältnisses erreichen.

B.

Pflicht zu erneuter Unterrichtung bei Änderung des Sachbzw. Planungsstandes

Zunächst ist zu klären, ob die beteiligten Arbeitgeber eine Rechtspflicht trifft, die gemäß § 613a Abs. 5 BOB übermittelten Angaben zu aktualisieren bzw. die Unterrichtung zu wiederholen. Als Rechtsgrundlage für eine derartige Pflicht kommt zum einen§ 613a Abs. 5 BOB unmittelbar und zum anderen die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag in Betracht. I.

Meinungsspektrum

Die Frage, ob eine Änderung des Sach- oder Planungsstandes nach Zugang der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BOB eine Pflicht zu erneuter Unterrichtung zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer auslöst, wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Ganz überwiegend wird vertreten, dass für Inhalt und Umfang der gemäß § 613a Abs. 5 BOB geschuldeten Informationen auf den Zeitpunkt des Zugangs der Unterrichtung abzustellen sei. So soll Willemsen, Müller-Bonanni, Preis und Franzen zufolge die Unterrichtung nicht dadurch unrichtig oder unvollständig werden, dass sich nach Zugang der Unterrichtung die Planungen ändern 794 • Dies impliziert, wie auch Sirnon und Bauerlv.Steinau-Steinrück ausdrücklich betonen 795 , dass eine Pflicht zu erneuter Unterrichtung bei geänderten Gegebenheiten jedenfalls aus § 613a Abs. 5 BOB nicht anzuerkennen sein soll. Ähnlich äußern sich Willemsen/Lembke 796 • Auch sie wollen für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterrichtung auf das Planungsstadium im Zeitpunkt ihres Zugangs abstellen. Zugleich ziehen sie mit Blick auf mögliche Umstandsänderungen eine Pflicht des Arbeitgebers aus § 242 BOB in 794 Vgl. ArbRK.omm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 344; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 88; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 233; Franzen, RdA 2002, 258, 265. In diesem Sinne auch Grobys, BB 2002, 726, 728 (in Bezug auf § 613aAbs. 5 Nr. 4 BGB); Meyer, BB 2003, 1010, 1012. 795 Sem1er/Stenge1-Simon, UmwG, § 324 Rn. 46; Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457,463. 796 Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1162.

249

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Betracht, den Abschluss von Interessenausgleichs-/Sozialplanverhandlungen mit dem Betriebsrat vor der Unterrichtung abzuwarten. Dies entspräche dem Zweck von § 613a Abs. 5 BGB, führe allerdings auf Seiten der beteiligten Arbeitgeber zu anhaltender Unsicherheit in der Frage der übergehenden Arbeitnehmer. B.Gaul zufolge soll zu differenzieren sein797 • § 613aAbs. 5 BGB könne eine erneute Unterrichtungspflicht bei geänderten Gegebenheiten wohl nicht begründen, da der Gesetzgeber anderenfalls nicht den "geplanten" Zeitpunkt des Übergangs oder die "in Aussicht genommenen" Maßnahmen als Gegenstand der Unterrichtungspflicht genannt hätte. Anknüpfungspunkt für eine erneute Unterrichtung könne deshalb allein die arbeitgebersehige Fürsorgepflicht sein. In diesem Fall könne daran aber keine Verzögerung des Widerspruchsrechts geknüpft werden. Dieser Auffassung hat sich Huke angeschlossen 798 .

Mit einem der überwiegenden Ansicht entgegenstehenden Ergebnis möchte schließlich Worzalla unterscheiden 799 . Verschiebe sich der mitgeteilte Übergangszeitpunkt nicht nur unwesentlich, so sei eine erneute Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB unumgänglich, wenn durch die zeitliche Verschiebung die Widerspruchsentscheidung des Arbeitnehmers beeinflusst werden könne 800 . Gingen mit der zeitlichen Verschiebung Änderungen bei den Inhalten der Unterrichtungspflicht (Grund, Folgen, Maßnahmen) einher, so sei die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB in jedem Fall zu wiederholen801. Dieser Auffassung nähern sich Laber/Roos an, die in den genannten Fällen "vorsorglich" eine erneute Unterrichtung empfehlen802 . Jaeger schließlich geht davon aus, dass eine Pflicht zur nachträglichen Ergänzung der Mitteilungen besteht, wenn noch vor dem Betriebsübergang wesentliche Änderungen eintreten, die für die Ausübung des Widerspruchsrechts von erheblicher Bedeutung sind. Anderenfalls müsse man eine rechtliche Verpflichtung der Betriebsübertragungsparteien annehmen, mit der Unterrich-

797 B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 21 ff.; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 134 f.; ders., FA 2002,299, 300. 798 Huke, Unterrichtung, S. 95 ff. 799 Worzalla, NZA 2002, 353, 354. 800 So auch Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 127; Kunst, lnformationsrechte, S. 129; Kröll, PersR 2002, 391,392; ähnlich APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 207; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 47. 801 Ebenso Kröll, PersR 2002,391, 392; Nehls, NZA 2003, 822, 823. 802 Laber/Roos, ArbRB 2002,268, 269.

250

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

tung so lange zuzuwarten, bis noch laufende Entwicklungen wie etwa Tarifverhandlungen abgeschlossen seien 803 •

II.

Stellungnahme

Es muss zur näheren Klärung übergeordnet danach differenziert werden, ob sich der Betriebsübergang auf einen anderen als den angegebenen Rechtsträger vollzieht oder ob nur einzelne Bestandteile der Unterrichtung nachträglich ihre Aktualität verlieren. 1.

Fallgruppe (1): Übergang auf einen anderen als den als Betriebserwerber genannten Rechtsträger

Zunächst sind Konstellationen wie in Beispiel (I) zu beurteilen, in denen sich nicht lediglich einzelne Informationsbestandteile nachträglich ändern, sondern in denen der Betrieb auf einen anderen als den als Betriebserwerber genannten Rechtsträger übertragen wird. In diesem Fall geht die ursprüngliche Unterrichtung ins Leere. Die Gegenstandslosigkeit der gesamten Mitteilungen ergibt sich zum einen daraus, dass die Person des Betriebserwerbers als Basisgröße für sämtliche nach § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB notwendigen Angaben fungiert und diese bei Eintritt eines anderen Arbeitgebers in die Arbeitsverhältnisse insgesamt sinnlos werden. Zum anderen besteht das Informationsrecht der Arbeitnehmer, wie sich aus der Nennung der Unterrichtungsschuldner im Gesetz ergibt, mit Blick auf den tatsächlichen, nicht einen lediglich potenziellen Betriebsnachfolger. Allein die Tatsache, dass es überhaupt zu einem Betriebsübergang gleich auf welchen neuen Inhaber kommen soll, genügt somit weder für die Entstehung des Unterrichtungsrechts noch für seine Erfüllung. Einer Unterrichtung, die sich auf einen Rechtsträger bezieht, der den Betrieb letztlich nicht übernimmt, können somit keinerlei Rechtswirkungen beigemessen werden. Insbesondere kann eine Fristauslösung für das Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht stattfinden, weil es bei einem Scheitern des Übergangs von dem bisherigen Inhaber auf den vorgesehenen konkreten Erwerber an einem Ansatzpunkt für ein Widerspruchsrecht überhaupt fehlt 804 • § 613a Abs. 5, 6 BGB greifen sodann erst im Hinblick auf den neuen tatsächlichen Betriebsnachfolger ein. Eine erneute und

803 Jaeger, ZIP 2004, 433, 438. 804 Dies korrespondiert mit der Unzulässigkeit einer abstrakten Vorwegnahme der Widerspruchserklärung etwa im Arbeitsvertrag; dazu § 12 A. Ill.

251

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

vollständige Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB ist insoweit unumgänglich805. Fraglich ist, ob es der geschilderten Konstellation des Übergangs auf einen anderen als den angegebenen übernehmenden Rechtsträger gleichzustellen ist, wenn sich zwar an der Person des Betriebserwerbers gegenüber den Mitteilungen nichts ändert, sich indessen der Zeitpunkt des Betriebsinhaberwechsels gegenüber den Angaben nach vorne oder hinten verschiebt 806 . Entgegen der Ansicht von Worzalla und anderen 807 führt eine zeitliche Verschiebung des Betriebsübergangs grundsätzlich nicht zu einer Neuentstehung des Unterrichtungsrechts der Arbeitnehmer. Der exakte Übertragungsstichtag ist für die Arbeitnehmer regelmäßig von untergeordneter motivatorischer Bedeutung für die Widerspruchsentscheidung. Ihre Belange werden zudem dadurch gewahrt, dass der Widerspruch erst im Zeitpunkt des Vollzugs der Betriebsübertragung Wirkung erlangt bzw. auf diesen zurückwirkt808. Zudem ist kein Grund ersichtlich, warum eine nachträgliche Änderung des geplanten Übergangsstichtags ein erneutes Unterrichtungsrecht auf der Grundlage von § 613a Abs. 5 BGB auslösen soll, während dies für Änderungen im Bereich der Folgen oder Maßnahmen(§ 613a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB) nicht gilt (dazu nachfolgend). Fallen der in dem Informationsschreiben mitgeteilte und der tatsächliche Übergangsstichtag allerdings ganz erheblich auseinander, so ist unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ausnahmsweise eine Verwirkung des Rechts des bisherigen und des neuen Arbeitgebers in Betracht zu ziehen, sich auf die bereits erfolgte Unterrichtung der Arbeitnehmer zu berufen. Maßgebend muss sein, ob die Adressaten angesichts der ausgedehnten Zeitspanne zwischen dem angeblichen und dem tatsächlichen Zeitpunkt der Betriebsübernahme überhaupt noch damit rechnen mussten, es werde zu dem angekündigten Eintritt des Betriebsnachfolgers in die Arbeitsverhältnisse kommen. Ist dies nicht der Fall, so muss gemäߧ 613aAbs. 5 BGB neu unterrichtet werden. 805 In derartigen Fällen wird es sich zur Vermeidung von Irritationen in der Belegschaft ftir den Betriebsveräußerer empfehlen, die Unterrichtung gegenüber den Adressaten zurückzunehmen. Eine Rechtspflicht zum Widerrufbesteht allerdings nicht. 806 Hiervon zu unterscheiden ist es, dass die Arbeitnehmer bei zeitlichen Verschiebungen möglicherweise gesondert auf den Zeitpunkt des Wechsels der Direktionsbefugnis auf den neuen Betriebsinhaber aufmerksam gemacht werden müssen. Insbesondere bei einem gegenüber der Mitteilung gern. § 613a Abs. 5 BGB vorgezogenem Übergangsstichtag kann es erforderlich sein, dass der Erwerber darüber aufklärt, nunmehr bereits weisungsbefugt zu sein. Mit einer (erneuten) Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB hat dies nichts zu tun; so offenbar auch Meyer, BB 2003, l 0 l 0, l 012. 807 Nw. in Fn. 799, 800. 808 Dazu§ 13 B. I.

252

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

2.

Fallgruppe (2): Nachträgliche Änderungen im Bereich einzelner Unterrichtungsbestandteile

Besonders problematisch sind Konstellationen, in denen sich durch eine nachträgliche Änderung des Sach- bzw. Planungsstandes einzelne Unterrichtungsbestandteile als überholt erweisen. Dies betrifft abgesehen von der bereits angesprochenen Verschiebung des Übertragungszeitpunkts (§ 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB) Fälle, in denen sich einzelne Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer(§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB) anders darstellen werden als mitgeteilt [s. Beispiel (3)] und/oder in denen der bisherige oder der neue Betriebsinhaber seine Planungen hinsichtlich der Arbeitnehmer(§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB) nach Zugang des Informationsschreibens ändert [s. Beispiele (2), (4)]. a)

Erneute Unterrichtungaufgrund von § 613a Abs. 5 BGB?

Wie eine Gesetzesauslegung ergibt, kann§ 613aAbs. 5 BGB- im Einklang mit einem Teil der Literatur- insgesamt keine Pflicht der beteiligten Arbeitgeber entnommen werden, die Unterrichtung bei geändertem Sach- und Planungsstand zu wiederholen. aa)

Grammatikalische Auslegung von § 613a Abs. 5 BGB

Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Informationstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. I, 4 BGB wird zutreffend geltend gemacht, dass die Verwendung der Begriffe "geplant" und "in Aussicht genommen" durch den Gesetzgeber ein wichtiges Indiz gegen die Annahme einer Aktualisierungspflicht darstellt. Die Gesezesdiktion impliziert nämlich, dass sich der Sachund Planungsstand nach Zugang der Mitteilungen ändern kann, es aber gleichzeitig auf den Kenntnis- und Planungshorizont der Arbeitgeberparteien im Zeitpunkt der Durchftihrung der Unterrichtung ankommt. Zieht man zusätzlich in Betracht, dass § 613a Abs. 5 BGB eine Unterrichtung zeitlich vor dem Betriebsübergang vorschreibt, so liegt es geradezu in der Natur der Sache, dass sich Informationskomponenten bis zum Übertragungsstichtag bzw. während des Laufs der Widerspruchsfrist ändern können. Ein möglicher Aktualitätsverlust einzelner Angaben ist dem Regelungskonzept des § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB folglich immanent. bb)

Teleologische und systematische Auslegung von§ 613a Abs. 5 BGB

Nicht ganz eindeutig ist das Ergebnis bei einer Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Unterrichtung. Für eine Pflicht zur erneuten Information bei geänderten Gegebenheiten spricht unter teleologischen Aspekten, dass sich die Entscheidungsgrundlage 253

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

für die Ausübung des Widerspruchsrechts zumindest bei einer Änderung wesentlicher Umstände vollkommen verschieben kann. Hieran ist insbesondere zu denken, wenn sich Angaben zu Folgen des Übergangs oder zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen als überholt erweisen. Hier besteht, vor allem bei gravierend geänderten Umständen, die die Bestandsaussichten für das Arbeitsverhältnis betreffen, ein berechtigtes Bedürfnis der Arbeitnehmer, nicht mit einer auf veralteten Informationen beruhenden Widerspruchsentscheidung "ins offene Messer" zu laufen. Die Befriedigung eines im Einzelfall bestehenden zusätzlichen Informationsinteresses lässt sich allerdings in systemgerechter Weise nicht über § 613 Abs. 5 BGB sicherstellen. Rechtssystematisch setzte eine Pflicht zur erneuten Unterrichtung bei geänderten Gegebenheiten nämlich voraus, dass die Erfüllbarkeit des Anspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB entweder auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben wäre oder aber die Erfüllungswirkung von im Zeitpunkt ihres Zugangs aktuellen Mitteilungen durch nachträgliche Urnstandsänderungen wieder beseitigt würde. Beides liefe im Ergebnis auf eine sich in Abhängigkeit von den Umständen ex post stets selbst erneuernde Schuld der beteiligten Arbeitgeber hinaus. Auch im allgerneinen Schuldrecht führt eine Änderung der Interessenlage des Leistungsempfängers nach Erhalt der geschuldeten Leistung aber nicht dazu, dass die erloschene Schuld wieder auflebt und die Leistung trotz Erfüllung zu wiederholen ist. Mit Recht hat der Gesetzgeber daher ungeachtet der offensichtlichen Möglichkeit des Eintritts nachträglicher Veränderungen in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB hinsichtlich des Beginns der Widerspruchsfrist allein auf den Zugang eines zu diesem Zeitpunkt aktuellen Informationsschreibens abgestellt. Wären ungeachtet dieser Regelung sich später ergebende Umstandsänderungen beachtlich, so ließen sich ordnungsgernäße Erfüllung des Informationsanspruchs und Fristauslösung für das Widerspruchsrecht kaum mehr mit der gebotenen Rechtssicherheit beurteilen. Dies stünde im Widerstreit zu dem Telos der Neuregelung, wonach durch eine frühzeitige Unterrichtung vor dem Übergang Rechtsverbindlichkeit in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse geschaffen werden kann809 • Im Übrigen müsste bei der Bejahung einer prinzipiellen Beachtlichkeit von einzelne Angaben gemäß § 613a Abs. 5 BGB betreffende Umstandsänderungen konsequenterweise auch zugunsten der Unterrichtungsschuldner angenommen werden, dass ursprünglich inhaltlich falsche Mitteilungen nachträglich richtig werden können. Auch dies wäre offensichtlich nicht sachgerecht, weil sich die Arbeitnehmer dann im Zugangszeitpunkt der Mitteilungen nicht auf deren Rieb809 S. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19.

254

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

tigkeit verlassen könnten. Es stellt somit ein zwingendes Gebot der Verlässlichkeit und Rechtsklarheit dar, dass die Unterrichtung hinsichtlich der Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit sowie ihrer mit Blick auf § 613a Abs. 6 S. 1 BGB rechtsgestaltenden Qualität nicht von den Imponderabilien nachträglich eintretender Entwicklungen abhängig gemacht wird. Im Ergebnis rechtfertigt somit auch eine an dem Informationsinteresse der Arbeitnehmer orientierte Normauslegung die Annahme einer "Nacherfiillungspflicht" aus § 613a Abs. 5 BGB bei einer späteren Änderung des Sach- und Planungsstandes nicht.

cc)

Weitere systematische und vergleichende Überlegungen

Die Ablehung einer Pflicht zu erneuter Unterrichtung aus § 613a Abs. 5 BGB wird durch übergreifende systematische und vergleichende Überlegungen bestätigt. Zunächst fallt auf, dass der Gesetzgeber das Problem einer Änderung der Sachlage im Zusammenhang mit Umstrukturierungsmaßnahmen des Arbeitgebers etwa in § 125 Abs. 1 S. 2 InsO oder in § 1 Abs. 5 KSchG, der seit dem 1.1.2004 gilt810, im Gegensatz zu der Regelung in § 613a Abs. 5 BGB ausdrücklich berücksichtigt hat. Dem wird zumindest eine Indizwirkung beigemessen werden können, dass die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB ihre Rechtsgültigkeit auch bei nachträglichen Umstandsänderungen behalten soll. Gegen eine erneute Unterrichtungspflicht bei geänderten Gegebenheiten aus § 613a Abs. 5 BGB spricht überdies, dass in Fällen, in denen es anlässlich des Betriebsinhaberwechsels zugleich zu einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG kommt, eine Pflicht zur fortwährenden Aktualisierung der Informationen faktisch darauf hinausliefe, den Arbeitgeber zu zwingen, vor der Unterrichtung der Arbeitnehmer zunächst das Ergebnis der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen mit dem Betriebsrat abzuwarten. Denn bei schwebenden Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern sind Änderungen in Bezug auf die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht ge81 0 Die Regelung ist Bestandteil des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt; vgl. BTDrucks. 15/1204, 15/1509, 15/1587. Nach ihr wird vermutet, dass die Kündigung eines in einem Interessenausgleich namentlich bezeichneten Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Die Sozialauswahl soll nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden können. Beides gilt nicht, wenn sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Dies ist anzunehmen, wenn die betreffende Betriebsänderung nicht mehr durchgeführt wird oder die Zahl der in dem Interessenausgleich vorgesehenen Kündigungen erheblich verringert werden soll; vgl. BT-Drucks. 15/1204, S. 12; ErfKomm-Ascheid, § 125 InsO Rn. 10 m.w.N.

255

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

nommenen Maßnahmen(§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB) aufgrundvon Kompromissen jederzeit zu erwarten. Wäre die Unterrichtung in Abhängigkeit von dem geänderten Stand der Verhandlungen stets zu wiederholen, so wäre eine letztgültige Erfüllung des Unterrichtungsanspruchs mit der Folge des§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB bis zu einem Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen sowie gegebenenfalls dem Abschluss eines Sozialplans hinausgeschoben. Veräußerer und Erwerber sollen aber entgegen der Erwägung von Willemsen/Lembke und Jaeger 811 unter keinem Umstand verpflichtet sein, die Unterrichtung von dem Stand einer Betriebsratsbeteiligung abhängig zu machen, weil sich Rechtssicherheit in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse noch vor dem Übergangsstichtag angesichts der erheblichen Dauer des in §§ 111 ff. BetrVG vorgesehenen Verfahrens bei einem Zusammentreffen von Betriebsübergang und Betriebsänderung dann nahezu nie erreichen ließe.

dd)

Überprüfung anband der Vorgaben von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG

Die hier vertretene Ablehnung einer Verpflichtung zur erneuten Unterrichtung aus § 613a Abs. 5 BGB hält einer richtlinienkonformen Auslegung stand. Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Arbeitnehmerinformation bei sich ändernden Gegebenheiten im Bereich der Informationsinhalte zu wiederholen ist 812 • Dies gilt auch deswegen, weil die subsidiäre individuelle Unterrichtung der Arbeitnehmer im System von Art. 7 RL 2001/23/EG nicht mit einem Widerspruchsrecht der Adressaten verknüpft ist.

ee)

Ergebnis zu§ 613a Abs. 5 BGB

Als Zwischenergebnis gilt es festzuhalten, dass den Arbeitnehmern kraft Gesetzes aus § 613a Abs. 5 BGB kein Anspruch auf erneute Unterrichtung erwächst, wenn sich Umstände, auf die sich einzelne Angaben nach Nummer 1 bis 4 beziehen, nach Zugang des Informationsschreibens ändern. Dies gilt unabhängig davon, ob die Widerspruchsfrist im Zeitpunkt der Umstandsänderung bereits abgelaufen ist oder nicht. Nachträgliche Veränderungen des Sach- und Planungsstandes führen somit auch nicht zu Defiziten der Unterrichtung ex post.

811 Nw. in Fn. 796, 803. 812 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 22.

256

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

b)

Hinweispflicht auf den geänderten Sach- bzw. Planungsstand aufgrund der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Dem zum Teil vertretenen Ansatz, wonach allenfalls die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers im Einzelfall Anknüpfungspunkt für eine erneute Unterrichtung bei geänderten Umständen sein kann 813 , ist vom Grundgedanken her, allerdings unter notwendigen Präzisierungen, beizupflichten.

aa)

Hinweispflicht als Ergebnis einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung

Die Frage nach einer über die Anforderungen von § 613a Abs. 5 BGB hinausgehenden Hinweispflicht des Arbeitgebers auf gegenüber den gesetzlichen Mitteilungen geänderte, für die Widerspruchsrechtsausübung entscheidungserhebliche Umstände, ist ein Ausschnitt der Gesamtproblematik, welche Infonnationen der Arbeitgeber seinen Beschäftigten gegebenenfalls ungefragt zur Verfügung stellen muss, um diese im Zusammenhang mit einer risikobehafteten Entscheidung zu schützen814 . Denn bei einer Hinweispflicht auf veränderte Gegebenheiten geht es letztlich darum, den Arbeitnehmer durch zusätzliche Informationen in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung hinsichtlich des Arbeitgeberwechsels zu treffen, mit der er sich angesichts möglicher negativer Folgewirkungen, etwa einem aufgrund der ursprünglichen Mitteilungen nicht absehbaren Arbeitsplatzverlust, nicht selbst schädigt. Allgemein gilt, dass der Arbeitgeber seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen, seine Rechte so auszuüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren hat, wie es unter Berücksichtigung von Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann(§§ 241 Abs. 2, 242 BGB) 815 • Aus diesem gemeinhin unter dem Begriff der Treue- und Fürsorgepflicht zusammengefassten Pflichtenkreis können anerkanntermaßen Aufklärungsbzw. Mitteilungspflichten des Arbeitgebers entspringen816 . Die Rechtsprechung817 bedient sich insoweit regelmäßig der Formel, dass sich Voraussetzungen und Umfang von Hinweis- und Aufklärungspflichten aus einer umfassenden Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien ergeben. Ein er813 814 815 816 817

Nw. in Fn. 797, 798. S. Hümmerich, NZA 2002, 1305, 1306. Zu dieser Formel MünchArbR-Blomeyer, § 94 Rn. 2 m.w.N. Statt aller MünchKomm-Roth, BGB, § 242 Rn. 151. S. BAG v. 13.11.1984, AP Nr. 5 zu § I BetrAVG Zusatzversorgungskassen (unter I 3); v. 18.1.1996, AP Nr. 25 zu § 242 BGB Auskunftspflicht (unter I 2 b bb); v. 13.11.1996, AP Nr. 4 zu§ 620 BGB Aufhebungsvertrag (unter li I c); v. 17.10.2000, AP Nr. 116 zu§ 611 BGB Fürsorgepflicht (unter li 2 a); v. 11.12.2001, NZA 2002, 1150, 1152; LAG Köln v. 17.6.1993, LAGE Nr. 24 zu § 112 BetrVG (unter 3).

257

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

kennbares Informationsinteresse des Arbeitnehmers einerseits und die Auskunftsmöglichkeiten des Arbeitgebers andererseits sind danach stets zu beachten; der jeder Partei zuzubilligende Eigennutz findet seine Grenze an dem schutzwürdigen Bereich des Vertragspartners. Dies zugrundegelegt ist zum einen festzustellen, dass die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht bei einem bestehenden Informationsinteresse des Arbeitnehmers818 ganz grundsätzlich als Anknüpfungspunkt für eine Hinweispflicht des Arbeitgebers auf geänderte entscheidungsrelevante Umstände taugt819 . Der widerspruchsberechtigte Arbeitnehmer, der aufgrundder Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB mit der Fortbeschäftigung nach einem Widerspruch rechnet, darf erwarten, dass er über einen erst nach Zugang der Mitteilungen gefassten Stilllegungsentschluss in Kenntnis gesetzt wird, damit er durch Abstandnahme von einem Widerspruch die Chance auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsübernehmer erhält [s. obiges Beispiel (2)] 820 . Zum anderen ergibt sich aber auch, dass aus der Interessenwahrungspflicht des Arbeitgebers keine umfassende Informationsverantwortlichkeit in Bezug auf von der Unterrichtung abweichende Entwicklungen gefolgert werden darf. In der Literatur ist anerkannt, dass Mitteilungs- bzw. Hinweispflichten des Arbeitgebers jenseits gesetzlicher Regelungen nach Treu und Glauben nur in engen Grenzen bejaht werden können 821 . Ein Anknüpfen an arbeitsvertragsimmanente Nebenpflichten des Arbeitgebers darf somit nicht zu einer generellen Erweiterung des Pflichtenkreises aus§ 613aAbs. 5 BGB flih818 V gl. vorstehend a) bb ). 819 Soweit der Betriebsveräußerer in dem Zeitraum zwischen Vollzug des Betriebsübergangs und Ablauf der Widerspruchsfrist sowie ausbleibendem Widerspruch seine Arbeitgeberstellung im Zeitpunkt der Umstandsänderung, die eine Hinweispflicht gegenüber den Arbeitnehmern auslöst, wegen § 613a Abs. I S. I BGB bereits verloren hat, muss mangels "Nacherftillungspflicht" aus§ 613aAbs. 5 BGB an eine nachvertragliche Pflicht angeknüpft werden. Dies ist möglich, weil im Arbeitsrecht der Gedanke der nachwirkenden Fürsorgepflicht auch sonst zur Begründung einzelner Nebenleistungspflichten, gerade auch im Bereich nachvertraglicher Auskunfts- oder Mitteilungspflichten, herangezogen wird; vgl. BAG v. 5.8.1976, AP Nr. I 0 zu § 630 BGB (unter II); v. 18.12.1984, AP Nr. 8 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht (unter I! 2); LAG Düsseldorfv. 3.7.1991, DB 1991, 1836; v.Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, § I Rn. 156 f; MünchArbR-Wank, § 128 Rn. 57; Schaub-Schaub, Arbeitsrechts-HdB., § I 08 Rn. 62. Gegenüber dem Betriebserwerber kann vor dem Übergang auf eine vorvertragliche Pflicht gemäß §§ 311 Abs. 2 Nr. 2, 3, 241 Abs. 2 BGB abgestellt werden. 820 Im Ergebnis ebenso Jaeger, ZIP 2004, 433, 438. 821 Vgl. Bauer, Aufhebungsverträge, Rn. 83; Hoß/Ehrich, DB 1997,625 ff.; Nägele, BB 1992, 1274, 1277f.

258

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

ren. Es können mit anderen Worten nicht die nach dem Regelungskonzept von § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB im Interesse der Unterrichtungsschuldner hinzunehmenden Schutzlücken fiir die Zeit zwischen Zugang des Informationsschreibens und Ablauf der Widerspruchsfrist vollumfänglich dadurch geschlossen werden, dass die Informationspflicht der Arbeitgeberparteien über §§ 241 Abs. 2, 242 BGB generell auf Folgeänderungen im Bereich der Tatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB erstreckt wird. Hieraus folgt, dass der Arbeitgeber nur dann zu einem Hinweis auf einen veränderten Sach- bzw. Planungsstand gehalten ist, wenn die eingetretenen Entwicklungen so erheblich sind, dass eine die eigenen Belange des Arbeitnehmers wahrende Widerspruchsentscheidung auf der Basis der ursprünglichen Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB bei objektiv-vernünftiger Betrachtungsweise ersichtlich nicht mehr getroffen werden kann. Dies wird nicht bereits der Fall sein, wenn sich bei einem Übergang des Arbeitsverhältnisses einzelne Arbeitsbedingungen nachträglich anders darstellen als noch in dem Infonnationsschreiben angegeben [s. oben Beispiel (3)].

bb)

Typisierende Kriterien für eine Interessenabwägung

Bei der hier vertretenen Lösung wird nicht übersehen, dass die Herleitung einer Hinweispflicht aus dem Gedanken einer ungeschriebenen Nebenpflicht fiir die Arbeitgeberparteien mit einer gewissen Unsicherheit darüber verbunden ist, unter welchen näheren Voraussetzungen diese eingreift. Abschließende Aussagen hierzu sind wegen der erforderlichen Einzelfallabwägung nicht möglich. Versteht man die vorstehenden Schilderungen als Leitfaden, so lassen sich allerdings Voraussetzungen und Reichweite einer Arbeitgeberpflicht zum Hinweis auf geänderte Umstände insbesondere im Bereich der Folgen des Übergangs fiir die Arbeitnehmer und der hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen anhand einer typisierenden Interessenahwägung näher entwickeln. Grundvoraussetzung fiir eine erweiterte Mitteilungspflicht bei geänderten Gegebenheiten ist ein spezifisches Infonnationsinteresse des Arbeitnehmers. Insoweit können, wie ausgeführt, prinzipiell nur gravierende Umstandsänderungen Berücksichtigung finden, die der bisherigen Entscheidungsgrundlage gemäß § 613a Abs. 5 BGB bei objektiver Sichtweise den Boden entziehen. Aus dem Zweckzusammenhang von Information und Interessenwahrung bei der Ausübung des Widerspruchsrechts folgt, dass ein Anknüpfungspunkt fiir eine Hinweispflicht nicht mehr besteht, wenn sich Bestandteile der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist bzw. nachdem der Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht bereits Gebrauch gemacht hat ändern.

259

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Eine Äußerung des Arbeitgebers kann billigerweise nur erwartet werden, wenn aus dessen Sicht das zusätzliche Informationsinteresse des Arbeitnehmers erkennbar ist 822 • Dies ist bei der gebotenen verobjektivierten Betrachtung grundsätzlich anzunehmen, weil sich die Frage nach einer erneuten Information bei geänderten Gegebenheiten nur stellt, wenn bereits nach§ 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde und der Arbeitgeber daher fiir die Problematik "sensibilisiert" ist. Da die an dem Betriebsübergang beteiligten Rechtsträger einander wechselseitig zur Mitteilung über eingehende Widersprüche verpflichtet sind823 , ist zudem ersichtlich, welche - noch widerspruchsberechtigten - Beschäftigten ein Bedürfnis fiir zusätzliche Irrfonnationen haben. Eine Aktualisierung der Unterrichtung ist zudem nur bei besonderer Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers geboten. Hieran kann es etwa fehlen, wenn der Betreffende selbst ohne weiteres Kenntnis von den geänderten Umständen erlangen kann, so dass kein Informationsgefalle zwischen den Parteien besteht, dessen Ausgleich billigerweise erwartet werden kann 824 • Anders als im Bereich des § 613a Abs. 5 BGB kann der Arbeitnehmer im Rahmen der gebotenen Interessenahwägung auf zurnutbare andere Infonnationsquellen (z.B. Betriebsrat bei schwebenden Interessenausgleichs- oder Sozialplanverhandlungen) verwiesen werden. Ferner ist zu berücksichtigen, inwieweit es dem Arbeitnehmer angesichts der Umstände möglich ist, auf eigene Initiative hin Rückfragen hinsichtlich der fortbestehenden Aktualität der Unterrichtung zu stellen, z.B. weil der Arbeitgeber angeboten hat, den Beschäftigten fiir weitere Nachfragen zur VerfUgung zu stehen 825 • Eingreifen und Reichweite einer Hinweispflicht auf neue Entwicklungen nach Zugang des Informationsschreibens stehen zudem unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit826 • An der Zumutbarkeit einer erneuten Mitteilung fehlt es bei überwiegendem Informationsinteresse des Arbeitnehmers wegen der Bedeutung der Widerspruchsentscheidung nicht bereits deswegen, weil hiermit aus Arbeitgebersicht ein zusätzlicher bürokratischer AufWand ver822 V gl. BAG v. 13.11.1996, AP Nr. 4 zu § 620 BGB Aufhebungsvertrag (unter I1 I c ); v. 17 .I 0.2000, AP Nr. 116 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht (unter I! 2 c cc ); allgemein Soergel-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 139. 823 Dazu§ 7 B. III. 3. b). 824 Vgl. Rolfs, Anm. zu BAG v. 17 .I 0.2000, AP Nr. 116 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht m.w.N. (BI. 1204); Wels/au, Anm. zu LAG Harnburg v. 20.8.1992, LAGE Nr. 9 zu § 611 BGB Aufhebungsvertrag (S. 16). 825 Vgl. BGH v. 15.11.1987, BB 1981,700, 701; Soergel-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 140, 144 und 152. 826 Vgl. allgemein ErfKomm-Preis, § 611 BGB Rn. 761; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 193 Rn. 7; Schaub-Schaub,Arbeitsrechts-HdB., § 118 Rn. 9.

260

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

bunden ist. Aus dem Vorbehalt folgt aber, dass Gegenstand einer Hinweispflicht auf Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB grundsätzlich nur präsentes Wissen sein kann. Den Arbeitgeber trifft somit keine Nachforschungspflicht im Hinblick auf eine Änderung von Gegebenheiten, die sich seiner Einfluss- und Kenntnissphäre entziehen827 • Dies ist wichtig, weil der betreffende Rechtsträger seinerseits Informationen über veränderte Planungen, die aus der Sphäre der anderen Betriebsübertragungspartei stammen, regelmäßig nicht erhalten wird 828 • Auch die Anforderungen an die Modalitäten der aktualisierenden Unterrichtung müssen verhältnismäßig sein. Anders als bei § 613a Abs. 5 BGB genügt es, wenn der Arbeitgeber formlos auf den neuen Sachstand hinweist. Gegen eine Nutzung allgemeiner betrieblicher Informationskanäle (schwarzes Brett etc.) bestehen hier keine Bedenken. Entsprechend der Rechtslage bei § 613a Abs. 5 BGB genügt eine allgemein gehaltene Mitteilung über die neue Entwicklung. Im Übrigen bestehen gegen eine nähere Ausgestaltung oder gar einen Ausschluss einer Aktualisierungspflicht im Arbeitsvertrag keine Bedenken, weil der zwingende Bereich von § 613a Abs. 5 BGB nicht betroffen ist. cc)

Ergebnis zum Eingreifen einer Hinweispflicht aufgrundder arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht

Es gilt festzuhalten, dass die beteiligten Arbeitgeber aufgrund von §§ 241 Abs. 2, 242 (gegebenenfalls in Verbindung mit § 311 Abs. 2 Nr. 2, 3) BGB im Einzelfall gehalten sein können, die Arbeitnehmer auf einen von den Mitteilungen gemäß § 613a Abs. 5 BGB nach deren Zugang eingetretenen abweichenden Sach- bzw. Planungsstand hinzuweisen. Eine diesbezügliche Pflicht besteht jedoch nur in engen Grenzen. Sie setzt voraus, dass die betreffenden Umstände für die noch ausstehende Widerspruchsentscheidung des Arbeitnehmers derart relevant sind, dass bei einem Ausgehen von dem Stand der ursprünglichen Unterrichtung mit einer die Interessen des Arbeitnehmers wahrenden Entscheidung über den Arbeitgeberwechsel ersichtlich nicht ausgegangen werden kann.

827 S. insoweit generell Schwarze, Anm. zu LAG Harnburg v. 20.8.1992, LAGE Nr. 9 zu § 611 BOB Aufl1ebungsvertrag (S. 32 f.). 828 Die aus dem Übertragungsgeschäft bzw. dem Gesamtschuldverhältnis folgende Pflicht zur Übermittlung unterrichtungsrelevanter Informationen im Innenverhältnis der Betriebsübertragungsparteien (s. § 6 D. II. 2.) bezieht sich nur auf die Errnöglichung der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BOB.

261

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

C.

Folgeproblematik in Bezug auf das Widerspruchsrecht bzw. den bereits ausgeübten Widerspruch

Eng mit der vorstehend erörterten Problemstellung ist die Frage verknüpft, welche Auswirkungen sich im Falle einer Änderung der Sachlage nach Zugang der Unterrichtung in Bezug auf das Widerspruchsrecht bzw. bereits ausgübte Widersprüche ergeben. Wegen der Verknüpfung von Unterrichtung und Widerspruchsrecht bietet es sich unter Berücksichtigung der bisherigen Ergebnisse an, zur weiteren Klärung danach zu unterscheiden, ob eine Pflicht zu erneuter Informationaufgrund von § 613a Abs. 5 BOB eingreift oder allenfalls ein Hinweis auf veränderte Umständeaufgrund von §§ 241 Abs. 2, 242 BOB verlangt werden kann. I.

Fallgruppe (1): Es besteht (ausnahmsweise) eine Pflicht zu erneuter Unterrichtungaufgrund von § 613a Abs. 5 BGB

Nach dem Gesagten ist ausnahmsweise eine neuerliche Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BOB erforderlich, wenn der Betrieb auf einen anderen als den angegebenen Rechtsträger übergeht oder falls das Recht der Betriebsübertragungsparteien, sich auf die erfolgte Unterrichtung zu berufen, wegen Zeitablaufs verwirkt ist 829 . Für das Widerspruchsrecht gilt sodann Folgendes: 1.

Rechtslage nach ursprünglicher (gegenstandsloser) Unterrichtung ohne Widerspruchserklärung

Unproblematisch ist die Rechtslage, wenn sich der Arbeitnehmer im Hinblick auf die ursprüngliche Unterrichtung nicht über einen Widerspruch erklärt hat. Da die erste Mitteilung gegenstandlos ist (s.o.), löst sie die in § 613a Abs. 6 S. 1 BOB vorgesehene Rechtsfolge nicht aus. Den Arbeitnehmern steht ein Widerspruchsrecht gegen den Eintritt des tatsächlichen Betriebserwerbers in ihr Arbeitsverhältnis zu. Die Widerspruchsfrist muss insoweit durch die Betriebsübertragungsparteien gemäß § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BOB vermittels erneuter Unterrichtung ausgelöst werden.

2.

Rechtslage nach ursprünglicher (gegenstandsloser) Unterrichtung und erklärtem Widerspruch

Schwieriger sind die Folgen zu beurteilen, wenn der Unterrichtungsadressat aufgrund der gegenstandslosen Mitteilungen einen Widerspruch erklärt hat. Wurde der Betrieb nicht von dem angegebenen Betriebsinhaber übernommen, so ist ein gegen den "Übergang" erklärter Widerspruch ohne Rechts-

829 S. oben 8. II. 1.

262

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

wirkungen. Die Erklärung geht, wie beispielsweise die Anfechtung einer nicht existenten Willenserklärung, ins Leere. Von dem Widerspruchsrecht kann nämlich, weil dessen abstrakte Vorwegnahme ohne Kenntnis des Arbeitnehmers von der Person des (tatsächlichen) Betriebserwerbers unzulässig ist830, wirksam nur in Bezug auf einen konkreten Übertragungsvorgang Gebrauch gemacht werden. Da der Widerspruch auf die Ablehnung eines bestimmten neuen Arbeitgebers gerichtet ist, verbietet es sich, die auf eine gescheiterte Betriebsübernahme gemünzte Erklärung auf einen später schließlich doch erfolgten Übergang auf einen anderen als den in der Unterrichtung angegebenen Rechtsträger zu projezieren. Die Tatsache, dass der Betrieb letztlich doch übertragen wird, führt folglich nicht dazu, dass ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den ursprünglich angekündigten Betriebsnachfolger, der nie stattfindet, doch noch Beachtung findet. Dies ist auch deswegen sachgerecht, weil es sich angesichts der Qualität des Widerspruchs als Gestaltungsrecht verbietet, dessen Rechtswirksamkeit von nachträglichen Entwicklungen abhängig zu machen. Widersprüche gegen einen gescheiterten Übergang im Sinne von § 613a Abs. 1 S. 1 BOB sind damit stets unabhängig davon unbeachtlich, ob der Betrieb letztlich doch von einem anderen Rechtsträger übernommen wird. Kommt es zu dem Betriebsübergang auf den in dem Infonnationsschreiben angegebenen Erwerber, ist aber ausnahmsweise das Recht der Arbeitgeberparteien zur Berufung auf die bereits durchgeführte Unterrichtung gemäß § 613aAbs. 5 BOB verwirkt831 , so führt dies nicht automatisch auch zu einer Verwirkung des Rechts, sich auf durch die Arbeitnehmer nach Zugang des Informationsschreibens erklärte Widersprüche zu berufen. Ein Widerspruch gegen den Eintritt des neuen Arbeitgebers in das Arbeitsverhältnis bleibt somit grundsätzlich auch dann beachtlich, wem1 sich der Betriebsübergang mit erheblichen zeitlichen Verschiebungen gegenüber den Mitteilungen gemäߧ 613aAbs. 5 Nr. 1 BOB vollzieht. II.

Fallgruppe (2): Es besteht keine Pflicht zu erneuter Unterrichtung aufgrund von § 613a Abs. 5 BGB

Werden nur einzelne Angaben im Bereich der Informationstatbestände des § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BOB von der Entwicklung der Verhältnisse bzw. durch neue Planungen der Arbeitgeberparteien überholt, so greift wie erörtert allenfalls eine auf §§ 241 Abs. 2, 242 BOB gestützte diesbezügliche Hinweispflicht ein832 . 830 Dazu§ 12 A. Ill. 831 S.o. B. Il. I. 832 Oben B. II. 2. b).

263

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

1.

Rechtslage bei noch nicht ausgeübtem Widerspruchsrecht

Hat der Arbeitnehmer in derartigen Konstellationen nach Zugang des Informationsschreibens gemäß § 613a Abs. 5 BGB noch keinen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses erklärt, so kann er die geänderten Verhältnisse bei seiner noch ausstehenden Entscheidung berücksichtigen [s.oben Beispiel (3)]. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur dann, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB Kenntnis von den veränderten Gegebenheiten erhält. Es kommt also aufgrund von nachträglichen Änderungen des Sach- und Planungsstandes selbst dann nicht zu einer Fristverlängerung für den Widerspruch, wenn der Arbeitgeber im Einzelfallaufgrund von §§ 241 Abs. 2, 242 BGB gehalten ist, auf die geänderten Umstände hinzuweisen 833 • Dies ergibt sich unmittelbar aus Wortlaut und Systematik von § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB, wonach es für die Widerspruchsfrist allein auf eine im Zeitpunkt ihres Zugangs richtige und vollständige Unterrichtung der Norm nach Absatz 5 ankommt, der eine erneute Unterrichtungspflicht nicht begründet. Verzögerungen über § 242 BGB durch Einräumung einer längeren oder Neubeginn der einmonatigen Überlegungsfrist für den Widerspruch kommen hier nicht in Betracht, weil mit Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist Rechtssicherheit in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse bestehen muss.

2.

Rechtslage bei bereits erfolgtem Widerspruch

Ungleich komplexer stellt sich die Problemlage dar, wenn der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses vor dem Hintergrund der Mitteilungen gemäß § 613a Abs. 5 BGB bereits widersprochen hat, er aufgrund der geänderten Gegebenheiten nun aber doch den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsnachfolger erreichen will [s. oben Beispiel (4)].

a)

Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers auf eine Änderung entscheidungsrelevanter Umstände bei bereits ausgeübtem Widerspruch

Es stellt sich die Frage, welche rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dem Arbeitnehmer zur Verfügung stehen, einen einmal erklärten Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses rückgängig zu machen bzw. sich eine anderweitige Widerspruchsentscheidung vorzubehalten.

833 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 22; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 135; Huke, Unterrichtung, S. 96 f.; a.A. Jaeger, ZIP 2004, 433, 438: Einräumung einer zusätzlichen einwöchigen Frist für eine erneute Entscheidung über einen Widerspruch.

264

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

aa)

Beseitigung des Widerspruchs im Einvernehmen mit den beteiligten Arbeitgebern

Eine Möglichkeit zur Beseitigung des Widerspruchs liegt in dem Abschluss einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer sowie dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber, die auf eine Überleitung des widerspruchsbedingt mit dem Betriebsveräußerer fortgesetzten Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber gerichtet ist (Vertragsübernahme) 834 . Daneben ist auch eine isolierte Vertragsbeendigung mit dem bisherigen Betriebsinhaber, etwa durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder durch Eigenkündigung, verbunden mit der Begründung eines Vertragsverhältnisses mit dem Betriebsübernehmer denkbar. Dessen Einvernehmen ist somit, wenn sich der Arbeitnehmer des Schutzes des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB durch einen Widerspruch zuvor begeben hat, Mindestvoraussetzung für eine Beseitigung der Rechtsfolgen des Widerspruchs. Hingegen führt eine Einigung zwischen dem bisherigen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer über eine Rücknahme des Widerspruchs nicht bereits dazu, dass das Arbeitsverhältnis letztlich doch gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber übergeht, weil es sich insoweit um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten eines Dritten, des Betriebsnachfolgers, handelt 835 • Schließlich ist auch der widerspruchslos hingenommene Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht nachträglich mit der Folge des Rückfalls auf den bisherigen Arbeitgeber rückabzuwickeln, weil sich Betriebserwerber und Arbeitnehmer auf den Abschluss eines auf den Übergangszeitpunkt zurückwirkenden Aufhebungsvertrags verständigen 836 . Liegt eine Beseitigung des Widerspruchs durch Vertragsbeendigung mit dem bisherigen Arbeitgeber und Neuabschluss eines Arbeitsvertrags mit dem Betriebsnachfolger vor, so vollzieht sich der "Übergang" des Arbeitsverhältnisses nicht aufgrund von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB, sondern unmittelbar auf der 834 Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 143; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 587. 835 V gl. BAG v. 30.10.2003, NZA 2004, 481, 483; LAG Hamm v. 10.6.2002, NZA-RR 2003, 185, 186; ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 352. In gleicher Weise führt die Tatsache, dass sich der widersprechende Arbeitnehmer im Einzelfall wegen eines Treueverstoßes gemäß § 242 BGB nicht auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer berufen kann, z.B. bei Verweigerung der Vertragsfortsetzung mit dem Arbeitgeber und fortwährender Tätigkeit für den Betriebsnachfolger, nicht dazu, dass letztlich doch ein Übergang des Arbeitsverhältnisses nach§ 613a Abs. I S. I BGB stattfindet; s. die insoweit krit. Anm. Schnitker/Grau, EWiR 2003, 355, 356 zu LAG Schleswig-Holstein v. 30.10.2002 - 5 Sa 206 c/02. 836 Vgl. LAG Hamm v. 4.6.2002, BB 2003, 159.

265

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Grundlage der vertraglichen Übernahmevereinbarung. Dies wird übersehen, wenn gefolgert wird 837 , das Arbeitsverhältnis werde in derartigen Fällen zu den Bedingungen weitergefiihrt, wie sie bei dem Betriebsveräußerer bestanden haben. Richtigerweise kommt es auf eine Auslegung der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Betriebsinhaber an, ob dem Arbeitnehmer die bisherigen Arbeitsbedingungen sowie erdiente Besitzstände nebst Betriebszugehörigkeitszeiten erhalten bleiben sollen838 • Die den Parteien hiermit eröffneten Dispositionsmöglichkeiten stehen nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung, mit der das BAG die unter dem Stichwort "Lemgoer Modell" bezeichnete Praxis der formalen Vertragsbeendigung mit dem bisherigen Arbeitgeber unter Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber zu für diesen günstigeren Bedingungen als unzulässige Gesetzesumgehung von § 613a BGB verworfen hat 839 . Hat sich der Arbeitnehmer des Schutzes von§ 613a BGB durch einen Widerspruch nämlich selbst begeben, so können im Lichte der Vertragsfreiheit gegen eine spätere Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Veräußerer sowie einen Neuabschluss mit dem neuen Betriebsinhaber im Grundsatz keine Bedenken bestehen. Allerdings ist zur Vermeidung eines zweckund funktionswidrigen Missbrauchs des Widerspruchsrechts zu fordern, dass die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers bei dem Widerspruch sowie der Vertragsbeendigung mit dem Betriebsveräußerer uneingeschränkt respektiert wird 840 . Hierbei ist auch zu berücksichtigen, ob der betreffende Beschäftigte zuvor ordnungsgemäß gemäß § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet worden ist. Von einer unzulässigen Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit beim Widerspruch sowie der anschließenden Vertragsbeendigung mit dem Veräußerer wird nämlich nicht ohne weiteres ausgegangen werden können, wenn aufgrundder Unterrichtung Klarheit über die Folgen des Betriebsübergangs und die Perspektiven für die betroffenen Arbeitsverhältnisse bestand. bb)

Einseitige Beseitigung des Widerspruchs durch den Arbeitnehmer

Findet sich der Betriebserwerber zu einer vertraglichen Übernahme des widersprechenden Arbeitnehmers nicht bereit, so stellt sich die Frage, ob der Betreffende seine Widerspruchserklärung einseitig wieder beseitigen kann. 837 Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 40 f. 838 Wie hier Menze, Widerspruchsrecht, S. 92. 839 S. BAO v. 20.7.1982, AP Nr. 31 zu § 613a BOB (LS 3); v. 28.4.1987, AP Nr. 5 zu § I BetrAVO Betriebsveräußerung (LS I); v. 10.12.1998, ZIP 1999, 320; v. 21.1.1999, ZIP 1999, 1572. 840 Vgl. WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, 0 Rn. 208 f.; Hanau, ZIP 1999, 324,325.

266

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

(1)

Widerruf bzw. Rücknahme der Widerspruchserklärung

Zunächst ist an einen Widerruf bzw. eine Rücknahme des Widerspruchs gegenüber den Betriebsübertragungsparteien zu denken 841 . Ohne weiteres möglich ist ein Widerruf der Widerspruchserklärung, wenn dieser vor oder zeitgleich mit dem Widerspruch zugeht. Dies folgt aus § 130 Abs. 1 S. 2 BGB, der auf den Widerspruch als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung Anwendung findet. Aus der Wertung von § 613a Abs. 6 S. 2 BGB ergibt sich, dass der Widerruf gleichsam als Kehrseite der Widerspruchserklärung in diesem Fall gegenüber beiden beteiligten Arbeitgebern erklärt werden kann 842 . Ist der Widerspruch durch Zugang wirksam geworden, ohne dass bis dahin ein Widerruf vorlag, kann der Arbeitnehmer die Widerspruchserklärung nachträglich weder konkludent noch ausdrücklich durch Widerruf bzw. Rücknahme beseitigen843 • Dies folgt aus dem rechtsgestaltenden Charakter des Widerspruchs und findet seine Entsprechung in zur Rechtsbeständigkeit von weiteren Gestaltungsrechten wie Anfechtung und Kündigung entwickelten Grundsätzen 844 . Ein Gestaltungsrecht wird nämlich durch einmalige 841 Eine Heranziehung der Regeln zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) scheidet hingegen von vornherein aus. weil diese auf den Widerspruch als einseitiges Rechtsgeschäft konstruktiv keine Anwendung finden können; vgl. BGH v. 25.11.1992, NJW 1993, 850; Palandt-Heinrichs, BGB, § 313 Rn. 12. 842 Wie hier Nehls, NZA 2003, 822, 825. Zur Parallelproblematik bei der Frage nach dem richtigen Anfechtungsgegner für den Widerspruch s. noch § I 0 C. IV. 843 Ganz h.M., BAG v. 30.10.2003, NZA 2004, 481, 483; LAG Hamm v. 22.8.1996-4 Sa 322/96, (LS 3); v. 10.6.2002, NZA-RR 2003, 185, 186; LAG Schleswig-Holstein v. 30.10.2002-5 Sa 206 c/02, (LS 2 und unter 2 b); v. 6.4.2004- 5 Sa 400/03 (LS I und unter 2 b); LAG Düsseldorfv. 7.5.2003- 12 Sa 216/03, (unter 2 d); ArbRKommWillemsen/Miiller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 352; Erman-Edenfeld, 8GB,§ 613a Rn. 52; MünchKomm-Schaub, 8GB, § 613a Rn. 60; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 51; RGRK-Ascheid, BGB, § 613a Rn. 164; Soergel-Raab, 8GB,§ 613a Rn. 152; Staudinger-Richardi/Annuß, 8GB,§ 613a Rn. 143; Bauer, Unternehmensveräußerung, S. 59; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 586; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 72; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 230; ders., ZfA 1990, 87, 93; Hölters-Bauer/v.Steinau-Steinriick, Unternehmenskauf, V Rn. 122; Menze, Widerspruchsrecht, S. 92; Pietzko, Tatbestand, S. 292; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, S. 74; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 41; Schiefer, NJW 1998, 1817, 1826; v.Steinau-Steinriick/Wagner, NJW-Spezial 2004 (Heft I). S. 33. Einseitige Rücknahme offen lassend LAG Berlin v. 24.1.2003 - 2 Sa 1854/02 (unter II I); a.A. Nehls, NZA 2003, 822, 825, der dem Arbeitnehmer ohne nähere dogmatische Begründung ein Recht auf Revidierung seines Widerspruchs zubilligen will. 844 V gl. BAG v. 6.2.1992, AP Nr. 13 zu § 119 BGB (unter 8 I); v. 20.4.1994, AP Nr. I 08 zu§ 613a 8GB (unter V 2); APS-Preis, GrundlagenD Rn. 123; Palandt-Heinrichs,

267

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Ausübung verbraucht 845 . Aus dieser Konsumtion resultiert umgekehrt die Rechtsbindung an die Gestaltungserklärung846 . Wie bei jeder einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung gilt zudem, dass das Vertrauen des Adressaten auf die Endgültigkeit der Erklärung generell schützenswerter ist als das Interesse an einem Rückgängigmachen der Erklärung847 • Es ist daher allenfalls möglich, in dem verspäteten Widerruf des Widerspruchs ein Angebot des Arbeitnehmers auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages zwischen dem Erklärenden und den beteiligten Arbeitnehmern mit dem Ziel der Übernahme durch den Betriebserwerber oder eine Anfechtung der Widerspruchserklärung zu sehen (dazu nachfolgend). Im Übrigen ist eine auf die einseitige Beseitigung der Gestaltungswirkung des wirksam gewordenen Widerspruchs gerichtete Erklärung des Arbeitnehmers rechtlich unbeachtlich; dieser bleibt auch bei einer nachträglichen Änderung der für ihn entscheidungsrelevanten Umstände an seine zuvor erklärte Verweigerung des Übergangs gebunden. (2)

Anfechtung der Widerspruchserklärung

Die Anfechtungsregeln der §§ 119 ff. BOB finden auf den Widerspruch als Willenserklärung uneingeschränkte Anwendung 848 • In dem hier behandelten Zusammenhang stellt sich die Frage nach einem Anfechtungsrecht, wenn sich (nach zunächst zutreffender Unterrichtung gemäߧ 613a Abs. 5 BOB) die für den Arbeitnehmer ausschlaggebenden Umstände nach Wirksamwerden der Widerspruchserklärung ändern. Ein Anfechtungsrecht aus § 119 BOB scheidet in derartigen Fällen schon deswegen aus, weil sich die Vorstellungen des Arbeitnehmers bei der Willensbildung über den Widerspruch auf den Motivbereich, nicht auf den rechtsgeschäftliehen Willen als solchen, beziehen. Es liegt ein nach allgemeinen Grundsätzen im Rahmen von § 119 BOB unbeachtlicher Motivirr-

845 846 847 848

268

BGB, Überbl. v. § 104 Rn. 17, § 143 Rn. 2; v.Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, § 4 Rn. 27; DLW-Dörner, HdB. Arbeitsrecht, D Rn. 118. S. nur BAG v. 26.8.1993, NJW 1994, 473, 474 m.w.N.; Palandt-Heinrichs, BGB, Überbl.v.§ l04Rn.l7. Vgl. Boewer, NZA 1999, \l21, 1124 m.w.N. Menze, Widerspruchsrecht, S. 92. V gl. LAG Bremen v. 18.9.1987, AP Nr. 9 zu § 613a BGB (unter li); LAG Hamm v. 22.8.1996-4 Sa 322/96 (LS 3); Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 52; KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 111; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 152; D.Gaul, Betriebsübergang, S 230; ders., ZfA 1990, 87, 93; Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 200; Menze, Widerspruchsrecht, S. 93 f. m.w.N. Näher zur Anfechtung des Widerspruchs in § 10 C.

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

turn vor849 . Ein Eingreifen von§ 123 Abs. 1 BGB als Anfechtungsgrund unter dem Gesichtspunkt einer arglistigen Täuschung durch Unterlassen hängt neben dem Vorliegen eines bedingten Täuschungswillens auf Arbeitgeberseite vornehmlich davon ab, ob den Arbeitgeber ausnahmsweise eine Rechtspflicht zum Hinweis auf die Änderung des Sach- bzw. Planungsstandes trafl 50 und ob das Unterlassen einer Mitteilung kausal für eine Fehlvorstellung des Arbeitnehmers bei der Entschließung über den Widerspruch geworden ist. Für den Kausalitätszusammenhang ist notwendig, dass der getäuschte Arbeitnehmer die Widerspruchserklärung in Kenntnis der offenbarungspflichtigen Umstandsänderung nicht oder jedenfalls zu einem anderen Zeitpunkt abgegeben hätte 851 • (3)

Prävention durch bedingte Widerspruchsrechtsausübung bzw. durch ausdrücklichen Vorbehalt eines Widerrufs

Es stellt sich die Frage, ob sich der Arbeitnehmer vor einer nachträglichen Änderung für ihn entscheidungsrelevanter Umstände durch eine bedingte Widerspruchserklärung oder durch einen ausdrücklichen Vorbehalt des Widerrufs seines Widerspruchs schützen kann (z.B. Widerspruch unter der Bedingung, dass entsprechend der Unterrichtung Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei dem bisherigen Arbeitgeber besteht; Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass der Erwerber den übernommenen Betrieb doch nicht stilllegt). Nach ganz herrschender Auffassung ist der Widerspruch bedingungsfeindlich852. Die vereinzelt geäußerte Gegenansicht853 übersieht, dass es sich bei 849 Wie hier Menze, Widerspruchsrecht, S. 94; vgl. a. BAG v. 14.2.1996, NZA 1996,811 m.w.N. 850 Dazu oben B. Il. 2. b). 851 Vgl. statt aller Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rn. 24 m.w.N. 852 BAG v. 30.10.2003, NZA 2004,481, 483; LAG Düsseldorfv. 25.11.1997, NZA-RR 1998, 539, 540; LAG Hamm v. 10.6.2002, NZA-RR 2003, 185, 186; LAG Düsseldorf v. 7.5.2003 - 12 Sa 216/03, (unter 2 d); ArbRKomm-Willemsen/MüllerBonanni, § 613a BGB Rn. 347; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 92; ErmanEdenfeld, BGB, § 613a Rn. 50; MünchKomm-Schaub, BGB, § 613a Rn. 60; PalandtPutzo, BGB, § 613a Rn. 50; RGRK-Ascheid, BGB, § 613a Rn. 164; Semler/StengelSimon, UmwG, § 324 Rn. 55; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 151; StaudingerRichardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 122; DLW-Baeck!Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3339; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 32; Rödder!Hötzel/Mueller-Thuns, Unternehmenskauf, § 12 R. 15; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 64; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 565; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 40 und § 20 Rn. 135; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 74; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 41; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 44; Worzalla, NZA 2002, 353, 356. 853 Trittin, Betriebsübergang, S. 15.

269

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

dem Widerspruch um eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung handelt und Gestaltungsgeschäfte nach allgemeiner Zivilrechtsdogmatik prinzipiell nicht auflösend oder aufschiebend bedingt vorgenommen werden können854 . Dies liegt darin begründet, dass dem Erklärungsempranger keine Ungewissheit und kein Schwebezustand hinsichtlich der Wirksamkeit des Gestaltungsrechts zugemutet werden soll 855 • Aus der vorstehenden Erwägung wird allgemein gefolgert, dass die Ausübung eines Gestaltungsrechts aber ausnahmsweise dann mit einer Bedingung versehen werden kann, sofern hierdurch für den Erklärungsgegner keine unzumutbare Ungewissheit geschaffen wird. Dies ist der Fall, wenn der Bedingungseintritt von dem Willen des Gestaltungsgegners selbst abhängt856. Gleichwohl wird für das Widerspruchsrecht zum Teil auch die Möglichkeit einer derartigen Potestativbedingung verneint, da diese zu Unsicherheiten sowohl für den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber hinsichtlich der Wirksamkeit der Widerspruchserklärung führe 857 • Dies istjedoch inkonsequent. Der Arbeitnehmer ist als Erklärender insoweit nicht schutzwürdig. Auch für die beteiligten Arbeitgeber besteht keine unzumutbare Ungewissheit, wenn der künftige Bedingungseintritt von ihrem Willen abhängig ist. Allerdings folgt aus der Tatsache, dass die rechtsgestaltende Wirkung des Widerspruchs gegenüber zwei Arbeitgeberparteien wirkt, eine wesentliche Einschränkung für die Zulässigkeit einer Potestativbedingung beim Widerspruch. Als unzulässig müssen alle solchen Bedingungen angesehen werden, deren Verwirklichung nur vom Willen eines der beteiligten Arbeitgeber abhängt. Denn in diesem Fall besteht zumindest aus Sicht des anderen Rechtsträgers ein Schwebezustand, der dessen berechtigte Interessen an einer abschließenden Klärung der Frage des Übergangs des Arbeitsverhältnisses außer Acht lässt. Aus diesem Grunde stellen alle solchen Umstände eine sodann unstatthafte Wollensbedingung dar, die nur die Einflusssphäre entweder des bisherigen oder des neuen Betriebsinhabers betreffen. Gegen eine Änderung der Planungen eines der beteiligten Arbeitgeber, etwa in Bezug auf eine erst nach Zugang der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB gefasste Entscheidung des Betriebsteilveräußerers zur Stilllegung des Restbe-

854 S. nur Palandt-Heinrichs, BGB, Überbl. v. § 104 Rn. 17, § 143 Rn. 2, Einf. v. § 158 Rn. 13. 855 V gl. BGH v. 31.6.1986, BGHZ 97, 264, 267; Pa1andt-Heinrichs, BGB, Einf. v. § 158 Rn. 13; Staudinger-Bork, BGB, Vorbem. zu § 158 Rn. 38. 856 Statt aller Palandt-Heinrichs, BGB, Einf. v. § 158 Rn. 13; Medicus, BGB AT, Rn. 850 jeweils m.w.N. 857 So Menze, Widerspruchsrecht, S. 76.

270

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

triebes, kann sich der Arbeitnehmer somit in aller Regel nicht rechtswirksam durch einen bedingten Widerspruch wappnen 858 • Aus den bisherigen Überlegungen ist zu folgern, dass auch ein Widerruf des Widerspruchs durch den Erklärenden nicht rechtswirksam einseitig vorbehalten werden kann (z.B. für den Fall der Kündigung durch den Betriebsveräußerer)859. Auch durch einen Widerrufsvorbehalt, etwa für den Fall von Unterrichtungsfehlern oder eine nachträgliche Änderung arbeitnehmerbezogener Planungen der Transaktionsparteien, wird ein bedingungsgleicher Schwebezustand geschaffen, der mit dem Rechtscharakter des Widerspruchsrechts als Gestaltungsrecht unvereinbar ist. Es liefe zudem auf eine Umgehung der Regelung in§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB zu Lasten der Betriebsübertragungsparteien hinaus, wenn sich der Arbeitnehmer durch den Vorbehalt eines Widerrufs der Widerspruchserklärung eine verbindliche Entscheidung flir den neuen oder alten Arbeitgeber über die gesetzliche Monatsfrist hinaus offen halten könnte. Während ein einseitiger Widerrufsvorbehalt unzulässig ist, kann dem Arbeitnehmer im Einvernehmen zwischen dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber das Recht eingeräumt werden, einen erklärten Widerspruch zurückzunehmen. Dies folgt aus dem Umstand, dass es den Parteien auch nach ausgeübtem Widerspruch jederzeit möglich wäre, die rechtsgeschäftliche Überleitung des Arbeitsvertragsverhältnisses auf den übernehmenden Rechtsträger einvernehmlich zu regeln 860 .

858 Unbedenklich ist es dagegen, wenn der Arbeitnehmer im Anschluss an seinen (unbedingten) Widerspruch dem neuen Betriebsinhaber einen Arbeitsvertragsschluss unter der Bedingung anträgt, dass bei seinem bisherigen Arbeitgeber keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten existieren und das Arbeitsverhältnis beendet wird. Akzeptiert der Erwerber, so können qua Vereinbarung dieselben Rechtsfolgen wie im Falle eines unzulässig bedingten Widerspruchs herbeigefUhrt werden. 859 (Im Ergebnis) wie hier ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 92; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 50; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 230; ders., ZfA 1990, 87, 93; HöltersBauer, Unternehmenskauf, V Rn. 123; Kerschner!Köhler, Betriebsveräußerung und Arbeitsrecht, S. 33; Menze, Widerspruchsrecht, S. 93; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, S. 74; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 42; a.A. Pottmeyer, ZfA 1989, 239, 253. Rechtsfolge eines Widerspruchs unter unzulässigem Vorbehalt des Widerrufs ist entgegen Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 565, nicht, dass die Widerspruchserklärung unwirksam ist. Es ist vielmehr (nur) der Widerrufsvorbehalt unbeachtlich. 860 S. oben unter a) aa).

271

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

b)

Ergebnis zur Risikoverteilung bei Widerspruch und nachträglicher Änderung entscheidungsrelevanter Umstände

Es hat sich erwiesen, dass das geltende Recht zugunsten des Arbeitnehmers im Regelfall keine Handhabe bietet, um einen bereits erklärten Widerspruch bei einer späteren Änderung des entscheidungsrelevanten Sach- und Planungsstands zu beseitigen und den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber letztlich doch herbeizuführen. Die Rechtsfolgenverweigerung gegenüber § 613a Abs. 1 S. 1 BGB ist, sofern keine abweichenden vertraglichen Absprachen getroffen werden und eine Beseitigung des Widerspruchs irrfolge von Pflichtverstößen der beteiligten Arbeitgeber bei der Arbeitnehmerinformation nicht in Betracht kommt 861 , nach der gesetzlichen Konzeption endgültig. Der Arbeitnehmer trägt somit im Hinblick auf eine Ausübung des Widerspruchsrechts das Risiko, das sich Bestandteile der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB, die dieser zur Entscheidungsgrundlage für seinen Widerspruch macht, nach Zugang der Mitteilungen änderns6z.

c)

Korrektur durch einen Einstellungsanspruch gegen den Betriebserwerber bei enttäuschter Erwartung der Weiterbeschäftigung nach Widerspruch?

Die bisherigen Ergebnisse dieses Abschnitts lassen die Frage nach einem Korrektiv aufkommen, wenn der Arbeitnehmer, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses aufgrund der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB in der im nachhinein enttäuschten Erwartung der Weiterbeschäftigung durch seinen bisherigen Arbeitgeber widersprochen hat, seinen Arbeitsplatz durch einen nach Zugang der Mitteilungen gefassten Stilllegungs- und Kündigungsentschluss des Veräußerers verliert 863 . Da eine nachträgliche Beseitigung des einmal wirksam gewordenen Widerspruchs, wie erörtert, ausscheidet, ließe sich einem Bestandsinteresse des Arbeitnehmers nur Rechnung tragen, wenn der neue Betriebsinhaber letztlich doch entgegen der ursprünglichen Widerspruchsentscheidung des Arbeitnehmers auf dessen Verlangen

861 Dazu§ 10 C. und D.l. 2. 862 Zur Ausnahme bei Betriebsübergang auf einen anderen als den in dem Informationsschreiben genannten Betriebsinhaber s. oben unter I. und B. Il.l. 863 Unter Zugrundelegung der hier vertretenen Auffassung greift in derartigen Fällen allerdings eine zusätzliche Hinweispflicht des Betriebsveräußerers auf den geänderten Planungsstand aufgrund der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht ein; s. oben B. Il. 2. b). Die hier erörterte Problematik ergibt sich somit nur, wenn sich der Arbeitgeber erst nach Zugang des Widerspruchs zu einer Kündigung der bei ihm verbleibenden Arbeitnehmer entschließt.

272

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

hin, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, zu einer Übernahme des Betreffenden verpflichtet wäre. Die geschilderte Problemlage weckt Reminiszenzen an die im Zusammenhang mit dem Wiedereinstellungs- bzw. Fortsetzungsanspruch bei überraschender Betriebsübernahme stehende Korrektur der KündigungsPrognoseentscheidung des Arbeitgebers. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich der Arbeitgeber bzw. der Betriebsnachfolger dem berechtigten Verlangen eines infolge ursprünglicher Stilllegungsabsicht betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmers nach einer Wiedereinstellung bzw. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausgesetzt sehen kann, wenn der Kündigungsgrund als Folge eines nach Zugang der Kündigung ausgelösten Betriebsübergangs entfällt864 . Unabhängig von dem streitigen dogmatischen Fundament und den Grenzen eines solchen Wiedereinstellungsanspruchs 865 irritiert es auf den ersten Blick, warum dem Arbeitnehmer das Risiko einer nachträglichen Änderung der Sachlage bei einer Arbeitgeberkündigung zumindest teilweise abgenommen wird, er an einen einmal erklärten Widerspruch, auf den ebenfalls eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch betriebsbedingte Kündigung folgt, aber unweigerlich gebunden sein soll, zumal der Arbeitnehmer in beiden Fällen keinerlei Einfluss auf die veränderten Planungsentscheidungen des bisherigen Betriebsinhabers hat. Bei näherem Hinsehen erweist sich indessen, dass vielschichtige Gründe dafür bestehen, das Risiko eines sich erst nach Zugang der Widerspruchserklärung ergebenden Wegfalls von Beschäftigungsmöglichkeiten bei dem Betriebsveräußerer nicht von dem widersprechenden Arbeitnehmer auf den Betriebserwerber zu verlagern. Unter strukturellen Gesichtspunkten steht an erster Stelle die Überlegung, dass eine Ausübung des Widerspruchsrechts grundsätzlich mit dem Verlust 864 Vgl. BAG v. 27.2.1997, v. 6.8.1997,APNr. I (LS und unter !I 4), Nr. 2 (unter !I I b) zu§ I KSchG 1969 Wiedereinstellung; v. 13.11.1997, AP Nr. 169 zu§ 613a BGB (LS 3 und unter !I 3 c); v. 4.12.1997, v. 12.11.1998, AP Nr. 4 (unter II 2), Nr. 5 (LS und unter B !I I c) zu§ I KSchG 1969 Wiedereinstellung (unter II 2); v. 13.5.2004, DZWIR 2004, 373 f.; LAG Hamm v. 11.11.1998, NZA-RR 1999, 576, 578 f.; v. 4.6.2002, AR-BlatteiES 915 Nr. 23 (unter 2); LAG Köln v. 20.12.2002, ZIP 2003, 592 f. Die überwiegende Lehre bejaht ebenfalls einen Wiedereinstellungsanspruch bei Wegfall des Kündigungsgrundes; s. die Nw. bei SPV-Preis, Rn. 1027. 865 Auf die hiermit verbundenen Fragen soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden; näher insbesondere Elz, Wiedereinstellungsanspruch, S. 73 ff.; Lisec, Wiedereinstellungsanspruch, S. 5 ff., 56 ff.; Steineke, Wiedereinstellungsanspruch, S. 89 ff., 165 ff.; Boewer, NZA 1999, 1121 ff., 1177 ff.; Nicolai/Noack, ZfA 2000, 87, 96 ff.; Oetker, ZIP 2000, 643 ff.; Otto, FS Kraft, S. 451 ff.; Schubert, ZIP 2002, 554 ff. jeweils m.w.N.

273

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

des bisherigen Arbeitsplatzes des Erklärenden in der übertragenen Einheit verbunden ist. Anders als bei dem Wiedereinstellungsanspruch nach Fortfall der Stilllegungsabsicht und Betriebsveräußerung, der auf der aufrechterhaltenen formalen Zuordnung des gekündigten Arbeitnehmers zu dem übergehenden Betrieb(steil) fußt, werden Arbeitsplatz in der übertragenen wirtschaftlichen Einheit und Arbeitsverhältnis durch einen Widerspruch rechtsgültig voneinander abgespalten 866 • Der Arbeitnehmer verweigert sich insofern nicht nur dem Wechsel des Arbeitsvertragspartners, sondern zugleich dem in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB verankerten Prinzip des kongruenten Übergangs von Arbeitsplatz und Arbeitsverhältnis 867 • Indem der widersprechende Arbeitnehmer diese durch seine bislang bestehende Zugehörigkeit zur übertragenen betrieblichen Einheit vermittelte Bindung beseitigt, setzt er sich automatisch dem Risiko einer betriebsbedingten Kündigung aus, wenn anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten bei dem bisherigen Betriebsinhaber nicht bestehen. Dieses Risiko lässt sich auch nicht deshalb auf die Arbeitgeberparteien verlagern, weil sich die Rahmenbedingungen für eine Fortbeschäftigung bei dem übertragenden Rechtsträger nach Zugang des Unterrichtungsschreibens gemäß § 613a Abs. 5 BGB verschoben haben. Es wäre unstimmig, einerseits - wie hier vertreten - bei Änderung des Sach- und Planungsstandes ein Neuentstehen der Unterrichtungsschuld aus § 613a Abs. 5 BGB abzulehnen, andererseits aus einer nachträglichen Änderung der Infonnationsgrundlage für die Widerspruchsentscheidung ein Recht des Arbeitnehmers herzuleiten, den ausgeübten Widerspruch durch ein Einstellungsverlangen gegenüber dem Betriebsnachfolger rückabzuwickeln. Eine andere Betrachtung bürdete es dem Betriebsübernehmer auf, die enttäuschten Motive des Arbeitnehmers für seinen Widerspruch und damit letztlich einen jeglichen Planungswechsel des übertragenden Rechtsträgers hinsichtlich der bei diesem verbleibenden Arbeitnehmer zu kompensieren. Hierfür steht bei rechtswirksamem Widerspruch und hierdurch bedingtem Ausschluss des Eingreifens von § 613a Abs. 1 BGB keine Rechtsgrundlage zur Verfügung. Die vorstehenden Erwägungen geraten nicht in Konflikt mit dem Anliegen, das der rechtsfortbildenden Entwicklung der Grundsätze zum Wiedereinstellungsanspruch nach Wegfall einer ursprünglichen Betriebsstilllegungsabsicht zugrunde liegt. Unabhängig von der streitigen rechtsdogmatischen Grundlage für ein Wiedereinstellungs- bzw. Fortsetzungsverlangen im Kündigungsrecht besteht Übereinstimmung in dem Ausgangspunkt, dass das für 866 S. noch§ 14 A. 867 Vgl. nur Kallmeyer-Willemsen, UmwG, § 324 Rn. 34; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 20jeweils m.w.N.

274

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

die Rechtfertigung der Kündigung geltende Prognoseprinzip eines Korrekturmechanismus bedarf, wenn der Arbeitsplatz des Kündigungsempfangers letztlich nicht entfallt868 • Während der Arbeitgeber ex ante zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung berechtigt ist, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit des Betroffenen infolge der Stilllegungsabsicht greifbare Formen angenommen hat 869, wird es als unbefriedigend empfunden, wenn der Arbeitgeber bzw. der Betriebsübernehmer Rechte aus einem Entschluss herleitet, der wegen der abweichenden Entwicklung der Verhältnisse eine Vertragsbeendigung ex post betrachtet nicht rechtfertigte. Eine vergleichbare zweidimensionale Betrachtungsweise ist für die hier interessierende Problematik indessen ausgeschlossen. Zum einen ist es nicht der Arbeitgeber, sondern der widersprechende Arbeitnehmer selbst, der seiner Entscheidung gegen einen Vertragspartnerwechsel aufgrund der Unterrichtung die Prognose zugrunde legt, er werde von dem übertragenden Rechtsträger weiter beschäftigt werden können. Zum anderen bezieht die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB über einen im Zugangszeitpunkt (noch) bestehenden Entschluss des Veräußerers zur Fortbeschäftigung widersprechender Arbeitnehmer ihre Legitimität ex post betrachtet nicht daraus, dass sich die Verhältnisse tatsächlich so entwickeln wie angegeben. Dies ist folgerichtig, weil nur die Darstellung von Planungen geschuldet ist und eine Selbstbindung des informierenden Arbeitgebers nicht erfolgt. Eine nachträgliche Störung der Motivgrundlage für den Widerspruch infolge geänderter arbeitnehmerbezogener Planungen des Betriebsveräußerers entzieht sich somit gänzlich dem Verantwortungsbereich des neuen Betriebsinhabers. Eine Gelegenheit zur Revidierung seiner Widerspruchsentscheidung bei erwartungswidriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den übertragenden Arbeitgeber ist dem Arbeitnehmer schließlich auch unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten nicht einzuräumen. Der EuGH erkennt in ständiger Rechtsprechung an, dass es ausschließlich dem nationalen Gesetzgeber obliegt zu regeln, welche Folgen sich bei Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Arbeitnehmer hinsichtlich dessen Arbeitsverhältnis

868 S. nur BAG v. 27.2.1997, v. 28.6.2000, AP Nr. I (unter II 4 a, b), Nr. 6 (unter B 2) zu § I KSchG 1969 Wiedereinstellung; SPV-Preis, Kündigung, Rn. I 026 ff.; I 030 ff.; Boewer, NZA 1999, 1121, 1123 ff.; Nägele, BB 1998, 1686, 1687 f.jeweils m.w.N. 869 Vgl. nur BAG v. 19.5.1988, AP Nr. 75 zu § 613a BGB (unter V 2 b ee); v. 10.10.1996, NZA 1997, 251, 252; v. 27.2.1997, v. 12.11.1998, AP Nr. I (unter II 2 a), Nr. 5 (unter B li 2) zu § I KSchG 1969 Wiedereinstellung; APS-Kie/, § I KSchG Rn. 507; KR-Etzel, § 1 KSchG Rn. 550; weitere Nw. bei Steineke, Wiedereinstellungsanspruch, S. 23.

275

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

mit dem Veräußerer ergeben870 . Vor diesem Hintergrund bestehen keine Bedenken gegen mitgliedsstaatliches Recht, das eine Rückabwicklung eines wirksam gewordenen Widerspruchs auch im Falle wider Erwarten nicht bestehender Beschäftigungsmöglichkeiten bei dem bisherigen Betriebsinhaber nicht ermöglicht.

D.

Zusammenfassung zu § 8

Die Ergebnisse dieses Kapitels lassen sich zusammengefasst wie folgt systematisieren:

870 EuOH v. 16.12.1992- Rs C 132/91 (Katsikas u.a.), AP Nr. 97 zu§ 613a BOB (LS I und unter 35 ff.); v. 7.3.1996- Rs C-171/94 (Merckx und Neuhuys), AP Nr. 9 zu EWO RL 77/187 (LS und unter 35); v. 24.1.2002- Rs C-51100 (Temco), NJW 2002, 811, 813.

276

Änderung des Sach- und Planungsstands nach Zugang der Unterrichtung

Auswirkungen auf das Widerspruchsrecht, insbes. auf bereits erklärte Widersprüche

- erste Unterrichtung wird gegenstandslos

~

- erste Unterr. führt nicht zu Fristauslösung für ein Widerspruchsrecht - erklärte Widersprüche gegen Übergang auf den "falschen" Erwerber sind gegenstandslos - Widerspruchsrecht besteht gegenüber tatsächlichem Erwerher

~

- Anspruch aus § 613a Abs. 5 BGB entsteht neu mit tatsächIiehern Betriebsiibemehmer als Unterrichtungs(gesamt)schuldner

~

-erneute Unterrichtung führt zu Fristauslösung gemäß § 613aAbs. 6 S. l BGB

~

- Unterrichtung gern. § 613a Abs. 5 BGB bleibt richtig (- ggf. unabhängig von § 613a Abs. 5 BGB Information über Wechsel des Direktionsbefugten)

~

- Fristauslösung gern. § 613a Abs. 6 S. l BGB greift ein -erklärte Widersprüche bleiben beachtlich und entfalten Wirkung zum tatsächlichen Übertragungszeitpunkt

~

-ausnahmsweise Verwirkung des Rechts, sich auf bereits erfolgte Unterrichtung zu berufen, wenn schutzwürdiges Vertrauen der AN, dass Arbeitgeberwechsel nicht mehr erfolgt

~

- Widerspruchsfrist muss durch erneute Unterrichtung gern.§ 613a Abs. 5, 6 S.l BGB neu ausgelöst werden; bereits erklärte Widersprüche bleiben grds. wirksam

~

- Unterrichtung gern. § 613a Abs. 5 BGB bleibt richtig

~

- Rechtsfolge des § 613a Abs. 6 S. I BGB greift ein

~

- nach einzelfallbezogener Abwägung Hinweispflicht der Arbeitgeberparteien wegen §§ 241 Abs. 2, 242 (311 Abs. 2 Nr. 2, 3) BGB bis zum Ablauf der Widerspruchfrist, wenn interessenwahrende Widerspruchsentscheidung aufgrund der überholten Unterrichtungersichtlich nicht mehr möglich ist

~

- zusätzliche Hinweispflicht führt nicht zu Verlängerung der Widerspruchsfrist - erklärte Widersprüche bleibenbeachtlich (=keine Korrektur ähnlich einem Wiedereinstellungsanspruch gegen den Erwerber)

~

Übergang auf einen anderen als den angegebenen Rechtsträger

~

Abweichung vom angegebenen (geplanten) Betriebsübergangsstichtag

Iinderungen im Bereich einzelner "Folgen" bzw. .. Maßnahmen" (§ 613aAbs. 5 Nr. 3. 4 BGB)

*

Auswirkungen auf die Unterrichtung gern.§ 613a Abs. 5 BGB

~

Änderung unterrichtungsrelevanter Umstände nach Zugang der Unterrichtung*

Die Unterrichtung gibt den Sach- und Planungsstand im Zugangszeitpunkt zutreffend wieder.

277

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

§ 9 Ausschluss des Unterrichtungsrechts infolge Unmöglichkeit, Verzicht, Verwirkung etc. und die Auswirkungen auf das Widerspruchsrecht Wie ein jeglicher Anspruch kann auch das Unterrichtungsrecht der Arbeitnehmer aus § 613a Abs. 5 BGB untergehen bzw. ausgeschlossen sein. Soweit einzelne in diesen Zusammenhang gehörende Fragen nicht bereits behandelt worden sind (z.B. Erftillung des Infonnationsanspruchs), soll auf weitere Einzelheiten unter besonderer Berücksichtigung der Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht eingegangen werden.

A.

Untergang des Unterrichtungsanspruchs bei Ausschluss der Leistungspflicht (§ 275 BGB)

I.

Allgemeines

Gemäß § 275 Abs. 1 BGB ist der Unterrichtungsanspruch der Arbeitnehmer dann und insoweit ausgeschlossen wie die Erteilung der Informationen unmöglich ist. Anzumerken ist, dass eine (teilweise) subjektive Unmöglichkeit der Unterrichtung nicht schon deswegen gegeben ist, weil der die Information durchruhrenden Arbeitgeberpartei zur Vollständigkeit der Mitteilungen erforderliche Angaben aus der Sphäre des anderen beteiligten Arbeitgebers nicht vorliegen (z.B. arbeitnehmerbezogene Planungen des Erwerbers nach dem Übergang, wenn der Veräußerer informiert). In diesem Fall muss der unterrichtende Rechtsträger seinen Auskunftsanspruch im Innenverhältnis 871 verfolgen und gegebenenfalls auf dem Klagewege durchsetzen. Eine teilweise Befreiung von der Informationspflicht irrfolge Unvermögens kommt daher erst dann in Betracht, wenn endgültig feststeht, dass die flir eine vollständige Unterrichtung notwendigen Informationen von dem anderen Rechtsträger auch unter Vollstreckungsdruck nicht erlangt werden können. Da insoweit Einzelwirkung besteht (§ 425 Abs. 1, 2 4. Fall BGB), hindert dies die informationsberechtigten Arbeitnehmer nicht, ihren Unterrichtungsanspruch gegen den bisherigen oder neuen Arbeitgeber weiter zu verfolgen, der dem anderen informationspflichtigen Gesamtschuldner im Innenverhältnis die ftir eine vollständige Unterrichtung notwendigen Auskünfte verweigert. Keine Unmöglichkeit tritt irrfolge des Umstands ein, dass die informationspflichtigen Rechtsträger den Stichtag des Betriebsinhaberwechsels verstreichen lassen, zum Beispiel weil sie irrtümlich nicht von dem Vorliegen eines 871 Dazu§ 6 D. II. 2.

278

Ausschluss des Unterrichtungsrechts

Betriebsübergangs ausgehen. Die Pflicht aus § 613a Abs. 5 BGB erlischt daher nicht im Zeitpunkt des Übergangs, sondern besteht darüber hinaus fort 872 •

II.

Zweckerreichung bei anderweitiger Kenntniserlangung des Arbeitnehmers vom Unterrichtungsinhalt?

Unter Leistung im Sinne von § 275 BGB ist nicht die Leistungshandlung, sondern der Leistungserfolg zu verstehen 873 . Für die Unterrichtung ist somit im Falle der bereits anderweitig eingetretenen Befriedigung des Informationsinteresses der Arbeitnehmer ohne Zutun der Arbeitgeberparteien nach allgemeinen Grundsätzen an sich ein Unmöglichkeitseintritt unter dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung 874 denkbar. Im Nachweisrecht wird fiir ähnliche Konstellationen, in denen der Arbeitnehmer über seine Rechte bereits Bescheid weiß, allerdings angenommen, dass der Arbeitgeber nicht von seiner Nachweispflicht befreit wird 875 • Dies ist jedoch mit dem Beweiszweck des Nachweisgesetzes 876 zu begründen und auf die Interessenlage bei § 613aAbs. 5 BGB nicht ohne weiteres übertragbar. Aus dem spezifischen Zweckbezug des § 613a Abs. 5 BGB folgt aber, dass bei der Annahme eines Ausschlusses des Unterrichtungsanspruchs irrfolge Zweckerreichung Zurückhaltung geboten ist. Der von § 613a Abs. 5 BGB geforderte Leistungserfolg ist nur dann bereits anderweitig eingetreten, wenn und insofern der Arbeitnehmer unabhängig von dem "offiziellen" Irrformationsschreiben der Arbeitgeber über eine aus seiner Sicht gleichermaßen seriöse, umfassende, vollständige und verlässliche Entscheidungsgrundlage fiir die Ausübung des Widerspruchsrechts verfügt. Dies ist allenfalls möglich, wenn die Informationen unmittelbar von den an dem Inhaberwechsel beteiligten Rechtsträgem stammen und dem Arbeitnehmer nicht nur flüchtig zur Verfugung gestanden haben. Die Arbeitnehmer müssen sich also entgegen der bisherigen Rechtslage 877 weder auf Informationen von Seiten Dritter, z.B. aus der Presse, noch auf beiläufige oder nicht in Textform zu-

872 S. bereits§ 4 B. I. 3. m.w.N. 873 Palandt-Heinrichs, BGB, § 275 Rn. 18. 874 Erman-Westermann, BGB, § 275 Rn. 5; MünchKomm-Emmerich, BGB, Vor § 275 Rn. 37 f. 875 Schwarze, ZfA 1997,43, 59. 876 Näher Schwarze, ZfA 1997,43, 59, 60 m.w.N. 877 S. Moll, Anm. zu BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 03 zu § 613a BGB m.w.N. (BI. 1725 f.).

279

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

gehende Verlautbarungen der Arbeitgeberparteien verlassen878 • Fälle der anderweitigen Zweckerreichung dürften damit praktisch kaum bedeutsam werden, zumal die beteiligten Arbeitgeber als Unterrichtungsschuldner die Beweislast :fiir den Eintritt der Unmöglichkeit tragen 879 und zudem aus Rechtssicherheitsgründen stets ein Interesse daran bestehen dürfte, auch solchen Arbeitnehmern, in deren Person Kenntnisse von Informationsinhalten unabhängig von der Unterrichtung vorausgesetzt werden können (z.B. Mitarbeiter der Personal- oder Rechtsabteilung), ein Unterrichtungsschreiben "beweiskräftig" zugehen zu lassen.

111.

Beginn der Widerspruchsfrist bei Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 BGB

§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB knüpft das Ingangsetzen der Widerspruchsfrist an den Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5. Zu überlegen ist daher, was gelten soll, wenn ein Unterrichtungsrecht wegen § 275 BGB nicht besteht. Eine Antwort muss mit Blick auf den Gesetzeszweck von § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB gefunden werden. Zu einem Ingangsetzen der einmonatigen Widerspruchsfrist kann es hiernach nur dann kommen, wenn der Unterrichtungsanspruch unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Voraussetzungen wegen Zweckerreichung insgesamt erloschen ist, weil sodann die von § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB geforderte Entscheidungsgrundlage :fiir die Widerspruchsrechtsausübung besteht. Dies wird freilich kaum je der Fall sein. Hingegen rechtfertigt eine bloß teilweise Zweckerreichung die Annahme der Auslösung der Frist nicht. Es ist daher richtig, wenn angenommen wird, dass eine anderweitige Kenntniserlangung des Arbeitnehmers von dem Betriebsinhaberwechsel oder einzelner Unterrichtungsbestandteile :fiir den Fristbeginn nach § 613a Abs. 6 BGB keine Rolle spielt880 • In derartigen Fällen kommt es vielmehr darauf an, dass bestehende und verlässliche Kenntnisse des Arbeitnehmers von einzelnen nach § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB darstellungspflichtigen Umständen durch eine weitere Unterrichtung in dem von der Norm geforderten Umfang ergänzt bzw. vertieft werden. 878 Unklar Franzen, RdA 2002, 258, 266: Unmöglichkeit wegen Zweckerreichung, wenn die Arbeitnehmer die von§ 613a Abs. 5 BOB geforderten Informationen "anderweitig" erlangt haben. 879 Vgl. Palandt-Heinrichs, BOB,§ 275 Rn. 34. 880 Commandeur!Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübemahme, Rn. 597; KüttnerKreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 36; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 66; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 23; dies., GmbHR 7/2002, S. R 137, 138; B.Gaul, FA 2002, 299, 301; Warmbein, DZWIR 2003, II, 13. Bestehende Kenntnisse können sich allerdings unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung des Widerspruchsrechts als bedeutsam erweisen; dazu§ 10 A. li. 2. b).

280

Ausschluss des Unterrichtungsrechts

Ist der informierende Arbeitgeber ausnahmsweise zu einer kompletten Unterrichtung nicht in der Lage, weil der Betriebsübertragungspartner die für vollständige Mitteilungen notwendigen Auskünfte endgültig verweigert, so wird die Widerspruchsfrist gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB auch dann nicht ausgelöst, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer so weit es ihm subjektiv möglich ist unterrichtet. Dies rechtfertigt sich daraus, dass den Informationsadressaten in diesem Fall noch keine ausreichende Entscheidungsbasis über den Arbeitgeberwechsel zur Verfügung steht und die Widerspruchsfrist im Übrigen gegenüber dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber als Erklärungsadressaten nur einheitlich ausgelöst werden kann. Die Ausschlussfrist greift daher erst dann ein, wenn die objektiv noch ausstehenden Angaben in dem von§ 613aAbs. 5 BGB vorgesehenen Umfang nachgeholt werden.

B.

Ausschluss des Unterrichtungsrechts infolge Verzichts bzw. durch Bestätigung der Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung

Nach erfolgtem Zugang der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB steht es dem Adressaten frei, die Mitteilungen zur Kenntnis zu nehmen oder nicht. Hiervon ist zu unterscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer schon im Vorfeld auf die Unterrichtung verzichten kann. I.

Unterrichtungsrechtsverzicht des Arbeitnehmers

1.

Prinzipielle Anerkennung der Verzichtsmöglichkeit

Der einseitig arbeitnehmerschützende Charakter von § 613a BGB lässt die grundsätzliche Möglichkeit der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer unberührt, über den von der Norm gewährten Schutz ganz oder zum Teil zu disponieren 881 • Sofern prinzipiell ein umfassender Rechteverzicht möglich ist, können hinsichtlich der Zulässigkeit von arbeitnehmerseitigen Verfügungen über einzelne aus § 613a BGB resultierende Ansprüche des betreffenden Beschäftigten keine generellen Bedenken bestehen. Konsequenterweise ist auch die grundsätzliche Zulässigkeit eines Unterrichtungsrechtsverzichts anzuerkennen 882 • Diese folgt zudem daraus, dass es dem Arbeitnehmer frei steht, gänzlich unabhängig von einer Information nach § 613a Abs. 5 BGB mit dem bisherigen Arbeitgeber bzw. dem neuen 881 Vgl. nur ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 83; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 64 f.; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 92; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 32. 882 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 29; Franzen, RdA 2002, 258, 268.

281

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Betriebsinhaber eine einvernehmliche Vereinbarung über die Überleitung des Vertragsverhältnisses auf den Betriebsnachfolger zu treffen 883 • Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die einseitige Dispositionsmöglichkeit des Arbeitnehmers über seine Rechte beim Betriebsübergang zum Schutze des Betroffenen nicht voraussetzungslos gewährleistet ist 88 \ so dass die Bedingungen flir einen Informationsverzicht näher beleuchtet werden müssen.

2.

Voraussetzungen für einen wirksamen Verzicht

a)

Eindeutige Erklärung des Verzichtswillens

Bei dem Unterrichtungsverzicht handelt es sich rechtstechnisch um einen Erlass (§ 397 Abs. 1 BGB), der durch Vertrag zwischen dem Arbeitnehmer als Gläubiger der Unterrichtung einerseits und zumindest einem der informationspflichtigen Rechtsträger als Schuldner der Unterrichtung andererseits zustande kommt 885 • Notwendig ist eine eindeutige Erklärung des Arbeitnehmers, die auf den rechtsgeschäftliehen Willen schließen lässt, er wolle auf sein Informationsrecht verzichten. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen886 • Zusätzlich wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG zum Verzicht auf Rechte aus § 613a BGB davon auszugehen sein, dass von einer wirksamen Erklärung nur ge883 ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 98. S. zum Verzicht auf das Widerspruchsrecht durch Abschluss einer Überleitungsvereinbarung § 12 A. 1., II. 3. 884 Die Einzelheiten sind umstritten. Dies bezieht sich vor allem auf die Frage, ob Dispositionen über einzelne Arbeitsvertragsbedingungen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang zu ihrer Wirksamkeit eines sachlichen Grundes bedürfen; zum Streitstand Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 65; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 210 f.; Kraji, FS 25 Jahre BAG, S. 299, 311 ff. jeweils m.w.N. Da es bei einem Unterrichtungsrechtverzicht nicht um eine Einschränkung des Schutzes aus § 613a Abs. I BGB und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu angemessenen Bedingungen geht (vgl. die Begründung der Rechtsprechung ftir die Beschränkung der Vertragsfreiheit bei Arbeitsvertragsänderungen anlässlich eines Betriebsübergangs, BAG v. 18.8.1976, AP Nr. 4 zu § 613a BGB (unter 2 c), kann der betreffende Streit hier außer Betracht bleiben. 885 Eine ausdrückliche Annahmeerklärung wird im Regelfall entbehrlich sein, § 151 Abs. I BGB. Neben einem Erlass ist auch ein einseitiger Verzicht des Arbeitnehmers denkbar. Dieser hat zur Folge, dass einer Geltendmachung des Informationsanspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB das Verbot des venire contra factum proprium (§ 242 BGB) entgegensteht, wenn sich die informationspflichtigen Arbeitgeber auf die Arbeitnehmererklärung verlassen durften. Für die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen eines einseitigen Unterrichtungsverzichts gelten die nachfolgenden Ausführungen sinngemäß, da es keinen Unterschied macht, ob der Anspruch aus § 613a Abs. 5 BGB erloschen oder seine Geltendmachung wegen § 242 BGB auf Dauer ausgeschlossen ist. 886 Vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 397 Rn. 4 m.w.N.

282

Ausschluss des Unterrichtungsrechts

sprochen werden kann, wenn gewährleistet ist, dass dieser eine unbeeinflusste Willensentschließung des Arbeitnehmers zugrunde liegt887 . b)

Verzicht im Hinblick auf einen konkreten Übertragungsvorgang

Es stellt sich die Frage, ob ein Unterrichtungsverzicht bereits als arbeitsvertraglicher Vorausverzicht ("blinder Verzicht") wirksam vereinbart werden kann oder ob das Recht aus § 613a Abs. 5 BOB nur im Hinblick auf einen konkreten Betriebsübertragungsvorgang der Disposition des Berechtigten unterliegt. Zur Beantwortung kann auf ein weitgehend gesichertes Fundament allgemeiner Erwägungen zum Verzicht aufRechte aus§ 613a BOB zurückgegriffen werden. Eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Beschränkung oder Abbedingung der Arbeitnehmerrechte aus § 613a BOB ist nach ganz überwiegender Auffassung jedenfalls nur dann zuzulassen, wenn diese mit Blick auf einen Sachverhalt erfolgt, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wenigstens in Grundzügen konkret absehbar ist888 • Demgegenüber besteht bei einer nicht anlassbezogenen generellen Abbedingung von Rechten aus § 613a BOB die Gefahr, dass sich der Arbeitnehmer die Tragweite seines Rechteverzichts nicht hinreichend vor Augen führt 889 . Diese Annahmen gelten auch für eine Vorabverfügung über den Unterrichtungsanspruch. Die Bedeutung der Information für die Widerspruchsentscheidung ist nämlich erst dann ersichtlich, wenn sich die Frage des Arbeitgeberwechsels in Bezug auf einen konkreten Betriebsnachfolger tatsächlich stellt. Wäre es als zulässig anzusehen, dass der Arbeitnehmer sich seines Rechts aus § 613a Abs. 5 BOB pauschal begibt, so wäre er später im Falle eines bevorstehenden Betriebsinhaberwechsels gezwungen, eine Widerspruchsentscheidung "ins Blaue hinein" zu treffen. Diese Folge ist in Anbetracht des Regelungskonzepts von§ 613a Abs. 5, 6 S. 1 BOB nicht akzeptabel. 887 S. Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 32 unter Hinweis auf den Kontext der Entscheidungen BAG v. 28.4.1987, AP Nr. 5 zu § I BetrAVG Betriebsveräußerung und v. 11.7.1995, AP Nr. 56 zu § I TVG Tarifverträge: Einzelhandel; vgl. auch EuGH v. 16.12.1992- Rs C-132/91 (Katsikas u.a.), AP Nr. 97 zu§ 613a BGB (LS 3 und unter 35). 888 Vgl. in Bezug auf§ 613a Abs. I BGB etwa ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 83; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 64; MünchKomm-Schaub, BGB. § 613a Rn. 62; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 3; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 33 mit Nw. zur Gegenansicht; Kreitner, Kündigungsrechtliche Probleme, S. 193; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 98; Meyer, NZA 2002, 246, 247; Moll, NJW 1993, 2016, 2022. In Bezug auf das Widerspruchsrecht s. unten§ 12 A. II. I. 889 Statt vieler s. WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 206 unter Hinweis auf die ähnliche Problematik bei einem Pauschalverzicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz.

283

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Es gilt somit festzuhalten, dass ein Unterrichtungsverzicht nur in Bezug auf einen konkreten Betriebsübernahmevorgang wirksam ist890 . Ein "blinder" Verzicht ist entsprechend § 134 BOB nichtig. Hinsichtlich der zeitlichen Grenze, ab wann der Verzicht nicht mehr als abstrakt-generelle Abbedingung von § 613a Abs. 5 BOB anzusehen ist, sondern wirksam erfolgen kann, ist auf den Entstehungszeitpunkt des Anspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB 891 abzustellen. c)

Formfreiheit der Verzichtserklärung

Der Unterrichtungsverzicht bedarf nicht der Textform, wie sie fiir die Information gemäߧ§ 613aAbs. 5, 126b BOB vorgeschrieben ist. Dies folgt aus dem begrenzten Formzweck in§ 613aAbs. 5 BOB, dessen Anliegen eine effektive Infonnation und Dokumentation, nicht eine Warnung des Arbeitnehmers ist892 • Für einen Übereilungsschutz durch einen Formzwang beim Unterrichtungsrechtsverzicht aus einer Wertung von §§ 613a Abs. 5, 126b BOB ist daher kein Raum. Der Arbeitnehmer kann mithin auch mündlich bzw. durch schlüssiges Verhalten über seinen Informationsanspruch disponieren. Beweisbelastet fiir das Vorliegen eines Rechteverzichts aus § 613a Abs. 5 BOB sind die Unterrichtungsschuldner, die sich hierauf berufen. d)

Formularvertraglicher Unterrichtungsrechtsverzicht

Es sind Fallgestaltungen denkbar, in denen der Betriebsveräußerer oder erwerber die von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer nicht den Anforderungen von § 613a Abs. 5 BOB entsprechend über den Betriebsinhaberwechsel in Kenntnis setzt (z.B. mündlich auf einer Betriebsversammlung) und die Informationsadressaten sodann um einen Verzicht auf weitere Mitteilungen auf einem vorbereiteten Formular ersucht. Nachdem im Kontext der Reform des Schuldrechts 893 in § 310 Abs. 4 BOB der Anwendungsbereich der Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen auch auf formularmäßige Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgedehnt wurde, müssen derartige Verzichtsklauseln einer Inhaltskontrolle am Maßstab der§§ 305 ff. BOB standhalten. Gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BOB sind klauselmäßige Bestimmungen unwirksam, wenn der Verwendungsgegner hierdurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird. Eine solche Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen 890 Wie hier Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 46; Widmann!Meyer-Vollrath, UmwG, § 324 Rn. 5.15; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 29. 891 Dazu§ 4 B.l. 892 S. oben § 6 A. I. 893 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts v. 29.11.200 I, BGBI. I, 3138.

284

Ausschluss des Unterrichtungsrechts

Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, § 307 Abs. 2 Nr. I BGB. Angesichts der systematischen Verknüpfung von Unterrichtung und Widerspruchsrecht und ausweislich des gesetzgeberischen Willens 894 ist es als wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung in § 613a Abs. 5, 6 BGB anzusehen, dass der Arbeitnehmer bei der Entscheidung über den Arbeitgeberwechsel über eine effektive Informationsbasis verfügt, die ihm eine sachgerechte, die eigenen Belange wahrende Ausübung des Widerspruchsrechts ermöglicht. Die mittels eines Unterrichtungsverzichts abbedungene Regelung des § 613a Abs. 5 BGB dient insoweit, wie fi.ir die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung allgemein erforderlich89 S, einem wesentlichen Schutzbedürfnis des Verwendungsgegners (Arbeitnehmer). Dieses wird durch eine formularmäßige Verzichtsklausel auf den Anspruch aus § 613a Abs. 5 BGB einseitig zugunsten des bisherigen bzw. neuen Arbeitgebers als Klauselverwender in Abrede gestellt. Entsprechenden Gestaltungen ist folglich mit Blick auf § 307 Abs. I S. I, 2 Nr. I BGB die rechtliche Anerkennung zu versagen 896 . II.

Rechtswirkungen des Unterrichtungsrechtsverzichts

1.

Gesamtwirkung gegenüber Veräußerer und Erwerber?

Hat der Arbeitnehmer nur gegenüber einem der informationspflichtigen Rechtsträger seinen Verzicht auf den Unterrichtungsanspruch erklärt, so ist gemäß § 423 BGB durch Auslegung(§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob der Verzicht bloß Einzelwirkung oder vielmehr Gesamtwirkung auch zugunsten des an der Verzichtsvereinbarung nicht beteiligten Informationsschuldners entfalten soll. Im Regelfall wird Gesamtwirkung anzunehmen sein, sofern in der jeweiligen Verzichtserklärung eine Disposition über das Unterrichtungsinteresse insgesamt zu erblicken ist. Denn der Erklärende bringt aus Empfängersicht zum Ausdruck, dass kein durch Zugang von Mitteilungen nach § 613a Abs. 5 BGB zu befriedigendes Informationsbedürfnis besteht. Die Beweislast für die Entlastung liegt bei demjenigen Arbeitgeber als Unterrichtungs-Gesamtschuldner, der diese ihm günstige Folge behauptet897 . 2.

Folgewirkungen für das Widerspruchsrecht

Ungeachtet der systematischen Zusammenhänge von § 6 13a Abs. 5 und 6 BGB handelt es sich bei dem Informationsanspruch und dem Widerspruchsrecht um zwei in ihrem Bestand voneinander unabhängige Rechte der be894 S. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19 f. 895 Vgl. Bamberger/Roth-HSchmidt, BGB, § 307 Rn. 37; Palandt-Heinrichs, BGB, § 307 Rn. 27; UBH-Brandner, AGBG, § 9 Rn. 133. 896 In diesem Sinne auch B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 23. 897 Vgl. Soergei-Wolf, BGB, § 423 Rn. 2; Staudinger-Noack, BGB, § 423 Rn. 37.

285

§ 6!3a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

troffeneu Arbeitnehmer. Ein Verzicht auf die Unterrichtung und eine etwaige Disposition über das Widerspruchsrecht898 sind folglich voneinander unabhängig. Sofern sich der Erklärung des Arbeitnehmers im Wege der Auslegung nicht entnehmen lässt, dass er auf seine Rechte aus § 613a Abs. 5, 6 BOB insgesamt verzichtet, kann aus dem Vorliegen eines Informationsverzichts demnach nicht darauf geschlossen werden, dass der Betreffende auch von seinem Widerspruchsrecht nicht mehr Gebrauch machen möchte und umgekehrt 899 . a)

Problemstellung und Lösungsalternativen

Als problematisch erweist sich in Fällen eines Verzichts auf die Unterrichtung jedoch die vom Gesetzgeber in § 613a Abs. 6 S. I BOB geschaffene Koppelung von Zugang der Mitteilungen nach Absatz 5 und Fristbeginn flir den Widerspruch. Das gesetzliche System funktioniert nämlich nicht, wenn es infolge Rechteverzichts des Arbeitnehmers gegenüber beiden Arbeitgeberparteien900 nicht erst zu einem Zugang der Unterrichtung kommen muss. Es kommen zwei Lösungsmöglichkeiten in Betracht: Zum einen ist es unter strenger Orientierung an dem Wortlaut von§ 613aAbs. 6 S. 1 BOB denkbar, davon auszugehen, dass in derartigen Fällen eine Frist flir die Widerspruchserklärung nicht ausgelöst werden kann. Zeitliche Grenzen flir den Widerspruch ergäben sich dann nur im Einzelfall aus dem Rechtsinstitut der Verwirkung. Zum anderen ist zu erwägen, dass der Unterrichtungsrechtsverzicht gleichsam an die Stelle des Zugangs der Unterrichtung tritt. Eine derartige Betrachtung hätte zur Folge, dass mit dem Zugang der Verzichtserklärung die Ausschlussfrist flir das Widerspruchsrecht zu laufen beginnt. b)

Stellungnahme

Auszugehen ist davon, dass der Berechtigte einen Unterrichtungsrechtsverzicht nur dann erklären wird, wenn er sich aufgrund ihm vorliegender Infonnationen unabhängig von den Arbeitgebermitteilungen bereits in der Lage sieht, eine die eigenen Belange wahrende Widerspruchsentscheidung zu treffen. Orientiert man sich an dem Regelungsziel von § 613a Abs. 5, 6 S. 1

898 Dazu§ 12 A. 899 A.A. Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 464. 900 Hiervon zu unterscheiden ist es, wenn der Arbeitnehmer entgegen dem Regelfall (Oesamtwirkung, s.o.) nur einen der beteiligten Rechtsträger aus seiner Unterrichtungspflicht entlässt. In einer derartigen Konstellation besteht der Unterrichtungsanspruch entweder gegenüber dem bisherigen oder dem neuen Betriebsinhaber fort. Eine Unterrichtung nach§ 6!3a Abs. 5 BOB ist nicht entbehrlich. § 613a Abs. 6 S. l BOB kann ohne weiteres eingreifen, wenn der verbleibende Informationsschuldner den Unterrichtungsanspruch erfüllt.

286

Ausschluss des Unterrichtungsrechts

BGB, so spricht vor diesem Hintergrund einiges dafür, ein Ingangsetzen der Widerspruchsfrist mit Wirksamwerden des Unterrichtungsrechtsverzichts anzunehmen. Es ist nämlich in Anbetracht der Wertung des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB kein Grund dafür ersichtlich, einem Arbeitnehmer, der unabhängig von dem Zugang eines Informationsschreibens erklärt, bereits über eine entsprechende Entscheidungsbasis für die Widerspruchsrechtsausübung zu verfügen, eine längere Überlegungsfrist zuzubilligen als Arbeitnehmern, die auf ihr Informationsrecht nicht verzichtet haben. Eine andere Betrachtung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer nur deshalb auf den Zugang der Mitteilungen nach § 613a Abs. 5 BGB verzichtet, weil er sich subjektiv bereits hinreichend informiert wähnt, während er objektiv nicht über alle von§ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB geforderten Kenntnisse verfügt. Die Arbeitgeberparteien werden von dem Gesetz in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nämlich schon in der Erwartung geschützt, dass der Arbeitnehmer eine informierte Entscheidung über den Vertragspartnerwechsel zu treffen in der Lage ist. Dies ergibt sich aus dem an objektiven Kriterien ausgerichteten Zugangsbegriff in § 6 I 3a Abs. 6 S. 1 BGB, wonach für den Lauf der Widerspruchsfrist nur maßgeblich ist, ob der Arbeitnehmer von den ihm angebotenen Informationen Kenntnis nehmen kann 901 • Ist im Hinblick auf Arbeitnehmer, die keinen Verzicht auf ihr Unterrichtungsrecht erklärt haben, nicht entscheidend, ob die Mitteilungen überhaupt gelesen oder bei der Widerspruchsentscheidung berücksichtigt werden, so kann im Falle eines Verzichts auf den Informationsanspruch für ein Ingangsetzen der Ausschlussfrist für das Widerspruchsrecht nicht verlangt werden, dass der betreffende Arbeitnehmer auch tatsächlich subjektiv hinreichend über die Folgen des Betriebsübergangs informiert ist. Es besteht bei einem Rechtsverzicht aus § 613a Abs. 5 BGB folglich kein Grund, den Lauf der Widerspruchsfrist zu verzögern, zumal die Arbeitnehmer vor einer unüberlegten Disposition über ihren Unterrichtungsanspruch nach den Ergebnissen des voranstehenden Abschnitts infolge der strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen und der Unzulässigkeit eines Formularverzichts geschützt sind. Ob sich der erklärende Arbeitnehmer der fristauslösenden Wirkung des Informationsverzichts bewusst ist, ist unerheblich, weil es sich insoweit um einen unbeachtlichen Irrtum über kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolgen handelt, deren Herbeiführung nicht Bestandteil des rechtsgeschäftliehen Willens des Erklärenden ise 02 • 901 S. oben§ 6 C. I. 902 Vgl. BAG v. 16.2.1983, NJW 1983, 2958; v. 30.10.1987, v. 6.2.1992, AP Nr. 8 (unter I 2), Nr. 13 (unter I1 I) zu § 119 BGB; Flume, BGB AT Il, S. 465; Medicus, BGB AT, Rn. 751. Für eine Fehlvorstellung über den Widerspruchsfristbeginn durch Erklärung

287

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Schlussendlich ist die Annahme einer Auslösung der Widerspruchsfrist durch einen Verzicht auf die Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB auch aufgrund einer Folgebetrachtung gerechtfertigt. Ließe man eine Fristauslösung nicht zu, so hätte es der Arbeitnehmer in der Hand, über einen Verzicht auf die Mitteilung nach § 613a Abs. 5 BGB auch mittelbar über die Ausschlussfrist für den Widerspruch zu disponieren. Es kann aber nicht zu Lasten der Betriebsübertragungsparteien gehen, wenn der Arbeitnehmer einen Rechtsverzicht aus § 613a Abs. 5 BGB erklärt, weil auch in diesem Fall ein anzuerkennendes Interesse an baldmöglichster Klarheit in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse besteht. Es bleibt festzuhalten, dass mit Wirksamwerden eines umfassenden Unterrichtungsrechtsverzichts mit Gesamtwirkung gegenüber beiden Informationsschuldnern die einmonatige Ausschlussfrist für einen Widerspruch ausgelöst wird. Da der Gesetzgeber den Fristbeginn bei Informationsverzicht ungeregelt gelassen hat, nach den vorstehenden Erwägungen aber ein Parallellauf zur Rechtslage bei Zugang eines Unterrichtungsschreibens gemäß § 613a Abs. 5 BGB sachgerecht ist, folgt dieses Ergebnis methodisch aus einer Rechtsanalogie zu§ 613aAbs. 6 S. I BGB. 111.

Bestätigung der Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Unterrichtung durch den Adressaten

In die hier behandelten Zusammenhänge ist auch eine Arbeitnehmererklärung einzuordnen, mit der die Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB bestätigt wird (z.B. durch Unterschrift unter das Informationsschreiben) 903 • Hinsichtlich der Rechtswirkungen ist zu unterscheiden. Deklaratorische Wirkung entfaltet die Erklärung, wenn die Unterrichtung tatsächlich den Anforderungen von § 613a Abs. 5 BGB entsprach. War dies nicht der Fall, so besteht der Unterrichtungsanspruch aus § 613a Abs. 5 BGB an sich fort. Mit der Bestätigung der Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Unterrichtung kann allerdings ein Verzicht des Erklärenden auf weitere Mitteilungen mit der Folge der Fristauslösung für den Widerspruch verbunden sein 904 • Ob dies gewollt ist, ist eine Auslegungs frage.

eines Informationsverzichts gilt mithin dasselbe, was gälte, wenn der Arbeitnehmer auf seinem Unterrichtungsanspruch besteht, ihm aber die fristauslösende Wirkung des Zugangs der Mitteilungen nicht bewusst ist. Auch in diesem Fall liegt ein unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum vor. 903 Hiervon ist ein reines Empfangsbekenntnis zu unterscheiden; dazu § 6 C. II. 904 S. vorstehend Il. 2. b).

288

Ausschluss des Unterrichtungsrechts

Zu beachten ist, dass eine formularmäßige Bestätigungsklausel unabhängig davon, ob die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BOB tatsächlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechend erfolgt ist, wegen Verstoßes gegen das spezielle Klauselverbot in § 309 Nr. 12 BGB unwirksam ist. Hiernach ist eine Bestimmung unzulässig, wenn der Verwender die Beweislast auch nur rein faktisch 905 zum Nachteil des Verwendungsgegners ändert, insbesondere indem er den anderen bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Da die Arbeitgeberparteien als Informationsschuldner die Beweislast für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Unterrichtung tragen, ist§ 309 Nr. 12 BOB unmittelbar einschlägig. Einem Klauselverstoß kann auch nicht, wie von B. Gaul vorgeschlagen 906 , dadurch begegnet werden, dass der Arbeitnehmer mit Blick auf§ 305 Abs. I S. 3 BOB (fehlende Kontrollfähigkeit von Individualabreden) zu einer eigenständigen Erklärung mittels Ankreuzen einer Alternative auf einem Antwortformular veranlasst wird. Den Vorschriften des AOB-Rechts unterfallende Klauseln liegen nämlich auch dann vor, wenn der Verwendungsgegner zwischen mehreren vorformulierten Regelungen wählen kann 907 . Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer die freie Stelle nach seinem Belieben ausflillen kann, ohne dass vom Verwender vorformulierte Entscheidungsvorschläge hinzugefügt worden sind908 •

C.

Ausschluss des Unterrichtungsrechts durch Kollektivvereinbarung oder wegen Treueverstoßes

I.

Kollektivvertraglicher Ausschluss

Bei dem Unterrichtungsrecht aus § 613a Abs. 5 BOB handelt es sich um einen einseitig zwingenden Individualanspruch der Arbeitnehmer. Dessen Ausschluss kommt ebenso wie eine Verkürzung der Rechte aus § 613a Abs. 5 BOB durch Kollektivvertrag insgesamt nicht in Betracht, da die gesetzliche Regelung günstiger ist bzw. die Regelungsbefugnisse der Betriebspartner überschritten würden909 .

905 Die Anwendung der Norm setzt daher weder die Vereinbarung einer vollständigen Beweislastumkehr noch das Vorliegen einer besonderen Benachteiligungsahsicht seitens des Verwenders voraus; Palandt-Heinrichs, BGB, § 309 Rn. I 01 m.w.N. 906 B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 23. 907 BGH v. 18.2.1996, NJW-RR 1997, 1000; MünchKomm-Basedow, BGB (Bd. 2a), § 305 Rn. 16; Palandt-Heinrichs, BGB, § 305 Rn. 12; Staudinger-Schlosser, BGB, § I AGBG Rn. 34; WHL-Wolf, AGBG, §I Rn. 39. 908 Vgl. BGH v. 7.2.1996, NJW 1996, 1676 f.; v. 3.4.1996, VersR 1996, 741 f.; v. 13.11.1997, NJW 1998, I 066, I 067 f.; MünchKomm-Basedow, BGB (Bd. 2a), § 305 Rn. 16; Palandt-Heinrichs, BGB, § 305 Rn. 12. 909 V gl. die Rechtslage ftir das Widerspruchsrecht; § 12 A. II. I. mit Nw.

289

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

II.

Ausschluss wegen Treueverstoßes, insbesondere bei Verwirkung des Unterrichtungsrechts

Der Unterrichtungsanspruch aus§ 613a Abs. 5 BGB unterliegt wie jeder andere Anspruch den immanenten Schranken von Treu und Glauben, § 242 BGB 910 • In Betracht kann vereinzelt insbesondere eine Verwirkung des Unterrichtungsrechts kommen. Die Verwirkung setzt ein Zeit- und ein Umstandsmoment voraus; maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls911 • Da Fragen der Verwirkung bei § 613a Abs. 5 BGB anders als in Bezug auf das Widerspruchsrecht eine geringere Bedeutung zukommt, sei an dieser Stelle nur auf einige Punkte kurz hingewiesen. Bei der Prüfung des Vorliegens des Umstandsmomentes für die Verwirkung wird zu berücksichtigen sein, ob den informationsberechtigten Arbeitnehmern durch den bisherigen Arbeitgeber bzw. den neuen Inhaber die Möglichkeit eingeräumt worden ist, in Bezug auf den konkreten Übertragungsvorgang Rückfragen zu stellen und tatsächliche Unklarheiten bzw. bestehende Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Unterrichtung geltend zu machen. Sind derartige zusätzliche Infonnationsmöglichkeiten gegeben, so muss der Arbeitnehmer hiervon jedenfalls bei ersichtlicher Unzulänglichkeit der Mitteilungen Gebrauch machen, wenn nicht nach Ablauf einer angemessenen Frist (Zeitmoment) 912 aus Sicht der Arbeitgeberparteien der Eindruck vermieden werden soll, als bestünde weiterer Informationsbzw. Klärungsbedarf nicht. Denn auch der Arbeitgeber, der - bewusst oder unbewusst- gegen § 613a Abs. 5 BGB verstößt, kann ein berechtigtes Interesse daran erwerben, Bescheid zu wissen, welche Ansprüche gegen ihn noch geltend gemacht werden 913 • Entsprechend den obigen Erwägungen zum Unterrichtungsverzicht gilt bei Verwirkung des Anspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB, dass mit Eintritt der Verwirkungsvoraussetzungen analog § 613a Abs. 6 S. 1 BGB die einmonatige Frist für die Widerspruchsrechtsausübung beginnt, sofern das Widerspruchsrecht nicht aufgrund einer hierauf bezogenen zusätzlichen Einzelfallabwägung seinerseits bereits verwirkt ist. Ist nämlich das Recht auf Zur910 S. statt aller Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 13. 911 Dazunoch§ IOA.II.l. 912 Die Länge des Zeitmoments bestimmt sich nach einer einzelfallbezogenen Abwägung. Generelle Aussagen sind schwierig. Die in der Literatur (Warmbein, DZWIR 2003, II, 13; s.a. Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1160) genannte Frist, der Arbeitnehmer müsse zur Venneidung der Verwirkung auf eine entsprechende Aufforderung hin Informationsdefizite binnen eines Monats geltend machen, ist allerdings ftir den Regelfall zu kurz bemessen. 913 Vgl. LAG Niedersachsen v. 7.12.2000, NZA-RR 2001, 145, 148.

290

Ausschluss des Unterrichtungsrechts

Verfügungstellung einer Entscheidungsgrundlage gemäߧ 613a Abs. 5 BGB infolge Verwirkung ausgeschlossen, so besteht kein Grund, die Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeberwechsel weiter zu verzögem914 •

D.

Zusammenfassung zu § 9

Das Unterrichtungsrecht der Arbeitnehmer kann im Einzelfall ganz oder teilweise wegen Zweckerreichung (§ 275 BGB), Verzicht bzw. Bestätigung der Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung oder Verwirkung ausgeschlossen sein. Ein formfrei möglicher Informationsverzicht ist nur in Bezug auf einen konkreten Betriebsübertragungsvorgang zulässig; ihm kommt regelmäßig Gesamtwirkung gegenüber beiden Unterrichtungsschuldnern zu. Eine formularmäßige (§ 305 Abs. 1 BGB) Bestätigungsklausel bzw. ein Unterrichtungsrechtsverzicht vermittels einer vom Arbeitgeber für eine Vielzahl von Beschäftigten vorbereitete Erklärung ist unwirksam. Ein Ausschluss von § 613a Abs. 5 BGB mit Wirkung gegenüber beiden informationsverpflichteten Rechtsträgem führt zu einer Auslösung der einmonatigen Frist für den Widerspruch entsprechend§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB.

914 A.A. Neh/s, NZA 2003,822,824.

291

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

§ 10 Die Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht aus § 613a Abs. 5 BGB Die Auswirkungen einer unterlassenen, verspäteten, unrichtigen oder unvollständigen Unterrichtung hat der Gesetzgeber bei der Schaffung von § 613a Abs. 5, 6 BGB nicht ausdrücklich geregelt. Es stellen sich im Überblick insbesondere folgende Fragen: Unterliegt das Widerspruchsrecht auch bei nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Mitteilungen einer absoluten zeitlichen Grenze? Welche Rechte können die informationsberechtigten Arbeitnehmer aus Unterrichtungsfehlern herleiten? Können die Arbeitnehmer nach einer Falschunterrichtung ihre Widerspruchserklärungbeseitigen bzw. Schadensersatz verlangen?

A.

Zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts bei ausbleibender oder fehlerhafter Unterrichtung

I.

Keine Auslösung der Frist für den Widerspruch

Nach der hier im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung vertretenen Auffassung vermag nur eine Unterrichtung im Einklang mit den Vorgaben von § 613a Abs. 5 BGB die einmonatige Ausschlussfrist fiir das Widerspruchsrecht auszulösen915 • Anderenfalls sieht das Gesetz eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Gestalt einer absoluten Ausschlussfrist nicht vor. Dies hat in der Literatur zu erheblicher Kritik an der Gesetzeskonzeption von§ 613a Abs. 5, 6 S.l BGB geführt. Der Gesetzgeber habe eine Fallgrube fiir Unternehmen geschaffen, die existentielle Risiken sowohl ftir den alten als auch den neuen Betriebsinhaber bergen könne 916 • Angesichts des bei nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung zeitlich unbegrenzten Widerspruchsrechts der Arbeitnehmer sei ein Outsourcing nur noch mit Sicherheitsnetz in Gestalt von vertraglichen Absieherungen zwischen den Betriebsübernahmeparteien möglich917 • Wünschenswert sei ein klarer Mechanismus gewesen, der es nicht der Kreativität der Rechtsprechung überlasse, den Bestand des Gestaltungsrechts zu überprüfen918 • Nach geltendem Recht

915 916 917 918

292

Dazu bereits§ 7 B. I. Tepass, FAZ v. 6.3.2002 (Nr. 55), S. 24. Vgl. Bauerlv.Steinau-Steinrück, FAZ v. 23.3.2002 (Nr. 70), S. 23. Sayatz/Woljf, DStR 2002,2039,2043.

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

sei nun zu befiirchten, dass die Beschäftigten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerberauch noch nach Jahren wirksam widersprechen919. 1.

Absolute zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Rechtsanalogie zu§ 5 Abs. 3 S. 2 KSchG?

Als Therapie ist im Schrifttum vorgeschlagen worden, in Fällen, in denen eine Unterrichtung nicht oder nicht hinreichend stattgefunden hat, § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG entsprechend anzuwenden920 • Nach dieser Norm kann die Zulassung einer Kündigungsschutzklage später als sechs Monate nach Ablauf der versäumten Frist nicht mehr beantragt werden. Werde dem Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren, in dem es um den Erhalt des Arbeitsplatzes gehe, diese absolute Ausschlussfrist gesetzt, so gelte sie aus einem "Erst-recht-Schluss" auch fiir die Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Arbeitnehmer. Die Gefahr erheblich verzögerter Widersprüche sei unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für die beteiligten Arbeitgeber unzumutbar921. 2.

Stellungnahme

Die Annahme einer absoluten zeitlichen Begrenzung des Widerspruchsrechts in Rechtsanalogie zu § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG ist unvertretbar und daher berechtigterweise auf Ablehung gestoßen922 • Eine Analogie käme rechtsmethodisch nur unter der Voraussetzung einer planwidrigen gesetzlichen Regelungslücke in § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB in Betracht. Bereits hieran fehlt es jedoch in Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Neuregelungen in § 613a BGB. In den Beratungen des federfiihrenden Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ist die zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts durch die Verankerung einer absoluten Höchstfrist nämlich ausdrücklich gefordert worden. Die entsprechenden

919 Beisel/Klumpp, Untemehmenskauf, 10 Rn. 36; Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf, Rn. 697; Bauer, NZA 2002, 1001, 1003; Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 464; Kröll, PersR 2002, 391, 394; Worzalla, NZA 2002, 353, 357; a.A. Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübemahme, Rn. 582; Nehls, NZA 2003, 822, 825. 920 Errnan-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 51; Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 46; Worzalla, NZA 2002, 353, 357; Wuljf, AiB 2002, 594, 596. 921 Worzalla, NZA 2002, 353,357. 922 ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 97; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 36; G.Picot-Picot/Schnitker, Untemehmenskauf, III Rn. 78; KrügermeyerKalthoff!Reutershan, MDR 2003, 541, 544; 0/bertz/Ungnad, BB 2004, 213, 214; Rieble, NZA 2004, I, 4.

293

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP wurden diskutiert und schließlich von der Ausschussmehrheit verworfen923 . Der Gesetzgeber hat insofern bewusst davon abgesehen, in§ 613a Abs. 6 BGB eine definitive Ausschlussregelung zu verankern. Dem liegt der in§ 613a Abs. 6 S. I BGB letztlich manifestierte gesetzgeberische Wille zugrunde, mit der Koppelung der Fristauslösung ftir den Widerspruch an eine den Vorgaben von § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung ein möglichst effektives Vehikel ftir die praktische Wirksamkeit der Informationspflicht zu schaffen924. Das Fehlen einer absoluten Höchstfrist mag aus der Perspektive der Betriebsübertragungsparteien risikobehaftet und unter dem Gesichtspunkt von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit problematisch sein. Angesichts der eindeutigen gesetzlichen Risikozuweisung bei Unterrichtungspflichtverstößen durch die beteiligten Arbeitgeber verbietet sich jedoch ein relativierender Eingriff in die Regelungssystematik von§ 613a Abs. 5, 6 S. I BGB über eine entsprechende Heranziehung von § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG oder anderer gesetzlicher Ausschlussfristen, wie etwa § 355 Abs. 3 S. 1 BGB 92S, bereits im Ansatz. Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer unterbliebenen oder fehlerhaften Unterrichtung von dem Recht aus § 613a Abs. 6 BGB unbefristet Gebrauch machen kann, sofern nicht die Widerspruchsfrist durch (erneute) richtige Mitteilungen ausgelöst wird oder das Widerspruchsrecht verwirkt ist (dazu sogleicht26 .

923 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 14/8128, S. 4 f. S.a. den von der FDP-Fraktion auf BT-Drucks. 14/8496 eingebrachten "Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Rechtssicherheit beim Betriebsübergang" (S. 3, 5). 924 S. auch die ausdrückliche Äußerung der Bundesregierung auf BT-Drucks. 15/406, S. 17. 925 Franzen, RdA 2002, 258, 266, weist zutreffend auf die Ähnlichkeit des Regelungsmodells von§§ 355, 356 BOB (Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen) und§ 613a Abs. 5, 6 BOB hin. Gemäß § 355 Abs. 2 S. I BOB löst nur eine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht die Widerrufsfrist aus. In § 355 Abs. 3 BOB war allerdings ursprünglich eine absolute Höchstfrist für den Widerruf von sechs Monaten vorgesehen, die auch bei Belehrungsfehlem eingriff. Der Gesetzgeber hat sich inzwischen jedoch aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen zu einer Normkorrektur veranlasst gesehen; s. Palandt-Heinrichs, BOB, § 355 Rn. 21 f. Die sechsmonatige Ausschlussfrist gilt nunmehr nach § 355 Abs. 3 S. 3 BOB gerade nicht bei Belehrungsfehlern. 926 Eine Verjährung des Widerspruchsrechts kommt nicht in Betracht. Denn Gestaltungsrechte unterliegen nicht der Verjährung (vgl. § 194 Abs. I BOB); Palandt-Heinrichs, BOB,§ 194 Rn. 3.

294

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

II.

Begrenzung des Widerspruchsrechts über das Rechtsinstitut der Verwirkung

Seine Begrenzung findet das Widerspruchsrecht in zeitlicher Hinsicht (nur) durch das allgemeine Rechtsinstitut der Verwirkung927 • Infolge der fehlenden Ausschlussfrist unabhängig von der Unterrichtung einerseits und den hierfiir nunmehr gemäß § 613a Abs. 5 BGB bestehenden nicht unerheblichen Anforderungen an die Arbeitgeberparteien andererseits ist davon auszugehen, dass der Verwirkungsproblematik eine ungleich größere Bedeutung zukommen wird als nach altem Recht. Dementsprechend gilt es, die Verwirkungsvoraussetzungen in Bezug auf§ 613a Abs. 6 BGB näher zu analysieren. 1.

Allgemeine Verwirkungsvoraussetzungen

Der Begriff der Verwirkung infolge Zeitablaufs bezeichnet allgemein den Verlust eines Rechts aus dem Grund, dass sich ein Schuldner in der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum eingerichtet hat und darauf einrichten durfte, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen928. Dogmatisch handelt es sich um einen mit dem Verbote des venire contra factum proprium verwandten Sonderfall der unzulässigen Rechtsaus-

927 Vgl. BT-Drucks. 15/406, S. 17. Aus der Literatur: APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 222; ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 340; ErfKommPreis, § 613a BGB Rn. 97; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 10 Rn. 36; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firrnenübernahme, Rn. 582; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 54 ff., 75; ders., FA 2002, 299, 301; Huke, Unterrichtung, S. 98; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 36; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 66; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 173 (Fn. 459); Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002,457, 464; Bonanni, GmbHR 7/2002, S. R 137, 138; Franzen, RdA 2002, 258, 266; B.Gaui/Otto, DB 2002, 634, 637; Grobys, BB 2002, 726, 730; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 44; KrügermeyerKalthojj/Reutershan, MDR 2003, 541, 544; Laber/Roos, ArbRB 2002, 303, 305; Neh/s, NZA 2003, 822, 824; Partsch/Reich, AfP 2002, 298, 301; Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2044; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1160; kritisch Rieble, NZA 2004, I, 4. Zur Verwirkung des Widerspruchsrechts vor seiner Kodifizierung s. BAG v. 19.3.1998, APNr. 177 zu§ 613a BGB (unter I 3 a). 928 S. nur RG v. 17.12.1937, RGZ 158, 107 f.; BGH v. 27.6.1957, BGHZ 25, 47, 5lf.; v. 1.3.1999, WM 1999, 796, 797; BAG v. 17.10.2000, NZA 2001,203, 205; MünchKomm-Roth, BGB (Bd. 2a), § 242 Rn. 296; Soergel-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 332 jeweils m.w.N. Umstritten ist auf der Rechtsfolgenseite, ob die Verwirkung als rechtsvernichtende Einwendung zum endgültigen Untergang des betroffenen Rechts führt (h.M.) oder lediglich seine Ausübung hindert, so dass es dem Grunde nach fortbesteht und ggf. wieder aufleben kann; zum Streitstand s. Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 259.

295

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

übung (§ 242 BGB)929 • Unzulässig wird die Geltendmachung der formalen Rechtsposition durch die Widersprüchlichkeit des jetzigen Verhaltens im Vergleich zum Vorverhalten (illoyale Verspätung des Berechtigten)930 • Entscheidend ftir den Verwirkungseintritt sind daher - im Rahmen einer Abwägung der aufbeiden Seiten zu berücksichtigenden Umstände- zwei Parameter, ein Zeitmoment einerseits und ein Umstandsmoment andererseits 931 .

2.

Zeit- und Umstandsmoment in Bezug auf die Verwirkung des Widerspruchsrechts

a)

Fehlende Kenntnis des Arbeitnehmers von dem Betriebsinhaberwechsel

Zunächst sollen Fallgestaltungen berücksichtigt werden, in denen der Arbeitnehmer keinerlei Kenntnis von der Tatsache des Inhaberwechsels und dem hierdurch ausgelösten Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber hat, z.B. weil eine Unterrichtung gänzlich unterblieben932 und der Übergang mangels unmittelbarer Änderung der Arbeitsbedingungen nicht erkennbar ist. Für derartige Konstellationen wurde bereits vor Einführung von§ 613a Abs. 5, 6 BGB angenommen, dass eine Verwirkung des Widerspruchsrechts regelmäßig selbst dann ausscheidet, wenn der betreffende Mitarbeiter schon geraume Zeit ftir den Betriebserwerber tätig ist933 • Dies ist folgerichtig, weil bei einem fehlenden Bewusstsein des Arbeitnehmers zumindest von der Tatsache des Betriebsinhaberwechsels ein Anknüpfungspunkt für ein zurechenbares vertrauensbildendes Vorverhalten fehlt. Ein Nichthandeln gilt im Sinne der Verwirkungsvoraussetzungen nämlich nur dann als zurechenbar, wenn der Unterlassende Anlass gehabt hätte, durch eine Maßnahme, durch eine Äußerung Vertrauen zu zerstören und deutlich zu machen, dass er auf der Geltendmachung seines Rechts eventuell beharren werde; der schlichte 929 S. RG v. 4.6.1937, RGZ 155, 148, 152; BAG v. 20.5.1988, AP Nr. 5 zu§ 242 BGB Prozessverwirkung (unter II 2); BGH v. 20.10.1988, BGHZ I 05, 290, 298; ErmanHohloch, BGB, § 242 Rn. 123; Pa1andt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 57, 87; RGRKAljf, BGB, § 242 Rn. 136. 930 Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 237, 243 m.w.N. 931 Erman-Hohloch, BGB, § 242 Rn. 123; Pa1andt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 93 ff.; RGRK-Aljf, BGB, § 242 Rn. 136 f.; Soergei-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 332; Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 244 ff.jeweils m.w.N. 932 Hiermit sind nicht Fälle gemeint, in denen das Informationsschreiben in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, dieser die Mitteilungen aber nicht liest. Dann greift § 613a Abs. 6 S. I BGB wegen des erfolgten Zugangs nämlich unmittelbar ein. 933 Menze, Widerspruchsrecht, S. 97; nunmehr auch zur aktuellen Rechtslage Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2044.

296

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

Zeitablauf genügt fiir einen Treueverstoß nicht934 . Zudem müssen die Arbeitgeberparteien in ihrer Erwartung, der Arbeitnehmer werde von seinem Rechtsfolgenverweigerungsrecht aus § 613a Abs. 6 BGB nicht mehr Gebrauch machen, schutzwürdig sein935 . Dies ist, wenn eine jegliche Mitteilung zu der Betriebsübernahme unterbleibt, kaum der Fall. Denn ein bestehendes Vertrauen wird insbesondere dann nicht als schutzwürdig erachtet, wenn zuvor pflichtwidrig notwendige Informationen nicht erteilt wurden und der Vertrauende damit die Untätigkeit des Berechtigten mit veranlasst hat936.

b)

Bestehende Kenntnis des Arbeitnehmers von dem Betriebsinhaberwechsel

Eine differenzierte Betrachtung im Hinblick auf das Vorliegen von Zeit- und Umstandsmoment ist notwendig, wenn der Arbeitnehmer zumindest Kenntnis von den den Betriebsübergang ausmachenden Tatsachen bzw. sogar darüber hinausgehend von einzelnen gemäߧ 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB unterrichtungsrelevanten Umständen hat bzw. haben muss 937 • Diese kann etwa daraus resultieren, dass Fragen der Durchführung des Arbeitsverhältnisses (z.B. Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Modalitäten des Leistungsaustauschs) bereits mit dem neuen Betriebsinhaber erörtert wurden938 . Ob sich der Arbeitnehmer in derartigen Konstellationen auch seines Widerspruchsrechts aus § 613a Abs. 6 BGB bewusst ist, ist nicht entscheidend, weil die Kenntnis des von der Verwirkung potenziell betroffenen Rechts nicht subjektive Tatbestandsvoraussetzung der Verwirkung ist939 . Maßgeb934 BGH v. 27.1.1988 und v. 20.10.1988, BGHZ 103, 160, 170; 105,290, 298; BAG v. 20.5.1988, OB 1988,2156,2157 m.w.N.; Soergel-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 337. 935 Vgl. LG Düsseldorfv. 2.10.1987, NJW-RR 1988,281, 282; Erman-Hohloch, BGB, § 242 Rn. 124; Soergel-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 340; Rieble, NZA 2004, I, 4. 936 Vgl. OLG München v. 28.9.1973, NJW 1974, 703 ff.; Soergel-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 340; s.a. BAG v. 20.5.1988, DB 1988, 2156, 2157; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 93 f.; Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 252,257. 937 Der positiven Kenntnis ist es gleichzustellen, wenn sich der Arbeitnehmer den sich aufdrängenden, für einen Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB sprechenden Umständen leichtfertig verschließt. Für eine mögliche Verwirkung genügt es nämlich, wenn der Betreffende bei objektiver Beurteilung Kenntnis von seiner Widerspruchsberechtigunghätte haben können; vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 94 m.w.N. Angesichts der Informationsverantwortlichkeit der Betriebsübertragungsparteien aus§ 613a Abs. 5 BGB genügt leichte Fahrlässigkeit allerdings nicht. 938 Vgl. etwa die Sachverhalte bei LAG Berlin v. 11.10.2000 - 15 Sa 908/00 und v. 10.1.2001- 13 Sa 1866/00. 939 Ganz h.M., s. RG v. 27.10.1931, RGZ 134,38, 41; BGH v. 27.6.1957, BGHZ 25, 47, 53; BAG v. 5.8.1969, DB 1969, 1996; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 94; Soergel-Teichmann, BGB, § 242 Rn. 337; Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 252; an-

297

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

lieh ist vielmehr, ob der Arbeitnehmer in Kenntnis der tatsächlichen Umstände den Widerspruch erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erklärt (Zeitmoment) und bei den Adressaten ein Schützenswertes Vertrauen ausgelöst wurde, von dem Recht aus § 613a Abs. 6 BGB werde nicht mehr Gebrauch gemacht (Umstandsmoment).

aa)

Zeitmoment

Für die Erfüllung des Zeitmoments sind im Schrifttum zu § 613a Abs. 5, 6 BGB verschiedentlich Mindest- bzw. Höchstgrenzen genannt worden. Zum Teil wird ein Zeitraum von länger als einem Jahr in Kenntnis des Arbeitnehmers von allen wesentlichen Umständen vorausgesetzt940 • B.Gaul und Kreitner halten es, unter problematischem941 Hinweis auf § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG, für naheliegend, von einer Erfüllung des Zeitmoments spätestens nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Betriebsübergang und der Kenntnis des Arbeitnehmers hiervon auszugehen942 • Dieselbe Frist soll nach Laber!Roos gelten, wenn der Beschäftigte aus seiner täglichen Erfahrung am Arbeitsplatz die Inhalte kennen gelernt hat, über die er gemäß § 613a Abs. 5 BGB ordnungsgemäß hätte unterrichtet werden müssen943 • Pranzen zufolge soll das Zeitmoment frühestens vier Monate nach dem Inhaberwechsel als erfüllt angesehen werden können944 . Dies soll sich aus den drei Monaten, die der Arbeitnehmer nach dem Übergang regelmäßig brauche, um sich einen Überblick über die nach§ 613a Abs. 5 BGB anzusprechenden Umstände zu verschaffen, und einer weiteren einmonatigen Überlegungsfrist errechnen. Bauer!v.Steinau-Steinrück sehen hierfür regelmäßig insgesamt maximal drei Monate als ausreichend an945 • Wesentlich kürzer greifen Willemsen!MüllerBonanni, denen zufolge der Arbeitnehmer treuwidrig handelt, wenn er sich später als einen Monat nach Kenntniserlangung von der Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Information auf sein Widerspruchsrecht beruft946 •

940 941 942

943 944 945 946

298

ders BAG v. 5.5.1977, NJW 1978, 723, 724 f.; einschränkend Staudinger-.J.Schmidt, BGB, § 242 Rn. 551. Rödder!Hötzel/Mueller-Thuns, Untemehmenskauf, § 12 Rn. 24. S. oben unter A. I. 1., 2. B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 56; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 637; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 376; zustimmend Krügermeyer-Kaltho.ff!Reutershan, MDR 2003, 541, 544; anders 0/bertz/Ungnad, 88 2004, 213,215: sechs Monate als Mindestgrenze. Laber!Roos, ArbRB 2002, 303, 306. Franzen, RdA 2002, 258, 266. Bauer!v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 464; ähnlich Huke, Unterrichtung, S. 98 (drei bis sechs Monate). ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 340.

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

Ähnlich argumentiert Meyer947 • Er hält einen Widerspruch fiir treuwidrig, wenn nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist die Unvollständigkeit der Unterrichtung geltend gemacht wird, ohne dass der Adressat von ihm angebotenen zusätzlichen Informationsmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat948 • Andere Autoren wollen sich in der Bestimmung des Zeitmomentes nicht festlegen 949 • Eine Festlegung auf abstrakte Fristen fiir das Zeitmoment ist dogmatisch angreifbar, weil sich die Tatsache, ab wann ein Untätigsein des widerspruchsberechtigten Arbeitnehmers als vertrauensbildend und damit als fiir eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, letztlich nur bei einzelfallbezogener Abwägung der Umstände ermitteln lässt950 • Wegen der notwendigen Einzelfallbetrachtung ist es somit falsch, davon auszugehen, eine Verwirkung des Widerspruchsrechts vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Betriebsinhaberwechsel sei generell ausgeschlossen, weil sich der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren bewusst gegen eine Höchstgrenze von sechs Monaten entschieden habe951 • Den in der Literatur zur Eingrenzung des Zeitmoments unternommenen Versuchen ist im Bemühen um mehr Rechtsklarheit eine Berechtigung gleichwohl nicht abzusprechen. Insoweit können die Erwägungen im Schrifttum als Versuch einer typologisierenden Betrachtungsweise verstanden werden. Hierbei geht es darum, in das einzelfallbezogene Abwägungssystem von § 242 BGB verobjektivierbare Parameter einzubringen, anhand derer eine Bestimmung des Zeitmomentes im Einzelfall unter Einbeziehung etwaiger Besonderheiten ausgerichtet werden kann. Nicht überzeugend ist allerdings der Ansatz, durch die empirisch nicht belegte Behauptung, etwa rund drei Monate nach dem Betriebsübergang seien dem Arbeitnehmer regelmäßig die Informationsinhalte gemäß § 613a Abs. 5 BGB bekannt952, zu einer zeitlichen Eingrenzung des Widerspruchs947 Meyer, AuA 2002, 159, 161. 948 Der Ansatz von Meyer ist in sich nicht widerspruchsfrei. Denn zu einem Ablauf der Widerspruchsfrist kommt es bei unvollständiger Unterrichtung - wie Meyer auch an anderer Stelle zu Recht ausführt (BB 2003, 1010) - gar nicht erst. Die Auffassung von Meyer fiihrt überdies dazu, dass die informationspflichtigen Rechtsträger eine unvollständige oder fehlerhafte Unterrichtung unmittelbar damit überspielen könnten, dass sie dem Arbeitnehmer weitere Nachfragemöglichkeiten einräumen. Dies ist, da hier das Risiko von Informationsmängeln entgegen der gesetzlichen Konzeption auf die Arbeitnehmerseite verlagert wird, nicht im Sinne des Gesetzes. 949 Vgl. ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 97; Sayatz/Wo/f, DStR 2002,2039, 2044; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1160. 950 Vgl. BAG v. 20.5.1988, DB 1988,2156. 951 So aber 0/bertz/Ungnad, BB 2004,213,215. 952 S. Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002,457, 464; Franzen, RdA 2002,258,266.

299

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

rechts zu gelangen. Richtiger erscheint es, die betroffenen Interessen bei fehlerhafter oder ausbleibender Unterrichtung in ein Beziehungsdreieck zu fassen und hieraus unter Wertungsgesichtspunkten Schlüsse auf eine nähere Bestimmung des Zeitmomentes für die Verwirkung des Widerspruchsrechts zuziehen. Unter Zugrundelegung des Gesetzeszwecks von§ 6l3a Abs. 5, 6 S. I BGB muss an erster Stelle das Interesse des Arbeitnehmers an einer hinreichenden Informationsbasis für die Widerspruchsrechtsausübung gewürdigt werden. Dieses Interesse ist um so weniger tangiert, je mehr nur eine marginal fehlerhafte oder unvollständige Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Rede steht. Dementsprechend kürzer vermag das Zeitmoment auszufallen, je weitgehender die Arbeitgeberparteien ihrer Pflicht aus § 613a Abs. 5 BGB entsprochen haben und je eher sie insoweit erwarten durften, der Arbeitnehmer sei zu einer sachgerechten Widerspruchsentscheidung bereits in der Lage gewesen. An zweiter Stelle steht das in der Regelungssystematik von § 613a Abs. 5, 6 BGB manifestierte Ziel des Gesetzgebers, die praktische Wirksamkeit der Unterrichtung durch die "Androhung" eines unbefristeten Widerspruchsrechts abzusichern. Der hierin zum Ausdruck kommende Präventionsgedanke greift im Einzelfall weniger Platz, falls sich die informationspflichtigen Rechtsträger in dem Glauben wähnen durften, ihrer Rechtspflicht aus § 6l3a Abs. 5 BGB bereits ausreichend nachgekommen zu sein. Dies wiederum korrespondiert mit den an dritter Stelle stehenden Belangen der Betriebsübertragungsparteien an einer in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse möglichst raschen und rechtsverbindlichen Abwicklung der Übernahme. Auch dieses Interesse erweist sich als um so eher schützenswert, je mehr richtige Informationen aus dem Pflichtkanon des § 6l3a Abs. 5 BGB dem widerspruchsberechtigten Arbeitnehmer übermittelt worden sind. Zieht manalldies in Betracht, so kann der Versuch einer "Übersetzung" der genannten Parameter in zeitliche Dimensionen unternommen werden. Fest steht, dass die von Willemsen, Müller-Bonanni sowie Meyer953 in die Diskussion gebrachte Frist von einem Monat stets unangemessen kurz ist, weil hierbei die Arbeitnehmerbelange sowie das gesetzgebefische Interesse an der praktischen Wirksamkeit der Unterrichtung selbst dann über Gebühr vernachlässigt werden, wenn es den Arbeitnehmern möglich war, Rückfragen an die beteiligten Rechtsträger zu richten. Ein gewisser zeitlicher Orientierungsrahmen kann allerdings einigen Judikaten entnommen werden. Das 953 ArbRKomm-Willemsen/Mü/ler-Bonanni, § 613a BGB Rn. 340, 350; Meyer, AuA 2002, 159, 161.

300

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

BAG hat eine Verwirkung des Rechts des Arbeitnehmers, sich auf den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. I BGB zu berufen, zunächstjedenfalls nach Ablaufvon einem Jahr seit Kenntniserlangung von der Tatsache des Betriebsübergangs95 4, zuletzt sogar ausdrücklich bei einem Zeitraum von weniger als vier Monaten seit Kenntnis des Arbeitnehmers955 , in Betracht gezogen. Hierbei hat das BAG festgestellt, dass das Zeitmoment nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und seine Folgen, sondern bereits mit der positiven Kenntnis des Arbeitnehmers von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen beginnt956 • Das LAG Berlin ist der Ansicht, dass einem Arbeitnehmer, der länger als sechs Monate seit Kenntniserlangung von den den Betriebsübergang ausmachenden Umständen mit der Inanspruchnahme des Betriebsübemehmers abwartet, der Verwirkungseinwand entgegengesetzt werden kann957 • Für das Recht auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem alten Arbeitgeber nach Ausübung des Widerspruchsrechts ist das LAG Schleswig-Holstein von einer Verwirkung nach Ablauf von drei Monaten ausgegangen, wenn der Arbeitnehmer ungeachtet seines ausdrücklichen Widerspruchs das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Betriebsinhaber fortfiihrt958 • Es dürfte vor diesem Hintergrund sachgerecht sein, hinsichtlich des Zeitmoments bei der Verwirkung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB von einem möglichen Zeitrahmen von drei Monaten bis zu maximal einem Jahr nach Kenntniserlangung von dem Einrücken eines neuen Arbeitgebers in die betrieblichen Leitungsfunktionen auszugehen. Innerhalb dieser Spanne muss unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen gelten, dass eine Reaktion des Arbeitnehmers um so eher verlangt werden kann, je mehr Informationen aus dem Katalog des § 613a Abs. 5 Nr. I bis 4 BGB ihm richtig mitgeteilt wurden und somit je geringer der Pflichtverstoß der Arbeitgeberparteien gegen das Unterrichtungsgebot ausfällt. Die Darle-

954 BAG v. 27.1.2000- 8 AZR 106/99, n.v., (unter II 3). Die der Entscheidung zugrunde liegende Fragestellung stellt gleichsam das Spiegelbild zu der hier erörterten Problematik der Widerspruchsrechtsverwirkung dar. 955 BAG v. 18.12.2003- 8 AZR 621/02, (unter II I a). Der Senat hat die Verwirkungsproblematik in dem Fall unter dem Gesichtspunkt der Prozessverwirkung und nicht der materiellen Begründetheit der Klage erörtert. Abgesehen davon, dass hierfür kein einleuchtender Grund besteht, ergeben sich fiir die Verwirkungsvoraussetzungen keine Unterschiede. 956 BAG v. 27.1.2000 - 8 AZR 106/99, n.v., (unter II 3); im Anschluss daran LAG Hamm v. 22.8.2000 - 4 Sa 779/00, (unter 2.1 ). 957 LAG Berlin v. 26.10.1999-3 Sa 1353/99 (LS 2 und unter 3 c bb). 958 LAG Schleswig-Holstein v. 30.10.2002- 5 Sa 206 c/02, EWiR 2003, 355 f. (Schnitker/Grau).

301

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

gungs- und Beweislast obliegt insoweit dem alten bzw. neuen Arbeitgeber, der sich auf die Verwirkung des Widerspruchsrechts beruft959 •

bb)

Umstandsmoment

Das Umstandsmoment muss so beschaffen sein, dass der bisherige und der neue Betriebsinhaber im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment berechtigt daraufvertrauen dürfen, der Arbeitnehmer werde sich dem in§ 613a Abs. I S. 1 BGB angeordneten Vertragspartnerwechsel nicht mehr vermittels Widerspruchs widersetzen. Als Anknüpfungspunkt wird regelmäßig vor allem die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Betriebsinhaber in Betracht kommen. In anderem Zusammenhang wurde allerdings ausgefiihrt, dass in der Tatsache der Vertragsfortfiihrung mit dem neuen Inhaber (vor Ablauf der Widerspruchsfrist) keine Zustimmung des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeberwechsel im Sinne eines stillschweigenden Widerspruchsrechtsverzichts erblickt werden kann960 • Dies schließt jedoch nicht aus, dass mit Rücksicht auf die fortwährende Tätigkeit fiir den Erwerber schutzwürdiges Vertrauen entsteht, der Arbeitnehmer habe den Betriebsnachfolger als neuen Arbeitgeber akzeptiert961 • Um ein Überspielen von Zweck und Systematik der Regelungen in§ 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB zu verhindern, wird man in derartigen Fällen das Zeitmoment allerdings nicht zu kurzfristig bemessen dürfen. Notwendig ist, dass die beteiligten Arbeitgeber endgültig darauf vertrauen können, der Arbeitnehmer wolle den bisherigen Betriebsinhaber entgegen § 613a Abs. I S. I BGB nicht mehr auf Vertragsfortsetzung in Anspruch nehmen. Neben der unveränderten Tätigkeit in der übertragenen Einheit können weitere Umstände zur Erfiillung des Umstandsmoments beitragen. Auch insoweit ist die Informationsbasis des betreffenden Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Wurde dem Ernfänger der objektiv unzulänglichen Unterrichtung ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, Unklarheiten mit dem Arbeitgeber zu erörtern, so kann die Tatsache, dass der Arbeitnehmer von Rückfragen jedenfalls bei erkennbaren Mitteilungsmängeln (z.B. bei sich widersprechenden Angaben von Veräußerer und Erwerber) abgesehen hat, als Anknüpfungspunkt fiir das Umstandsmoment gewürdigt werden962 • In einem 959 Ebenso Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 464. 960 S. oben § 7 B. II. 3. a). 961 Ähnlich Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübemahme, Rn. 582; a.A. wohl Franzen, RdA 2002, 258, 267. 962 In diesem Sinne auch APS-Ste.ffan, § 613a BGB Rn. 222; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 11 Rn. 56; Wi/lemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1160.

302

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

derartigen Fall kann nämlich aus Arbeitnehmersicht Anlass bestehen, durch eine jedwede Äußerung, z.B. Nachfragen, Vertrauen zu zerstören und deutlich zu machen, dass weiterhin ein Interesse an einer Widerspruchsentscheidung besteht. Ähnliches ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer bei unterbliebener Unterrichtung schweigt, obwohl sich der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber bereits in einer konkreten Änderung der für ihn einschlägigen Arbeitsbedingungen manifestiert hat963 oder der Betriebserwerberauf Leistungen in Anspruch genommen wird, die nur dieser seinen Arbeitnehmern zugesagt hat. Lässt sich der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum derart nach den Bedingungen bei dem übernehmenden Rechtsträger behandeln, so muss er damit rechnen, sein Verhalten werde als Einverständnis mit dem Vertragsübergang angesehen. Abschließend ist hinzuzufügen, dass neben vertrauensbildenden stets auch vertrauenszerstörende Umstände bei einer möglichen Verwirkung des Rechts aus§ 6I3a Abs. 6 BGB berücksichtigt werden müssen. Hierfür muss sich der Arbeitnehmer einen Widerspruch nicht ausdrücklich vorbehalten. Eine Verwirkung gilt nämlich bereits dann als ausgeschlossen, wenn der Berechtigte in irgendeiner Weise zu erkennen gibt, dass er möglicherweise auf seinem Recht bestehe64 • Hierbei genügt, wie sich aus der Wertung von § 6I3a Abs. 6 S. 2 BGB ergibt, eine entsprechende Äußerung nur gegenüber einer der Arbeitgeberparteien.

B.

Zurückbehaltungsrecht bei ausbleibender Unterrichtung

Als weitere Konsequenz einer Nichterfüllung des Informationsanspruchs aus § 6I3a Abs. 5 BGB kommt ein Zurückbehaltungsrecht der berechtigten Arbeitnehmer mit ihrer Arbeitsleistung in Betracht. Da es sich bei der Unterrichtungspflicht um eine selbständige Nebenpflicht des jeweils aktuellen Arbeitgebers handelt, liegen die Voraussetzungen eines Zurückbehaltungsrechts aus § 273 Abs. I BGB an sich im Zeitpunkt des Betriebsübergangs gemäß § 6I3a Abs. I S. I BGB vor, wenn die Mitteilungen bis dahin nicht bewirkt worden sind. Fraglich ist allerdings, wie sich die bei § 273 BGB bestehenden regelungsimmanenten Ausübungsschranken auf die hier behandelte Problematik aus-

963 Vgl. die Rechtsprechung zur konkludenten Arbeitsvertragsänderung; BAG v. 17.7 .1965, AP Nr. I 0 I zu § 242 BGB Ruhegehalt (LS 3); v. 20.5.1976, AP Nr. 4 zu § 305 BGB (LS und unter 2 b); v. 1.8.2001, AP Nr. 20 zu§ !57 BGB (unter I 1 b bb (2); LAG Düsseldorfv. 14.10.1994, DB 1995,682. 964 Vgl. BGH v. 26.2.1996, BGHZ 132, 84, 95; Palandt-Heinrichs, BGB, § 242 Rn. 94

m.w.N.

303

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

wirken. Ein Zurückbehaltungsrecht ist nämlich unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht anzuerkennen, soweit nur eine geringfügige Verletzung der Arbeitnehmerinteressen in Rede steht965 . Vor diesem Hintergrund soll beispielsweise ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers bei Verstößen gegen die Informationspflichten des Arbeitgebers aus dem NachwG nicht bestehen966 . Die Unterrichtungspflicht aus § 613a Abs. 5 BGB kann indessen nicht als unbedeutende oder geringfügige Nebenpflicht angesehen werden. Der Arbeitnehmer soll in einer die eigenen Belange wahrenden Entscheidung über einen Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel entscheiden können. Hierbei hat die Unterrichtung dienende Funktion gegenüber einem Recht, dessen Anerkennung verfassungsrechtlich geboten ist967 . Zudem bedingen Erfordernisse des Gemeinschaftsrechts eine Auslegung nationalen Rechts, die die praktische Wirksamkeit von Umsetzungsnormen bestmöglich gewährleistet968. Hierzu trägt auch die Annerkennung eines Zurückbehaltungsrechts bei. Es sind nämlich Konstellationen denkbar, in denen sich die beteiligten Arbeitgeber auch durch das Risiko nachträglicher Widersprüche sowie denkbarer Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer nicht zu einem mit den Anforderungen von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG bzw. § 613a Abs. 5 BGB konformen Verhalten motivieren lassen, so z.B. wenn es auf Seiten der Arbeitnehmer an einem durch die Unterrichtungspflichtverletzung ausgelösten bezifferbaren Schaden fehlte. Das in § 242 BGB zu verortende Verhältnismäßigkeitsprinzip steht damit einer Anwendung von § 273 Abs. l BGB auf den Anspruch aus § 613a Abs. 5 BGB prinzipiell nicht entgegen.

C.

Anfechtung des Widerspruchs nach Falschunterrichtung

Als Folge einer unrichtigen oder unvollständigen Unterrichtung durch die beteiligten Arbeitgeber ist an ein Recht des Arbeitnehmers zur Widerspruchsanfechtung zu denken. Die Vorschriften der §§ 119 ff. BGB finden nämlich auf die Widerspruchserklärung Anwendung969 .

965 Vgl. ErtKomm-Preis, § 611 BGB Rn. 851 und Einf. NachwG Rn. 15; ders., NZA 1997, 10, 12; DLW-Dömer, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 217; Küttner-Griese, Personalbuch 2004,481 Rn. 5; Kort, NZA 1996,854, 855; Schwarze, ZfA 1997,43,61. 966 So Feldgen, Nachweisgesetz, Rn. 23, 69; Krause, AR-Blattei SD 220.2.2 Rn. 217; Schwarze, ZfA 1997, 43, 61; a.A. ArbRKomm-Kliemt, Vorb. NachwG Rn. 37; ErfKomm-Preis, Einf. NachwG Rn. 15; ders., NZA 1997, 10, 12; Schaefer, NachwG, D Rn.l90. 967 Näher § II 8. 111. I. 968 Dazu § 3 B. I. 4. und § 4 A. li. 2. f). 969 S. bereits § 8 C. li. 2. a) bb) (2) mit Nw.

304

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

I.

Keine Anfechtung des Schweigens als "Nichtwiderspruch"

Eine Anfechtung kommt allerdings nicht in Betracht, wenn der Adressat der Falschunterrichtung nicht ausdrücklich einen Widerspruch erklärt, sondern zu dem Arbeitgeberwechsel (vorläufig) geschwiegen hat970 • Schon nach allgemeinen rechtsgeschäftliehen Grundsätzen gilt, dass einem Schweigen im Regelfall kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert beigemessen werden kann971 • Eine Abweichung von diesem Grundsatz kommt für das Unterlassen eines Widerspruchs nicht in Betracht, weil die Überleitung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB nach heute weitgehend unbestrittener Ansicht ipso iure erfolgt972• Die Fiktion einer stillschweigenden rechtsgeschäftliehen Zustimmung des Arbeitnehmers zum Übergang, die sodann angefochten werden könnte, ist hiermit unvereinbar. Da das Schweigen des Arbeitnehmers mithin keine Willenserklärung, sondern die schlichte Nichtausübung eines gesetzlich zuerkannten Gestaltungsrechts darstellt, fehlt es bei einem Unterlassen des Widerspruchs an einem konstruktiven Ansatzpunkt fiir eine Anfechtung. Dies stellt den Betreffenden nicht schutzlos. Denn im Falle einer nicht den Anforderungen von§ 613a Abs. 5 BGB genügenden Unterrichtung wird die Frist für die Widerspruchsrechtsausübung nicht ausgelöst. Der Arbeitnehmer kann auch nach längerem Schweigen grundsätzlich weiter von seinem Recht aus § 613a Abs. 6 BGB aktiv Gebrauch machen. Für eine Anfechtung des Schweigens als "Nichtwiderspruch" besteht also kein Bedürfnis973 •

II.

Anfechtung des Widerspruchs gemäß § 123 Abs. 1 BGB

1.

Arglistige Täuschung im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerunterrichtung und irrtumsbedingter Widerspruch

Übt der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht aufgrund einer unrichtigen bzw. unvollständigen Unterrichtung durch den bisherigen Arbeitgeber bzw. neuen Betriebsinhaber aus, so verbleibt es dabei, dass das Arbeitsverhältnis nicht übergeht. Allerdings kann der Arbeitnehmer seine Erklärung gemäß § 123 Abs. 1 1. Fall BGB anfechten, wenn die Fehlinformation auf Arglist beruht974 • Arglist erfordert, dass der informierende Rechtsträger die Unrich970 Errnan-Hanau, BOB (Voraufl.), § 613a Rn. 52; Menze, Widerspruchsrecht, S. 94 f.; Moll, AnwBl 1991,281,297. 971 Soergel-Wolf, BOB,§ 147 Rn. 14 m.w.N. 972 S. § 2 A. II. 1. mit Nw. 973 Ebenso zur bisherigen Rechtslage Menze, Widerspruchsrecht, S. 95. 974 LAG Brandenburg v. 24.9.2003- 6 Sa 118/03, (unter 1.2.2); ErfK.omm-Preis, § 613a BOB Rn. 92; Widmann!Mayer-Vollrath, UmwG, § 324 Rn. 5.22; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 237; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II

305

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

tigkeit seiner Mitteilung kennt und damit rechnet, die unrichtige Angabe könne möglicherweise ftir die Willensbildung des Arbeitnehmers über den Widerspruch von Bedeutung sein975 . Ein Schädigungsvorsatz des Arbeitgebers ist nicht erforderlich; es genügt bedingter Vorsatz976 . Ein Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 1. Fall BGB kommt somit auch dann in Betracht, wenn falsche Angaben "ins Blaue hinein" gemacht werden, obwohl der Unterrichtende mit der möglichen Unrichtigkeit seiner Mitteilung rechnet (Bsp.: Veräußerer teilt ohne Rücksprache mit dem Erwerber entgegen der objektiven Sachlage mit, dieser habe keine Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommen). Die Arglist ist hierbei darin zu sehen, dass dem betreffenden Arbeitgeber die ftir eine pflichtgemäße Information notwendigen Kenntnisse fehlen, ihm dies bewusst ist und dieser Umstand gegenüber dem Adressaten verschwiegen wird977 . Die Beweislast ftir alle Voraussetzungen des § 123 BGB trägt der anfechtungswillige Arbeitnehmer978. Erleichterungen sind ihm jedoch im Rahmen einer Vermutung "informationsrichtigen" Verhaltens zu gewähren979 . Dem unrichtig informierenden Arbeitgeber kann insofern die Beweisführung obliegen, dass der Arbeitnehmer von dem Widerspruchsrecht auch bei ordnungsgemäßer Unterrichtung Gebrauch gemacht hätte.

2.

Kein Anfechtungsausschluss gemäß § 123 Abs. 2 S. 1 BGB

Gemäß § 123 Abs. 2 S. I BGB ist in Fällen, in denen die Täuschung von einem Dritten verübt wird, die Erklärung nur anfechtbar, wenn der Erklä-

975 976 977 978 979

306

Rn. 73; Franzen, RdA 2002, 258, 267; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1164. Ein Anfechtungsrecht nach § 123 Abs. I 2. Fall BGB wegen widerrechtlicher Drohung dürfte praktisch bedeutungslos sein. Hierfiir genügt es nicht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern in dem Unterrichtungsschreiben Rechtsnachteile für den Fall eines Widerspruchs in Aussicht stellt (z.B. Verlust des Arbeitsplatzes). Maßgeblich ist, ob die angekündigten nachteiligen Maßnahmen gegenüber widersprechenden Arbeitnehmern aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers vertretbar erscheinen; vgl. BAG V. 30.9.1993, NJW 1994, 1021; V. 12.8.1999, BB 1999,2511. S. statt aller Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rn. II. Vgl. BGH V. 21.6.1974, V. 8.5.1980, V. 19.12.1980, NJW 1974, 1505, 1506; 1980, 2460, 2461; 1981, 864; Medicus, BGB AT, Rn. 789. Vgl. nur BGH v. 8.5.1980, NJW 1980, 2460, 2461; OLG Celle v. 19.12.1986, NJWRR 1987, 744. S. MünchKomm-Kramer, BGB, § 123 Rn. 29; Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rn. 30 jeweils m.w.N.; Pottmeyer, ZfA 1989, 239, 253. V gl. allgemein für die Anfechtung nach einer Aufklärungspflichtverletzung BGH v. 5.7.1973, BGHZ 61, 118, 120 ff.; Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rn. 30. A.A. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 73. Näher zur Vermutung "informationsrichtigen" Verhaltens bei der Widerspruchsentscheidung nachfolgend unter D. I. 2. c) bb).

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

rungsempfänger die Täuschung kannte oder kennen mußte. Wäre dies auf die arglistig falsche Unterrichtung anzuwenden, so könnte hieraus ein Anfechtungsausschluss für die Widerspruchserklärung resultieren, wenn die Unterrichtung nur durch einen der beiden Informationsschuldner und nicht durch ein gemeinsames Schreiben erfolgt ist. Voraussetzung hierfür wäre, dass der informierende Arbeitgeber im Verhältnis zu seinem Betriebsübertragungspartner als "Dritter" anzusehen ist. Der Begriff des "Dritten" im Sinne von § 123 Abs. 2 S. 1 BGB wird zur Vermeidung einer weitgehenden Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeit heute allgemein eng ausgelegt9 80 • Von einem Dritten kann nicht gesprochen werden, wenn dessen Verhalten dem Erklärungsempfänger wegen besonders enger Beziehungen zwischen beiden oder wegen sonstiger Umstände billigerweise zugerechnet werden muss 981 • Entscheidend ist, dass der Täuschende, um nicht als Dritter zu erscheinen, interessenmäßig auf der Seite des Erklärungsempfängers steht982 • Eine nähere Analyse ergibt, dass die beiden Unterrichtungsschuldner und möglichen Widerspruchsadressaten im Verhältnis zueinander nicht als Dritte im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB angesehen werden können. Zur Begründung kann allerdings nicht auf den Rechtsgedanken der Zurechnungsnorm des § 278 BGB zurückgegriffen werden, die zum Teil als dogmatischer Anknüpfungspunkt für die geschilderte einschränkende Auslegung von § 123 Abs. 2 BGB herangezogen wird983 • Denn die informationspflichtigen Rechtsträger sind Gesamtschuldner und handeln bei der Durchführung der Unterrichtung nicht als (Erfüllungs-)Gehilfe der anderen Arbeitgeberpartei. Aus der gemeinsamen Unterrichtungsschuld folgt allerdings, dass Betriebsveräußerer und Erwerber jedenfalls aus Sicht der Mitteilungsadressaten bei der Information ein gemeinsames Interesse wahrnehmen und somit gleichsam in ein und demselben Lager stehen, zumal eine vollständige Unterrichtung im Regelfall die Mitwirkung beider Arbeitgeber zumindest bei der vorbereitenden Zusammenstellung und Ermittlung der notwendigen Angaben erfordert984 . Ein Anfechtungsausschluss nach § 123 Abs. 2 BGB wird aber 980 Ausführlich unter Hinweis auf die Rechtsprechungsentwicklung MünchKommKramer, BGB, § 123 Rn. 22 f. m.w.N. 981 Vgl. BGH V. 20.1.1967, BGHZ 47, 224, 228 ff.; V. 1.6.1989, V. 8.12.1989, V. 20.11.1995, NJW 1989,2879, 2880; NJW 1990, 1661, 1662; 1996, 1051; JauemigJauernig, BGB, § 123 Rn. 10; RGRK-Krüger-Nieland, BGB, § 123 Rn. 57 ff.; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 149 m.w.N. 982 So Medicus, BGB AT, Rn. 803. 983 S. MünchKomm-Kramer, BGB, § 123 Rn. 23 m.w.N. 984 Dazu § 6 D. II. 2.

307

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

gemeinhin abgelehnt, wenn der fragliche Dritte maßgeblich am Zustandekommen des anfechtbaren Rechtsgeschäfts beteiligt war985 . Insoweit kann es auch aus Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der Interessen des getäuschten Arbeitnehmers für ein Recht zur Widerspruchsanfechtung keinen Unterschied machen, ob die Unterrichtung nach außen hin nur durch einen oder beide der beteiligten Arbeitgeber erfolgt ist, zumal beide von der Reaktion des Arbeitnehmer auf die Mitteilungen entweder durch Widerspruch oder Hinnahme des Arbeitsvertragspartnerwechsels gleichermaßen betroffen sind. Wegen dieser Interessenlage ist es sachgerecht, davon auszugehen, dass § 123 Abs. 2 BGB einer Anfechtung nach arglistiger Falschinformation nur durch einen der beiden Unterrichtungsschuldner nicht entgegensteht986.

111.

Anfechtung des Widerspruchs gemäß § 119 Abs. 2 BGB

Es ist zu fragen, ob sich ein Anfechtungsrecht im Falle eines Widerspruchs nach einer unrichtigen Unterrichtung auch aus § II9 BGB ergeben kann. Nicht in Betracht kommt eine Anwendung von § II9 Abs. I BGB wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtums. Die fehlerhaften Angaben, die der Arbeitnehmer zur Grundlage seiner Entscheidung über den Widerspruch macht, betreffen den Motivbereich. Ein Irrtum im Beweggrund bei der Willensbildung berechtigt nicht zur Anfechtung gemäß § I19 Abs. 1 BGB987 . Konstruktiv denkbar ist hingegen ein Anfechtungsrecht aus § II9 Abs. 2 BGB. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Arbeitnehmer bei der Erklärung des Widerspruchs in einem Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Person befunden hat. Dies wird jedoch nur ganz ausnahmsweise der Fall sein. Es muss sich um Umstände handeln, die dem betreffenden Rechtsträger auf Dauer anhaften bzw. diesen unmittelbar kennzeichnen und die nach der Verkehrsanschauung und unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts filr die Wertschätzung als Arbeitgeber von Bedeutung sind (z.B. Zahlungsunfähigkeit)988 . Liegen zugleich die Voraussetzungen des§ I23 Abs. I BGB vor, etwa weil die Arbeitnehmer gezielt zu Widersprüchen angestachelt werden sollten, so kann der Erklärende wählen, welches Anfechtungsrecht er ausüben will989 . 985 S. nur Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rn. 13. 986 Im Ergebnis so auch WHSS-Wil/emsen, Umstrukturierung, G Rn. 237; Wil/emsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1164. 987 Statt aller Pa1andt-Heinrichs, BGB, § 119 Rn. 29. 988 Vgl. Erman-Palm, BGB, § 119 Rn. 45; Pa1andt-Heinrichs, BGB, § 119 Rn. 24 ff.; RGRK-Krüger-Nieland, BGB, § 119 Rn. 47 ff. 989 Vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rn. 28.

308

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

IV.

Richtiger Anfechtungsgegner

Kann sich der widersprechende Arbeitnehmer auf einen Anfechtungsgrund berufen, so muss die Anfechtung gegenüber dem richtigen Adressaten erklärt werden990 • Für einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen benennt § I43 Abs. 3 S. I BOB denjenigen, gegenüber dem das Rechtsgeschäft vorzunehmen war, als Anfechtungsgegner. Zu überlegen ist, ob hiermit nur derjenige Arbeitgeber, der den Widerspruch tatsächlich empfangen hat, oder auch die andere Arbeitgeberpartei als nach § 613a Abs. 6 S. 2 BOB potenzieller Widerspruchsadressat oder sogar beide an der Betriebsübernahme beteiligten Arbeitgeber als Anfechtungsgegner angesprochen ist bzw. sind. Für eine Anfechtung gegenüber dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber spricht, dass die Anfechtung wie der Widerspruch selbst Gestaltungswirkung unmittelbar gegenüber beiden Übertragungsparteien entfaltet. Insoweit vergleichbar wird fiir Fälle der Vertragsübernahme überwiegend davon ausgegangen, dass die Anfechtung allen Parteien gegenüber erklärt werden muss, weil sie alle Beteiligten berührt991 • Allerdings erscheint es weder mit dem Wortlaut von§ I43 Abs. 3 S. I BOB noch mit der Wertung von § 613a Abs. 6 S. 2 BOB vereinbar, davon auszugehen, dass die Anfechtung kumulativ gegen beide Arbeitgeber gerichtet werden muss. Insbesondere wäre nicht recht erklärlich, warum an die Beseitigung des Widerspruchs höhere Anforderungen als an dessen Vornahme, bei der nach § 613a Abs. 6 S. 2 BOB ein Empfängerwahlrecht besteht, zu stellen sein sollen. Die hier behandelte Frage ist somit dahingehend zu präzisieren, ob der Arbeitnehmer bei der Anfechtung des Widerspruchs ebenfalls zwischen übertragendem und übernehmenden Rechtsträger als Empfänger wählen kann. Hiergegen ließe sich anführen, dass mit dem "anderen" in§ I43 Abs. 3 S. l BOB der tatsächliche Empfänger der anzufechtenden Willenserklärung gemeint sein soll 992 • Gerade dieses Verständnis wird jedoch in Bezug auf einseitige Rechtsgeschäfte, bei denen das Gesetz als Empfänger zwei Personen zur Wahl stellt (z.B. §§ I67 Abs. I, I82 Abs. I BOB), in der Lehre in Zwei-

990 Die Anfechtung eines fonnbedürftigen Geschäfts ist fonnlos gültig, Ennan-Palm, BOB,§ 143 Rn. 2. Die selbst schriftfonnbedürftige Widerspruchserklärung kann daher auch mündlich angefochten werden. 991 BGH v. 27.11.1985, NJW 1986,918 f.; Soergel-Hefermehl, BOB,§ 143 Rn. 8; Staudinger-Roth, BOB, § 143 Rn. 22; Flume, BOB AT II, S. 565; a.A. Dörner, NJW 1986,2916 ff. 992 Ennan-Palm, BOB,§ 143 Rn. 7; Flume, BOB AT II, S. 870.

309

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

fel gezogen993 • Da die Beseitigung des Widerspruchs die Kehrseite zur Rechtsausübung aus § 613a Abs. 6 BGB darstellt, ist es für die hier interessierende Problematik sachgerecht, hinsichtlich des richtigen Erklärungsgegners keine strengeren Modalitäten für die Anfechtung des Widerspruchs als für dessen Ausübung zu fordern. Die Anfechtung kann somit nach Wahl des Arbeitnehmers gegen den bisherigen oder den neuen Arbeitgeber gerichtet werden (argumentum ex § 613a Abs. 6 S. 2 BGB). Die Interessen von Betriebsveräußerer und -übernehmer werden dadurch gewahrt, dass sie sich parallel zur Rechtslage bei eingehenden Widersprüchen 994 gegenseitig über den Zugang einer Anfechtungserklärung in Kenntnis setzen müssen.

V.

Wirkung und Folgeprobleme der Widerspruchsanfechtung

Mit wirksamer Anfechtung der Widerspruchserklärung tritt die Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB ein. Das Arbeitsverhältnis geht mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Betriebsinhaber über. Es bleibt für Fälle, in denen die Anfechtung erst zeitlich nach dem Vollzug der Betriebsübertragung erklärt wird, zu eruieren, ob gemäß § 142 Abs. I BGB eine Rückwirkung der Anfechtung auf den Übergangsstichtag stattfindet995 . Dies hätte freilich Rückabwicklungsschwierigkeiten zur Folge, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitraum zwischen Widerspruchsrechtsausübung und Anfechtung des Widerspruchs weiterhin für den Betriebsveräußerer tätig war. Vor diesem Hintergrund entspricht es an sich allgemeiner arbeitsrechtlicher Dogmatik, eine Rückwirkung der Anfechtung bei zeitweiligem Vollzug des Arbeitsverhältnisses nicht zuzulassen996 • Ob ein Rückwirkungsausschluss allerdings auch bei Anfechtung wegen Täuschung gelten soll, wird zum Schutze der Interessen des Betroffenen bisweilen bezweifelt997 • Derartige Bedenken sind im Falle einer vorübergehenden Weiterarbeit für den Betriebsveräußerer zwischen Betriebsübergang und Widerspruchsanfechtung aber nicht angebracht, sofern eine etwaige Differenz zwischen dem bei dem Veräußerer erzielten Entgelt und der hypothetisch von dem Erwerber für

993 S. Jauemig-Jauernig, BGB, § 167 Rn. II; Palandt-Heinrichs, BGB, § 143 Rn. 6; Staudinger-Roth, BGB, § 143 Rn. 33 ff.; differenzierend Medicus, BGB AT, Rn. 721. 994 Dazu§ 7 B. III. 3. b). 995 So offenbar Menze, Widerspruchsrecht, S. 94; ftir eine Wirkung nur ex nunc hingegen Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 152; Pottmeyer, ZfA 1989, 239, 253. 996 S. nur ErfK.omm-Preis, § 611 BGB Rn. 461 ff.; ders., Arbeitsrecht I, S. 254 f.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, S. 151 jeweils m.w.N. 997 Zum Streitstand MünchKomm-Mayer-Maly!Busche, BGB, § 142 Rn. 16; StaudingerRoth, BGB, § 142 Rn. 34.

310

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

denselben Zeitraum geschuldeten Vergütung über Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmersaufgrund der Falschunterrichtung abgesichert ist998 • Angesichts der langen Anfechtungsfrist des § 124 BGB fUr Fälle des § 123 Abs. 1 BGB kann die Widerspruchsanfechtung auf der Rechtsfolgenseite zu Problemen ftihren, wenn der Arbeitsplatz des letztlich doch gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB übergehenden Arbeitnehmers bei dem Betriebsübemehmer inzwischen neu besetzt worden ist. Genießt der neu eingestellte Arbeitnehmer, z.B. mangels Erftillung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG, keinen Kündigungsschutz, so ist eine Freikündigung des betreffenden Arbeitsplatzes im Interesse des anfechtungsberechtigten Arbeitnehmers möglich und zumutbar. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken von§ 162 Abs. 1 BGB, wenn die Überleitung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB durch täuschungsbedingten Widerspruch zunächst vereitelt worden ist. Scheidet eine Freikündigung aus, so muss ein anderer freier und gleichwertiger Arbeitsplatz mit dem seinen Widerspruch anfechtenden Arbeitnehmer besetzt werden. Steht ein solcher Arbeitsplatz nicht zur Verftigung, dann ist eine Beschäftigung des letztlich doch übergehenden Arbeitnehmers nicht möglich. Der Betriebsnachfolger ist unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zur Gewährung der vereinbarten Vergütung(§§ 615 S. 1 und 2, 293 ff. BGB) verpflichtet. Ist ein Kündigungsausspruch unausweichlich, so kann sich bei der gegebenenfalls erforderlichen Sozialauswahl, gleichsam spiegelbildlich zu der Problematik der Sozialauswahl beim Betriebsveräußerer nach wirksamem Widerspruch999 , die Schwierigkeit ergeben, dass ein infolge der zwischenzeitliehen Neubesetzung des Arbeitsplatzes des Anfechtungsberechtigten eingetretener Arbeitskräfteüberhang durch Verdrängung eines Dritten vergleichbaren Beschäftigten behoben werden muss, dem wegen besserer Sozialdaten vorrangig zu kündigen ist(§ 1 Abs. 3 S. 1 KSchG). Anders als möglicherweise bei einer Kündigung durch den Betriebsveräußerer nach wirksamem Widerspruch gilt hier aber, dass der Arbeitnehmer, der seinen durch Täuschung verursachten Widerspruch anficht, bei der Sozialauswahl nicht weniger schutzwürdig ist als andere Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt widersprochen haben.

998 Dazu im nächsten Abschnitt unter D. I. 2. 999 Dazu§ 14 B., C.

311

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

D.

Schadensersatzfolgen bei Unterrichtungspflichtverstößen und die Beseitigung des erklärten Widerspruchs im Wege der Naturalrestitution

Wurden die von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht rechtzeitig oder unrichtig bzw. unvollständig durch die beteiligten Arbeitgeber unterrichtet, so stellt sich die Frage nach den haftungsrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen§ 613a Abs. 5 BGB. Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer scheiden nicht etwa deswegen aus, weil in dem unmittelbaren Normkontext von § 613a Abs. 5 BGB eine spezielle Haftungsbestimmung fehlt. Denn auf der Grundlage der Qualifizierung der Unterrichtungspflicht als echte Rechtspflicht der Arbeitgeberparteien ist, parallel zur Rechtslage bei Verstößen gegen die Informationspflicht des Arbeitgebers aus §§ 2, 3 NachwG bzw. § 4 BBiG 1000, eine Anwendung vor allem der allgemeinen schuldrechtlichen Regeln über Pflichtverletzungen(§§ 280 ff. BGB) möglich und geboten 1001 • Daneben ist auch eine deliktische Haftung, etwa unter dem Gesichtspunkt des § 823 Abs. 2 BGB wegen Schutzgesetzverstoßes, in Betracht zu ziehen.

I.

Schadensersatz wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis bzw. aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis

1.

Überblick über Anspruchsziele und -grundlagen

Zur Verdeutlichung seien einige einführende Beispiele vorangestellt: 1000 Vgl. BAG v. 17.4.2002, AP Nr. 6 zu§ 2 NachwG mit zust. Anm. Schnitker/Grau, EWiR 2002, 929 f.; v. 29.5.2002- 5 AZR 105/01, n.v., (unter I 4); v. 24.10.2002, AP Nr. 2 zu§ 4 BBiG (unter lll); LAG Berlin v. 4.1.1966, BB 1966, 538; ErfKomm-Preis, Einf. NachwG Rn. 13; ders., NZA 1997, 10, II; Schaefer, NachwG, D Rn. 184; Bepler, ZTR 2001, 241, 245; Birk, NZA 1996, 281, 288; Leuchten/Zimmer, NZA 1999,969, 971; Müller-Glöge, RdA 2001, Beil. Heft 5, S. 46,53 f.; a.A. Weber, NZA 2002,641,643. 1001 Wie hier ausdrücklich auch ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 90; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 47; Widmann!Mayer-Vollrath, UmwG, § 324 Rn. 19; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 76 ff.; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 138; ders., FA 2002, 299, 307; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 66; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 236; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 24; Franzen, RdA 2002, 258, 267; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 639; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 48; Krügermeyer-Kaltho.ff/Reutershan, MDR 2003, 541, 544 f.; Nehls, NZA 2003, 822, 824; Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2045; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1164; zweifelnd hingegen Meyer, BB 2003, 1010, 1014; ablehnend (auf der Grundlage einer Qualifizierung von § 613a Abs. 5 BGB als bloße Informationsobliegenheit) Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 48; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 458; Grobys, BB 2002, 726,727.

312

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

(1) In dem Unterrichtungsschreiben fehlen Angaben zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen, obwohl der Betriebserwerber bereits zu einer Betriebsteilstilllegung entschlossen ist. Als Arbeitnehmer A nach Vollzug des Betriebsübergangs die Kündigung erhält, möchte er widersprechen bzw. verlangt Schadensersatz wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses.

(2) In dem Informationsschreiben werden wahrheitswidrig umfangreiche Rationalisierungsmaßnahmen angekündigt, um betroffene Mitarbeiter zum Widerspruch zu motivieren. A macht geltend, er hätte dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses in Kenntnis der wahren Umstände keinesfalls widersprochen, zumal ihm nun der Betriebsveräußerer die Kündigung überreicht hat. Er verlangt Einstellung von dem Betriebsübernehmer bzw. Schadensersatz in Geld. (3) Info/ge unterbliebener Angaben zu einem TarifWechsel (§ 6I Ja Abs. 5 Nr. 3 BGB) versäumt A eine tarifliche Ausschlussfrist. Auch in Kenntnis des TarifWechsels hätte A nicht widersprochen. Er verlangt jedoch Schadensersatz für die ausgeschlossenen Vergütungsansprüche. Die vorstehenden Beispiele zeigen, dass sich Einbußen irrfolge von Unterrichtungspflichtverstößen fiir die Arbeitnehmer sowohl irrfolge einer (Nicht-)Ausübung des Widerspruchsrechts als auch, wie in Beispiel (3), unabhängig hiervon ergeben können. Zentrale und vornehmlich in Betracht kommende Haftungsnorm fiir Pflichtverstöße gegen§ 613a Abs. 5 BGB ist § 280 Abs. 1 BGB. Hierbei geht es, wenn die pflichtwidrige Information wie in den genannten Beispielen zu Nachteilen fiihrt, wie allgemein bei der Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten um den sogenannten einfachen Schadensersatz 1002 • Wird ein Schaden wegen Verzögerung der Unterrichtung geltend gemacht, so treten die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB hinzu. 2.

Verantwortlichkeit der Unterrichtungsschuldner aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 613a Abs. 5 BGB

a)

Verletzung der Pflicht aus einem Schuldverhältnis

Eine Einstandspflicht der beteiligten Arbeitgeber aus § 280 Abs. 1 BGB setzt eine Pflichtverletzung aus einem Schuldverhältnis voraus.

1002 Vgl. nur HK-8GB-Schulze,§ 280 Rn. 12; D-LHLR-Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 2 Rn. 33; Henssler/Graf v.Westphalen-Dedek, Praxis Schuldrechtsreform, § 280 Rn. 21.

313

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

aa)

Schuldverhältnis aus Arbeitsvertrag bzw. Gesetz

Unproblematisch ist das Vorliegen eines Schuldverhältnisses im Verhältnis zu demjenigen übertragenden oder aufnehmende Rechtsträger, der im Zeitpunkt des fraglichen Informationspflichtverstoßes Arbeitgeber des anspruchstellenden Arbeitnehmers ist. Da es sich bei § 613a Abs. 5 BGB um eine spezialgesetzliche Ausprägung des Nebenpflichtprogramms des Arbeitgebers handelt 1003 , kann hier an das bestehende Arbeitsverhältnis angeknüpft werden. Auf den ersten Blick zweifelhaft erscheint das Bestehen eines Schuldverhältnisses im Verhältnis zu derjenigen Betriebsübertragungspartei, die im Zeitpunkt des fraglichen Unterrichtungspflichtverstoßes nicht, das heißt nicht mehr oder noch nicht, Arbeitsvertragspartner des Arbeitnehmers ist. Es erschiene hier denkbar, gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber, also dem Betriebsveräußerer nach Vollzug des Übergangs, unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung nachwirkender Pflichten aus dem Arbeitsvertrag auf die Grundsätze der culpa post contractum finitum zurückzugreifen 1004 • Parallel dazu käme es für den zukünftigen Betriebsinhaber, also den übernehmenden Rechtsträger vor dem Übertragungsstichtag, auf das Bestehen eines vorvertragliehen Schuldverhältnisses an. Grundlage für eine Haftung des erst zukünftigen Arbeitgebers wegen Verstoßes gegen § 613a Abs. 5 BGB wäre dann, wie in der Literatur zum Teil auch vertreten 1005 , §§ 280 Abs. I, 3ll Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo). Eine entsprechende Differenzierung in den Anspruchsgrundlagen je nach Zeitpunkt des Unterrichtungspflichtverstoßes und pflichtwidrig handelndem Rechtsträger ist indessen nicht geboten. Aus§ 6I3a Abs. 5 BGB ist auch der bereits ausgeschiedene oder der erst zukünftige Arbeitgeber kraft Gesetzes in gleicher Weise zu einer inhaltlich richtigen und vollständigen Unterrichtung verpflichtet wie der jeweils aktuelle Betriebsinhaber als Arbeitgeber. Scheidet eine Anknüpfung an das durch den (gegebenenfalls bereits übergegangenen) Arbeitsvertrag bestehende Schuldverhältnis im Rahmen von § 280 Abs. I BGB aus, so kann folglich auf ein im Zeitpunkt der An1003 S. bereits§ 4 A. III. 1004 Einschlägig wäre§ 280 Abs. I BOB; s. Pa!andt-Heinrichs, BOB,§ 280 Rn. 7. 1005 ArbRK.omm-Wil/emsen!Müller-Bonanni, § 613a BOB Rn. 342; ErtKomm-Preis, § 613a BOB Rn. 90; O.Picot-Picot/Schnitker, Untemehmenskauf, III Rn. 75; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, 0 Rn. 236; Pranzen, RdA 2002, 258, 267; Hauck, NZA 2004, Beil. I, S. 43, 48; Wil/emsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1164; ähnlich Menze, Widerspruchsrecht, S. 201, für die von ihr bejahte Informationspflicht des Betriebserwerbers über den bevorstehenden Betriebsinhaberwechsel vor Einführung von§ 613a Abs. 5, 6 BOB.

3I4

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

Spruchsentstehung aus § 613a Abs. 5 BGB durch die Norm unmittelbar begründetes gesetzliches Schuldverhältnis als Haftungsgrundlage in Verbindung mit§ 280 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden 1006 . Dies ist systemgerecht, weil § 280 Abs. 1 BGB allgemein auch auf Pflichtverstöße im gesetzlichen Schuldverhältnis Anwendung findet 1007 und somit im Falle einer nicht den Anforderungen von§ 613a Abs. 5 BGB entsprechenden Unterrichtung gegenüber beiden informationspflichtigen Rechtsträgem eine identische Haftungsgrundlage herangezogen werden kann. Eine nähere Unterscheidung nach einem im Zeitpunkt der Schädigungshandlung bestehenden Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 613a Abs. 5 BGB in Anspruch genommenen Unterrichtungsschuldner ist somit nicht notwendig. In mit dem Schuldrechtsmodemisierungsgesetz begrifflich überholten Kategorien gesprochen bedeutet dies, dass sich Schadensersatzansprüche bei einer Verletzung des Informationsrechts aus§ 613a Abs. 5 BGB zugunsten der Arbeitnehmer einheitlich nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung richten 1008 .

bb)

Pflichtverletzung

Bei der Pflichtverletzung handelt es sich um den Zentralbegriff des Leistungsstörungsrechts1009. Was hierunter zu verstehen ist, ergibt sich aus der fiir das jeweilige Schuldverhältnis maßgebenden Norm; erfasst ist sowohl die Nicht- als auch die Schlechterfiillung von (Neben-)Pflichten 1010 . Für§ 613a Abs. 5 BGB bedeutet dies, dass einjegliches objektives Zurückbleiben hinter den von der Norm statuierten Anforderungen an eine formal und inhaltlich richtige sowie vollständige und rechtzeitige 1011 Unterrichtung I 006 Wie hier B. Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 81; TschöpeBeseler, 2 G Rn. 66; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 24; Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2045; Warmbein, DZWIR 2003, 11, 13 f. I 007 Statt aller MünchKomm-Ernst, BGB (Bd. 2a), § 280 Rn. 9; Palandt-Heinrichs, BGB, § 280 Rn. 9. I 008 Von einer positiven Vertragsverletzung zu sprechen wäre hingegen zu eng, da Pflichtverstöße aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis hierdurch begrifflich nicht erfasst sind. Das Rechtsinstitut der positiven Forderungsverletzung ist in§ 280 Abs. 1 BGB aufgegangen; D-LHLR-Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 2 Rn. 6 ff., 15. I 009 S. nur Bamberger!Roth-Grüneberg, BGB, § 280 Rn. II, 28. 1010 AnwKomm-Dauner!Lieb, BGB, § 280 Rn. 57 f.; Bamberger/Roth-Grüneberg, BGB, § 280 Rn. 12, 17; HK-BOB-Schulze, § 280 Rn. 5 f.; Jauemig-Vollkommer, BGB, § 280 Rn. I; Palandt-Heinrichs, BGB, § 280 Rn. 12 ff.; Henssler/Graf v.Westphalen-Dedek, Praxis Schuldrechtsreform, Vorbem. §§ 241 ff. BGB Rn. 13 f., 17, § 280 BGB Rn. 3; Schimmel/Buh/mann, Frankfurter HdB. Schu1drecht, D. 111. Rn. 23 ff. I 0 II Zum Verzug mit der Unterrichtung s. noch unter 3.

315

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

tatbestandlieh als Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB zu qualifizieren ist.

b)

Vertretenmüssen und Verschuldeoszurechnung im Verhältnis der Pflichtadressaten aus§ 613a Abs. 5 BGB

Gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der unterrichtende Rechtsträger den Verstoß gegen § 613a Abs. 5 BGB nicht zu vertreten hat (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Verschulden wird nach dieser Norm widerlegbar vermutet 1012 . Der Arbeitnehmer muss somit nicht nachforschen, ob die Fehlerquelle aus der Sphäre des Veräußerers oder Erwerbers stammt. Vielmehr obliegt es dem informierenden Arbeitgeber, den Entlastungsbeweis zu führen. Auf die nach altem Recht problematische Frage nach der Reichweite der von der Rechtsprechung entwickelten Beweislastumkehr bei behaupteten Fürsorgepflichtverletzungen des Arbeitgebers1013 kommt es folglich nicht an. Die Zurechenbarkeit einer Unterrichtungspflichtverletzung wirft mehrere Zweifelsfragen auf. So ist zu überlegen, ob sich die beteiligten Arbeitgeber mit dem Einwand entlasten können, das tatbestandliehe Vorliegen eines Betriebsübergangs und somit das Eingreifen von § 613a Abs. 5 BGB sei nicht erkennbar gewesen. Dies wird vor allem dann relevant, wenn der Betriebsinhaberwechsel auf einem Bündel von Rechtsgeschäften beruht und eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen dem bisherigen und dem neuen Betriebsinhaber nicht existiert 1014 . Gegen die Beachtlichkeit eines derartigen Vorbringens spricht, dass die Parteien in diesen Fällen zumindest tatsächliche Kenntnis von ihrem Aus- bzw. Einrücken in die betrieblichorganisatorischen Leitungsfunktionen haben. Eine einseitige fehlerhafte rechtliche Würdigung bekannter Tatsachen lässt den Fahrlässigkeitsvorwurf nach allgemeinen Grundsätzen nicht ohne weiteres entfallen 1015 . Schließlich wird der Arbeitgeber als verpflichtet angesehen, die fiir die Arbeitsverhältnisse relevanten Normen zu kennen und richtig anzuwenden 1016 . 1012 AnwKomm-Dauner-Lieb, BOB, § 280 Rn. 60; HK-BOB-Schulze, § 280 Rn. 10; Jauemig-Vo/lkommer, BOB, § 280 Rn. 25; MünchKomm-Kramer, BOB (Bd. 2a), § 280 Rn. 31; Palandt-Heinrichs, BOB,§ 280 Rn. 40; fiir den hier interessierenden Zusammenhang dezidiert B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 77. 1013 Vgl. Kort, NZA 1996,854,856 m.w.N.; Leuchten/Zimmer, NZA 1999,969,971. 1014 S. oben§ 2 B. Il. I. a). 1015 Vgl. nur BAO v. 13.6.2002, AP Nr. 97 zu§ 615 BOB (LS 2 und unter B II 2 b cc); Palandt-Heinrichs, BGB, § 276 Rn. 22; RGRK-A(ff, BGB, § 286 Rn. 10. 1016 S. nur MünchKomm-Lorenz, BGB, § 618 Rn. 71; Staudinger-Löwisch, BGB, § 276 Rn. 56; Leuchten/Zimmer, NZA 1999, 969, 971.

316

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es fiir Reichweite und Inhalt der Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB auf den Kenntnishorizont beider beteiligter Arbeitgeber an 1017 • Vor diesem Hintergrund ist problematisch, ob sich der wegen einer Pflichtverletzung aus§ 280 i.V.m. § 613a Abs. 5 BGB in Anspruch genommene Arbeitgeber dadurch exculpieren kann, dass er unter Beweisantritt darlegt, der Unterrrichtungsfehler habe seinen Ursprung nicht in seiner Sphäre, sondern stamme aus derjenigen der anderen Betriebsübertragungspartei (Bsp.: Vor der Erstellung des Informationsschreibens teilt der Erwerber dem Veräußerer wahrheitswidrig mit, er plane keinen Arbeitsplatzabbau in der übernommenen Einheit; die Angabe fließt in die Mitteilungen zu § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB ein.). In derartigen Konstellationen ist an ein eigenes sowie an ein zuzurechnendes fremdes Verschulden des unwillkürlich falsch informierenden Arbeitgebers zu denken. Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen bei der Vorbereitung und Durch:fiihrung der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB zum Anknüpfungspunkt :fiir den Vorwurf eigenen Verschuldeus des informierenden Rechtsträgers gemacht werden kann. Dies ist etwa möglich, wenn sich der Absender des Informationsschreibens nicht im Vorfeld bemüht, die fiir eine vollständige und inhaltlich richtige Unterrichtung erforderlichen Auskünfte im Innenverhältnis von dem anderen informationspflichtigen Rechtsträger einzuziehen und gegenüber den Arbeitnehmern den Eindruck der Vollständigkeit der Mitteilungen erweckt. Daneben ist ein Fahrlässigkeitsvorwurf unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens gerechtfertigt, wenn sich Mängel bei der gebotenen Koordination der Unterrichtung zwischen den beteiligten Rechtsträgem in einer fehlerhaften oder verspäteten Information niederschlagen oder ganz offensichtlich unrichtige Angaben des Betriebsübertragungspartners in das Unterrichtungssehreiben aufgenommen werden. Eine nähere inhaltliche bzw. rechtliche Prüfung der im Innenverhältnis bei der Vorbereitung der Unterrichtung übermittelten Angaben ist aus Sicht des informierenden Rechtsträgers freilich im Regelfall weder möglich noch geboten, so dass die Anforderungen an einen Sorgfaltspflichtverstoß insoweit hoch anzusetzen sind. Liegt ein eigenes vorwertbares Verhalten des Absenders der Mitteilungen nach§ 613a Abs. 5 BGB nicht vor, so muss eine Zurechnungfremden Verschuldens des anderen beteiligten Arbeitgebers in Betracht gezogen werden, wenn dieser die falsche oder verzögerte Unterrichtung, z.B. durch Verschweigen seiner arbeitnehmerbezogenen Planungen, verursacht hat. Mit Blick auf das zwischen den Plichtadressaten aus § 613a Abs. 5 BGB beste1017 Vgl. § 5 B. II. 5. b), c).

317

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

hende Unterrichtungsgesamtschuldverhältnis ist eine wechselseitige Verschuldenszurechnung wegen der gesetzlichen Einzelwirkungsanordnung in § 425 Abs. 1, 2 3. Fall BGB an sich ausgeschlossen 1018. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wäre nach dem Vorbehalt des § 425 Abs. 1 BGB aber anzunehmen, wenn sich aus dem Schuldverhältnis zwischen Betriebsveräußerer und -erwerber ein anderes ergibt. Zur Beurteilung sind neben dem Inhalt des der gesamtschuldnerischen Haftung zugrunde liegenden Schuldverhältnisses auch die Interessenlage, Sinn und Zweck der Gesamtschuld und die berechtigten Erwartungen des Gesamtschuldgläubigers heranzuziehen 1019 . Gesamtwirkendes Verschulden soll vor allem in Betracht kommen, wenn die Pflichten der Gesamtschuldner derart eng miteinander verknüpft sind, dass sie aus wirtschafliehen oder tatsächlichen Gründen eine Einheit bilden, so etwa bei notwendigem Zusammenwirken der Gesamtschuldner bei der Leistungserbringung1020. Für den hier interessierenden Zusammenhang muss vor diesem Hintergrund unterschieden werden: Eine Verschuldenszurechnung bei objektivem Verstoß gegen § 613a Abs. 5 BGB ist allemal dann gerechtfertigt, wenn der bisherige Arbeitgeber und der neue Betriebsinhaber überein gekommen sind, die Unterrichtung gegenüber den Arbeitnehmern gemeinschaftlich durchzufiihren. In diesem Fall ergibt sich aus dem Schuldverhältnis deswegen etwas anderes im Sinne von § 425 Abs. 1 BGB, weil nach Sinn und Zweck einer derartigen Abrede jede der Parteien - gerade auch aus Sicht der Mitteilungsempfänger - sich den gemeinsam verabredeten Unterrichtungsinhalt zu eigen machen wi11 1021 . Ob im Übrigen eine wechselseitige Zurechnung eines Fehlverhaltens des anderen Unterrichtungsschuldners aus § 613a Abs. 5 BGB begründbar ist, ist zweifelhaft. Zwar ergibt sich aus dem Schuldverhältnis, dem Betriebsübertragungsvertrag, eine Verständigungs(neben-)pflicht in Bezug auf Inhalt und Modalitäten der Unterrichtung. Im Außenverhältnis ist eine gemeinschaftliche Information der Arbeitnehmer jedoch gerade nicht geschuldet. Erhalten die Beschäftigten die Mitteilungen nur von einem der beteiligten 1018 S. oben§ 4 B.ll. 2. b). 1019 Vgl. BGH v. 25.3.1986, BGHZ 97, 273, 279; Jauemig-Stürner, BGB, § 425 Rn. 8; Staudinger-Noack, BGB, § 425 Rn. 36 f. 1020 Vgl. Errnan-Ehmann, BGB, vor§ 420 Rn. 27; Staudinger-Noack, BGB, § 425 Rn. 36, 44; kritisch MünchKomm-Bydlinski, BGB (Bd. 2a), § 425 Rn. 19. 1021 Erfolgt eine Zurechnung, so ist deljenige Rechtsträger, den kein persönliches Verschulden an dem objektiven Pflichtverstoß gegen§ 613a Abs. 5 BGB trifft, durch Sekundäransprüche gegenüber seinem Vertragspartner aus dem Betriebsübertragungsvertrag geschützt (§ 280 Abs. I BGB). Es kann gegebenenfalls gemäß §§ 249 Abs. I, 257 BGB Freistellung von Schadensersatzansprüchen der Arbeitnehmer verlangt werden.

318

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

Arbeitgeber, so kann vorbehaltlich besonderer Umstände nicht ohne weiteres von einer engen Verknüpfung der Informationspflicht der Betriebsübertragungsparteien im Sinne einer wirtschaftlichen oder tatsächlichen Einheit gesprochen werden. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass ein derartiges getrenntes Vorgehen auch Ausdruck der gegebenenfalls sehr unterschiedlichen Interessen des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers in Bezug auf die Arbeitnehmer sein kann. Eine generelle Abweichung von dem in§§ 276, 425 Abs. 1, 2 BGB manifestierten Prinzip der persönlichen Verantwortung würde hier bedeuten, beispielsweise dem redlich handelnden Arbeitgeber das nicht untypische Risiko aufzubürden, dass der Betriebserwerher möglichst wenige Arbeitnehmer übernehmen will und falschlieherweise ein bewusst düsteres Bild von der Beschäftigungsperspektive nach Vollzug des Betriebsübergangs zeichnet, um bei den Beschäftigten Widersprüche gegen den Arbeitgeberwechsel zu provozieren 1022 • Es ist also festzuhalten, dass es mit der geschilderten Ausnahme bei der persönlichen Wirkung des Verschuldeos der beteiligten Arbeitgeber im Falle eines objektiven Verstoßes gegen§ 613a Abs. 5 BGB verbleibt 1023 •

c)

Schaden und Ursachenzusammenhang zwischen Unterrichtungspflichtverstoß und Einbuße

Grundbedingung für eine Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB ist, dass sich der Unterrichtungspflichtverstoß adäquat in einem Schaden des informationsberechtigten Arbeitnehmers realisiert hat 1024 •

aa)

Vermögensschaden und ersatzfahige Nachteile unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks von § 613a Abs. 5 BGB

An einem ersatzfahigen Schaden infolge des Verstoßes gegen § 613a Abs. 5 BGB fehlt es, wenn lediglich geltend gemacht wird, die verspätete oder mangelhafte Unterrichtung habe die Freiheit des Arbeitnehmers bei der Widerspruchsentscheidung beeinträchtigt, vgl. § 253 A.bs. I BGB. Notwendig ist eine materielle Einbuße, deren Vorliegen nach allgemeinen Regeln anband einer Differenzhypothese zu ermitteln ist 1025 • Ein wirtschaftlicher 1022 Vgl. zum Szenario einer derartigen "unfreundlichen Übernahme" Meyer, BB 2003, 1010 f. 1023 A.A. wohl BKMT-Trittin, Arbeitsrecht bei Untemehmensumwandlung, F Rn. 87 sowie B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 639, die Betriebsveräußerer und -erwerber unabhängig von der Person des Schädigers zur Erfüllung etwaiger Schadensersatzansprüche für verpflichtet halten wollen. Generell gegen eine Zurechnung hingegen Warmbein, DZWIR 2003, 11, 14. 1024 Vgl. statt aller MünchKomm-Ernst, BOB (Bd. 2a), § 280 Rn. 29. 1025 S. nur BGH v. 26.9.1997, NJW 1998,302, 304; BAG v. 18.1.2000, RdA 2001,333, 336; Palandt-Heinrichs, BOB, Vorb. v. § 249 Rn. 8jeweils m.w.N.

319

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Schaden ist zudem ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer den Eintritt von Nachteilen durch eine Ausübung des ihm weiterhin zustehenden Widerspruchsrechts noch verhindem kann 1026 • Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Beschäftigte, wie eingangs in Beispiel (1), pflichtwidrig nicht oder falsch unterrichtet worden ist und er von seinem Widerspruchsrecht noch keinen Gebrauch gemacht hat. Da ihm dies infolge der fehlenden Fristauslösung gemäß § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB weiterhin möglich ist, ist der Arbeitnehmer, der geltend macht, bei ordnungsgemäßer Unterrichtung von seinem Recht aus § 613a Abs. 5 BGB Gebrauch gemacht zu haben, im Sinne einer Schadensabwendungsobliegenheit (§ 254 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB) als verpflichtet anzusehen, sein Widerspruchsrecht auch tatsächlich auszuüben. Ein "dulde und liquidiere" liefe dem begrenzten Schutzzweck von § 613a Abs. 5 BGB, der Ermöglichung einer sachgerechten Entscheidung über den Arbeitgeberwechsel, zuwider. Der Vortrag des Arbeitnehmers, bei rechtzeitiger Information früher widersprochen zu haben, begründet wegen der Rückwirkung des Widerspruchs auf den Betriebsübergangsstichtag 1027 grundsätzlich keinen Schadenseintritt Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur, wenn der Betreffende über einen längeren Zeitraum nach Vollzug des Betriebsübergangs für den Erwerber tätig geworden ist und sich ein negativer Saldo zwischen der aus dem fehlerhaften Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsübemehmer 1028 geschuldeten Vergütung und denjenigen Entgeltansprüchen ermitteln lässt, die dem Arbeitnehmer in demselben Zeitraum beim Veräußerer zugestanden hätten, wenn der Arbeitnehmer bei richtiger Unterrichtung und noch vor dem Stichtag des Betriebsinhaberwechsels erklärtem Widerspruch stets nur für diesen gearbeitet hätte. Ist wie in den obigen Beispielen (2) und (3) ein Vermögensschaden des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit dem Arbeitgeberverstoß gegen § 613a Abs. 5 BGB feststellbar, so ist weiter zu fragen, ob die betreffenden Nachteile aus §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB ersatzfähig sind. Auf der Grundlage der Schutzzwecklehre müssen nämlich Einbußen außer Betracht bleiben, deren Eintritt § 613a Abs. 5 BGB nach dem Schutzzweck der Norm

I 026 Wie hier B. Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 80; HS-Spirolke, Arbeitsrecht!. Mandat, § 8 Rn. 35; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 236; Franzen, RdA 2002, 258, 267; B.Gaul/Otto, OB 2002, 634, 639; Nehls, NZA 2003, 822, 824. 1027 Dazu§ 13 B. I. 1028 S. noch§ 13 B. II l.b), 2.

320

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

nicht verhindem will 1029 • Bedeutung erlangt dies vor allem im Verhältnis zum Nachweisgesetz, welches den Arbeitnehmer anders als die von ihrem Telos her begrenzte Vorschrift des§ 613a Abs. 5 BGB generell vor Nachteilen aufgrund einer Unkenntnis seiner Rechte und Pflichten bewahren will 1030 • Grenzt man die betroffenen Schutzzwecke systemgerecht voneinander ab, so ergibt sich, dass eine Schadensersatzpflicht der beteiligten Arbeitgeber aus §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB nur insoweit besteht, als der durch die pflichtwidrige Unterrichtung eingetretene Schaden mit der uninformierten oder schlecht informierten Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang steht. Entsteht demgegenüber unabhängig hiervon ein Schaden, weil der Arbeitnehmer allgemein seine geänderten Rechte und Pflichten bei dem Betriebsnachfolger nicht kennt [s. Beispiel (3): Versäumung tariflicher Ausschlussfrist], so kann eine Ersatzpflicht nur den neuen Inhaber auf der Grundlage von § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 NachwG 1031 treffen.

bb)

Kausalität und Vermutung "informationsrichtigen" Verhaltens bei der Widerspruchsentscheidung

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen ist für den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Unterrichtungspflichtverstoß und Schaden erforderlich, dass der Arbeitnehmer darlegen kann, bei ordnungsgemäßer Information über den Widerspruch gemäß § 613a Abs. 6 BGB anders entschieden zu haben, als er es tatsächlich getan hat 1032 • Nicht ausreichend ist hingegen der bloße Nachweis einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bei dem neuen Betriebsinhaber, da diese, z.B. infolge eines Tarifwechsels gemäß § 613a Abs. 1 S. 3 BGB, unabhängig von einer

1029 Vgl. BGH v. 17.10.1990, WM 1991,246, 248; v. 3.12.1991, BGHZ 116,209, 212; v. 20.10.1994, NJW 1995, 449 451; aus der Literatur s. u.a. Bamberger!RothGrüneberg, BGB, § 280 Rn. 29; HK-BOB-Schulze, § 280 Rn. 12; MünchKommRoth, BGB, § 242 Rn. 313; Palandt-Heinrichs, BGB, Vorb. v. § 249 Rn. 62 ff., § 280 Rn. 32; Staudinger-Schiemann, BGB, § 249 Rn. 27 ff.; Lange, Schadensersatz, S. 76 ff.; Rolfs, Anm. zu BAG v. 17.10.2000, AP Nr. 116 zu§ 611 BGB Fürsorgepflicht m.w.N. (BI. 1202). I 030 S. bereits § 5 B. III. I. b) bb). I 031 Die hierin statuierte Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über eine Änderung wesentlicher Arbeitsbedingungen spätestens einen Monat nach deren Eintritt schriftlich zu informieren, greift auch bei Änderungen infolge Betriebsübergangs ein; Schaefer, NachwG, F Rn. 121, 124. I 032 Ebenso HS-Spirolke, Arbeitsrecht). Mandat, § 8 Rn. 35; Franzen, RdA 2002, 258, 267; s.a. ArbRKomm-Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 342; Warmbein, DZWIR 2003, II, 14; allgemein auch MünchKomm-Roth, BGB, § 242 Rn. 313.

321

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

diesbezüglich fehlerhaften oder verspäteten Mitteilung nach § 613a Abs. 5 BGB eintritt 1033 • Beweisbelastet hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen Pflichtverletzung und Schaden ist prinzipiell der Anspruchsteller aus § 280 Abs. 1 BGB 1034 • Dies ist aus Sicht des Arbeitnehmers problematisch. Denn ein Nachweis, bei pflichtgemäßer Unterrichtung anders über den Widerspruch entschieden zu haben, wird im nachhinein vielfach kaum zu fiihren sein. In Rechtsprechung und Literatur ist fiir eine vergleichbare Problematik bei der Verletzung von Aufklärungs- bzw. Hinweispflichten anerkannt, dass dem Geschädigten durch eine Vermutung "aufklärungsrichtigen" Verhaltens Beweiserleichterungen zuteil werden können 1035 • Hierfiir wird allerdings zum Teil vorausgesetzt, dass von dem fraglichen Schädiger auch ein auf ein bestimmtes Verhalten gerichteter Rat zu erteilen war 1036 • Wird dies auf die Sach- und Rechtslage bei §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB übertragen, so käme eine Vermutung "informationsrichtigen" Verhaltens nicht in Betracht, weil der Unterrichtung keine Beratungsfunktion innewohnt. Im Arbeitsrecht wird die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens des Arbeitnehmers jedoch auch bei arbeitgeberseitigen Verstößen gegen schlichte gesetzliche Informationspflichten herangezogen 1037 • Legt man die in der Rechtsprechung gebräuchliche Formel zugrunde, so ist prinzipiell davon auszugehen, dass jedermann bei ausreichender Information seine Eigeninteressen in vernünftiger Weise wahrt 1038 • Dies beansprucht Geltung auch fiir die Prüfung von I 033 So auch B. Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 78; Franzen, RdA 2002, 258, 267; B.Gau/!Otto, DB 2002, 634, 639; Meyer, BB 2003, 1010, 1014; a.A. wohl Sayatz/Wolf, DStR 2002,2039,2045. I 034 Pa!andt-Heinrichs, BGB, § 280 Rn. 34. 1035 BGH v. 30.9.1993, BGHZ 123, 311, 313 m.w.N.; aus der Literatur statt vieler Bamberger!Roth-Grünewa/d, BGB, § 280 Rn. 4lf.; Musie!ak-Foerste, ZPO, § 286 Rn. 40. 1036 Vgl. BGH V. 2.12.1980, V. 8. 6. 1989, NJW 1981, 630, 632; 1989, 2945, 2946; V. 10.12.1998, BB 1999, 287, 288; v. 6.12.2001, NJW 2002, 593, 594; Pa!andtHeinrichs, BGB, § 280 Rn. 39. I 037 So beispielsweise bei Verstößen gegen die Nachweispflicht; s. BAG v. 17.4.2002, AP Nr. 6 zu§ 2 NachwG (unter li 4 b); v. 24.10.2002, AP Nr. 2 zu§ 4 BBiG (unter III 4 a); Bepler, ZTR 2001,241, 246; Müller-Glöge, RdA 2001, Beil. Heft 5, S. 46, 53. S. a. Bauer, Autbebungsverträge, S. 86; Wels/au, Anm. zu LAG Harnburg v. 20.8.1992, LAGE Nr. 9 zu§ 611 BGB Autbebungsvertrag (S. 19 f.). 1038 BAG v. 18.12.1984, v. 15.10.1985, v. 17.10.2000, AP Nr. 3 (unter 2), Nr. 12 (unter III 1), Nr. 56 (unter III3) zu§ I BetrAVG Zusatzversorgungskassen; v. 17.4.2002, AP Nr. 6 zu§ 2 NachwG (unter li 4 b); v. 17.10.2000, AP Nr. 116 zu§ 611 BGB Fürsorgepflicht m.w.N. (unter li 4 e); v. 24.10.2002, AP Nr. 2 zu § 4 BBiG (unter III 6 a).

322

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

Arbeitnehmeransprüchen aus§§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB 1039 • Wird in dem Informationsschreiben beispielsweise ein bestehender Kündigungsentschluss des Veräußerers gegenüber widersprechenden Arbeitnehmern verschwiegen, so darf vermutet werden, dass der Arbeitnehmer in Kenntnis dieses Umstandes sein Widerspruchsrecht nicht ausgeübt hätte [s. obiges Beispiel (2)]. An ihre Grenzen stößt eine derartige Vermutung allerdings in Fällen, in denen die nach einer unzutreffenden Angabe gefasste Widerspruchsentscheidung des Arbeitnehmers nicht ohne weiteres als objektiv nachteilig qualifiziert werden kann. Hier besteht kein Ansatzpunkt für die Vermutung eines abweichenden, aus der Sicht des Arbeitnehmers offenbar interessengerechteren Entschlusses pro/contra Arbeitgeberwechsel bei unterstellter Ordnungsgemäßheit der Mitteilungen 1040 • Daneben kann die Vermutung entfallen, wenn das abweichende Verhalten für den Arbeitnehmer ebenfalls wesentliche Nachteile zur Folge gehabt hätte 1041 •

d)

Ersatz des durch den Unterrichtungspflichtverstoß entstandenen Schadens

Umfang und Inhalt des aus §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB geschuldeten Schadensersatzes ergeben sich aus den §§ 249 ff. BGB. Wie allgemein bei Verstößen gegen nicht leistungsbezogene Nebenpflichten kann Ausgleich der durch die Pflichtverletzung entstandenen Nachteile verlangt werden 1042 • Der Arbeitnehmer muss so gestellt werden, wie er bei pflichtgemäßer Erfüllung seines Informationsanspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB stünde 1043 . Darauf, ob gerade in Bezug auf die eingetretenen Nachteile falsch unterrichtet wurde, kommt es somit grundsätzlich nicht an 1044 •

I 039 A.A wohl ArbRKomm- Willemsen!Müller-Bonanni, § 613a BOB Rn. 342. 1040 Vgl. BOH V. 30.9.1993, BOHZ 123,311, 314; V. 10.5.1994, NJW 1994,2541 f.; V. 10.12.1998, BB 1999,287, 288; Palandt-Heinrichs, BOB,§ 280 Rn. 39: grundsätzlich keine Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens bei mehreren sinnvollen Verhaltensvarianten. 1041 Vgl. Palandt-Heinrichs, BOB,§ 280 Rn. 39. 1042 Vgl. Bamberger!Roth-Grünewald, BOB,§ 280 Rn. 29, 40; HK-BOB-Schulze,§ 280 Rn. 12 f.; MünchKomm-Ernst, BOB (Bd. 2a), § 280 Rn. 29; Palandt-Heinrichs, BOB,§ 280 Rn. 32; Henssler/Orafv.Westphalen-Dedek, Praxis Schuldrechtsreform, § 280 BGB Rn. 13. 1043 Vgl. HK-BOB-Schulze, § 280 Rn. 13; Schimmel/Buh/mann, Frankfurter HdB. Schuldrecht, D III Rn. 31; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 78; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 639; Sayatz/Wolj, DStR 2002, 2039, 2045. 1044 Zu eng daher Franzen, RdA 2002,258, 267.

323

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

aa)

Schadensersatz in Geld als Wertersatzanspruch gegen den Betriebsveräußerer

Ein Schadensersatzanspruch aus§§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB gegen den Betriebsveräußerer ist stets auf Ausgleich in Geld(§§ 251 Abs. 1, 252 BGB) fiir diejenigen wirtschaftlichen Nachteile gerichtet, die dem Arbeitnehmer aufgrund der pflichtwidrigen Unterrichtung durch seine uninformierte Widerspruchsentscheidung entstanden sind. Ein Einstellungsanspruch gegen den Veräußerer als Naturalrestitution kommt, anders als gegenüber dem Erwerber (dazu sogleich), bereits konstruktiv nicht in Betracht, weil eine Vertragsfortsetzung mit dem bisherigen Arbeitgeber durch eine nach wie vor mögliche Ausübung des infolge Informationspflichtverstoßes nicht fristgebundenen Widerspruchsrechts erreicht werden kann. Der Ausgleich in Geld betriffi beispielsweise Einbußen, wenn der Arbeitnehmer infolge des Widerspruchs nicht an bei dem neuen Betriebsinhaber bestehenden Sozialleistungen, Gratifikationen, Bonusprogrammen etc. partizipiert. Hierbei ist der Anspruch grundsätzlich der Höhe nach pro rata temporis bis zu dem (fiktiven) Zeitpunkt zu begrenzen, in dem der Betriebsnachfolger den Anspruch erstmals rechtmäßig hätte beseitigen können (z.B. durch vorbehaltenen Widerruf, negative betriebliche Übung, Kündigung etc.). Dies ergibt sich aus dem beachtlichen Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens der Arbeitgeberparteien bei der Unterrichtung 1045 bzw. aus einer entsprechenden Heranziehung der zum Anspruchsumfang im Rahmen einer Haftung fiir Auflösungsverschulden nach § 628 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze 1046 • Hat der Arbeitnehmer infolge der unzureichenden Unterrichtung zunächst Abstand von einer Widerspruchserklärung genommen und fiir den Betriebsnachfolger gearbeitet, so kann die negative Vergütungsdifferenz zwischen dem dort erzielten Verdienst und dem fiir den betreffenden Zeitraum von dem Betriebsveräußerer vertraglich geschuldeten Entgelt liquidiert werden 1047 • Der Anspruch ist hierbei insoweit zeitlich begrenzt, wie der betreffende Arbeitnehmer als Folge des Widerspruchs bereits früher einer (betriebsbedingten) Kündigung durch den Veräußerer ausgesetzt gewesen wäre. Im Übrigen kommt eine Anspruchskürzung unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens in Betracht, wenn der Mitteilungsadressat

1045 Vgl. WHSS-Willernsen, Umstrukturierung, G Rn. 236; Franzen, RdA 2002, 258, 267; Jaeger, ZIP 2004,433, 444; Meyer, BB 2003, 1010, 1014. I 046 Dazu ErfKomm-Müller-Glöge, § 628 BGB Rn. 65 ff.; Palandt-Heinrichs, BGB, § 280 Rn. 32jeweils m.w.N. 1047 S. oben c) aa).

324

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

trotzerkennbar widersprüchlicher Informationen die Gelegenheit fiir Rückfragen ungenutzt gelassen hat 1048 .

bb)

Einstellungsanspruch gegen den neuen Betriebsinhaber als Naturalrestitution

(1)

Problemstellung und Meinungsspektrum

Entsprechend den vorstehenden Ausfiihrungen ist aus §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB i.V.m. §§ 251,252 BGB auch eine Haftung des neuen Betriebsinhabers auf Schadensersatz in Geld denkbar. Von weitaus größerer Bedeutung ist die Frage, ob der Arbeitnehmer von dem Betriebsübemehmer auch ein Rückgängigmachen der Rechtsfolgen des nach unrichtiger Information erklärten Widerspruchs als Naturalrestitution(§ 249 Abs. 1 BGB) verlangen kann. Der Betreffende müsste insoweit wie eingangs in Beispiel (2) geltend machen, bei pflichtgemäßer Unterrichtung dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen zu haben. Der Arbeitnehmer wäre sodann bei Vorliegen der haftungsbegründenden Voraussetzungen so zu stellen, wie er stünde, wenner-die Falschunterrichtung als Schädigungshandlung und den hierdurch ausgelösten Widerspruch hinweggedacht - sein Recht aus § 613a Abs. 6 BGB nicht ausgeübt hätte. Dann wäre das Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber übergegangen. Da über § 249 Abs. 1 BGB die Abgabe bzw. Nichtabgabe einer Gestaltungserklärung nicht einfach fingiert werden kann 1049, wäre eine Naturalrestitution rechtstechnisch nur durch den Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem übernehmenden Rechtsträger zu bewerkstelligen. Der Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5, 249 Abs. 1 BGB gegen den neuen Betriebsinhaber wäre damit im Ergebnis auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet (s. § 894ZPO). In der Literatur zu den Neuregelungen in § 613a BGB wird ein Anspruch auf Rückgängigmachen der Rechtsfolgen des Widerspruchs bzw. Einstellung durch den Betriebsübemehmer aus §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5, 249 Abs. 1 BGB ebenfalls in Erwägung gezogen und ganz überwiegend bejaht1050. Ob dem gefolgt werden kann, hängt vor allem davon ab, ob sich der

1048 Vgl. BAG v. 18.12.1984, AP Nr. 3 zu§ I BetrAVG Zusatzversorgungskassen (unter 3); v. 17.10.2000, AP Nr. 116 zu§ 611 BGB Fürsorgepflicht (unter II 5). 1049 Vgl. BAG v. 18.1.2000, RdA 2001, 333, 335 mit insoweit zust. Anm. Bittner (S. 337). 1050 Widmann!Mayer-Vol/rath, UmwG, § 324 Rn. 20 ff.; HS-Spirolke, Arbeitsrecht(. Mandat, § 8 Rn. 35; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 237; Kriigermeyer-Kalthoff/Reutershan, MDR 2003, 541, 545; Lembke, BB 2004, 773, 778; Willem-

325

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

(gerichtliche) Zwang zum Abschluss eines Arbeitsvertrages als Naturalrestitution nicht, wie vereinzelt geltend gemacht 1051 , als verfassungsrechtlich unzulässiger Eingriff in die Vertragsautonomie (Abschlussfreiheit) 1052 des übernehmenden Rechtsträgers darstellt. (2)

Stellungnahme

Eine nähere Analyse ergibt, dass gegen die Anerkennung eines schadensersatzrechtlichen Einstellungsanspruchs gegen den Betriebsübernehmer, wie er hier hergeleitet worden ist, keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Bereits aus dem Wortlaut von § 249 Abs. 1 BGB geht hervor, dass der Arbeitnehmer im Rahmen der gegenüber einer Kompensation in Geld vorrangigen (s. § 251 Abs. 1 1. Fall BGB) Naturalrestitution 1053 auf der Rechtsfolgenseite der§§ 280 Abs. I, 613a Abs. 5 BGB verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn er pflichtgemäß unterrichtet worden wäre, somit von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch gemacht und demnach gemäߧ 613a Abs. 1 BGB einen neuen Arbeitsvertragspartner erhalten hätte. Es ist weitgehend geläufig, dass Naturalrestitution im Einzelfall auch (Neu-)Begründung von Vertragspflichten bedeuten kann 1054 • Insofern ist es rechtskonstruktiv stimmig, davon auszugehen, dass dem Arbeitnehmer aus § 249 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Annahme seines Antrags auf Fortsetzung des widerspruchsbedingt nicht übergeleiteten Arbeitsvertragsverhältnisses gegenüber dem Betriebsnachfolger erwachsen kann. Ein schadensersatzrechtliches Rückgängigmachen der Widerspruchsrechtsfolgen stellt keine unzulässige Beeinträchtigung der negativen Vertragsfreiheit des neuen Betriebsinhabers dar. Dies ergibt sich wiederum aus einer Pa-

1051 I 052 I 053 1054

326

sen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1164; wohl auch Warmbein, DZWIR 2003, II, 14; unklar Worzalla, NZA 2002, 353, 355. B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 78; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634,639. Diese folgt speziell fur den Arbeitsvertrag aus Art. 12 Abs. I GG; BAG v. 5.2.1998, AP Nr. 143 zu§ 626 BGB (unter II 2 b); Oetker, ZIP 2000, 643, 644 m.w.N. Zur Nachrangigkeit des Wertersatzes gegenüber einer Naturalrestitution statt vieler Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 89. Vgl. etwa BGH v. 26.10.1961, BGHZ 36, 91, 100; BAG v. 16.3.1989, AP Nr. 8 zu §I BeschFG 1985 (unter II 3d bb); ErfKomm-Preis, § 611 BGB Rn. 327; SoergelWiedemann, Vor§ 275 BGB Rn. 139, 146; Staudinger-Schiemann, BGB, § 249 Rn. 191; Hambitzer, Wiedereinstellungsanspruch, S. 52; Heilmann, Verdachtskündigung, S. 91; Lisec, Wiedereinstellungsanspruch, S. 7 f., 48; Steineke, Wiedereinstellungsanspruch, S. 73; vom Stein, RdA 1991, 85, 88; Wels/au, Anm. zu LAG Harnburg v. 22.1.1992, LAGE Nr. 9 zu § 611 BGB Aufhebungsvertrag (S. 21 ); s.a. Lorenz, ZIP 1998, 1053, 1054 zum Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages aus § 249 Abs. I BGB.

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

rallelbetrachtung zu der Rechtslage, die ohne den Pflichtverstoß gegen § 613a Abs. 5 BGB und den hierdurch verursachten Widerspruch als schadensvermittelnde Handlung gelten würde. Dann nämlich wäre der Betriebsnachfolgeraufgrund von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB zu einer Übernahme des betreffenden Arbeitnehmers kraft Gesetzes gezwungen, ohne dass sich ein Verstoß gegen die eigene Abschlussfreiheit einwenden ließe. Auf der Rechtsgrundlage von §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5, 249 Abs. 1 BGB muss sich der neue Betriebsinhaber als Schädiger somit nur entsprechend der gesetzlichen Rechtslage behandeln lassen. Dass insoweit zur Verwirklichung der Naturalrestitution ein Vertragsschluss erforderlich ist, beruht lediglich auf rechtstechnischen Gründen. In der Sache geht es indessen nicht um eine gänzliche Neubegründung eines Arbeitsvertrages, sondern wegen der aufgrund von § 249 Abs. 1 BGB gebotenen Beseitigung der Rechtsfolgen des Widerspruchs um die Kontinuität des bestehenden Arbeitsverhältnisses in dem übertragenen Betrieb(steil) entsprechend § 613a Abs. 1 BGB. Im Zusammenhang mit der ähnlich gelagerten Problematik beim Wiedereinstellungsanspruch nach Wegfall des Kündigungsgrundes ist aber anerkannt, dass es ein völlig anderes ist, ein nie dagewesenes Arbeitsverhältnis zu begründen, oder eines, das bereits Bestand hatte und sodann unterbrochen wurde (hier vermittels des rückabzuwickelnden Widerspruchs), wieder aufleben zu lassen 1055 • Auch vor diesem Hintergrund ist das Wiederherstellungs- bzw. Vertragsfortsetzungsinteresse des geschädigten Arbeitnehmers im Rahmen von§§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5, 249 Abs. 1 BGB als grundsätzlich vorrangig gegenüber den Interessen des Betriebsnachfolgers an einer bloßen Entschädigung des Betreffenden in Geld anzusehen. Schlussendlich ist anzumerken, dass ein Einstellungsanspruch gegen den Betriebsnachfolger aus§§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5, 249 BGB nicht an einer etwaigen Spezialität der Anfechtungsregeln scheitert. Als problematisch könnte dies deswegen anzusehen sein, weil die Beseitigung der Rechtsfolgen des Widerspruchs im Wege der Naturalrestitution wirtschaftlich zum gleichen Ergebnis wie die Anfechtung der Widerspruchserklärung fiihrt, fiir letztere aber bei § 123 Abs. 1 1. Alt. BGB neben der objektiv unrichtigen Unterrichtung das zusätzliche Arglisterfordernis besteht. Für die klassische Problematik des Verhältnisses der Anfechtungsregeln zu einer schadensrechtlichen Rückabwicklung als mögliche Rechtsfolge aus culpa in contrahendo (nunmehr §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB) gilt nach herrschender und zutreffender Ansicht, dass diese im Sinne einer freien Anspruchskon-

1055 Preis, Prinzipien, S. 352; Steineke, Wiedereinstellungsanspruch, S. 55 m.w.N.

327

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

kurrenz aufzulösen ist 1056 • Es besteht vor diesem Hintergrund kein Anlass, dem geschädigten Arbeitnehmer im Einzelfall ein Rückgängigmachen der Rechtsfolgen seines Widerspruchs über §§ 280 Abs. l, 613a Abs. 5, 249 Abs. 1 BGB zu verweigern, wenn zwar eine schuldhafte Falschunterrichtung durch die Arbeitgeberparteien vorliegt, diese jedoch nicht auf Arglist des informierenden Rechtsträgers beruhte und § 123 Abs.l l. Fall BGB deshalb nicht einschlägig ist. (3)

Ergebnis und Wirkung des Einstellungsanspruchs

Festzuhalten ist, dass der Anspruch des Arbeitnehmers aus §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5, 249 Abs. 1 BGB gegen den übernehmenden Rechtsträger auf Beseitigung der Rechtsfolgen des Widerspruchs gerichtet sein kann. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ist der neue Betriebsinhaber somit grundsätzlich zum Abschluss eines Arbeitsvertrages entsprechend den sich aus § 613a Abs. 1 BGB ergebenden Bedingungen verpflichtet. Etwas anderes gilt ausweislich § 251 Abs. 2 S. 1 BGB nur, wenn die Vertragsfortsetzung mit dem geschädigten Arbeitnehmer beim Erwerber nur mit für diesen unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist 1057 • In diesem Fall hat der Betriebsnachfolger Wertersatz zu leisten. Besteht unter den geschilderten Voraussetzungen ein schadensersatzrechtlicher Anspruch auf Beseitigung der Rechtsfolgen des Widerspruchs gegen 1056 Vgl. BGH V. 11.5.1979, NJW 1979, 1983 f.; V. 5.12.1980, WM 1981, 309, 310; V. 11.11.1987, NJW-RR 1988, 744, 745; V. 26.9.1997, NJW 1998, 302, 303 f.; V. 18.9.2001, NJW-RR 2002, 308, 309; Bamberger!Roth-Wendtland, BGB, § 124 Rn. 40; Jauemig-Jauernig, BGB, § 123 Rn. 19, § 124 Rn. 2; Palandt-Heinrichs, BGB, § 123 Rn. 27; RGRK-Krüger-Nieland, BGB, § 123 Rn. 88, § 124 Rn. II; Fikentscher, Schuldrecht, § 20 Rn. 74; Nirk, FS Möhring, S. 385, 405 f.; Schubert, AcP 168 (1968), 504 ff.; differenzierend Erman-Palm, BGB, § 123 Rn. 8; SoergelWiedemann, BGB, Vor§ 275 Rn. 199 m.w.N.; kritisch u.a. MünchKomm-Kramer, BGB, § 123 Rn. 35; Medicus, BGB AT, Rn. 450, 811; Canaris, ZGR 1982,395,416 ff.; Lieb, FS Rechtswiss. Fakultät Köln, S. 251,263 ff. m.w.N. 1057 Auch insoweit drängen sich Parallelen zum Wiedereinstellungsanspruch auf. Dieser entfallt nach überwiegender Ansicht, wenn der Arbeitgeber zuvor bereits Dispositionen über den Arbeitsplatz des rechtmäßig gekündigten Arbeitnehmers getroffen hat; Boewer, NZA 1999, 1121, 1131 f. mit umfangreichen Nw. Für die hier interessierende Problematik ist indessen zu berücksichtigen, dass der Verlust des Arbeitsplatzes des widersprechenden Arbeitnehmers in dem übergegangenen Betrieb auf einer vorwerjbaren Unterrichtungspflichtwidrigkeit beruht. An die Unzumutbarkeit der Beseitigung der Widerspruchsrechtsfolgen sind somit hohe Anforderungen zu stellen. Ist durch zwischenzeitliche Besetzung oder Wegfall des Arbeitsplatzes des Geschädigten ein Arbeitskräfteüberhang bei dem Betriebsnachfolger entstanden, so gelten fiir eine Kündigung die obigen Ausruhrungen zur Situation nach Anfechtung der Widerspruchserklärung entsprechend (s. unter C. V.).

328

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

den Betriebsnachfolger, so ist schließlich zu klären, ob dieser Wirkung erst im Zeitpunkt eines zusprechenden Urteils entfaltet oder ob der übernehmende Rechtsträger zum Abschluss eines Arbeitsvertrages rückwirkend auf den Betriebsübernahmestichtag verurteilt werden kann. Nach überwiegender Ansicht soll eine rückwirkende Begründung von Arbeitsvertragspflichten durch Urteil (§ 894 ZPO) nicht in Betracht kommen, weil der Arbeitgeber nicht zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt werden könne, die wegen des absoluten Fixschuldcharakters der Arbeitspflicht zur objektiven Unmöglichkeit(§ 306 BGB a.F.) der daraus resultierenden Vertragspflichten fiir die Vergangenheit ftihrt 1058 • Dem wird entgegengehalten, dass Gegenstand des rückwirkenden Einstellungsverlangens nicht die nachträgliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses sei, weshalb Unmöglichkeit nicht vorliege 1059 • Auch nach der ersatzlosen Streichungvon § 306 BGB a.F. im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung bleibt es aber dabei, dass niemand zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt werden darf, bei der die Leistungspflicht in dem dann geschlossenen Vertrag unmittelbar ausgeschlossen ist (wegen § 275 Abs. l BGB n.F.) 1060 • Eine Rückabwicklung der Widerspruchsfolgen mit ex tune-Wirkung zum Betriebsübertragungsstichtag ist zudem nicht erforderlich, um den Arbeitnehmer gegenüber dem neuen Betriebsinhaber so zu stellen, als habe er von dem Widerspruchsrecht nie Gebrauch gemacht. Der Arbeitnehmer kann nämlich auch bei einer Arbeitsvertragsbegründung mit dem Betriebsübernehmer zum Zeitpunkt des zusprechenden Urteils als Naturalrestitution bei den einzelnen Vertragsbedingungen so gestellt werden, als habe eine fortwährende Kontinuität nach dem Übergang bestanden (z.B. bzgl. Betriebszugehörigkeitszeiten). Schließlich hat das BAG nichts gegen einen Antrag des Arbeitnehmers erinnert, den Arbeitgeber zur Annahme eines (Wieder-)Einstellungsangebotes mit ex-nunc-Wirkung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen unter Anrechnung von Tätigkeitszeiten zu

I 058 BAG v. 14.10.1997, AP Nr. 154 zu § I TVG Tarifverträge: Metallindustrie (unter I 5); v. 23.2.2000, NZA 2000, 894, 895;v. 28.6.2000, AP Nr. 6 zu§ 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung m.w.N. (LS I und unter I 8); v. 14.11.2001, NZA 2002, 392, 393; v. 13.5.2004, DZWIR 2004, 373; Elz, Wiedereinstellungsanspruch, S. 163 f.; Henssler/Moii-Boewer, Kündigung und Kündigungsschutz, J Rn. 120; ders., NZA 1999, 1177, 1182; Kort, SAE 2001, 131, 132; Meinelund/T.Bauer, NZA 1999,575, 581; Müller-Glöge, NZA 1999,449, 456; Strathmann, DB 2003,2438, 2441; Ziemann, MDR 1999, 716,718. 1059 Steineke, Wiedereinstellungsanspruch, S. 227; Raab, RdA 2001,248,249. 1060 Elz, Wiedereinstellungsanspruch, S. 164. Auch das BAG will an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Ausschluss rückwirkender Einstellungen offenbar festhalten; s. Urt. v. 24.9.2003, NZA 2003, 1332, 1333.

329

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

verurteilen 1061 • Soweit gleichwohl im Ausnahmefall für den Zeitraum zwischen dem Betriebsübertragungsstichtag und dem schadensersatzrechtlichen Rückgängigmachen der Rechtsfolgen des Widerspruchs materielle Einbußen verbleiben, können und müssen diese gemäß § 251 Abs. 1 1. Fall BGB als Wertersatz in Geld ausgeglichen werden. Hierbei ist im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnen, was der Arbeitnehmer bei zwischenzeitlicher Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer von diesem als Vergütung erhalten hat.

3.

Verantwortlichkeit der Unterrichtungsschuldner aus§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB i.V.m. § 613a Abs. 5 BGB

Kaum weitere Fragen wirft die Haftung der Unterrichtungsschuldner wegen Verzuges mit der Informationserteilung auf, so dass im Wesentlichen auf die vorstehenden Erörterungen verwiesen werden kann. § 613a Abs. 5 1. HS BGB verlangt eine Unterrichtung vor dem Stichtag des Betriebsübergangs. Hierbei liegt es im freien Ermessen der Betriebsübertragungsparteien, sofern der Unterrichtungsanspruch nur bereits erfüllbar ist 1062, einen Zeitpunkt für die Durchführung der Unterrichtung zu wählen. Ist das Informationsschreiben allerdings bis zum Zeitpunkt der fälligkeitsbegründenden Betriebsübernahme nicht zugegangen, so liegt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 S. I BGB vor, die unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zum Ersatz des Verzugsschadens verpflichtet. Allein problematisch ist insoweit, ob der Verzugseintritt, wie es der Regel des § 286 Abs. 1 BGB entspricht, eine vorherige Mahnung durch den Arbeitnehmer voraussetzt. Eine solche könnte allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Abwägung der beiderseitigen Interessen des Arbeitnehmers als Unterrichtungsberechtigtem und der Informationsschuldner für entbehrlich gehalten werden(§ 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB). Ein sofortiger Verzugseintritt mit der Unterrichtung im Zeitpunkt des Vollzugs der Betriebsübernahme ist aber deswegen nicht gerechtfertigt, weil die Arbeitnehmer durch die fehlende Fristauslösung für das Widerspruchsrecht hinreichend geschützt sind. Hieraus ergibt sich zuleich, dass eine Verzugshaftung gegenüber einer Verantwortlichkeit wegen Falschunterrichtung von untergeordneter Bedeutung sein dürfte, weil ohne eine jegliche Information über den Betriebsinhaberwechsel keine Veranlassung für eine Widerspruchsrechtsausübung besteht und es bei weiterhin möglichem Widerspruch regelmäßig an einem Schadenseintritt

I 061 BAG v. 4.12.1997, AP Nr. 4 zu § I KSchG 1969 Wiedereinstellung (unter II 2); s.a. Boewer, NZA 1999, 1177, 1182; Bram/Rühl, NZA 1990, 753, 758; Müller-Glöge, NZA 1999, 449, 456. 1062 Dazu§ 4 B. I.

330

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

fehlt 1063 • Allerdings können dem Rechtsinhaber aus § 613a Abs. 5 BGB Rechtsverfolgungskosten bei der Durchsetzung des Informationsanspruchs entstehen, die als Verzugsschaden geltend gemacht werden können 1064 • II.

Schadensersatz aus Delikt bei Gesetzesverstoß gegen § 613a Abs. SBGB

Keine Beachtung im Schrifttum hat bislang die Frage nach einer deliktischen Einstandspflicht des bisherigen Arbeitgebers bzw. neuen Betriebsinhabers für Verstöße gegen § 613a Abs. 5 BGB gefunden. Sieht man von einer jedenfalls konstruktiv möglichen sittenwidrigen Schädigung im Sinne von § 826 BGB durch arglistige Täuschung im Zusammenhang mit der Unterrichtung ab, so ist an eine Anwendung von § 823 Abs. 1 und 2 BGB zu denken. 1.

Verlust des Arbeitsplatzes nach Unterrichtungspflichtverstoß und Widerspruch als Beeinträchtigung eines "Rechts am Arbeitsplatz" (§ 823 Abs. 1 BGB)?

Voraussetzung für eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB ist die Beeinträchtigung eines "sonstigen Rechts" infolge einer schuldhaft unrichtigen bzw. unvollständigen Unterrichtung. In Erwägung zu ziehen ist die Verletzung eines "Rechts am Arbeitsplatz", weil der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz in dem übergehenden Betrieb(steil) als Folge des Widerspruchs einbüßt. Es machte insoweit keinen Unterschied, ob ein "Recht am Arbeitsplatz" räumlichgegenständlich oder als arbeitsvertraglich abgesicherten Aufgabenbereich bzw. im Sinne eines Rechts auf Betriebszugehörigkeit zu begreifen ist 1065 . Denn der Widerspruch führt zu einem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem übertragenen Betrieb(steil). Der widersprechende Arbeitnehmer ist folglich im Regelfall unter allen der drei angesprochenen Gesichtspunkte betroffen. Die Bejahung einer Verletzung des "Rechts am Arbeitsplatz" in dem hier diskutierten Zusammenhang ist insbesondere an zwei Voraussetzungen geknüpft. Zum einen ist erforderlich, dass ein derartiges Recht als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB überhaupt rechtskonstruktiv anzuerkennen ist. Zum anderen muss, das prinzipielle Bestehen eines derartigen Rechts vorausgesetzt, in der Veranlassung eines arbeitnehmerseitigen Wi-

1063 S. oben 2. c) aa). I 064 V gl. nur MünchKomm-Grüneberg, BGB (Bd. 2a), § 286 Rn. 72. I 065 V gl. hierzu Edenfeld, Anm. zu BAG v. 4.6.1998, AP Nr. 7 zu § 823 BGB (BI. 13 7); Riesenhuber, JZ 1999,711,715 f. m.w.N.

331

§ 6 I Ja Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

derspruchs vermittels unrichtiger Unterrichtung ein tatbestandsmäßiger Eingriff in ein "Recht am Arbeitsplatz" liegen. Die Frage, ob ein "Recht am Arbeitsplatz" als absolutes Recht anzuerkennen ist, ist in Rechtsprechung 1066 und Wissenschaft 1067 seit Jahrzehnten streitig und bislang nicht abschließend geklärt. Eine umfassende Erörterung der Problematik ist hier nicht angebrachtl 068 . Gleichwohl sei darauf verwiesen, dass sich die wohl herrschende Auffassung mit überzeugenden Gründen der rechtsfortbildenden Erstreckung des Schutzbereiches von § 823 Abs. I BGB auf ein "Recht am Arbeitsplatz" insgesamt verweigert. Zentral sind hierbei vor allem zwei Punkte: Auszugehen ist davon, dass ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB nach allgemeiner Ansicht durch eine positive Zuweisungs- und eine negative Ausschließungsfunktion gekennzeichnet ist und daher wie das Eigentum von jedermann zu beachten sein muss 1069 . Eine derartige Wirkung erga omnes kann einem "Recht am Arbeitsplatz" nicht beigemessen werden. Denn der Arbeitsplatz wird dem Arbeitnehmer lediglich im Rahmen der schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien gesichert1070. Die rechtlichen Schutzwirkungen des Arbeitsverhältnisses beziehen sich insoweit ausschließlich auf das Verhältnis zum Arbeitgeber und I 066 Das BAG hat die Anerkennung eines absoluten Rechts am Arbeitsplatz bislang dahinstehen lassen, hat sich aber entgegen einer früheren Entscheidung (v. 30.9. I 970, AP Nr. 2 zu § 70 BAT (LS 4) in der Tendenz eindeutig ablehnend gezeigt; Urt. v. 4.6.I998, AP Nr. 7 zu§ 823 BOB (unter B III I b); ausdrücklich verneinend LG Frankfurt a.M .. v. 26.10.1999, NJW-RR 2000, 83I ff.; OLG Koblenz v. 23.1.2003, NJW 2003, 1673, 1674. I 067 Für die Anerkennung eines absoluten Rechts am Arbeitsplatz etwa FESTL, BetrVG, § 104 Rn. II; DLW-Dörner, HdB. Arbeitsrecht, D Rn. 873; Bulla, FS Hueck, S. 25, 39 f.; Fabricius, AcP I60 (1961), 273, 305 ff.; Nipperdey, FS Sitzler, S. 79, 92 f.; Schleusener, NZA 1999, 1079, 1080 ff.; dagegen u.a. MünchKomm-Mertens, BOB, § 823 Rn. 130, 515; Palandt-Sprau, BOB, § 823 Rn. 20; Soergel-Zeuner, BOB, § 823 Rn. 152; Hanau/Adomeit, Arbeitsrecht, Rn. 7IO; Strathmann, Wiedereinstellungsanspruch, S. 45; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, S. I81; Edenfeld, Anm. zu BAG v. 4.6.1998, AP Nr. 7 zu§ 823 BOB (BI. 137 ff.); Oetker, EWiR 1998, I027, 1028; Riesenhuber, JZ 1999, 711,715 f.; Zöllner, FS 25 Jahre BAG, S. 745, 747 ff.; differenzierend Bamberger/Roth-Spind/er, BOB,§ 823 Rn. 99. I 068 S. ausfUhrlieh etwa die Untersuchung von Ebert, Recht am Arbeitsplatz, S. 27 ff. m.w.N. 1069 Vgl. statt vieler RGRK-Ste.ffen, BOB,§ 823 Rn. 26; Canaris, FS Steffen, S. 85, 90. I 070 Zwar wird der Arbeitnehmer durch zahlreiche gesetzliche Bestimmungen (z.B. KSchG, § 6 13a BOB) vor dem Arbeitsplatzverlust geschützt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Grundlage des Bestandsschutzes das schuldrechtliche Band des Arbeitsverhältnisses ist.

332

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

sind damit gerade nicht absolut, sondern relativ 1071 • Der Arbeitsplatz unterliegt weder einer quasi-dinglichen Verfiigungsgefugnis des Arbeitnehmers noch kann dieser Arbeitgeber und Dritte von einer Einwirkung hierauf ausschließen, wie sich gerade im Fall des Betriebsinhaberwechsels nach§ 613a BGB zeigt 1072 • Neben diese strukturellen Erwägungen tritt die allgemein methodische Überlegung, dass fiir eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches von § 823 Abs. 1 BGB praeter Iegern nur dort Raum sein kann, wo das positive Recht planwidrig Lücken enthält und dies zur Behebung eines unbefriedigenden Rechtszustandes geboten ist 1073 • Macht man dies fiir § 613a Abs. 5, 6 BGB fruchtbar, so gilt, dass für eine deliktsrechtliche Sanktionierung von Unterrichtungspflichtverstößen der Betriebsübertragungsparteien kein Bedürfnis besteht. Anders als in sonstigen Fällen, in denen ein Arbeitnehmerschutz gegenüber Dritten durch Anerkennung eines "Rechts am Arbeitsplatz" diskutiert wird (z.B. bei Druckkündigung 1074), ist der Arbeitnehmer bei einem Gesetzesverstoß gegen§ 613a Abs. 5 BGB im Rahmen des durch die Norm begründeten gesetzlichen Schuldverhältnisses auch im Verhältnis zu demjenigen informationspflichtigen Rechtsträger, der noch nicht oder nicht mehr Arbeitgeber des Betroffenen ist, hinreichend durch mögliche Sekundäransprüche geschützt. In dieser Hinsicht jedenfalls ist der von Konrad 1075 erhobene Befund, dass sich die in Rechtsprechung und Literatur erörterten Fallgruppen auch ohne Anerkennung eines "Rechts am Arbeitsplatz" jenseits von § 823 Abs. 1 BGB befriedigend lösen lassen, unmittelbar einschlägig, so dass fiir eine Anwendung der Norm kein Bedürfnis besteht. Nur noch am Rande sei angemerkt, dass selbst bei Anerkennung eines "Rechts am Arbeitsplatz" das Vorliegen eines tatbestandsmäßigen Eingriffs bei schuldhafter Verleitung zum Widerspruch durch Falschunterrichtung beim Betriebsübergang zweifelhaft wäre. Das "Recht am Arbeitsplatz" wird in eine betonte Symmetrie zum Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, das als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt ist 1076, gerückt 1077 • Dort werden aber nur unmittelbar betriebsbe1071 LG Frankfurt a.M. v. 26.10.1999, NJW-RR 2000, 831, 832; Edenfeld, Anm. zu BAG v. 4.6.1998, AP Nr. 7 zu§ 823 BOB (BI. 137). 1072 Vgl. BAG v. 4.6.1998, AP Nr. 7 zu§ 823 BOB (unter B III I b bb). 1073 S. nur Bydlinski, Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 472 ff.; Canaris, Feststellung von Lücken, S. 17 f.; Wank, Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, S. 69 ff. 1074 S. etwaSchleusener, NZA 1999, 1078, !080ff. m.w.N. 1075 Konrad, Recht am Arbeitsplatz, S. !59. 1076 Erman-Schiemann, BOB,§ 823 Rn. 49; Palandt-Sprau, BOB, § 823 Rn. 20, 126 m.w.N.

333

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

zogene Eingriffe als tatbestandsmäßig erachtet; lediglich mittelbare Beeinträchtigungen genügen grundsätzlich nicht 1078 • Bei den hier interessierenden Fallgestaltungen muss neben die Unterrichtungspflichtverletzung noch die ex ante ungewisse und möglicherweise von weiteren Faktoren abhängige Ausübung des Rechts aus§ 613a Abs. 6 BGB als eigene erfolgsvermittelnde Handlung des Arbeitnehmers hinzutreten, um einen Arbeitsplatzverlust in der übergehenden betrieblichen Einheit zu begründen. Der Verstoß gegen § 613a Abs. 5 BGB schafft folglich zwar die zurechenbare Gefahr einer widerspruchsbedingten Arbeitsplatzeinbuße. Ein unmittelbarer Eingriff in ein "Recht am Arbeitsplatz" läge gleichwohl nicht vor, so dass eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB bei Gesetzesverstoß gegen§ 613a Abs. 5 BGB selbst bei Anerkennung eines "Rechts am Arbeitsplatz" als deliktisches Schutzgut ausscheiden müsste. Zusammenfassend kommt eine Anwendung von § 823 Abs. 1 BGB bei Falschunterrichtung und hierauf gegründeter Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Arbeitnehmer nicht in Betracht.

2.

Unrichtige oder unvollständige Unterrichtung als Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB i. V.m. § 613a Abs. 5 BGB)?

Zu denken ist schließlich an eine Haftung des bisherigen Arbeitgebers bzw. neuen Betriebsinhabers für Unterrichtungspflichtverstöße aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 613a Abs. 5 BGB. Hierfür kommt es entscheidend auf die fragliche Qualität von § 613a Abs. 5 BGB als ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB an. Unter Schutzgesetze nach § 823 Abs. 2 BGB werden gemeinhin Rechtsnormen gefasst, die ein bestimmtes Gebot oder Verbot aussprechen und nach Zweck und Inhalt jedenfalls auch dem Individualschutz zu dienen; die verletzte Schutznorm muss hierbei gerade die Funktion haben, vor Schädigungen eines Rechtsguts oder Individualinteresses der eingetretenen Art zu schützen 1079 • Entscheidend ist, ob es nach Inhalt, Zweck und Regelungszusammenhang, in den die Norm gestellt ist, in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses eine deliktische

1077 Vgl. Nipperdey, FS Sitz1er, S. 79, 92 ff.; Edenfeld, Anm. zu BAG v. 4.6.1998, AP Nr. 7 zu § 823 BGB (BI. 136 f.). 1078 Statt vieler Pa1andt-Sprau, BGB, § 823 Rn. 126; Soergel-Zeuner, BGB, § 823 Rn. 108 ff. m.w.N. zur Rspr. 1079 Aus der neueren Rspr. BGH v. 3.2.1987, BGHZ 100, 13,14 f.; BAG v. 25.4.2001, AP Nr. 80 zu § 2 BeschFG 1985 (unter B Il I b aa); v. 17.4.2002, AP Nr. 6 zu § 2 NachwG (unter III 5 a); Erman-Schiemann, BGB, § 823 Rn. 157; MünchKommMertens, BGB, § 823 Rn. 162; Soergel-Zeuner, BGB, § 823 Rn. 289 f.

334

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden zu knüpfen 1080 . Ferner spricht es für die Annahme eines Schutzgesetzes, wenn der Geschützte auf eine Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB angewiesen ist 1081 und diese im haftungsrechtlichen Gesamtsystem tragbar erscheint 1082 . Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt§ 613a Abs. 5 BGB kein Schutzgesetz zugunsten der widerspruchsberechtigten Arbeitnehmer dar. Dies gilt freilich nicht schon deswegen, weil der Norm selbst keine Sanktionen für Unterrichtungspflichtverstöße zu entnehmen sind 1083 . Denn die Frage nach einer Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB wird gerade dann relevant, wenn die betreffende Bestimmung nicht selbst eine Schadensersatzfolge enthält1084. Die Qualifizierung von § 613a Abs. 5 BGB als Schutznorm im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB scheidet auch nicht deswegen aus, weil die Unterrichtung nach ihrer Funktion nicht individualschützend wäre. Denn § 613a Abs. 5 BGB bezweckt mit den von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmern als Informationsadressaten gerade den Schutz eines abgrenzbaren Personenkreises. Jedoch stehen Richtung und Umfang des Schutzes der Arbeitnehmer aus § 613a Abs. 5 BGB einer Anerkennung der Regelung als Schutzgesetz entgegen. Die Unterrichtungspflicht ist insgesamt der Ermöglichung einer infonnierten Entscheidung über den Widerspruch zu dienen bestimmt. Primärer Schutzzweck ist hingegen nicht, wie es zur Ausweitung des Deliktsschutzes über § 823 Abs. 2 BGB auf reine Vermögensinteressen erforderlich wäre 108S, ein gezielter Schutz der Vermögensinteressen der informationsberechtigten Arbeitnehmer. Dies wird sowohl durch den weit gefassten Informationskatalog (s. z.B. die vorgesehene Unterrichtung über die "sozialen Folgen" des Übergangs) als auch dadurch deutlich, dass der Arbeitnehmer von seinem Recht aus § 613a Abs. 6 BGB aus jedem beliebigen Grund, also 1080 Vgl. BGH v. 18.5.1976, NJW 1976, 2129; v. 29.6.1982, BGHZ 84,312, 314; BAG v. 17.4.2002, AP Nr. 6 zu § 2 NachwG (unter III 5 a); LAG Niedersachsen v. 7.12.2000, NZA-RR 2001, 145, 148; RGRK-Ste.ffen, BGB, § 823 Rn. 544. 1081 MünchKomm-Mertens, BGB, § 823 Rn. 171; Staudinger-Hager, BGB, § 823 Rn. G 6 m.w.N.; Müller-Glöge, RdA 2001, Beil. Heft 5, S. 46, 54. 1082 BGH v. 18.5.1976, NJW 1976, 2129; BAG v. 17.4.2002, AP Nr. 6 zu§ 2 NachwG (unter III 5 a); LAG Niedersachsen v. 7.12.2000, NZA-RR 2001, 145, 148; Pa1andtSprau, BGB, § 823 Rn. 57; RGRK-Ste.ffen, BGB, § 823 Rn. 544; Staudinger-Hager, BGB, § 823 Rn. G 26. 1083 Vgl. die insoweit zweifelhafte Begründung des BAG zur umstrittenen, aber im Ergebnis richtigen Ablehnung der Schutzgesetzeigenschaft von § 2 NachwG; Urt. v. 17.4.2002, AP Nr. 6 zu§ 2 NachwG (unter III 5 b). 1084 So mit Recht Erman-Schiemann, BGB, § 823 Rn. 154. 1085 Vgl. nur RGRK-Ste.ffen, BGB, § 823 Rn. 548 m.w.N.

335

§ 613a Abs. 5 BOB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

nicht notwendig unter Zugrundelegung von Vermögensinteressen, Gebrauch machen kann.§ 613a Abs. 5 BGB ist damit nicht Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zur Bewahrung der Arbeitnehmer vor Vermögensschäden im Zusammenhang mit der Widerspruchsentscheidung. Auch eine Einordnung von§ 613a Abs. 5 BGB als Schutznorm zugunsten der Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers scheidet aus, weil die vorherige Unterrichtung nicht Entstehungsvoraussetzung für das Widerspruchsrecht ist. Schlussendlich ist darauf zu verweisen, dass eine deliktsrechtliche Einstandspflicht für durch Unterrichtungsfehler begründete Schädigungen der Informationsadressaten außerhalb des von dem Gesetzgeber in § 613a Abs. 5, 6 BGB verwirklichten Regelungskonzepts steht. Denn hiernach wird das Informationsinteresse der betroffenen Arbeitnehmer bereits systemimmanent über die Fristauslösung für den Widerspruch sowie flankierend durch eine mögliche Sekundäransprüche aus dem Schuldverhältnis abgesichert. Damit steht auch der Normkontext von § 613a Abs. 5 BGB und das fehlende Schutzdefizit einer Einordnung der Bestimmung als Schutzgesetz entgegen. Eine Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6l3a Abs. 5 BGB ist damit insgesamt ausgeschlossen. Dieses Ergebnis geht konform mit anderen gesetzlichen Informationspflichten zugunsten der Arbeitnehmer, die herrschend nicht als Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB qualifiziert werden 1086 •

E.

Rechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Unterrichtung

Im Falle von Pflichtverstößen gegen§ 613a Abs. 5 BGB durch die beteiligten Arbeitgeber ist zu guter Letzt an etwaige Rechte der Arbeitnehmervertretungen zu denken. Gemäß § 80 Abs. I Nr. I BetrVG überwacht der Betriebsrat die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze. Hierunter fallen auch die arbeitsrechtlichen Vorschriften des BGB 1087 • Im Rahmen dieser allgemeinen Rechtskontrollpflicht kann der Betriebsrat (bzw. gern. § 68 Abs. l Nr. 2 BPersVG der Personalrat) darüber wachen, dass die Unterrichtung der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang gemäß § 6l3a Abs. 5 BGB ordnungs1086 S. zu§ 8 TVG BAG v. 23.1.2002, NZA 2002, 800, 805 und LAG Niedersachsen v. 7.12.2000, NZA-RR 2001, 145, 148; zu§ 2 NachwG s. BAG v. 17.4.2002, AP Nr. 6 zu § 2 NachwG (unter III 5 b); v. 5.11.2003, NZA 2004, 102, 105; ArbRKommKliemt, Vorb. NachwG Rn. 36; Müller-Glöge, RdA 2001, Beil. Heft 5, S. 46, 53 f. m.w.N. auch zur Gegenansicht 1087 Statt aller ErfK.omm-Kania, § 80 BetrVG Rn. 3.

336

Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Unterrichtungspflicht

gemäß durchgeführt wird. Zuständig ist der Betriebsrat in dem von dem Übergang konkret betroffenen Betrieb. Zum Zwecke der Überwachung kann der Betriebsrat die verwendeten Informationsschreiben überprüfen, ob diese in formgerechter Weise die von § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis 4 BGB geforderten Angaben enthalten. In diesem Zusammenhang stehen ihm gegen den Arbeitgeber auch Auskunftsansprüche sowie ein Anspruch auf Vorlage der an die von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer übersandten Standardinformationsschreiben zu, s. § 80 Abs. 2 S. 1, 2 BetrVG. Aus dem Überwachungsrecht folgt aber kein Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung bzw. Neuvomahme der beanstandeten Unterrichtung 1088 • Da das Recht des Betriebsrats aus § 80 Abs. 1 BetrVG kein zusätzliches Mitbestimmungsrecht beinhaltet 1089 und eine dem § 110 Abs. 1 BetrVG vergleichbare Bestimmung in§ 613a Abs. 5 BGB fehlt 1090, kann eine Abstimmung des Unterrichtungsinhalts mit dem Betriebsrat nicht verlangt werden. Dies gilt auch dann, wenn Betriebsübergang und Betriebsänderung zusammenfallen und insofern Rechte des Betriebsrats aufgrund der §§ 111 ff. BGB eingreifen. Nicht möglich ist es dem Betriebsrat ferner, vom Arbeitgeber aus eigenem Recht die Vomahme der Unterrichtung gemäߧ 613a Abs. 5 BGB zu verlangen. Denn der Betriebsrat kann nach ständiger Rechtsprechung die Erfüllung von Individualansprüchen der Arbeitnehmer nicht kraft eigenen Rechts im Beschlussverfahren durchsetzen 1091 • Die Verfolgung des Anspruchs aus § 613a Abs. 5 BGB bleibt somit dem einzelnen Arbeitnehmer selbst überlassen. Dies gilt prinzipiell auch dann, wenn die Arbeitnehmerrechte aus § 613a Abs. 5 BGB mittels freiwilliger Betriebsvereinbarung in zulässiger Weise erweitert worden sind (Bsp.: Arbeitgeber verpflichtet sich zu fortlaufender Aktualisierung der Angaben bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist). Im Ergebnis ist der Betriebsrat der von dem Übergang betroffenen Einheit folglich darauf beschränkt, eine mangelhafte bzw. verzögerte Beachtung von § 613a 1088 Vgl. BAG v. 16.7.1985, AP Nr. 17 zu§ 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung (unter 8 III 2); v. I 0.6.1986, AP Nr. 26 zu § 80 BetrVG 1972 (LS 2 und unter IV 2); FESTL, BetrVG, § 80 Rn. 14; HSWG-Hess, BetrVG, § 80 Rn. 18; RichardiRichardi/Thüsing, BetrVG, § 80 Rn. 17 f. 1089 BAG v. 25 .5. I 982, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Prämie (unter II 6); v. I 6. 7.1985, AP Nr. 17 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung (unter 8 III 2); v. I 0.6.1986, AP Nr. 26 zu § 80 BetrVG 1972 (unter IV 2); ErtKomm-Kania, § 80 BetrVG Rn. I; FESTL, BetrVG, § 80 Rn. 14. 1090 Gemäߧ 110 Abs. I BetrVG erfolgt die vorgeschriebene Unterrichtung der Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Untemehmens nach vorheriger Abstimmung mit Wirtschaftsausschuss und Betriebsrat. 1091 BAG v. 10.6.1986, v. 24.2.1987, AP Nr. 26 (unter IV 2), Nr. 28 (unter II 2) zu§ 80 BetrVG 1972; v. I 7. 10. I 989, AP Nr. 53 zu § I 12 BetrVG I 972 (LS I und unter 8 I); GK-Kraft, BetrVG, § 80 Rn. 27, 29.

337

§ 613a Abs. 5 BGB und die Zusammenhänge mit dem Widerspruchsrecht

Abs. 5 BGB durch den Arbeitgeber bei diesem zu rügen und gegebenenfalls auf Abhilfe zu drängen. F.

Zusammenfassung zu § 10

Als primäre Rechtsfolge einer verzögerten, unrichtigen oder unvollständigen Unterrichtung der Arbeitnehmer wird die Frist fiir das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 S. I BGB nicht ausgelöst. Die Ausübung des Widerspruchsrechts unterliegt sodann nur der zeitlichen Grenze der Verwirkung. Daneben kann als weitere Konsequenz ein Zurückbehaltungsrecht der Arbeitnehmer mit der Arbeitsleistung aus § 273 Abs. I BGB treten. Nach Falschunterrichtung können bereits erklärte Widersprüche gegebenenfalls mittels Anfechtung insbesondere gemäß § I23 Abs. I I. Fall BGB beseitigt werden. Schadensersatzansprüche der pflichtwidrig nicht oder unzureichend bzw. falsch informierten Arbeitnehmer sind nicht aus Delikt, wohl aber aus §§ 280 Abs. I, 2; 286 Abs. I; 6I3a Abs. 5 BGB denkbar. Eine Pflichtverletzung liegt in jedem objektiven Zurückbleiben hinter den gesetzlichen Anforderungen von§ 613a Abs. 5 BGB. Normverstöße müssen sich die beteiligten Arbeitgeber wechselseitig grundsätzlich nur zurechnen lassen, wenn die Unterrichtung gemeinsam mittels eines einheitlichen Schreibens durchgefUhrt wird. Zugunsten des Arbeitnehmers greift bei objektiv nachteiliger Widerspruchsentscheidung die Vermutung ein, dass der Betreffende bei ordnungsgemäßer Information anders entschieden hätte. Ersatzfähig sind nur materielle Nachteile, die im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerspruchsrechts stehen. Ein Vermögensschaden fehlt in der Regel, wenn der Arbeitnehmer von seinem Recht aus § 6I3a Abs. 6 BGB mangels Verfristung weiterhin Gebrauch machen kann. Wurde widersprochen, so kann gegenüber dem Betriebserwerber unter dem Gesichtspunkt der Naturalrestitution ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Rechtsfolgen des Widerspruchs bestehen.

338

3. Kapitel: Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts in § 613a Abs. 6 BGB Zahlreiche Aspekte des Widerspruchsrechts der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses sind bereits im Kontext mit der Analyse von § 613a Abs. 5 BOB im vorangegangenen Kapitel beleuchtet worden. Der folgende Abschnitt befasst sich mit ausgesuchten Rechtsproblemen des Widerspruchsrechts, die weitgehend losgelöst von den systematischen Bezügen von§ 613a Abs. 5 und 6 BOB bestehen. Der Konzeption dieser Arbeit entsprechend sollen also nicht sämtliche individual- und kollektivarbeitsrechtlichen sowie sozialversicherungsrechtlichen Folgefragen des Widerspruchsrechts1 erörtert werden. Die Darstellung ist vielmehr auf Probleme beschränkt, die einen besonderen Bezug zu der nunmehr erfolgten Kodifizierung des Widerspruchsrechts aufWeisen und hinsichtlich derer eine Neubewertung in Betracht gezogen werden muss.

Zum prinzipiell zulässigen Ausschluss widersprechender Arbeitnehmer von Abfindungsansprüchen aus TarifVertrag!Sozialplan s. APS-Stejfan, § 613a BGB Rn. 230; Menze, Widerspruchsrecht, S. 170 ff.; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 186; Franzen, RdA 2002, 258, 269 f.; Neef/Schrader, NZA 1998, 804, 806 ff.; Oetker, EAS B 7200 Rn. 84 jeweils m.w.N.; zur Sperrzeit für das Arbeitslosengeld gemäß § 144 SGB III als mögliche Widerspruchsfolge s. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 65 (unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 2 RL 2001/23/EG); Müller-Ehlen, Übergang von Arbeitsverhältnissen, S. 98 ff.; Commandeur, NJW 1996, 2537, 2544 ff.; zu den Auswirkungen von Widersprüchen auf das Erreichen des Schwellenwertes für eine beteiligungsptlichtige Betriebsänderung gern. §§ 111 ff. BetrVG s. etwa ArbRKomm-Hohenstatt/Willemsen, § 111 BetrVG Rn. 31; Richardi-Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rn. 138; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. I 04 ff., 137 ff.; Baeck/Diller, NZA 1997, 689, 693 f.; Moll, Anm. zu BAG v. 22.4.1993, AP Nr. 103 zu§ 613a BGB (BI. 1727); Matthes, NZA 2000, 1073, 1075 f.; die Auswirkungen eines Widerspruchs auf Wettberwerbsverbote erläutern u.a. Bossmann, Wettbewerbsverbote, S. 44 ff.; D.Gaul, NZA 1989, 697, 700 ff.; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firrnenübemahme, Rn. 622 ff. behandeln die Rechtsfolgen eines Widerspruchs besonderer Personengruppen (z.B. Betriebsratsmitglieder, tariflich unkündbare Arbeitnehmer).

339

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

§ 11 Die Anwendung von § 613a Abs. 6 BGB bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers infolge einer Gesamtrechtsnachfolge nach dem U mwG A.

Problemstellung und Meinungsspektrum

Ausweislich der im Zuge der Einführung von§ 613a Abs. 5, 6 BGB redaktionell angepassten Verweisungsnorm des § 324 UmwG bleiben unter anderem die Regelungen über Arbeitnehmerunterrichtung und Widerspruchsrecht durch die Wirkungen der Eintragung einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung unberührt 2. Hiermit hat der Gesetzgeber, wenn auch sprachlich unvollkommen, klarstellend zum Ausdruck gebracht, dass den Arbeitnehmern ein Widerspruchsrecht gemäߧ 613a Abs. 6 BGB auch in Umwandlungsfcillen zustehen soll, wenn es in deren Folge zur Übertragung einer betrieblichen Einheit im Sinne von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB kommt3 • Existiert der übertragende Rechtsträger nach der Abspaltung oder Vermögensübertragung weiter, so ergeben sich flir die Frage des Widerspruchsrechts keine Besonderheiten. Das Arbeitsverhältnis besteht nach wirksamer Widerspruchserklärung durch den Arbeitnehmer entgegen § 613a Abs. 1 S. 1 BGB mit dem übertragenden Rechtsträger fort. Als problematisch wurden hingegen bereits vor der Kodifizierung des Widerspruchsrechts in§ 613a Abs. 6 BGB Fälle angesehen, in denen der übertragende Rechtsträger wie bei Verschmelzung, Aufspaltung oder Vermögensvollübertragung im Umwandlungszeitpunkt erlischt (vgl. §§ 20 Abs. 1 Nr. 2, 123 Abs. 1, 174 UmwG). Insoweit geht es zum einen um die hier zu behandelnde Frage, ob das Widerspruchsrecht in derartigen Konstellationen konstruktiv überhaupt bestehen kann, und zum anderen darum, welche Rechtsfolgen bejahendenfalls an dessen Ausübung zu koppeln sind4 • Der gesamten Problematik hat der Gesetzgeber im Zuge der Neuregelungen in § 613a Abs. 5, 6 BGB neue Aktualität verliehen. In der Gesetzesbegründungs heißt es nämlich: "Keinen Ansatz für ein Widerspruchsrecht gibt es, wenn das übertragende Unternehmen in Folge der Umwandlung erlischt, also in den Fällen der Verschmelzung, Aufspaltung und vollständigen Vermögensübertragung". 2

3 4 5

Den Formwechsel erwähnt § 324 UmwG zu Recht nicht, da hier die Identität des bisherigen Arbeitgebers vollständig erhalten bleibt. Für § 613a BOB und ein Widerspruchsrecht ist kein Raum. S. bereits § 2 B. II. I. b). Dazu nachfolgend§ 13 C. BT-Drucks. 14/7760, S. 20.

340

§ 613a Abs. 6 BGB bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers

Zum Teil anknüpfend an die Stellungnahme des Gesetzgebers wird in der Literatur zu § 613a Abs. 6 BGB vertreten, dass ein Widerspruchsrecht bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers prinzipiell keinen Sinn mache, weil der bisherige Arbeitgeber nicht mehr vorhanden sei und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht erreicht werden könne 6 • Hierbei wird auf die schon vor der Kodifizierung des Widerspruchsrechts verbreitete Annahme rekurriert, wonach das Widerspruchsrecht in derartigen Fällen insgesamt ins Leere gehen und daher nicht anzuerkennen sein soW. Konsequenz dieser Auffassung ist, dass das Arbeitsverhältnis "planmäßig", das heißt wie im Spaltungsplan/-vertrag bzw. Verschmelzungsvertrag vorgesehen, auf den neuen Rechtsträger übergeht. Welcher Rechtsträger dies, abgesehen von den eindeutigen Fällen der Verschmelzung, sei, müsse durch Auslegung des Spaltungsvertrages bzw. Feststellung des Schwerpunkts der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers ermittelt werden 8 • Zum Teil wird erwogen, den Arbeitnehmern anstelle des Widerspruchsrechts entsprechend § 626 BGB ein Recht zur fristlosen außerordentlichen Kündigung gegenüber dem aufnehmenden Rechtsträger zuzubilligen9 . Andererseits wird mit Blick auf die ausdrückliche Ergänzung von § 324 UmwG um den Verweis auf§ 613a Abs. 6 BGB vertreten, dass auch bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers mitnichten von einer Gegenstands-

6

7

8 9

Vgl. ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 6!3a BGB Rn. 357; Commandeur!Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 828; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 178 ff.; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 35 (teleologische Reduktion des§ 613a Abs. 6 BGB); Franzen, RdA 2002, 258, 259; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 636; Huke, Unterrichtung, S. 93; Kossens, AuA 2002, 158, 159; Warmbein, DZWIR 2003, II, 15; Willemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1165. S. Dehmer, UmwG, § 131 Rn. 53; Lutter-Lutter, UmwG, § 5 Rn. 42; Limmer-Neye, HdB. Unternehmensumwandlung, E Rn. 128; Bachner, NJW 1995, 2881, 2882; D.Gaul, Anm. zu EuGH v. 5.5.1988, EzA Nr. 89 zu§ 6!3a BGB (S. 22); Hanau, ZGR 1990, 548, 556 f.; Kreßel, BB 1995, 925, 930; Wlotzke, DB 1995, 40, 43; Willemsen, RdA 1993, 133, 137; Wollenschläger/Pollert, ZfA 1996, 547, 558; s.a. KallmeyerWillemsen, UmwG, § 324 Rn. 9: Widerspruch müsse rechtsfolgenlos bleiben. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 35; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 636. Vgl. ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 357; Lutter-Lutter, UmwG, § 5 Rn. 42; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 36; Menge!, Umwandlungen, S. 169 f.; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 180; Bachner, NJW 1995, 2881, 2882; Bonanni, GmbHR 7/2002, S. R 137, R 138; Franzen, RdA 2002, 258, 259; Rieble, ZIP 1997, 301, 306; Wi/lemsen/Lembke, NJW 2002, 1159, 1165.

341

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

losigkeit des Widerspruchsrechts gesprochen werden könne 10 • Der Arbeitnehmer sei bei einem Betriebsübergang auch in Umwandlungsfällen stets zu einer Ausübung des Widerspruchsrechts befugt, da ihm ein neuer Vertragspartner selbst bei Wegfall des bisherigen Arbeitgebers nicht aufgezwungen werden dürfe 11 • Auch diese Ansicht kann sich auf Vorläufer zur Rechtslage vor Kodifizierung des Widerspruchsrechts berufen 12 .

B.

Stellungnahme

I.

Grammatikalische Auslegung von§ 613a Abs. 6 BGB i.V.m. § 324 UmwG

Der Wortlaut von § 324 UmwG verweist ausdrücklich auch hinsichtlich der Verschmelzung, bei der es zu einem automatischen Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers kommt (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG), uneingeschränkt auf die Regelung des § 613a Abs. 6 BGB. Dies spricht fur die Anerkennung eines Widerspruchsrechts auch bei Betriebsübergang und Wegfall des bisherigen Arbeitgebers. Anderenfalls machte die Inbezugnahme von§ 613a Abs. 6 BGB bei Verschmelzung keinen Sinn. Zwar handelt es sich bei § 324 UmwG um einen Rechtsgrundverweis 13 . Wäre ein Widerspruchsrechtjedoch

10 S. Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 52; Widmann/Mayer-Vo/lrath, UmwG, § 324 Rn. 16; DLW-Baeck/Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3234; HöltersBauer/v.Steinau-Steinrück. Unternehmenskauf. V Rn. 128 (anders noch Voraufl .. V Rn. 112b f.); G.Picot-Picot/Schnitker, Unternehmenskauf, Ill Rn. 83; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 69; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 465; Grobys, BB 2002, 729, 730; Rieble, NZA 2004, I, 5; Sayatz/Wo(f, DStR 2002, 2039, 2045. II Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 52; Widmann/Mayer-Vo/lrath, UmwG, § 324 Rn. 16; Bauer!Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 687c; Grobys, BB 2002, 726, 730; Sayatz/Wolf, DStR 2002, 2039, 2045 f. 12 Für ein Widerspruchsrecht auch bei Umwandlung unter Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers etwa ArbG Münster, DB 2000, 1182 f.; KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 115; Lutter-Joost, UmwG, § 324 Rn. 36; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 177; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 129; Kasseler HdB.-Düwell, 6.8 Rn. 124; Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 161 ff.; Menze, Widerspruchsrecht, S. 43 ff.; Müller-Ehlen, Übergang von Arbeitsverhältnissen, S. 80 f.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Untemehmenskauf, I Rn. 235 f.; Sagasser!BulaSagasser/Schmidt, Umwandlungen, F Rn. 10; Bauer!Lingemann, NZA 1994, 1057, I 061; Baumann, DStR 1995, 888, 889 f.; Boecken, ZIP 1994, 1087, 1092; Däubler, RdA 1995, 136, 140; Hartmann, ZfA 1997, 21, 30; Henssler, FS Kraft, S. 219, 228; Ingeljinger, ZfA 1996, 591, 594; Rieble, ZIP 1997, 301, 306; Zerres, ZIP 2001,359, 361. 13 BAG v. 25.5.2000, RdA 2001,236 (LS 1), 239; ArbRKomm-Willemsen, § 324 UmwG Rn. I, 3, § 613a BGB Rn. 188;; Deluner, UmwG, § 124 Rn. 1; Kallmeyer-Willemsen,

342

§ 613a Abs. 6 BGB bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers

bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers schlechterdings nie anzuerkennen, so wäre der Verweis in § 324 UmwG auf§ 613a Abs. 6 BGB fiir Verschmelzungsfälle immer gegenstandslos. II.

Historische Auslegung von§ 613a Abs. 6 BGB i.V.m. § 324 UmwG

Diejenigen Literaturstimmen zu §§ 324 UmwG, 613a Abs. 6 BGB, die ein Widerspruchsrecht nur bei Fortbestand des bisherigen Arbeitgebers anerkennen wollen, nehmen insbesondere die Entstehungsgeschichte der Neuregelungen fiir sich in Anspruch. Aus der Regierungsbegründung ergebe sich, dass die Annahme eines Widerspruchsrechts bei Verschmelzung und Aufspaltung nicht mehr haltbar sei 14 . Ausweislich der Regierungsbegründung soll es bei Erlöschen des übertragenden Unternehmens keinen Ansatz fiir ein Widerspruchsrecht geben 15 • Dies mag darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber ein tatbestandliebes Eingreifen von § 613a Abs. 6 BGB in derartigen Fällen ausschließen wollte. Eindeutig ist diese Interpretation allerdings nicht, weil ausweislich des Wortlautes von § 324 UmwG jedenfalls ftir Fälle der Verschmelzung gerade das Gegenteil gelten soll (s. oben). Es spricht vor diesem Hintergrund manches dafür, den Hinweis in den Gesetzesmaterialien auf die Rechtsfolgenseite des Widerspruchsrechts zu beziehen. Gemeint wäre dann, dass bei einem Widerspruch nach Untergang der Rechtspersönlichkeit des bisherigen Arbeitgebers kein Ansatz fiir einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses des Widersprechenden mit dem übertragenden Rechtsträger besteht. Dies ist deswegen nicht femliegend, weil an anderer Stelle, nämlich in der Begründung zum Regierungsentwurf des UmwG 16 , ausgefiihrt wird, dass das Widerspruchsrecht insoweit [eigene Hervorhebung] gegenstandslos werde, als seine Ausübung nicht zur Fortfiihrung des bisherigen Arbeitsverhältnisses bei dem aufgespaltenen Rechtsträger fUhren könne. Diese Wortwahl lässt nur den Schluss zu, dass eine Durchbrechung des Prinzips der umwandlungsrechtlichen Universalsukzession in Abhängigkeit von der Widerspruchsentscheidung des Arbeitnehmers konstruktiv immerhin möglich sein soll, möge dies auch aus rechtstatsächlichen Gründen besondere Rechtsfolgen haben 17 •

14 15 16 17

UmwG, § 324 Rn. 2; MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 456; Widmann!Mayer-Vollrath, UmwG, § 324 Rn. 3 m.w.N. Statt vieler Pranzen, RdA 2002, 258, 259. S. einleitend unter A. mit Nw. BT-Drucks. 12/6699, S. 121. In diesem Sinne auch Menze, Widerspruchsrecht, S. 47.

343

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Im Ergebnis dürfte gelten, dass eine historische Auslegung von §§ 324 UmwG, 613a Abs. 6 BGB jedenfalls keine belastbaren Schlüsse gegen ein Widerspruchsrecht bei umwandlungsbedingtem Untergang der Rechtspersönlichkeit des Arbeitgebers ermöglicht. Ein etwaige andere Absicht des Gesetzgebers bei der Schaffung der Neuregelungen hätte wegen des Gebotes der objektiven Gesetzesauslegung 18 in dem Wortlaut von§ 324 UmwG ihren Niederschlag finden müssen. 111.

Teleologische und verfassungskonforme Auslegung von§ 613a Abs. 6 BGB i.V.m. § 324 UmwG

Die Anerkennung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang ist ausweislich der Gesetzesmaterialien vor allem deswegen geboten, weil es mit der Würde des Menschen, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und dem Recht auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 1, 2, 12 GG) unvereinbar sei, wenn ein Arbeitnehmer gesetzlich verpflichtet würde, für einen nicht frei gewählten Arbeitgeber zu arbeiten 19 • Hierbei wird ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BAG und des EuGH Bezug genommen 20 • Unerwähnt bleibt, dass namentlich der 8. Senat des BAG21 zuletzt erhebliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Begründung des Widerspruchsrechts geäußert hat. Dass durch den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber die Menschenwürde tangiert sein soll, sei wenig überzeugend. Die freie Wahl des Arbeitsplatzes werde durch den Übergang des Arbeitsverhältnisses eher gesichert als eingeschränkt. Der Eingriff in die Vertragsfreiheit dürfte regelmäßig durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein. Es spreche insgesamt manches dafür, dass der Gesetzge-

18 BVerfG v. 21.5.1952, v. 15.12.1959, v. 7.5.1960, BVerfGE I, 299, 312; 10,234, 244; II, 126, 130; BGH V. 7.7.1960, V. 15.2.1962, V. 21.3.1962, BGHZ 33,321, 330; 36, 370, 377; 37, 58, 60; weitere Nw. bei Müller/Christensen, Juristische Methodik I, Rn. 25. 19 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/7760, S. 20. 20 BT-Drucks. 14/7760, S. 20 unter Verweis aufSAG v. 22.4.1993, AP Nr. 102 zu§ 613a BGB; EuGH v. 16.12.1992 - Rs C 132/91, 138/91, 139/91 (Katsikas u.a.), AP Nr. 97 zu§ 613a BGB. 21 Urt. v. 25.1.2001, AP Nr. 215 zu§ 613a BGB m.w.N. (unter III 5 der Gründe); kritisch zur verfassungsrechtlichen Begründung des Widerspruchsrechts aus der Literatur etwa Felsner, Unternehmensübernahmen in Europa, S. 276 ff.; Fischer, Betriebsübergang, S. 132; Pietzko, Tatbestand, S. 259 ff.; Hersehe/, Anm. zu BAG v. 6.2.1980, AP Nr. 21 zu§ 613a BGB (BI. 118 f.); Hess, BB 1977, 501, 502; Kraft, FS 25 Jahre BAG, S. 299, 309; Lüke, Anm. zu BAG v. 30.10.1986, AP Nr. 55 zu§ 613a BGB (BI. 889 f.); Gitter, FS 25 Jahre BAG, S. 142 ff.; Schreiber, RdA 1982, 137, 141; weitere Nw. bei Menze, Widerspruchsrecht, S. 24.

344

§ 613a Abs. 6 BGB bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers

ber generalisieren und dem Erhalt der konkreten Arbeitsstelle Vorrang einräumen dürfe22 . Die Frage nach den verfassungsrechtlichen Wurzeln von§ 613aAbs. 6 BGB ist in dem hier zu erörternden Zusammenhang von ausschlaggebender Bedeutung. Ist die Anerkennung des Widerspruchsrechts nämlich tatsächlich verfassungsrechtlich geboten, so kann bei Betriebsinhaberwechsel infolge Unternehmensumwandlung und Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers allenfalls dann etwas anderes gelten, wenn sich aus der Tatsache des Wegfalls des bisherigen Arbeitgebers ein Grund für eine Differenzierung herleiten lässt23 . 1.

Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Widerspruchsrechts als Abwehrrecht gegen den neuen Arbeitsvertragspartner aus Art. 12 Abs.l GG

Das BAG hat in herkömmlicher Rechtsprechung in Art. 12 Abs. 1 GG ein bedeutendes Argument für die Beachtlichkeit des Willens der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer gesehen. Ein zwingender automatischer und unausweichlicher Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB verstoße gegen das Grundrecht des Arbeitnehmers auf freie Wahl des Arbeitsplatzes24 . Dem ist zuzustimmen. Es entspricht der einhelligen Auffassung in der verfassungsrechtlichen Literatur, dass sich das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes als Bestandteil des einheitlichen Grundrechts der Berufsfreiheit gerade auch auf die Auswahl des konkreten Arbeitsvertragspartners erstreckt25. Diese Auslegung wird durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts26 - sowie durch den EuGH für ein gemeinschaftsrechtliches Grundrecht der Berufsfreiheit27 - bestätigt. Es läge somit ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG vor, wenn gegenüber dem gesetzlich angeordneten Arbeitgeberwechsel in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB der Wille

22 BAGv. 25.1.2001,APNr. 215 zu§ 613aBGB m.w.N. (unterlll 5 c). 23 Für den hier verfolgten Zweck genügt ein Eingehen auf Art. 12 Abs. I GG. Weitere grundrechtliche lmplikationen des Widerspruchsrechts, insbesondere in Bezug auf Art. 1 Abs. 1 GG, erörtert Menze, Widerspruchsrecht, S. 26 ff. 24 S. § 2A. II. 2. mitNw. 25 S. nur Dreier-Wieland, GG, Art. 12 Rn. 31; Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art. 12 Rn. 86; Mangoldt/Klein-Manssen, GG, Art. 12 Rn. 53; v.Münch/Kunig-Gube/t, GG, Art. 12 Rn. 23. 26 BVerfG v. 24.4.1991, BVerfGE 84, 133, 146; v. 10.3.1992, BVerfGE 85,360,372 f. 27 S. § 2 A. II. 2. mit Nw.

345

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

des betroffenen Arbeitnehmers keine Berücksichtigung finden könnte28 . Dieser Eingriff wäre verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Denn ein zwingender Vertragsübergang entspräche weder der Bedeutung des Schutzgutes aus Art. 12 Abs. 1 GG noch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil keine wichtigen Gemeinschaftsgüter ersichtlich sind, die eine derart gravierende Einschränkung der Arbeitgeberwahlfreiheit erforderlich machten29 • Es kann auch nicht, worauf die Bedenken des 8. Senats des BAG abzielen 30, auf den legitimen Schutz von Arbeitsplätzen durch den automatischen Eintritt des Betriebsnachfolgers in die Arbeitsverhältnisse verwiesen werden. Zur Erreichung des Arbeitnehmerschutzes ist es nämlich nicht erforderlich, die Beschäftigten einem gesetzlichen Zwang zur Akzeptanz eines neuen Vertragspartners zu unterwerfen 31 . Eine andere Betrachtung wendet den an sich einseitig arbeitnehmerschützenden Zweck des § 613a BGB 32 gegen die betroffenen Arbeitnehmer33 . Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass ein dem Eintritt des Betriebsnachfolgers in das konkrete Arbeitsverhältnis entgegenstehender Wille des Arbeitnehmers von Verfassungs wegen Beachtung finden muss. Dem ist bei der Auslegung von §§ 324 UmwG, 613a Abs. 6 BGB Rechnung zu tragen.

2.

Keine geringere Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Abwehr eines neuen Arbeitsvertragspartners bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers

Nach dem bisherigen Ergebnis ließe sich die Ablehnung eines Widerspruchsrechts bei Erlöschen der übertragenden Gesellschaft allenfalls dann 28 Grundrechtsdogmatisch betrachtet beseitigt die Regelung in § 613a Abs. 6 S. I BGB das Vorliegen eines Eingriffs in Art. 12 Abs. I GG, da dem Arbeitnehmer hierdurch das Wahlrecht für oder gegen einen neuen Arbeitsvertragspartner erhalten bleibt; vgl. Menze, Widerspruchsrecht, S. 25. 29 Näher Menze, Widerspruchsrecht, S. 25 m.w.N.; Pottmeyer, Überleitung und Mitbestimmung, S. 142 ff.; Wollenschläger/Pollert, ZfA 1996, 54 7, 562. 30 Nw. in Fn. 21. 31 Zutreffend Pottmeyer, Überleitung und Mitbestimmung, S. 142 ff.; 32 S. nur ErfKomm-Preis, BGB, § 613a Rn. 2; Pottmeyer, Überleitung und Mitbestimmung, S. 95 ff.; Fischer, DB 200 I, 331, 333; Hanau, FS D.Gaul, S. 287, 292. 33 Es ist anerkannt, dass wegen dieses einseitigen Schutzzwecks aus § 613a Abs. I S. I BGB gerade kein Recht des Betriebserwerbers auf Übernahme der Belegschaft folgt; BAG v. 2.1 0.1974, AP Nr. I zu § 613a BGB (unter Ili 3). Dies wird außer Acht gelassen, wenn geltend gemacht wird (u.a. WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 178), die Anerkennung eines Widerspruchsrechts bei Erlöschen des bisherigen Betriebsinhabers liefe auf ein unbilliges einseitiges Lösungsrecht zugunsten des Arbeitnehmers hinaus.

346

§ 613a Abs. 6 BGB bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers

rechtfertigen, wenn in derartigen Fällen ein Bedürfnis für einen Schutz der Arbeitnehmerrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG ausnahmsweise nicht bestünde. In diese Richtung zielt die Argumentation, nach der das wesentliche Argument fur das Widerspruchsrecht, kein Aufdrängen eines neuen Arbeitgebers, weniger bedeutsam sein soll, wenn der alte Arbeitgeber rechtlich nicht mehr existent ist34 . Der mit dem Widerspruchsrecht verfolgte Schutz liege gerade auch in der Sicherung des Bestandsschutzes hinsichtlich des alten Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer35 • Die Ausübung des Widerspruchsrechts setze demnach voraus, dass dadurch der Fortbestand des alten Rechtsverhältnisses bewirkt werde 36 . § 613a Abs. 6 BGB räume dem Arbeitnehmer im Wege der Meistbegünstigung ein Wahlrecht ein, welches bei Erlöschen der übertragenden Gesellschaft von vomherein obsolet sei 37 • Die genannten Erwägungen sind aus mehreren Gründen unrichtig. Zunächst einmal ist die Intensität eines Eingriffs in die Arbeitgeberwahlfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG bei einem aufgezwungenen neuen Arbeitsvertragspartner aus Arbeitnehmersicht nicht deswegen geringer, weil die Rechtspersönlichkeit des bisherigen Arbeitgebers erlischt. In derartigen Fällen kann sich der Betroffene zwar aus rechtslogischen Gründen nicht fur eine Vertragsfortsetzung mit dem bisherigen Arbeitgeber entscheiden. Die Gewährleistung aus Art. 12 Abs. l GG verlangt aber in einem jeglichen Anwendungsfall von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB, gleich wie die rechtsgeschäftliche Grundlage der Betriebsübertragung beschaffen ist (Kauf, Pacht, Umwandlung etc.), nicht mehr und nicht weniger, als dass die betroffenen Arbeitnehmer jedenfalls den Betriebsecwerber nicht unabänderlich als neuen Arbeitgeber akzeptieren müssen. Die Gegenansicht übersieht, dass das Schicksal des bisherigen Arbeitgebers auf der Tatbestandsseite von §§ 324 UmwG, 613a Abs. 6 BGB ohne Belang ist, weil es sich bei dem Widerspruchsrecht unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Zusammenhänge um ein reines Abwehrrecht gegen das Oktroyieren eines von dem Arbeitnehmer nicht ausgewählten Arbeitgebers handelt. Diese negative Funktion des Widerspruchsrechts wird mit dessen Qualifizierung als Rechtsfolgenverweigerungsrecht, die sich allgemein durchgesetzt hat38 , zutreffend zum Ausdruck gebracht.

34 Schmitt!Hörtnagi!Stratz-Hörtnagl, UmwG, § 131 Rn. 58. 35 Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 146. Zum Teil wird sogar ausdrücklich von einem aus dem Widerspruch folgenden Recht des Arbeitnehmers auf Vertragsfortsetzung gesprochen; s. LAG Schleswig-Holstein v. 30.10.2002- 5 Sa 206 c/02 (LS 3 und unter 2 c) mit insoweit krit. Anm. Schnitker/Grau, EWiR 2003, 355, 356. 36 Hölters-Bauer, Untemehmenskauf(Voraufl.), V Rn. 112c. 37 WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 179. 38 S. § 2 A. 11. I. mit Nw.

347

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Aus der fehlenden Möglichkeit der Vertragsfortsetzung bei Untergang der Rechtspersönlichkeit des bisherigen Arbeitgebers einen tatbestandliehen Ausschluss des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB zu folgern, bedeutet einem Trugschluss zu unterliegen. Es wird nämlich übersehen, dass die behauptete bzw. unterstellte positive Funktion des Widerspruchsrechts, nämlich die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Betriebsinhaber, streng dogmatisch betrachtet nicht existiert. Denn der Anspruch des widersprechenden Arbeitnehmers auf Vertragsfortsetzung folgt nicht aus dem Widerspruchsrecht, sondern aus dem nicht übergeleiteten Arbeitsvertrag; die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung resultiert gegebenenfalls daraus, dass der bisherige Betriebsinhaber nur einen Teilbetrieb veräußert oder andere freie Arbeitsplätze in seinem Unternehmen zur Verfügung stehen. Die Fortflihrung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber kann demnach nicht Schutzzweck des Widerspruchsrechts sein. Konsequenterweise lässt sich aus dem Fehlen von Fortsetzungsmöglichkeiten für das Arbeitsverhältnis nach einem Widerspruch nichts für einen tatbestandliehen Ausschluss des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB herleiten, weil Tatbestand und Rechtsfolgen des Widerspruchs getrennt zu beurteilen sind. Dies verdeutlicht die Sach- und Rechtslage in einem "Normalfall" des Betriebsinhaberwechsels im Wege der Einzelrechtsnachfolge, wenn der bisherige Arbeitgeber seinen einzigen Betrieb vollständig überträgt. Auch in diesem Fall fehlt es an der Möglichkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchs, ohne dass dem Arbeitnehmer das Recht aus§ 613aAbs. 6 BGB zu verweigern wäre. Für den nur vermeintlich besonders gelagerten Fall von Abspaltung, Verschmelzung und entsprechenden Formen der Vermögensübertragung kann nichts anderes gelten. Auch hier muss sich der Arbeitnehmer wegen Art. 12 Abs. 1 GG gegen den aufnehmenden Rechtsträger als neuen Arbeitgeber entscheiden können. Schlussendlich kann der mit §§ 324 UmwG, 613a Abs. 6 BGB bezweckte Grundrechtsschutz auch nicht in gleich geeigneter Weise anstelle eines Widerspruchsrechts durch ein Recht des Arbeitnehmers zur fristlosen außerordentlichen Kündigung entsprechend § 626 BGB gegenüber dem Betriebsnachfolger realisiert werden. Zum einen käme eine Kündigung erst nach dem Vollzug des Betriebsübergangs und nur mit Wirkung ex nunc in Betracht. Es wäre im Gegensatz zur Sach- und Rechtslage bei §§ 613a Abs. 6 BGB, 324 UmwG insofern nicht sichergestellt, dass der übernehmende Rechtsträger insbesondere in Fällen, in denen die Arbeitnehmer pflichtwidrig nicht vor dem Übertragungsstichtag über die Betriebsübernahme in Kenntnis gesetzt worden sind, nicht doch zunächst in die Arbeitsverhältnisse eintritt. Dem wird mit dem Widerspruchsrecht von vornherein begegnet,

348

§ 613a Abs. 6 8GB bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers

weil dessen Ausübung Rückwirkung auf den Übernahmezeitpunkt entfaltee9. Zum anderen scheitert eine rechtsfortbildende Lösung über ein Recht zur fristlosen Kündigung daran, dass mit§§ 613a Abs. 6 BGB, 324 UmwG eine spezialgesetzliche Regelung existiert, die nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut auch bei Umwandlungen unter Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers Anwendung finden kann. Hierbei trägt die einmonatige Widerspruchsfrist dem Abwägungsinteresse der betroffenen Arbeitnehmer erheblich besser Rechnung als die lediglich zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB. Nach alledem ist die Anerkennung eines Widerspruchsrechts in sämtlichen Umwandlungsfällen bei Vorliegen der Voraussetzungen der§§ 613a Abs. I S. I BGB, 324 UmwG auch bei einer am Normzweck von § 6!3a Abs. 6 BGB und den verfassungsrechtlichen Grundlagen der Vorschrift orientierten Auslegung geboten.

C.

Ergebnis und Zusammenfassung zu § 11

Den Arbeitnehmern steht ein Recht zum Widerspruch als Abwehrrecht gegen den Eintritt des Betriebsübernehmers in das Arbeitsverhältnis aus §§ 613a Abs. 6 BGB, 324 UmwG auch dann zu, wenn die Rechtspersönlichkeit des bisherigen Arbeitgebers infolge der Umwandlung erlischt. Alleiniger Widerspruchsadressat ist nach Vollzug der Umwandlung aus rechtstatsächlichen Gründen abweichend von § 613a Abs. 6 S. 2 BGB der aufnehmende Rechtsträger.

39 Dazu§ 13 8. I.

349

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

§ 12 Der Ausschluss des Widerspruchsrechts, insbesondere durch Verzicht des Arbeitnehmers A.

Verzicht des Arbeitnehmers auf das Widerspruchsrecht

Aufgrund der gegenüber der bisherigen Rechtslage modifizierten Allsübungsbedingungen für das Widerspruchsrecht ist die Frage von aktueller Bedeutung, ob und vor allem unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer über sein Recht aus § 613a Abs. 6 BGB rechtsverbindlich verfügen kann.

I.

Erscheinungsformen eines Widerspruchsrechtsverzichts und bisherige Rechtslage

Arbeitnehmerseitige Dispositionen über das Widerspruchsrecht im Hinblick auf einen bevorstehenden Betriebsinhaberwechsel sind bereits Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen gewesen. Ausweislich der HAGRechtsprechung können sich Einschränkungen der Freiheit zum Widerspruch bis zum Vollzug der Betriebsübertragung insbesondere ergeben durch: Erklärung bzw. Zusage des Arbeitnehmers gegenüber dem bisherigen oder neuen Betriebsinhaber, das Widerspruchsrecht nicht auszuüben 40 ; Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und wenigstens einer der Übertragungsparteien, das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebserwerber entsprechend § 613a Abs. 1 BGB fortzusetzen (Überleitungsvereinbarung)4I. Der Geltungsgrund für den Ausschluss des Widerspruchsrechts ist von der Rechtsprechung neben einem Verzicht des Arbeitnehmers zum Teil in dem Grundsatz von Treu und Glauben erblickt worden. So wurde angenommen, 40 BAG v. 15.2.1984, AP Nr. 37 zu§ 613a BGB (LS 2 und unter III 2 a). Dem steht die ausdrückliche Erklärung des Einverständnisses mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses gleich. 41 BAG v. 15.2.1984, v. 19.3.1998, AP Nr. 37 (unter III 2 a), Nr. 177 (unter I 3 a) zu § 613a BGB mit insoweit zust. Anm. Moll/Jacobi (BI. 862). Mit Recht hat das BAG (Urt. v. 19.3.1998, ebenda) klargestellt, dass in der rechtsgeschäftliehen Abrede des Vertragsübergangs zwischen übertragendem Rechtsträger und dem Arbeitnehmer entgegen vereinzelter Stimmen (Hersehe/, Anm. zu BAG v. 15.2.1984, AP Nr. 37 zu § 613a BGB (BI. 1330) grundsätzlich kein unzulässiger Vertrag zu Lasten des Erwerbers zu sehen ist, da dieser ohnehin an § 613a BGB gebunden ist. Kein Widerspruchsrechtsverzicht liegt vor, wenn sich Veräußerer und Arbeitnehmer über eine Rückkehroption verständigen; Rieble, NZA 2002, 706, 707.

350

Ausschluss des Widerspruchsrechts, insbesondere durch Verzicht

die spätere Erklärung eines Widerspruchs sei treuwidrig und daher unbeachtlich, wenn der Arbeitnehmer zuvor erklärt habe, sein Widerspruchsrecht nicht auszuüben und Arbeitgeber und Betriebserwerber auf diese Äußerung vertraut hätten42 • Das Rekurrieren in der Rechtsprechung auf § 242 BGB überzeugt nicht. Zum einen gilt nach nahezu einhelliger Auffassung schon bislang, dass der Arbeitnehmer jedenfalls mit Blick auf einen konkret bevorstehenden Betriebsübergang über sein Widerspruchsrecht als solches verfugen kann43 • Zum anderen ist ein einseitiger rechtsverbindlicher Verzicht auf ein Gestaltungsrecht entgegen einem einseitigen Forderungsverzicht, der dem BGB prinzipiell fremd ist (s. § 397 Abs. 1 BGB), ohne weiteres möglich44 • Es macht demzufolge hinsichtlich der dogmatischen Handhabung keinen Unterschied, ob der Betreffende mit den beteiligten Arbeitgebern eine Überleitungsvereinbarung trifft oder einseitig verbindlich erklärt, von seinem Recht zum Widerspruch keinen Gebrauch machen zu wollen. In beiden Fällen ergibt eine Auslegung der betreffenden Erklärung, dass der Arbeitnehmer sein Rechtsfolgenverweigerungsrecht ausschließen will. Das Widerspruchsrecht geht mit Zugang einer derartigen Erklärung bzw. mit dem Zustandekommen einer entsprechenden vertraglichen Einigung mit einem oder beiden beteiligten Arbeitgebern unmittelbar unter45 , so dass es keines Rückgriffs auf die Grundsätze von Treu und Glauben bedarf. Auf den nach Ausschluss des Widerspruchsrechts unabänderlich feststehenden Eintritt der gesetzlichen Rechtsfolgen des § 613a Abs. I BGB kann sich sodann auch diejenige Betriebsübertragungspartei berufen, die nicht unmittelbar Adressat der Verzichtserklärung des Arbeitnehmers war.

42 BAG v. 15.2.1984, APNr. 37 zu§ 613a BGB (LS 2 und unter lll2 a); ebenso für eine Anwendung von § 242 BGB D.Gaul, Betriebsübergang, S. 230; ders., ZfA 1989, 87, 93; Menze, Widerspruchsrecht, S. 84 (venire contra factum proprium); Fenn/Klose, JuS 2000, 531, 534; Grobys, BB 2002, 726, 730 (Verwirkung); Meyer, AuA 2002, 159, 164; Moll, NJW 1993,2016. 43 S. nachfolgend Il. l. mit Nw.; a.A. Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 40. 44 Vgl. bspw. § 376 Abs. 2 Nr. I (Verzicht aufRücknahmerecht), § 533 (Verzicht aufWiderrufsrecht des Schenkers); generell MünchKomm-Schlüter, BGB, § 397 Rn. 19; Pa1andt-Heinrichs, BGB, § 397 Rn. l. 45 Wie hier Münchinso-Löwisch/Caspers, § 128 Rn. II; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 162; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf, 10 Rn. 36; Haas/Durchlaub, FS Widmann, S. 23, 29.

351

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

II.

Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Rechtsverzicht aus § 613a Abs. 6 BGB

Die näheren Anforderungen an einen einseitigen oder vertraglichen Ausschluss des Widerspruchsrechts müssen im Lichte der Neuregelungen in § 613aAbs. 5 und 6 BGB betrachtet werden.

1.

Individuelle Verzichtserklärung des Arbeitnehmers im Hinblick auf einen konkreten Betriebsübertragungsvorgang

Zunächst bedarf es der Feststellung, dass sich unter der Geltung von § 613a Abs. 6 BGB an der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Widerspruchsrechtsverzichts nichts geändert hat. Die Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers ergibt sich daraus, dass es sich bei dem Widerspruchsrechtsverzicht in der Sache um eine negative Ausübung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB handelt. Denn der betreffende Arbeitnehmer beruft sich mit seiner Erklärung auf die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB und macht somit von seiner über die Polarität von § 613a Abs. 1 S. 1, Abs. 6 BGB vermittelten Wahlfreiheit hinsichtlich des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses Gebrauch. Hinzu tritt das Argument der Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers, aufgrund derer eine Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber auch rechtsgeschäftlich vereinbart werden kann. Wie schon nach bisheriger Rechtslage ist ein Verzicht auf das Widerspruchsrecht allerdings nur dann als rechtswirksam anzusehen, wenn dieser nicht "blind", sondern anlässlich eines konkreten Betriebsübertragungsvorgangs erklärt wird 46 . Not-

46 Für § 6 13a Abs. 6 BGB wie hier APS-Steffan, § 6 13a BGB Rn. 233; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 98; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 53; Palandt-Putzo, BGB, § 613a Rn. 52; Widmann/Mayer-Vollrath, UmwG, § 324 Rn. 23; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübemahme, Rn. 556; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 49; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 137; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 37; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 72; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002, 457, 464; Franzen, RdA 2002, 258, 268; B.Gaul!Otto, DB 2002, 634, 638; Laber/Roos, ArbRB 2002, 303, 306; Olbertz/Ungnad, BB 2004, 213, 218; Worzalla, NZA 2002, 353, 357; zur alten Rechtslage ebenso MünchArbR-Wank, § 613a BGB Rn. 102; Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 162; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 141; Liessem, Betriebspacht, S. 106 f.; Menze, Widerspruchsrecht, S. 77 ff.; Pietzko, Tatbestand, S. 295; ders., Z!P I 990, II 05, 1116; Henssler, NZA 1994, 913, 923; Hergenröder, AR-Blattei SO, 500.1 Rn. 306; Moll, NJW 1993,2016, 2017; Weber, SAE 1998, 322, 324; weitere Nw. bei Pröpper, DB 2000, 2322, 2324; ftir die Zulässigkeit eines arbeitsvertragliehen Pauschalverzichts hingegen Hölters-Bauer/v.Steinau-Steinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 144; Pottmeyer, ZfA 1989, 239, 250 (allerdings unter der dogmatisch falschen Prämisse, der Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. I BGB bedürfe der

352

Ausschluss des Widerspruchsrechts, insbesondere durch Verzicht

wendig ist, dass zumindest die Person des Betriebsnachfolgers feststeht. Die Unzulässigkeit einer Globalabbedingung von § 613a Abs. 6 BGB folgt aus der Vermeidung einer Umgehung von § 613a Abs. I S. 1 BGB, der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Widerspruchsrechts sowie dem Gedanken der regelmäßig fehlenden Vertragsparität zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer47. Sie steht in Symmetrie zu den bereits zum Unterrichtungsrechtsverzicht erörterten Grundsätzen48 . Nach alledem bedarf es zur Wirksamkeit eines Rechteverzichts aus § 613a Abs. 6 BGB einer Erklärung des Arbeitnehmers, die sich auf einen konkreten Arbeitgeberwechsel nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB bezieht. Ein Ausschluss des Widerspruchsrechts durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder sonstige Kollektivabrede kommt nicht in Betracht49 . Fraglich ist, ob von einem wirksamen Ausschluss des Widerspruchsrechts auch dann auszugehen ist, wenn der Arbeitnehmer, etwa im Zusammenhang mit dem Informationsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB, durch die beteiligten Arbeitgeber zur Abgabe eines formularvertraglichen Verzichts ersucht worden ist. Hierfiir ist entscheidend, ob der klauselmäßige Ausschluss von § 613a Abs. 6 BGB einer Inhaltskontrolle anhand der §§ 305 ff., 310 Abs. 4 S. 2 BGB standhält. Zu erwägen ist, einen Klauselverstoß aus einer entsprechenden Anwendung von § 309 S. 1 Nr. 10 BGB zu folgern. Nach dieser Norm ist eine Bestimmung grundsätzlich unwirksam, wonach ein Dritter in die vertraglichen Rechte eintritt oder eintreten kann. Normzweck ist es, zu verhindern, dass dem Verwendungsgegner ein neuer Vertragspartner aufgedrängt wird 50 • Dieser Regelungszweck ist auch bei einem formularmäßigen Widerspruchsrechtsverzicht einschlägig, auch wenn sich die Vertragsüberleitung sodann kraftGesetzesgemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB vollzieht. Dennaufgrund der

47 48 49

50

rechtsgeschäftliehen Zustimmung des Arbeitnehmers i.S.v. §§ 182, 183 BGB, die auch vorab erteilt werden könne); Pröpper, DB 2000, 2322 ff. Ausfuhrlieh bereits Menze, Widerspruchsrecht, S. 77 ff. m.w.N. S. § 9 B. I. 2. b). Allg. Ansicht, s. BAG v. 2.10.1973, AP Nr. I zu§ 613a BGB (unter IV 2 b); APSSteffan, § 613a Rn. 235; ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 99; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 54; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 162; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 140; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 49, 58; Hölters-Bauer!v.Steinau-Steinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 142; Menze, Widerspruchsrecht, S. 86 f.; Pietzko, Tatbestand, S. 296; Seiler, Betriebsinhaberwechsel, S. 73; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 71; Falkenberg, DB 1980, 783, 786; D.Gaul, ZfA 1990, 87, 92; Henssler, NZA 1994, 913, 923; Moll, AnwBI 1991, 282, 297. Palandt-Heinrichs, BGB, § 309 Rn. 90.

353

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Ausschlussklausel ist es dem Arbeitnehmer nicht mehr möglich, sich dem Arbeitsvertragspartnerwechsel zu widersetzen. Selbst bei Ablehnung der hier vorgeschlagenen Rechtsanalogie zu § 309 S. 1 Nr. 10 BGB gilt, dass ein Formularverzicht den Arbeitnehmer als Verwendungsgegner nicht unagemessen benachteiligen darf. Eine unangemessene Benachteiligung liegt im Zweifel vor, wenn die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(§ 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB). Dies ist vor allem der Fall, wenn die abbedungene Norm Ausprägung eines wesentlichen Schutzinteresses ist 51 • Grundgedanke der Regelung in§ 613aAbs. 6 BGB ist die dem Grundrechtsschutz des Arbeitnehmers dienende Freiheit des Betroffenen, den gesetzlichen Arbeitgeberwechsel bei Betriebsübergang verhindem zu können. Eine Widerspruchsrechtsverzichtsklausel ist auf die Beseitigung dieser verfassungsrechtlich gebotenen Entscheidungsfreiheit gerichtet. Der damit gegebene gravierende Eingriff wird durch berechtigte Interessen von Betriebsveräußerer und -erwerber nicht aufgewogen, weil diese nach dem Regelungskonzept von § 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB durch frühzeitige Unterrichtung die Widerspruchsfrist auslösen und so rechtzeitig Klarheit über die übergehenden Arbeitsverhältnisse erlangen können. Eine formularmäßige Abbedingung von § 613a Abs. 6 BGB stellt somit auch eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB dar 52 . Entsprechende Gestaltungen sind unwirksam, § 306 Abs. 1, 2 BGB.

2.

Schriftformerfordernis analog § 613a Abs. 6 S. 1 BGB

Es wurde bereits erörtert, dass der fortgesetzten Tätigkeit ftir den neuen Betriebsinhaber oder dessen Inanspruchnahme aus dem Arbeitsvertrag vor Ablauf der Widerspruchsfrist keine stillschweigende Zustimmung des Arbeitnehmers zum Übergang seines Arbeitsverhältnisses entnommen werden kann 53 • Entsprechendes gilt konsequenterweise ftir einen Widerspruchsrechtsverzicht, so dass jedenfalls eine ausdrückliche Erklärung des Arbeitnehmers erforderlich ist. Eine andere Frage ist es, ob eine Vorabdisposition

51 Nw. in Fn. 895 (2. Kapitel). 52 § 307 Abs. 2 Nr. I BGB findet grundsätzlich nur auf dispositives Recht Anwendung; Palandt-Heinrichs, BGB, § 307 Rn. 26 m.w.N. Die Norm ist einschlägig, wenn sich die Ausschlussklausel ftir das Widerspruchsrecht auf einen konkreten Betriebsübertragungsvorgang bezieht. Ein abstrakt-genereller Formularverzicht ist bereits entsprechend § 134 BGB nichtig. 53 Vgl. § 7 B. Il. 3. a).

354

Ausschluss des Widerspruchsrechts, insbesondere durch Verzicht

über das Widerspruchsrecht zu ihrer Wirksamkeit nunmehr sogar der Schriftform bedarf5 4 • Bei einem Verzicht auf§ 613a Abs. 6 BGB handelt es sich der Sache nach um die negative Ausübung des Widerspruchsrechts, nämlich die Wahl des Betriebsnachfolgers als neuen Arbeitgeber. Insofern liegt es an sich nahe, die Schriftformbedürftigkeit eines Widerspruchsrechtsausschlusses aus einer entsprechenden Anwendung von§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB zu folgern. Zweifelsfrei ist dies allerdings nicht, da auch ein Kündigungsverzicht ungeachtet des Schriftformzwangs fiir die Kündigung selbst (§ 623 BGB) nicht als formbedürftig angesehen wird 55 • Entscheidend muss letztlich sein, ob der Formzweck von§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB sowie Arbeitnehmerschutzerwägungen eine Erstreckung des Schriftfonnbedürfnisses auch auf Erklärungen des Arbeitnehmers gebieten, mit denen sich dieser verbindlich auf den Übergang seines Arbeitsverhältnisses festlegt. Der Schriftform in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB kommt eine Warn- und Beweisfunktion zu 56 • Hinsichtlich der Warnfunktion ließe sich vertreten, dass bei einem Verzicht auf das Widerspruchsrecht ein Übereilungsschutz des Arbeitnehmers ebenfalls geboten ist. Allerdings hat der Gesetzgeber die Warnfunktion vor allem damit gerechtfertigt, dass der Widerspruch zum Wegfall des Arbeitsplatzes bei dem Betriebsveräußerer fuhren könne 57 • Im Gegensatz hierzu wird durch den Widerspruchsverzicht und den Übergang des Arbeitsverhältnisses die Kontinuität der Arbeitsbedingungen gemäß § 613a Abs. 1 BGB gerade abgesichert. Die Gefahrenlage bei einem Widerspruch und einem Widerspruchsrechtsverzicht ist folglich aus Arbeitnehmersicht nicht ohne weiteres vergleichbar. Zu bedenken gilt es allerdings, dass die Abbedingung von § 613a Abs. 6 BGB wenigstens mittelbar bestandsgefahrdende Folgen haben kann, was typischerweise der Fall ist, wenn sich aufgrund der Betriebsübernahme bei dem Erwerber Synergien ergeben und diese vermittels Personalabbau realisiert werden sollen. Der Aspekt des 54 So die h.M., ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 98; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 49, 51; ders., Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, S. 121, 137; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 37; G.Picot-Picot/Schnitker, Untemehmenskauf, III Rn. 81; Franzen, RdA 2002, 258, 268; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 638; Jaeger, ZIP 2004, 433, 443; Olbertz/Ungnad, BB 2004, 213, 218; offen lassend WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 173; ablehnend ArbRKommWillemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 365; Semler/Stengel-Siman, UmwG, § 324 Rn. 59; Löwisch, Arbeitsrecht, Rn. 1454; Tschöpe-Beseler, Anwa1tshdB., 2 G Rn. 72; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 23. 55 APS-Preis, Grundlagen D Rn. 99; v.Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, § 1 Rn. 294. 56 Dazu § 7 B. III. 2. a). 57 Vgl. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 20.

355

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Übereilungsschutzes ist folglich bei einer Verfügung des Arbeitnehmers über sein Widerspruchsrecht nicht per se bedeutungslos. Voll einschlägig bei einem Ausschluss des Widerspruchsrechts ist der Beweiszweck von § 613a Abs. 6 S. 1 BGB. Wie bei einem Widerspruch auch geht es bei einem Verzicht hierauf um die rechtsverbindliche und beweisbeständige Zuordnung des Arbeitsverhältnisses zu dem übertragenden oder dem aufnehmenden Rechtsträger. Es besteht demnach in beiden Fällen ein gleich gelagertes Interesse daran, den beteiligten Arbeitgebern und dem Arbeitnehmer eine klare Beweisführung zu ermöglichen. Es sprechen somit im Ergebnis die besseren Gründe dafür, das Schriftformerfordernis in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB in analoger Anwendung der Bestimmung auf Erklärungen des Arbeitnehmers zu erstrecken, nach denen das eigene Widerspruchsrecht ausgeschlossen sein soll. Insbesondere Überleitungsvereinbarungen bedürfen daher, soweit das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers im Zeitpunkt des Abschlusses noch nicht verfristet ist, nunmehr zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform 58 . 3.

Erfordernis vorheriger Unterrichtung entsprechend§ 613a Abs. SBGB?

Parallel zu der vorstehend erörterten Problematik stellt sich die Frage, ob die Wirksamkeit eines Widerspruchsrechtsverzichts voraussetzt, dass der Erklärende zuvor entsprechend § 613a Abs. 5 BGB durch den bisherigen bzw. neuen Betriebsinhaber unterrichtet worden ist. Dies kann nicht angenommen werden 59 • Wie erörtert kann sich der Arbeitnehmer durch Widerspruch auch ohne vorherige Unterrichtung gegen einen neuen Arbeitgeber entscheiden, weil der Zugang der Mitteilungen nach§ 613a Abs. 5 BGB nicht Entstehungsvoraussetzung für das Widerspruchsrecht ist60 • Es wäre vor diesem Hintergrund systematisch unstimmig, den Widerspruchsrechtsverzicht als positive Entscheidung für einen Arbeitgeberwechsel von einer vorherigen Unterrichtung 58 Für die Praxis dürften sich hieraus im Ergebnis kaum Einschränkungen gegenüber der bisherigen Rechtslage ergeben. Parallel zu§ 613a BOB abgeschlossene Überleitungsvereinbarungen werden regelmäßig zum Zwecke der besseren Rechtsklarheit für die Parteien und damit ohnehin schriftlich abgeschlossen. 59 Ebenso ErfKomm-Preis, § 613a BOB Rn. 98; Bauer/v.Steinau-Steinrück, ZIP 2002. 457, 464; a.A. APS-Steffan, § 613a BOB Rn. 233; Erman-Edenfeld, BOB, § 613a Rn. 53; Commandeur!Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 556 f.; Grobys, BB 2002, 726, 730; Nehls, NZA 2003, 822, 826; unklar Franzen, RdA 2002, 258, 268: Verzicht auf§ 613a Abs. 6 BOB nur "nach ausreichender Unterrichtung über die wesentlichen Aspekte des Betriebsübergangs" zu lässig. 60 S. § 7 8. I. I.

356

Ausschluss des Widerspruchsrechts, insbesondere durch Verzicht

abhängig zu machen. Auch Schutzgesichtspunkte gebieten keine andere Betrachtung. Zu einer Entscheidung über den Arbeitgeberwechsel ist der Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB erst binnen eines Monats nach Infonnationszugang gehalten. Erklärt sich der Berechtigte bereits zuvor aus eigenen Stücken schriftlich mit dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses einverstanden, so geschieht dies hinsichtlich der Entscheidungsgrundlage auf eigenes Risiko. Den Widerspruchsrechtsverzicht von einer vorherigen Unterrichtung abhängig zu machen hieße, wie Preis mit Recht hervorgehoben hat 61 , dem Arbeitnehmer eine bestimmte Entscheidungsgrundlage zu diktieren. Aus der Unzulässigkeit eines abstrakt-generellen Widerspruchsrechtsausschlusses folgt allerdings, dass ein Verzicht auf§ 613a Abs. 6 BGB zumindest die konkrete Kenntnis des Arbeitnehmers von der Person des Betriebserwerbers voraussetzt62 . Anderenfalls kann von einer bewussten freien Entscheidung für den übernehmenden Rechtsträger als neuen Arbeitsvertragspartner, wie sie die Regelung in § 613a Abs. 6 BGB ermöglichen soll, nicht gesprochen werden. Dies findet zudem seine Bestätigung in der Wertung des § 309 S. 1 Nr. 10 a) BGB 63 •

111.

Antezipierte Ausübung des Widerspruchsrechts, z.B. im Arbeitsvertrag

In den hier behandelten Kontext ist auch die vorweggenommene Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Arbeitnehmer, z.B. im Arbeitsvertrag, für den eventuellen Fall eines Betriebsübergangs einzuordnen. Die Wirksamkeit einer derartigen Erklärung bemisst sich im Wesentlichen anband der für den Verzicht auf das Widerspruchsrecht dargelegten Grundsätze, weil in beiden Fällen abstrakt-generell über einen Wechsel des Arbeitsvertragspartners entschieden wird 64 • Eine nicht anlassbezogene Vorwegnahme des Widerspruchs ist folglich nicht anzuerkennen. Dies gilt auch deswegen, weil ein Pauschalwiderspruch in der Sache eine abstrakte Abbedingung von § 613a Abs. 1 BGB beinhaltet, die wegen des zwingenden Normcharakters unzulässig ist. Mit der Entstehung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB ist dessen Ausübung dann allerdings unabhängig von einer vorherigen Unterrichtung mög61 ErfKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 98. 62 So auch Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 162; Menze, Widerspruchsrecht, S. 84 f.; Laber!Roos, ArbRB 2002, 303, 306. 63 Hiernach ist ein formularvertraglich vereinbarter Vertragsübergang auf einen Dritten ausnahmsweise zulässig, wenn der neue Vertragspartner in der betreffenden Klausel namentlich bezeichnet und dem Verwendungsgegner daher bekannt ist. 64 Ähnlich Commandeur/Kieinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 556; Menze, Widerspruchsrecht, S. 90.

357

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

lieh. Auch hier gilt, dass dem Erklärenden wenigstens der übernehmende Rechtsträger bekannt sein muss. Wartet der Betreffende den Zugang des Informationsschreibens gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ab, so trägt er das Risiko einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage für den Widerspruch. Dessen nachträgliche einseitige Beseitigung ist wegen der mit Zugang eingetretenen Gestaltungswirkung nicht mehr möglich.

B.

Ausschluss des Widerspruchsrechts wegen Rechtsmissbrauchs

Die Rechtsausübung aus § 613a Abs. 6 BGB unterliegt den allgemeinen Schranken der Rechtsordnung, so dass ein Widerspruch unbeachtlich ist, wenn er im Einzelfall rechtsmissbräuchlich erfolgt ist oder sonst gegen Treu und Glauben verstößt65 . Als Ausschnitt dieser Problematik wurde bereits die Verwirkung erörtert 66 • In der Literatur ist als möglicher Anwendungsfall für eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerspruchsrechts insbesondere auf den Gesichtspunkt des Fehlens eines schutzwürdigen Eigeninteresses hingewiesen worden. Ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Arbeitnehmers sei insbesondere dann nicht gegeben, wenn die Ausübung des Widerspruchsrechts Vorwand zur Erreichung eines nicht von dessen Schutzzweck gedeckten Zieles sei 67 • Als Beispiel wird der Widerspruch zur Erlangung von Leistungen aus einem Sozialplan bei dem Betriebsveräußerer genannt 68 • Bei entsprechenden Annahmen ist nach der Kodifizierung des Widerspruchsrechts Zurückhaltung geboten, weil § 613a Abs. 6 BGB die Wirksamkeit des Widerspruchs- im Gegensatz zu der in § 133 Abs. 2 S. 2 des Entwurfs eines Arbeitsvertragsgesetzes vorgesehenen Regelung 69 gerade nicht von dem Vorliegen eines berechtigten Interesses abhängig macht. Es wird daher im Einzelfall näher liegen, nicht die Ausübung des Widerspruchsrechts als solche als rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich anzusehen, sondern dem Arbeitnehmer den Anspruch auf die jeweilige Leistung zu verweigern 70 • Keinerlei Anhaltspunkt bietet das Gesetz für die An-

65 S. nur BAG v. 19.3 .1998, AP Nr. 177 zu § 613a BGB (unter I 3 a); MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 103; Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 163; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 142; missverständlich Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 40: Ausschluss wegen Rechtsmissbrauchs undenkbar. 66 § 10 A. I!. 67 Menze, Widerspruchsrecht, S. 96. 68 Menze, Widerspruchsrecht, S. 97. 69 S. § 2A. !1. 2. mitNw. 70 Ebenso Worzalla, NZA 2002, 353, 357; vgl. auch BAG v. I 0.11.1993, NZA 1994, 892 ff.; Hanau, FS D.Gaul, S. 287, 292.

358

Ausschluss des Widerspruchsrechts, insbesondere durch Verzicht

nahme, der Widerspruch verstoße deshalb gegen Treu und Glauben, weil die beteiligten Arbeitgeber nachweisen können, der Arbeitnehmer habe seine Tätigkeit bei dem Betriebsübernehmer nicht von Umständen abhängig machen wollen, die Bestandteil der möglicherweise unrichtigen Unterrichtung nach§ 613aAbs. 5 BGB waren 71 . Das Problem der Rechtsmissbräuchlichkeit bei Verfolgung eines nicht vom Schutzzweck von§ 613a Abs. 6 BGB gedeckten Ziels kann zudem bei der kollektiven Ausübung des Widerspruchsrechts Bedeutung erlangen 72 . Hierzu wird allerdings der überzeugende Grundsatz vertreten, dass ein gemeinsamer Widerspruch nicht bereits deshalb unzulässig ist, weil ein individuelles Arbeitnehmerrecht durch eine Mehrzahl ausgeübt wird 73 . Anderenfalls würde der mit § 613a Abs. 6 BGB erstrebte Freiheitsschutz des Arbeitnehmers vereitelt, nur weil sich weitere Beschäftigte ebenfalls dem Arbeitgeberwechsel verweigern wollen. Ebenso wie fiir den Widerspruch eines Einzelnen gilt konsequenterweise auch für gleichzeitige Widersprüche mehrerer Arbeitnehmer, dass diese zu ihrer Wirksamkeit aufgrund der vorbehaltlosen Gesetzesfassung des§ 613a Abs. 6 BGB keiner sachlichen Rechtfertigung bedürfen74. Die Grenzen der zulässigen Rechtsausübung werden aber nach zutreffender Ansicht dort überschritten, wo das Widerspruchsrecht evident zweckwidrig als Instrument zur Vereitelung der Betriebsübernahme oder gezielt als Druckmittel zur Erlangung materieller Vergünstigungen missbraucht wird 75 . Praktische Bedeutung haben derartige Fälle in der Recht71 Unzutreffend insoweit Grobys, BB 2002, 726, 730; Laber!Roos, ArbRB 2002, 303, 306. 72 Unter einem kollektiven Widerspruch ist die gleichzeitig oder in bewusstem und gewollten Zusammenwirken erfolgte Ausübung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB durch eine größere Anzahl von Arbeitnehmern zu verstehen, um auf diese Weise ein bestimmtes gemeinsames Ziel durchzusetzen; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 55; Menze, Widerspruchsrecht, S. 217. 73 LAG Brandenburg v. 29.8.2003-8 Sa 199/03, (LS 2, 3 und unter I 2.1.2) mitAnm. Schnitker/Grau, EWiR 2004, 173; v. 24.9.2003 - 6 Sa 118/03, (LS 2 und unter 1.2.3); APS-Steffan, § 613a BGB Rn. 232; ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 106; SoergelRaab, BGB, § 613a Rn. 163; B.Gau!, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 11 Rn. 59; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 226; Kerschner!Köhler, Betriebsveräußerung und Arbeitsrecht, S. 31; Bonanni, ArbRB 2002, 19, 23; allgemein LöwischLöwisch/Rieble, Arbeitskampf, 170.2 Rn. 293 ff. 74 Ausdrücklich auch BAG v. 30.9.2004- 8 AZR 462/03 (PM Nr. 71/04); Zu eng insoweit ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 106; Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004 121 Rn. 37; wie hier hingegen B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspa1tung, § 11 Rn. 59. 75 Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 55; KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 121; MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 103; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 163; StaudingerRichardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 142; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Fir-

359

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

sprechung des BAG indessen bislang kaum erlangt1 6 • Im Zusammenhang mit der Kodifizierung des Widerspruchsrechts hat der Gesetzgeber zu der Frage der Zulässigkeit kollektiver Widersprüche nicht Stellung genommen. Gesetzestext und Materialien geben somit für die aktuelle Rechtslage keinen Anlass, an dem Fortbestand der hier nur umrisshaftgeschilderten Grundsätze zu zweifeln 77 •

C.

Zusammenfassung zu § 12

Ein Rechtsverzicht aus § 613a Abs. 6 BGB durch den Berechtigten ist mittels ausdrücklichen Verzichts bzw. Vereinbarung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses mit zumindest einem der beteiligten Arbeitgeber möglich. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitnehmer seine Entscheidung "sehenden Auges" mit Blick auf einen konkreten Übernahmevorgang, das heißt in Kenntnis der Person des Erwerbers trifft. Ein Pauschalverzicht wie auch eine antezipierte Ausübung des Widerspruchsrechts etwa im Arbeitsvertrag ist unwirksam. Eine vorherige Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB ist weder für die wirksame Ausübung noch für einen Verzicht auf das Widerspruchsrecht erforderlich. Der Widerspruchsrechtsverzieht bedarf jedoch analog § 613a Abs. 6 S. 1 BGB der Schriftform. Eine formularmäßige Abbedingung von § 613a Abs. 6 BGB ist nicht möglich. Die Widerspruchsrechtsausübung unterliegt den allgemein durch § 242 BGB gezogenen Schranken, die insbesondere bei kollektiven Widersprüche Bedeutung erlangen können.

meniibemahme, Rn. 563; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 226; ders., ZfA 1990, 87, 91; Hölters-Bauer/v.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 124; Inge(finger, ZfA 1996,591, 589; Moll, NJW 1993,2016,2017. 76 Die Ausübung des Widerspruchsrechts durch mehrere Arbeitnehmer war zwar bereits Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung (s. die Sachverhalte bei BAG v. 10.12.1996, AP Nr. 32 zu§ 113 BetrVG 1972; v. 5.2.1997, AP Nr. 112 zu§ 112 BetrVG 1972: Widerspruch von 47 der 53 betroffenen Beschäftigten; ferner Urt. v. 30.9.2004- 8 AZR 462/03: 19 von 20 Arbeitnehmern widersprechen). Hierbei standen jedoch keine konzertierten Widersprüche zur Erreichung eines bestimmten kollektiven Zwecks in Rede. 77 So auch die Bewertung von Franzen, RdA 2002, 258, 264. Für eine eingehendere Erörterung der Problematik kollektiver Widersprüche sei insbesondere auf die Untersuchungen von Menze, Widerspruchsrecht, S. 218 ff., und Pietzko, Tatbestand, S. 316 ff., verwiesen.

360

Rechtsfolgen des Widerspruchs

§ 13 Die Rechtsfolgen des Widerspruchs für die Rechtsbeziehungen zwischen dem bisherigen Arbeitgeber, dem neuen Betriebsinhaber und dem widersprechenden Arbeitnehmer Der folgende Abschnitt befasst sich mit den Konsequenzen der Ausübung des Widerspruchs fiir die Rechtsbeziehungen zwischen den beteiligten Arbeitgebern und dem betreffenden Arbeitnehmer. Der besseren Übersichtlichkeit halber wird zwischen einem Widerspruch vor und nach dem Vollzug des Betriebsübergangs sowie dem Sonderfall des Erlöschens des bisherigen Arbeitgebers (Rechtsträger) in Umwandlungsfällen unterschieden.

A.

Rechtsbeziehungen bei Widerspruch vor dem Vollzug des Betriebsübergangs

I.

Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer

Vergleichsweise wenig Schwierigkeiten bereitet die Beurteilung der Rechtsfolgen eines zeitlich vor dem Vollzug des Betriebsübergangs erklärten Widerspruchs. Mit Wirksamwerden der Betriebsübertragung entfaltet die gewollte Rechtsfolgenverweigerung gegenüber dem in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB angeordneten Übergang des Arbeitsverhältnisses ihre Wirkung. Das Arbeitsverhältnis besteht ohne Unterbrechung mit dem Arbeitgeber fort. Die arbeitsvertragliehen Rechte und Pflichten der Parteien gelten unverändert weiter.

II.

Vergütungsansprüche bei fehlender Weiterbeschäftigung durch den Betriebsveräußerer

1.

Gläubigerverzug des bisherigen Betriebsinhabers

Wird der widersprechende Arbeitnehmer durch den Betriebsveräußerer, z.B. nach Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, nicht weiterbeschäftigt, so stehen ihm regelmäßig gleichwohl Entgeltansprüche unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerverzugs zu (§§ 615 S. 1, 611 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag). Dies gilt vor allem, wenn dem übertragenden Rechtsträger eine Beschäftigung, etwa wegen der erfolgten Übertragung seines einzigen Betriebes, von vornherein unmöglich ise 8 • Hierbei ist das den Annahmeverzug auslösende fruchtlose An78 Hinsichtlich der dogmatischen Begründung liegt es nahe, § 615 8GB bei der "Annahmeunmöglichkeit" wegen des absoluten Fixschuldcharakters der Arbeitsleistung als gegenüber den allgemeinen Vorschriften der Unmöglichkeit vorrangige Sonderre-

361

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

gebot der Arbeitsleistung nach § 295 S. 1 1. Alt. BGB bereits in der Widerspruchsrechtsausübung selbst zu erblicken, wenn der Betriebsveräußerer erklärt (z.B. in dem Unterrichtungsschreiben gemäߧ 613aAbs. 5 BGB), dass er widersprechende Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigen könne. Durch den Widerspruch macht der Arbeitnehmer insofern unmissverständlich deutlich, dass er seine Tätigkeit ftir den Betriebsveräußerer fortsetzen will. Auf die Frage der Entbehrlichkeit des Angebots(§ 296 BGB) kommt es in derartigen Konstellationen folglich nicht an 79 • Diese gewinnt aber Bedeutung, wenn der Veräußerer die Entgegennahme der Arbeitsleistung widersprechender Arbeitnehmer nicht ausdrücklich ablehnt. Auch dann genügt die Erklärung des Widerspruchs- wegen § 613a Abs. 6 S. 2 BGB gleich ob gegenüber dem bisherigen oder dem neuen Betriebsinhaber als Adressaten aber grundsätzlich zur Auslösung des Gläubigerverzugs, weil der Leistungserbringung durch den widersprechenden Arbeitnehmer nach Vollzug der Betriebsübertragung die arbeitgeberseitige Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes als Mitwirkungshandlung vorauszugehen hat (§ 296 S. 2 BGB) 80 • Die gebotene wechselseitige Information der Betriebsübertragungsparteien über eingehende Widersprüche dient insofern auch dazu, dem bisherigen Arbeitgeber die rechtzeitige Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes gegenüber den Widersprechenden zu ermöglichen81 • 2.

Kürzung des Annahmeverzugslohns wegen § 615 S. 2 BGB

Gemäß § 615 S. 2 BGB muss sich der widersprechende Arbeitnehmer auf seinen Annahmeverzugslohn den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Dies wird relevant, wenn der Betriebsübernehmer willens und in der Lage ist, den Widersprechenden vorübergehend bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an dessen bisherigen oder einem anderen Arbeitsplatz in dem erworbenen Betrieb oder Betriebsteil zu beschäftigen. Hierbei ist eine Anspruchskürzung nicht etwa wegen § 612a BGB ausgeschlossen, weil der Arbeitnehmer mit dem Widerspruch in zulässiger Weise von seinem gesetzlichen Recht Gebrauch macht. Denn eine eventuelle Anwendung von gelung zu begreifen. Lehnt man dies ab, so bliebe dem Arbeitnehmer sein Entgeltanspruch gleichwohl, dann auf der Grundlage von § 326 Abs. 2 S. I BGB, erhalten. Da auch diese Norm (s. Satz 2) eine Anrechnungsmöglichkeit eröffnet, kommt es auf die umstrittene Einordnung der "Annahmeunmöglichkeit" nicht an; dazu näher ErtKommPreis, § 615 BGB Rn. 4 ff. m.w.N. 79 Vgl.BAGv.l9.3.1998,APNr.l77zu§613aBGB(unterll 1). 80 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 66; Menze, Widerspruchsrecht, S. 177; a.A. Franzen, RdA 2002, 258, 271 f. 81 S. § 7 B. III. 3. b).

362

Rechtsfolgen des Widerspruchs

§ 615 S. 2 BGB entspricht der allgemeinen gesetzlichen Risikoverteilung bei fehlender Beschäftigung durch den Arbeitgeber und stellt vor diesem Hintergrund keine den Arbeitnehmer aufgrund seines Widerspruchs benachteiligende Maßnahme dar.

a)

Zumutbarkeit der vorübergehenden Tätigkeit für den Betriebsnachfolger

Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine Anwendung von § 615 S. 2 BGB bei Verweigerung der Tätigkeit für den Betriebsnachfolger nicht gerade wegen des Zwecks von § 613a Abs. 6 BGB, kein- auch nur vorübergehendes 82 - Aufdrängen eines neuen Arbeitgebers, ausscheiden muss. Insofern ließe sich einwenden, es sei wertungswidersprüchlich, dem Arbeitnehmer zunächst ein Abwehrrecht gegen einen Arbeitgeberwechsel zuzubilligen, ihn sodann aber auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchs mit der Obliegenheit zu belasten, für den Zeitraum zwischen dem Vollzug des Betriebsübergangs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für den Erwerber tätig zu werden83. Dogmatisch wäre hierbei an den Vorbehalt der Zumutbarkeit anderweitigen Erwerbs anzuknüpfen, der der Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers aus§ 615 S. 2 BGB allgemein Schranken setzt84 . Das BAG hat eine befristete Tätigkeit für den Betriebsecwerber mit Recht nicht als grundsätzlich unzumutbar angesehen und dementsprechend eine Kürzung des Annahmeverzugslohns nach § 615 S. 2 BGB in einem Fall angenommen, in dem die widersprechende Arbeitnehmerirr ihren Arbeitsplatz in dem übertragenen Betrieb zunächst behalten konnte und die Weiterbeschäftigung zu identischen Arbeitsbedingungen erfolgen sollte 85 . Ein Konflikt mit der durch § 613a Abs. 6 BGB bezweckten Grundrechtswahrung ergibt sich deswegen nicht, weil es nicht um das Aufzwingen eines neuen Arbeitsvertragspartners geht. Vielmehr sollen nach einer Abwägung unter Berücksichtigung von Recht und Billigkeit lediglich die finanziellen Lasten, 82 So ausdrUcklieh BAG v. 22.4.1993, v. 19.3.1998, AP Nr. I 03 (unter li 7), Nr. 177 (unter I 2 c) zu § 613a BG; aus der Literatur etwa Commandeur/Kleinebrink, Betriebsund Finnenübernahme, Rn. 585. 83 In diesem Sinne Commandeur, NJW 1996, 2537, 2543; s.a. Fenn/Klose, JuS 2000, 531,536. 84 BAG v. 3.12.1980, APNr. 4 zu§ 615 BGB Böswilligkeit (unter II 3); v. 14.11.1985, AP Nr. 39 zu§ 615 BGB (unter B III I a); v. 16.5.2000, AP Nr. 7 zu§ 615 BGB Böswilligkeit (unter li 2 a); ErfKomm-Preis, § 615 BGB Rn. 100; Staudinger-Richardi, BGB, § 615 Rn. 148 m.w.N. 85 BAG v. 19.3.1998, AP Nr. 177 zu § 613a BGB (unter II 2) mit zust. Anm. Moll/Jacobi (BI. 863 f.) und Weber, SAE 1998, 322, 324 f.; s.a. LAG Baden-Wlirttemberg v. 13.2.2003 - I 0 Sa 18/02, (unter C 1 b, c).

363

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

die dadurch entstehen, dass sich der Arbeitnehmer dem Schutz des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB verweigert und der Betriebsveräußerer keine sinnvolle Einsatzmöglichkeit mehr für ihn hat, gerecht verteilt werden. Das Abwehrrecht aus § 613a Abs. 6 BGB wird hierdurch nicht eingeschränkt, weil sich der Widersprechende jederzeit frei für das Unterlassen einer einstweiligen Beschäftigung bei dem neuen Betriebsinhaber, wenngleich unter Inkaufnahme finanzieller Nachteile, entscheiden kann. Auch nach der Kodifizierung des Widerspruchsrechts hat somit die Annahme des BAG Bestand, dass ein besonderer Schutz des Arbeitnehmers vor rechtlichen und faktischen Nachteilen auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchs nicht stets unabhängig von dem jeweiligen Grund für den Widerspruch geboten ist 86 • Ist es dem widersprechenden Arbeitnehmer nicht schlechthin unzumutbar, für einen gewissen Zeitraum nach dem Widerspruch für den Betriebsnachfolger zu arbeiten, so ist der Zumutbarkeitsvorbehalt im Einzelfall gleichwohl mit Blick auf das Einstellungsangebot des Erwerbers zu beachten. Hierbei kann übergeordnet danach differenziert werden, ob die bisherigen Arbeitsbedingungen erhalten bleiben sollen oder nicht. Ist ersteres der Fall, so dürften an der Zumutbarkeit einer angebotenen vorübergehenden Erwerbstätigkeit bei dem Betriebsübernehmer vorbehaltlich besonderer Umstände keine Zweifel bestehen 87 • Dem ist es gleichzustellen, wenn die betreffende Änderung der Arbeitsbedingungen auch durch den Betriebsveräußerer einseitig im Rahmen des Direktionsrechts erreicht werden könnte. Denn was dem bisherigen Arbeitsvertrag entspricht, ist grundsätzlich nicht unzumutbar, so dass die Nichtwahrnehmung einer derartigen Beschäftigungsmöglichkeit dem Arbeitnehmer zum Vorwurf gereichen muss 88 • Problematischer sind Fälle zu beurteilen, in denen ein Einsatz bei dem Erwerber nur unter erheblich geänderten Umständen möglich ist. Das BAG hat in einer Entscheidung älteren Datums die Anwendung von§ 615 S. 2 BGB unter anderem deswegen verneint, weil nicht feststand, dass die Arbeitsbedingungen des widersprechenden Arbeitnehmers mit denjenigen vor dem

86 BAG v. 19.3.1998, AP Nr. 177 zu§ 613a 8GB (unter 11 2 a); v. 30.10.2003, NZA 2004, 481, 482; Bamberger/Roth-Fuchs, 8GB, § 613a Rn. 86; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 601. 87 S. LAG Nürnberg v. 4.2.2003 - 6 (5) Sa 981/01 (unter li I c); ArbRKommWillemsen/Müller-Bonanni, § 613a 8GB Rn. 358; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 67; Bauer, DB 1983, 713, 715 (für den Fall einer Betriebsübertragung im Konzern). 88 Wie hier Moll/Jacobi, Anm. zu BAG v. 19.8.1998, AP Nr. 177 zu § 613a 8GB (BI. 864).

364

Rechtsfolgen des Widerspmchs

Betriebsübergang übereinstimmen würden 89 • Der 5. Senat verlangte seinerzeit zudem, dass der Betriebsveräußerer eine Erklärung darüber abgibt, dass dem widersprechenden Arbeitnehmer durch die vorübergehende Tätigkeit bei dem Erwerber keine rechtlichen Nachteile entstehen und die Weiterarbeit nicht als Einverständnis mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses aufgefasst werde 90 . Dem kann nur mit erheblichen Einschränkungen zugestimmt werden91 • Hinsichtlich der als erforderlich angesehenen Bestätigung des Widerspruchs durch den Arbeitgeber muss nach Einfiihrung von § 613a Abs. 6 BGB gelten, dass ein Bedürfuis hierfür prinzipiell nicht besteht, wenn ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender schriftlicher Widerspruch des Arbeitnehmers vorliegt, da dann objektiv kein Zweifel hinsichtlich des Arbeitnehmerwillens bestehen kann92 . Allerdings ist der Wertung des 5. Senates zuzustimmen, wonach es für den Arbeitnehmer unzumutbar ist, wenn dieser nach außen hin zu einer Infragestellung seiner eigenen Widerspruchsentscheidung gezwungen wäre. Das Angebot einer zeitlich unbegrenzten Einstellung durch den Übernehmer kann der Arbeitnehmer folglich stets ausschlagen, ohne eine Anspruchskürzung aus § 615 S. 2 BGB fUrchten zu müssen 93 • Hingegen ist eine Erwerbstätigkeit bei dem übernehmenden Rechtsträger nicht bereits wegen schlechterer Konditionen unzumutbar, da ein negativer Saldo zwischen dem Annahmeverzugslohn und einer anderweitigen geringeren Vergütung gemäß § 615 S. 1 BGB ausgeglichen wird94 . Den Arbeitnehmer triffi allerdings keine Obliegenheit, in ein Arbeitsangebot des Betriebserwerbers einzuwilligen, das sich auf eine unterwertige oder eine solche Tätigkeit bezieht, fiir die der Betreffende nicht ausgebildet ist95 • Dasselbe ist anzunehmen, wenn objektive Anhaltspunkte 89 BAG v. 17.11.1977. AP Nr. 10 zu § 613a BGB (unter II). 90 BAG v. 17.11.l977,APNr. 10 zu§ 613aBGB (unter II). 91 Bei einer Folgeentscheidung (v. 19.3.1998, AP Nr. 177 zu § 613a BGB) zur Anwendung von§ 615 S. 2 BGB nach einem Widerspruch ist auch der 8. Senat des BAG auf die früheren Feststellungen des 5. Senates nicht mehr eingegangen. 92 Etwas anderes kann allenfalls anzunehmen sein, wenn die beteiligten Arbeitgeber schon die Wirksamkeit des Widerspruchs (z.B. durch Geltendmachung der Verfristung) bestreiten. In einer derartigen Konstellation wird man dem Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an einer Erklärung der beteiligten Arbeitgeber zubilligen müssen, dass das Tätigwerden für den Betriebsübemehmer nicht als Eingeständnis der Unwirksamkeit des Widerspruchs angesehen wird. 93 Vgl. BAG v. 18.1.1963, AP Nr. 22 zu § 615 BGB (LS 1); Bamberger/Roth-Fuchs, BGB, § 615 Rn. 40; Soergel-Krafl, BGB, § 615 Rn. 56. 94 Ebenso Moll/Jacobi, Anm. zu BAG v. 19.3.1998, AP Nr. 177 zu§ 613a BGB (BI. 864); vgl. auch Erman-Belling, BGB, § 615 Rn. 45. 95 Erman-Belling, BGB, § 615 Rn. 47; MünchKomm-Schaub, BGB, § 615 Rn. 70 f.; Soergel-Krafl, BGB, § 615 Rn. 56; Staudinger-Richardi, BGB, § 615 Rn. 155. Zu wei-

365

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer Entgeltleistungen des Erwerbers nicht zuverlässig erhält96 . Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein anrechenbarer Verdienstmöglichkeiten bei dem Betriebserwerber treffen den Veräußerer. Wird dieser auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Anspruch genommen, so hat er gegen den widersprechenden Arbeitnehmer entsprechend § 74c HGB einen Anspruch auf Auskunft über die tatsächlichen Umstände, die nach § 615 S. 2 BGB das Erlöschen seiner Zahlungspflicht bewirken können 97 • Dies betrifft etwa die von dem Betriebsnachfolger offerierten Konditionen, soweit sie Grundlage für die Zumutbarkeitsbeurteilung der vorübergehenden Tätigkeit bei dem Erwerber sind. Erteilt der Arbeitnehmer die verlangte Auskunft nicht, so kann der Betriebsveräußerer die Fortzahlung des Arbeitsentgelts an den Widersprechenden verweigern.

b)

Böswilligkeit des Unterlassens

Die Anrechnungsbefugnis des Betriebsveräußerers setzt neben der Zumutbarkeit der vorübergehenden Tätigkeit für den Betriebsnachfolger gemäß § 615 S. 2 3. Var. BGB zudem das Vorliegen von Böswilligkeit voraus. Hierbei kommt es darauf an, dass der Arbeitnehmer die sich bei dem Übernehmer bietende Erwerbsmöglichkeit auslässt, obwohl er Kenntnis sowohl von der Arbeitsmöglichkeit als auch von der Zumutbarkeit und den nachteiligen finanziellen Folgen seiner Ablehnung für den bisherigen Betriebsinhaber hat98 . Nicht erforderlich für die Böswilligkeit ist ein Handeln in der Absicht, den Arbeitgeber zu schädigen99 • Schon nach bisherigem Recht wurde angenommen, dass hinsichtlich der Böswilligkeit des Unterlassens nicht bereits an die Ausübung des Widerspruchsrechts angeknüpft werden kann, wenn dem Arbeitnehmer im Erklärungszeitpunkt bewusst war, dass ihn zwar nicht sein Arbeitgeber, wohl aber der Betriebserwerber nach dem Übergang noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist würde beschäftigen können 100 • Hieran ist auch unter der Geltung von § 613a Abs. 6 BGB festzuhalten. Anderenfalls wäre in Fällen, in denen es zu der Übertragung eines vollständigen Betriebes kommt, ein auf§ 615 S.

teren abwägungsrelevanten Gesichtspunkten s. ErfKomm-Preis, § 615 8GB Rn. 101 m.w.N. 96 LAG Baden-Württemberg v. 13.2.2003 - I 0 Sa 18/02, (LS 2 und unter C I c ). 97 Vgl. SAG v. 19.3.2002, ZIP 2002, 2186, 2187. 98 Vgl. SAG V. 18.1.1963, BB 1963, 476; V. 18.6.1965, 88 1965, 1070; V. 17.11.1977, v. 19.3.1998, APNr. 10 (unter II), Nr. 177 (unter II 2 b) zu§ 613a BGB. 99 BAG v. 24.9.2003, BB 2003, 2688, 2689. I 00 Menze, Widerspruchsrecht, S. 178.

366

Rechtsfolgen des Widerspruchs

1 BGB gestützter Entgeltanspruch des widersprechenden Arbeitnehmers hahezu immer um den Betrag zu kürzen, den der Arbeitnehmer bei Übergang seines Arbeitsverhältnisses in dem fraglichen Zeitraum bei dem Betriebsnachfolger hätte verdienen können 101 • Eine "automatische" Anspruchskürzung ohne Berücksichtigung der Gründe fiir den Widerspruch ist aber nicht sachgerecht. Allerdings obliegt es dem Arbeitnehmer, sich jedenfalls dann, wenn der Erwerber eindeutig signalisiert hat, nicht auf den Einsatz des Widersprechenden verzichten zu können, bei dem neuen Betriebsinhaber unmittelbar nach Vollzug der Betriebsübertragung nach Erwerbsmöglichkeiten zu erkundigen. Denn es kann bereits die unterlassene Arbeitssuche bei konkreter Erfolgsaussicht als böswilliges Unterlassen einzustufen sein 102 •

B.

Rechtsbeziehungen bei Widerspruch nach Vollzug des Betriebsübergangs

Als ungleich komplexer stellen sich die mit einer nachträglichen Rechteausübung aus§ 613aAbs. 6 BGB verbundenen Folgen dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer zunächst fiir einen gewissen Zeitraum fiir den Betriebsnachfolger tätig geworden ist. Der hiermit verbundenen Problematik wird nach Einfiihrung von §§ 613a Abs. 5, 6 BGB ein deutlich größeres Gewicht zukommen als bislang. Denn mit den hohen Anforderungen an eine gemäߧ 613a Abs. 5, 6 S. 1 BGB widerspruchsfristauslösende Unterrichtung ist aus Sicht der beteiligten Arbeitgeber die Gefahr nachträglicher Widersprüche erheblich gestiegen. I.

Rechtsbeziehungen zwischen dem Betriebsnachfolger und dem Arbeitnehmer

Zentral fiir die Beurteilung der Rechtsfolgen eines zeitlich erst nach dem Übertragungsstichtag zugegangenen Widerspruchs ist die in § 613a Abs. 6 BGB nicht näher geregelte Fragestellung, ob dieser auf den Zeitpunkt des Inhaberwechsels zurückwirkt oder ob ab dem Übergang zunächst eine arbeitsvertragliche Beziehung zu dem Betriebsnachfolger besteht, die mit Zugang der Widerspruchserklärung nur mit Wirkung fiir die Zukunft beseitigt wird. Da dies eng mit der Problematik verknüpft ist, wie die Rechtsbeziehungen zwischen dem neuen Betriebsinhaber und dem Arbeitnehmer einzuordnen sind, wenn letzterer in dem Zeitraum zwischen Betriebsübergang und Wirksamwerden der Widerspruchserklärung in der übertragenen betrieblichen Einheit gearbeitet hat, werden beide Fragen hier im Zusammenhang behandelt. I 01 So aber wohl Schipp, NZA 1994, 865, 867. 102 LAG Berlin v. 19.12.1983, NZA 1984, 125; Erman-Belling, BGB, § 615 Rn. 46.

367

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

1.

Meinungsspektrum

a)

Rechtsfolgenmodell der herrschenden Meinung: Rückwirkung des nachträglichen Widerspruchs und Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis

Für die Rechtslage vor Irrkrafttreten von§ 613aAbs. 5 und 6 BGB entsprach es nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass der nachträglich erklärte Widerspruch ex-tune auf den Betriebsübernahmestichtag zurückwirkt, so dass der Betriebsnachfolger niemals Arbeitsvertragspartner des Widersprechenden geworden ist 103 . Zur Begründung wurde insbesondere der abwehrende Charakter des Widerspruchsrechts angeführt 104 • Die verfassungsrechtlich geforderte Arbeitgeberwahlfreiheit beim Betriebsübergang gebiete es, den betroffenen Arbeitnehmern mit dem Widerspruchsrecht ein Instrumentarium an die Hand zu geben, mit dem sie sich auch einem nur vorübergehenden Arbeitgeberwechsel entziehen können 105 • Entsprechend dem Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts könne den Arbeitnehmern durch verspätete Unterrichtung über den Betriebsübergang auch nicht für eine nur begrenzte Zeit ein neuer Arbeitsvertragspartner aufgezwungen werden 106 . Ergänzend wurde zur Begründung der Rückwirkung auch ausdrücklich auf den Charakter des Widerspruchsrechts als Rechtsfolgenverweigerungs- und Gestaltungsrecht abgestellt 107 . Die Literatur zu § 613a Abs. 6 BGB hat sich für die aktuelle Rechtslage dieser Rückwirkungslehre ganz überwiegend angeschlossen 108 . Auch wenn das l 03 BAG v. 30.10.1986, v. 22.4.1993 und v. 22.4.1993, AP Nr. 55 (unter !I 2 b), I 02 (unter 8 V 2 c bb), 103 (unter !I 7); LAG Hamm v. 19.7.1994, AP Nr. 27 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter 2 c aa); LAG Berlin v. 26.5.1997, NZA-RR 1998, 63, 64; Erman-Hanau, 8GB (Voraufl.), § 613a Rn. 48; ErtKomm-Preis (2. Aufl.), § 613a 8GB Rn. 87; MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 100; RGRK-Ascheid, 8GB,§ 613a Rn. 169; Soergel-Raab, 8GB,§ 613a Rn. 155 und 157; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 252; ders., ZfA 1990, 87, 99; Pietzko, Tatbestand, S. 296 ff.; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 38 f.; Henssler, NZA 1994, 913, 921; weitere Nw. bei Menze, Widerspruchsrecht, S. 196 (Fn. 724). 104 S. nur Erman-Hanau (Voraufl.), § 613a BGB Rn. 48. 105 Vgl. etwa BAG v. 30.10.1986, AP Nr. 55 zu§ 613a 8GB (unter II 2 b). 106 SAG v. 22.4.1993, AP Nr. 103 zu§ 613a 8GB (unter TI 7); s.a. Urt. v. 19.3.1998, AP Nr. 177 zu§ 613a 8GB (unter I 2 b). 107 Menze, Widerspruchsrecht, S. 196; s.a. BAG v. 22.4.1993, AP Nr. 103 zu§ 613a 8GB (unter li 7). 108 ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a 8GB Rn. 356; APS-Kiel, § l KSchG Rn. 513; ErtKomm-Preis, § 613a 8GB Rn. 101; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § ll Rn. 62; ders., FA 2002, 299, 301; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 73; Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 272 f.; Bonanni,

368

Rechtsfolgen des Widerspruchs

Gesetz die Rechtsfolgen des erst im Anschluss an das Wirksamwerden des Betriebsübergangs bzw. der Umwandlung ausgeübten Widerspruchs nicht ausdrücklich regele, ergebe sich dies aus der Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze I09 • Unter Zugrundelegung allgemeiner zivilrechtlicher Maßstäbe müsste der rückwirkende Wegfall einer arbeitsvertragliehen Beziehung zwischen dem übernehmenden Rechtsträger und dem widersprechenden Arbeitnehmer an sich einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich der wechselseitig schon erbrachten Leistungen zur Folge haben 110 • Eine derartige Rückabwicklung wird allerdings schon wegen der damit verbundenen praktischen Schwierigkeiten gemeinhin als nicht sachgerecht erachtet 1I I. Zudem fiihrte die Anwendung von Bereicherungsrecht aus Sicht des widersprechenden Arbeitnehmers zu Schutzlücken. So fehlte es bei dem bloßen Bestehen wechselseitiger Kondiktionsansprüche an einem hinreichenden Anknüpfungspunkt fiir an das Arbeitsverhältnis anknüpfende Schutzpflichten des Arbeitgebers 112 • Unbillig wäre auch eine Anwendung von § 818 Abs. 3 BGB, der Bereicherungsansprüche des Arbeitnehmers ausschlösse, soweit der Betriebserwerber tatsächlich nicht mehr bereichert ist. Hiernach könnte Entgeltansprüchen entgegenhalten werden, dass der Beschäftigte vor seinem Widerspruch überhaupt nicht (z.B. krankheits- oder urlaubsbedingt), schlecht oder verlustreich gearbeitet hat. Ein derartiges Ergebnis wäre systemwidrig, weil hiermit nicht nur die Regeln über die Arbeitnehmerhaftung bei Schlechtleistung I 13 ausgehebelt würden, sondern es überdies zu einer Verlagerung des allgemein vom Arbeitgeber zu tragenden Wirtschaftsrisikos 1I 4 auf den widersprechenden Arbeitnehmer käme.

I 09 II 0

111 112 113 114

ArbRB 2002, 19, 24; Franzen, RdA 2002, 258, 267; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 638; Laber/Roos, ArbRB 2002, 303, 306; Sayatz!Wolj, DStR 2002, 2039, 2042; Willemsen!Lembke, NJW 2002, 1159, 1160; Warmbein, DZWIR 2003, 11, 13; Wolf, Aiß 2002, 594, 595; Worzalla, NZA 2002, 353, 358. B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 11 Rn. 62; Franzen, RdA 2004, 258, 271. So ausdrücklich auch LAG Köln v. 11.6.2004- 12 Sa 374/04 (LS I und unter 1). Der Anspruch des Arbeitgebers ginge hierbei vor allem auf Rückzahlung des geleisteten Entgelts, der des Arbeitnehmers gemäß § 818 Abs. 2 BGB auf Wertersatz für die erbrachten Dienste. S. nur D.Gaul, Betriebsübergang, S. 252; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 38; Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 275. Statt vieler Hanau!Adomeit, Arbeitsrecht, Rn. 644; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, S. 152; Canaris, BB 1967, 165, 169. Dazu ErfKomm-Preis, § 619a BGB Rn. 7 ff. m.w.N. Hanau!Adomeit, Arbeitsrecht, Rn. 775; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht I, S. 349 m.w.N.

369

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Vor diesem Hintergrund beurteilt die ganz herrschende Meinung die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nach der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis, wenn dem vermeintlichen neuen Arbeitgeber zwischen Vollzug der Betriebsübertragung und Ausübung des Widerspruchsrechts Dienste geleistet wurden 115 • Nach dieser Lösung ist es so anzusehen, als habe für den betreffenden Zeitraum ein wirksames Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden 116 • Dem Widersprechenden sollen also insbesondere Vergütungsansprüche gegen den Betriebsnachfolger zustehen, die sich auf der Grundlage einer fiktiven zwischenzeitliehen Vertragsüberleitung gemäß § 613a Abs. 1 BGB bemessen 117 • Einer Rückabwicklung bedarf es nach diesem Ansatz nicht. Da der Betriebsnachfolger in der Rückschau aber nie Arbeitsvertragspartei geworden ist, kann er das Arbeitsverhältnis nicht rechtswirksam umgestalten oder beenden.

b)

Kritik an der Rückwirkungslehre und abweichende Lösungsmodelle

In der Literatur werden zum Teil Einwände sowohl gegen eine ex-tuncWirkung des nach dem Betriebsübergang ausgeübten Widerspruchs als auch gegen eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis erhoben. Nach Ansicht von Rieble ist die Rückwirkung mit dem Regelungskonzept von § 613a Abs. 5 und 6 BGB nicht vereinbar. Wegen der unklaren inhaltlichen Anforderungen an die Unterrichtung und den hiermit verbundenen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Fristauslösung für das Widerspruchsrecht erscheine die Rückwirkungsfrage in einerneuen Dimension 118 . Die hiermit angesprochenen Schwierigkeiten bei der Abwicklung bewältige die herrschende Meinung unzureichend und im Widerspruch zu ihrem eigenen Aus115 LAG Köln v. 11.6.2004 - 12 Sa 374/04 (LS 2 und unter 2); ArbRKommWillemsen!Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 356; Erman-Hanau, BGB (Voraufl.), § 613a Rn. 61; RGRK-Ascheid, BGB, § 613a Rn. 169; Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 157; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § II Rn. 63; Kasseler HdB.Hattesen, 6.7 Rn. 127; Pietzko, Tatbestand, S. 297; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 39; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 73; Franzen, RdA 2002, 258, 267; B.Gaul/Otto, DB 2002, 634, 638; D.Gaul, ZfA 1990, 87, 99 ff.; Moll, Anm. zu BAG v. 22.4.1993, AP Nr. 10 zu§ 613a BGB (BI. 1727); Worzalla, NZA 2002, 353, 358; s.a. Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 130; WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 178; unklar Warmbein, DZWIR 2003, II, 13. 116 Vgl. BAG v. 7.6.1972, AP Nr. 18 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis m.w.N. (unter 2); ErfKomm-Preis, § 611 BGB Rn. 170; MünchArbR-Richardi, § 46 Rn. 59; Schaub-Schaub, ArbeitsrechtshdB., § 35 Rn. 34 jeweils m.w.N. 117 D.Gaul, ZfA 1990,87, 102. 118 Rieble, NZA 2004, I, 2 ff.

370

Rechtsfolgen des Widerspruchs

gangspunkt, indem sie einerseits ex-tune-Wirkung fordere, andererseits aber durch eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis eine vorübergehende zweite Vertragsbeziehung fingiere. Mit dieser Verdoppelung des Arbeitsverhältnisses werde§ 613a Abs. l S. 1 BGB als Sukzessionstatbestand geleugnetl 19 . Aus allgemein zivilrechtlicher Sicht sei die Rückwirkung als Fiktion eine rechtfertigungsbedürftige Ausnahme. Die rückwirkende Beseitigung des Vertragsübergangs auf den neuen Betriebsinhaber trage aber effektiv nichts zum Schutz der Vertragspartnerwahlfreiheit des Arbeitnehmers bei, wenn es bereits zu einem Leistungsaustausch gekommen ist. Insgesamt sei eine ex-nunc-Wirkung des Widerspruchs deutlich angemessener120. Zu welchen Ungereimtheiten die herrschende Meinung flihre, zeige sich nicht zuletzt in Bezug auf Entgeltbestand teile, die nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses und nicht von einer Arbeitsleistung abhängen. Folge man der Rückwirkungslehre, so bräuchte der Arbeitnehmer nur abzuwarten, bis er bei dem Betriebsnachfolger beispielsweise Weihnachtsgeld erhalten hat, um sodann - nach Ausübung des Widerspruchsrechts - dieses wegen des rückwirkend manifestierten Arbeitsverhältnisses ein zweites Mal von dem Veräußerer zu fordern 121 . Vereinzelt werden auch Vorbehalte speziell gegen die Anwendbarkeit der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis geäußert. So wird eingewandt, dass deren Heranziehung das Vorliegen von zwei, wenn auch unwirksamen, auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages gerichteten Willenserklärungen erfordere, woran es bei einer rein tatsächlichen Fortsetzung der Tätigkeit flir den neuen Betriebsinhaber fehle 122 • Im Übrigen könne die Lehre aus systematischen Gründen keine Anwendung finden, wenn es nur darum gehe, bei unzweifelhaft bestehenden vertraglichen Beziehungen den richtigen Schuldner zu finden 123 . Schließlich sei der herrschenden Meinung entgegenzuhalten, dass diese dem mit einem Widerspruchsrecht erstrebten Schutz vor der Aufdrängung eines neuen Arbeitgebers nicht hinreichend Rechnung trage 124 . Der durch die ex-tune-Wirkung des Widerspruchs abgesicherte Schutz vor einem Kontrahierungszwang werde bei einer Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis in sein Gegenteil verkehrt 125 •

119 120 121 122 123 124 125

Rieble, NZA 2004, I, 4 f., 6. Rieble, NZA 2004, I, 8. Rieble, NZA 2004, I, 7 f. Menze, Widerspruchsrecht, S. 200. Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 276. Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 128; s.a. Rieble, NZA 2004, I, 5. Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 276.

371

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Wiederum unterschiedlich wird von den Kritikern der herrschenden Meinung beurteilt, wie die Rechtsbeziehungen zwischen dem Betriebserwerber und dem Arbeitnehmer zu beurteilen sind bzw. wie der Schutz von Vergütungsansprüchen des Widersprechenden fiir die Schwebephase zu bewerkstelligen ist. Menze und Verhoek wollen dem nachträglich widersprechenden Arbeitnehmer - auf der Basis einer Rückwirkung des Widerspruchs - Primäransprüche weder gegen den bisherigen Arbeitgeber noch gegen den Betriebserwerber zubilligen 126 . An den Veräußerer könne sich der Arbeitnehmer nicht wenden, da dieser nicht Empfänger der Arbeitsleistung gewesen sei; der Erwerber könne mangels Bestehens eines (fehlerhaften) Arbeitsverhältnisses nicht in Anspruch genommen werden. Der Arbeitnehmer könne aber Schadensersatz von den Betriebsübertragungsparteien verlangen, wenn er nicht durch frühzeitige Unterrichtung in die Lage versetzt worden sei, von seinem Widerspruchsrecht vor dem Übergangsstichtag Gebrauch zu machen. Der Widersprechende sei in diesem Fall so zu stellen, als habe er zu den Konditionen eines bestehenden Arbeitsvertrages gearbeitet 127 •

Konzeptionell gegenüber der Rückwirkungslehre gänzlich eigenständige Lösungen vertreten Richardi/Annuß und Rieble. Nach Auffassung der Erstgenannten soll der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsnachfolger unter der aufschiebenden Bedingung stehen, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers, sei es durch Verfristung oder durch Verzicht, entfallt128. Die Folge eines Widerspruchs wäre, dass das Arbeitsverhältnis zu keinem Zeitpunkt, auch nicht im Sinne einer fehlerhaften Vertragsbeziehung, mit dem neuen Betriebsinhaber existiert hat. Ungeachtet der vorübergehenden Arbeitsleistung fiir den Übernehmer müsse es prinzipiell dabei verbleiben, dass Schuldner der vertraglichen Entgeltansprüche der Veräußerer als Arbeitgeber ist 129 . Ganz im Gegensatz hierzu steht der Ansatz von Rieble, der dem Betriebsnachfolger auf der Basis eines lediglich ex nunc wirkenden Widerspruchs fiir die Phase zwischen Betriebsübernahme und Zugang der Widerspruchserklärung die volle vertragliche und rechtliche Arbeitgeberstellung ein126 Menze, Widerspruchsrecht, S. 199 f.; Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 275 ff. 127 Menze, Widerspruchsrecht, S. 201, will hierbei aufdie bei dem Betriebserwerber geltenden Konditionen abstellen, Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 277, hingegen auf die Arbeitsbedingungen des Veräußerers. 128 Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 128 (zur Rechtslage vor Einführung von§ 613aAbs. 5, 6 BGB). 129 Vgl. Staudinger-Richardi, BGB (12. Bearb.), § 613a Rn. 128.

372

Rechtsfolgen des Widerspruchs

räumt 130 • Hiernach springt die Stellung des Arbeitsvertragspartners bei Wirksamwerden des Widerspruchs auf den übertragenden Rechtsträger zurück, sofern der Erwerber das Vertragsverhältnis nicht zwischenzeitlich durch Kündigung beendet hat. Entstehen dem Arbeitnehmer durch das vorübergehende Einrücken des neuen Betriebsinhabers in das Arbeitsverhältnis Nachteile, so sollen diese Rieble zufolge im Rahmen einer schadensrechtlichen flexiblen Rückbeziehung auszugleichen sein, wenn der Widerspruch aufgrund einer Unterrichtungspflichtverletzung des jeweiligen Arbeitgebers verzögert wurde 131 • 2.

Stellungnahme

An der ex-tune-Wirkung eines erst nach dem Betriebsübertragungsstichtag erklärten Widerspruchs ist auch unter der Geltung von § 613a Abs. 5 und 6 BGB festzuhalten; hat der Arbeitnehmer vor dem Widerspruch für den Betriebsübernehmer gearbeitet, so besteht ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis. Zunächst ist den Kritikern der herrschenden Meinung, namentlich Rieble, allerdings dahingehend beizupflichten, dass sich die Rückwirkung nicht schon aus dem Gestaltungscharakter des Widerspruchsrechts erklärt. Denn wie das Beispiel der Anfechtung zeigt, wird eine Rückwirkung von Gestaltungsrechten im vollzogenen Arbeitsverhältnis im Regelfall gerade nicht als sachgerechte Rechtsfolge erachtet 132 • Es ist somit nach einer spezifischen sachlichen Rechtfertigung für die Rückwirkungslösung zu fragen. Eine solche Rechtfertigung wird von der herrschenden Ansicht zu Recht in der auch hier vertretenen 133 verfassungsrechtlichen Fundierung des Widerspruchsrechts erblickt, die sich der Gesetzgeber bei der Schaffung von § 613a Abs. 5 und 6 BGB ausdrücklich zu eigen gemacht hat 134 • Wird diese ernst genommen, so kann es in Bezug auf Zielrichtung und Wirkung des Widerspruchs, nämlich die Verhinderung des Vertragspartnerwechsels, keinen Unterschied machen, ob die Erklärung vor oder nach der Betriebsübernahme zugeht bzw. ob der Arbeitnehmer zwischenzeitlich für den Betriebsnachfolger tätig geworden ist. Dass sich der Arbeitnehmer mit dem Instrument des§ 613aAbs. 6 BGB den Rechtsfolgen des§ 613aAbs. 1 S. 1 BGB insgesamt verweigern darf, impliziert, dass es an einer gesetzlichen Grundlage für einen vorübergehenden Vertragsübergang und anschließenden 130 Rieble, NZA 2004, l, 6 ff. Im Ansatz wird dies auch von Seiters, Betriebsinhaberwechsel, S. 72 f. erwogen. 131 Rieble, NZA2004, I, 8. 132 S. oben § 10 C. V. mit Nw. 133 S. § II B. III. 134 BT-Drucks. 14/7760, S. 20.

373

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Rückfall des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsveräußerer fehlt. Hinzu tritt nach neuem Recht die Überlegung, dass die beteiligten Arbeitgeber es selbst in der Hand haben, durch eine frühzeitige Unterrichtung für einen Ablauf der Widerspruchsfrist vor dem Übertragungsstichtag zu sorgen und damit nachträgliche Widersprüche auszuschließen. Unterbleibt dies, so kann dies auch mit Blick auf den Regelungswillen des Gesetzgebers nicht zu Lasten der Arbeitnehmer gehen, indem die an sich durch den späteren Widerspruch in toto abgelehnten Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB doch vorübergehend Platz greifen. Der durch die Rückwirkung verfolgte Schutz der Arbeitgeberwahlfreiheit beim Betriebsübergang wird durch die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis nicht konterkariert. Die Beurteilung der Rechtsbeziehungen zwischen dem übernehmenden Rechtsträger und dem nachträglich widersprechenden Arbeitnehmer muss sowohl die gebotene Absicherung der Arbeitnehmeransprüche für geleistete Dienste als auch eine einfache und praktikable Handhabung der Rechtsfolgen rückwirkender Widersprüche berücksichtigen. Hierftir besteht nach der Einführung von § 613a Abs. 5, 6 BGB infolge der fehlenden absoluten zeitlichen Ausschlussfrist für das Widerspruchsrecht auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite gleichermaßen ein besonderes Bedürfnis. Es ist hierbei als gegeben hinzunehmen, dass der Arbeitnehmer bis zu dem Wirksamwerden der Widerspruchserklärung bei fortbestehender Eingliederung in die Arbeitsorganisation der übertragenen betrieblichen Einheit Dienste zugunsten des Betriebsnachfolgers erbracht hat. Diesem Umstand wird überzeugend dadurch Rechnung getragen, dass die Parteien so gestellt werden, als sei der neue Inhaber vorübergehend in die Arbeitgeberstellung eingerückt. Konsequent ist dies deswegen, weil der Erwerber Empfanger der Arbeitsleistung ist, während ein Verweis des widersprechenden Arbeitnehmers an den Betriebsveräußerer zu der Feststellung "ohne Arbeit kein Lohn" fUhren müsste. Abweichendes ergäbe sich hierbei auch aus den §§ 615 S. 1, 293 ff. BGB nicht, da sich der übertragende Rechtsträger nicht im Gläubigerverzug befindet, wenn der Arbeitnehmer für den neuen Betriebsinhaber tätig ist 135 • Dies bedeutet umgekehrt, dass dem übertragenden Rechtsträger durch die retrospektive Fiktion eines zweiten Arbeitsverhältnisses kein Nachteil entsteht, da keine Verdoppelung von Primäransprüchen eintritt 136 • Dem Arbeitnehmer wäre entgegen den Erwä135 Zur Begründung nachfolgend unter III. 2. Dies bedeutet zugleich, dass es nicht zu einer Verdoppelung von Entgeltansprüchen des Arbeitnehmers während der Schwebephase zwischen Betriebsübergang und Zugang der Widerspruchserklärung kommen kann. 13 6 Dazu noch unten li. l.

374

Rechtsfolgen des Widerspruchs

gungen insbesondere von Menze und Verhoek schließlich auch mit einem Verweis auf Sekundäransprüche wegen Unterrichtungspflichtverletzung nicht immer gedient, weil ein Schadensersatzanspruch etwa wegen fehlenden Verschuldens der Informationsschuldner ausgeschlossen sein kann 137 • Außerdem trifft die beteiligten Arbeitgeber aus § 613a Abs. 5 BGB nur die Pflicht zu einer Information "vor dem Übergang". Da diesem Gebot auch mit einer Unterrichtung zeitlich unmittelbar vor dem Vollzug der Betriebsübertragung genügt ist, der Arbeitnehmer aber nach Zugang der Mitteilungen einen Monat Bedenkzeit hat(§ 613a Abs. 6 S. 1 BGB), kämen Schadensersatzansprüche in einem derartigen Fall gar nicht in Betracht. Vor diesem Hintergrund ist ein Widerspruch zwischen der herrschenden Meinung und dem Schutzzweck des § 613a Abs. 6 BGB nicht ersichtlich. Die freie Wahl des Arbeitsvertragspartners wird nicht tangiert, wenn es aufgrund der Faktizität der Dienstleistung für den Betriebserwerber ex post bloß so angesehen wird, als habe zwischen Übertragungsstichtag und Zugang der Widerspruchserklärung ein Arbeitsverhältnis bestanden. Mit einer derartigen Fiktivbetrachtung ist kein Kontrahierungszwang des Widersprechenden verbunden. Statt dessen wird die von § 613a Abs. 6 BGB vorausgesetzte privatautonome Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers bei Annahme einer Rückwirkung des Widerspruchs und Bewältigung der Rechtsfolgen mithilfe der Grundsätze des fehlerhaften Arbeitsverhältnis besonders abgesichert. Berücksichtigt man nämlich, dass der Arbeitnehmer ansonsten - jedenfalls auf der Grundlage der Rückwirkungslehre - sämtliche Primäransprüche für zwischen Betriebsübergang und Widerspruch geleistete Dienste verlöre, so könnte je nach Dauer der Tätigkeit für den Betriebsnachfolger von einer unbeeinflussten Wahlfreiheit bezüglich des Arbeitgeberwechsels nicht gesprochen werden, da die Ausübung des Widerspruchsrechts durch faktischen Entgeltverzicht erkauft werden müsste. Auch die vorgebrachten dogmatischen Bedenken gegen die Bewältigung der Rückwirkungsproblematik durch die Rechtsfigur des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses vermögen nicht zu überzeugen. Soweit eingewendet wird, es fehle im Moment des vermeintlichen Übergangs des Arbeitsverhältnisses an zwei konsentierenden Willenserklärungen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wird übersehen, dass diesem Umstand in dem Kontext von§ 613a BGB keine Bedeutung beigemessen werden kann. Denn nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB entsteht das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsnachfolger ex lege, so dass der Gesetzgeber auf das Erfordernis eines Vertragsschlusses bewusst verzichtet. Wird das Arbeitsverhältnis hier durch einen dem Vertragsschluss 137 Zu den Haftungsvoraussetzungen flir Unterrichtungspflichtverstöße s. § 10 D. I.

375

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

gleich gestellten Entstehungstatbestand begründet, so können der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis umgekehrt keine Bedenken entgegenstehen, wenn der Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch macht 138 • Zweifel an der Geeignetheit der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis zur Beurteilung der Rechtsfolgen rückwirkender Widersprüche sind auch nicht etwa deswegen angebracht, weil es nicht darum gehen soll, unter mehreren den richtigen Schuldner flir die Entgeltansprüche des Widersprechenden zu finden. Wie geschildert vermag nämlich in diesem Fall nur die Annahme eines fehlerhaften Arbeitsverhältnisses sicherzustellen, dass dem Arbeitnehmer überhaupt ein Schuldner fiir die empfangene Arbeitsleistung ausgleichspflichtig ist. Unüberbrückbare Kollisionen mit der Systematik der Lehre sind insofern nicht ersichtlich. Dies vorausgeschickt ist keine sachgerechte Alternative zu der Rückwirkungskonzeption der herrschenden Meinung ersichtlich. Das von Richardi/Annuß entworfene Modell eines durch das Erlöschen des Widerspruchsrechts bedingten Vertragsübergangs nach § 613a Abs. 1 S. 1 BOB ist mit dem Widerspruchsrecht in seiner kodifizierten Form nicht kompatibel. Hätte der Gesetzgeber dieser Konzeption folgen wollen, so hätte in § 613a Abs. 1 S. 1, Abs. 6 BOB bestimmt werden müssen, dass der gesetzliche Arbeitgeberwechsel erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist eintritt 139 • Im übrigen führte diese Auffassung dazu, dass der Betriebsveräußerer im Falle von Unterrichtungsmängeln wegen der Nichtauslösung der Widerspruchsfrist auf unbestimmte Zeit als Arbeitgeber gelten würde, was wiederum Abwicklungsschwierigkeiten verursachte, wenn sich der Arbeitnehmer schließlich zu einem Verzicht auf das (fortbestehende) Widerspruchsrecht bereit findet und den Vertragsübergang damit quasi genehmigt. Schlussendlich ist festzuhalten, dass auch die von Rieble vorgeschlagene Konstruktion eines nur ex nunc wirkenden Widerspruchs zur Bewältigung nachträglicher Arbeitnehmerwidersprüche ungeeignet ist. Zwar hat der Ansatz auf den ersten Blick eine gewisse Folgerichtigkeit flir sich, da die Rückwirkungsproblematik insgesamt vermieden wird. Eine unstimmige Konsequenz des Hin- und Herspringens der Arbeitgeberstellung ergibt sich aber daraus, dass bei einem nur ex nunc wirkenden Widerspruch insbesondere die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 BOB trotzdes bloß vorübergehenden Arbeitgeberwechsels voll zum Tragen kommen. Dies bedeutet, da das Gesetz flir eine reziproke Anwendung von § 613a BOB keinerlei Handhabe 138 So mit Recht Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 276. 139 Ebenso Franzen, RdA 2004, 258, 271; im Ergebnis auch Rieble, NZA 2004, I, 2.

376

Rechtsfolgen des Widerspruchs

bietet, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem hier diskutierten Ansatz durch Ausübung des Widerspruchsrechts wieder auf den Betriebsveräußerer zurückspringt, dass dem Arbeitnehmer beispielsweise eine infolge der Ablösungswirkung des § 613a Abs. 1 S. 3 BGB eingetretene Verbesserung der Arbeitsbedingungen selbst dann fiir die Zukunft erhalten bliebe, wenn er nur fiir ein sehr kurzes Intervall zwischen Betriebsübernahme und Zugang der Widerspruchserklärung für den übernehmenden Rechtsträger tätig war. Ebenso wäre der Betriebsveräußerer an eine jegliche Zusage gebunden, die der Erwerber als Interims-Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor dessen Widerspruch erteilt hat. Beides läuft auf eine legitimationslose Fremdbestimmung des übertragenden Rechtsträgers hinsichtlich der Vertragskonditionen des widersprechenden Arbeitnehmers hinaus 140 • In der Konsequenz verleitete dies geradezu zum nachträglichen Widerspruch. Sind nämlich die Arbeitsbedingungen bei dem übernehmenden Rechtsträger besser, so wäre der Arbeitnehmer nach dem Modell von Rieble gut beraten, einen Widerspruch nach Möglichkeit erst nach dem Zeitpunkt der Betriebsübernahme zu erklären und somit den Veräußerer an die durch den zwischenzeitliehen Vertragspartnerwechsel in dem Arbeitsverhältnis implementierten besseren Konditionen zu binden. Ein solches "Mitnahmerecht" ist dem auf Sicherung des arbeitsvertraglichen status quo abzielenden Recht aus § 613a Abs. 6 BGB aber fremd. Zu ergänzen ist noch, dass die vorgeschlagene ex-nunc-Lösung letztlich auch unter einem kündigungsrechtlichen Gesichtspunkt ausscheiden muss. Im Gegensatz zu einer Rückwirkung, die alle vertragsbezogenen Rechtsakte des Betriebsnachfolgers mit dem Widerspruch ins Leere laufen lässt, wäre die Kündigung durch den Erwerber wirksam, wenn zu diesem ein rechtlich vollwertiges Arbeitsverhältnis begründet wird. Dies ist nicht sachgerecht, wie der Fall einer betriebsbedingten Kündigung durch den übernehmenden Rechtsträger zeigt. Da es fur die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung auf ihren Zugangszeitpunkt ankommt 141 , würde das Arbeitsverhältnis trotz des nachfolgenden Widerspruchs gegen den Arbeitgeberwechsel und ungeachtet einer bei dem Betriebsveräußerer bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in jedem Fall beendet. Welche Missbrauchsmöglichkeiten dies eröffnete, liegt auf der Hand. Zudem soll sich der Arbeitnehmer nach heute einhelliger Ansicht nach einem Widerspruch jedenfalls auf eine an-

140 A.A. Rieble, NZA 2004, I, 7. 141 Statt aller Preis, Arbeitsrecht I, S. 696 m.w.N.

377

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

derweitige Beschäftigungsmöglichkeit bei dem übertragenden Rechtsträger berufen können 142 .

3.

Ergebnis und Folgerungen für die Behandlung von Begünstigungen, Ahmahnungen etc. aus der Sphäre des Betriebserwerbers

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die ex-tune-Wirkung dem Schutzzweck des Widerspruchsrechts angemessen Rechnung trägt und dass die Abwicklung der Rechtsbeziehung zwischen Betriebsübernehmer und dem nachträglich sein Recht aus § 613a Abs. 6 BGB ausübenden Beschäftigten nach den Grundsätzen des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses dem durch den vorübergehenden Leistungsaustausch begründeten Regelungsbedürfnis am besten entspricht. Konsequenz der Rückwirkung des Widerspruchs ist, dass zu keinem Zeitpunkt ein wirksames Arbeitsverhältnis mit dem übernehmenden Rechtsträger zustande gekommen ist 143 . Hat der betreffende Arbeitnehmer vor seinem Widerspruch für den Betriebserwerber gearbeitet, so kann er hierfür eine Gegenleistung beanspruchen, als habe er die Dienste auf der Grundlage des nach § 613a Abs. 1 BGB übergeleiteten Arbeitsvertrages erbracht. Dies bedeutet, dass ein bei dem Erwerber bestehendes kollektives Regelungssystem in Gestalt von betrieblichen oder tariflichen Regelungen, die von dem bei dem Arbeitgeber bestehenden Ordnungsgefüge abweichen, vorübergehend Einfluss auf die materiellen Arbeitsbedingungen des Widersprechenden erlangen kann. Soweit in diesem Zusammenhang Anspruchspositionen des Arbeitnehmers mit Entgeltcharakter begründet wurden (z.B. durch eine Gesamtzusage des neuen Betriebsinhabers ), sind diese durch den Betriebserwerber pro rata temporis zu erfüllen. Sie verlieren jedoch ihre Geltung ohne Nachwirkung im Zeitpunkt des Zugangs der Widerspruchserklärung, weil es an einer Grundlage für eine Zurechnung gegenüber dem Betriebsveräußerer fehlt 144 • Da der übernehmende Rechtsträger vor Ausübung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB durch den Arbeitnehmer zumindest faktisch Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, kann es zum Ausspruch einer Abmahnung, Kündigung oder sonstigen rechtserheblichen Erklärung (Beurteilung, Beförderung etc.) kommen. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob sich der Betriebsveräußerer oder der Arbeitnehmer in dem rückwirkend wiederhergestellten Arbeitsver-

142 S. dazu§ 14 B. mit Nw. 143 Dies gilt selbstverständlich unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vor seinem Widerspruch ftir den Betriebsübernehmer tätig gewesen ist. 144 So auch ausdrücklich D.Gaul, Betriebsübergang, S. 258; ders., ZfA 1990, 87, 103.

378

Rechtsfolgen des Widerspruchs

hältnis auf die betreffende Erklärung berufen kann 145 . Wegen des Nichteingreifens von § 613a Abs. 1 BGB gilt hier, wie schon angesprochen, dass derartige Erklärungen mit dem Widerspruch ihre Rechtserheblichkeit einbüßen146. Der neue Betriebsinhaber, der nie Arbeitgeber des Widersprechenden geworden ist, kann das mit dem übertragenden Rechtsträger fortbestehende Arbeitsverhältnis also nicht rechtswirksam umgestalten bzw. beenden 147 . II.

Rechtsbeziehungen zwischen dem bisherigen Betriebsinhaber und dem Arbeitnehmer

1.

Erhalt der Arbeitgeberrechte und -pflichten, aber keine Ausfallhaftung für Entgeltansprüche des Arbeitnehmers gegen den Betriebserwerber

Infolge der Rückwirkung des Widerspruchs bleibt der Betriebsveräußerer Gläubiger und Schuldner der arbeitsvertragliehen Rechte und Pflichten des widersprechenden Arbeitnehmers. Alle fur den betreffenden Beschäftigten günstigen oder ungünstigen Veränderungen der Arbeitsbedingungen, die zwischen dem Übertragungsstichtag und dem Zugangszeitpunkt der Widerspruchserklärung Einfluss auf das Arbeitsverhältnis genommen hätten, entfalten ihre Wirkung so, als ob das Arbeitsverhältnis von Anfang an bei dem übertragenden Rechtsträger verblieben wäre 148 . Eine Inanspruchnahme auf Lohnzahlung für den Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer bis zur Rechteausübung aus § 613a Abs. 6 BGB fur den Betriebserwerber tätig war, scheidet allerdings aus. Auf den Arbeitsvertrag kann nicht zurückgegriffen werden, da es an einer äquivalenten Arbeitsleistung fehlt (zum Gläubigerverzug s. 145 Eine andere Frage ist es, ob sich der Betriebsveräußerer nicht zur Rechtfertigung einer eigenen Arbeitgebermaßnahme auf einen Tatbestand berufen kann, den der Arbeitnehmer noch vor dem Widerspruch bei dem Betriebsübemehmer gesetzt hat. Dies erscheint durchaus möglich, so z.B. wenn der Arbeitnehmer vor dem Widerspruch eine Straftat am Arbeitsplatz begangen hat und die ftir eine weitere Zusammenarbeit notwendige Vertrauensgrundlage aus Sicht des Veräußerers erschüttert ist. 146 B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § II Rn. 63; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 259 f.; ders., ZfA 1990, 87, 103 ff.; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 73. A.A. Rieble, NZA 2004, I, 6 f. (auf der Basis einer ex-nunc-Wirkung des nachträglichen Widerspruchs). 147 Hat eine nach diesen Grundsätzen unwirksame nachteilige Erklärung des Erwerbers Eingang in die Personalakte des Arbeitnehmers gefunden, so kann deren Entfernung verlangt werden. Der Anspruch ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des Betriebsveräußerers aus dem fortbestehenden Arbeitsvertrag; vgl. BAG v. 27.11.1985, v. 15.1.1986, AP Nr. 93 (LS I und unter I 3 b), Nr. 96 (unter BI I) zu§ 611 BOB Fürsorgepflicht. 148 Vgl. D.Gaul, ZfA 1990, 87, 99 unter Hinweis auf Ansprüche aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, verschlechternde Betriebsvereinbarungen etc.

379

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

unten). Auch ist der Betriebsveräußerer bei der Abwicklung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Widersprechenden und dem aufnehmenden Rechtsträger keinesfalls Rechtsnachfolger des Erwerbers 149 • Eine vorübergehende gesamtschuldnerische Mithaftung des Arbeitgebers flir Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers gegen den neuen Betriebsinhaber entsprechend§ 613a Abs. 2 BGB scheidet aus, weil keine Rücküberleitung des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage von § 613a Abs. I BGB stattfindet und der Arbeitnehmer durch seinen Widerspruch überdies auf den Schutz des § 613a BGB verzichtet. Damit trägt der Widersprechende allerdings das Bonitätsrisiko des Betriebserwerbers für quasi-vertragliche Ansprüche aus dem fehlerhaften Arbeitsverhältnis 150 •

2.

Gläubigerverzug des bisherigen Betriebsinhabers

Für Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers gegen den Betriebsveräußerer unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerverzuges ist zu unterscheiden. Der Arbeitgeber gerät unter den bereits geschilderten Voraussetzungen in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer nach Zugang der Widerspruchserklärung nicht beschäftigt 151 . Ob die Betriebsübergang zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen ist, ist nicht entscheidend. Etwas anderes gilt für den Zeitraum zwischen dem Stichtag der Betriebsübernahme und Zugang des (zurückwirkenden) Widerspruchs. Hier scheiden bei fortgesetzter Tätigkeit des Arbeitnehmers in dem übertragenen Betrieb Vergütungsansprüche gegen den Betriebsveräußerer unter dem Gesichtspunkt von §§ 615 S. 1, 293 ff. BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag regelmäßig aus. Zur Ablehnung des Gläubigerverzuges wird mit Recht darauf verwiesen, dass es an einem nach§ 294 BGB notwendigen 152 Angebot der Arbeitsleistung am richtigen Ort (d.h. dem Betriebssitz des Veräußerers, nicht des Erwerbers) gegenüber dem Arbeitgeber als richtigem Leistungsschuldner 149 D.Gaul, Betriebsübergang, S. 258; ders., ZfA 1990, 87, 103; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 73. 150 V gl. Menze, Widerspruchsrecht, S. 20 I ff.; Moll, Anm. zu BAG v. 22.4.1993, AP Nr. I 03 zu § 613a BGB (BI. 1727). Relativiert wird dieses Risiko durch die größere Haftungsmasse, die bei dem übernehmenden Rechtsträger nach Betriebserwerb in der Regel vorhanden sein wird, sowie durch mögliche Schadensersatzansprüche des widersprechenden Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wegen verzögerter Unterrichtung. 151 S. obenA.Il. 152 Ein Angebot ist nicht nach § 296 S. 2 BGB entbehrlich, weil nicht der vormalige, sondern nur der neue Betriebsinhaber in der Lage und gehalten ist, die notwendige Mitwirkungshandlung (Zurverfügungstellung des Arbeitsplatzes in dem übertragenen Betrieb) zu erbringen.

380

Rechtsfolgen des Widerspruchs

fehlt, wenn der Arbeitnehmer zunächst für den neuen Betriebsinhaber an seinem bisherigen Arbeitsplatz gearbeitet hat 153 . Denn die geschuldete Arbeitsleistung wurde dann gerade nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Betriebsnachfolger angetragen, der widerspruchsbedingt nie Arbeitsvertragspartner gewesen ist. Soweit Franzen abweichend davon ausgeht, dass sich der bisherige Betriebsinhaber das in der Fortsetzung der Tätigkeit nach dem Inhaberwechsel liegende Angebot zurechnen lassen müsse, da ein Angebot im Sinne von § 294 BGB auch gegenüber einem Dritten erbracht werden könne 15 \ vermag dies nicht zu überzeugen. Bejaht man nämlich eine solche - zweifelhafte 155 - Zurechnung, so muss konsequenterweise auch berücksichtigt werden, dass der neue Betriebsinhaber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers vor dessen Widerspruch ja auch tatsächlich entgegengenommen hat. Im Übrigen scheidet ein Annahmeverzug des Arbeitgebers aus, weil dem Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des absoluten Fixschuldcharakters der Arbeitspflicht eine Leistungserbringung (neben der Arbeit für den Betriebserwerber) unmöglich wäre 156 • Es verbleibt also dabei, dass der Betriebsveräußerer nicht in Annahmeverzug gerät, wenn der Arbeitnehmer vor Zugang der Widerspruchserklärung bewusst oder unbewusst für den Erwerber in dem übertragenen Betrieb oder Betriebsteil Dienste leistet.

3.

Anrechnung von Leistungen des Betriebsübernehmers

Hat der Übemehmer dem Arbeitnehmer vor dessen Widerspruchserklärung Erholungsurlaub gewährt, so ist der Veräußerer entsprechend § 6 Abs. 1 BUrlG zum Ausschluss von Doppelansprüchen vorbehaltlich entgegenstehender kollektiver Bestimmungen zu einer Anrechnung befugt. Dasselbe gilt in der Sache ftir solche Entgeltbestandteile, die nach ihrer Zweckbestim153 Vgl. LAG Köln v. 11.6.2004- 12 Sa 374/04 (unter 2 c) Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 157; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 256 f.; ders., ZfA 1990, 87, 102; Menze, Widerspruchsrecht, S. 203 f.; Verhoek, Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, S. 275; Worzalla, NZA 2002, 353, 358; gegen Annahmeverzug im Ergebnis auch Rieble, NZA 2004, I, 7; Warmbein, DZWIR 2003, II, 13. Unabhängig hiervon müsste sich der Arbeitnehmer seine Bezüge gemäß § 615 S. 2 BGB gegenüber dem Betriebsveräußerer anrechnen lassen. !54 Franzen, RdA 2002, 258, 271. !55 Franzen, RdA 2002, 258, 271, verweist zur Begründung seiner Erwägungen darauf, dass auch bei der Leiharbeit anerkannt sei, dass das Arbeitsangebot beim Entleiher die Voraussetzungen des § 294 BGB im Verhältnis zu dem Vertragsarbeitgeber erfülle. Für den hier interessierenden Zusammenhang gibt dies aber wenig her, weil der Leiharbeitnehmer gerade eine Tätigkeit gegenüber einem Dritten nach Weisung des Verleihers schuldet. 156 Zu dem grundsätzlichen Exklusivitätsverhältnis von Annahmeverzug und Unmöglichkeits. nur Paiandt-Heinrichs, BGB, § 293 Rn. 3 m.w.N.

381

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

mung nicht von der Arbeitsleistung abhängen sollen, sondern nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen. Diese schuldet der bisherige Betriebserwerber wegen der Rückwirkung des Widerspruchs an sich unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vor der Rechteausübung aus § 613a Abs. 6 BGB vorübergehend nicht bei ihm tätig war. Soweit eine entsprechende Leistung (z.B. Weihnachtsgeld) aber bereits durch den Betriebsübernehmer bewirkt oder auch nur versprochen wurde, ist eine Anspruchsdoppelung nach Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts nicht gerechtfertigt. In diesem Fall ist der Arbeitgeber auf der Grundlage einer ergänzenden Vertragsauslegung prinzipiell zu einer Anrechnung gegenüber dem Widersprechenden befugt157.

C.

Rechtsbeziehungen bei Widerspruch und Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers mit Eintragung von Verschmelzung, Aufspaltung und entsprechenden Formen der Vermögensübertragung nach dem UmwG

I.

Problemstellung

Den betroffenen Arbeitnehmern steht ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 613a Abs. 6 BGB, 324 UmwG auch zu, wenn die übertragende Gesellschaft erlischt' 58 • Dies lässt die Frage nach den besonderen Rechtsfolgen des Widerspruchs in einem derartigen Fall aufkommen. Es versteht sich aus rechtstatsächlichen Gründen von selbst, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem erloschenen Arbeitgeber nach Wirksamwerden der Verschmelzung oder Aufspaltung mit Eintragung in das Handelsregister nicht in Betracht kommt. Keine Schwierigkeiten entstehen, wenn der übertragende Rechtsträger die Arbeitsverhältnisse so rechtzeitig aufschiebend auf die Erklärung des Widerspruchs durch den Arbeitnehmer bedingt aus betrieblichen Gründen kündigt, dass die Kündigungsfrist des widersprechenden Arbeitnehmers im Zeitpunkt des Umwandlungsvollzugs bereits abgelaufen ist. Ein derartiges Vorgehen ist prinzipiell möglich 159 und zur unproblematischen Abwicklung der Arbeitsverhältnisses wünschenswert, setzt jedoch voraus, dass der zum Wegfall der Arbeitsplätze führende Entschluss zur Betriebsübertragung im Wege der Universalsukzession im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung

157 Im Ergebnis (Ausschluss von Doppelansprüchen) auch Rieble, NZA 2004, I, 8. 158 Dazu bereits§ II. 159 Vgl. oben§ 5 C. III. a) fl) (2) (b).

382

Rechtsfolgen des Widerspruchs

bereits "greifbare Formen" angenommen hat 160 • Dies wird vor dem Hintergrund sechsmonatiger und längerer Kündigungsfristen (vgl. § 622 Abs. 2 BGB) allerdings nicht immer der Fall sein. Damit ist die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach Widerspruch und Wegfall des bisherigen Arbeitgebers jedenfalls dann problematisch, wenn die individuelle Kündigungsfrist nicht vor dem (z.B.) Verschmelzungsstichtag endet oder der übertragende Rechtsträger eine Kündigung gar nicht erst ausgesprochen hat.

II.

Meinungsspektrum

Die Konsequenzen eines Widerspruchs bei liquidationslosem Erlöschen der Rechtspersönlichkeit des bisherigen Arbeitgebers werden kontrovers beurteilt. Ganz herrschend wird vertreten, dass es in derartigen Konstellationen mit Wirksamwerden der Umwandlung zu einem automatischen Erlöschen des Arbeitsverhältnisses des widersprechenden Arbeitnehmers gegenüber sämtlichen Rechtsträgem kommt 161 • Einer irgendwie gearteten Erklärung, abgesehen von der Ausübung des Widerspruchsrechts, bedarf es hierbei nicht, da die untergegangene Gesellschaft weder Erklärungsgegner noch selbst Erklärender sein kann. Der ersatzlose Wegfall des Arbeitsverhältnisses widersprechender Arbeitnehmer wird zum Teil als unbefriedigend empfunden. Ein einseitiges Lösungsrecht des Arbeitnehmers werde den Bedürfnissen der Praxis nicht ge-

160 Vgl. BAG v. 23.3.1984, ZIP 1984, 1524, 1525; v. 27.9.1984, EzA Nr. 40 zu§ 613a BGB (LS 3); v. 27.2.1987, AP Nr. 41 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung (unter II 3 c); v. 19.5.1988, AP Nr. 75 zu§ 613a BGB (unter B V 2 b dd); v. 19.6.1991, AP Nr. 53 zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung (unter II I); v. I 0.1.1994, AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Konzern (unter B Ili 2 a); v. 27.2.1997, AP Nr. I zu§ 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung (unter II 2 a); v. 13.11.1997, AP Nr. 169 zu§ 613a BGB (unter I! I); v. 3.9.1998, NZA 1999, 147, 149; APS-Kiel, §I KSchG Rn. 507; Berkowsky, Betriebsbedingte Kündigung,§ 5 Rn. 67 f. m.w.N. 161 ArbG Münster, DB 2000, 1182 f.; KR-Pfe!ffer, § 613a BGB Rn. 115; Lutter-Joost, UmwG, § 324 Rn. 36; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 129 f.; Widmann/Mayer-Vollrath, UmwG, § 324 Rn. 16; Boecken, Untemehmensumwandlungen, Rn. 84; ders., ZIP 1994, 1087, 1092; DLW-Baeck!Haußmann, HdB. Arbeitsrecht, C Rn. 3234; Hö!ters-Bauer/v.Steinau-Steinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 128; Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 161 ff., 171 ff.; Kasseler HdB.Düwell, 6.8 Rn. 124; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf, I Rn. 239; Sagasser!Bu!a-Sagasser/Schmidt, Umwandlungen, F Rn. 10; Bauer/Lingemann, NZA 1994, 1057, 1061; Bauerlv.Steinau-Steinrück, ZIP 2002,457, 465; Grobys, BB 2002, 726, 730; Hartmann, ZfA 1997, 21, 30; Henssler, FS Kraft, S.219, 228; Nagt, DB 1996, 1221, 1225; Rieble, ZIP 1997, 301, 306; Sayatz!Wolf, DStR 2002, 2039, 2046; Zerres, ZIP 2001,359, 361.

383

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

recht 162 . Es stelle sich zudem die Frage, warum es dem übertragenden Rechtsträger so ohne weiteres möglich sein soll, sich aus der mit der Arbeitgeberstellung verbundenen Verantwortung und den Verpflichtungen den Arbeitnehmern gegenüber zu entziehen 163 . Auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchs werden im Wesentlichen drei Lösungswege vertreten. So wird vorgeschlagen, dass sich der Arbeitnehmer mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne eines Wahlrechts fiir einen der neu entstandenen Rechtsträger als neuen Arbeitgeber entscheiden könne 164 . Baumann und Däubler wollen für den Fall der Abspaltung auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchs in Anlehnung an § 131 Abs. 3 UmwG annehmen, dass die durch die Umwandlung erloschene Gesellschaft in ihrer Arbeitgeberfunktion gegenüber dem widersprechenden Arbeitnehmer durch eine gemeinsame Arbeitgeberstellung aller neu entstandenen Rechtsträger ersetzt wird ("Arbeitgeberpluralität")165. In eine ähnliche Richtung geht ein Vorschlag von Simon. Zwar komme es zu einem Erlöschen des Arbeitsverhältnisses. Soweit dem widersprechenden Arbeitnehmer für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachvertragliche Pflichten obliegen oder Rechte zustehen, bestünden diese nunmehr im Sinne einer "modifizierten Rechtsfolgenlösung" gegenüber den (partiellen) Gesamtrechtsnachfolgern. Hiermit lasse sich dem berechtigten Einwand Rechnung tragen, dass der Widerspruch nicht zu einem Entfallen nachwirkender Vertragspflichten fuhren dürfe 166 .

111.

Stellungnahme und Ergebnis

Zur näheren Klärung erweist es sich als hilfreich, zwischen dem Schicksal des Arbeitsvertrages als solchem und der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers zu differenzieren.

1.

Schicksal des Arbeitsvertrags im Zeitpunkt des Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers

Die Ausübung des Widerspruchsrechts führt bei Erlöschen des bisherigen Arbeitgebers zwangsläufig und ohne weiteres zur Beendigung des Arbeits162 WHSS-Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 178. 163 Menze, Widerspruchsrecht, S. 206. 164 So offenbar Mertens, AG 1994, 66, 73; s.a. ders., Umwandlung und Universalsukzession, S. 169 f. 165 Baumann, DStR 1995,888, 890; Däubler, RdA 1995, 136, 142. 166 Semler/Stengel-Simon, UmwG, § 324 Rn. 53 f. Bei der Aufspaltung soll hiernach derjenige Rechtsträger Gläubiger und Schuldner nachwirkender Vertragspflichten sein, dem der Betrieb zugeordnet ist, in dem der widersprechende Arbeitnehmer beschäftigt war. Lasse sich dies nicht feststellen, so seien sämtliche durch Aufspaltung entstandenen Rechtsträger entsprechend § 131 Abs. 3 UmwG berechtigt und verpflichtet.

384

Rechtsfolgen des Widerspruchs

verhältnisses. Die abweichenden Ansichten sind mit der Struktur des Widerspruchsrechts als (reines) Abwehrrecht gegen den Eintritt eines neuen Arbeitgebers in das Arbeitsverhältnis nicht zu vereinbaren. Es ist nicht Sinn und Zweck von § 613a Abs. 6 BGB, dem Arbeitnehmer eine eigene Entscheidung hinsichtlich der Zuordnung seines Arbeitsverhältnisses zu einem der neu entstehenden Rechtsträger zu ermöglichen. Wie sich unmittelbar aus § 613a Abs. 6 BGB i.V.m. § 324 UmwG ergibt, hat der Arbeitnehmer nur die Wahl, sich der in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB vorgesehenen Rechtsfolge des Übergangs des Vertragsverhältnisses zu verweigern. Ein positives Wahlrecht in dem Sinne, sich anstelle des Betriebsnachfolgers einen anderen Rechtsträger als künftigen Arbeitgeber auszusuchen, ist hiermit nicht verbunden 167 • Daher scheidet auch die vorgeschlagene gemeinschaftliche ArbeitgeberstelJung der aus der Abspaltung neu hervorgehenden Gesellschaften aus. Bei diesem Ansatz bleibt zudem unberücksichtigt, dass sich der Arbeitnehmer mit der Ausübung des Widerspruchsrechts gerade gegen einen Eintritt der aufnehmenden Rechtsträger in das Arbeitsverhältnis verwahrt. Diese Entscheidung darf nicht dadurch relativiert werden, dass die Betriebsnachfolger dem Arbeitnehmer ungeachtet des Widerspruchs trotzdem als Arbeitgeber aufgedrängt werden 168 • Eine andere Betrachtungsweise ist auch bei verfassungs- bzw. richtlinienkonformer Auslegung von §§ 613a Abs. 6 BGB, 324 UmwG nicht geboten. Da Art. 12 Abs. 1 GG keinen Bestandsschutz für ein bestehendes Arbeitsverhältnis vermittelt 169 und auch die Betriebsübergangsrichtlinie anerkanntermaßen keine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Betriebsinhaber verlangt, wenn sich der Arbeitnehmer durch Widerspruch dem Schutz des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2001/23/EG (bzw. § 613aAbs. 1 S. 1 BGB) verweigert 170 , bestehen gegen ein automatisches Erlöschen des Arbeitsver-

167 Zur Ablehnung eines Rechts auf Vertragsfortsetzung aus § 613a Abs. 6 BGB s. bereits § 11 B. III. 2. Im Ergebnis auch Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 175 f.; GPicot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Untemehmenskauf, I Rn. 239; Schalle, Bestandsschutz bei Untemehmensumwandlungen, S. 217; Rieble, ZIP 1997, 301, 307. 168 Ebenso Menze, Widerspruchsrecht, S. 207; Henssler, FS Kraft, S. 219, 228. 169 S. nur BVerfG v. 24.4.1991, BVerfGE 84, 133, 146 f.; v. 10.3.1992, BVerfGE 85, 360, 373; Leibholz/Rinck!Hesselberger, GG, Art. 12 Rn. 86; Sachs-Tettinger, GG, Art. 12 Rn. 66. 170 S. EuGH v. 16.12.1992- Rs C 132/91, 138/91, 139/91 (Katsikas u.a.), AP Nr. 97 zu § 613a BGB (LS 1 und unter 35): RL verpflichtet die Mitgliedsstaaten nicht, die Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages mit dem Veräußerer vorzusehen, wenn sich der Arbeitnehmer frei dafür entscheidet, das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Erwerber fortzusetzen. Hierauf Bezug nehmend EuGH v. 7.3.1996 - Rs C-171/94, -172/94

385

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

hältnisses nach Widerspruch und Wegfall des bisherigen Arbeitgebers keine Bedenken. Schutzdefizite ergeben sich insoweit auch deswegen nicht, weil die "gefährlichen" Konsequenzen des Widerspruchs bei Auflösung der übertragenden Gesellschaft zwingender Bestandteil der vor dem Umwandlungsstichtag vorzunehmenden Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB sind 171 • Die Arbeitnehmer sind somit hinreichend vor einer unüberlegten Entscheidung geschützt. 2.

Abwicklung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere im Hinblick auf an die Vertragsbeendigung anknüpfende Rechte und Pflichten

Die festgestellte automatische Auflösung des Arbeitsvertrags des widersprechenden Arbeitnehmers im Zeitpunkt des Erlöschens der Rechtspersönlichkeit des übertragenden Rechtsträgers fUhrt zu dem Problem, wie das Schicksal arbeitsvertraglicher Rechte und Pflichten zu beurteilen ist, die an die Vertragsbeendigung anknüpfen (z.B. Wettbewerbsverbote, Verschwiegenheitspflichten etc.). Soweit vertreten wird, dass die betreffenden Rechte und Pflichten im Wege der Gesamtechtsnachfolge auf die übernehmenden Rechtsträger übergingen ("modifizierte Rechtsfolgenlösung") 172 , muss dies aus rechtsdogmatischen Gründen abgelehnt werden. Eine partielle Gesamtrechtsnachfolge der neu entstandenen Rechtsträger gegenüber dem Widersprechenden ist zwar denkbar, diese kann sich aber infolge der Rechteausübung aus§ 613a Abs. 6 BGB i.V.m. § 324 UmwG nicht auf arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten beziehen. Die Gegenansicht übersieht, dass der widerspruchsbedingte Ausschluss des Übergangs des Arbeitsverhältnisses neben den Hauptpflichten konsequenterweise auch alle aus dem Arbeitsverhältnis folgenden Nebenpflichten erfasst, auf die sich der Vertragspartnerwechsel wegen§ 613a Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 324 UmwG bezöge, wenn der Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch gemacht hätte 173 • Hierin liegt keine, wie eingewandt worden ist,

(Merckx und Neuhuys), AP Nr. 9 zu EWG RL 771187 (unter 35); v. 24.1.2002- Rs C-51100 (Temco), NJW 2002, 811, 813. 171 S. § 5 C. III. 3. a) ff) (2) (b). 172 Nw. in Fn. 166. 173 Dies betrifft beispielsweise Wettbewerbsverbote, da es sich hierbei grundsätzlich um übergangsfähige Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis handelt; s. § 5 C. III. 3. a) cc) (I) mit Nw. Ansprüche auf Wettbewerbsunterlassung können nach Wegfall der Rechtspersönlichkeit des bisherigen Arbeitgebers und hierdurch bedingtem Erlöschen des Arbeitsverhältnisses nach Widerspruch grundsätzlich nicht von der übernehmenden Gesellschaft verfolgt werden; ArbG Münster v. 14.4.2000, OB

386

Rechtsfolgen des Widerspruchs

sachwidrige Benachteiligung des übernehmenden Rechtsträgers 174 • Denn die Ausübung des Widerspruchsrechts führt in einem jeglichen Fall, gleich ob sich der Betriebsübergang aufgrund Unternehmensumwandlung oder anderer rechtsgeschäftlicher Grundlage vollzieht, dazu, dass sich der Betriebsnachfolger auf den Eintritt in Rechte aus dem Arbeitsvertrag nicht berufen kann. Erst recht scheidet eine Benachteiligung des übertragenden Rechtsträgers aus, weil dessen Rechtspersönlichkeit erlischt und vor diesem Hintergrund kein Interesse an einem Fortbestand arbeitsvertraglicher Rechte und Pflichten besteht. Sollen einzelne von dem Widerspruch erfasste Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gegenüber dem aufnehmenden Rechtsträger weitergelten, so kann dies durch eine entsprechende Abrede mit dem widersprechenden Arbeitnehmer erreicht werden. Im Übrigen ist es kautelarjuristisch denkbar, Vertragspflichten des Arbeitnehmers, an deren Fortwirken bei Erlöschen der übertragenden Gesellschaft ein berechtigtes Interesse besteht, von vomherein auch mit Wirkung zugunsten eines aufnehmenden Rechtsträgers auszugestalten (z.B. Verschwiegenheitspflicht auch zugunsten der Konzemmutter). Anzumerken ist, dass es ungeachtet des fehlenden Vertragsübergangs und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichwohl zum Bestehen von Ansprüchen zwischen dem widersprechenden Arbeitnehmer und dem bzw. den übernehmenden Rechtsträgem kommen kann. Für bereits entstandene rückständige Entgeltansprüche aus dem (erloschenen) Arbeitsverhältnis kann sich eine Haftung unter anderem aus§§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 S. I, 133, 134 UmwG ergeben 175 • Wurden die Arbeitnehmer von dem übertragenen Rechtsträger vor dessen Erlöschen, z.B. während des Laufs der Kündigungsfrist, nicht mehr beschäftigt, so können Ansprüche der widersprechenden Arbeitnehmer gegen die übernehmenden Rechtsträger unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerverzuges in Verbindung mit umwandlungsrechtlichen Haftungsvorschriften bestehen. Ausgeschlossen sind Ansprüche wegen Annahmeverzugs für den Zeitraum nach Erlöschen der Rechtspersönlichkeit des Arbeitgebers, weil es nach Vollzug der Umwandlung und arbeitnehmerseitigem Widerspruch an dem Bestehen eines Arbeitsvertrages als

2000, 1182; a.A. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn. 687c, allerdings ohne schlüssige dogmatische Begründung. 174 Wie hier Karlsfeld, Widerspruchsrecht bei Umwandlung, S. 170; a.A. noch HöltersBauer, Unternehmenskauf (Voraufl.), V Rn. 112: Es könne nicht sein, dass sich ein abkehrwilliger leitender Angestellter anlässtich einer Verschmelzung mit sofortiger Wirkung aus dem Arbeitsverhältnis "verabschiedet". 175 Menze, Widerspruchsrecht, S. 210.

387

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

notwendige Voraussetzung für eine Anwendung von§ 615 S. 1 BGB fehlt 176 . Hat der Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht erst zeitlich nach Eintragung der Umwandlung Gebrauch gemacht, so hat, wie bei der Betriebsübernahme im Wege der Einzelrechtsnachfolge, ein Arbeitsverhältnis mit dem übernehmenden Rechtsträger nie bestanden. Entgeltansprüche des Arbeitnehmers gegen den Gesamtrechtsnachfolger bestehen in diesem Fall auf der Grundlage eines fehlerhaften Arbeitsverhältnisses, wenn Arbeitsleistungen tatsächlich erbracht worden sind 177 • Für Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den bisherigen Arbeitgeber wegen fehlerhafter Unterrichtung nach§ 613a Abs. 5 BGB i.V.m. § 324 UmwG haften die übernehmenden Rechtsträger aufgrund Gesamtrechtsnachfolge. IV.

Umsetzungsdefizit gegenüber Art. 4 Abs. 2 RL 2001123/EG bei Widerspruch aufgrund Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Erlöschen der übertragenden Gesellschaft

Im Zusammenhang mit der hier erörterten Problematik ist zu ergänzen, dass das deutsche Recht in einem speziellen Fall Lücken gegenüber den Vorgaben von Art. 4 Abs. 2 RL 2001/23/EG aufweist. Nach dieser Bestimmung muss das nationale Recht vorsehen, dass im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, weil der Betriebsübergang eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers zur Folge hat, von einer arbeitgebersehigen Beendigung auszugehen ist. Zweck der Regelung ist es, dem Arbeitnehmer, der wegen der drohenden Verschlechterung seiner Arbeitsbedingungen bei dem Betriebsnachfolger von sich aus die Initiative zur Lösung seines Arbeitsverhältnisses ergreift, alle Vorteile zu sichern, die eine arbeitgebersehige Vertragsbeendigung gehabt hätte (z.B. Abfindungen, kein Eingreifen von Rückzahlungsklauseln) 178 •

176 A.A. Menze, Widerspruchsrecht, S. 210, die Annahmeverzugslohn auch nach Untergang des Arbeitgebers und hierdurch bedingter Auflösung des Arbeitsvertrags fiir die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gewähren will. Wäre dies richtig und versäumte der übertragende Rechtsträger eine Kündigung vor seinem Erlöschen, so müsste unter Zugrundelegung der Ansicht von Menze der Gläubigerverzug zeitlich unbegrenzt weiterlaufen, da ein (kündigungsbefugter) Arbeitgeber nicht mehr existiert. Dies kann offensichtlich nicht angenommen werden. 177 Wie hier Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 130. 178 S. v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 254; Debong, Arbeitnehmeransprüche beim Betriebsübergang, S. 69 ff.; Felsner, Unternehmensübernahmen in Europa, S. 275; Oetker, EAS B 7200 Rn. 77 (dort, Rn. 78, auch zu der strittigen Frage, wann eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen als wesentlich im Sinne von Art. 4 Abs. 2 RL 200 l/23/EG anzusehen ist).

388

Rechtsfolgen des Widerspruchs

Das deutsche Recht kennt keine Art. 4 Abs. 2 RL 200 1/23/EG entsprechende Norm, die den Arbeitnehmer durch Fiktion der arbeitgeberseitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses schützt 179 • Dies ist mit Blick auf§ 613a Abs. 6 BGB beinahe durchweg unproblematisch, weil mit dem Widerspruchsrecht ein Rechtsinstitut existiert, das den Übergang des Arbeitsverhältnisses verhindert, gleichzeitig aber eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber ermöglicht, so dass es nicht zu der von Art. 4 Abs. 2 der Betriebsübergangsrichtlinie vorausgesetzten Lösung des Arbeitsverhältnisses kommt. Kündigt der Betriebsveräußerer dem widersprechenden Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen, so liegt ohnehin eine arbeitgeberseitige Beendigung vor, die kein Bedürfnis für einen Schutz im Sinne der Richtlinienvorgaben entstehen lässt 180 • Anders kann dies aber sein, wenn die Rechtsausübung aus §§ 613a Abs. 6 BGB, 324 UmwG im Falle des umwandlungsbedingten Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers zu einer automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt und der bisherige Arbeitgeber zuvor gegenüber dem Widersprechenden keine Kündigung ausgesprochen hat. Um Lücken gegenüber dem europäischen Recht zu schließen, wäre eine Regelung erforderlich, nach der der Arbeitnehmer in derartigen Fällen bei einer drohenden wesentlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bei der aufnehmenden Gesellschaft (z.B. infolge einer zu erwartenden Verringerung umsatzabhängigen Entgelts 181 ) so zu stellen ist, als habe ihm der übertragende Rechtsträger gekündigt. Hieran anknüpfende Positionen des Arbeitnehmer wären sodann von dem Gesamtrechtsnachfolger zu erfüllen. Eine derartige Art. 4 Abs. 2 RL 2001123/EG Rechnung tragende Bestimmung erschiene allerdings kaum praktikabel. Ob zum Ausgleich, wie zum Teil vorgeschlagen 182 , auf eine analoge Anwendung von § 628 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden kann, ist zweifelhaft, da sich weder Tatbestand noch Rechtsfolgen der Norm ohne weiteres auf die hier in Rede stehende Problemkonstellation übertragen lassen 183 . Im Ergebnis bleibt es somit dabei, dass die Bundesrepublik den lückenfüllenden Arbeitnehmer-

179 v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 319; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 130; Oetker, EAS B 7200 Rn. 83. 180 Zutreffend Oetker, EAS B 7200 Rn. 83, 85. 181 Vgl. EuGH v. 7.3.1996- Rs C-171/94, C-172/94 (Merckx und Neuhuys), AP Nr. 9 zu EWG RL 77/187 (unter 38); Oetker, EAS B 7200 Rn. 78. 182 v.Alvensleben, Arbeitnehmerrechte beim Betriebsübergang, S. 319 ff.; Wenking, Betriebsübergang im europ. Arbeitsrecht, S. 125 f. 183 Im Ergebnis wie hier Oetker, EAS B 7200 Rn. 85.

389

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

schutz des Art. 4 Abs. 2 RL 200 1123/EG nicht vollumfänglich verwirklicht hatis4.

D.

Zusammenfassung zu § 13

Der Widerspruch schließt einen Eintritt des Betriebsecwerber in das Arbeitsverhältnis aus. Wird der Arbeitnehmer nach seinem Widerspruch von dem Betriebsveräußerer nicht beschäftigt, so gerät dieser in Annahmeverzug. In der Regel besteht eine Anrechnungsbefugnis gemäß § 615 S. 2 BGB, falls der Arbeitnehmer nicht vorübergehend bis zum Ablauf der Kündiungsfrist bei dem Betriebsnachfolger an seinem alten Arbeitsplatz bestehende Erwerbsmöglichkeiten wahrnimmt. Bei Ausübung des Widerspruchsrechts erst nach Vollzug der Betriebsübertragung ist der Erwerber in der Rückschau niemals Arbeitgeber geworden. Hat der hernach widersprechende Beschäftigte inzwischen an seinem bisherigen Arbeitsplatz Dienste geleistet, so beurteilen sich die Rechtsbeziehungen mit dem Erwerber nach der Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis. Vergütungsansprüche gegen den Veräußerer scheiden fiir diesen Zeitraum regelmäßig aus. Bei Untergang der Rechtspersönlichkeit des übertragenden Arbeitgebers erlischt das Arbeitsverhältnis des Widersprechenden im Umwandlungszeitpunkt Damit entfallt vorbehaltlich besonderer Abreden zugleich die Basis auch fiir nachwirkende Vertragspflichten aus dem Arbeitsvertrag. Für bereits entstandene Ansprüche des Arbeitnehmers gegen seinen bisherigen Arbeitgeber kann der übernehmende Rechtsträger aufgrund Gesamtrechtsnachfolge haften.

184 So auch Debong, Arbeitnehmeransprüche beim Betriebsübergang, S. 72 ff., 87; Löw, Betriebsveräußerung im europ. Arbeitsrecht, S. 131.

390

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

§ 14 Die kündigungsrechtliche Folgeproblematik bei der Sozialauswahl zugunsten des widersprechenden Arbeitnehmers Die sachgerechte Bewältigung kündigungsrechtlicher Folgeprobleme von Arbeitnehmerwidersprüchen bereitet seit jeher Schwierigkeiten 185 . Im Zentrum der Diskussion steht vor allem die nach wie vor umstrittene Handhabung des Sozialauswahlgebotes aus § I Abs. 3 S. l KSchG gegenüber widersprechenden Arbeitnehmern. Es stellt sich die Frage, welche Impulse von der Kodifizierung des Widerspruchsrechts in § 6I3a Abs. 6 BGB zur weiteren Klärung ausgehen. Hierbei ist auch die am I.I.2004 in Kraft getretene Änderung des § I Abs. 3 KSchG durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt186 zu berücksichtigen.

A.

Vorbemerkung: Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes als mittelbare Widerspruchsfolge

Die nach Durchfiihrung der Betriebs- bzw. Betriebsteilübertragung veränderte betriebliche Situation bei dem Veräußerer wird zumeist, insoweit unabhängig von dem Erklärungszeitpunkt des Widerspruchs 187, Anlass zu einer Veränderung der Arbeitsbedingungen des widersprechenden Arbeitnehmers in den insbesondere durch den Arbeitsvertrag sowie das KSchG gezogenen Grenzen sein. Dies liegt in der Struktur des Widerspruchsrechts begründet, dessen Ausübung zu einer Trennung von übertragenem Betrieb bzw. Betriebsteil einschließlich der dort bestehenden Arbeitsplätze und dem Arbeitsverhältnis des Widersprechenden fiihrt. Vor diesem Hintergrund ist im Regelfall wenigstens eine Umsetzung des Betreffenden als mittelbare Wi185 Ausführlich zur kündigungsrechtlichen Stellung widersprechender Arbeitnehmer unter Einbeziehung von Sonderkündigungsschutz Kreitner, Kündigungsrechtliche Probleme, S. 148 ff.; Menze, Widerspruchsrecht, S. 98 ff. m.w.N.; s.a. Annuß, DB 1999, 798 ff. 186 § I Abs. 3 S. I I. HS KSchG n.F. lautet: Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltsptlichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. 187 Für eine betriebsbedingte Kündigung nach Widerspruch genügt es, wenn bei dem Veräußerer vorausichdich nach Ablauf der Kündigungsfrist keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht; s. etwa unlängst LAG Berlin v. 15.11.2002- 6 Sa 1196/02, (LS und unter 1.1 ).

39I

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

derspruchsfolge auf einen anderen Arbeitsplatz bei dem Veräußerer unvermeidlich 188 • Die Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes ist nur dann vermeidbar, wenn der Betriebsveräußerer den widersprechenden Arbeitnehmer nach Vollzug der Übernahme, etwa bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, entsprechend einer darauf gerichteten Abrede der Arbeitgeberparteien per Einzelweisung (§§ 106 S. I, 6 Abs. 2 GewO) in den übertragenen Betrieb entsenden kann 189 • Ein derartiges Vorgehen istjedoch problematisch. Zunächst wäre erforderlich, dass sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers überhaupt auf einen Einsatz des Arbeitnehmers in dem Betrieb eines anderen Rechtsträgers erstreckt bzw. der Arbeitnehmer hiermit einverstanden ist 190• Im Übrigen sperrt das AÜG regelmäßig jede Form der Leiharbeit, und zwar auch dann, wenn der betreffende Arbeitnehmer nach einem Widerspruch bei dem bisherigen Betriebsinhaber nicht mehr beschäftigt werden kann 191 , so dass der Arbeitgeber um eine Erlaubnis nach § I Abs. I S. I AÜG nachsuchen muss. Eine erleichterte Personalgestellung nach Widerspruch kommt nur bei einer konzerninternen Betriebsübernahme in Betracht, wenn der Ausnahmevorbehalt der§§ I Abs. 3 Nr. 2 AÜG, 18 AktG eingreift und arbeitsvertraglich in zulässiger Weise ein Konzernversetzungsvorbehalt vereinbart worden ist 192 • Ist eine vorübergehende Entsendung ausnahmsweise möglich, so liegt hierin grundsätzlich kein Verstoß gegen den Schutzzweck von§ 613a Abs. 6 BGB, weil der bisherige Arbeitgeber Vertragspartner des Widersprechenden bleibt.

188 Bei einem Teilbetriebsübergang bedeutet dies, dass das Arbeitsverhältnis des widersprechenden Arbeitnehmers nicht automatisch in den von dem Arbeitgeber eventuell weitergeführten Restbetrieb zurückflillt. Es bedarf vielmehr einer ausdrücklichen oder konkludenten Zuordnungsentscheidung des Veräußerers; s. BAG v. 13.2.2003, BB 2003, 1286; v. 25.9.2003- 8 AZR 446/02, n.v., (unter II 2 b). 189 Praktisch wird sodann im Innenverhältnis die Erstattung der von dem Veräußerer weiterhin zu zahlenden Arbeitsvergütung einschließlich der falligen Sozialversicherungsbeiträge durch den Betriebsübernehmer flir die Dauer der Entsendung vereinbart. 190 Bei einer Tätigkeit flir den Erwerber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist genügt der Arbeitnehmer seiner Obliegenheit aus § 615 S. 2 BGB; dazu § 13 A. II. 2. 191 Vgl. Staudinger-Richardi!Annuß, BGB, § 613a Rn. 128; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firrnenübernahme, Rn. 602; D.Gaul, Betriebsübergang, S. 244; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 67; offenbar ohne Bedenken hingegen MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 105; Bauer, DB 1983,713,715. 192 Ein Gebot des Arbeitgebers zur Personalgestellung, etwa unter dem Gesichtspunkt des kündigungsrechtlichen ultima-ratio-Prinzips, ist nicht anzuerkennen; so mit Recht LAG Harnburg v. 27.1.2000- I Sa 28/99, (zitiert nach Plander, NZA 2002, 69, 72); differenzierend Plander, ebenda, 69 ff.

392

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

B.

Betriebsbedingte Kündigung nach Widerspruch und der Konflikt bei der Sozialauswahl im Falle einer Betriebsteilübertragung

Kann der widersprechende Arbeitnehmer nicht an seinem bisherigen oder einem anderen Arbeitsplatz in einem Betrieb des übertragenden Rechtsträgers beschäftigt werden, so kommt zum Abbau des Arbeitskräfteüberhangs bei dem Betriebsveräußerer der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung in Betracht. Anerkannt ist, dass das Verbot der Kündigung "wegen" des Übergangs aus§ 613a Abs. 4 S. 1 BGB in einem derartigen Fall nicht einschlägig ist 193 • Denn nicht der Betriebsübergang als solcher, sondern die fehlende Verfiigungsmacht des Veräußerers über den bisher von dem Widersprechenden innegehabten Arbeitsplatz in der übertragenen Einheit ist tragender Grund fiir den Ausspruch der Kündigung 194 • Die Kündigung gegenüber dem Widersprechenden muss im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes gemäß § 1 KSchG sozial gerechtfertigt sein. Mit Recht allgemein nicht durchgesetzt hat sich die von Pietzko 195 vertretene Auffassung, wonach die unternehmensbezogene Weiterbeschäftigungspflicht des § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 b) KSchG keine Anwendung zugunsten des widersprechenden Arbeitnehmers finden soll 196 • Bei der Ermittlung 193 Aus der neueren Rspr. s. BAG v. 21.3.1996, AP Nr. 81 zu § I 02 BetrVG 1972 (unter IV I); v. 18.3.1999, AP Nr. 41 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter B II I); v. 12.8.1999, AP Nr. 7 zu§ 21 SchwbG 1986 (unter B III); v. 24.2.2000, AP Nr. 47 zu § I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter II); aus der Literatur u.a. APS-Steffan, § 613a BOB Rn. 225; ErtKomm-Preis, § 613a BOB Rn. 102; Erman-Edenfeld, BOB, § 613a Rn. 56; KR-Pfe!ffer, § 613a BOB Rn. 117; MünchArbR-Wank, § 124 Rn. 105; Palandt-Putzo, BOB,§ 613a Rn. 54; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 45 ff. 194 Richtigerweise handelt es sich insoweit um einen Fall des§ 613a Abs. 4 S. 2 BOB, wonach das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen und damit nur anlässlich einer Betriebsübertragung unberührt bleibt; so auch BAG v. 15.2.1984, AP Nr. 37 zu§ 613a BOB (unter II 2); v. 21.3.1996, AP Nr. 81 zu§ 102 BetrVG 1972 (unter IV I); Menze, Widerspruchsrecht, S. 99; Seifer, Betriebsinhaberwechsel, S. 114; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 47; Hoffmeister, AuR 1995, 132, 133; Preis/Steffan, Anm. zu BAG v. 7.4.1993, EzA Nr. 30 zu § I KSchG 1969 Soziale Auswahl (S. 13 f.); anders Soergel-Raab, BOB, § 613a Rn. 158; StaudingerRichardi/Annuß, BOB,§ 613a Rn. 132: teleologische Reduktion von§ 613a Abs. 4 S.l BOB. 195 Pietzko, Tatbestand, S. 301 ff. 196 S. BAG v. 7.4.1993, EzA Nr. 30 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (S. 7) mit insoweit zust. Anm. Preis/Steffan (S. 14) und Busche, DZWIR 1994, 115, 116; v. 15.2.2002, NZA 2003, 430 ff.; v. 25.4.2002, NZA 2003, 605, 606 f.; LAG Hamm v. 19.7.1994, AP Nr. 27 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter I a, b); LAG Berlin v. 15.11.2002 - 6 Sa 1196/02, (unter 1.1); APS-Steffan, § 613a Rn. 225; Erf-

393

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

anderweitiger freier Arbeitsplätze sind auch solche Stellen zu berücksichtigen, die erst während der Kündigungsfrist des widersprechenden Arbeitnehmers frei werden 197 • Im übrigen prüft die Rechtsprechung in Bezug auf das Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten neuerdings restriktiv, ob der Betriebsveräußerer den Wegfall freier Arbeitsplätze nicht durch vorgezogene Stellenbesetzungen selbst verursacht hat 198• Bei einem bevorstehenden Teilbetriebsübergang wisse der Arbeitgeber, dass das Beschäftigungsbedürfnis für die von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer entfallen wird, falls sie von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Der Veräußerer dürfe daher ab dem Unterrichtungszeitpunkt nach § 613a Abs. 5 BGB freie Arbeitsplätze nicht anderweitig besetzen, sondern müsse diese dem Widerspruchsberechtigten jedenfalls bis zum Ablauf der Frist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB anbieten. Unterlasse der Arbeitgeber dies, so könne er sich nach dem Rechtsgedanken des§ 162 BGB nach einem Arbeitnehmerwiderspruch nicht auf den Arbeitsplatzwegfall berufen 199 • Diese Rechtsprechung ist in der Literatur mit einiger Berechtigung kritisiert worden200 • Haupteinwand ist, dass mit ihr dem Betriebsnachfolger, der regelmäßig ohnehin schon das wirtschaftliche Risiko von Arbeitnehmerwidersprüchen trägt, zusätzlich auch noch das- im Falle von Unterrichtungsmängeln und fehlender Fristauslösung nach § 613a Abs. 6 S. 1 BGB zeitlich unbefristete - Einstellungsrisiko fiir dritte Arbeitnehmer aufgebürdet wird. Dem kann der Betriebsveräußerer in der Konsequenz der Rechtsprechung nur dadurch entgehen, dass er bei Zweifeln über den Ablauf der Widerspruchsfrist Neueinsteilungen einstweilen ganz unterlässt. Bestehen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht, so kommt es fiir die soziale Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG auf die Vomahme einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl durch den Arbeitgeber an. Bleibt bei dem Veräußerer nach Vollzug der Übertragung kein betriebliches

197 198 199 200

394

Komm-Preis,§ 613a BGB Rn. 102; Erman-Edenfeld, BGB, § 613a Rn. 56; SoergelRaab, BGB, § 613a Rn. 158; Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 133; Berkowsky, Betriebsbedingte Kündigung, § 9 Rn. 59; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 20 Rn. 136; Kreitner, Kündigungsrechtliche Probleme, S. !56 f.; Menze, Widerspruchsrecht, S. 104 ff.; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 48 ff.; WHSSWi/lemsen, Umstrukturierung, G Rn. 182; Bauer, DB 1983, 713, 714; Ho.ffmeister, AuR 1995, 132, 133; Ingelfinger, ZfA 1996, 591, 601; Oetker, DZWIR 1993, 136, 142. LAG Berlin v. 24.1.2003 - 2 Sa 1854/02, (LS und unter II 2). Vgl. BAGv. 15.8.2002, AP Nr. 241 zu§ 613a BGB (unter II 1). BAG v. 15.8.2002, AP Nr. 241 zu§ 613a BGB (unter II I d bb). Franzen, Anm. zu BAG v. 15.8.2002, AP Nr. 241 zu § 613a BGB (BI. 1142 f.); Lunk!Möller, NZA 2004, 9, I 0 f.; Pomberg, DB 2003, 2177 ff.

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

Substrat zurück, so ist eine Sozialauswahl allerdings ausgeschlossen. Da aufgrund der Übertragung des gesamten Betriebes keine in eine (betriebsbezogene) Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer mehr existieren, ist die betriebsbedingte Entlassung widersprechender Arbeitnehmer in diesem Fall regelmäßig sozial gerechtfertigt. Zu Konflikten auf Seiten der Arbeitnehmer kann es hingegen im Falle der Übertragung eines bloßen Betriebsteils kommen. Den infolge des Widerspruchs in dem Restbetrieb entstehenden Arbeitskräfteüberhang wird der übertragende Rechtsträger regelmäßig durch Kündigung des widersprechenden Arbeitnehmers beheben wollen, da dessen konkreter Arbeitsplatz mit dem übertragenen Betriebsteil übergegangen ist. Wegen § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG ist ein derartiges Vorgehen jedoch nur dann sozial gerechtfertigt, wenn der widersprechende Arbeitnehmer nicht aufgrund seiner Sozialdaten weniger schutzwürdig ist als andere vergleichbare Arbeitnehmer in dem bei dem Veräußerer verbliebenen Restbetrieb. Insofern ginge die Kündigung eines zwar sozial stärkeren, mangels Zuordnung zu der übergehenden Einheit aber von vomherein nicht dem Schutz des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB unterfallenden Beschäftigten vor.

C.

Lösungskonzepte in Rechtsprechung und Literatur sowie Stellungnahme

Zur Auflösung des vorstehend beschriebenen Konfliktes sind in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Konzepte entwickelt worden.

I.

Lösungsmodell der Rechtsprechung

Nach Auffassung des BAG soll sich der widersprechende Arbeitnehmer auf eine fehlerhafte Sozialauswahl zu Lasten konkurrierender Arbeitnehmer des Restbetriebs nur berufen können, wenn für den Widerspruch ein objektiv vertretbarer Grund vorliegt. Unklar war nach der Leitentscheidung des 2. Senats201 , ob bei Fehlen eines sachlichen Grundes für den Widerspruch die Sozialauswahl gänzlich entfallt oder ob dieser Umstand als Abwägungskriterium bei der Gewichtung der Sozialdaten zu berücksichtigen ist2°2 • Nach

201 BAG v. 7.4.1993, EzA Nr. 30 zu§ 613a BGB (LS 2 und S. 8 ff.); aus der Rspr. des 2. Senats ferner Urt. v. 21.3.1996, AP Nr. 81 zu§ 102 BetrVG 1972 (unter 111 4); v. 25.4.2002, NZA 2003, 605, 608; offen gelassen noch von BAG v. 21.5.1992, AP Nr. 96 zu§ 613a BGB (unter II 2 b). 202 Die Andeutungen im Urt. v. 17.9.1998, AP Nr. 148 zu§ 626 BGB (unter II 5), legen allerdings nahe, dass nach ursprünglicher Auffassung des 2. Senats eine Sozialauswahl bei objektiv sachgrundlosem Widerspruch entgegen § I Abs. 3 S. I KSchG entbehrlich sein sollte. Anders wiederum Senat v. 5.12.2002, AP Nr. 126 zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung (unter II 4 a).

395

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

der neueren Betrachtungsweise des 8. Senats203 soll eine Interessenahwägung unmittelbar im Rahmen der Sozialauswahl im Sinne eines "beweglichen Wertungssystems"204 erfolgen. Der Senat hat hierzu die Formel aufgestellt, dass bei der Prüfung der sozialen Gesichtspunkte die Gründe für den Widerspruch zu berücksichtigen seien. Je geringer die Unterschiede in der sozialen Schutzbedürftigkeit im Übrigen, desto gewichtiger müssten die Gründe des widersprechenden Arbeitnehmers sein. Nur wenn dieser einen baldigen Arbeitsplatzverlust oder eine baldige wesentliche Verschlechterung seiner Arbeitsbedingungen bei dem Erwerber zu befürchten habe, könne er einen Arbeitskollegen, der nicht ganz erheblich weniger schutzbedürftig ist, verdrängen205 • Der soziale Besitzstand des Gekündigten könne nämlich nicht unabhängig von den Gründen beurteilt werden, aus denen er die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsübernehmer abgelehnt habe206 • Die Instanzenrechtsprechung ist dem BAG im Ansatz ganz überwiegend gefolgt, indem eine Berufung auf eine fehlerhafte Sozialauswahl nur bei sachlichem Grund für den Widerspruch zugelassen wird207 • Hinsichtlich der dogmatischen Begründung wird zum Teil angenommen, der Arbeitnehmer handele rechtsmissbräuchlich, wenn er ohne objektive Veranlassung seinen Arbeitsplatz bei dem Betriebsnachfolger aufs Spiel setze208 • Vereinzelt wird eine Einschränkung von § l Abs. 3 S. l KSchG nach Widerspruch auch gänzlich abgelehnt2°9 •

203 BAG v. 18.3.1999, AP Nr. 41 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (LS 2 und unter 112a, b). 204 Vgl. die Kennzeichnung von Erman-Edenjeld, BGB, § 613a Rn. 56; Junker, EWiR 1999, 829, 830. 205 BAG v. 18.3.1999, AP Nr. 41 zu § I KSchG Soziale Auswahl 1969 (LS 2); vgl. ferner Senat v. 24.2.2000, AP Nr. 47 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter III 2 c bb). 206 BAG v. 18.3.1999, v. 24.2.2000, AP Nr. 41 (unter B II 2 a), Nr. 47 zu § I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter III 2 c aa). 207 LAG Harnrn v. 19.7.1994, APNr. 27 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (LS I und unter 2 d); LAG München v. 19.12.1996 - 4 Sa 856/95, (LS); LAG Berlin v. 26.5.1997, NZA-RR 1998, 63 f.; LAG Düsseldorf v. 25.11.1997, NZA-RR 1998, 539, 540; LAG Harnburg v. 5.1.1998- I Sa 16/97, (unter II I a); LAG RheinlandPfalz v. 26.6.1998, EzA Nr. 74 zu § 613a BGB (LS und S. 4 ff.); LAG Harnrn v. 28.1.1999- 8 Sa 2395/97, (unter B II 3 a); LAG Sachsen v. 19.7.2001, NZA-RR 2002, 79, 81 f. unter Verwendung der Formel des 8. Senats (s.o.). 208 LAGHarnrnv.l9.7.1994,APNr.27zu§ I KSchG 1969SozialeAuswahl(LS I und unter 2). 209 ArbG Harnburg v. 14.2.1991, DB 1991, 1333.

396

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

II.

Meinungsspektrum in der Literatur

Das Meinungsspektrum im Schrifttum ist höchst differenziert. Überwiegend wird dem vermittelnden Standpunkt der Rechtsprechung darin beigepflichtet, dass einerseits eine Sozialauswahl nach Widerspruch und Kündigung nicht per se entbehrlich ist, andererseits eine willkürliche Ausübung des Widerspruchsrechts eine Verdrängung anderer Arbeitnehmer des Restbetriebs nicht zu rechtfertigen vermag. Umstritten ist die dogmatische Umsetzung dieses Ergebnisses. Namentlich Preis, Steffan und Schlachter plädieren für eine Konfliktlösung bereits auf der Tatbestandsseite des Widerspruchsrechts. Da Korrekturen bei der ohnehin mit Rechtsunsicherheit beladenen Sozialauswahl wie eine Behandlung der Symptome, nicht aber der Ursachen des Konflikts erschienen, sei die Lösung bei § 613a BGB zu suchen und das Widerspruchsrecht konsequenterweise nur dann zuzulassen, wenn für dessen Ausübung ein vernünftiger Grund, wie etwa eine drohende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bei dem Betriebsnachfolger, vorliege210 • Nach herrschender Lehre sind die konfligierenden Interessen auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchsrechts auszugleichen. Unterschiede ergeben sich wiederum im Hinblick auf Konzeption und Begründung. Unter anderem Ascheid, v.Hoyningen-Huene!Linck, Tschöpe, Bauer, Henssler und Moll wollen den unbegründeten Widerspruch wie der 8. Senat des BAG als negativen Abwägungsfaktor innerhalb der Sozialauswahl berücksichtigen211 • Je beachtlicher der Sachgrund für den Widerspruch sei, desto mehr sei zur einschränkungslosen Sozialauswahl zurückzukehren212 • Andere Autoren wie Wank, Bauer!v.Steinau-Steinrück und Menze wollen ähnlich dem ursprünglichen Ansatzpunkt des 2. Senats bereits im Vorfeld der Sozialauswahl zwischen einem berechtigten und einem unberechtigten Widerspruch differen-

210 Vgl. zur aktuellen Rechtslage nach Einführung von § 613a Abs. 6 BGB: APSSteffan, § 613a BGB Rn. 228; ErtKomm-Preis, § 613a BGB Rn. 104, § 612a BGB Rn. 14; zuvor bereits Preis/Steffan, Anm. zu BAG v. 7.4.1993, EzA Nr. 30 zu § I KSchG 1969 Soziale Auswahl (S. 16 ff.); Schlachter, NZA 1995, 705, 708 f.; in der Tendenz auch D.Gaul, Betriebsübergang, S. 249; Gentges, Anm. zu BAG v. 7.4.1993, AP Nr. 22 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (BI. 355). 211 ErtKomm-Ascheid, § I KSchG Rn. 478; v.Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, § I Rn. 441c f.; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 56 ff.; Bauer, DB 1993, 713, 714; Henssler, NZA 1994, 913, 922; ferner u.a. MünchlnsO-Löwisch/Caspers, § 128 Rn. 10; Gamillscheg, Arbeitsrecht, S. 525; Stück, AuA 2003, 6, 12; in Bezug auf die aktuelle Rechtslage auch Küttner-Kreitner, Personalbuch 2004, 121 Rn. 33; Tschöpe-Beseler, AnwaltshdB., 2 G Rn. 75. 212 Moll, NJW 1993,2016, 2017; Reichold, SAE 2001, S. 122, 124.

397

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

zieren213 • Nur wenn der Widerspruch im Zeitpunkt seines Ausspruchs durch einen objektiv sachlichen Grund getragen ist, sei in eine "normale" Sozialauswahl einzutreten214 • Zur Rechtfertigung der möglichen Einschränkung von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG verweist Oetker auf die insbesondere in § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG zum Ausdruck kommende Grundwertung, wonach derjenige keinen sozialen Schutz verdiene, der seine Schutzbedürftigkeit vorwertbar selbst herbeigefUhrt habe. Das entscheidende Kriterium fiir eine Einschränkung des Sozialauswahlgebotes sei daher die Frage, ob der Arbeitnehmer mit dem Widerspruch einen funktionsfähigen und zuroutbaren Arbeitsplatz bei dem Betriebsübemehmer abgelehnt habe215 • Kreitner befiirwortet eine dreistufige Rechtsmissbrauchslösung, wonach wohlbegründete Widersprüche eine unumschränkte Sozialauswahl bedingen, während ein grundloser Widerspruch ein späteres Berufen auf die fehlende Vornahme einer Sozialauswahl nach Treu und Glauben hindem soll. Dazwischen liegende Widersprüche, etwa aufgrund der bloßen Vermutung zukünftiger Benachteiligungen, seien im Rahmen der Sozialauswahl als letzter Punkt zu gewichten 216 • Die geschilderten vermittelnden Ansichten werden nicht durchweg geteilt. Verbreitet ist auch die Annahme, dass § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG trotz der Interessenkollision auf Arbeitnehmerseite zugunsten des widersprechenden Arbeitnehmers uneingeschränkt Anwendung finden müsse217 • Zur Begründung verweist Helpertz darauf, dass die Widerspruchsrechtsausübung kein Krite213 MünchArbR-Wank, §124 Rn. 106; Hölters-Bauerlv.Steinau-Steinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 134; Menze, Widerspruchsrecht, S. 123 ff., 129; ferner Bütefisch, Sozialauswahl, S. 104 ff.; Bolck, ZTR 1994, 14, 17; Ende, NZA 1994, 494, 495; Neej, NZA 1994, 97, I 02; ders., NZA-RR 1999, 225, 228. 214 So jetzt ausdrücklich ftir die Rechtslage nach Einftihrung von § 613a Abs. 6 BGB B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 20 Rn. 148; Holzapfel!Pöllath, Untemehmenskauf, Rn. 697; sowie offenbar auch Schaub-Schaub, ArbeitsrechtshdB., § 118 Rn. 60b; WHSS- Willemsen, Umstrukturierung, G Rn. 183; Franzen, RdA 2002, 258, 269; zuvor u.a. bereits Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 135; Lunk, NZA 1995,711, 714 ff. und Lunk!Möller, NZA 2004,9, 13 (mit eigenständiger Begründung über § I Abs. 3 S. 2 KSchG). 215 Oetker, DZWIR 1993, 136, 142 ff.; ihm folgend Busche, DZWIR 1994, 115, 117 f.; Reuter, JuS 1997, 85, 86; ähnlich Soergel-Raab, BGB, § 613a Rn. 159; Bütefisch, Sozialauswahl, S. 104 ff.; Beckschulze, BB 1998, 791, 794 (unter Verweis auf den Maßstab des§ 121 SGB III); Ho.ffmeister, AuR 1995, 132, 135. 216 Kreitner, Kündigungsrechtliche Probleme, S. 163 ff.; im Ergebnis auch Ho.ffmeister, AuR 1995, 132, 135. 217 KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 118 ff.; Berkowsky, Betriebsbedingte Kündigung, § 9 Rn. 61; Linck, Soziale Auswahl, S. 34 ff.; Helpertz, DB 1990, 1562, 1563 f.; Hutzler, BB 1981,1470, 1471;Jaeger, BB 1988,1036,1040.

398

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

rium zur Beurteilung der sozialen Stellung des Betreffenden sei und eine Motivkontrolle der anerkannten Begründungsfreiheit des Widerspruchsrechts zuwider liefe218 • Berkowsky meint, eine Benachteiligung des Widersprechenden bei der Sozialauswahl sei mit dem Maßregelungsverbot des § 612a BGB unvereinbar219 • Pfei.ffer schließlich sieht in einem geminderten Bestandsschutz nach Widerspruch eine Beeinträchtigung der Arbeitgeberwahlfreiheit des Arbeitnehmers beim Betriebsübergang220 . Schlussendlich wollen andere Autoren wie etwa Lieb, Pietzko, lngelfinger und Lipinski generell keine Sozialauswahl zwischen widersprechenden Arbeitnehmern und Beschäftigten des Restbetriebs zulassen221 . Ein anderes Ergebnis widerspreche der ratio der Sozialauswahl, die der Tatsache Rechnung trage, dass der Kündigungsgrund allein in der Sphäre des Arbeitgebers liegt. Gerade dies sei aber bei der betriebsbedingten Veräußererkündigung gegenüber dem Widersprechenden nicht der FaUZ22 . Lieb schließlich fiihrt fiir eine Restriktion des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG Billigkeitserwägungen an. Es sei nicht vertretbar, dass als Folge des Widerspruchs anderen Arbeitnehmern gekündigt werden müsse, die von vomherein nicht die Chance des Übergangs ihres Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber gehabt hätten. Zudem fehle fiir eine Berücksichtigung von Gründen fiir den Widerspruch ein geeigneter Maßstab223 .

111.

Stellungnahme

Abgesehen von denjenigen Stimmen, die eine uneingeschränkte Anwendung des Sozialauswahlgebots zugunsten widersprechender Arbeitnehmer befiirworten, beruhen sämtliche übrigen Lösungsmodelle auf Rechtsfortbildung. Hierbei ergab sich nach altem Recht insoweit ein symmetrisches Bild, als auch zur Begründung des Widerspruchsrechts von dem Bestehen einer durch Rechtsfortbildung zu schließenden Gesetzeslücke ausgegangen wurde224. Mit der Kodifizierung des Widerspruchsrechts haben sich die methodischen Rahmenbedingungen fiir eine Bewältigung der Folgeproblematik bei § 1 Abs. 3 S. I KSchG nun möglicherweise verschoben. Da die überwiegende juristische Methodenlehre das Vorliegen einer planwidrigen Ge218 Helpertz, DB 1990, 1562, 1563 f. 219 Berkowsky, Betriebsbedingte Kündigung,§ 9 Rn. 62; ebenso ErfKomm-Preis, § 612a BGBRn. 14. 220 KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 118. 221 Lieb, Arbeitsrecht, Rn. 287 ff.; Pietzko, Tatbestand, S. 307; Ingelfinger, ZfA 1996, 591,605 ff.; Lipinski, DB 2002, 1214, 1216 f. 222 Ingelfinger, ZfA 1996, 591,609 f.; Lipinski, DB 2002, 1214, 1217. 223 Lieb, Arbeitsrecht, Rn. 287; s.a. ders., ZfA 1994,229,246. 224 Vgl. Franzen, RdA 2002,258,269.

399

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

setzeslücke als Voraussetzung legitimer gesetzesergänzender Rechtsfortbildung erachtet22 S, muss zunächst geklärt werden, ob unter der Geltung von § 613a Abs. 6 BGB in rechtsdogmatischer Hinsicht überhaupt Raum für eine Restriktion des Sozialauswahlgebots im Einzelfall ist. 1.

Erfordernis und Zulässigkeif einer rechtsfortbildenden Konfliktlösung im Lichte der Geltung von § 613a Abs. 6 BGB

Zur Ermittlung einer- auch nach Irrkrafttreten von§ 613a Abs. 6 BGB fortbestehenden - planwidrigen Regelungslücke in Bezug auf die sachgerechte Bewältigung der bei Teilbetriebsübergang, Widerspruch und Sozialauswahl auftretenden Kollisionen bedarf es einer näheren Würdigung insbesondere von Regelungsplan und Teleologie des Gesetzes226 • Ausgangspunkt hierbei ist die Feststellung, dass in den Materialien zu§ 613a Abs. 5, 6 BGB zwar ausdrücklich die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung nach Ausübung des Widerspruchsrechts betont wird, die bestandsgefährdenden Auswirkungen der Widerspruchsrechtsausübung für dritte Arbeitnehmer des Restbetriebes aber gänzlich außer Betracht gelassen werden 227 • Aus dieser Warte konsequent unterscheidet das Gesetz in § 613a Abs. 6 BGB weder in Tatbestand noch Rechtsfolgen zwischen einem wohlbegründeten und einem objektiv als willkürliche Aufgabe des bisherigen funktionsfähigen Arbeitsplatzes erscheinenden Widerspruch. Hierdurch werden auf der Rechtsfolgenseite von § 613a Abs. 6 BGB Wertungswidersprüche bei der Sozialauswahl produziert, deren Ausgleich durch den Gesetzgeber hätte erwartet werden müssen: Die über § 1 Abs. 3 KSchG zu treffende personelle Konkretisierung der dringenden betrieblichen Erfordernisse ist Korrektiv dafür, dass die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall eines konkreten Arbeitsplatzes führt, aus der Sphäre des Arbeitgebers stammt228 • Das Gesetz geht davon aus, dass sämtlichen in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmern der Verlust des Arbeitsplatzes irrfolge betrieblicher Ursachen droht229 • Zweck des Auswahlgebots ist somit die Herstellung von Verteilungsgerech225 Nw. in Fn. I 073 (2. Kapitel). 226 Vgl. Canaris, Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 88 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 370, 372 f. 227 S. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 20. 228 S. BAG v. 7.2.1985, AP Nr. 9 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter IV 3d bb); v. 30.5.1985, APNr. 24 (unter II 1), Nr. 37 (unter III 2) zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; v. 5.5.1994, AP Nr. 23 zu § I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter II 3 a); l(Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, § I Rn. 432; Linck, Soziale Auswahl, S. 75 m.w.N.; Wolter, Betriebsbedingte Kündigung, S. 55. 229 S. nur Soergei-Raab, BGB, § 613a Rn. 159.

400

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

tigkeit zwischen den Arbeitnehmern, deren Arbeitsplatz durch eine Arbeitgebermaßnahme in Wegfall gerät230 • Dieser Regelungszweck wird verfehlt, wenn die Tatsache, dass der Arbeitnehmer einen über die Kontinuitätsanordnung des § 613a Abs. 1 S. 1 BGB geschützten Arbeitsplatz durch den Widerspruch aufgegeben hat, nicht gewürdigt werden kann. Eine gerechte Verteilung des Risikos betriebsbedingter Kündigungen ist nur möglich, wenn im Ausgangspunkt alle diejenigen Arbeitnehmer, die irrfolge ihrer arbeitsplatzbezogenen Vergleichbarkeit231 in die Sozialauswahl einzubeziehen sind, a priori auch einem identischen Risiko ausgesetzt sind. Dies ist jedoch im Verhältnis zwischen dem widerspruchsberechtigten Arbeitnehmer und vergleichbaren Beschäftigten in dem Restbetrieb des Veräußerers vor allem aus zwei Gründen nicht der Fall. Zum einen ist nämlich zu berücksichtigen, dass die persönliche Entscheidung des Widerspruchsberechtigten gegen einen Arbeitgeberwechsel, die zum Personalüberhang fiihrt und die betriebsbedingte Kündigung letztlich rechtfertigt, von der Rechtsordnung aufgrund der verfassungsrechtlichen Fundierung des Widerspruchsrechts selbst dann hingenommen wird, wenn diese auf rein subjektiven, willkürlichen Motiven beruht. Den infolgedessen kündigungsbedrohten Arbeitnehmern des Restbetriebes wird somit ein Mindestmaß an Schutz entzogen, der im "Normalfall" einer ausschließlich dem Verantwortungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnenden betriebsbedingten Kündigung darin besteht, dass die arbeitgebersehige Organisationsentscheidung, welche zum Arbeitsplatzwegfall fiihrt, nicht offenbar willkürlich oder sachfremd sein dar:f32 • Die Widerspruchsberechtigung eines Beschäftigten fiihrt somit bereits im Vorfeld der Sozialauswahl zu einer disparaten Risikoverteilung, die letztlich durch die gemäß § I Abs. 3 S. I KSchG vorrangige Entlassung eines im Verhältnis zu dem Widersprechenden sozial möglicherweise nur geringfiigig stärkeren Arbeitnehmers zementiert wird. Zum anderen resultieren Unterschiede zwischen der Lage des Widerspruchsberechtigten und vergleichbarer Arbeitnehmer des Veräußererrestbetriebs daher, dass der Rechts230 Vgl. ErfKomm-Ascheid, § I KSchG Rn. 463; KDZ-Kittner, KSchG, § 1 Rn. 421; Löwisch/Herschel, KSchG, § I Rn. 211; Bütefisch, Sozialauswahl, S. 195 f.; SPVPreis, Kündigung, Rn. 1038. 231 S. statt vieler KR-Pfeiffer, § I KSchG Rn. 614 m.w.N. 232 Vgl. BAG v. 7.12.1978, v. 12.10.1979, v. 24.10.1979, v. 24.3.1983, AP Nr. 6 (unter II 1 b), Nr. 7 (unter 111 I), Nr. 8 (unter II 1), Nr. 12 (unter B II I) zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; v. 13.6.1986, AP Nr. 13 zu§ I KSchG Soziale Auswahl (unter II 2); v. 30.4.1987, v. 29.3.1990, v. 15.12.1994, v. 9.5.1996, AP Nr. 42 (unter I), Nr. 50 (unter B II 1), Nr. 66 (unter BI), Nr. 79 (unter BI 2) zu§ I KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; ErtKomm-Ascheid, § 1 KSchG Rn. 431; näher unlängst Gi/berg, NZA 2003,817,819 m.w.N.

401

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

inhaber aus § 613a Abs. 6 BGB das Bestandsrisiko fiir sein Arbeitsverhältnis dadurch kontrollieren kann, dass er von einem Widerspruch Abstand nimmt, sofern nicht bei dem neuen Betriebsinhaber eine unmittelbare Verschlechterung des kündigungsrechtlichen Status der übergehenden Arbeitnehmer zu erwarten ist233 . Es ist daher entgegen derjenigen Stimmen, die stets eine uneingeschränkte Anwendung von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG nach Widerspruch und Kündigung befiirworten, zur Wahrung von Sinn und Zweck des Sozialauswahlgebotes erforderlich, den Verzicht des Widersprechenden auf seinen Arbeitsplatz in der übergehenden betrieblichen Einheit in die Beurteilung seiner sozialen Schutzbedürftigkeit einzubeziehen. Der hier vertretenen Ansicht steht weder das Maßregelungsverbot des § 612a BGB noch die anerkannte Begründungsfreiheit für die Ausübung des Widerspruchsrechts entgegen. Ein Verstoß gegen § 612a BGB scheidet aus, weil die Norm eine von Sachgründen getragene Differenzierung nicht ausschließt234. Zudem läuft gerade die uneingeschränkte Durchführung der Sozialauswahl auf eine mit dem Zweck von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG unvereinbare Privilegierung des Widersprechenden und im Umkehrschluss auf eine sachwidrige Benachteiligung anderer Arbeitnehmer des Restbetriebs hinaus, die § 612a BGB nicht verlangen kann235 • Auch ändert der Umstand, dass zum Ausgleich der Arbeitnehmerinteressen bei der Sozialauswahl die Gründe für den Widerspruch Berücksichtigung finden müssen, nichts daran, dass von dem Recht aus§ 613a Abs. 6 BGB ohne eine Motivkontrolle wirksam Gebrauch gemacht werden kann. Schließlich sind Einschränkungen bei § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG auch deswegen nicht schutzzweckwidrig, weil § 613a Abs. 6 BGB ansonsten zu einem generellen doppelten Wahlrecht sowohl in Bezug auf die Ablehnung eines neuen Arbeitgebers als auch auf die Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes zu Lasten der Bestandsschutzinteressen anderer Arbeitnehmer ausgeweitet würde. Ein über das Sozialauswahlgebot abgesichertes Recht auf Verdrängung anderer, durch § 613a Abs. 1 S. 1

233 S. dazu noch 3. unter dem Aspekt eines sachlichen Grundes fiir den Widerspruch. 234 Wie hier B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 20 Rn. 137. Im Ergebnis ebenso Büteflsch, Sozialauswahl, S. 105 (teleologische Reduktion des§ 612a BGB); Lipinski, Sonderkündigungsschutz bei Betriebsübergang, S. 86 f.; Lunk/Möller, NZA 2004,9, 13. 235 Zutreffend Menze, Widerspruchsrecht, S. 118; s. dort auch zu weiteren Einwänden gegen einen z.T. behaupteten Maßregelungsverbotsverstoß in dem hier interessierenden Zusammenhang.

402

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

BGB nicht geschützter Arbeitnehmer ist dem bloßen Abwehrcharakter von § 613a Abs. 6 BGB jedoch fremd236 . Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die mangelnde Abstimmung von § 613a Abs. 6 BGB und§ 1 Abs. 3 S. 1 KSchG eine gemessenamTelos des Sozialauswahlgebotes nicht zu rechtfertigende Privilegierung widersprechender Arbeitnehmer und korrespondierend hiermit Schutzlücken zu Lasten konkurrierender Beschäftigter produziert. Da der Gesetzgeber im Zuge der Einfiihrung von§ 613a Abs. 6 BGB und der Neufassung von§ 1 Abs. 3 S. I KSchG eine Folgeregelung zum Ausgleich der konfligierenden Interessen nicht getroffen hat, ist eine rechtsfortbildende Korrektur sowohl weiterhin rechtsmethodisch zulässig als nach den bisherigen Ergebnissen auch geboten237.

2.

Methodisch-dogmatische Umsetzung der Konfliktlösung auf Arbeitnehmerseite

Die nachgewiesene Regelungslücke muss unter Beachtung der Wertungen von§ 613a Abs. 6 BGB ausgefiillt werden.

a)

Keine Restriktion auf der Voraussetzungsseite des Widerspruchsrechts

Mit neuem Recht unvereinbar ist die Ansicht, die eine Lösung der kündigungsrechtlichen Folgeproblematik bereits durch eine Beschränkung des Widerspruchsrechts auf der Tatbestandsseite zu erreichen versuchf38 . Bei der Fassung von§ 613a Abs. 6 BGB hat der Gesetzgeber offensichtlich gerade nicht an die in § 133 Abs. 2 des Entwurfes eines Arbeitsvertragsesetzes enthaltene Regelung anknüpfen wollen, wonach die Widerspruchsbefugnis an das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Arbeitnehmers gebunden sein sollte. Einer Argumentation, die sich des Hinweises auf den Entwurf bedient239, ist folglich nunmehr der Boden entzogen. Im Übrigen steht einer Einschränkung des Widerspruchsrechts zur Bewältigung der Sozialauswahlproblematik das Anliegen des Gesetzgebers entgegen, fiir die beteiligten Arbeitgeber mehr Rechtsklarheit in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse zu erreichen240. Dieses Regelungsziel wird bei einer Verlagerung 236 In diesem Sinne auch Franzen, RdA 2002, 258, 269. Vgl. im Übrigen bereits§ 11 B.

III. 2. 237 So im Ergebnis auch Franzen, Anm. zu BAG v. 15.8.2002, AP Nr. 241 zu § 613a BGB (BI. 1144 f.). 238 Nw. in Fn. 210. 239 Preis/Steffan, Anm. zu BAG v. 7.4.1993, EzA Nr. 30 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (S. 17). 240 Vgl. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19.

403

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

der kündigungsrechtlichen Folgeproblematik auf die Voraussetzungsebene des Widerspruchsrechts beeinträchtigt. In dessen Ausübungszeitpunkt wird es nämlich vielfach noch gar nicht abzusehen sein, ob Kollisionen bei der Sozialauswahl überhaupt eintreten241 • Es ist vor diesem Hintergrund nicht sachgerecht, den Betriebsnachfolger mit dem Risiko zu belasten, dass sich ein erklärter Widerspruch nachträglich wegen kündigungsrechtlicher Schwierigkeiten, die allein in der Sphäre des Betriebsveräußerers liegen, als unwirksam herausstellt. Schließlich ist eine Begrenzung der Widerspruchsbefugnis aufgrund zu erwartender Folgeprobleme bei der Sozialauswahl schwerlich mit der durch den Gesetzgeber ausdrücklich anerkannten242 verfassungsrechtlichen Begründung des Widerspruchsrechts vereinbar 43 • Der Arbeitnehmer muss sich auch nicht deswegen einen neuen Arbeitgeber aufdrängen lassen, weil der Widerspruch möglicherweise den Arbeitsplatz Dritter gefährdet. Dieser Umstand ist erst auf der Rechtsfolgenseite bei § I Abs. 3 S. I KSchG, wenn es tatsächlich zu einem Konflikt bei der Sozialauswahl kommt, zu berücksichtigen. b)

Lösungsmodelle auf der Rechtsfolgenseite des Widerspruchsrechts

Ein Ausgleich der Bestandsinteressen des Widersprechenden und konkurrierender Arbeitnehmer des Betriebsveräußerers ist nach dem Gesagten unmittelbar auf der Ebene des § I Abs. 3 S. I KSchG anzusiedeln. aa)

Kein genereller Ausschluss der Sozialauswahl

Nicht gefolgt werden kann der Ansicht, wonach § 1 Abs. 3 KSchG zugunsten des widersprechenden Arbeitnehmers nie Anwendung finden soll 244 • Auch nach der Kodifizierung des Widerspruchsrechts bietet das Gesetz keine Handhabe dafür, dem Widersprechenden den Schutz des Sozialauswahl-

241 So kann der Veräußerer noch nicht zur Kündigung nach Widerspruch entschlossen sein. Ferner können Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zugunsten des Widersprechenden existieren. Zudem kann vorab ungewiss sein, ob und wie viele Arbeitnehmer im Restbetrieb bei der Sozialauswahl überhaupt mit dem widersprechenden Beschäftigten konkurrieren. Schließlich kann der Betreffende bereits aufgrund seiner Sozialdaten weniger schutzwürdig sein als vergleichbare Arbeitnehmer, so dass sich Folgeprobleme ohnehin nicht ergeben. 242 S. die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 20. 243 So auch Menze, Widerspruchsrecht, S. 117; Ho.ffmeister, AuR 1995, 132, 134; Lipinski, OB 2002, 1214, 1215; Lunk, NZA 1995,711, 713; Lunk/Möller, NZA 2004, 9, 13. 244 Nw. in Fn. 221.

404

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

gebotsinsgesamt zu versagen245 . Sieht man dies anders, so fiihrte jede Ausübung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB in Fällen des Teilbetriebsübergangs bei fehlender anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeit automatisch zu einer betriebsbedingten Kündigung des Widersprechenden. Durch diesen Automatismus würde letztlich das Widerspruchsrecht entwertet, weil sich der Arbeitnehmer die Verweigerung gegenüber dem Arbeitgeberwechsel zwangsläufig mit einem Bestandsverzicht erkaufen müsste, ohne dass eine im Einzelfall bestehende anerkennenswerte Motivation fiir die Widerspruchsrechtsausübung Berücksichtigung finden könnte. Immerhin geben auch die Gesetzesmaterialien zu § 613a Abs. 6 BGB zu erkennen, dass es aus Arbeitnehmersicht objektiv gute Gründe fiir einen Widerspruch geben kann246 . Es kann demgemäß an den schlichten Umstand der Rechtsausübung aus § 613a Abs. 6 BGB keine pauschale kündigungsrechtliche Schlechterstellung des betreffenden Arbeitnehmers geknüpft werden247 .

bb)

Einschränkung des Sozialauswahlgebots

Nach den bisherigen Ergebnissen ist im Einzelfall je nach den Gründen fiir den Widerspruch eine Einschränkung von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG geboten. Offen sind dogmatische Herleitung und Umsetzung.

(1)

Keine Heranziehung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs Nicht zu überzeugen vermag der zum Teil befiirwortete248 Rückgriff auf Rechtsmissbrauchsgrundsätze249 . Hiergegen ist mit Recht eingewandt worden250, dass der im Ergebnis als überschießend empfundene Schutz des § 1 Abs. 3 S. I KSchG kraft Gesetzes und nicht vermittels individueller Inanspruchnahme durch den Widersprechenden eintritt, so dass sich eine Lösung den Kautelen einer illoyalen Rechteausübung entzieht. Der vorgeschlagene Weg über Treu und Glauben läuft überdies auf die Formel hinaus, dass die wegen des Folgekonflikts bei der Sozialauswahl als treuwidrig anzusehende Ausübung des Widerspruchsrechts dadurch zu korrigieren ist, dass mittels § 242 BGB die schädlichen Folgen des sodann zulässigen(!) Widerspruchs im Rahmen der Sozialauswahl beseitigt werden. Wollte man den inneren 245 So zur bisherigen Rechtslage bereits BAG v. 18.3.1999, v. 24.2.2000, AP Nr. 41 (unter B II 2 a), Nr. 47 (unter III 2 c aa); zum neuen Recht wie hier Lunk!Möller, NZA 2004,9, 13. 246 Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/7760, S. 19. 247 In diesem Sinne auch Franzen, RdA 2002,258, 269. 248 Nw. in Fn. 216. 249 Ablehnend auch KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 118; Menze, Widerspruchsrecht, S. 123; Ho.ffmeister, AuR 1995, 132, 135; lngelfinger, ZfA 1996, 591, 599 f.; Lipinski, OB 2002, 1214, 1216; Lunk, NZA 1995,711,714. 250 Vgl. Oetker, DZWIR 1993, 136, 143.

405

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Bruch dieses Ansatzes auflösen, so müsste konsequenterweise zur Prävention von Sozialauswahlkonflikten bereits die Wirksamkeit des Widerspruchs auf der Tatbestandsseite einer äußerst weit zu fassenden Rechtsmissbrauchsschranke unterworfen werden. Einschränkungen der Widerspruchsbefugnis selbst sind jedoch aus den bereits dargelegten Erwägungen nicht begründbar. (2)

Keine Gewichtung der Gründe für den Widerspruch als Faktor im Rahmen der Sozialauswahl

Abzulehnen ist ferner die neuere Betrachtung des BAG, wonach die Gründe für den Widerspruch als Faktor unmittelbar bei der Sozialauswahl zu gewichten sind251 • Kernpunkt dieses Ansatzes ist eine "Meta-Abwägung"252 , die es dem Betriebsveräußerer auferlegt, die objektiv für und gegen einen Widerspruch sprechenden Umstände in Beziehung zu der anhand der Sozialdaten des widersprechenden und vergleichbarer Arbeitnehmer ermittelten sozialen Schutzbedürftigkeit der Betroffenen zu setzten. Der Vorteil dieses Ansatzes gegenüber einer Schwarz-Weiß-Betrachtung, die dem Widersprechenden in Abhängigkeit der Gründe eine Berufung auf die Sozialauswahl verweigert, liegt unübersehbar in einem weiteren Wertungsspektrum, das dem Ziel der Arbeitsplatzverteilungsrechtigkeit dienlicher ist. Indessen überwiegen bei einer näheren Analyse die Nachteile: Ein Schwachpunkt der Rechtsprechung des 8. Senats ist bereits darin zu sehen, dass es sich bei dem Widerspruch mitnichten um einen sozialen Faktor handelt, sondern zunächst einmal schlicht um die Ablehnung eines neuen Arbeitsvertragspartners. Weder der Widerspruch noch die für die Ausübung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB im Einzelfall bestehenden Gründe sind mit den im Rahmen von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zu gewichtenden Sozialdaten auch nur im Ansatz vergleichbar. Plakativ lässt sich fragen, ob beispielsweise ein vernünftig begründeter Widerspruch eine Lebensaltersdifferenz von zehn Jahren aufWiegen kann oder ein unsachlicher Widerspruch zu einem Malus von zum Beispiel fünf Jahren Betriebszugehörigkeit, drei Jahren Lebensalter und 750 € an Unterhaltspflichten führt 253 • Die hiermit angesprochenen Begründungsdefizite der Rechtsprechung werden durch die nunmehr wiederum enumerative gesetzliche Aufzählung der Auswahlkrite251 Kritisch auch ErtKomm-Preis, § 6\3a BOB Rn. I 04; KR-Pfeiffer, § 613a BOB Rn. \20; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 20 Rn. 143 ff.; HöltersBauerlv.Steinau-Steinrück, Untemehmenskauf, V Rn. 134; Busche, DZWIR 1994, 115, 117; Junker, EWiR 1999, 829, 830; Lipinski, DB 2002, 1214, 1216; Lunk, NZA 1995, 711, 714. 252 KR-Pfeijfer, § 613a BOB Rn. 120. 253 Vgi.Lipinski,DB2002, 1214, 1216;Lunk,NZA 1994,711,714.

406

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

rien Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung des Arbeitnehmers vertieft. Ausweislich des gesetzgeberischen Willens soll der Arbeitgeber nach den mit dem Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt verbundenen Änderungen in § l Abs. 3 S. l KSchG weitere Umstände bei der Sozialauswahl nicht berücksichtigen müssen254 . Legt man dies zugrunde, so ist eine Sozialauswahl unter Gewichtung der Widerspruchsgründe als Sozialdatum sogar contra legem. Ein sich HierüberHinwegsetzen wäre rechtsdogmatisch nur unter den - nicht gegebenen Voraussetzungen eines Rechtsnotstands zulässig2 55 . Der Rechtsprechung des 8. Senats ist überdies mit Recht der Vorwurf gemacht worden, sie sei mit dem Postulat der Rechtssicherheit nicht vereinba~56. Problematisch ist insoweit, dass das BAG die fehlende Kompatibilität der für die Abwägung anerkannten Sozialdaten mit etwaigen Gründen für einen Widerspruch durch eine "doppelte Leerformel" kompensieren muss257 • Hierdurch wird die Anwendung von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG mit zusätzlichen subjektiven Wertungen überfrachtet, deren Nachvollziehung im Streitfall durch die Arbeitsgerichte zumeist offen sein wird. Für den Betriebsveräußerer resultiert hieraus ein erhebliches Prozessrisiko, weil eine letztlich als im Verhältnis zu den Sozialdaten vergleichbarer Arbeitnehmer unverhältnismäßig stark angesehene Gewichtung der Widerspruchsgründe nach dem Ansatz des BAG dazu führt, dass sich auch die anstelle des Widersprechenden gekündigten Arbeitnehmer auf Abwägungsfehler berufen können. Dies ist jedoch nicht interessengerecht, weil es bei der Berücksichtigung der Gründe für den Widerspruch um eine mögliche Restriktion von § l Abs. 3 S. l KSchG zu Lasten des widersprechenden Arbeitnehmers, nicht hingegen um eine Ausweitung des Rechtskreises dritter Beschäftigter geht.

254 S. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 1511204, S. II; Hanau, ZIP 2004, 1169, 1171; Löwisch, BB 2004, 154. Ob und bis zu welchem Grad der Arbeitgeber hingegen zusätzliche Härten im Einzelfall nach seinem Ermessen berücksichtigen darf, ist noch offen; s. Bader, NZA 2004, 65, 74; Löwisch, NZA 2003, 689, 691; Thüsing!Stelljes, BB 2003, 1673 , 1674; Willemsen/Annuß, NJW 2004, 177 f. Hierauf kommt es vorliegend nicht an, da nach der hier vertretenen Auffassung bei Vorliegen eines Sachgrundes fiir den Widerspruch ohnehin eine uneingeschränkte Sozialauswahl zu erfolgen hat. 255 S. Wank, Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, S. 71 m.w.N. 256 S. nur ErtK.omm-Preis, § 613a BGB Rn. 104; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 20 Rn. 143; Hölters-Bauerlv.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 134; Lipinski, DB 2002, 1214, 1214. 257 S. Urt. v. 18.3.1999, AP Nr. 41 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (LS 2 und unter B li 2 b): ,,Je geringer[ ...], desto gewichtiger[ ...]" und"[ ...] sozial nicht ganz erheblich, sondern nur geringfiigiger schutzwürdiger [...]".

407

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass sich die Intransparenz des Abwägungsmodells des 8. Senats auch nachteilig fiir die Arbeitnehmer bei der Widerspruchsentscheidung auswirkt, weil die Verlässlichkeit des Kündigungsschutzes bei dem Betriebsveräußerer ex ante nicht eingeschätzt werden kann. Aus Arbeitnehmersicht ist nämlich wegen der fehlenden Kenntnis von den Sozialdaten vergleichbarer Arbeitnehmer unklar, welches Gewicht den objektiv fiir einen Widerspruch sprechenden Gründen im Rahmen der Sozialauswahl letztlich beigemessen wird. Die damit bestehende Ungewissheit, ob sich der Betreffende nach einem begründeten Widerspruch auf einen ungeschmälerten Kündigungsschutz verlassen kann, ist mit dem Regelungsziel von § 613a Abs. 5 BGB, eine transparente Basis fiir die Widerspruchsentscheidung zu schaffen, nicht kompatibel. Da die komplexe Abwägungstheorie des BAG zudem dem aktuellen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zuwiderläuft, die Handhabung von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG rechtssicherer und kündigungsschutzrechtliche Judikate berechenbarer zu machen258 , ist der Gedanke einer Folgenbewältigung von Widersprüchen unmittelbar im Rahmen der Gewichtung der Sozialdaten zu verwerfen.

(3)

Teleologische Reduktion von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG bei fehlendem Sachgrund für den Widerspruch

Auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse ist bei Teilbetriebsübergang, Widerspruch und Kündigung in Bezug auf die Sozialauswahl wie folgt zu verfahren: Zunächst muss unter Einbeziehung des widersprechenden und vergleichbarer Arbeitnehmer des Restbetriebes vor Ausspruch der Kündigung eine Sozialauswahl nach den uneingeschränkt anzuwendenden gesetzlichen Regeln durchgefiihrt werden. Ergibt sich hiernach, dass der Widersprechende sozial stärker ist als die konkurrierenden Beschäftigten, so kommt es auf eine Berücksichtigung der Gründe für den Widerspruch nicht an; die Kündigung des widersprechenden Arbeitnehmers ist - bei Vorliegen der übrigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen - ohne weiteres sozial gerechtfertigt. Ist der Widersprechende hingegen sozial schutzwürdiger als einer oder mehrere vergleichbare Arbeitnehmer, so ist zu fragen, ob deren Verdrängung gerechtfertigt ist. Hierbei kann sich der widersprechende Beschäftigte auf den Normbefehl des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG, dass sozial stärkere Arbeitnehmer an seiner Stelle vorrangig zu entlassen sind, berufen, wenn die Aufgabe des bisherigen Arbeitsplatzes in der übertragenen Einheit durch Ausübung des Rechts aus § 613a Abs. 6 BGB von objektiv sachlichen Gründen getragen 258 S. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt, BTDrucks. 15/1204, S. 8, II.

408

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

erscheinf59• Eine weitere Abwägung unter Einbeziehung der Sozialdaten des Betreffenden und der übrigen Arbeitnehmer erfolgt nicht. Methodisch-dogmatische Grundlage filr das vorstehend geschilderte Modell ist, wie in der Literatur zum Teil bereits herausgearbeitet worden isf60, eine teleologische Reduktion von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG. Dessen undifferenziert weiter Normbefehl wird bei Auftreten einer Kollision zwischen den Bestandsschutzinteressen des Widersprechenden und den in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmern des Restbetriebs auf den dem Normzweck des Sozialauswahlgebotes entsprechenden Anwendungsbereich zurückgefübrf61. Sofern der Widerspruch nämlich als grundlose Aufgabe des bisherigen, über die Kontinuitätsfunktion von § 613a Abs. 1 S. 1 BOB abgesicherten Arbeitsplatzes erscheint, kann Verteilungsgerechtigkeit in diesem Punkt nicht über eine Verdrängung anderer Arbeitnehmer erreicht werden, die nicht an der Schutzoption des § 613a Abs. 1 S. 1 BOB teilhatten.

3.

Anforderungen an einen sachlichen Verdrängungsgrund

Zu überlegen bleibt, welche Anforderungen an das Vorliegen eines objektiv vertretbaren Grundes für die Ausübung des Widerspruchsrechts zu stellen sind, so dass sich der Betreffende auf§ 1 Abs. 3 S. 1 KSchG berufen kann. Einigkeit besteht im Wesentlichen lediglich darüber, dass nicht näher konkretisierbare Erwartungen oder subjektive Präferenzen des Widersprechenden eine Verdrängung anderer Arbeitnehmer nicht rechtfertigen262 . Im Übrigen wird filr die unentbehrliche Einzelfallentscheidung teils eine restriktive26\ teils eine großzügige264 Beurteilung der Sachgründe für den Widerspruch gefordert. An dieser Stelle soll Versuchen im Schrifttum, unter

259 Zu dem Maßstab filr den Sachgrund s. nachfolgend unter 3. 260 Vgl. Soergei-Raab, BOB, § 613a Rn. 159; Menze, Widerspruchsrecht, S. 126 ff.; SPV-Preis, Kündigung, Rn. 1067; Hoifmeister, AuR 1995, 132, 135; Oetker, DZWIR 1993, 136, 143. 261 So mit Recht bereits Busche, DZWIR 1994, 115, 118. 262 S. nur Staudinger-Richardi/Annuß, BOB,§ 613a Rn. 135; Menze, Widerspruchsrecht, s. 131. 263 Vgl. BAG v. 19.2.1998, AP Nr. 25 zu§ 4 TVG Rationalisierungsschutz (unter II 3); v. 18.3.1999, v. 24.2.2000, AP Nr. 41 (unter B II 2 b), Nr. 47 (unter III 2 c bb) zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl; Staudinger-Richardi!Annuß, BOB, § 613a Rn. 135; Menze, Widerspruchsrecht, S. 131, 137 f.; SPV-Preis, Kündigung, Rn. 168; WHSSWi/lemsen, Umstrukturierung, G Rn. 183; Bauer, DB 1983, 713, 715; Henssler, NZA 1994,913,922. 264 Vgl. LAG Harnburg v. 5.1.1998- I Sa 16/97, (unter II I a); KR-Pfeiffer, § 613a BOB Rn. 118 ff.; Franzen, RdA 2002,258, 269; Preis/Steffan, Anm. zu BAG v. 7.4.1993, EzA Nr. 30 zu § I KSchG 1969 Soziale Auswahl (S. 22).

409

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

Zugrundelegung derart vager Maßstäbe und unter Einbeziehung von Beispielen aus der Instanzenrechtsprechung einen detaillierten Katalog von hinreichenden Widerspruchsgründen zu erarbeiten265 , kein weiterer hinzugefügt werden. Statt dessen werden die nach Ansicht des Verfassers wesentlichen Entscheidungslinien im Überblick hervorgehoben. Die Konkretisierung des Sachgrundes muss sich nach den kollidierenden Arbeitnehmerinteressen richten, die die Rechtfertigungsgrundlage für die gegebenenfalls gebotene Restriktion von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG bilden. Daher sind Ansätze bedenklich, die in dieser Frage Symmetrien zu gesetzlichen Zumutbarkeitsvorbehalten in § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG bzw. § 121 SGB III herstellen wollen266 • Eine Heranziehung sozialrechtlicher Wertungen scheidet schon wegen der offensichtlich anders gelagerten Zwecksetzung der Vorschriften zum Arbeitsförderungsrecht aus. Für den Zumutbarkeitsvorbehalt des § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 S. 2 BetrVG kommt es nach der Rechtsprechung darauf an, ob der angebotene Arbeitsplatz dem bisherigen Arbeitsplatz bei einer Gesamtbetrachtung in beruflicher, finanzieller und juristischer Hinsicht gleichwertig ist. Eine derartige Gesamtabwägung der Rahmenbedingungen bei dem Betriebserwerber ist für die hier interessierende Problematik weitgehend unergiebig. Denn die Gleichwertigkeit der zukünftigen Beschäftigung des Widerspruchsberechtigten ist über § 613a Abs. 1 BGB grundsätzlich ebenso abgesichert wie die Gleichwertigkeit in finanzieller Hinsicht267 • Hätte der widersprechende Arbeitnehmer bei einem Übergang des Arbeitsverhältnisses insoweit Änderungen zu erwarten, so kann dies eine Verdrängung anderer Arbeitnehmer bei der Sozialauswahl zumindest dann nicht rechtfertigen, wenn diese Änderungen auf einer Ausübung der Direktionsbefugnis durch den Betriebserwerber oder auf einer von § 613a Abs. 1 BGB zugelassenen Entgeltabsenkung beruhten, weil derartige Änderungen nach dem Arbeitsvertrag bzw. Gesetz als zurnutbar angesehen werden müssen268 . Entsprechendes gilt bei einer möglicherweise nachteiligen Entwicklung einer betrieblichen Altersversorgungszusage für die Zukunft nach dem Betriebsübergang, zumal der widersprechende Arbeitnehmer auch bei dem Betriebsveräußerer nicht vor einer Stagnation der 265 S. aktuell etwa B. Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 20 Rn. 148 ff. 266 Nw. in Fn. 215; vgl. zur Kritik auch Menze, Widerspruchsrecht, S. 125 f. 267 Vgl. BAG v. 5.2.1997, AP Nr. 112 zu§ 112 BetrVG 1972 (unter II I); SPV-Preis, Kündigung, Rn. 1068. 268 Vgl. Staudinger-Richardi/Annuß, BGB, § 613a Rn. 135; Bütefisch, Sozialauswahl, S. 109; Menze, Widerspruchsrecht, S. 133; SPV-Preis, Kündigung, Rn. 1068; WHSSWillemsen, Umstrukturierung, G Rn. 183; Lunk, NZA 1995, 711, 717; für eine Beachtlichkeit erheblicher tariflicher Verschlechterung hingegen B. Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 20 Rn. 148; Oetker, DZWIR 1993, 136, 143.

410

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

Versorgungsansprüche durch Schließung des Versorgungswerkes sicher wäre269.

Richtig erscheint es, das Augenmerk bei der der Frage der Anforderungen an einen Sachgrund fiir eine Anwendung von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zugunsten des Widersprechenden insbesondere auf die Gleichwertigkeit der kündigungsrechtlichen Rahmenbedingungen bei dem Betriebsnachfolger zu richten. Es wurde herausgearbeitet, dass der wesentliche Grund fiir die mögliche Restriktion des Sozialauswahlgebots in dem über § 613a Abs. 1, 6 BGB und § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG vermittelten doppelten Schutzniveau zugunsten des Widerspruchsberechtigten und der hierdurch begründeten Gefahr liegt, dass durch § 613a BGB nicht geschütze Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren. Ein zu kompensierender Schutzüberschuss auf Seiten des Widerspruchsberechtigten besteht jedoch dann nicht, wenn die Option auf Beibehaltung des bisherigen Arbeitsplatzes und Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsnachfolger zwar rechtlich-formal gesehen gegeben, diese aber bei einer verobjektivierten Betrachtung aus Sicht des Arbeitnehmers nichts wert oder fiir die absehbare Zukunft nicht verlässlich ist. Dies ist etwa der Fall, wenn in der übertragenen Einheit nach dem Übergang das KSchG keine Anwendung findef7°, der Betriebsnachfolger eine Kündigung der übergehenden Arbeitnehmer bereits in Aussicht genommen hat (s. § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB) oder konkrete Anhaltspunkte fiir eine drohende Stilllegung oder Einschränkung des übernommenen Betriebsteils bestehen271 • Hingegen genügt ein Verlust des "betriebsverfassungsrechtlichen Kündigungsschutzes" (z.B. § 102 BetrVG) infolge Nichtbestehens eines Betriebsrats bei dem Erwerber nicht, da es den Arbeitnehmern unbenommen ist, eine neue Vertretung zu wählen und übergangsbedingte Risiken durch§§ 21a, b BetrVG abgesichert werden272 • Auch in dem Verlust der Sozialplanflihigkeit, z.B. bei Ausgliederung in einen nicht sozialplanpflichtigen Kleinbetrieb oder infolge von § 112a Abs. 2 S. 1 BetrVG, wird 269 So mit RechtMenze, Widerspruchsrecht, S. 133; a.A. Lunk, NZA 1995, 711, 717. 270 In diesem Sinne auch KR-Pfeiffer, § 613a BOB Rn. 119; Staudinger-Richardi!Annuß, BOB, § 613a Rn. 135; SPV-Preis, Kündigung, Rn. 1068; Ho.ffmeister, AuR 1995, 132, 135. 271 Vgl. LAG Hamm v. 25.1.1990, LAGE Nr. 15 zu§ 112 BetrVG (S. 5); v. 19.7.1994, AP Nr. 27 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter 2 c); SPV-Preis, Kündigung, Rn. 1068; Tschöpe, Rechtsfolgen, S. 59; Lunk, NZA 1995, 711, 716; Moll, NJW 1993,2016,2017. 272 Vgl. LAG Hamm v. 19.7.1994, AP Nr. 27 zu§ 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter 2 c aa); Staudinger-Richardi/Annuß, BOB,§ 613a Rn. 135; B.Gaul, Betriebs- und Unternehmensspaltung, § 20 Rn. ISO m.w.N.; einschränkend KR-Pfeiffer, § 613a BOB Rn. 119.

411

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

allenfalls dann ein die Anwendung von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zugunsten des widersprechenden Arbeitnehmers rechtfertigender Umstand zu erblicken sein, wenn eine den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach Übergang gefährdende Betriebsänderung (z.B. gemäß § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG) bei dem aufnehmenden Rechtsträger bereits konkret absehbar ist. Denn erst dann ist eine vergleichbare Gefährdungsstufe erreicht wie fiir den möglicherweise stellvertretend zu kündigenden Arbeitnehmer in dem Restbetrieb des Veräußerers, der sich auf§ 613a Abs. 1 S. 1 BGB nicht berufen kann. Steht fiir den widersprechenden Arbeitnehmer bei dem Erwerber nur eine hypothetische Sozialplanabfindung auf dem Spiel, so kann ein konkurrierender Beschäftigter nicht verdrängt werden273 • Allerdings ist eine uneingeschränkte Anwendung von § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG nach Widerspruch gerechtfertigt, wenn bei einem Übergang des Arbeitsverhältnisses eine nicht ordnungsgemäße Erfiillung der Vertragspflichten durch den neuen Arbeitgeber droht, weil in diesem Fall keine echte Wahlfreiheit des Widerspruchsberechtigten existiert. Als Beispiel kann die begründete Befiirchtung der Insolvenz oder Illiquidität des Betriebserwerbers274 oder der Umstand genannt werden, dass der neue Inhaber erklärt, die Arbeitnehmer - unter Umgehung von § 613a Abs. 1 S. 1 BGB - nur dann übernehmen zu wollen, wenn sich diese zum Abschluss eines Arbeitsvertrages zu verschlechterten Bedingungen bereit finden 275 • Der Arbeitnehmer muss den objektiv gegebenen Sachgrund, der eine Restriktion des Sozialauswahlgebotes ausschließt, im Erklärungszeitpunkt des Widerspruchs nicht benennen; eine Präklusion des Vortrags zu den Sachgründen im späteren Kündigungsschutzprozess findet grundsätzlich nicht statt276 • Ihn trifft allerdings, sofern nicht schon aus dem Unterrichtungsinhalt 273 So auch Kasseler HdB.-Hattesen, 6.7 Rn. 122; Lunk, NZA 1995, 711, 716; einschränkungslos flir die Berücksichtigung einer fehlenden Sozialplanpflichtigkeit nach dem Betriebsübergang hingegen LAG Hamm v. 19.7.1994, AP Nr. 27 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter 2 c bb); LAG Berlin v. 26.5.1997, NZA-RR 1998, 63, 64; B.Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 20 Rn. 148; Neef, NZA-RR 1999, 225, 228. 274 ArbRKomm-Willemsen/Müller-Bonanni, § 613a BGB Rn. 361; KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 119; Preis, Arbeitsrecht I, S. 898; Henss/er, NZA 1994, 913, 922; Hergenröder, AR-Blattei SD, 500.1 Rn. 320; ähnlich LAG Hamm v. 19.7.1994, AP Nr. 27 zu§ I KSchG 1969 Soziale Auswahl (unter 2 c); Moll, NJW 1993,2016,2017: Erwerber ist flir Konkurse bekannt. Der Einwand der ungenügenden Kapitalausstattung des Betriebsnachfolgers genügt nicht, wenn das gesetzlich geforderte Stammkapital vorhanden ist, B. Gaul, Betriebs- und Untemehmensspaltung, § 20 Rn. ISO m. w.N. 275 LAG Rheinland-Pfalz v. 26.6.1998, LAGE Nr. 74 zu§ 613a BGB (S. 5 f.). 276 Vgl. LAG Hamm v. 28.1.1999- 8 Sa 2395/97, (unter B II 3 d (4) t); KR-Pfeiffer, § 613a BGB Rn. 119; Wollenschläger/Pollert, ZfA 1996,547,564.

412

Folgeproblematik bei der Sozialauswahl

gemäß § 613a Abs. 5 BGB das Vorliegen eines objektiv-sachlichen Widerspruchsgrundesersichtlich ist (z.B. Stilllegungsabsicht des Erwerbers), eine Auskunftsobliegenheit gegenüber dem Betriebsveräußerer, worin der Widerspruchsgrund zu erblicken sei 277 . Dies ergibt sich aus einer Parallele zu der Mitteilungsobliegenheit des Arbeitnehmers hinsichtlich seiner fiir die Sozialauswahl erheblichen Daten 278 •

D.

Zusammenfassung zu § 14

Die Widerspruchsrechtsausübung ist mit dem Risiko einer betriebsbedingten Kündigung behaftet, wenn Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei dem übertragenden Rechtsträger nicht existieren. Bei Teilbetriebsübergängen hat eine uneingeschränkte Anwendung von § I Abs. 3 S. 1 KSchG zur Folge, dass sozial stärkere Arbeitnehmer des Restbetriebs anstelle des Widersprechenden zu kündigen sind. Die hierbei auftretenden Widersprüche zur Teleologie der Sozialauswahl hat der Gesetzgeber bei der Einfiihrung von § 613a Abs. 6 BGB und den erfolgten kündigungsschutzrechtlichen Änderungen durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt unbewältigt gelassen. Zur Schließung der Gesetzeslücke bleibt § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG infolge teleologischer Reduktion insgesamt außer Anwendung, wenn für den Widerspruch kein objektiv-sachlicher Grund besteht. Für die hieran zu stellenden Anforderungen ist entscheidend, ob die durch § 613a Abs. 1 S. I BGB vermittelte Option aufErhalt des bisherigen Arbeitsplatzes und Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem übernehmenden Rechtsträger aus verobjektivierter Arbeitnehmersicht nichts wert oder für die absehbare Zukunft nicht verlässlich ist.

277 Ähnlich Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rn. 595; HöJters-Bauerlv.Steinau-Steinrück, Unternehmenskauf, V Rn. 136. Ein Obliegenheitsverstoß des Arbeitnehmers ist bei späterem Berufen auf§ I Abs. 3 S. I KSchG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) zu würdigen. 278 Vgl. LAG Sachsen v. 19.7.2001, NZA-RR 2002, 79, 82; ErfKomm-Ascheid, § KSchG Rn. 468jeweils m.w.N.

413

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

§ 15 Schlussbetrachtung Wie man aus dem Personalmanagement weiß, löst die Nachricht von dem bevorstehenden "Verkauf' des eigenen Betriebes unter den betroffenen Arbeitnehmern nicht selten Verunsicherung, wenn nicht Sorgen um die eigene Existenz aus 279 . Größere Arbeitgeber, die im M&A-Zeitalter eine Kultur des Managements von Akquisitionen entwickelt haben, wissen vor diesem Hintergrund um den Wert einer rechtzeitigen, umfassenden und offenen Information der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter im Vorfeld von Betriebsübernahmen und Restrukturierungen. Es liegt insofern aus Arbeitgebersicht nahe, die Unterrichtungspflicht aus § 613a Abs. 5 BGB in bestehende Kornmunikationskonzepte einzubinden und diese zu nutzen, um im Hinblick auf Zeitpunkt (§ 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB), Motive für die Betriebsveräußerung bzw. -Übernahme (Nr. 2), Folgen und Perspektiven für die Arbeitnehmer (Nr. 3 und 4) frühzeitig Transparenz für die Beschäftigten zu schaffen. Kleinere Arbeitgeber werden die Neuregelung in § 613a Abs. 5 BGB weniger als Chance begreifen. Sie trifft der aus den Ergebnissen dieser Arbeit zu folgemde Befund, dass der gesetzlich zur Auslösung der Widerspruchsfrist vorgesehene Unterrichtungsinhalt zwar beherrschbar ist, die Erstellung der Mitteilungen jedoch eine profunde Analyse der sich vor allem aus den rechtlichen Rahmenbedingungen der Betriebsübernahme ergebenden Änderungen für die Arbeitnehmer voraussetzt, möglicherweise härter. In jedem Falle gilt, dass auf die pflichtgemäße Erfüllung von § 613a Abs. 5 BGB größtmögliche Sorgfalt verwendet werden muss, um erhebliche rechtliche, wirtschaftliche, aber auch personalpolitische Risiken falscher oder widersprüchlicher Information der betroffenen Mitarbeiter auszuschließen. Zu einer effektiven Risikokontrolle tragen zudem die gebotene Kooperation der Arbeitgeberparteien bei der Vorbereitung der Unterrichtung sowie vertragliche Regelungen insbesondere über die Zuweisung wirtschaftlicher Folgen von Arbeitnehmerwidersprüchen bei. Es verwundert insofern nicht, dass die Ergänzungen in § 613a BGB die Kautelarpraxis bei Betriebsübernahmen spürbar beeinflussen. Wird der Blick auf die Belange der unterrichtungs- und widerspruchsberechtigten Arbeitnehmer gerichtet, so ist die zum Teil äußerst skeptische Aufnahme, die die Neuregelungen in § 613a Abs. 5, 6 BGB in der Fachöffentlichkeit erfahren haben, nicht gerechtfertigt. Durch das Unterrichtungsrecht aus § 613a Abs. 5 BGB wird den Betroffenen erstmals eine umfangreiche 279 Vgl. nur A.Picot!Normeyer/Pribilla-Pribilla, Management von Akquisitionen, S. 63, 67 f. ("Destabilisierungsphase"); Schartau, ebenda, S. 205, 206.

414

Schlussbetrachtung

und effektive Grundlage für die Entscheidung über den Arbeitgeberwechsel zur Verfügung gestellt. Anders als bislang hat die Arbeitnehmerinformation hierbei nicht nur dienende Funktion gegenüber der Ausübung des Widerspruchsrechts. Denn der systematische Kunstgriff des Gesetzgebers, die Verknüpfung von Unterrichtung und Widerspruchsrecht über die Regelung in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB, dürfte ein Wesentliches dazu beitragen, dass die Einhaltung des Informationsanspruchs mit der notwendigen praktischen Durchschlagskraft gesichert ist. Zu betonen ist allerdings, dass es - wenngleich auf einer gegenüber den bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen deutlich ausgeweiteten Basis - dabei verbleibt, dass die Arbeitnehmer die Unterrichtung bei Betriebsübergang nach eigener Initiative zum Anknüpfungspunkt für weitere Erkundigungen machen können und gegebenenfalls auch müssen. Eine umfassende Informationsverantwortlichkeit des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen des Übergangs für das individuelle Arbeitsverhältnis, begründet § 613a Abs. 5 BGB nicht. Schließlich, auch dies gilt es für die Informationsadressaten zu bedenken, treffen § 613a Abs. 5, 6 BGB keine Vorsorge für den Fall, dass sich einzelne Informationsbestandteile nach Zugang der Unterrichtung und Ausübung des Widerspruchsrechts ändern. Zwar kann der Arbeitgeber nach der hier vertretenen Auffassung im Einzelfall verpflichtet sein, die widerspruchsberechtigten Arbeitnehmer ergänzend auf geänderte, ersichtlich entscheidungsrelevante Umstände hinzuweisen. Hieran wird jedoch keine Verlängerung der Ausschlussfrist für das Widerspruchsrecht geknüpft. Auch bleiben bereits wirksam gewordene Widersprüche grundsätzlich rechtsbeständig, selbst wenn sich die Motivgrundlage des Erklärenden wegen eines veränderten Sach- und Planungsstandes überholt hat. Aus Sicht der beteiligten Arbeitgeber dürfte eine Bewertung der Neuregelungen wegen ihres Axioms in § 613a Abs. 6 S. 1 BGB, dem Fristauslösungsmechanismus für das Widerspruchsrecht, zwiespältig ausfallen. Nach der Gesetzeskonzeption müssen Chancen mit Risiken erkauft werden. Chancen bietet das neue Recht deswegen, weil durch eine frühzeitige Unterrichtung vor dem Stichtag des Betriebsübergangs Rechtsklarheit in der Frage der übergehenden Arbeitsverhältnisse erreicht werden kann. Risiken bestehen, weil das Gesetz einen weiten Informationskatalog vorsieht und das Widerspruchsrecht bei Unterrichtungspflichtverstößen keiner absoluten Ausschlussfrist, sondern nur den vagen Grenzen der Verwirkung unterliegt. Soweit angesichts dessen in der Literatur allerdings Szenarien beschworen werden, es sei bei Unterrichtungsfehlern nunmehr auch noch nach Jahren mit Widersprüchen zu rechnen, erscheint deren Eintritt aus rechtlichen wie tatsächlichen Gründen unwahrscheinlich. Im Interesse der Rechtssicherheit

415

Ausgewählte Rechtsfragen der Regelung des Widerspruchsrechts

wäre gleichwohl ein Kompromiss wünschenswert gewesen, wonach von dem Widerspruchsrecht spätestens drei Monate nach Kenntniserlangung des Arbeitnehmers von der Tatsache des Betriebsinhaberwechsels nicht mehr Gebrauch gemacht werden kann, wenn der Betreffende inzwischen keinen weiteren Informationsbedarf geltend gemacht hat. Aus der Warte des Gesetzgebers ist schlussendlich festzuhalten, dass die Integration des durch das BAG rechtsfortbildend geschaffenen Widerspruchsrechts in den Gesamtkontext des § 613a BGB als dortiger Gegenpol zu der Bestimmung in Absatz 1 S. 1 weitgehend gelungen erscheint. Die klarstellende Ausweitung der Verweisung in § 324 UmwG ist begrüßenswert, auch wenn die hierzu ergangene Entwurfsbegründung der Bundesregierung für Fälle des umwandlungsbedingten Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers für überflüssige Irritationen gesorgt hat. Rechtsfolgenprobleme der Ausübung des Widerspruchsrechts insbesondere in Konstellationen, in denen der Rechtskreis dritter Arbeitnehmer berührt wird, sind allerdings nach wie vor ungeregelt. Das Widerspruchsrecht bleibt Rechtsprechung und Wissenschaft somit auch nach seiner Kodifizierung als weites Betätigungsfeld für Rechtsfortbildung erhalten. Für die Verwirklichung eines wesentlichen gesetzgeberischen Regelungsziels von § 613a Abs. 5 BGB, die Umsetzung von Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG, muss ein Fazit gespalten ausfallen. Es wurde nachgewiesen, dass die Regelung gegenüber den europäischen Vorgaben einerseits defizitäre, andererseits vor allem auch überschießend umgesetzte Komponenten enthält. Ob ein Übertreffen der Anforderungen des Gemeinschaftsrechts für das deutsche Arbeitsrecht als prinzipiell wünschenswert anzusehen ist, ist eine hier nicht zu behandelnde politische Frage. Eine rechtliche Frage aber ist es, dass der Gesetzgeber aufgrund der Strukturmängel in Art. 7 RL 2001/23/EG mit gutem Grund von einer ebenmäßigen Abbildung des Absatzes 6 der Richtlinienbestimmung im Ausnahmemodell abgesehen hat. Bei diesem Befund wird dann allerdings zugleich offenbar, dass für das deutsche Betriebsverfassungsrecht auch angesichts von Umsetzungsdefiziten in §§ 111, 112 BetrVG über einen Wechsel in das Grundmodell des Art. 7 Abs. I, 2 RL 2001/23/EG insgesamt nachgedacht werden muss.

416

Literaturverzeichnis Adam, Detlev, Anmerkung zu BAG v. 16.3.1988- 7 AZR 587/87, EzA Nr. 16 zu§ 130 BGB Alsbaek, Henriette, Der Betriebsübergang und seine individualarbeitsrechtlichen Folgen in Europa, Berlin 2001, zugl. Univ. Diss. Erlangen/Nümberg 2001 von Alvensleben, Constantin, Die Rechte der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang im europäischen Gemeinschaftsrecht Eine Studie zu den gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen des§ 613a BGB, Baden-Baden 1992, zugl. Univ. Diss. Bonn 1991 Andresen, Boy-Jürgen/Förster, Wolfgang!Rössler, Norbert!Rühmann, Jochen, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung, Köln 1999 Annuß, Georg, Kündigung widersprechender Betriebsratsmitglieder bei Betriebs(teil)übergang, DB 1999, S. 798-800 - Anmerkung zu BAG v. 4.8.99 - 5 AZR 642/98, RdA 2000, S. 179-182 Annuß, Georg!Stamer, Katrin, Die Kündigung des Betriebsveräußerers auf Erwerberkonzept, NZA 2003, S. 1247-1249 Ascheid, Reiner/Preis, Ulrich/Schmidt, lngrid (Hrsg.), Großkommentar zum Kündigungsrecht, 2. Aufl., München 2004 [zit. APS-Bearbeiter] Bachner, Michael, Individualarbeits- und kollektivrechtliche Auswirkungen des neuen Umwandlungsgesetzes, NJW 1995, S. 2881-2887 - Fortgeltung von Gesamt- und Einzelbetriebsvereinbarungen nach Betriebsübergang, NJW 2003, S. 2861-2865 Bachner, Michael/Köstler, Roland!Matthießen, Volker!Trittin, Wolfgang, Handbuch Arbeitsrecht bei Unternehmensumwandlung und Betriebsübergang, 2. Aufl., Baden-Baden 2003 [zit. BKMT-Bearbeiter, Arbeitsrecht bei Unternehmensumwandlung] Backmeister, Thomas!Trittin, Wolfgang!Mayer, Udo, Kündigungsschutzgesetz mit Nebengesetzen, 2. Aufl., München 2002 [zit. BTM-Bearbeiter, KSchG] Bader, Peter, Das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt: Neues im Kündigungsschutzgesetz und im Befristungsrecht, NZA 2004, S, 65-76 Baeck, Ulrich/Diller, Martin, Zur Teilbarkeit von Betriebsänderungen, NZA 1997, s. 689-695 Bährle, Ralph, Rechte der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gestärkt: Widerspruch gesetzlich verankert, BuW 2002, S. 1004-1006 Bamberger, Heinz Georg!Roth, Herbert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, §§ 1-610, München 2003

417

Literaturverzeichnis

- Band 2, §§ 611-1296, ErbbauVO, WEG, München 2003 [zit. Bamberger!Roth-Bearbeiter, BGB] Basedow, Jürgen, Der Bundesgerichtshof, seine Rechtsanwälte und die Verantwortung fiir das europäische Privatrecht, in: Festschrift fiir Hans Erich Brandner, hrsg. v. Gerd Pfeiffer, Köln 1996, S. 651-681 Bauer, Jobst-Hubertus, Unternehmensveräußerung und Arbeitsrecht, Heidelberg 1983 - Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 6. Aufl., München 1999 - Beendigung von Arbeitsverhältnissen beim Betriebsübergang, DB 1983, S.713-717 - Kein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, NZA 1990, s. 881-883 - Nochmals: Kein Widerspruchsrecht, NZA 1991, S. 139-140 - Anmerkung zum Vorschlag der EU-Kommission vom 8.9.1994 fiir eine Richtlinie des Rates zur Allgleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen, DB 1994, S. 1982-1983 - Sofortprogramm fiir mehr Sicherheit im Arbeitsrecht, NZA 2002, S. 1001-1004 Bauer, Jobst-Hubertus/Diller, Martin, Wettbewerbsverbote, 3. Aufl., München 2002 Bauer, Jobst-Hubertus/Göpfert, Burkard, Beschleunigtes Interessenausgleichsverfahren, DB 1997, S. 1464-1471 Bauer, Jobst-Hubertus/Haußmann, Katrin, TarifWechsel durch Branchenwechsel, DB 2003, S. 610-618 Bauer, Jobst-Hubertus/Lingemann, Stefan, Das neue Umwandlungsrecht und seine arbeitsrechtlichen Auswirkungen, NZA 1994, S. 1057-1063 Bauer, Jobst-Hubertus/von Steinau-Steinrück, Robert, Outsourcing nur noch mit Sicherheitsnetz, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 23.3.2002, Nr. 70, S.23 - Neuregelung des Betriebsübergangs: Erhebliche Risiken und viel mehr Bürokratie!, ZIP 2002, S. 457-466 Baumann, Thomas, Arbeitsrechtliche Aspekte des neuen Umwandlungsrechts, DStR 1995, S. 888-893 Baumbach, Adolj!Hopt, Klaus, Handelsgesetzbuch, 31. Aufl., München 2003 Becker, Friedrich/Hillebrecht, Wilfried, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsrechtlichen Vorschriften, 6. Aufl., Neuwied, Kriftel2002 [zit. KR-Bearbeiter]

418

Literaturverzeichnis

Beckschulze, Martin, Auswirkungen des § 2 SGB III auf das Arbeitsrecht, BB 1998, S. 791-794 Beisel, Daniel/Klumpp, Hans-Hermann/Theysohn-Wadle, Jutta, Der Unternehmenskauf, 4. Aufl., München 2003 Bender, Wolfgang/Schmidt, Jan, KSchG 2004: Neuer Schwellenwert und einheitliche Klagefrist, NZA 2004, S. 358-366 Bepler, Klaus, Der Nachweis von Ausschluss fristen, ZTR 2001, S. 241-248 Berger-Delhey, Ulf, Anmerkung zu EuGH v. 5.5.1988 - Rs C 144 und 145/87, EZA Nr. 89 zu§ 613a BGB Berkowsky, Wilfried, Die betriebsbedingte Kündigung, 5. Aufl., München 2002 Bichlmeier, Wilhelm, Die Ergänzung des§ 613a BGB um die Absätze 5 und 6, DZWIR 2002, S. 277-278 Birk, Rudolf, Anmerkung zu BAG v. 17.11.1977- 5 AZR 618/76, AP Nr. 10 zu§ 613aBGB - Der Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf die Entwicklung des Arbeitsrechts in den Mitgliedsstaaten, in: Sozialpolitik in der EG, hrsg. v. Hagen Lichtenberg, Baden-Baden 1986, S. 155-178 - Der EuGH und das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers beim Betriebsinhaberwechsel nach§ 613a BGB, EuZW 1993, S. 156-160 - Das Nachweisgesetz zur Umsetzung der Richtlinie 91/533/EWG in das deutsche Recht, NZA 1996, S. 281-290 Birr, Christiane, Verjährung und Verwirkung, Berlin 2003 Bittner, Claudia, Anmerkung zu BAG v. 18.1.2000 - 9 AZR 932/98, RdA 2001, s. 226-339 Blomeyer, Wolfgang, Anmerkung zu BAG v. 8.2.1983 - 3 AZR 229/81, AP Nr. 35 zu§ 613a BGB Blomeyer, Wolfgang/Otto, Klaus, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 3. Aufl., München 2004 [zit. Blomeyer/Otto, BetrAVG] Blumers, Wolfgang/Siegels, Jörg, Ausgliederung und Spaltung und Zuordnung von Wirtschaftsgütem, DB 1996, Beil. 1, S. 7-14 Boecken, Winfried, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Köln 1996 - Der Übergang von Arbeitsverhältnissen bei Spaltung nach dem neuen Umwandlungsrecht, ZIP 1994, S. 1087-1095 Boemke, Burkhard/Tietze, Steffen, Insolvenzarbeitsrecht und Sozialplan, DB 1999,S. 1389-1396 Boewer, Dietrich, Der Wiedereinstellungsanspruch- Teil 1, NZA 1999, S. 1121-1132 - Der Wiedereinstellungsanspruch- Teil2, NZA 1999, S. 1177-1184

419

Literaturverzeichnis

Bolck, Winrich, Personalrechtliche Probleme bei der Ausgliederung von Teilbereichen des öffentlichen Dienstes und Überführung in eine private Rechtsform, ZTR 1994, S. 14-18 Bonanni, Andrea, Betriebsübergang und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer, ArbRB 2002, S. 19-24 - Unterrichtungsverpflichtung des Arbeitgebers und Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gemäß § 613a Abs. 5 und 6 BGB, GmbHR Heft 7/2002, S. R 137-138 Bork, Reinhard, Arbeitnehmerschutz bei der Betriebsaufspaltung, BB 1989, s. 2181-2187 Bossmann, Michael, Die Auswirkungen des Betriebsübergangs und § 613a BGB auf die Wettbewerbsverbote der Arbeitnehmer, Berlin 1993, zugl. Univ. Diss. Bielefeld 1992/93 Bracker, Ulrich, Betriebsübergang und Betriebsverfassung, Berlin 1979, zugl. Univ. Diss. München 1979 Bram, Rainer!Rühl, Werner, Praktische Probleme des Wiedereinstellungsanspruchs nach wirksamer Kündigung, NZA 1990, S. 753-758 Brechmann, Winfi·ied, Die richtlinienkonforme Auslegung, München 1994, zugl. Univ. Diss. München 1993 Brox, Hans!Rüthers, Bernd, Arbeitsrecht, 16. Aufl., Stuttgart Berlin Köln 2004 Bulla, Gustav-Adolf, Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unter Druck, in: Beiträge zum Arbeits-, Handels- und Wirtschaftsrecht, Festschrift für Alfred Hueck zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Rolf Dietz, Hans Carl Nipperdey und Eugen U1mer, München Berlin 1959, S. 25-41 Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (Hrsg.), Die Unterrichtung gern. § 613a Abs. 5 BGB beim Betriebsübergang- eine Handreichung, Informationen für Mitgliedsunternehmen Nr. 5/2002 Bungert, Hartwin, Darstellungsweise und Überprüfbarkeit der Angaben über Arbeitnehmerfolgen im Umwandlungsvertrag, DB 1997, S. 2209-2215 - Anmerkung zu OLG Düsseldorfv. 15.5.1998- 3 Wx 156/98, NZG 1998, S. 733-734 Busche, Jan, Anmerkung zu BAG v. 7.4.1993 - 2 AZR 449/91, DZWIR 1994, s. 115-118 Bütefisch, YVylka, Die Sozialauswahl, Köln 2000, zugl. Univ. Diss. Köln 1999 Bydlinski, Franz, Methodenlehre und Rechts begriff, Wien New York 1982 Callies, Christian!Ruffert, Matthias (Hrsg.), Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen

420

Literaturverzeichnis

Gemeinschaft- EUV/EGV -, Neuwied Kriftel 1999 [zit. Callies!RuffertBearbeiter, EUV!EGV] Canaris, Claus-Wilhelm, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl., Berlin 1983, zugl. Univ. Diss. München 1964 - Die Vertrauenshaftung im Deutschen Privatrecht, München 1971, zugl. Habilitationsschrift München 1971 - Atypische faktische Arbeitsverhältnisse, BB 1967, S. 165-170 - Leistungsstörungen beim Unternehmenskauf, ZGR 1982, S. 395-434 - Der Schutz obligatorischer Forderungen nach § 823 Abs. 1 BGB, in: Festschrift fiir Erich Steffen zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Erwin Deutsch, Ernst Klingmüller und Hans-Josef Kullmann, Berlin New York 1995, S. 85-99 Caspers, Georg, Rechtsfolgen des Formverstoßes bei § 623 BGB, RdA 2001, S. 28-37 Classen, Claus Dieter, Zur Bedeutung von EWG-Richtlinien fiir Privatpersonen, EuZW 1993, S. 83-87 Colneric, Ninon, Gemeinschaftsrechtliche Informations- und Konsultationspflichten beim Betriebsübergang, in: Festschrift ftir Ernst Steindorff zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Jürgen Baur, Klaus Hopt und Peter Mailänder, Berlin New York 1990, S. 1129-1140 Commandeur, Gert, Individualrechtliche Probleme des Widerspruchs des Arbeitnehmers beim Betriebsübergang, NJW 1996, S. 2537-2546 Commandeur, Gert/Kleinebrink, Wolfgang, Betriebs- und Firmenübernahme, 2. Aufl., München 2002 Crisolli, Christoph, IT-Outsourcing und Betriebsübergang, CR 2002, S. 386-389

Daig, Hans-Wolfram, Auslegung und Anwendung von Art. 177 EWGVertrag durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, in: Europäische Gerichtsbarkeit und nationale Verfassungsgerichtsbarkeit, Festschrift zum 70. Geburtstag von Hans Kutscher, hrsg. v. Wilhelm Grewe, Hans Rupp und Hans Schneider, Baden-Baden 1981, S. 79-94 Danko, Franz-Ludwig/Heckschen, Heribert/Plesterninks, Ingo, Umstrukturierung in Unternehmen, Köln 2002 Däubler, Wolfgang, Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers bei Betriebsübergang- ein Verstoß gegen EG-Recht?, NZA 1991, S. 134-135 - Das Arbeitsrecht im neuen Umwandlungsgesetz, RdA 1995, S. 136-147 - Anmerkung zu BAG v. 29.8.2001 - 4 AZR 332/00, RdA 2002, S. 303-306 - Transparenzprinzip auch fiir den Gesetzgeber, NJW 2004, S. 993-994

421

Literaturverzeichnis

Däubler, Wolfgang!Kittner, Michael, Klebe, Thomas, Betriebsverfassungsgesetz - Kommentar für die Praxis, 8. Aufl., Frankfurt a.M. 2002 [zit. DKK-Bearbeiter, BetrVG] Dauner-Lieb, Barbara/Heidel, Thomas/Lepa, Manfred/Ring, Gerhard, Anwaltkommentar, Schuldrecht, Bonn 2002 [zit. AnwKomm-Bearbeiter, BGB] - Das Neue Schuldrecht, Heidelberg 2002 [zit. D-LHLR-Bearbeiter, Schuldrecht] Dauses, Manfred, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EGVertrag, 2. Aufl., München 1995 Debong, Bernhard, Die EG-Richtlinie über die Wahrung der Arbeitnehmeransprüche beim Betriebsübergang, Pfaffenweiler 1988, zugl. Univ. Diss. Freiburg 1988 Dehmer, Hans, Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, 3.Aufl., München 2001 - Das Umwandlungssteuergesetz 1994 (Teil Il), DStR 1994, S. 1753-1762 Deiner!, Olaf, Vorschlag für eine europäische Mitbestimmungsrichtlinie und Umsetzungsbedarf im Betriebsverfassungsgesetz, NZA 1999, S. 800-805 Dilcher, Hermann, Anmerkung zu BAG v. 16.3.1988 - 7 AZR 587/87, JZ 1989, S. 298-299 Diller, Martin, Der Arbeitnehmer der GbR!?, NZA 2003, S. 401-407 Dollmann, Bernd, Die Rückkehr zum ruhenden Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers durch§ 623 BGB, BB 2003, S. 1838-1841 Dörner, Heinrich, Anfechtung und Vertragsübernahme, NJW 1986, S. 29162921 - Rechtsgeschäfte im Internet, AcP 202 (2002), S. 363-396 Dörner, Klemens/Luczak, Stefan/Wildschütz, Martin, Handbuch Arbeitsrecht, 3. Aufl., Neuwied Kriftel 2002 [zit. DLW-Bearbeiter, HdB. Arbeitsrecht] Dreher, Martina, Die zeitlichen Grenzen des arbeitnehmerseitigen Widerspruchs bei Betriebsübergang, DB 2000, S. 2358-2362 Drygala, Anja, Die Reichweite der arbeitsrechtlichen Angaben im Verschmelzungsvertrag, ZIP 1996, S. 1365-1371 Düwell, Franz Josef, Neues arbeitsrechtliches Artikelgesetz zu erwarten: Der Entwurf eines Seemannsgesetzes und anderer Gesetze, HzA-aktuell 2002, S. 31-39 - Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht bei Betriebsübergängen, FA 2002, s. 107-110 - Auf dem Weg zu einem Europäischen Betriebsverfassungsrecht, FA 2002, s. 172-175

422

Literaturverzeichnis

Edenfeld, Stefan, Anmerkung zu BAG v. 4.6.1998 - 8 AZR 786/96, AP Nr. 7 zu§ 823 BGB Ehmann, Horst, Betriebsstilllegung und Mitbestimmung, Düsseldorf Frankfurt a.M. 1978 Elz, Dirk, Der Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers nach Wegfall des Kündigungsgrundes, Köln 2001, zugl. Univ. Diss. Köln 2001 Emmert, Frank, Horizontale Drittwirkung von Richtlinien?, EWS 1992, S. 56-76 Ende, Monika, Das Recht des Arbeitnehmers auf Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei Betriebsübergang im EG-Recht, NZA 1994, S. 494496 Engels, Gerd, Arbeitsrecht in Europa, RdA 1978, S. 52-58 - Gesellschaftsaufspaltung als eine die Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslösende Betriebsänderung im Sinne von §§ 111 ff. BetrVG, DB 1979, S. 2227-2232 Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht. Hrsg. Thomas Dieterich, Rudi Müller-Glöge, Ulrich Preis und Günter Schaub, 4. Aufl., München 2004 [zit. ErtK.omm-Bearbeiter] Erman. Bürgerliches Gesetzbuch, Band 1. Hrsg. Harm Peter Westermann. 11. Aufl., Münster Köln 2004 - Band 2, 11. Aufl., Münster Köln 2004 Etzel, Gerhard, Betriebsverfassungsrecht, 8. Aufl., Neuwied Kriftel 2002 Fabricius. Fritz, Zur Dogmatik des "sonstigen Rechts" gemäß § 823 Abs. l BGB, AcP 160 (1961), S. 373-436 Falkenberg, Rolf-Dieter, Auswirkungen des § 613a BGB in der betrieblichen Praxis, DB 1980, S. 783-787 Feldgen, Dagmar, Nachweisgesetz, München 1995 Felsner, Marcus, Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen von Unternehmensübernahmen in Europa: Eine rechtsvergleichende Untersuchung zur Umsetzung der RL 771187/EWG in Italien sowie in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden mit einigen Anmerkungen zum deutschen Recht, Frankfurt a.M. 1997, zugl. Univ. Diss. Berlin 1997 Fenn, Herbert/Klose, Oliver, Voraussetzungen und Folgen des Widerspruchs gegen den Arbeitgeberwechsel bei § 613a BGB- BAGE 88, 196, JuS 2000, s. 531-537 Fikentscher, Wolfgang, Schuldrecht, 9. Aufl., Berlin New York 1997 Fischer, Lorenz, Individualarbeitsrechtliche Probleme beim Betriebsübergang nach § 613a BGB, Univ. Diss. Mainz 1980 Fischer, Ulrich, Individualrechtliche Probleme des verdeckten bzw. (zunächst) unerkannten Betriebsübergangs, DB 2001, S. 331-335 423

Literaturverzeichnis

Fitting, Karl/Engels, Gerd/Schmidt, Ingrid/Trebinger, Yvonne/Linsenmaier, Wolfgang, Betriebsverfassungsgesetz, 22. Aufl., München 2004 [zit. FESTL, BetrVG] Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Zweiter Band, Das Rechtsgeschäft, 3. Aufl., Tübingen 1979 Franzen, Martin, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, Berlin New York 1999, zugl. Habilitationsschrift FU Berlin 1998/99 - Die Richtlinie 98/50/EG zur Änderung der Betriebsübergangsrichtlinie 771187/EWG und ihre Auswirkungen auf das deutsche Arbeitsrecht, RdA 1999, S. 361-374 - Informationspflichten und Widerspruchsrecht beim Betriebsübergang nach§ 613a Abs. 5 und 6 BGB, RdA 2002, S. 258-272 - Anmerkung zu BAG v. 15.8.2002-2 AZR 195/01, AP Nr. 241 zu§ 613a BGB Fuchs, Bernhard, Betriebliche Sozialleistungen beim Betriebsübergang, Köln 2000, zugl. Univ. Diss. Freiburg 1999 Fuchs, Maximilian/Merhold, Franz, Europäisches Arbeitsrecht, Wien 2001 Galperin, Hans/Löwisch, Manfred, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, Band II: Regelung der Mitbestimmung(§§ 74- 132), 6. Aufl., Heidelberg 1982 [zit. GL-Bearbeiter, BetrVG] Gamillscheg, Franz, Arbeitsrecht, Arbeitsvertrags- und Arbeitsschutzrecht, 8. Aufl., München 2000 Gassner, Ulrich, Horizontale Direktwirkung von EG-Richtlinien - EuGH Slg. I 1994, 3325, JuS 1996, S. 303-306 Gaul, Björn, Das Arbeitsrecht der Betriebs- und Unternehmensspaltung, Köln 2002, zugl. Habilitationsschrift Köln 2002 - Das Schicksal von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen bei der Umwandlung von Unternehmen, NZA 1995, S. 717-725 - Beteiligungsrechte von Wirtschaftsausschuss und Betriebsrat bei Umwandlung und Betriebsübergang, DB 1995, S. 2265-2270 - Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Arbeitsrecht, NZA 1997, S. 1022-1030 - Die neue EG-Richtlinie zum Betriebs- und Unternehmensübergang, 1. Teil, BB 1999, S. 526-530 - Die neue EG-Richtlinie zum Betriebs- und Unternehmensübergang, 2. Teil, BB 1999, S. 582-585 - Der Musterarbeitsvertrag - zwischen unternehmerischer Vorsorge und den Vorgaben des Nachweisgesetzes, NZA 2000, Beil. Heft 3, S. 51-64

424

Literaturverzeichnis

- Einzelvertragliche Bezugnahmeklausel beim Übergang des Arbeitsverhältnisses auf nicht tarifgebundenen Arbeitgeber, BB 2000, S. I 086-1088 - Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht in § 613a BGB, FA 2002, s. 299-302 - Aktuelle Entwicklungen zum Anwendungsbereich sowie zu Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht in§ 613a BGB, in: Brennpunkte des Arbeitsrechts 2003, Köln 2003 Gaul, Björn!Bonanni, Andrea/Naumann, Eva, Betriebsübergang: Neues zur betriebsbedingten Kündigung aufgrund Erwerberkonzepts, DB 2003, S. 1902-1906 Gaul, Björn!Kühnreich, Mathias, Änderung von Versorgungszusagen nach Betriebsübergang bzw. Umwandlung, NZA 2002, S. 495-499 Gaul, Björn/Otto, Björn, Unterrichtungsanspruch und Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang und Umwandlung, DB 2002, S. 634-640 Gaul, Dieter, Der Betriebsübergang, 2. Aufl., Köln 1993 - Anmerkung zu EuGH v. 5.5.1988- Rs C 144 und 145/87, EzA Nr. 89 zu § 613a BGB - Auswirkungen des rechtsgeschäftlich begründeten Betriebsübergangs auf nachwirkende Wettbewerbsvereinbarungen und Geheimhaltungspflichten, NZA 1989, S. 697-702 - Das Widerspruchrecht des Arbeitsnehmers beim Betriebsübergang und seine Rechtswirkungen, ZfA 1990, S. 87-110 Geibel, Stephan/Süßmann, Rainer, Wertpapiererwerbs- und Übemahmegesetz, München 2002 [zit. Geibel!Süßmann-Bearbeiter, WpÜG] Gentges, Peter, Anmerkung zu BAG v. 7.4.1993- 2 AZR 449/91, AP Nr. 22 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl Germelmann, Claas-Hinrich/Matthes, Hans-Christoph!Müller-Glöge, Rudi/Prütting, Hans, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Aufl., München 2002 [zit. Germelmann!Prütting-Bearbeiter, ArbGG] Giesen, Richard, EU-Richtlinienvorschlag zur Information und Anhörung der Arbeitnehmer, RdA 2000, S. 298-304 Gi/berg, Dirk, Die Unternehmerentscheidung vor Gericht, NZA 2003, S. 817-821. Gitter, Wolfgang, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis unter besonderer Berücksichtigung der Zustimmung des Arbeitnehmers, in: 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, hrsg. v. Franz Gamillscheg, Götz Hueck und Herbert Wiedemann, München 1979, S. 123-151 Gotthardt, Michael/Beck, Carsten, Elektronische Form und Textform im Arbeitsrecht: Wege durch den Irrgarten, NZA 2002, S. 876-883 Goutier, Klaus/Knopf, Rüdiger/Tulloch, Anthony, Kommentar zum Umwandlungsrecht, Heidelberg 1996 425

Literaturverzeichnis

Grimm, Oliver/Walk, Frank, Das Schicksal erfolgsbezogener Vergütungsfonnen beim Betriebsübergang, BB 2003, S. 577-583 Grobys, Marcel, Die Neuregelung des Betriebsübergangs in § 613a BOB, BB 2002, S. 726-731 Grundmann, Stefan, EG-Richtlinie und nationales Privatrecht, JZ 1996, S. 274-287 Grunewald, Barbara, Die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, in: Kölner Umwandlungsrechtstage: Verschmelzung Spaltung Formwechsel nach neuem Umwandlungsrecht und Umwandlungssteuerrecht, hrsg. v. Marcus Lutter, Köln 1995, S. 19-58 Gussen, Heinz!Dauck, Andreas, Die Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen bei Betriebsübergang und Umwandlung, 2. Aufl., Berlin 1998 Gutbrod, Kar!, Anmerkung zu BAG v. 24.7.1979- 1 AZR 219/77, DB 1980, S. 164-165 Gutzmann, Ulrich, Die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses gern. §§ 106 Abs. 2 und 108 Abs. 5 BetrVG, DB 1989, S. 1083-1086 Haas, Franz-Josef!Durchlaub, Thomas, Zuordnung von Arbeitsverhältnissen bei der Abspaltung von Betriebsführungsgesellschaften nach dem Umwandlungsgesetz 1995, in: Umwandlungen im Zivil- und Steuerrecht, Festschrift für Siegfried Widmann zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Franz Wassermeyer, Dieter Mayer und Norbert Rieger, Bonn Berlin 2000, S. 23-30 Habersack, Mathias!Mayer, Christian, Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, JZ 1999, S. 913-921 - Der Widerrufvon Haustürgeschäften nach der "Heininger"-Entscheidung des EuGH, WM 2002, S. 253-259 Haedrich, Martina, Die Rechtsordnung der Europäischen Union und ihre Bedeutung für das innerstaatliche Recht, in: Europäisches Arbeits- und Sozialrecht, Teil B 1000, Systematische Darstellungen, hrsg. v. Hartmut Oetker und Dirich Preis, Loseblattwerk (Stand: Februar 2001), Heidelberg Hakenberg, Waltraud/Stix-Hackl, Christine, Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, 2. Aufl., Wien 2000 Hambitzer, Ulrich Max, Der Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers nach betriebsbedingter Kündigung, zugl. Univ. Diss. Bonn 1987 Hanau, Peter, Objektive Elemente im Tatbestand der Willenserklärung, AcP 165 (1965), s. 220-284 - Arbeitsrecht und Mitbestimmung in Umwandlung und Fusion, ZGR 1990, S. 548-559 426

Literaturverzeichnis

- Aktuelle Fragen zu§ 613a BGB, in: Festschrift für Dieter Gaul zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Dietrich Boewer und Bjöm Gaul, Neuwied Kriftel Berlin 1992, S. 287-304 - Anmerkung zu EuGH v. 14.4.1994 - Rs C-392/92, ZIP 1994, S. 10381040 - EU-Richtlinienentwurfzum Betriebsübergang, ZIP 1994, S. 1568 - Perversion und Prävention bei§ 613a BGB, ZIP 1998, S. 1817-1822 - Anmerkung zu BAG v. 10.12.1998 - 8 AZR 324/97, ZIP 1999, S. 324326 - Die wiederholte Reform des arbeitsrechtlichen Kündigungs- und Befristungsschutzes, ZIP 2004, S. 1169-1179 Hanau, Peter/Adomeit, Klaus, Arbeitsrecht, 12. Aufl. Neuwied Kriftel2000 Hanau, Peter!Kania, Thomas, Die Bezugnahme auf Tarifverträge durch Arbeitsvertrag und betriebliche Übung, in: Tarifautonomie für ein neues Jahrhundert, Festschrift für Günter Schaub zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Monika Schlachter, Reiner Ascheid und Hans-Wolf Friedrich, München 1998, s. 239-262 Hanau, Peter/Steinmeyer, Heinz-Dietrich/Wank, Ralf, Handbuch des europäischen Arbeits- und Sozialrechts, München 2002 [zit. HSW-Bearbeiter, HdB. europ. Arbeits- und Sozialrecht] Hanau, Peter!Vossen, Reinhard, Die Auswirkungen des Betriebsinhaberwechsels auf Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge, Festschrift für Marie Luise Hilger und Hermann Stumpf, hrsg. v. Thomas Dieterich, Franz Gamillscheg und Herbert Wiedemann, München 1983, S. 271-297 Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. 2. Aufl., Baden-Baden 2002 [zit. HK-BGB-Bearbeiter] Hartmann, Christian, Die privatautonome Zuordnung von Arbeitsverhältnissen nach Umwandlungsrecht, ZfA 1997, S. 21-42 Hauck, Friedrich, Der Widerspruch beim Betriebsübergang, NZA 2004, Sonderbeilage 1, S. 43-48 Haverkate, Görg/Weiss, Manfred/ Huster, Stefan!Schmidt, Marlene, Casebook zum Arbeits- und Sozialrecht der EU, Baden-Baden 1999 [zit. Weiss-Bearbeiter, EU-Arbeitsrecht] Heckelmann, Dieter, Europarecht und richterliche Fortbildung nationalen Rechts: Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers beim Betriebsübergang nach§ 613a BGB, in: Gedächtnisschrift für Eberhard Grabitz, hrsg. v. Albrecht Randelzhofer, Rupert Scholz und Dieter Wilke, München 1995, S. 141-156 Heilmann, Aribert, Verdachtskündigung und Wiedereinstellung nach Rehabilitierung, Beideiberg 1964, zugl. Univ. Diss. Beideiberg 1964

427

Literaturverzeichnis

Heinz, Andreas/Schuhmann, Helmut!Busemann, Andreas, Ausländische Arbeitnehmer, 2. Aufl., Berlin 2002 Heinze, Meinhard, Die Arbeitgeber-Nachfolge bei Betriebsübergang, DB 1980, S. 205-213 - Arbeitsrechtliche Fragen bei Übertragung und Umwandlung von Unternehmen, ZfA 1997, S. 1-20 - Ausgewählte Rechtsfragen zu § 613a BOB, in: Tarifautonomie für ein neues Jahrhundert, Festschrift für Günter Schaub zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Monika Schlachter, Reiner Ascheid und Hans-Wolf Friedrich, München 1998, S. 275-294 - Arbeitsrechtliche Probleme der Umstrukturierung von Unternehmen, DB 1998, s. 1861-1867 Heiss, Manuela, Die Spaltung von Unternehmen im Deutschen Gesellschaftsrecht, Berlin 1995, zugl. Univ. Diss. Köln 1994 Heither, Friedrich, Zum Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, NZA 1991, S. 136-140 Helpertz, Stefan, Widerspruch des Arbeitnehmers und Sozialauswahl beim Betriebsübergang, DB 1990, S. 1562-1565 Hennrichs, Joachim, Zum Formwechsel und zur Spaltung nach dem neuen Umwandlungsgesetz, ZIP 1995, S. 794-801 - Die Bedeutung der EG-Bilanzrichtlinie für das deutsche Handelsbilanzrecht, ZGR 1997, S. 66-88 Henssler, Martin, Aktuelle Rechtsprobleme des Betriebsübergangs, NZA 1994, s. 913-924 - Arbeitnehmerinformation bei Umwandlungen und ihre Folgen im Gesellschaftsrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Günter Hönn, Horst Konzen und Peter Kreutz, Neuwied Kriftel 1998, S. 219-250 - Unternehmensumstrukturierung und Tarifrecht, in: Festschrift für Günter Schaub zum 65. Geburtstag, Tarifautonomie für ein neues Jahrhundert, hrsg. v. Monika Schlachter, Reiner Ascheid und Hans-Wolf Friedrich, München 1998, S. 311-336 Henssler, Martin!Braun, Axel (Hrsg.), Arbeitsrecht in Europa, Köln 2003 Henssler, MartiniGraf von Westphalen, Friedrich (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsfonn, 2. Aufl., Recklinghausen 2002 Henssler, Martin!Moll, Wilhelm (Hrsg.), Kündigung und Kündigungsschutz in der betrieblichen Praxis, Köln 2000 Henssler, Martin/Willemsen, Heinz JosejlKalb, Heinz-Jürgen (Hrsg.), Arbeitsrecht Kommentar, Köln 2004 [zit. ArbRKomm-Bearbeiter] Herdegen, Matthias, Europarecht, 4. Aufl., München 2002

428

Literaturverzeichnis

Hergenröder, Wolfgang, Rechtsgeschäftlicher Betriebsinhaberwechsel, in: AR-Biattei SD, Betriebsinhaberwechsel I 500.1, Loseblattwerk (Stand: November 1999) Hersehe!, Wilhelm, Anmerkung zu BAG v. 6.2.1980 - 5 AZR 275/78, AP Nr. 21 zu§ 613a BGB - Anmerkung zu BAG v. 15.2.1984- 5 AZR 123/82, AP Nr. 37 zu§ 613a BGB Hersehe!, Wilhelm!Löwiseh, Manfred, Kommentar zum Kündigungsschutzgesetz, 6. Aufl., Beideiberg 1984 [zit. Hersehel/Löwiseh, KSchG] Hess, Harald, Gesetzlicher Übergang des Arbeitsverhältnisses bei Betriebsveräußerung nur mit Einwilligung des Arbeitnehmers?, BB 1977, S. 501502 Hess, Harald/Sehloehauer, Ursula/Worzalla, Miehael/Gloek, Dirk, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 6. Aufl., Neuwied Kriftel 2003 [zit. HSWG-Bearbeiter, BetrVG] Hjort, Jens Peter, Der notwendige Inhalt eines Verschmelzungsvertrages aus arbeitsrechtlicher Sicht, NJW 1999, S. 750-754 Höfer, Reinhold, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Band I, Arbeitsrecht, Loseblattwerk (Stand: August 2001) [zit. Höfer, BetrAVG] Hoffmeister, Karl-Heinz, Soziale Auswahl nach Widerspruch bei Betriebs(teil)übergang, AuR 1995, S. 132-136 Hohenstatt, Klaus-Stefan/Müller-Bonanni, Thomas, Auswirkungen emes Betriebsinhaberwechsels auf Gesamtbetriebsrat und Gesamtbetriebsvereinbarungen, NZA 2003, S. 766-772 Hölters, Wolfgang (Hrsg.), Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, 5. Aufl., Köln 2002 [zit. Hölters-Bearbeiter, Unternehmenskauf] Holtkamp, Werner, Betriebsübergang. Wenn Dritte im Spiel sind, AuA 2002, S. 404-407 Holzapfel, Hans-Joaehim/Pöllath, Reinhard, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 11. Aufl., Köln 2003 Hommelhoff, Peter, Die Rolle der nationalen Gerichte bei der Europäisierung des Privatrechts, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Band II, hrsg. v. Andreas Heldrich und Klaus Hopt, München 2000, S. 889-925 Hörtnagl, Robert/Stratz, Rolf-Christian, Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., München 2001 [zit. Hörtnagl/Stratz, UmwG] Hoß, Axel/Ehrieh, Christian, Hinweis- und Aufklärungspflichten des Arbeitgebers beim Abschluss von Aufhebungsverträgen, DB 1997, S. 625628

429

Literaturverzeichnis

von Hoyningen-Huene, Gerrick/Linck, Rüdiger, Kündigungsschutzgesetz, 13. Aufl., München 2002 Hromadka, Wolfgang/Maschmann, Frank/Wallner, Franz, Der Tarifwechsel, München 1996 Hübner, Heinz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 2. Aufl., Berlin New York 1996 Hueck, Götz, Anmerkung zu BAG v. 25.8.1976- 5 AZR 788/75, AP Nr. 41 zu § 242 BGB Gleichbehandlung Hueck, Al.fred/Nipperdey, Hans Carl, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Erster Band, 7. Aufl., Berlin Frankfurt a.M. 1963 Huke, Reiner, Die Unterrichtung beim Betriebsübergang, hrsg. v. der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Berlin 2003 - Die Unterrichtung der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer gern. § 613a Abs. 5 BGB, FA 2002, S. 263-268 Hümmerich, Klaus, Aufklärungspflichten des Arbeitgebers im Anbahnungsverhältnis bei ungesicherter Beschäftigung des Arbeitnehmers, NZA 2002, S. 1305-1314 Hümmerich, Klaus/Spirolke, Matt/lias, Das arbeitsrechtliche Mandat, 2. Aufl., Bonn 2003 [zit. HS-Bearbeiter, Arbeitsrecht!. Mandat] Hutzler, Kurt, Kündigung und Kündigungsausschluss bei Betriebsübergang, BB 1981, S. 1470-1471 Ingelfinger, Helmar, Widerspruch des Arbeitnehmers beim Betriebsübergang und Sozialauswahl bei anschließender betriebsbedingter Kündigung, ZfA 1996, S. 591-613 Jaeger, Georg, Die Betriebsaufspaltung durch Ausgliederung einzelner Betriebsteile als sozialplanpflichtige Betriebsänderung, BB 1988, S. 10361040 - Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB in der Praxis der Betriebsübernahme, ZIP 2004, S. 433-445 Jaeger, Georg!Röder, Gerhard/Heckelmann, Günther, Praxishandbuch Betriebsverfassungsrecht, München 2003 [zit. JRH-Bearbeiter, PraxishdB. Betriebsverfassungsrecht] Jarass, Hans, Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, Köln Berlin Bonn München 1994 - Folgen der innerstaatlichen Wirkung von EG-Richtlinien, NJW 1991, S. 2665-2669 Jauernig, Othmar, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., München 2003 John, Uwe, Grundsätzliches zum Wirksamwerden empfangsbedürftiger Willenserklärungen, AcP 184 (1984), S. 385-412

430

Literaturverzeichnis

Joost, Detlev, Der Widerspruch des Arbeitnehmers beim Betriebsübergang nunmehreuropaweit? ZIP 1993, S. 178-181 - Umwandlungsrecht und Arbeitsrecht, in: Kölner Umwandlungsrechtstage: Verschmelzung Spaltung Formwechsel nach neuem Umwandlungsrecht und Umwandlungssteuerrecht, hrsg. v. Marcus Lutter, Köln 1995, S. 297-328 - Arbeitsrechtliche Angaben im Umwandlungsvertrag, ZIP 1995, S. 976986 - Anmerkung zu BAG v. 15.8.2002- 2 AZR 195/01, EWiR 2003, S. 429430 Junker, Abba, Internationales Arbeitsrecht im Konzern, Tübingen 1992, zugl. Habilitationsschrift Münster 1991/92 - Arbeits- und Sozialrecht in der Europäischen Union, JZ 1994, S. 277-286 - Anmerkung zu BAG v. 8.3.1999 - 8 AZR 190/98, EWiR 1999, S. 829830 Kallmeyer, Harald, Umwandlungsgesetz, Köln 1997 [zit. KallmeyerBearbeiter, UmwG] - Umwandlung nach UmwG und Unternehmensakquisition, DB 2002, S. 568-572 Kania, Thomas, Nichtarbeitsrechtliche Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Frankfurt a.M. 1989, zugl. Univ. Diss. Köln 1989 - Tarifeinheit bei Betriebsübergang, DB 1994, S. 529-534 - Tarifbindung bei Ausgliederung und Aufspaltung eines Betriebs, DB 1995,S.625-631 Karlsftld, Stephan, Das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang nach dem Umwandlungsgesetz, Harnburg 2001, zugl. Univ. Diss. Hannover 2001 Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2, hrsg. v. Wolfgang Leinemann, 2. Aufl., Neuwied Kriftel2000 [zit. Kasseler HdB.-Bearbeiter] Kempen, Otto Ernst/Zachert, Ulrich, Tarifvertragsgesetz - Kommentar fiir die Praxis, 3. Aufl., Frankfurt a.M. 1997 [zit. Kempen/Zachert, TVG] Kemper, Kurt/Kisters-Kölkes, Margret, Arbeitsrechtliche Grundzüge der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl. Neuwied Kriftel2002 Kerschner, Helmut/Köhler, Hermine, Betriebsveräußerung und Arbeitsrecht, Berlin 1983 Kessler, Manfred/Sauter, Thomas (Hrsg.), Handbuch Stock Options, München 2003 Kittner, Michael, Anmerkung zu BAG v. 17.2.1981- 1 ABR 101/78, AP Nr. 9 zu§ 111 BetrVG 1972

431

Literaturverzeichnis

Kittner, Michael!Däubler, Wolfgang!Zwanziger, Bertram, Kündigungsschutzrecht, 5. Aufl., Frankfurt a.M. 2001 [zit. KDZ-Bearbeiter, KSchG] Klevemann, Joachim, Anmerkung zu LAG Hamm v. 25.2.1988 - 8 Ta 321/88, LAGE Nr. 11 zu§ 130 BGB Kliemt, Michael, Neue Risiken bei Outsourcing, Betriebsübergang und Umwandlung, JUVE- Handbuch 2002/2003, S. 214-215 Klinkhammer, Heiner, Anmerkung zu BAG v. 2.3.1989 - 2 AZR 275/88, EZA Nr. 22 zu§ 130 BGB, S. 13-18 Koch, Ulrich, Der fehlende Hinweis auf tarifliche Ausschlussfristen und seine Folgen, in: Festschrift flir Günter zum Schaub zum 65. Geburtstag, Tarifautonomie flir ein neues Jahrhundert, hrsg. v. Monika Schlachter, Reiner Ascheid und Hans-WolfFriedrich, München 1998, S. 421-441 Konrad, Birgitta, Das Recht am Arbeitsplatz als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. I BGB, Univ. Diss. Münster 1984 Kort, Michael, Inhalt und Grenzen der arbeitsrechtlichen Personenflirsorgepflicht, NZA 1996, S. 854-858 - Anmerkung zu BAG v. 28.6.2000-7 AZR 904/98, SAE 2001, S. 131-138 Kossens, Michael, Informationspflichten und Widerspruchsrechte normiert, AuA 2002, S. 158-159 Kraft, Alfons, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, in: 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, hrsg. v. Franz Gamillscheg, Götz Hueck und Herbert Wiedemann, München 1979, s. 299-314 Kraft, Alfons/Wiese, Günther!Kreutz, Peter!Oetker, Hartmut/Raab, Thomas/Weser, Christoph, Betriebsverfassungsgesetz, Band II: §§ 74-132 mit Kommentierung des BetrVG 1952, 7. Aufl., Neuwied Kriftel 2002 [zit. GK-Bearbeiter, BetrVG] Krause, Rüdiger, Das Übergangsmandat des Betriebsrats im Lichte der novellierten Betriebsübergangsrichtlinie, NZA 1998, S. 1201-1205 - Nachweis von Arbeitsbedingungen, in: AR-Blattei SD, Arbeitsvertrag Arbeitsverhältnis II B 220.2.2, Loseblattwerk (Stand: Oktober 1999) Kreitner, Jochen, Kündigungsrechtliche Probleme beim Betriebsinhaberwechsel, Univ. Diss. Köln 1988 - Die Zuordnung von Arbeitsverhältnissen beim Betriebsinhaberwechsel, NZA 1990, S. 429-432 Kreßel, Eckhard, Arbeitsrechtliche Aspekte des neuen Umwandlungsbereinigungsgesetzes, BB 1995, S. 925-930 Kreutz, Peter, Gestaltungsaufgabe und Beendigung von Betriebsvereinbarungen, in: Festschrift flir Alfons Kraft zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Günter Hönn, Horst Konzen und Peter Kreutz, Neuwied Kriftel 1998, S. 323341 432

Literaturverzeichnis

Kröll, Michael, Die Änderungen des§ 613a BGB, Der Personalrat 2002, S. 391-394 Krügermeyer-Kalthoff, Rolj!Reutershan, Simon, Betriebsübergang - Unterrichtungspflichtendes Arbeitgebers nach § 613a Abs. 5 BGB n. F., MDR 2003, s. 541-546 Kunst, Heiko, Individualarbeitsrechtliche Informationsrechte des Arbeitnehmers, Frankfurt a.M. 2003, zugl. Univ. Diss. Frankfurt a.M. 2003 Küttner, Wolfdieter (Hrsg.), Personalbuch 2004, 11. Aufl., München 2004 Laber, Jörg/Roos, Christoph, § 613a Abs. 5 und 6- ein unlösbares Problem? Teil 1: Die Unterrichtungspflicht, ArbRB 2002, S. 268-271 - § 613a Abs. 5 und 6- ein unlösbares Problem? Teil2: Das Widerspruchsrecht, ArbRB 2002, S. 303-306 Lange, Hermann, Schadensersatz, Tübingen 1979 Larenz, Karl, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., Berlin Heidelberg N ew York 1991 Larenz, Carl/Wolf, Manfred, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl., München 1997 Lembke, Mark, Umstrukturierungen in der Insolvenz unter Einschaltung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, BB 2004, S. 773782 Lenz, Carl Otto, Kommentar zu dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften in der durch den Amsterdamer Vertrag geänderten Fassung, 2. Aufl., Köln Basel Genf München Wien 1999 [zit. LenzBearbeiter, EGV] Leuchten, Alexius/Zimmer, Mark, Haftung des Arbeitgebers durch erweiterte Nachweispflichten?, NZA 1999, S. 969-971 Lieb, Manfred, Arbeitsrecht, 8. Aufl., Beideiberg 2003 - Betriebs-(Teil-)Übergang bei zentraler Untemehmensorganisation, ZfA 1994, s. 229-250 - Vertragsaufhebung oder Geldersatz, in: Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, Köln Berlin Bonn München 1998, S. 251-270 Liessem, Georg, Der Übergang der Arbeitsverhältnisse bei Betriebsverpachtung, Univ. Diss. Köln 1983 Limmer, Peter (Hrsg.), Handbuch der Untemehmensumwandlung, 2. Aufl., Recklinghausen 2001 [zit. Limmer-Bearbeiter, HdB. Untemehmensumwandlung] Linck, Rüdiger, Die soziale Auswahl bei betriebsbedingter Kündigung, Köln Berlin Bonn München 1990, zugl. Univ. Diss. Beideiberg 1988/89

433

Literaturverzeichnis

Linde, Klaus!Lindemann, Viola, Der Nachweis tarifvertraglicher Ausschlussfristen, NZA 2003, S. 649-656 Lindemann, Achim/Simon, Oliver, Ablösung und Bestandsschutz von Altersversorgungsregelungen beim Betriebsübergang, BB 2003, S. 25102517 Lingemann, Stefan/von Steinau-Steinrück, Robert!Mengel, Anja, Employment & Labour Law in Germany, München Athen 2003 Lipinski, Wolfgang, Sonderkündigungsschutz bei Betriebsübergang, Univ. Diss. Regensburg 2001 - Sozialauswahl bei Betriebsteilübergang zugunsten eines widersprechenden Arbeitnehmers?, DB 2002, S. 1214-1218 Lisec, Anja, Der Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers nach betriebsbedingter Kündung und Betriebsübergang, Univ. Diss. Berlin 2000 Lorenz, Johan, Vertragsauthebung wegen culpa in contrahendo: Schutz der Entscheidungsfreiheit oder des Vermögens?, ZIP 1998, S. 1053-1057 Loritz, Karl-Georg, Anmerkung zu BAG v. 28.4.1987 - 3 AZR 75/86, AP Nr. 5 zu§ 1 BetrAVG Betriebsveräußerung Löw, Friederike, Die Betriebsveräußerung im europäischen Arbeitsrecht: Die EG-Richtlinie 771187 und ihre Umsetzung in Deutschland und Großbritannien, Frankfurt a.M. 1992, zugl. Univ. Diss. Köln 1991 - Steht das europäische Recht einem Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers bei Betriebsübergang entgegen?, DB 1991, S. 546-549 Löwisch, Manfred, Taschenkommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 4. Aufl., Beideiberg 1996 [zit. Löwisch, BetrVG] - Arbeitskampf- und Schlichtungsrecht, Beideiberg 1997 [zit. LöwischBearbeiter, Arbeitskampf] - Arbeitsrecht, 6. Aufl., Düsseldorf2002 - Die kündigungsrechtlichen Vorschläge der "Agenda 2010", NZA 2003, S. 689-704 - Neuregelung des Kündigungs- und Befristungsrechts durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt, BB 2004, 154-162 Lüke, Gerhard, Anmerkung zu BAG v. 25.2.1981 - 5 AZR 991/78, AP Nr. 24 zu§ 613a BOB - Anmerkung zu BAG v. 30.10.1986-2 AZR 101/85, AP Nr. 55 zu§ 613a BOB Lunk, Stefan, Widerspruch gegen Betriebsübergang und Sozialauswahl, NZA 1995, S. 711-717 Lunk, Stefan!Möller, Berenice, Folgeprobleme nach Widerspruch gegen einen Betriebsübergang, NZA 2004, S. 9-14 Lutter, Marcus, Umwandlungsgesetz, Band 1, §§ 1-151, 2. Aufl., Köln 2000 [zit. Lutter-Bearbeiter, UmwG] 434

Literaturverzeichnis

- Die Auslegung angeglichenen Rechts, JZ 1992, S. 593-607 - Zum Umfang der Bindung durch Richtlinien, in: Festschrift für Ulrich Everling, Band II, hrsg. v. Oie Due, Marcus Lutter und Jürgen Schwarze, Baden-Baden 1995, S. 765-782 Matthes, Christoph, Betriebsübergang und Betriebsteilübertragung als Betriebsänderung, in: Festschrift für Günther Wiese zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Peter Hanau, Eugen Lorenz und Hans-Christoph Matthes, Neuwied Kriftel1998, S. 293-301 - Betriebsübergang und Betriebsteilübergang als Betriebsänderung, NZA 2000, S. 1073-1077 Mayer-Maly, Theo, Anmerkung zu BAG v. 18.8.1976- 5 AZR 95/75, AP Nr. 4 zu§ 613a BGB Medicus, Dieter, Bürgerliches Recht, 19. Aufl., Köln Berlin Bonn München 2002 - Allgemeiner Teil des BGB, 8. Aufl., Heide1berg 2002 - Schuldrecht I, Allgemeiner Teil, 14. Aufl., München 2003 Meilicke, Wienand, EuGH zu§ 613a BGB: Widerspruch des Arbeitnehmers hindert nicht Übergang des Arbeitsverhältnisses, DB 1990, S. 1770 Meine/und, Gernod/Bauer, Thorsten, Der Wiedereinstellungsanspruch, NZA 1999, s. 575-581 Menge!, Anja, Umwandlungen im Arbeitsrecht, Heidelberg 1997, zugl. Univ. Diss. Köln 1996 Menze, Sandra, Das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang, Frankfurt a.M. 2000, zugl. Univ. Diss. Köln 2000 Mertens, Kai, Umwandlung und Universalsukzession, Beideiberg 1993, zugl. Univ. Diss. Kiel 1992 - Zur Universalsukzession in einem neuen Umwandlungsrecht, AG 1994, s. 66-78 Meyer, Cord, Sozialplangestaltung bei nachträglichem Betriebsübergang, NZA 2000, S. 297-308 - Arbeitsvertragsänderungen bei Betriebsübergang, NZA 2002, S. 246-255 - Betriebsübergang. Die Novelle im Praktikerblick, AuA 2002, S. 159-164 - Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht beim Betriebsübergang, BB 2003,S. 1010-1014 - Personalanpassung des Betriebsveräußerers auf Grund eines Erwerberkonzepts, NZA 2003, S. 244-249 - Bezugnahme-Klauseln und neues Tarifwechsel-Konzept des BAG, NZA 2003, S. 1126-1130

435

Literaturverzeichnis

- Gestaltungsfragen kollektiver Weitergeltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen bei Betriebsübergang - wider ein betriebsverfassungsrechtliches Interregnum!, ZIP 2004, S. 545-548 - Regelungsidentität beim Betriebsübergang nach § 613a BGB, DB 2004, S. 1886-1889 Moll, Wilhelm, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnisse, AnwBl 1991, S. 282-298 - Anmerkung zu BAG v. 22.4.1993 - 2 AZR 50/92, AP Nr. 103 zu § 613a BGB - Kollektivvertragliche Arbeitsbedingungen nach einem Betriebsübergang, RdA 1996, S. 275-286 - Die Rechtsstellung des Arbeitnehmers nach einem Betriebsübergang, NJW 1993, S. 2016-2023 - Betriebsübergang und Betriebsänderung, RdA 2003, S. 129-140 Moll, Wilhelm/Jacobi, Jessica, Anmerkung zu BAG v. 19.3.1998- 8 AZR 139/97, AP Nr. 177 zu § 613a BGB Müller, Friedrich/Christensen, Ralf, Juristische Methodik Band I, Grundlagen Öffentliches Recht, 8. Aufl., Berlin 2002 Müller-Ehlen, Frank, Der Übergang von Arbeitsverhältnissen im Umwandlungsrecht, Frankfurt a.M. 1999, zugl. Univ. Diss. Bonn 1998 Müller-Glöge, Rudi, Bestandsschutz beim Betriebsübergang nach § 613a BGB, NZA 1999, S. 449-457 - Zur Umsetzung der Nachweisrichtlinie in nationales Recht, RdA 2001, Beil. Heft 5, S. 46-56 von Münch, lngo/Kunig, Philipp, Grundgesetz-Kommentar, Band 1 (Präambel bis Art. 20), 4. Aufl., München 1992 [zit. v.Münch!Kunig-Bearbeiter, GG] Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht. Hrsg. Reinhard Richardi und Otfried Wlotzke. Band 1, Individualarbeitsrecht I, 2. Aufl., München 2000 - Band 2, Individualarbeitsrecht II, 2. Aufl., 2000 - Band 3, Kollektivarbeitsrecht, 2. Aufl., 2000 [zit. MünchArbR-Bearbeiter] Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Hrsg. Kurt Rehmann und Franz Jürgen Säcker. Band 1, Allgemeiner Teil, §§ 1 - 240, AGBGesetz, 4. Aufl., München 2001 - Band 2, Schuldrecht Allgemeiner Teil, §§ 241-432, FemAbsG, 4. Aufl., 2001 - Band 2a, Schuldrecht Allgemeiner Teil,§§ 241-432,4. Aufl., 2003 - Band 4, Schuldrecht, Besonderer Teil II (§§ 607-704), 3. Aufl., 1997 - Band 5, Schuldrecht Besonderer Teil III (§§ 705-853), 3. Aufl., 1997 [zit. MünchKomm-Bearbeiter, BGB] 436

Literaturverzeichnis

Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung. Hrsg. Hans Peter Kirchhof, Hans-Jürgen Lwowski und RolfStümer. Band 2, §§ 103-269, München 2002 [zit. MünchlnsO-Bearbeiter] Musielak, Hans-Joachim, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Aufl., München 2002 [zit. Musielak-Bearbeiter, ZPO] Nägele, Stefan, Aufklärungs- und Hinweispflichten des Arbeitgebers bei Abschluss eines Authebungsvertrages, BB 1992, S. 1274-1279 - Die Renaissance des Wiedereinstellungsanspruchs, BB 1998, S. 16861690 Nagt, Ruth, Die Spaltung durch Einzelrechtsnachfolge und nach neuem Umwandlungsrecht, DB 1996, S. 1221-1225 Natzel, lvo, Die Betriebszugehörigkeit im Arbeitsrecht, München 2000, zugl. Univ. Diss. Bonn 1997 Neef, Klaus, Betriebsübergang und Betriebsänderung - Eine Analyse der Rechtsprechung, NZA 1994, S. 97-102 - Die Rechtsprechung des BAG zum Betriebsübergang, NZA-RR 1999, S. 225-232 Neef, Klaus/Schrader, Peter, Betriebsübergang und Sozialplanregelung, NZA 1998, S. 804-809 Nehls, Albrecht, Die Neufassung des § 613a BGB - Bewertung und Gesta1tungsmöglichkeiten, NZA 2003, S. 822-827 Neumann-Duesberg, Horst, Arbeitgeberkündigung bei Betriebsübergang (§ 613aBGB), NJW 1972, S. 665-670 Nicolai, Andrea/Noack, Stefanie, Grundlagen und Grenzen des Wiedereinstellungsanspruchs nach wirksamer Kündigung des Arbeitsverhältnisses, ZfA 2000, S. 87-114 Nippe, Wolfgang, Der Zugang der Kündigung bei Urlaubsabwesenheit des Arbeitnehmers, JuS 1991, S. 285-290 Nipperdey, Hans-Carl, Der Arbeitskampf als unerlaubte Handlung, in: Sozialpolitik, Arbeits- und Sozialrecht, Festschrift fur Friedrich Sitzler zum 75. Geburtstag, hrsg. v. Constantin Paulssen, Walter Freitag und Hans Carl Nipperdey, Stuttgart 1956, S. 79-112 Nirk, Rudolf, Culpa in Contrahendo - eine richterliche Rechtsfortbildung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, in: Festschrift fur Philipp Möhring zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Wolfgang Hefennehl und Hans Carl Nipperdey, München Berlin 1965, S. 385-418 Oetker, Hartmut, Das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang und die Rechtsprechung des EuGH, NZA 1991, S. 137-139

437

Literaturverzeichnis

- Das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang zwischen Freiheitsschutz und Bestandsschutz, DZWIR 1993, S. 136-145 - Anmerkung zu BAG v. 4.6.1998- 8 AZR 786/96, EWiR 1998, S. 10271028 - Die Vorgaben der Betriebsübergangsrichtlinie für die Beteiligungsrechte des Betriebsrats, NZA 1998, S. 1193-1206 - Der Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers bei nachträglichem Wegfall des Kündigungsgrundes, ZIP 2000, S. 643-653 - Betriebsübergangsrichtlinie, in: Europäisches Arbeits- und Sozialrecht, Teil B 7200, Systematische Darstellungen, hrsg. v. Hartmut Oetker und Ulrich Preis, Loseblattwerk (Stand: Februar 2001), Beideiberg - Europäisches Betriebsverfassungsrecht, in: Europäisches Arbeits- und Sozialrecht, Teil B 8300, Systematische Darstellungen, hrsg. v. Hartmut Oetker und Ulrich Preis, Loseblattwerk (Stand: Februar 2001), Beideiberg Olbertz, Klaus/Ungnad, Simone, Zeitliche Grenze des Widerspruchsrechts nach § 6l3a Abs. 6 BGB im Falle fehlerhafter Unterrichtung der Arbeitnehmer, BB 2004, S. 213-218 Oppermann, Thomas, Europarecht, 2. Aufl., München 1999 Otto, Hansjörg, Grünes Licht für Wiedereinstellung bei betriebsbedingten Entlassungen, in: Festschrift für Alfons Kraft zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Günter Hönn, Horst Konzen und Peter Kreutz, Neuwied Kriftel 1998, S. 451-475

Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl., München 2004 Partsch, ChristophiReich Anka, Die Change-of-Control-Klausel im neuen Urhebervertragsrecht, AtP 2002, S. 298-303 Pfaff, Stephan Oliver, Die Reichweite arbeitsrechtlicher Angaben im Umwandlungsvertrag, Frankfurt a.M. 2001, zugl. Univ. Diss. Dresden 2001 - Angaben zu den arbeitsrechtlichen Folgen einer Umwandlung sind auch bei fehlendem Betriebsrat erforderlich, BB 2002, S. 1604-1609 Picot, Gerhard (Hrsg.), Unternehmenskauf und Restrukturierung, 3. Aufl., München 2004 [zit. Picot-Bearbeiter, Unternehmenskauf] - Handbuch Mergers & Acquisitions, 2. Aufl., Stuttgart 2003 [zit. PicotBearbeiter, Mergers&Acquisitions] Picot, Gerhard/Schnitker, Elmar, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf und Restrukturierung, München 2001 [zit. Picot/Schnitker, Arbeitsrecht bei Unternehmenskauf] Piekenbrock, Andreas/Schulze, Götz, Die Grenzen richtlinienkonformer Auslegung - autonomes Richterrecht oder horizontale Drittwirkung, WM 2002, S. 521-529 438

Literaturverzeichnis

Pietzko, Joachim, Der Tatbestand des§ 613a BGB, Berlin 1988, zugl. Univ. Diss. Köln 1987 - Rechtsgeschäftliche Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang, ZIP 1990, S. 1105-1116 Pipkorn, Jörn, Europäische Aspekte der Informations- und Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer, in: Festschrift fiir Ulrich Everling, Band II, hrsg. v. Ole Due, Marcus Lutter und Jürgen Schwarze, Baden-Baden 1995, s. 1113-1131 Plander, Harro, Umstrukturierungen und Änderungen der Arbeitsorganisation als Gegenstände der Betriebsverfassung, NZA 2000, S. 393-401 - Die Personalgestellung zum Erwerber beim Betriebsübergang als Reaktion auf den Widerspruch von Arbeitnehmern - Am Beispiel kommunaler Privatisierungen, NZA 2002, S. 69-75 Pomberg, Thorsten, Betriebsteilübergang: § 613a BGB als Hemmnis fiir Neueinsteilungen in dem verbleibenden Restbetrieb, DB 2003, S. 21772179 Popp, Klaus, Zugang der Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei Urlaub des Gekündigten, DB 1989, S. 1133-1138 Posth, Martin, Arbeitsrechtliche Probleme beim Betriebsinhaberwechsel (§ 613a BGB), Diss. Köln 1978 Pottmeyer, Klaus, Die Überleitung der Arbeitsverhältnisse im Falle des Betriebsinhaberwechsels nach § 613a BGB und die Mitbestimmung gemäß §§ 111 BetrVG, Frankfurt a.M. 1987, zugl. Diss. Univ. Bochum 1986 - Praktische Probleme im Zusammenhang mit dem Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers beim Betriebsinhaberwechsel (§ 613a BGB), ZfA 1989, S. 239-264 Prange, Kerstin, Tarifverträge im Lichte des § 613a BGB, NZA 2002, S. 817-823 Preis, Ulrich, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen, München 1987, zugl. Univ. Diss. Köln 1985/86 - Arbeitsrecht, Band I- Individualarbeitsrecht, 2. Aufl. 2003 - Konstitutive und deklaratorische Klauseln in Tarifverträgen, in: Tarifautonomie fiir ein neues Jahrhundert, Festschrift fiir Günter Schaub zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Monika Schlachter, Reiner Ascheid und Hans-Wolf Friedrich, München 1998, S. 571-592 - Das Nachweisgesetz -lästige Förmelei oder arbeitsrechtliche Zeitbombe, NZA 1997, S. 10-17 - Die "Reform" des Kündigungsschutzrechts, DB 2004, S. 70-79 Preis, Ulrich/Gotthardt, Michael, Schriftformerfordernis fiir Kündigungen, Aufhebungsverträge und Befristungen nach § 623 BGB, NZA 2000, S. 348-361 439

Literaturverzeichnis

Preis, Ulrich!Lindemann, Viola, Anmerkung zu EuGH v. 8.2.2001 - Rs. C350/99, EAS Nr. 2 zu Art. 2 RL 91/5333/EWG Preis, Ulrich/Richter, Marcus, Grenzen der normativen Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen beim Betriebsübergang, ZIP 2004, S. 925-940 Preis, Ulrich/Steffan, Ralf, Zum Schicksal kollektivrechtlicher Regelungen beim Betriebsübergang, in: Festschrift fiir Alfons Kraft zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Günter Hönn, Horst Konzen und Peter Kreutz, Neuwied Kriftel1998, S. 477-491 - Anmerkung zu BAG v. 7.4.1993 - 2 AZR 449/91, EzA Nr. 30 zu § I KSchG - Neue Konzepte des BAG zum Betriebsübergang nach§ 613a BGB, DB 1998, s. 309-315 Pribilla, Peter, Personalmanagement bei Mergers & Acquisitions: Therapeut oder Notarzt?, in: Management von Akquisitionen, hrsg. v. Arnold Picot, Andreas Nordmeyer und Peter Pribilla, Stuttgart 2000 Pröpper, Martin, Präventive Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über das Widerspruchsrecht fiir den Fall eines Betriebsübergangs, DB 2000, S. 2322-2326 - Unbefristetes Widerspruchsrecht bei Unterrichtungsfehlern über den Betriebsübergang nach§ 613a BGB?, DB 2003, S. 2011-2012 Raab, Thomas, Anmerkung zu BAG v. 28.6.2000 - 7 AZR 904/98, RdA 2001, s. 248-252 Rademacher, Ulf, Der Europäische Betriebsrat - Die Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22.9.1994 und ihre Umsetzung in nationales Recht, Baden-Baden 1996, zugl. Univ. Diss. Bonn 1996 Reiche!, Christian/Heger, Heinz-Josef, Betriebliche Altersversorgung, München 2003 Reiche!, Michael, Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag, Köln 2001, zugl. Univ. Diss. Köln 2000 Reichold, Hermann, Arbeitsrecht, München 2002 - Anmerkung zu BAG v. 24.2.2000- 8 AZR 167/93, SAE 2001, S. 122-125 - Durchbruch zu einer europäischen Betriebsverfassung, NZA 2003, S. 289-299 Reichsgerichtsrätekommentar. Das Bürgerliche Gesetzbuch, Band I, §§ 1 240, 12. Aufl., Berlin New York 1982 - Band II, 1. Teil,§§ 241-413, 12. Aufl., 1976 - Band II, Tei13/1, §§ 611-620, 12. Aufl., 1997 - Band II, 5. Teil, §§ 812-831, 12. Aufl, 1989 [zit. RGRK-Bearbeiter]

440

Literaturverzeichnis

Richardi, Reinhard, Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, 8. Aufl., München 2002 [zit. Richardi-Bearbeiter, BetrVG] - Sozialplan und Konkurs, Düsseldorf 1975 Rieble, Volker/Gutzeit, Martin, Betriebsvereinbarungen nach Untemehmensumstrukturierung, NZA 2003, S. 233-238 Rieble, Volker, Verschmelzung und Spaltung von Unternehmen und ihre Folgen fiir Schuldverhältnisse mit Dritten, ZIP 1997, S. 301-314 - Rückkehrzusagen an "ausgegliederte" Mitarbeiter und ihre Folgen, NZA 2002, s. 706-712 - Widerspruch nach § 613a Abs. 4 BOB - die ungeregelte Rechtsfolge, NZA 2004, S. 1-9 Riesenhuber, Kar!, Die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmern, JZ 1999, s. 711-718 - Die Sprache des arbeitsrechtlichen Nachweises, NZA 1999, S. 798-800 Rödder, Thomas!Hötzel, Oliver!Mueller-Thuns, Thomas, Unternehmenskauf Untemehmensverkauf, München 2003 Räder, Gerhard/Baeck, Ulrich, Interessenausgleich und Sozialplan, 3. Aufl., München 2001 von Roetteken, Torsten, Anforderungen des Gemeinschaftsrechts an Gesetzgebung und Rechtsprechung - Am Beispiel der Gleichbehandlungs-, der Arbeitsschutz- und der Betriebsübergangsrichtlinie, NZA 2001, S. 414424 Rolfs, Christian, Anmerkung zu BAG v. 17.10.2000- 3 AZR 605/99, AP Nr. 116 zu § 611 BOB Fürsorgepflicht Roth, Wulf-Henning, Europäisches Recht und nationales Recht, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Band II, hrsg. v. Andreas Heldrich und Klaus Hopt, München 2000, S. 847-888 Rumpf[, Klaus/Boewer, Dietrich, Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, 3. Aufl., Heidelberg 1990 Sagasser, Bernd/Bula, Thomas!Brünger, Thomas, Umwandlungen, 3. Aufl., München 2002 Salje, Peter, Betriebsaufspaltung und Arbeitnehmerschutz, NZA 1988, S. 449-455 Sayatz, Andre/Woljf, Alexander, Neuregelungen beim Betriebsübergang nach § 613a BOB - Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht, DStR 2002, S. 2039-2046 Schaefer, Ralf, Das Nachweisgesetz: Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag, Köln2000 Schalle, Heidrun, Der Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse bei Unternehmensumwandlung, Berlin 1999, zugl. Univ. Diss. Rostock 1998

441

Literaturverzeichnis

Schartau, Harald, Risiko und Chancen von Fusionen aus Arbeitnehmersicht, in: Management von Akquisitionen, hrsg. v. Amold Picot, Andreas Nordmeyer und Peter Pribilla, Stuttgart 2000 Schaub, Günter, Der arbeitsrechtliche Betriebsübergang im Recht der Gesamtrechtsnachfolge, in: Entwicklungen im Arbeitsrecht und Arbeitsschutzrecht, Festschrift für Otfried Wlotzke zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Rudolf Anzinger und Rolf Wank, München 1996, S. 103-119 Schaub, Günter!Koch, Ulrich/Linck, Rüdiger, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl., München 2002 [zit. Schaub-Bearbeiter, ArbeitsrechtshdB.] Scherzberg, Arno, Die innerstaatliche Wirkung von EG-Richtlinien, Jura 1993, S. 225-232 Schiefer, Bernd, Arbeitsrechtliche Voraussetzungen und Folgen des Betriebsübergangs gemäߧ 613a BGB, RdA 1994, S. 83-93 - Outsourcing, Auftragsvergabe, Betriebsübergang nach geänderter Rechtsprechung, NZA 1998, S. 1095-1107 - Rechtsfolgen des Betriebsübergangs nach § 613a BGB, NJW 1998, S. 1817-1827 - Fortgeltung individualrechtlich in Bezug genommener Tarifverträge bei Betriebsübergang, FA 2002, S. 258-263 - Tarifvertragswechsel beim Betriebsübergang- neue Möglichkeiten?, DB 2003, s. 390-393 Schiefer, Bernd/Pogge, Beate, Betriebsübergang und dessen Folgen- Tatbestandsvoraussetzungen des § 613a BGB und Fortgeltung kollektivrechtlicher Regelungen, NJW 2003, S. 3734-3741 Schimmel, Roland/Buh/mann, Dirk, Frankfurter Handbuch zum neuen Schuldrecht, Neuwied Kriftel 2002 Schipp, Johannes, Arbeitsrechtliche Probleme bei der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, NZA 1994, S. 865-871 Schipp, Johannes/Schipp, Barbara, Arbeitsrecht und Privatisierung, München 1996 Schlachter, Monika, Die Rechtsstellung des widersprechenden Arbeitnehmers bei Betriebsübergang, NZA 1995, S. 705-710 Schleusener, Axel Aino, Rechtsschutzmöglichkeiten bei einer Druckkündigung gegenüber dem Druckausübenden - Zugleich zum Recht am Arbeitsplatz als sonstigem Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, NZA 1999, S. 1078-1083 Schmalenberg, Werner, Die Tatbestandsvoraussetzungen des Betriebsübergangs gemäߧ 613a BGB, NZA 1989, Beil. Heft 3, S. 14-25 Schmidt, Marlene, Das Arbeitsrecht der Europäischen Gemeinschaft, Baden-Baden 2001 Schmidt, Reimer, Die Obliegenheiten, Karlsruhe 1953 442

Literaturverzeichnis

Schnitker, Elmar/Grau, Timon, Übergang und Anpassung von Rechten aus Aktienoptionsplänen bei Betriebsübergang nach § 613a BGB, BB 2002, S. 2497-2504 - Anmerkung zu BAG v. 17.4.2002- 5 AZR 89/01, EWiR 2003, S. 929930 - Anmerkung zu LAG Schleswig-Ho1stein v. 30.10.2002 - 5 Sa 206 c/02, EWiR 2003, S. 355-356 - Anmerkung zu BAG v. 20.3.2003 - 8 AZR 97/02, EWiR 2003, S. 909910 - Anmerkung zu LAG Brandenburg v. 29.8.2003 - 8 Sa 199/03, EWiR 2004, s. 173-174 - Anmerkung zu EuGH v. 20.11.2003- Rs C-340/01 (Abler), BB 2004, S. 275 Schnorbus, York, Autonome Harmonisierung in den Mitgliedsstaaten durch Inkorporation von Gemeinschaftsrecht, RabelsZ 2001, S. 654-705 Schreiber, Klaus, Das Arbeitsverhältnis beim Übergang des Betriebs, RdA 1982, s. 137-149 Schuber!, Claudia, Der Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers nach betriebsbedingter Kündigung in der Insolvenz, ZIP 2002, S. 554-563 Schuber!, Werner, Unredliches Verhalten Dritter bei Vertragsschluss, AcP 168 (1968), s. 470-512 Schulze, Reiner (Hrsg.), Auslegung europäischen Privatrechts und angeglichen Rechts, Baden-Baden 2000 Schumacher-Mohr, Zulässigkeit einer betriebsbedingten Kündigung durch den Veräußerer bei Betriebsübergang, NZA 2004, S. 629-633 Schwanda, Klaus, Der Betriebsübergang in § 613a BGB unter besonderer Berücksichtigung des Betriebsbegriffs, Berlin 1992 Schwarze, Jürgen, EU-Kommentar, Baden-Baden 2000 [zit. SchwarzeBearbeiter, EU] Schwarze, Roland, Anmerkung zu LAG Harnburg v. 20.8.1992- 2 Sa 16/92, LAGE Nr. 9 zu § 611 BGB Aufhebungsvertrag Schwarze, Roland, Praktische Handhabung und dogmatische Einordnung des Nachweisgesetzes, ZfA 1997, S. 43-66 Seiht, Christoph, Arbeitsrechtliche Aspekte des Wertpapiererwerbs- und Übemahmegesetzes, DB 2002, S. 529-536 Seiler, Hugo, Betriebsinhaberwechsel, Wiesbaden 1980 Selb, Walter, Mehrheiten von Gläubigem und Schuldnern, Tübingen 1984 Sem/er, Johannes/Stengel, Arndt, Umwandlungsgesetz, München 2003 [zit. Semler-Bearbeiter, UmwG]

443

Literaturverzeichnis

Singer, Reinhard, Wann ist widersprüchliches Verhalten verboten?- Zu den Rechtsfolgen der form- und grundlosen Eigenkündigung eines Arbeitnehmers, NZA 1998, S. 1309-1315 Skuderis, Anije, Die Weitergeltung von Tarifverträgen bei Betriebsübergängen nach§ 613a Abs. 1 S. 2 bis 4 BGB, Frankfurt a.M. 1999, zugl. Univ. Diss. Jena 1998 Soergel. Bürgerliches Gesetzbuch. Hrsg. W. Siebert et al. Band 1, Allgemeiner Teil(§§ 1 - 240), HaustürWiderrufG, 12. Aufl., Stuttgart Berlin Köln Mainz 1987 - Band 2, Schuldrecht I(§§ 241-432), 12. Aufl., 1990 - Band 2, Allgemeiner Teil 2, §§ 104 - 240, 13. Aufl., 1999 - Band 4/1, Schuldrecht III/1 (§§ 516-651), Gesetz zur Regelung der Miethöhe, Verbraucherkreditgesetz, 12. Aufl., 1997 - Band 5/2, Schuldrecht IV/2 (§§ 823- 853), Produkthaftungsgesetz, Umwelthaftungsgesetz, 12. Aufl., 1998 Stahlhacke, Eugen/Preis, Ulrich/Vossen, Reinhard, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Aufl., 2002 [zit. SPV-Bearbeiter, Kündigung] Staudinger. Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einflihrungsgesetz und Nebengesetzen, Erstes Buch, Allgemeiner Teil, §§ 164 - 240, Neubearbeitung Berlin 2001 - Erstes Buch, Allgemeiner Teil, §§ 134- 163 (Allgemeiner Teil 4), Neubearbeitung 2003 - Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, Einl. zu§§ 241 ff., §§ 241243, 13. Bearbeitung, 1995 - Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 249-254, 13. Bearbeitung, 1998 - Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 255-314, Neubearbeitung, 2001 - Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 361-396, Neubearbeitung, 2000 - Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 397-432, 13. Bearbeitung, 1999 - Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 611-615, 13. Bearbeitung, 1999 - Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 823-825, 13. Bearbeitung, 1999 - Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG), 13. Bearbeitung, 1998 Steffan, Ralf, Die Rechtsprechung des BAG zur Mitbestimmung bei Betriebsänderungen nach§§ 111 ff. BetrVG, NZA-RR 2000, S. 337-340

444

Literaturverzeichnis

Stege, Dieter/Weinspach, FK./Schiefer, Bernd, Betriebsverfassungsgesetz, 9. Aufl., Düsseldorf 2002 von Steinau-Steinrück, Robert/Wagner, Tobias, Neues zum Betriebsübergang, NJW-Spezial2004 (Heft 1), S. 33-34 Steindorf, Arne/Regh, Thomas, Arbeitsrecht in der Insolvenz, München 2002 Steindorff, Ernst, EG-Richtlinien und Illusionen, in: Festschrift fiir Ulrich Everling, Band II, hrsg. v. Oie Due, Marcus Lutter und Jürgen Schwarze, Baden-Baden1995, S. 1455-1467 Steineke, Frank, Der individualrechtliche Wiedereinstellungsanspruch nach wirksamer betriebsbedingter Kündigung, Harnburg 2003, zugl. Univ. Diss. Mainz 2003 Steuck, Jens-Peter, Die privatisierende Umwandlung - Zur Ausgliederung von Regie- und Eigenbetrieben der Gebietskörperschaften u.a. nach dem neuen Umwandlungsrecht, NJW 1995, S. 2887-2892 Strathmann, Stephanie, Der Wiedereinstellungsanspruch eines wirksam gekündigten Arbeitnehmers, Frankfurt a.M. 2001, zugl. Univ. Diss. Bielefeld 2001 - Wiedereinstellungsanspruch eines wirksam gekündigten Arbeitnehmers: Tendenzen der praktischen Ausgestaltung, DB 2003, S. 2438-2441 Streinz, Rudolf, Europarecht, 5. Aufl., Heidelberg 2001 - Der "effet utile" in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, in: Festschrift für Ulrich Everling, Band II, hrsg. v. Oie Due, Marcus Lutter und Jürgen Schwarze, Baden-Baden 1995, S. 14911510 Stück, Volker, Vorsicht vor Überraschungen - Auswirkungen des Betriebsübergangs, AuA 2003, S. 6-14 Tepass, Michael, Unkalkulierbare Risiken beim Betriebsübergang, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 6.03.2002, Nr. 55, S. 24 Thüsing, Gregor, Anmerkung zu LAG Hamm v. 4.12.2003 - 4 Sa 900/03, EWiR 2004, S. 485-486 Thüsing, Gregor/Lambrich, Thomas, Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifnormen - Verbandsaustritt, Verbandswechsel, Betriebsübergang, RdA 2002, S. 193-213 Thüsing, Gregor/Stelljes, Volker, Fragen zum Entwurf eines Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt, BB 2003, S. 1673-1681 Trittin, Wolfgang, Der Betriebsübergang, 2. Aufl. Frankfurt a.M. 1999 Tschöpe, Ulrich, Rechtsfolgen eines arbeitnehmersehigen Widerspruchsrechtsrechts beim Betriebsinhaberwechsel, Frankfurt a.M. 1984

445

Literaturverzeichnis

- Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, 3. Aufl., Köln 2003 [zit. TschöpeBearbeiter, AnwaltshdB.] Uhlenbruck, Wilhelm, Insolvenzordnung- Kommentar, 12. Aufl., München 2003 [zit. Uhlenbruck-Bearbeiter, InsO] Ulmer, Peter/Brandner, Erich/Hensen, Horst Diether, Kommentar zum Gesetz zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 8. Aufl., München 2000 [zit. UBH-Bearbeiter, AGBGB] Urban-Crell, Sandra/Manger, Robert, Konzernweite Aktienoptionspläne und Betriebsübergang, NJW 2004, S. 125-128 Vandamme, F., Concentrations d'entreprises et protection des travailleurs, Cahiers de droit europeen 1977, S. 25-48 Verhoek, Corinna, Das fehlerhafte Arbeitsverhältnis (erscheint demnächst) vom Stein, Jürgen, Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers bei Fehlprognose des Arbeitgebers?, RdA 1991, S. 85-94 Waas, Bernd/Johanns, Anke, Die Änderung der Richtlinie zum Betriebsübergang, EuZW 1999, S. 458-463 Waas, Bernd, Tarifvertrag und Betriebsübergang, Baden-Baden 1999 - Richtlinienvorschlag zum Betriebsübergang, EuZW 1995, S. 52-53 - Anmerkung zu BAG v. 30.8.2000- 4 AZR 581199, AP Nr. 12 zu§ 1 TVG Wank, Rolf, Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, Berlin 1978, zugl. Univ. Diss. Köln 1976177 - Die Geltung von Kollektivvereinbarungen nach einem Betriebsübergang, NZA 1987, S. 505-510 - Das Nachweisgesetz, RdA 1996, S. 21-24 - Anmerkung zu BAG v. 30.10.2003- 8 AZR 491102, EWiR 2004, S. 589590 Wank, Rolj!Börgmann, Udo, Der Übergang durch Rechtsgeschäft beim Betriebsübergang, DB 1997, S 129-1235 Warmbein, Manfred, Der Betriebsübergang nach § 613a BGB - ein Sanierungshindernis in der Insolvenz?, DZWIR 2003, S. 11-17 Weber, Claus, Materielle und prozessuale Folgen des Nachweisgesetzes bei Nichterteilung des Nachweises, NZA 2002, S. 641-644 Weber, Ralph, Anmerkung zu BAG v. 19.3.1998 - 8 AZR 139/97, SAE 1998, s. 322-325 Weber, Ulrich/Ehrich, Christian/Hörchens, Angela/Oberthür, Nathalie, Handbuch zum Betriebsverfassungsrecht, 2. Aufl., Köln 2003 Wellenhofer-Klein, Maria, Tarifwechsel durch Unternehmensumstrukturierung, ZfA 1999, S. 239-269 446

Literaturverzeichnis

Wels/au, Dietmar, Anmerkung zu LAG Harnburg v. 20.8.1992- 2 Sa 16/92, LAGE Nr. 9 zu § 611 BGB Aufhebungsvertrag Wendehorst, Christiane, Anspruch und Ausgleich, Tübingen 1999, zugl. Habilitationsschrift München 1998 Wendeling-Schröder, Ulrike/Welkoborsky, H., Beschäftigungssicherung und Transfersozialplan - Neue Handlungsfelder auf Grund BetrVG-Novelle und EG-Recht, NZA 2002, S. 1370-1378 Wenking, Thomas, Der Betriebsübergang im europäischen und deutschen Arbeitsrecht, Bonn, Univ. Diss. 1999 Wenzel, Leonhard, Anmerkung zu BAG v. 16.12.1980-7 AZR 1148/78, BB 1981, s. 1031-1032 Weyer, Hartmut, Gemeinschaftsrechtliches Verbot und nationale Zivilrechtsfolgen - Eine Untersuchung am Beispiel der Artikel 81, 82 EG-Vertrag, ZEuP 1999, S. 424-468 Widlak, Harald, Neues beim Betriebsübergang: Infonnationspflichten von Veräußerer und Erwerber/Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers, FA 2001, s. 363-364 Widmann, Siefried!Mayer, Dieter, Umwandlungsrecht, Loseblattwerk (Stand: Februar 2003), Bonn [zit. Widmann!Mayer-Bearbeiter, UmwG] Wiedemann, Herbert, Tarifvertragsgesetz mit Durchfiihrungs- und Nebenvorschriften, 6. Aufl., München 1999 [zit. Wiedemann-Bearbeiter, TVG] - Arbeitsrechtliche Probleme der Betriebsausgliederung, in: Festschrift fiir Hans Joachim Fleck zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Reinhard Goerdeler, Peter Hommelhoff, Marcus Lutter und Herbert Wiedemann, Berlin New York 1988, S. 447-463 Wieling, Hans Josef, Yenire contra factum proprium und Verschulden gegen sich selbst, AcP 176 (1976), S. 334-355 Willemsen, Heinz Josef, Neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 613a BGB, ZIP 1986, S. 477-487 - Aufhebung und Änderung von Versorgungszusagen aus Anlass eines Betriebsübergangs, RdA 1987, S. 327-334 - Arbeitsrechtliche Aspekte der Reform des Umwandlungsrechts, RdA 1993, s. 133-140 - Arbeitsrecht im Umwandlungsgesetz - Zehn Fragen aus der Sicht der Praxis, NZA 1996, S. 791-803 - Die Beteiligung des Betriebsrats im Umwandlungsverfahren, RdA 1998, s. 23-37 - Einbeziehung nicht-arbeitsrechtlicher Verträge in das Arbeitsverhältnis, in: Festschrift fiir Herbert Wiedemarm zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Rolf Wank, Heribert Hirte, Kaspar Frey, Holger Fleischer und Gregor Thüsing, München 2002, S. 645-672 447

Literaturverzeichnis

Willemsen, Heinz JosejlAnnuß, Georg, Anmerkung zu BAG v. 18.9.1997, 8 AZR 555/95, EZA Nr. 153 zu§ 613a BGB - Neue Betriebsübergangsrichtlinie - Anpassungsbedarf im deutschen Recht?, NJW 1999, S. 2073-2080 - Auftragsnachfolge-jetzt doch ein Betriebsübergang?, DB 2004, S. 134135 - Kündigungsschutz nach der Reform, NJW 2004, S. 177-184 Willemsen, Heinz JosejlHohenstatt, Klaus-Stefan/Schweibert, Ulrike/Seibt, Christoph, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 2. Aufl., München 2003 [zit. WHSS-Bearbeiter, Umstrukturierung] Willemsen, Heinz JosejlLembke, Mark, Die Neuregelung von Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang, NJW 2002,S. 1159-1165 Willemsen, JosejlMüller-Bonanni, Thomas, Aktienoptionen beim Betriebsübergang, ZIP 2003, S. 1177-1185 Wisskirchen, Gerlind, Neue Entwicklungen im Arbeitsrecht, AE Heft 1/2002, S. V-XXI Wißmann, Hellmut, Probleme bei der Umsetzung der EG-Richtlinie über Massenentlassungen in deutsches Recht, RdA 1998, S. 221-228 - Leitlinien aktueller Rechtsprechung zur Betriebsverfassung, NZA 2003, S. 1-6 Wlotzke, Otfried, Betriebsverfassungsgesetz, 2. Aufl., München 1992 - Arbeitsrechtliche Aspekte des neuen Umwandlungsrechts, DB 1995, S. 40-48 Wolf, Manfred/Horn, Norbert/Lindacher, Walter, Gesetz zur Regelung der allgemeinen Geschäftsbedingungen, 4. Aufl., München 1999 [zit. WHLBearbeiter, AGBG] Wollenschläger, Michael, Betriebsverfassungsrechtliche Fragen des Betriebsübergangs nach § 613a BGB unter Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Union, in: Festschrift für Wolfgang Gitter zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Meinhard Heinze und Jochern Schmitt, Wiesbaden 1995, s. 1067-1079 Wollenschläger, Michael/Poliert, Dirk, Rechtsfragen des Betriebsübergangs nach § 613a BGB unter Berücksichtigung betriebsverfassungsrechtlicher Fragen und des Rechts der Europäischen Union, ZfA 1996, S. 547-589 Wolter, Jürgen, Der Schutz des Arbeitnehmers vor betriebsbedingter Kündigung, Berlin 1980, zugl. Univ. Diss. Harnburg 1978 Worzalla, Michael, Neue Spielregeln bei Betriebsübergang - Die Änderungen des§ 613a BGB, NZA 2002, S. 353-358 Wulff, Manfred, Betriebsübergang nach§ 613a BGB, AiB 2002, S. 594-596

448

Literaturverzeichnis

Zachert, Ulrich/Kocher, Eva, Die Richtlinie 98/50/EG zum Betriebsübergang- aus Brüssel, Luxemburg und Kassel etwas Neues?, in: Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Arbeitsgerichtsbarkeit in Rheinland-Pfalz, hrsg. v. Klaus Schmidt, Neuwied Kriftel1999, S. 51-65 Zerres, Thomas, Arbeitsrechtliche Aspekte bei der Verschmelzung von Unternehmen, ZIP 2001, S. 359-366 Ziemann, Werner, Die Klage auf Wiedereinstellung oder Festsetzung des Arbeitsverhältnisses, MDR 1999, S. 716-721 Ziemons, Hildegard, EuGH-Rechtsprechung versus Unternehmerische Entscheidungsfreiheit, ZIP 1995, S. 987-995 - Der Vorschlag zur Änderung der Betriebsübergangsrichtlinie - ein trojanisches Pferd?, ZIP 1995, S. 1805-1808 Zöllner, Wolfgang, Veränderung und Allgleichung tarifvertraglich geregelter Arbeitsbedingungen nach Betriebsübergang, DB 1995, S. 1401-1408 - Die Stellung des Arbeitnehmers in Betrieb und Unternehmen, in: Festschrift 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, hrsg. v. Franz Gamillscheg, Götz Hueck und Herbert Wiedemann, München 1997 Zöllner, Wolfgang/Loritz, Karl-Georg, Arbeitsrecht, 5. Aufl., München 1998

449

Stichwortverzeichnis Die Zahlen bezeichnen die Seitenzahlen Abbedingung von § 613a Abs. 5 BOB - durch Kollektivvertrag 288 - s.a. Verzicht auf die Unterrichtung Abbedingung von§ 613aAbs. 6 BOB - durch Kollektivvertrag 353 - s.a. Verzicht auf das Widerspruchsrecht Aktienoptionen 162 f. Änderung unterrichtungsrelevanter Umstände nach Zugang 248 ff. - Änderung einzelner Angaben 253 ff., 262 ff. - Auswirkungen auf das Widerspruchsrecht, erklärte Widersprüche 251, 262 ff. - Beurteilungszeitpunkt fiir Richtigkeit/Vollständigkeit der Unterrichtung 220, 254 f. - Pflicht zu ergänzender/erneuter Unterrichtung 249 ff., 257 ff. - Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers 264 ff. - Übergang auf anderen Rechtsträger 251 f., 262 f. - Übersicht 277 - Verschiebung des Übergangszeitpunkts 252, 262 ff. - Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten beim Veräußerer 272 ff. Andeutungstheorie 239 f. Anfechtung der Widerspruchserklärung

- arglistige Täuschung 305 ff. - Ausschluss der Anfechtung 306 ff. - Folgeprobleme 311 - Inhalts-/Erklärungsirrtum 308 - Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften des Betriebserwerbers 308 - Motivirrtum 268 f., 308 - nach falscher Unterrichtung 304 ff. - richtiger Anfechtungsgegner 309 f. - Schweigen als "Nichtwiderspruch" 305 - Wirkung 310 f. Annahmeverzug 311, 3 74 - des Betriebsveräußerers nach Widerspruch 361 ff., 380 f., 387 f. - Kürzung von Annahmeverzugslohn 362 ff. - Zumutbarkeit vorübergehender Tätigkeit fiir Erwerber 363 ff. Anspruchsberechtigung aus § 613a Abs. 5 BOB - Arbeitnehmer (allgemein) 22 f. - Arbeitnehmer des Betriebserwerbers 40 ff. - Arbeitnehmer des Restbetriebs nach Betriebsteilübergang 40 ff. - Arbeitnehmer nach Wi