Trümmerzeit in München : Kultur und Gesellschaft einer deutschen Großstadt im Aufbruch 1945-1949 3406095208

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Trümmerzeit in München : Kultur und Gesellschaft einer deutschen Großstadt im Aufbruch 1945-1949
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üm merz eit in München Kultur und Gesellschaft deutschen Großstadt im Aufbruch 1945-1949

Verlag C. H. Beck

Trümmerzeit in München Herausgegeben von Friedrich Prinz

Trümmerzeit in München

Kultur und Gesellschaft einer deutschen Großstadt im Aufbruch 1945_1949 Herausgegeben von Friedrich Prinz

Verlag C. H. Beck, München

Gesamtredaktion: Marita Krauss Abbildung auf Umschlag-Vorderseite: Kammermusik im Grottenhof der Residenz, 29. August 1945, Photo von H. Schürer Abbildung auf Umschlag-Rückseite: Löwenbräu Nymphenburgerstraße 4, 1946, Photo von H. List, aus der Sammlung M. Scheeler Abbildung auf S.3: Blick auf den Dom von der Feldherrnhalle aus Oktober 1945, Photo von H. Schürer

ISBN 3406095208 Einband und Gestaltung: Tillmann Roeder, München ©Münchner Stadtmuseum 1984 Vertrieb der Buchhandelsausgabe durch den Verlag C. H. Beck, München Reproduktion der Abbildungen: Brockmann, München Gesamtherstellung: Georg Appl, Wemding Printed in Germany

Inhalt

Vorwort.....................................................................................................................

7

Münchner Kultur — Kultur in München 1945/49. Nature morte oder Musica Viva? (Friedrich Prinz)............................................................................

9

POLITIK UND KULTUR

............................................................................

21

Provinzialität und Weltbürgertum — Münchner städtische Kulturpolitik 1945 bis 1949 (Marita Krauss) ............................................................................

21

Nachlaßverwaltung oder demokratische Erneuerung? Münchner Kommu­ nalpolitik nach 1945 (Hans H. Wacker)...............................................................

39

Kultur zwischen Kontrolle und Kleiner Freiheit — amerikanische Kultur­ politik in München am Beispiel der Information Control Division (ClausDieter Schwab)........................................................................................................

60

DENKMALPFLEGE UND BILDENDE KUNST...............................

69

München, leuchtend und ausgebrannt... Denkmalpflege und Wiederauf­ bau in den Nachkriegsjahren (Nina A. Krieg) ..................................................

69

Stagnation im Statuarischen: Die Münchner Bildhauerei von 1945-1949 (Gerhard Finckh).....................................................................................................

88

»Die Kunst das Leben zu lieben« — Querschnitt Münchner Graphik 1945—1949 (Brigitte Buberl)...............................................................................

95

Die Malerei der Nachkriegszeit (Beate Frosch)

108

.................................................

Die Suche nach dem »richtigen« Stil — Kunstdiskussion in München 1945—1949 (Gerhard Finckh)...............................................................................

113

ZEN 49 (Gerhard Finckh).....................................................................................

117

Kunst, Kitsch und wirtschaftliche Interessen — das Münchner Kunstgewer­ be 1945-1949 (Sigrid Hofer)...............................................................................

123

KIRCHEN, BILDUNG UND ERZIEHUNG

......................................

131

Evangelische Kirche und öffentliches Leben in München 1945 bis 1949 (Carsten Nicolaisen, Clemens Vollnhals) .........................................................

131

Lebensmut im Wartesaal. Der Wiederaufbau der Israelitischen Kultus­ gemeinde und des jüdischen Lebens in München (Juliane Wetzel).............

142

Die Ludwig-Maximilians-Universität im Münchner Kulturleben zwischen Kriegszerstörung, Umerziehung und Richtfesten. »... Und neues Leben blüht aus den Ruinen« (Laetitia Boehm)............................................................

149

Die Universität München — ein statistischer Bericht über den Fortbestand nach 1945 (Ursula Huber).....................................................................................

156

Volksbildung. Modernität aus Tradition (Bernhard Schoßig).........................

161

Schule und Jugend in der Trümmerzeit (Johannes Timmermann)................

168

MUSIK UND THEATER...............................................................................

173

Münchner Tradition und Klassische Moderne — der musikalische Neu­ anfang (Franzpeter Messmer) ...............................................................................

173

6

Inhaltsverzeichnis

Münchner Musikerprofile (Franzpeter Messmer): Richard Strauss, 185. . Carl Orff, 187 — Werner Egk, 189 — Karl Amadeus Hartmann, 191

185

Theaterleben in den ersten Nachkriegsjahren: Kammerspiele, Volkstheater, Privattheater (Elisabeth Angermair).....................................................................

193

Das mittelgroße Welttheater. Die Staatstheater in München (Christiane Wilke) ...............

203

LITERATUR UND MEDIEN.....................................................................

209

Literarische Positionen im München der Nachkriegszeit (Gerhard Hay) . . .

209

Nachkriegsmünchen als Tor zum freieren Süden: Alfred Andersch und Gustav René Hocke als Kulturkritiker und Erzähler (Volker Wehdeking) . .

220

Märzenbier und Seidenhimmel. Zur Darstellung der Stadt-Persönlichkeit Münchens in der deutschen Nachkriegsliteratur (Wolfgang Frühwald) . . .

228

Markenfreie Literatur? Bibliothekswesen und Buchhandel in den Nach­ kriegsjahren (Marita Krauss)..................................................................................

235

Von Radio München zum Bayerischen Rundfunk (Rüdiger Bolz)................

240

Medien an der Longe. Die deutsche Lizenzpresse in München 1945—1949 (Dagmar Wiedenhorn-Schnell)............................................................................

252

Die Zeitschriften-Landschaft Münchens 1945—1949 (Georg Böhringer) . .

261

LITERARISCHE RÜCKBLENDEN............................................................

269

Gustav René Hocke, 269 — Wolfgang Koeppen, 272 — Walter Kolben­ hoff, 273 - Felix Buttersack, 279 KALEIDOSKOP DES TRÜMMERALLTAGS......................................

283

»... es geschahen Dinge, die Wunder ersetzten.« Die Frau im Münchner Trümmeralltag (Marita Krauss)............................................................................ 283 Trümmermode und New Look — Kleidung und Mode in München 1945—1949 (Günther Volz)..................................................................................

303

»Zucker, wer hat? Öl, wer kauft?« Emährungslage und Schwarzmarkt in München 1945-1948 (Margot Fuchs)...............................................................

312

»Deutsche sind Deutsche, ... gleichgültig, aus welchem Teil Deutschlands sie stammen«. Flüchtlinge und Vertriebene im Trümmermünchen (Marita Krauss).....................................................................................................................

320

»Rama dama« — »Munich at Work«. Eine Trümmerräumaktion der Nach­ kriegszeit (Nina A. Krieg).....................................................................................

330

»Vee GAYT ess ee-nen?« Lebenssplitter aus dem Umgang mit Besatzern (Marita Krauss)........................................................................................................

330

Das Herbstfest 1946 im Trümmermünchen: Kein Oktoberfest aber eine richtige Wies’n (Sybille Spiegel).........................................................................

339

Anmerkungen........................................................................................................

345

Glossar.....................................................................................................................

426

Bibliographie...........................................................................................................

444

Register.....................................................................................................................

454

Bildnachweis und Liste der Spender..................................................................

460

Vorwort

Mitarbeiter und Herausgeber legen hiermit begleitend zur Ausstellung »Trümmerzeit in München - Kultur und Gesell­ schaft einer deutschen Großstadt im Aufbruch 1945-1949« ein durchaus kontroverses Buch vor. Ausgewogenheit wurde we­ der erstrebt, noch wäre sie möglich gewesen. Dies bedeutet für unsere Publikation unter anderem, daß nicht nur Gegensätzli­ ches zu bisherigen Meinungen formuliert wird; die Kontro­ verse findet vielmehr auch zwischen einzelnen Beiträgen statt. Auf einem weitgehend unbearbeiteten Forschungsfeld Einhel­ ligkeit der Meinungen zu erwarten, oder gar rechthaberisch herbeizuführen, wäre vermessen. Vielleicht wird dabei auch klar, daß vieles Strittige nicht erst im Rückblick entstanden, sondern lebendiger Widerhall von Gegensätzen ist, die zum Wesen der frühen Nachkriegsjahre gehören. Gerade deshalb ist es zu bedauern, daß trotz großer Bemü­ hungen um geeignete Mitarbeiter manche Bereiche fehlen, die auszuleuchten notwendig gewesen wäre. Das gilt vor allem für die Rolle der katholischen Kirche in München. Niemand be­ dauert dieses Manko mehr als der Herausgeber, der von der buchstäblich lebenswichtigen, auf weite Strecken gezwunge­ nermaßen den Staat ersetzenden, entsagungsvollen Arbeit der Kirche in einer chaotischen Umbruchszeit voll Hunger und Elend die höchste Meinung hat. Desgleichen mußte der weite und wichtige Bereich des Staatlich-Politischen weitgehend ausgeklammert werden, da Buch und Ausstellungsthema da­ durch in unverantwortbarer Weise aufgebläht worden wären. Die thematische Begrenzung auf das Kulturelle und Gesell­ schaftliche, also auf das Kulturgeschichtliche im weiteren Sin­ ne, sollte vor allem der Vielfalt und Dichte der Informationen über diesen engeren Bereich zugute kommen. Wir möchten nicht nur ein Katalogbuch für die Ausstellung des Stadtmu­ seums vorlegen, sondern auch ein Nachschlagewerk mit Handbuchcharakter über Kultur und Mentalität der ersten Münchner Nachkriegsjahre, die heute schon seltsam zwischen konkreter Erinnerung und abgeschlossener Geschichte oszillie­ ren; mehr als einen Grundstein für weitere Arbeiten darf man aber nicht erwarten. Die umfangreichen bibliographischen An­ gaben und Register sollen weitere Forschungen erleichtern und den Inhalt des Buches besser erschließen. Mancher »blinde Fleck« ist — neben dem großen Thema Ka­ tholische Kirche — noch geblieben. So mußten wir beispiels­ weise auf einen Beitrag über den Münchner Film der Nach­ kriegszeit verzichten. Ausgeklammert wurden auch Themen wie die Nachkriegsentwicklung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Akademie der Bildenden Künste, der Technischen Universität, sowie der staatlichen Kulturbehörden im allgemeinen. Die Nachkriegsgeschichte der Ludwig-

Maximilians-Universität wurde dafür als pars pro toto mit auf­ genommen, vor allem wegen ihrer Bedeutung für das kulturel­ le Leben Münchens, die über das Institutionsgeschichtliche weit hinausgeht. Daß die genannten staatlichen Einrichtungen dennoch für unser Thema von großer Wichtigkeit waren, geht aus zahlreichen Beiträgen unserer Publikation hervor. So dürfte es wohl gerechtfertigt sein, daß von monographischen Darstel­ lungen in den genannten Fällen abgesehen wurde: Nicht das mehr oder weniger sicher Etablierte war der Hauptgegenstand unseres Interesses, sondern vornehmlich das Neue, sich Wan­ delnde, so stark auch immer Elemente der Kontinuität und Tradition über die Zäsur von 1945 bis in unsere Gegenwart hineinwirkten, ja, vor diesem Hintergrund erst voll sichtbar wurden. Viele haben uns bei unserer Arbeit tatkräftig und vertrauens­ voll geholfen. Nicht alle können an dieser Stelle namentlich genannt werden. Mein herzlicher Dank gilt in erster Linie der Stadt München und besonders Herrn Dr. Christoph Stölzl, dem vielseitigen Direktor des Münchner Stadtmuseums, ohne dessen tatkräftige Unterstützung der Druck dieses Bandes nicht möglich gewesen wäre; desgleichen der Firma Philip Morris, der Münchner Universität, der Münchner Universitätsgesell­ schaft sowie allen weiteren Spendern für ihre großzügige Hilfe bei der Honorierung der umfangreichen Forschungsarbeiten. Für verständnisvolle Hilfe bei der Suche nach Quellen und Materialien sei Herrn Dr. Richard Bauer, Direktor des Münch­ ner Stadtarchivs, Herrn Dr. Helmut M. Hanko, dem bisherigen Leiter der Monacensia-Abteilung der Münchner Stadtbiblio­ thek sowie Herrn Dr. Reinhard Heydenreuter vom Bayeri­ schen Hauptstaatsarchiv München wärmstens gedankt. Mein Dank gilt nicht zuletzt allen meinen Mitarbeitern und insbesondere der ideenreichen Redakteurin und Mitautorin unseres Buches, Frau Dr. Marita Krauss, die sich mit Verve und organisatorischem Talent dieses Unternehmens annahm, sowie meinen Institutsmitarbeiterinneri Frau Nina A. Krieg und Frau Rita Huber M.A. Dank gebührt auch jenen Mitarbeitern, die unermüdlich und mit Begeisterung in Archiven, Bibliotheken, Kunstsammlungen ihr oft verstreutes Material sammelten und auswerteten und sich dabei meistens auf unsicheres Neuland begeben mußten. Ohne ihre Mühe wäre weder dieses Buch noch die Ausstellung zustande gekommen. Last but not least gilt mein Dank Herrn Dr. Ernst-Peter Wieckenberg und Herrn Jürgen Fischer vom Verlag C.H.Beck sowie Herrn Tillmann Roeder für kundige und verständnisvolle Hilfe bei der Druck­ legung. München, im Januar 1984

Friedrich Prinz

I

München 1945, Photo von H. Schürer

1 Münchner Kultur — Kultur in München 1945/49 Nature morte oder Musica Viva? Unsere Publikation ist in mehrfacher Hinsicht ein Wagnis, vielleicht sogar eine Herausforderung für sehr unterschiedliche Richtungen und Feldlager, die heute kritisch, manchmal im Zorn, oder auch nostalgisch auf die ersten Nachkriegsjahre als eine »Zeit zwischen den Zeiten« zurückblicken. Das Wagnis besteht bereits darin, daß in vielen Bereichen Neuland betreten wurde und daß es noch keinerlei vergleichbare Fallstudie gibt, abgesehen von einer Untersuchung über Marburg 1945—1952, die aber die kulturellen Fragen der frühen Nachkriegszeit nur am Rande streift, sowie einer dokumentarischen Zusammen­ stellung amerikanischer Kulturberichte aus dem besetzten Ber­ lin, die kaum inhaltliche Aufarbeitung bringt. Das Risiko unse­ res Buches betrifft aber vor allem die Inhalte: Es gilt für die Themenauswahl, es gilt noch mehr für die Aspekte und Akzen­ te, die zu setzen waren. Was das erstere, die Thematik dieses Bandes, betrifft, so mußte von Anfang an vieles ausgeklam­ mert werden, sollte das Projekt nicht ins Generelle oder Belie­ bige ausufern. So wurde absichtlich der Bereich des PolitischÖkonomischen weitgehend ausgelassen, da sich die zeitge­ schichtliche Forschung mit ihm schon ausgiebig befaßt hat;1* außerdem steht eine umfangreiche Publikation über die politi­ sche und wirtschaftliche Entwicklung Bayerns nach dem Zwei­ ten Weltkrieg bevor.2* Eine weitere Begründung für dieses scheinbare Versäumnis liefert ein geradezu typisches Merkmal der »Trümmerzeit«, nämlich die Tatsache, daß damals in vielen Bereichen für die Deutschen Kultur, entweder aus eigenem An­ trieb oder zwangsweise, Ersatz für Politik und Wirtschaft war. Das ist kein nachträglich in diese Epoche hineingetragener Aspekt, sondern konkretes Zeitbewußtsein, ja sogar offizielles Postulat. Gérard van Loon, wohlwollender Münchner Theater­ kontrolloffizier der Besatzungsn.acht, hat dies in einem Brief an Oberbürgermeister Karl Scharnagl so ausgedrückt: »Wie Sie wohl wissen, stehen wir jetzt in Bayern, (Ich kann nicht umhin bei uns in Bayern! zu sagen) vor der Tatsache, daß außer Kultur wir nur sehr wenige Industrien wieder auf die Beine werden bringen können. Um München wieder einen Platz an der Weltsonne zu verschaffen, muß München wieder DIE Kunststadt werden, die es früher war. Nur das allerbeste an Theater, Musik und bildender Kunst wird dies fertigbringen .. ,«3* Ob dieses Ziel erreichbar war, steht auf einem anderen Blatt, sicher ist jedoch, daß diese weitausgreifende Ersatzfunktion der Kunst im Münchner öffentlichen Leben durchaus akzep­ tiert und bejaht wurde; die Zeitschriften-Schwemme4* zeigt das ebenso wie der große gefühlsmäßige Stellenwert der Musik in jener Zeit.5* Weil wir schon bei Charakteristika der Epoche sind, sei vor­ ab noch ein simples Faktum in Erinnerung gerufen, das nicht nur den latenten wie den offiziell erzwungenen Apolitismus des Anfangs verstärkte, sondern in sich selbst als Signum der

Zeit Beachtung verdient: Es ist die eminente Rolle der Frauen im »Trümmer«-München: als Schutträumerinnen und Ziegelputzerinnen, als berufliche und familiäre »Statthalterinnen« vermißter, gefallener oder gefangener Männer und Söhne, als natürliche Sammelpunkte gewaltsam zerstörter und mühsam sich wieder zusammenfindender Familien, aber auch als coura­ gierte Einzelkämpferinnen im öffentlichen und kulturellen Le­ ben.6* Für viele andere — bekannte wie unbekannte — wären etwa zu nennen: Jella Lepmann, die ideenreiche unermüdliche Begründerin der »Internationalen Jugendbibliothek«, Lonny van Laak als begeisterte und organisatorisch begabte »Cine­ astin« der ersten Stunde, Agnes von Krempelhuber im Dienste der wiederzueröffnenden, ausgelagerten Stadtbibliothek.7* Es war sicher kein Zufall, daß dem Aufruf im »Münchner Stadt­ anzeiger«, Erlebnisse der »Trümmerzeit« niederzuschreiben und einzusenden, in der Mehrzahl alte Münchnerinnen Folge leisteten.8* In den Antworten ist die Rede vom täglichen Kampf um die Grundnahrungsmittel, um etwas Brennmaterial, um Glas für zersprungene Fensterscheiben, um Betten für die Kin­ der: Emanzipation als bittere Notwendigkeit, nicht als psychodelische oder ideologische Spielwiese. Gerade das Urteil sol­ cher Frauen wiegt schwer, sie mußten die ganze Härte des oft hoffnungslos scheinenden Alltags ertragen und bewältigen, hatten vor der »Forderung des Tages« oft wenig Zeit, etwas vom geistigen Neubeginn einer geschlagenen und bis ins Mark verletzten Nation zu spüren. Der Trümmeralltag, dem in dieser Publikation mit Absicht breiter Raum gewidmet wird, besaß seine bitteren Eigenge­ setzlichkeiten. Das blieb nicht ohne Folgen für das kulturelle Leben der Stadt, bedrängte und akzentuierte es in besonderer Weise. Einerseits erstaunt es, wie stark dennoch das Bedürfnis nach Kultur, speziell nach Musik und Theater, von den Münch­ nern Besitz ergriffen hatte. Andererseits stoßen wir oft auf die ebenso bezeugte Unmöglichkeit, über den Tag hinaus denken und fühlen zu können: »Kultur war nicht gefragt, wir hatten Hunger!«9* Die zwangsweise Reduktion auf den elementaren Selbsterhaltungswillen, die aus solchen Feststellungen spricht, erklärt zumindest zum Teil, warum die damals in vielen Zeit­ schriften und Zeitungen leidenschaftlich geführte Diskussion über die Ursachen der deutschen Katastrophe, um »Schuld und Sühne« letztlich doch nur auf eine relativ dünne Schicht von Intellektuellen und einen Teil der »Kriegsgeneration« be­ schränkt blieb, das »Volk« aber angesichts leerer Läden und Speisekammern, kalter Stuben und feuchter, dunkler Kellerbe­ hausungen offenbar nicht im tiefsten Kern berührte. Merkwür­ dig nur, daß sich über solches Verhalten vor allem eine satte, behäbige, fast berufsmäßige Systemkritik hochmütig erhebt, die in anderen Zusammenhängen so gern das Brecht-Diktum im Munde führt, daß erst das Fressen und dann die Moral komme.10* Nimmt man aber die bittere materielle Not der Zeit ernst, dann wird man das krasse Nebeneinander von leiden­

10

Münchner Kultur

schaftlichem Fragen nach den Gründen des deutschen De­ sasters und einer völlig okkupierenden hektischen Daseinsfür­ sorge von einem Tag zum andern als Phänomen einfach zur Kenntnis nehmen müssen, ohne in fatal schulmeisterlicher Ab­ sicht eins gegen das andere auszuspielen. Provokation geht also ebenso von den zeitgenössischen wie von den heutigen Reak­ tionen auf die - angeblich fahrlässig versäumten - Chancen und Planungen der »Trümmerjahre« aus. Dies zu zeigen ist eine Absicht unserer Publikation, die über den faktographischen und wissenschaftlichen Ertrag hinausweist.

Rundblicke über eine »Zeit zwischen den Zeiten«: Ideologien und Klischees Damit sind wir schon bei der widersprüchlichen geistigen Situation der ersten Münchner Nachkriegsjahre, die Hauptge­ genstand unseres Interesses sein soll. Was hier betrieben wird, ist »Psychoarchäologie«, mühsame Rekonstruktion einer kur­ zen, aber wichtigen Epoche, deren Kennzeichen im materiellen wie im geistigen Sinne eine Trümmerwelt war. Damals wur­ den viele Weichen der Nachkriegsentwicklung gestellt, Chan­ cen versäumt und Chancen genutzt. Die »Trümmerzeit« selbst war keineswegs zielgerichtet; vielmehr bietet sich für die Münchner Jahre unter amerikanischer Besatzung das Bild der weit nach verschiedenen Richtungen ausschlagenden Kom­ paßnadel an, die sich nur sehr zögernd auf das so oft beklagte »Normalmaß« der 50er Jahre einspielte. Es gilt also, die Viel­ falt der Möglichkeiten sichtbar zu machen, die damals offenstanden oder offenzustehen schienen, in jener scheinbaren »Stunde Null«, als es — dem Deutschen von jeher ein Greuel — keine sichere staatliche Autorität gab und die verwirrte Gesell­ schaft des totalen Zusammenbruchs in den brodelnden Urzu­ stand des allgemeinen Chaos, gleichsam in den Status vor dem Rousseauschen »Contrat Social«, zurückzufallen schien. Zurückzufallen schien — denn eine sorgfältige Analyse von Lebenswegen und Institutionen zeigt, daß der griffige Topos von der »Stunde Null«,11* der als heuristisches Prinzip in den Anfängen der Forschung über die Nachkriegszeit durchaus be­ rechtigt war, dennoch kritisch hinterfragt werden muß. Ob er darüber hinaus auch jenen nützlich war, die 1945 aus politi­ schen Gründen vorübergehend »auf Tauchstation« gehen muß­ ten, bleibe dahingestellt. Auf jeden Fall aber ist er in sich selbst fragwürdig geworden, seit der Zugang zu den Archivalien die­ ser Epoche unser Wissen quantitativ wie qualitativ bereichert, vertieft und zugleich differenziert hat; Kontinuitäten wie Brü­ che sind über die »Stunde Null« hinweg im Einzelfall heute sehr konkret sichtbar zu machen, damit aber auch handfeste Widersprüche, die man nicht wegdiskutieren sollte. Das Wag­ nis liegt also auch bereits im Eintauchen in das widersprüchli­ che Durcheinander des konkreten Lebens, des sperrigen De­ tails, das sich jeder ideologischen oder geschichts-philosophischen Schablone entzieht und manche voreilige Zusammen­ schau ad absurdum führt. »Der Teufel steckt im Detail« — so sagt man oft, aber es ist wohl eher umgekehrt, daß im Detail auch die eigentliche Wahrheit steckt, weil es uns zwingt, von den schönen oder gruseligen, auf jeden Fall kräftigen und da­ her suggestiven »Wahnbildern« Abschied zu nehmen, die Friedrich Nietzsche als Quintessenz geschichtlicher Erinnerung gerade noch anerkennen wollte. Um Wahnbilder geht es hier

nicht, ebensowenig um vieltradierte und daher allseits bekann­ te Gemeinplätze und Einheitssuppen über die Nachkriegsjahre, die aus den verschiedensten ideologischen Volks- und Elite­ küchen uns bis zum heutigen Tage gereicht werden. Ein ab­ schreckendes Beispiel dafür und daher zumindest von erfreuli­ cher politischer Eindeutigkeit ist der 1982 erschienene Argu­ ment-Sonderband »Nachkriegsliteratur in Westdeutschland 1945—49«,12* der in schöner Vollständigkeit all die bequemen Klischees bündelt, die Nachkriegszeit in ein schwefelgelbes Licht teuflischer Irreführung der Deutschen durch eine finstere Verschwörung der kaum entnazifizierten Reaktion taucht und überhaupt mehr über die geistige Verfassung der Autoren aus­ sagt als über die Literatur der Nachkriegszeit. Überall scheint Manipulation am Werke gewesen zu sein: in der amerikani­ schen Theaterpolitik der Besatzungszeit, in der Vergabe der westdeutschen Literaturpreise, in der utopischen Literatur nach 1945; auch das Streben nach »geistiger Freiheit« wird als ab­ sichtsvolle Entpolitisierung entlarvt und daher in Anführungs­ zeichen gesetzt. So verwundert es nicht, daß die Autoren litera­ rische Qualität kaum diskutieren, geschweige denn begründen, dafür aber umso ausführlicher ideologische Positionen abklopfen. Dabei rutscht etwa die »Gruppe 47«13* erstaunlich rasch ins rechte, infernalische Licht eines reaktionären Lektorats, ge­ wissermaßen als literarisch-ästhetisches Exekutivorgan des Bundesverbandes der deutschen Industrie.14* Solcher Art von »Literaturkritik« gegenüber ist es umso notwendiger, das Feld suggestiver Plakatbilder zu verlassen, um vor Ort, im Kon­ kreten, im sorgfältig rekonstruierten Detail, Anschluß an die widersprüchliche, differenzierte Realität der ersten Nach­ kriegsjahre zu finden. Die Gefahr allzu weiträumiger Rück- und Überblicke zeigt sich auch im Bereich der bildenden Kunst. Hier versucht Jutta Held in beachtenswerter Weise eine erste Summe für die Jahre 1945 bis 1949 zu ziehen, wobei bei der Fülle des Materials, das manchmal obendrein noch schwer zugänglich war, Pauschalur­ teile nicht ausbleiben konnten15* — ein weiterer Beweis für die Notwendigkeit, von allzu summarischen, »flächendeckenden« Arbeiten vorerst zu konkreten Fallstudien zurückzugehen. Im­ merhin, das Auseinandertriften der Kunst in den »Westzonen« und in der »Ostzone« wird scharf ins Visier genommen und die ideologische Bedeutung der abstrakten Kunst für die Kunstpolitik des »Kalten Krieges« klar erkannt. Es ging - kurz gesagt - um die Stilisierung abstrakten Kunstwollens als west­ liche, fortschrittliche, »freiheitliche« Kunst gegenüber einer realistischen Kunsttradition, die bereits durch den PseudoRealismus der offiziellen NS-Kunst diskreditiert war, nach 1945 aber noch stärker ins ideologische Kreuzfeuer geriet: als Absacken einer obsoleten Kunstform in den stupiden Unifor­ mismus des stalinistischen »sozialistischen Realismus«. Letztere Entwicklung wird allerdings von der Autorin wesentlich nach­ sichtiger behandelt als die westlichen Trends. Ähnliches gilt für die Versuche, auch im Westen Organisationsformen für die Künstler zu schaffen, die — wie die weitere Entwicklung in Osteuropa zeigt — einerseits der Existenzsicherung dienen, an­ dererseits aber mit innerer Konsequenz zu jenen Verbandsfor­ men führen, die als Zwangsverbände des Staates den Künstler sowohl ideologisch wie in seiner beruflichen Existenz fesseln oder sogar, durch Ausschluß, strangulieren. Es ist sicher kein Zufall, daß der »Schutzverband bildender Künstler«, bei dem anfangs unklar war, wer wen wovor schützte, im gemäßigten

Sieger Tod, Photomontage von F. Burckhardt und M.Radler, aus »Der Simpl« Nr. 1 1946

12

Münchner Kultur

Münchner Klima bald von seinem ideologischen Anfangskon­ zept abrückte.16' Die Gefahr einer quasi »flächendeckenden« Studie zeigt sich bei Jutta Held auch darin, daß das Verzeichnis der Münchner Ausstellungen im behandelten Zeitraum nur zur Hälfte richtige Daten aufweist, einiges fehlt, anderes ist hinzu­ erfunden und daher auch inhaltlich irreführend.17' Unvollstän­ digkeit kann dabei leicht Anlaß für handliche Fehleinschätzun­ gen werden, die es zu beseitigen gilt.

Kultur in München — eine Definitionsfrage Unser zweites Wagnis liegt also vor allem darin, gerade im Fal­ le Münchens den liebgewordenen Vorurteilen über den durch­ wegs reaktionären Charakter der Stadt nachzuspüren, die nur allzuoft als bundesrepublikanische Meinungsmache in Umlauf sind und durch eine seichte und sentimentale Bavarica- und Monacensia-Welle immer wieder eine fatale Scheinbestäti­ gung erhalten. Der generalisierenden Klischees gibt es auch hier viele, manchmal erweisen sie sich als grundsätzlich falsch, wenn auch aus einer publikumswirksamen ideologischen Ge­ genposition erwachsen, manchmal lassen sie sich auf eine be­ rechtigte Teilwahrheit zurückstufen, gleichsam »tiefer hängen« und damit »entmythologisieren«. Manchmal sind sie jedoch nur zu begreifen als das von außen, wenn auch ex negativo, be­ stätigte Selbstverständnis eines extrem konservativen Teils der Münchner Kulturgesellschaft, nämlich als deren von anderer Seite hämisch verzerrtes Leitbild. Das Wagnis besteht dann ge­ rade darin, gegenüber uniformierenden Vorstellungen, etwa vom altbekannten »Münchner Traditionalismus« und »Konser­ vativismus«,18' die Pluralität und Polyzentrik des Münchner Kulturlebens aufzuzeigen, seine spezifischen Strukturen, aber auch die Übereinstimmungen mit der Entwicklung anderer Großstädte im Deutschland der ersten Nachkriegsjahre.19' Es versteht sich dabei von selbst, daß hier »Münchner Kul­ tur« im weiteren Sinne, nämlich als »Kultur in München« ver­ standen wird, also nicht auf das reduziert werden darf, was ge­ meinhin als »bodenständig« gilt. Dabei muß man sich gerade in München dessen bewußt bleiben, daß oft das als »boden­ ständig« gilt, was bei seinem ersten Auftreten als fremd erst einmal abgelehnt wurde — man denke an die Geschichte der Richard-Strauss-Rezeption in seiner Heimatstadt20' oder daran, daß etwa Wilhelm Hausenstein und Hans Eckstein, die schärf­ sten Kritiker des Münchens der Zwanziger Jahre, nach dem Zweiten Weltkrieg durchaus als integrierte Repräsentanten einer im besten Sinne Münchner Kultur redeten und schrie­ ben.21' Den Historiker wird das Zwielichtig-Schillernde des Begriffs »Bodenständigkeit« nicht überraschen, gehört es doch zur vertrauten Signatur Münchens seit dem frühen 19. Jahr­ hundert, daß die neue Hauptstadt des Königreiches Bayern durch den Zuzug einer fränkischen, pfälzischen und schwäbi­ schen Verwaltungselite ebenso geprägt wurde wie durch die vielzitierten »Nordlichter« unter König Ludwig I. Schon damals meinten viele, daß die Zugereisten eine alte Münchner und bayerische Kultur überrollt hätten, während sie nur das Ihre dazu beitrugen, daß München zwangsläufig und in einem gleichsam gesamtdeutschen Sinne aus seinem altbayerischen Ambiente herauswuchs, ohne jedoch dem Lande und sich selbst entfremdet zu werden.22' Das »Bodenständige« ist also oft nur — um es auf eine Formel zu bringen — das Vielschich­

tige, ja Kontroverse von gestern - integriert, domestiziert und zur Ehre der Münchner (Kultur-)Altäre erhoben. Was bedeutet diese Feststellung für die Münchner Nachkriegssituation? Nicht mehr und nicht weniger, als daß sich das altbekannte, quasi antagonistische Muster der Münchner Kulturgesellschaft nach 1945 in verschärfter Form wieder herausbildete: Es gab in den ersten Nachkriegsjahren mindestens zwei, anfangs meist recht beziehungslos nebeneinander existierende Gesellschaf­ ten. Eine traditionelle, die beispielsweise im kirchlichen Leben nach dem Ende der Bedrückung durch den NS-Staat wieder kraftvoll in den Vordergrund treten konnte,23' während sie in anderen Bereichen, wie im Schulwesen und teilweise in den bildenden Künsten, durch den Nationalsozialismus kompro­ mittiert war und daher durch die Entnazifizierungsmechanis­ men völlig oder vorübergehend in den Hintergrund gedrängt wurde.24' Der »traditionellen« Gesellschaft stand aber jetzt eine neue, andere, sehr heterogene Gesellschaft gegenüber, die aus gesamtdeutscher Intelligenz bestand und sich gegen Ende des Krieges oder danach in München angesiedelt hatte. Zusammen mit den wenigen Zurückgekehrten der Emigration, mit einer Intelligenzschicht aus den ostdeutschen Vertreibungsgebieten, sowie mit den in einigen Bereichen sehr kooperativen Offizie­ ren der amerikanischen Besatzungsmacht, prägte diese neue Gesellschaft die kulturelle und gesellschaftliche Szene stark und beeinflußte damit die spätere Entwicklung, etwa im Me­ dienbereich, oft entscheidend.25' ln verstärktem Maße gilt also auch und gerade für die Jahre nach 1945, was bereits für das 19.Jahrhundert kennzeichnend war: München, das sind eben nicht nur die »alten Münchner«, sondern auch die Hinzuge­ kommenen, deren »Eingemeindung« für den »Kulturprozeß München« geradezu konstitutiv ist.26' Insofern kann man zwar von »Wah\-Münchnern«, aber nur eingeschränkt von WahlBayern sprechen. Bleiben wir noch etwas bei den »Wahl-Münchnern«, deren Existenz und Rolle auch eine gleichsam topographische Seite hat. Man könnte nämlich zugespitzt behaupten, daß der nach dem Krieg ernsthaft erwogene Plan, München ganz neu am Starnberger See wieder aufzubauen,27' sich im kulturellen Bereich insofern vorübergehend realisierte, als sich im ober­ bayerischen Umland der Landeshauptstadt, beispielsweise am Starnberger- und am Ammersee, Intellektuelle, Leipziger Ver­ leger und Künstler aus allen Teilen Deutschlands niederließen, deren Häuser und Villen zu Mittelpunkten geistigen Lebens wurden, weil deren Bewohner einen gewichtigen Teil der neuen »Münchner« Kultur bildeten.28' Den Begriff des »Münchners« allzu eng, allzu »bodenstän­ dig« zu fassen, verbietet übrigens schon ein Blick auf andere kulturelle Metropolen. Wien um die Jahrhundertwende, das geistige und kulturelle Inkubationszentrum der europäischen Moderne schlechthin, eine »polyphone« Kulturstadt von höch­ stem Niveau, ist ja auch nicht allein das Werk der »Wiener« im engeren, geburtsmäßigen Sinne. Die faszinierende Vielstim­ migkeit und Kreativität der Kaiserstadt trugen in großem Aus­ maß Hinzukommende, für die Wien die Arena kulturellen Wettstreits, Ort der Bewährung und Entfaltung wurde; sehr oft waren es die Deutschen aus den industriell fortschrittlichen Gebieten Böhmens und Mährens, die Wien prägten.29' Es geht also nicht um eine pfiffige Einvernahme der »Hinzugekom­ menen« für das »Kulturmosaik« München nach 1945, sondern vielmehr um eine notwendige Distanzierung von jener Volks-

Münchner Kultur tümelnden Beschränktheit, die leider allzuoft nun umgekehrt von forciert modernistischer Seite als ernstgenommene Kari­ katur der bayerischen Hauptstadt überheblich feilgeboten wird. Wilhelm Hausenstein hat auch hier das rechte Wort gefunden, wenn er der »Stadtpersönlichkeit München« die Vollmacht zu­ schreibt, »alles Herankommende, von woher immer es sei, in das Gemeinsam-Münchnerische einzuschmelzen - in ein Münchnerisches, das weltbürgerlich zu sein vermag, ohne im übrigen seiner starken örtlichen und regionalen Eigen­ tümlichkeiten verlustig zu gehen.«30*

Amerikanische Besatzungspositionen zwischen »Non-Fraternization« und »Kaltem Krieg« Wie stark diese Eigentümlichkeiten waren, erwies sich gerade in der »Trümmerzeit« unter den Bedingungen der Besatzung, die nach dem »unconditional surrender« des Jahres 1945 als Okkupation im Zeichen einer strengen »Non-Fraternizati­ on«31* begann und 1949 größtenteils als Kooperation endete. Dies sind jedenfalls die Grenzdaten, zwischen denen sich eine teilweise sehr widersprüchliche Entwicklung vollzog, die im Nachhinein, je nach dem politischen Standpunkt, sehr ver­ schiedenartig gesehen werden kann. Erschwert wird das Urteil über die amerikanische Besatzungszeit durch die scharfe, von deutscher Seite oft pharisäisch geführte Amerika-Schelte im Gefolge des Vietnam-Krieges. Aus dem amerikanischen Freund und Beschützer, der durch den Marshall-Plan zum Hel­ fer aus der NS-Katastrophe und Wirtschaftsmisere wurde, ent­ wickelte sich seit den späten 60er Jahren das Zerrbild des marodierenden Vietnam-Kriegers, des »ugly American«. Die­ ser radikale Wandel der allgemeinen Einschätzung schlug fast zwangsläufig, wenn auch anachronistisch, auf die Beurteilung der Besatzungszeit in Deutschland zurück, und zwar in durch­ aus negativem Sinne. Vor allem der Umschwung, den der »Kalte Krieg« bewirkte, wurde und wird bis heute der ameri­ kanischen Besatzungsmacht als ein Sündenfall angekreidet. Die Anklage lautet: Die Entwicklung Westdeutschlands zur Demo­ kratie wurde zugunsten der Aufrüstung sowie eines militanten Antikommunismus gestoppt und die Deutschen erneut in star­ kem Maße politisch, gesellschaftlich und kulturell instrumen­ talisiert und damit ihre echte geistige Regeneration verhin­ dert.32* Zweifellos fand eine weltpolitische Umorientierung der USA im Rahmen des »Kalten Krieges« statt. Die berühmte Stuttgarter Rede des amerikanischen Außenministers James F. Byrnes vom 6. September 1946 markierte diesen Wandel nach außen hin, und niemand wird ernstlich bestreiten wollen, daß dies grundlegende Veränderungen in der Besatzungspolitik nach sich zog.33* Eine andere Frage jedoch ist, ob wirklich, wie behauptet wird, der politische Wandel voll auf das kulturelle und gesellschaftliche Leben durchschlug, ob wirklich ein hoff­ nungsvoller Neubeginn durch diese politische Wende bedroht oder gar zunichte gemacht worden ist. Am Münchner Modell­ fall läßt sich jedenfalls zeigen, wie vorsichtig man mit Pau­ schalurteilen solcher Art sein muß, und wie gefährlich es wäre, aus der politischen »Großwetterlage« des »Kalten Krieges« ein­ fach die Verhältnisse »vor Ort« zu deduzieren. Am ehesten läßt sich der Umschlag noch im Bereich der »Amerika-Häuser«

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diagnostizieren, die ja unmittelbar in amerikanischer Regie ge­ führt wurden.34* In abgeschwächter Form kann dies auch für Radio München behauptet werden, wo 1947 linke Spitzen­ kräfte wie Karl Egel, Herbert Gessner und Eduard SchmidtClaudius ebenso zum Ostberliner Rundfunk abwanderten wie etwa gleichzeitig Hans Mayer und Stefan Hermlin aus Frank­ furt und Karl-Eduard von Schnitzler aus Köln in die sowjeti­ sche Besatzungszone gingen.35* Diese halb freiwilligen, halb erzwungenen Revirements kamen nicht von ungefähr, mar­ kierten sie doch einen Zeitpunkt und eine Wendemarke, als nach einer Epoche des Abwartens die Klärung der neuen politi­ schen Fronten unverkennbar war und jetzt eine Art »Rundum­ tausch« einsetzte. Dieser verlief auch in entgegengesetzter Richtung: Wichtige Verlage, die bis dahin noch abgewartet hatten, so Reclam und Hiersemann aus Leipzig, setzten sich jetzt in den Westen ab und wollten sich in München ansiedeln, wo ihnen aber eine kurzsichtige Wohnungspolitik den Zutritt verwehrte.36* In der Münchner »Neuen Zeitung«, die als Sprachrohr der amerikanischen Besatzungsmacht für die gesamte Lizenzpresse Pilotfunktion hatte, kam es ebenfalls zu einschneidenden per­ sonellen Veränderungen,37* desgleichen in der wichtigen Münchner Kulturzeitschrift »Der Ruf«, die von Alfred Andersch, Hans Werner Richter und Walter Kolbenhoff geprägt war, aber seit 1947 wegen Linkstendenzen und angeblichem »Nationalismus« in dieser Form nicht mehr gehalten werden konnte, auch nicht unter der nachfolgenden Redaktion Erich Kubys.38* Hier waren also die Eingriffe der Besatzungsmacht offensichtlich. Wesentlich schwerer fällt es hingegen, etwa im Münchner Theaterwesen eine repressive amerikanische Kon­ trolle durch die Theateroffiziere oder gar einen ideologischen Schwenk im Gefolge des »Kalten Krieges« festzustellen. Von einer bewußt antikommunistisch konzipierten Spielplanpolitik kann weder bei den Staatstheatern noch bei den städtischen »Münchner Kammerspielen« die Rede sein, geschweige denn bei den zahlreichen Privattheatern.39* Daß Bertolt Brecht mit seinen Bemühungen scheiterte, Dramaturg an den Münchner Kammerspielen zu werden, hing eher mit schwer auszuma­ chenden amerikanischen Bedenken zusammen als mit den be­ sonderen Münchner Zuständen; sein Fall ist daher untypisch.40* Bei den Wiederaufbauproblemen der Stadt fügte sich die Be­ satzungsmacht erstaunlich rasch in die traditionalistischen Vor­ stellungen der bayerischen Stellen, in denen weitgehend per­ sonelle Kontinuität vor und nach 1945 die Szene bestimmte. Die Schwierigkeiten, die sich aus den zahlreichen Wohnungs­ beschlagnahmungen41* ergaben, stehen mit dieser affirmativen Haltung der Amerikaner nur scheinbar in Widerspruch, sie ka­ men oft durch — manchmal überzogene — besatzungstechni­ sche Sachzwänge und Ansprüche zustande, die nichts mit ästhetischen, städtebaulichen und denkmalpflegerischen Kon­ zeptionen zu tun hatten.42*

Die amerikanische Verwaltung der »Stunde Null« In welchen Bereichen war nun der Einfluß der Besatzungs­ macht noch besonders spürbar? Hier sind vor allem drei Pro­ blemkomplexe zu nennen: Zum ersten mußte der Personen­ kreis der »Displaced Persons«, mit dem der Wiederbeginn einer jüdischen Gemeinde in München eng zusammenhing,

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nach den schrecklichen Geschehnissen der NS-Zeit so rasch wie möglich untergebracht werden. Entgegen heute noch gras­ sierenden irrigen Auffassungen hat sich die amerikanische Besatzungsmacht jedoch mit Wohnungsbeschlagnahmen und bei der materiellen Unterstützung für diese im Krieg grausam dezimierten Gruppen weniger engagiert, als es nach außen den Anschein hatte.43) Selbst eine alteingesessene Münchner jüdi­ sche Familie, wie die Besitzer des renommierten Kunst- und Antiquitätenhauses Bernheimer, hatte große Schwierigkeiten, aus Venezuela zurückkommend, ihr Eigentum wiederzuerhal­ ten.44) Die »United Nations Relief and Rehabilitation Admini­ stration« (UNRRA) hat allerdings unter maßgeblicher ameri­ kanischer Beteiligung viel für die Existenzsicherung dieser Bevölkerungsgruppen getan, auch und gerade in München. Ein hohes Maß von Intervention der Besatzungsbehörden läßt sich bei der Lizenzierung von Zeitungen, Zeitschriften und Verlagen feststellen. Hier versuchte man in der Tat, die Wei­ chen neu zu stellen. Wenn Ende 1946 von 41 Herausgebern von Lizenzzeitungen in Bayern nur 14 nicht in NS-Konzentrationslagem gewesen waren, dann beweist dies zur Genüge, daß man von seiten der Amerikaner keinesfalls an personellen Kontinuitäten zu den Jahren vor 1945 interessiert war und »Re-education« nicht nur proklamieren, sondern auch durch­ setzen wollte.45) Ähnliches gilt für die Universität München, wo in allen Be­ reichen und Rängen insgesamt 80% des Personals aus politi­ schen Gründen entlassen wurden; auch sonst griff man in diesen hochsensiblen Bildungssektor scharf ein.46) Wie auf an­ deren Gebieten schwang das Pendel, nicht zuletzt unter dem Einfluß des »Kalten Krieges«, jedoch auch hier bald zurück, so daß sich schon 1947 der Großteil der 1945 Entlassenen wieder in Amt und Würden befand. Hinzu kommt, daß sich das Aus­ maß der (vorübergehenden!) Entlassungen im universitären wie im Verwaltungsbereich de facto schon am Anfang der Be­ satzungszeit dadurch entscheidend reduzierte, daß politisch Be­ lastete aufgrund ihrer »Sachkompetenz« oft als Hilfskräfte an ihrem Beschäftigungsort und in derselben Funktion tätig wa­ ren, bis sie wieder in ihre »normale« Position einrückten. Hier waren die personellen Kontinuitäten über die sogenannte »Stunde Null« hinaus also wesentlich größer, als es die offiziel­ len Umbesetzungen in den jeweiligen Verwaltungen und In­ stitutionen erkennen lassen.47) Die Folgen dieser personellen Kontinuität der Verwaltungen für die weitere politische Ent­ wicklung waren beträchtlich, nicht nur in München. Im übri­ gen darf auch nicht vergessen werden — und dies macht unsere Münchner Fallstudie auf manchen Gebieten besonders deut­ lich —, daß die amerikanische Militärverwaltung durchaus nicht einheitlich vorging, sondern Gruppierungen aufwies, die nebeneinander wie nacheinander ihr tatsächliches Verhalten als Besatzungsmacht bestimmten. Schwerwiegende Differenzen gab es vor allem zwischen den kulturell informierten, meist selbst im Kulturleben aktiv tätigen Zivilisten und den »Mili­ tärs« im engeren Sinne, hatten die Kulturoffiziere doch, ob­ wohl sie Uniform trugen, ihre eigene Meinung über Art und Weg einer geistigen Erneuerung Deutschlands und suchten diese auch nach Kräften gegenüber den rein militärischen Autoritäten durchzusetzen. Unter ihnen spielten naturgemäß Emigranten wie Hans Habe, Hans Wallenberg, Ernest Langendorf und Erich Pommer eine besondere Rolle, die sie fast automatisch, etwa in der Redaktion der »Neuen Zeitung«, in

Gegensatz zur Militärverwaltung oder zu vorgesetzten Stellen in Washington brachte.48) Verschärft wurden solche Konflikte zwangsläufig durch die Wendung zum »Kalten Krieg«, der vor allem jene Kulturoffiziere in Bedrängnis brachte, für die noch die ursprüngliche Roosevelt-Linie in der Deutschland-Politik verpflichtend war.49)

Chronologische Gemeinplätze — die Verführung durch Zäsuren und Periodisierungen Die Verlockung, im historischen Rückblick klare zeitliche Zä­ suren zu setzen, um dadurch den Entwicklungsstrom auch nach seinen wechselnden Trends und Inhalten illustrativ zu struktu­ rieren, ist gerade bei unserem Thema groß. Der »Modellfall München« — er soll keineswegs für die damaligen »Westzo­ nen« unzulässig verallgemeinert werden! — gibt Gelegenheit zu überprüfen, was es denn nun wirklich mit den fast sakro­ sankten Gemeinplätzen auf sich hat, mit deren Hilfe die ersten Nachkriegsjahre allzu verführerisch gegliedert und gedeutet werden können. Ein solcher suggestiver Begriff war etwa die »Stunde Null« des Jahres 1945, also die Vorstellung, man habe gleichsam an einem »Nullpunkt« anfangen, auf einer tabula rasa eine neue Epoche »beschriften« können.50) Gerade Mün­ chen bietet eine Fülle von Belegen dafür, daß von einem Null­ punkt im Jahre 1945 nur sehr bedingt die Rede sein kann, daß vielmehr die personellen und inhaltlich-sachlichen Kontinui­ täten über den 9. Mai 1945 sowohl offiziell wie inoffiziell hin­ weggehen. Deshalb müssen Kontinuitätsbrüche sehr sorgfältig auf ihre zeitliche Dauer hin untersucht werden. Das gilt für die Stadtverwaltung51) und in besonderem Maße für die kirchliche Situation,52) es gilt aber auch für die Prioritäten in Denkmal­ pflege und Wiederaufbau.53) Ebenso gibt es verblüffend klare Verbindungslinien zwischen einer eher esoterischen, nicht­ nationalistischen Literatur vor 1945 und der neuen Literatur danach, eine generelle Erkenntnis, deren Richtigkeit sich auch an Münchner Autoren erweisen läßt.54* Ein weiterer chronologischer Gemeinplatz, der unbesehen bis zum heutigen Tage übernommen und weitergegeben wird, ist die Behauptung, daß die Währungsreform vom Sommer 1948 einer kulturellen, insbesondere literarischen Blüte ein jä­ hes Ende bereitet habe.551 Dies war an der Münchner Situation im einzelnen zu überprüfen, wobei sich überraschenderweise ergab, daß schon 1947, also ein Jahr vor der Währungsreform, eine Abschwächung des »Nachholbedarfs« festzustellen ist, ob infolge der ideologischen Neuorientierung des »Kalten Krie­ ges«, bleibe dahingestellt.56) Eine noch deutlichere Sprache spricht das auffällige Nachlassen des Theater- und Konzertbe­ suches seit 1947, wofür man wohl kaum besondere ideologi­ sche oder sozioökonomische Wandlungen verantwortlich ma­ chen kann.57) Es wäre also an der Zeit, den Gemeinplatz von der Währungsreform als Guillotine für eine kulturelle (Schein ?-)Blüte genauer auch für weitere deutsche Städte zu untersuchen, damit man nicht auf liebgewordenen alten Irrtü­ mern gemächlich sitzen bleibt. Auch in anderen Bereichen, speziell in politischen und wirtschaftlichen, erweist sich der 2O.Juni 1948, das Stichdatum der Währungsreform, als der Tag, an dem sich vor allem der Schleier von längst zur Realität gewordenen Zuständen hob, von Zuständen, die durch die Geldumstellung sichtbar gemacht, aber keineswegs ausgelöst

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Kammermusik im Grottenhof der Residenz, 29. August 1945, Photo von H. Schürer

wurden. Beispiele dafür finden sich im Bereich des Arbeits­ marktes ebenso wie in der Sozialfürsorge, und hier vor allem bei der »industriellen Reservearmee« der Heimatvertriebenen. Man meldete sich jetzt, da das Geld wieder echte Kaufkraft hatte, als Arbeitsloser oder Fürsorgeempfänger, war es aber meist längst zuvor schon gewesen.5M* Hier wie im kulturellen Bereich hatte die Währungsreform also eher den Charakter eines »Offenbarungseides«, als daß sie die alles bewirkende Hauptursache gewesen wäre.

Kontinuitäten, Neuanfänge und deren innerer Zusammenhang Daß es sich bei solchen Überlegungen nicht um chronologi­ sche Spitzfindigkeiten und pedantische Rechthaberei handelt, sondern um wesentliche inhaltliche Kriterien zur Beurteilung der »Trümmerzeit«, zeigt das Beispiel der »Gruppe 47«; es ist in mehrfacher Weise erhellend. Einerseits reicht die Gründung dieser folgenreichsten literarischen Vereinigung Deutschlands der Nachkriegsjahre in die Zeit vor der Währungsreform zu­ rück, dennoch erlitt dieselbe durch diese schwerste sozioökonomische Zäsur seit der Weltwirtschaftskrise keine grundle­ gende Beeinträchtigung. Mit anderen Worten: es ist vor einem gedankenlosen Kurzschließen von ökonomischer und geistiger

Entwicklung eindringlich zu warnen.59* Zum anderen aber zeigt die maßgebliche Rolle Münchner Schriftsteller bei der Gründung und Entwicklung der »Gruppe 47«, daß es nicht an­ geht, den »dialogischen« Charakter Münchens in der frühen Nachkriegszeit zugunsten eines schematisch-ideologischen Zerrbildes dieser Stadt zu unterdrücken.60* Gerade im literari­ schen Schaffen und beim Kabarett,61* jedoch auch bei be­ stimmten Institutionen und Organen mit innovatorischem Charakter, wie es Radio München, die »Neue Zeitung« oder »Der Ruf« waren, läßt sich am klarsten die bereits erwähnte Existenz zweier Gesellschaften in München aufzeigen; diese waren auch, außer bei einigen wenigen, offenbar »gesamtmünchnerischen« Ereignissen,62* meist auf sehr verschiedenen Feldern tätig. Man findet übrigens die traditionelle Münchner Kulturelite, allerdings ohne die politisch Belasteten, in einer Liste vom 22. Oktober 1948, die vom Kulturreferat der Stadt München auf Anforderung der amerikanischen Militärregie­ rung Berlin erstellt worden ist.63* Die Mehrzahl der hier aufge­ führten Namen taucht dann wieder im ersten Mitgliederver­ zeichnis der 1948 gegründeten »Akademie der Schönen Künste« auf; sicher nicht zufällig, da diese Institution ja weit­ gehend aus dem traditionellen Münchner Kulturverständnis erwachsen ist.64* Ebensowenig ist es Zufall, daß in der Münch­ ner Prominentenliste für die Militärregierung weder Erich Kästner noch Walter Kolbenhoff und Hans Werner Richter oder Franz Roh auftauchen. Es gab also wirklich dieses gleich-

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sam schweigende Nebeneinander zweier Kulturgesellschaften in München.651 Das mußte sich aber keineswegs negativ aus­ wirken und hat es auch nicht getan. Da beide Gruppierungen über starken Rückhalt entweder im alten Bildungsbürgertum oder beim neuen militärischen wie politischen Establishment verfügten, wurden gerade in München grundlegende Gegen­ sätze ausgetragen. Zu erwähnen wäre etwa der Streit um Be­ griff und Berechtigung der »inneren Emigration« oder um das sehr diffizile Selbstverständnis einer »jungen Generation«, deren literarisches Organ »Der Ruf« war.66) Der »dialogische« Charakter Münchens erhellt überdies daraus, daß ein wesent­ licher Teil der Diskussionen über Tendenzen der Kunst in Münchner Kulturzeitschriften erschien. Das gegenseitige Polemisieren darf auch nicht darüber hin­ wegtäuschen, daß etwa »innere Emigration« und »junge Gene­ ration« nach ihrer Herkunft oft näher beieinander lagen, als dies auf den ersten Blick erscheinen mag. Zahlreiche Autoren der letzteren publizierten schon während der NS-Zeit, sind also Zeugen für ein gewisses Maß von literarischem »Pluralis­ mus«, der zumindest bis 1939 noch möglich war und eine be­ sondere Form von Kontinuität bis in die Zeit nach 1945 dar­ stellt.67) Mit anderen Worten, die Grenzen zwischen Formen des Widerstandes, »innerer Emigration«, »kalligraphischer«, also verschlüsselter Literatur,68) und der »Kahlschlag«-Literatur der ersten Nachkriegsgeneration sind zwar im einzelnen noch schwer zu bestimmen; diese Schwierigkeit sollte aber ohne schadenfrohe Begleitmusik zur Kenntnis genommen werden. Wenn Hans Carossa sich während der NS-Zeit in offizieller Position erfolgreich für bedrohte Schriftsteller einsetzen konn­ te und dies auch bis an die Grenze des Möglichen getan hat,69) dann muß dies genauso im Kontext der Zeitsituation beurteilt werden wie umgekehrt die Tatsache, daß Erich Kästner noch 1942 Drehbücher für die Ufa schrieb.70) Die jeweiligen be­ wußtseinsmäßigen Grenzverläufe sind meist unklar, unsicher, auf keinen Fall so fest zementiert, wie man dies oft gern sehen möchte. Der Grund hierfür läßt sich auch angeben: Die literarisch-ideologischen Auseinandersetzungen nach 1945 verlie­ fen nämlich auch in München, wie anderswo, nicht nach den Linien und verdeckten Grenzen der vorausgegangenen Epo­ che, sondern eher nach den neuen Gegebenheiten der Besat­ zungsmacht. Erich Kästner etwa mag formal zur »inneren Emi­ gration« gezählt werden, fühlte sich ihr aber kaum zugehörig oder gar verbunden. Seine Wirksamkeit nach Kriegsende hing eher mit seiner Tätigkeit in der Feuilleton-Redaktion der »Neuen Zeitung« zusammen, und mehr noch mit der magneti­ schen Kraft, mit der er wichtige Schriftsteller der Nachkriegs­ zeit um dieses offizielle Organ der Besatzungsmacht sammel­ te.71) Ähnliches gilt für die Gruppierung um die Redaktion des »Ruf« oder für die Vertreter des anspruchsvollen literarischen Kabaretts in München.72) Damit sind wir bei einem weiteren auffälligen Phänomen der »Trümmerzeit«: der Unzahl von Periodica. Die Zeitschrif­ ten waren neben dem Hörfunk das wichtigste Medium intel­ lektueller Kommunikation dieser Jahre, und auch dabei spielte München als Redaktions- und Erscheinungsort eine bedeuten­ de Rolle.73) Hier ist vor allem »Der Ruf« zu nennen, der als Vorläufer der »Gruppe 47« gelten kann - wenn auch mit einer für die unmittelbaren Nachkriegsjahre charakteristischen Ein­ schränkung, die Hans Werner Richter folgendermaßen formu­ lierte:

»Als wir (jungen Schriftsteller) resignierten, unmittelbar politisch wirken zu können, kehrten wir zur Literatur zu­ rück, — aus dieser Resignation ist dann die >Gruppe47< entstanden.«74) Das traditionelle München fand in der 1946 wiederbegründe­ ten, bedeutenden katholischen Kulturzeitschrift »Hochland« einen höchst lebendigen Mittelpunkt. Um dieses weltoffene Periodikum von hohem Niveau gruppierten sich wichtige Per­ sönlichkeiten des katholischen Deutschland. Das Pendant auf evangelischer Seite war die »Zeitwende«. Als anspruchsvollste, für damalige Verhältnisse üppig ausgestattete Kulturzeitschrift der »Trümmerjahre« kann das »Prisma« aus dem Münchner Desch-Verlag gelten, dem Nachkriegs-Senkrechtstarter im deutschen Verlagswesen.75) Insgesamt gesehen, überwiegt im Münchner Zeitschriftenspektrum aber die traditionalistische Komponente, die schon vor 1945 das Feld weitgehend be­ herrscht hatte, als sich neben der offiziell geförderten NSKunst die betont christliche Literatur und eine klassizistische Literaturtradition behaupten konnten. Die Grenzen zwischen den einzelnen Lagern waren aber durchaus fließend. Nach 1945 setzten sich christliche und klassizistische Literatur wie­ der durch, fanden aber, nach Wegfall der NS-Literatur, ein le­ bendiges Widerlager im Schaffen der »jungen Generation«.76) Die bildende Kunst stellt hier eine bemerkenswerte Paral­ lele dar, insofern die Münchner klassizistische Tradition sich ebenfalls als die stärkste und letztlich prägende Kraft erwies.77) Dies zeigt sich nicht nur im engeren Bereich von Plastik und Malerei, sondern auch bei den Prioritäten des Wiederaufbaus historischer Denkmäler, wie der Residenz, oder bei der Rekon­ struktion der Münchner Altstadt.78) Auch wenn man in der Pla­ stik dem Münchner »Archaismus« im Gefolge der HildebrandSchule kritisch gegenübersteht und seine fortdauernde Domi­ nanz bedauert,79) wird man doch unvoreingenommen genug sein müssen und die Münchner Kunstszene nicht einfach auf das gängige Schema von Traditionalismus und konservativem Formalismus reduzieren können. Bildhauer wie Karl Knappe oder Alexander Fischer gehören eben auch zur Münchner Pla­ stik, und die Tatsache, daß die avantgardistische Künstlergruppe »ZEN 49« ebenfalls in München gegründet wurde, mag vor jeder »terrible simplification« warnen.80) Lebendige Pluralität der Kunststile und -richtungen, wie sie sich auch im München der Nachkriegszeit zeigte, kann ja bereits ein Wert an sich sein, wie umgekehrt die Dominanz einer einzigen, womöglich gar staatlich verordneten Kunstrichtung eine schwere Bedrohung des Kunstschaffens darstellt und fast zwangsläufig eine Ver­ ödung mit sich bringt. Daß ein hervorragender Kunstkritiker wie Franz Roh — der übrigens auch den verständnisvollen Münchner Kulturbeauftragten Hans Ludwig Held in Kunst­ fragen beriet'''1’ — den mächtigen Münchner Traditionalismus heftig kritisierte, beleuchtet einerseits die Münchner Verhält­ nisse, beweist aber gleichzeitig auch den erwähnten »dialogi­ schen« Charakter der Münchner Nachkriegskultur.82’ Gemäßigter Modernismus und starker Traditionalismus las­ sen sich auch als Hauptkomponenten der »Bayerischen Akade­ mie der Schönen Künste« ausmachen, die 1948 durch die In­ itiative von Staatssekretär Dieter Sattler, Wilhelm Hausenstein und Emil Preetorius von der bayerischen Staatsregierung ins Leben gerufen wurde.83) Diese Institution, der unter anderem die Bildhauer Bernhard Bleeker, Josef Henselmann, Karl

Münchner Kultur Knappe, Gerhard Mareks, Edwin Scharff und Toni Stadler, die Maler Karl Caspar, Maria Caspar-Filser, Max Unold, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Karl Hofer, Hans Purrmann und Jo­ sef Scharl angehörten, spiegelt wohl am klarsten das Spektrum bayerischen und münchnerischen Kunstwollens wider. Die Formel vom »gedämpften Leuchten«, für die Münchner Kunst um 1930 geprägt,84* dürfte in einer mehr als zufälligen Konti­ nuität auch für die frühe Nachkriegszeit gelten. Es war eine vorsichtige Versöhnung mit der Moderne, die - nunmehr fast schon »Postmoderne« - domestiziert und in die staatliche In­ stitution einer Akademie gefaßt erscheint. Auch die Mitglied­ schaften der Klassen für Literatur und Musik deuten in dieselbe Richtung, nämlich auf ein vorsichtiges, selektives Anknüpfen an das kulturelle Spektrum vor 1933. Die inzwischen selbst schon klassisch gewordene literarische Linke mit Bertolt Brecht, Stephan Heym, Arnold Zweig und Anna Seghers fehlt; sie hatte im »anderen Deutschland« ihr Zentrum erhalten. So finden wir in der Münchner Akademie unter den Schriftstel­ lern Gottfried Benn, Werner Bergengruen, Georg Britting, Hans Carossa, Peter Dörfler, Romano Guardini, Wilhelm Hausenstein, Hans Ludwig Held, Annette Kolb, Gertrud von le Fort, Wilhelm Lehmann, Ernst Penzoldt, Reinhold Schnei­ der, Rudolf Alexander Schröder, Ina Seidel und, ehrenhalber, Thomas Mann; unter den Musikern Werner Egk, Wilhelm Furtwängler, Joseph Haas, Paul Hindemith, Eugen Jochum und Carl Orff sowie, als korrespondierendes Mitglied, Igor Strawinskij.85* Staatliche Kulturpolitik und kulturelle Elite er­ scheinen hier in fast problemloser Harmonie, in einem Einver­ ständnis, das uns heute, jenseits der sechziger und siebziger Jahre, fast idyllisch vorkommt und gerade deshalb für die spä­ ten vierziger und die fünfziger Jahre so charakteristisch war.

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war es sicher kein Zufall, daß im Januar 1948 Wilhelm Hau­ senstein bei der Gründungsfeier des sudetendeutschen »Adal­ bert-Stifter-Vereins« die Festrede hielt. Damit legte sich diese wichtige kulturelle Institution der Sudetendeutschen in positi­ ver Weise auf eine betont konservativ-liberale Linie fest; das würde man von der kulturellen Repräsentanz einer ausgespro­ chenen »Industrienation« a priori gar nicht erwarten,88* die nach Kriegsende unter anderem den Wiederaufbau der SPD in Bayern in ganz entscheidender Weise mitgetragen hat89* und damit auch das industrielle Spektrum Bayerns grundlegend veränderte.90* Daß Kultur und Gesellschaft auf sehr kompli­ zierte Weise in Wechselwirkung stehen, beweist auch die Gründung der »Ackermann-Gemeinde«. Diese fand in Mün­ chen ihr adäquates Wirkungsfeld, sorgte aber als politische wie kulturelle Organisation zugleich für gute Beziehungen auch zum linken Teil des politischen Spektrums der Vertriebenen.91* Das Vertreibungserlebnis bewirkte also eine ungewöhnlich starke Rückbindung an das verlorene kulturelle Erbe, ein Vor­ gang, der nur sehr oberflächlich mit Worten wie »restaurativ« charakterisiert würde. Da auch die Münchner Kulturgesell­ schaft nach der Rückverbindung zur »besseren deutschen Tra­ dition« suchte, die sie im Goethe-Jahr 1949 zu finden glaub­ te,92* kam es im Bereich dieser »dritten Gesellschaft« der Vertriebenen auf kulturellem Gebiet überraschend schnell zu Übereinstimmungen, zu Zusammenarbeit und Integration, die sich desweiteren auch insgesamt in der Massenbasis der Ver­ triebenen im Lande positiv auswirkte; die Dachauer Lager­ revolte vom August 1948 blieb die Ausnahme innerhalb einer integrativen Gesamtentwicklung der Vertriebenen.93*

Echte und scheinbare historische Parallelen München als Zentrum der Vertriebenen-Kultur Zwischen alte und neue Gesellschaft in München schob sich in seltsamer Verschränkung mit den ideologischen Leitlinien bei­ der die kulturelle Elite der Vertriebenen, insbesondere der Su­ detendeutschen, die als stärkste Vertriebenengruppe Bayerns in München sehr bald ihr natürliches neues Gravitationszentrum fand.86* Zwar verhinderte die scharfe Zuzugssperre der bayeri­ schen Landeshauptstadt, daß die Bevölkerung sich durch den Zustrom aus den ehemaligen deutschen »Ostgebieten« herkunftsmäßig stark veränderte, dafür sammelte sich hier umso rascher und zielstrebiger die politische wie kulturelle Promi­ nenz aus den Vertreibungsgebieten. Wie wenig allerdings der soziale Kontext das Kulturbewußtsein determinierte, zeigen wiederum die Sudetendeutschen. Zum Großteil aus alten In­ dustrielandschaften stammend und damit als Verstärkung für die neue Münchner Kulturgesellschaft, wie sie oben charakte­ risiert worden ist, scheinbar geradezu prädestiniert, entwickel­ ten sie unter dem Schock der Vertreibung, aber auch aufgrund alter nationalkultureller Konfrontationen in der Ersten Tsche­ choslowakischen Republik87* eine eher konservative, traditionalistische Kulturkonzeption. Verwunderlich ist dies nur für ei­ nen oberflächlichen Beobachter, denn gerade für eine entwur­ zelte Volksgruppe war es gleichsam eine Instinkthandlung, eine Reaktion des geistigen Selbsterhaltungstriebes, daß sie sich vor allem auf die Bewahrung und Stärkung der gewaltsam beschä­ digten und tief bedrohten geistigen Identität konzentrierte. So

Es muß nun doch am Schluß generell gefragt werden, warum die politische Zäsur von 1945 nicht den »ganz großen« kul­ turellen Aufbruch und Neuanfang bringen konnte, den sich manche erhofft hatten, ja, warum gerade hier die vorgegebe­ nen traditionellen Muster besonders lebendig blieben. Schon für das München der Zwischenkriegszeit war diese Frage zu stellen,94* und was für die Zwanziger Jahre galt, wirkte noch kräftig in die Zeit nach 1945 hinein.95* Auch damals war Mün­ chen noch keine ausgeprägte Industriestadt und damit kein Re­ sonanzboden für die kulturellen Erfordernisse und das Selbst­ verständnis einer modernen Industriegesellschaft: Sozialstruk­ tur und Kulturbewußtsein waren vielmehr immer noch von der machtvollen Tradition der »Haupt- und Residenzstadt« be­ stimmt, desgleichen von der starken Verwurzelung im bäuerli­ chen Umland. Für die Kunst bedeutete dies unter anderem eine breitgefächerte Tradition des Kunsthandwerks (im weite­ sten Sinne) von hoher Qualität und eines weiterwirkenden ludovizianischen Klassizismus, der sich in der Plastik an der schon erwähnten dominierenden Rolle der Hildebrand-Schule auch für die Nachkriegszeit zeigt.96* Man mag dies begrüßen oder kritisieren, fest steht, daß eine reich instrumentierte kul­ turelle Tradition auf hohem technischen Niveau, eingebettet in eine Kulturgesellschaft, deren Kompaßnadel sich vorwiegend zwischen konservativ und gemäßigt-liberal einpendelte, für radikale Modernismen keinen günstigen Nährboden abgab. Woher sollten hier also Impulse für das Selbstverständnis einer innovationsfreudigen Industriegesellschaft kommen?

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Münchner Kultur

Unsere heutige, rapide wachsende Skepsis gegenüber den mehr und mehr beängstigenden Formen technischen Fort­ schritts verbietet es von selbst, in solchen Feststellungen ein Werturteil oder gar ein Verdikt zu sehen. Dennoch bleibt für München, wie insgesamt für Nachkriegsdeutschland, die schwerwiegende Frage bestehen, warum 1945 nicht ein explo­ sionsartiger Aufbruch zu neuen Ufern erfolgte, warum sich die Schubladen nicht öffneten und Überraschendes, Neues, Faszi­ nierendes dabei zutage kam. Woran lag es, daß sich — um eine historische Parallele anzuführen — für Deutschland nicht die Sternstunde von 1807 wiederholte, als sich aus einer politisch­ militärischen Katastrophe größten Ausmaßes die deutsche Kul­ turnation wie ein Phönix aus der Asche erhob?97' Befriedigen­ de Antworten sind kaum möglich. Sicherlich muß aber in Rechnung gestellt werden, daß Deutschland schon in vornapoleonischer Zeit mit Klassik und Romantik zu einem Höhen­ flug angesetzt hatte, der durch die napoleonische »Flurbereini­ gung« im Reich eher gefördert als behindert wurde, während die NS-Zeit auf vielen Gebieten der gesellschaftlichen wie der kulturellen Entwicklung innovative Kräfte abstoppte oder gar zerstörte. Auch die physische Ausblutung, der Tod fast einer ganzen Generation auf den Schlachtfeldern und in den Kon­ zentrationslagern, trug viel dazu bei, daß der große Aufbruch ausblieb — nicht nur in München. So war es zwar konsequent, mutet heute aber eher rührend an, daß man nach 1945 bewußt an die Zeit vor 1933 anknüpfen wollte,98' an ein gleichsam chemisch reines, künstlich wiederhergestelltes »besseres Deutschland«, dessen man sich besonders im Goethe-Jahr 1949 mit forciertem Optimismus hartnäckig zu erinnern, das man für die Zukunft zu reklamieren suchte. Im Grunde waren dies Kontinuitäten bürgerlich-liberaler Kultur, aus der Tradi­ tion der alten »Frankfurter Zeitung«, als deren Symbolfigur Theodor Heuss gelten kann und für die im Münchner Kultur­ leben etwa Wilhelm Hausenstein, Dieter Sattler, Hans Carossa, aber auch die große Figur Richard Strauss’ stehen mögen. Die linke Kultur-Elite, die im Berlin der Zwanziger Jahre ihren Mittelpunkt fand, hatte in München im Grunde schon beim Zusammenbruch der Räterepublik sowie in der Zeit nach dem Hitler-Putsch von 1923 das Feld räumen müssen, nicht erst 1933."' Daß weder Lion Feuchtwanger noch Oskar Maria Graf nach 1945 in München Fuß fassen konnten oder wollten, ist symptomatisch. Auch die Gegenprobe, nämlich die Kontinuität der Tradition, ist hier aufschlußreich, wobei, wie die Münch­ ner Architektur zeigt, der Begriff »Tradition« durchaus wesent­ liche Elemente der Moderne mit einschließen konnte.100' Kon­ tinuitäten lassen sich desgleichen bei Gustav René Hocke und Wolfgang Koeppen ebenso wie bei Alfred Andersch erkennen, etwa als Weiterführung jener »kalligraphischen« Elemente einer esoterischen Literatur der NS-Zeit, die sich schon durch ihren Verschlüsselungs-Charakter von der parteigebundenen Literatur distanziert hatte. Fallstricke besonderer Art gibt es al­ lerdings auch in diesem Bereich. Dazu gehört das Phänomen, das wichtige Autoren der Nachkriegsliteratur gleichsam neuen Wein in alte Schläuche füllten, weil sie unbewußt in den Sprachformen der NS-Zeit, die sie geprägt hatte, schrieben, be­ ziehungsweise weiterschrieben. Hier überlappt der formale Sprachduktus des Dritten Reiches die geistigen, genauer inhalt­ lichen Neuansätze nach 1945 auf verwirrende Weise, ein Fak­ tum, dessen sachliche Analyse man jedoch verfehlt, wenn man es nur denunziatorisch ausschlachtet.101' In vergleichbarer Wei­

se laufen im Münchner Nachkriegsfdm die Stilformen der vorausgegangenen Epoche weiter, ebenso im »Trümmerfilm«, etwa in der larmoyant-edlen Produktion »Zwischen gestern und morgen« oder im schmalzigen Heimatfilm-Genre ä la Peter Ostermayer. Auch der Spielplan der Münchner Bühnen zeigt mehr Ähnlichkeiten mit demjenigen vor 1945, als man vermuten würde; sogar die Münchner Kammerspiele zeigen ungeachtet der Pionierarbeit von Erich Engel und Harry Buck­ witz - starke Elemente der Kontinuität zur vorausgegangenen Ära Falckenberg.102' Gleiches gilt für die bildende Kunst103' und für die Prioritäten der Denkmalpflege.104' Auch beim pro­ gressivsten Münchner Verlag, bei Kurt Desch, war der Anteil des klassischen Literaturerbes erstaunlich hoch;105' hier und noch mehr bei anderen Verlagen spielte wohl auch die verlege­ rische Chance eine Rolle, jene Lücken zu schließen, die NSZeit und Bombenkrieg auf verschiedene Weise in die Biblio­ theksbestände der öffentlichen Büchereien wie in den Bücher­ besitz der Bildungsschicht gerissen hatten.106' Es wäre - dies sei nochmals betont! - falsch, es bei solchen Feststellungen bewenden zu lassen, denn erst vor dem breiten Spektrum traditioneller kultureller Kräfte hebt sich das Neue deutlich ab: die innovativen Kreise um Radio München und die »Neue Zeitung«, die Literatur und Diskussion förderten; die Autoren um den »Ruf«, aus denen sich seit 1947 dann weitgehend die »Gruppe 47« rekrutierte;107' Karl Amadeus Hartmann und Hans Rosbaud, die in vorbildlicher Weise die neue Musik in München ihrem Publikum näherbrachten;108' die neuartigen, amerikanisch geprägten Institutionen der Inter­ nationalen Jugendbibliothek und des Amerika-Hauses, die verschiedenste kulturelle Initiativen erstmals in München un­ ter einem Dach vereinigten und damit als Pilotprojekte für die heute so selbstverständlichen »Kulturzentren« gelten kön­ nen;109' der zaghafte Anfang einer neuen Sehweise der Kultur, nämlich des Konzepts »Kultur für alle«, das sich dann erst in den Sechziger Jahren voll entfalten konnte, damals aber in Harry Buckwitz und Hans Ludwig Held bereits Vorkämpfer fand.110' Sieht man genauer hin, so finden sich eben doch auch in München neue Initiativen, die teils sogar aus dem traditio­ nellen Ambiente erwuchsen. Hierher gehört beispielsweise der erfolgreiche Wiederaufbau der Münchner Volkshochschule als Zentrum lebendiger Bildungsarbeit im Sinne eines demokrati­ schen Erziehungsauftrags.111' Damit sind wir am Ende wieder bei den zwei konkurrierenden Gesellschaften Münchens und dem Spannungsgefüge, das sich aufgrund dieser Polarität auf­ bauen konnte, ein Spannungsgefüge, das seit den 50er Jahren, anfangs zögernd, dann aber immer entschiedener die literari­ sche und allgemeine kulturelle Landschaft der Bundesrepublik veränderte.112' Das lebendige Nebeneinander von Tradition und Moderne zeigt sich schließlich, wie bereits angedeutet, auch in einem ge­ nuin münchnerischen Bereich musischen Lebens, nämlich an der großen Rolle der Musik; dies in mehrfacher Hinsicht. Er­ stens war Musik hier schon immer ein vitales Element der Tra­ dition; zweitens wurde das Musikleben der Nachkriegsjahre von beiden gesellschaftlichen Formationen der Isar-Metropole mitgetragen, ja, die moderne Musik fand in der Person des Leiters der »Münchner Philharmoniker«, Hans Rosbaud, sogar von offizieller städtischer Seite aus einen bedeutenden Förde­ rer und Beschützer. So bekamen oder behielten beide Richtun­ gen in München Tradition: die Pflege des klassisch-romanti-

Münchner Kultur sehen Repertoires und die verspätete, daher manchmal hastig­ verschämte Rezeption von Richard Strauss ebenso wie die 1945 neugegründete Tradition der »Musica Viva«-Konzerte, die Karl Amadeus Hartmann ins Leben gerufen hatte.113' Dar­ über hinaus war die Woge der Musikbegeisterung geradezu ein Signum der Trümmerzeit, ein Sichselbst-Wiederfinden, viel­ leicht aber auch eine angstvolle Flucht aus der Misere der Ge­ genwart, jedenfalls ein ambivalentes Phänomen - Stigma, Trauma und Erlösung in einem und daher sicher auch strenger, puritanisch-politischer Deutung und Verurteilung unterwerf­ bar.114' Man könnte aber auch ebensogut und jedenfalls men­ schenfreundlicher die herausragende Bedeutung der Musik in der »Trümmerzeit« als treffliches Heilmittel gegen den Teufel verstehen. So jedenfalls schätzte Martin Luther in einem Schreiben an den Münchner Kapellmeister Ludwig Senfl den hohen Wert der Musik ein, daß sie, nächst der Theologie, den bösen Feind am allermeisten verdrieße.115' Eins steht jedenfalls fest — und damit seien unsere einleiten­ den Überlegungen und Paraphrasen zu den einzelnen Beiträ­ gen abgeschlossen: Die wirkliche Diskussion über die Rolle Münchens im Kulturpanorama der frühen Nachkriegszeit soll — dies wäre der Wunsch des Herausgebers - mit diesem Bande erst eröffnet werden. Mit billigen Klischees wird man hier nicht weit kommen, ebensowenig mit vorzeitigen, allzu hand­ lichen Konkordanzformeln, die eine Unterhaltung über das, was München nach 1945 tatsächlich war, eher abblocken als fördern. Also keine Zwangsausgewogenheit, kein Glattbügeln von entgegenstehenden Meinungen; dies gebietet die geistige Redlichkeit ebenso wie der bislang dürftige Forschungsstand auf dem vielschichtigen und oft schlüpfrigen Areal unserer »Psychoarchäologie«. Eins steht allerdings schon jetzt fest: Mit suggestiven Antithesen, marktschreierischen Verdikten und ge­ mütvoller Selbstbeweihräucherung dürfte es schon jetzt vorbei sein, denn ein differenziertes, mosaikartiges Bild - so viele Einzelsteinchen auch noch fehlen — ist bereits in Umrissen sichtbar, vielleicht auch die Aktualität alter Kontroversen um Wege und Ziele Münchner Kultur. Die Diskussion um die Konzeption eines Münchner Volkstheaters ist ein Beispiel ak­ tualisierbarer Vergangenheit für die Münchner Gegenwarts­ kultur.116> Ein »Volkstheater« besonderer, oft trauriger, manchmal aber auch skurriler Art bietet schließlich der bewußt kolportage­ artige Abschnitt über den Münchner »Trümmer-Alltag«.117' Hier spricht München selbst, auch im wörtlichen Zitat, eine Art »Trümmer-Charivari«, durchaus angemessen einer wahr­ haft chaotischen und grotesken Zeit, in der Tragisches manch­ mal in Komisches, Lachhaftes umschlägt und in der die mei­ sten Witze bitterstem Galgenhumor entspringen. Damit und ebenso mit den literarischen Originalbeiträgen soll der Leser

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wenigstens teilweise für die Mühen entschädigt werden, die aus der Lektüre kontroversträchtiger analytischer Beiträge zwangsläufig erwachsen. Ob für die Münchner - und nicht nur für sie, denn das Buch soll auch Modell für andere Städte sein - die frühe Nachkriegszeit damit erfaßt und erkannt worden ist, muß dem Urteil des kritischen Lesers überlassen blei­ ben. Im übrigen halten wir uns an den alten Theaterpraktiker Goethe und sein bekanntes Diktum: »Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.«

Ein abschließendes »Notabene« Schließlich und endlich: Mit dem oben eingeführten Be­ griff des Mosaiks relativiert sich auch die eingangs im Titel an­ gedeutete Alternative, unter der Münchner Kultur gesehen werden kann: »Nature morte«, »Stilleben«, also Beharren im konventionellen, oder »Musica viva«, also aktives Entfalten moderner (nicht modischer!) Kulturformen. Diese Alternative gibt es im Grunde gar nicht, weil es schon im Ansatz verfehlt ist, eine Diskussion um den Charakter Münchner Kultur mit der Vorstellung eines Entweder-Oder zu verbinden, also mit Begriffhülsen, in die jede geistige, künstlerische Qualität und Individualität oft mühsam genug hineingepreßt, etikettiert und damit vergrößert und entstellt wird. Aus einer Pseudo-Dialek­ tik solcher Art können nur sterile Schemen und öde Konfron­ tationsmuster kommen, kaum jedoch Erkenntnisfortschritte oder gar weiterführende Einsichten. Das gilt für die Wertung kultureller und gesellschaftlicher Einzelphänomene ebenso wie für größere Bereiche. »Nature morte« und »Musica viva« in dem hier verwendeten, nämlich übertragenen Sinne bedin­ gen einander auf seltsame und oft vertrackte Weise, sind für einander wechselseitig Folie, Kontrast und Anreiz, Herausfor­ derung und Ergänzung. Wenn es glückt, den Eindruck zu ver­ mitteln, daß es immer ein Nebeneinander und komplizierte Verflechtungen traditioneller und modernistischer Elemente im Ensemble einer Kultur gibt, und daß die zahlreichen Insti­ tutionen und Ebenen einer differenzierten Kulturgesellschaft in durchaus gegenläufigem, ja widersprüchlichem Sinne agie­ ren können, dann ist ein wesentliches Ziel unseres Buches er­ reicht. Und umgekehrt: Wer die unvermeidliche »Gleichzei­ tigkeit des Ungleichzeitigen« und die Vielfalt der Erscheinun­ gen in eine ideologische Formel zu pressen versucht, verkennt das innerste Wesen des Kulturprozesses und macht nur auf fa­ tale Weise der Kultur selbst den Prozeß, stranguliert sie mit fal­ schen Globalurteilen. München war und ist für krasse Miß­ handlungen solcher Art ein dankbares Objekt, aber gleicher­ maßen auch für eine differenzierende, verstehende Sicht, die der Polyphonie dieser Stadt gerecht werden will. Friedrich Prinz

Plakat der Nymphenburger Sommerspiele 1946 von R. Riemerschmid

Politik und Kultur Provinzialität und Weltbürgertum — Münchner städtische Kulturpolitik 1945—1949 Münchens Kultur in der Kritik »Möchte ich den provinzialen (ich sage hier: provinzialen, nicht provinziellen) Zauber Münchens auch an einer künftig zu erneuernden Weltbürgerlichkeit nicht entbehren, so bin ich zum Exempel doch nicht der Meinung, daß man die Wichtigkeit der bäuerlichen Komponente morgen ebenso­ sehr überbetonen sollte ... wie man es in den letzten Jahr­ zehnten getan hat ... Denn eine Stadt soll vor allem eine Stadt sein: reich an Urbanität, - auch reich an jener Höflich­ keit, an der es just in München schon gestern oft so schau­ derhaft gemangelt hat... Was aber weiter den bewahrenden Geist betrifft, so bitte ich, zu realisieren, daß zwischen »konservativ< und »reaktionär« ein tiefer Unterschied klafft: das >Reaktionäre< ist die stupide Karikatur des »Konservativen«, das »Konservative« aber die atmende Form eines in seiner le­ bendigen Wirklichkeit beharrenden Daseins ... Es handelt sich an dieser Stelle ... vor allem darum, daß es der Mühe wert ist, die moralische Einheit der Stadtpersönlichkeit »München« zu retten. München wird gut tun, sein Gestern und sein Heute in sein Morgen aufzunehmen, um mit sich selbst in dem Zusammenhang zu bleiben, den man die menschliche Existenz nennt.« »München — Gestern, Heute, Morgen« lautet der Titel des pro­ grammatischen Vortrages von Wilhelm Hausenstein aus dem Jahre 1947, dem das obenstehende Zitat entnommen ist.1' Hausenstein problematisiert darin den Begriff der »Kunststadt« und trauert einem München nach, in dem Kunst »hervorge­ bracht wurde um sogleich gebraucht zu werden«, einem Mün­ chen, das »auf exemplarische Weise denn auch eine europäi­ sche, eine ganz unmittelbar, naturaliter, weltbürgerliche Stadt« war, einem München, »in welchem niemand fragt, ob es nicht einen gebürtigen Bayern gebe, der es vielleicht doch beinahe eben so gut machen würde«.2' Hiermit sind auf sanfte Weise bereits die wichtigsten Kritik­ punkte angesprochen, die sich durch die verschiedenen Diskus­ sionen um München als Kunststadt ziehen:3' Der Vorwurf des Provinzialismus, der ausschließlichen Pflege des »Bodenstän­ digen«, des Desinteresses der Einheimischen vor allem an mo­ derner Kunst; die Anschuldigung, München sei das »Mekka der Reaktion«, die »dümmste Stadt Deutschlands« — eine Ar­ gumentationslinie, die Ende der Siebziger Jahre in einer noch über die Kritik der Zwanziger Jahre hinausgehenden Formu­ lierung gipfelt: »Das geistige Klima Münchens, geprägt zu Engstirnigkeit und Klerikalismus, führte zu weiteren Abwan­ derungen von Künstlern und Gelehrten .. ,«4' Solch verabsolutierende Schärfe findet sich weder bei Hau­ senstein noch bei Thomas Mann, bei Heinrich Mann oder bei anderen Repräsentanten der »Kunststadt-Diskussion«.5' Hein­ rich Mann sagt vielmehr 1926: »Ich wünschte, daß München

wiederbekomme und bewahre sein gesundes Gefühl für den Wert und Nutzen geistigen Schaffens, selbst wenn es ihm manchmal fremd bliebe, - sein altes Wohlwollen, jene wohl­ wollende Neutralität, auf deren Boden sich hier gut leben ließ und wieder gut wird leben lassen.«6' Er hütet sich, ebenso wie sein Bruder, vor Verallgemeinerungen: Thomas Mann kritisiert differenzierend vor allem ein »gewisses« München,7' dem er »dieses München«, das »wirkliche München«, gegenüber­ stellt;8' die spätere Formel vom »anderen München«9' ist darin bereits deutlich angelegt. Thomas Mann wendet sich mit sei­ nem Vortrag, der im Rahmen der Veranstaltung »Kampf um München als Kulturzentrum« gehalten wurde, sogar ausdrück­ lich an dieses bessere München, in dem er die eigentliche Münchner Tradition zu erkennen glaubt: »diese Veranstaltung soll nichts weiter sein als ein Signal, ein Zeichen der Sammlung für diejenigen — es sind mehr, als die Gegner sich einbilden —, die in diesem Kampf auf seiten Münchens sind. Denn er wird entschieden werden für Mün­ chen als Kulturzentrum oder gegen München als Kulturzen­ trum; und in letzterem Falle wird München eine patrio­ tische Provinzstadt sein, mit sehr vielen Kriegervereins­ umzügen und Fahnennagelungen und hie und da einem Dolchstoßprozeß, aber ohne jede Bedeutung für das Leben, die Zeit und die Zukunft, für den deutschen Geist und für die weite Welt dort draußen, und die Niederlage seiner höchsten Interessen wird die seiner realsten sein ... Gemüt und »mir san g’sund« - damit allein wird München seine Stellung in der Welt nicht halten oder nicht zurückgewin­ nen, auch als Kunststadt nicht.«10' Das München, für das er sich einsetzt, beschreibt er so: »Es war eine Atmosphäre der Menschlichkeit, des duldsa­ men Individualismus, der Maskenfreiheit sozusagen; eine Atmosphäre von heiterer Sinnlichkeit, von Künstlertum; eine Stimmung von Lebensfreundlichkeit, Jugend, Volks­ tümlichkeit, jener Volkstümlichkeit, auf deren gesunder derber Krume das Eigentümlichste, Zarteste, Kühnste, exo­ tische Pflanzen manchmal, unter wahrhaft gutmütigen Um­ ständen gedeihen konnte. Der unsterbliche, mehr oder weniger humoristisch gepflegte Gegensatz zum Norden, zu Berlin, hatte ganz anderen Sinn als heute. Hier war man künstlerisch und dort politisch-wirtschaftlich. Hier war man demokratisch und dort feudal-militaristisch. Hier genoß man einer heiteren Humanität, während die harte Luft der Weltstadt im Norden einer gewissen Menschenfeindlichkeit nicht entbehrte.«11' Solche Worte weisen zwar auf ein Nacheinander, auf eine Ent­ wicklung zum Schlechteren hin, anerkennen aber durchaus auch die Möglichkeit des Miteinander beider Strömungen. Möglicherweise ist gerade das für München kennzeichnend:

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Politik und Kultur

Mehrere, weltanschaulich völlig voneinander verschiedene »Gesellschaften« oder Gruppierungen können hier nebenein­ ander existieren, oft ohne einander zu berühren oder zu stören; ja, mehr noch, sogar strengste Kritiker müssen die Möglichkeit einräumen, daß sich beispielsweise die scharfen satirischen Zeichnungen des »Simplizissimus« nur »auf der Grundlage ei­ ner unerschütterlichen Bierruhe der Angegriffenen entfalten und halten« konnten.12’ Die Frage nach der Wechselwirkung zwischen konservativem Bürgertum und dem dadurch über­ haupt erst definierbaren »Bürgerschreck« drängt sich hierbei auf: Ein Publikum, das entweder begeistert jeder neuen Mode folgt oder sie aber gelangweilt zur Kenntnis nimmt, bietet auch keine Gewähr für überragende künstlerische Leistungen und nivelliert den Unterschied zwischen Originalität und Epi­ gonentum nicht weniger als ein konservativ-traditionelles Ambiente. Betrachtet man die Kritik der wichtigsten Münchner Per­ sönlichkeiten der Zwanziger Jahre genauer, so fällt auf, daß ih­ nen allen gemeinsam ist die Angst vor einem Überborden des »reaktionären« München, das man in seinem ursprünglichen Zustand als »konservatives« München durchaus noch akzeptie­ ren konnte. Gegen eine solche Entwicklung wird von Thomas Mann zu einer »geistigen Revolte«13’ des anderen München aufgerufen, um hier eine positive Veränderung herbeizuführen. Dies geschah weder in den Zwanziger, noch in den Dreißiger Jahren, in denen München zur »Kunststadt des Dritten Rei­ ches« degradiert wurde;14’ der Nährboden dafür war hier durchaus vorhanden, jedoch auch die Anlage zu Inseln der nicht-offiziellen Gegenkultur, wie sie Otto Falckenbergs Münchner Kammerspiele bildeten.15’ Bei Kriegsende 1945 sahen jedenfalls viele — und nicht nur die traditionellen München-Jubler! — die Chance für München gekommen, die in den Zwanziger Jahren versäumte »geistige Revolte« zu vollziehen, sich seiner Möglichkeiten zu besinnen und wieder eine ernstzunehmende Kunststadt zu werden. Die Ermahnung, diese Chance zu nutzen, findet sich darum in etli­ chen Zeitungsartikeln und Denkschriften, in Vorträgen und bei Kulturausschußsitzungen wieder.16’ So schreibt Hans Eckstein 1946: »Man kehrt nun nach zwölf Jahren der Tyrannei, in denen auch die Kunst nirgends frei wachsen durfte, überall zu einer liberalen Haltung der modernen Kunst gegenüber zurück. Der Kunststadt München ist ... in diesem Augenblick die Chance gegeben, zu einer wahrhaften Kapitale moderner Gestaltung zu werden und ihre frühere Zaghaftigkeit zu überwinden, die es mit leisem Groll gegen »Extravaganzen, die in Mode gekommene Kunststätten aufweisem (Anno 1930 höchst offiziell gesprochene Worte!) abseits von ent­ scheidenden künstlerischen Entwicklungen stehen ließ,«17’ Zweifellos ist das München, von dem hier die Rede ist, die Stadt in ihrer Gesamtheit, also mit allen ihren staatlichen, städ­ tischen und privaten Initiativen und Kulturinstituten, mit ihrer Presse, ihren kulturellen Verbänden und Vereinen, ihrem gei­ stigen Klima und ihren — mehr oder weniger kunstinteressier­ ten — Bewohnern. Erst ein sinnvolles Zusammenwirken aller dieser Faktoren bewirkt nämlich ein kulturelles Ambiente, ein »Klima der Freiheit«,18’ in dem Kultur gedeihen kann, in dem sowohl das Alte gepflegt wie das Neue gefördert, in dem Bo­ denständiges und Hinzukommendes gewürdigt, Lokalspezifi­

sches und Internationalität anerkannt werden. Denn, um eine Meinung aus dem Rückblick des Jahres 1965 zu Wort kom­ men zu lassen: »Zu Recht verärgert über einen biederen Provinzialismus, konnte man es sehr wohl für ein paar Jahre übersehen, daß der Gebrauch ähnlicher Floskeln in der ganzen Welt nicht zwangsläufig und allenthalben Weitläufigkeit provoziert ... Auch die Angst vor der Provinz ist provinziell.«19’ Selbst wenn Hermann Uhde-Bernays 1926 in dem »Kompro­ miß zwischen lokalpatriotischer Beschränkung und internatio­ nalem Anspruch« den Grund für Münchens Kunstmisere zu erkennen glaubte,20’ so kann wohl doch nur ein Nebenein­ ander von lokaler Sonderentwicklung und internationalem Standard befruchtend wirken. Damit sei jedoch keineswegs, wie dies Stadtrat Helmut Fischer 1951 bezeichnete, einer »Re­ servatio monacensis«, also einem »Naturschutzpark des Natur­ oder Ur-Münchners«21’ das Wort geredet, vielmehr der auch von Hausenstein gelobten »assimilierenden Kraft der Stadtper­ sönlichkeit München«, der »Vollmacht, alles Herankommen­ de, von woher immer es sei, in das Gemeinsam-Münchnerische einzuschmelzen — in ein Münchnerisches, das weltbürger­ lich zu sein vermag, ohne im übrigen seiner starken örtlichen und regionalen Eigentümlichkeiten verlustig zu gehen.«22’

Die städtisch verwaltete Kultur Einen wichtigen Beitrag dazu kann die Gemeinde liefern, zu deren Aufgaben ja die Förderung der städtischen Kultur gehört. Der städtische Umgang mit Kultur spielt sich jedoch notwen­ digerweise zwischen gewissen Begrenzungen ab, wie sie hier der Bayerische Städteverband formuliert:23’ »Zunächst soll sich die Gemeinde nicht als wichtigster Trä­ ger der Kultur in ihrem Bereich betrachten, wie sie es zu Zeiten autoritären Denkens getan hat. Vielmehr soll sie ge­ meinsam mit Bürgern, Kirche, Firmen, Vereinen und Ver­ bänden am Wiederaufbau der Kultur mitarbeiten ... Es ist wesentlich, klar zu erkennen, daß sich die gemeindliche Verwaltung nicht eignet, selbst Kulturwerte zu schaffen, daß kollegiale Gremien nicht in der Lage sind, bestimmend in die Entwicklung der Kultur einzugreifen und damit zu ent­ scheiden, welcher einzelne Künstler der Förderung der öf­ fentlichen Hand bedarf.« Eine Schlußfolgerung daraus lau­ tet: »So wird jede kluge Leitung und Verwaltung einer Korporation sich drüber klar sein, daß sie auf diesem Felde letzten Endes nur Hilfen leisten, Wege öffnen, Steine fort­ räumen kann.«24’ Prägend für die Kulturpflege der Gemeinden wurde der bür­ gerliche Kulturbegriff des 19. Jahrhunderts. Dieser läßt sich auf die Formel bringen, die auch der Bayerische Städteverband in seinen Empfehlungen verwendet, wenn er den »kulturellen Aufgaben« einen »sehr hohen Rang« einräumt, »weil sie sich mit den wertvollsten Eigenschaften des Gemeindebürgers, sei­ nem Sinn für das Wahre, Schöne und Gute« befassen.25’ Die hier der gemeindlichen Förderung anempfohlenen Bereiche umfassen Erwachsenen- und Jugendbildung, Büchereien und Schrifttumspflege, Theater, Musik, bildende Kunst, Museen und Denkmalspflege, Heimatpflege und Naturschutz, Wissen­

Städtische Kulturpolitik

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schaftspflege. Film und Rundfunk sowie das Zulassungswesen für kulturelle Berufe und die Stellung von Kulturausschuß und Kulturdezernent.26* Erst in den Siebziger Jahren unseres Jahr­ hunderts haben sich diese Vorstellungen von Kultur erweitert und verändert: Als »Kultur« wird nun nicht mehr nur Hoch­ kultur begriffen, vielmehr versteht man jetzt Kultur als »die Strukturmethode menschlichen Zusammenlebens«;27* das schließt die Subkultur und die »Kultur der Arbeitswelt« mit ein. Dieser Wandel deutete sich jedoch in der Zeit unmittelbar nach Kriegsende erst zaghaft an: Das Schwergewicht, das Mün- ' chens »Sonderbeauftragter für Kultur«, Hans Ludwig Held, auf die Volksbildung durch Volksbüchereien und Volkshochschule legte, zeigt solche Anfänge,28*ebenso die - in jedem Fall so­ ziale, wenn auch etwas naive — Idee des Verwaltungsdirektors der Münchner Kammerspiele, Harry Buckwitz, statt eines »Volkstheaters« ein »Theater des Volkes«, nämlich ein Theater des »kleinen Mittelstandes«, der »breiten Massen« zu bauen, das auch »Gelegenheitsbesucher, die gerade vom Büro oder aus der Werkstatt kommen« anlocken sollte.29* Nach der Wäh­ rungsreform kam dann in verstärktem Maße noch das »Soziale Kulturprogramm« der Stadt hinzu, das die traditionellen Kul­ turinstitutionen breiteren Massen erschließen wollte.30* In die­ V' sem Zusammenhang fiel auch bereits das Schlagwort »Kultur für alle«,31* das für die gewandelte Auffassung vom Kulturauf­ trag der Gemeinden in den Siebziger Jahren typisch wurde. Neben dieser »Vorschau« auf spätere Entwicklungen bestand I Der Kulturbeauftragte und Stadtbibliotheksdirektor Hans Ludwig Held, die städtische Kulturpolitik jener Jahre — von den Gemeinden Zeichnung von R. Schlichter, 1947 selbst lieber als »Kulturarbeit« bezeichnet —32* ebenso wie heu­ te aus Einflußnahmen durch finanzielle Förderung oder NichtFörderung, durch Besteuerung oder Befreiung von der Steuer, recht, was Goethe eine Natur genannt hätte, auf untersetz­ sowie aus der Betreuung der städtischen oder privaten Kultur- I tem Körper ein mächtiger Kopf mit Gnomenbart, hell­ institute und Vereinigungen. Hinzu kamen die zeittypischen j grauem Forscherblick und eigenwillig klarer Stirn, das Ge­ Probleme der Künstler, also der Kampf um Nahrung, Heiz- ■ sicht voll zurückgehaltener Energie, die aus dem Blute material und vor allem um Wohnungen.33* Mit den Fragen der kommt, aber sich unablässig zu vergeistigen strebt, von Gut­ städtischen Kultur befaßten sich daher nicht nur der »Sonder­ herzigkeit durchleuchtet.. ,«36* beauftragte für Kultur«, der »Kulturbürgermeister«, die Kultur­ verwaltung, der Kulturausschuß und die Leiter der städtischen Wolfgang Petzet, Dramaturg der Münchner Kammerspiele, Kulturinstitute, sondern auch der Stadtkämmerer, der Finanz­ fand für ihn die ebenso amüsante wie zutreffende Bezeichnung ausschuß, das Wohnungs- und Zuzugsamt, Beschaffungsstellen »kunst- und kulturbeschützender, gewaltiger mystisch-kathound Ernährungsämter, kurz: Kultur wurde von etlichen mate­ lisch-sozialistischer Buddha«37* — kurz: er war ein bayerisches riellenFaktoren mitgeprägt, die oft von der Kulturverwaltung »Urviech« mit literarischen und philosophischen Interessen, selbst nur mittelbar abhingen. Weitere entscheidende Elemente einem großen menschlichen Verständnis für Kunst und Künst­ bildeten außerhalb städtischer Einflußnahme liegende Eingrif­ ler38* und besaß 1945 die Energie eines Mannes, der zwölf Jah­ fe der amerikanischen Besatzungsmacht und des wiedererstere seines Lebens im vorzeitigen Ruhestand verbracht hatte. Eenden bayerischen Staates. Diese Energie brauchte er jedoch auch: Sein damaliger AdDie zentrale Persönlichkeit der städtisch verwalteten Kultur latus Ludwig Krafft berichtet,39* daß ihm beim Anblick der undes ersten Jahrzehnts nach Kriegsende war der »Sonderbeauf­ bewältigbaren Berge der Morgenpost oft dicke Schweißtropfen tragte für Kultur«, Hans Ludwig Held. Held, 1934 von den auf die Stirn getreten seien und er sich schier vierteilte, um die Nationalsozialisten aufgrund seiner früheren Mitgliedschaft in an ihn herangetragenen Bitten wenigstens teilweise erfüllen zu der USPD seines Amtes als Stadtbibliotheksdirektor enthoben, können. Da er in vielen Dingen keine direkte Weisungsbefug­ hatte sich bereits in den Zwanziger Jahren neben dem Aufbau nis besaß,40’ konnte er überdies in manchem, ihm besonders der wissenschaftlichen Zentralbibliothek der Stadt der Volks­ dringlich erscheinenden Fall trotz großer Bemühungen keine bildung gewidmet.34* Diesen sozialen Vorstellungen blieb er Abhilfe schaffen.41* auch treu, als er bereits eher der konservativen Mitte als dem Vor allem die problematische Konstruktion der Kulturver­ linken Flügel zuzurechnen war.35* Hans Carossa beschrieb Held waltung entwickelte sich in der Zeit des allgemeinen Not­ folgendermaßen: stands zu dem entscheidenden Hemmschuh großzügiger kul­ tureller Planung und damit auch des Wiederaufbaus der Stadt »... unverkennbar ein Sohn des altbayerischen Stammes, München zu einer »Kunststadt«:42* Neben der nicht immer fast mönchisch in seinem schwarzen Rock, aber doch so glücklichen, jedoch demokratisch legitimierten Einflußnahme

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Politik und Kultur

Unverwüstlicher Film: »Sag mal, ist das nicht der Kitsch, der uns schon vor fünfundzwanzig Jahren gelangweilt hat?«, Karikatur von J.Wisbeck, aus »Der Simpl« Nr.9, 1946

des Kulturausschusses, der Bürgermeister oder der Stadtkäm­ merei, vermochten beispielsweise auch subalterne Beamte des 'Wohnungsamtes Entscheidungen des Kulturbeauftragten zu torpedieren, dies sogar in Fällen, in denen sich dieser auf die ausdrückliche Zustimmung des Oberbürgermeisters berief.43' Wie konnte es dazu kommen? Heids Position war verwaltungsmäßig ebenso wenig fest verankert wie die der Kulturverwaltung selbst, die zwischen den städtischen Direktorien hin und her wanderte: Als das Kulturwesen 1925 neu geregelt worden war,44' hatte man es dem Direktorium B, dem Zweiten Bürgermeister, unterstellt. Das während der NS-Zeit gegründete »Kulturamt« und damit auch das »Kulturreferat« (Referat der Kulturfragen vor dem Stadtrat) unterstanden dann seit 1937 dem Oberbürgermeister und damit dem Direktorium A.45’ Im Jahre 1945 wurde das Kulturreferat wieder dem Direktorium B und damit dem Zweiten Bürgermeister Dr. Franz Stadelmayer zugewiesen, der sich dieser Aufgabe in enger Zusammenarbeit mit dem Refe­ rat 8 des Direktoriums A, also dem Schul- und Kulturreferat mit Stadtschulrat Fingerle, unterziehen wollte.46' Der kommis­ sarisch eingesetzte Leiter des Kulturamtes, Dr. Michael Schat­ tenhofer, wechselte im Herbst 1945 zum Stadtarchiv über;47' in Übereinstimmung zwischen der Stadtverwaltung und den Amerikanern trug man daher dem politisch unbelasteten Bi­ bliotheksdirektor und Literaten Hans Ludwig Held, der sich nach 1945 bereits bei der »Auskämmung« der Volksbibliothe­ ken praktisch bewährt hatte,48' das Amt des »Sonderbeauftrag­ ten für Kultur« an, das dieser, wenn auch zögernd, annahm.49' Das Kulturreferat selbst wurde dem Dritten Bürgermeister Carljörg Lacherbauer übertragen. Nachdem sich Lacherbauer durch sein Verhalten gegenüber den Theaterleuten Harry Buckwitz und Erich Engel im Frühjahr 1946 eine ernste Rüge

des amerikanischen Theateroffiziers Gérard van Loon einge­ handelt hatte,50' zog Oberbürgermeister Scharnagl das Kultur­ referat an sich und unterstellte es damit wiederum dem Direk­ torium A.51' Zu diesem Zeitpunkt umfaßte der Kulturbereich die Direktion der städtischen Sammlungen mit Galeriedirektor Arthur Rümann und dem ihm unterstellten Stadtmuseums-., direktor Konrad Schießl, die Direktion der städtischen Biblio­ theken mit Stadtbibliotheksdirektor Hans Ludwig Held, sowie das städtische Theater- und Musikamt, das von Vitus Königs'dörfer geleitet wurde und in Zusammenarbeit mit dem Kultur­ beauftragten für die Münchner Kammerspiele und die Phil­ harmoniker zuständig war.52' Im Jahre 1947 löste man das Theater- und Musikamt. auf und bildete eine »Abteilung für Kultur« beim Direktorium A. Diese Abteilung nahm Scharnagl nach seinem Rücktritt als Oberbürgermeister in sein Amt des Zweiten Bürgermeisters und damit wiederum zum Direkto­ rium B mit, wo sie dann auch unter seinem Nachfolger Wal­ ther von Miller verblieb.53' Die umfangreichen Aufgaben des Kulturbeauftragten um­ reißt ein Rundschreiben zur Geschäftsverteilung vom April 1947;54' demnach war Held neben Scharnagl der Abteilung für Kultur gegenüber weisungsberechtigt, der die städtischen Kul­ turinstitute unterstanden. Neben der Betreuung des städtischen Theater- und Musiklebens, der Bildenden Kunst und des Bi­ bliothekswesens hatte er sich auch um die Laienkultur, um Kunsthandel, Kunstgewerbe, die Arbeit der Restauratoren, Buchhandel, Vortragswesen, Verlage, Film, Mode und Ähnli­ ches zu kümmern, dabei aber vor allem die »Förderung Mün­ chens als Kunst- und Kulturstadt« im Auge zu behalten. Dar­ unter verstand man die »Gewinnung, Förderung und Unterstützung von kulturell bedeutsamen Persönlichkeiten, Mithilfe in Wohnungsfra­ gen für den umstehend aufgezeigten Kreis und bei Wiederinstandsetzungs- und Neubau-Anträgen für Kulturstätten, Betriebsgebäude und Wohnungen«.

Wohnung und Zuzug der Prüfstein städtischer Kulturverwaltung Dieses weitgespannte Tätigkeitsfeld weist daraufhin, daß hier­ mit eine Art Koordinierungsstelle für Kultur geschaffen wer­ den sollte, die auch Prioritäten einer möglicherweise notwen­ digen Kulturplanung setzen konnte. Daß Koordinierung ohne Anordnungsbefugnis wenig zweckmäßig ist, zeigt vor allem das Beispiel der Wohnungs- und Zuzugspolitik. Bereits 1946 hatte Held als Ergebnis einer Besprechung in Kulturfragen den Satz »Ohne Raum, keine Kultur« geprägt.55' »Raum« bedeutete hierbei sowohl Wohnraum als auch Versammlungsraum; bei­ des war rar im Nachkriegsmünchen. Ziel einer weitschauenden Kulturplanung mußte es sein, wichtige und kulturell interes­ sante Persönlichkeiten oder Institutionen trotz dieser Situation nach München zu holen und damit die durch die Zeitumstände gegebene Chance zu nutzen, wieder eine Kulturstadt von Rang zu werden. Diese Chance bot vor allem die Mobilität der Ge­ sellschaft in den ersten Nachkriegsjahren: Zu den Flüchtlingen und Vertriebenen kamen nämlich diejenigen Journalisten, Verleger oder Lektoren hinzu, die die Entwicklung in der So­ wjetisch Besetzten Zone (SBZ) erst abgewartet hatten, bevor sie dann 1947 oder 1948, nach der »Klärung der Fronten« zwi-

Städtische Kulturpolitik sehen Ost und West, doch eine Verlagerung ihrer Tätigkeit in die Westzonen ins Auge faßten.56* Eines der wichtigsten Wunschziele gerade der Verleger bildete dabei München, das mit ihnen die Nachfolge Leipzigs als die Buchstadt Deutsch­ lands hätte antreten können. Obwohl Held darauf mehrfach und deutlich hinwies, weigerten sich die dafür zuständigen Wohnungs- und Zuzugsämter in einem Großteil der Fälle, die­ sen Wünschen stattzugeben, oft sogar noch mit dem Hinweis, solange so viele Münchner evakuiert seien, könne man nicht an Neuzuzüge solcher Art denken.57* Diese Situation erbitterte Held, der sich der Tragweite solcher Entscheidungen durchaus bewußt war:

also wirklich eine »Stadt der verpaßten Gelegenheiten« nennen.62* Bietet die Wohnungs- und Zuzugspolitik ein Beispiel für die Ineffizienz der städtischen Kulturverwaltung, so zeigt das Beispiel Stuttgarts jedoch auch, daß dies nicht für alle Gebiete zutrifft: Stuttgarts Flexibilität bei der Verwaltung kultureller Fragen war nämlich unter anderem darauf zurückzuführen, daß dort ein städtischer Kulturbetrieb im Münchner Sinne nicht existierte: Die »eigentlichen Kulturfragen« wurden von dem Schulreferenten mitverwaltet, ein städtisches Theater, ein Or­ chester oder eine Galerie gab es nicht. Dafür war die Stadt sowohl finanziell wie einflußmäßig stark an den staatlichen Kulturinstituten beteiligt.63* Obwohl diese Zentralisation be­ stimmt auch viele Vorteile mit sich brachte, so ging sie doch auf Kosten der Vielfalt des kulturellen Lebens. München war Stuttgart hier um mehr als zwanzig Jahre voraus auf einem Weg, den letztendlich doch alle größeren Städte gehen muß­ ten, eben auf dem Wege zu einer eigenständigen städtischen Kulturpflege, relativ unabhängig von staatlichen Initiativen.

»Meine ständigen Bemühungen, welche seitens der Verlage rückhaltlos und dankbarst anerkannt werden - was ich an­ hand zahlloser Briefe nachweisen kann, die ich laufend er­ halte! — können immer nur von sehr relativem Erfolg sein, da ich ja in allen diesen Dingen kein Entscheidungs- oder Mitbestimmungsrecht habe, sondern mich nur auf wenn auch dringlichste und nachdrücklichste Empfehlungen be­ schränken muß.«58* Neben den Verlagen waren von dem Wohnungs- und Zuzugs- j problem auch Schauspieler, Dichter, Künstler, Gelehrte und j Journalisten betroffen; den »geistigen Facharbeitern« gestand: das Wohnungsamt keineswegs die gleiche Wichtigkeit zu wie ' Spezialarbeitern, die für den baulichen Wiederaufbau ge-; braucht wurden. Die Kultur blieb den Beamten offenbar doch 5 ein ästhetisches Randphänomen, sie wurde von diesen Stellen' nicht als konkreter Bestandteil städtischer Politik begriffen, ! Deshalb schrieb Held 1947 sehr deutlich an Oberbürgermei- > ster Scharnagl: »Alles in allem komme ich zu der Auffassung, daß an man­ chen amtlichen Stellen, die mit kulturellen Belangen zu tun haben, nicht solche Beamte oder Angestellte sitzen, die dem geistigen Umkreis ihrer Aufgaben gewachsen wären.« Die innerhalb der Verwaltung deshalb schwelenden Konflikte legt sein nächster Satz offen: »Wiederholt mußte ich von fremder Seite hören, daß solche Stellen sich ironisierend oder abweisend gegenüber Bestäti­ gungen oder Befürwortungen des Herrn Oberbürgermei­ sters oder des Kulturbeauftragten ausgelassen haben.«59* ln einer Denkschrift betonte Held dann auch die weitreichen­ de Bedeutung der hier getroffenen Entscheidungen: »Die Stadt darf durch an und für sich völlig den allgemeinen Richtlinien entsprechende, aber zu wenig von kulturpolitisehen Erwägungen getragene Entscheidungen des Wohnungsamtes keine ideellen Verluste erleiden, die in Jahren nicht mehr gut zu machen wären und die zum Teil auch schon in einer größeren Anzahl nachzuweisen sind .. ,«60* Vergleicht man die Münchner Situation mit der Stuttgarts, so sieht man, daß solche Probleme durchaus nicht zwangsläufig waren: Dort führte ein anordnungsbefugter Spezialist des Wohnungsamtes auch die Verhandlungen mit den zuzugswilli­ gen Verlagen oder den kulturell wichtigen Persönlichkeiten. So konnte sich Stuttgart beispielsweise die Verlage Reclam, Bachem und Hiersemann sichern, die ursprünglich nach München hatten kommen wollen.61* Hier muß man München

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Kulturpolitik zwischen Kontrolle und Konkurrenz Ganz unabhängig war auch die Münchner Kommunalpolitik in I. dieser Zeit natürlich nicht. Sie fand in dem Freiraum statt, den | ihr die amerikanische Besatzungsmacht einräumte; dieser ver- ! größerte sich jedoch zunehmend. Auch die amerikanischen i Kulturoffiziere wurden in den Sog des wiedererwachenden : Münchner Kulturlebens gezogen und halfen intensiv bei der Beschaffung von Baumaterialien und ähnlichem mit. Neben solchen Unterstützungen beschäftigten sie sich mit dem perso­ nellen Bereich, das heißt mit Entnazifizierung und Lizen­ zierung.64’ Die meisten amerikanischen Aktivitäten auf der unteren Verwaltungsebene spielten sich während der Jahre 1945/1946 ab; danach konzentrierte sich der Einfluß vor allem auf die Gebiete der Medienkontrolle und der Gesetzgebung.65* ; Durch den Aufbau der Militärregierung, die als Kulturoffi­ ziere meist »Spezialisten«, also Künstler der verschiedenen Sparten verwendete, ergaben sich überdies Koalitionen zwi­ schen den deutschen und den amerikanischen Künstlern auf der einen und den jeweiligen Verwaltungsbehörden auf der anderen Seite. Dies und auch die persönliche Identifikation der Kültüfoffiziere mit ihren Aufgaben zeigt ein programmatischer Brief des Münchner Theateroffiziers Gérard van Loon an Oberbürgermeister Scharnagl vom 1. April 1946:66* »Es ist diesem Büro mehrere Male und von verschiedensten Quellen zu Ohren gekommen, daß Herr Bürgermeister La­ cherbauer als >Kunstsachverständiger« sich unseren Lizenz­ trägern gegenüber in einer Weise benimmt, die sich die Herren wohl augenblicklich gefallen lassen müssen, aber der sie auszuweichen wissen werden, indem sie die Städtischen Bühnen in München verlassen ... Ich glaube kaum, daß un­ sere Haltung diesen Herren gegenüber weniger korrekt ist, als die des Herrn Bürgermeisters. Vielleicht aber eben weil wir keine Berufsbeamten sind, sondern Künstler, die im Au­ genblick als Behörde walten müssen, haben wir ein tieferes Verständnis für das Menschliche und fühlen nicht, daß wir es nötig haben, uns anderen gegenüber schnöde und «milita­ ristisch« zu benehmen ... Auch ich, obwohl ich nur ein klei-

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Politik und Kultur ner Hauptmann bin, versuche meinen >Kunden< zu dienen, denn meine Kunden sind Künstler und zum Künstler muß man geboren sein. Kunstbeamter kann jeder werden.«

Die nämliche Haltung konstatierte Stefan Heym, der Mün­ chen in diesen Jahren besuchte: »Indem wir Deutschland be­ setzten, entschieden wir uns, mitten unter den Deutschen zu leben, und ihre Angelegenheiten wurden logischerweise zu unseren.«67' Diese Integration mag auch dazu beigetragen ha­ ben, daß einzelnen Kulturoffizieren die Änderung der politi­ schen »Großwetterlage« nicht bewußt wurde. So wird etwa in einer neueren Arbeit von Schreiben der ehemaligen Theater­ offiziere Benno Frank und Gérard van Loon berichtet, in de­ nen diese daraufhinweisen, daß sie von dem »Kalten Krieg« in ihrer Umgebung und im deutschen Theater nichts bemerkt hätten.68' Obwohl hier die objektive Richtigkeit dieser Aussa­ gen bezweifelt wird, muß man ihnen doch eine relative, sub­ jektive Relevanz zugestehen: Die große amerikanische Politik war eben genausowenig immer mit der Politik der einzelnen Offiziere in den verschiedenen Bereichen identisch wie eine., deutsche Politik beispielsweise mit der der Stadt München. Anders sieht dies bei der amerikanischen Kulturpolitik der Amerika-Häuser aus, die unmittelbar an Washington gebun­ den und damit auch zentral steuerbar waren. Hier fanden Änderungen der amerikanischen Grundhaltung sehr wohl und nachhaltig ihren Ausdruck.69' ^Ähnliche Unterscheidungen muß man auch bei der Wirk­ samkeit bayerisch-staatlicher Überlegungen für die Stadt Mün­ chen und ihre Kulturpolitik treffen. Unmittelbare »Eingriffe« des Staates in die Kulturpolitik der Stadt München lassen sich vor allem im Umfeld der Staatstheater nachweisen; es handelte sich hierbei um die Konzerttätigkeit der »Musikalischen Akademie«v also des Staatsorchesters, und die Fragen des städti­ schen Zuschusses zu den Staatstheatern. Indirekt hängt damit dann auch das staatliche Interesse an den Fusionsüberlegungen zwischen dem Orchester des bayerischen Rundfunks und den Münchner Philharmonikern zusammen, in denen sich Staats­ sekretär Sattler intensiv um Vermittlung bemühte. Diese Frage hatte nämlich auch für die Konzerttätigkeit des Staatsorche­ sters, das mit diesen beiden Orchestern in Konkurrenz stand, eine große Bedeutung.70' Zwar munkelte man darüber hinaus von Eingriffen Kultusminister Hundhammers im Zusam­ menhang mit dem Weggang Hans Rosbauds,71' nachweisen läßt sich dies jedoch nicht. Kleinere Reibereien waren in der Zeit der Mangelverwal­ tung unvermeidlich; einen dieser Streitpunkte bildete die Ter­ minkoordinierung bei Konzerten des städtischen und des staat­ lichen Orchesters:72' Eigentlich sollte der Konzertplan nämlich vorher abgestimmt werden, damit nicht dieselben Werke in­ nerhalb einer Konzertsaison mehrfach gegeben wurden. Dies funktionierte jedoch nur unvollkommen; vor allem die gro­ ßen Aufführungen repräsentativer Werke wie der Neunten Symphonie von Beethoven oder der Bachschen Messen an den dafür prädestinierten Tagen um Allerheiligen oder Ostern führten regelmäßig zu umfangreichem Briefwechsel zwischen Staat und Stadt, weil man schwerlich erfolgreich dem Konzert­ publikum zwei Großaufführungen an einem Tag zumuten konnte.73' Auch die Orchesterbesoldung löste Diskussionen aus, da Spitzengagen meist Spitzenkräfte anzogen:74' Wollte ein Musiker nach München wechseln, so lag für ihn ein Vergleich

der verschiedenen Gagenangebote nahe. Ein künstlerisches Austrocknen des finanziell schwächeren Orchesters war daher vorprogrammiert. Neben der Bezahlung lockte der Staat die ihm wichtigen Kräfte überdies dadurch, daß er ihnen Woh­ nungen bereitstellte; weil die Stadt dies nicht bieten konnte, entstand ein Streit über die Rechtmäßigkeit solcher Zusatzver­ sprechungen.75' Vor allem die Bereiche Theater und Musik, in denen sich Staat und Stadt gleichermaßen stark engagierten und sich daher als unmittelbare Konkurrenten gegenüberstan­ den, boten also Konfliktstoff. Aber auch Zuzugsfragen führten zu SchwierigkeiteiUiia..den..Staat) nach Meinung Oberbürger­ meisters Scharnagl, zu großzügig mit Hochschulberufungen umging. Sein Brief an Ernährungsminister Schlögl läßt es in er­ schreckendem Maße an Weltoffenheit fehlen: »Der Stadt steht es nicht zu, die wirkliche Dringlichkeit und unabwendbare Notwendigkeit der einzelnen Berufungen zu prüfen, wenn nicht, wie dies in einigen Fällen augenschein­ lich war, ohne weiteres darauf verwiesen werden konnte, daß für den betreffenden Aufgabenkreis auch Personen, die hier bereits wohnhaft sind, in Verwendung genommen werden könnten ... Es ist dem Herrn Minister nicht unbe­ kannt, wie gerade die Berufungen aus Berlin aus einer Reihe von Gründen größten Bedenken begegnen.«76' Diese gleichsam »konzentrische«, also nur auf die »Wagenburg München« bezogene Kulturpolitik konnte die Vorurteile ge­ gen München nur bestätigen. Scharnagl vertrat hier die Linie »Muncheinden Münchnern«, die.der Position der Bayernpartei gefährlich nahe kam.77' Auch ein anderer Fall zeigt deutlich, daß die Kritik an dem anti-Berliner Ressentiment der Münch­ ner keineswegs grundlos war: Als im Oktober 1945 die Ver­ gabe des Kabaretts im Künstlerhaus zur Debatte stand, brachte Dr. Hanns Wiedmann, der auch schon vor 1945 im Kulturamt tätig gewesen war, die Bewerbung des bekannten Kabarettisten Werner Finck mit dem Argument zu Fall, »daß dieser als ausgesprochener Repräsentant bester Berliner Kleinkunst wahrscheinlich auf Dauer in München nicht Bo­ den finden könnte, und daß vor allem die süddeutschen und Münchner Kabarettisten nicht verstehen würden, wenn Werner Finck das Kabarett des Münchner Künstlerhauses bekäme.«78' Dennoch zeigt das Beispiel der intensiven Bemühungen Hans Ludwig Heids, daß dies wiederum nur der politischen Über­ zeugung eines Teils der Münchner Stadtverwaltung entsprach. Neben den unterstützenden oder dirigistischen Eingriffen . der Amerikaner und den konkurrierenden Interessen des baye- i rischen Staates bildete das Wirken der großen Vereine und I Verbände die dritte Kraft neben der städtischen Kulturver- ,; waltung im Spiel der verwalteten Kultur. Zu denken ist hier [I vor allem an den »Verband Münchner Tonkünstler«,79' den »Schutzverband Deutscher Schriftsteller«,80' den »Berufsver-| ■ band Bildender Künstler«,81' den »Schutzverband Bildender : Künstler«82' und die drei wichtigsten Münchner Künstler- 1 • Organisationen »Neue Gruppe«, »Münchner Secession« und j; »Münchner Künstlergenossenschaft«.83' Daneben gab es noch j etliche berufsständische oder kulturelle Organisationen wie die »Kulturliga« oder die »Liga der Künste«, die »Vereinigung der Freunde Münchens« oder die »Vereinigung der Freunde der j Residenz«.84' Die meisten arbeiteten reibungslos mit der Stadt

Städtische Kulturpolitik

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Beethovens Neunte Symphonie: ergriffene Zuhörer bei einem Konzert der Münchner Philharmoniker in der Aula der Universität, 1945, Photo von H. Schürer

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Politik und Kultur

zusammen, nahmen dankbar finanzielle oder organisatorische Hilfeleistungen an und kümmerten sich ansonsten vorwiegend um ihre Verbandsinteressen.

»Wer ’zahlt, schafft an« — Fragen der Knlturfinanzierung Im Jahre 1949 kam ein neuer, gewichtiger Partner zu den be­ reits geschilderten hinzu: der Bayerische Rundfunk, und zwar hier nicht als Medium, sondern als Kulturfinanzier. Sein kome­ tenhafter Aufstieg sicherte ihm binnen kurzem entscheidenden Einfluß auf fast alle bayerischen Kulturinstitute. Bereits im Fe­ bruar 1950 mußte Staatssekretär Sattler in einer Besprechung zugestehen, »daß die Kulturhilfe (des Bayer. Rundfunks; d. Verf.) nicht nur für die Philharmoniker, sondern für 20 Kultur­ institute in Bayern eine Existenzfrage sei. Wenn die Kulturhilfe wegfalle, stünden diese 20 Institute und damit das gesamte bayerische Kulturleben vor dem Ruin«.85* Was machte diese Entwicklung möglich? Nach der Währungsreform reichte die finanzielle Erstaus­ stattung der Kommunen in keiner Weise aus, die dringendsten Projekte durchzuführen. Der Rundfunk hingegen, inzwischen von amerikanischer Kontrolle frei und durch laufend in DMark eingehende Hörergebühren gesichert, konnte sich in Ruhe der Konsolidierung seines Einflusses zuwenden. Den Anfang machte der Beschluß des Rundfunkrates vom März 1949, 6-8% der Einnahmen aus den Rundfunkgebühren als »Kulturhilfe« an bayerische Kulturinstitute auszuschütten.86* Bereits für das Jahr 1949 betrug dies 2300000,- DM - eine für dieses Krisenjahr erstaunlich hohe Summe.87* Obwohl die Gelder von vorneherein zur Leistungssteigerung, nicht zum Etatausgleich bestimmt worden waren,88* dienten sie de facto meist zur Sicherung des reinen Überlebens der bedachten In­ stitutionen. Auf Kritik stieß dabei vor allem der Verteilungs­ modus, der den Löwenanteil der Gelder den Kultureinrichtun­ gen des bayerischen Staates zufließen ließ: Man sah darin den Beweis für einen zu starken Einfluß des Staates auf den Rund­ funk. Aber auch die städtischen Einrichtungen wurden gut bedacht; private kamen jedoch wieder einmal zu kurz.89* Für die Stadt München war diese Hilfestellung vor allem im Zusammenhang mit den Münchner Philharmonikern von Be­ deutung. Dieser Fall ist außerdem ein kurioses Beispiel für das Zusammen- und gleichzeitig Gegeneinanderwirken öffentli­ cher Förderungen. Gab nämlich der Rundfunk den Philharmo­ nikern einerseits durch die Kulturhilfe bedeutende finanzielle Unterstützung und wurde er durch Konzertübertragungen und Sonderveranstaltungen überdies zu einem der wichtigsten Ar­ beitgeber des gefährdeten Orchesters, so machte er ihm durch den Aufbau des erstklassigen »Symphonieorchesters des Baye­ rischen Rundfunks« unter Eugen Jochum in bedrohlicher Wei­ se Konkurrenz. Auf diese Weise gelang es dem Rundfunk, die Münchner Philharmoniker so von sich abhängig zu machen, daß nur noch 10% ihrer Einnahmen aus Konzertveranstaltun­ gen stammten,90* während das finanziell hervorragend ausge­ stattete Rundfunkorchester in Konzertsälen Erfolge feierte. Die schwierige Finanzsituation der Kommunen hatte es also dem Rundfunk leicht gemacht, in atemberaubender Geschwindig­ keit Einfluß selbst auf die gemeindlichen Kulturinstitute zu ge­ winnen. Es klingt deshalb fast zynisch, wenn ein Münchner

»So ist’s heut', mit der Kultur geht’s aufwärts und mit die Blutwürscht' geht’s abwärts«, Karikatur von M.Radler, aus »Der Simpl« Nr.lO, 1947

Musikkritiker darin den »Sieg des Besseren« zu entdecken glaubte;91* man ist vielmehr geneigt, darin einen »KulturDarwinismus« der Finanzkraft zu sehen. Der Rundfunk bediente sich hier jedoch keineswegs außer­ gewöhnlicher Methoden. Wie gerade diese Schwierigkeiten zeigen, hat Kulturpolitik generell keineswegs nur mit dem »Schönen, Guten und Wahren« zu tun, sie muß vielmehr größ­ tenteils auf sehr materiellen Grundgegebenheiten aufbauen. Einen Eckpfeiler der Möglichkeiten einer Kulturverwaltung bildet daher auch die finanzielle Situation, der Kulturetat. Der Ausnahme-Charakter der Jahre zwischen Kriegsende und Währungsreform erweist sich deshalb schon daran, daß die spä­ teren Hauptstreitpunkte des Kulturbereichs, der städtische Zu­ schuß - oder vielmehr der Etatausgleich92* - für die Münchner Philharmoniker und die Münchner Kammerspiele, keine nen­ nenswerten Summen erforderten.93* Der kommunale Finanz­ haushalt war ohnehin durch den Währungsverfall so in Un­ ordnung, daß der Stadtkämmerer meist von der Hand in den Mund plante und nur versuchte, zukünftige Belastungen, die nach einer Währungsreform relevant werden könnten, mög­ lichst gering zu halten. Ein Beispiel für diese Taktik geben die Verhandlungen um die städtischen Zuschüsse zu den Münchner Staatstheatern, um die jahrelang zwischen Stadt und Staat heftig gepokert wur­ de?41 Zwar mußte sich die Stadt Anfang 1948 doch wieder zu einer jährlichen Zuschußzahlung von 600000,-Mark ver­ pflichten?5’ die 1944 und 1945 nicht bezahlten Zuschüsse ließ man sich jedoch nur formal abringen, faktisch deckte sie der

Städtische Kulturpolitik Staat selbst durch eine Finanzzuweisung ab.96' Enttäuscht regi­ strierte der Stadtkämmerer bezüglich der Zuschüsse für das Rechnungsjahr 1946, der im Bayerischen Finanzministerium zuständige Ministerialrat habe wohl um den guten Rechnungs­ abschluß der Stadt in diesem Jahr gewußt - sonst hätte man sich auch diese Summe noch sparen können.97' Mit geschick­ tem Taktieren sorgte die Stadt also dafür, daß die im Haushalts­ plan angesetzten Summen möglichst nicht ausgeschöpft wer­ den mußten. Begünstigt wurde dies auch durch den großen Zulauf, den Kulturveranstaltungen zu verzeichnen hatten: So konnten sich beispielsweise die Münchner Kammerspiele bis zur Währungsreform im Juni 1948 einen Überschuß von etwa 500000,— RM erwirtschaften.98' In dieser von der finanziellen Seite her unproblematischen, weil besucherstarken Zeit »leisteten« sich daher vor allem die Münchner Philharmoniker unter ihrem Dirigenten Hans Ros­ baud fast unangefochten moderne Konzerte, auch wenn diese — obwohl sonst meist 1 OOprozentige Konzertsaalauslastung konstatiert wurde! - schwächer besucht waren als solche mit klassischen oder romantischen Programmen.99' Rosbaud mußte sich mit dieser Programmgestaltung jedoch gegen die Proteste des Orchesters verteidigen, dem offenbar das Probenaufkom­ men zu hoch wurde; in diesem Fall ist also vor allem Rosbauds persönlicher Einsatz hervorzuheben, der sich bis 1948, bei wohlwollender Duldung der Stadtverwaltung, gegen das Or­ chester und in gewisser Hinsicht auch gegen die Majorität des Publikums durchsetzte.100' Erst die Finanzprobleme der Jahre 1949, 1950 und 1951 sowie die anderen künstlerischen Inter­ essen des neuen Dirigenten Fritz Rieger brachten diese Zwi­ schenblüte der modernen Musik in München wieder zum Erliegen: Die Presse sprach 1950 von »stockkonservativer« Programmgestaltung.101' Dieses Beispiel macht wiederum deutlich, daß der unmittel­ bare Einfluß der Finanzlage auf den Spielraum und die Experi­ mentierfreudigkeit sowohl des künstlerischen Leiters wie der Kulturverwaltung durchaus bedeutungsvoll werden kann. Die Währungsreform zeigte dies besonders klar: Binnen kürzester Zeit gerieten die städtischen Kulturinstitutionen in den Strudel finanzieller und damit auch künstlerischer Abhängigkeiten, sei es gegenüber den großen Besucherorganisationen »Volks­ bühne« bzw. »Kulturbund« und »Theatergemeinde«,102' sei es gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Die Bedeutung gefüll­ ter Häuser und zusätzlicher Finanzspritzen durch »Kulturhilfe«, die man außerhalb der städtischen Zuwendungen suchen mußte, weisen überdies auf die finanziellen Schwierigkeiten der Kommune nach der Währungsreform hin. Die Auswirkungen dieser Situation bekamen wiederum vor allem die Münchner Philharmoniker zu spüren: Immer mehr Stimmen forderten die Reprivatisierung des Orchesters oder seine Fusionierung mit dem Rundfunkorchester. Trotz massi­ ver Angriffe beispielsweise von seiten des SPD-Abgeordneten Rudolf Bößl, der von dem Musikkritiker Ruppel einmal tref­ fend als »unanfechtbarer, aufrechter Banause« in Kulturfragen bezeichnet wurde,103' zuckte man jedoch im letzten Moment zurück, wenn die endgültige Entscheidung anstand, und hoff­ te, irgendwie werde sich die finanzielle Misere noch beseitigen lassen. Oberbürgermeister Wimmer seinerseits begründete einmal sein Zögern, das Orchester aufzugeben, mit dem Aus­ spruch, er wolle »nicht als >Mörder< der Münchner Philharmo­ niker in die Geschichte eingehen«.104' Einstimmig gegen eine

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Fusion und für den Erhalt des Orchesters plädierten jedoch nur die Fraktionen der FDP und der KPD, in der CSU und der SPD war man sich nicht einig und die Bayernpartei sowie die »Fraktion Hollerer« (WAV) sprachen sich für eine Fusion aus.105' Trotz dieser Uneinigkeit erwies sich der letztendlich eingeschlagene Kurs doch als der richtige, der die »Rettung« der Münchner Philharmoniker bewirkte, die sonst im »Sym­ phonieorchester des Bayerischen Rundfunks« aufgegangen wä­ ren. Bei diesen Verhandlungen schälte sich auch wieder einmal heraus, aus welchen Elementen sich »Musikpolitik« zusam­ mensetzte: Bestallung des künstlerischen Leiters, Bestimmung der Gastdirigenten und Einflußmöglichkeiten auf die Spiel­ plangestaltung. Eines der wichtigsten Argumente in den hitzig geführten Debatten betraf die scheinbar aussichtslose Lage der Philhar­ moniker zwischen den beiden finanziell bestens gepolsterten Orchestern des Staates und des Rundfunks. Man glaubte, dieser Konkurrenz in keinem Fall gewachsen zu sein und hielt dieje­ nigen für zu optimistisch, die drei große Orchester in Mün­ chen tragbar fanden.106' Obwohl diese am Ende Recht behiel­ ten, hatte die angespannte Lage in München doch unmittelbare Auswirkungen auf den privaten Musikbereich, für den kaum städtische Zuschüsse übrigblieben, sowie für die grundsätzlich ablehnende Haltung der Stadt, aber auch der anderen Orche­ sterträger gegenüber den Konzerten auswärtiger Orchester: Das gerade noch tragbare Maß an Konzerten wurde von den drei großen und den wenigen, sich mühsam selbst erhaltenden kleinen Orchestern aus München selbst bestritten.107' Diese Si­ tuation begünstigte also die Institutionalisierung der Musiksze­ ne sowie die ohnehin eher München-zentrierte Kulturplanung und erschwerte die Öffnung nach außen; innerhalb Münchens führte sie bei allen Beteiligten zu der Grundeinstellung »Keine Experimente«, die die Zwischenblüte der modernen Musik unter Hans Rosbaud ablöste. Dennoch wäre eine Reprivatisie­ rung oder Fusionierung der Münchner Philharmoniker sicher­ lich auf viele Proteste gestoßen und man hätte der Stadt wieder einmal mangelnden kulturpolitischen Weitblick vorgeworfen.

Die Stadt und ihre institutionalisierte Kultur Auch in einem weiteren Fall läßt sich der Umgang der Stadt mit ihren Kulturinstituten am Beispiel der Philharmoniker paradigmatisch aufzeigen: Es geht dabei um den häufig von der Stadt geübten Brauch, sich wichtige Rechte zu sichern, von diesen jedoch kaum Gebrauch zu machen. Zwar war der Spiel­ raum der einzelnen künstlerischen Leiter Münchner Kultur­ institute unterschiedlich groß, in künstlerischen Fragen gestand man ihnen jedoch fast ausschließlich das letzte Wort zu. Im Vertrag des Kammerspielintendanten von 1946 wird aber die Pflicht des Intendanten festgehalten, den Oberbürgermeister über alle Vorgänge innerhalb des Theaters zu informieren und »seinen berechtigten Wünschen Rechnung zu tragen«.108' Bei den Münchner Philharmonikern konnte sich Hans Rosbaud auf seinen Vertrag mit der Stadt berufen, in dem es hieß: »Herrn Generalmusikdirektor Hans Rosbaud wird die Gestal­ tung und Weiterentwicklung des gesamten Musiklebens der Stadt München anvertraut, soweit die Stadtverwaltung darauf Einfluß nimmt. Für diese Tätigkeit ist er allein dem Oberbür­ germeister verantwortlich .. ,«109' Eine Geschäftsanweisung,

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Politik und Kultur

die seine Rechte beschnitten hätte, existierte nicht. Beide Ver­ träge waren also — überspitzt formuliert — noch nach dem NS»Führerprinzip« abgefaßt: Vor allem die Alleinverantwortlich­ keit des künstlerischen Leiters gegenüber dem Oberbürger­ meister, gewissermaßen unter Umgehung des Stadtrats, legt diesen Schluß nahe. Das ist ein Hinweis darauf, daß einige Or­ ganisationsformen aus der NS-Zeit doch noch bis in die Jahre 1947/48 unverändert weiterbestanden und erst dann Überle­ gungen zur Reorganisation begannen. Im Februar 1948 hieß es nämlich in einer Vormerkung, daß dieser Vertrag »den verän­ derten Zeitläuften nicht nur in fiskalischer Beziehung nicht mehr gerecht« werde und daß nun »auch im kulturellen Leben demokratische Grundsätze Geltung finden« müßten.110' Ros­ bauds Probleme vor allem innerhalb des Orchesters führten je­ doch dazu, daß sich Hans Ludwig Held bereits 1947 in Ham­ burg, Wien, Berlin, Frankfurt a. M., Heidelberg, Leipzig, Köln, Stuttgart und Bamberg erkundigte, wie dort das Verhältnis zwischen dem Orchester, dem Dirigenten und der Stadt be­ schaffen sei.111' Eine Auswertung der eingegangenen Antwor­ ten ergibt, daß München keineswegs eine reaktionäre Ausnah­ me darstellte: Der begehrte Dirigent Jochum konnte sich in Hamburg seine Bedingungen gewissermaßen selber stellen; um ihn zu halten, war die Stadt zu vielen Kompromissen be­ reit.112' In Frankfurt und Heidelberg hatte man Orchester und Orchesterleiter eng in die städtische Verwaltung eingebun­ den.113' In Berlin und in Bamberg spielten die jeweilige Stadt, aber auch der Dirigent, nur eine untergeordnete Rolle: Bei den Berliner Philharmonikern lag das in ihrer Orchestertradition begründet, bei den Bamberger Symphonikern beruhte dies darauf, daß sie sich freiwillig, vorwiegend aus Mitgliedern der »Deutschen Philharmonie« in Prag, zusammengefunden hatten und von der Stadt erst mäßig finanziell unterstützt wurden.114' Diese normative Seite städtischer Beteiligung und Beeinflus­ sung sagt aber noch nicht viel aus über den faktischen Vollzug solcher Rechte: Hans Rosbauds Nachfolger Fritz Rieger, der die Geschäftsanweisung unterschrieb, die Rosbaud 1948 zum Anlaß seines Weggangs genommen hatte, stieß weder bei sei­ nem Orchester noch bei der Stadt auf größere Schwierigkeiten, obwohl ihm vertragsmäßig wesentlich weniger Rechte zustan­ den als Rosbaud.115' Für die grundsätzliche Haltung der Stadt gegenüber ihren Kulturinstituten finden sich hier jedoch sehr wohl Ansatzpunkte; diese Linie beruhte auf der Sicherung von Rechten für die Stadt, räumte jedoch auch dem Künstlerischen Leiter viele Rechte ein, solange dies nicht zu Schwierigkeiten führte. »Schwierigkeiten« umfaßten hier sowohl Klagen aus dem Orchester selbst, wie im Falle Rosbauds, als auch Be­ schwerden von seiten der Presse, des Publikums oder der Stadträte. Letzteres ergab sich im Falle der Münchner Kammerspiele, die, obwohl seit der NS-Zeit städtische Bühne,116' von ihrer Tradition und ihrem Selbstverständnis her mit einem Stadt­ theater im üblichen Sinn fast nichts gemein hatten, ja, deren Intendant sich über eine solche Institution nur wegwerfend äußerte: »Etwa das uns allen bekannte Stadttheater, dessen Spielplan, dem mittleren Bürgertum verbunden, ohne bestimmten Stil, ohne bestimmte geistige Tendenz, mit Betonung des angenehm und anspruchslos Zerstreuenden, mit bunt ge­ mischtem Spielplan, dem Bedürfnis weitester Besucher­

schichten zu dienen, bei dem es eindeutig weniger auf die höchstmögliche Qualität, sondern — von einigen Prestige­ aufführungen abgesehen - auf die höchste Kasseneinnahme ankommt .. ,«117' Der Schwerpunkt der Kammerspiele be­ ruhte nach der Auffassung Hans Schweikarts »nicht auf dem Hergebrachten und Gefälligen (welches es in höchst kulti­ vierter Form freilich mitzuservieren hat), sondern auf dem Wagnis im geistigen Sinn, dem Neuen, dem Ungewohnten -ja, hie und da auch auf dem Beunruhigenden und Aufrüt­ telnden.«118' Da sich die Verwaltung der Kammerspiele, wohl in der Über­ zeugung, der Stadt müsse ihr .besonderes Theater auch einen besonderen Preis wert sein, überdies oft über Haushaltsvoran­ schläge hinwegsetzte, entstanden beispielsweise im Krisenjahr 1949 Konflikte mit dem Stadtrat, die in zwei (nicht angenom­ menen) Anträgen gipfelten, alle für die Verwaltung der städti­ schen Bühnen Zuständigen zu entlassen.119' Neben solchen finanziellen Problemen hatten einige Stadt­ räte auch Schwierigkeiten mit der »Sittlichkeit« der Kammer­ spiele. Vor allem Stadtrat Hanfstaengl erklärte 1946, »es müsse eine Versittlichung eintreten und die sittliche Neuerziehung des Volkes müsse auch im Spielplan der städt. Bühnen ihren Ausdruck finden.«120' Hanfstaengl wollte davon sogar die Neugenehmigung der Verträge der Bühnenleiter abhängig gemacht wissen. Obwohl Oberbürgermeister Scharnagl diese Initiative mit den Worten abblockte, daß »eine Zensur gegen­ über den städt. Bühnen nicht ausgeübt werden könnte«,121' stimmte auch er der »Versittlichung« des Theaters zu und for­ derte, daß »die ethischen Grundsätze, die allein einen Wieder­ aufbau und eine Wiedererziehung der Jugend gewährleisten, auch im Spielplan der städtischen Bühnen ihren Ausdruck fin­ den« müßten.122’ Praktische Auswirkungen hatten die Initiati­ ven jedoch nicht, außer daß diese Gedanken Erich Engel und Harry Buckwitz, dem Intendanten und dem Verwaltungsdirek­ tor der Kammerspiele, zur Kenntnisnahme empfohlen wurden. Auch in ähnlich gelagerten Fällen bei Privattheatern drangen weder die Beschwerde Oberbürgermeister Scharnagls noch ein kirchlicher Einspruch gegen »sittenwidrige« Stücke durch. Die jeweils zu Gegenmaßnahmen aufgeforderte Polizei griff in keinem der an sie herangetragenen Fälle ein. Das Polizeipräsi­ dium stellte sich auf den Standpunkt, nur bei regelrechten Theaterkrawallen, also aus »sicherheits- und ordnungspolizeili­ chen Gründen« zu einem Eingreifen verpflichtet zu sein.123' Deshalb blieb die Beschwerde Oberbürgermeister Scharnagls gegen das Stück »Cleopatra II.« der »Kleinen Komödie« ebenso erfolglos124' wie die kirchliche Empörung über ein Gastspiel des Kabaretts »Die Hinterbliebenen«.125' So erschreckend die Versuche zu solchen Eingriffen selbst bereits sein mögen, ihre Erfolglosigkeit muß doch als deutliche Verbesserung gegen­ über den Weimarer Jahren gewertet werden. Eine andere Art von Schwierigkeiten wurde dem städti­ schen Volkstheater zum Verhängnis: die Kombination von an­ gespannter Finanzlage und mangelndem Zuschauerinteresse. Als nämlich 1948 die finanziellen Verluste des Theaters alle Vorausplanungen sprengten und sich nicht einmal die großen Besucherorganisationen mehr in der Lage sahen, das Theater weiterhin regelmäßig zu füllen, beschloß man seine Liquidati­ on126' — dies, obwohl alle Schauspieler der städtischen Bühnen der Stadt die erste Zeit nach der Währungsreform 40 Prozent

Städtische Kulturpolitik

Der Wilderer vom Totenstoißgatterl Zum 92. Geburtstag des Alpcndichtcrs Ludwig Ganghofer Von den Burschen des lieblichen Bcrgdörflcins Obcrgrindlbach war Alisi der schmuckste. Wenn er mit seiner hohen, sehnigen Gestalt über den Kirchplatz ging, folgte manch verliebter Mädchenblick der kleidsamen Lederhosc, auf der grünscidene Gemsen zwischen Geranke aus Edel­ weiß ihr anmutiges Spiel trieben. Alisi war von Beruf Schreiner, doch sah man ihn nur selten an der Hobel­ bank. Oft trieb er sich tagelang in den Bergen herum und wenn er dann zurückkam, ging es hoch her. Man munkelte, er wildere, und die Kräutcrresl wollte wirklich wissen, daß er, allen Geboten der Militärregierung zum Trotz, einen zusammcnschraubbaren Stutzen unter den Brettern des Heubodens verberge. Das Gerücht sprach sich herum, und eines Tages nahm der Polizist Fürnagcl eine Haus­ suchung vor. Er tat cs nicht ungern, denn zwischen bei­ den Männern stand die braunhaarige Marei, von jedem gleich heiß begehrt. „Schaug nur guat nach," höhnte Alisi, „kunnt eppa sei, daß d' a schwarzgschlachtc Sau findst!“ Aber es fand sich weder ein Schwein, noch ein Stutzen unter den Brettern, sondern nur der abgetragene Büstenhalter einer Sommcrfrischlerin. „A Andenken werd ma vielleicht no habn derfa?“ lächelte Alisi, der Polizist aber wippte nervös mit dem Gummiknüppel und knirschte: ..Oans sag i dir, Alisi, dös war net 's letzte Moi, daß mir ins treffa. Auf Wiedersehn. Bazi, windigal“ Hoch oben an den Schrofcn des Totenstoißg?tterls, auf einer verlassenen Sennhütte — denn Vieh gab es nicht

mehr — lebte die jungschöne Marei. Das Wohnungsamt hatte ihr Zimmer im Dorf für einen Mitläufer besdilagnahmt, und so flüchtete sich denn das Mädchen in die Einsamkeit. Es war noch zeitig am Morgen, und gerade hatte Marci eine Packung* „Hirths Alpenkräutertce" aufgebrochen. um sich das Frühstück zu bereiten, als sie ein Schuß aufschrecken ließ, der wie ein Peitschenknall vom Gewände herniedergellte. Es verging eine Stunde, dann betrat Alisi die Hütte. Sein Atem keuchte, aber die Augen erstrahlten in lichter Bläue. „Grüaß di Good, MenschI" |auchzte er dem Mädchen entgegen, „bist no allawei gsund auf der Brust und hint fest belanand?“ „Danke der Nachfrage!“ stotterte Marei errötend, „aber sag ma, warst eppa du dersell, der's schnalln hat lassen im Gwänd?“ „I?“ lachte der Bursche, „wia kam denn I zum Schiassats? Hab bloß a weng promeniert." „So — so —" meinte das Mädchen nachdenklich, „dann war's vielleicht der Polizist Fürnagel, indem der aa wuidert." „Sooo — der aaa, der Lump“, stieß Alisi grimmig her­ vor. „O mei, so a Patzer trifft ja net amol auf zwoa Gang an Abtrittdcckel. Aber da schaug her, was i habl“ Damit wies er auf die frisch abgeschnittene Quaste eines Kuhschweifes, die er am Hut trug. „Is heut dengerscht seltner, als a Gamsbart", erklärte er mit Stolz. „War die letzt Kuah, die ins die Preißen net weggfressen habn. Akkarat aufs Blatt hab i cahm auffigschnallt, dem Luada, dem varreckten Und jetzt hoaz ei, indem daß mir Ins a Mastochscnfleisch machal" Damit holte Alisi einen mäch­ tigen Klumpen Fleisch aus dem Rucksack. „San guat zehn Kilo“, schätzte er freudig, „oder zwoahundert

Fleischmarkcn. Dö werdn auf oamoi zsammputzt." Das Fleisch kochte bereits im Kessel, als die Türe aufgerissen wurde, und der Polizist Fürnagel herein­ stürmte. „Mir scheint, ich komme in flaglanti" lächelte er voll Hohn, „auf dem Totenstoiß fiel sozusagen ein Schuß. Wer hat den Schuß geschossen, wer war dersell Schießer?“ „Reg di net aufl" beschwichtigte Marei, „tua liaba mit ins mittagelnl San ja nur zwoahundert Gramm Ochsenfleisch, aber für drei glangts." „Ich will kein Wort mehr vernehmen" erwiderte Fürnagel scharf. „Ich tue meine Pflicht, in Treue fest, dem Pitzer Franzi. Wo ist das Fleisch“ Er sah in den Kessel, ln dem die Flcischklumpen duftend kochten. „Hm — hm“ räusperte er sich, „so a Stückerl Fleisch war net übi, indem daß ich Hunger habe. Guat, gib i dir halt a Fuchziggramm-Marken, damit 's net gar hoaßt, i hätt mi eifanga lassenI“ — So wurde denn getafelt, und wenn das Fleisch auch etwas zähe war, mundete es allen doch fürtrefflich. Die Stimmung hob sich noch, als Fürnagel eine Flasche Kirschwasser aus der Tasche zog, die er zufällig unter einer Baumwurzel gefunden hatte. „Uud was die Marei betrifft“, meinte er nach einem mächtigen Schluck, „so mache ich folgenden Vorschlag: Die oa Wochen ghört's dir, Alisi, die ander mir. Heut muaß ma teiln, net daß der oa alles hat, und der ander gor nizl“ So erwuchs denn aus dem trauten Zusammensein eine edle Freund­ schaft, und als Marei einem Mädchen das Leben gab, erhielt es den Namen Edeltrant. Es hatte vom Wilderer die strahlenden Blauaugen, vom Polizisten aber das schelmische Grübchen im Kinn. A. Wisbedt

»O, Du mein Bayernland«, Mischtechnik von O.Nückel, aus »Der Simpl« Nr.23, 1947


ließ sie sich doch, unter Anwendung der im Vergnü­ gungssteuergesetz angebotenen »Billigkeitsregelung«149’ auch zu Ermäßigungen und Erlassen bewegen. Das Spektrum der Fälle reicht dabei von der Bevorzugung des berühmten Kaba­ retts »Die Schaubude«, dessen hohe Qualität man zu schätzen wußte150’ über soziale Notfälle151’ bis hin zu eher politisch motivierten Erlassen. Politische und soziale Gründe dürften jedenfalls bei einem der Fälle, die zwischen Staat und Stadt strittig waren, ausschlaggebend gewesen sein: Das Kultusmini­ sterium ermäßigte eigenmächtig die Steuer des »Münchner Lustspielhauses«, obwohl dies von Held in einem ausführli­ chen Gutachten bereits abgelehnt worden war. Als Grund dafür vermutete man seitens der Stadt, daß das Ministerium sich auf diese Weise, ohne dabei selber Unkosten zu haben, von seinen Pflichten gegenüber den durch das NS-Regime geschädigten Besitzern freikaufen wollte.152’ Vergnügungssteuerveranlagung konnte also auch unmittelbar zu einem Instrument der Politik werden, obwohl dies eher den Ausnahmefall bildete; im Nor­ malfall überwogen qualitative und soziale Gründe.

Reproduktion vor Produktion — die städtische Kulturverivaltung im Dilemma Neben den Theatern und dem Orchester führte die Stadt die Stadtbibliothek, das Stadtarchiv, die Volksbüchereien und die städtische Galerie als städtische Dienststellen. Archiv und Bi­ bliotheken hatten kaum Konflikte mit dem Kulturreferat, wohl weil sie sich problemloser in eine städtische Verwaltung ein­ fügten als Theater oder Orchester. Außerdem war der »Sonder­ beauftragte für Kultur« ja in Personalunion auch Stadtbiblio­ theksdirektor und konnte einen Großteil der Probleme bereits im Vorfeld lösen.153’ Anders sah dies im Bereich der bildenden Kunst aus: Die städtische Galerie, für die die Stadt einen Groß­ teil ihrer ohnehin nicht besonders umfangreichen Förderungen auf diesem Gebiet ausgab, konnte zwar 1947 wenigstens teil­ weise wieder eröffnen,154’ sie blieb jedoch bis Mitte der fünf­ ziger Jahre ein Stiefkind städtischer Kulturarbeit, da die finan­ ziellen Möglichkeiten für einen großangelegten Wiederaufbau noch nicht gegeben waren. Erst die Vorbereitungen zu Lenbachs 100. Geburtstag verhalfen der Galerie zu ihrer endgülti­ gen Wiederherstellung.155’

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Diese Benachteiligung der bildenden Kunst gegenüber dem Theater und der Musik wird an einem Beispiel des Jahres 1949 besonders deutlich. Hier verhinderte kleinliche .Pfennigfuchserei7"daß die Stadt München ihrer Bedeutung als europäische Kunststadt gerecht wurde - sie blieb wieder einmal Schauplatz, aber nicht aktiver Träger von Kultur Es handelte sich dabei um eines der ersten großen internationalen Ausstellungsprojekte, das in Deutschland nach dem Krieg realisiert wurde: die von Dr. Ludwig Grote organisierte Ausstellung »Der Blaue Reiter«. Die Stadt wollte sie ursprünglich im April/Mai 1949 in der , städtischen Galcjae-veranstalten.157'1 Die durch die Währungs- ’ reform verursachten finanziellen Schwierigkeiten des Jahres : 1948 brachten diesen Plan dann erst einmal zum Scheitern: In seinem Abschlußbericht meinte der Direktor der städtischen 1 Galerie, Arthur Rümann, daß der Ausstellungsplan »wohl aus Gründen eines Risikos — nicht in die Tat umgesetzt« wurde, ' weshalb »Herr Dr. Grote sich um Hilfe beim Bayerischen Staat 1 Umsehen mußte«.157’ Wie im August 1949 deutlich wurde, hätte die fragliche Summe, die der Staat dann für die Ausstel- i lung auswarf, 12000,—DM betragen; hinzu kamen noch 1 4000,— DM Vorschuß für den Druck der Kataloge.158’ Zum Vergleich: Allein die städtischen Bühnen erhielten 1949 einen städtischen Zuschuß in Höhe von 567763,— DM — der 47.Teil dieser Summe hätte das Unternehmen »Blauer Reiter« für die Stadt sichern können.159’ So wurde die Ausstellung von Staat, ! Stadt und amerikanischem »Art Collecting Point«160’ gemein- i sam im Haus der Kunst veranstaltet; Bilanz der Veranstaltung: : In der Zeit vom 3.9.-15.12. 1949 hatten 30000 Besucher, zum Teil aus Amsterdam, Basel, Bern, Chikago, London, Paris, Rom, Los Angeles, Wien und Zürich die Ausstellung gesehen und 5000 Kataloge waren verkauft worden. Unter den Mu­ seen, die sich um die Ausstellung bewarben, befanden sich ne­ ben Düsseldorf, Frankfurt a. M., Stuttgart und Wiesbaden auch die Kunsthalle Basel, das County Museum Los Angeles, das Musée de hart moderne in Paris, das M. H.Young Memorial Museum in San Francisco und das Wiener Kunstgewerbemu­ seum.161’ Obwohl sich Dr. Grote sehr freundlich für die zum Katalogdruck vorgestreckten und nach Abschluß der Ausstel­ lung zurückbezahlten 4000,-DM bei der Stadt bedankte,162’ konnte Rümann nachträglich nur erbittert feststellen: »Die in dem Begleitschreiben des Dr. Grote angeführten Besucherzah­ len und Verkaufszahlen der Kataloge zeigen allein schon, wie wichtig es gewesen wäre, wenn die Stadt den Mut gehabt hät- / te, von sich aus diese Ausstellung zu machen. Es wäre auch j neben dem »klingenden Lohn« ein außerordentlicher Prestige- ! gewinn für die städtische Galerie gewesen .. ,«163’ Obwohl! Grote an Rümann schrieb, er »glaube kaum, daß die Stadt* München ein in seinen Auswirkungen so großes und zugleich f kostenloses Werbemittel im In- und Auslande sonst gehabt«: habe,1'’4’ so täuscht dieser scheinbare Erfolg doch nicht darüber ; hinweg, daß die Stadt hier die Chance versäumt hatte, sich der ! Welt als internationale Kunststadt mit städtischer Kultur zu '■ präsentieren und dabei auf ihren Beitrag zur Moderne hinzu­ weisen. Sie blieb also größtenteils Objekt, aber nicht handeln- , des Subjekt der Veranstaltung. Hier wird eine Grundströmung nicht nur der Münchner städtischen Kulturpolitik deutlich: Hohe Fördersummen für j die »nachschaffenden Künste« Musik und Theater, geringe für ' Literatur und bildende Kunst - Reproduktion vor Produktion. i'i Eine Begründung für diesen Verteilungsmodus - der durchaus J»

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Politik und Kultur

mit der Formulierung des Bayerischen Städteverbandes übereinstimmt, die Gemeindeverwaltung sei nicht geeignet, selber ' Kulturwerte zu schaffen - wird im Zusammenhang mit der 5 Philharmonikerfrage ausgesprochen: »Während der schöpferische Künstler als >Einzelgänger< auch mit hungrigem Magen Meisterwerke schaffen kann, verhält es sich bei der >nachschaffenden Kunst« - dem Thea­ ter und den Orchestern insbesondere, wo es sich um größere >Kollektive< handelt — ganz anders. Hier werden die besten Künstler immer dorthin streben, wo sie die beste Entloh­ nung erzielen können — nicht anders als jeder Arbeiter zu dem meistbietenden Brotherrn geht.«165' Einen weiteren Grund für dieses Verhalten der öffentlichen Hand gibt der Rundfunkintendant Rudolf von Scholtz an, wenn er anmerkt, auch für mehr Geld bekäme man keine bes­ seren Hörspiele, aber sehr wohl bessere Musikdarbietungen.166' Eine Rolle spielte jedoch dabei sicherlich auch, daß die Quali­ tät nachschaffender »Reproduktion« durchaus objektivierbar ist, was man weder von literarischen, noch von bildhauerischen oder malerischen »Produkten« so leicht behaupten kann. Das Dilemma, in dem sich verantwortungsbewußte Stadträte sogar schon gegenüber ihren eigenen Kulturinstituten befinden, be­ schreibt der Kölner Oberbürgermeister Ernst Schwering in seinem Vortrag vor dem Internationalen Gemeindekongreß in Rom so:

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Rande. Der kommissarische Leiter des Kulturamtes, Michael,! Schattenhofer, betonte in einer Denkschrift im Mai 1945 dem­ gegenüber gerade die Wichtigkeit individueller Förderung:170' »Ganz allgemein sind wir seit über einem halben Jahrhun­ dert aus einem Zeitalter noch großer wuchernder Individua­ litäten und Epigonen und ihrer Schulen in ein Zeitalter kol­ lektiver Systematik und Organisation eingetreten. Im Gegensatz zu früher können wir uns es nicht mehr leisten, auch nur eine bedeutende Kraft unter den Tisch fallen zu lassen. Es muß systematisch vorgegangen werden. Brauchba­ re Kräfte dürfen sich nicht verzetteln oder in Not unterge­ ben wie in der sogenannten »Schwabinger Periode« Mün­ chens. Nur durch einen systematischen Einsatz von zentraler Stelle aus werden bald sichtbare Ergebnisse gezeitigt wer­ den.« Dennoch blieb diese Hilfe meist weit von großzügigem Mäze- ! natentum entfernt, beschränkte sich eher auf »Überlebens­ hilfe« in akuten Notfällen.171'

Beschränkung und Vielfalt im Wiederaufbau '

»Wenn der Prinz Hamlet in Schloß Helsingör >Die Mausefalle< spielen läßt, so gibt er sein eigenes Geld aus (und übri­ gens nimmt es ihm niemand übel, wenn er auf den Gang der Handlung nachdrücklich Einfluß nimmt). Unsere Stadt­ räte geben den Theatern, Orchestern, Volkshochschulen, Büchereien, Museen das Geld anderer Leute, vielleicht das Geld von Leuten, die es viel lieber für Fußballstadien und Kinos ausgegeben sähen. Gerade gewissenhafte Stadtväter können in innere Not geraten, wenn sie dieses fremde Geld gewissermaßen bedingungslos den Intendanten, Direktoren usw. anvertrauen sollen. Und doch müssen diese Männer ein hohes Maß an Freiheit fordern, und wir müssen es ihnen gewähren. Umgekehrt sind diese Künstler darauf angewie­ sen, wie sie es zu allen Zeiten waren, mit ihrem Publikum einen echten Kontakt zu haben. Den >elfenbeinernen Turm< kann sich — vielleicht — ein Dichter, ein Maler leisten. Ein Theater, ein Orchester, eine Bibliothek, ein Museum verliert)' ohne Besucher seinen Sinn ... Wir alle wissen, daß die öf-ü fentliche Kulturpflege nichts hervorbringen kann. Sie kanni; nur Hilfestellung leisten. Schöpferische Kräfte hat sie ausji sich heraus nicht.«167) t Institutionalisierung und damit auch Bürokratisierung von : Kultur ist so eine fast unvermeidbare Folge öffentlicher Förde­ rung. Das Mäzenatentum der Stadt beschränkte sich also bereits 1 von seiner grundsätzlichen Anlage her eher auf das Erhalten , und Bewahren, es überließ die großen Entdeckungen und Weiterentwicklungen meistens den anderen — in München . ebenso wie in den übrigen großen Städten. Hier wurden eher private Initiativen wirksam, spontane Zusammenschlüsse von Künstlern, Gründungen wie in der bildenden Kunst die Grup- : pe »Zen49«168' oder in der Literatur die »Gruppe 47«;169) als ' Anliegen der städtischen Kulturpolitik begriff man dies nur am

Frei war die Stadt bei diesen Entscheidungen sicherlich nicht. Zögernde oder unzureichende Hilfe den Verantwortlichen hier zum Vorwurf zu machen, hieße daher wiederum die allgemei­ ne Situation und ihre Möglichkeiten völlig falsch einschätzen. Deutlich wird dies an einem Schreiben des amerikanischen Stadtkommandanten James H. Kelly an Oberbürgermeister Scharnagl vom September 1947, das auf die Genehmigung von 65 000,— RM für den Wiederaufbau der städtischen Bühnen Bezug nimmt:172' This is indeed a sad reflection on your political acumen. With so many of your schools needing repair and other more essential things required to keep your children’s body and soul together you appropriate this money for theaters. I am quite sure the visiting U. S. Congressman will take a dim view of this. ¡Schade!« Ähnliche Reaktionen der Militärverwaltung sind bei der Zuteilung von Brennmaterialien für Theaterbeheizung aktenkun­ dig geworden173' und auch deutsche Kritik an Kulturförderung in einer Zeit des Hungers, der extremen Wohnungsnot und des Mangels an dem Lebensnotwendigsten wurde laut: zu nennen ist dabei vor allem Stadtrat Rudolf Bößl, der sinnge­ mäß Brot statt Spiele forderte.174' Kulturförderung darf eben nicht nur aus dem oft verkürzten Blickwinkel der Kulturschaf­ fenden betrachtet werden, bildet sie doch nur ein Element im Aufgabenkreis der öffentlichen Hand. Nur in diesem Gesamt­ zusammenhang läßt sich daher die Frage entscheiden, ob eine Kulturverwaltung ihre Möglichkeiten gut ausgeschöpft, leicht-? 1 sinnig verspielt oder klug ausgeweitet hat. Ohne dabei die gra­ vierenden Fehler der Münchner Kulturverwaltung beschöni­ gen zu wollen, muß man ihr in dem oben genannten Sinne doch beträchtlichen Respekt zollen. Das wird auch von dem1 Amerikaner Virgil Thomas 1946 in seinem Aufsatz »Deutsche Kultur und die Militärregierung«175' unter der Zwischenüber­ schrift »Münchens Überfluß« bestätigt: »Wohl keine andere deutsche Stadt in unserer Zone bietet eine derartige Auswahl, weil keine andere deutsche Stadt

Städtische Kulturpolitik einen solchen Reichtum an Sälen hat ... Es ist eine Menge Geld im Umlauf und die Unterstützungen von Stadt und Gemeinde sind freigiebig. Aber ... obwohl München wie ein völliges Wrack aussieht, - wie eine Konstruktion aus Zucker, die dahin geschmolzen ist — ist mehr ... brauchbar, als man glauben sollte.« Den von den betroffenen Künstlern oft beanstandeten Mangel an städtischer Förderung muß man also unbedingt zur wirt­ schaftlichen Lage Münchens und zur Situation anderer Städte in Relation setzen; nach Virgil Thomas Ansicht konnte sich damals mit Münchens Kulturvielfalt keine andere Stadt der US-Zone messen.176* Zu dieser Kulturvielfalt gehörten selbstverständlich nicht nur die städtischen oder städtisch geförderten Kultureinrich­ tungen. Virgil Thomas erwähnt für München 15 Theater, 10 Varietees, 1 politisches Kabarett, 1 Zirkus, 1 Puppentheater und 29 Kinos, tägliche Opernaufführungen im Prinzregenten­ theater, 10-12 Konzerte die Woche und vieles mehr. Auf viel­ fältige Weise war jedoch auch dieses Spektrum kultureller Aktivitäten mit der Stadt verbunden; vor allem personelle Ver­ knüpfungen stellten die Kontakte her: So waren beispielsweise die Leiter der städtischen Kulturinstitute in einer Vielzahl von . Gremien vertreten, beispielsweise im »Arbeitsausschuß für die bildenden Künste«,177* bei dem Verein der »Münchner Urauf- : führungsbühne e. V.«178) oder im Beirat der »Kunstrunde Mün- '■ chen«.179* Auch zwischen Staat und Stadt hatte sich das Verhält- J nis soweit entspannt, daß beispielsweise die Direktoren der städtischen und der staatlichen Galerien sowohl in der Ankauf­ kommission der Stadt wie der des Staates vertreten waren.180* Vor allem der Stadtbibliotheksdirektor und Kulturbeauftragte Hans Ludwig Held selbst konnte durch seine Mitgliedschaft in vielen Vereinigungen, in der Stiftung zur Förderung des deut­ schen Schrifttums«181* oder im Rundfunkrat182* sowie anderen Gremien und Gesellschaften häufig städtische Initiativen mit Selbsthilfeaktionen oder kulturellen Laienveranstaltungen koordinieren und Hilfsbedürftige auch außerhalb der städti­ schen Möglichkeiten noch weiter vermitteln. Im Bereich der Musik wird dies beispielsweise anhand von Heids umfangrei­ cher Korrespondenz mit dem Verband Münchner Tonkünstler und dem Bayerischen Rundfunk deutlich.183* Er kümmerte sich auch um Brennstoffzuteilungen für die kleinen Theater und Kabaretts184* und verschaffte einigen Theatern oder Schriftstel­ lern Zuschüsse und Preise, sei es aus städtischen Mitteln, sei es durch seine Fürsprache im Rundfunkrat.185* Kommunale Kul­ turpolitik zeigt sich hier also auch als eine Summe keineswegs spektakulärer Einzelaktionen, die jedoch nötig sind, um das kulturelle Leben einer Stadt lebendig zu halten, ihm neue Im­ pulse zu geben und vorhandene Initiativen aufzugreifen. Eine weitere Einflußebene innerhalb des kulturellen Be-! triebs stellten einige Vertreter des »kulturellen München« dar, j die in manchen Fällen eine Art Beratertätigkeit ausübten. Zu , nennen sind hier vor allem die Namen von Wilhelm Hausen- j stein, Hans Eckstein, Franz Roh und Erich Kästner. Hausen- ! stein und Eckstein können dabei vor allem als Vertreter jener 1 Avantgarde der Zwanziger Jahre gelten, die nach 1945 das ! Münchner Kunstleben zu großen Teilen beherrschte. Sichtba­ ren Ausdruck findet dies auch bei der Vergabe der städtischen Kunstpreise, die neben Vertretern des traditionellen München größtenteils diese Gruppe berücksichtigte.186* Franz Roh und

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bis zu einem gewissen Grade auch Erich Kästner repräsentier­ ten eine andere Gruppe: Sie stellten die einzigen Verbindungs­ glieder zwischen dem offiziellen München, das sich beispiels- I weise bei großen städtischen Empfängen zusammenfand, und der gewissermaßen »zweiten Gesellschaft« um die »Neue Zei­ tung«, den »Ruf« oder auch die Avantgarde in der bildenden , Kunst dar.187* Ein typisches Beispiel für das Funktionieren die­ ser kulturellen Beratercrew gibt ein Vorgang aus dem Jahre 1946: Franz Roh schrieb an Hans Ludwig Held, die in Augs­ burg gezeigte Ausstellung »Extreme Kunst«, die er als die wichtigste ihrer Art seit Kriegsende bezeichnete,188* müsse un­ bedingt auch in München gezeigt werden - möglicherweise unter einem weniger »schreckhaften Titel«. Held ließ sich da­ von überzeugen und befürwortete eine Übernahme der Aus­ stellung gegenüber Oberbürgermeister Scharnagl und dem städtischen Galeriedirektor Arthur Rümann.189* In seinem Schreiben an Rümann konnte er sich bereits auf die Unterstüt­ zung Scharnagls berufen, erwähnte jedoch ebenfalls, daß er mit Wilhelm Hausenstein und Hans Eckstein darüber geredet und Eckstein die Meinung vertreten habe, man solle nur eine sorg­ fältige Auswahl der in Augsburg ausgestellten Bilder nach München bringen. Dies wurde dann in der Form durchgeführt, daß sich sechs der Ausgestellten als Mitglieder der »Neuen Gruppe« in der ersten Ausstellung der städtischen Galerie prä­ sentieren konnten, vier von diesen darüber hinaus auch in der wichtigen Ausstellung »Bayerische Kunst der Gegenwart«, die für die Kunsthalle Basel zusammengestellt und vorher im Bayerischen Nationalmuseum gezeigt worden war.190* Zu einer eigenen Präsentation moderner Kunst konnte man sich nicht durchringen. Kompromisse dieser Art schloß die Stadt übrigens auch bei ihren Ausstellungen in der städtischen Galerie, die zwischen Tradition und vorsichtiger Neuerung in einer für München durchaus typischen Weise wieder aufgenommen wurden.191* Altes und Neues lief jedoch nicht nur bei AusstellungenJ. nebeneinander her; teilweise untrennbar verbunden kamen), bayerisch-patriotische, teilweise sogar monarchistische, sozia-j listische oder humanistisch-weltoffene Anschauungen vor! allem in der Unzahl von Denkschriften oder Vereinsprogram-: I men zum Ausdruck, die ein Kennzeichen dieser unmittelbaren* Nachkriegsjahre bildeten. Neben ganz konkreten Wiederauf­ bauvorschlägen für einzelne Sparten192* findet sich hier auch eine Unmenge weltanschaulicher, religiöser, pazifistischer und Völkerversöhnender Initiativen.193* Darin nur den Willen zur Exculpation, zur Verdrängung oder zur Anbiederung an die Besatzungsmacht zu sehen, wäre sicherlich falsch. Zwar ver­ suchte man auch, Umorientierung und Neuanfang in konkrete Vorschläge umzusetzen und eine eigene Geschichte wiederzufinden, an die man anknüpfen könnte, dies geschah jedoch sel­ ten ohne Anerkennung der Schuld des einzelnen an den Ver­ brechen des Nationalsozialismus und der Suche nach den Gründen seines Entstehens. Es scheint daher nicht ganz richtig, ’ von einem traditionsunlustigen »orientierungslosen Vakuum« zu sprechen,194* eher schon von einem an Orientierungsversu­ chen überreichen Gärungsprozeß, in dem ein Großteil späterer Entwicklungen gewissermaßen im Zeitraffer bereits aufschien. Diese Zeit, in der viele - zu Recht oder zu Unrecht - doch an einen Neuanfang glaubten und auch neue Wege suchten, 1 brachte eben auch Vereinigungen hervor wie die »Weltstaat­ liga«,195* die »Liga für Weltfortschritt — Frieden - Freiheit«,196*

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Politik und Kultur

die »Europa-Union«1971 oder so utopisch-konkrete Projekte wie »Atlantropa«, dessen Gründer vorschlug, das Mittelmeer am Bosporus und bei Gibraltar zu schließen, den Wasserspiegel einige Meter zu senken und die durch das Gefälle gewonnene Energie für europäische und afrikanische Entwicklungsprojekte zu nutzen, um beide Kontinente wirtschaftlich zu einem drit­ ten Block neben »Amerika« und »Asien« zusammenzuschlie­ ßen.1981 Initiativen wie die »Weltstaatliga« konnten auch etliche Prominenz aus allen wiedererstehenden Parteien bei sich ver­ einen, so in Bayern beispielsweise Landwirtschaftsminister a. D. Josef Baumgartner, Oberbürgermeister Scharnagl, Innen­ minister a. D. Josef Seifried, den Lizenzträger der Süd­ deutschen Zeitung, August Schwingenstein, und viele mehr.1"1 Sie alle einigten sich auf Prinzipien, zu denen auch solche gehörten wie »... Der angestrebte Weltstaat soll beruhen auf allgemeiner Abrüstung, Übertragung der öffentlichen Gewalt auf eine gemeinsame, internationale Polizei ... Der angestrebte Weltstaat soll von einer aus den gewählten Vertretern der Bundesländer bestehenden Weltregierung geleitet werden, die alle tatsächlichen und wirksamen Kompetenzen und Machtmittel einer Regierung besitzt ... Der angestrebte Weltstaat soll beruhen auf den Ideen der Humanität, des Pazifismus und eines demokratischen Sozialismus .. ,«200) Der »Liga für Weltregierung«, die sich zu ähnlichen Zielen bekannte, gehörten international Persönlichkeiten wie Albert Einstein, der englische Außenminister Ernest Bevin, der fran­ zösische Staatspräsident Vincent Auriol und viele andere an.20'1 Solche Gedanken waren damals also keineswegs einem klei­ nen Kreis außerhalb der politischen Entscheidungsprozesse Vorbehalten, sie fanden vielmehr Unterstützung auf höchster politischer Ebene. Wieweit dabei reine Lippenbekenntnisse ab­ gegeben wurden, ist natürlich nur noch schwer nachkontrollierbar; die Vielzahl vergleichbarer Initiativen zeigt jedoch, daß diese Gedanken durchaus auf Resonanz stießen und keines­ wegs in unverbindlicher Utopie verharrten.2021 Neben solchen übernationalen Bestrebungen, die in Mün­ chen aktiv waren, standen jedoch auch Vereinigungen wie der »Bayerische Volksbund »Treu Bayern» «, bei dem Held bereits 1947 nicht zu Unrecht monarchistische Tendenzen vermutete, die sich jedoch erst nach 1949 unverhüllt darstellten.2031 Auch die Denkschriften, oft Ausdruck eines Strebens nach Umorien­ tierung, spiegeln ein vielfältiges Spektrum von Meinungen und Weltanschauungen wider; einig war man sich jedoch in der Bedeutung der Erziehung, der Volksbildung und des Wie­ deraufbaus insgesamt.2041 Spezielles Interesse fand dabei das Münchner Kulturleben: Neben Überlegungen zur Wiederbe­ lebung des Buchhandels und des Verlagswesens2051 in Mün­ chen standen auch solche über Probleme des Theaters,2061 der großen Besucherorganisationen2071 und über den Neuanfang der Ausbildungsstätten für Künstler und Kunsthandwerker.2081 Aufschlußreich ist darunter vor allem ein Exposé des kommis­ sarischen Leiters des städtischen Kulturamtes, Michael Schat­ tenhofer; es stammt vom 14. Mai 1945 und beschreibt detail­ liert die Organisations- und Einsparungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der »Wiederaufnahme der kulturellen Ar­ beit im Rahmen der Stadtverwaltung«.2091 Besondere Brisanz erhält diese Denkschrift dadurch, daß Schattenhofer, der bereits vor 1945 im städtischen Kulturamt tätig war, hierin auch gutes

Anschauungsmaterial für die Fragen nach Kontinuität und Neubeginn gibt: »Zwischen den ruchlos Schuldigen und den ruchlos Zurück­ gesetzten der vergangenen Zeit stehen die Vielen, die pflü­ gen, säen und ernten, gleich welche politische Sonne auf sie scheint, und die in der Kontinuität alles Lebendigen das unentbehrliche Wurzelwerk jeder Gemeinschaft bilden. In diesem Sinne hat es wohl Ranke gemeint gegen Hegel, der alle früheren Epochen nur als Podeste für die späteren und letzte gelten läßt, wenn er, Ranke, sagt: »Jede Epoche ist un­ mittelbar zu GottFührer< durch Selbstmord« Hitler vor Tafeln mit der Benennung seiner Verbrechen. Diez

Karikatur aus der Mappe »Der braune Tod« von E. Winkler, 1945, Monaccnsia-Sammlung

zeichnete in den Jahren 1944-1947 seine Folge zur »Chronik 1933-1945«381 als 77jähriger in 48 Blättern. Seine Aussagen reichen von historischen Ereignissen (»Afrikanischer Sieges­ wagen«, »Russischer Bär wirft Grenzpfahl«) über die Not und Verfolgung während des Dritten Reiches (»Unter diesem Zei­ chen wird der Krieg weitergeführt«, »Weihnachten 1944«) bis zur Verwunderung über die abstrakte Kunst (»Die Kunst geht Tuschzeichnung aus der Mappe »Chronik 1933-45« von J.Dietz, 1947

»Angriff ist die beste Verteidigung«, Karikatur von R. Schlichter, um 1948, Galerie von Alvensleben

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den Weg ins Unbekannte«, wohl als Anspielung auf das Buch Baumeisters). Jedem seiner energischen Striche kann man die Wut über die gezeichneten Geschehnisse entnehmen. Rudolf Schlichter stellte dagegen Lebensumstände sachlich dar. In den Zeichnungen von 1945/46 gab er die Umwelt so wieder, wie er sie erfuhr; deprimierte Menschen haben sich in den Ruinen eingerichtet: »Mann und Frau in zerstörter Küche«, »Aus der Trümmerzeit«.39* Bitter zeigt er die »Jugend Europas«.40’ Män­ ner mit Tierköpfen und Physiognomien in der Art der »Mäch­ tigen« bei Dix sind durch Schläuche mit der als junge, abgeris­ sene Frau personifizierten Europa verbunden. Im Hintergrund befindet sich eine gewaltige Stadtkulisse. Das Thema des Wie­ deraufbaus verbunden mit einem möglichen gigantischen Wachstum der Städte hat Schlichter immer wieder beschäf­ tigt.41’ Zu den ersten Zyklen, die Kriegserlebnisse verarbeite­ ten, gehören Claus Hansmanns Mappe »Kreuzweg des Gei­ stes« und eine Serie Tuschzeichnungen von Albert Heinzinger.42’ Beide Künstler waren Gewerkschaftsmitglieder und im Schutzverband organisiert, dessen Vorsitzender Heinzinger war. Alle zuerst genannten Künstler verwandten Mittel der Ka­ rikatur, der Verzerrung und Verkleidung der Objekte. Lediglich die beiden letzten bemühten sich um einen Realismus, der jede Art von Witz vermied. Hansmann machte seine Zeich­ nungen in vergrößerten Handlungsausschnitten zu Metaphern

der Greueltaten des Dritten Reiches: ein dicker Lederstiefel zertritt ein Kreuz. Heinzinger zeigte das »alltägliche« Leben: Szenen im Luftschutzkeller, Frauen, die sich am Trümmerfeuer wärmen, einen Bagger, der Menschen aus den Ruinen gräbt. Walter Schnackenberg gehört mit den Blättern »Die Krone der Schöpfung« und »Schwabing 1945« zu den kritischen Sur­ realisten.43’ Die Menschen sind in diesen Blättern nur allein existent, als spinnenartige oder skeletthafte Wesen. Sie befin­ den sich in Umgebungen aus Maschinenteilen oder erweichten Malutensilien zwischen zerfließenden Trümmern. Findet man bei Schnackenberg die surrealistische Formgestaltung noch im Bretonschen Sinne von einer Deutung der Welt hinter den Dingen oder als die Bedeutung einer Weitsicht aufgefaßt,44’ so war das Hauptanliegen vieler anderer surrealistischer graphi­ scher Blätter nach dem Krieg die freie Assoziation. Dies gilt für den Zeichner Gugel, eine Entdeckung der Zeitschrift »Pris­ ma«.45’ Seine Zeichnungen und Texte zu seiner Version von »Aschenbrödel« sind geprägt durch einen sehr pathetischen Surrealismus mit romantischen Versatzstücken und Kopien nach anderen Künstlern. Auch für Entwürfe von Bühnenbil­ dern war dieser Stil gut verwertbar. Wolfgang Znamenacek arbeitete seit Kriegsende an den Münchner Kammerspielen46’ und fertigte Entwürfe für Werner Egks »Abraxas«, Offenbachs »Hoffmanns Erzählungen«, Goethes »Iphigenie« und Bizets

»Volkswut 1938«, Tuschzeichnung aus dem Zyklus »Kreuzweg des Geistes« von C. Hansmann, 1948, Privatbesitz

Der Heimkehrer, Tuschzeichnung von A. Heinzinger, um 1946, Privatbesitz

Graphik

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»... so kann doch im allgemeinen festgestellt werden, daß das ästhetische Behagen, das die erste Voraussetzung eines flotten ausgiebigen Geschäftsganges im Kunsthandel ist, in­ folge der immer noch anhaltenden hitzigen Befriedigung elementarer Bedürfnisse noch nicht recht aufkommen kann und daß daher auch dem Qualitätsgefühl jene breite sichere gegründete Basis mangelt, die wie Humus aus wirtschaftli­ cher Gesättigtheit herauswächst.«50*

Bühnenbildcntwurf zu W. Egks »Abraxas« von W. Znamcnacek, aus »Gebrauchsgraphik« Nr.2, 1950

»Carmen«. Allen Entwürfen gemeinsam ist eine realistische Vorgabe von erkennbaren Gegenständen, die einen bestimm­ ten Raum oder eine Umgebung charakterisieren. Durch ein Verziehen der Formen und der Perspektive wird dann ein surrealer Effekt aufgesetzt. Die Schwerkraft scheint durch diese Manipulation aufgelöst. Eine qualitätvolle Ausnahme bildet Claus Hansmann. In seinen Entwürfen zu Shakespeares »Sturm«47* Verwendet er surrealistisches Vokabular: Riesengän­ seblümchen, Elemente griechischer Ruinen aus dünnem Papp­ mache, eine leer gehaltene Bühne vor Seeausblicken auf einge­ hängten Tafeln lassen an Magritte denken. Durch die überlegte Verwendung von nur wenigen Motiven schafft er eine ein­ dringliche Atmosphäre von Leere und Einsamkeit. Diese letzten Beispiele gehören bereits in den Bereich der zweck- und auftragsgebundenen Graphik, über die noch mehr zu sagen sein wird. Die autonome Graphik, die bisher Darstel­ lungsgegenstand war, hatte ein relativ kleines Klientel. Die Ausstellungen waren zwar Verkaufsausstellungen, große An­ käufe scheinen jedoch nicht getätigt worden zu sein. Kauften die Stadt oder die selbstverwalteten Künstlerverbände, so lei­ steten sie eher Sozialhilfe als tatsächlich einen Markt zu bilden. Der professionelle Kunsthandel litt einmal unter der Zerstö­ rung der Ladenlokale, zum anderen waren die Händler nicht gewillt, ihr »kostbares Gut« auszustellen und abzubieten, da sie Plünderungen fürchteten.48* Auf den Auktionen erzielten die Werke sehr viel niedrigere Preise als vor 1936. Offensichtlich bestand keine Nachfrage nach graphischen Blättern. Mit der Währungsreform begann dann eine neue Kaufwelle, die je­ doch bald abflaute. Erst 1951 etablierte sich der Markt wieder. Ab 1950 gab es vereinzelt Sammler, die zwar mit wenig Geld, aber wählerisch einkauften.49* Die Geschmacksfrage scheint die Kunsthändler beschäftigt zu haben, da sie unmittel­ bar nach dem Krieg auf die amerikanischen Soldaten als Kun­ den angewiesen waren, die lediglich Souvenirs verlangten und aus den oben geschilderten Ängsten auch nur solche geboten bekamen. Außerdem war wohl begreiflicherweise der Vorrat an diesen Stücken größer. Ein Dr. G.Scheuffler führte das An­ wachsen des Kunstmarktes und die Verbesserung des künstleri­ schen Geschmackes auf die sich langsam stabilisierenden Ver­ hältnisse zurück:

Scheuffler gab denn auch den Kunsthändlern den Rat, sich nach den Bedürfnissen der Kunden zu richten und großforma­ tige, billige Blätter auf Lager zu haben, die »groß, ansprechend gerahmt, bunt und von lebhaftem Bildinhalt« sein sollten, um damit Zimmerschmuck für die neuen Wohnungen bieten zu können.51* Diese Empfehlungen lesen sich wie eine Beschrei­ bung der größten Menge der tatsächlich produzierten Graphik. Bestand danach tatsächlich solche Nachfrage — und Kunsthänd­ ler waren in dieser Beziehung wahrscheinlich die feinfühlig­ sten Psychologen —, so könnte die oft sehr minderwertige Gra­ phik auch aus diesem Grund produziert worden sein. Einen Anreiz, wenn auch keine große Einnahmequelle bil­ deten Wettbewerbe und Preise. Im Jahr 1949 fand der Wett­ bewerb für das beste ERP (European-Recovery-Program = Marshall-Plan)-Plakat statt. Er war von der Marshall-PlanVerwaltung im Einvernehmen mit dem Gewerkschaftsrat der vereinten Zonen ausgeschrieben worden und stellte den am »ERP deckt deinen Tisch«, Werbeplakat von C. Hansmann, 1949, aus »Gebrauchsgraphik« Nr.2, 1950

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höchsten dotierten Preis der unmittelbaren Nachkriegszeit dar. Verlangt wurden dabei Entwürfe, die die Bedeutung des Marshall-Planes für Deutschland und die europäische Zusam­ menarbeit veranschaulichen sollten.52* Bedingt durch die schlechten Möglichkeiten, von ihrer Kunst leben zu können, mußten die Graphiker sich auch ande­ re Betätigungsfelder suchen. Viele verpflichteten sich Verlagen zur Illustration von Büchern und Zeitschriften oder der Indu­ strie für Produktgestaltung und Werbedesign. Vereinzelt gab es auch Plakataufträge. In die Tageszeitungen wurden ebenfalls sofort nach deren Neugründung Illustrationen zur Bebilderung

strationen sind vielleicht das deutlichste Zeichen für die Aus­ bildung einer bestimmten Arbeitsweise in einer Kunst, für die das Inhaltliche nicht relevant ist und für die die Form nur inso­ fern Problem ist, als sie heiter und leicht wirken soll.59* Die Vorliebe für Illustrationen zeigte sich auch in den Bü­ chern, die in den ersten Nachkriegsjahren auf den Markt ka­ men. Trotz ihrer bescheidenen Aufmachung — relativ kleine Formate und mindere Papierqualität - legte man sehr viel Wert auf die künstlerische Gestaltung. Illustriert wurde alles, von Kinderbüchern über Klassiker bis zu Märchen und Fabeln. In Ausnahmefällen erschienen auch Serien von Zeichnungen, die von den Künstlern selbst kommentiert wurden, wie die des oben genannten Fabius Gugel oder die Mappe von Caspar Walter Rauh mit 16 Federzeichnungen.60* Die bereits erwähn­ ten kritischen Mappenwerke aus der Heinrich-Graf-Presse wurden ergänzt durch Mappen mit Stadtansichten von Séché, die in ihrer üppigen Trachtenromantik wohl für harmlosere

Italienische Häuserzeile, Zeichnung von TTrepte, aus »Gebrauchsgraphik« Nr. 8, 1951

der Artikel oder zur rein dekorativen Gestaltung des Seitensat­ zes aufgenommen. Die noch sehr teure Photoreportage blieb den wichtigen Themen Vorbehalten. Durch die Gestaltung mit Hilfe der modernen Graphik glaubte man möglicherweise ei­ nen höheren intellektuellen Anspruch zu vertreten und über­ dies einen Eindruck von Ideenfreiheit zu erwecken. Es gab zwar zeichnerische Gestaltung bereits in den Zeitungen des Dritten Reiches, neu waren jedoch die Art und die Vielzahl der Graphiken. Für die Künstler bedeutete die Zeitungsillustration eine Möglichkeit zu großem und schnellem Absatz. Alle mit der Zeitungsillustration beschäftigten Graphiker bedienten sich schließlich eines ähnlichen Stiles. Dieser erinnert in seiner ein­ fachen Linienführung an die Zeichnungen Klees, erreicht je­ doch nie die Abstraktion der Werke Klees, sondern bleibt stark den Objekten verhaftet.53* Die kleinen Zeichnungen sind in­ haltlich nur selten auf die Texte bezogen, oder sie erhalten ihre Bezüge erst nachträglich durch entsprechende Auswahl oder passende Unterschriften.54* Es häufen sich Darstellungen von Festen, Städten, Alltagsszenen, Urlaub und »humoristischen« Szenen. Toni Treptes »Italienische Häuserzeile«,55* publiziert in der »Neuen Zeitung«, ist aus einem Strich entwickelt und erin­ nert in ihrer betont naiven Detailtreue bei allgemeiner Ab­ straktion an Kinderzeichnungen. Die genaue Konstruktion und Komposition hat nie den Rhythmus Kleescher Zeichnungen, weist jedoch in der betonten Freundlichkeit des Häuserpro­ spektes mit der Darstellung lebhaften Lebens auf den Straßen und Plätzen viel Heiterkeit auf, die formal durch die aufstei­ gende Linie dieser Zeile betont wird. Hinzu kommt wieder die absichtliche Mißachtung der Perspektive, was zusammen mit dem sehr leichten Strich den Eindruck der Heiterkeit ver­ stärkt.56* Zu diesen Formprinzipien kommen noch andere, die bereits in den abstrakten Blättern festgestellt wurden, wie das Ubereinanderprojizieren mehrerer Figuren. Diese bestehen lediglich aus Umrißzeichnungen, sind durchsichtig und lassen den Hintergrund erkennen.57* Rein abstrakte Entwürfe kom­ men sehr selten vor. In einem Beispiel von Ernst Weil aus der »Neuen Zeitung«58* treten symmetrische, durchsichtige und labile Formen auf, die wie »Häute« wirken. Die Zeitungsillu­

»Unser Gesicht ist zerstört«, aus C.W. Rauh. Niemandsland, München 1948

Graphik Gemüter oder auch direkt für die Souvenirjäger bestimmt waren.61* Besonders im Buchdruckergewerbe herrschte ständig Sorge, daß die fehlenden Materialien zu einem Abfallen der Qualität führen könnten. Es wurde deshalb die Wiedereinrich­ tung eines Wettbewerbs vorgeschlagen, der an die Tradition vor dem Jahr 1933 anknüpfen sollte und bei dem alle an der Buchherstellung Beteiligten auch an den Preisen beteiligt sein sollten. Bei der Bewertung der Bücher wollte man besonderen Wert auf die »handwerkliche Gediegenheit« legen.62* Für die Ausbildung der Graphiker und der Buchdrucker sorgten in München ausgezeichnete Schulen63* mit hervorra­ genden Lehrern, so beispielsweise die Akademie für das Gra­ phische Gewerbe mit Paul Renner, Georg Trump, Hermann Virl, Eduard Ege, Heinz Hübner und Jan Tschichold. Zu dieser Schule gehörte auch die Klasse für Gebrauchsgraphik, die bald nach dem Krieg ebenfalls Mappen vorstellen konnte: 1947 eine große Mappe über die Ruinen der Stadt München rund um die Frauenkirche und 1948 eine mit Innenräumen. Die Ar­ beiten waren in Linolschnitt ausgeführt, auf schlechtes Papier gedruckt und steckten in ärmlichen Umschlägen.

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Um die Verbreitung der modernen Kunst bemühten sich vor allem die Kunstzeitschriften. Hier seien die wichtigsten in München erschienenen genannt: »Die Kunst und das schöne Heim«65* als Zeitschrift für Inneneinrichtung, Design und bil­ dende Kunst, »Prisma«66’ und »Thema«67* für Literatur und bil­ dende Kunst. Diese Zeitschriften stürzten sich mit missionari­ schem Eifer auf die Aufgabe der Kunsterziehung. Zum einen wollte man diese mit Anschauungsmaterial unterstützen und freute sich, ehemals verbotene Künstler wie Matisse, Picasso und Beckmann zeigen zu können. Zum anderen wurden auch Künstler der eigenen Generation vorgestellt, um deutlich zu machen, daß die Kunst nicht zu existieren aufgehört hatte. Nicht nur das Beispiel allein sollte dabei das Verständnis für die moderne Kunst fördern, sondern es wurden bereits 1946/ 1947 theoretische Fragen der Kunsterziehung besprochen.68’ Außerdem sollte »zur Belehrung und Anschauung als drittes eigenes Schaffen breiter Kreise kommen«, wie der Professor für Kunsterziehung, Ernst Strassner, forderte.69’ Zur Bedeu­ tung, die man der abstrakten Kunst als einer antifaschistischen beigelegt hatte, gehörte die Beachtung der freien Kinderzeich­ nung und damit verbunden die Erneuerung des Kunstunter­ richts.70* Dem naturalistischen Abbilden wurde nicht nur wegen der nun als Kitsch verschrieenen Kunst des Dritten Rei­ ches, sondern auch aus Kritik an dem als gedankenlos und see­ lenlos geltenden Abbildverfahren mit Hilfe des Photoapparates mißtraut. Das Publikum sollte wieder sehen und erleben ler­ nen: »Diese geistige Krise vertieft sich noch durch eine Verfla­ chung des Sehens und Erlebens überhaupt, zu dem uns die Photographie und jede mechanische Reproduktion brin­ gen.«71*

Zeichnung zu H.Käutners Film »Epilog«, von B. Bachem, 1948, aus »Gebrauchsgraphik« Nr. 11, 1950

Als Beispiel für Buchillustrationen mögen die der bekannte­ sten und wohl auch meistbeschäftigtsten Illustratorin der Zeit nach dem Krieg genügen: Bele Bachem. Ihre surrealistischen Szenen erinnern manchmal an Chagall. Die Eigentümlichkeit der Zeichnungen Bachems liegt in der Verwendung von Figu­ ren, die aus der höheren Gesellschaftsschicht stammen. So auch in ihren Zeichnungen zu Helmut Käutners Film »Epilog«.64* Wie auch die anderen erwähnten Zeichner verzichtete sie auf Perspektive und Raumwirkung, veränderte Proportionen, legte jedoch immer Wert auf die Erkennbarkeit der Szenen, der Per­ sonen und Gegenstände. Die Figuren sind mit feinen vielfach angesetzten Strichen gezeichnet. Bachem schloß die Illustratio­ nen nie als Bilder ab, sondern ließ die Zeichnungen in immer feiner werdenden Strichen enden. Im Gegensatz zur autonomen Graphik stellten somit die Il­ lustrationen den allgemeinen Trend zur Auflösung der Form und die Vorliebe für einen heiteren Inhalt deutlicher heraus. Es wurde hier eine heitere, wenn auch surreale Welt entworfen, die im Gegensatz zum Alltag stand. Galt die Photographie als reales Abbild, mit deren Hilfe zum Beispiel von den Nürnber­ ger Prozessen berichtet wurde, so stand die Zeichnung für die Idee von einem besseren Leben, das möglich sein könnte.

Eine Zeitschrift ganz anderer Couleur war der wiedererstan­ dene »Simpl«. Der Verleger Willi Freitag gab seit 1946 einen neuen »Simpl« heraus, nachdem der alte »Simplicissimus« 1933 gleichgeschaltet worden war und 1944 sein Erscheinen hatte einstellen müssen.72* Wie der Untertitel besagte, sollte er sich mit »Kunst, Karikatur und Kritik« auseinandersetzen. Die politische Ausrichtung der Zeitung war auf einen generellen Humanismus, Antifaschismus, Antiklerikalismus und Anti­ kommunismus beschränkt.73* Sein Hauptprogramm »wir wol­ len wahrhafte Menschen sein«74* formuliert eine damals weit verbreitete Einstellung. Auch Franziska Bilek, eine der bekann­ testen Mitarbeiterinnen des »Simpl«, meinte in ihrer »Rede an das XX. Jahrhundert«: »Ich möchte Mensch sein: Ich will kein Volksgenosse sein und kein Genosse ... Ich möchte leben und leben lassen und endlich einmal zugeben dürfen, daß ich im Grunde meines Herzens stinkfaul bin ... Aber weil ich eben ich bin, schließ ich mich in meine Austernschale ein und protestiere. Und dieses dreimal verflixte, gottlose, verruchte, seelenlose, un­ selige, entseeligte, liebeleere Jahrhundert ohne Schönheit, ohne Anmut, ohne Freude und ohne Freiheit kann mich gern haben .. ,«75* Hier wie auch in den Worten zum Geleit in der ersten »Simpl«-Ausgabe tauchen die beiden Begriffe auf, die in der Kunst den ersten Rang einnehmen: das Individuum und das angestrengte Streben nach einer schöneren Zukunft, nach tie­ fem, seelenvollem Erleben.76*

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»Die treusorgende Glucke«, Karikatur von M.Radler, aus »Der Simpl« Nr.8, 1946 »Karl Valentin und sein neues Orchester«, Karikatur von F. Bilek zum Tode Karl Valentins aus »Der Simpl« Nr.5, 1948

Wie Jutta Held bereits feststellte,77’ hat die Zeitschrift dort ihren größten Witz, wo es um Alltagsprobleme und die Mög­ lichkeit zur Improvisation geht. Mit zunehmender Sicherung der Lebensbedingungen wurde der Kunstgeschmack im »Simpl« nicht besser, es häuften sich vielmehr die erotischen Mädchenzeichnungen von Kriesch.78’ Um Weltpolitik küm­ merten sich die Zeichner insgesamt relativ wenig, auch wenn sie früh gegen Atombomben, Wiederbewaffnung und Auf­ rüstung zeichneten.79’ Die Karikaturen des »Simpl« sind nie geprägt von beißendem Spott oder bitterer Ironie. Schon eher findet man resignativen Witz oder lächelnde Traurigkeit. Sie erfüllen jedoch die von Theodor Heuss aufgestellte Forderung: »Die Karikatur, das Wort nun enger gefaßt, hat den gesell­ schaftlichen Zweck der Kritik.«80’ Ein hervorragendes Beispiel für die Gratwanderung zwischen den Begriffen Abbild, Kari­ katur und Kritik bildet der Kriegsgefangene in der Zeichnung »Das vierte Jahr« von Otto Nückel.81’ Das Blatt stellt einen Kriegsgefangenen und weit im Hintergrund einen Wachtpo­ sten dar. Vordergründig ist dies das Abbild des gefangenen Sol­ daten. Alles stimmt, von den Knöpfen der Mütze bis zur Not­ kleidung aus einer Zeltplane, den viel zu großen Pantoffeln und dem Blechnapf. Gerade aber durch das betonte Vorzeigen aller dieser Gegenstände und die Vergrößerung und Vergröbe­ rung der Gesichtszüge, die über die charakteristische Abmage­ rung und Auszehrung hinausgehen, dazu durch die sehr großen Ohren bei bewußt linkischer Haltung des Körpers, wird der Soldat zu einer Art Schmerzensmann. Damit sind Techniken der Karikatur benutzt, um mit dem Abbild eines Kriegsgefan­ genen Kritik zu üben an der allzu lang aufrecht erhaltenen Ein­ richtung der Kriegsgefangenenlager, den langen Haftzeiten und den dort herrschenden miserablen Bedingungen. Der

Übergang oder Zusammenhang zwischen kritischer realisti­ scher Graphik und Karikatur ist eng. Wie schon gezeigt, waren die Mappenwerke von Diez, Geiger und Winkler ähnlich auf­ gebaut. Der Name »Abrechnung«, den Geiger seiner Folge ge­ geben hatte, ist symptomatisch für den Versuch, die überlebten Zustände zu karikieren. Ein besonderes Blatt war der »Schwabinger Bilderbogen« Nr. 1 mit dem Titel »Politischer Jahr­ markt 1945« von Max Radler, der viel für den »Simpl« arbei­ tete. In sehr großem Format sind die Hauptakteure des Dritten Reiches als Jahrmarktssensationen und Budenbesitzer persi­ fliert.82’ Es gibt einen Tempel »Zum genialen Feldherrn«, in den der Eintritt nur 50 Pf kostet. Als weitere Attraktionen er­ scheinen »Heinrich Himmlers Geisterbahn«, »Die verkaufte Braut - Ein kurzes Eheglück« mit Abbildungen von Hitler und Eva Braun, »Hermanns Affentheater« mit freiem Eintritt, »Jo­ sef Goebbels Panoptikum«, »Zirkus Hess« ... und mittendrin prangt der Aufruf »Opfern nicht Spenden«. Dazwischen ver­ gnügen sich Zivilisten und eine große Anzahl uniformierter NS-Leute.83’ Bei seiner Abrechnung ließ Radler es nicht an Hinterlist fehlen. In der Darstellung Görings als Kunstmäzen, dem die Kunstschätze der Welt dargebracht werden, findet sich eine Inschrift: »IMPERATOR - POTENTATOR - IMITA­ TOR - IMPOT«.84’ Prägnanter und formelhafter in der formalen Gestaltung der Karikaturen wurde Radler dann, als er sich mit den neuen poli­ tischen Gefahren auseinandersetzte: »Weltfriedensmesse 1949«, die Ausstellung gigantischer Waffen.85’ Wieder an die Grenze zwischen Karikatur und realistischer Graphik kam Jörg Wisbeck mit seinem Blatt »Die sehr geplagten Volksvertre­ ter«.86’ Im Stil von George Grosz zeichnete er die Köpfe der so offensichtlich zufriedenen Männer mit dicken Bäuchen. In gleicher Weise zeigte er Architekten, denen trotz heftigster Diskussionen nichts anderes als ein Zwiebelturm einfiel.87’ Eine auffallende Erscheinung unter den »Simpl«-Karikaturi-

Graphik

»Is' wahr, Frau, die weißen Semmeln gibt’s beim Bürgermeister z’ kaffa?« »Jawoi, bloß bei die Semmeln macht er a Ausnahm, sonst hat er’s mit die Schwarzen!«. Karikatur von H. M.-Brockmann, aus »Der Simpl«, Nr. 4, 1946

»Die sehr geplagten Volksvertreter«, Karikatur von J. Wisbeck aus »Der Simpl« Nr. 9, 1947

sten war der junge Henry Meyer-Brockmann. Remigius Net­ zer sagt über ihn: »Des Simplicissismus' einmalige Satiriker-Zeichengarde hat keine gesammelte Nachfolgeschar. Nur vereinzelt gelingt es noch kaum mit Aussicht auf endgültigen Erfolg und Ruhm neuen Karikaturisten in das Gebiet des Künstlerisch-Be­ deutsamen vorzustoßen. Einer dieser wenigen ist der Engelbosteler Henry Meyer-Brockmann.«88* In seinem Buch »Satiren«89* steht auch das Thema Mensch im Vordergrund. In hervorragenden expressiven Zeichnungen deckt er die Schwächen der Menschen und ihrer Lebensum­ stände auf. In der Zeichnung »Markenfrei« ersticht ein Mensch ein Gegenüber mit der Gabel und hält sein Messer bereit, um sofort mit der markenfreien Mahlzeit beginnen zu können. Im Blatt »Kunst und Künstler« hängt ein Toter am Fenster einer Kunstgalerie. Im Gemälde davor ist derselbe Mann dargestellt, der sich in einem Rahmen aufgehängt hat. Seine Malgeräte liegen am Boden des Bildes verstreut. War das die Lage der Kunst? Diese Situation verdichtete sich in dem Blatt »Angst«: ein kleines Strichmännchen steht vielen Machthabern auf hohen Thronen gegenüber. Die eigentliche, aktuelle politische Karikatur fing erst ab 1947 wieder zu blühen an. Auch Meyer-Brockmann fertigte erst seit dieser Zeit politische Blätter.90* Ebenfalls 1947 wurde Ernst Maria Lang von der »Süddeutschen Zeitung« als Karika-

Karikatur aus E. M. Lang, Politische Drehbühne - Karikaturen der Süddeutschen Zeitung 1947-1949, München 1949

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turist entdeckt. Seine Karikaturen waren immer politisch; das Ziel vieler Graphiken bildete Adenauer: In der Zeichnung »Adenauer in München«91’ mit der Unterschrift »Er ist ja gar nicht so wild« steckt Adenauer genüßlich lächelnd seinen Kopf in den Rachen eines großen Löwen, der eine Tatze auf einen Maßkrug des Hofbräuhauses stützt. Adenauer, sehr elegant ge­ kleidet, hält dabei maliziös den Schweif des Löwen fest. Lang hatte sich von Anfang an feste Typen geschaffen, mit denen er operieren konnte, menschliche wie den Bayern, den Preußen, Regierungsmitglieder, aber auch Personifikationen der Staaten, wenn er Weltpolitik karikieren wollte. In dem Blatt »Die deut­ schen siamesischen Zwillinge«92’ füttern Marianne (Frank­ reich), Uncle Sam (USA) und Union Jack (England) das dicke­ re der beiden Babies mit den Mützen des deutschen »Michel«. Der starke russische Mann streichelt das andere, halb verhun­ gerte Kind. Karikatur braucht konkrete Anlässe, um wirksam werden zu können. Nach dem Krieg herrschte auf der einen Seite noch zuviel Angst, um Zustände karikieren zu wollen und zu können. Zum anderen waren die Verhältnisse vielleicht auch noch zu undurchschaubar und zu unsicher, als daß man konkrete Aussagen hätte treffen können. Der Wunsch nach Freiheit, der immer wieder artikuliert wurde, beinhaltete auch die Meinungsfreiheit — und an die mußte man sich wohl erst wieder gewöhnen. Mit der Anprangerung des Dritten Reiches konnte man die eigene Wut, Enttäuschung, Angst und Frustra­ tion ausdrücken; zudem zeigten schon die Entnazifizierungs­ prozesse, daß es nie schaden konnte, einen dicken Strich unter die Vergangenheit zu setzen. Mit der Währungsreform und dem Aufschwung der Wirt­ schaft häuften sich Aufträge für Gebrauchsgraphiker. In diesen Jahren wurden dann auch die Zeitschriften für diesen Zweig gegründet: in München erschienen 1950 »Gebrauchsgra­ phik«93’ unter der Leitung von Eduard Hölscher und 1948 »Graphik«.94’ Die betonte Internationalität dieser Zeitschriften, deutlich durch die Übersetzung der Artikel in bis zu drei Spra­ chen, zeigt auch eine stärkere Orientierung am Ausland und weist in der Auswahl der Abbildungen auf größere Kenntnis und stärkeres Interesse an den künstlerischen Produkten der anderen Länder hin. Für die Firmen bedeutete dies verstärkten Wettbewerb, für die Künstler höhere Anforderungen. In der Zusammenarbeit von Kunst und Wirtschaft hoffte man eine Möglichkeit zu finden, um die Notsituation der Künstler zu überwinden.95’ Die Gestaltung der Produkte und der Werbung sollte zur Aufgabe der Künstler gemacht werden, die schon während des Krieges aus Not und wegen der Berufsverbote in der Industrie gearbeitet hatten — allerdings in unscheinbaren Positionen als Porzellan- oder Schildermaler. Als Idee lag das Modell des Bauhauses zugrunde, das bis zu seiner Auflösung im Jahre 1933 versucht hatte, verschiedene Gestaltungsmög­ lichkeiten in Zusammenhang mit industrieller Produktion zu bringen.96’ Als Anreiz für eine derartige Zusammenarbeit wur­ den internationale Wettbewerbe ausgeschrieben, einmal um einen materiellen Anreiz für die Künstler zu schaffen, zum an­ deren jedoch auch um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzie­ len. ln München gab es Wettbewerbe für die Gestaltung des Plakates für einen neuen Roman der Zeitschrift »Quick«, an dem Mac Zimmermann und Ernst Geitlinger teilnahmen,97’ oder auch für die »Neue Zeitung«, an dem sich Jo von Kalckreuth und Meyer-Brockmann beteiligten.98’ Einer der bedeu­ tendsten Wettbewerbe nach dem Krieg war der bereits er-

»Deukalion I«, Federzeichnung von Mac Zimmermann, 1949, Privatbesitz

wähnte für das ERP-Plakat. Einen der zweiten Preise gewann Claus Hansmann.99* Nicht nur das prämierte, sondern auch das ebenfalls von ihm entworfene Plakat »ERP deckt deinen Tisch« zeigt hohe Qualität: Ein schön gedeckter Tisch steigt über dem Hafen von New York auf, aus dem gerade ein Schiff fährt. Über dem Tisch sieht man ein Flugzeug, das die Bewe­ gungsrichtung bestimmt. Die Schrift ist in den Tischfuß und die Fahrspur des Schiffes eingebaut. Dieses Plakat besticht durch die klaren Linien und Farben und die überlegte Kompo­ sition. Die Aussage, die notwendige Zusammenarbeit des eu­ ropäischen und amerikanischen Marktes, ist hier stärker ver­ schlüsselt als in dem schließlich prämierten Plakat, das deutlich die Güter vorstellt, die durch die Zusammenarbeit der Staaten wieder erhältlich werden sollten. Die intelligenten Verschlüs­ selungen des Werbeinhalts sind die Stärke von Hansmanns Plakaten.100* Das genaue Gegenteil bilden die Plakate des Ame­ rikaners Stefan Münsing,lol’des Leiters des Münchner AmerikaHauses bis 1952. Seine Plakate stellen die Information in den Vordergrund und sind von einer hervorragenden typographi­ schen Gestaltung. Das Plakat zum Deutschen Kunstpreisaus­ schreiben 1949 wird von einer großen »49« beherrscht, das Plakat für die Beckmann-Ausstellung von Beckmanns Selbst­ porträt. Diese Sachlichkeit wurde von keinem der Münchner Graphiker erreicht und wohl auch nicht gewollt.

Graphik Der Überblick über die Münchner Graphik nach 1945 zeig­ te immer wieder die Betonung der künstlerischen Freiheit, sei es in Form bildlicher Darstellung oder in schriftlicher Äuße­ rung. Man beklagte die seelenlose Zeit und ging dagegen mit abstrakten Seelenausdrücken oder heiterem Seelentrost an. Der christliche Humanismus feierte Triumphe. Politische Meinun­ gen waren anscheinend zu lange verfolgt gewesen, um nun deutlich ausgesprochen werden zu können. Die realistische Graphik wurde in den ersten Jahren der vielbeschworenen Freiheit wegen noch geduldet, mußte jedoch mehr und mehr der wiedererwachenden politischen Intoleranz weichen und war dann als sozialistischer Realismus verschrieen. Die gegen­ ständliche Graphik blieb bevorzugt. Sie diente hauptsächlich als Zimmerschmuck und sollte die Widerwärtigkeit des Alltags vergessen machen, Freude bereiten und kommenden Wohl­ stand versprechen. Gegen das objektive Abbilden war man kri­ tisch eingestellt und meinte, der Photographie als künstleri­ scher Äußerung nicht trauen zu dürfen. Aus diesem Grunde gab man jeder Unregelmäßigkeit originären künstlerischen

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Schaffens den Vorzug. Die Künstler beschäftigten sich mehr mit »Der Kunst das Leben zu lieben«, wie ein Aufsatz des Bild­ hauers, Malers und Graphikers Ernst Penzoldt überschrieben ist,102* als mit den Fragen der Kunst. Der naive, wiedergewon­ nene Lebensmut verlangte Kunst im allgemein Schönen zu suchen und die Sinne wieder dafür zu sensibilisieren. Die im Verhältnis zur großen Graphikproduktion sehr ge­ ringe Anzahl von Blättern mit Themen aus der Kriegszeit und der noch geringeren, die sich mit der politischen Gegenwart beschäftigten, kann nicht nur am Zufall der Erhaltung liegen. Der Publikumsgeschmack mag sich aus der Verdrängung kon­ stituiert haben. Diese Verdrängung der aktuellen Zustände im Wunsch nach dem Lachen war ein sozialer Zwang, dem sich nur starke Charaktere nicht unterordneten. So gab es hervorra­ gende Werke wie die Graphik Fritz Winters. Es gab den unge­ brochenen Geist Albert Heinzingers, den seine Kunst nie ver­ leugnenden Claus Hansmann und Willi Geiger, der in hohem Alter noch zum Stift griff, um »abzurechnen«. Brigitte Buberl

Die Malerei der Nachkriegszeit Die Situation, mit der sich die Künstler im Nachkriegsdeutsch­ land konfrontiert sahen, schien für ein rasches Wiederaufleben der künstlerischen Kräfte nicht günstig zu sein: Die Jahre des Nationalsozialismus hatten brutal viele Traditionen unterbro­ chen und die Künstler in innere oder äußere Emigration, also in die Isolation getrieben sowie die Museen und die meisten Galerien jahrelang gelenkter Kulturpolitik unterworfen. Den­ noch begannen nach Kriegsende erstaunlich rasch die künstle­ rischen Kräfte wieder hervorzutreten; davon zeugen auch die in München bereits 1945 gezeigten Ausstellungen der Werke zeitgenössischer Künstler in öffentlichen wie in privaten Gale­ rien,1’ oft unter der Schirmherrschaft der sich schnell gründen­ den Künstlerorganisationen.2* Versucht man die in den ersten fünf Jahren nach dem Krieg entstandenen Gemälde zu ordnen, so bieten sich zunächst zwei Kriterien der Unterscheidung an. Zum einen eine eher inhalts­ bezogene Anschauung, die sich notwendig mit der Frage nach einer bildlichen Auseinandersetzung mit den Ereignissen der Zeit, also auch nach einem zeitbezogenen Engagement der Künstler, auseinandersetzen muß. Dies unterschlägt jedoch die Frage nach der künstlerischen Qualität und das gerade in die­ sem Jahrfünft so enthusiastisch diskutierte Problem einer gegenständlichen oder abstrakten Kunst.3* Daher erscheint eine Betrachtung unter stilistischen Merkmalen ergiebiger, um das Spektrum der Malerei nach 1945, ihre Anknüpfungspunkte und ihre Situation in München zwischen Konservatismus und den nun wieder frei vor allem aus Frankreich und den USA kommenden neuen Strömungen darstellen zu können. Als eine der bedeutendsten Tendenzen der Zwanziger Jahre zwi­ schen Expressionismus und Abstraktion hatte sich eine realisti­ sche Malerei herausgebildet, die in sich die uneinheitlichen Richtungen des Magischen Realismus, des Verismus und der Neuen Sachlichkeit zusammenschloß. Sind auch als Zentren gerade einer sozialkritisch formulierten realistischen Malerei Berlin und Dresden zu nennen, wo ihre bedeutendsten Vertre­ ter Otto Dix, George Grosz und Rudolf Schlichter, der 1939 nach München übersiedelte, wirkten, so trat München durch die Vertreter einer »Münchner Gruppe« der Neuen Sachlich­ keit (Georg Schrimpf, Carlo Mense, Heinrich Maria Davringhausen, Alexander Kanoldt) im deutschen Spektrum besonders hervor.4’ Aber bereits 1932 war die Malerei des Magischen Realismus und der Neuen Sachlichkeit in Auflösung begriffen. Fritz Schmalenbach charakterisierte 1938 die Situation der Jahre 1930 bis 1937 folgendermaßen: »Seit einigen Jahren sind die extremen Richtungen abge­ klungen, und eine Malerei ist entstanden, die gleichsam die extremen Richtungen in sich gemischt und neutralisiert hat, eine mittlere, gemäßigte und außerordentlich einheitliche Malerei, die gegenwärtig in fast allen Ländern den meisten Raum innehat und jeder anderen Malerei etwas Peripheri­ sches gibt. Diese neue Malerei, die so gemäßigt ist, daß man sie kaum als neue, große einheitliche Erscheinung kennt, ist im Prinzip dem Impressionismus nahe verwandt: sie ist zu­ gleich »darstellend« und Malerei um ihrer selbst willen, blo-

ße Malerei; wobei sie allerdings in ihrer Form großenteils vom Impressionismus abweicht und die Idee, wie dieses autonome Ding »Malerei« beschaffen zu sein habe, von Marées und Cézanne, von Matisse und Vlaminck, aber auch von Abstrakten wie Braque hernimmt.«5* Diese Charakterisierung trifft auch für ein weitej Feld gegen­ standsbezogener Malerei der ersten Nachkriegsjahre zu, die sich auszeichnet durch einen Naturalismus,6* der auf malerische Traditionen der bildnerischen Mittel impressionistischer und expressionistischer Kunst zurückgriff, sich aber auch abstrahie­ renden Tendenzen gegenüber offen erwies. Inhaltlich zeigt diese Kunst eine Zurücknahme der für die Malerei eines Rea­ lismus so kennzeichnenden ironisch-bitteren zeitkritischen Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. »Das Pathos, die Lästerungen, die Metapher, der Typus wer­ den zurückgenommen. An ihre Stelle tritt das Handlungs­ bild, die lokal bestimmte deutsche oder italienische Land­ schaft, das Arbeitsbild ist weder klagend noch anklagend, sondern als Werktätigkeit gefaßt, im Porträt kommt es wie­ der zum Herren- und Damenbildnis, das exotische Thema geht nur noch bis zum Zirkus, Karneval oder zum Karten­ spiel.«7* Läßt sich unter stilkritischen Gesichtspunkten eine gewisse Kontinuität der Malerei zwischen der Vorkriegs- und der Nachkriegszeit erkennen, so sollten in diesem Zusammenhang zwei Phänomene nicht außer acht gelassen werden. Zum einen, daß durch den kulturpolitischen Kurs der Nationalsozialisten neben der älteren Expressionisten-Generation auch gerade jene Generation von Künstlern in die innere oder äußere Emigrati­ on getrieben worden war, die sich in den Zwanziger Jahren ak­ tiv am Kunstleben beteiligt hatte, die erste postmoderne Gene­ ration nämlich, deren Entwicklung durch Kriegsteilnahme, Isolierung und den Verlust des bereits geschaffenen Œuvres auf das härteste gestört worden war.x* Hinzu kommt ein zweites Phänomen, das beide genannten Generationen betraf: Das gro­ ße berechtigte Interesse gerade an jenen Malern, deren Werke, als entartet diffamiert und mit Ausstellungsverbot belegt, all das darstellten, was in der deutschen oder internationalen Kunst seit der Jahrhundertwende als relevant galt;9’ Rainer Zimmermann formuliert daher als »die eigentliche Tragödie der um die Jahrhundertwende ge­ borenen Generation ... die Tatsache, daß man nach 1945 in Deutschland die »moderne Kunst« (deren hohe Zeit zwi­ schen 1905 und 1925 lag) wiederentdeckte und aktualisier­ te, ohne zur Kenntnis zu nehmen, daß da auch schon eine an Umfang und Qualität außerordentliche Malerei entstanden war, die »moderner« war als die moderne, oder, um es ge­ nauer zu sagen, die zeitgerechter war als die subjektivistische und idealistische Kunst, die ihre Wurzeln tief in derZeit vor dem Ersten Weltkrieg hat.«10* In diesem Zusammenhang erscheint es symptomatisch, daß 1946 der Kunstkritiker Adama von Scheltama in der Münch­

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ner Kunstzeitschrift »Prisma« die Frage stellen konnte: »Ist der Expressionismus noch junge Kunst?« Zusammenfassend gab er zu bedenken: »Denn entspricht der Expressionismus in der Tat der geisti­ gen Struktur dieser ersten Jahrhunderthälfte, so sollten wir es uns wohl überlegen, bevor wir die jetzige Jugend mit sanftem Druck zu dieser Kunst zurückerziehen.«111 Es scheint, daß diese in ganz Deutschland vorhandenen Strö­ mungen auf der Grundlage eines schon zu Beginn des Jahr­ hunderts heftig diskutierten kulturellen Konservatismus in München besonders wirksam werden konnten.12* Dieser Kon­ servatismus13* hatte in den Zwanziger Jahren zur Abwande­ rung von Künstlern wie etwa Paul Klee und Alexander Kanoldt geführt. Dennoch muß man gerade unter der Münchner Künstlerschaft eine verhältnismäßig hohe Immobilität konsta­ tieren;141 München wird daher als »Sammelbecken für jene Künstler« beschrieben, »die, ohne sich mit der Zielsetzung des Dritten Reiches zu identifizieren, vielmehr in Gegnerschaft zu den Vorstellungen von einer »völkischen« Malerei, dort an­ knüpften, wo der »Blaue Reiter« die Fäden einst zerrissen, Ent­ wicklungslinien kühn übersprungen hatte«.151 Daß eine solche Kunst malerische Qualität nicht ausschloß, stellte 1947 der Kunsthistoriker Hans Eckstein fest: »Entscheidend aber ist die große, über das Jahrzehnt der Unterdrückung des freien künstlerischen Wettbewerbs lebendig gebliebene Stadttradition, die hochgezüchtete Münchner Atelierkultur, die wie eine gute Kinderstube ist und zur Manierlichkeit verpflichtet. Das Verwegene war eigentlich nie Sache der Münchner. Man darf es zu ihrem Lobe sagen, auch wenn man sich des Nachteils einer so star­ ken Bindung an eine so mächtige Ateliertradition wohl bewußt ist.«161 Als breiteste Strömung erwies sich so auch in München jene bereits charakterisierte Malerei eines expressiven Naturalismus, die sich, durch eine Präferenz der Landschaftsdarstellung, in besonderer Weise den bildnerischen Mitteln des Impressionis­ mus verpflichtet zeigte. Thematisch zeichnete sie sich aus durch die Aufnahme traditioneller Bildinhalte, wie Landschaft, Stil­ leben und Porträt. Die Entwicklung der Vertreter dieser Male­ rei verlief geradlinig und setzte sich auch nach 1945 bruchlos fort. »Allenfalls galt hier die Frage nach der persönlichen Reife und Vollendung, kaum die nach den Auswirkungen einer veränderten internationalen Situation.«171 Das Feld der hier wichtigen Namen ist so groß, daß stellvertretend Maria Caspar-Filser, Otto Geigenberger, Oscar Coester, Arnold Balwé und Eduard Aigner genannt seien, also Künstler, die sich be­ vorzugt der Landschaftsdarstellung widmeten. Eine Außensei­ terrolle nimmt in diesem Bereich das Œuvre des Malers Xaver Fuhr ein, den auch der Kunsthistoriker Franz Roh181 sehr schätzte. Seine Gemälde zeigen durch die Aufnahme konstruk­ tiver Verfremdungseffekte und die Dominanz eines graphi­ schen Lineaments gegenüber der nicht objektgebundenen Far­ be abstrahierende Tendenzen. Adolf Hartmann, der Bruder des bekannten Komponisten, und Erich Glette traten besonders durch die Porträtmalerei in Erscheinung. Reinhold Lichtenbcrger befaßte sich in stilistisch ähnlich zu beschreibendem Dar­ stellungsmodus mit der Welt des Theaters, des Balletts. Ent­ scheidend wurde das Panorama der Münchner Kunstszene

Blumenstrauß, Gemälde von M.Caspar-Filser, 1946, Privatbesitz

auch nach dem Krieg noch durch Karl Caspar und seine weit ausgebreitete Schule bestimmt, der auch die Maler Anton Lamprecht, Thomas Niederreuther, Remigius Netzer und Eu­ gen Croissant angehörten. Karl Caspar hatte sich ebenso wie Albert Burkart einer christlichen Ikonographie zugewandt.191 Die wesentliche Bedeutung einer in so großem Umfang publi­ zierten und rezipierten christlichen Kunst in diesen Jahren ist evident; sie lieferte ikonographisch ein mögliches Vokabular für eine Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen im Bild. Zeigt diese Kunst im Werk Albert Burkarts durchaus Bindung an kirchliche Institutionen, so läßt sich die Mehrzahl dieser Gemälde treffend »als Chiffren eines oft vagen Glaubens an einen Sinn und die metaphysische Bedingtheit menschlicher Existenz und irdischen Glaubens beschreiben«.201 Einer realistischen Kunst verbunden fühlte sich eine Gruppe von Künstlern, darunter die Maler Albert Heinzinger, Ludwig Scharl und Emil Scheibe, die sich 1954 in München zur Grup­ pe »Neuer Realismus« zusammenschließcn sollten.211 Ihre Arbeiten aus den ersten beiden Nachkriegsjahren schildern die Realität des Nachkriegsalltags. Sie besitzen jedoch nicht die sozialkritische Brisanz und Aggressivität der in Reaktion auf den Ersten Weltkrieg entstandenen Kriegsbilder eines Otto Dix. Wie Albert Heinzinger wandten sich auch andere, einer realistischen Kunst verbundene Maler bald einer Wirklich­ keitsbeschreibung zu, die weniger eine Tendenz zur kritischen Darstellung der sozialen Wirklichkeit aufwies, als vielmehr eine sachliche, ohne kritisches Engagement behandelte Be-

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Selbstportrait von T. Niederreuther, öl auf Leinwand, 1945 »Das wiedergefundene Püppchen«, öl auf Pappe von A. Heinzinger, 1946, Privatbesitz Die Sintflut, Gemälde von A. Burkart, 1946, aus P. 11. Steiner

Schreibung der Realität. Heinzingers zahlreiche Darstellungen aus der Welt der Arbeit zeigen nicht Menschen, die als Träger eines bestimmten sozialen Schicksals zu begreifen wären, viel­ mehr sind sie in ihrer Werktätigkeit, in Verkörperung ihrer Funktionen am Arbeitsplatz aufgefaßt. Zu ihrer Darstellung be­ dient er sich der Elemente eines plakativ wirkenden Naturalis­ mus, Näher den stilistischen Traditionen einer Neuen Sachlich­ keit standen der Maler Max Unold, dessen Gemälde in ihrer Farbigkeit seine Zugehörigkeit zur älteren ExpressionistenGeneration nahelegen, sowie Fritz Burkhardt, besonders aber Otto Nückel und Max Radler. Beide zeichneten ebenso wie Max Unold, Rudolf Schlichter und auch andere Münchner Maler22’ für den »Simpl«, eine satirische »Zeitschrift für Kunst, Kritik, Karikatur«,23’ die von Willi Ernst Freitag in der Nach­ folge des legendären »Simplicissimus« herausgegeben wurde. Die zahlreichen Illustrationen des »Simpl« geben der 1947 auch von Carl Hofer geäußerten Behauptung24’ recht, daß eine kritische Auseinandersetzung mit dem unmittelbaren Zeitge­ schehen ihr eigentliches Medium nicht in der Malerei als viel­ mehr in der Grapliik, in textbezogenen Illustrationen gefunden hatte.25’ Nahe der Aggressivität und Sozialkritik realistischer Kunst der Zwanziger Jahre standen Willy Geiger,26’ und auch Erwin Oehl, dessen Gemälde aus den ersten Nachkriegsjahren in

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»Die Generäle«, Gemälde von W.Geiger, 1947, Stadt Lindshut

expressiver Weise die Tragik entlassener KZ-Häftlinge und der Kriegsheimkehrer wiedergeben.27) Eine ganz eigene Be­ deutung kam nach dem Krieg den Vertretern einer surrealisti­ schen Kunst zu. Sie verstanden sich nicht als eine scharf abge­ grenzte, programmatisch arbeitende Gruppe, die ihr Vokabular aus der Verfremdung und collagehaften Zusammensetzung der Motive einer Traumwelt schöpfen konnten; die Arbeiten jener Künstler, die nach dem Krieg als Surrealisten wieder in die »Fratemisierung«, Öl auf Leinwand von E.Oehl, 1946, Privatbesitz

Gemälde von R.Schlichter, öl «auf Leinwand, 1947, Galerie von Alvensleben

Öffentlichkeit traten, sind vielmehr gekennzeichnet durch die Beschreibung einer realen, beängstigend verlassenen Welt. So schildert Edgar Ende verfremdete einsame Landschaften, in denen die Menschen gefangen sind; in seinen Gemälden spie­ gelt sich in der Reflexion der »Ohnmacht der Menschenwelt gegenüber der Macht metaphysischen Eingreifens«28) ein ei»Wem nützt die Rettungsleiter?« Gemälde von E. Ende, 1948

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Denkmalpflege und bildende Kunst

gentlich religiöses Moment. Mac Zimmermann, seit 1949 in München ansässig, dessen Arbeiten mit dem Begriff »Surrea­ lismus« nicht überzeugend charakterisiert sind, beschwört visionäre Landschaften herauf, in denen geisterhafte Wesen, Figurinen und Formen agieren, oft in scheinbar schwereloser, gleitender Bewegung. Auch Rudolf Schlichter verschrieb sich in seinen Gemälden 1945 einer surrealistischen Bildauffas­ sung.29) Wendet man sich dem Feld der gegenstandslosen Kunst zu, so ist zunächst an eine andere deutsche Tradition zu erinnern, die durch den Nationalsozialismus bereits 1933 unterbrochen worden war, nämlich die des Staatlichen Bauhauses in Weimar. Sie erscheint rückblickend als richtungsweisend für die Ent­ wicklung der abstrakten Kunst in Deutschland; nicht zuletzt waren auch die bedeutendsten Münchner Abstrakten durch sie entscheidend geprägt worden. Die Frage nach den durch die Künstler des Bauhauses, die Konstruktivisten und die Vertreter der »De Stijl«-Bewegung,'W) gegründeten Traditionen einer abstrakten Kunst wurde nicht nur unter den Künstlern heftig diskutiert.31) Sie erhielt ihr Forum vielmehr auch auf wissen­ schaftlicher Ebene, zunächst 1949 auf dem Kunsthistorikertag in München32), dann 1950 im »Darmstädter Gespräch«, das in einer Konfrontation zwischen dem Kunsthistoriker Hans Sedl­ mayr, dem Kunsthistoriker Franz Roh und dem Maler Willi Baumeister seinen Höhepunkt fand.33) Gleichzeitig wurde die Frage der abstrakten oder gegen­ ständlichen Kunst auch Objekt der weltanschaulichen und ideologischen Auseinandersetzung der Mächte im Kalten Krieg.34) Das Schlagwort von der »Abstraktion als Weltsprache« kennzeichnete eine Bewegung unter der jungen Künstler­ schaft, die weg von einer nazistisch überfrachteten, naturalisti­ schen und realistischen Kunst,35) hin zu einer internationalen Kunst führen sollte, deren »politische Idee« Werner Haftmann folgendermaßen definierte: »Im gesellschaftlichen Raum stellt sich die moderne Kunst vor als die Bewahrerin des Rechtes des einzelnen auf seine schöpferische Freiheit und auf die ungestörte Definierung seiner eigenen ihm angemessenen und zugemessenen Wirklichkeit. Sie steht also aus ihrer ganzen Konstitution gegen den Führungsanspruch der totalitären Machtsysteme; sie steht aber auch gegen die Nivellierungstendenzen, die Macht der größeren Zahl und den Konformismus der De­ mokratien ... Aus dieser ihrer Freiheit und im Einklang mit dem Bewußtseinsaufbau des zeitgenössischen Menschen hat die moderne Kunst ein Modell aus sich herausgestellt, das bereits globalen Rang hat. Ein Stilentwurf weltweiten Cha­ rakters entstand, der ein geistiges Klima schuf, in dem die Vision einer umfassenden Gemeinschaft der Menschen zu ihren ersten Verwirklichungen auf dem geistigen Plan er­ wuchs.«36) Die 1951 in der Zeitschrift »Kunstwerk« vorgenommene Ge­ genüberstellung zweier preisgekrönter Gemälde demonstriert die Inanspruchnahme der Kunst für eine ideologische Zielset­ zung auf das deutlichste: Willi Baumeisters »Kosmische Ge­ ste«, ein Kunstwerk, dessen »Gebundenheit an die Freiheit« der begleitende Kommentar feststellt, fand sich einem Werk jenes »sozialistischen Realismus« gegenübergestellt, der den

»fortschrittlichen gesellschaftlichen Zielen dient ... in dessen Mittelpunkt die diesen Interessen dienenden Menschen ste­ hen«, nämlich Walther Meinigs »Ein neuer Traktor kommt«.37) Der Aufbruch in Richtung einer »Abstraktion als Weltsprache« begann jedoch keineswegs sofort nach Kriegsende. Auch in München traten erst 1949 mit der Gründung der Gruppe »Zen 49« in der Mehrzahl jene Maler hervor, die sich bereits in früheren Jahren mit dem Problem der Abstraktion beschäftigt hatten: Fritz Winter, der erst 1949 aus der Kriegsgefangen­ schaft entlassen wurde, war Schüler des Bauhauses gewesen, Gerhard Fietz hatte unter anderem bei Oskar Schlemmer in Düsseldorf studiert, Rolf Cavael besaß ebenfalls Kontakte zum Bauhaus, zu Wassily Kandinsky und Josef Albers. Etwas verzögert stellt sich die Entwicklung jener jungen Generation von Künstlern dar, die vor dem Krieg in der nach­ expressionistischen Kunst ausgebildet worden war.38' So ist für diese in München zwischen den Kriegen ausgebildeten Maler, deren späterer Weg in Richtung einer gegenstandslosen Bild­ auffassung führte, eine Hinwendung zur abstrakten Kunst erst zu Beginn des neuen Jahrzehnts festzustellen. Stellvertretend sei Ernst Geitlinger genannt, der sich - wie auch Conrad Westphal39) - nach einer Ausbildung an der Akademie der Bilden­ den Künste in München, konfrontiert mit dem Ausstellungs­ verbot während des Dritten Reiches, erst nach 1950 der Abstraktion zuwandte. Die Gruppe »ZEN 49« nimmt auf die­ sem Hintergrund in München eine außerordentliche Position ein.40' Allen ihren Mitgliedern war das Bekenntnis zu einer »absoluten« oder »konkreten« Malerei gemeinsam;41) dieses Programm bewirkte in den folgenden Jahren auch eine Öff­ nung in Richtung einer »informellen« Kunst: an den Ausstel­ lungen nahmen als auswärtige Mitglieder oder Gäste K. O. Götz, Kurt Hofmann gen. Sonderborg und Fred Thieler teil, Maler, die sich dem »Informel« verpflichtet sahen.42) Der Wunsch nach überregionaler Verbundenheit, nach Neuorien­ tierung, Erfahrungsaustausch, Informationsbeschaffung über Zonen- und Ländergrenzen hinweg, stellte auch für die Grün­ dung dieser Gruppe ein auslösendes Moment dar.43) Festzuhalten bleibt, daß »ZEN 49« und die ihr verbundenen Künstler auch die Stadt München in das Zentrum einer avant­ gardistischen Kunstszene rückten. Diese, nur kurze Zeit wäh­ rende Rolle der alten Kunststadt konnte über zwei Dinge nicht hinwegtäuschen. Zum einen, daß sich das Gros der Münchner Künstlerschaft, wie gezeigt, weiterhin an einer Malerei orien­ tierte, deren Wurzeln tief in das 19. Jahrhundert reichten. Die von Hans Eckstein beschriebene »Stadttradition«44) blieb als stärkste Strömung erhalten. Zum anderen, daß in der deutschen Kunstszene nach 1945 ein neues Zentrum kultureller Aktivität immer mehr in Erscheinung trat, dessen Rang bis heute unbe­ stritten geblieben ist: Zeugnis von der Bedeutung der neuen »Kunstlandschaft« im Gebiet um Rhein und Ruhr geben für das erste Nachkriegsjahrzehnt die Gründungen der Gruppen »Junger Westen«, 1948 in Recklinghausen, »Quadriga«, 1952 in Frankfurt, und »Gruppe 53« in Düsseldorf. Sie alle standen im Zeichen einer informellen Kunst, die aus heutiger Sicht auch auf internationaler Ebene als richtungsweisend für die Kunst der Fünfziger Jahre gilt. In München wurde solchen Tendenzen außerhalb der Gruppe »ZEN 49«, die sich 1955 auflöste, lange Zeit kein Forum mehr geboten. Beate Frosch

Die Suche nach dem »richtigen« Stil — Kunstdiskussion in München 1945—1949 Seit in der Mitte des 19. Jahrhunderts König Max II. von Bay­ ern den berühmten Wettbewerb um die Frage »In welchem Style sollen wir bauen?« ausschrieb und damit implizit die Fra­ ge aufwarf, welcher Stil seine Herrschaft am besten repräsen­ tieren könnte,» ist die Diskussion um den »richtigen« Stil nicht nur nicht abgerissen, sondern hat sich im 20. Jahrhundert zuge­ spitzt zu einem Streit um die »Unterjochung des Gegenstan­ des«» durch die »Abstraktion«.» Wurde in den ersten Münchner Ausstellungen nach Kriegs­ ende zunächst noch allen Richtungen Raum zugestanden und anfänglich über Gott und die Welt und die Kunst, über Exi­ stentialismus, politisches Engagement und gewerkschaftliche Organisation des Künstlers räsoniert, so trat in der kunsthisto­ rischen Diskussion im Laufe der Jahre 1946/47 immer mehr die Frage in den Vordergrund, welcher Stil der Zeit angemes­ sen sei; Expressionismus, Surrealismus, Realismus, Abstraktion und »absolute Kunst« standen zur Wahl. Bezeichnend für diese Situation vor dem Ausbruch des Kalten Krieges, in der der Stil­ frage noch nicht die spätere Bedeutung beigemessen wurde, ist eine Gewerkschaftsrede, die der Kunsthistoriker Franz Roh im Frühjahr 1946 hielt. Er plädierte in diesem Vortrag für eine starke Gewerkschaft, deren Aufgabe die Lösung der materiel­ len Probleme des bildenden Künstlers und die Sicherung poli­ tischen und wirtschaftlichen Einflusses der Künstlerschaft sein sollten. Rohs Formulierung: »Ob Sie, liebe Kollegen, Barrika­ den oder eine Wiese mit scheuen Veilchen malen, ist uns völlig gleichgültig, wenn nur beides ein Kunstwerk darstellt«, sowie der Aufruf zum allgemeinen Beitritt, sind deutlicher Ausdruck für die noch mögliche friedliche Koexistenz der Stile.4* Auch W.G. Maxon, der Maler des expressiven Realismus aus dem Chiemgau, vertrat die Ansicht, vorerst sei eine Pluralität der Stile sinnvoll, aus der später ein neuer Stil als der gültige her­ vorwachsen sollte: »Eine Orientierung über die Kräfte scheint uns heute in erster Linie geboten zu sein. Wir glauben, ohne ein Selbstbewußt­ sein zu verleugnen, daß niemand heute mit absoluter Sicherheit eine bestimmte Richtung als die allein gültige erklären kann. ... Wir wollen die Möglichkeit bieten, in einem friedlichen Nebeneinander die Werte sich selbst wer­ ten zu lassen, wie sie gegeneinander und in der heutigen Zeit überhaupt standhalten. Nur so glauben wir, daß aus dem Chaos der Ansichten ein organisches Wachstum vergangen­ heitsbewußt und zukunftsfreudig zugleich zu einer (!) neuen Stilform vollgültig für die Gegenwart sich entfalten kön­ ne.«» Maxons Frage nach einem »richtigen« Stil schien zunächst un­ lösbar verbunden mit der Frage nach der Vergangenheitsbe­ wältigung und den »Anknüpfungsmöglichkeiten« an Bewähr­ tes. In der allgemeinen Desorientiertheit und aus der Verpflich­ tung zur Wiedergutmachung lag es nahe, die ehemalige »entartete« Kunst ins Gedächtnis zu rufen und zu diskutieren. Aus einer weitgehenden Gleichsetzung von »entarteter« Kunst mit »expressionistischem Stil« ergab sich die Diskussion um

die Zeitgemäßheit des Expressionismus: Der Münchner Maler Fritz Burkhardt, der in den Räumen des Freitag-Verlages Aus­ stellungen moderner Graphik arrangierte und dabei geschickt ältere (klassisch-expressionistische und »entartete«) Werke neben neuester Münchner Kunst präsentierte, reflektierte in seinem Vorwort zum Katalog der ersten Ausstellung dieser Serie den Zusammenhang zwischen der neuen Münchner und der expressionistischen Kunst: »Die Kunst der Gegenwart, wie sie sich außerhalb des deut­ schen Bereiches in der Öffentlichkeit und wie sie sich inner­ halb Deutschlands >unterirdisch< entwickelt hat, deckt sich nicht mehr mit dem, was wir in dem mehr retrospektiven Teil unserer Ausstellung zeigen, das heißt mit dem Expres­ sionismus, dessen Blütezeit bereits drei Jahrzehnte zurück­ liegt. Aber diese verflossene Epoche ist die Voraussetzung für die folgende gewesen und das Verständnis ihres Wesens ist auch die Voraussetzung für das Verstehen unserer Zeit­ kunst.«6* Im zweiten Katalog dieser Ausstellungsserie beurteilte Burk­ hardt die Anknüpfungsmöglichkeiten an ältere Strömungen differenzierter: »Der Expressionismus scheint überholt, aber noch wirksam. Der Kubismus ist noch so lebendig in seinem Wechsel, daß er vorerst nicht abzutreten gewillt ist. Die Abstrakten erhal­ ten noch Zulauf aus den jungen Jahrgängen und die Neue Sachlichkeit (Fritz Burkhardt war selbst ein Vertreter dieser Richtung; d. Verf.) hat das Plus für sich, wieder einmal eine Kunst zu zeitigen, welche die Möglichkeit zur Volkstüm­ lichkeit in sich schließt.«7* Auch Hans Grundig, der große Dresdner Realist, hielt den Ex­ pressionismus zwar für die größte künstlerische Bewegung des 20.Jahrhunderts in Deutschland, erwartete jedoch von der jungen Generation eine neue Kunst. In einer Betrachtung zur ersten allgemeinen deutschen Kunstausstellung in Dresden 1946 urteilte er: »Indessen wir beschäftigt sind, beinahe historisierend ein Bild dessen zu skizzieren, was der Expressionismus ... ange­ strebt und was er erreicht hat, ein Bild, welches insbeson­ dere die Jüngeren zum Nachdenken und zum individuel­ len Stellungsuchen veranlassen soll (gegen die noch immer grassierenden kategorischen und schablonenhaften Vorur­ teile für oder wider), wird in Dresden eine erste Übersicht über das künstlerische Wirken des Zeitalters ... gezeigt — und das Ergebnis ist: Fast alles von Bedeutung gehört dem Expressionismus an! ... Wir lassen es durchaus offen, ob dieser Expressionismus ... auch die wahren Elemente des Gegenwärtigen und Zukünftigen in sich trägt... Wo ist ei­ gentlich die Jugend? Sie ruft um Hilfe allerorten - aber was schafft sie? Was versucht sie? Was wagt sie? Oder lassen die mächtigen Expressionisten von heute sie nicht zu Wort kommen? ... Oder hat die Jugend im Verborgenen viel-

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leicht doch einen Einfall oder wenigstens die Absicht, sich um einen solchen zu bemühen?«8' Scharfe Ablehnung erfuhr der Expressionismus durch den in Gauting bei München lebenden Kunstschriftsteller Friedrich Adama von Scheltama. Er stellte fest, »daß der Expressionismus bis zu den extremen Formen Picasso’s und Kandinsky’s schon vor dem ersten Weltkrieg eine vollendete Tatsache war und heute (1946), nach allen umwälzenden Ereignissen, kaum noch als »modern« be­ zeichnet werden kann«, und warnte davor, den Expressionismus, der nach seiner An­ sicht auf dem gleichen geistigen Nährboden entstanden war, »aus dem schließlich auch die schlimmsten Blüten des Nazitums hervorwachsen konnten«, wieder aufzunehmen.9' Karl Scheffler konstatierte ebenfalls eine Verbindung zwischen Nationalsozialismus und Expressionismus und lehnte diesen deshalb ab: »Nach dem Zusammenbruch des zwölfjährigen Gewaltregi­ mes erweist sich das Gedächtnis vieler Deutschen als arg ge­ schwächt: sie meinen, der Expressionismus ... hätte mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun gehabt und sie glau­ ben, an ihn unmittelbar wieder anknüpfen zu sollen. Diese Einstellung verdrängt Tatsachen .. ,«10' H. Lüdecke warf 1949 dem Expressionismus schließlich vor, er sei eine »Kunst der Disharmonie, des Nicht-in-EinklangSeins, des Unbehagens und der Verneinung«. Diese »schein­ revolutionäre Kunst mit gefühlsmäßig echten rebellischen Antrieben«11' habe als Stil des Kleinbürgertums versagt und sei deshalb nicht wieder aufzunehmen. Tatsächlich konnten der Expressionismus und auch sein aus kontradiktorischer Filiation erwachsener Komplementärstil, die Neue Sachlichkeit, trotz des »Wiedergutmachungsbonus« in den »Trümmerjahren« je­ der für sich ihre Bedeutung der Zwanziger Jahre nicht wieder erreichen, nur ihre Verbindung im »expressiven Realismus« hatte noch für einige Zeit Bestand. So ist Katrin Sello zuzu­ stimmen, die 1975 feststellte: »Dieser Anfang im Rückgriff auf Expressionismus und Neue Sachlichkeit mag auch provinziell erscheinen, er war der historischen Situation angemessen.«12'

zeichnet werden, ... so waren auch diese Künstler keine Kollaborationisten oder Opportunisten, keiner von ihnen hat in München (in der »Großen Deutschen Kunstausstel­ lung«; d. Verf.) ausgestellt.«14' Doch bei den »Realisten« stieß der Surrealismus auf entschie­ denen Widerstand. Hannes König, führender Münchner Ver­ treter einer engagiert realistischen Kunst, äußerte sich 1948 überaus ablehnend zum Surrealismus: »Ein perverser Widerspruch macht die surrealistische Male­ rei »interessant« und verführerisch für prononcierte Groß­ stadt-Intellektuelle. Der Surrealismus ist ein zu guter Regi­ strierautomat infolge seiner Sexualsymbolik und atavisti­ schen Herkunft, als daß er heute nicht Anklang fände bei den Massenangstzuständen und nicht überwundenen Schocks, die auch in den intellektuellen Schichten sitzen und deshalb nur zu reizempfindlich sind für eine so würzige Kost der Spannung ... - Aber wo finden wir im Surrealis­ mus Themen, die uns heute bewegen? Wo die Ruinen, die Flüchtlingsströme, die Opfer des KZ’s und die Verstümmel­ ten, wo die Bombenerinnerungen? Wo bleiben eure über­ wirklichen Anklagen dieser Wirklichkeiten? Indem sie diese Themen nicht aufgreifen, beweisen sie, daß sie weltfremd sind und sich im völligen Nihilismus verlieren.«15' Auch von einer theologisch-philosophischen Warte schien der Surrealismus wenig geeignet, zum eigentlichen Stil der Nach­ kriegsjahre zu avancieren. Für Friedhelm Kemp war der Surrea­ lismus »ein später und hybrider Schößling der Französischen Revo­ lution, deren luziferisch prometheischer Anspruch durch ihn seine äußerste Formulierung findet ..., eine extreme Rich­ tung der modernen Gnosis ...«, der »gegenstandslose« Künstler jemand, »der nichts von Gott wissen will«.16' Ein bedeutender Fürsprecher des Surrealismus, Franz Roh, konnte vor diesem Hintergrund nur noch konsta­ tieren: »Die Bewegung des Surrealismus bröckelte in den letzten Jahren auseinander, teils weil die Wichtigeren eigene Bah­ nen gingen, teils, weil der soziale und Kriegsdruck auf ihr lastete, erneut zu politischer Stellungnahme und zu kon­ struktivem Lebenseinsatz drängend. In Deutschlands Male­ rei gab es nur wenig Nachwirkung.«17'

Auch der Surrealismus, in den Zwanziger Jahren neben der »Neuen Sachlichkeit und dem magischen Realismus«13' ein bedeutender Gegenpol zum Expressionismus, wurde in den ersten Nachkriegsjahren einer Überprüfung und Würdigung unterzogen. Heinz Trökes betonte: »Der Surrealismus hat ein positives Bekenntnis«, und versuchte, diesen Stil auch den Ver­ tretern des Realismus nahezubringen, indem er die charakterli­ che Aufrichtigkeit der Hauptvertreter des Surrealismus betonte. Er schrieb 1947:

Nachdem Expressionismus und Surrealismus so aus dem Ren­ nen geschlagen waren, konnte die große Auseinandersetzung zwischen Realismus und Abstraktion bzw. »absoluter Kunst« um das Prädikat, allgemeingültiger »Ausdruck der Zeit« zu sein, eröffnet werden. Anknüpfend an die Surrealismus-Diskussion, stellte Wil­ helm Uhde 1946 fest:

»Der Surrealismus ist also eine spirituelle Bewegung, keine materialistische, was nicht ausschließt, daß die meisten Sur­ realisten extreme Marxisten sind ... Es besteht ein betontes Internationalitätsbedürfnis und eine wohl ebenso deutliche antinationalstaatliche Gesinnung. Und, um noch politischer zu werden, die Surrealisten in Paris waren keine Kollaborationisten ... Wenn heute in Deutschland oder in Berlin (Trökes lebte in Berlin) einige Künstler als Surrealisten be­

»Der Surrealismus ließ es sich auf eine ebenso originelle wie überraschende Weise angelegen sein, das menschliche Ge­ fühl mit Gegenständen zu verquicken; man braucht sich also nicht zu wundern, wenn man jetzt einem abstrakten Kunst­ schaffen begegnet, das mit allem Gefühl und mit aller Ge­ genständlichkeit aufräumt. Es handelt sich hier um eine durchaus erklärbare Reaktion auf die erstaunlichen literari­ schen Entdeckungen des Surrealismus. Ging aber, von dieser

Der »richtige« Stil Erscheinung unabhängig und ganz in der Tiefe des Zeitgei­ stes, nicht etwas vor sich, das das Auftreten einer abstrakten Malerei begründet?«18' Die Antwort auf diese Frage fand Uhde in den Erkenntnissen der neuzeitlichen Physik, die zu der Schlußfolgerung führten, »daß nämlich die Wirklichkeit der sinnlichen Anschauung trügerisch ist und daß sich ihr eine ganz verschiedene kos­ mische Wirklichkeit gegenüberstellt.«19' Dieser neuen kosmischen Wirklichkeit entspreche die abstrakte Malerei, die, indem sie »den Bereich der bedingten Schönheit gewisser Objekte« verlasse, einen Weg beschreite, »der nach der unbedingten und gegenstandslosen Schönheit führt«.20' Und Uhde erkannte weiter, »das Wunder der Harmonien und Klänge« werde in der abstrakten Malerei »deshalb noch gewaltiger auf uns wirken, weil diese, von allen Illustrationen befreit, klarer die Herkunft der genann­ ten Werte (Harmonien, Klänge) aus einer fundamentalen kosmischen Wahrheit erkennen läßt.«21' Dabei erschienen ihm sowohl der Verlust bis dahin hochgeach­ teter Werte der Malerei durchaus akzeptabel, als auch der Tat­ bestand, daß »einzig und allein die von einem völlig neuen Humanismus inspirierten Geister« erst »im Verlauf einer lan­ gen menschlichen und künstlerischen Entwicklung ... stufen­ weise und durch beständige Vereinfachung« die »Schönheit an sich« erkennen würden und daß schließlich diese abstrakte Malerei »nur dem Verständnis einer Elite zugänglich sein« werde; letzteres war ihm sogar wünschenswert, so daß er die berechtigte Frage stellte: »Wird es aber nicht besser sein, auf die dickblütige Gesell­ schaft zu verzichten, die im Lächeln der Mona Lisa den höchsten Grad künstlerischer Schöpfung erblickt.«22' In Uhdes Plädoyer für die Abstraktion finden sich drei Inter­ pretationsmuster dieser neuen Kunst, die in kaum modifizier­ ter Form auch in weiteren Veröffentlichungen zu diesem The­ ma erscheinen: einerseits der Hinweis auf die Atomphysik, die das Weltbild grundlegend verändert und zu einer großen Un­ sicherheit und Verwirrung über die Erscheinungsformen der Natur geführt habe, woraus Leopold Zahn ableitete: »Die Werke der abstrakten Kunst sind Dokumente einer heillosen Zeit und zeugen eindringlich von der >großen Wirrnis« unseres Jahrhunderts. Daher findet sie der technifizierte, für den Widerspruch von Plüsch und Maschine un­ empfindliche Zeitgenosse >entartet«.«23' Zum anderen die Erklärung: »Abstraktion ist kein Einfall moderner Maler. Sie ist die ursprüngliche Haltung des Künstlers, schon von den vorge­ schichtlichen Malern geübt, die an den Wänden der Höhle ihre Umwelt im Bilde bewältigten.«24' Also »Abstraktion« als unerläßliches Hilfsmittel zur Darstel­ lung auch einfachster Gegebenheiten der komplexen Natur, die gar nicht anders darzustellen sei als in abstrahierender Ver­ einfachung. Und schließlich das mit einem Angriff auf Realis­ mus und Naturalismus verbundene Argument, die Farbfotographie werde eines Tages die Schönheit der Natur perfekter wiedergeben, als es der besten naturalistischen Malerei mög­ lich sei; und deshalb werde

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»auch von dieser Weiterentwicklung einer bloßen Technik ... die Malerei des 20. Jahrhunderts auf die Seite des bloßen Sinnbildes geworfen, vom Natur-Abbild aber weggezo­ gen.«25' Mit anderen Worten, die moderne »absolute« Malerei26' hat erkannt, daß sie mit der Schönheit der Natur in ihrer Nach­ ahmung nicht konkurrieren kann,27' und sich deshalb ent­ schlossen, der objektiven Naturvollendung etwas entgegenzu­ stellen, »das man als subjektive Innenwelt bezeichnen könnte. Wer die Natur genießen will, der wende sich an die Natur selber ... In der heutigen Malerei soll etwas anderes, soll die Stim­ me des Menschen ertönen mit seinen Beklommenheiten und Sehnsüchten, mit Aufschwüngen und Zusammenbrüchen, mit seinen Fremd- und Geborgenheitsgefühlen, die hier zu einer schauerlich-schönen Sinfonie zu werden vermö­ gen.«28' Auf den Artikel von Uhde replizierte Leon Degand etwas halbherzig in der gleichen Zeitschrift mit einer »Verteidigung des Realismus«: »In keiner Hinsicht bedeutet die Abstraktion an sich einen Fortschritt über den Realismus; und ebenso wenig ist letzte­ rer als Ausdrucksmittel der abstrakten Kunst irgendwie moralisch oder technisch überlegen. Sie sind verschieden das ist alles.«29' Wichtiger schien ihm festzustellen, daß auch im Realismus nicht das Thema, »und sei es noch so ergreifend«, den Wert des Bildes bestimme, sondern seine »Technik«, um schließlich zu bemerken: »Der Realismus hat weder gewagte Rechtfertigungen noch unüberlegte Angriffe auf vermeintliche Gegner nötig um zu leben. Wohl aber sind ihm unentbehrlich jene kostbaren bildnerischen Kräfte, um die sich gerade seine eiferndsten Verteidiger so oft so wenig zu kümmern scheinen.«30' Das wichtigste Publikationsorgan für die Austragung des Strei­ tes um den »richtigen« Stil war in München die Kunstzeit­ schrift »Prisma«. In Heft 8, 1947 eröffnete ihr Herausgeber und Chefredakteur Hans Eberhard Friedrich die Diskussion mit ei­ nem eigenen Beitrag unter dem Titel »Zu der Erörterung der Kunst und des künstlerischen Heute«. Darin stellte er fest: »Wir legen Wert darauf, weder der Popularität noch dem Snobismus Konzessionen zu machen. Populär zum Beispiel sind romantische und idyllische, lieb- und huldreiche, an­ mutige und einschmeichelnde oder aber marktschreierische, laute, zeitgemäße und problematisierende Themata: Rosa Sonnenuntergänge und berstende Ruinen«, und bemerkte weiter: »Was übrigens die abstrakte Kunst angeht, wer möchte ernsthaft entscheiden, ob das, was da abstrakt genannt wird, abstrakt ist? ... Ob nicht die Abstrakten, die Farben und For­ men ohne gegenständliche Bindung zu Harmonien zusam­ menfügen, der Wirklichkeit und erst recht der Wahrheit be­ deutend näher sind, als die Abpinsler einer Scheinwirklich­ keit«, um schließlich zu erklären: »In jedem wahrhaftigen Kunstwerk offenbart sich Gott. Der Künstler ist sein Auserwählter, viel-

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leicht sein Priester.«3" Indem Friedrich Naturalismus und Rea­ lismus so heftig angriff, mit der abstrakten Kunst aber den göttlichen Wahrheitsbegriff in Verbindung brachte und den abstrakt schaffenden Künstler zum Vertreter der göttlichen Wahrheit stilisierte, brachte er ein Argument in die Diskussion ein, dem bald große Bedeutung zukommen sollte: die Moral. Der Realist Hans Grundig äußerte sich in derselben Zeit­ schrift zum Wahrheitsbegriff: »Der wirklich ernste Künstler sucht die Wahrheit, zeigt die Umwelt so, wie sie ihm erklärbar, faßbar ist ... Heute, da auch der bildende Künstler einbezogen ist in den Neubau unseres gesellschaftlichen Lebens, heute, wo Mitempfinden, Mithelfen, Menschlichkeit nicht mehr leere Worte sind, ist es notwendig, eine Kunst zu entwickeln, die der Menschheit etwas Positives zu sagen hat, die aus den Gegebenheiten unseres Lebens wahrhaft ist. Wahrheit ist kein subjektiver Begriff, sie geht uns alle an.«32* Dagegen sah Willi Baumeister, der »Kontrahent« Grundigs in dieser Diskussion, die eigentliche Leistung des Kunstwerks und seines Produzenten in den Innovationen für das menschli­ che Bewußtsein, in der Bewußtseinserweiterung, und erkannte die Zeitgemäßheit der Kunst in ihrer Parallelität zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse einer Epoche.33* Während in »Prisma« Nr. 10, 1947 Franz Roh, Friedrich Vordemberge-Gildewart, Waldemar Kurtz und andere für die Abstraktion eintraten, sah der Münchner Maler Rudolf Schlichter die neue Malerei bereits »im Schatten des Satans«, ln einer »Appassionata über die europäische Kunst« bejammerte er den Niedergang der Kunst seit der Mitte des 14. Jahrhun­ derts, als mit der Wiederentdeckung der Antike die Renaissan­ ce einsetzte und mit ihr — nach Schlichters Ansicht — die Säku­ larisierung des Himmels: »Die Kunst, die es bisher nicht gab - denn was man später so nannte, war vorher nichts anderes als ein dem Heiligen ge­ weihtes Handwerk - wurde zu irdischer Lust, anfeuernder Reizstoff, Prunkstück und Stimulans persönlicher Eitelkeit, Paradestück der Ehrgeizigen, der Machthaber, der Reichen; ... Aus der Künderin höheren Lebens wurde die Verführe­ rin der Wollust, aus der Versinnbildlichung höchster Gottes­ liebe wurde die Verherrlichung unbeschwerten Sinnenge­ nusses.«34* Mit diesem Verrat an der göttlichen Wahrheit setzte nach sei­ ner Meinung auch der Zerfall der Formen der Schönheit ein. Der Kubismus schließlich war es für Schlichter, der zuerst »be­ wußt und nüchtern die These von der notwendigen Zerschla­ gung des bisherigen normativen Formkanons« aufstellte und, da er »nicht den Schöpfer im Geschaffenen ehrte, daran ging, in hybrider Vermessenheit eine eigene autonome Schöpfung der sichtbaren, in unendlichem Reichtum sich darbietenden Schöpfung des Ewigen entgegenzustellen.«35’ Jeder Versuch, aus diesem »selbstverschuldeten Scherbenhau­ fen einen neuen, verpflichtenden Stil hervorzuzaubern«, muß­ te nach seiner Ansicht mißlingen, denn »Noch immer befinden wir uns mitten in einer Epoche des Suchens, nun vielleicht nicht mehr des formal-ästhetischen Suchens, sondern desjenigen nach einer neuen endgültigen

Mitte (!), deren zentrifugale Kraft sich aus der Demut vor der übergeordneten Allmacht Gottes den trachtenden Men­ schen neu ergeben muß.«36* Damit sprach Rudolf Schlichter eine allgemeine Furcht vor dem Untergang der Welt in einem atheistischen Chaos aus (die durch die eifrige Diskussion der existentialistischen Philoso­ phie in diesen Jahren gefördert wurde), die Hans Sedlmayr be­ reits in den Dreißiger Jahren formuliert hatte und im Dezember 1948 als »Verlust der Mitte« publizierte.37* Auch für Sedlmayr stand die Gegenwart seit 1760 »im Zeichen der Kluft zwischen Gott und den Menschen, des vermeintlich »autonomen« Menschen und des Ersatzes des trinitarischen Gottes durch neue Götter und Götzen: Natur und Vernunft (Pantheismus, Deismus), Kunst (Ästhe­ tizismus), Maschine (Materialismus), Chaos (Antitheismus, Nihilismus).«38* Das Buch löste heftige Kritik aus und wurde zum Prüfstein je­ der Diskussion.39* Beim zweiten Deutschen Kunsthistorikertag in Schloß Nymphenburg griff Werner Haftmann das Buch in einer glänzenden Polemik an und betonte, daß alle die soge­ nannten Verluste in der neueren Kunst — der Verzicht auf die traditionellen Formen, die bedeutungsgeladenen Symbole und jahrhundertealten Formschemata, die zunehmende Isolierung des Künstlers in der menschlichen Gesellschaft, die Lösung vom Auftraggeber - vielmehr positive Zeugnisse der Freiheit von allem und zu allem seien.40* Bei dem berühmten Darm­ städter Gespräch über »Das Menschenbild unserer Zeit« kam es 1950 zum Eklat. Hans Sedlmayr hielt hier einen Vortrag »Uber die Gefahren der modernen Kunst«, dem nahezu alle Anwe­ senden widersprachen,41* so daß Sedlmayr mit seinen »veralte­ ten, nicht mehr zeitgemäßen und zu sehr vom religiösen Standpunkt geprägten« Thesen bald alleine stand.42* Besonders heftig fielen die Angriffe Willi Baumeisters aus, der in seinem Redemanuskript »Verteidigung der modernen Kunst gegen Sedlmayr und Hausenstein«43* noch einmal eindringlich Sedl­ mayrs NS-Vergangenheit beschwor,44* und mit dem Satz »Die Menschen sind bös, und die Kunst ist bös«45* das Grundpro­ blem der Theorie Sedlmayrs bloßlegte. Baumeister verdeut­ lichte mit diesem Diktum, das Sedlmayr auch von anderen Kunsthistorikern und Künstlern entgegengehalten wurde, daß Sedlmayrs Kunsturteil sich nicht in den Grenzen der Ästhetik bewege, sondern in den religionsphilosophischen Bereich ab­ irre, daß an die Stelle der kunsthistorischen Kriterien »gut« und »schlecht«, moralische Kriterien »gut« und »böse« treten. Nachdem Baumeister Sedlmayr so als außerhalb der Kunstwis­ senschaft stehend charakterisiert hatte, griff er Sedlmayrs theo­ logische Einseitigkeit an: »Sedlmayr ist kaum Demokrat noch erweist er der Kirche einen rechten Dienst. Seine Theorie ist so einspurig wie die Rassentheorie von Rosenberg«, und stellte schließlich fest: »Sedlmayr sieht keinen Unterschied zwischen 1 lumanität und Entartung. Er sieht nur Entartung in der Humanität. Ich protestiere gegen die Behauptung, die moderne Kunst sei ohne ethische Werte und hätte keine Rückverbindung religio ... Das Abstrakte ist geistiger als das Konkrete.«46* Gerhard Finckh

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Im Februar des Jahres 1947 fand im Augsburger SchaetzlerPalais unter dem Titel »Extreme Malerei« eine aufsehenerre­ gende Ausstellung statt, um derentwillen Interessierte sogar eine strapaziöse Anreise von weither in überfüllten und eis­ kalten Eisenbahnzügen auf sich nahmen.1' Die Ausstellung zeigte ausschließlich Werke von Künstlern, die während des Dritten Reiches mit ihren Bildern nicht an die Öffentlichkeit hatten treten können, aber im Exil oder — heim­ lich - in der »inneren Emigration« ihren Weg weitergegangen waren. Die Gemälde dieser ehemals als »entartet« Verfemten repräsentierten jetzt die wichtigsten Stilrichtungen der Nach­ kriegsjahre: Neben den Werken des großen Realisten Josef Scharl,2' der seit 1938 im New Yorker Exil lebte, den Bildern von Günther Strupp und Georg Rohde, die einen eher poeti­ schen Realismus vertraten, neben den zaubervollen, von der Kunst der Kinder inspirierten Arbeiten Richard Otts und den visionären Traumbildern Ernst Geitlingers standen Werke, die sich von der Naturnachahmung gelöst hatten, um in der Ab­ straktion das »eigentliche Wesen« der Naturerscheinung zu er­ gründen und deutlicher zum Ausdruck zu bringen.3' »Klassi­ sches« assoziierende Werke von Werner Gilles kontrastierten hier zu den »heftigen«,4' noch unter dem Eindruck des griechi­ schen Lichtes entstandenen, den Gegenstand auflösenden Bil­ dern Rupprecht Geigers und in der Abstraktion verfremden­ den, surreal-manieristischen Arbeiten des immer noch zu wenig bekannten Augsburgers Karl Kunz.5' Das Hauptinteresse des Publikums galt den tastenden Versuchen sich einer »abso­ luten« Malerei zu nähern, wie sie von Max Ackermann, Willi Baumeister, Gerhard Fietz, Conrad Westphal und Fritz Winter unternommen wurden, mit Bildern, die kein Naturvorbild mehr erkennen ließen, sondern allein aus Formen und Farben ihre Spannung bezogen. In einem ausführlichen, ironischen, aber sehr positiven Be­ richt in der »Neuen Zeitung« schilderte Bruno E. Werner die Stimmung bei der Ausstellungseröffnung:6' »... Sie hatten dicke Schals um den Hals gewickelt, unter ihren grauen Mänteln schauten zuweilen ausgebuchtete Soldatenschuhc und Skistiefel hervor, und die Damen, Plakat zur ersten Ausstellung der Gruppe »ZEN 49« im Central Colleeting Point 1950

ausstellung

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APRIL... 28. APRIL

»E 100«, Mischtechnik auf Stoff von R. Geiger, 1949, Privatbesitz

“Gesteinshalde«, Öl auf Leinwand von W. Baumeister, 1948

die dabei waren, konnte man kaum von den Männern un­ terscheiden. Aus ihren Mündern rauchte die warme Luft, und sie traten von einem Fuß zum anderen, um die Zehen warm zu bekommen. 25 Grad Kälte draußen, und drinnen ungeheizt, aber sie waren sichtlich guter Laune und animiert und blieben wohl vor einem Bild stehen, um eine Kontur mit dem Handschuhfinger in die Luft zu zeichnen, oder vor einem anderen, um festzustellen, wie großartig sich etwa ein Zinnoberrot von einem Kobaltblau abhöbe. Es waren sicht­ lich arme Irre, denn sie waren zu diesem Zweck und keinem anderen in eisverschalten überfüllten Zügen aus München, aus Tübingen, aus Stuttgart, vom Staffelsee und wer weiß woher nach Augsburg gefahren. Sie kamen nicht in Geschäf­ ten, sondern sie kamen, um eine Ausstellung zu besichtigen! Ein ordentlicher Mensch kann darüber nur die Achseln zucken ...«

in der qalen« de» central colleeting point am königsplatz

Auch andere bedeutende Kritiker, darunter Alfred Andersch7' sowie Franz und Juliane Roh,8' reisten an und sorgten mit aus­ führlichen, überwiegend positiven Kritiken dafür, daß diese

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Denkmalpflege und bildende Kunst

wichtige Ausstellung auch zum Publikumserfolg wurde. So konnte der Organisator Ludwig Ohlenroth bereits im Februar an einige der ausstellenden Künstler voller Genugtuung schrei­ ben: »Die Ausstellung Extreme Malerei trägt bereits ihre Früchte. Wir können feststellen, daß trotz der außerordentlich un­ günstigen Witterung und der Reiseschwierigkeiten die aus­ wärtige Anteilnahme eine unerwartet hohe ist. Die Ausstel­ lungsleitung erhielt Briefe und Anfragen darüber aus ganz Deutschland.«9’ Beflügelt durch diesen Erfolg schmiedeten die ausstellenden Künstler Pläne, ihren Kreis wesentlich zu erweitern, wobei als Auswahlgrundlage die Qualität ausschlaggebend sein sollte, nicht sektiererische Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rich­ tung.10’ Als Name für die neue Vereinigung war zunächst »Der Neue Bund« im Gespräch, dann »Union deutscher Extremi­ sten« und andere.11’ Ohlenroth wollte sich mit dieser Namens­ gebung vom »Deutschen Künstlerbund« unterscheiden, »der bei einer Zusammenlegung der Zonen Schwierigkeiten berei­ ten könnte, gleichzeitig steckt(e) aber der Gedanke seiner Er­ neuerung darin«.12’ Doch die Entscheidung sollte nicht nach seinem Sinn fallen. Der »Deutsche Künstlerbund«, der, 1936 aufgelöst, sich 1947 für Berlin neu konstituiert hatte, zog, als er 1949/50 seine Tätigkeit wieder im ganzen Bundesgebiet aufnehmen konnte,13’ die bedeutendsten'deutschen Künstler, darunter auch einige, die in Augsburg ausgestellt hatten, an und ließ damit Ohlenroths Pläne in einem größeren Zusammenhang auf­ gehen. Aber in der Programmschrift des Künstlerbundes von 1950 findet sich immerhin noch der Gedanke, den Ohlenroth für seine Vereinigung als grundlegend betrachtet hatte:

»Graue Formen«, Gemälde von G. Fietz, 1948, Galerie O.Stangl

»Ebenso wie für die Mitgliedschaft im Deutschen Künstler­ bund 1950 ausschließlich die künstlerische Qualität der Arbeiten eines Künstlers maßgeblich ist, so vertreten wir auch in grundsätzlichen Fragen nicht die Interessen einer be­ stimmten Kunstrichtung.«14’ Zu einem interessanten Ergebnis kam ein zweiter Impuls, der von der Augsburger Ausstellung ausging. Der britische Konsul in München, John Anthony Thwaites, der sehr an moderner Kunst interessiert war,15’ sah diese Ausstellung, nahm Kontakt zu einzelnen hier repräsentierten Künstlern auf16’ und setzte sich für die Gründung einer neuen Künstlervereinigung ein. Während Willi Baumeister und Fritz Winter, die bereits vor dem Dritten Reich internationale Erfolge mit ihrer Malerei ge­ habt hatten und im Ausland neben Ernst Wilhelm Nay und Theodor Werner schon zur »klassischen Moderne« gezählt wurden, dem Zusammenschluß in einer Vereinigung mit »jün­ geren«, zumindest aber unbekannteren Künstlern zunächst skeptisch gegenüber standen, sahen die »jüngeren« Künstler allein in gemeinsamen Aktionen eine Chance, nicht nur im Inland, sondern vor allem auch im Ausland bekannt zu werden.17’ Im Herbst des Jahres 1949 kam es zur Konstituierung der neuen Gruppe ZEN 49 in München. Gründungsmitglieder waren der Stuttgarter Willi Baumeister, Fritz Winter, »der Kriegsgefangene, der erst letzten Sommer aus Rußland zurück­ gekehrt ist«,18’ Rolf Cavael, der zu dieser Zeit noch in Parten­ kirchen lebte, Rupprecht Geiger, Gerhard Fietz, der antifaschi-

»Klänge«, öl auf Pappe von F. Winter, 1949

stische Widerstandskämpfer Willi Hempel und als einzige Frau die Bildhauerin Brigitte Meier-Denninghoff, die 1946/47 bei Anton Hiller an der Münchner Akademie studiert hatte und seitdem in den Ateliers von Henry Moore und Antoine Pevsner arbeitete. Dazu gewann die Gruppe rasch einflußreiche Freunde: neben Anthony Thwaites traten die Kunsthistoriker Ludwig Grote, Werner Haftmann und vor allem das Münch­ ner Kunsthistorikerehepaar Franz und Juliane Roh. Während Franz Roh zum wichtigsten Vorkämpfer für eine gegenstandslose, »absolute« Kunst wurde, übernahm Juliane Roh zunächst das Sekretariat der Gruppe; in dieser Aufgabe folgten ihr später Dorothee Cavael und zuletzt der Kunsthisto­ riker Curt Seckel. Leonie von Wilckens wurde Ehrenmitglied. Die Basis der Gruppe bestand in der allen gemeinsamen Ab­ kehr von der Naturnachahmung. Im Katalog zur ersten Aus­ stellung, für die Stephan Münsing, der Leiter des amerikani­ schen »Central Art Collecting Point«, in den ehemaligen »Führerbauten« am Königsplatz im April 1950 Räume zur Verfügung stellte,19’ erklärte Franz Roh:

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lierte Wertschätzung für außereuropäische Kulturen nicht neu, wenngleich sie für das Selbstverständnis des Durch­ schnittseuropäers noch immer eine Zumutung darstellte.«22’ Auch in der Gruppe selbst war der Bezug zu ihrem ungewöhn­ lichen Namen unterschiedlich stark ausgeprägt. Während in den Briefen Rolf Cavaels meist der Ausdruck ZEN Verwen­ dung findet, spricht Rupprecht Geiger auch von der »Gruppe

»Musikanten«, Graphik von W. Hcinpcl, um 1946, Privatbesitz

»Die >ZEN-Gruppe 49< als eine süddeutsche Gemeinschaft gegenstandsloser Künstler glaubt, es habe einen Sinn, Arbei­ ten, die nicht mehr mit Ding-Assoziationen rechnen, gele­ gentlich für sich zu zeigen, damit sich die Betrachter unge­ stört in diese Möglichkeiten einleben.«20’ Ähnlich formulierten die Künstler selbst ihr Programm: »ZEN 49 ist eine Gruppe von sechs Malern und einer Bild­ hauerin, die zusammen ausstellen wollen. Im Gegensatz zu dem, was in der Presse verbreitet wurde, hat der Name kei­ ne okkulte Bedeutung. ... ZEN 49 ist in keiner Weise eine exclusive Gruppe. Man hofft vielmehr, gleichsam zur Aus­ saat von etwas Beachtlicherem zu dienen ... Zweitens hofft man, daß das Beispiel der Gruppe ähnliche Gründungen in allen Zonen Deutschlands anregen wird, aus deren Arbeit dann eine allgemeine deutsche gegenstandslose Ausstellung zusammengestellt werden kann.«21’ Das war in den Nachkriegsjahren keineswegs ein neues Pro­ gramm. »Schon Jahrzehnte früher hatten Kandinsky und Klee die gleiche Position bezogen. Im deutschen Kunstleben fand so gesehen nach dem Krieg ein radikaler Neubeginn nicht statt. Die vom Nationalsozialismus gerissene Lücke wurde zu­ nächst überbrückt, hin zu einer heute klassisch gewordenen Abstraktion. So war auch die schon im Namen ZEN artiku­

»Nr.466«, Walzenbild von R. Cavael, 1949, Galerie von Alvensleben

49«. Dieser unterschiedlichen Semantik entsprechen die Werke dieser Künstler: Während sich bei Cavael deutliche Erinnerun­ gen an die japanische Kalligraphie finden, eine Disziplin, die in engster Verbindung zur Lehre des Zen steht,23’ fehlen solche bei Rupprecht Geiger, obwohl sich auch er 1949 mit dem Zen auseinandersetzte und — nach seinen Worten - deshalb zufällig diesen kurzen prägnanten Namen für die Gruppe »erfand«.24’ Zwei wichtige Bücher über Zen, die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg neu aufgelegt wurden und rasch große Ver­ breitung fanden, Daisetz Teitaro Suzukis »Die große Befreiung - Einführung in den Zen-Buddhismus«25’ und Eugen Her­ rigels »Zen in der Kunst des Bogenschießens«26’ mögen zu dieser Auseinandersetzung mit fernöstlicher Philosophie und Kunst nicht unwesentlich beigetragen haben. Auch bei anderen Mitgliedern der Gruppe finden sich deutliche Hinweise auf eine Beschäftigung mit Zen. So schilderte Willi Baumeister be­ reits 1943 in seinem Buch »Das Unbekannte in der Kunst« den »hohen Zustand« des Künstlers, in dem jedes Vorwissen und jedes bewußte Wollen ausgeschaltet bleiben, und meinte damit den »reinen« Zustand, der im Zen durch Meditation angestrebt wird;27’ Julius Bissier, der seit 1953 der Gruppe angehörte, hat­ te sich Jahre hindurch mit chinesischer Kunst und Philosophie beschäftigt, die ihm durch seinen Freund, den Kunsthistoriker und Sinologen Ernst Grosse, nahegebracht worden waren,28’ Conrad Westphal debattierte bereits in den späten Zwanziger Jahren mit Michel Seuphor über fernöstliche Philosophie.29*

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Doch fehlen im Werk vieler, vor allem später zur Gruppe gestoßener Künstler solche Hinweise ganz, so daß als allen gemeinsames Anliegen ausschließlich die Propagierung der »gegenstandslosen« Kunst festzuhalten ist. Diese programmatische Festlegung auf die »Gegenstandslo­ sigkeit« brachte der Gruppe die Sympathie und Unterstützung Hilla von Rebays. Geboren 1890 in Straßburg, Tochter eines deutschen Generals, hatte Hilla von Rebay in Düsseldorf, München und Paris studiert, 1914 und 1915 ihre Werke bei

Bauer), und schickte sie auf eine Tournee durch das zerstörte Europa. Die Stationen dieser Kollektion waren Paris und Zü­ rich, dann Stuttgart, München, Hamburg, Düsseldorf, Braun­ schweig, über Amsterdam und London kehrte sie nach New York zurück.33* In München wurde die Ausstellung in einer »Reihe von guten Sälen gegenüber dem Hauptbahnhof«, ne­ ben dem Warenhaus Hertie gezeigt.34* Sie hatte hier so großen Erfolg, daß Hilla von Rebay erneut eine Auswahl des Guggen­ heim-Museums nach München schicken konnte, wo sie im Januar 1950 im Amerika-Haus gezeigt wurde.35* Für diese ma­ terielle wie »geistige« Unterstützung waren ihr die Künstler von ZEN 49 verpflichtet und dankten Hilla von Rebay mit der Ehrenmitgliedschaft in ihrer Gruppe. »Wenn sich später das Verhältnis zu manchen ihrer damali­ gen Schützlinge abkühlte, so lag das meist daran, daß diese nicht so malten, wie sie es sich vorstellte .. ,«36* Trotz großer Unterstützung von vielen Seiten und obwohl sie durch mehrere Städte wanderte,37* scheint die erste Ausstellung von ZEN 49 im »Central Art Collecting Point« 1950 nicht ganz den gewünschten Erfolg gehabt zu haben. Schon 1949 hatte Rupprecht Geiger in einem Rundschreiben festgestellt: »Die Gründung der Gruppe ZEN '49 steht im Zeichen einer scharfen Auseinandersetzung zwischen alter und junger Kunst. Angriffe ewig Rückschauender richten sich gegen ... die entdinglichte Darstellung ... Aus der Erkenntnis einer erneut drohenden Gefahr erwächst der Gruppe die Ver­ pflichtung, das neue Gedankengut um so aktiver auch durch Wort und Schrift vorzutragen .. ,«38*

Gemälde von H. Rebay, 1946, Privatbesitz

der Münchner Secession, 1917 sogar in Herwarth Waldens berühmter Berliner Galerie »Der Sturm« ausgestellt.30* In den Zwanziger Jahren lernte sie Kandinsky, Chagall, Delaunay, Gleizes, Léger und Rudolf Bauer, einen Kandinsky-Epigonen, kennen, der 1929 in Berlin ein privates Museum für ungegen­ ständliche Kunst einrichtete und eine Zeitschrift mit dem Titel »Das Geistreich« herausgab.31* Von größter Tragweite für die moderne Kunst sollte Hilla von Rebays Bekanntschaft mit So­ lomon ILGuggenheim werden. Sie konnte diesen immens rei­ chen Amerikaner für ungegenständliche Kunst begeistern, die Verbindung zu Kandinsky und Rudolf Bauer herstellen und damit die weltberühmte Guggenheim-Sammlung initiieren, deren erster Direktor sie bis 1952 war.32* Ihrer Initiative ist auch der Neubau des Guggenheimmuseums durch Frank Lloyd Wright zu verdanken. Erschüttert von der Not der Nachkriegsjahre, die Hilla von Rebay bei einem Verwandtenbesuch in München erfahren konnte, und begeistert vom schwungvollen Neubeginn der gegenstandslosen Malerei in München, versorgte sie die »ge­ genstandslosen« Maler Münchens mit den wertvollen und hochwillkommenen CARE-Paketen. Darüber hinaus stellte sie 1948 eine Auswahl von 50 Werken ungegenständlicher Maler aus den Beständen des Guggenheim-Museums zusammen, neben ihren eigenen Werken vor allem Arbeiten von MoholyNagy, Robert Jay Wolff, Pearl Fine (sowie vermutlich Rudolf

Obwohl diese erste Ausstellung auch in Lübeck und Düssel­ dorf gezeigt werden konnte,39* für den Sommer 1951 bereits eine zweite Ausstellung im Münchner Amerika-Haus in Pla­ nung und von dieser Institution eine Vortragsserie zugesichert war, deren Programm die Gruppe selbst bestimmen konnte,40* ließen doch nach ersten Enttäuschungen einzelne Mitglieder den Mut sinken, wollten nicht mehr gemeinsam ausstellen und versuchten, »schwächere« Kollegen aus der Gruppe zu drän­ gen.41* John Anthony Thwaites analysierte die Situation der Gruppe am Ende des Jahres 1950: »ZEN 49 war als eine örtliche süddeutsche Gruppe gemeint. Zusammenarbeit mit Kollegen in anderen Gegenden war auf der Basis von Zusammenarbeit mit anderen Gruppen vorgesehen ... Keine solche anderen Gruppen haben sich gebildet. Die Hamburger >Gruppe< ist sowohl ihrer Qualität als auch ihrer Richtung wegen nicht zu empfehlen. Die Düs­ seldorfer Neue Sezession hat zwar Fassbender und Berke, — aber auch Nay und Meistermann! Man müßte daher mit einzelnen Künstlern Zusammenarbeiten, und das kann nur in Form von Einladungen zur Mitgliedschaft der eigentli­ chen ZEN-Gruppe geschehen. Unsere Freunde überall in Deutschland haben uns den Vor­ wurf gemacht, daß die Qualität der Ausstellung unzurei­ chend sei. Dies ist teilweise Winter und Cavael zuzuschrei­ ben, die nicht ihre besten Arbeiten zur Verfügung gestellt haben. Aber es liegt ebenso daran, daß wir nicht alle wirklich guten Künstler dieser Richtung bei uns haben. Das müßte nächstes Jahr anders werden: wir sollten wirklich die beste Malerei unserer Art in Deutschland repräsentieren. Auch das

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heißt: die besten Künstler anderer Provinzen zur Mitglied­ schaft einladen.«42* Ferner drängte Thwaites darauf, eine Nachwuchsorganisation zu bilden: »Die jungen Künstler, die etwas versprechen, müssen wissen wo sie hingehören und ein Interesse von seiten der älteren Kollegen fühlen ... Drei unserer jungen Freunde: Bettina Spitzer, Armin Sandig und Fred Thieler haben darüber mit Brigitte (Meier-Denninghoff) gesprochen. Sie würden ger­ ne einen jungen Zweig der ZEN-Gruppe bilden .. ,«43’ Tatsächlich ging die Gruppe in den nächsten Jahren den Weg, den Thwaites vorgeschlagen hatte. Eine Zusammenarbeit mit anderen deutschen Gruppen kam nicht zustande, vielmehr suchte ZEN 49 den Kontakt zu einzelnen herausragenden Künstlern Deutschlands und Frankreichs, deren Arbeit mit den Zielen von ZEN 49 in Einklang stand, und bezog diese Künst­ ler zunächst als Gäste, dann als Mitglieder ein. Eine eigene Nachwuchsorganisation wurde nicht gegründet, die jungen Künstler wurden ebenfalls direkt in die ZEN 49-Gruppe ein­ bezogen. So waren in der zweiten Ausstellung von ZEN 49 im Münchner Amerika-Haus 1951 außer den Gründungsmitglie­ dern Hubert Berke, Joseph Fassbender, aus Berlin Karl Har-

»Bombennacht«, Gemälde von K. Kunz, 1945

Kohlezeichnung von J.von Hündeberg, um 1948, Privatbesitz Gemälde von F. Thieler, 1949, Privatbesitz

tung, aus Trier Hans Uhlmann und Theodor Werner, und aus Paris Hans Hartung und Pierre Soulages vertreten. Cavael und Hempel stellten in diesem Rahmen nicht aus.44* In einer Aus­ stellung, die Gustl Böhler in seiner Galerie Ophir 1953 veran­ staltete, präsentierte sich die Gruppe erweitert um Julius Bissier, Gérard Schneider, K. R. H. Sonderborg und Woty Wer­ ner.45* In einer Ausstellung im Lenbachhaus stieß 1955 Ernst Wilhelm Nay als Mitglied hinzu.46*Als es der Gruppe schließ­ lich gelang, 1956/57 eine Tournee ihrer Werke durch diverse amerikanische Colleges zu veranstalten, traten auch Karl F. Brust, Otto Ritschl, Emil Schumacher, Conrad Westphal und der bedeutende Plastiker Norbert Kricke als Mitglieder in Erscheinung.47* Wie dieses rapide Anwachsen zeigt, handelte es sich bei ZEN 49 nicht um einen geschlossenen Freundeskreis, sondern vielmehr um den geglückten Versuch einer zunächst sehr klei­ nen Gruppe Gleichgesinnter, die gegenstandslose Kunst, die vor dem Zweiten Weltkrieg bereits im Werk Kandinskys48* und im Bauhaus große Bedeutung erlangt, sich während des Dritten Reiches im Ausland weiterentwickelt, im Münchner Kunstbetrieb der ersten Nachkriegsjahre jedoch nur wenig Be­ achtung gefunden hatte,49* als den der neuen Zeit adäquaten Stil zu etablieren.50* Den Erfolg dieses Engagements spiegelt das Vorwort von Oberbürgermeister Hans Klübcr zum Katalog

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Denkmalpflege und bildende Kunst

einer Ausstellung der Gruppe ZEN 49 in Verbindung mit Künstlern des Rheinlandes in Ludwigshafen, September 1957 wider: »,.. Damit will unsere Stadt an die Seite jener anderen Städ­ te treten, die für ihre Bürgerschaft, für die Künstler und vor allem auch für die Jugend die Begegnung mit dieser Bilder­ welt erleichtern und vertiefen helfen wollen. Wir sind über­ zeugt, daß auch die gegenstandslosen Künstler verantwor­ tungsbewußt nach einem gültigen Ausdruck des Lebens­ gefühls unserer Gegenwart suchen und daher unsere auf­ geschlossene Beachtung verdienen. Die wohl wichtigste Gruppe abstrakter Künstler, >ZEN 49162 führenden deutschen Bankiers und Indu­ striellem, deren Betriebe, wie man meinte, bei der Aufrü­ stung und im Kriegseinsatz eine maßgebende Rolle spielten, erwarten die kirchlichen Behörden der beiden christlichen Bekenntnisse einmütig eine sofortige persönliche Überprü­ fung der gegen sie schwebenden Anklage.« Obwohl manche dieser Wirtschaftsführer Parteimitglieder ge­ wesen seien, könne man sie nicht pauschal für Kriegsvorberei­ tung, Kriegführung und Massenmorde an Nichtariern ver­ antwortlich machen. Zudem litten gerade die Industriellen höheren Alters »schwer« unter den Entbehrungen der Haft. Abschließend wiesen Faulhaber und Meiser darauf hin, daß man dem Richter nicht in die Arme fallen wolle, der die Ver­ antwortlichen zur Rechenschaft ziehe: »Wir konnten aber nicht schweigen, wo Amt und Gewissen und die Liebe zu unserem Volk zu reden geboten.« Am 7. Dezember 1945 verfaßten Faulhaber und Meiser eine weitere gemeinsame Petition, in der sie sich für die infolge des »automatischen Arrests« internierten höheren und hohen Funktionsträger aus dem Partei- und Staatsapparat des Dritten

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Kirchen, Bildung und Erziehung

Reiches verwandten. Sie betonten, damit das Recht und die Pflicht der Kirchen in Anspruch zu nehmen, »da fürbittend un­ sere Stimme zu erheben, wo nicht kriminelle Tatbestände vor­ liegen, sondern nur Unbedachtheit, menschliche Schwäche, vielleicht auch mangelnder Mannesmut viele zu einem Schritt getrieben haben, den nachträglich niemand mehr bereut, als die nun so hart zur Rechenschaft Gezogenen selbst«. Weiterhin setzten sich die Kirchen für die Fortzahlung der Pensionen und Renten an entlassene NSDAP-Mitglieder ein. Schließlich ap­ pellierten sie an die »Großmut und Barmherzigkeit« des Sie­ gers und baten die Besatzungsmacht zum bevorstehenden Weihnachtsfest, »im Sinne unserer Bitten eine Tat zu tun, die ihr niemand als Schwäche, sondern als Beweis dafür auslegte, daß auch sie anerkennt, daß jenseits aller Gesetze des politi­ schen Handelns das göttliche Gebot der Liebe sein ewiges Recht behält«.63’ Vom seelsorgerlichen Auftrag der Kirchen her ist es selbst­ verständlich und unbestritten, daß sie sich auch der aus Amt und Stellung entlassenen oder internierten NSDAP-Mitglie­ der anzunehmen hatten. Andererseits ist man betroffen, wie selten in der kirchlichen Publizistik dieser Jahre von den Op­ fern des Nationalsozialismus die Rede war: den Juden, Kom­ munisten, Zigeunern, Fremdarbeitern, russischen Kriegsgefan­ genen ... Auch das bittere Los des Millionenheeres der »Displaced Persons« wurde nicht zum Gegenstand vergleich­ barer kirchlicher Verlautbarungen. Hier zeigte sich eine seelsorgerlich problematische und in ihren politischen Auswirkun­ gen- bedenkliche Fixierung der evangelischen Kirche auf die Schicht des nationalkonservativen Mittelstandes.64’ Dies kam in ihrem außerordentlichen Verständnis und der dementspre­ chenden Fürsprache für alle von der Entnazifizierung betroffe­ nen Offiziere, Beamten und höheren Angestellten deutlich zum Ausdruck. Auch von Geistlichen wurde dieses Verhalten -vereinzelt mit der Sympathie, die zumindest in den ersten Jah­ ren weite Kreise der evangelischen Kirche dem Nationalsozia­ lismus entgegen brachten, und insbesondere mit dem opportu­ nistischen Schweigen der bayerischen Landeskirche zu der diskriminierenden Judengesetzgebung kontrastiert.65’ Die Kri­ tik an der amerikanischen Entnazifizierungspolitik verblieb weitgehend im Negativen, da konkrete Vorschläge, wie eine vernünftige und handhabbare Säuberung der Verwaltung aussehen könnte, unterblieben. Ein besonders heikles Problem stellte die Entnazifizierung der kirchlichen Mitarbeiter dar. Sie wurde von der Militär­ regierung um so nachdrücklicher gefordert, je mehr die kirch­ liche Kritik, die auf die Bildung der öffentlichen Meinung maßgebenden Einfluß hatte, an der allgemeinen Entnazifizie­ rungspolitik anwuchs. Die Glaubwürdigkeit des kirchlichen Wortes stand in engem Zusammenhang mit der Art und Weise, wie sich die evangelische Kirche selbst von den sichtbaren Ein­ flüssen des Nationalsozialismus reinigte. Die deutschnationale Einstellung der meisten protestantischen Pfarrer — in Bayern bekannte sich während der Weimarer Republik nur ein einzi­ ger, Pfarrer Matthias Simon, zur SPD — hatte zu einer starken Sympathie für die nationalsozialistische Bewegung geführt, die erst im Verlauf des Kirchenkampfes versiegte, ln der bayeri­ schen Landeskirche hatten von 1136 Geistlichen 150 der NSDAP angehört.66’ Unmittelbar nach Kriegsende erteilte der Landeskirchenrat einigen besonders belasteten Pfarrern den Rat, um Urlaub

nachzusuchen und »sich der öffentlichen Wirksamkeit vorerst zu enthalten«.67’ Im September 1945 erhielt Langenfaß von der Militärregierung eine Liste derjenigen evangelischen Geistli­ chen, die von der Landeskirche ihres Amtes enthoben werden sollten. Langenfaß wie Meiser stellten sich allerdings auf den Standpunkt, daß die Kirche bereits alle notwendigen Maßnah­ men von sich aus getroffen und alle aktiven Nationalsoziali­ sten und »Deutschen Christen«68’ entfernt habe.69’ Zwar muß­ ten auch Geistliche und kirchliche Angestellte den »Frage­ bogen« ausfüllen, doch in der weiteren Behandlung kam die Militärregierung den Kirchen sehr entgegen: »Military Government is proceeding slowly with church denazification in order to allow the Germans to do as much as they can to set their affairs in order.«70’ Die Amerikaner brachten zwar ihre Beanstandungen bei den Kirchenbehörden vor, vollzogen jedoch selber keine Entlas­ sungen. Alle strittigen Fälle wurden in gesonderten Verhand­ lungen mit der Kirchenleitung besprochen, der die Entlassung oder Versetzung von Pfarrern Vorbehalten blieb. Bis zur end­ gültigen Entscheidung durften die umstrittenen Pfarrer jedoch weder unterrichten noch predigen. Mit allem Nachdruck vertrat die Landeskirche den Stand­ punkt, daß die Parteimitgliedschaft allein einem Pfarrer nicht vorgeworfen werden dürfe. Der im Landeskirchenrat zuständi­ ge Referent, Kirchenrat Rusam, hielt in seinen »Erwägungen zur politischen Reinigung, soweit Geistliche ihr unterliegen«, fest: »Die Schau von 1946 darf nicht auf 1933 übertragen wer­ den. Die Entwicklung war damals noch im Fluß, kirchenund christentumsfeindliche Strömungen standen noch in Auseinandersetzung mit gegenteiligen Strömungen. Es konnte am Anfang der NS-Bewegung noch erhofft werden, daß die positiven christlichen Kräfte sich durchsetzen wür­ den (Schemm: »Unsere Religion heißt Christus, unsere Politik Deutschland!«). Erst später enthüllte der National­ sozialismus sein satanisches Angesicht.«71’ Auch den später in der Partei verbliebenen oder gar im Verlauf des Kirchenkampfes neu eingetretenen Geistlichen sei kein Vorwurf zu machen, da ein geschlossener Austritt aus der NSDAP einen gewünschten Vorwand zur Entziehung des Religionsunterrichts und umfassenden Hetze gegen die Kirche geboten hätte. Auf ähnliche Weise verteidigte auch Meiser nicht nur einfache »Pg-Pfarrer«, sondern auch Träger des Gol­ denen Parteiabzeichens.72’ Ausschlaggebend für seine Beurtei­ lung der Pfarrer war ihre Haltung im Kirchenkampf; versetzt sehen wollte er nur diejenigen, die »ein fremdes Element in die Verkündigung« hineingetragen hätten.73’ ln München sollten nach den Vorstellungen der Militärre­ gierung von den etwa 65 evangelischen Geistlichen und haupt­ amtlichen Religionslehrern sowie 300 kirchlichen Angestell­ ten 4 Geistliche und 11 Angestellte entlassen werden.74’ Unter ihnen befand sich der 1. Vereinsgeistliche für Innere Mission in München. Da die Innere Mission nicht direkt der Landeskirche unterstellt war, konnte die Besatzungsmacht seine sofortige Entlassung verfügen.75’ Daraufhin übertrug ihm die Landeskir­ che die Pfarrstelle der Paul-Gerhardt-Kirche in Laim. Von den insgesamt 170 evangelischen Geistlichen, die von den Amerikanern in die Kategorie »mandatory removal« — die

Evangelische Kirche zweite Dringlichkeitsstufe der Amtsenthebung — eingestuft worden waren, wurden von der Landeskirche bis Mitte 1946 ein Geistlicher wegen seiner bis zuletzt aktiven Betätigung als Deutscher Christ entlassen, ein weiterer versetzt und drei in den vorzeitigen Ruhestand geschickt, während die überwälti­ gende Mehrheit als zwar »nominelle« Parteigenossen, aber zu­ gleich treue Diener ihrer Kirche im Dienst verblieben. Dieses für die Militärregierung höchst unbefriedigende Ergebnis führte zu weiteren Nachforschungen bei 20 Geistlichen: 10 da­ von wurden als aktive Nationalsozialisten eingestuft. Zugleich wies die Militärregierung Ministerpräsident Hoegner an, die Spruchkammerverfahren gegen Geistliche zu beschleunigen und bis Oktober 1946 abzuschließen.76* Insgesamt verlief die innerkirchliche Reinigung der evangelischen Kirche in Bayern im Unterschied zur altkatholischen und römisch-katholischen, die von sich aus aktiv wurden,77* äußerst schleppend. Immer wieder beklagte die Militärregierung die mangelnde Koopera­ tionsbereitschaft Meisers.78* Seit März 1946 lag die Durchführung der Entnazifizierung in der Zuständigkeit deutscher Stellen, die ihrerseits von der Militärregierung überwacht wurden. In Verfahren, die Geistli­ che betrafen, mußte der öffentliche Kläger mindestens vier Wochen vor Erhebung der Anklage dem zuständigen Minister Bericht erstatten, der ihn wiederum dem zuständigen Bischof weiterleitete.79* Diese Sonderbehandlung erlaubte es den Kir­ chen auf die Verfahren massiv Einfluß zu nehmen. Bis Ende 1946 verhandelte man die Fälle von 146 evangelischen Geistli­ chen vor den Spruchkammern: 11 wurden als »belastet« (Grup­ pe II), 32 als »minderbelastet« (Gruppe III), 69 als »Mitläufer« (Gruppe IV) eingestuft, 28 galten als »entlastet« (Gruppe V), ge­ gen 6 weitere erhob man keine Anklagen.80* In der Berufungs­ instanz fiel die Einstufung zumeist noch günstiger aus. Von großer Bedeutung war hierbei das bereits erwähnte Urteil des Kassationshofes im Bayerischen Staatsministerium für Sonder­ aufgaben, das die Bekennende Kirche als Widerstandsbewe­ gung gegen den Nationalsozialismus wertete.81* In zahlreichen Fällen wurden die Pfarrämter von Gemein­ demitgliedern, die der NSDAP angehörten, um Entlastungs­ schreiben gebeten, die man — wie der Landeskirchenrat in ei­ nem Rundschreiben feststellte - »mancherorts« aus Gutmütig­ keit oder Arglosigkeit »in sehr weitherziger Weise« erteilte. Sie mußten ab September 1945 »zur Sicherung der Einheitlich­ keit« den Dekanaten vorgelegt werden: »Gegenstand eines kirchlichen Zeugnisses kann nur der kirchliche Tatbestand sein, nicht aber die politische Gesin­ nung und Betätigung des Antragstellers.«82* Als Entlastungsgründe finden sich vielfach fast stereotyp For­ meln wie etwa: »hat der Kirche stets die Treue gehalten«, »hat durch wiederholte Besuche auf dem Pfarramt sein lebendiges kirchliches Interesse zum Ausdruck gebracht«, »war jahrelang Abonnent des Gemeindeblattes« ... Mitgliedern der Beken­ nenden Kirche wurde attestiert, daß sie als Widerstandskämp­ fer gegen die NS-Diktatur aufgetreten seien. Die oft sehr ge­ wundene Argumentationsweise der kirchlichen Zeugnisse — der »Persilscheine« — erinnerte nicht nur Professor Dorn, den Entnazifizierungsberater von General Clay, an die »Abhand­ lung eines Jesuiten des 17.Jahrhunderts über moralische Kasuistik«.83*

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Zweifellos war das großangelegte Entnazifizierungspro­ gramm der amerikanischen Besatzungsmacht in der geplanten Form undurchführbar. Es zerbrach neben seinen von Anfang an erheblichen Mängeln am Widerstand der deutschen Öffent­ lichkeit: Die evangelische Kirche kann allerdings nicht für sich in Anspruch nehmen, eine überzeugende Alternative aufge­ zeigt zu haben.

Int Spannungsjeld der Politik Unmittelbar bei Kriegsende faßte der Landeskirchenrat den Beschluß, daß »grundsätzlich kein Pfarrer ein politisches Amt annehmen darf und daß einem Pfarrer die gewissenhafte Erfül­ lung seiner Dienstpflicht nicht möglich ist, wenn er gleichzei­ tig Bürgermeister ist«.84* Damit wurde nicht die politische Be­ tätigung von Pfarrern überhaupt untersagt, aber - im seelsorgerlichen Interesse für die Gesamtheit der Gemeinde — die Unvereinbarkeit von geistlichem und politischem Amt betont. Ebenfalls von großer Bedeutung war die Entscheidung, den Christlich-Sozialen Volksdienst nicht mehr zu reaktivieren, in dem vor 1933 gerade fränkische Protestanten ihre politischen Interessen vertreten gesehen hatten.85* Dennoch wird in den ersten Jahren nach 1945 eine poli­ tisch-parteipolitische Grundorientierung der evangelischen Kirche zunehmend deutlich. In einem »Wort zur Verantwor­ tung der Kirche für das öffentliche Leben« unterstützte die Konferenz evangelischer Kirchenführer in Treysa Ende August 1945 die »Bestrebungen, politische Gegensätze zwischen Protestan­ tismus und Katholizismus auszuräumen, die Gemeinsamkeit des Kampfes gegen den Säkularismus zu betonen und so eine gegenseitige geistige und politische Annäherung beider Konfessionen vorzubereiten«, um so »ein politisches Zusammengehen beider Konfessionen auf dem Boden christlicher Union zu ermöglichen«.86* Das war eine eindeutige Aussage zugunsten der werdenden CDU bzw. der CSU in Bayern. Verbindend für beide große Konfessionen war die Angst vor einer schleichenden »Bolschewisierung« Deutschlands. So äußerte Pater Prybilla S.J. in einem Gespräch mit Meiser, die katholische Kirche sehe »im Bolschewismus die uns gemein­ sam drohende Gefahr, die uns das Trennende zurückstellen und ohne gegenseitiges Mißtrauen zusammenstehen heißt«.87* Und Meiser selbst hob in Gesprächen mit amerikanischen Be­ satzungsoffizieren hervor: »Amerika wird von der Geschichte zur Verantwortung ge­ zogen werden, wenn es schuldig wird am Untergang des christlichen Abendlandes.«88* Faulhaber und Meiser waren sich darin einig, daß die Kirche zwar »manche Erleichterungen« erfahren habe, aber nunmehr »neue Sorgen beide Kirchen bedrohen«. Faulhaber versicherte, »daß der Papst bindend erklärt habe, daß er eine Teilung Deutschlands nicht wünsche, denn er sehe das geeinte Deutschland als festen Wall gegen den Bolschewismus an«. In diesem Gespräch, zum dem die Aktivität der ehemaligen BVP den Anlaß gab,89* wurde eine »gegenseitige Fühlungnah­

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Kirchen, Bildung und Erziehung

me« der beiden Kirchen für die Verhandlungen mit der ameri­ kanischen Militärregierung wie der bayerischen Staatsregie­ rung vereinbart. Im Mittelpunkt standen das allgemeine Verhältnis zu den Amerikanern, die Entnazifizierung, die Re­ gelung der Schulfrage und die Erneuerung der alten Verträge zwischen dem bayerischen Staat und den Kirchen von 1924.90* Langenfaß hob in einem Schreiben an Weihbischof Neuhäus­ ler hervor: »Die Kampfgemeinschaft, die sich in den vergangenen schweren Jahren zwischen unseren Kirchen gebildet hat, wird in der kommenden Zeit erst recht notwendig sein. Ich weiß, daß Sie, verehrte Excellenz, mit mir in dem ernsten und aufrichtigen Willen einig sind, gegen alle Angriffe des antichristlichen Geistes zusammenzustehen und unserem armen Volk dazu zu verhelfen, daß der Glaube an den ge­ kreuzigten und auferstandenen Christus wieder der Fels werde, auf den er sich im Sturm der Zeiten stellt. Für diese Gewißheit bin ich dankbar.«91* In der — frühen — Zeit, in der der interkonfessionelle Ansatz der CSU gewahrt schien, sahen auch Münchner Protestanten hier ihre politischen Vorstellungen vertreten: »Insbesondere die Katholiken des linken Flügels sind sehr bemüht, uns zur Geltung kommen zu lassen.«92* In München gehörte Langen­ faß zu den Gründungsmitgliedern der CSU, für die er mit gro­ ßem Einsatz warb.93’ In einem gemeinsamen Aufruf wandten sich der evangelische Pfarrer Bezzel und der katholische Stadt­ pfarrer Dr. Muhler, ein engagierter Vertreter des Linkskatholi­ zismus, an ihre Amtsbrüder: »Wir bitten daher die Herren Geistlichen in ihren Gemein­ den dafür sorgen zu wollen, daß christlich gesinnte Männer die Vorbereitungen zur Wahl treffen, und wenn möglich und nötig, Ortsgruppen der Christlich-Sozialen-Union gründen. Die Zeit drängt. Der Parteiapparat ist noch nicht vollständig auf- und ausgebaut. Wir bitten dringend um die Mitarbeit unserer Amtsbrüder.«94* Vielfach wurden die Pfarrhäuser zu den ersten Organisations­ zentren der CSU. Im September 1945 ernannte Meiser den Industriellen Dr. Johannes Semler und den Bankier und späteren Präsidenten der ersten Landessynode Dr. Wilhelm Eichhorn zu seinen Ver­ trauensleuten für die Verhandlungen mit Ministerpräsident Schäffer, dem ehemaligen Vorsitzenden der BVP. Weitere be­ deutende Vertreter des evangelischen Bevölkerungsteils in der CSU waren Alfred Euerl, August Haußleiter, Paul Nerreter so­ wie von Prittwitz und Gaffron. Sie gehörten zu den engsten Mitstreitern von Josef Müller, dem ersten Vorsitzenden der CSU, der eine interkonfessionelle Massenpartei auf breiter Grundlage als Gegenstück und Alternative zur SPD anstrebte und deshalb in ständiger Auseinandersetzung mit dem »katho­ lisch-konservativen, bayerisch-vaterländischen« Flügel um Schäffer, Hundhammer und Pfeiffer stand.95* Dem ersten ge­ wählten Landesvorstand gehörten als Vertreter des Protestan­ tismus neben Eichhorn, Haußleiter, Semler und Euerl auch Sigmund Mayr und der Erlanger Theologieprofessor Hermann Strathmann an. Sie standen für die »reichstreue«, konservative Tradition des fränkischen Protestantismus. Im Mittelpunkt des Interesses und der Befürchtungen der evangelischen Kirche stand die Frage der konfessionellen

Gleichbehandlung. Über eine Unterredung mit Schäffer no­ tierte sich Meiser:96* »Ich bat nochmals dringlich, bei der Besetzung der leitenden Staatsstellen auf die Parität Bedacht zu nehmen. Die natio­ nalsozialistische Partei habe in evangelischen Kreisen nicht zuletzt deswegen soviel Zulauf gehabt, weil die Bayerische Volkspartei den Bogen überspannt hatte. Schäffer sagte Be­ rücksichtigung der Parität zu, doch klang seine Zusicherung nicht ganz überzeugend.« Auch gegenüber dem Münchner Oberbürgermeister Scharnagl verwies Meiser auf die Bedeutung der »sorgfältigen Behandlung der konfessionellen Fragen im Sinne wirksamer Parität. Die Methoden der früheren Baye­ rischen Volkspartei sind in evangelischen Kreisen noch in wenig erfreulicher Erinnerung.«97’ Scharnagl erklärte sich bereit, den Posten eines der drei Bürger­ meister mit einem Protestanten zu besetzen.98* Doch weder Dr. Staudinger noch Dr. Bährwolff, die Kandidaten der evangeli­ schen Kirche, kamen zum Zuge. Aus einem Personalvorschlag von Langenfaß, der acht Namen umfaßte, wurden Wilhelm Mozer und Georg Reutter zu ehrenamtlichen Stadträten er­ nannt. Im Dezember 1945 rückte für Mozer Heinrich Elhardt nach. Zugleich wurde für eine bisher unbesetzte Stelle Edgar Hanfstaengl in den Stadtrat berufen. Da Hanfstaengl zwar evangelisch, aber nicht kirchlich gebunden war, fiel für die evangelische Kirche die konfessionelle Zusammensetzung der insgesamt 48 haupt- und ehrenamtlichen Stadträte recht unbe­ friedigend aus. Die harten Zusammenstöße zwischen dem Müller- und dem Schäffer-Flügel innerhalb der CSU im Sommer 1946 hinterließen auch in München ihre Spuren. Als im April 1946 die Militärregierung Schäffer jede weitere politische Betäti­ gung untersagte, setzte zum Schrecken von Langenfaß ausge­ rechnet der evangelische Verleger und 2. Bezirksvorsitzende der Münchner CSU, Richard Pflaum, ein ergebener Gefolgs­ mann Schäffers, den Anti-Müller-Kurs fort. Unter den 40 CSU-Kandidaten für die Stadtratswahl im Juni 1946 be­ fand sich neben Pflaum nur noch Hanfstaengl als evangelischer Bewerber, zu dessen Gunsten das treue Gemeindemitglied El­ hardt von Pflaum ausgebootet worden war. Langenfaß schrieb daraufhin erbittert, daß er »aufs tiefste enttäuscht« sei: »Wenn hier nicht durchgreifender Wandel geschaffen wird, gibt es für die evangelischen Anhänger der CSU in Mün­ chen gar keine andere Möglichkeit, als sich von ihr zurück­ zuziehen und das auch öffentlich kund werden zu lassen ... Auch Sie müßten dann gebeten werden zu erklären, daß Sie sich nicht mehr als evangelischer Vertreter betrachten. Die Öffentlichkeit müßte erfahren, daß es in München keine Christlich-Soziale-Union, sondern wieder eine Bayerische Volkspartei gibt.«99* Ebenso wie in München zeigte sich auch auf Landesebene das Scheitern des interkonfessionellen Ansatzes. Im Jahre 1946 umfaßte die evangelische Gruppe 16 Mitglieder von insgesamt 108 CSU-Landtagsabgeordneten. Die Parteistatistik von 1947 wies gar nur 8,4% evangelische Mitglieder auf.100’ Im Unter­ schied zur katholischen Kirche versuchte es die evangelische nicht, durch organisierte Blockbildung und den Aufbau von

Evangelische Kirche Laienorganisationen gezielt parteipolitischen Einfluß zu ge­ winnen. Zwar beschloß die Landessynode mehrmals, den Lan­ deskirchenrat zu bitten, einen evangelischen Volksverband zu gründen,101» der — ähnlich wie die Katholische Aktion — die politische Aktivität der evangelischen Bevölkerung im Sinne der Landeskirche koordinieren sollte. Das Scheitern dieses Pla­ nes ist aber nicht nur auf organisatorische Mängel zurückzu­ führen. Die politische Zurückhaltung der Kirchenleitung war eher in einem traditionellen Verständnis der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre begründet, die es der Kirche versagte, di­ rekt und unmittelbar auf parteipolitische Auseinandersetzun­ gen einzuwirken. Die Vertretung kirchlicher Interessen wurde der evangelischen Gruppe innerhalb der CSU überlassen. Ihr Anführer Haußleiter wies mehrfach mit Bedauern darauf hin,102» »daß bisher leider zwischen der evangelischen Gruppe der CSU und der evangelischen Kirchenleitung noch kein so enger Konnex bestehe, wie dies offensichtlich auf katholi­ scher Seite der Fall sei.« Die mehr indirekte Einflußnahme erwies sich jedoch als nicht genügend schlagkräftig, um den Flügel um Schäffer, Hund­ hammer und Pfeiffer gerade in seiner personalpolitischen Durchschlagskraft zu stoppen. Daneben machte sich, worauf Haußleiter, aber auch Meiser immer wieder verwiesen, be­ merkbar, »daß ein Großteil der evangelischen Bevölkerung durch sei­ ne wenn auch meist nur formale Verbindung mit der NSDAP politisch belastet und nicht aktionsfähig sei.«103» Ministerpräsident Hoegner bemühte sich in realistischer Einschätzung des kirchlichen Einflusses in Bayern, die Vorbe­ halte gegenüber der SPD durch betontes Entgegenkommen abzubauen und insbesondere jeglichen Kulturkampf zu ver­ meiden. Entsprechend führte er in seiner Regierungserklärung am 22.Oktober 1945 aus: »... Im Verhältnis zwischen Staat und Kirche ist an keine grundlegende Neuerung gedacht. Wir legen vielmehr den größten Wert darauf, daß Kirche und Staat nicht gegenein­ ander, sondern zum Wohle des Volkes einträchtig miteinan­ der arbeiten. Bestehende oder entstehende Meinungsver­ schiedenheiten sollen im Geiste der Toleranz beglichen werden. Die Haltung des totalen Staates gegenüber der Kirche lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab.«104» Die Ernennung Meinzolts zum Staatssekretär im Kultusmini­ sterium sowohl im 1. wie im 2. Kabinett Hoegner kann als ein deutliches Werben um die Gunst der Landeskirche und der evangelischen Wählerschaft gewertet werden, da Meinzolt un­ ter CSU-Regierungen stets mit dem Posten eines Staatsrates abgefunden wurde. In einem Bericht vom 11. Dezember 1945 an den Landeskirchenrat stellte Meiser, der auf der Vollsitzung des Landeskirchenrats im Oktober noch von einer »Verschär­ fung der Lage« gesprochen hatte, da sich die Militärregierung »jetzt mehr auf die sozialistischen als auf die kirchlichen Krei­ se« stütze,1"5’ mit Befriedigung fest, »daß die Ressentiments, denen man früher bei Vertretern der sozialdemokratischen Par­ tei oft begegnete, weithin verschwunden sind«.106» Eine besondere Bedeutung für das einvernehmliche Ver­ hältnis zu den Kirchen erlangte der Entwurf Hoegners für ein Gesetz zur »Befreiung der Kirchen von staatlichem Zwang«,

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das im Januar 1946 den Kirchen zur Stellungnahme übermit­ telt wurde. Es sah unter anderem die volle Gewährleistung der Glaubens- und Religionsfreiheit vor, die Aufhebung der Staatsaufsicht, die Wiederaufnahme der Staatsleistungen an die Kirchen gemäß dem Stand vor 1933, die Rückgabe entzogenen kirchlichen Eigentums, den Religionsunterricht als staatlich vergütetes und ordentliches Lehrfach und die Wahl zwischen Gemeinschafts- und Bekenntnisschule, wobei letztere jedoch als Regelfall galt. In weiteren Verhandlungen, in denen Hoeg­ ner »großes Entgegenkommen« zeigte,107» erreichten die Kir­ chen auch die Aufnahme des Passus, daß die Verbindlichkeit früher geschlossener Verträge zwischen Staat und Kirchen da­ durch nicht berührt werde. Wegen eines Einspruchs der Mili­ tärregierung konnte das Gesetz jedoch nicht in Kraft treten.108* Die meisten seiner Bestimmungen wurden allerdings später in die bayerische Verfassung übernommen. Die amerikanische Militärregierung legte ihrer Kirchenpolitik zwar ebenfalls den - zumindest formaljuristischen - Fortbestand der alten Verträ­ ge zwischen Kirche und Staat zugrunde, die definitive, gesetz­ liche Regelung sollte aber einer künftigen deutschen Regie­ rung Vorbehalten bleiben.109» Da die Kirche den Nationalsozialismus »seinem Wesen nach (als) Abfall von Gott« begriff, als eine Folge der unheilvollen Säkularisierung, sah sie den »wirklichen Neuanfang« des deut­ schen Volkes, die »wirkliche Reinigung vom Geist des Natio­ nalsozialismus«,110» aufs engste mit der umfassenden Verkün­ digung der Botschaft Gottes verbunden. Ohne tiefgreifenden kirchlichen Einfluß auf das gesamte Bildungswesen sei, wie der Landeskirchenrat meinte, eine sittliche Lebensführung überhaupt nicht möglich, denn nur eine christlich geprägte Per­ sönlichkeit stehe ipso facto der »Vermassung der totalitären Systeme« fern. Deshalb trafen die amerikanischen Pläne zur Reorganisierung des Schulwesens, die die Einführung einer differenzierten Einheitsschule, die wissenschaftliche anstelle der konfessionellen Lehrerausbildung, die Schulgeld- und Lehrmittelfreiheit sowie die Verstaatlichung der Kindergärten vorsahen, auf den einmütigen und entschlossenen Widerstand der katholischen und evangelischen Kirche in Bayern. Diese Pläne, die von der amerikanischen Tradition der vollständigen Trennung von Staat und Kirche beeinflußt waren, sah die Kir­ che als eine Maßnahme von geradezu »totalitärem Charakter« an. Die differenzierte Einheitsschule führe zu einem »einheitli­ chen Menschentyp«, zu einem »Volk von Massenmenschen« und schaffe damit die »Voraussetzung für einen totalitären Staat, für die Diktatur, für den Führerstaat«. Hinter der Ableh­ nung stand die Sorge um den Bestand des humanistischen Gymnasiums, an dem die Kirchen im Interesse der Pfarreraus­ bildung unbedingt festhalten wollten. Die Schulgeldfreiheit schließlich wurde als ernsthafte Gefährdung der kirchlichen Privatschulen angesehen. Im Gegensatz zu anderen Landeskirchen hielt die bayerische Landeskirche an der Konfessionsschule fest. Im Dezember 1946 kam es zu einer Vereinbarung zwischen dem bayerischen Staat und den Kirchen, die die Wiedererrichtung der Konfes­ sionsschulen als Regelschule festlegte. Christliche Gemein­ schaftsschulen sollten nur auf ausdrücklichen Antrag der Erzie­ hungsberechtigten eingerichtet werden. Bis zur Behebung der schlimmsten Notstände erklärten sich die Kirchen bereit, den vorübergehenden Einsatz von Lehrkräften des jeweils anderen Bekenntnisses zu dulden.111» Die Unterstützung dieser auf die

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Kirchen, Bildung und Erziehung Kauf genommen wurden. Das pädagogisch kaum zu vertreten­ de Opfer der »Zwergschulen« wurde den Eltern mit dem Hin­ weis abverlangt, andernfalls gerieten ihre Kinder unter den »dauernden Einfluß des katholischen Unterrichts. Sie ge­ wöhnen sich an katholische Gebräuche und an die katholi­ sche Denkweise.... Es hat sich gezeigt, daß die Anwesenheit evangelischer Kinder als erwünschte Missionsangelegenheit zugunsten der katholischen Kirche betrachtet wird.«114*

Das Innere der zerstörten Frauenkirche, Öl auf Leinwand, von A. Fessler, 1946

Restauration der Verhältnisse vor 1933 bedachten Schulpolitik, die im übrigen von der Evangelischen Kirche Deutschlands nicht mitgetragen wurde, ist vornehmlich mit der Diaspora­ situation der bayerischen Landeskirche zu erklären. Das Fest­ halten an der Konfessionsschule beruhte weitgehend auf der Befürchtung, durch eine einseitig katholisch ausgerichtete Schulpolitik des Kultusministeriums majorisiert zu werden. Die Bekenntnisschule galt als die geeignete Form des Minder­ heitenschutzes. In München bestand wegen der starken Zerstörungen bis zum Jahr 1949 noch keine förmliche Scheidung in Bekennt­ nis- und Gemeinschaftsschulen. Im Gemeindeblatt erinnerte man die Eltern an ihre »Verantwortung, die wir vor Gott für unsere Kinder und ihre seelische und religiöse Beeinflussung haben«; eindringlich wurde ihnen die Bekenntnisschule ans Herz gelegt: »Unsere Kinder sind in dieser zerrissenen Zeit so vielen zer­ setzenden Einflüssen und seelischen Gefahren ausgesetzt, daß es uns ein Gewissensanliegen sein muß, sie wenigstens in der Schule in den richtigen Händen zu wissen.«112* Nach einer Zählung des Dekanats setzten sich in München 1949/50 die insgesamt 107 Volksschulen aus 10 Gemein­ schafts-, 89 katholischen und 8 evangelischen Konfessions­ schulen zusammen.113* Anders als in Großstädten führte die konfessionelle Tren­ nung des Volksschulwesens auf dem Lande häufig zu weiten Schulwegen und wenig gegliederten Klassen, die bewußt in

Die bei Kriegsende vielfach feststellbare gute und enge Zu­ sammenarbeit zwischen den beiden großen Kirchen zerbrach in Bayern mit fortschreitender Normalisierung der Verhältnis­ se am gegenseitigen Mißtrauen und althergebrachten konfes­ sionellen Spannungen, die durch die Ansiedlung der Flücht­ linge, die die konfessionelle Zusammensetzung vieler Gebiete drastisch veränderte, noch zusätzlich verschärft wurde. Allent­ halben vermutete die evangelische Kirche - nicht immer zu Unrecht - eine bewußte Benachteiligung der evangelischen Bevölkerung. Diese Befürchtungen wurden wesentlich durch die prononciert katholisch-klerikale Kultur- und Schulpolitik Hundhammers genährt. Sie führte schließlich dazu, daß sich Pfarrer Fror, der Beauftragte der Landeskirche für kirchliche Unterweisung, veranlaßt sah, von der »totalitären Schulpolitik und Gesetzgebung des Ministeriums« zu sprechen.115* Im Jahr 1950 reichte Staatsrat Meinzolt aus Protest gegen seine Kalt­ stellung im Kultusministerium seinen Rücktritt ein, den er al­ lerdings auf Drängen der Landeskirche und aufgrund verschie­ dener Zusicherungen von Ministerpräsident Ehard, der eine weitere Brüskierung der evangelischen Wählerschaft kurz vor den Wahlen vermeiden wollte, wenig später wieder zurückzog. Der Sturz des CSU-Vorsitzenden Müller im Sommer 1949 wurde in evangelischen Kreisen weithin als der endgültige Sieg eines engstirnigen politischen Katholizismus über den interkonfessionellen Gründungsansatz verstanden.116* Der stellvertretende Landesvorsitzende Haußleiter, der bereits 1946 vor der »Rückbildung zur katholisch-konfessionellen Partei mit Renommier-Protestanten« gewarnt hatte,117* trat 1949 aus der CSU aus. Von Prittwitz und Gaffron legten dann 1951 wegen der Wahl des Päpstlichen Hausprälaten Meixner zum Fraktionsvorsitzenden den stellvertretenden Fraktions­ vorsitz nieder; 1954 verließ auch Professor Strathmann die CSU, während sein Erlanger Kollege Walter Künneth weiter­ hin Mitglied blieb. Haußleiter wie Strathmann gründeten unbedeutende, rechtsgerichtete Gruppierungen.118* Das politische Dilemma umschrieb Oberkirchenrat Hans Schmidt 1949 mit den Worten: »Praktisch steht der Protestantismus in Bayern zwischen den »Mühlsteinen« Schwarz und Rot. Die Problematik der Par­ teien gestattet durchaus nicht, den evangelischen Wählern eine oder mehrere von ihnen ohne weiteres zu empfeh­ len.«119* . Die CSU galt als klerikal, die SPD als marxistisch. Der FDP mißtraute man in der Schulfrage, der WAV infolge ihrer Demagogie. Die Bayernpartei schließlich kam für fränkische Wähler überhaupt nicht in Frage. Überspitzt, aber durchaus symptomatisch heißt es in einem Aufruf der Evangelischen Wählergemeinschaft von 1949:120* »Nie zuvor ist die politische Heimatlosigkeit des evangeli­ schen Christen so erschütternd und gleichzeitig aufrüttelnd

Evangelische Kirche deutlich geworden, wie am Tag der Wahl zum ersten Deut­ schen Bundestag.« Mit Bitternis wurde vermerkt, daß sich unter den 24CSUBundestagsahgeordneten nur 1 evangelischer befand und daß in der Bayerischen Staatsregierung seit Jahren kein evangeli­ scher Minister vertreten war. »Bewußte Protestanten« müßten darum auch weiterhin nach dem Prinzip des kleineren Übels wählen. An einem solchen Dokument wird deutlich, daß die konfessionellen Gegensätze, die auf den Dreißigjährigen Krieg zurückgehen, auch 1949 noch nachwirkten. An ihnen und am erbitterten Konkurrenzkampf zwischen CSU und Bayernpartei zerbrachen die ersten, zaghaften Ansätze einer christlich-inter­ konfessionellen Zusammenarbeit in der unmittelbaren Nach­ kriegszeit. Im Rahmen einer Gesamtbewertung des Verhaltens der evangelischen Kirche Münchens in der »Trümmerzeit« muß zunächst positiv gewürdigt werden, daß sie spontan, engagiert und konstruktiv bei der Lösung der sozialen und praktisch­ politischen Probleme jener Jahre mitgeholfen hat. Weniger eindeutig ist dagegen ihr geistiger oder geistlicher Beitrag zur Bewältigung der Zeitfragen zu bewerten. ln kirchlichen Äußerungen, die sich rückblickend mit dem Nationalsozialismus befassen,121* überwiegt die Deutung als Entsittlichung des Volkes infolge seines Abfalls vor Gott, als Nihilismus in Konsequenz der in der Neuzeit eingeleiteten, tiefgreifenden Säkularisierung, ja als »apokalyptisches Wetter­

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leuchten.«122* Weil entsprechend der Zusammenbruch des Na­ tionalsozialismus als Gericht Gottes aufgefaßt wird, verbindet sich mit dem Neuanfang 1945 die Hoffnung auf eine religiöse Wiedergeburt des Volkes; nur durch eine Rechristianisierung der Gesellschaft sei der weitere Abfall in den Nihilismus auf­ zuhalten. Dieses geschichtstheologische Deutungsmuster führ­ te, obwohl die Kirche immer wieder auch ihre »Schuld« apo­ strophierte, kaum zur Selbstkritik an ihrem Verhalten in der NS-Zeit.123* Daß der Zusammenbruch 1945 einen gesellschaftlichen Wandel einleitete, wurde in der Kirche wohl nur ansatzweise reflektiert. Sie orientierte sich gegenüber den Demokratisie­ rungsbemühungen der Besatzungsmacht, die sie nicht grund­ sätzlich ablehnte, jedoch immer wieder an traditionellen Ord­ nungsvorstellungen. Im ganzen gilt auch für die evangelische Kirche in München, was Wolfgang Zorn für die evangelische Kirche in Augsburg 1945—1947 resümierte: »Man erkennt heute, daß trotz der Einschränkung der deut­ schen Entscheidungsfreiheit durch die Besatzungsherrschaft in den Nachkriegsjahren doch auch deutscherseits wichtige Weichen für die spätere Entwicklung gestellt wurden und daß die Kirchen, vorübergehend nahezu einzige nicht ausge­ schaltete einheimische Autorität, dabei mehr mitentschie­ den, als sie wohl selbst glaubten. ... Es wurde keine Zeit eines neuen Himmels, aber auch keine einer neuen Erde (2. Petrus 3).«,24) Carsten Nicolaisen, Clemens Vollnhals

Lebensmut im Wartesaal Der Wiederaufbau der Israelitischen Kultusgemeinde und des jüdischen Lebens in München 1945—1949 Als im April 1945 das »Tausendjährige Reich« unter dem Ein­ marsch der Alliierten zusammenbrach, konnten von den etwa 500 000 Juden, die 1933 in Deutschland ansässig gewesen wa­ ren, in Süd- und Westdeutschland ungefähr 50000 bis 75000 gerettet werden.1’ ln der NS-Zeit waren aus München insge­ samt 2991 Juden deportiert worden, davon 1555 nach There­ sienstadt, 980 nach Riga, 343 nach Piaski und 113 nach Ausch­ witz.2’ Aus Theresienstadt kehrten beispielsweise nach dem Krieg 297 Juden nach München zurück, die meisten mit einem Transport am 23.Juni 1945?’ Fast bis zum Ende des NSRegimes war eine allerdings sehr geringe Zahl von Juden in München verblieben, die vor allem im Anwesen Thierschstraße7, dem sogenannten »Judenhaus« gewohnt hatten. Ein Großteil derer, die von dort geflohen waren, kehrte nach Kriegsende wieder nach München zurück.4’ So wenige hatten den Holocaust überlebt, daß man hier wirklich von einer »Stunde Null« sprechen muß; eine Konti­ nuität jüdischen Lebens zwischen 1933 und 1945 war nicht mehr gegeben. Bei der ersten Gruppe von deutschstämmigen Überlebenden des Jahres 1945, die nach München zurück­ kehrte, handelte es sich vorwiegend um Juden, die bereits vor der NS-Herrschaft am Rande des deutschen Judentums gelebt hatten, da sie sich meist nur noch in geringem Maße dem jüdi­ schen Glauben zugehörig fühlten, nämlich um die sogenann­ ten »Privilegierten«, die in »Mischehen« lebten, und solche, die zum christlichen Glauben konvertiert waren.5’ In einer zweiten Gruppe erreichten die Lagerüberlebenden, die »Scherit-Hapleita«,6’ die sich in verschiedenen zentralen Orten Bay­ erns gesammelt hatten, München. Die Mehrheit dieser Juden war krank, schwach und halb verhungert und hatte so anfangs meist nicht die Kraft, sich weit von den Lagern, aus denen sie befreit worden war, zu entfernen. Zu diesen Lagerüberleben­ den kamen noch Tausende von Juden hinzu, die in Osteuropa dem Massenmord entgangen und von den neuen Machthabern wiederum vertrieben worden waren. Ihr einziges Ziel war es, Deutschland so schnell wie möglich den Rücken zu kehren und nach Palästina, Amerika oder anderen Ländern auszuwan­ dern: So wurde München in den Jahren 1945 bis 1951 Durch­ gangsstation für 120000 mehrheitlich nach Palästina auswan­ dernde Juden. Um diesen Menschen vorübergehenden Auf­ enthalt zu ermöglichen, wurden zahlreiche »Displaced Persons Camps«7’ eingerichtet, in denen die Lagerüberlebenden sich völlig autonom organisieren konnten. Als jedoch vor allem die Engländer in ihrem Protektorat Palästina die Einwanderungs­ quoten beschränkten, mußten viele in Durchgangslagern wie Föhrenwald, Freimann, Feldafing oder Landsberg länger als ur­ sprünglich geplant bleiben. Ihr Aufenthalt in Deutschland ver­ lor damit seinen Übergangscharakter und es ergab sich mehr und mehr die zwingende Notwendigkeit, diese Juden sozial, kulturell und wirtschaftlich in Deutschland einzugliedern. Zwei einander widersprechende Strömungen prägten also die Jahre zwischen 1945 und 1950: Vor allem in München

und Frankfurt, den Orten mit dem höchsten Prozentanteil an Displaced Persons (DPs),8’ liefen einerseits der Neuaufbau der jüdischen Gemeinden durch eine kleine Restgruppe und ande­ rerseits der Kampf der Ostjuden, Deutschland zu verlassen und vorwiegend nach Palästina auszuwandern, nebeneinander her. Wie und mit welchen Organisationen sich jüdisches Leben im Deutschland der ersten Nachkriegsjahre formieren konnte, soll hier am Beispiel Münchens näher erläutert werden.

Der Wiederaufbau der Israelitischen Kultusgemeinde München Am 16.4. 1945 teilte Siegfried Neuland, jüdischer Rechtsan­ walt in München, dem bayerischen Ministerium für Unterricht und Kultus mit, daß in München etwa 430 Juden, darunter etwa 70 bis 80 Konfessionsjuden lebten. Daher sei es, wie Neuland weiter ausführte, dringend notwendig, diesen die Bildung einer religiösen Gemeinschaft zu ermöglichen, beson­ ders in Anbetracht der Umstände, daß nach und nach auch die verschleppten Juden zurückkehren würden.9’ Nach Verhand­ lungen konnte die Kultusgemeinde dann am 19. Juli 1945 im jüdischen Altersheim in der Kaulbachstraße 65 neu gegründet werden.10’ In einer konstituierenden Sitzung wählte man noch am selben Tag den Arzt Dr. Julius Spanier zum Präsidenten und Siegfried Neuland zum Vizepräsidenten.11’Zum Rabbiner der Gemeinde wurde mit dem Vertrag vom 23. Oktober 1945 Dr. Aron Ohrenstein bestellt. Seine Funktionen waren laut Vertrag die Sorge um die Aufrechterhaltung der religiösen Ein­ richtungen und die religiöse Aufsicht über die Gemeindean­ stalten sowie der Unterricht über das schriftliche und mündli­ che Gesetz und dessen Verbreitung. Weiterhin gehörten die Entscheidung bei den vielfältig vorkommenden Ritualfragen, die Begutachtung der Eintrittsgesuche, die Erteilung des Reli­ gionsunterrichtes an Schulpflichtige und die sittlich-religiöse Beaufsichtigung der Jugend überhaupt, Approbationen der Kultusdiener, Trauungen und schließlich die Leitung der Be­ gräbnisfeierlichkeiten zum Aufgabenbereich des Rabbiners. Das Verwaltungsgebäude der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) befand sich in der Herzog-Max-Straße 7, wo auch in ei­ nem früheren Bibliothekssaal der erste gottesdienstliche Raum eingerichtet wurde. Nach Antritt seiner Tätigkeit am 1. Dezem­ ber 1945 hielt Dr. Ohrenstein hier zum jüdischen Fest »Cha­ nukka«12’ seinen ersten Gottesdienst. Seit 1946 wuchs die Anteilnahme an der Gemeinde und deren kultureller Tätigkeit, unter anderem auch wegen der po­ sitiven Resonanz, die die Übertragung des jüdischen Gottes­ dienstes durch den Bayerischen Rundfunk auch in nicht-jüdischen Kreisen gefunden hatte.13’ Die Probleme der jüdischen Gemeinden lagen vorerst aber weniger im Kampf gegen anti­ semitische Tendenzen in der Bevölkerung, obwohl diese un­ terschwellig immer noch vorhanden waren, sondern eher in

der Vielschichtigkeit der jüdischen Bevölkerung selbst Laut Satzung vom 15. Juli 1945 waren jeder Israelit und jede Israeli­ tin, die in München und im Bezirk Oberbayern ihren Wohn­ sitz oder ständigen Aufenthalt hatten und damit ebenso die jü­ dischen DPs, trotz unterschiedlicher Staatsangehörigkeit Mit­ glieder der Kultusgemeinde.I4) Als im Januar 1946 die zweiten Wahlen der Kultusgemeinde stattfmden sollten, forderte das Zentralkomitee der befreiten Juden - von ihm wird später noch die Rede sein daß auch Mitglieder aus den Reihen der jüdischen DPs an der Wahl teilnehmen sollten. Dr. Spanier und die Israelitische Kultusgemeinde sahen in diesem Ansinnen je­ doch die Gefahr einer allmählichen Ausschaltung des deutsch­ jüdischen Elements und wollten daher den Wahlstatuten fol­ genden gewichtigen Satz beifügen: »Wahlberechtigt sind ..., die 1938 bereits in Deutschland einer jüdischen Gemeinde an­ gehört haben.«15* Dieser Zusatz macht deutlich, wie unerwünscht im Grunde genommen die ostjüdischen Flüchtlinge in der Gemeinde wa­ ren, besonders diejenigen, die keine Auswanderung mehr an­ strebten, sondern in München bleiben und am Gemeindeleben aktiv teilnehmen wollten. Rabbiner Dr. Ohrenstein war maß­ geblich daran beteiligt, daß die drohende Diskriminierung die­ ser Gruppe verhindert und die Gemeinde davon überzeugt werden konnte, die DPs miteinzubeziehen - das vor allem mit dem Argument, wonach DPs für das betont jüdische Element in der Gemeinde sogar förderlich sein könnten. Wie recht er hatte, zeigt sich daran, daß bald die Ostjuden als Experten für alle jüdisch-rituellen Angelegenheiten herangezogen wurden. Bestrebungen, das deutsche Judentum zu kultivieren und alle ostjüdischen Einflüsse fernzuhalten, waren übrigens anfangs in

fast allen deutschen Gemeindegründungen festzustellen. Diese Ideen traten jedoch immer mehr in den Hintergrund, weil man sich nicht vor Tausenden von Ostjuden und, was noch viel wichtiger war, schon gar nicht vor deren zionistischen Vor­ stellungen verschließen konnte. Als Indiz für eine Öffnung ge­ genüber diesen Einflüssen ist anzumerken, daß die Gemeinde­ versammlungen in München, Düsseldorf, Hamburg, Mann­ heim, Berlin und Hannover ab etwa 1948 mit dem Absingen der zionistischen »Hatikwa«, der Nationalhymne des heutigen Staates Israel, endeten. Umgekehrt konnten auch deutsche Juden Vertreter zu den DP-Kongressen entsenden und erhielten bei Lebensmittelzu­ teilungen und Auswanderungsmöglichkeiten den »DP-Status«.16* Es wäre jedoch verfehlt, hier von einer direkten Ver­ schmelzung der beiden jüdischen Strömungen zu sprechen, denn die sich aus der unterschiedlichen Tradition und Her­ kunft ergebende Kluft zwischen Ostjuden und deutschen Ju­ den konnte dennoch nicht überwunden werden. Eine der Hauptaufgaben der Münchner Kultusgemeinde war die Betreuung der beiden jüdischen Friedhöfe. Der alte Friedhof in der Thalkirchenerstraße war schwerstens beschä­ digt, allein seine Instandsetzungskosten beliefen sich auf insge­ samt 129 486,- RM. Die Kosten für die Arbeiten am zweiten Friedhof in der Ungererstraße wurden von Stadtbaurat Karl Meitinger, der die Friedhöfe besichtigt hatte, auf 9600,- RM veranschlagt.17) Dr. Spanier bat die Stadt um Zuschüsse und diese genehmigte am 2.Juli 1946 16622,-RM für die Wiederinstandsetzung beider Friedhöfe.18* Zu diesem Zeit­ punkt waren die Friedhöfe in anderen Städten, wie Würzburg, Nürnberg, Frankfurt und Stuttgart bereits instand gesetzt.

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Für derartige Aufgaben und für Betreuung standen der Kul­ tusgemeinde insgesamt 950000,- RM zur Verfügung. Ein Teil dieses Betrages kam aus der Vermögensmasse des früheren Verbandes der Israelitischen Kultusgemeinde, die während der NS-Herrschaft eingezogen und nach einer vorläufigen Be­ schlagnahmung durch die Militärregierung wieder frei gewor­ den war.19* Die Stadt München gab ihrerseits einen Zuschuß in Höhe von 22000,— RM, der aus Sicherheitsgeldern stammte, die die früher in München ansässigen Juden der NS-Regierung hatten bezahlen müssen.20* Am 29.10.1946 verabschiede­ te der Steuerausschuß der Kultusgemeinde darüber hinaus zur finanziellen Sicherung ein Gesetz über die Einrichtung eines Gemeindegeldes für die Gemeindemitglieder.21* Die Stadt München konnte jedoch diese »Gemeindegeldordnung« nicht als allgemein gültig anerkennen, da das Besteuerungsrecht der Israelitischen Kultusgemeinde ausschließlich nach den Bestim­ mungen des »Gesetzes über die Erhebung der Kirchensteuer« bemessen wurde. Die Stadtverwaltung ermöglichte es aber der Kultusgemeinde, im Einvernehmen mit den Mitgliedern diese Beiträge auf freiwilliger Basis zu erheben.22*

Die Synagogen Neben der Wiederherstellung der Friedhöfe war die vordring­ lichste Aufgabe diejenige, für die Gemeinde wieder einen Kultraum zu schaffen. Im Jahre 1938 hatten in München drei Synagogen bestanden: die erst 1931 eingeweihte Synagoge im Rückgebäude des Hauses Reichenbachstraße 27, die des jüdisch-orthodoxen Vereins »Ohel Jakob« (Zelt Jakobs)23* in der Herzog-Rudolf-Straße 3, die im November 1938 in Flammen aufgegangen war, und schließlich die 1887 einge­ weihte und im Juni 1938 zerstörte Hauptsynagoge hinter dem »Künstlerhaus«. Noch bevor die Israelitische Kultusgemeinde eine eigene Synagoge hatte, bemühte sich das »Zentralkomitee der befrei­ ten Juden in Bayern« um eine orthodoxe Synagoge, denn der Gottesdienst in Betsälen war mit dem jüdischen Ritus nicht vereinbar. Der Oberrabbiner des Zentralkomitees, Dr. Samuel Snieg, ehemaliger Militärrabbiner in Kovno und aus Dachau befreit, versuchte mit Hilfe des Kultusministeriums, einen geeigneten Raum für eine neue Synagoge zu finden. Bogen­ hausen wurde deshalb favorisiert, weil in diesem Stadtteil die meisten Juden wohnten und sich dort auch die jüdischen Or­ ganisationen eingerichtet hatten. Der Raum sollte ca. 400 bis 500 Menschen fassen, außerdem wurde ein Speiseraum mit Küche für etwa 250 Personen benötigt, in dem nach jüdischem Ritus koschere Kost verabreicht werden konnte.24* Zunächst zog man dafür die der Löwenbrauerei gehörenden Räume der Unionsbrauerei in der Äußeren Wienerstraße in Betracht. Nachdem aber dieser Plan nicht realisiert werden konnte, fand man Ende des Jahres 1946 einen anderen Raum, nämlich das ehemalige Schwesternheim Ecke NeuberghauserstraßeMöhlstraße. Dr. Ohrenstein bemühte sich zusammen mit den Mitgliedern des Gemeindevorstandes, Lothar Bernstein und Max Diamant, darum, die ehemalige Synagoge in der Rei­ chenbachstraße, von der nur noch die Außenmauern standen und in der mittlerweile eine Autowerkstatt eingezogen war, wieder als eine traditionelle Synagoge aufzubauen.25* Hermann Aumer, der Staatskommissar für die Betreuung der rassisch, re­

ligiös und politisch Verfolgten, stellte beim Finanzministerium einen Antrag auf Baukostenzuschuß, und das Ministerium ge­ nehmigte wenig später einen Betrag von 150 000,- RM.26* Am 21. Mai 1947 konnte schließlich die Synagoge in Anwesenheit hoher amerikanischer und deutscher Regierungsvertreter ein­ geweiht werden. Die Eröffnungsansprache für diese erste wie­ deraufgebaute Synagoge in Deutschland hielt General Lucius D.Clay: »Es scheint mir, daß heute ein neuer Tag angebrochen ist, ein Tag, an dem wir nicht zurückblicken, sondern voraus­ blicken wollen. Laßt uns hoffen, daß wir einer besseren Welt entgegensehen, in der Menschen aller Konfessionen glücklich Zusammenleben können.«27* Nach dem Schrecken des NS-Regimes und der Kriegsjahre sah Clay erste Anzeichen für eine positive Entwicklung: »Ich stelle mit Freuden fest, daß Menschen verschiedener Nationalitäten und Konfessionen in diesem Gotteshaus zu­ sammengekommen sind. Möge von diesem Haus ein neues Gefühl der Toleranz und des gegenseitigen Verständnisses ausgehen. Ich fühle, daß wir uns an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter des guten Willens zum gemeinsamen Zu­ sammenleben aller Völker befinden.«28* Auch die »American Jewish Conference« ließ durch ihren Sonderdelegierten Hans Lamm, heute Präsident der Münchner Kultusgemeinde, eine Grußbotschaft überbringen.29’

Der Landesverband der Israelitischen Kultusgetneinden in Bayern Nachdem in vielen bayerischen Städten Israelitische Kultus­ gemeinden entstanden waren, ergab sich die Notwendigkeit, einen Dachverband zu bilden. So gründeten am 12.Januar 1947 Dr. Philipp Auerbach, Staatskommissar für rassisch, reli­ giös und politisch Verfolgte,30* Rechtsanwalt Siegfried Neu­ land und Rabbiner Dr. Ohrenstein den »Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern« mit Sitz München, dessen erster Präsident Auerbach (bis 1952 im Amt) wurde. Am 5. Oktober 1947 wählten die Vertreter aller Israelitischen Kultusgemeinden Dr. Aron Ohrenstein zum Landesrabbi­ ner;31* er hatte dieses Amt bis 1955 inne. Der Landesverband, seit 11.8. 1947 eine »öffentliche Körperschaft«, hatte die Auf­ gabe, unter Wahrung des Selbstverwaltungsrechts der Gemein­ den, den Juden in Bayern die freie Pflege der religiösen und kulturellen Werte zu sichern und die Interessen der jüdischen Gemeinden den Behörden gegenüber zu vertreten.32’ Ihm ob­ lag also die politische, religiöse, soziale, kulturelle und organi­ satorische Betreuung der Juden in Bayern. Ab 1947 schlossen sich die Landesverbände der amerikani­ schen Besatzungszone zu einer »Arbeitsgemeinschaft der süd­ deutschen Landesverbände« zusammen: Diese Arbeitsgemein­ schaft mit Sitz in Stuttgart nahm erste Kontakte zu den Gemeinden und Landesverbänden in der britischen, französi­ schen und russischen Zone auf, vor allem, um eine einheitliche und gerechte Gestaltung der Wiedergutmachungsgesetze durchzusetzen.3’* Ebenfalls aus dieser Arbeitsgemeinschaft for­ mierte sich im Juli 1950 der »Zentralrat der Juden in Deutsch­ land«, dessen Aufgabe es war, die in Deutschland lebenden Ju­

Jüdisches Leben den auf Bundesebene und gegenüber den jüdischen Organisa­ tionen im Ausland zu vertreten. Der Zentralrat mit Sitz in Düsseldorf ist auch heute noch aktiv34’ — ein Beispiel für Kon­ tinuität im jüdischen Nachkriegsleben.

Das Staatskommissariat Von staatlicher Seite wurde am 26. Oktober 1945 zunächst ein­ mal das »Staatskommissariat für die Betreuung der Juden in Bayern« gegründet. Unter der Leitung von Staatskommissar Hermann Aumer erstreckte sich sein Tätigkeitsbereich auf die Wiedergutmachung des an dem jüdischen Bevölkerungsteil begangenen Unrechts. Demzufolge förderte das Staatskom­ missariat auch die Münchner Kultusgemeinde nachdrücklich und sicherte ihr größtmögliche finanzielle Unterstützung zu.35’ Im September 1946 wurde das Staatskommissariat neu orga­ nisiert: es erhielt unter dem Staatskommissar Dr. Philipp Auer­ bach den Namen »Staatskommissariat für rassisch, religiös und politisch Verfolgte« und unterstand nun dem Innenministe­ rium. Stellvertreter Auerbachs wurde Otto Aster, der vormalige Staatskommissar für politisch Verfolgte. Man untergliederte das Kommissariat in der Holbeinstraße 11 in sechs Abteilun­ gen.36’ Seine Aufgaben waren im wesentlichen die Wiedergut­ machung, die Unterbringung von DPs, sowie Wohnungsbe­ schaffung, Treuhändertätigkeit und damit, im weitesten Sinne, die Betreuung der dem Kommissariat unterstellten Verfolgten. Im Oktober 1948 versicherten Dr. Auerbach und der stell­ vertretende bayerische Ministerpräsident Dr. Josef Müller, daß mit Abschluß der Wiedergutmachungsgesetzgebung das Staatskommissariat aufgelöst und dafür ein dem Finanzmini­ sterium untergeordnetes Landesamt für Wiedergutmachung geschaffen werden sollte.37’ Diese Auflösung erfolgte Anfang 1951 und das Staatskommissariat ging in das »Bayerische Landesentschädigungsamt« über.38’ Das erste Gesetz zur Wiedergutmachung in Bayern verab­ schiedete der Bayerische Landtag am 12.8. 1949: das »Entschä­ digungsgesetz — US EG«39’ wurde am 1. September 1949, rückwirkend zum 1. April, rechtskräftig.

Das Zentralkomitee der befreiten Juden Die Vorstufe der Gründung des Zentralkomitees, der wahr­ scheinlich bedeutendsten jüdischen Selbsthilfeorganisation, bildeten die einzelnen Lager, die in München und Umgebung eingerichtet worden waren, um vor allem dem jüdischen Flüchtlingsstrom aus dem Osten Unterkunft bieten zu können. Auch eine Anzahl deutscher Juden war dort untergebracht, nämlich diejenigen, die, aus den östlichen KZ-Lagern befreit, nun nach Deutschland zurückgekehrt waren. Diese Juden ver­ ließen aber meist schnell wieder die Lager und siedelten sich in München oder in der Umgebung an. Das größte Lager in der Umgebung von München war das DP-Lager »Föhrenwald«, ca. 30 km von München entfernt bei Wolfratshausen gelegen, das bei Kriegsbeginn 1939 für die Ar­ beiter eines großen Munitionsdepots erbaut worden war.40’ Es bestand aus kleinen Siedlerhäuschen (die übrigens zum Teil heute noch stehen), in denen oft mehrere DP-Familien un­

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tergebracht waren. »Föhrenwald« unterstand, wie auch die anderen Lager, bis 1947 der Flüchtlingshilfe-Organisation UNRRA,41’ dann der IRO-Organisation42’ und ging im Jahre 1951 als »Durchgangslager« in die Verwaltung der Regierung von Oberbayern über. In den Fünfziger Jahren bildeten die illegalen, vor allem aus Israel kommenden Reemigranten das große Problem des Lagers. So waren 1933 von den rund 2000 ausgewanderten Lagerinsassen zwischen 400 und 700 wieder zurückgekommen, weil sie mit den Schwierigkeiten im Aus­ land nicht fertig wurden.43’ Die erste Gruppe, die das Lager »Föhrenwald« am 29. April 1945 erreicht hatte, bestand in der Hauptsache aus Frauen, die in Bad Tölz gerettet worden waren. Bereits im August 1945 befanden sich 6000 jüdische DPs in diesem Lager, das eigentlich nur über eine Kapazität von 5600 Personen verfügte. Am 25. April 1949 wurden noch 3876 ausschließlich jüdische Lagerinsassen verzeichnet, am 30.Ja­ nuar 1950 war die Zahl wieder auf 4300 angestiegen. An der Erhöhung der Anzahl der Insassen läßt sich der oben erwähnte Zuzug von illegalen Rückwanderern deutlich ablesen.44’ Eine Statistik der Amerikaner vom März 1947 belegt, daß es sich dabei vorwiegend um polnische Juden handelte, gefolgt von Juden deutscher und tschechischer Herkunft.45’ Das Lager »Föhrenwald« war, wie die meisten DP-Lager, völlig autonom organisiert und unterstand der Leitung des Leutnants Reynold J.Kosek. Es gab ein eigenes Lagergericht, jüdische Lagerpolizei und ein Lagerkomitee, einen selbständigen Schächter, Ärzte, eine Abteilung der ORT-Schule46’ und natürlich religiöse Be­ treuung. Als die IRO ihre Tätigkeit einstellte, war in Deutschland noch ein Rest von 12000 DPs verblieben, von denen sich etwa 2000 weigerten, das Lager »Föhrenwald« zu verlassen;47’ so konnte »Föhrenwald« als letztes deutsches DP-Camp erst 1957 seine Pforten schließen. Das einzige jüdische DP-Camp innerhalb des Münchner Stadtgebietes war die Siedlung »Kaltherberge« in Neu-Freimann. Zudem gab es noch ein Durchgangslager in der ehema­ ligen Funkkaserne, wo man aber lediglich eine Sammelstelle eingerichtet hatte, von der aus die neu angekommenen DPs in die einzelnen Lager geschickt wurden. Das Lager »Kaltherber­ ge« war im Dezember 1945 von der UNRRA für jüdische DPs beschlagnahmt worden. Es handelte sich bei diesem Lager um eine Arbeitersiedlung, die 1930 einem Kreis minderbemittel­ ter Personen, für die man kleine Wohnhäuser mit umliegen­ dem Gartenland erstellt hatte, zugewiesen worden war. Als die UNRRA 214 Siedlungsstellen hauptsächlich für polnisch­ jüdische DPs beschlagnahmt hatte, klagten die ehemaligen Siedler vor allem um ihr Gartenland, das die Grundlage ihrer Ernährung darstellte.48’ Zu diesem Zweck schlossen sich die Siedler in einem Ausschuß zusammen und intervenierten bei vielen Stellen, um ihre zum Teil selbst aufgebauten Häuschen und Gartenanlagen, deren Rückgabe die UNRRA innerhalb eines Vierteljahres versprochen hatte, wieder zu bekommen. Nachdem sich die Rückgabe immer wieder verzögerte, kam es zu Protestveranstaltungen und wiederholten Auseinanderset­ zungen zwischen jüdischen Lagerinsassen und ehemaligen Siedlern. Der Krisenzustand dauerte bis zum 15.Juni 1949, dem Tag, an dem die jüdischen Bewohner der »Kaltherberge« Wohnungen in der Ingolstädter Straße, die die IRO geschaffen hatte, beziehen konnten und die Siedler ihre Häuschen zurück­ erhielten.49’

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Kirchen, Bildung und Erziehung

Ein weiteres jüdisches Lager befand sich in Feldafing. Es be­ stand aus Baracken, zu denen später noch eine Reihe von be­ schlagnahmten Villen hinzukamen. Wie »Föhrenwald« war auch dieses Lager autonom organisiert, besaß ein eigenes Kran­ kenhaus, das »Hotel Elisabeth« und gab eine eigene Zeitung heraus, »Dos Fraje Wort«, die erste jiddische Zeitung Deutsch­ lands; sie erschien ab 4. Oktober 1945 in lateinischen Buch­ staben.50* Auch das Föhrenwalder Lager brachte übrigens eine Zeitung heraus, die »Hamidbar« (Wüste). Die wohl auflagenstarkste und bekannteste Zeitung jedoch wurde im Landsberger Lager herausgegeben, die »Landsberger Lager Cajtung«. Auch sie er­ schien in jiddischer Sprache mit lateinischen Buchstaben - ein Phänomen der Nachkriegszeit, in der keine hebräischen Buch­ staben zur Verfügung standen.51* Chefredakteur der »Lager Cajtung« war Dr. Samuel Gringauz, Vorsitzender der Lands­ berger Lagerverwaltung und später Präsident des Zentralkomi­ tees. Das Landsberger Lager gehörte zu den größten in Bayern und war, ebenso wie Feldafing, nicht ausschließlich jüdisch, aber zu fast 80% von Juden bewohnt. Beide Lager waren noch 1949 mit rund 2000 Insassen belegt. Der Gedanke des Zionismus leitete die meisten Lagerbe­ wohner, deren einziges Ziel die »Alijah«, die Auswanderung nach Palästina, war. Durch die beschränkten Einwanderungs­ quoten mußten die jüdischen Lagerüberlebenden aber mög­ lichst bald in irgendeiner Weise organisatorisch erfaßt werden. Maßgebend beteiligt daran war der amerikanische Armeerab­ biner Chaplain Abraham J. Klausner. Er besuchte nach seiner Ankunft in München zahlreiche Lager und gelangte zu der Überzeugung, finanzielle Unterstützung, medizinische Versor­ gung und Lebensmittelzuteilungen seien zwar sehr wichtig, in erster Linie aber müsse eine Organisation für die befreiten Ju­ den in der US-Zone geschaffen werden, ein jüdisches Zen­ trum, das in München seinen Sitz haben sollte. Das größte Pro­ blem dabei lag darin, daß die Juden bis zu diesem Zeitpunkt von der Besatzungsmacht noch nicht als separate nationale Gruppe angesehen wurden. Zudem vernachlässigte die Militär­ regierung anfangs die Lösung der Probleme der Juden, wohl deshalb, weil es sich hierbei um äußerst diffizile und komplexe Fragen handelte. In jüdischen Kreisen war man umso dankba­ rer, als Klausner dem Leiter der DP-Angelegenheiten in Mün­ chen, Captain McDonald, sein Anliegen vortrug, in eigener Verantwortung die jüdischen DPs organisieren zu wollen. Die UNRRA sicherte daraufhin Klausner zu, sofort ein Stockwerk des Deutschen Museums für die Verwirklichung seiner Pläne bereitzustellen.52* Auch bei den Vertretern der einzelnen Lager stieß diese Idee auf Zustimmung und so versammelten sich etwa 50 Repräsentanten der DP-Lager am 1. Juli 1945 in Feld­ afing, um das »Zentralkomitee der befreiten Juden in Bayern« zu gründen. Dieses Zentralkomitee setzte sich aus 3 Rumänen, 4 Polen und 8 Litauern zusammen. Zum Vorsitzenden wählte man den Leiter des jüdischen Krankenhauses in St.Ottilien, Dr. Zalman Grinberg, sein Nachfolger wurde 1946 David Treger. Als Rabbiner des Zentralkomitees fungierte Samuel-Abe Snieg.53’ Im Sommer 1945 vertrat das »Zentralkomitee der befreiten Juden in Bayern« bereits zwischen 15000 und 18 000 Juden, in der letzten Hälfte des Jahres 1946 sogar 175000. Nach der Gründung verschiedener regionaler Komitees sollte nun auch eine überregionale Instanz geschaffen werden:

Soldaten der »Jewish Brigade« trafen Vorbereitungen für die erste Generalkonferenz der Überlebenden aus ganz Deutsch­ land. Auch Abgesandte des Bergen-Belsener Zentralkomitees reisten an. Im Zuge dieser zunächst in München geplanten, dann aber in St. Ottilien stattfindenden Konferenz, die am 25.Juli 1945 eröffnet wurde, diskutierten als Vertreter von 40 000 Lagerinsassen 94 Delegierte nach einer beeindrucken­ den Feierstunde im Bürgerbräukeller54’ über drängende Pro­ bleme wie Hunger, Kleidernot und Antisemitismus. Die ei­ gentlich geplante Bildung einer vereinigten repräsentativen Organisation für die Insassen der Lager in Deutschland und Österreich scheiterte jedoch an den unterschiedlichen Auffas­ sungen über Organisationsfragen: in München war man darauf bedacht, die Lager nach demokratischen Regeln zu führen, dagegen fürchteten die Leiter von Bergen-Belsen, eine solche Organisationsform könnte ihre eigene Macht beschränken. So ging das Bergen-Belsener Komitee seine eigenen Wege und das in St. Ottilien neu gebildete Komitee vertrat nur die Juden der US-Zone. Es bestand aus acht gewählten Mitgliedern, deren Vorsitzender Dr. Samuel Gringauz wurde. Zum Rabbi­ ner ernannte man Samuel Ros, der, ebenso wie der Rabbiner Snieg, Laienrabbiner ohne akademische Bildung war. Das Ko­ mitee amtierte bis zum Januar 1946 und hatte seine erste große Bewährungsprobe im Herbst 1945 zu bestehen, als der große Flüchtlingsstrom der aus dem Osten kommenden Juden eintraf. Bei den Wahlen im März 1947 umfaßte das Komitee, das nun »Rat der befreiten Juden in der amerikanischen Zone« genannt wurde, bereits 60 Präsidiumsmitglieder, 10 Ehrenge­ richtsmitglieder und eine »Revisionskommission«.55* Die erste jüdische Generalkonferenz von internationalem Format seit zwölf Jahren begann am 27. Januar 1946 im Neuen Münchner Rathaus.56* Als Abgesandter der Zionistischen Welt­ organisation vertrat David Ben Gurion, der spätere israelitische Premierminister, in seiner Rede vor dem Kongreß den An­ spruch des jüdischen Volkes auf Palästina.57* Die »Süddeutsche Zeitung« schilderte die Grundstimmung des Kongresses fol­ gendermaßen : »Der zionistische Gedanke hat sich in der jetzt lebenden Ge­ neration viel tiefer und intensiver durchgesetzt als Erkennt­ nis der einzig positiven Lösung der Judenfrage. Dement­ sprechend ist das Palästinaproblem in der letzten Zeit noch viel stärker in den Vordergrund getreten. Es heißt jetzt nicht mehr: auswandern um jeden Preis. Es heißt: nach Palästina auswandern .. ,«58* Neben dem zionistischen Gedanken wurde als weiterer Hauptpunkt die Wiedergutmachung, die Frage nach der mate­ riellen und moralischen Rehabilitierung der Juden, angespro­ chen. Nach der dreitägigen Tagung wählte man Dr. Grinberg, der die Juden Bayerns vertrat, zum Präsidenten. Das Komitee erklärte sich selbst zum zentralen regierenden Organ der jüdi­ schen DPs in Deutschland.59* Im August 1946 erfolgte schließ­ lich die offizielle rechtliche Anerkennung.60’ Das Münchner Stadtkomitee, das seit März 1946 existierte, hatte 6 000 Juden zu betreuen; 1947 wurde es auf die Region ausgedehnt61* und richtete sich in der Möhlstraße 43 ein.62* Seine wichtigste Aufgabe sah das »Zentralkomitee der be­ freiten Juden in der US-Zone« in der Fachausbildung der Ju­ gend, die für die Auswanderung vorbereitet werden sollte. Das Netz von Fachschulen, Fachlehrgängen und Ausbildungsstätten

Jüdisches Leben in der gesamten Zone wurde im März 1947 bereits von etwa 5 500 Personen besucht. Noch im selben Jahr gründete man 235 Abendschulen, deren Schülerzahl 4960 betrug, in 168 La­ gern hielten Referenten Vorträge für rund 26000 Hörer.63’ Außerdem verteilte man über 5 000 Bücher, die teilweise neu aufgelegt worden waren. So gaben beispielsweise die beiden Rabbiner Snieg und Ros den gesamten babylonischen Talmud in 19 Bänden neu heraus.64’ Mit Hilfe des Kultusministeriums, das 1946 in seinem Amtsblatt einen Aufruf an die Lehranstal­ ten richtete, nicht benötige Bücher dem Zentralkomitee zur Verfügung zu stellen, konnte auch der Büchermangel der Schulen gelindert werden. Hierbei handelte es sich vor allem um die am 21.5. 1946 in der Möhlstraße errichtete jüdische Volksschule und um das hebräische Gymnasium.65’ Aufgaben dieser Art wurden von der Kulturabteilung innerhalb des Zen­ tralkomitees, die in den Lagern Bibliotheken und Leseräume schuf, betreut. Die in München angesiedelte Verlagsabteilung gab damals 36 verschiedene Bücher mit einer Auflage von 168000 Exemplaren heraus.66’ Neben einer Anzahl anderer Abteilungen umfaßte das Zentralkomitee auch eine historische Kommission, die 1947 die Zeitung »Fun lectn Churbn« her­ ausgab67’ sowie eine Gesundheitsabteilung mit eigener Apo­ theke und einem Arzteteam, das mit dem Zentralkomitee zu­ sammenarbeitete und von ihm unterstützt wurde.68’ Um die befreiten Juden auch durch eine Zeitung erreichen zu können, publizierte das Zentralkomitee in der US-Zone am 12. Okto­ ber 1945 erstmals sein offizielles Organ »Unzer Weg«, in jid­ discher Sprache mit hebräischen Buchstaben, das anfangs ein­ mal wöchentlich, später zweimal in der Woche erschien. Herausgeber dieser im Jahre 1950 eingestellten Zeitung war Levi Shalitan.69’ Das Münchner Zentralkomitee gab die Zei­ tung »Nizoz« (Funke) heraus, die am 1.Oktober 1945 ihr Er­ scheinen wieder aufnahm. Sie war illegal bereits 1940 in Kovno erschienen und wurde mit Nr. 46, nun erstmals in Freiheit, von Redakteur Samuel Frankel herausgegeben. Ihre Auflage betrug 2000 Stück halbmonatlich. Als einziges Magazin in he­ bräischer Sprache befaßte sie sich mit den Problemen der jüdi­ schen DPs bei Erziehungsfragen und legte in ihrem Feuilleton den Schwerpunkt vor allem auf Literatur.70’

Die Hilfsorganisationen Die erste amerikanisch-jüdische Hilfsorganisation, die Deutschland 1945 erreichte, das »American Joint Distribution Committee« (Joint), richtete sich mit einem Stab von insge­ samt rund 700 Mitarbeitern in Städten wie Berlin, Frankfurt und München ein. Nach München kam die erste Gruppe des Joint unter der Leitung von Eli Rock am 4.8. 1945, also zwei Monate später als nach Hessen und Württemberg. Diese Verzö­ gerung lag darin begründet, daß die 3. und 7. amerikanische Armee zunächst das Gesuch der Gruppe, nach Bayern einreisen zu dürfen, abgelehnt hatten.71’ Von seinem Hauptbüro in der Möhlstraße 23 aus befaßte sich der Joint vor allem mit Fragen der Auswanderung. Außerdem verteilte er zusätzliche Verpfle­ gung, kümmerte sich um Kranke und stellte die Verbindung zwischen den nach Deutschland gekommenen Juden und ihren Verwandten im Ausland her. Neben der religiösen Betreuung durch ein eigenes Rabbinat wurde ein »Joint-

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Special-Service« eingerichtet, der Kino-, Theater- und Kon­ zertaufführungen organisierte.72’ Ebenso wie der Joint beschäftigte sich auch die in der Möhl­ straße ansässige »Hebrew Immigrant Aid Society« (HIAS) hauptsächlich mit organisatorischen Fragen der Auswanderung. Da es bei den Aufgaben, die HIAS und Joint hinsichtlich der Auswanderung übernommen hatten, oftmals zu Überschnei­ dungen kam, trafen beide 1949 ein Abkommen, das die Ver­ einheitlichung der Emigrationsarbeit gewährleisten sollte. Am l.Juli 1954 mündete dies schließlich in einer Fusionerung der beiden Organisationen zum »United HIAS Service«.73’ Der Joint schloß sein Büro in München jedoch erst am 31.3. 1957, dem Tag, als auch die letzten Juden das Lager »Föhrenwald« verlassen hatten. Ebenso wie HIAS und Joint war die »Jewish Agency for Palestine« (JAFP) mit der Abwicklung von Auswanderungsanträ­ gen beschäftigt, ln Deutschland hatte die JAFP die Vertretung Palästinas vor der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 inne. Ihre Mitarbeiter waren 1945 nach München gekommen und hatten ihre Geschäftsstelle in der Möhlstraße eingerichtet. Die Jewish Agency schloß ihre Auswanderungsabteilung in Deutschland am 30.9. 1950. Joint und HIAS finanzierten ihre Tätigkeit zum einen aus den Geldern jüdischen Eigentums, deren Besitzer nicht auf­ gefunden werden konnten, zum anderen vor allem aus dem Spendentopf amerikanischer Juden, dem »United Jewish Appeal«. Die JAFP und der Joint erhielten außerdem alle Eingänge der »Jewish Restitution Successor Organization« (JRSO), einer weiteren, in der Möhlstraße angesiedelten Orga­ nisation, die die Aufgabe hatte, das in Deutschland aufgefun­ dene jüdische Vermögen und Kulturgut entweder den recht­ mäßigen Besitzern oder, wo dies nicht mehr möglich war, jüdischen Institutionen zuzuführen. Auf deutscher Seite wurde im Januar 1946 das »Bayerische Hilfswerk für die von den Nürnberger Gesetzen Betroffenen« gegründet. Diese Organisation mit Sitz in der Möhlstraße 14 verstand sich als Fürsorgeverband für Bedürftige und betreute Volljuden, in Mischehe lebende Juden und Zigeuner. Die fi­ nanziellen Mittel dafür kamen aus staatlichen Zuschüssen, spä­ ter auch aus dem Erlös von Straßensammlungen. Sein Etat lief über das Staatskommissariat Dr. Auerbachs und wurde bei der Auflösung des Hilfswerks am 30. Juli 1957 den christlichen Missionen und dem jüdischen Altersheim vermacht. Zunächst unter der Leitung von Werner Fischer-Weppler und seit 1. No­ vember 1948 unter der von Heinz Meier, war das Hilfswerk für ganz Bayern zuständig. Das Kulturamt des Hilfswerks eröffnete im Mai 1946 ein Gymnasium und eine Volksschule in München.74’ Am 8. September 1946 veranstaltete es in den Münchner Kammerspielen einen »Humoristisch-literarischen Vormittag« zugunsten der von den Nürnberger Gesetzen Be­ troffenen, an dem unter anderem Axel von Ambesser, Adolf Gondrell, Ursula Herking und Ralf Maria Siegel mitwirkten.75’ Am 8. Dezember 1946 fand ebenfalls in den Kammerspielen eine Feier zum einjährigen Bestehen des Hilfswerks statt.76’ Für die Betreuung der DP-Lager war die »United Nations Relief and Rehabilitation Administration« (UNRRA) zustän­ dig, die außerdem den Juden, die sich außerhalb der DPCamps aufhielten, bis 1948 eine zusätzliche Nahrung von 200 Kalorien pro Tag vermittelte. Ihre Arbeit erstreckte sich auf alle DPs und damit nicht nur auf die jüdischen Lagerüberle­

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benden. Die Gesamtorganisation der UNRRA war in verschie­ dene Arbeitsgruppen, sogenannte »Area teams«, unterteilt. Das »Transient and Information Center Team 108« etwa richtete sich am 1. August 1945 im Deutschen Museum ein und grün­ dete dort am 16. Februar 1946 die erste UNRRA-Universität unter der Leitung von Frau Halina G. Gaszinska.77* Von insge­ samt 2174 Studenten waren im ersten Semester 197, im zwei­ ten Semester 142 Juden an dieser Hochschule eingeschrie­ ben.78* Der Lehrbetrieb der UNRRA-Universität wurde am 31. Mai 1947 wieder eingestellt. Das UNRRA-Team 108 gab außerdem seit 1945 die Zeitung »DP-Express« heraus, deren Artikel in sechs verschiedenen Sprachen abgefaßt waren, dar­ unter in Jiddisch, Polnisch und Russisch; ab dem 18.12. 1947 erschien sie dann nur noch in polnischer Sprache. Die »International Refugees Organization« (IRO) übernahm im Sommer 1947 die Fürsorge für 1 Million UNRRA-DPs in Deutschland. Auch in München betreute sie als Nachfolge­ organisation der UNRRA die DP-Lager, bis sie 1951 ihr Münchner Büro schloß und die Betreuung des letzten jüdi­ schen DP-Lagers »Föhrenwald« der Bayerischen Staatsregie­ rung übergab.79* Für die Ausbildung der jüdischen Bevölkerung war in Mün­ chen die »Organization for Rehabilitation through Training« (ORT) zuständig; sie hatte ihr Hauptbüro in der Möhlstraße 10 und richtete in fünf Münchner Stadtteilen Schulen ein. Die ORT-Organisation förderte übrigens vor allem die handwerk­ liche Ausbildung. Ihr Angebot umfaßte neun verschiedene Kurse, so zum Beispiel Mode, Modellieren, Kunstgeschichte, Feinmechanik und Elektroinstallation. Besonders wichtig wa­ ren auch Sprachkurse in Englisch und Hebräisch sowie die landwirtschaftlichen Ausbildungsstätten. Unter dem Motto »Zorg far dajn cukunft — lern zieh a fach!«80* erlernten Schüler zwischen 18 und 55 ein Handwerk, um sich auf die Auswan­ derung vorzubereiten. Ergebnisse ihrer Arbeit präsentierten die ORT-Schulen 1948 in der Lenbachgalerie81* und 1949 in der ehemaligen SS-Kaserne an der Rosenheimerstraße.82* Als weitere Hilfsorganisation muß hier noch die »Vaad Haazalah« genannt werden, die vor allem den orthodoxen Juden bei der Einhaltung ihres jüdischen Rituals behilflich war. Von ihrem Büro in München-Pasing aus, das zugleich Hauptquar­ tier für Deutschland war, organisierte sie koschere Küche und erfüllte so den Wunsch der jüdischen Minderheit, die nach ih­ ren alten Bräuchen leben wollte. Auch im jüdischen Kranken­ haus in der Mühlbauerstraße in Bogenhausen, das seit 1.4. 1946 vom »Staatskommissariat für rassisch, religiös und poli­ tisch Verfolgte« geleitet wurde, und im Elisabeth-Krankenhaus in Feldafing versorgte sie 300 Patienten mit koscherer Küche.

Übergang und Neubeginn Die jüdischen Aktivitäten dieser Jahre erschöpften sich jedoch keineswegs in den hier aufgeführten offiziellen oder offiziösen Organisationen. Obwohl zu vermuten gewesen wäre, daß die Überlebenden des Holocaust weder Kraft noch Mut zu einem Neuanfang aufbringen würden, entfalteten sie bald nach 1945 ein reges kulturelles Leben. Der große Zustrom an ostjüdi­ schen Einwanderern, die Organisationsformen wie die »Kul­ tusgemeinden« nicht kannten, behinderte dies zwar, dennoch entstand in München bald eine Reihe von jüdischen Theater­ gruppen und Dramenkreisen, allen voran das »Münchner Jüdi­ sche Theater« (MIT), das zunächst dem Kulturamt des Zentral­ komitees, später dem Direktorium für Kultur und Erziehung nachgeordnet war. Unter der künstlerischen Leitung von Israel Becker führte das Ensemble 1947 in den Kammerspielen und im Bayerischen Hof »Tewje der Milchiker« von Szolem Alejchem und »Untern Cejlom« von J.D. Berkowicz auf. Der An­ fang 1947 gegründete »Jüdische Schriftsteller- und Künstler­ verband der Scherit Hapleita« veranstaltete Dichterlesungen und künstlerische Abende.83* In München erschienen darüber hinaus eine Reihe jiddischer Magazine sowie, als einzige deutsch-jüdische Zeitung, die »Neue Welt«, die von Ernest Landau herausgegeben wurde.84* Im Jahre 1946 konstituierte sich auch ein jüdischer Studenten­ verband mit dem Namen »Igud Hastudentim schel Scherit’ Hapleita« (Verband der jüdischen Studenten der Überlebenden des Naziregimes), bestehend aus ungefähr 500 Studenten, die später in Israel, Amerika und Deutschland, etwa als Dozenten der »Technion Haifa« und der Universität »Beerschewa«, als Ärzte, Zahnärzte, Ingenieure und als Professoren an amerikani­ schen Universitäten wichtige Stellen einnehmen sollten. Der Verbandsvorsitzende der Jahre 1949 bis 1955, heute Chefarzt und ärztlicher Direktor des Oberföhringer Krankenhauses, Dr. Simon Snopkowski, bezeichnet diesen Verband rückblickend als eine der positivisten und interessantesten Einrichtungen im jüdischen Leben der Nachkriegszeit.85* Obwohl also ein Großteil der jüdischen Bevölkerung ei­ gentlich nur auf eine Gelegenheit zur Auswanderung wartete, waren die ersten Nachkriegsjahre nicht von passivem Dulden und Stagnation gekennzeichnet. Vielmehr zeigten sich auf allen Ebenen ungebrochener Lebensmut und Schaffensdrang, was die grauenvollen Erlebnisse der vergangenen Jahre, natür­ lich nur bis zu einem gewissen Maß, in den Hintergrund treten ließ und sogar auf dem Boden des ehemaligen NS-Deutschland ein Wiederaufblühen jüdischen Lebens möglich machte. Juliane Wetzel

Die Ludwig-Maximilians-Universität im Münchener Kulturleben zwischen Kriegszerstörung, Umerziehung und Richtfesten

». . . Und neues Leben blüht aus den Ruinen« (Die Worte des sterbenden Attinghausen aus Schillers Wilhelm Teil wurden mehrfach als Kennwort bei den ersten Rektorwahlen der Nachkriegszeit verwandt.)

Die kulturelle Entfaltung Münchens zur »Großstadt« seit der Verlegung der altbayerischen Universität durch König Lud­ wig I. 1826 an die Residenz (die Stadt hatte rd. 57 000 Einwoh­ ner, die Universität 1622 Studenten) sowie die Entwicklung der Ludovico Maximilianea zum »Großbetrieb« seit dem spä­ teren 19. Jahrhundert bedingten sich wechselseitig. Die im 20. Jahrhundert mit dem Wachstum intensivierten Verflech­ tungen der beiden Organismen in ihren verschiedenen Le­ bensbereichen waren und sind in München strukturell umso greifbarer, als die Universität - im Unterschied zu vielen ihrer moderneren Schwestern — der Lage und Bausubstanz nach auch nach dem Zweiten Weltkrieg »Stadtuniversität« geblieben ist: die meisten ihrer Einrichtungen, sowohl die im Kriege zer­ störten als auch die wiederaufgebauten (1945-1969 wurden ca. 160000 qm Nutzfläche in der Stadt neu hinzugewonnen1’) lie­ gen am Rande der Altstadt, engstens benachbart und verkettet mit der urbanen Umwelt. Schon aus solch optischer Perspekti­ ve versteht es sich, daß die Nachkriegsgeschichte der Stadt nicht geschrieben werden könnte ohne Einbeziehung der einst königlichen Universität. Zur jüngsten Geschichte der LudwigMaximilians-Universität gibt es allerdings kaum Publikatio­ nen.2’ Kürzlich beklagte eine Rezension den Sachverhalt, daß Historiker »eher alte Fragmente als das reiche Material der Gegenwart« untersuchen.3’ Die dafür genannte Ursache, daß die Vergangenheitsbetrachtung »dem Fachhistoriker mehr Re­ putation und weniger Ärger einbrächte«, erscheint freilich oberflächlich. Die Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland ist im letzten Jahrzehnt stark ins Zentrum der Be­ trachtung gerückt. Wenn dabei die Zeitgeschichte des west­ deutschen Hochschulwesens seit 1945 erst in jüngster Zeit als Forschungsfeld betreten wird4’, so gewiß nicht nur deshalb, weil eben erst jetzt das Interesse daran erwacht oder der Mut zum Ärger gewachsen wäre, sondern aus methodischen Grün­ den, weil die Möglichkeit der Archivalien-Auswertung erst anläuft, teils immer noch an Sperrfristen heranreichend. In Folgendem kann es nur darum gehen, einige Problem­ kreise zur Situation der Universität München in den Jahren vor und nach dem Zusammenbruch von 1945 zu umreißen. Ganz von selbst drängt sich die Frage nach Bruch und Konti­ nuität auf, wenn man bedenkt, daß es nur zwölf - doch so gra­ vierende - Jahre waren, welche den deutschen Universitäten die Bürde auferlegten, sich in der Gesellschaft und vor der in­ ternationalen Welt neu legitimieren zu müssen. Teilweise wa­ ren es ja dieselben Menschen, die vor und wieder nach diesem Jahrzwölft durch ihren persönlichen Einsatz, ihr Forschen und

Lehren, zur Aufrechterhaltung des Ansehens deutscher Wis­ senschaft beitrugen; die teils auch während der nationalsoziali­ stischen Herrschaft die Konsistenz wissenschaftlicher Integrität bewahrten, sei es im Ausland als Emigranten5’ oder sei es auch an den Heimatuniversitäten. Allerdings, das Ausmaß der perso­ nellen Säuberungsaktionen, die so dicht aufeinander folgten, einerseits seit 1933, dann unter völlig anderem Vorzeichen ab 1945, hat auch die Ludovico Maximilianea tiefgreifend ge­ wandelt. Indes, die Kontinuität von Institutionen, selbst über schwerste Umbrüche hinweg, war und ist" nach geschichtlicher Erfahrung stets abhängig von Observanzen, die unterhalb oder unabhängig von Gesetzen und Verordnungen vital bleiben, ge­ tragen meist von einzelnen einsatzbereiten Persönlichkeiten. Es wäre allzu billig, aus den in der Literatur global genannten Zahlen, daß nach 1933 etwa 20% der deutschen Professoren durch das NS-Regime vertrieben wurden und daß nach 1945 etwa 80% im Zuge der Entnazifizierung entlassen wurden, eine glatte Gleichung über das Verhalten dieses Standes im nationalsozialistischen Deutschland zusammenzufügen.6’

Die Universität im totalen Krieg Vom Druck des ab Frühjahr 1943 proklamierten »totalen Krie­ ges« waren die deutschen Universitäten stark betroffen. Abge­ sehen vom hohen Anteil an Frontkämpfern aus den Reihen von Hochschullehrern und Studenten drohte latent der Regie­ rungs-Plan zur Schließung von Universitäten oder einzelnen Fakultäten. Im März 1943 war zwar entschieden worden, von einer generellen Stillegung zahlreicher Hochschulen abzu­ sehen.7’ Aber an der Universität München hatten schon 1939 zwei Fakultäten den Lehrbetrieb einstellen müssen. Die Schlie­ ßung der Tiermedizinischen Fakultät im Herbst 1939 wurde damit begründet, daß die wertvollen »spezialisierten Kräfte« für den Heeresdienst unentbehrlich seien.8’ Die Fakultäten in Gießen, Hannover, Berlin, Leipzig und Wien blieben geöffnet, ln anderer Weise stand die Schließung der Theologischen Fakultät zum Ende des WS 1938/39 direkt im Spannungsfeld zwischen NS-Staat und Kirche als aufsehenerregender Testfall des Kräftemessens. Und die Nachgeschichte gestaltete sich zu einer singulären Kraftprobe zwischen parteipolitischen Planun­ gen und dem Widerstand der Universität München.9’ Aus­ gangspunkt für den Konflikt war die Emeritierung des Kir­ chenrechtlers Eduard Eichmann März 1936. Während der Vorlage von zwei Berufungslisten durch die Fakultät machte das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung mit zunehmender Dringlichkeit sein Interesse an einer Berufung von Hans Barion, damals Rektor der Katholi­ schen Akademie Braunsberg, geltend. Dahinter standen offen­ bar Bestrebungen des Reichsministeriums für Kirchliche An­ gelegenheiten, die sich gegen den Einfluß des Kreises um Eduard Eichmann und Martin Grabmann richteten. Trotz der

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wiederholten Stellungnahme der Fakultät und auch des Rek­ tors gegen eine Mißachtung des Fakultätsvorschlags richtete das Reichswissenschaftsministerium, formell den konkordats­ rechtlichen Bestimmungen entsprechend, im November 1939 die Anfrage an Erzbischof Michael Kardinal Faulhaber, ob Ein­ wendungen gegen Professor Barion erhoben würden. Nach­ dem Kardinal Faulhaber am 5.1. 1938 unter Berufung auf das Bayerische Konkordat Einspruch gegen die Berufung Barions erhoben hatte, wurde dennoch am 6.5.1938 durch das Reichs­ ministerium der Ruf an Hans Barion erteilt. Der Kardinal legte nach mehreren erfolglosen Erinnerungen den Sachverhalt dem Eli. Stuhl als Konkordatsfall vor und verbot im Oktober 1938 den Studenten der katholischen Theologie bis zur Klärung den Besuch der Vorlesungen von Dr. Barion sowie des Dozenten Dr. Sebastian Schröcker, da diese Persönlichkeiten die zur Aus­ übung des theologischen Lehramtes notwendige missio canó­ nica nicht erhalten könnten.10* Indes, die erhoffte Klärung zwi­ schen den Konkordatspartnern, Kirche und Staat, blieb aus. Stattdessen verfügte nach vorangegangenen Abstimmungen zwischen den Regierungsstellen der Bayerische Kultusminister und damalige Gauleiter Adolf Wagner am 16.2. 1939 die offi­ zielle Auflösung der Fakultät. Am letzten vorlesungspflichtigen Tag des Semesters, so berichtete Johannes Zellinger11*, wurden die Vorlesungen durch Studenten gestört; in ministeriellem Auftrag wurden die Schilde über den Eingängen zu den Semi­ naren entfernt, die Rolläden an den Fenstern herabgelassen, die Glühbirnen aus den Lampen genommen, den Seminarvorstän­ den die Schlüssel abgefordert, die Eingangstüren verschlossen und zur Sicherung Eisenschienen quer darübergezogen.12* Der massive Eingriff in die Universitäts- und Wissenschaftsbelange blieb umso aufsehenerregender, als damals, besonders nach dem Anschluß des konkordatsfreien Österreich, in den viru­ lenten Plänen zur Reduzierung der katholischen Priesterausbil­ dungsstätten ein Antasten der Theologischen Fakultät Mün­ chen offenbar ursprünglich nicht vorgesehen war.13* Gerade München blieb der einzige Schließungsfall im Altreich. Das Nachspiel der Fakultätsaufhebung verquickte sich vor­ übergehend mit der Konzeption Alfred Rosenbergs zur Errich­ tung einer »Hohen Schule« als zentraler Stelle für Forschung, Lehre und Erziehung im Sinne nationalsozialistischer Ideolo­ gie. Der Sitz der Zentralbibliothek sollte am Chiemsee sein, an den Universitäten sollten Außenstellen eingerichtet werden,14* wofür München wegen der Stellen der aufgelösten Fakultät den günstigsten Ansatzpunkt zu bieten schien. Nach dem Wil­ len Rosenbergs sollten die freigewordenen Lehrstühle als Basis einer Fakultät bzw. eines Instituts zur nationalsozialistischen Weltanschauung oder zur Erforschung der arischen Geistesge­ schichte verwendet werden. Als künftiger Leiter des dann um­ benannten »Instituts für Indogermanische Geistesgeschichte« wurde der damalige Ordinarius in Kiel, Richard Harder, zu­ nächst mit den Vorarbeiten in München betraut. Harder war eine wissenschaftlich unbescholtene Persönlichkeit, deren Be­ rufung zum ordentlichen Professor in der Philosophischen Fa­ kultät (durch Translokation eines theologischen Lehrstuhl) am 14.5. 1941 jedoch ein Oktroy gegen den einmütigen Wider­ stand aller Organe der Universität war.15* Das Institut wurde ohne institutionelle Anbindung an die Universität als Außen­ stelle der »Hohen Schule« zwar errichtet und notdürftig im Georgianum untergebracht, aber das größer angelegte Rosen­ berg-Projekt scheiterte.

So hatte die Universität also seit 1939 durch Schließung von zwei Fakultäten einen schweren Aderlaß hinnehmen müssen. Wiederum im Herbst 1944 verfügten reichsministerielle Er­ lasse und »Schnellbriefe« Einschränkungen der UniversitätsBetriebe; Planungen sahen die völlige Einstellung des Lehrbe­ triebs an 8 wissenschaftlichen Hochschulen und 63 Fakultäten im Reich vor.16* Der Rektor der Münchener Universität Walter Wüst (ernannt 1941) machte seinen Einfluß bei den zentralen Partei- und Staatsstellen geltend, unterstützt vom Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Mariano San Nicolö, um die drohende Vereinigung der Juristischen, Staats­ wirtschaftlichen und Philosophischen Fakultät der Universität München mit der Universität Erlangen abzuwenden, denn das wäre de facto einer Universitäts-Aufhebung gleichgekom­ men.17* Die Kollegen aus allen Meinungslagern dankten dem Rektor die Existenzrettung, obwohl die Institute seit den schweren Bombenangriffen auf München im Sommer 1944 unter den allerschwierigsten Verhältnissen arbeiteten.

Universitätsleben zwischen Trümmern Schutt und Trümmer, Mangel an Nahrung und Kleidung be­ stimmten das Alltagsleben seit dem letzten Kriegsjahr bis in die Fünfziger Jahre hinein: ein makabrer Kontinuitätsfaktor, der die Überlebenden durch die gemeinsamen Nöte und Er­ lebnisse prägte. »Das schöne Bauwerk der Universität ist zu einer Ruine geworden. Solcher Gewalt bedurfte es, den Ungeist auszu­ treiben«, so schrieb Bernhard Pollak im März 1946 in der »Süd­ deutschen Zeitung«.18’ »In den erhalten gebliebenen Resten stehen die Studenten, dürftig gekleidet und ausgehungert, vor den Anschlägen und notieren sich die Vorlesungen. An den Türen der Ludovico Maximilianea warnt ein Plakat: Einsturzgefahr. Hier ist der Hörsaal, in dem der berühmte Völkerrechtslehrer von SA-Leuten niedergeschrien wurde, als er die Wahrheit sagte ... Der Lichthof ist zerfallen, der Kampfplatz der Geschwi­ ster Scholl.... Warum hat es noch nicht begonnen? Es wur­ de unter Feuer und Bomben gelesen. Warum soll es jetzt nicht in der Frischluft halbzerstörter Hörsäle weiterge­ hen? ...« Das Einzelausmaß an Kriegsschäden kann hier nicht aufgelistet werden. In dem zu vier Fünftel zerstörten Hauptgebäude konnte 1958 der renovierte Lichthof neu eingeweiht wer­ den.19* Die äußeren Bedingungen für Lehre und Forschung in den Nachkriegsjahren erforderten von Professoren und Stu­ denten äußersten persönlichen Einsatz. Aus statistischen An­ gaben sind die sozialen Verhältnisse kaum in ihrem individuel­ len Ausmaß erfaßbar, aber manche Einzelzeugnisse lassen die Atmosphäre jener Jahre ahnen. Aufgrund von Umfragen im Sommersemester 1948 ergab sich,20* daß 70% der Studenten unterernährt waren, nahezu die Hälfte keine ausreichende Be­ kleidung, z. B. keinen Mantel, besaß, sich keine Fachbücher lei­ sten konnte, mindestens 20% als Werkstudenten ihr Geld ver­ dienten, viele in unzureichenden Quartieren ohne Heizung, teils ohne Licht wohnten; 15% der Münchener Studierenden

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litten an Tuberkulose. 1947/48 versammelten sich Studenten mehrmals zu »Hunger-Demonstrationen«. Der Rektor des Amtsjahres 1947/48, Aloys Wenzl, schilderte in einem Brief vom 7.11. 1947 an die Frau von Geheimrat Vossler im Hin­ blick auf eine von ihr vermittelte Hilfsaktion die Alltagsnöte der Professoren,21* - es ging um Kleidung, Schuhe, Strümpfe, Mangel an Leder und Wolle, an Seife, Medikamenten und Nahrung. 1958 schrieb Wenzl in der Rückschau:22* »Es fällt uns heute schon wieder schwer, uns den Trümmer­ haufen vor und in der Universität... auch nur vorzustellen. Als ich kurz vor der Wiedereröffnung 1946 mit dem ersten Nachkriegsrektor Albert Rehm auf die Universität, oder vielmehr auf ihre Ruine, zuging, verließ mich der optimisti­ sche Mut und ich fragte: »Ja wo sollen wir denn da lesen?« Aber der ältere Rehm war zuversichtlicher. »Wir haben im­ merhin noch zwölf Hörsäle«, meinte er, »und wir müssen eben weitere frei machen und aufbauen« ... Bis 1948 frei­ lich war die Schwierigkeit der Mangel an Rohstoffen, nach 1948 der Mangel an Geld. Noch jahrelang mußte ich zum Beispiel, wenn ich in mein Seminar wollte, durch die Seen gehen, die den Gang zum Institut bedeckten, wenn es durch das defekte Dach geregnet hatte. Geheizt konnte nicht wer­ den, die provisorischen eisernen Öfen reichten nicht, man fror in den nassen Schuhen und doch war der Idealismus und der geistige Hunger bei den Studenten aller Anerken­ nung wert und ein Impuls für die Professoren, ihr Bestes zu geben.« Dazu kam die Wohnungsnot. Von den Professoren, so berich­ tet Rehm,2'* »waren viele ausgebombt, in Notquartieren oder außerhalb Münchens, einige auch in den letzten Tagen geflohen. Das Ministerium zeigte zunächst volles Verständnis, stellte auch von Fall zu Fall Empfehlungen an das Wohnungsamt aus... In Einzelfällen konnte ich off-limits-Plakate besorgen. Im Ganzen ist diese Angelegenheit ein wunder Punkt geblie­ ben.« So erwähnt Rehm auch den tragischen Fall2'1’ »... tags zuvor (am 14.10. 1945) hatte sich Koll. Hönigschmid mit seiner Frau vergiftet, weil er von einem Tag zum andern seine mühsam errungene Wohnung räumen sollte. Erst daraufhin ist bestimmt worden, Räumungen sollten erst nach fünftägiger Frist durchgeführt werden.« Für die Studenten sorgte seit Herbst 1945 ein »Akademisches Wohnungsamt«, teils städtisches Amt, teils Hilfsorganisation des Studentenwerks, das damals wieder zu arbeiten begann. Auch die spätestens seit 1947 neu etablierte Hochschulseel­ sorge bemühte sich um Notlinderung; die Geschichte der Stu­ dentengemeinden müßte erst noch geschrieben werden.25* Nur langsam vollzog sich der Wiederaufbau von Instituten und Kliniken, begleitet vom Ringen um die zäh fließenden Finanzmittel. Die Berichte der Rektoren sowie mancher Insti­ tutsvorstände vermitteln Einblick in die Bedürfnisse, so vor allem eine Rundbrief-Aktion des Rektors Walther Gerlach an maßgebliche Persönlichkeiten und Stellen des bayerischen Kultursektors im Februar 1949; nur einige Zitate daraus:26* »Nach der Währungsreform lief die Bautätigkeit ... relativ gut an. Mit Beginn dieses Jahres ist die Wiederaufbauarbeit fast vollständig zusammengebrochen ... Der Zustand der

Ein Münchner Universitätshörsaal 1945, Photo von W.B. France

Universität ist kurz charakterisiert durch folgende Angaben: Die größte deutsche Universität besitzt kein Hygienisches Institut, kein Physiologisches, kein Chemisches, kein Physi­ kalisches, kein Geologisch-Mineralogisches Institut. Sie be­ sitzt keine Chirurgische Klinik. In vielen Kliniken und in dem Pathologischen und Gerichtsmedizinischen Institut herrschen unverantwortliche Zustände. Die Arbeitsbedin­ gungen der Tierärztlichen Fakultät in Oberwiesenfeld spot­ ten jeder Beschreibung. Dabei ist diese die einzige Tierärzt­ liche Fakultät Süddeutschlands, eines vorwiegend landwirt­ schaftlichen Gebietes. Eher noch schlechter sieht es mit den Mitteln für eine moderne Lehrtätigkeit und erst recht für wissenschaftliche Forschung aus. ... Seminarübungen, na­ turwissenschaftliche und medizinische Praktika finden unter räumlich so beschränkten Verhältnissen, vielfach in Kellern und ohne genügende Anzahl von Stühlen und Tischen statt, daß ein geordneter Unterricht der Studierenden nicht mög­ lich ist. ... Es fehlen alle Mittel zur Beschaffung moderner Geräte, es fehlen die Geldmittel zur Bezahlung von jungen Forschungskräften, es fehlen die Etatmittel zur Einstellung von technischem Personal. Die Universität und - nach un­ serer Überzeugung — auch die Öffentlichkeit können jetzt nicht mehr länger Zusehen, wie eine kurzsichtige Politik der Finanzverwaltung uns jede Möglichkeit raubt, wieder Ein­ fluß auf die kulturelle Entwicklung und den Wiederaufbau der Wirtschaft im weitesten Sinne zu nehmen.««

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Kirchen, Bildung und Erziehung

1954 schloß Rektor Josef Nikolaus Köstler seinen gedruckten »Bericht über die Lage«27* mit dem Appell: »Worte der öffentlichen Anerkennung für die Arbeit in zer­ trümmerten und ihrer Einrichtung beraubten Kliniken und Instituten ... haben die bis an die Grenzen ihrer Leistungsfä­ higkeit und oft auch darüberhinaus schaffenden Professoren nicht erwartet und auch nicht erhalten. Es scheint aber end­ lich an der Zeit, daß unsere ernsten Vorstellungen beachtet ... und nicht schon von nachgeordneten Organen >erledigt< werden.« Ende des WS 1952/53 beschloß die Tierärztliche Fakultät die Schließung des Unterrichtsbetriebs, weil die Verhältnisse nicht mehr tragbar waren. Auch private Spenden, ohne die der Forschungs- und Lehrbetrieb bis heute nicht mehr denkbar wäre, — in den Nachkriegsjahren halfen vor allem die Landeszentral­ bank Bayern, der McCloy-Fond, die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Universität München e. V. — vermochten die Löcher nicht zu stopfen. Zur Alltags-Atmosphäre des Universitätslebens nach dem Krieg gehörte nicht zuletzt der »Studentische Bautrupp«,28* in dem die Studienkandidaten einen anfangs halbjährigen, dann verringerten Arbeitseinsatz vor der Immatrikulation ableiste­ ten. Ursprünglich als freiwillige Hilfsaktion der ersten Stunde ins Leben gerufen — im Herbst 1945 erhielt die Universität auf Antrag des kommissarischen Rektors A. Rehm durch Kultus­ ministerium und Militärregierung die Erlaubnis, zunächst 20 Studenten bei Schuttaufräumearbeiten zu beschäftigen erlangte die Einrichtung bald eine institutionalisierte Form. Leiter des Bautrupps wurde der damalige Dozentenanwärter Dr. Hans Wolfgang Müller, später Ordinarius für Ägyptologie. Zeitweise beschäftigte der Bautrupp über 500 Studenten (und Studentinnen) bzw. Abiturienten, die gegen Tarif-Entlohnung (1947 RM 0.79, nach Juni 1948 DM 0.50 Stundenlohn bei täglich 6 Arbeitsstunden, monatlich bis zu 80.— DM als Exi­ stenzminimum) unter verschiedenen Baufirmen und in ver­ schiedenen Instituten, zuweilen auch bei Notstand in Professo­ renhaushalten, beim Küchendienst in Kliniken und im Studentenwerk, bei Büchertransporten usw., Aufbaudienst lei­ steten. Manchmal konnte man sich so Lebensmittelzulagen, Sonderbewirtungen, Stipendien oder Prämien verdienen. So hat die Studentengeneration der ersten Nachkriegsjahre auch mit physischen Kräften am ersten Wiederaufbau praktisch mit­ gewirkt.

Politische und kulturelle Aspekte um die Wiedereröffnung der Universität Wie bei jeder politischen Zäsur stellt sich auch für die sog. »Stunde Null« die Frage nach Bruch und Kontinuität im Lehrund Wissenschaftsbetrieb der Universität München, die da­ mals in der amerikanischen Besatzungszone intellektueller Vorort neben Frankfurt a. M. war. Dieser Problemkreis er­ scheint umso komplizierter, als die deutschen Universitäten seit dem frühen 19.Jahrhundert ihre Verfassungsstruktur als »Ordinarien-Universitäten“ wenig geändert hatten29* und die Professoren eine geistige Führungsrolle im deutschen Volk und eine singuläre Weltgeltung erlangt hatten, die sie auch in die Zeit des Nationalsozialismus hineintrugen. So war und ist

es für die Siegermächte und für die jüngeren Generationen nicht leicht, Beurteilungsmaßstäbe für die Rolle der Universi­ täten von der Weimarer Republik zum Dritten Reich zu finden im Rahmen der bis heute emotionsgeladenen Diskussion um den deutschen »Sonderweg«. Vom Blickwinkel des so anders gearteten Erziehungssystems, des jüngeren und traditions­ unbelasteten Geschichtsbildes sowie des spezifischen Demo­ kratie-Verständnisses der Amerikaner ergaben sich Verständ­ nisschwierigkeiten. Es lag nahe, gerade in den Universitäten die Keimzellen des totalitären Ungeistes, die traditionellen Horte anti-demokratischer Gesinnung zu sehen in der Weise, wie es erst kürzlich wieder Gordon Craig aufgefrischt hat,30* indem er einen historischen Bogen spannt vom Versagen der 1848er Revolution über Kaiserreich und Drittes Reich bis zur Studentenbewegung der 1960er Jahre als Reaktion auf den »Widerstand der Universitäten gegen Veränderung«; den Pro­ fessoren schreibt er eine gesellschaftliche Hauptschuld für die Entwicklungen zu, die zum Hitler-Regime führten. Ohne hier solche globalen Thesen diskutieren zu können, erscheint es notwendig sich klarzumachen, daß die Kulturpolitik der alliier­ ten Siegermächte, insonderheit der Amerikaner, geprägt war einerseits von einem spürbaren Unverständnis für die Struktur des deutschen Schul- und Hochschulwesens, andernteils von einer an Differenzierungsmangel leidenden Geschichtsschau einer linearen historischen Kontinuität deutschen Geistes zum Hitler-Staat hin, nicht zuletzt aber von einem so idealistischen wie naiven Sendungs- und Missionsbewußtsein. »At all times in our past Americans have feit the urge to reeducate other groups of people«, »some boldly upheld the right of Americans to impose their values on an enemy who had sinned«, so be­ schreibt der Amerikaner J.F. Tent31* die moralische Kompo­ nente, die »nun einmal aus der amerikanischen Politik nicht herauszudenken (ist).«321 Der seit ca. 1940 in der amerikani­ schen und englischen Politik populär gewordene Begriff »Reeducation«, aus dem Sprachgebrauch der Psychiatrie stam­ mend, kennzeichnet die konzeptionelle Substanz zumindest der Frühphase der Besatzungspolitik. Der Beginn des Kalten Krieges 1947/48 milderte dann das »Re-education«-Programm zur »Re-orientation«. Man hat diesen Wandel beschrieben als Weg vom Bestrafungs- zum Westintegrations- oder Wieder­ aufbau-Konzept, die freilich beide von Anfang an in Wider­ streit miteinander lagen.33* Hinter der Überzeugung der Um­ erziehungs-Politiker, man könne oder müsse »the mentally sick German people« durch Re-education heilen, indem man ihm Demokratie beibringe, stand ein der Aufklärungsphiloso­ phie des europäischen 18. Jahrhunderts verwandter Denkan­ satz: der Glaube an die totale Erziehbarkeit des Menschen und der perfektionistische Optimismus, ganze Völker erziehen zu können. Zwar bleibt umstritten, wieweit der Einfluß des kul­ turpessimistischen Morgenthau-Planes (1944) des 1945 abge­ setzten Finanzministers Henry (Hans) Morgenthau jr. sich auf die Gestaltung der westalliierten Bildungspolitik auswirkte. In dem von Richtungsstreitigkeiten beherrschten Operationsfeld amerikanischer Besatzungspolitik scheint der zeitweise domi­ nierende Rigorismus vom Geiste Morgenthaus und von einer extremen Richtung der Ideologie-Kritik gefärbt gewesen zu sein.34* Er reichte vom anfänglichen Plan, alle Schulen länger­ fristig stillzulegen, über die verschärfte Säuberungswelle vom Herbst 1946 bis zum Reformversuch, amerikanische Modelle forciert auf das deutsche Erziehungswesen zu übertragen, wo-

Ludwig-Maximilians-Universität gegen in Bayern 1947/48 unter Kultusminister Alois Hund­ hammer eine Art »Kulturkampf« entbrannte.35» Im übrigen er­ schwerte der Mangel an genügend geschulten und erfahrenen Persönlichkeiten im Erziehungsbereich der US-Militärregierung und die unterschiedliche Haltung einzelner Erziehungs­ offiziere36» die Realisierung der großangelegten Re-educationIdee. Man bedenke:37» »Das Wagnis, eine ganze Nation »umzuerziehem, d.h. zu einer moralischen und geistigen Katharsis zu bewegen, hat in der Geschichte, jedenfalls der Neuzeit, kaum seinesglei­ chen.« Daß die Aktionen der drei großen »D« - Denazifizierung, Demilitarisierung, Demokratisierung - in der amerikanischen Zone am umfangreichsten vorbereitet und durchgeführt wur­ den, zeigen die Verhältnisse im zonengeteilten Württemberg, wo die unterschiedlichen, hier mehr ideologischen, dort mehr pragmatischen Vorstellungen der Amerikaner und Franzosen zu abweichenden Folgen für die Betroffenen führten.38» Die hochspezifizierten Fragebogen der US-Behörden (mit anfangs 11, dann 131 Punkten) und die Entnazifizierungsmethoden an der Universität München sowohl im Lehr- und Verwaltungs­ personal wie auch unter den studentischen Kriegsheimkehrem39» machen deutlich, welch schwere, teils ganze Institute und Kliniken lähmende Konsequenzen die Säuberungen zei­ tigten,40» — abgesehen von der delikaten Aufgabe des »Reini­ gungsausschusses« an der Universität, die verantwortungs­ schweren Entscheidungen über Kollegen vom Denunziations­ wesen frei zu halten. Nur auf diesem komplexen politischen und psychologi­ schen Hintergrund läßt sich die Nachkriegs-Universitätsgeschichte verstehen, so für München u.a. die erneute Kaltstel­ lung des ersten kommissarischen Rektors Albert Rehm nach zehnmonatiger Wirksamkeit,41» so die Verzögerung der Wie­ dereröffnung der Universität, so auch manche persönliche Ver­ bitterung. Erst als eine der letzten Hochschulen in Deutsch­ land, als letzte in der amerikanischen Zone konnte die Ludovico Maximilianea im Frühjahr bis Sommer 1946 ihre Pforten wieder öffnen, vorgezogen im Februar die neubegrün­ dete Theologische Fakultät, provisorisch untergebracht im Schloß Fürstenried, verspätet im November die Tierärztliche Fakultät. Alle anderen Universitäten, auch die sechs der briti­ schen Zone, hatten bis spätestens Dezember 1945 den Betrieb wieder aufgenommen.42» Während die Alma Mater Monacensis noch um ihre Restituierung kämpfte, machten im Nachkriegs-Bayern diverse Aktivitäten für neuartige akademische Institutionen von sich reden, genährt von den damals neu belebten Idealen des Völ­ kerbundes und des Pazifismus, wie sie beispielsweise in der Schweiz bei der Gründung der »Internationalen Universität« der Civitas Nova Lugano mit Ferienkursprogramm zum Tra­ gen kam. Zu den utopischsten, aber in der ideellen Vorberei­ tung fundiertesten Projekten gehörte der seit November 1945 verfolgte Plan von Hermann Sörgel, der sich selbst Baumeister »of the Second Empire« nannte, als Gründer eines » AtlantropaInstituts« in Oberstdorf sowie einer seit 1927 existierenden Atlantropa-Union firmierte und die Errichtung einer Univer­ sität in der früheren SS-Ordensburg Sonthofen betrieb.43» Das Allgäu-Kolleg war geplant als internationale Organisation, die von den alliierten Mächten und dem Bayerischen Staat zur

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Förderung des guten Einvernehmens der zivilisierten Natio­ nen unterhalten und von einem Stab internationaler Wissen­ schaftler in 5—6 Fakultäten geführt werden sollte. Ebenfalls im Herbst 1945 versuchte Josef Wilhelm Prem aus München, eine »Union deutscher Pazifisten« als Träger­ schaft für eine »Akademie deutscher Pazifisten« zu begründen; sie sollte eine überparteiliche und überkonfessionelle Lehr-, Arbeits- und Lebensgemeinschaft sein, um »die Edelsten und Begabtesten aus allen Schichten und Berufen auszulesen«. 1946 tauchte der Gründungsplan für ein »Internationales Institut für Völkerverständigung« in Coburg auf. In München wurde von der Arbeitsgemeinschaft freier Münchener Gewerkschaften, Gruppe Kunst, Wissenschaft und Erziehung, die Idee einer »Deutschen Kulturakademie« durch eine Denkschrift aus der Feder von Professor Dr. F. A. Schmid-Noerr propagiert. Über eine Verwirklichung all dieser Initiativen ist mir nichts bekannt. In die Nachriegsgeschichte Münchens gehört gewich­ tiger eine zeitbedingt kurzlebige Universitäts-Gründung von durchaus internationalem Charakter: die am 16.2. 1946 im Bürgerbräukeller feierlich eröffnete UNRRA-Universität ( = United Nations Relief and Rehabilitation Administration) — von den Amerikanern auch einfach als DP-University be­ zeichnet (DPs = displaced persons)44»; sie wurde als Bildungs­ stätte für die ehemaligen Zwangsverschleppten errichtet. Die Zahl der immatrikulierten Studenten stieg auf über 2000. Im Deutschen Museum untergebracht, vegetierte die Universität, die ihren Schützlingen Bildung, Lebenshilfe, Kleidung und Essen bot, dahin, denn der 1943 gegründeten UNRRA fehlten Finanzmittel und Unterstützung. Im April 1947 verfügte der US-Militärgouverneur General Lucius D.Clay die Auflösung der Flüchtlings-Universität und die Aufnahme der DPs an den regulären Hochschulen,45» was indes auf Schwierigkeiten stieß, da die Immatrikulationszahlen an Universität und Technischer Hochschule ohnehin die Kräfte überstiegen. In Bayern bekun­ dete vorübergehend die Kreuzbrüderschaft Pro Una Sancta Ecclesia Interesse, die DP-Studenten außerhalb Münchens auf­ zufangen.

Die Universität zwischen Tradition und Verfassungsreform Unter schwierigsten Umständen nahmen die Fakultäten 1946 ihre Arbeit mit Lehrbetrieb wieder auf. Neben der Entnazifi­ zierung und den Vorschlägen zur Ergänzung des Lehrkörpers gehörte zu den vordringlichen Restituierungsfragen die Pro­ blematik um Verfassung und Reform. Die Hoffnungen der Universitätsrepräsentanten liefen verständlicherweise nicht immer konform mit den Reorientation-Vorstellungen der Mi­ litärregierung, die vorerst oberste Kontrollinstanz für alle Be­ schlußvorlagen blieb und deren Planungen sich auf weitergrei­ fende Reformen des gesamten Schulwesens richteten. Nachdem in Bayern bis Juni 1945 die Regierungsbildung vollzogen war, lief aller Schriftverkehr der Münchener Uni­ versität mit dem amerikanischen Erziehungsoffizier über das Kultusministerium, was dem neuen Staatsministerium eine starke Mediatstellung in bildungspolitischen Fragen zuwies. Generell kann man sagen, daß die Besatzungsmacht der Uni­ versität, wenn man von den Säuberungsaktionen absieht, für die selbständige Regelung ihrer Verwaltungs- und Verfas-

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Kirchen, Bildung und Erziehung

sungsbelange weiten Spielraum ließ, ln den Personen, die nach Rechtsauffassung und Selbsteinschätzung die Voraussetzungen erfüllten, um zu handeln, blieb die Universität existent46' — eine »Stunde Null« gab es für sie nicht. Da der amtierende Rektor Walter Wüst und der Prorektor Friedrich Faber nach dem 30. April nicht alsbald zum Semesterbeginn in der Uni­ versität erschienen, hatte Geheimrat Albert Rehm als letzter erreichbarer Altrektor aus der Zeit vor 1933 die Geschäfte zu übernehmen, neben ihm die unbelasteten Dekane oder Prode­ kane.47* Eine förmliche Bestellung durch die Militärregierung habe er abgelehnt, heißt es im Protokoll der ersten Sitzung vom 15. Mai, jedoch erlangte Rehm bald natürlich deren Aner­ kennung. Sowohl Rehm als auch manche der anwesenden Fakultätsvertreter hatten inzwischen mit der Militärregierung Kontakt aufgenommen. Rehm nahm also in München in ähn­ licher Weise wie in Heidelberg Karl Jaspers, in Marburg Julius Ebbinghaus oder in Frankfurt Walter Hallstein, in der ersten Stunde improvisatorische Initiativen wahr. So war 14 Tage nach der Kapitulation der Stadt ein Professoren-Kollegium mit insgesamt 11 Mitgliedern (unter Teilnahme des vorläufig wei­ ter amtierenden Syndikus) zusammengetreten, von dem Albert Rehm als kommissarischer Rektor bestätigt wurde. Das erste »University Planning Committee« war im Mai 1945 in Mar­ burg errichtet worden, nach dessen Modell später an allen Uni­ versitäten in der US-Zone solche Einrichtungen entstehen sollten.48' Das Münchener, zunächst mehr halboffizielle Gre­ mium bildete den Grundstock für den im Oktober 1945 offi­ ziell vorgeschriebenen, personell etwas anders zusammen­ gesetzten »Planungsausschuß«, der sich als Ersatz für den aufgelösten Senat verstand. Der Aufgabenbereich des Planungsausschusses, an dessen Sitzungen oft der zuständige Erziehungsoffizier teilnahm, und dessen Protokolle der Besatzungsbehörde vorgelegt werden mußten, war außerordentlich umfangreich; er erstreckte sich u. a. auf Ergänzung des Lehrkörpers und des Verwaltungsperso­ nals sowie deren politische Überprüfung, Auslese der zuzulas­ senden Studenten, Beschaffung der Unterrichtsräume und ihre Beheizung, Entwurf eines Betriebsplanes, Einrichtung von überbrückenden Förderungskursen, Hilfe bei der Wohnungs­ beschaffung, Vorbereitung zur Wiedereröffnung, schließlich Entwurf einer Verfassung. Wichtig für den Übergang war, daß die Militärregierung zwar die Stillegung des Lehrbetriebes ver­ ordnet hatte, daß jedoch die Universitätsverwaltung und (vor­ erst) auch die Gehaltszahlungen in Gang bleiben sollten. Eine Entschließung des Kultusministeriums vom 15.10. 1945 ver­ fügte:49’ »Da die Hochschulen unter allen Umständen möglichst rasch ihren Betrieb wiederaufnehmen sollen, können im Augenblick grundsätzliche Reformen nicht durchgeführt werden. Es ist aber selbstverständlich, daß die Hochschulen nicht einfach dort Weiterarbeiten können, wo sie im März 1945 aufgehört haben; ebensowenig werden sie un­ mittelbar an das Jahr 1933 anknüpfen können. Die notwen­ digen Reformen werden sobald als möglich eingeführt wer­ den mit dem Ziele, die Hochschulen zu befähigen, den Studierenden nicht nur das nötige Wissen zu vermitteln, sondern sie auch dazu zu erziehen, die Wahrheit auf Grund gefestigter Weltanschauung zu suchen, den neuen Geist des Staates aufzunehmen, fremde Überzeugung zu achten und

dem Staat gegenüber in demokratischer Gesinnung und Haltung sich verantwortlich zu fühlen.« Im September hatte Rehm einen in Zusammenarbeit mit Kol­ legen, besonders mit Edmund Mezger, aus den vor 1933 gel­ tenden Normen erarbeiteten Verfassungsentwurf dem Kultus­ ministerium vorgelegt.50' Er zielte auf »Wiederherstellung der früheren Selbstverwaltung — Beseitigung vor allem des sog. »Führerprinzips« und seinen Ersatz durch die altherkömmlichen demokratischen Einrichtungen«. Das nationalsozialistische Re­ gime hatte den Rahmen der Universitätsverfassung nicht durch Hochschulgesetz verändert, aber mit den zum 1.4.1934 in Kraft getretenen »Vorläufigen Vorschriften zur Vereinfachung der Hochschulverwaltung« die Selbstverwaltung de facto aus­ gehöhlt. Auch dem Verwaltungsausschuß, dem seit 1815 an bayerischen Universitäten eingerichteten Professorenkolle­ gium zur Vermögensverwaltung, das stets einen Kern korpora­ tiver Selbstbestimmung ausgemacht hatte, war unter Mißach­ tung der Körperschaftsrechte 1935 der Charakter als gewähltes Kollegialorgan genommen worden;51'jedoch seine institutio­ nelle Kontinuität blieb jedoch über das Dritte Reich hinweg bis zur wiedergewonnenen Handlungsfähigkeit erhalten, da das ehemalige Verwaltungsausschuß-Mitglied Geheimrat Vin­ zenz Schüpfer, ab 1946 gemeinsam mit Willibald Apelt, bis zur Neuwahl der fünf Mitglieder durch den rekonstruierten Senat am 6.3. 1947 die Geschäfte übernahm. Mit der Verabschiedung der neuen Verfassung des Frei­ staates Bayern vom 2.12. 1946, welche die Errichtung und Verwaltung der Hochschulen als Sache des Staates definierte und zugleich deren Selbstverwaltung garantierte, hatte die von der ersten Stunde an aktivierte korporative Initiative der Uni­ versität ihre grundsätzliche Absicherung erhalten. Gemäß dem Rehmschen Verfassungsentwurf von 1945 — ohne ministe­ rielle Bestätigung — lebte die Universität München bis zum Senatsbeschluß über eine neue Verfassung am 27.7. 1953, die freilich erst nach langwierigen Verhandlungen am 2.3. 1955 die vorläufige Genehmigung des Bayerischen Staatsministe­ riums für Unterricht und Kultus als »Satzung« erlangte; das be­ deutete die nochmalige Zurückstellung des seit 1946 erörterten staatlichen Planes eines gemeinsamen Gesetzes für die drei bayerischen Landesuniversitäten. Der 1965 einsetzende Boom kurzfristiger Satzungsänderungen mündete schließlich in das Bayerische Hochschulgesetz vom 21.12. 1973. Die allgemeine Diskussion um Hochschulreformen war so­ gleich nach Kriegsende in Gang gekommen, angefangen von den Ende 1945 von der britischen Zone und im Herbst 1946 in der amerikanischen Zone organisierten Hochschultagen und Rektorenkonferenzen, die sich seit der Zusammenkunft in München im April 1949 zur »Westdeutschen Rektorenkonfe­ renz« institutionalisierten. Zu den wichtigsten Reformanstössen in der amerikanischen Zone gehörten die »Marburger Hochschulgespräche« und die »Schwalbacher Richtlinien«.52' Einen Höhepunkt erreichte die noch unter dem Einfluß der Besatzungsmächte stehende Reformdebatte im Jahre 1948. Nachdem die zähen Bemühungen der amerikanischen Militär­ regierung um Durchsetzung von amerikanischen Schulmodel­ len auf Widerstand gestoßen waren — nach den Rektorenkon­ ferenzen in Heidelberg im April 1947 wurde von amerikani­ scher Seite Karl Jaspers als »the bellwether (Leithammel) of the reaction« bezeichnet53' - wurde in der britischen Zone 1948

Ludwig-Maximilians-Universität das berühmte »Blaue Gutachten« erstellt,54’ mit dem sich auch die Universitäten im amerikanisch besetzten Deutschland in­ tensiv auseinandersetzten. Nach einem Besuch der Hamburger Reformkommission äußerten in München Rektor Walther Gerlach und Kultusminister Alois Hundhammer — gewiß nicht in allem geistesverwandte Partner - einhellig energische Be­ denken gegen das Strukturmodell des Gutachtens: im Hoch­ schulrat, gewählt vom Hochschulbeirat, als höchstes Organ der Universitätsverwaltung aus Mitgliedern aller kulturellen und politischen Organisationen mit einem auf Lebenszeit gewähl­ ten Präsidenten sah man eine Gefährdung der verfassungs­ rechtlich verbürgten akademischen Selbstverwaltung. Starke Kritik richtete sich auch gegen die vorgeschlagene Einstellung von Studienprofessoren; man fürchtete eine Verschulung der Universität.55’ Die Kontinuität langlebiger universitärer Observanz, wie sie im Rehmschen Verfassungsentwurf ihren Niederschlag gefun­ den hatte, erwies sich als kräftig genug, um die härtesten Jahre des Wiederaufbaues aus steinernen und geistigen Trümmern zu bewältigen. Die Phase des Itnprovisierens hatte ihren stabilisierenden Abschluß gefunden mit den ersten regulären Wahlen von Rek­ tor und Dekanen im Sommersemester 1946 und mit der Wiedereröffungsfeier am 23. Juli 1946 in der renovierten Aula. Am 25.6. 1947 wurde erstmals auch wiederdas (475.) UniversitätsStiftungsfest öffentlich begangen.56’ Bis 1947 hatte sich insge­ samt die akademische Selbstverwaltung in allen Funktionsbe­ reichen von Universität und Fakultäten wieder normalisiert, freilich unter den Bedrückungen von Umschichtungen im per­ sonellen, der Nöte im materiellen Bereich und in Konfronta­ tion mit den rapide steigenden Studentenzahlen, die jetzt die 10000 überschritten. Die Berufungen garantierten eine Neu­ belebung des traditionellen Niveaus der Münchner Universi­ tät. In den Nachkriegsjahren bewährte sich die Universität auch als ein gesuchter geistiger Anziehungspunkt für weitere Kreise der Bevölkerung, so vor allem durch die Einrichtung des »Stu­ dium Generale« im Jahre 1949 mit allgemeinbildenden Vor­ lesungen, womit eine Anregung des »Blauen Gutachtens« realisiert wurde, ln besonderer Weise darf man die von den Fa­ kultäten durchgeführten Ehrenpromotionen der ersten Nach­ kriegsjahre als Ausdruck des Selbstverständnisses und des Wil­ lens zur Wiedereingliederung in das übergreifende »commer­ cium litterarum« verstehen. Unter nachdrücklicher Abwehr der von außen an die Universität herangetragenen Wünsche, »poli­ tische« Ehrungen vorzunehmen, wurde streng am Charakter der Ehrenpromotion als Anerkennung wissenschaftlicher Lei­ stungen und an der Entscheidungshoheit der Fakultäten festge­ halten.57’

Ausblick Die Ludovico Maximilianea ist aus den beschleunigten Krisen der politischen Umbrüche nach 1933 und 1945 als größte

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Universität der jungen Bundesrepublik Deutschland hervorge­ gangen. Sie hat hohe Weltgeltung wiedererlangt, um allerdings unter den Interdependenzen im fortgeschrittenen 20. Jahrhun­ dert, den aufgezwungenen nivellierenden Reformen der 70er Jahre im Zeichen des Wachstums zum Massenausbildungsbe­ trieb - verkettet mit der sozial bedingten und politisch geför­ derten Explosion akademischer Bildung — in eine neue Krise völlig anderen Ausmaßes zu geraten, welche den klassischen Bildungsauftrag der Universität überlagert, wenn nicht ausge­ höhlt hat. Die 1946 als Selbstverwaltungskörper unter staatli­ chem Schutz zu freier Wissenschaftspflege restituierte Univer­ sität hatte aus wesentlich eigener Kraft gut zwei Jahrzehnte lang den Gegenwartsaufgaben standgehalten, ohne die Anpas­ sung an den Zeitgeist überzubetonen. Vieles trennt die heutige Gestalt und Funktionsweise der Universität von jener der Nachkriegsjahre: nicht nur die Tatsache, daß auf den Trüm­ mern inzwischen neue, teils hochmoderne Großinstitute ent­ standen sind, daß die Frequenzen die Grenzen organischen Wachstums gesprengt haben, daß die Universitätssatzungen abgelöst wurden von staatlichen Hochschulgesetzen, die dazu angelegt sind, die Individualitäten der Universitäten einzueb­ nen. Gravierender erscheint es, daß der hinter allem wirksame Geist - oder das Verhältnis zum Zeitgeist - sich gewandelt hat. In den Reformdiskussionen der Nachkriegsjahre, in denen durchaus schon alle Dimensionen der Strukturwandlung und ihrer gebotenen Grenzen erörtert wurden, lag die Präponderanz des »Demokratisierungs«-Willens noch auf dem geistig­ moralischen Wissenschafts-, Bildungs- und Erziehungsauftrag der Universität, ja die staatsbürgerliche Erziehungsaufgabe wurde in der »Re-education«-Phase fast übertrieben betont. Bei den Reformen seit 1968 gewannen andere Prioritäten die Oberhand; immer mehr rückten gesellschaftspolitische Postulate mit dem Ziel der Umgestaltung der Universität zur »Grup­ penuniversität« als Mitbestimmungsmodell sowie der Primat von Lehre und Ausbildungsfunktionen als Antwort auf den Ruf nach sozialer »Chancengleichheit« in den Vordergrund, während Forschung und Bildung, Erziehung zur Wissenschaft und durch Wissenschaft als Prinzipien humaner Daseins­ gestaltung in den Hintergrund gedrängt wurden. Die Universität München sowie ihre bayerischen Schwe­ stern Würzburg und Erlangen hatten sich 1948/49 dem im »Blauen Gutachten« empfohlenen Struktureingriff in die kor­ porativen Aufgabenstellungen widersetzt, weil sie darin einen Widerspruch sahen zu den dort einleitend festgestellten Grundsätzen, die sie durchaus teilten, nämlich: »daß die Hochschulen Träger einer alten und im Kern ge­ sunden Tradition sind. Jede Institution, die eine solche Tra­ dition verkörpert, bedarf der ständigen Reform; wer aber statt einer Reform ein völlig neues Gebilde schaffen will, wird im allgemeinen nur den Lebenskeim abtöten. ... Die Aufgabe einer Reform muß es sein, den gesunden Kern der Tradition in den Dienst der Notwendigkeiten unserer Zeit zu stellen.«58’ Laetitia Boehm

Die Universität München — Ein Bericht über den Fortbestand nach 1945 »Die wissenschaftliche Betrachtung der Vergangenheit kann, je strenger und kritischer sie geführt wird, das Bewußtsein der Gegenwart desto weniger entbehren. Die Besten unserer heutigen Geschichtsforscher dringen mehr und mehr zu der Einsicht vor, daß alles Geschehene fortwirkt, daß es hinter uns durchaus nichts Totes gibt.«’* Karl l/ossler Im März 1933 wurde der ordentliche Professor für Staatsrecht an der Juristischen Fakultät der Universität München, Hans Nawiasky,2’ jüdischer Herkunft und bisher unter dem Schutz akademischer Lehrfreiheit stehend, von der Geheimen Staats­ polizei gesucht; im August entließ man ihn aus dem Lehramt. Nawiasky, der vor seiner Entlassung in die Schweiz hatte emi­ grieren können, war der erste von später 22 Emigranten der Münchner Universität in der NS-Zeit;3* er kehrte 1946,4* auch wiederum als erster, auf seinen Lehrstuhl zurück. Wer Anfang 1933 nicht emigrierte oder nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7.April 1933 den parteipolitischen Richtlinien nicht Folge leistete, wurde jetzt in der Ausübung von Wissenschaft und Lehre so­ wohl innerhalb wie außerhalb der Korporation beobachtet und behindert und war zum »lautlosen«5* Kampf gegen die »Bana­ lität des Bösen«6* gezwungen. Nur einer aus der Professoren­ schaft setzte während dieser Zeit, im Jahre 1942, zusammen mit der studentischen Widerstandsgruppe »Weiße Rose« ein Zeichen:7* der Extraordinarius für Philosophie und Musikwis­ senschaft, Kurt Huber. Am Tag der Hinrichtung der Geschwi­ ster Scholl und ihres Freundes Christoph Probst stellten sich in der Münchner Universität drei- von viertausend Studenten mit stürmischem Beifall hinter den NS-Staat und seine Helfer. Am 13.Juni 1944 legten Bomben das Hauptgebäude an der Ludwigstraße samt dem Lichthof — den Ort des geäußerten Widerstandes wie des frenetischen Beifalls — in Schutt und Trümmer.

Die Bestandsaufnahme Am 30. April 1945, dem Tag der Übergabe der Stadt München an die US-Streitkräfte, mußten 80% der Baulichkeiten der Ludwig-Maximilians-Universität als zerstört bezeichnet wer­ den. Vernichtet waren die Anlagen der Tiermedizin im Um­ kreis des Hauptgebäudes8* und von den über die Stadt verstreu­ ten Gebäuden das Wilhelminum an der Neuhauser Straße9* sowie die Anatomie in der Schillerstraße,111* nahezu eingeebnet die Zahnklinik11* und das Hygienische Institut,12* zerbombt die meisten Institute und Hörsäle der Chemie und Zoologie an der Karlstraße.13* Lediglich das erst 1932/33 auch mit Mitteln der Rockefeller-Stiftung erbaute Physikalisch-Chemische Labora­ torium blieb verschont. Im Jahr 1939 hatten die gesamten In­ stitute, Hörsäle, Seminare und Kliniken der Universität Mün­ chen einen Objektwert von etwa 200 Millionen Mark gehabt. Die Kliniken und medizinischen Institute machten dabei die Hälfte aus; hiervon wurden Institute im Wert von acht Millio­

nen Mark vollständig zerstört. Die Wiederinstandsetzung hätte einen Betrag von fünfzehn Millionen Mark erfordert. Das Universitätshauptgebäude, die naturwissenschaftlichen Institu­ te und die Bauten der Tiermedizin, die ebenfalls 100 Millio­ nen Mark wert waren, hätten mit 36 Millionen Mark wieder­ aufgebaut werden können.14* Münchens Universität war damit im Vergleich zur Univer­ sität Würzburg, die zu 90% bis 100% zerstört war, etwas weni­ ger betroffen; die unversehrte dritte bayerische Landesuniver­ sität Erlangen mußte daher — als erste nach dem Krieg wieder eröffnet — mit einer von 1 500 auf 5 500 gestiegenen Zahl von Immatrikulationen fertigwerden.15* Die Wiedereröffnung der Münchener Universität zog sich noch eine Weile hin. Bereits das Wintersemester 1944/45,16) sowie das Sommerseme­ ster 194517* hatten ausfallen müssen. Im April 1945 traf eine kleine Gruppe von Professoren organisatorische Vorbereitun­ gen, die Verwaltung der Universität zu übernehmen und eine frühe Wiederaufnahme des Lehrbetriebes zu ermöglichen.18* Am 4. Mai 1945 forderte dann die amerikanische Militärver­ waltung unter Colonel Eugene Keller die Universität auf, die Verwaltung durch »unbelastete« und »geeignete« Personen aufrechtzuerhalten. Nun schlug die im April gebildete Grup­ pe19* den aus ihrer Mitte gewählten Albert Rehm20* der Mili­ tärregierung und dem Oberbürgermeister von München als kommissarischen Rektor vor; von den zehn Professoren dieser Wahlgruppe blieben nach der Entnazifizierung übrigens nur noch die Professoren Albert Rehm, Alexander Scharff, August Schmauß und Fritz Terhalle übrig.21* Am 14. Mai 1945 wurde die Universität München durch eine Verfügung der Militär­ regierung jedoch erst einmal geschlossen. Für die Fortsetzung der Verwaltung stand ab 15. Mai dann der oben benannte kom­ missarische Rat zur Verfügung, der sich im Oktober 1945 neu bilden mußte. Dem Plan, den Lehrbetrieb spätestens zum Winterseme­ ster 1945/46 wieder aufzunehmen, standen viele Hindernisse entgegen. Eines der wichtigsten bildete dabei die Entnazifizie­ rung des Lehrkörpers. In Zusammenarbeit zwischen der Uni­ versität, die Gutachten und Unterlagen bereitstellte, und der vorläufigen bayerischen Regierung unter Fritz Schäffer, ergin­ gen die Entlassungsschreiben der Militärregierung an die bela­ steten Professoren und Dozenten der Universität München. Vorerst betraf dies nur 4522* der 269 bis September 1946 ent­ lassenen Lehrpersonen der Universität, die hohe Restzahl wur­ de dann unter der neuen Regierung Hoegner amtsenthoben. Die erste große Enthebungswelle traf im November alle Fa­ kultäten,23* die nächste im Januar 1946 dann vorrangig noch einmal die Philosophische Fakultät. Insgesamt wurden 80% des Lehrpersonals der Universität München vorläufig entlassen. Noch im November 1946 enthob man weitere 34 Personen ihres Amtes.24* Die Gründe für diese Maßnahmen der Militär­ regierung lagen in Parteimitgliedschaft und allgemein in der Multiplikatorenfunktion von Lehrern und Professoren.25* Obwohl im November 1945 bereits ein Großteil der Sus­ pendierungen ausgesprochen und das Lehrpersonal inzwischen

Universität München auf nahezu 20% reduziert worden war, gab die Militärregie­ rung einem Wiedereröffnungsantrag von Rektor Rehm nicht statt.26* Neben einer mangelhaften »Selbstreinigung«27* bean­ standete beispielsweise der Direktor der Abteilung für Ge­ sundheitswesen bei der Militärregierung, Captain W.C.Davison, auch die Rückständigkeit der Medizinerausbildung, die sich auf dem Stand von 1912 befinde.28* So wurde in Mün­ chen, im Gegensatz zur englischen Zone, eine »complete denazification without reform« anstatt eines gleitenden Reform­ übergangs durchgeführt.

Die Auswirkungen der Entnazifizierung Jede Fakultät war von diesen Maßnahmen unterschiedlich be­ troffen. Aus der in das besondere Interesse der Militärregierung gerückten Medizinischen Fakultät wurden 81%, das entspricht 104 Lehrpersonen, entlassen. Von 119 im Vorlesungsverzeich­ nis 1945 benannten Lehrern kehrten bis 1949/50 schließlich 66 auf ihre Posten zurück. Von 24 aktiven Ordinarien29* waren neunzehn in die Partei eingetreten, zwölf davon vor dem l.Mai 1937. Endgültig entlassen blieben insgesamt drei Ordi­ narien. In Gegenüberstellung zu anderen Ranggruppen wiesen die außerplanmäßigen Professoren dieser Fakultät den gering­ sten Anteil an Parteigenossen auf. Trotz 91 Neueinstellungen und Berufungen, die zu den Wiedereinsetzungen noch hinzu­ kamen, erreichte die Fakultät bis 1949 noch nicht wieder ihre ehemalige Besetzungsstärke. Die am stärksten strukturverändernde Entlassungswelle traf die — damals noch ungeteilte — Philosophische Fakultät. Sie mußte 89%, das bedeutete 86 von 96 Lehrern entlassen. Auch hier erwiesen sich 54% der Entlassungen als dauerhaft. Die letzten sieben Jahre der NS-Herrschaft hatten in den Geisteswissenschaften30* viel stärker als in den an praktischen Fachwissenschaften orientierten Fakultäten verheerende Fol­ gen gezeitigt. So waren in der Mittleren und Neueren Ge­ schichte von 17 vorhandenen Lehrern 15 entlassen worden; die Alte Geschichte, mit einem Ordinarius und einem Dozen­ ten besetzt, wurde völlig entblößt, ebenso die Archäologie, die Klassische Altertumswissenschaft und die Völkerkunde. Auch in der Deutschen Philologie war nach der Säuberung kein akti­ ver Dozent mehr übrig und in Philosophie verloren vier außer­ ordentliche Professoren ihre Stellung, ln den »Nebenfächern« wirkten sich die Enthebungen nicht so stark aus. Etliche Ordi­ narien wurden sofort bestätigt,31* andere bald rehabilitiert.32* Zwar hatte die Fakultät für 18 Institute die Leiter verloren, 13 waren ohne Personal; doch im Januar 1946 konnten 18 der 29, die 1945 im Vorlesungsverzeichnis benannt gewesen wa­ ren, ihre Arbeit wieder aufnehmen. Die Fakultät erholte sich jedoch nicht nur als erste, sie erweiterte sich bis 1948 sogar auf 144 Lehrende: Für Mittelalterliche und Neuere Geschichte wurde am 1.5. 1947 Johannes Spoerl (Freiburg) berufen, für Klassische Philologie kam am 11.1. 1947 Fritz Klingner (Leip­ zig); 1948 erhielten Romano Guardini (Tübingen) für Christli­ che Weltanschauung, Ernesto Grassi (Berlin) für Philosophie, Schenk Graf von Stauffenbcrg für Alte Geschichte und Helmut Hoffmann (Hamburg) für Indologie und Iranistik einen Ruf. Am 5.11. 1949 wurde auch der Lehrstuhl für Vor- und Frühge­ schichte, den der 1944 gefallene Hans Zeiß innegehabt hatte, mit Joachim Werner wiederbesetzt. Daneben begannen die

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Gastprofessoren Franz Schnabel (Neuere Geschichte), Olof Gigon (Klassische Philologie), sowie die in den ersten Jahren habilitierten Dozenten Bernhard Bischoff (Lateinische Philo­ logie des Mittelalters), Karl Bosl und Hans Rail (Bayerische Geschichte), Trasybulos Georgiades (Musikwissenschaft) und andere, das Gesicht einer neuen Universität zu prägen. Die Juristische Fakultät hatte in dem Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1945 24 Mitglieder und deren Vorle­ sungen angeführt; davon wurden bis zum Ende des Jah­ res 1946 21 Dozenten entlassen, von denen bis 1949/50 acht zurückkehrten. Auch hier befand sich der höchste Anteil der »Entlasteten«33* unter den Ordinarien: sechs von neun nahmen ihre Plätze wieder ein. 1946 war von den Ordinarien nur der beim Nürnberger Prozeß als Verteidiger für General Jodl ein­ gesetzte Ordinarius für Strafrecht, Franz Exner, übriggeblieben. Der für die Einführung sozialer und soziologischer Aspekte im Arbeitsrecht sowie für die Entwicklung des deutschen und internationalen Handels- und Gesellschaftsrechts bedeutende Alfred Hueck wurde schon vor Wiedereröffnung der Univer­ sität erneut zugelassen. Den ebenfalls zu diesem Termin wieder bestätigten und in den Vorbereitungsgremien tätigen Ordina­ rius für Bürgerliches Recht, Zivilprozeß- und Handelsrecht, Karl Biomeyer, traf die Entlassung vom 13. November 1946 zum zweiten Mal: Mit seiner Rückkehr in die Fakultät zum Wintersemester 1947/48 waren Wiedergutmachungsverfahren gegen den bayerischen Staat verbunden. Dieses Beispiel unter mehreren verdeutlicht die in der Folge der Enthebungen ent­ standenen Schwierigkeiten: Vor allem in den Jahren 1948/49 begannen Diskussionen über dieses von den Amerikanern ge­ setzte und von der deutschen (bayerischen) Verwaltung befolg­ te »abstrakte« Recht. Zur Wiedereröffnung reaktivierte man den bereits emeritierten Professor Rudolf Müller-Erzbach, den Schöpfer der Lehre vom kausalen Rechtsdenken, und den Staatsrechtler Willibald Apelt, einen der Väter der Weimarer Verfassung. Bis 1949/50 konnte sich die Fakultät dann wieder auf ihren ursprünglichen Bestand an Lehrern ergänzen: Hans Nawiasky kehrte aus der Emigration zurück, aber auch der am 19. November 194 534* amtsenthobene Ordinarius für Römi­ sches und Bürgerliches Recht, Mariano San Nicolö, der seit 1938/39 Senator der Juristischen Fakultät gewesen war, über­ nahm am 15. Dezember 1947 wieder sein Amt und die Leitung des Juristischen Seminars. Dieser Gegensatz der Rückgewin­ nung und Wiedereinstellung läßt die wissenschaftlich und emotional ebensowenig begründbaren wie politisch und stati­ stisch erfaßbaren Probleme der meisten Fakultäten in einem Folgezeitraum von etwa 20 Jahren erahnen. Die Staatswirtschaftliche Fakultät wies zu Ende des Krieges ein Lehrpotential von 27 Mitgliedern auf: 18 wurden vorläufig entlassen, sechs davon endgültig. Mit 22% bis Ende 1946 Ent­ lassenen war sie die am wenigsten von der Entnazifizierung betroffene Fakultät. Von 13 Ordinarien wurden sechs vorläufig aus dem Dienst entfernt. Der unerschrockene, von den Natio­ nalsozialisten entpflichtete Nationalökonom Otto von Zwidineck-Südenhorst wurde gleichzeitig in den Planungs-Ausschuß für die Wiedereröffnung der Universität berufen. Bis 1949 hatte sich die Fakultät nicht nur auf ihren Bestand von 1944/45 ergänzt, sondern bereits auf 40 Lehrende erweitert. Schwieriger hatte es die ehemalige Naturwissenschaftliche Gesamtfakultät: 24 Institute waren von der Entnazifizierung betroffen, davon blieben 16 vorläufig ohne Leitung, da die

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Kirchen, Bildung und Erziehung

Fakultät 81% des Personals bis November 1945 einbüßte. Die ehemalige Dozentenzahl von 79 ergänzte sich bis 1949/50 auf 72; darunter befanden sich 24 wieder Zugelassene. Von 20 Or­ dinarien blieben ihr endgültig sieben verloren; nur fünf Pro­ fessoren dieser Fakultät hatten der Partei schon vor 1937 ange­ hört. Dennoch gestaltete sich der Wiederaufbau personell sehr schwierig, da der Einsatz der Naturwissenschaftler in der NSKriegführung noch lange Jahre nach dem Krieg ihren Einsatz im Lehrbereich hemmte. Im Bereich der Chemie, die in München seit Professoren­ generationen durch Nobelpreisträger vertreten war, wurde Heinrich Wieland (Organische Chemie) sofort bestätigt; Otto Hönigschmid (Anorganische Chemie) setzte seinem Leben 1945 ein Ende.35’ Für das unter Richard Willstätters Leitung 1932/33 erbaute Institut für Physikalische Chemie, das nach der Entlassung von Kasimir Fajans durch die Nationalsoziali­ sten am 1. Dezember 1936 Klaus Clusius übernommen hatte, wurde dieser zum 6. Dezember 1945 als Leiter bestätigt. Für Mathematik beließ man alle Ordinarien im Amt: Constantin Caratheodory, Oskar Perron und Heinrich Tietze. In dem von Arnold Sommerfeld zu weitreichender Berühmtheit ausgebauten Physikalischen Institut setzte man den außeror­ dentlichen Professor für Experimentalphysik Eduard Rüchardt unter gleichzeitiger Ernennung zum Ordinarius als Instituts­ vorstand ein. Eine ordentliche Professur auf dem seit Emeritie­ rung Sommerfelds unbesetzten Lehrstuhl für Theoretische Physik wurde dann erst 1952 an den seit 16. September 1947 an der Universität lehrenden außerordentlichen Professor Fritz Bopp verliehen. In Walther Gerlach, den die Universität Mün­ chen 1945 auf Beschluß der Besatzungsmächte nach England gehen lassen mußte und der ab 1946 in Bonn lehrte, erhielt die Fakultät am 1. April 1948 einen weiteren Vertreter der Experi­ mentalphysik. Gerlach übernahm ab 1948/49 dreimal das Amt des Rektors und die Universität gewann in ihm einen ausge­ zeichneten Förderer des Aufschwungs der Naturwissenschaf­ ten. Anders als in der großen »Schwesterfakultät« Philosophie, litten hier auch die Vertreter der Nicht-Hauptfächer unter der Entnazifizierung: Die Ordinarien für Geographie, Geologie, Biologie, Zoologie, Paläontologie und Anthropologie sowie Pharmazie wurden erst zwischen 1948 und 1950 neu berufen. In der Übergangszeit vertraten außerordentliche, außerplanmä­ ßige oder ordentliche Professoren »anderer Universitäten« — letztere stammten meist aus Flüchtlingsgebieten — die vakanten Lehrstühle. In diesem Fächerkreis war allein der Meteorologe August Schmauß von der Säuberung »nicht betroffen«. Auch die Tiermedizinische Fakultät wurde, trotz ihrer Aus­ nahmestellung im Universitätsgefüge, von der Säuberungs­ welle erfaßt. Die wegen Einzugs der Professoren zum Heeres­ dienst seit Herbst 1939 nur nominell im Senat vertretene Fakultät verlor bis auf die Ordinarien Reinhard Demoll (Zoo­ logie und Fischkunde), Karl Hilz (Pharmakologie) und Oskar Seifried (Allgemeine Pathologie), die übrigen vier Ordinarien und damit die Institutsleiter für Anatomie, Physiologie, Tier­ hygiene, Tierzucht, Geburtshilfe, Huf- und Beschirrungskunde und für die Medizinische Tierklinik. Als der um den Wieder­ aufbau der Fakultät und der Universität bemühte Oskar Sei­ fried am 13.11. 194636' entlassen wurde, verblieb von fünf ordentlichen Lehrstühlen nur einer. Hier zeigte sich die Not­ lage besonders deutlich: Da die Volksgesundheit und Volks­

ernährung wesentlich auch vom Betrieb der Tiermedizin ab­ hängig waren, wehrte sich die Fakultät heftig gegen die Enthebungen. Es standen nämlich, aufgrund der Unterbre­ chung der Ausbildung der Tiermediziner in Bayern während des Dritten Reiches, »keine politisch unbelasteten, geeigneten Persönlichkeiten« als Ersatz zur Verfügung.37' Betrachtet man alle diese Zahlen genauer, so fällt ein Ge­ samtverlust von »nur« 33 Ordinarien auf;38' dieser zeichnete sich aber erst bis 1949/50 ab.39' Die Rückkehrquoten, also das prozentuale Verhältnis der Rehabilitierten zu den vorläufig Entlassenen, stellten sich im Wintersemester 1949/50 so dar: Juristische Fakultät 20,8%, Staatswirtschaftliche Fakultät 58,8%, Medizinische Fakultät 26,7%, Philosophische Fakultät 36,6% und Naturwissenschaftliche Fakultät 45,3%. Für die Gesamtuniversität ergab sich ein Verhältnis von 32,9%.40' Bis 1949/50 hatte sich die Universität trotz der vielen Entlas­ sungen statistisch vergrößern können, da 289 Enthebungen 99 Wiedereinsetzungen und 266 Neuberufungen gegenüber­ standen. Die bis 1948 ansteigende Zahl der Rückberufungen hatte ihre Ursache unter anderem in der genaueren Differenzierung einer formalen Zugehörigkeit zur NSDAP. Aber auch die Standpunktänderung der Amerikaner während des Kalten Krieges trug zu einer Lockerung bei.41' Die juristischen Folgen, seien es beamtenrechtliche Schwierigkeiten oder Wiedergut­ machungsverfahren, zogen sich jedoch noch weit in die Fünf­ ziger Jahre hinein.

Die Wiedereröffnung der Universität München Am 15. Oktober 1945 berief der kommissarische Rektor Rehm bei gleichzeitiger Auflösung seines bisherigen »Beirates« auf­ grund der Entschließung von Militärregierung und Kultus­ ministerium einen Planungsausschuß nach Marburger Vorbild: »Die Auswahl der Mitglieder oblag dem Rektor«,42' wenn sie auch vom Ministerium genehmigt werden mußten. Die Mit­ glieder durften weder der NSDAP noch einer ihrer Gliederun­ gen angehört haben. »Mit der Anerkennung des Ausschusses durch das Ministe­ rium gilt die Hochschule als eröffnet, doch bedarf der Be­ ginn der Vorlesungen, der durch einen feierlichen Akt zu erfolgen hat, noch einer besonderen Genehmigung.«43' Rektor Rehms Vorschlagsliste war gleichzeitig für den Planungs- wie auch Wiedereröffnungsausschuß gültig. Am 5. No­ vember 1945 wurde dieser Ausschuß endgültig vom Ministe­ rium genehmigt.44' Am 17. Oktober 1945 gab Rektor Rehm den Beginn der Immatrikulationen bekannt.45',Aus dem Pla­ nungskomitee ging im folgenden dann auch der Säuberungs­ ausschuß hervor, ebenso der Immatrikulationsausschuß. Letzte­ rem lagen bis zum 6. Dezember 1945 bereits 7000 Studienan­ meldungen vor. Der Gesamtausschuß reichte zu diesem Datum den ersten46’ von drei Wiedereröffnungsanträgen an das Kul­ tusministerium ein.47' Für die 4000 Studenten, die man unter Berücksichtigung der Raumverhältnisse in der Universität und der Unterbringungsmöglichkeiten in der Stadt aufnehmen konnte, standen 21 zugelassene Professoren48' zur Verfügung; eine Lehrvertretung der Tiermedizinischen und der Juristi­ schen Fakultät wurde nicht angegeben. Aus diesem Grunde mußte die Universität von einem Vorlesungsplan vorerst abse­

Universität München hen; für die Förderkurse waren Lehrbeauftragte und Professo­ ren tätig, die in einem Intensivprogramm, das das Bildungs­ defizit der Kriegsjahre mindern sollte, seit Weihnachten 1945 unter Kontrolle der Militärregierung vor allem von Kurt Vogel (Naturwissenschaftliche Fakultät, außerplanmäßiger Professor für Mathematik) und Amandus Hahn (außerordentlicher Pro­ fessor für Physiologische Chemie in der Medizinischen Fakul­ tät) abgehalten wurden. Für den Vorlesungsbetrieb konnte die Universität 13 Hörsäle mit 1830 Plätzen und 18 Seminar­ räume mit 552 Plätzen im Hauptgebäude bereitstellen, Einzel­ räume standen in den Bauten der Medizin, Tiermedizin und Chemie zur Verfügung. Anfang Januar 1946 beschwerte sich Captain Pundt von der amerikanischen Militärregierung über den schleppenden Gang der Verhandlungen im Prüfungsausschuß, dessen Bericht vom 15. Januar sich vorrangig mit der Klärung der Begriffe eines »Mitläufers« oder eines »Parteimitgliedes« beschäftigte und betonte, daß die Frage entscheide, »ob man zu dem Geprüften das Vertrauen haben darf, daß er sich vorbehaltlos und ohne Verleugnung seiner politischen Vergangenheit der Wiederaufbauarbeit und als akademi­ scher Lehrer der Erziehung der Jugend im neuen Geiste zur Verfügung stellt«.49* Dennoch kam auch der zweite Wiedereröffnungsantrag von Rektor Rehm vom 21. Januar 1946 zurück, weil die Universi­ tät Vorlesungsankündigungen für von ihr selbst im Prüfungs­ komitee »befreite« Mitglieder eingereicht hatte; sonstige Er­ öffnungsbedingungen waren erfüllt. Inzwischen beklagte sich die Naturwissenschaftliche Fakultät darüber, daß »gute, rein nominell belastete Kräfte für die bayerischen Hochschulen und speziell für München« durch Abwanderung an längst eröffnete Hochschulen, besonders in die nicht derart schematisch verfah­ rende britische und französische Zone, verlorengingen und von dort nicht nach München berufen werden möchten. Das Schreiben verwies auf den Münchner Physiker Walther Gerlach (z.Zt. Universität Bonn) und den seit 12 Jahren zu beru­ fenden Nobelpreisträger Werner Heisenberg (z.Zt. Universität Göttingen). Die Fakultät beantragte, Gastprofessuren nach dem Beispiel der Universität Hannover einzurichten.50’ Ohne Auf­ hebung der von 1933 bis 1945 gültigen Verfassung waren sol­ che Probleme allerdings nicht zu lösen. Der Planungsausschuß bemühte sich mit der Begründung, daß die Organisation und Verwaltung der Universität durch die Gesetze von 1933/34 und 1937 nicht berührt worden seien, vorläufig nicht um eine Neufassung der Universitätssatzung, sondern setzte die vor 1933 gültige wieder in Kraft.51’ Dadurch stand einer Neueröff­ nung der Katholischen Theologischen Fakultät am 4. Februar 1946 nichts mehr im Wege. Diese Fakultät meldete den An­ spruch auf die 9 bis 1938 innegehabten Ordinariate und zwei Extraordinariate bereits am 19. November 1945 an das Rekto­ rat. Eine endgültige von zwei Enthebungen trat auch hier noch ein; 1949/50 besaß die Fakultät 11 Ordinarien. Kurz danach wurde Rektor Rehm gebeten, seinen Rücktritt beim Ministerium einzureichen. Die schon im Dezember sich abzeichnenden Mißstimmigkeiten52’ über Lehrpersonal und Wiederaufbau des Vorlesungsbetriebes und der Protest Rehms gegen die Flut von Enthebungen in seiner Fakultät im Januar 1946 trafen mit Unstimmigkeiten in der bayerischen Landesregierung zusammen. Wilhelm Hoegner nahm das

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Rücktrittsgesuch Rehms an und ernannte als kommissarischen Nachfolger im Rektoramt der Universität Geheimrat Karl Vossler. Gleichzeitig wechselte das Kultusministerium den Staatskommissar für die Universität München; Otto Graf, von staatlicher Seite bereits Mitglied des Planungsausschusses, folg­ te auf Hans Meinzolt.53> Der inzwischen 73jährige Karl Vossler mußte von Rehm al­ lerdings ein Meinungs- und Orientierungsvakuum überneh­ men: Die Enthebungen hatten die Weiterarbeit gerade da er­ schwert, wo die Regierungsstellen die von den Amerikanern geforderte individuelle Bildung als Voraussetzung für eine De­ mokratisierung forderten. Eine Zusammenarbeit mit der seit fast zwei Jahrhunderten universitätsverbundenen Akademie der Wissenschaften54’ war, da auch sie schwer vom Zusam­ menbruch 1945 in Mitleidenschaft gezogen war, nicht mög­ lich; eine spezialwissenschaftliche Ergänzung, wie sie Vossler durch Berufungen und beschleunigte Eröffnung der Universi­ tät erreichen wollte, stand erst am Beginn. Eine weitere Proble­ matik, die mit der »Säuberung« einherging, schob sich jedoch immer mehr in den Vordergrund: Es war die Frage nach der Berechtigung der Amerikaner, in die deutsche Bildungstraditi­ on und damit in eine jahrhundertelange Erziehungs- und Gei­ stesgeschichte einzugreifen. Solche Rückbesinnung auf die »deutsche« humanistische Tradition förderte besonders der vom 21. Dezember 1946 bis 18. Dezember 1950 tätige Staats­ minister Alois Hundhammer.55’ Am 18. Februar reichte dann Vossler den noch von seinem Vorgänger ausgearbeiteten Antrag auf Wiedereröffnung der Juristischen, der Staatswirtschaftlichen und der Philosophi­ schen Fakultät ein. Die Antwort des Headquarters für »Education and Religious Affairs« in Berlin bemängelte die Vorle­ sungsmeldungen für die Juristische Fakultät als »very conservative«, »meager« and »uninspired«56’. Dennoch erhielt Vossler vorerst am 28. März 1946 die Zusa­ ge für die Wiedereröffnung der Philosophischen, Juristischen, Staatswirtschaftlichen und Naturwissenschaftlichen Fakultät.57’ Nichts zeigt deutlicher die Mißverständnisse zwischen dem »abstrakten Recht« und dem angewandten Interessenrecht, zwischen Möglichkeiten der Unterscheidung von Wissen­ schaft und Parteigebundenheit gegenüber der Militärregierung wie der eigenen Institution. Dies führte mit zu einer derart ver­ schleppten Wiedereröffnung der Universität München. Diese wurde vom Kultusministerium auf den 1. April 1946 festge­ legt. Zusammen mit den am 28. März benannten Fakultäten konnte die Juristische Fakultät ihren Lehrbetrieb wieder auf­ nehmen.58’ Die Medizinische Fakultät erhielt die Erlaubnis der Militärregierung am 25. Juli 1946,59’ die Tiermedizinische am 19. Oktober 1946.60’

Die ersten Jahre Die feierliche Eröffnung61’ wurde für den 15. Juli 1946 in der Aula der Universität vorgesehen.62’ Ein wichtiger symbolischer Akt sollte gleichzeitig stattfinden: die Übergabe der Rektorats­ kette an den ersten gewählten Nachkriegsrektor der Universi­ tät, Professor Georg Hohmann.63’ Am 21. Juni 1946 war Hohmann, damals noch Rektor der Universität Frankfurt, von allen Fakultäten im 2. Wahlgang64’ gewählt worden; man erhoffte von ihm auch die Vermittlung zwischen den verschiedenen Ansichten über die Beschäftigung von NS-Belasteten.65’ Zum

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Kirchen, Bildung und Erziehung

Prorektor wurde der am l.März 1946 aus Leipzig berufene kommissarische Ordinarius für Öffentliches Recht, Willibald Apelt, gewählt. Die beiden ersten Männer an der Spitze der Universität nach dem Krieg waren also »Fremde«. Eine Wahl des Prorektors fand nur dieses eine Mal statt. Ab 1947/48 nahm der jeweilige Rektor im folgenden Jahr die Stelle des Prorektors wahr. Bereits nach den beiden Teilsemestern des Jahres 1946 wur­ de deutlich, mit welchem Ansturm an Studenten die Universi­ tät zu kämpfen und in Zukunft zu rechnen haben würde. Der Lehrkörper war nur unwesentlich verstärkt. Die Verbote der Weiterbeschäftigung entlassener Beamter galten auch für den Hochschulbereich und wurden hier 1947 sogar verschärft: die Anweisungen der Militärregierung verboten es ausdrücklich, »Lehrstühle für den zu entnazifizierenden früheren Inhaber freizuhalten«.66* Diese Verordnung muß in Zusammenhang gebracht werden mit der durch das Staatsministerium für Son­ deraufgaben genehmigten »Weihnachtsamnestie« des Jah­ res 1947, die für einen Großteil des Lehrpersonals der Univer­ sität eine Revision der 1945/46 verhängten Enthebungsverfü­ gungen vor den Spruchkammern zuließ.67* Zwar war durch das Kultusministerium die beschleunigte Verhandlung der Spruch­ kammerverfahren für alle Professoren und Beamten der baye­ rischen Universitäten angeordnet worden, aber bis zum Ab­ schluß der Verfahren sollte keine Blockierung des Lehrbetrie­ bes eintreten. Aus diesem Grund liegt in der Statistik die Spitze der Berufungszahlen ein Jahr vor derjenigen der Rückberufe­ nen. Insgesamt war es, da die räumlichen wie wissenschaftli­ chen Aufbauarbeiten dem Zuwachs an Studenten nicht Schritt halten konnten, vorerst nur möglich, die wissenschaftliche Spezialisierung auf einer breiten Basis von Grund- und fakul­ tätsübergreifenden Vorlesungen einzuleiten. Parallel liefen Be­ schränkungen des Studienzugangs bereits nach zwei Semestern. Die wissenschaftliche Arbeit ging in diesen Jahren jedoch weiter; dies beweisen Dissertationen aus den ersten Nach­ kriegsjahren.68’ Das erste Nachkriegszeugnis datiert vom 20. Oktober 1946 für eine im Oktober 1945 eingereichte Ar­ beit über »Theodor Fontane im Urteil der Presse, ein Beitrag zur Geschichte der literarischen Kritik«; diese bei dem spä­ ter amtsenthobenen Professor für Zeitungswissenschaft, Karl d’Ester, in der Philosophischen Fakultät abgelegte Promo­ tion69* war die erste von 21 weiteren dieser Fakultät im Jahr 1946. Es befanden sich darunter 11 Arbeiten von Frauen. Auch in der Naturwissenschaftlichen, der Medizinischen, der Staatswirtschaftlichen und der Juristischen Fakultät begannen 1946 wieder die Promotionen; so legten die Juristen 1947 unter dem Eindruck der neuen bayerischen Verfassung vom Dezember 194670* 22 Dissertationen vor. Im April 1948 wurde dann auch eine neue Promotionsordnung verabschiedet, nach­ dem im Juli 1947 der während der Kriegsjahre »vorläufig« verliehene Doktorgrad als endgültig anerkannt worden war.71’ Lediglich die seit 1938 geschlossene Theologische Fakultät mußte völlig neu beginnen: die ersten drei Dissertationen la­ gen erst 1947 vor.72’ Seit 1946 hatte sich die studentische Selbstverwaltung (AStA) neu etabliert, die sich bald mit den Studentenvertretun­ gen anderer Hochschulen im Landesverband Bayern (LVB) und im Verband Deutscher Studentenschaften (VDS) zusam­ menschloß. Auch hier fanden die seit Januar 1946 wieder zu­ gelassenen Parteigliederungen Eingang. Der AStA organisierte

die Wohnraumbeschaffung, Arbeitsmöglichkeiten und vor allem den »Bautrupp«. Die Mitarbeit in dieser Selbsthilfeorga­ nisation zum Aufräumen von Schutt und Bautrümmern, zur Wiederzugänglichmachung von Seminaren und Hörsälen wurde für »Nichtgeschädigte« Voraussetzung für die Zulas­ sung.73* Der Strom der Zulassungen wurde nach gemeinsamer Besprechung der bayerischen Rektorenkonferenz am 14. Au­ gust 1947 auch durch kultusministerielle Bestimmung nach einem Punktsystem geregelt, das vom Alter über den Grad der Verfolgung im Dritten Reich, die Versehrtenstufe und die Fa­ milienverhältnisse sowie den Wohnbereich alle Faktoren einbezog. Noch am 4. August 1947 betonte die Militärregierung, daß die Überprüfung der Studenten in politischer Hinsicht nicht allein im Verantwortungsbereich der Universitätsbehör­ de, sondern auch der Besatzungsmacht liege.74* Der für alle Im­ matrikulationen verantwortliche Zulassungsausschuß der Uni­ versität, der aus »zuverlässigen« Studenten, Mitgliedern des neu gegründeten AStA und genehmigten Fakultätsmitgliedern gebildet war, unterlag der Kontrolle durch den Erziehungsoffi­ zier der Militärregierung. Unter den Studenten wurden 1946 10%, unter den Professoren 1947 erst 20%, dann 25% »Mit­ läufer« der NS-Partei und ihrer Gliederungen zugelassen;75’ 1947 verhielt sich die Zulassungsnachfrage zur Aufnahme­ fähigkeit der Münchner Universität wie 8 zu 1. Was die Entscheidungsgrundlagen äußerst erschwerte, war das Nebeneinander von vollständigen Reifezeugnissen und kriegsbedingten Reifeprüfungen ohne Noten, ferner der Um­ stand, daß weibliche Studienbewerber in den Kriegsjahren den Schulbesuch nahezu ungehindert hatten fortsetzen können, während ihre Schulkollegen im Felde standen. Die Rektoren einigten sich auf ein Zulassungsverfahren, in dem von 10 Stu­ dienbewerbern 6 direkt, 4 indirekt - d.h. über den ein­ semestrigen Bautruppeinsatz - aufgenommen wurden. Inzwi­ schen meldeten bereits Nachkriegsabiturienten Ansprüche an, Flüchtlinge aus den Ostgebieten erhöhten den Zustrom. So setzte 1948/49 die Tiermedizinische Fakultät die Regierung mit der Androhung der Schließung der Fakultät unter Druck. Sie argumentierte mit dem ständig steigenden Zustrom und dem unbedingt notwendigen Ausbau des veterinärmedizini­ schen Systems in Bayern. Die in der Baumasse am höchsten ge­ schädigte Fakultät sah eine ordnungsgemäße Fortführung des Unterrichts nicht mehr gewährleistet, da abgesehen von der Personaldezimierung weder die Bereitstellung von Ausweich­ räumen noch die Instandsetzung bestehender Bauten in An­ griff genommen war.76* Der Protest fiel heftig aus, zumal die Staatsregierung die Planungen für eine vierte Landesuniversität (Regensburg) aufgenommen hatte. Auch die Medizinische Fa­ kultät konnte zwar die Zahnmedizin wieder in einem eigenen Gebäude unterbringen, sah sich aber gezwungen, für das Stu­ dienjahr 1949/50 die Zahl der Neuaufnahmen in die klini­ schen Semester auf 30 zu beschränken. Das Trauma der Zertrümmerung war mit der Verfassung von 1955 beendet. Doch die Hochschulpolitik, die äußerlich durch die Westdeutsche Rektorenkonferenz und verschiedene hochschulpolitische Ziele verfolgende Reformkreise repräsen­ tiert wurde, hatte diese Frage der bayerischen Situation bereits ad acta gelegt. Der breitgefächerte Betrieb eines Industriestaates erforderte längst eigene Gesetze, andere Richtlinien als eine »historisierende Verfassungsdokumentation«.77* Ursula Huber

Volksbildung. Modernität aus Tradition

Die »Volkshochschule München«: Hinweise zur Entwicklung zwischen 1906 und 1935 »Die Münchner Volkshochschule darf an die gute Überlie­ ferung einer bis 1933 fortschreitend ausgebauten Volksbil­ dungsarbeit anknüpfen und muß doch wieder von neuem anfangen.«11 Mit dieser und ähnlichen Formulierungen wandte sich im Mai 1946 die neueingerichtete Münchner Volkshochschule2’ an die Öffentlichkeit.3* Eine Betrachtung der Münchner Volks­ hochschulentwicklung in den Jahren 1945 und danach muß angesichts dieser ausdrücklich betonten Tradition wenigstens in Umrissen die Volksbildungsarbeit jener Zeit in München skizzieren. Aber auch unabhängig von der in München eigens hervorgehobenen Anknüpfung an die Zeit bis 1933 gehört das Problem von Kontinuität und Brüchen zwischen dem Weima­ rer und dem sich nach 1945 entwickelnden Volkshochschul­ wesen zu den zentralen Fragestellungen einer Historiographie der Erwachsenenbildung.4’ Die Volkshochschule München der Weimarer Periode ging hervor aus den seit 1906 existierenden »Münchner Fortbil­ dungskursen für Arbeiter«.5’ Nach mehreren Umstrukturierun­ gen hieß die Einrichtung ab 1926 dann endgültig »Volkshoch­ schule München e. V.«.6’ Die Errichtung einer Volkshochschule erfolgte also in München vergleichsweise spät und unter er­ heblicher Zurückhaltung seitens der Stadtverwaltung; auch in den Jahren bis zum Ende der Weimarer Periode mußte sie dann um ihr wirtschaftliches Überleben ringen.7* Um einen Konkurs, eine nach Ansicht des Oberstadtschulrates Baier »na­ türlich für die Stadt ... unangenehme Sache«,8’ zu vermeiden, entwickelte dieser 1927 Vorstellungen über die Organisation einer Volkshochschule, die fast ausschließlich an kaufmän­ nisch-verwaltungsmäßigen, nicht jedoch an pädagogisch­ bildungspolitischen Grundsätzen orientiert waren.9’ Auch in den folgenden Jahren blieb die Volkshochschule ein Stiefkind der Stadt.10* Trotz ihrer bescheidenen materiellen Ausstattung gelang es ihr unter der Geschäftsführung des langjährigen Di­ rektors Wilhelm Bohl,11’ eine qualifizierte und auch andern­ orts anerkannte Volksbildungsarbeit zu entwickeln.12’ So besaß sie seit 1924 auch ein »Volksheim« im Südlichen Turm des Isartors, in dem sich die Geschäftsstelle sowie Räume für Ver­ anstaltungen befanden.13’ Starke Entwicklungsimpulse gingen von Stadtbibliotheks­ direktor Hans Ludwig Held aus, der im Juli 1927 die Leitung der Volkshochschule als 1. Vorsitzender übernahm, nachdem er bereits seit 1924 dem Kuratorium angehört hatte.14’ Die Wahl Heids erfolgte im übrigen auf Verlangen des 2. Bürgermeisters Küfner.15’ Den Hintergrund für diesen Vorgang bildete die oben erwähnte Finanzkrise des Jahres 1927. Die Stadt hatte an die Gewährung eines außerordentlichen Zuschusses die Bedin­ gung geknüpft, daß Verhandlungen mit der Volkshochschule aufgenommen würden mit dem Ziel, eine Vereinheitlichung der Volksbildungsbestrebungen in München, eine bessere Ge­

schäftsführung, die Durchforstung des Lehrangebotes und ei­ nen bestimmenden Einfluß des Stadtrates auf den Betrieb zu erreichen. Held war demzufolge als »städtischer Gewährs­ mann« an die Spitze der Volkshochschule getreten, der auch in kurzer Zeit die vom Stadtrat gewünschten Veränderungen be­ werkstelligte. Unter der Ägide Heids konnte sich die Volks­ hochschule München sowohl in pädagogischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht in einem, wenn auch bescheideneren, Rahmen stabilisieren.16’ Mit Held trat ein Mann an ihre Spitze, der sich der Volksbildung nicht nur als Stadtbibliotheksdirek­ tor in München verbunden fühlte, dessen Interessen, Tätigkei­ ten und persönliche Beziehungen auf dem Gebiet der Volks­ bildung vielmehr als umfassend zu bezeichnen waren. So verband ihn bereits auf gemeinsame Schulzeiten zurückgehen­ de Freundschaft mit Dr. Franz Angermann, dem Mitarbeiter Eduard Weitschs in der Heimvolkshochschule Dreißigacker und Leiter der Heimvolkshochschule Schloß Sachsenburg.17’ In beiden Heimvolkshochschulen war Held mehrfach zwischen 1923 und 1932 als überaus erfolgreicher Gastlehrer tätig.18’ Held spielte weiterhin eine hervorragende Rolle im »Hohenrodter Bund«, einem Zusammenschluß der führenden Persön­ lichkeiten der Volksbildung jener Zeit.19’ Seit 1925 gab Held die Bayerische Volksbildungszeitung »Volk und Heimat« her­ aus, die als Organ des Landesverbandes der Volksbildungsver­ eine Bayerns und ab 1929 zugleich als offizielles Organ der Volkshochschule München fungierte. Seit 1925 war er außer­ dem Beisitzer im geschäftsführenden Vorstand des Landesver­ bandes.20’ Unmittelbar nach der Übernahme der Macht im Münchner Rathaus durch die Nationalsozialisten trat Held auf Anraten Küfners am 25.3. 1933 als Vorsitzender zurück,21’ während Direktor Bohl, zunächst erfolgreich, versuchte, die Volkshoch­ schule gleichzuschalten und damit deren weitere Existenz un­ ter den neuen Umständen zu sichern. Bereits am 29.3. 1933 bezeichnete sich die Volkshochschule in einem Schreiben an die NSDAP-Abteilung Volksbildung als »nationale Bildungs­ stätte des deutschen Volkes«.22’ Nur wenig später übernahm der Adressat dieses Schreibens, Studienrat Ebner — langjähriger Dozent an der Volkshochschule und Parteigenosse — die Vor­ standschaft.23’ Am l.Mai 1933 vollzog man die Gleichschal­ tung dann endgültig, die Volkshochschule wurde »als erste na­ tionale Bildungsstätte des Deutschen Volkes eröffnet«24’ und Bohl trat der NSDAP bei.25’ Allerdings wurden sehr bald das Anpassungsmanöver Bohls und seine hochfliegenden Pläne konterkariert,26’ da sich die Volkshochschule, um ihre Existenz zu sichern, 1934 unter das Dach der NS-Gemeinschaft »Kraft durch Freude« begeben mußte und am 1.10. 1934 zur »Volks­ bildungsstätte« umgewandelt wurde.27* Bohl blieb zunächst Leiter dieser Nachfolgeeinrichtung, verlor diese Funktion aber bereits nach wenigen Wochen und schied in der ersten Jahres­ hälfte 1935 endgültig aus der Volksbildungsarbeit aus.28’ Aus dem Überblick über die Entwicklung der Volkshoch­ schule München während der Weimarer Zeit müssen im Hin­ blick auf den Neuanfang 1945/46 zwei Ergebnisse festgehalten

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werden: Die Stadt München maß der Tätigkeit der Volkshoch­ schule - im Unterschied zum Bibliotheks- und Volksbücherei­ wesen - keinen besonderen Stellenwert bei. Insbesondere sah sie die Volkshochschularbeit nicht als eine von der Stadt selbst zu leistende Aufgabe an. Sie versuchte, sich den unabwendba­ ren Verpflichtungen auf diesem Gebiet mit geringstem finan­ ziellen Aufwand in Form freiwilliger Zuschüsse zu entledigen. Dadurch war die Arbeit der Volkshochschule München fast ständig überschattet von wirtschaftlichen Sorgen. Daß es trotz dieser Bedingungen gelang, ein umfangreiches, qualifiziertes Unterrichtsprogramm anzubieten, ist zu einem Großteil auf den Einsatz Hans Ludwig Heids zurückzuführen. Held hatte im Münchner Volksbildungswesen aufgrund seiner verschie­ denen Funktionen, aber auch kraft seiner Persönlichkeit, eine Schlüsselstellung inne.

Die Gründung der Münchner Volkshochschule 1945/46 Erste Anregungen zur Errichtung einer Volkshochschule wur­ den bereits kurz nach Kriegsende von verschiedenen Personen an die Militärregierung herangetragen, so von Eduard Weitsch, der berichtet, daß die Mitarbeiter der Erziehungsabteihing der Militärregierung zunächst der Neubelebung der deutschen Volkshochschule »recht problemlos« gegenüberstanden. »Die Grundhaltung der Amerikaner verdichtete sich etwa in dem Satz: »Das machen wir alles mit Radio!» «29* Außer Weitsch hat­ ten auch Geheimrat Demoll, Dr.Zeise und Professor Hans von Eckart30* zu den Amerikanern Kontakt aufgenommen. Diese vier Personen bildeten, wie Weitsch berichtet, im Laufe der Zeit eine Gruppe, »welche die Amerikaner davon überzeugte, daß so etwas wie eine Münchner Volkshochschule vonnöten sei, und wir bereiteten diese vor«.31* In dieser Phase wurde Weitsch auch in der Öffentlichkeit als »der große Praktiker, der hinter den Vorbereitungsarbeiten (für die Volkshochschule in München, Anm. d. Verf.) steht«, bezeichnet.32* Die Entwicklung nahm jedoch durch das Eingreifen der Stadtverwaltung, die die Initiative an sich zog, einen anderen Verlauf. Stadtbibliotheksdirektor Held, seit 4.9. 1945 Sonder­ beauftragter für Kulturwesen,33* sowie Schulrat Dr. Fingerle luden die Gruppe um Weitsch, ergänzt durch den früheren Direktor des Volksbildungshauses »Wiener Urania«, Dr. Karl Witthalm, am 15.10. 1945 zu einer Aussprache über die Er­ richtung einer Volkshochschule ein.34* Wieso es zu diesem Vorgehen der Stadtverwaltung und zu der Hinzuziehung Witt­ halms kam, erläutert Held Jahre später: »Es sei dann dazu gekommen, daß eine Reihe von rein preußischen Herren eine Volkshochschule in München hät­ ten gründen wollen; es habe sich um die Herren Zeise und Weitsch gehandelt. Das sei ihm nicht sehr angenehm gewe­ sen; denn schließlich sei er seit 1919 der Volkshochschul­ mann nicht nur für München, sondern auch als führendes Mitglied in den verschiedenen Volksbildungsverbänden ... beschäftigt gewesen ... Er habe also einen Mann bringen müssen, der mindestens der Bedeutung der Herren Weitsch und Zeise habe entsprechen können. Dieser Mann sei Dr. Witthalm gewesen.«35* Die Aussprache am 15. Oktober sowie eine weitere am 25.10. 1945 führten noch im Oktober zur Bildung eines »Ausschusses

zur Errichtung einer Volkshochschule in München«, dem Held, Fingerle, Weitsch, Witthalm und Zeise sowie in beraten­ der Funktion Demoll und Eckart angehören sollten.36* Ange­ sichts der Arbeitsweise des Ausschusses mit vielen Sitzungen im Rathaus, die ihm nicht lagen, zog sich Weitsch jedoch aus der Arbeit »in eine wohlwollende Neutralität« zurück.37* Es kristallisierte sich rasch die führende Rolle Witthalms, dem auch die formelle Geschäftsführung des Ausschusses übertra­ gen worden war, beim Aufbau der Münchner Volkshochschule heraus, ln Zusammenarbeit mit Fingerle und besonders Held, bei dem die verschiedenen Fäden zur Stadtverwaltung, zum Kultusministerium und zu anderen Institutionen zusammen­ liefen, bereitete Witthahn die Eröffnung in organisatorischer und pädagogisch-konzeptioneller Hinsicht vor. Bevor die Volkshochschule mit ihrem ersten Unterrichts­ programm an die Öffentlichkeit treten konnte, waren zahlrei­ che Schwierigkeiten zu überwinden. Ein erster Bereich umfaß­ te Probleme wie die Klärung der zukünftigen Rechtsform und des Verhältnisses zur Stadt, die Finanzierung und die Bestel­ lung eines Geschäftsführers. Da es jedoch in der Vorberei­ tungsphase bis zur Eröffnung des ersten Unterrichtsabschnittes nicht gelang, die Frage der Rechtsform zu entscheiden, mußte eine provisorische Konstruktion, die sich dann als außeror­ dentlich dauerhaft erwies, gewählt werden. Es wurde ein Kura­ torium aus führenden Persönlichkeiten des öffentlichen Le­ bens gebildet, das die Volkshochschule zunächst führen sollte. Den Vorsitz des Kuratoriums und die Verantwortung für die Gesamtleitung gegenüber der Militärregierung und den deut­ schen Behörden übernahm Held.38’ Da das 1946 gebildete Kuratorium nie zusammentrat, wurde die Volkshochschule faktisch in dem Zeitraum bis zur Währungsreform als Privat­ betrieb von Held geführt. Dieses Provisorium bedeutete zu­ gleich, daß die Frage des Verhältnisses zwischen Volkshoch­ schule und Stadt in der Schwebe blieb; denn trotz der frühen Option für einen eingetragenen Verein als Rechtsform sollte die Volkshochschule nach dem Willen Heids und Witthalms in engster Verbindung mit der Stadt, und durch sie mit siche­ ren materiellen Garantien ausgestattet, arbeiten.39’ Witthalm wurde - nach dem »Clearing« durch die Militärregierung - am 9. Februar 1946 durch Oberbürgermeister Scharnagl zum Di­ rektor der Münchner Volkshochschule bestellt,40* aber auf eine formelle Regelung seines Arbeitsverhältnisses mußte er infol­ ge der ungeklärten Rechtsform noch fast vier Jahre warten. In­ nerhalb der Gründungsphase der Volkshochschule stellte die Ernennung Witthalms zum Direktor eine wichtige Zäsur dar; denn nun konnte er auch öffentlich als legitimierter Sachwalter ihrer Belange auftreten und handeln. Wenig Probleme bereite­ te die Finanzierung der Anlaufphase: Die Volkshochschule er­ hielt aus den im städtischen Haushalt vorgesehenen Mitteln für Volksbildung einen Eröffnungskredit von 10000,—RM.41’ Von besonderer Bedeutung für das Gründungsvorhaben waren die Abstimmung mit und die Genehmigung durch die amerikanische Militärregierung; die rechtliche Möglichkeit zur Wiederaufnahme der Volkshochschul-Arbeit schuf eine Order des Hauptquartiers vom 28. Oktober 1945, die die Wieder­ eröffnung von Volkshochschulen zuließ, »sofern geeignetes Personal und Unterrichtsmittel zur Verfügung stehen«.42* Am 31.1. 1946 informierte der für Volksbildung zuständige Refe­ rent des Kultusministeriums, Otto Graf, Heids Mitarbeiter Peter Stadelmayer, »daß die Amerikaner ... sich ernstlich und

Universität München höchst interessiert um die Volkshochschule annchmen woll­ ten«.431 Graf verlangte eine »Beschleunigung der Arbeiten auf deutscher Seite« und kritisierte die bisherige »dilatorische Be­ handlung des Fragenkomplexes Volkshochschule«. Am 5. Fe­ bruar 1946 trafen Staatsminister Fendt und Otto Graf mit Held und Fingerle zusammen, um das weitere Vorgehen bei der Er­ richtung einer Münchner Volkshochschule zu erörtern.44* Auch in diesem Gespräch wurde auf das starke Interesse der zuständi­ gen amerikanischen Referenten auf Stadt- und Landesebene an der Volkshochschule und auf deren Bereitschaft zu einer raschen und kooperativen Durchführung des Genehmigungs­ verfahrens hingewiesen. Als Hauptproblem sah der Kreis das »Clearing der vorgeschlagenen Dozenten« an. Am 22.3. 1946 stellte schließlich der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München bei der Militärregierung in München den formellen Antrag auf Eröffnung der Münchner Volkshochschule,45’ der mit Datum vom 3. April 1946 von der Militärregierung für Bayern genehmigt wurde.46’ Ein weiterer Aspekt der Gründungsgeschichte erfaßt die Be­ dingungen und Voraussetzungen, unter denen der Geschäfts­ führer seine Aufgabe durchführen mußte. Wenn man von ei­ nem Ausgangpunkt »Null« zu Recht reden darf, dann an dieser Stelle; denn zunächst fehlte es Witthalm praktisch an allem: einem geeigneten Arbeitszimmer, Büropersonal und einem halbwegs ausgestatteten Sekretariat.47’ Erst im Mai 1946 konn­ te die Volkshochschule einen eigenen Kanzleiraum im Rathaus beziehen. Etwa im gleichen Zeitraum gelang es Witthalm, auch Personal für das Sekretariat und die technische Sachbearbeitung einzustellen. Bis dahin war er gezwungen, für seine Tätigkeit das Arbeitszimmer seiner Wohnung zu benutzen und gele­ gentlich Familienangehörige zur Unterstützung heranzuziehen. Bevor die Volkshochschule den Unterrichtsbetrieb aufnehmen konnte, mußte sie überdies Unterrichtsräume beschaffen und Lehrkräfte finden. Was die Räume angeht,48’ so kamen dafür fast ausschließlich Zimmer in den städtischen Schulen, die vom Schulreferat zur Verfügung gestellt wurden, in Frage. Als pro­ blematisch erwies sich die teilweise unzulängliche Ausstattung der Schulen mit Unterrichtsmitteln. Auch gab es gelegentlich Schwierigkeiten mit Lehrern oder Offizianten, die eine Ein­ weisung der Volkshochschule als Belästigung empfanden. Um Lehrkräfte zu gewinnen, wurde versucht, durch Aufrufe in Zeitungen (politisch unbelastete) Mitarbeiter der Volkshoch­ schule von vor 1933 und andere Interessenten für eine Lehrtä­ tigkeit anzusprechen.49’ Dabei zeigte sich, daß ein Rückgriff auf Mitarbeiter von vor 1933 kaum möglich war. Von 94 Dozen­ ten des ersten Lehrabschnittes hatten nur 7 vor 1933 an der da­ maligen Volkshochschule München mitgearbeitet.50’ Wenn­ gleich für manche Lehrangebote in den ersten Semestern keine geeigneten Lehrer zur Verfügung standen, so war insgesamt doch ein großes Interesse, als Dozent an der Volkshochschule mitzuarbeiten, zu verzeichnen. Die Vorbereitungen umfaßten auch die Kontaktaufnahme zu wichtigen gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen sowie die Werbung in der Öffentlichkeit. Schon zu einem frü­ hen Zeitpunkt begannen Held und Witthalm, Gespräche mit Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Behörden und Vertretern der Wirtschaft zu führen, um der künftigen Volkshochschule eine breite gesellschaftlich-politische Zustimmung zu sichern. Dabei fällt auf, daß zwar alle angesprochenen Gruppen und Organisationen grundsätzlich die Errichtung einer Volkshoch­

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schule begrüßten, daß aber das Interesse und die Bereitschaft zur Mitwirkung erheblich auseinanderklafften. Starkes Interes­ se zeigten vor allem die freien Gewerkschaften,51’ die im Hin­ blick auf ihre Mitglieder die Berücksichtigung bestimmter Themen - vornehmlich aus den Bereichen von Politik, Recht, Gesellschaft und Geschichte — im Lehrplan forderten. Reser­ vierter verhielten sich dagegen die beiden Kirchen. Wenn­ gleich Witthalm in einem Bericht an Held die Gesprächsergeb­ nisse mit den Vertretern der Kirchen sehr positiv bewertete,52’ so muß doch festgehalten werden, daß seitens der katholischen Kirche eine offizielle Beteiligung an der Volkshochschule ab­ gelehnt wurde und daß weder ein Repräsentant der katho­ lischen noch einer der evangelischen Kirche im Gründungs­ kuratorium vertreten waren.53’ Erwähnung verdient jedoch die aufgeschlossene Einstellung verschiedener Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, die Held zu Beratungen über wirtschaftli­ che Probleme der Volkshochschule einlud.54’ In diesem Kreis wurden insbesondere Möglichkeiten erörtert, zusätzliche Mit­ tel durch Spenden und Stiftungen aufzubringen. In das Kurato­ rium traten mehrere Vertreter der Wirtschaft ein. Im Mai 1946 waren die Vorbereitungen schließlich soweit gediehen, daß die Münchner Volkshochschule das Programm für den ersten Lehrabschnitt Ende Mai bis Juli der Öffentlich­ keit präsentieren und für die Einschreibung werben konnte, nachdem bereits vorher in gelegentlichen Meldungen der Zei­ tungen und in Rundfunkansprachen des Oberbürgermeisters auf die Vorbereitungsarbeiten aufmerksam gemacht worden war.55* Die Ankündigung der Eröffnung erfolgte durch ein Pla­ kat und zwei Flugblätter.56’ Von diesen drei im Tenor ähnlichen Publikationen soll hier der Text des Plakates dokumentiert werden, der Anspruch und Ziel der Volkshochschule in knap­ pen Formulierungen zusammenfaßt: »Die Münchner Volkshochschule kommt wieder! Sie hilft in einer Zeit der Neuordnung aller menschlichen Beziehungen Brücken schlagen von Mensch zu Mensch, von Volk zu Volk. Mit dem Menschen als Ausgangspunkt und Ziel, will die Volkshochschule der Boden sein, auf dem sich Bekenntnisse, Rassen und Weltanschauungen zu fruchtbarem Gedankenaustausch, zu sachlicher Auseinandersetzung begegnen. Wir müssen vorerst lernen und wieder lernen, müssen an uns arbeiten, uns auf unser besseres Selbst besinnen, müssen uns zurechtfinden in einer völlig veränderten Welt. Auch in unserem Kultur- und Geistesleben gibt es Trümmerfelder zu beseitigen! Bildungsarbeit tut not! Die Münchner Volkshochschule bietet sich den Münchnern als ein dringendes Anliegen des Volkes, als eine Einrichtung freier Selbsterziehung dar. An zehn Stellen der Stadt München eröffnen wir Ende Mai mit etwa hundert Kursen und Arbeitsgemeinschaften

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den verkürzten ersten Lehrabschnitt unserer Tätigkeit: eine Probezeit für Leitung, Lehrer und Hörer. Münchnerinnen und Münchner! Arbeiter, Angestellte und Beamte! Schaffende aller Berufe! Eure Volkshochschule ruft! Der geistige Wiederaufbau kann beginnen! München, im Mai 1946 Das Kuratorium der Münchner Volkshochschule»57^ Der Aufruf zum geistigen Wiederaufbau wurde im übrigen begleitet von einem weiteren Aufruf,58’ der die Münchner Be­ völkerung zu Aufbauspenden für die Volkshochschule auffor­ derte. Mit der selben Bitte hatte der Oberbürgermeister auch direkt Wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen ange­ schrieben. Bis zum Ende des ersten Lehrabschnittes erhielt die Volkshochschule daraufhin ca. 18500,— RM an Stiftungen und Spenden von privater Seite.59’ Der Lehrplan enthielt 124 Ar­ beitsgemeinschaften, Vortrags-, Lehr- und Übungskurse, die in der Regel 10 Abende zu 90 Minuten umfaßten. Dazu kamen noch gesondert angekündigte Einzelvorträge und kürzere Vor­ tragsreihen. Im Geleitwort zum Lehrplan betonten Held und Witthalm die Schwierigkeiten, eine Volkshochschule neu auf­ zubauen:60’ »Die Volkshochschule der größten Stadt des deutschen Sü­ dens sieht sich heute vor völlig neuen Aufgaben, in einer geistig, politisch und soziologisch völlig neuen Lage, die so neu ist, daß vor ihr alle gefühlsmäßigen Erwartungen und verstandesmäßigen Berechnungen verfehlt sein können.«61’ Sie verweisen darauf, daß das Lehrangebot für den ersten Un­ terrichtsabschnitt noch gekennzeichnet sei durch Unfertigkeit und Unvollkommenheit. Auch sei es nicht möglich gewesen, eine äußere und innere Ausgeglichenheit des Angebotes zu verwirklichen. Unter diesem Blickwinkel wird daher der erste Lehrabschnitt von Witthalm und Held als »Versuchs- und Bewährungszeit« für »Leitung, Lehrkörper und Hörerschaft« charakterisiert: »Denn erst aus dem Zusammenspiel von Leitung, Lehrkör­ per und Hörerschaft kann allmählich die Volkshochschule werden, wie wir sie meinen ... Damit aber diese Volks­ hochschule erst werde, muß die von 1946 da sein und arbei­ ten. — Wir haben es gewagt!«62’ Die Einschreibungen fanden vom 15. bis 22. Mai statt.63’ Rund 2 600 Hörer und ca. 3 600 Kursbelegungen waren zu verzeich­ nen.64’ Den Abschluß des Gründungsprozesses bildete die feierli­ che Eröffnungskundgebung am 23.6. 1946 in den Kammer­ spielen mit Ansprachen des Kultusministers Fendt, des Ober­ bürgermeisters Scharnagl und des Rektors der Universität, Karl Vossler.65’ In seiner Rede erinnerte Scharnagl an die Tradition der Volkshochschule in München vor 1933 und befürwortete eine Anknüpfung an die damals geleistete Volksbildungsarbeit. Zugleich verwies er jedoch darauf, »daß auch die bewährtesten Einrichtungen der früheren Zeit nicht in den alten Geleisen weitergeführt werden dürfen, daß sie auf neuen Wegen, zu neuen Zielsetzungen gelangen müssen .. ,«66’ Durch die neu­ gegründete Volkshochschule sollten »Gleichgültigkeit, Mutlo­

sigkeit und Verzweiflung« bekämpft werden.67’ Vom Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität, dem Romanisten Karl Vossler, wurde die junge Volkshochschule als eine echte Uni­ versität begrüßt, die einen unschätzbaren Vorteil gegenüber allen anderen Hoch-, Fach- und Berufsschulen dadurch habe, daß sie frei sei von Prüfungen, Berechtigungsscheinen und Konkursen.68’ Vossler sah die gegenwärtige Aufgabe der Volks­ hochschule darin, »als eine Freistatt des Geistes ergänzend, versöhnend und er­ frischend zu wirken. Ergänzung bringt sie vor allem denje­ nigen, die in ihrer Ausbildung eine Lücke oder schwache Stelle verspüren. Versöhnung bemüht sie sich denjenigen zu gewähren, die durch Mißgeschick verhindert wurden, ihr Bildungsstreben zu befriedigen — und erfrischend wirkt sie auf diejenigen, die durch ermüdende Tagesarbeit schlaff oder lau geworden sind.«69’

Die äußere Entwicklung der Münchner Volkshochschule zwischen 1946 und 1949 Zu den entscheidenden Problemen der äußeren Entwicklung der Münchner Volkshochschule im Zeitraum von 1946 bis 1949 gehörten die Finanzierung der Arbeit, die Diskussion und Entscheidung über die Rechtsform der Volkshochschule sowie die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Volks­ hochschule und Stadt. Die Finanzierung der VolkshochschulArbeit erwies sich bis zur Währungsreform am 20.6. 1948 als weitgehend unproblematisch; denn bis zu diesem Zeitpunkt war die Volkshochschule in der Lage, ihre gesamten Ausgaben einschließlich der Gehälter für die hauptberuflichen Mitarbei­ ter durch die Einnahmen aus Teilnehmergebühren zu decken und darüber hinaus eine Rücklage von über 10000,—7O’RM zu bilden. Aufgrund ihres nicht vorhersehbaren geschäftlichen Er­ folges benötigte sie bis zur Währungsreform die geplanten und bei der Stadt beantragten Zuschüsse also nicht. Sie wurden des­ halb auch im städtischen Haushalt lediglich mit einem »Aner­ kennungssatz« von 4000,-RM belassen.71’ Es war jedoch schon klar, daß die wirtschaftliche Blüte der Volkshochschule nur vorübergehender Art sein würde; mit der Währungs­ reform am 20.6. 1948 änderte sich ihre wirtschaftliche Situa­ tion, wie vermutet, schlagartig.72’ Die Rücklagen wurden auf 10600,—DM abgewertet, von denen auch nur die Hälfte ver­ fügbar war. Besonders erschwerend kam hinzu, daß die Volks­ hochschule zwar die gesamten Teilnehmergebühren für das Sommer-Halbjahr 1948 in Reichsmark kassiert, aber die Ver­ gütung der Dozenten und Kursleiter noch nicht ausbezahlt hat­ te. Allein diese Zahlungsverpflichtung belastete den Start der Volkshochschule in das »DM-Zeitalter« mit 13000,—DM. Um ihre Außenstände zu begleichen und den Herbst-Lehrabschnitt vorbereiten zu können, mußte die Volkshochschule von der Stadt einen Überbrückungszuschuß erbitten. Die Behandlung dieses Zuschusses im Stadtratsplenum löste eine Grundsatz­ diskussion und massive Kritik an der Leitung der Volkshoch­ schule aus.73’ Vertreter verschiedener Fraktionen rügten, daß der Stadtrat mit der Frage der Volkshochschule nur konfron­ tiert werde, wenn die Volkshochschule finanzielle Forderun­ gen an die Stadt erhebe. Weiterhin kritisierte man, daß das be­ stehende Kuratorium der Volkshochschule bislang nicht einberufen und an der Gestaltung der Volkshochschul-Arbeit

Universität München beteiligt worden war. Diese Kritik richtete sich in erster Linie gegen Held, dein beispielsweise von Stadtrat Gottlieb Branz (SPD) vorgeworfen wurde, »die Angelegenheiten der Volks­ hochschule in eigener Machtvollkommenheit zu behan­ deln«.74* Die Ergebnisse dieser Stadtratsverhandlung bedeuteten in der Geschichte der Volkshochschule einen Einschnitt: Der Überbrückungszuschuß wurde zwar gebilligt, zugleich aber er­ hielt die Volkshochschule den Auftrag, nunmehr das Kurato­ rium in Tätigkeit treten zu lassen und in diesem Gremium die Beanstandungen und Perspektiven der Volkshochschul-Arbeit zu behandeln. Damit trat auch die Diskussion über die zukünf­ tige Rechtsform der Münchner Volkshochschule in das ent­ scheidende Stadium. Bereits in den frühesten Überlegungen hatten Held und Witthalm eine Übernahme der Volkshoch­ schule in städtische Verantwortung aus verschiedenen Gründen verworfen und eine vereinsrechtliche Lösung ins Auge ge­ faßt.75* Die besonderen Schwierigkeiten bei der Verwirkli­ chung dieses Vorhabens sind darauf zurückzuführen, daß ver­ sucht wurde, mit der Vereinssatzung Lösungen für verschiede­ ne Probleme zu finden und dabei teilweise widersprüchliche Interessenlagen auszugleichen. Man wollte für die Volkshoch­ schule freie und flexible Arbeitsbedingungen schaffen, sowie Einengung durch Behörden, Bürokratie, Parteipolitik und Ver­ einsmeierei vermeiden. Zugleich sollten seitens der Stadt ver­ bindliche wirtschaftliche Garantien in beträchtlichem Umfang für die Volkshochschule abgegeben werden, ohne ihr jedoch Eingriffe in die volksbildnerische Arbeit der Volkshochschule möglich zu machen. Die Volkshochschule wollte sich als pri­ vatrechtlicher Verein konstituieren, aber »mit Rechten und An­ sehen einer öffentlichen Bildungsanstalt ausgestattet sein«.76* Auch die beiden Hauptakteure, Held und Witthalm, wollten ihre Position und ihren Einfluß in der Volkshochschule ver­ ständlicherweise abgesichert sehen. Im Februar 1949 legte der damalige Rechtsrat im Werk- und Fiskalreferat, Dr. Deinlein, einen Satzungsentwurf vor. Auf diesem Entwurf, der nach Be­ ratungen noch an mehreren Stellen verändert wurde, beruhte die Satzung, die von der Gründungsversammlung des Vereins »Münchner Volkshochschule e.V.« am 5.12. 1949 im Kleinen Sitzungssaal des Rathauses beschlossen wurde.77’ Als Aufgabe des Vereins legte die Satzung fest, »durch volksbildnerische Veranstaltungen und durch die Schaffung von geeigneten Einrichtungen allen Schichten des Volkes ... Anregung und Gelegenheit zu einer umfas­ senden, geistigen, sittlichen, beruflichen und politischen Fortbildung zu geben. Zur Erreichung dieses Zieles wird er insbesondere die Münchner Volkshochschule, als Einrich­ tung freier Selbsterziehung für Erwachsene mit einem Stadthaus der Volksbildung (Volksbildungshaus) in Mün­ chen, ferner Volkshochschulheime in und außerhalb Mün­ chens, in dem erforderlichen Umfang errichten und ... be­ treiben oder sich an der Errichtung und Erhaltung derartiger Volksbildungseinrichtungen beteiligen.« Das aus dem Präsidenten und 36 Mitgliedern bestehende Kuratorium stellte und stellt auch heute noch das wesentliche Bindeglied zur Stadt dar; denn die Hälfte seiner Mitglieder wird vom Stadtrat aus seiner Mitte in das Kuratorium entsandt und das Präsidium bilden der Oberbürgermeister und der Bürgermeister der Landeshauptstadt München. Die weiteren

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18 Mitglieder werden aus dem Kreis der Mitglieder von der Mitgliederversammlung in das Kuratorium gewählt. Die Hauptaufgabe des Kuratoriums besteht in der Festlegung und Überwachung der »grundsätzlichen Richtlinien für die Bil­ dungsarbeit des Vereins«. Weiterhin obliegt dem Kuratorium auf Vorschlag des Vorstandes, »die Ernennung des Geschäfts­ führers«. Der Vorstand besteht aus drei Mitgliedern; dem Vor­ sitzenden, dem stellvertretenden Vorsitzenden und dem Schatzmeister, die — auf Vorschlag des Kuratoriums — von der Mitgliederversammlung gewählt werden. Dem Vorstand steht ein hauptamtlicher Geschäftsführer (Direktor der Münchner Volkshochschule) zur Seite. Die Mitgliedschaft steht nur Perso­ nen offen, die den Bestrebungen der Volkshochschule naheste­ hen, und ist als »Ehrung und Anerkennung von Verdiensten um die Volkshochschule oder Erwachsenenbildung« gedacht. Sie wird vom Vorstand zuerkannt. Mit der Errichtung der Sat­ zung und der Bestellung der Vereinsorgane — den Vorstand bildeten Held als Vorsitzender, Fingerle als stellvertretender Vorsitzender und Fendt als Schatzmeister, Witthalm wurde als Geschäftsführer und Direktor bestätigt - war der organisato­ rische Wiederaufbau der Münchner Volkshochschule abge­ schlossen. Dies legte zugleich die Form fest, in der die Landes­ hauptstadt München ihrer Verpflichtung aus dem Verfassungs­ auftrag der Förderung der Erwachsenenbildung78’ nachkomtnen wollte. Das Ergebnis entsprach in entscheidenen Punkten jedoch nicht den Vorstellungen, die Held und Witthalm ent­ wickelt hatten. Vor allem war es nicht gelungen, eine bindende Erklärung über den Umfang der finanziellen und sonstigen Förderung durch die Stadt zu erlangen. Rechtlich war die Volkshochschule ein privater Verein, der von der Stadt freiwil­ lige Zuschüsse erhielt. Die Stadt war nicht bereit, weitergehen­ de Verpflichtungen zu übernehmen.79’ Über ihren unmittelbaren Wirkungskreis hinaus erfüllte die Münchner Volkshochschule, ihrer Größe und Bedeutung als Volkshochschule der bayerischen Landeshauptstadt gemäß, ge­ staltende und beratende Funktionen für die bayerische Volks­ bildung insgesamt, beispielsweise durch »Beratung und Begut­ achtung volksbildnerischer Angelegenheiten« für das Kultus­ ministerium und im Rahmen des Landesverbandes für freie Volksbildung. Gute Kontakte gab es auch zu dem für die Er­ wachsenenbildung zuständigen Mitarbeiter der Militärregie­ rung, Richard N. Meyer.80’

Die innere Entwicklung der Volkshochschule Das Kursangebot der Münchner Volkshochschule weist vom ersten Lehrabschnitt (Mai bis Juni 1946) bis zum Lehrabschnitt Winter 1948/49 eine kontinuierliche Steigerung von 124 auf 335 Kurse auf. Dann tritt ein Rückgang ein (Herbst 1949: 229 Kurse, Sommer 1950: 200 Kurse).81’ Eine Analyse des Ge­ samtangebotes nach fünf Hauptgruppen (politische Bildung, kulturelle Bildung, berufliche Bildung, Lebensgestaltung, Fremdsprachen) zeigt, daß bis Ende 1949 das Angebot im Be­ reich der kulturellen Bildung den ersten Rang einnahm. Rela­ tiv gleichgewichtig waren in den ersten Jahren die Anteile der beruflichen Bildung, der Lebensgestaltung und der Fremdspra­ chen. Nach der Währungsreform kristallisierte sich jedoch ein deutlich stärkerer Anteil der beruflichen Bildung heraus, die im Gesamtangebot der Volkshochschule auch an die erste Stel­ le rückte. Eine durchgängig sehr bescheidene Rolle spielte die

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Kirchen, Bildung und Erziehung

politische Bildung. Eine zusätzliche Perspektive erschließt sich, wenn man untersucht, inwieweit das Kursangebot realisiert, also von den Besuchern der Volkshochschule angenommen wurde.82* Im Zeitraum bis zur Währungsreform schwankte die Zahl der Gesamtausfälle um 20%, das heißt, daß in der Regel ein Fünftel des Kursangebotes abgesagt werden mußte. Ein be­ sonders krasser Einbruch erfolgte im Sommer 1949, wo 40% aller Kurse abgesagt wurden. Bei einer Aufgliederung in die Hauptkategorien fällt auf, daß vor allem das bescheidene An­ gebot in dem Bereich »Politische Bildung« durch Ausfallquo­ ten zwischen 36 und 70% weiter reduziert wurde. Über dem Durchschnitt lagen jedoch auch die Ausfälle bei der kulturellen Bildung, während die Absagen im Bereich der beruflichen Bil­ dung und der Lebensgestaltung durchgehend unter dem Ge­ samtdurchschnitt blieben. Aus den lückenhaften Hinweisen zur Teilnehmer-Statistik läßt sich entnehmen, daß der erste Lehrabschnitt von 2 600 Hörern, der zweite Lehrabschnitt von 4 300 Hörern und der dritte (verkürzte) Lehrabschnitt von 2 100 Hörern besucht wurde. Durchschnittlich hatte jeder Hörer zwei Lehrgänge be­ legt. In dem ersten Arbeitsjahr der Volkshochschule überwo­ gen altersmäßig die jungen Hörer bis 25 Jahre, die 52% der Hörerschaft stellten. Bemerkenswert ist auch, daß 12% der Hö­ rer Arbeiter waren und daß die Volkshochschule von vielen Neubürgern (Vertriebenen und Flüchtlingen) besucht wurde.83* Die höchste Hörerzahl vor der Währungsreform betrug 6200.84’ Die Statistik für Oktober/November 1947 weist eine Zahl von 5923 Studierenden aus, davon 3903 männlichen und 2020 weiblichen Geschlechts.85* Eine Aufschlüsselung nach Altersgruppen ergibt folgendes Bild: Unter 18 Jahre: 433 Hörer 18-25 Jahre: 2553Hörer 26-35 Jahre: 1 735 Hörer 36-50 Jahre: 965Hörer über 50 Jahre: 237Hörer Nach Berufen gegliedert finden sich 853 Arbeiter, 2 896 An­ gestellte, 669 Geistliche und freie Berufe, 213 Hausfrauen, 1262 Jugendliche und 30 Rentner unter den Hörern der Münchner Volkshochschule. Nach der Währungsreform war ein Abfall der Hörerzahl, zum Teil bedingt durch die Gebüh­ ren, zu verzeichnen: im Herbst 1948 hatte die Volkshochschule 2600 Hörer, im Sommer 1949 2300.86) Der »Trümmeralltag« schlug sich vor allem in den räumli­ chen Bedingungen, unter denen der Unterricht erfolgen muß­ te, nieder. Die Kurse fanden teilweise in ungeheizten und schlecht beleuchteten Schulräumen statt, so daß die Teilnehmer selbst elektrische Glühbirnen mitbringen mußten. In den Be­ mühungen um Unterrichtsräume kam es wiederholt zu Kon­ kurrenzsituationen, etwa mit der städtischen Sprachenschule.87’ Projekte wie die Errichtung eines eigenen Volksbildungshau­ ses im Zentrum der Stadt sowie von Zweigstellen am Stadt­ rand konnten nicht realisiert werden.88’ Der Lehrkörper der Volkshochschule setzte sich aus mehre­ ren hundert Mitarbeitern unterschiedlicher Ausbildung und beruflicher Herkunft zusammen. Die Mitarbeit galt als ehren­ amtlich und das bescheidene Honorar als allgemeine Unko­ stenvergütung für den Aufwand. Gewonnen wurden Dozen­ ten auf verschiedene Weise, etwa durch Aufrufe in Presse und Rundfunk sowie durch persönliche Ansprache.89’

Das Volkshochschulheitn Pelham der Münchner Volkshochschule Bereits in den frühen Planungen Witthalms nahm der Gedan­ ke der Errichtung eines Volkshochschulheimes einen besonde­ ren Stellenwert ein. Dem lag die Idee zugrunde, daß die Abend-Volkshochschule ergänzt werden müßte durch einen Volkshochschultyp, der einer — zahlenmäßig kleinen, aber gei­ stig herausragenden - Gruppe von Volkshochschul-Besuchem intensive Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten bieten konnte. Eine weitere Aufgabenstellung des Heimes sollte die metho­ disch-didaktische Qualifizierung von Volkshochschul-Lehrern sein. Von Anfang an war auch daran gedacht, das Heim der bayerischen Erwachsenenbildung insgesamt zur Verfügung zu stellen. Nach vergeblichen Bemühungen vor der Währungsreform verwirklichte Witthalm 1949 das Projekt zunächst im Rahmen einer provisorischen Lösung, indem er das Volkshochschul­ heim in einem Gasthaus in Pelham im Chiemgau einquartierte. Im Mai eröffnete das Volksbildungsheim Pelham der Münch­ ner Volkshochschule mit einer pädagogischen Tagung seine Tätigkeit. Im Anschluß daran fanden während des ganzen Sommers 14tägige Tagungen unter dem Titel »Urlaub im Volkshochschulheim« oder »Ferien zum Ich« statt. Dies fand weit über München hinaus große Beachtung; Teilnehmer aus der ganzen Bundesrepublik und aus dem Ausland kamen nach Pelham.’ Für die weitere Entwicklung der Münchner Volks­ hochschule hat die Gründung des Volkshochschulheims da­ durch Bedeutung erlangt, daß sich nach dem Aufgeben des Heimes und einer weiteren provisorischen Lösung die Landes­ hauptstadt München bereit fand, für die Münchner Volkshoch­ schule im Jahre 1953 das Anwesen »Haus Buchenried« in Leoni am Starnberger See zu erwerben und zu einem Volks­ bildungsheim auszubauen.

Die volksbildnerische Konzeption der Münchner Volkshochschule Wenngleich in den Nachkriegsjahren die praktische Aufbau­ arbeit im Vordergrund stand, fand Witthalm auch Zeit, grund­ legende Gedanken zur Bedeutung der Volkshochschul-Arbeit — gleichsam Elemente seiner »Volksbildungstheorie« — zu for­ mulieren und zu veröffentlichen.91’ In das Zentrum seiner Überlegungen stellte er dabei die Frage nach Aufgabe und Be­ deutung der Volkshochschule in der damaligen Zeit. Nach Witthalms Auffassung erscheint eine Konzeption als lediglich zeitbedingt, die die Aufgabe der Volkshochschule primär in »Wiederholung, Fortbildung und Umschulung« sieht. Ohne diese aus der Not der Zeit erklärbaren Bedürfnisse abzuwerten, bemüht er sich um eine darüber hinausreichende Bestimmung der Aufgabe der Volkshochschule, denn: »Die Volkshochschule muß aus einer ganz anderen Schulnot (als der an Gebäuden, Lehrern und Lehrmitteln) zu rechtfer­ tigen und zu fordern sein.«92’ Diese besondere Aufgabe der Volkshochschule sieht Witthalm in der Abkehr von einer engen Spezial- und Berufsausbildung und in der Hinwendung zu einer umfassenden Persönlichkeits- und Gemeinschaftsbildung, die dazu befähigen soll, über

Universität München die Grenzen des eigenen Faches und Berufes hinauszusehen und die Grundprobleme menschlicher Existenz zu erfassen: »Die Volkshochschule geht vom Menschen aus und hat wie­ der nur den Menschen zum Ziel. Diese Zielsetzung be­ stimmt in der Volkshochschule die Rangordnung der Fächer, also die Gestaltung des Lehrplanes sowohl als auch die Me­ thode des Unterrichts, die Behandlung des Lehrstoffes.«93' Für das methodisch-didaktische Vorgehen bedeutet diese Ziel­ setzung, daß beispielsweise anstelle des darstellenden Vortrages die selbständige Erarbeitung eines neuen Stoffes und Gedan­ kengutes in Arbeitsgemeinschaften und Übungsgruppen treten sollte.94’ ln den beruflichen Fächern, die Witthalm durchaus nicht aus dem Angebot der Volkshochschule streichen wollte, sollte die Fachperspektive ergänzt und erweitert werden durch Einbeziehung größerer Zusammenhänge, »etwa des Wirt­ schafts-, Staats- und Soziallebens«.95' Das folgende Zitat gibt Witthalms Auffassung über »Wesen und Art« der Volkshoch­ schule in einer verdichteten Formulierung wieder: »Aus den ... menschlichen Bezügen der Persönlichkeitsge­ staltung und politischen Erziehung scheint uns die Daseins­ berechtigung der Volkshochschule als eine Erziehungsein­ richtung, die erst am reifenden und gereiften Menschen ihre Wirkung übt und auch diese nur üben kann, wenn und weil sie auf ihrem Boden gleicher menschlicher Würde und Rechte Lehrende und Hörende zu einer nach Gestaltung drängenden Gemeinschaft vereint: als einer Einrichtung freier Selbsterziehung für Erwachsene. Die Freiheit sehen wir dabei nicht nur in der Freiheit des Entschlusses zur Mit­ arbeit bei jedem Gliede dieser Gemeinschaft, in der poli­ tisch-weltanschaulichen Unabhängigkeit der Schule und ihrer pädagogischen Kräfte, sondern ebenso in der Freiheit von allen kleinen, nur dem Tag, nur der Nützlichkeit die­ nenden Zwecken.«96'

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Die von ihm entwickelte Perspektive sah Witthalm nur ge­ währleistet, wenn die Volkshochschulen ihren eigenen Weg gehen konnten und sich etwa am Berechtigungs- und Prü­ fungswesen nicht beteiligen mußten. Zu diesem eigenen Weg gehörte auch die Möglichkeit, Lehrer unabhängig von ihrer Ausbildung aus allen Lebensbereichen zur Mitarbeit in der Volkshochschule heranzuziehen.97'

Schlußbemerkung Ein Vergleich mit anderen Volkshochschulen zeigt, daß Praxis und Theorie der Münchner Volkshochschule in den wesentli­ chen Punkten mit den allgemeinen Entwicklungstendenzen des Volkshochschulwesens jener Zeit übereinstimmen.98’ Festzuhaltcn ist, daß in den Trümmer- und Aufbaujahren nach 1945 — obwohl auch viele Ideen nicht verwirklicht werden konnten — ein Fundament gelegt wurde, das der Münchner Volkshochschule in den folgenden Jahren einen festen Platz im Münchner Kulturleben sicherte und einen zunächst langsa­ men, seit Ende der Fünfziger Jahre immer mehr beschleunig­ ten Ausbau ermöglichte. Wenn auch die Entwicklung, die die Volkshochschule bis heute genommen hat, in den »Trümmer­ jahren« nicht im entferntesten absehbar war: Ohne den dama­ ligen Beginn und die intensive und zielgerichtete Arbeit jener Jahre ist die Münchner Volkshochschule in ihrer heutigen Ge­ stalt kaum denkbar. Die Entwicklung hat Held und Witthalm bestätigt, die im Mai 1946 im Vorwort zum ersten Lehrplan schrieben: »Damit aber diese Volkshochschule einst werde, muß die von 1946 da sein und arbeiten. - Wir haben’s gewagt.«99' Bernhard Schoßig

Schule und Jugend in der Trümmerzeit

Als die amerikanischen Truppen am 30. April 1945 in die Stadt München einrückten, hatte es schon lange keinen Schulunter­ richt mehr gegeben. Bereits 1943 war nämlich mit der Eva­ kuierung von Familien und dann auch ganzer Schulklassen in die Kinderlandverschickungslager (KLV), meist Bauernhöfe, alte Klostergebäude, Internatsschulen, Jugendherbergen, Berg­ häuser und die vier Schullandheime der Stadt München be­ gonnen worden. Die letzten Berufs-, Fachschul- und Gym­ nasialklassen blieben bereits während des ganzen Januars wegen Brennstoffmangels unterrichtsfrei. Am 14. Februar 1945 (Aschermittwoch) wurde dann der gesamte Unterricht in der Stadt München beendet.1’ Am 5. März folgte der Befehl zum Kriegseinsatz für alle in der Stadt verbliebenen Jugendlichen, soweit sie nicht ohnehin schon in den Flieger-Abwehr-Kanonen-Batterien, den Luftschutzeinsatzgruppen, in Lazaretten, Krankenhäusern oder Volksküchen Dienst taten. Aus den halb­ wegs kriegstauglichen 16jährigen Jungen wurden entspre­ chend dem Führerbefehl noch Volkssturm-Einheiten gebildet.

Bestandsaufnahme und erste Schritte Die Schulgebäude selbst waren bei Kriegsende zu mehr als 20% total zerstört.2’ Von den übrigen konnten nur circa 10% und zwar hauptsächlich die Volksschulen der eingemeindeten Dörfer in den Stadtrandgebieten als unbeschädigt, ein Drittel mußte als leicht und ein Drittel als so schwer beschädigt be­ zeichnet werden, daß es nicht für Unterrichts- oder Wohn­ zwecke zu gebrauchen war, da die Dächer abgedeckt, die Gebäude teilweise ausgebrannt und einsturzgefährdet, sowie sämtliche Fenster und Türen herausgerissen waren. Am schwersten hatte es die Gebäude der Oberschulen (Gymnasien) im Stadtzentrum getroffen.3’ Aus den noch nicht zerstörten Gebäudeteilen waren die Schulmöbel und Lehrmittel schon während der Jahre 1943 und 1944 zu den evakuierten Schul­ klassen in die KLV-Lager abtransportiert worden.4’ In die lee­ ren Schulräume wurden dann andere Einrichtungen, wie Kran­ kenhäuser und Lazarette verlegt: so in die Oberschule am Stadtpark in Pasing, in das spätere Karlsgymnasium, das Kreis­ krankenhaus München-Land, dessen Gebäude den Bomben zum Opfer gefallen waren.5’ In den nicht zerstörten Teil des Wilhelmsgymnasiums an der Maximilianstraße zogen die Re­ gierungshauptkasse, ein Teil des Oberfinanzpräsidiums, meh­ rere Abteilungen der Hauptfürsorgestelle für Kriegsbeschädig­ te und -hinterbliebene, die Kriegsblindenversorgung und die Druckerei des Statistischen Landesamtes ein.6’ So wurden da­ mals die noch nicht zerstörten Teile von Schulgebäuden ent­ sprechend den neuen Verwendungszwecken notdürftig um­ gebaut, während man die besonders für schulische Zwecke erforderlichen Einrichtungen herausriß und zum Teil ander­ weitig verwendete. Deshalb mußte der amtliche Wiederauf­ baubericht noch 1948 feststellen: »In den vorhandenen Schu­ len fehlen nahezu alle sanitären Einrichtungen. Es fehlen z.Zt. etwa 1 200 Klosettschüsseln, die nicht zu beschaffen sind, so

daß die Kinder vielfach in den Schulhöfen ihre Notdurft ver­ richten müssen.«7’ Bei alledem hatte man die Umwandlung ehemaliger Schul­ gebäude für Wohn-, Verwaltungs- oder Sozialarbeitszwecke in der Stadt gelegentlich auch mit stadtplanerischen Zielen ge­ rechtfertigt. Schon seit Jahrzehnten, seit der Verbesserung der innerstädtischen Massenverkehrsverhältnisse, waren Überle­ gungen angestellt worden, die Schulen aus ihren alten Gebäu­ den im Stadtzentrum, den alten Klostergebäuden der Karmeli­ ter, dem Damenstift, dem Herzogspital, aber auch aus den Großbauten der Gründerzeit des vorigen Jahrhunderts, heraus­ zuverlegen in die neuen Siedlungsgebiete außerhalb der Alt­ stadt und großzügig zu erweitern, wie das bereits mit dem staatlichen Max-Joseph-Stift bei seiner Verlegung nach Bo­ genhausen geschehen war?’ In den ersten Wochen unter ame­ rikanischer Besatzung gab es dann allerdings ganz andere Pro­ bleme, da Besatzungstruppen und die Militärregierung die deutschen Verwaltungsräume in den ehemaligen Schulgebäu­ den beschlagnahmten. Dennoch wurde bereits am 7. Mai 1945 der damals 33jährige Studienrat des Maximiliansgymnasiums und Russischdol­ metscher in der ehemaligen Münchner Dolmetscherkompanie, Dr. Anton Fingerle, von einem amerikanischen Soldaten ins Rathaus gefahren und dort von den Bürgermeistern aufgefor­ dert, das Amt für Schule und Kultus zu übernehmen.9’ Wäh­ rend man in anderen Bereichen der Stadtverwaltung, wie bei­ spielsweise in der Elektrizitäts- und Wasserversorgung, die Arbeit auf den unteren Ebenen nach Möglichkeit kontinuier­ lich auch überden l.Mai hinaus fortgesetzt hatte und die Spit­ zen der Behörden dann ohne allzu große Hast im Laufe der folgenden Monate besetzt wurden, verlief im Bereich Schule und Jugend die Entwicklung also umgekehrt: Schulisches Leben gab es nicht und mit der Rückführung der Kinder und Jugendlichen in die Stadt ließ man sich Zeit; die Spitzenpositi­ on des Stadtschulrats wurde jedoch als erstes besetzt, mit weit­ reichendsten Vollmachten und mit der Möglichkeit ausgestat­ tet, monatelang Planspiele durchzuführen und in jeder Hinsicht einen wirklichen Neuanfang zu wagen. Die ersten Bildungsaktivitäten dieser Zeit spielten sich in kleinen privaten Kreisen ab: Fingerle förderte im Som­ mer 1945 als erstes die Anfänge einer neuartigen Erziehungs­ und Bildungsidee der Witwe seines kurz vorher verstorbenen Kollegen Müller. Mit Anklängen an die Montessori-Pädagogik wurde im Wohnzimmer und im Garten von Marga Müller mit Kindern gespielt und gelernt. Den Vorsitz dieses neuartigen Werkes übernahm Fingerle selbst. Da es um mehr als um for­ male Erziehung aus dem Geist der Reformpädagogik ging, nannten Marga Müller und Fingerle dieses Erziehungswerk »Katholisches Familienwerk«.10’ Ähnlich innovativ-provisorisch begann die außerschulische Jugendarbeit: Am 21.September 1945 verlangte die amerika­ nische Militärregierung die Bildung von Jugendkomitees, die sich, unter der Leitung des jeweiligen Landrats oder Oberbür­ germeisters, aus erfahrenen Persönlichkeiten zusammensetzen

Schule und Jugend

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Schulbeginn in der Amalienschule im Herbst 1945, Photo von W. B. France

sollten, die bereits vorher mit der Jugendarbeit im weitesten Sinne zu tun gehabt hatten. Oberbürgermeister Dr.Scharnagl übertrug zunächst kommissarisch, später dann im vollen Um­ fang, den Vorsitz des Münchner Komitees dem jungen Stadt­ schulrat. Dieser erwirkte die erste Lizenz für praktische Ju­ gendarbeit in der Stadt am 19. Februar 1946 für eine Studentin, die in ihrem Zimmer in der Waltherstraße regelmäßig Jugend­ liche versammelte. Anton Fingerle und Gabriele Schönhuber nannten das Unternehmen »Jugendclub Süd«, eine von Kir­ chen, Parteien und anderen Organisationen unabhängige Ein­ richtung freier Jugendarbeit, aus der dann der Kreisjugendring München mit seinen Freizeitheimen und anderen Formen der Jugendarbeit entstand.11*

Der Wiederbeginn des schulischen Lebens Bei Eröffnung der Volksschulen in München am 24. Septem­ ber 1945 waren bereits 53201 Volksschulkinder nach Mün­ chen zurückgekehrt. Für sie standen 364 Schulräume und 438 meist ältere Lehrkräfte zur Verfügung. Fingerle ordnete deshalb an, daß jede Klasse täglich wenigstens eine Stunde Unterricht erhalten solle. Doch auch das blieb nicht durchführbar. In man­ chen Schulen wurde in vier Schichten von 8 Uhr vormittags

bis 18 Uhr abends unterrichtet, viele Klassen hatten nur jeden zweiten Tag Unterricht.12* Während der Monate Mai, Juni und Juli 1945 standen im­ mer wieder Entwürfe für neuartige Schulbücher zur Diskussi­ on. Am 10. Juli begann durch die Initiative der Militärregie­ rung dann endgültig ihr Druck. Zu den ersten Büchern zählte die Fibel von Hans Brückl, »Mein Buch«. Brückl war in der Weimarer Zeit Vorkämpfer des Gesamtunterrichts in der Grundschule und der ganzheitlichen Schreib-Lese-Methode gewesen. Sein Buch war im Stil der Zeit neuromantisch­ heimatkundlich auf das einfache, »natürliche«, das bäuerlich­ familiäre Leben hin orientiert mit einer scheinbar kindgemä­ ßen, überschaubaren Welt. Im Jahre 1945 war Brückl 64 Jahre alt, und sein bäuerlich-beschaulicher Gesamtunterricht ent­ sprach aus unterschiedlichen Gründen der Sehnsucht vieler Deutscher nach Rückkehr zum einfachen heilen Leben am Ende des furchtbaren Krieges; ebenso kam es den Vorstellun­ gen mancher amerikanischer Politiker von Deutschlands Zu­ kunft entgegen. Die rasche Entscheidung für Brückl bestimmte für 20 Jahre den Charakter der bayerischen Volksschule.13* Als im Winter 1945/46 die Gymnasien nach und nach den Unterrichtsbetrieb aufnahmen, sah es dort noch trostloser aus als in den Volksschulen. Am 13. Dezember 1945 konnte bei­ spielsweise das Wilhelmsgymnasium mit dem Unterricht be­

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Kirchen, Bildung und Erziehung

ginnen. Von den noch im teilweise zerstörten Gebäude unter­ gebrachten Ämtern wurden drei Zimmer für den Unterricht freigemacht. Diese drei Zimmer standen dem Wilhelmsgym­ nasium und der Luitpoldoberrealschule, deren Gebäude voll­ ständig zerstört waren, gemeinsam zur Verfügung. Vereinzelt konnte Unterricht in Räume außerhalb der Schule verlegt wer­ den. Bis 1948 verließen zwar alle Ämter das Schulgebäude, da­ für wurde aber ein Teil des neuen Realgymnasiums als dritte Schule in das Gebäude verlegt. Erst 1958 verfügte das Wil­ helmsgymnasium wieder allein über das gesamte Schulhaus. In den anderen höheren Schulen herrschten ähnliche Verhältnis­ se: Die höhere Schule für Mädchen München-West teilte das Gebäude am Winthirplatz mit zwei Volksschulen und einer Hilfsschule, anderswo begann der Unterricht in stehengeblie­ benen Kellerteilen und Luftschutzbunkern.14’ Die Stimmung bei Lehrern und Schülern gibt der Bericht eines Abiturienten von 1949 besonders gut wieder: »Aufgeschossene, abgemagerte junge Menschen in Militär­ mänteln und rasch geänderten Uniformstücken, so kamen wir im Spätherbst 1945 wieder zusammen. Wiederfinden — das mag wohl damals unser einziger hoffender Gedanke ge­ wesen sein. Wir schritten durch die alten Gänge, über die alten Treppen, hinauf in unser früheres Klassenzimmer. Alles war fast unverändert, erinnerte an lange, gemütliche und ungemütliche Stunden, an Spiele und unsere geliebten bö­ sen Streiche. Ob das alles wiederkommen würde? Wir tra­ fen die Kameraden und setzten uns in der alten Reihenfolge in die alten Bänke und dann - öffnete sich energisch die Türe und, wie immer, trat ein unser verehrter Professor Franz Pauer ... nichts dankten und danken wir ihm und un­ seren anderen Lehrern mehr als dieses einfache Fortsetzen des Alten, Bewährten, des Geistigen, ohne einen Blick auf das Trostlose um uns. Im Gymnasium fanden wir wieder Ordnung, einen Wiederbeginn ... Die neue alte Form unse­ res Lebens, so begegneten wir in Stunden stiller unpatheti­ scher Bewunderung auch dem wahren deutschen Idealismus wieder, etwa in den unvergessenen Schiller-Lesungen, mit denen unser verehrter Professor Johannes Kaiser den Unter­ richt in den dunkelsten Tagen des Dezember 1945 eröffnete .. ,«15’ Bis 1948 war für die Schulen nur Geld für die allernotwendig­ sten Gebäudeerhaltungsmaßnahmen vorhanden; es gelang aber wenigstens, die Gebäude von nichtschulischer Nutzung weit­ gehend zu befreien. Unterrichtet wurde nach den Reichslehr­ plänen von 1938, mit geringfügigen Streichungen der ausge­ sprochen nationalsozialistischen Inhalte und mit Lehrmitteln aus der Weimarer Zeit, oft jedoch gänzlich ohne Schulbücher, nur mit Heften und einzelnen Texten.16’ Dann wurde von neuem über die große Lehrplanreform diskutiert. Gefördert durch die Wallenburg-Stiftung, in mehrjährigem zähen Rin­ gen in den großen Kommissionen, die in Percha am Starnber­ ger See tagten, entstanden die Lehrplanwerke für die Fünfziger Jahre.17’

Der Streit um die Schulstruktur Die Hauptauseinandersetzung hierbei wurde um die Schul­ struktur geführt. Die Münchner Schulreformer unter Fingerle setzten sich mit den Amerikanern ein für ein sechsjähriges

Grundschulsystem und stark durchlässige weiterführende Klas­ sen ab der 7. Jahrgangsstufe. Fingerle selbst entwarf einen Ge­ schichtsplan, der den Unterricht über sechs Schuljahre ohne den sogenannten zweifachen Durchgang durch die Geschichte vorsah, einzelne Zeitalter nur einmal zum Thema des Unter­ richts machte, die Antike mit starker Betonung der Spätantike ganz neu konzipierte und der Zeitgeschichte sehr viel Raum gab. In harter Auseinandersetzung verwarf das Kultusministe­ rium diese Pläne. Unter der Führung von Kultusminister Hundhammer wurde das vielgliedrige ältere Schulsystem mit sehr selbständigen einzelnen Schularten und einem neunklassigen Gymnasium voll wiederhergestellt und der Lehrplan in der Fächerstruktur eng an den Lehrplan von vor 1933 ange­ lehnt.18’ Dies verschüttete jedoch in München die Neuansätze von 1945 nicht vollständig. Das wird sichtbar, wenn man eine größere Zeit der Schulgeschichte überblickt und die verschie­ denen Schulreformen vergleicht. Berühmt geworden war München vor dem Ersten Welt­ krieg dadurch, daß hier zum erstenmal die den einzelnen Beru­ fen zugeordnete Berufsschule entwickelt und für alle männli­ chen Jugendlichen, soweit sie keine andere weiterführende Schule besuchten, zur Pflicht gemacht wurde. Der damalige Stadtschulrat Kerschensteiner19’ gab allerdings eine sehr frag­ würdige Begründung für dieses Pflichtschulsystem: In pro­ grammatischer Weise legte er 1904 dar, daß diese Schule durch ihre strenge Zucht, durch Entwicklung zum Patriotismus, durch staatsbürgerliche Gesinnung und vor allem auch Leibes­ übungen die Jungen zum Waffendienst führe und ihre Wehr­ fähigkeit erhöhe. Durch die Münchner Schulreform werde der »ernsten Schule der Soldatenzeit ein in jeder Weise empfängli­ ches Erziehungsmaterial« geliefert und »die Wehrkraft des Landes ... eine unschätzbare Stärkung erfahren.«20’ Der NSStadtschulrat und Kerschensteiner-Schüler Bauer21’ ergänzte dies durch intensive NS-Schulung innerhalb des Unterrichts und durch außerunterrichtliche Maßnahmen. Die Schule wur­ de dabei bewußt von Elternhaus, Kirche und weiten Bereichen des bürgerlichen Lebens isoliert.22’ Dem setzte Braun 1945 ge­ zielt die neuen Beziehungen der Schule zu Familie, Staat und Kirche entgegen.23’ Zur Rehabilitierung der Schule und um einen Neuanfang zu ermöglichen mußte erst einmal eine sorgfältige Auswahl ge­ eigneter Persönlichkeiten erfolgen. Da die meisten Volksschul­ lehrer durch ihre Parteizugehörigkeit belastet waren und vor­ erst ausscheiden mußten, sammelten sich größtenteils die Angehörigen der Reformgeneration aus der späteren Zeit Kerschensteiners um Fingerle. Keiner von ihnen wollte jedoch die Rückkehr zur staatsbürgerlichen Bildung Kerschensteiners, da dieses alte System ja die Katastrophe der NS-Herrschaft nicht hatte verhindern können. Nicht ohne Bezug zu den kulturund bildungspolitischen Zielen der »Freiheitsaktion Bayern« (FAB)24’ wünschte man einen völligen Neuanfang, mit neuar­ tigen Lehrern, ganz neuen Lehrmitteln, Lehrplänen und einem veränderten Schulsystem. Dies sollte jedoch unter Wahrung der besten Traditionen der älteren deutschen Bildung gesche­ hen und sich an Menschenrecht und Menschenwürde orientie­ ren. Den Neuaufbau der Demokratie wollte man langsam von der Jugend her vollziehen. Zahlreiche Veröffentlichungen for­ mulieren die Zielsetzungen: Schule müsse ein Bestandteil des gesamten kulturellen Lebens der Gesellschaft werden, in ihr sollten allen die Bildungsgüter erschlossen werden, die Art

Schule und Jugend und Weise des Bildungsgeschehens könne der Einübung in die zukünftige Demokratie dienen. Eine Rückkehr zur disziplinierenden Wehrkraftschule der Kerschensteinerzeit oder gar der ideologisch indoktrinierenden Schule der NS-Zeit läßt sich in der Schulwirklichkeit nach 1945 nicht feststellen. Andererseits aber fand auch die große Reform nicht statt. Der Hauptgrund war der beständige Zwang zum Improvisieren, um die allergrößten Mängel zu beseitigen. Durch zurückkehrende Münchner und zuziehende Flüchtlinge stieg die Zahl der schulpflichtigen Kinder in München bis 1948 wieder genau auf den Stand von 1939,25* der bereits da­ mals zu Besorgnis Anlaß gegeben hatte, während allein die Zahl der städtischen Schulräume nun von 2341 auf 1 600 ge­ sunken war. Die Kinder- und Jugendkriminalität stieg sprung­ haft an;26* Krankheit und Hunger, dazu der schwere Win­ ter 1947/48 drängten die Sorge um das zukünftige Bildungssy­ stem in den Hintergrund. Unter diesen Umständen erwiesen sich Formen und Inhalte der traditionellen Schule als erstaun­ lich dauerhaft und anpassungsfähig. Nach den vielen pädago­ gisch-didaktischen Experimenten vor 1945 sehnten sich Lehrer wie Schüler oft einfach nach »normalem« Unterricht. Ein weiteres Element der Kontinuität und Restauration bil­ dete die Gruppe, die zusammen mit Kardinal Faulhaber und dem evangelischen Landesbischof Meiser auf eine konfessio­ nelle Prägung von Bildung und Kultur hinarbeitete. Unter den Schrecken des Krieges hatte sich eine religiöse Erneuerung in weiten Teilen der Münchner Bevölkerung vollzogen. Viele zu­ nächst gar nicht kirchlich-religiös interessierte Bürger bereuten ihr Eingehen auf die nationalsozialistische Propaganda in den ersten Jahren nach 1933 und die Entscheidung gegen die Be­ kenntnisschule. Auch den Wert alter Klosterschulen begriff man zu Beginn des Krieges wieder. Als schließlich der Gaulei­ ter Wagner 1941 (kurz vor seinem Tod) in seiner Eigenschaft als Kultusminister das Aufhängen von Kreuzen in den Klassen­ zimmern der Gemeinschaftsschulen und gemischtkonfessio­ nellen höheren Schulen verbot, gab es selbst bei hochgestellten Nationalsozialisten eine Welle des Protestes, die schließlich Adolf Hitler bewog, das Verbot wieder aufzuheben.27* Nach alledem herrschte 1945 in weiten Teilen der Bevölke­ rung und auch der Lehrerschaft der Wunsch nach Rückkehr zu konfessioneller Erziehung in konfessionellen Schulen und nach dem Wiederaufbau von nichtstaatlichen Klosterschulen. Die Wiederherstellung der Klosterschulen bedeutete zugleich auch die Wiederherstellung der gerade in den Klosterschulen besonders stark wirksamen humanistischen Gymnasialbil­ dung.28* Anfang September 1945 verfügte dann Otto Hipp als Kultusminister,29* daß die Volksschulen wieder als Bekenntnis­ schulen zu eröffnen seien. Das Stadtschulamt gab die Weisung am 13. September 1945 an die inzwischen besetzten Schulrats­ stellen und Schulrektorate weiter, jedoch kam es gleichzeitig zu Schwierigkeiten zwischen Fingerle und der amerikanischen Stadtkommandantur. Am 15. September 1945 milderte Finger­ le für München ab: »ln der Frage der Bekenntnisschule geht eine neuerliche Weisung der Militärregierung von der Tatsache aus, daß un­ ter den obwaltenden Umständen und angesichts des ein­ schneidenden Mangels an Schulräumen die volle Durch­ führung des Bekenntnisschulsystems in München zur Zeit unmöglich ist.. ,«30*

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Das entscheidende Personalproblem für die Spitzenpositionen im Schulwesen31* wurde dann auf eine Weise gelöst, die sich voll gegen die Grundsätze der ersten Monate nach dem l.Mai 1945 richtete: Dieselben Spitzenbeamten, die unter Josef Bauer die konfessionelle Schule abgeschafft und die Umwand­ lung der Klosterschulen vollzogen hatten, kehrten zurück, ob­ wohl der eine bereits im Februar 1933, vor dem Rücktritt von Hans Baier, ein Amt in einer NS-Organisation übernommen hatte und der zweite sich zwar im ersten Jahr nicht zum Beitritt der NSDAP entschließen konnte, dann aber bewarb, vier Jahre lang abgelehnt wurde und durch intensive Bemühung von Jo­ sef Bauer mit vielen Hinweisen auf die besonders gute und ge­ festigte nationalsozialistische Gesinnung schließlich 1938 in die NSDAP aufgenommen worden war. Monatelang zögerte Fingcrle die Rückkehr dieser beiden in das Schulreferat hinaus, wich dann aber dem Druck vor allem der Vertreter der beiden christlichen Kirchen, die sich für deren Wiederverbeamtung einsetzten.32* Auf diese Weise vollzog sich in den Bereichen der eigentlichen Schulverwaltung 1946 der volle Wiederauf­ bau der früheren Verwaltung mit einer korrekten fachmänni­ schen Vcrwaltungsdurchführung. An die Stelle einer echten Schulreform trat die Schulrestauration. Das Hauptaufgaben­ gebiet wurde die Beseitigung der täglich am meisten spür­ baren Mängel, vor allem der Raumnot.

Innovation und Neubeginn Man nahm aber auch grundlegende Änderungen vor. Die poli­ tisch-sozialwissenschaftliche Bildung wurde in der Stadt, zu­ nächst mit Hilfe des amerikanischen Curriculum-Centers im Militärregierungsgebäude an der Sophienstraße, wichtigster Teil der Lehrerfortbildung; sie ging später in deutsche Hände über und wurde als »Pädagogische Arbeitsstätte« (seit 1969 »Pädagogisches Institut«) des Schulreferats institutionalisiert.33* Wesentlich verändert hat sich das Schulwesen insgesamt auch durch die Förderung von Unterricht und Schulen in freier Trä­ gerschaft; im Volksschulbereich war dies wegen der rechtlichen Problematik nur in sehr eingeschränktem Maß in den Schulen des Familienwerks, der Rudolf-Steiner-Schule und später auch der Montessori-Schule möglich. Außerdem gründete das Schulreferat im Rathaus im Jahre 1948 den (öffentlich-recht­ lichen) Zweckverband (privater) Bayerischer Landschulheime, damit Kinder, die in sozial ungünstigen Umständen aufwach­ sen müssen, in ihrer Bildung nicht benachteiligt werden, son­ dern im Landschulheim entsprechende Bildungschancen erhal­ ten.34* Bereits Anfang 1946 wurde im Schulreferat eine eigene Ab­ teilung »Privatunterricht und Privatschulen«, gestützt durch die Militärregierung, bei »weitgehendem Fehlen von Weisungen des Kultusministeriums« geschaffen.35* Bis 1948 erteilte man 2335 Genehmigungen für Privatunterricht und 314 für private Schulen. So wurde die seit der Jahrhundertwende zunehmen­ de Uniformierung des Bildungssystems 1945 aufgehalten. Zur Vorbereitung der angestrebten Schulreform schuf man ab 1946 Reformversuchsklassen mit pädagogischen und didak­ tischen Experimentiermöglichkeiten. Man gestaltete die städ­ tische höhere Handelsschule zu einer neuartigen Schule mit Abitur, dem späteren Wirtschaftsgymnasium, um; in der Be­ rufsschule wurden Klassen eingerichtet, die zur Mittleren Reife

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Kirchen, Bildung und Erziehung

führten, seit 1948 auch Abendkurse mit Abiturabschluß. Ne­ ben die Begabtenförderung und die Neuwertung der berufli­ chen Arbeit als Allgemeinbildung trat neuartige Behinderten­ fürsorge: Im Schuljahr 1947/48 entstand der erste ganzjährige Sprachkurs für Legastheniker. Wirksame Initiativen für die Neugestaltung von Schule und Jugend wurden auch im Bereich der »Extra-Curricular-Activities« ergriffen. Im noch herkömmlichen Rahmen bewegte sich das Stadtamt für Leibesübungen im Schulreferat. Zur Umge­ staltung des Schulturnens in Schulsport trat dann die Lizenzie­ rung von 152 Sportvereinen bis 1948. Diesen Gruppenaktivi­ täten wurden die Einrichtungen der Schulen und andere städtische Anlagen zur Verfügung gestellt. Auffällig war das Bemühen des Schulreferats, die Sportvereine zu weiteren kul­ turellen Aktivitäten anzuregen; dies führte schließlich zur Idee eines großen Kultur-Sport-Freizeitparks. Ebenfalls viel Mühe kosteten 1946 bis 1948 Schülerspei­ sungen, Beschaffung von Schuhwerk für die Schulkinder, Zahnbürstenverteilung und ähnliches. Die entscheidende Be­ deutung aber erhielt das Jugendkulturwerk, das Heinz von Dessauer im Schulreferat organisierte.36* Bis 1948 nahmen an dessen 40 künstlerischen Veranstaltungen 43 000 Jugendliche teil. Im Nationalmuseum wurde ein Werkraum eingerichtet, in den Bibliotheken gab es Vortrags- und Diskussionsreihen, allein 1947 fanden zwei Jugendkulturwochen mit der ersten Beteiligung ausländischer Jugendgruppen aus mehreren Kon­ tinenten statt, dem bald die Einladungen der Münchner Ju­ gendlichen in andere Länder folgten. Das Jugendkulturwerk wirkte darüber hinaus vor allem durch den Theaterjugendring, die Musikhörstunden mit be­ deutenden Künstlern in den Schulen, durch Seminare für Aus­ drucksschulung sowie durch Führungen in Museen und Aus­ stellungen. Im Jahre 1946 entwarf dann der Jugendoffizier bei der USMilitärregierung, Hans P.Thomsen, zusammen mit dem ge­ schäftsführenden Leiter des 1945 ins Leben gerufenen Jugend­ komitees (seit 1946: Jugendring), Stadtschulrat Dr. Fingerle, die »Aktion Junge Stadt«:37* Alle Jugendlichen bis 25 Jahre sollten in den Schulen und Betrieben zur Wahl eines »Jugend­ parlaments« aufgefordert werden. Aus diesem Parlament woll­ te man dann eine Jugendregierung mit Bürgermeister und Re­ ferenten in Entsprechung zu den städtischen Referatsleitern bilden. Anfang 1947 wurde aus den inzwischen vom Jugend­ komitee wieder zugelassenen oder neu aufgebauten Jugend­ organisationen — 1946 gab es 13, 1947 55 und 1948 bereits wieder 127 zugelassene Jugendorganisationen in Bayern, die

62918 Mitglieder zählten — ein Vorparlament gebildet. Die hier bestimmten »Bürgermeister« und »Referenten« verärger­ ten jedoch durch ihren Übereifer den Stadtrat so, daß er am 27.4. 1947 beschloß, die »Junge Stadt« aufzulösen. Bestehen blieb der Münchner Kreisjugendring, der seit 1947 dann auch von der Stadt bezuschußt und durch gemein­ same Vorstandsmitglieder sowie ständige organisatorische Zu­ sammenarbeit verbunden wurde. In den Schulen erinnerte später an die Tage der »Jungen Stadt« die vom Schulreferat intensiv geförderte Bewegung des »Selfgouvernments« und der Mitwirkung der gewählten Schülervertretung im Kreisjugendring sowie in den Arbeitsgruppen des Jugendkul­ turwerks. Das Zusammenwirken von Schule, Jugendkulturwerk und Kreisjugendring erhielt einen besonderen Charakter durch das bewußte Aufarbeiten deutscher jüngerer Vergangenheit; 1947 wurde der Stadtschulrat aufgefordert, eine christlich-jüdische Vereinigung von Lehrern, die zu Studienzwecken die USA beFingerle nahm diese Anregung aus den USA gern auf; er beließ es aber nicht bei der Bekämpfung von Antisemitismus, son­ dern gründete die »Gesellschaft für christlich-jüdische Zusam­ menarbeit« mit dem positiven Ziel, die geistig-religiösen Ge­ meinsamkeiten wieder zu beleben und weiterzuentwickeln. Hieraus entstanden in den Schulen die »Wochen der Brüder­ lichkeit« und später der sehr lebhafte Jugendaustausch zwi­ schen Israel und Deutschland.38* Im Jahre 1949 kam dazu die Vereinigung von Lehrern, die zu Studienreisen die USA be­ sucht hatten und ihre Erfahrungen der Bildung nutzbar machen wollten. Seit 1952 nannte sie sich die »Columbusgesellschaft«. Durch diese Vereinigung wurde der Lehrer- und Jugendaus­ tausch mit den USA eingeleitet.39’ Den Abschluß erhielt der allgemeine Neuaufbau von Schule und Jugendarbeit mit dem Aufbau eines Netzes von Jugend­ zentren. Schon 1946 hatten die Amerikaner einige Säle, bei­ spielsweise den großen Hofbräukeller-Saal am Wiener Platz sowie ehemalige HJ-Heime für GYA (German Youth Activities) zur Verfügung gestellt. Seit 1947 ging die Leitung der GYA-Häuser in die Hände des Kreisjugendrings über. Als sich die wirtschaftliche Lage der Stadt Anfang der Fünfziger Jahre besserte, wurden schließlich besondere Häuser und Anlagen für die Aufgaben der Jugendarbeit konzipiert und geeignete Mitarbeiter für die Jugendzentren geschult. So entstanden die Freizeitheime mit der Aufgabe, Schule zu ergänzen, Raum für die Bildung einer neuen Gesellschaft und die Entwicklung zu­ künftiger Demokratie zu schaffen. Johannes Timmermann

Musik und Theater Münchner Tradition und Klassische Moderne — Der musikalische Neuanfang Nur drei Monate nach der Besetzung Münchens durch USTruppen am 30.4. 1945 und zwei Monate nach der allgemei­ nen und bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehr­ macht am 9.5. 1945 fand das erste Konzert der Münchner Philharmoniker im Prinzregententheater statt. Eugen Jochum dirigierte am 8. Juli 1945 Mozarts Symphonie Nr. 40. KV 550. Mendelssohns Ouvertüre zu Shakespeares »Sommernachts­ traum« und Tschaikowskys 4. Symphonie f-moll, op. 36." Die­ ses Programm knüpfte an die Tradition der symphonischen Orchestermusik, wie sie sich im 19.Jahrhundert ausgeprägt hatte, an und bezeichnete außerdem durch die Wahl eines Werkes von Mendelssohn und Tschaikowsky die Abwendung von der Musikpolitik des NS-Regimes, das aus rassischen Gründen die Pflege von Tschaikowskys und insbesondere Mendelssohns Musik unterbunden hatte. Dieses erste Konzert war weniger ein Neuanfang als vielmehr eine Fortsetzung der Traditionen, die vor dem NS-Regime bestanden hatten. Kann

man also für die Jahre 1945 bis 1949 von einem musikalischen Neuanfang sprechen? Was die äußeren Bedingungen des Musiklebens betrifft, muß sicherlich von einem Neuanfang gesprochen werden. München war eine zerbombte Stadt, das Nationaltheater, die Tonhalle und das Odeon, die glanzvollen Räume der Musik­ pflege vor dem Krieg, lagen zerstört als Ruinen da. Ein Photo aus dem Jahr 19462) zeigt, unter welch widrigen Umständen die Philharmoniker in der nur notdürftig zurechtgerichteten Tonhalle probten. Freilich hatte München sogar noch ein ge­ wisses Glück; denn wie in Stuttgart das Landestheater so war in München wenigstens das Prinzregententheater erhalten geblie­ ben. Als weitere Konzertsäle benützte man den Saal an der Lothstraße,3* den Saal im Deutschen Museum und den Bavariasaal in der Schornstraße 13.4) Schließlich erhielten die Philharmo­ niker die Aula der Universität als einen adäquaten Konzert­

Junge Musikbegeisterte nach einem Konzert der Münchner Philharmoniker in der Aula der Universität, 1. April 1946, Photo von H.Schürer

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Musik und Theater

saal.5’ Alfons Ott charakterisiert die Situation der Münchner Philharmoniker folgendermaßen: »Da sie im Prinzregententheater nur für kurze Zeit zu Gast sein konnten und weder der Bavaria Saal an der Schornstra­ ße noch das Deutsche Museum sich zu ständiger Bleibe eig­ neten, fanden sie in der Aula der Universität einen in der Mangelzeit zwar wenig gemütlichen aber doch repräsentati­ ven Rahmen für ihre Konzerte.«6* Das Musikleben in den Jahren 1945 bis 1949 spielte sich nicht nur in einer Atmosphäre ab, wie sie in der Musikgeschichte einmalig ist, nämlich in einer Stadt aus Häuserruinen, sondern unter Bedingungen, die das Entstehen musikalischer Aktivitä­ ten überhaupt als ein außergewöhnliches Phänomen erschei­ nen lassen. Die Konzertsäle waren eiskalt;7’ im harten Winter 1947 mußten sogar in der Zeit vom 29. Januar bis 14. März die Vorstellungen der Staatsoper wegen Kohlenmangels ausfallen.8’ Aber nicht nur Kälte, sondern auch Hunger bedrohte die künstlerische Arbeit. Im Mai 1948 beeinträchtigte eine Mas­ senerkrankung der Künstler, die auf Unterernährung zurück­ zuführen war, den gesamten Kulturbetrieb. In der Staatsoper waren die Solisten, der Chor und das Orchester betroffen. Nur einfache Repertoireopern, die nicht länger als zwei Stunden dauerten, konnten noch aufgeführt werden. Der Probenbetrieb wurde eingestellt. Ein Auftritt des Staatsorchesters zur Eröff­ nung der Presseausstellung 1948 mußte abgesagt werden.9’ Kultusminister Dr. Alois Hundhammer forderte sofort bei der Zwei-Zonen-Verwaltung in Frankfurt eine Lebensmittelzulage für Künstler an. Er wurde dafür von der Presse gelobt,10’ während eine harte Polemik zwischen Münchens Oberbürger­ meister und der »Süddeutschen Zeitung« entstand. Die »Süd­ deutsche Zeitung«11’ griff die Nachlässigkeit und Verantwor­ tungslosigkeit der Bürokratie, den »Amtsstubenfaschismus«, an. Der Oberbürgermeister dagegen warf der »Süddeutschen Zeitung« »Propaganda« im Sinne des Nationalsozialismus vor.12’ Für den scharfen und aggressiven Ton, in dem diese Polemik ausgetragen wurde, ist der folgende Vergleich in der »Süddeutschen Zeitung« kennzeichnend: dort steht, eine »Klo­ settfrau« würde Lebensmittelzulagen erhalten, die Geistes­ arbeiter (auch Journalisten waren von der Unterernährung be­ troffen) und die Künstlerschaft, die sich bereitfänden »unter Hergabe der allerletzten Kräfte das Kulturleben unserer Stadt, wenn auch nur notdürftig«, aufrechtzuerhalten, dagegen nicht.13’ Die extremen Bedingungen, unter denen die Musiker arbeiteten, werden hier deutlich. Musik wurde am Rande phy­ sischer Erschöpfung aufgeführt. Es war eine Musikkultur, die dem Abgrund, in den München - und Deutschland insgesamt - gefallen war, trotzte. Die Musik, obwohl nur eine dem Augenblick verhaftete Zeitkunst, erwies sich als dauerhafter als die Architektur aus Stein. Der Amerikaner Arthur Burkhard14’ charakterisierte »diese übermenschlichen Anstrengungen« als »eine Art von Flucht in die mechanistische Forderung«, als »ein Sich-Versenken in das Problem einer Wiederherstellung der Apparatur selbst« und als »heilsames Betäubungsmittel«: »Als ein Zeugnis idealistischer Befähigung mag es sogar zur Überwindung der physischen Erschöpfung, zur neuen Sammlung und Anspannung der geistigen Kräfte ein We­ sentliches beitragen.«15’

Der große Hunger nach Musik, der sich im Publikumsandrang zeigte, scheint in einer Identitätskrise, die durch den verlore­ nen Krieg und durch das Bekanntwerden der Verbrechen des NS-Regimes entstanden war, begründet zu sein. Die Werke der Komponisten erwiesen sich als einer der wenigen noch bleibenden und gültigen Werte. Der musikalische Neuanfang im Jahre 1945 war von der Suche nach einer geschichtlichen Kontinuität geprägt, welche durch die deutsche Kultur, insbe­ sondere durch die musikalische Tradition der großen deut­ schen Komponisten von Bach bis Richard Strauss gewährleistet schien. Musikalischer Neuanfang war in dieser Hinsicht eine Neubesinnung auf das Alte, eine Ermutigung, daß es weiter­ geht trotz der Trümmerrealität. Das Neue der Nachkriegsjahre kann nur adäquat beurteilt werden, wenn man sich die Situation vor 1945 bewußt macht. Münchens Musikleben, wie das des ganzen deutschen Reiches, war durch ideologische Verbote eingeschränkt. Die Auffüh­ rung der Werke von Mendelssohn, sogar ihre Erwähnung im Unterricht der Konservatorien und Musikhochschulen, war verboten.16’ Moderne Musik wurde als »kulturbolschewistisch« und »aus rassischen Gründen« verfemt.17’ Diese Musikpolitik des NS-Regimes führte dazu, daß Deutschland den Anschluß an die internationale Entwicklung der Musik verlor. Nach 1945 war deshalb die Aufführung neuer Musik gerade für die jüngere Generation eine Begegnung mit etwas völlig Neuund Fremdartigem. Eine junge Generation, welche die musika­ lische Entwicklung hätte weitertragen können, fehlte. Männer wie Karl Amadeus Hartmann oder Hans Mersmann, deren Musikverständnis vor der Zeit des NS-Regimes entscheidend geprägt wurde, waren deshalb die Initiatoren der Aufführung Neuer Musik. Auf das gleichsam didaktische Vorgehen Hart­ manns, Mersmanns und Rosbauds dem Publikum gegenüber werden wir noch ausführlicher zu sprechen kommen. Es wäre freilich eine Vereinfachung, würde man behaupten, daß vor 1945 die moderne, aus rassischen Gründen verfemte Musik völlig auf den Programmen gefehlt hätte. Die Münch­ ner Philharmoniker beispielsweise spielten in der Saison 1939/ 40 Tschaikowskys 6.Symphonie, Mussorgskys »Bilder einer Ausstellung«, Debussys 3 Nocturnes, Ravels Bolero,18’ und in der Saison 1941/42 wurde sogar noch Bela Bartöks »Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta« erstaufgeführt.19’ Die Frage, ob für die verstärkte Aufführung russischer Kompo­ nisten um 1940 der Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und Rußland vom 27.8. 1939 ausschlaggebend war, wie Prieberg vermutet,20’ soll hier nicht weiter verfolgt werden. Für München ergibt sich das Bild einer nicht völlig konse­ quent durchgesetzten NS-Musikpolitik. Nach 1945 erklang al­ lerdings Neue Musik in einer solchen Häufung, daß tatsächlich von einem neuen Phänomen gesprochen werden muß. Durch den Krieg und durch die politische Belastung auf­ grund der Zugehörigkeit zur Nationalsozialistischen Partei be­ dingt, entstand ein Wechsel in der Besetzung der wichtigsten Musikerpositionen. Hierdurch wurden auch neue künstlerische Ansätze wirksam. Die Münchner Philharmoniker leitete Hans Rosbaud, der für die moderne Musik21’ sehr aufgeschlossen war. Das Köckert-Quartett, das aus Prag stammte, wurde mit Begeisterung22’ vom Publikum empfangen. Die vier Mitglie­ der des Quartetts berief man 1949 als Konzertmeister des neu­ gegründeten Rundfunksymphonieorchesters, nachdem sie zu­ vor bei den Bamberger Symphonikern mitgewirkt hatten.

Musik Auch das Dresdner-Quartett, um nur einige Beispiele zu nen­ nen, verschlug es nach München. Außerdem profilierten sich in den Nachkriegsjahren viele junge Interpretenhegabungen, über deren große Zahl und oft mangelnde Qualität sich der Kritiker Panofsky23* beschwerte. Viele der damals erfolgreich hervorgetretenen Musiker bestimmten und bestimmen das Münchner Musikleben als Solisten, Konzertmeister oder Hochschulprofessoren bis in unsere Gegenwart. Neben diesen Elementen eines Neuanfangs erwiesen sich allerdings die Münchner Traditionen als sehr stark und fast un­ erschütterlich. Die musikalischen Institutionen, die Staatsoper und - mit ihr verbunden - die musikalische Akademie, die Philharmoniker, das Gärtnerplatztheater (die ehemalige Staats­ operette) blieben alle bestehen. Zu diesen alten Institutionen, deren Geschichte bis ins 19.Jahrhundert zurückreicht, traten freilich zwei wichtige Neugründungen: das Rundfunksym­ phonieorchester und das Symphonieorchester Graunke. Das Rundfunkorchester wurde zu einer gefährlichen Konkurrenz für die Münchner Philharmoniker. Als es 1949 zu einem be­ deutenden Klangkörper erweitert wurde, bangten die Philhar­ moniker um die Weiterexistenz ihres Orchesters, da aufgrund der besseren Bezahlung der Rundfunk Spitzenkräfte verpflich­ ten konnte. Der Auftritt des Rundfunksymphonieorchesters in Abonnementkonzerten führte 1949 zu bitteren Kontrover­ sen.24* Die Philharmoniker büßten dadurch ihre Vorrangstel­ lung in München ein. Aber nicht nur das Fortbestehen der Institutionen förderte eine Kontinuität. Es kann durchaus bezweifelt werden, ob der Zweite Weltkrieg überhaupt einen gravierenden Einschnitt in der Musikgeschichte hinterlassen hat, denn die Tendenz zu Konzertprogrammen, die von Musik der Vergangenheit, ins­ besondere des 18. und 19. Jahrhunderts, beherrscht werden, setzt sich seit Beginn des Jahrhunderts bis in unsere Gegenwart fort. Dies zeigt sich insbesondere im Orchesterrepertoire, das vom 19.Jahrhundert geprägt ist. Bereits 1949 beklagte sich Pringsheim über den »Leerlauf des Konzertbetriebes«.25* Es stand also nicht die neukomponierte Musik, sondern die Tradition im Vordergrund; dies ist jedoch ein allgemeines Phä­ nomen unseres Jahrhunderts. München ist besonders eng mit dem 19.Jahrhundert verbunden. Wagner, Bruckner, Richard Strauss, Pfitzner, Reger, Mahler hatten in den Münchner Kon­ zertsälen eine Heimstätte, dies auch — Mahler freilich ausge­ nommen - während des NS-Regimes. Nur Karl Amadeus Hartmanns Musik wurde in dieser Zeit tot geschwiegen. Wer­ ner Egk und Carl Orff, die bekanntesten jüngeren Komponi­ sten, konnten ihre Arbeit trotz mancher Probleme mit dem NS-Regime26* fortsetzen und blieben vom Aufführungsverbot verschont. Beide wurden deshalb später angegriffen.27* Kompositionsgeschichtlich war für München das Jahr 1945 also kein gravierender Einschnitt. Die Lebensdaten von Ri­ chard Strauss und Hans Pfitzner, die beide 1949 starben, sind dafür ein Symbol, eine Art Klammer über den Abgrund hin­ weg. Hierin zeigt sich ein grundsätzliches Problem: wenn wir die Musik in den Jahren von 1945 bis 1949 betrachten, so sind wir versucht, einen Zusammenhang zwischen der Trümmerrealität, dem verlorenen Krieg und der Musik jener Zeit herzustellen. Inwiefern ist aber Musik zeitgebunden, inwiefern ist sie zeit­ los? Die musikalischen Werke, beispielsweise die Beethovenschen Symphonien, sind dieselben, ob sie nun während des

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NS-Regimes zu Propagandazwecken aufgeführt wurden, oder nach 1945 im Beethovenzyklus der Münchner Symphoniker erklangen. Sie sind als musikalisches Werk losgelöst von der äußeren Wirklichkeit. Ebenso verhält es sich bei der neu kom­ ponierten Musik. Die Musik folgt ihren eigenen Gesetzen. Dies gilt freilich nicht für die reine Propagandamusik, die keinen Werkanspruch erfüllt und deshalb auch ihren eigentlichen Zweck nicht über­ lebt. Die Verbindung von musikalischen Werken mit Politik und Ideologie spielt sich auf einer anderen Ebene ab: sie ist eine Frage des Kontextes, in dem eine Aufführung stattfmdet, also der Rezeption. So ist es zu erklären, daß Beethovens Musik im NS-Regime für die Verbrämung von Paraden28* und damit der Diktatur ebenso benützt werden konnte wie nach 1945 als Symbol für eine freiheitliche deutsche Kultur.29* Musik kann zwar als Mittel der Politik benützt und mißbraucht werden, wie es im NS-Regime geschah, aber sie entzieht sich letztlich solchen Festlegungen. Hierin ist auch die Schwierigkeit der Kritik an Musikern wie Strauss, Orff und Egk, die während des NS-Regimes weiterwirkten, begründet: »Capriccio« von Ri­ chard Strauss ist unbeeinflußt von der NS-Ideologie. Proble­ matischer verhält es sich bei Gebrauchsmusik, wie sie Strauss30* und Egk31* schufen, die den Stempel jener Zeit trägt. Collaer32* allerdings sieht zwischen den Werken Egks vor 1945 (»Zauber­ geige«, »Peer Gynt«, »Joan von Zarissa«) und den danach ent­ standenen (»Abraxas«, »La Tentation de Saint Antoine«) einen qualitativen Sprung, bedingt durch die Befreiung von der NSHerrschaft. Auch nach 1945 bestand noch eine durch ideologische Be­ trachtungsweisen vergiftete Polemik in musikalischen Fragen. So wurde beispielsweise das Eintreten Furtwänglers für die tonale Musik mit der unglücklich gewählten Begründung, die atonale Musik sei »biologisch minderwertig«, sofort in »fataler Nähe« zu den nationalsozialistischen Theorien gesehen.33* Die Hinwendung zur Musik wurde als die wahre Sendung des deutschen Volkes verstanden, nämlich die, ein Volk der Dichter und Denker zu sein.34* Hans Rosbaud erstrebte eine Entpolitisierung des Musiklebens: »Musikpolitik — die wir lie­ ber als Musikpädagogik bezeichnet sähen — muß um eine He­ bung dieses Niveaus bemüht sein.«35* Er verstand Musik als Trägerin ethischer und religiöser Werte. Freilich gab es unterschiedliche Arten zu komponieren. Carl Orff und Werner Egk waren weder Ausdrucks- noch Pro­ grammusiker im Sinn des 19. Jahrhunderts. Die äußere Wirk­ lichkeit, selbst der Krieg, hatte deshalb kaum einen Einfluß auf ihr Komponieren. Anders verhält es sich bei den »Meta­ morphosen« und »Vier letzten Liedern« von Richard Strauss und den Werken Karl Amadeus Hartmanns, die als »Bekennt­ nismusik«36* gehört wurden. Die Titel von Hartmanns Werken — zum Beispiel »Versuch eines Requiems«, »Sinfonia Tragica« oder »Klagegesang« — bezeichnen eine Grundstimmung der Trauer. Das große Interesse an der Musik Mahlers in jenen Jahren ist nicht nur mit dem Nachholbedarf nach einer aus rassischen Gründen zwölf Jahre verbotenen Musik begründet, sondern auch in der Entsprechung zwischen Mahlers Musik, ihrer Zer­ rissenheit, ihrem Leiden an der Welt37* und der Nachkriegs­ situation. Mit ähnlichen Gründen ist die häufige Aufführung der Musik von Schostakowitsch zu erklären: ihr Realismus entsprach dem Zeitgefühl.

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Musik und Theater

Diese Übereinstimmungen zwischen Musik und Trümmer­ realität betreffen allerdings nur eine äußere Ebene. Musik hat nicht die begriffliche Bestimmtheit von Sprache. Sie bezeich­ net deshalb etwas viel Allgemeineres, das weit über die kon­ krete geschichtliche Situation hinausgeht. Wie wurde in jener Zeit musiziert? Der Kritiker Kalckreuth bemängelte an den Nachwuchskünstlern, daß ihnen eine ge­ wisse Erlebnistiefe fehle, was er auf den Krieg zurückführte. Hier zeigte sich aber auch eine neue Auffassung musikalischer Interpretation, die eine Versachlichung des Spiels im Sinne Strawinskys und Hindemiths anstrebte. Hinsichtlich der musi­ kalischen Interpretation lagen die Jahre 1945 bis 1949 zwi­ schen zwei Epochen: neben dieser neuen Schule traten auch noch die alten Meister auf, gegen die sich jene Versachlichung wandte, beispielsweise die Pianisten Edwin Fischer, Josef Pembaur oder der Dirigent Wilhelm Furtwängler. Noch zu­ rückhaltend, aber dennoch spürbar begann eine Internationali­ sierung des Musiklebens. Solti, der Schüler Kodälys, wurde als Generalmusikdirektor an die Staatsoper verpflichtet.38* Franzö­ sische Musiker, wie das Calvet-Quartett39’, die Pianistin Monique de la Bruchollerie,40* oder Yehudi Menuhin41* und Leo­ nard Bernstein42* traten in München auf und stießen auf eine große Begeisterung des Publikums und der Kritik. Hier warf eine neue Interpretationskultur ihre ersten Schatten auf Mün­ chen, die Perfektion und Brillanz in den Mittelpunkt stellte. Franz Siedersbeck43* bezeichnete in einem Bericht aus Amerika dortige Musikaufführungen gleichsam als den »Wirbel« einer »chinesischen Gauklergruppe«, und sah den bedingungslosen Konkurrenzkampf als Grund dafür an, daß alles »besser, raffi­ nierter« gemacht werde, daß »einer beginnt, Kammermusik, Sonatenliteratur auswendig zu spielen« und »die anderen dann folgen«. Er kritisierte die Gefahr, daß man sich in »Äußerlich­ keiten« verliere. Dieses hauptsächlich in Amerika entstandene Virtuosentum wurde später, in den Fünfziger und vor allem Sechziger und Siebziger Jahren auch in München vorherr­ schend und verdrängte die einheimischen Künstler auf eine zweitrangige Position. Wie schwierig es war, dem künstlerischen Anspruch der Vorkriegszeit unter den schlimmen Nachkriegsbedingungen auch nur einigermaßen gerecht zu werden, zeigte sich insbe­ sondere an der Situation der Bayerischen Staatsoper. Sie hatte nach der Ägide von Mottl, Knappertsbusch und Bruno Walter unter der Generalintendanz von Clemens Krauss ihren Höhe­ punkt an künstlerischer Qualität erreicht. Die Enttäuschung nach 1945, daß dieses Niveau nicht mehr gehalten werden konnte, war groß. Die »Süddeutsche Zeitung« griff deshalb die Opernintendanz an, wobei sie bemängelte, daß alle hervor­ ragenden Kräfte abwanderten.44* Die Intendanz entschuldigte sich mit den schwierigen Nachkriegsbedingungen: zahlreiche Mitglieder des Ensembles hatten wegen politischer Belastung Auftrittsverbot (die Sänger Julius Patzak, Walter Höfermayer und der Kapellmeister Robert Heger); die amerikanische Mili­ tärregierung forderte das Ausscheiden von Knappertsbusch als Generalmusikdirektor; einige Orchestermusiker erhielten ver­ lockendere Angebote außerhalb Münchens, so zum Beispiel der Flötist Kurt Redei.45* Im Fall des Kapellmeisters Bertil Wetzelsberger entstand eine unerfreuliche Polemik. Die »Süd­ deutsche Zeitung«46* behauptete, ihn hätte »die Unzulänglich­ keit der Verhältnisse« nach Stuttgart vertrieben, die General­ intendanz47* dagegen erwiderte, er habe seine Tätigkeit auf

Verlangen des gesamten Personals der Oper einstellen müssen, wogegen sich Wetzeisberger mit Hilfe seines Anwalts48* ver­ wahrte: eine Befragung des gesamten Personals der Oper habe nicht stattgefunden. Diese Kontroverse zeugt von der Verbitte­ rung über den Verlust der alten Qualität. Freilich wurde auch der hohe Standard vor 1945 kritisiert: Clemens Krauss sei vom Obersalzberg direkt unterstützt worden, habe »deshalb aus dem Vollen geschöpft« und »für manchen Geschmack des Gu­ ten zu viel« getan.49* Allerdings gab die Leitung der Staatsoper zu, daß das, »was sich im ersten Jahr nach dem Zusammen­ bruch abgespielt hat und bestenfalls abspielen konnte, nur mit dem Zustand einer künstlerischen Inventur vergleichbar ist«.50* Als am 18.11. 194551* die Staatsoper ihre erste Opernvorstellung - zuvor hatten nur einige Konzerte mit beliebten Opernarien und -Ouvertüren stattgefunden52* — im Prinzregen­ tentheater durchführte, war dieses Unternehmen an sich für viele schon ein Hoffnungsschimmer. Zudem wurde symbol­ trächtig dieser Neubeginn mit Beethovens »Fidelio« in Angriff genommen, den man zum Teil auch politisch als »AntiKZ-Oper« verstand, was freilich der Kritiker Pringsheim für eine »Geschmacklosigkeit« hielt.53* Übereinstimmend warf man dieser Aufführung musikalische Mängel vor.54* Dagegen lobte man die Leistungen der Solisten: Hans Hotter als Pizarro und Helena Braun als Leonore. Außerdem wurde die Überein­ stimmung zwischen der Musik und der Regie Günther Ren­ nens hervorgehoben.55* Nach »Fidelio« folgten »Boheme« und »Tiefland«, die, wie der Kritiker Edmund Nick56*schrieb, »ihre Aufnahme in den Spielplan zunächst der Tatsache zu verdanken hatten, daß ihre Kulissen nicht verbrannt waren«. Die zentrale Aufgabe des er­ sten Spieljahres war es, mit bescheidenen Mitteln und mit dem durch das Entnazifizierungsverfahren der amerikanischen Mi­ litärregierung ausgedünnten Musikerstamm ein neues Ensem­ ble aufzubauen. Trotz der von der Kritik anerkannten Leistun­ gen von Wetzeisberger, Wirthensohn, Eichhorn und Ratjen als Kapellmeister fehlte in diesem Jahr eine überragende Dirigen­ tenpersönlichkeit. Dies änderte sich mit der Verpflichtung von Leitner als Operndirektor und Solti als Generalmusikdirektor ab der Spielzeit 1946/47. Nick charakterisierte die Aufführung der »Zauberflöte« unter der musikalischen Leitung von Leitner als den lang ersehnten Wendepunkt: »Mit ihr scheint die Staatsoper ihr Tief überwunden zu haben.«57* Pringsheim58* lobte die Darstellung der musikalischen Kontraste, der Welt des Lichts und des Schattens, der »Sphäre edler Geistigkeit« und des »Materialismus triebhaften Naturmenschentums«, und hob die langsamen Zeitmaße Leitners hervor, die den »feierli­ chen Grundcharakter des Werkes« betonten. Besonders heraus­ ragend waren die Ensembleleistungen, beispielsweise das Ter­ zett der drei Damen. Von den Solisten wurden Maud Cunitz (Painina), Walter Ludwig (Tamino), Georg Hanns (Sarastro), Benno Kusche (Papageno) und Elisabeth Lindermeier (Papagena) gelobt. Die Inszenierung Herbert Deckers fand ein zwiespältiges Echo: Pringsheim59* wehrte sich gegen oberflächliche Effekte, zum Beispiel gegen die drei Knaben in der Luftgondel, eine auto­ matische Zauberflöte und das stereotype Tänzeln Papagenos, andererseits sah er in ihr Ansätze verwirklicht, über eine scha­ blonenhafte Regie hinauszukommen. Die andere herausragende Opernaufführung, »Carmen«, wurde von Solti dirigiert. Pringsheim schrieb dazu:

Musik »ein starker künstlerischer Wille beherrschte die Auffüh­ rung. Die Neujahrs-Premiere war die in sich geschlossenste und in jeder Beziehung höchststehende Darstellung einer Oper, die uns seit Wiedereröffnung des Prinzregententhea­ ters beschert worden ist — ein gutes Omen für 1947.«60* Die Werktreue, die natürliche Selbstverständlichkeit, Ausge­ wogenheit und Ausgefeiltheit von Soltis Musizieren wurden hervorgehoben.61* Hiermit hatte sich die Münchner Oper wieder ein hohes Niveau erarbeitet; das Ensemble war zusammengeschweißt. Liest man die Opernkritiken jener Jahre, so fällt im Vergleich zur heutigen Zeit auf, daß nicht die Regie, sondern hauptsäch­ lich die musikalische Leistung gewürdigt wurde. Dies weist auf einen wichtigen Unterschied zum heutigen Opernverständnis hin: die Musik stand im Vordergrund, nicht das Regietheater. Außerdem unterschied sich der damalige Opernbetrieb vom heutigen durch den noch bestehenden Ensemblegeist. Das Ausfeilen, das Zusammenspiel, das Aufeinander-Abgestimmtsein — auch von Musik und Regie — bildeten wichtige Krite­ rien damaliger Opernkritik. Neuen Regieeinfällen begegnete man mit großer Skepsis und fragte, ob sie mit der Musik über­ einstimmten. Das Repertoire der Oper war zum einen von den materiel­ len Beschränkungen geprägt, zum anderen wurde es von den Münchner Traditionen bestimmt: neben den italienischen Opern durch die Werke von Mozart, Wagner und Richard Strauss. Nick62* monierte das Übergewicht der italienischen Opern und bedauerte sehr das Fehlen von Wagner-Opern, die einen wichtigen Bestandteil der Münchner Operntradition bil­ deten: »... Wagner völlig verbannt. Etwa infolge rückwirken­ der Sippenhaftung? — es ist nicht auszudenken!«63* Der Auf­ führung von Wagners Opern standen einerseits ihre besonde­ ren musikalischen und bühnentechnischen Anforderungen entgegen, andererseits freilich auch politische Bedenken, wie es Nick andeutete. Die Bayerische Staatsoper veröffentlichte deshalb anläßlich der Neuinszenierung der »Walküre« in ihren Programmheften einen Beitrag, in dem sie zunächst die kon­ troverse Diskussion über Wagner dokumentierte, dann aber den Franzosen André Coutroy als unverdächtigen Zeugen für die Bedeutung Wagnerscher Musik in Frankreich zitierte.64* Die Aufführung der ersten Wagner-Oper nach dem Krieg im Mai 1947 fand ein zwiespältiges Echo. Die einen hatten sie lange ersehnt und waren über die ausgezeichnete musikalische Leistung unter der Leitung Soltis beglückt - Pringsheim: »Ein großer Tag der Staatsoper«65* —, die anderen übten am »Heh­ ren« dieses Werks Kritik: »Man kann keine Helden mehr se­ hen, man ist ihrer endlosen Suada müde.«66*Die Spaltung des Publikums in Wagner-Gegner und Wagner-Liebhaber scheint eine Konstante der Rezeptionsgeschichte zu sein. Sie begann mit Nietzsches Wagnerkritik, wurde durch den propagandisti­ schen Mißbrauch von Wagners Musik im NS-Regime67* ver­ schärft und besteht bis heute fort. In den Jahren 1945 bis 1949 führte man in München jedenfalls »Tristan«, »Lohengrin« und »Die Meistersinger von Nürnberg« auf. Was dies für eine außergewöhnliche Leistung war, kann man nur ermessen, wenn man sich die schlechten Aufführungsbedingungen vor Augen hält. Während der Generalintendanz von Clemens Krauss68* wurde eine intensive Strauss-Pflege an der Münchner Oper

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begründet, eine Tradition, die bis in unsere Zeit anhält. Als 1947 die »Schweigsame Frau«69’neuinszeniert wurde, war dies auch eine Wiedergutmachung an dem alten Meister. Denn zwölf Jahre lang durfte diese Oper wegen ihres Librettos von Arnold Zweig aus rassischen Gründen nicht aufgeführt wer­ den. Man feierte Strauss nach der Aufführung der »Schweigsa­ men Frau« als Klassiker, dem es in der Gefolgschaft von Mo­ zart und Rossini gelungen sei, »die komische Oper schlecht­ hin«70* und die »glorreichste Unterhaltungsmusik eines wohl schon verklungenen Säkulums, darin Mozart ähnlich«71* zu schreiben. »Salome« und »Rosenkavalier« wurden als weitere Werke von Strauss inszeniert. Kalckreuth sah etwas Wesentliches, wenn er die musikgeschichtlichc Stellung von Richard Strauss mit der Mozarts ver­ glich: beide beschlossen eine Epoche. Strauss und ebenso Pfitzner ragten als die letzten Vertreter dieser Epoche noch in die Zeit nach 1945 herein. Die Aufführung ihrer Werke — Hans Pfitzners »Palestrina« wurde 1949 neuinszeniert — war be­ reits Traditionspflege. In einer Statistik der Staatsoper über »Moderne Werke an der Bayerischen Staatsoper seit 1945«72* werden Richard Strauss und Hans Pfitzner nicht mehr genannt, wohl aber Janäcek, trotzdem er ihrer Generation angehört. Es ist bezeichnend für den Bruch, der nach der Epoche von Ri­ chard Strauss und Hans Pfitzner eintrat, daß die Musik Orffs, Egks und insbesondere Hartmanns keine Tradition in Mün­ chen bilden konnte, sondern immer noch als modern, allen­ falls als Klassische Moderne gilt. Die Staatsoper widmete sich verglichen mit anderen Städten erst spät der modernen Musik. Die deutsche Premiere von Hindemiths »Mathis der Mahler«73* fand unter dem Intendan­ ten Wetzeisberger in Stuttgart statt, ebenso die Uraufführung von Orffs »Bernauerin«.74* München folgte einen Monat spä­ ter. In der Zeit bis 1949 wurde nur Heinrich Sutermeisters »Raskolnikoff« (30.4. 1949) für Deutschland erst- und nur das Ballett »Abraxas« von Werner Egk uraufgeführt. Die Traditionsverbundenheit der Münchner Staatsoper wird deutlich, wenn man vergleicht, was in den Jahren 1945 bis 1949 in anderen Städten gespielt wurde: In Berlin führte man in der Spielzeit 1946/47 Busonis »Arlecchino«, Menottis »Amelia geht zum Ball«, die Ballette »Petruschka« von Igor Strawinsky, Fried Walters »Der Pfeil«, Rimskij-Korsakows »Sadko« und Paul Hindemiths »Nobilissima Visione« auf. Bo­ ris Blachers konzertante Opern »Romeo und Julia« und »Die Flut« erlebten ihre Uraufführung.75* Eine weitere neue Oper von Boris Blacher, »Nachtschwalbe«, provozierte bei ihrer Ur­ aufführung in Leipzig Publikumsproteste und wurde deshalb vom Spielplan abgesetzt.76* Im Zuge der Darmstädter Tage für Neue Musik 1947 erklang die Neufassung von Carl Orffs »Der Mond« zum ersten Mal.77* Bei den Salzburger Festspielen 1948 wurden Frank Martins »Der Zaubertrank«, 1949 »Anti­ gone« von Carl Orff uraufgeführt. Das Münchner Opernpublikum war abgesehen von den ita­ lienischen Repertoireopern auf ganz bestimmte programmati­ sche Grundpfeiler ausgerichtet: auf Mozart, Wagner und Strauss. Der neuen Musik stand es eher abwartend gegenüber. Die Münchner Oper spielte keinen Vorreiter für moderne Mu­ sik. Dennoch wäre es falsch, München als »reaktionär« zu be­ zeichnen. Karl Amadeus Hartmann verteidigte in einem klei­ nen Aufsatz mit dem Titel »Ist München reaktionär?« den Münchner Traditionalismus:

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Musik und Theater

»Die Münchner haben zwar eine dem bäuerischen Wesen verwandte Neigung zum traditionsmäßig Hergebrachten, aber sie sind ein Publikum, das guten Willens ist und einen gesunden Instinkt für künstlerische Werte besitzt.«78* Karl Amadeus Hartmann, der als Dramaturg an der Oper seit 1945 zahlreiche Konzerte mit neuer Musik organisierte, be­ trachtete sich als Teil der Münchner Tradition, der Tradition der liberalen Kunststadt München, die zu Beginn des Jahrhun­ derts eine Heimat des Blauen Reiters war und in der die »Elek­ tra« von Richard Strauss unter Mottl und Pfitzners »Palestrina« »zum einzig denkwürdigen Theaterereignis in Europa wurde(n)«.79* Er zeichnete eine Traditionslinie von den Aufführungen moderner Komponisten, wie Schönberg, Strawinsky (»Ge­ schichte vom Soldaten« unter Hermann Scherchen, 1925) und Hindemith (»Cardillac«, 1927) in München vor der Machter­ greifung Hitlers zu seinem eigenen Wirken in München nach dem Krieg. Bevor wir uns eingehender mit Karl Amadeus Hartmanns Aufbau einer »Musica Viva« beschäftigen, ist es notwendig, die musikalische Situation insgesamt zu beschrei­ ben; denn Karl Amadeus Hartmann war nur der — allerdings profilierteste — Vertreter einer allgemeinen Aufgeschlossenheit für moderne Musik. Die Konzerte mit neuer Musik waren nach kurzer Zeit überlaufen. So fand beispielsweise die Auf­ führung von Strawinskys »Geschichte vom Soldaten« unter der Leitung von Rosbaud beim ersten Mal vor einem halb leeren Saal statt, die folgenden zahlreichen Vorstellungen aber waren ausverkauft.80* Das vergleichsweise große Interesse des Publi­ kums entsprang dem Hunger nach einer Musik, die zwölf Jahre lang fast totgeschwiegen worden war. Von dieser Auf­ geschlossenheit für die neue Musik waren die Konzerte der Musikalischen Akademie, der Philharmoniker, der Kammer­ orchester, der Solisten und des Rundfunks gleichermaßen ge­ prägt. Bis zum Jahr 1948 führte das Staatsorchester - oder Solisten des Staatsorchesters — die von Karl Amadeus Hartmann konzi­ pierten Konzerte mit neuer Musik durch. Aber auch in den nicht speziell der Neuen Musik gewidmeten Konzerten hatte die Moderne ihren Platz. So leitete Berti 1 Wetzeisberger ein Konzert mit Händels Concerto grosso Nr. 15, a-moll, Hindemiths Orchestersuite »Nobilissima Visione« und Beethovens 3. Symphonie,81* Hans Georg Ratjen ein Symphoniekonzert mit Mussorgskys »Nacht auf dem kahlen Berg«, Tschaikowskys D-Dur Violinkonzert und der 2. Symphonie von Johannes Brahms82* und Solti ein Programm, das sich aus Samuel Barbers zwei »Essays für Orchester« (op. 12, op. 17), Hindemiths »Der Schwanendreher«, Mozarts Symphonie Nr.35, KV 385 und Kodälys »Hary Jänos-Suite« zusammensetzte.83* Diese Beispiele zeigen einen wesentlichen Unterschied zwischen der damaligen und der heutigen Programmgestaltung: sie war viel weniger festgelegt auf einen bestimmten stilistischen Bereich, die Programme waren vielmehr sinnvoll aus alter und moder­ ner Musik gemischt und beruhten nicht auf der ständigen Wie­ derholung immer desselben Repertoires, wobei sich allerdings schon die heutige Fixierung auf wenige Repertoirestücke be­ merkbar machte.84* Moderne Musik und das kulturelle Erbe wurden nicht als zwei getrennte Welten begriffen, wie das heute der Fall ist. Be­ trachtet man die programmatischen Schwerpunkte in den Aka­

demie-Konzerten des Bayerischen Staatsorchesters, so stehen Bachs »Matthäus-Passion« unter Leittier, die 9. Symphonie Beethovens unter Solti, »Don Juan« von Richard Strauss eben­ falls unter Solti sowie die Orchesterwerke Mozarts, Brahms’, Beethovens und Tschaikowskys neben einer intensiven Be­ schäftigung mit Mahler, den man als Vater der neuen Musik er­ kannte. Mahlers 4. Symphonie wurde bereits am 7.10. 1945 unter Wetzeisberger gespielt,85* das Adagietto der 5. Sympho­ nie am 21.10. 1945,86* das »Lied von d er Erde« im März 1946.87* Außerdem erklangen Werke Mussorgskys und Hinde­ miths. Schon dies zeigt, daß die Konzerte Karl Amadeus Hart­ manns nicht ein Einzelfall waren und somit der Vorwurf, der später der Musica Viva gemacht wurde — sie habe eine Loslö­ sung der Modernen aus dem allgemeinen Konzertbetrieb und damit ihre Isolation gefördert88*—, für die Jahre 1945 bis 1949 nicht gilt. Das Bild eines Musiklebens, in dem Moderne und kulturel­ les Erbe eine Einheit bilden, wird noch deutlicher, wenn wir die Arbeit der Münchner Philharmoniker verfolgen. Die Auf­ führung zeitgenössischer Musik gehörte zu ihrer Tradition; Mahlers 4.Symphonie (1901) und seine 8.Symphonie (1909), sein »Lied von der Erde« (1911), Alexander Tscherepnins Kla­ vierkonzert und Symphonie in E-Dur (1930/31), Pfitzners »Lethe« (1926/27) und cis-moll-Symphonie (1932/33) und Ernst von Dohnanyis »Symphonische Miniaturen« (1939/40) wurden beispielsweise von den Münchner Philharmonikern vor 1945 uraufgeführt.89* Besonders den Werken Münchner Komponisten widmeten sich die Münchner Philharmoniker: sie führten Richard Strauss-Konzerte durch90* und stellten Werke von Siegmund von Hausegger, Ermanno Wolf-Ferrari, Walter Braunfels, Werner Egk, Karl Höller, Karl Marx, Joseph Suder sowie Heinrich Kaminski zum ersten Mal der Öffent­ lichkeit vor.91* Nach 1945 änderte sich allerdings die Situation insoweit, als in bisher nicht gekanntem Ausmaß ausländische Musik aufgeführt wurde. Sicherlich erklangen auch schon vor 1933 Werke Bartoks — am 21.11. 1927 die Rhapsodie für Kla­ vier und Orchester op. 1 mit Bela Bartok als Solist92* -, Mus­ sorgskys »Nacht auf dem kahlen Berg«93* sowie Kompositio­ nen Honeggers, Strawinskys und Ravels, * dennoch überwog in dieser Zeit der Anteil deutscher Komponisten. Es fiel offen­ bar schwer, die um 1900 einsetzende Entwicklung von einer durch deutsche Musik bestimmten zu einer internationalen Musikkultur mitzuvollziehen.95* Dabei wird in der Ära des Di­ rigenten Siegmund Hausegger (1920-1938) deutlich, daß nach Hitlers Machtergreifung deutsche Komponisten wiederum völlig das Repertoire beherrschten — mit Ausnahme italieni­ scher Komponisten wie Casella und Respighi sowie den bereits genannten russischen Komponisten.96*Erst nach dem Zweiten Weltkrieg vollzog sich eine bewußte Öffnung für die interna­ tionale Musikkultur: Ravel, Debussy, Schostakowitsch, Stra­ winsky, Rachmaninow, Britten, Copland, Harrison, Piston, William Schumann, Gershwin und Borodin — also französi­ sche, russische, englische und amerikanische Musik - wurden nun erstmals öfter von den Münchner Philharmonikern ge­ spielt und damit intensiver gehört. Neben diesen neuen Werken pflegten die Philharmoniker ihre alten Traditionen weiter. Das gesamte symphonische und konzertante Werk Beethovens wurde zyklisch in jeweils drei­ maliger Wiederholung im Jahr 194697* gespielt, in der folgen­ den Saison 1946/4798* erklangen sämtliche Symphonien

Musik Bruckners. Außerdem führte man die Musik von Münchner Komponisten auf: Thuilles »Romantische Ouvertüre«,"»die Ouvertüre op.94 und »Die heilige Elisabeth« von Joseph Haas,100’ Siegmund Hauseggers »Hymnen an die Nacht«,101’ »Till Eulenspiegel«, »Morgen« und»Caecilie«, »Don Juan« und »Alpensinfonie«102’ von Richard Strauss. Wie das Staatsorche­ ster so widmeten sich auch die Philharmoniker eingehend dem Werk Mahlers, womit sie eine durch das NS-Regime gestörte Tradition weiterführten; es erklangen Mahlers 2., 3. und 7. Symphonie. Hans Rosbaud, seit Herbst 1945 Generalmusikdirektor, prägte nachhaltig das Orchester, war für seine harte Probenar­ beit bekannt und wirkte zunächst als Orchestererzieher.103’ Er begann, nachdem er sich am 22.10. 1945 mit Haydns G-Dur Symphonie und der 6. Symphonie von Bruckner vorgestellt hatte,104’ das Orchester mit Werken der Klassik, insbesondere Mozarts und Haydns, zu schulen. 1946 nahm Rosbaud die Werke der Romantik in Angriff und führte den BeethovenZyklus durch. Außerdem erhöhte er mit den Werken von Ri­ chard Strauss und französischen Impressionisten, die dem Or­ chester eine besonders hohe Klangkultur abfordern, die Anforderungen. Einer der ersten Höhepunkte dieser zielge­ richteten Aufbauarbeit war die Aufführung der 2. Symphonie von Mahler am 22.3. 1946; dies war gleichzeitig das erste Konzert, das in der Aula der Universität stattfand.105’ Rosbaud galt nicht nur als Orchester-, sondern auch als Publikumserzieher. Denn zum einen gewöhnte er durch die Programmgestaltung das Publikum langsam an die Werke der Moderne — beispielsweise erschien bereits 1945 Ravels »Ma mère l’oye« inmitten eines von Bach, Haydn und Mozart beherrschten Programms;106’ später dirigierte er die deutsche Erstaufführung von Schostakowitschs 6. Symphonie,107’ nach­ dem bereits 1946 die 5. Symphonie erklungen war108’ -, zum anderen widmete er sich speziell im Philharmonischen Studio der modernen Musik. Dort führte er Schönbergs Kammersym­ phonie Nr. 1109’ auf. Eine Besonderheit dieser Konzerte war, daß Rosbaud, zusammen mit Professor Dr. Mersmann, die Musik erläuterte, analysierte, Teile davon mit dem Orchester vortrug und schließlich das gesamte Werk zu Gehör brachte. Bereits anläßlich des Beethoven-Zyklus führte Rosbaud derar­ tige, von pädagogischen Zielen getragene Konzerte durch. So spielte er alle vier Leonoren-Ouvertüren und gab jeweils zuvor eine Erläuterung mit vom Orchester gespielten Notenbeispie­ len.110’ Auch anläßlich des Bruckner-Zyklus führte Rosbaud derartige Erläuterungen durch.111’ Hans Rosbauds Wirken in München war von einer sich ver­ zehrenden Aktivität gekennzeichnet. Er leitete nicht nur die Philharmoniker und das Philharmonische Studio, sondern stellte sich auch den von Karl Amadeus Hartmann organisier­ ten Konzerten zur Verfügung und trat in Kammermusikkon­ zerten112’ auf. Sein Handeln als Generalmusikdirektor war von einer kulturellen Verantwortung für das gesamte städtische Musikleben geprägt. Er hielt sich nicht nur an das Populäre, sondern forderte auch sein Publikum. Rosbauds Dirigieren zielte — wie allgemein festgehalten wird — auf Präzision, Sau­ berkeit und Genauigkeit ab. Hervorgehoben wird seine Fähig­ keit, sich in den besonderen Charakter stilistisch noch so unter­ schiedlicher Werke hineinleben zu können.113’ Werktreue war eines seiner Hauptanliegen. Er unterließ die damals üblichen Tempoveränderungen in Beethovens Symphonien, beispiels­

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weise die Verlängerung der Schläge am Anfang der 5. Sympho­ nie,114’ eine Aufführungstradition, die auf Wagner zurückging. Sein Einfühlungsvermögen in die Rubati der 5. Symphonie Tschaikowskys wird von Pringsheim gelobt: »Herausarbeitung des Auf und Ab des Tempos und der Stär­ kegrade, der Phrasierung und Steigerung der melodischen Linie und reichen kontrapunktischen Details.«115’ Rosbaud war der Vertreter einer neuen Sachlichkeit in der musikalischen Interpretation, was sich bereits in seiner keines­ wegs »gefälligen«, »genau ordnenden Schlagtechnik«116’ äußerte. Diese Art der musikalischen Interpretation führte auch zu scharfer Kritik. Pringsheim schreibt, daß Rosbaud gerne die Tempi schneller als gewohnt nehme,117’ und Nick bemängelt: »Aber die Tonfluten Bachs wurden in einem Tempo durch­ quert, als gälte es, das Blaue Band der Matthäus-Passion zu erringen. Sicher kam auf diese Weise die kürzeste der etwa fünfzig Aufführungen zustande, die München seit 1842 der Musikalischen Akademie zu verdanken hat. Aber was hilft alle Sachlichkeit, wenn den Chorälen aus der Besorgnis vor einer romantisierenden Verfälschung der beseelende Atem geraubt wird?«118’ Nicks Kritik aus dem Jahr 1946 ist so zu erklären, daß in Mün­ chen Rosbauds neue Interpretationshaltung ungewohnt war; denn in der folgenden Zeit wurde Rosbaud wegen seiner mu­ sikalischen Auffassung nicht mehr kritisiert, vielmehr nur noch gelobt. Rosbaud repräsentierte einen neuen Interpretentyp, der das Handwerkliche, das Rationale und die Werktreue in den Vordergrund stellte. Diese Haltung war von der Neuen Musik, von Strawinsky und Hindemith, beeinflußt. Die Jahre 1945 bis 1949 waren eine Umbruchszeit, in der sich die verschiedensten Strömungen überlagerten; dies gilt auch für das Dirigieren. Die ältere Generation war immer noch auf dem Konzertpodium gegenwärtig. Hans Knappertsbusch, der ab 1948 häufiger am Dirigentenpult der Münchner Phil­ harmoniker stand, leitete das Orchester mit den sparsamsten Handbewegungen, hierin mit der Dirigierweise von Richard Strauss vergleichbar, seine Interpretationen waren von einer einzigartigen, strömenden Ruhe, von einem »großen Atem«119’ durchzogen. Besondere Ereignisse stellten die Kon­ zerte dar, die Furtwängler in München gab. Als er im Januar 1949 ein Konzert mit Beethovens 4. Sym­ phonie und der »Pathétique« von Tschaikowsky dirigierte, war es an vier Abenden ausverkauft. Furtwänglers Modifikation der Tempi, seine elastische Agogik, die sich nicht an die Sachlich­ keit und Werktreue des neuen Interpretationsideals hielten, wurden von Pringsheim120’ als »absolut zwingend« erlebt. Im Konzert von Leonard Bernstein machte sich eine neue Form des Dirigicrens bemerkbar, die von Pringsheim als »ungeheue­ re Vitalität«,121’ von Nick aber als geradezu brutal bezeichnet wurde: »Denn hart im Geben holt er die stärksten Akzente mitunter durch Fauststöße hervor, die Boxhieben gleichend eine sol­ che Symphonie k.o. (zu) schlagen vermögen.«122’ Neben den genannten Dirigenten traten in jener Zeit Her­ mann Scherchen, Otto Mazerath, Otto Klemperer, Joseph Keilberth, Eugen Jochum, Paul Hindemith und Kurt Graunke als Dirigenten hervor.

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Musik und Theater

Die Zeit, in der Hans Rosbaud als Generalmusikdirektor wirkte, war sehr kurz: nur von Herbst 1945 bis zum 23.6. 1948. Über seinen Abgang gab es eine scharfe Polemik zwi­ schen Oberbürgermeister Scharnagl und der »Süddeutschen Zeitung«. Diese warf der Stadt vor, sie habe dem General­ musikdirektor gekündigt und dies zwar lediglich als eine Ver­ waltungsmaßnahme angesichts der bevorstehenden Währungsreform bezeichnet, dann aber Rosbaud nach langem Zögern einen Vertragsentwurf zugesandt, der einer Degradie­ rung des Dirigenten vom Generalmusikdirektor zum ersten Kapellmeister gleichkam. Pringsheim vermutete, daß die Stadt den Mann »los werden wollte, weil sein reger und fortschrittli­ cher Geist ihr unbequem war«.123* Scharnagl dagegen begrün­ dete seinen Schritt damit, daß Rosbaud sich geweigert habe, auf die Programmwünsche der Stadt cinzugehen, einen zwei­ ten Kapellmeister anzustellen und andere bedeutende Dirigen­ ten zu Gastspielen einzuladen: »Diktatoren dürfen weder im politischen Leben noch im künstlerischen Leben wirksam wer­ den.«124* An dem Vorwurf Scharnagls ist sicher einiges berech­ tigt, worauf auch ein Artikel der »Süddeutschen Zeitung« aus dem Jahr 1947 hinweist,125* in dem Rosbauds ungeheuere Ak­ tivität, die keinen anderen neben sich duldete, getadelt wurde. Aber mit dem Weggang Rosbauds, der sich anschließend in Baden-Baden und Donaueschingen engagiert der Neuen Mu­ sik widmete, setzten sich die eher konservativen Kräfte durch. Den Philharmonikern schadete die dirigentenlose Zeit von 1948/49.126* Zusätzlich wurde ihre Situation durch die Grün­ dung des Rundfunk-Symphonieorchesters im Jahr 1949 er­ schwert, das finanziell viel besser als die Philharmoniker aus­ gestattet war und so musikalische Spitzenkräfte engagieren konnte. Die Existenz der Philharmoniker war in Frage gestellt. Schließlich aber konnte der Bestand des Orchesters doch gesi­ chert werden. Als sein neuer Leiter wurde am 1.9. 1949 Fritz Rieger verpflichtet, der siebzehn Jahre dieses Amt innehatte. Neben den großen Orchestern traten 1945 bis 1949 eine Fülle von kammermusikalischen Vereinigungen auf, zum Bei­ spiel das Münchner Kammerorchester unter Lutz Helger, das Kammerorchester der Münchner Philharmoniker, der Bayeri­ schen Staatsoper und des Münchner Rundfunks, das KönigQuartett, das Münchner Streichquartett, das Freund-Quartett, Aumere-Quartett, Klinger-Quartett, Köckert-Quartett, KrausQuartett, Stroß-Quartett oder das Münchner Kammer-Trio. Eine große Zahl von Lieder-, Klavier- und Violinabenden fand statt. Viele der damals auf den Plakaten und in den Kriti­ ken der Zeitungen gedruckten Namen sind heute freilich ver­ gessen. Aber der Musikbetrieb war nicht wie heute auf wenige bekannte Namen fixiert — eine Konsequenz der Marktmecha­ nismen und des Schallplattengeschäftes -, sondern viel offener, für junge Talente durchlässiger und deshalb auch lebendiger. Junge Sänger hatten beispielsweise die Möglichkeit, in der Pasinger Volksoper aufzutreten.127* Es bestand in jenen Jahren noch keine Teilung des Musiklebens in einen öffentlichen, also von der Zeitungskritik beachteten Bereich - Konzerte der zur sogenannten Weltklasse gehörenden Künstler —, und dem eher inoffiziellen Bereich der zahlreichen kleineren Konzerte. Vielmehr bestimmte 1945 bis 1949 in der Hauptsache ein Stamm von Münchner Künstlern die solistischen Konzerte. Hervorragende Orchestermusiker, also in der Regel die Kon­ zertmeister, ebenso die Dirigenten und Kapellmeister, spielten Solokonzerte und Kammermusik. Solti, Leitner, Albert und

Rosbaud wirkten alle auch als Klaviersolisten. Die Konzer­ tmeister Aumere, Charles Snoeck, Rudolf Köckert (Violine), Adolf Schmidt (Violoncello) und der Flötist Kurt Redei waren alle auch als Solisten tätig. Viele junge Künstler entfalteten in diesen Jahren eine reiche Konzerttätigkeit, so etwa Adolf Schmidt (Violoncello), Wolf­ gang Schneiderhan, Erich Keller, Gerhard Seitz (Violine), Rosl Schmid, Erik Then Bergh, Elisabeth Schwarz, Hans Posegga, Wolfgang Sawallisch (Klavier). Die meisten dieser Künstler, die stellvertretend für viele andere genannt sind, haben heraus­ ragende Positionen im Musikleben der Stadt erhalten, sei es als führende Orchestermitglieder oder als Hochschul- oder Kon­ servatoriumslehrer, aber nur sehr wenige schafften den Schritt zu einer internationalen Karriere. Neben diesen jungen Künst­ lern traten weiterhin die um eine oder mehrere Generationen älteren Musiker auf: Carl Dorfmüller, Elly Ney, Edwin Fischer, Walter Gieseking, Ernst von Lerchenfeld, Wilhelm Kempff, Josef Pembaur (Klavier), Anna-Maria Speckner (Cembalo), Edith von Voigtländer, Georg Kulenkampff (Violine), Enrico Mainardi (Violoncello). Die vielen Kammermusikkonzerte fanden in zahlreichen kleineren Sälen Münchens statt. Bereits ab 1946 führten die Freunde der Residenz die Nymphenburger Sommerkonzerte durch, in denen zwar die Pflege des kulturellen Erbes vor­ herrschte, durchaus aber auch moderne Musik erklang.128* Die Programmgestaltung der Kammermusikabende war, wie die der großen Konzerte, sehr vielseitig und häufig modernen Komponisten gewidmet. Einen über München hinausgehenden Namen als Interpre­ ten neuer Musik machten sich der Flötist Kurt Redei, der Pia­ nist Martin Piper und das Freund-Quartett. In München traten die Geiger Tibor Varga (Alban Berg Violinkonzert) und das Vegh-Quartett im Dienst der Neuen Musik auf. Vor diesem Hintergrund ist die Tätigkeit von Karl Amadeus Hartmann zu sehen. Die von ihm gegründete und seit 1947129* auch so genannte Musica Viva wurde erst in den Sechziger und Siebziger Jahren eine vom übrigen Musikbetrieb isolierte Stät­ te der Pflege moderner Musik. Für die Entstehungszeit der Jahre 1945 bis 1949 gilt dies nicht, ln dieser Zeit waren Karl Amadeus Hartmanns Konzerte das geistige Zentrum, der Mo­ tor, von dem die Entwicklung der Neuen Musik in München ausging, nicht aber eine Einzelerscheinung. Karl Amadeus Hartmann nahm seinen Plan, Neue Musik in München aufzu­ führen, sofort nach Kriegsende in Angriff. Mit Unterstützung der amerikanischen Militärregierung erhielt er eine Verpflich­ tung als Dramaturg und Leiter der Morgenveranstaltungen an der Bayerischen Staatsoper.1'0* In seinem Vertrag wurde festge­ legt, daß er zwölf Konzerte, darunter zwei Kammeropern durchzuführen habe; ihm standen dazu das Städtische Philhar­ monische Orchester und das Orchester der Staatsoper zur Ver­ fügung.131* Hartmann war sich der Schwierigkeit seines Unter­ nehmens bewußt: »Da das Publikum der neuen Musik vollständig entwöhnt ist und sogar die Musiker den fremden Klängen vollständig hilflos gegenüberstehen, muß ich mit viel Geduld und Vor­ sicht Vorgehen. Dazu kommt noch, daß von den oberen Stellen die Unterstützung sehr schwach ist, da man der neuen Kunst mit größter Verständnislosigkeit gegenüber­ steht.«132’

Musik Die ersten Konzerte in Hartmanns Reihe fanden im Prinz­ regententheater ab dem 7.10. 1945133* vor nicht allzu zahlrei­ chem Publikum statt. Da das Prinzregententheater viel zu groß war, verkehrsungünstig lag und von der Staatsoper gebraucht wurde,134* zog Hartmann in das als Notunterkunft für das Staatsschauspiel errichtete Brunnenhof-Theater um. Der erste große Publikumserfolg war die dort am 7.7. 1946 aufgeführte »Geschichte vom Soldaten« von Strawinsky, die sechsmal wie­ derholt werden mußte. Aus räumlichen Gründen, aber auch weil das Orchester der Staatsoper mit dem Opernbetrieb aus­ gelastet war, dominierten im Brunnenhof-Theater Konzerte mit kleinen Besetzungen. Im Jahr 1947 wurde Hartmanns Konzertreihe gemeinsam von der Bayerischen Staatsoper und dem Bayerischen Rundfunk getragen, ab 1948 nur noch vom Rundfunk.135* Der Publikumsandrang war nun so groß, daß man in den Sophiensaal der Oberfinanzdirektion (500 Plätze) umzog.136* Ab 1948 fanden dort auch wiederum Orchester­ konzerte statt, die vom Münchner Rundfunkorchester, ab 1949 vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gespielt wurden. Die Konzerte hatten sich nun durchgesetzt, der So­ phiensaal war ausverkauft.1'7* Diese erfolgreiche Entwicklung ging in den Fünfziger Jahren weiter, in denen namhafte Diri­ genten und Solisten verpflichtet werden konnten, die eine zu­ sätzliche Anziehungskraft ausübten. Die Musica Viva hatte nun einen Stamm von 1500 Zuhörern.138’ Dieser äußere Erfolg der Musica Viva lag zum einen im gro­ ßen Interesse des Publikums für Neue Musik begründet; Hart­ mann meinte: »Der Anfang war eigentlich leichter als heute. Damals waren Freunde neuer Musik noch neugierig auf das, was sie jahre­ lang nicht gehört hatten.«139’ Zum anderen beruhte er auf der Programmkonzeption Harttnanns. Er erkannte, daß nach 1945 das Publikum langsam an die Neue Musik hingeführt werden mußte, und er selbst dach­ te dabei durchaus geschichtlich. Er versuchte, die historischen Fäden ins Bewußtsein des Publikums zu rücken, die zur mo­ dernen Musik führten, die aber nicht Münchner Traditionen geworden waren — sei es, weil außerdeutsche Musik auch vor 1933 nur selten zu Gehör gelangte, sei es, weil diese Fäden während der NS-Zeit abrissen. So war es konsequent, daß Karl Amadeus Hartmann die sogenannten Vorläufer der Neuen Musik häufig aufführte: Gustav Mahlers 4,Symphonie (7.10. 1945) , das Adagietto aus der 5. Symphonie (21.10. 1945), Drei Lieder für Gesang und Klavier (18.1. 1946), »Das Lied von der Erde« (12.3. 1946); Janateks »Tagebuch eines Verschollenen« (20.10. 1946); Debussys »Prélude à l’après-midi d’un faune« (11.5. 1946), Klaviertrio (20.10. 1946), Introduktion und Alle­ gro (21.10. 1947), Sonatine pour le piano (16.12. 1947); Fran­ cis Poulencs Konzert für Klavier und 18 Instrumente (11.5. 1946) , Sonate für Horn, Trompete und Posaune, Trio für Oboe, Klarinette und Klavier (10.11. 1947), »Pastorales« (16.12. 1947). Hartmann brachte hier Werke zu Gehör, die größtenteils zwischen 1890 und 1930 entstanden waren. Aus dieser Zeit konnten vor 1945 nur die Werke von Hans Pfitzner und Richard Strauss in den deutschen Konzerten hei­ misch werden. Karl Amadeus Hartmann führte keine Werke von Strauss und Pfitzner in den Konzerten der Musica Viva auf, und zwar durchaus mit Recht, denn beide sind als Ab­ schluß, als Vollender einer Epoche zu verstehen, nicht als Weg­

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bereiter der neuen Musik. Die Wurzeln der neuen Musik sind wesentlich im außerdeutschen Raum zu suchen, insbesondere in Frankreich, aber auch im slawischen Raum — neben Janäfek muß hier auch Mussorgsky140* genannt werden. Hartmann brachte schwerpunktmäßig die bisher verdrängte und — wäh­ rend der NS-Zeit verbotene — ausländische Musik zu Gehör. Er widmete spezielle Konzerte französischen (zum Beispiel am 11.5. 1946: Ravel, Poulenc, Milhaud, Vincent d’Indy, Jules Mouquet), russischen (am 4.5. 1947: Wassilenko, Schostakowitsch, Prokofieff) und amerikanischen (am 1.6. 1947: Frederik Jacobi, David Diamand, William Schumann) Komponi­ sten. Im Mittelpunkt der Konzerte standen die Komponisten, die heute als Klassiker der Moderne gelten: Strawinsky, Hindemith, Bartok, Schönberg. Dabei ist es interessant, daß in den ersten vier Jahren eindeutig Strawinsky, Hindemith und Bar­ tok dominierten. Obwohl Hartmann Schüler Anton von Weberns war, führte er erst 1953 dessen Variationen für Orchester op.30 auf. Die statistische Zusammenstellung der Komponi­ sten, deren Werke am häufigsten in den Konzerten der Musica Viva erklangen, zeigt, daß Hartmann nicht die Wiener Schule bevorzugte, also nicht die komplizierte Musik Schönbergs und seiner Schüler, sondern die vitale, sinnlich-direkte und ver­ ständlichere Musik Bartoks oder so unterschiedlicher Vertreter der russischen Schule wie Prokofieff und Schostakowitsch sowie der modernen Komponisten Englands und Amerikas, vor allem aber den neuen Klassizismus einer handwerklich gekonnten, klaren und sachlich einfachen Musik, wie sie Stra­ winsky, die modernen Franzosen und beispielsweise Honegger und Hindemith vertraten (Statistik auf Seite 182). Diese Art der Auswahl mag zum einen auf Rücksicht gegen­ über dem Publikum beruhen, zum anderen aber spiegelt sie die Situation der modernen Musik zwischen 1945 und 1949 ins­ gesamt wider;141* denn erst in den Fünfziger Jahren setzte sich die von Schönberg und Webern ausgehende Zwölftonkompo­ sition und serielle Musik durch.142* Nach dem Zweiten Welt­ krieg galt zunächst Hindemith als der maßgebende neue deut­ sche Komponist, der zum einen die Moderne verkörperte und zum anderen — nach seinen das Publikum schockierenden Kompositionen in den Zwanziger Jahren - die Tradition des deutschen Tonsetzers, des Handwerkers.143* Als Hindemith Vorträge in München hielt und dirigierte, fand er ein ihm ver­ ehrungsvoll ergebenes Publikum vor.144* Von der jüngeren Komponistengeneration kam in den Jah­ ren 1946 bis 1949 relativ wenig zu Gehör. Formers 3. Streich­ quartett,145* »Songs« nach Texten von Shakespeare,146* »Musik« für Sprecher und Orchester147* von Liebermann und Egks Sonate für Orchester,148* Orffs »Catulli Carmina«149’ und Messiaens »Quatuor pour la fin du temps«150’ wurden beispiels­ weise aufgeführt. Insgesamt jedoch betrachtet, spiegeln die Musica-Viva-Konzerte zwischen 1945 und 1949 die interna­ tionale Situation, die von Strawinsky, Hindemith und den französischen und russischen Modernen geprägt war, wider. Die Musica Viva beschäftigte sich also in ihren Anfangsjah­ ren mit einer Musik, die entweder bereits kulturelles Erbe war — allerdings aus jüngster Vergangenheit — oder aber doch von Meistern stammte, die bereits die Mitte ihres Lebens über­ schritten hatten und anerkannt waren. Der Nachholbedarf an Musik, die vor 1930 geschrieben worden war oder die von Komponisten stammte, die in dieser Zeit sich durchzusetzen

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Musik und Theater

Música-Viva-Konzerte 1945- Í949 Aufführungszahl

Werke (In Klammern: Entstehungsjahr; wenn nicht anders angegeben, einmalige Aufführung)

Strawinsky (1882-1971)

24

Concerto in Es (1938), I.Suite für kleines Orchester (1917), Il.Suite für kleines Orchester (1921), Geschichte vom Soldaten (1918): 6 Aufführungen, Duo concertante für Violine und Klavier (1931), Konzerte in D für Streichorchester (1946), Sonate für Klavier (1924): 2 Auffüh­ rungen, Sonate für 2 Klaviere (1943): 3 Aufführungen, Konzert für 2 Klaviere (1935), Concerto fur Klavier und Bläser (1923), Psalmensymphonie (1930), Ode (1943), Messe für gemischten Chor und Bläser (1947), Oktett (1922), Pulcinella-Suite (1919)

Hindemith (1895-1963)

6

Sonate für Flöte und Klavier (1936), Sinfonie serena (1946), Konzertmusik für Streichorchester und Blechbläser (1930), 6. Streichquartett (1945), 3. Konzert für Klavier und Orchester (1945), Kammermusik Nr.3 (1925)

Prokofieff (1891-1953)

6

1.Sonate für Klavier (1909), Streichquartett (1930), Sonate für Violine und Klavier (1946), Streichquartett (1941), Streichquartett (1924), Russische Ouvertüre (1936)

Debussy (1862-1918)

6

Iberia (1906): 2 Aufführungen, Streichquartett (1893), Prélude à l’après-midi d’un faune (1894), Estampes (1903), Trois ballades de François Villon (1910)

Poulenc (1899-1963)

6

Konzert für Klavier und 18 Instrumente (1929), Sonate für Horn, Trompete und Posaune (1922, rev. 1945), Trio für Oboe, Klarinette und Klavier (1925), Pastorales (1918), Loccata (1939)

Mahler (1860-1911)

5

4.Symphonie (1901), Adagietto aus der 5.Symphonie (1904), Drei Lieder für Gesang und Klavier (1880), Das Lied von der Erde (1908): 2 Aufführungen

Bartók (1881-1945)

5

Contrasts für Violine, Klarinette und Klavier (1938), Divertimento für Streichorchester (1939), Sonate für 2 Klaviere und Schlagzeug (1937), III. Konzert für Klavier und Orchester (1945), Concert für Orchester (1945)

Schön berg (1874-1951)

4

Verklärte Nacht, Streichsextett (1899): 2 Aufführungen, 2.Kammersymphonie (1906-1911), Variationen für Orchester (1926-1928)

Ravel (1875-1937) Honegger (1892-1955)

4

Tzigane (1924), Klaviertrio (1914), Introduction und Allegro (1906), Sonatine pour le piano (1905)

4

Rhapsodie für 2 Flöten, Klarinette und Klavier (1917), Symphonie für Streichorchester und Solotrompete ad libitum (1941), II.Streichquartett (1936), Symphonie Liturgique (1945)

Hartmann (1905-1975)

3

Violin-Concertino (1939), Streichquartett Carillon (1934/35), 2. Streichquartett (1948)

Schostakowitsch (1906-1963) Berg (1885-1935) Copland (1900) W. Schumann (1910)

3

Streichquartett (1938), Klavierquintett (1940), Klaviertrio (1941)

2

Lyrische Suite (1926), Violinkonzert (1935)

2

Musik für das Theater für Streichorchester (1925), An Outdoor Ouvertüre (1938)

2

Symphonie für Streichorchester (1935), 2. Streichquartett

Krenek (1900)

2

Lieder (1937), Trio für Violine, Klarinette, Klavier (1946)

Fortner (1907) Milhaud (1892-1971) Orff (1895-1982)

2

Songs nach Texten von Shakespeare (1947), 3. Streichquartett (1948)

1

Saudad do Brasil (1921)

1

Catulli Carmina (1943)

Piston (1894-1976)

1

Divertimento (1946)

Egk (1901-1983)

1

Sonate für Orchester (1948)

Dallapiccola (1904-1975)

1

Tre Laudi (1936)

Messiaen (1908)

1

Quatuor pour le fin du temps (1940)

Liebermann (1910)

1

Musik, für Sprecher und Orchester (1948)

Komponist

Musik begannen, war so groß, daß die Musik der Gegenwart noch nicht ins Zentrum trat. Die Bedeutung dieser frühen Jahre liegt darin, daß sie die Musik der Impressionisten, der französischen Modernen, Strawinskys, Hindemiths und Alban Bergs in das Repertoire einbürgerten; heute gilt diese Musik als klassische Moderne, und ihr Erklingen wirkt nicht als außergewöhnlich. Die Musica Viva leitete in München einen neuen Prozeß ein: an die Stelle einer nationalen trat die internationale Mu­ sikkultur, wie sie beispielsweise in London, Paris oder New York schon längst bestand. Während vor 1945 in den Program­ men mit moderner Musik Münchner Komponisten oder die anerkannten Meister Richard Strauss und Hans Pfitzner er­ schienen, verhielt es sich in der Musica Viva umgekehrt. Außer Orff und Egk, die bereits eine internationale Geltung hatten, sowie Hartmann selbst, wurden keine Münchner Komponi­ sten berücksichtigt, weder Karl Höller, dessen Werke bei der Woche für Neue Musik in Frankfurt151* erklangen, noch andere in München lebende Komponisten. Karl Amadeus Hartmann ließ kompromißlos nur die Qualität der aufzuführenden Wer­ ke gelten. Er lehnte jegliches lokalpatriotisches und provinzi­ elles Denken ab. Hierdurch spalteten sich die Musica-VivaKonzerte von der Münchner Komponistenschule und -tradition, die von der Münchner Akademie der Tonkunst ausging, ab.152* Horst Leuchtmann153’ beschreibt den konservativen Charakter der Münchner Komponistenschule, die zur Zeit Rheinbergers Wagner und die Neudeutschen ablehnte, zur Zeit Thuilles zwar Wagner anerkannte, nicht aber die Moder­ ne, wie sie Richard Strauss vertrat. Unter dem Kriterium »Fort­ schritt« betrachtet, blieb die Münchner Komponistenschule schon seit dem 19. Jahrhundert hinter der allgemeinen Ent­ wicklung zurück. Sie hielt an den Traditionen, am Handwerk­ lichen und am in der Akademie gelernten Komponieren fest. Joseph Suder, Haas, Waltershausen, Würz, Braunfels, der von Hindcmith ein wenig beeinflußte Zehelein und Mark Lothar entzogen sich dem Fortschrittsdenken. Sie scheuten die radika­ len Konsequenzen der modernen Musik, setzten in gewisser Hinsicht die Traditionen der musikalischen Romantik fort und standen deshalb im Schatten von Richard Strauss und Hans Pfitzner. Nur wenige Werke dieser Komponistenschule haben sich als lebensfähig erwiesen. Die Musica Viva und die Aufführung neuer Musik allge­ mein wurde von den Musikkritikern, von Nick, Pringsheim, Kalckreuth, Panofsky und Karl Schumann nachhaltig unter­ stützt. Die Kritiken in den damaligen Zeitungen zeichneten sich bei aller notwendigen — vom Papiermangel bedingten — Kürze durch Sachlichkeit und musikalische Fachkenntnis aus. Das Werk stand im Vordergrund, nicht wie vor 1945 Ideologi­ sches. Und die Presse, vor allem die »Süddeutsche Zeitung«, war von engagierter Wachsamkeit in musikpolitischen Fragen geprägt, wie aus den beschriebenen Beispielen deutlich wurde. Die Übernahme der Musica Viva durch den Rundfunk ist für die Situation am Ende der Jahre 1945/1949 bezeichnend, denn im staatlichen und städtischen Bereich begannen sich die lokalen, konservativen Kräfte durchzusetzen: dies wurde im Fall Rosbaud und beim »Abraxas«-Skandal, den Kultusmini­ ster Dr. Alois Hundhammer auslöste, deutlich. Der Rundfunk dagegen vertrat weiterhin einen überlokalen Anspruch, was sich nicht nur im Fall der Musica Viva zeigte, sondern auch beim Rundfunksymphonieorchester, welches die Münchner Philharmoniker überflügelt hatte.

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Radio München war 1945 ein wichtiger Schrittmacher in Bezug auf die moderne Musik. Dort konnten zuerst die großen Werke, zum Beispiel Hindemiths »Mathis der Maler«, Schostakowitschs 8. und 9. Symphonie und William Schumanns 3. Symphonie154’ gehört werden. 1946 wurde in einem Hindemith-Zyklus die Kammermusik des Komponisten vorgestellt. Rudolf Albert, der ab 1949 regelmäßig die Musica-VivaKonzerte dirigierte, führte bereits seit 1945 mit dem Rund­ funkorchester moderne Musik auf. Das Rundfunkorchester spielte allerdings nicht nur ernste Musik, sondern auch Unterhaltungsmusik. Die »Unterhal­ tungskonzerte« des Rundfunkorchesters brachten populäre Werke der Klassik — beispielsweise von Carl Maria von Weber, Tschaikowsky, Grieg155’ — und vor allem Operettenmusik, wie Bela Kelers »Ungarische Lustspielouvertüre« oder Waldteufels »Mein Traum Walzer«156’ zu Gehör. Das Rundfunkorchester vermittelte also eine gehobene Unterhaltungsmusik, wie sie aus der Operettentradition des 19. Jahrhunderts entstanden war und wie sie von der ehemaligen Staatsoperette zunächst ab De­ zember 1945 im Saal an der Schornstraße und ab 19. Juni 1948 im Theater am Gärtnerplatz gepflegt wurde.157’ Kurt Graunke, der zuerst mit der Kapelle Graunke, dann mit dem Streich­ orchester Graunke, schließlich mit dem Orchester Graunke158’ auftrat, war in allen Bereichen der Musik, von der Salonmusik bis zur gehobenen Unterhaltungsmusik und — als Dirigent der Philharmoniker - der ernsten Musik zu Hause. Er ist ein typi­ scher Repräsentant des Musikantentyps, der zugleich in den vielen Salon-, Zigeuner- und Tanzkapellen, im Rundfunk, aber auch in den Kaffees, Wirtschaften und Restaurants in München wirkte und die Tradition der Unterhaltungsmusik vor dem Krieg fortführte. Für diesen Musikantentyp bestand kein grundsätzlicher Unterschied zwischen Unterhaltungsmu­ sik und Ernster Musik, vielmehr lebte in ihm noch die ge­ meinsame Wurzel beider Musikarten im 19. Jahrhundert wei­ ter; deshalb war es auch möglich, daß ein Dirigent wie Graunke und ein Orchester wie das Rundfunkorchester so­ wohl Unterhaltungs- wie auch Ernste Musik spielen konnte. Diese geschichtlich begründete Verbindung von Unterhal­ tungsmusik und Ernster Musik wurde durch die neu aus Ame­ rika eindringende Jazz-Musik gestört. Es gab deshalb erbitterte Diskussionen, ob Jazz überhaupt noch Musik sei, und es ent­ stand ein harter Zwiespalt zwischen der älteren Generation und der Jugend. Radio München machte in den Sendungen »Musik der neuen Welt«, »Broadway-Melodien«, »Das ist Jazz« und »Musik von heute« (z. B. Xavier Cugat und sein südamerikani­ sches Orchester),159’ diese neue Unterhaltungsmusik bekannt. Man versuchte dabei, Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, indem in Volksmusiksendungen (»Volksmusik aus aller Welt«) bayeri­ sche und amerikanische Volksmusik nebeneinander erklangen. Waren im Jahr 1945 aber Ernste Musik, gehobene Unterhal­ tungs-, Operetten-, Salon- und Tanzmusik, Volksmusik, Jazz und Musical in einem ausgewogenen Verhältnis vertreten, so machte sich besonders ab 1948 eine stärkere Betonung der tra­ ditionellen europäischen Unterhaltungsmusik spürbar, wäh­ rend beispielsweise die Jazzsendung (»Jazz in aller Welt«) auf Mitternacht verdrängt wurde.160’ Auch hinsichtlich der Unter­ haltungsmusik läßt sich also feststellen, daß die Jahre 1945 bis 1949 eine Zwischenstellung einnehmen, sich Vorkriegstradi­ tionen erhielten, während gleichzeitig das Neue aus Amerika eindrang.

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Musik und Theater

Wenn wir auf die Frage des Anfangs zurückkommen, so müssen wir feststellen, daß die »Trümmerjahre« in musikali­ scher Hinsicht ein sehr komplexes Bild ergeben. Sie waren zum einen noch eng mit den Vorkriegstraditionen verknüpft, zum anderen bildeten sie - was die Pflege der modernen Mu­ sik angeht — eine insulare Ausnahmestellung, und schließlich wurde als Keim angelegt, was das Musikleben bis in unsere Gegenwart bestimmt. Als Alfred Einstein 1927 die Frage stell­ te, ob München ein Musikzentrum sei oder lediglich ein Zen­ trum, an dem Musik aufgeführt wird,161* traf er etwas Wesent­ liches, das für das gesamte 20.Jahrhundert typisch ist: nicht gegenwärtig komponierte Musik, vielmehr die Musik vergan­ gener Zeit steht im Mittelpunkt. Münchens Musikleben hat diese Entwicklung bereits im 19. Jahrhundert vorweggenom­ men, denn neben dem Katalog seiner Versäumnisse gegenüber Mozart, Wagner und dem jungen Richard Strauss stehen die typisch münchnerischen Aufführungstraditionen der Werke dieser Komponisten, die einsetzten, als ihre Musik nicht mehr eine gegenwärtige, sondern eine vergangene war. In der Zeit von 1945 bis 1949 spielte sich schwerpunktmäßig in München ein Prozeß ab, der zur Hereinnahme der sogenannten klassi­

schen Moderne in das normale Konzertrepertoire führte. Hier­ für war die Musica Viva ein wichtiger Motor, denn sie nahm der neuen Musik den Charakter des Außergewöhnlichen, in­ dem sie moderne neben älterer Musik erklingen ließ und mo­ derne Musik nicht konzentriert in einer speziellen Woche für Neue Musik, wie in Berlin und Frankfurt, oder einem Festival, wie in Darmstadt und Donaueschingen, dem Publikum darbot. Hinzu kamen freilich die Begeisterung der jungen Musiker, die auch außerhalb der Musica-Viva-Reihe neue Musik auf­ führten, und die Neugier des Publikums nach einer zwölf Jah­ re lang nicht gehörten Musik. Schließlich hatte die in dieser Zeit erklungene Musik selbst einen entscheidenden Anteil dar­ an, daß sie ein breites Publikum fand; denn sie war im Gegen­ satz zur neuen Musik nach 1950 bei aller Modernität traditi­ onsgebunden und deshalb verständlich. Durch diese Hereinnahme der klassischen Moderne in das Konzertrepertoire wurde eine Aufführungstradition begründet, die noch heute unser Musikleben bestimmt. Dies ist eine spezi­ fisch münchnerische Leistung, da dort ab 1945 die Aufführung neuer Musik für ein breites Publikum mit besonderer Konse­ quenz eingeleitet wurde. Franzpeter Messmer

Richard Strauss

Für Richard Strauss waren die Jahre 1945 bis 1949 eher ein Abschluß denn ein Anfang. Als man ihn anläßlich seines 85. Geburtstages mit einer Festwoche vom 11.6. bis 20.6. 1949 ehrte und ein festlicher Staatsakt in Garmisch mit Reden des bayerischen Ministerpräsidenten Ehard und des Kultusmini­ sters Hundhammer abgehalten wurde, war dies für Richard Strauss ein Anlaß, daran zu erinnern, was für ihn München bedeutete, bevor es zerstört worden war: »Einmal war es der schöne Odeonssaal, in dem ich als Gym­ nasiast durch die Musik-Akademie die ganze klassische Sin­ fonie bis zu dem damals noch schwer verpönten Berlioz als Orchestersohn erlebte, wo Hermann Levi 1883 die erste Sinfonie des auf einem Stehplatz unter den Säulen zuhören­ den Unterprimaners aus der Taufe hob .. .«’* Strauss erinnerte dann an das Residenztheater, »in dem Mozart seinen Idomeneo dirigiert hatte, und wo ich 120 Jahre später eine neue Mozartpflege anregen ... konnte«, und mit beson­ derer »Wehmut« an das »zerstörte Hoftheater, in dessen Orchesterraum mein teurer Vater 50 Jahre lang seinen Platz am 1. Waldhornpult inne hatte, unter Hans von Bülow >Tristan< und »Meistersinger« kreieren half und dafür sogar das direkte Lob des großen Meisters erntete«.3* Strauss war nicht pessimistisch, was die Zukunft anbetraf: er äußerte in der Garmischer Rede den Wunsch, »daß die schöne Isarstadt bald wieder im alten Glanz erste­ hen und die von großen Traditionen erfüllten Kunststätten zu neuem Leben erblühen und wiederum ein von der gan­ zen gebildeten und kunstsinnigen Welt besuchtes und ge­ liebtes Kulturzentrum bilden mögen«.4* Dieser Wunsch war geprägt von seiner festen Überzeugung, daß Deutschland nur aufgrund seiner geistigen, nicht seiner politischen Leistungen Bedeutung habe: »Ich war gestern beim Oktett der Wiener, bezaubernd! Was geht einen denn da die Zerstörung der übrigen sogenannten Welt an! Der deutsche Geist, der sich nur in solchen Werken offenbart (und nicht in Hermann dem Cherusker und Fried­ rich II.), bleibt, bis die Erdkruste vereist ist und wohl noch darüber hinaus!«5* Dennoch sah Richard Strauss im Zweiten Weltkrieg den end­ gültigen Abschluß seiner Epoche, deren prägende Traditionen er in der Garmischer Rede ansprach: Mozart, Berlioz, Richard Wagner. Die Zerstörung des Nationaltheaters war hierfür ein äußeres Symbol. Die Schwierigkeiten zwischen Richard Strauss und seiner Heimatstadt sind bekannt. Erst im hohen Alter erhielt er in München die ihm gebührende Anerkennung. Als Clemens Krauss Generalintendant der Münchner Oper wurde, begrün­ dete er eine Richard Strauss-Pflege, die inzwischen eine Münchner Tradition geworden ist. Clemens Krauss brachte

zwischen 1937 und 1942 »Rosenkavalier«, »Salome«, »Ariadne auf Naxos«, »Arabella«, »Die Frau ohne Schatten«, »Die Ägyp­ tische Helena«, »Josephslegende« als Neuinszenierungen, »Daphne« als Erstaufführung und »Friedenstag« und »Verklun­ gene Feste« als Uraufführung heraus.6* Die künstlerische Qua­ lität und die Einheit zwischen der Musik, der Inszenierung und dem Bühnenbild waren so außerordentlich, daß Strauss diesen Aufführungen ein Denkmal in der Form eines Bildbandes set­ zen wollte: »Im tiefsten Schmerz über eine Katastrophe, die eines der schönsten Kapitel der Münchner Theatergeschichte jäh be­ schloß, kam mir der Gedanke, die letzten Freuden, die mir München gespendet, wenigstens im Bilde als schönes Bei­ spiel einer nachschaffenden Generation zu erhalten.«7* Die Bedeutung dieser Operninszenierungen lag zum einen in der »Einheitlichkeit des harmonischen Zusammenwirkens von Dirigent, Regisseur und Bühnenbildner«8* — also von Clemens Krauss, Rudolf Hartmann, Ludwig Sievert und Rochus Giese zum anderen in einem Orchesterklang, dem Walter Panofsky 1949 anläßlich einer Rundfunksendung des »Rosenkavalier« unter Clemens Krauss mit den folgenden Worten nachtrauerte: »Das Magnetophonband hat hier die große Zeit unserer Münchner Oper unter Clemens Krauss festgehalten: was früher eine Selbstverständnichkeit war, ist heute zur Selten­ heit geworden. Diese fast zehn Jahre alte Aufnahme bewies es. Sie offenbarte, wie tiefgehend die kriegsbedingten Schä­ den im Orchester sein müssen, das seinen alten Glanz kaum jemals mehr erreicht, sie zeigte, wie weit die Staatsoper heu­ te noch von dem einst Erreichten entfernt ist.«9’ Richard Strauss war tief von der Zerstörung des Nationalthea­ ters und der kriegsbedingten generellen Schließung der Thea­ ter getroffen. Den »Metamorphosen, Studie für 33 Solostrei­ cher«, die er im Frühjahr 1945 komponierte, gab er im Skizzenbuch den Vermerk »Trauer um München«. In den letz­ ten Adagio-Takten des Werkes erklingt ein Zitat aus Beet­ hovens »Eroica«-Trauermarsch. Die »Metamorphosen« sind Bekenntnismusik, geschrieben von einem Komponisten, der noch in hohem Alter den Zusammenbruch seiner Welt erleben mußte. Richard Strauss bezeichnete die Werke, die nach dem »Ca­ priccio« (1941) entstanden, nicht mehr als »Novitäten«, son­ dern nur als »Handwerkliches Studienmaterial für unsere bra­ ven Instrumentalisten und opferwilligen A-cappella-Chöre — Atelierarbeit damit das Handgelenk nicht allzu steif wird«.10* Nach den »Metamorphosen« komponierte er noch die Sonati­ ne für 16 Bläser Es-Dur, das Konzert für Oboe und kleines Or­ chester D-Dur, die Sinfonische Fantasie »Die Frau ohne Schat­ ten« für Orchester, das Sinfonische Fragment »Josephslegende« für Orchester, ein Allegretto für Violine und Klavier E-Dur, die »Vier letzten Lieder« für hohe Singstimme und Orchester sowie das Sinfonische Fragment »Die Liebe der Anae« für Or­ chester und »Des Esels Schatten«, ln dieser Werkliste fällt die

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Musik und Theater

große Zahl von Bearbeitungen eigener älterer Bühnenwerke für Orchester auf. Richard Strauss und seine von der Krankheit gezeichnete Frau verließen Garmisch am 9. Oktober 1945 mit der Erlaubnis des amerikanischen Ortskommandanten Major Hayl, um bis Mai 1949 in der Schweiz zu leben. Dort wohnte der Kompo­ nist der Uraufführung der »Metamorphosen« durch das Colle­ gium Musicum unter Paul Sacher, des Oboenkonzerts durch Volkmar Andrae und der Zweiten Bläsersonate durch Her­ mann Scherchen bei. Willi Schuh schreibt, daß die Grundstim­ mung dieser Schweizer Jahre ein »wehmütiges, aber gefaßtes Abschiednehmen von den geliebten Schönheiten der Welt« gewesen sei.11* An die Stelle des »aktiven Wirkens« sei das »Betrachten und Erkennen kulturgeschichtlicher Zusammen­ hänge getreten ... »Die Rolle der Musik in der Geistesge­ schichte beschäftigte sein Denken immer stärker.«12* Strauss durfte noch erste Anzeichen einer wieder beginnenden Aner­ kennung im Ausland erleben. Den Bann im Ausland gegen ihn brach Sir Thomas Beecham, der im Herbst 1947 in London ei­ nen großen Strauss-Zyklus veranstaltete und den Komponisten dazu einlud. Strauss folgte dieser Einladung und freute sich über »die Welle der Zuneigung, der Verehrung«, die ihm »auf britischem Boden entgegenschlug«.13* Der 83jährige Strauss dirigierte dort selbst ein ganzes Konzert mit »Don Juan«, »Burleske« und »Domestica«. In Deutschland fanden nach dem Krieg sehr bald Bemühun­ gen statt, seine Werke wieder aufzuführen. Allerdings standen ihnen die hohen Anforderungen an Künstler und Bühnentech­ nik der Strauss'schen Bühnenwerke entgegen. Schon im No­ vember 1946 brachte Josef Keilberth in Dresden eine Neuins­ zenierung der »Schweigsamen Frau« heraus, nachdem er bereits zuvor die »Ariadne« aufgeführt hatte. In München spielten die Philharmoniker die Tondichtungen von Strauss.14* Die Oper trat im Juni 1947 mit einer Münchner Erstauffüh­ rung der »Schweigsamen Frau«,15* im September 1948 mit ei­ ner Neuinszenierung der »Salome«16’ und im Juni 1949 des »Rosenkavalier«17* hervor. Während der Festwoche aus Anlaß des 85. Geburtstages von Richard Strauss wurde auf Wunsch des Komponisten »Der Bürger als Edelmann« im Theater am Gärtnerplatz aufgeführt. Die Regie durch Hermann Wenninger und vor allem das Spiel des Orchesters wurden hart kritisiert: »Schweigen aber müßte man von der »Leistung« des Orche­ sters. Was man hier einem Richard Strauss als Geburtstags­

gabe anzubieten wagte, war beispiellos. Ein mattes kontur­ loses Streichergekratze, verschwommene Bläserpassagen nahmen der bezaubernden Musik all ihren Glanz und Esprit. Die Komödie auf der Bühne wurde im Orchester zum Trauerspiel!«18’ Die Neuinszenierung des »Rosenkavalier« dagegen erhielt eine ziemlich gute Kritik, wobei insbesondere die Leistung von Georg Solti hervorgehoben wurde. Freilich lag über ihr immer noch der Schatten der früheren Aufführungen.19* Richard Strauss starb am 8.9. 1949. Der Komponist wurde im Münchner Ostfriedhof begraben. Auf seinen Wunsch hin erklang an seinem Sarg das Terzett aus dem Rosenkavalier. Richard Strauss wurde 1945/1949 als bereits klassisch ge­ wordener Komponist anerkannt und offiziell gefeiert, nicht als moderner, als der er einst die Bürger provozierte. Dagegen führte K.A. Hartmann Mahlers Sinfonien in seiner Neuen Musik-Reihe auf, als einen Wegbereiter der Moderne. Es ist sicherlich richtig, daß Strauss viel mehr als Mahler in alten Traditionen steht und sie vollendet. Aber man wird ihm nicht gerecht, wenn man ihn nur als rückwärtsgewandt betrachtet, wie es geschehen ist. Strauss selbst hat dies ebenso empfunden. Seine letzte Aufzeichnung20* vom 19.6. 1949 befaßt sich mit diesem Problem. Er erinnert an die »Feuersnot«, in der »ein neuer subjektiver Stil im Wesen der alten Oper ist, ein Auftakt!«, in welcher der Geist der »Op­ position« hörbar wird und vor allem, wie auch in »Guntram«, »Heldenleben«, »Don Quichote« und »Domestica« der Ton des Spottes, der Ironie, des Protests gegen einen landläufigen Operntext, der »Persiflage der Wagnerischen Diktion« vor­ herrscht. Als Wesentlichstes aber betont Strauss, daß seine Werke »Bekenntis« seien und deshalb »Musik des 20.Jahrhunderts«. Gerade dies trifft für die zwischen 1945 und 1949 geschaffe­ nen »Metamorphosen« und die »Vier letzten Lieder« zu. Dabei sind besonders die kühne Harmonik, das vielschichtige und harte Auseinanderbrechen des Streichorchesterklanges hervor­ zuheben. Freilich sah sich Strauss auch bei dieser Verteidigung seines Anspruchs, ein Musiker des 20.Jahrhunderts zu sein, in der Tradition eingebunden: er berief sich auf Goethe, Beethoven, Berlioz und Liszt, deren Werke, wie er schreibt, alle von einem persönlichen und individuellen Bekenntnis geprägt waren. In­ soweit ist Strauss trotz aller Modernität der Abschluß einer Epoche. Franzpelcr Messmer

Carl Orff

Im Schaffen Carl Orffs bedeutete der Zweite Weltkrieg kei­ nerlei Zäsur. Orff hatte mit den »Carmina Burana« (1937) — bereits 42 Jahre alt - erst die Kompositionsweise gefunden, die für ihn charakteristisch ist und die er selbst als für sich gültig er­ klärte. 1939 folgte der »Mond«, 1943 »Die Kluge«, 1946 »Die Bernauerin«, 1949 »Antigone«. Alle diese Werke beruhen auf einer konsequenten Reduktion der musikalischen Mittel, einer Betonung des Rhythmischen und der Unterordnung der Musik unter das Theater. Auch in der Rezeption der Orffschen Werke änderte sich nach dem Krieg nichts Wesentliches: Die Beschränkung der Musik auf das Schlagzeug erregte bereits 1933 das Mißfallen Hans Fleischers in »Deutsche Kulturwacht«1* und wurde auch noch von Heinz Pringsheim 1947 anläßlich der Aufführung der »Bernauerin« kritisiert.2* Die unterschiedliche Bewertung des Zurückgehens von Orff auf elementar Volkstümliches ist ein typisches Beispiel für die Mehrdeutigkeit und damit ideo­ logische Vereinnahmbarkeit von Musik; denn das Volkstümli­ che Orffs wertete Otto Eckstein-Ehrenegg im nationalsoziali­ stischen Sinne als ein Wurzeln Orffs im »Volksempfinden«, das »von außerordentlicher Bedeutung für die Zukunft der Oper« sei.3’ Dagegen war Pringsheim4* bei der Aufführung der »Bernauerin« sehr empfindlich gegen den archetypischen Rachefluch Albrechts: »Die Burg, die muß brennen lichterloh, zur Sterbkerzen will is’ anzündn. Und drumma herum mei Minkerne Stadt, mei Minka, mei vielliebe Stadt, zur Sühenen muß die mitbren­ nen: Aufbrennen, verbrennen, ausbrennen ganz, ausbren­ nen schier bis zum Grund ... Austilgt muß s’wern von der Erdn.« Diese Sprache, die für Orff typischen Wortwiederholungen, die Rhythmen, welche die Worte gleichsam einhämmern, der Schlagzeugapparat kündigen auf musikalische Weise von Ge­ walt; sie vergegenwärtigen das an den alten Stoffen, die Orff heranzieht, was heute noch gültig ist: »Das Zeitgebundene fällt, die geistige Kraft bleibt bestehen«;5* Pringsheim dagegen empfand bei solcher Musik »tiefes Unbehagen«.6* Es ist sicher­ lich richtig, daß Orff in ursprünglichen Sprachformen und rhythmischen Gestaltungsweisen archetypische Schichten auf­ deckte, wie Beschwörung, Machttrieb, Verfluchung, die auch das 20. Jahrhundert — insbesondere den Faschismus — prägten, aber hierdurch machte Orff etwas bewußt, was noch vom Al­ ten in seiner Zeit gegenwärtig war. Obwohl Orff während des NS-Regimes Weiterarbeiten konnte und sogar öffentliche Aufträge erhielt, wie die Kompo­ sition einer Sommernachtstraummusik,7* war er auch im Aus­ land anerkannt: »Der einzige interessante Vertreter der jungen deutschen Musik, der unter dem Naziregime weiterarbeitete, ist Carl Orff.«8* ln dieser Anerkennung spiegelt sich die Bedeutung Orffs für die moderne Musik wider. Ulrich Dibelius sah vor allem in der Sprachbehandlung Orffs einen wegweisenden Schritt für die Zukunft:

»Das Wort wird für Orff zum musikalischen Objekt, zum Material der Komposition. Er hört in der Sprache Klangfar­ ben und Rhythmen, vokalische Lautveränderungen und konsonantische Akzente, die unmittelbar als musikalische Phänomene auftreten. Die semantische Schicht der Wortbe­ deutungen versinkt vor dem reinen Sprachklang, dem der Sinn ziemlich gleichgültig ist. In diesem Punkt liegt einer der modernsten Aspekte von Orffs Schaffen.«9* Nach Dibelius wird Sprache als musikalische Bereicherung der Klangfarben und als vielfältig differenziertes Geräusch ver­ wendet. Neben der Bedeutung der Sprache ist die in Orffs Werk fortschreitende Reduktion der musikalischen Mittel für die weitere Entwicklung der modernen Musik bedeutend ge­ wesen. Sie wurde von Orff in der »Bernauerin« und der »Anti­ gone« konsequent weiterverfolgt. Diese Reduktion führte aber auch zu grundsätzlicher Kritik: man sah in Orff mehr einen Dramatiker als einen Musiker. Stuckenschmidt nannte Werner Egk einen »Komponisten«, Orff dagegen einen »Klangregisseur«.10* Bei der Erstauffüh­ rung der »Bernauerin« führte der Streit, ob Orff als Musiker oder als Dramatiker zu bewerten sei, dazu, daß die »Süd­ deutsche Zeitung« zwei verschiedene Kritiken abdruckte, die eine von Pringsheim11’ aus musikalischer Sicht, die andere von Hanns Braun,12* »vom Schauspiel her betrachtet«. Pringsheim lobte die Aufführung, schrieb aber über das Stück: »Ein Thea­ terstück, von dessen Artung und Bedeutsamkeit vielzuviel Aufhebens und Wesens gemacht worden ist.«13* Er wies darauf hin, daß Orffs »Bernauerin« kein neuer Versuch sei, sondern daß Strawinsky, Kurt Weill, Hindemith, K.A. Hartmann, Honegger bereits »Gültiges« und »Zukunftsträchtiges« auf dem Gebiet »dramatischer Oratorien« und »statischer Opern« ge­ schaffen hätten. Außerdem verweist er darauf, daß das Experi­ ment Heinrich Kaminskis in »Jürg Jenatsch«, »gesprochene Schauspielepisoden größeren Umfangs mit dramatisch durch­ geführten Szenen zu verbinden, ein ausgesprochener Fehl­ schlag« gewesen sei.14* Diesen Bemühungen um eine neue Form der Oper rechnet Pringsheim nun auch Orffs »Bernaue­ rin« hinzu, allerdings mit dem »grundlegenden Unterschied, daß die Musik nur eine unterordnende, fast nur einleitende, umrahmende, untermalende Rolle spielt«.15* Er kritisiert die Dominanz des Rhythmus, die Monotonie der Wiederholung rhythmischer Muster - »... peinigt die Nerven« -, die »Ab­ straktion« und »zunehmende Primitivisierung der Musik«. Zum Abschluß stellt er fest: »Dagegen hat Orff, ein raffinierter Meister der Geräuschkulisse, ganz sicher das Zeug zu einem Schau- und Hörspielkomponisten seltener Art«.16* Das Urteil von Pringsheim geht von einem rein musikalischen Stand­ punkt aus. Es ist interessant, daß der Theaterkritiker Hanns Braun dem Werk viel positiver gegenübersteht und erkennt, was Orff mit ihm beabsichtigt: eine Erneuerung des griechi­ schen Theaters, in dem Sprache und Musik eine Einheit bilde­ ten, und eine Erneuerung des volkstümlich-bayerischen Thea­ terspiels.17*

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Musik und Theater

Die Diskussion über Orffs »Bernauerin« in der »Süd­ deutschen Zeitung« zeigt, wie umstritten Orff 1945 bis 1949 war. Orff war wie kein anderer Münchner Komponist mit Bay­ ern verbunden, indem er die bayerische Mundart als ein musi­ kalisches Phänomen ernst nahm. Trotzdem wurde er 1945/ 1949 außerhalb Münchens viel mehr beachtet als in München. Im Jahre 1946 war die »Kluge« die einzige Oper, die während der Internationalen Neuen Musiktage in Darmstadt gespielt wurde - aus »materialtechnischen« Gründen mußte man auf die deutsche Erstaufführung von Honeggers »Jeanne d’Arc« verzichten. Die »Bernauerin« wurde in Stuttgart unter der mu­ sikalischen Leitung von Berti 1 Wetzeisberger, der Regie von Reinhard Lehmann und mit Orffs Tochter Godela als Agnes uraufgeführt.18' Erst einen Monat später folgte München mit einer Inszenierung von Hans Schweikart. Der Plan der Inten­ danz der Bayerischen Staatstheater, die »Bernauerin« als Münchner Festspiel alljährlich aufzuführen,19’ wurde nicht ver­ wirklicht. Im Jahre 1947 wurde Orffs Neufassung von »Der Mond« (1937) uraufgeführt. Ulrich Seelmann-Eggebert ver­ stand Orffs Absicht — »Orff ringt um die Substanz, um den geistigen und musikalischen Urgrund des Lebens« —, kritisierte aber auch »manche Längen und Wiederholungen«.20’ Im Herbst 1948 spielte die Komische Oper Berlin »Die Kluge« mit großem Erfolg.21’ Die Uraufführung von Orffs »Antigone« zeigt, wie wenig Orff 1945 bis 1949 — verglichen mit anderen Städten — in München Beachtung fand. Er erhielt zwar 1950 eine Professur an der Münchner Musikhochschule, aber sein Werk konnte nicht eine Münchner Tradition werden. Dennoch ist das Vorgehen Orffs sehr geprägt vom in Mün­ chen herrschenden Traditionalismus. Bevor er die von ihm als gültig bezeichneten Werke schuf, setzte er sich intensiv mit Werken der Vergangenheit auseinander, was sich in Bearbei­ tungen von Werken Monteverdis und in seiner Tätigkeit als Dirigent des Münchner Bachvereins niederschlug.22’ Als Kom­ ponist zog er radikale Konsequenzen aus seiner Beschäftigung mit der Vergangenheit: Komponieren als eigenständige und selbständige Kunst wurde von ihm aufgegeben zugunsten ei­ ner Interpretation der Vergangenheit mit musikalischen Mit­ teln, einer Inszenierung von Dichtung auf dem Theater, einer Einordnung der Musik in ein »totales Theater«, wie es im Ba-

¿IAATSOPEK MÜNCHEN

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Plakat der Staatsoper zu einer Aufführung der Oper »Die Kluge, von Carl Orff entworfen von 11. Jürgens, 1948

rock bestand, und vor allem der Unterordnung unter die Spra­ che und ihren Rhythmus. Orff erweckt dadurch elementar­ ursprüngliche Kulturen zu neuem Leben. Von all den Komponisten, die seit Beginn des 20.Jahrhunderts sich zur Vergangenheit zurückwandten, war er der konsequenteste. Franzpeter Messnier

Werner Egk

In Abhandlungen über die Moderne Musik — beispielsweise in »Moderne Musik 1945—1965« von Ulrich Dibelius,1* in Ru­ dolf Stephans »Neue Musik«2* und in Hans Heinz Stuckenschmidts »Musik des 20. Jahrhunderts«5* fehlt der Name Wer­ ner Egks oder er wird nur nebenbei erwähnt. Aus der Perspektive der Sechziger und Siebziger Jahre erschien Egks Musik nicht mehr als »modern«. Er wurde als ein Komponist im Umkreis Hindemiths gesehen; die Begeisterung für Hindemiths Musik hatte nachgelassen, Schönberg, schließlich We­ bern waren die neuen Leitbilder. Die Komponisten, die nicht gemäß der Zwölftonschule und dem Serialismus komponier­ ten, wurden mit dogmatischer Ausschließlichkeit als rückstän­ dig betrachtet. Im Fall Egks traten zu den musikalischen auch politische Gründe. Egk wird vorgeworfen, daß er während der Zeit des NS-Regimes sein öffentliches Wirken als Komponist fortsetzte, dabei auch Aufträge des Staates angenommen habe4* und Leiter der Fachschaft Komponisten in der Reichsmusik­ kammer gewesen sei.5* Ausländische Musikkritiker und -historiker betrachteten Egk als Aushängeschild des NS-Regimes, »gewissermaßen den offiziellen Musiker des Dritten Rei­ ches«.6* Paul Collaer kritisiert scharf die während des NSRegimes komponierten Werke Egks: »1935 erschien seine Oper »Die Zaubergeige«, deren Musik von beispiellos schlechtem Geschmack zeugt. Eine von Jod­ lern und Rosalien geführte Musik schmeichelt den niedrig­ sten Volksinstinkten, der Platitude und Vulgarität.«7* Er schreibt diese Mängel einer »Verwirrung« zu, die das Regi­ me im Bewußtsein der deutschen Künstler bis 1945 angerich­ tet habe und gesteht den nach 1945 entstandenen Werken Egks »unleugbare Qualitäten« zu. Am Fall Werner Egks zeigt sich besonders deutlich die schwierige Situation derjenigen deutschen Künstler, die nicht emigrierten und die nicht, wie Karl Amadeus Hartmann, auf ein öffentliches Wirken während dieser Zeit verzichten woll­ ten. Ihre Musik wurde politisch mißbraucht, und sie mußten es zulassen, um Weiterarbeiten zu dürfen. Nach dem Krieg war das Mißtrauen zwischen den Emigranten und den in Deutsch­ land gebliebenen Künstlern groß. Werner Egk berichtet in sei­ ner Autobiographie »Die Zeit wartet nicht«8* von dem ersten Zusammentreffen mit Scherchen. Scherchen machte den in Deutschland Gebliebenen größte Vorwürfe und fragte, warum sie nicht emigriert seien. Er sah das Dritte Reich als grausame Konsequenz einer für Deutschland seit jeher typischen Antino­ mie von Geist und Tun.9* Werner Egk durfte von 1945 bis 1947 nicht als Dirigent und Komponist öffentlich auftreten. Am 17.10. 1947 wurde er von der Spruchkammer freigesprochen. Während dieser Pause komponierte er im Auftrag des Südwestfunks Baden-Baden »La Tentation de Saint Antoine« und die Musik zum Ballett »Abraxas«. Baden-Baden bildete unter Heinrich Strobel neben Darmstadt und Frankfurt das wichtigste Zentrum für Neue Musik. Egk war eng mit dem Südwestfunk-Orchester BadenBaden durch seine rege Dirigententätigkeit verbunden. Er

leitete dort die Uraufführung von Henzes Klavierkonzert.10* Zugleich war Baden-Baden, das in der französischen Besat­ zungszone lag, eine Brücke nach Frankreich. Egk hatte seit der Aufführung von »Joan von Zarissa« in Paris 1941 freund­ schaftliche Beziehungen zu französischen Künstlern — unter anderem zu Cocteau —, die ihm bei der szenischen Urauffüh­ rung von »Abraxas« im Münchner Prinzregententheater zugute kamen; denn er konnte hierdurch Solange Schwarz, première danseuse étoile, für die Rolle der Bellastriga gewinnen.11* Durch die nach 1945 entstandenen Werke - 1948 kam noch die Orchestersonate hinzu, die in Baden-Baden uraufgeführt wurde und zusammen mit der Solokantate von Rolf Lieber­ mann in Darmstadt jeweils unter der Leitung von Egk erklang — erwarb sich Egk hohe Anerkennung. Die Nachkriegsjahre waren für den nun 45 Jahre alten Komponisten der Durchbruch zur öffentlichen Anerkennung. Walter Panofsky schrieb anläßlich der Baden-Badener Urauf­ führung des »Abraxas«: »Kein Zweifel: dieses Faust-Ballett »Abraxas« ist einer der stärksten Würfe des Komponisten und darüber hinaus ein überzeugender Beweis für die Existenz einer deutschen Moderne.«12* Im Gegensatz zu den späten Fünfziger und Sechziger Jahren galt Egk 1945 bis 1949 als Vertreter der modernen Musik und war - wie der »Abraxas«-Skandal zeigte - bei den konservati­ ven Kräften sehr umstritten. Egks Verhältnis zu München gestaltete sich in jenen Jahren eher schwierig. Er arbeitete als Dirigent in Baden-Baden, alle seine Werke jener Jahre mit Ausnahme der Klaviersonate wur­ den dort uraufgeführt. Der »Abraxas« erlebte zwar in München eine vielbejubelte szenische Uraufführung, wurde aber von Kultusminister Hundhammer nach fünf Vorstellungen vom Spielplan abgesetzt. Es fiel deshalb Egk nicht schwer, München im Jahr 1950 zu verlassen und in Berlin Kompositionsprofes­ sor und Direktor der Hochschule zu werden, nachdem Hindemith, dem diese Stelle zuvor angeboten worden war, abgelehnt hatte. Das spektakulärste Ereignis der Trümmerjahre war für Egk der »Abraxas«-Skandal, der ihn auf einen Schlag über das rein Musikalische hinaus bekannt machte. Dieser Skandal war si­ cherlich primär im Stoff des Balletts — eine schwarze Messe wird auf der Bühne dargestellt — und der szenischen Realisie­ rung begründet. Dennoch kommt die Wahl der Faust-Bearbei­ tung von Heinrich Heine, die nicht das Gedankliche, wie in Goethes Faust, sondern elementare Triebhaftigkeit und Magie in den Mittelpunkt stellt, der Musik Egks entgegen. Die dama­ lige Modernität des »Abraxas« entstand aus einer der Romantik entgegengesetzten Darstellung menschlicher Gefühle, Triebe und Handlungen nicht durch Ausdruckstanz, sondern durch klassischen Tanz. Dem entspricht die Musik. Panofsky schrieb: »Egk erstrebt vielmehr mit ihr jene Identität zwischen Bal­ lettmusik und symphonischem Ausdruck, wie sie etwa das

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Musik und Theater skys, Milhauds, Honeggers, Bergs und Hindemiths kennen und wurde von ihr geprägt. »Die Zeit in Berlin war eine gute Schule für mich, ich lernte alles kennen und war bemüht alles zu verstehen. Aber ob­ wohl ich, wie der Berliner sagte, jetzt wußte, wo es lang ging, unterlag ich nicht einmal bei meinem Halbgott Stra­ winsky der Versuchung der Imitation.«14* Das Elementare wurde von Egk im Tanz, im Volkstümlichen und im Umgang mit Kindern erfahren. Hieraus erwuchs eine klare Musik, die nicht durch ihre komplizierte Satzkunst, sondern durch ihre sinnliche Ausstrah­ lung wirkte. Faßbarkeit und Anschaulichkeit sind ihre wesent­ lichen Merkmale, die sie besonders gut für das Theater geeig­ net erscheinen lassen. Die Kritiker von Egks Musik beurteilen die Suche nach dem Elementaren oft als »schlechten Geschmack«, »Vulgarität« und »Plumpheit«,15* während die Egk gut Gesonnenen darin seine ursprüngliche Musikantennatur erkennen. Ein zentrales Problem seines Werkes, das auch Egk gegen­ über positiv eingestellte Kritiker nicht übersehen konnten, ist das Fehlen eines eigenen Personalstils. Neben Strawinsky sind bei ihm Einflüsse der Franzosen (Poulenc, Milhaud) hörbar. Pringsheim schreibt über die »Abraxas«-Musik: »Eine starke persönliche Note scheint ihr zu fehlen«,16* und Collaer be­ zeichnete Egk als »Elektriker«:17*

Plakat der Staatsoper zu der Uraufführung des umstrittenen Balletts »Abraxas« von Werner Egk im Jahr 1948, entworfen von G.Trump

18. Jahrhundert auszeichnet. Sie enthält dabei alle seine cha­ rakteristischen Elemente in kristallklarer Form: die unge­ heuer differenzierte und dennoch elementare Rhythmik und das große expressive Melos, das keine romantischen Lyrismen kennt.«13* Die Formstrenge, die Direktheit, das Elementare von Rhyth­ mus und Melodik und das kontrastreiche musikalische Gesche­ hen in Egks Musik, das durch eine farbenreiche, aber harte und scharfe Instrumentation betont ist, werden hervorgehoben. In der Darstellung des »Elementaren« wird der frühe Strawinsky oft als Vorbild Egks bezeichnet. Strawinsky hatte sich im »Sacre du Printemps« (1911) als erster mit radikaler künstle­ rischer Konsequenz diesem Thema gewidmet. Werner Egk lernte in seiner Berliner Zeit (1928-1929) die Musik Strawin-

»Er nimmt das Gute, wo er es bei den wirklichen Schöpfern der neuen Sprache findet, nur nicht bei den Dodekaphonikern. Von einem übernimmt er gewisse rhythmische Eigen­ heiten, vom anderen bestimmte melodische oder harmoni­ sche Merkmale. Egk versucht aus diesen Ingredienzien eine Synthese herzustellen, indem er seinen Vortrag mit vertrau­ ten Wendungen aus den volkstümlichen Formen würzt.«18’ Egk sah nicht seine primäre Aufgabe darin, eine neue Musiksprache zu schaffen. Vielmehr war er hauptsächlich ein Komponist des Musiktheaters, für den die Musik einen drama­ tischen Zweck erfüllte. Seine Musik ist deshalb nicht absolut. Sie ist vielmehr dem Ganzen des Theaters untergeordnet. Die Jahre 1945 bis 1949 waren für Egk der entscheidende Durchbruch. Dies gilt nicht nur in äußerer Hinsicht, was seinen Erfolg anbetrifft, sondern auch in musikalischer. Anläßlich der Wiederaufführung seiner Oper »Circe« erkannte Egk selbst, daß der Geist dieses Werks, das er noch während der NS-Zeit geschrieben hatte, nicht der Nachkriegssituation und ihrem Denken entsprach und zog es deshalb zurück.19* »La Tentation de Saint Antoine«, »Abraxas« und die Orchestersonate dagegen waren Werke, welche als Beginn einer neuen deutschen Musik anerkannt wurden und noch bis heute gespielt werden. Franzpeter Messtner

Karl Amadeus Hartmann

Karl Amadeus Hartmann war einer der wenigen Münchner Komponisten, die während des NS-Regimes auf ein öffentli­ ches Wirken verzichteten. Er zog sich in eine innere Emigrati­ on zurück und faßte sein Werk, das nur spärlich vor 1945 im Ausland aufgeführt werden konnte, als einen geistigen Wider­ stand auf. Hartmann hatte vor 1933 konsequent einen eigenen Weg verfolgt. Seine Ausbildung als Komponist bei Joseph Haas an der Akademie der Tonkunst in München dauerte nur drei Jahre und wurde vorzeitig abgebrochen, weil er in Konflikt mit den akademischen Traditionen der Münchner Akademie geriet. Hartmann schreibt in seiner autobiographischen Skizze über diese Zeit: »1924 begann ich meine dreijährige Ausbildung an der Aka­ demie. Ich erkannte die dringende Notwendigkeit, das kompositorische Handwerk zu erlernen und war bereit, selbst unter schwierigen Umständen diese Exerzitien über mich ergehen zu lassen. Als ich jedoch der Akademie eigene Arbeiten vorlegen mußte, sah ich voraus, daß diese keinen Anklang finden würden, behelligte die Professoren erst gar nicht damit und ließ die Tür getrost hinter mir zufallen.«1* Da bereits in den Zwanziger Jahren in München ein Mangel an zeitgenössischer Musik bestand,2* bemühte sich Hartmann wie beinahe gleichzeitig Fritz Büchtger, um Aufführungsmög­ lichkeiten für Neue Musik. Büchtger begründete das Studio für Neue Musik und die Bayerischen Tonkünstlerfeste, Hartmann dagegen verwirklichte die unkonventionelle Idee, im Zusam­ menhang mit moderner Kunst moderne Musik aufzuführen. Er konnte hierfür den Deutschen Künstlerverband »Die Jury­ freien« München e. V. gewinnen. Vor allem bei der Eröffnung ihrer Sommer- und Herbstausstellungen veranstalteten »Die Juryfreien« ab 1928 in der Konzeption Hartmanns Konzerte mit Kompositionen von Bartök, Büchtger, Casella, Egk, Haba, Hindemith, Honegger, Krenek, Milhaud, Orff, Poulenc, Ravel, Satie, Schostakowitsch, Strawinsky, Toch, um nur die wichtigsten Komponisten zu nennen.’* Hartmann hatte also bereits vor der Zeit des NS-Regimes dazu beigetragen, moderne Musik in München bekannt zu machen. Die Idee, Kunst mit Musik zu verbinden, prägte später auch die Programmhefte der Musica Viva, zu denen moderne Künstler Illustrationen beisteuerten.4* Hartmann hatte vor 1933 die ihn prägenden Hörerlebnisse: »Die Epoche der zwanziger Jahre drückte meinem Leben den Stempel auf... Futurismus, Dada, Jazz und anderes ver­ schmolz ich unbekümmert in einer Reihe von Kompositio­ nen.«5* Zu diesen Einflüssen kamen die Hindemiths, Bartöks und Strawinskys hinzu. Anstelle der Münchner Tradition setzte Hartmann in den Werken jener Zeit eine kosmopolitische Haltung.6* Nach 1933 verzichtete Hartmann auf jede öffentliche Tätig­ keit.

»Dann kam das Jahr 1933, mit seinem Elend und seiner Hoffnungslosigkeit, mit ihm dasjenige, was sich folgerichtig aus der Idee der Gewaltherrschaft entwickeln mußte, das furchtbarste aller Verbrechen — der Krieg. In diesem Jahr er­ kannte ich, daß es notwendig sei, ein Bekenntnis abzulegen, nicht aus Verzweiflung und Angst vor jener Macht, sondern als Gegenreaktion.«7* Die nun entstandenen Kompositionen »Miserae«,8* Erstes Streichquartett »Carillon«9* und Symphonie »L’Oeuvre«10* brachten Hartmann hohe Anerkennung im Ausland ein, wo sie alle uraufgeführt wurden. In dieser Zeit entwickelte sich eine enge Freundschaft zu Hermann Scherchen,11* die allerdings Belastungen12* ausgesetzt war, als Scherchen, der emigrierte, kein Verständnis für Hartmanns schwierige Lage in Deutsch­ land aufbrachte. Die meisten Werke, die in dieser Zeit entstanden, arbeitete Hartmann nach 1945 nochmals um, da er erkannte, daß in ih­ nen zu viel Zeitbedingtes sei, das nicht mehr gelte.13' Wie Orff war er seinem Werk gegenüber selbst sehr kritisch, vernichtete alle seine Frühwerke und war bereits ziemlich alt, als er mit den Kompositionen, die er als gültig empfand, vor die Öffent­ lichkeit trat. Die Aufführungen seiner Werke nach 1945 stießen alle auf ein eindeutig positives Echo. Hartmanns Kompositionen wa­ ren die der Trümmerzeit gemäße Musik. Sie entsprachen dem Fühlen und Denken dieser Jahre. Pringsheim schrieb 1945: »Die mit Spannung erwartete Neuheit war die >Musik der Trauen, ein Concertino für Violine und Streichorchester des Münchner Komponisten Karl Amadeus Hartmann. In den ersten Kriegstagen 1939 und aus dem Geist dieser Zeit ge­ boren, fesselt es durch seinen starken inneren Gehalt und die sinnvolle Anwendung der musikalischen Ausdrucksmit­ tel vom ersten bis zum letzten Ton. Die ergreifende Klage der Sologeige, die hämmernden Rhythmen und das zu wil­ dester Erregung gesteigerte Toben des Orchesters, unterbro­ chen von einer edlen, trauermarschartigen Episode und der wie eine bange Frage an das Schicksal verschwebende Aus­ klang, das alles ist in knapper Viersätzigkeit scharf Umrissen und wirkungssicher gestaltet.«14* Der Sprache des Kritikers ist hier anzumerken, daß er von Hartmanns Musik erschüttert wurde. »Ausdruck«, »Bekennt­ nis« und »Trauer« werden als wesentliche Merkmale seiner Musik empfunden.15* Der Bezug zur jüngsten Vergangenheit erscheint deutlich: »Mit unbeirrbarer Wahrheits- und Gerechtigkeitsliebe fängt der Komponist auch hier das Zeitgeschehen in meisterlich realistischen Klangvisionen von überzeugender Eindring­ lichkeit ein.«16* Die Aufführung der Werke Hartmanns in München, Frankfurt und Darmstadt war der bedeutendste musikalische Beitrag von deutscher Seite zu einem musikalischen Neuanfang. Hartmann

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Musik und Theater

war während des Dritten Reiches in enger Verbindung mit der Moderne des Auslands geblieben, war unbelastet vom NSRegime, hatte die moralische Autorität desjenigen, der geisti­ gen Widerstand geleistet hatte, nicht emigriert war, sondern Regime und Krieg erlitten hatte. Sein Werk wurde als Beweis für das andere Deutschland empfunden, das den Mut aufbrach­ te, auch während des Regimes an Wahrheit und Ethik festzu­ halten. Hartmann17’ selbst glaubte an eine politische Funktion von Kunst, auch von Musik. Er führte als Beispiel Platons Mu­ siktheorie, Beethovens »Fidelio« - »eine Manifestation gegen jeder Art von politischer Willkür« —, die Opern Mozarts, Richard Wagners und Verdis, schließlich die Situation der Musiker während des NS-Regimes an: »Die faschistische Diktatur politisierte sie alle, und wer nicht in die Parteischablone paßte und seine Gesinnung nicht ver­ kaufte, der wurde verfemt und als »Entarteter« in die innere oder äußere Emigration getrieben.«18’ Hartmann faßte sein eigenes Schaffen als Bekenntnis zu den Opfern des NS-Regimes auf. Die autographe Partitur der Sym­ phonischen Dichtung für großes Orchester »Miserae« trägt die Widmung: »Meinen Freunden, die hundertfach sterben muß­ ten, die für die Ewigkeit schlafen, wir vergessen euch nicht (Dachau 1933/34)«. ln ihrem moralischen Rigorismus, welcher die radikalen Konsequenzen aus den Schrecken von Diktatur und Krieg zog, ist Hartmanns Musik nur mit der Trümmerlite­ ratur, wie sie von Wolfgang Borchert, Böll und anderen nach 1945 geschrieben wurde, vergleichbar. Besonders große Beachtung fand in München die konzer­ tante Uraufführung von Hartmanns Oper »Des Simplicius Simplicissimus Jugend« am 2.4. 1948 im Bayerischen Rund­ funk unter der musikalischen Leitung von Hans Rosbaud. Hartmann hatte diese Oper, deren Szenarium von Hermann Scherchen entworfen worden war, bereits 1934/35 kompo­ niert, sich zu ihrer Aufführung aber erst 1948/49 (szenische Uraufführung in Köln) entschlossen.19’ Hellsichtig erkannte Hartmann bereits 1934 den Dreißigjährigen Krieg als das historische Modell für seine eigene Zeit: »Ich machte mich mit dem Buch vertraut; die Zustandschil­ derungen aus dem Dreißigjährigen Krieg schlugen mich seltsam in Bann. Wie gegenwärtig kam mir das vor: »Die Zeiten sein so wunderlich, daß niemand wissen kann, ob du ohn Verlust deines Lebens wieder herauskommest .. .< Da war der einzelne hilflos der Verheerung und Verwilderung einer Epoche ausgeliefert, in der unser Volk schon einmal nahe daran gewesen ist, seinen seelischen Kern zu verlie­ ren.«20’ Hartmann wollte der »Welt den Spiegel« Vorhalten, »so daß sie ihr gräßliches Gesicht erkennt«, und hoffte, daß sie sich dann

»eines Besseren besinnen« würde.21’ Bei der konzertanten Ur­ aufführung in München erregte vor allem der expressionisti­ sche Charakter dieses Werkes, die Härte, mit der die Grausam­ keit des Krieges dargestellt wurde, Aufsehen.22* Ist Hartmanns Musik zeitgebunden, also gebunden an die Trümmerzeit? Beobachtet man die Pflege des Werks von Orff, Egk und Hartmann, der drei Münchner Komponisten, die nach 1945 ihren öffentlichen Durchbruch zur Anerkennung erleb­ ten, so findet Hartmann wohl gegenwärtig die geringste Be­ achtung. Er wurde häufig als letzter Symphoniker charakteri­ siert, als Ausdrucksmusiker, der zur Romantik zurückgewandt sei.23* Ulrich Dibelius dagegen zeigte, daß es ein wesentliches musikalisches Gestaltungsprinzip von Hartmann ist, »scheinbar Gegensätzliches nicht länger als unvereinbar anzusehen«.24’ Dies betrifft auch die unvereinbar erscheinende Verbindung von Bekenntnis und musikalisch-sachlicher Handwerklichkeit im Sinn der Moderne: »Und es will scheinen, daß dieses Postulat der Reinheit ihm selbst oberstes Gebot gewesen; eine Sachzugewandtheit, die sich nicht mit Halbheiten oder Flüchtigkeiten abgeben will, eine tief empfundene Verantwortung gegenüber den Eigen­ gesetzlichkeiten der Musik, zum Schutz ihrer Fähigkeiten, durch sich, nur durch sich Sprache zu sein, die aussagt und verstanden wird. Ganz in diesem Sinn ist Hartmanns Be­ kenntnis, wenn dieser Begriff schon Anwendung finden soll, zuallererst ein musikalisches Bekenntnis; kein Herum­ gestikulieren mit expressiven Aufschwüngen, dramatischen Erregungszuständen und klangvoller Rhetorik. Vielmehr hat Hartmann Töne, Klänge, Rhythmen als das benutzt, was sie sind, als ein Material, das dem Komponisten viel differen­ zierter und genauer sich mitzuteilen erlaubt, als dies in Wor­ ten je möglich wäre.«25’ Als eine Synthese von scheinbar Unvereinbarem kann auch verstanden werden, daß es Hartmann gelang, die Kompositi­ onstechniken Weberns und Bergs in eine traditionsbewußte Haltung einzubinden. Hartmann sah eine Verbindungslinie von Carl Maria von Webers »Freischütz« — insbesondere der »Wolfsschluchtszene« — zur »Salome« von Richard Strauss und Bergs »Wozzeck«, von Schuberts h-moll-Symphonie zu Gu­ stav Mahler und Anton Webern.26’ Er hielt die musikalische Technik, die angewandt wurde, nie für entscheidend.27’ Wich­ tig war für ihn, verstanden zu werden. »Wenn meine Musik in letzter Zeit Bekenntnismusik genannt wurde, so sehe ich darin nur eine Bestätigung meiner Absicht.«28’ Hierin zeigt sich ein ähnliches Selbstverständnis über das, was Musik des 20. Jahr­ hunderts auszeichnet, wie es auch Richard Strauss hatte. Bei al­ ler Verschiedenheit zwischen Richard Strauss und Karl Ama­ deus Hartmann einigte sie ein tiefes Bewußtsein musikalischer Tradition, das von Münchens Musikleben geprägt war. Franzpeter Messmer

Theaterleben in den ersten Nachkriegsjahren: Kammerspiele, Volkstheater, Privattheater In dem von den Amerikanern besetzten München verbot zu­ nächst das Gesetz Nr. 191 der amerikanischen Militärregierung jegliche öffentliche Kommunikationstätigkeit und somit auch öffentliches Schauspiel;1» vorausgegangen war dem schon die Schließung aller Theateruntemehmen seit September 1944 durch den Aufruf Goebbels zum totalen Kriegseinsatz.2» Bom­ benangriffe hatten nahezu alle großen Theatergebäude Mün­ chens zerstört: das Nationaltheater, das Residenztheater, das Volkstheater, das Deutsche Theater, das Theater am Gärtner­ platz. Lediglich das Schauspielhaus in der Maximilianstraße und das Prinzregententheater waren nur geringfügig beschä­ digt, so daß sie nach einigen Wiederherstellungsarbeiten schon nach kurzer Zeit wieder bespielt werden konnten.

Der Einfluß der amerikanischen Militärregierung auf das Theaterleben Trotz des anfänglichen Verbots aller öffentlichen Darbietungen lag ein baldiger Neubeginn des Theaterlebens auch im Sinne der Besatzungsmacht.3» Die für das Theaterleben in München zuständige Behörde der amerikanischen Militärregierung, die Theaterkontrollabteilung der »Information Control Division« (ICD), wurde hauptsächlich von Offizieren geleitet, die etwas vom Theater verstanden und teilweise sogar dessen deutsche Sonderentwicklungen kannten. Bis Juli 1946 waren dies Gérard Willem van Loon, danach Walter Behr und Hermann Hahn. Ihre erste Aufgabe bestand darin, einen gesetzlichen Rahmen für die Theaterarbeit zu schaffen. Die Nachrichten­ kontrollvorschrift Nr. 1 vom 12.5. 1945 regelte erst einmal die Bedingungen, unter denen eine öffentliche Kommunikation wieder zulässig sein sollte:4» Künftige Theaterleiter mußten bei den Theateroffizieren eine Lizenz beantragen; wichtigste Vor­ aussetzung für die Lizenzierung war aus der Sicht der Amerika­ ner eine unbelastete politische Vergangenheit.5» Lediglich bei den Leitern der großen Staats- und Stadttheater wurde von Anfang an auch die künstlerische Qualifikation berücksichtigt. Die Lizenzanwärter mußten sich jedoch alle einem besonders strengen politischen Untersuchungs- und Entnazifizierungs­ verfahren unterziehen. Nach erfolgter Lizenzierung war der Lizenzträger dann der Militärregierung gegenüber persönlich verantwortlich, daß sein Unternehmen politisch, künstlerisch und geschäftlich einwandfrei geführt wurde. Er mußte wö­ chentlich den Spielplan und die Besetzungsliste vorlegen.6» Dem Ensemble durften nur solche Personen angehören, die nachweislich nie überzeugte Anhänger des Nationalsozialis­ mus gewesen waren.7» In der Zeit zwischen dem 19.9. 1946 und dem 31.5. 1947 hatten alle Kulturschaffenden die Pflicht, sich bei der »Film, Theater and Music Control Section« registrieren zu lassen;8» nach dem Mai 1947 lag die Verantwortung für die Auswahl der Ensemblemitglieder wieder ausschließlich beim Lizenzträ­ ger. Verstöße gegen die Richtlinien der Militärregierung konn­

ten schlimmstenfalls mit Lizenzentzug bestraft werden.9» Seit Mai 1947 wurden die wiederentstandenen Verbände der Thea­ terleiter (Verband der Theater- und verwandter Unternehmen e.V, Direktorenverband) und der Bühnenangehörigen (Ge­ nossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger) für die Lizenz­ vergabe beratend hinzugezogen,"1» die auch stärker die berufli­ chen Qualifikationen eines Theaterleiters - sowohl die künstlerischen als auch die kaufmännischen — berücksichtigten. Die Lizenzpflicht für Theaterleiter endete in Bayern endgültig am 22.8. 1949."» Einfluß sicherten sich die Amerikaner auch bei der Spiel­ plangestaltung. Der wichtigste Ansatzpunkt der amerikanischen Theaterpolitik war das Verbot aller Werke, die nationalsoziali­ stische, völkische, rassistische, militaristische und undemokra­ tische Ideen vertraten oder zum Widerstand gegen die Besat­ zungsmacht aufriefen.12» Eine Liste amerikanischer Dramen­ vorschläge,13» die völlig unverbindlich sein sollte, zeigt, auf welche Gesichtspunkte die Amerikaner bei einer Spielplanzu­ sammenstellung Wert legten: Freiheit, Demokratie, Religiosi­ tät, Moral, Gleichberechtigung, Frieden, Gerechtigkeit, »Ame­ rican Way of Life«. Neben dem Belehrungsaspekt wurde aber auch der Unterhaltungswert des Theaters mit einer Anzahl von Komödien berücksichtigt. Beigefügt war außerdem eine »Black list« mit Dramen, die man in Anbetracht der gegenwärtigen geistigen und psychologischen Verfassung der Deutschen nicht aufgeführt sehen wollte, die aber unter normalen Umständen für ein gutes Repertoire unumgänglich seien.14» Vermieden werden sollte unter anderem die Auffürung von Werken, in denen eine Diktatur verherrlicht (Shakespeares »Julius Caesar«) und in denen Widerstand gegen eine Besatzungsmacht gezeigt wird (Goethes »Egmont« und Schillers »Wilhelm Teil«), in denen Militarismus (Kleists »Prinz von Homburg«), übertrie­ bener Nationalismus (Kleists »Hermannsschlacht«) oder NSIdeologie (Werke von Hamsun) vertreten werden. Auf dieser schwarzen Liste waren auch Autoren genannt, deren Namen für die Amerikaner als eng verbunden mit den Nationalsozia­ lismus galten, wie Hauptmann, Kolbenheyer, Billinger und andere. Bei der Aufführung von Werken, die sich kritisch mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen, von den Amerikanern als »Nazi plays« bezeichnet, nahmen die Verfasser dieser Liste einen unentschiedenen Standpunkt ein: »Whether or not Nazi plays are to be put on is a highly tactical question which is not for us to decide.«15» Ein besonderes Interesse der Militärregierung galt, wie zu­ nächst aus der Liste und später aus den Aktivitäten der Theater­ kontrolle ersichtlich, der Aufführung ausländischer, besonders amerikanischer Bühnenwerke. Da die Reichsmark inkonverti­ bel, also nicht in andere Währungen umtauschbar war, konnte ein Tantiementransfer ins Ausland nicht vollzogen werden. So war es für deutsche Theater schwierig, Aufführungsrechte aus­ ländischer Theaterstücke zu erhalten. Das Theater- und Musik­ kontrollamt eröffnete deshalb einen eigenen Vertrieb. Der Theateroffizier Gérard Willem van Loon berichtete darüber:

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Musik und Theater

»Ich habe jetzt in meinem Büro einen eigenen Vertrieb auf­ gemacht für einzelne Stücke, die englische und amerikani­ sche Autoren zwar freigeben, aber unter der Bedingung, daß wir sie selber vertreiben und die Tantiemen, jeweils 10%, selber auf ein Sperrkonto tun ... ICD in Frankfurt erhält eine genaue Aufzählung von den Geldern, die dann, sobald die Geldsache geregelt ist, auch von ICD zu beziehen wä­ ren.«16’ Durch diesen Vertrieb war der Militärregierung natürlich die Möglichkeit gegeben, eine gewisse Dramenauswahl zu treffen und die ihr unliebsamen Stücke auszuschalten. Dazu der Thea­ teroffizier Walter Behr: »These plays were distributed at the discretion of the theater officer. Those plays that were not deemed suitable for production in Bavaria were not circulated.«17’ Die amerikanischen Theateroffiziere bemühten sich auch um weitere Übersetzungen amerikanischer Stücke18’ und betrieben nach eigenen Aussagen eine regelrechte Werbekampagne für die amerikanische Bühnenliteratur.19’ Um auch die Dramenli­ teratur des europäischen Auslandes auf deutsche Bühnen zu bringen, unterhielt die Militärregierung gute Beziehungen zu ausländischen Verlagen. Gérard Willem van Loon vermittelte beispielsweise den Abschluß eines treuhänderischen Vertrages zwischen dem Zinnenverlag Kurt Desch in München und dem Theaterverlag Reiß AG in Basel, so daß der Zinnenverlag stell­ vertretend für den Reißverlag mit deutschen Bühnen über die Aufführungsrechte der von diesem Verlag vertretenen Dramen verhandeln und auch die Tantiemen treuhänderisch verwahren konnte.20’ Die gleiche Abmachung galt in umgekehrter Rich­ tung. Mit der Währungsreform, die das deutsche Geld wieder zu einem international anerkannten Zahlungsmittel machte, verschwand dieses Problem. Das Theaterkontrollamt unterstützte neue Theatergründun­ gen überdies durch Lieferungen von schwer zu erhaltenden Materialien, so von Glühbirnen oder Nägeln.21’ Seit 1948 konnten durch den »Reorientation Fund«22’ einzelne Projekte auch finanziell gefördert werden.23’ Nachdem die Arbeit der Theaterkontrolle also anfangs überwiegend darauf beschränkt blieb, die Einhaltung ihrer Richtlinien zu überwachen, trat ab 1947 immer stärker auch der Umerziehungsaspekt nach ameri­ kanischen Vorbildern in den Vordergrund. Sichtbarer Ausdruck dafür war die neue Besatzungsdirektive JCS (Joint Chiefs of Staff) 1779 vom 15.7. 1949, die im Gegensatz zur vorherge­ henden JCS 1067 auch Richtlinien für die Kulturpolitik ent­ hielt.24’

Zei tbedingte Sch wierigkeiten der Theaterunternehmen Die Theaterleiter sahen sich in München vor große Schwierig­ keiten gestellt. Zunächst war das Raumproblem zu lösen. Da fast alle eigentlichen Theatergebäude zerstört waren, mußten vielfach Ausweichmöglichkeiten wie Wirtshaussäle, Turnhal­ len und Aulen von Schulen gefunden werden. Fast überall fehlte es an der geeigneten Bühnentechnik — Improvisationen waren an der Tagesordnung - und an einer bequemen Ausstat­

tung für den Zuschauerraum. Requisiten mußten häufig aus Privathaushalten entliehen werden.25’ In den Wintermonaten wurde für alle Theater die mangelnde Heizmittelversorgung zum Problem; die städtischen Theater beispielsweise erhielten nur Teillieferungen an Brennmaterial.26’ Die Probenbühnen konnten meistens überhaupt nicht beheizt werden,27’ was häu­ fig zu Erkältungskrankheiten bei den Schauspielern führte. Ein ähnliches Problem stellte die Stromversorgung dar. Besonders in dem sehr trockenen und heißen Sommer 1947 kam es dann auch wegen Wassermangels zu häufigen Notabschaltungen und Stromentnahmeverboten. Das Volkstheater im Bayerischen Hof, das in den Theater­ ferien 1947 umgebaut worden war, konnte deshalb erst ver­ spätet, am 16.9. 1947, wiedereröffnen.28’ Die Ernährungslage war besonders in den großen Städten wie München schlecht und unzureichend. Die »Genossen­ schaft Deutscher Bühnenangehöriger« bemühte sich verschied­ entlich um eine Heraufsetzung der Lebensmittelzuteilungen, jedoch immer vergeblich.29’ Bei einer Reihenuntersuchung ih­ rer Mitglieder im Januar 1948 erwies sich, daß das Unterge­ wicht durchschnittlich 14% betrug.30’ Vom 27.4. bis 3.5. 1948 mußten auch die Kammerspiele vorübergehend geschlossen werden, da acht Schauspieler physisch zusammengebrochen waren.31’ Des weiteren stellte sich für die Theaterleiter das Problem, geeignete oder gewünschte Dramen zu finden. Neue Stücke deutscher Autoren gab es kaum; die Hoffnung auf »Schubladenwerkc« erfüllte sich nicht. Die Kammerspiele veranstalteten im Winter 1947/48 einen Dramenwettbewerb, wobei das bestprämierte Werk zur Aufführung kommen sollte. Die Ein­ sendungen waren jedoch alle ungeeignet.32’ Aufführungsrechte für Dramen ausländischer Autoren waren zunächst nur auf Vermittlung der Militärregierung zu erlangen. Aber auch dabei gab es Einschränkungen. So machte beispielsweise der französische Autor Jean Paul Sartre mit seiner grundsätzlichen Forderung, daß die deutschen Aufführungen seiner Stücke in Francs bezahlt werden müßten, die Inszenierung seiner Werke zumindest bis zur Währungs­ reform unmöglich.33’

Die städtischen Theater: Kammerspiele und Volkstheater Die Münchner Stadtverwaltung entschied sich im August 1945 für die Weiterführung der städtischen Bühnen, also der Kam­ merspiele im Schauspielhaus und des Volkstheaters.34’ In den Stadtratsdebatten bildete das Hauptargument für die Subven­ tionierung der Gedanke, daß München als Kunst- und Kultur­ zentrum erhalten bleiben müsse und daß die Theaterfrage auch vom Standpunkt des Fremdenverkehrs zu würdigen sei.35’ Die beiden städtischen Theater wurden von der Stadt München in gemeinnütziger Form betrieben; Rechtsträger war der Stadtrat, der zur Erhaltung der Theater Zuschüsse gewährte. Mit dem Beginn des Haushaltsjahres 1946 am 1.4. 1946 fusionierte man die beiden Theater und stellte sie unter eine Generalintendanz. Man erhoffte sich durch die Zusammenlegung der Verwaltun­ gen und den variablen Einsatz des Bühnenpersonals größere Einsparungen.36’

Städtische und private Bühnen

STÄDTISCHE BÜHNEN MÜNCHEN

KAMMERSPIELE

IMSCHAUSPIELHAUS INTENDANT«

1

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ERÖFFNUNG DI R SPI KI7 El I I94S46 Plakat der Münchner Kammerspiele zur Eröffnung der ersten Nachkriegsspielzeit 1945/46 von C. Hansmann, Privatbesitz

Die »Münchner Kammerspiele im Schauspielhaus« Das Schauspielhaus in der Maximilianstraße war relativ wenig zerstört;37* es wurde sogleich von den Amerikanern beschlag­ nahmt und zu Filmvorführungen für die Truppe verwendet.38* Aber schon am 26.5. 1945 genehmigte die Militärregierung die Instandsetzungs- und Vorbereitungsarbeiten zur Wieder­ eröffnung für das Münchner Publikum39* und ließ das Haus räumen. Die Wiederinstandsetzungsarbeiten wurden zum größten Teil vom hauseigenen Personal durchgeführt,40* waren aber durch Materialmangel erschwert. Dennoch konnte bereits im August das neugebildete literarische Kabarett »Die Schau­ bude« sein erstes Gastspiel auf der Bühne der Kammerspiele geben. Am 8.9. 1945 fand hier auch die erste Schauspielauffüh­ rung in München nach dem Krieg statt: »Die Hammelkomö­ die« von Wolfgang Hillers und Adolf Gondrell als Gastspiel des Volkstheaters. Der bisherige technische Oberleiter Hans Zimmermann war zunächst von den Amerikanern als kommissarischer Leiter der Kammerspiele eingesetzt und in dem Amt eines vorläufigen geschäftsführenden Direktors auch von Oberbürgermeister Karl Scharnagl bestätigt worden.41* Da der bisherige Intendant Otto Falckenberg von der Militärregierung keine Lizenz er­ hielt,42* wurde Erich Engel im Einvernehmen zwischen Mili­

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tärregierung und Stadt zum neuen Intendanten und Lizenzträ­ ger ernannt;43* Hans Zimmermann als technischer Direktor, Wolfgang Petzet als Chefdramaturg und Eduard Sturm als Ausstattungschef arbeiteten kontinuierlich weiter. Nur der Ver­ waltungsdirektor Axel Krohn-Waldeck wurde von der Mili­ tärregierung aufgrund seiner Mitgliedschaft in der NSDAP und einigen angegliederten Verbänden entlassen.44* Seinen Aufgabenbereich übernahm zunächst Hans Zimmermann; ab Mai 1946, dem Zeitpunkt der Fusion der städtischen Bühnen, wurde Harry Buckwitz Verwaltungsdirektor für Kammerspiele und Volkstheater.45* Auch das Ensemble zeigte eine hohe per­ sonelle Kontinuität;46* es kamen jedoch auch bedeutende neue Kräfte an die Kammerspiele.47* Dazu gehörte der Bühnenbild­ ner Wolfgang Znamenacek, der bis zu seinem Tod 1953 viel­ gelobte, durch faszinierende Realität und künstlerische Leich­ tigkeit ausgezeichnete Bühnenbilder für zahlreiche Inszenie­ rungen schuf.48* Als Regisseur arbeitete seit der Spielzeit 1946/47 Bruno Hübner an den Kammerspielen, ein großer Raimund- und Nestroykenner,49* und als Intendant-Stellver­ treter und Dramaturg Alfred Erich Sistig.50* Im Sommer 1947 verließ Intendant Erich Engel dann die Münchner Kammerspiele. Er begründete seinen Abschied mit gewissen Anpassungsschwierigkeiten an die Münchner Atmo­ sphäre und mit der ungewohnten Arbeit als Intendant, die ihm für seinen eigentlichen Beruf als Regisseur zu wenig Zeit las­ se.51* Sein Nachfolger wurde Hans Schweikart, der schon unter Generalprobe des Theaterstücks »»Unsere kleine Stadt« unter der Regie von E. Engel an den Münchner Kammerspielen, 2. Dezember 1945

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Musik und Theater Tragödie zweiter Teil«, den Rudolf Bach als etwa vierstündige Bühnenfassung erarbeitet hatte.58* Einen wichtigen Aspekt im Spielplan bildeten auch die mo­ dernen Dramen deutscher Emigranten. Sie lieferten für das Münchner Theaterpublikum die erste kritische Auseinander­ setzung mit der NS-Zeit. So wurde an den Kammerspielen sehr erfolgreich Friedrich Wolfs »Professor Mamlock«59* auf­ geführt, ein Drama über einen jüdischen Arzt, der nach vielen Jahren selbstlosen Dienstes am Menschen zu Beginn der NSZeit von seiner Aufgabe verdrängt wird, dies nicht verkraften kann und am Ende Selbstmord begeht. Auch Carl Zuckmayers »Des Teufels General« stand in München mit 157 Aufführun­ gen zwei Jahre lang auf dem Spielplan; es zählte damals zu den ineistgespielten Stücken Deutschlands.60* Zuckmayer hatte die Geschichte des Fliegergenerals Harras, der, um seiner Flieger­ leidenschaft nachgehen zu können, sich mit den Nationalso­ zialisten arrangiert und den Krieg unterstützt, schließlich dieses Bündnis mit den totalitären Mächten mit dem Leben bezahlen muß, im Exil geschrieben, jedoch die Atmosphäre im NSDeutschland erstaunlich gut erfaßt. Der Autor selbst nahm regen Anteil an der Münchner Inszenierung und griff bei den letzten Proben persönlich in die Regieführung von Harry Buckwitz ein, der darüber schrieb:

Erich Engel, Intendant der Münchner Kammerspiele 1945-1947, im Januar 1946, Photo von H. Schürer

Otto Falckenberg mehrere Jahre an den Kammerspielen gear­ beitet hatte.52* Einen wichtigen Bestandteil des Spielplans53* bildete schon bald die dem deutschen Publikum lange Zeit vorenthaltene moderne ausländische Dramatik. Den Anfang setzte Erich En­ gel mit der Inszenierung und zugleich deutschen Erstauffüh­ rung von Thornton Wilders »Unsere kleine Stadt«.54* Das Schauspiel beschreibt — unter Verzicht auf jegliche dramatische Verwicklungen - das Alltagsleben in einer amerikanischen Kleinstadt anhand zweier Familien in verschiedenen Lebensal­ tern. Das für das Münchner Publikum Neuartige an dieser Ins­ zenierung war das vom Autor gewünschte und vom Regisseur hier durchgeführte fast requisiten- und dekorationslose Spiel, das nur durch die Klarheit seiner Worte wirken sollte.55* Weiter folgten in der Reihe moderner ausländischer Dramen »Der trojanische Krieg findet nicht statt« von Jean Giraudoux, »Der Tod im Apfelbaum« von Paul Osborn, »Eurydike« von Jean Anouilh und »Die Irre von Chaillot«, wiederum von Jean Giraudoux. Klassische Stücke hatten einen relativ geringen Anteil am Spielplan der Kammerspiele. In der ersten Nachkriegsspielzeit wurden zwei Shakespeare-Dramen gespielt: »Macbeth« zur Eröffnung am 12.10. 1945 und »Der Sturm« im Mai 1946, letzteres in der Inszenierung und Bearbeitung von Erich Engel, der sich während der NS-Zeit ausführlich mit Shakespeare be­ schäftigt hatte.56* Kurz zuvor, im März 1946, hatte Hermann Schultze-Griesheim als Gastregisseur »Herodes und Mariamne« von Friedrich Hebbel inszeniert; das Drama war wegen seines »jüdischen« Stoffes während des Dritten Reiches verbo­ ten gewesen.57* In der Spielzeit 1948/49 nahmen die Kammer­ spiele dann das Goethe-Gedenkjahr zum Anlaß, Werke dieses bekanntesten deutschen klassischen Autors zu spielen. Als gro­ ße Festaufführung inszenierte Hans Schweikart den »Faust. Der

»Es war jene ideale, produktive Zusammenarbeit zwischen Autor, Regisseur und Darsteller, die alle Beteiligten be­ glückte, weil sie nichts als die Sache und deren Erfolg zum Ziel hatte.«61* Der Versuch, in der Spielzeit 1948/49 Uraufführungen deut­ scher Autoren auf die Bühne zu bringen, war zunächst von ei­ nigen Fehlschlägen begleitet. Die Uraufführung von »Die Brü­ der Allemann« von Jakob Geis am 4.12. 1948 erwies sich als glatter Reinfall, so daß das Stück schon nach acht Aufführun­ gen vom Spielplan abgesetzt werden mußte. Die deutsche Erst­ aufführung von Bert Brechts »Herr Puntila und sein Knecht Matti«, zu der die Kammerspiele unter der Bedingung die Rechte erworben hatten, daß Erich Engel Regie führen wür­ de,62* scheiterte an unüberbrückbaren Gegensätzen zwischen dem Regisseur und einem der Hauptdarsteller.6'* Hans Schwei­ kart übernahm daraufhin die Inszenierung, die am 9.1. 1949 Premiere hatte, jedoch nicht mehr als deutsche Erstaufführung über die Bühne ging. Wesentlich mehr Erfolg hatten die Kam­ merspiele dann endlich mit der Uraufführung von Fritz Kort­ ners Komödie »Donauwellen«, die der aus der Emigration zu­ rückgekehrte Autor selbst inszenierte, womit er den Anfang zu einer Reihe bedeutender Gastinszenierungen vor allem wäh­ rend der Fünfziger Jahre setzte.64* Die Hauptrolle, den Friseur Duffeck, der sich allen politischen Zeitgegebenheiten aufs beste anzupassen verstand, spielte Willy Reichert als Gast an den Kammerspielen.65* Mit dem Jesuitendrama »Die erste Le­ gion« von Ernrnet Lavery und Paul Claudels »Der seidene Schuh« kamen auch religiöse Dramen in den Spielplan. Durchschnittlich drei Inszenierungen pro Spielzeit waren Unterhaltungsstücke, die ein breiteres Publikum ansprechen sollten. Zu diesem Zweck wurden Komödien gespielt wie bei­ spielsweise »Spiel im Schloß« von Franz Molnar, »Dr. Knock oder Der Triumph der Medizin« von Jules Romain, »Das Lied der Taube« von John van Druten — ein zu dieser Zeit an vielen deutschen Theatern sehr erfolgreich gegebenes Stück66* — und »Das tolle Geld« von Alexander N.Ostrowskij. Außerdem

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Premiere der »Drcigroschen-Opcr« von Bertold Brecht an den Münchner Kammerspielen unter der Regie von H. Buckwitz, 27. April 1949

spielte das Ensemble Kriminalstücke wie »Gaslicht« von Patrick Hamilton oder romantisch-komische Märchen wie »Alpenkönig und Menschenfeind« von Ferdinand Raimund. Betrachtet man den Spielplan der Kammerspiele von 1945 bis 1949 im Überblick, so läßt sich in der Dramenauswahl eine deutliche Abkehr vom Spielplan der nationalsozialistischen Ära feststellen. Es wurden sehr viele Stücke gegeben, die während des Dritten Reiches nicht aufführbar gewesen waren. Die mo­ derne Literatur vertraten zunächst hauptsächlich ausländische Autoren. Das Bemühen um neue deutsche Dramen scheiterte im wesentlichen an dem mangelnden Angebot. Die Kammer­ spiele hatten sich zwar nach dem Krieg wieder zu dem führen­ den modernen Theater Münchens mit einzelnen glänzenden Aufführungen entwickelt, ein neuer eigener Stil und avantgar­ distische Experimente fehlten jedoch noch. Ihre eigentliche große Ära begann erst wieder in den Fünfziger Jahren mit be­ rühmt gewordenen Brecht-Inszenierungen, den ersten Urauf­ führungen von Werken Friedrich Dürrenmatts, aufsehenerre­ genden Gastinszenierungen von Fritz Kortner und Gastspielen großer Schauspieler und Schauspielerinnen wie beispielsweise Therese Giehse.67* Für die »Trümmerjahre« kann das Moment der Kontinuität zur vorangegangenen Ära Falckenberg den­ noch nicht übersehen werden — trotz der großen und auch er­ folgreichen Bemühungen um einen Neuanfang.

Das »Münchner Volkstheater« Das Haus des zweiten städtischen Theaters, des Volkstheaters in der Herzogspitalstraße, war im Krieg völlig zerstört worden. Da das Ensemble relativ schnell die Lizenz der Amerikaner er­ halten hatte,68* gastierte es zunächst in den Kammerspielen. Als Ersatzbühne fand sich bald der Saal des Gasthauses »Zur Post« in Pasing69’ und der zentral gelegene Richard-Wagner-Saal im Hotel Bayerischer Hof, der am 21.3. 1946 nach Umbauarbei­ ten eröffnet wurde. Besucherzahlen geben darüber Aufschluß, daß von diesem Zeitpunkt an der Postsaal Pasing deutlich we­ niger besucht war.70* Die Münchner machten sich wohl wegen der schlechten Straßenbahnverbindung besonders im Winter nur noch ungern nach Pasing auf. Das Ensemble mußte sich in­ folgedessen auf die andersartigen Wünsche des Pasinger Publi­ kums umstellen.71* ln der Spielzeit 1946/47 wurde der Postsaal Pasing häufig an Gastspieldirektionen vermietet, schließlich regelmäßig vier Tage in der Woche an das »Schloßtheater Dachau«.72* Am 29.7. 1947 fand hier die letzte Vorstellung des Volkstheaters statt. Dann wurde er die Bühne der »Volksoper Pasing«,73* und das Ensemble des Volkstheaters spielte nur noch im Bayerischen Hof. Als Intendant setzte die Stadt München zunächst wieder Willem Holsboer ein. Nach der Fusion der städtischen Bühnen

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Musik und Theater

Harry Buckwitz, Verwaltungsdirektor und Regisseur der Münchner Kammerspiele 1945-1951, aufgenommen 1945/46

Die erste Tlieaterauffiihrung im Schauspielhaus nach Kriegsende: »Die Hammelkomödie« von Wolfgang 1 lillers, ein Gastspiel des Volkstheaters im Septembcr/Oktober 1945

im Frühjahr 1946 unterstand das Volkstheater der Generalin­ tendanz Erich Engels; Holsboer behielt aber in seiner Funktion als Oberspielleiter die Aufgabe, den Spielplan zu gestalten.74’ Lizenzträger und stellvertretender Intendant war Harry Buck­ witz, später auch Direktor und Stellvertreter des Generalinten­ danten der fusionierten Bühnen, Zum Ensemble des Volkstheaters75’ gehörten viele berühm­ te Münchner Volksschauspieler, so Adolf Gondrell, Walter Sedlmayer, Paula Braend und Hans Fitz. Als Gäste traten unter anderem Liesl Karlstadt, Wastl Witt und Michl Lang auf. Nach der Fusion der städtischen Bühnen spielten teilweise auch die Schauspieler der Kammerspiele auf der Bühne des Volksthea­ ters und umgekehrt. Einen großen Anteil am Spielplan76* des Volkstheaters hat­ ten die bayerischen Volksstücke, so etwa »Sturm im Wasser­ glas« von Bruno Frank77’ oder die Werke Ludwig Thomas. Die österreichische Volksliteratur war durch Werke von Ferdinand Raimund, Johann Nepomuk Nestroy und Arthur Schnitzler vertreten, während die übrige ausländische Literatur vor allem mit einigen klassischen Komödien der Weltliteratur, wie »Das Versteckspiel« und »Dame Kobold« von Pedro Calderon de la Barca sowie »Die Brautfahrt zu Petersburg« von Nikolai Gogol, zu Worte kam. Einen problematischeren Charakter da­ gegen hatten die Inszenierungen von Jean Anouilhs »Passagier ohne Gepäck«, einem Drama über einen Mann, der durch eine Kriegsverwundung sein Gedächtnis verloren hat und - nach­ dem er seine Familie und seine Identität eigentlich wiederge­ funden hat — vor der ihm unliebsamen Vergangenheit flieht, sowie die Aufführung von Herrmann Mostars Drama »Meier Helmbrecht«. Letzteres, eine 1945 geschriebene Nachdichtung der gleichnamigen Verserzählung aus der Mitte des 13. Jahr­ hunderts, handelt von der Kollektivschuld der Familie am moralischen Niedergang eines ihrer Mitglieder.78’ Nach der Intention des Autors sollte die Problematik auf größere Kol­ lektive übertragbar sein und dadurch einen höchst aktuellen

Bezug erhalten.79’ Sehr erfolgreich und publikumswirksam im Spielplan des Volkstheaters waren immer wieder Kriminal­ stücke, wie »Der Hexer« von Edgar Wallace80’oder »Der Prozeß der Mary Dugan« von Bayard Veiller,81’ und Bühnenschwänke, wie beispielsweise »Meine Nichte Susanne«,82’ »Der Muster­ gatte« von Avery Hopwood83’ und »Charleys Tante« von Brandon Thomas.84’ Zum Ende der Spielzeit 1948/49 mußte das Volkstheater aus dem Bayerischen Hof in die Reitmorstraße umziehen, wo vor­ her das literarische Kabarett »Die Schaubude« gespielt hatte. Die Stadt sah sich allerdings nicht mehr in der Lage, den nöti­ gen Zuschuß für das Theater aufzubringen und so wurde es im August 1949 reprivatisiert.85’ Da es sich ohne umfangreiche Bezuschussung aber nicht halten konnte, wurde das Volksthea­ ter schließlich nur noch bis zum Ende des Haushaltsjahres wei­ tergeführt; die letzte Vorstellung fand am 28.2. 1950 statt. Die Stadt hatte somit eine alte traditionsreiche Einrichtung des kulturellen Lebens in München aufgegeben.

Das »Studiotheater« und die städtische Schauspielschule Als Nebenbühne eröffneten die Kammerspiele am 18.11. 1945 ein »Studiotheater«. Sie knüpften damit an eine alte Tra­ dition des Hauses an, denn schon von 1927 bis 1930 hatte eine »Junge Bühne« bestanden, die - in Fortsetzung des Stils der Kammerspiele in der Augustenstraße — zeitgenössisch-provo­ kante Stücke aufführte.86’ Die Neugründung machte es sich zur Aufgabe, »... den Nachwuchs von Schauspielern, Regisseuren, Bühnenbildnern und Autoren für dieses Unternehmen heran­ zuziehen.«87’ Die Leitung des Unternehmens war Heinrich Sauer von den Kammerspielen und Nino Ernee, dem Drama­ turgen des Volkstheaters, übertragen. Die erste Premiere fand mit »Ein Strich geht durchs Zimmer« von Valentin Katajev

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Privattheater mit literarisch anspruchsvollem Spielplan Eine literarisch anspruchsvolle, fast avantgardistische Bühne — das »Neue Münchner Theater« — eröffnete im November 1945 in Nymphenburg. Lizenzträger war der Theaterwissen­ schaftler Georg Laub.93’ Als Aufführungsstätte diente eine Turnhalle in der Tizianstraße. Zum Oberspielleiter hatte Georg Laub Hermann Schultze-Griesheim ernannt; dieser inszenier­ te »Der erniedrigte Vater« von Paul Claudel, »Komödie der Irrungen« von Shakespeare, »Gefährliche Kurve« von John B. Priestley und das Märchenstück »Hänsel und Gretel«.94’ Sein Tod im Mai 1946 bedeutete einen großen Verlust für das Thea­ ter.95’ Georg Laub beschrieb sein Ensemble selbst als »... ein junges Theater, wir haben einen durch nichts zu bre­ chenden Optimismus und wir glauben an einen durch keine Kriege zu verschüttenden dichterischen Genius der Welt.«96’

»Totentanz« in einer Aufführung des Kabaretts »Die Schaubude« im Haus der Kaminerspiele in der Maximiliansstraße, 1945, Photo von H. Schürer

statt, einer Komödie, die die Armut der Bevölkerung im nach­ revolutionären Sowjetrußland darstellt. Schon das Bühnenbild von Siegfried Greger zeigte eine äußerst ärmliche Ausstattung mit Behelfsmöbeln in einem engen Raum, in dem vier Men­ schen wohnen sollten. Erich Kästner schrieb in seiner Rezension: »Ein Blick auf die Bühne — und das Publikum fühlt sich wie zu Hause! Es fühlt sich wie zu Hause und lacht aus vollem Herzen.«88’ Katajevs Komödie war nach langer Zeit das erste sowjetrussische Stück auf einer Münchner Bühne und blieb auch das einzige in dem behandelten Zeitraum. Seit der Spielzeit 1946/47 diente die Studiobühne dann nur noch den Aufführungen der im Sommer 1946 auf Beschluß des Stadtrates gegründeten städtischen Schauspielschule.89’ Lei­ ter dieses Unternehmens war zunächst Paul Günther. Den Unterricht erteilten verschiedene Mitglieder der städtischen Bühnen.90’ Am Ende des ersten Schuljahres stellten sich die Schüler mit einer Szenenfolge aus verschiedenen Dramen der Öffentlich­ keit vor.91’ Im Frühjahr 1948 wurde die Schule in »Otto-Falkkenberg-Schule« umbenannt und bekam Heinrich Sauer als neuen Leiter.92’

Den Stil seines avantgardistischen Theaters traf diese Gruppe am besten mit den Inszenierungen von Sutton Vanes »Über­ fahrt«, einem eher metaphysischen Drama, das auf einem Dampfer spielt, der die toten Seelen ins Jenseits befördert,97’ und mit Rüdiger Syberbergs »Lilith«, der ersten Uraufführung eines deutschen Autors in München nach dem Krieg.98’ Es war ein surrealistisches Drama um die Schwester Evas, die Schlan­ ge. Als ein weiteres Verdienst des »Neuen Münchner Theaters« ist zu nennen, daß es als erste Bühne in München nach dem Krieg, mehr als zwei Jahre vor den »Münchner Kammerspie­ len«, Dramen von Zuckmayer (»Der fröhliche Weinberg«) und von Wedekind (»Liebestrank«) aufführte. Finanzielle Schwie­ rigkeiten zwangen Georg Laub, die hoffnungsvolle Bühne schon nach einer Spielzeit zu schließen.99’ ln der darauffolgenden Spielzeit diente die Turnhalle in der Tizianstraße dem »Neuen Theater«, dem Münchner Studio der wiederaufgebauten »Bayerischen Landesbühne«, als Auffüh­ rungsstätte. Die »Bayerische Landesbühne«, ein staatlich sub­ ventioniertes Unternehmen, gab im ganzen Land — hauptsäch­ lich in den Städten, die kein eigenes Theater besaßen Gastspiele.100’ Künstlerischer Leiter des Unternehmens war der Schauspieler und Regisseur Dr. Heinz Thiele, Oberspielleiter Martin Hellberg.101’ Dem Spielplan102’ war das Bemühen um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Klassik und Moderne, Ernstem und Heiterem anzumerken, um möglichst viele Er­ wartungen des breitgefächerten Publikums eines Landesthea­ ters zu befriedigen. Man brachte deutschsprachige und auslän­ dische Dramatik, gesellschaftskritische Stücke wie »Die Hose« von Carl Sternheim und Milieudarstellungen wie »Im sechsten Stock« von Alfred Gehri. Auch eine deutsche Erstaufführung eines amerikanischen Dramas, »Mein Herz ist im Hochland« von William Saroyan, fehlte nicht. Als Versuch einer Ausein­ andersetzung mit dem gerade beendeten Abschnitt der deut­ schen Geschichte spielte das Ensemble die Komödie »Die Sackgasse« von Hermann Hacker in der Uraufführung am 29.6. 1947. Das problematische Thema des gesellschaftlichen Verhaltens im NS-Deutschland wurde jedoch nach Meinung einiger Kritiker zu oberflächlich abgehandelt.103’ Am 31.7. 1947 mußte das »Neue Theater« schließen, da es nicht gelang, M?in geeignetes Studio zu finden und die Turnhalle ihrem ur­ sprünglichen Zweck zugeführt werden sollte.104’

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Musik und Theater

Ein Theater speziell für die Ansprüche Jugendlicher gründe­ te Carl M. Weinrich gegen Ende des Jahres 1945. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, das Jugendtheater »als unmittelbaren Erzie­ hungsfaktor in die allgemeine Jugenderziehung«105* einzubau­ en und »eine Jugend, ... die ... zwölf Jahre lang auf die ver­ brecherischste Weise mißbraucht wurde ... wieder aufzurich­ ten aus Sturz, Resignation und Enttäuschung«. Zur Spielplan­ gestaltung äußerte er: »Es sollen nur Stücke gespielt werden, denen in besonderer und eindringlicher Weise jene Werte zugrundeliegen, die als Grundlage einer sinnvolleren und schöneren Zukunft für unser Volk gelten können.«106* Die Stadt München und die Katholische Junge Mannschaft unterstützten die Theatergründung.107* Gespielt wurde in der Aula des städtischen St.-Anna-Gymnasiums im Lehel, aller­ dings unter unzureichenden Bedingungen.108* Dem Stamm­ ensemble109* des Theaters gehörten hauptsächlich junge Nach­ wuchsschauspieler an wie Hans Reinhard Müller, Hans von Uslar - der später die Leitung des »Jungen Theaters« über­ nahm -, Christa Berndl, die 1945 gerade 14 Jahre alt war, und Herbert Gernot. Der Spielplan110* spiegelte das von Weinrich aufgestellte Programm deutlich wider: Die ausgewählten Stücke handelten vom kraftspendenden und unbesiegbaren christlichen Glauben (»Unverlierbare Herberge« von Rüdiger Syberberg, »Apostelspiel« von Max Mell), vom klassischen Humanitätsideal (»Iphigenie auf Tauris« von Goethe), vom Sieg über Skrupellosigkeit (»Der Parasit« von Picard nach einer Bearbeitung von Schiller), vom gerechten Kampf einzelner ge­ gen die Mehrheit (»Ein Spiel von Tod und Liebe« von Romain Rolland). Am 6.6. 1946 fand hier die Uraufführung des ersten Bühnenwerks von Horst Lange, »Der Traum von Wassilikowa«, statt, dem Versuch eines deutschen Autors, sich mit dem vergangenen Krieg auseinanderzusetzen. Trotz einiger sehr er­ folgreicher Inszenierungen mußte das »Theater der Jugend« im Februar 1947 wegen finanzieller Schwierigkeiten schließen.111* Das Ensemble konnte jedoch unter der neuen Leitung von Hans von Uslar und mit dem neuen Namen »Junges Theater« weiterspielen. Rechtsträger war jetzt die offiziell am 27.3. 1947 gegründete »Junge Theater GmbH«. Gesellschafter wurden Einzelpersonen aus der Christlichen Loge und der Katholi­ schen Jungen Mannschaft.112* Hans von Uslar erweiterte das Ensemble um zwei wichtige Talente, nämlich Robert Michal und Wolfgang Büttner.113* Der Spielplan114’ änderte sich grundlegend, da von Uslar Klassikerinszenierungen und be­ kannte Werke der Weltliteratur bevorzugte. Zur Eröffnung am 27.3. 1947 spielte das Ensemble Goethes »Urfaust«, und weiter führte es innerhalb eines Jahres drei Shakespearewerke auf. Die moderne Literatur war durch Stücke von Paul Osborn, John B. Priestley und George Bernard Shaw vertreten. Die Auffüh­ rung der christlichen Werke »Das Stundenglas« von William Butler Yeats und »Monsignores große Stunde« von Emmet Lavery war wohl ein Zugeständnis an die katholischen Vereine, die das »Junge Theater« unterstützten. Uraufführungen oder Neuinszenierungen moderner deutscher Dramatiker fehlten jetzt ganz. Häufig forderten Kritiker die Theaterleitung auf, entweder den Namen oder den Spielplan zu ändern, da beides nicht zusammenpasse.115* Mit der Währungsreform tauchten wiederum große finanzielle Schwierigkeiten auf. Die das Theater tragende Gesellschaft sah sich außerstande, die obliga­

torische Haftsumme von 20000,— DM aufzubringen und mußte den Konkurs erklären.116* Auch ein Versuch der Ange­ stellten, die desolate Situation zu bessern, schlug fehl: Am 12.8. 1948 mußte das Theater den Spielbetrieb einstellen.117* Als endgültig letzte Inszenierung ging im September 1948 noch Ibsens Drama »Die Gespenster« unter der Regie von Wolfgang Büttner über die Bühne. Gerade zur Krisenzeit der Währungsreform eröffnete in der Hahnenstraße am Odeonsplatz ein neuerbautes Theater, das sich einen anspruchsvollen Spielplan vorgenommen hatte: das »Dramatische Theater« unter der Leitung von Martin Hell­ berg.118* Zur Eröffnung spielte das Ensemble eine klassische Komödie von Lope de Vega, »Dieses Wasser trink ich nicht«.119* Es folgten mit der »Rechenmaschine« von Eimer Rice und dem »Wahlkandidat« von Carl Sternheim modernere gesellschaftskritische Komödien. Als Studioaufführung spiel­ ten die Nachwuchsschauspieler der benachbarten »Staatlichen Schauspielschule« unter der Regie von Martin Hellberg im September 1948 das erste deutsche Widerstandsdrama, »Die Illegalen« von Günther Weisenborn.120* Hellberg konnte sein Theater jedoch in der schwierigen Zeit nach der Währungs­ reform ohne Subventionen nicht lange halten. Er vermietete es zeitweise an andere Unternehmen. Im Dezember 1948 kam es nochmal zu einer eigenen Produktion, »Die Zwanzigjährigen« von Julien Luchaire.121* Obwohl die Leistungen des Ensembles durchaus Anerkennung fanden, überlebte das Theater diese Krisenzeit nicht. Martin Hellberg setzte sich, einer späteren Zeitungsnotiz zufolge,122* in die sowjetische Besatzungszone ab, um den finanziellen Folgen dieses Fehlschlages zu ent­ gehen. Eine neue Serie von Privattheatergründungen, die dann vor allem in den Fünfziger Jahren fortgesetzt wurde, leitete im Juli 1949 das »Ateliertheater« in der Elisabethstraße in Schwabing ein.123* Es war das erste sogenannte »Zimmertheater« Mün­ chens mit nur 73 Plätzen im Atelier einer Mansardenwoh­ nung.124* Walter Janssen, ein erfahrener Theatermann und Schauspieler, leitete das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Regisseurin Beate von Molo und dem Bühnenbildner Janni Loghi, die beide auch an der »Kleinen Komödie« tätig waren.125* Auf dem Spielplan126’ standen sozial- und zeitkriti­ sche Dramen, wie beispielsweise »Von Mäusen und Men­ schen« von John Steinbeck und die deutsche Erstaufführung von »Montserrat« von Emanuel Robles. Nur zeitweise bespielt wurde das Theaterstudio des literari­ schen Kabaretts »Die Schaubude«. Die Uraufführung des EinPersonen-Stückes »Die Frau, die sich Helena wähnte« von Horst Lange bildete am 12.2. 1947 den Anfang der Inszenie­ rungen.127* Die zweite Uraufführung, »Es hat sich nichts ge­ ändert« von Anton Günther Zill, erregte den ersten Theater­ skandal der Nachkriegszeit in München. Das Stück wurde von den Rezensenten als »Abiturientenulk« oder einfach als »Schmarrn« bezeichnet und vom Publikum ausgepfiffen.128*

Volkstümliches Privattheater — Das »Münchner Bürgertheater» Die Gastspielbühne »Kleines Volkstheater«, später in »Münch­ ner Bürgertheater« umbenannt,129* von Emil Markgraber als erstes Privattheater in München nach dem Zweiten Weltkrieg

Städtische und private Bühnen eröffnet,130* brachte hauptsächlich Volksstücke heraus. Zur Eröffnung am 3.11. 1945 im Pasinger Hofbräuhausstüberl wurde »Der Ehestreik« von Julius Pohl gespielt.131* Im Juli 1946 zog das Bürgertheater in das renovierte Kolpinghaus in der Kirchenstraße um.132* Eines der profiliertesten Mitglieder des Ensembles war Wastl Witt, der in vielen Rollen und als Regisseur große Erfolge feierte.133* Weitere bekannte Volks­ schauspieler traten am Bürgertheater auf,134* unter anderem auch Beppo Brem.135* Der Spielplan umfaßte Volksstücke, Büh­ nenschwänke und Lustspiele, aber auch Bauerntragödien und ernsthafte Stücke, wie »Magdalena« von Ludwig Thoma und »Der Meineidbauer« von Ludwig Anzengruber, sowie litera­ risch anspruchsvollere Dramen wie »Der Strom« von Max Halbe oder »Rose Bernd« von Gerhart Hauptmann. Die Wäh­ rungsreform hatte das Bürgertheater zunächst gut überstanden; am 10.1. 1950 mußte es jedoch den Spielbetricb unterbrechen, da der Pachtvertrag mit dem katholischen Gesellenhaus in Haidhausen ablief und nicht verlängert wurde.136* Im Oktober 1951 konnte Emil Markgraber sein Theater nochmals wieder­ beleben mit Aufführungen im Goethe-Saal an der Leopold­ straße, mußte jedoch schon bald ganz aufgeben.137*

Privattheater mit unterhaltendem Charakter Als reines Unterhaltungstheater verstand sich die »Kleine Ko­ mödie«. Sie entstand auf Initiative des Theaterwissenschaftlers Gerhard Metzner, der für sein Vorhaben einen ehemals an ein Kaffeelokal angebauten Gartensaal in der Nähe des MaxII-Denkmals ausgesucht und notdürftig umgebaut hatte.138* Die Bühne war nur 5x4 Meter groß, und im Zuschauerraum fanden gerade 270 Personen Platz.139* Gerhard Metzner hatte nur ein kleines Stammensemble engagiert, das er je nach Be­ darf ergänzte. Er holte sich für jede Inszenierung einen »Star«, der besonders herausgestellt wurde. So traten in der »Kleinen Komödie« unter anderem Trude Hesterberg, Bum Krüger, Hil­ de Hildebrandt, Walter Kiaulehn, Heidemarie Hatheyer, Ilse Werner, Fritz Odemar, Liesl Karlstadt, Ursula Herking, Charles Regnier, Wastl Witt, Luise Ulrich, Paul Dahlke, Kurt Meisei, Käthe Dorsch und Heinz Rühmann auf.140* Die Bühnenbilder schuf der seit 1938 in München lebende Grieche Janni Loghi, der den kleinen Raum geschickt auszunutzen verstand.141* Der Spielplan142* umfaßte ausschließlich Komödienliteratur deut­ scher und ausländischer Autoren. Gerhard Metzner schuf somit das erste Boulevardtheater dieser Art in München. Das Ensem­ ble spielte en suite, Abend für Abend das gleiche Stück. Viele Inszenierungen erreichten 100 Aufführungen vor nahezu durchgehend ausverkauftem Haus. Die Währungsreform brachte dann kurzfristig eine ernste Krise: die Zuschauer blieben aus. Gerhard Metzner spielte mit seinen Schauspielern im Kollektiv; jeden Abend wurde der Inhalt der Kasse aufgeteilt. Am 9.7. 1948 schloß das Theater; man ging in Theaterferien und wußte nicht, ob eine Wieder­ eröffnung möglich sein würde. Das für die kommende Spielzeit aufgelegte Abonnement wurde aber so gut bestellt, daß die Bühne noch im September wieder öffnen konnte und es bald wieder viele ausverkaufte Vorstellungen gab.143* Die »Kleine Komödie« ist heute das einzige Privattheater Münchens, das seit der »Trümmerzeit« ununterbrochen besteht.

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Als weiteres Unterhaltungstheater eröffnete im Juli 1946 in der Occamstraße in Schwabing das »Münchner Lustspielhaus«. Unter der künstlerischen Leitung von Mira Holm und TissaVäry spielte das Ensemble hauptsächlich Lustspiele, Possen, Schwänke und Kriminalkomödien.144* Das Theater fiel jedoch der Währungsreform zum Opfer, und auch ein neu versuchter Anfang im November 1948, den Martin Hellberg unter der Devise »Wir subventionieren uns selbst« startete,145* mißlang schon bald.146* Mehr den Singspielen und leichten Operetten widmete sich die »Münchner Lustspielbühne« in der Gietlstraße seit September 1946.147* Das »Theater des Westens« in Laim, die Bühne des Karin-Karina-Ensembles, kam über eine Eröffnungsvorstellung nicht hinaus.148*

Theater für Kinder Schon bald nach Kriegsende wurde bei der Vorbereitung von Theaterinszenierungen auch an die Kinder gedacht.149* Um ei­ gentliche Kinderbühnen, auf der die Kinder selbst spielen soll­ ten, bemühten sich Ilse Fitz mit der »Würmtaler Kinderbüh­ ne«, Ilse Wagner mit der »Kinderbühne Märchenland« und die »Ping-Pong-Kinderbühne«, die unter dem Protektorat des Freitag-Verlags stand und von Trude Sand geleitet wurde.150* Märchenaufführungen - von Erwachsenen für Kinder gespielt - wurden besonders in der Weihnachtszeit an sehr vielen Münchner Bühnen geboten, so an den Kammerspielen, im Volkstheater, im »Neuen Münchner Theater«, im »Neuen Theater«, im »Münchner Bürgertheater« und im »Münchner Lustspielhaus«.151* Eigens für solche Zwecke gedacht war das »Münchner Märchentheater« unter der Leitung von Adalbert von Cortens.152*

Tom Theaterboom zur Theaterkrise Nach Überwindung der ersten bürokratischen, technischen und materiellen Schwierigkeiten war also in München verhält­ nismäßig rasch ein blühendes Theaterleben entstanden. Die staatlichen und städtischen Theater nahmen ihren Betrieb wie­ der auf, und daneben bildete sich ein breites Spektrum ver­ schiedener Privattheater. Am Ende der ersten Nachkriegsspiel­ zeit gab es bereits elf Schauspielbühnen, wovon neun regelmäßig bespielt wurden. Die Bevölkerung strömte in die Theater. Die Gründe dafür lagen wahrscheinlich in der voraus­ gegangenen theaterlosen Zeit, in der geistigen Isolation des deutschen Theaters während der NS-Zeit, aber sicher auch in den akuten Versorgungsproblemen, die es schwierig machten, das vorhandene Geld anderweitig auszugeben. Der amerikani­ sche Theateroffizier Walter Behr bezeichnete in seinem ersten Jahresrückblick das Theater als »... almost the only smooth running industry in Bavaria«.153* Eine Änderung dieser Ent­ wicklung trat mit der Währungsreform ein. Das Geld war nun knapp, das Warenangebot dagegen erheblich vergrößert. Die Besucherzahlen gingen stark zurück,154* Opfer der Währungs­ reform wurden in München das »Junge Theater«, das »Drama­ tische Theater«, das »Münchner Lustspielhaus« und — wenn auch mit Verzögerung — das »Münchner Märchentheater« und das Volkstheater. Nur die »Kleine Komödie« konnte in der Spielzeit 1948/49 eine höhere Besucherzahl aufweisen als 1947/48.155*

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Musik und Theater

Die wichtigsten Spielplantendenzen der Nachkriegszeit

Die Münchner Theatersituation int Vergleich mit anderen deutschen Städten

Ein wichtiges Anliegen der Spielplangestaltung war die Auf­ führung derjenigen Dramen, die während des Dritten Reiches nicht gespielt werden konnten, also eine bewußte Abkehr vom NS-Theater. Das betraf viele deutsche Autoren, sowohl Klassi­ ker, wie Lessings »Nathan der Weise«156' oder Hebbels »Herodes und Mariamne«, als auch moderne Dramatiker, wie Bert Brecht, Friedrich Wolf, Georg Kaiser und Frank Wedekind. Ein großer Nachholbedarf bestand an moderner ausländischer Dra­ matik, die während der NS-Zeit überaus schwer zugänglich gewesen war. Auch Klassikerinszenierungen waren jedoch wie eh und je sehr gefragt. Dabei fällt vor allem die Häufigkeit der Shakespeare-Inszenierungen auf, eine in ganz Deutschland feststellbare Tendenz;157' Shakespeare-Dramen galten offenbar als »krisenfest«. Aber auch die große Tradition der deutschen Klassik kam zum Tragen. Besonders die Goethe-Inszenierun­ gen des Gedenkjahres 1949 sollten dazu beitragen, ein Deutschland des Geistes als Gegengewicht zu den Greueln der NS-Zeit Wiederaufleben zu lassen. Besonders ausgeprägt war nach der langen Schreckenszeit des Krieges das religiöse Be­ dürfnis der Bevölkerung. Auf der Bühne fand dieses Interesse seinen Ausdruck in Mysterienspielen und Inszenierungen der Dramen von Max Mell oder Emmet Lavery. Die starke Vorlie­ be des Publikums für Unterhaltung und Ablenkung dokumen­ tiert wohl am besten der anhaltende Erfolg der »Kleinen Ko­ mödie«; aber auch die anderen Theater trugen dieser Tendenz in ihren Spielplänen Rechnung.158' Ein unerfüllter Spielplan­ wunsch blieb lange Zeit die neue deutsche Dramatik. Aller­ dings setzte mit erfolgreich aufgeführten Werken einiger Emi­ granten wie Friedrich Wolfs »Professor Mamlock« oder Carl Zuckmayers »Des Teufels General« langsam eine Auseinander­ setzung mit der vergangenen nationalsozialistischen Geschich­ te ein.

In vielen deutschen Städten hatte das Theaterleben schon frü­ her begonnen. Besonders in den sowjetisch besetzten Gebieten drängten die Besatzer auf einen baldigen Neuanfang. Die erste Schauspielaufführung in Berlin fand schon am 27.5. 1945 statt.157' Die Sektoreneinteilung Berlins bewirkte einen positi­ ven Konkurrenzdruck; jede Besatzungsmacht förderte beson­ ders die Theater des eigenen Sektors und die Aufführung der eigenen Autoren.160' Auf diese Weise konnte Berlin seine füh­ rende Stellung in der deutschen Theaterszene behaupten, zu­ mal noch immer viele berühmte Theaterleute dort arbeiteten, so Gustav von Wangenheim, Wolfgang Langhoff, Boleslaw Barlog, Jürgen Fehling, Karl Heinz Martin und später Bert Brecht. Aber auch in kleineren Städten waren jetzt prominente Theaterleiter zu finden, wie Heinz Hilpert in Konstanz oder Gustav Gründgens in Düsseldorf. Die starke Zentralisierung des Theaterwesens auf zwei bis drei Großstädte war also nach dem Krieg aufgehoben. Die bedeutendsten Ur- und Erstauf­ führungen fanden bis zur Währungsreform jedoch immer noch außerhalb Deutschlands, am »Züricher Schauspielhaus«, statt, beispielsweise »Die Irre von Chaillot« von Jean Giraudoux im Juni 1946, »Des Teufels General« von Carl Zuck­ mayer am 14.12. 1946, »Mord im Dom« von T.S.Eliot im Juni 1947 und »Herr Puntila und sein Knecht Matti« von Bert Brecht am 5.6. 1948.161' Die Münchner Theater konnten zwar mit den anderen deut­ schen Theatern durchaus konkurrieren; auch hier waren bedeu­ tende Regisseure, Schauspieler und Bühnenbildner engagiert. Sie ließen es jedoch an den Aufführungen einiger wichtiger Dramen dieser Zeit fehlen oder brachten sie verspätet. So wur­ de »Draußen vor der Tür« von Wolfgang Bordiert überhaupt nicht gespielt, »Die Illegalen« von Günther Weisenborn erst zwei Jahre nach der Uraufführung und das erste Sartre-Drama erst im Frühjahr 1950.162' Auch die erste Brecht-Inszenierung am 9.1. 1949 kam relativ spät.163' Das Münchner Theaterleben 1945 bis 1949 war in Anbe­ tracht der widrigen Zeitumstände und der vielen zu überwin­ denden Schwierigkeiten erstaunlich vielseitig und gestaltungs­ reich; es fehlte aber der experimentelle Teil, die Suche nach einem neuen zeitgemäßen Stil. War das Theater noch zu sehr damit beschäftigt, die Entwicklung der in geistiger Isolation verbrachten vergangenen zwölf Jahre aufzuholen? Elisabeth Angermair

Generalprobe des Theaterstücks »Nun singen sie wieder« von Max Frisch unter der Regie von Bruno Hübner an den Münchner Kammerspielen, 17. Dezember 1946

Das mittelgroße Welttheater — die Staatstheater in München Der bayerische Staat und seine Theater Der Staat Bayern trat im Herbst 1945 wieder als Theaterunter­ nehmer in Erscheinung, zunächst am 15. November mit der Wiedereröffnung der Staatsoper im Prinzregententheater, dann Anfang Dezember mit einer Vorstellung der Staatsoperette in einem Behelfssaal in der Schornstraße, schließlich im Mai 1946 mit der Einweihung des notdürftig hergerichteten Thea­ ters am Brunnenhof der Residenz. Theater wurden neben all den dringlichen Aufgaben auf wirtschaftlichem und organisatorischem Gebiet keineswegs als unwichtige Nebensache betrachtet, sollten sie doch dazu bei­ tragen, »dem deutschen Volke die Achtung der Menschheit wieder zurückzugewinnen«,** und zwar - wie sich Kultusmini­ ster Fendt ausdrückte - durch die positiven Werte »im Schöp­ ferischen, in unserer geistigen, kulturellen und künstlerischen Arbeit, an die wir, aus einer gesteigerten Erlebniswelt heraus, glauben können und dürfen«; die Theater bildeten daher einen »wesentlichen Bestandteil der bayerischen Kulturpolitik«2* und sahen sich »zu einem künstlerischen Format und einer Qualität verpflichtet, die der allgemeinen Bedeutung Bayerns zumin­ dest entspricht«.3* Zur Begründung dieses nicht eben beschei­ denen Anspruchs wurde angeführt, daß nicht nur die Welt, sondern auch das übrige Deutschland von Bayern etwas beson­ deres erwarte,4* und daß gerade die Staatstheater die »theatrali­ sche Tradition des süddeutschen Raumes zu vertreten« hätten, resultierend aus dem speziellen Charakter des süddeutschen Menschen, dem »die Welt ein Schauspiel und das Schauspiel eine Welt« sei.5* Bei der Berufung eines Staatssekretärs für die Schönen Künste im Januar 1947 wurde noch einmal deutlich bekräftigt, daß man die Kunstpflege in Bayern »als besonders wichtige Staatsaufgabe« betrachtete.6* Neben der Repräsentati­ on Bayerns vor der Welt sollten die Staatstheater auch ihren als wichtig angesehenen Beitrag zur Umerziehung des deutschen Volkes leisten7’ und wieder die Fenster zur Welt öffnen, indem sie neue Stücke englischer, französischer, amerikanischer und deutscher, im »Dritten Reich« verbotener, Autoren zeigten; schließlich betrachtete man es auch als ihre Aufgabe, von den Sorgen des Alltagslebens abzulenken und Lebensmut zu ver­ breiten — immer wieder ertönte deshalb der Ruf nach den ewi­ gen Werten, nach einem humanen Menschenbild, wie man es vor allem in den deutschen Klassikern zu finden hoffte.8* Den Münchner Theatern wurde dabei von Staats wegen eine besondere Mittlerrolle zwischen der traditionelleren Art Wiens und der »unverbindlicheren, radikaleren Form Nordund Westdeutschlands«, »einer mehr spielerischen und einer mehr kämpferischen Sinngebung des Theaters« zugespro­ chen,9* eine Einstellung, die auch - bei aller Berufung auf die süddeutsche Eigenart - das Schreckensbild des Provinzialismus bannen sollte. Die von der öffentlichen Hand ausgegebenen Mittel zur Aufrechterhaltung der Theater, die Subventionen, waren vor allem den Amerikanern sehr suspekt, kannten sie doch Theater nur als Privatunternehmen mit eigenem finanziellen Risiko,

nicht aber als staatlich unterstützte oder betriebene Anstalten. Sie witterten hier, in manchen Fällen nicht ganz zu Unrecht, Bevormundung und Einschränkung der künstlerischen Frei­ heit; das schien ihnen in jedem Falle zweifelhaft, auch wenn es von einem demokratischen Staat überwacht wurde.10* Diese Sonderstellung der deutschen Theater war geschichtlich be­ dingt: Als die von Fürsten unterhaltenen Hoftheater nach dem Ersten Weltkrieg in staatlichen Besitz überführt wurden, über­ nahm der Staat mit dem Auftrag zur Förderung der Kultur auch die Pflicht zur finanziellen Unterhaltung der Bühnen; unter wenig kunstbeflissenen Kultusministern waren Subventionen jedoch oft nur schwer durchzusetzen.11* Nachdem die Theater während des »Dritten Reiches« soweit wie möglich in den Dienst der Propaganda gestellt und mit reichlichen Geldmit­ teln bedacht worden waren, fiel es in der Nachkriegszeit trotz des eindeutigen staatlichen Bekenntnisses zu Kunst und Kultur oft schwer, die Theatersubventionen gegenüber anderen eben­ falls geldbedürftigen Lebensbereichen durchzusetzen;12* dabei betrugen die Aufwendungen für Theater in Bayern im Jahr 1949 ganze 0,2% der Staatsausgaben.13* Ohne diese Gelder hät­ ten die Theater schließen müssen, da sie nur etwa 30% der Ausgaben durch Einnahmen decken konnten.14* Zu den ersten Verwaltungsmaßnahmen des bayerischen Staates im Theaterbereich gehörten die Auflösung der Ober­ sten Theaterbehörde und der Generalintendanz sowie die Ein­ setzung eines Staatssekretärs für die Schönen Künste. Die 1936 gebildete und dem Innenministerium unterstellte Oberste Theaterbehörde in Bayern wurde nun zunächst dem Kultusmi­ nisterium eingegliedert;15* sie hatte sich mit allen künstleri­ schen, wirtschaftlichen und privatrechtlichen Angelegenheiten des Theaterwesens zu befassen.16* Es setzte eine Diskussion über die Frage ein, ob eine im »Dritten Reich« gegründete Be­ hörde an und für sich nazistisch und daher schleunigst aufzulö­ sen sei oder ob zwar die Gründer, nicht aber die sachlichen Vorgänge zu verurteilen seien und die Behörde bestehen blei­ ben könne. Da die Stelle als Ministerialreferat in Personaluni­ on mit der Generalintendanz geführt wurde, legte der erste Generalintendant Bauckner großen Wert auf ihre Beibehal­ tung, ob mit der — eigentlich unpolitischen — alten Bezeich­ nung oder ohne. Er schlug vor, sie als selbständige behördliche Dienststelle zu erhalten und dem Kultusministerium unmitelbar zu unterstellen;17* daneben sollte das neugegründete Sammelreferat »Theater, Film, Rundfunk« bestehen bleiben, eine Aufteilung der Zuständigkeiten werde sich aus der Praxis ergeben. Nach langwierigen Überlegungen löste man die Oberste Theaterbehörde jedoch im Mai 1946 auf; die Theater­ angelegenheiten wurden nun durch zwei Referate, für staatli­ che und andere Theater, im Kultusministerium geregelt.18* Auch die amerikanische Besatzungsmacht war sehr zufrie­ den mit dieser Lösung, die sie als einen Schritt in die richtige Richtung, nämlich zur Dezentralisierung der bayerischen Staatstheaterorganisation, ansah.19* Ferner zeigte sie sich sehr befriedigt, als die Generalintendanz, die verwaltungstechnisch und künstlerisch die Institute Oper, Operette und Schauspiel

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Musik und Theater

leitete, mit dem Ausscheiden Bauckners aufgehoben wurde. Der Theateroffizier Walter Behr20’ berichtete nach Berlin, daß gegen den Widerstand des Kultusministeriums nun endlich mit einer hundert Jahre alten Tradition gebrochen worden sei, man habe die »willkürliche Machtausübung« im Theaterbe­ reich verschwinden lassen und durch Dezentralisierung die staatliche Organisation demokratischer gemacht.21’ Die drei daraufhin zu Intendanten ernannten Leiter von Oper (Ferdi­ nand Leitner übernahm die Geschäfte bis zur Ernennung Georg Hartmanns im September 1947), Operette (Curth Hurrle) und Schauspiel (Paul Verhoeven) sollten auf diese Weise mehr Freiheit in künstlerischen und Personalfragen bekom­ men, als es bei einer eng staatlich eingebundenen General­ intendanz üblich war. Auch von deutscher Seite wurde diese Neuordnung begrüßt.22’ Der schon 1946 zum Stellvertreter des Generalintendanten ernannte Ministerialbeauftragte Wilhelm Dieß blieb weiterhin Generaldirektor der Bayerischen Staats­ theater und nahm in dieser Funktion die Interessen des bayeri­ schen Kultusministeriums in Theaterangelegenheiten wahr;23’ er vermittelte zwischen beiden Seiten und behielt sich Aus­ künfte für die Presse vor.24’ Mit dem Amtsantritt des Kultusministers Hundhammer wurde die Stelle eines Staatssekretärs für die Schönen Künste geschaffen; nach Ausscheiden mehrerer Kandidaten, darunter A.J.Lippl, berief man den Architekten Dieter Sattler auf diesen Posten. Er sah darin die Chance, wieder eine bodenständige bayerische Kultur aufzubauen;25’ besondere Förderung wollte Sattler darüber hinaus den bislang unterdrückten oder totge­ schwiegenen Künstlern zukommen lassen.26’ Bei der Linde­ rung der materiellen Not versagte allerdings oft auch der staat­ liche Einsatz. Wenn das Staatssekretariat für die Schönen Künste dem Theater hier also auch nicht so viel Unterstützung zukommen lassen konnte, wie es nötig gewesen wäre, zeigte sich in der Schaffung der Stelle doch der feste Wille, Kunst und Kultur als gleichberechtigte und notwendige Lebensberei­ che auch in Notzeiten zu fördern.

Doch den Abraxas bring’ ich selten . . .:27) die Staatsoper Das Opernhaus war zwar zerstört, aber das Prinzregententhea­ ter ließ sich mit verhältnismäßig geringen Reparaturen für die Oper herrichten, so daß sie am 15. November 1945 mit einer Aufführung von Beethovens »Fidelio« - von Günther Rennert inszeniert und mit Hans Hotter, Helena Braun sowie Franz Klarwein in den Hauptrollen — feierlich wiedereröffnet wer­ den konnte. Wenn auch die Darstellung nach der Meinung ei­ nes Kritikers »nur von gutem Mittelmaß und ohne den Funken der Genialität« war, so kam der Eröffnung doch grundlegende Bedeutung zu; der Kritiker wollte zwar keine Vergleiche zwi­ schen Drama und jüngster Vergangenheit ziehen und lehnte den Ausdruck »KZ-Oper« als geschmacklos ab, aber er sah die Werte der Menschlichkeit, Freiheit und Brüderlichkeit in die­ sem Werk angesprochen, die, wie er hoffnungsvoll feststellte, »nun endlich wieder die Grundtendenzen unseres Lebens sind«.28’ Der neue Anfang brachte aber auch große Schwierigkeiten mit sich: Mit einer neuen Leitung, neuen Dirigenten, Regis­ seuren und Sängern, politisch »gereinigtem« Orchester und Chor29’ sollte ein den Ansprüchen der Zeit genügender Spiel­

plan aufgebaut werden. Zudem waren von den 97 fertigen und einsatzbereiten Dekorationen, mit denen die Oper vor der Zerstörung arbeiten konnte, nur noch 4 übrig — eine davon für »Tiefland«, das im Dezember als zweite Neueinstudierung ge­ zeigt und als »in jeder Hinsicht gelungen« bezeichnet wurde.30’ Die erste Spielzeit brachte noch eine ganze Reihe durchaus so­ lider, aber nicht besonders aufregender Aufführungen aus dem klassischen Repertoire: »Hoffmanns Erzählungen« von Jacques Offenbach,31’ »Hänsel und Gretel« von Engelbert Humperdinck,32’ »Othello« von Giuseppe Verdi.33’ Die Sängerin Maria Mazadal, die nach 1933 nicht mehr hatte auftreten dürfen, ver­ abschiedete sich in der Rolle der Tosca von ihrem Publikum, das aber leider den Charakter dieses Auftritts als Abschiedsvor­ stellung verkannte und sie auspfiff.34’ Mit einer weiteren Oper von Giacomo Puccini, »Madame Butterfly«,35’ Carl Maria von Webers »Freischütz«36’ und »Figaros Hochzeit« von Wolfgang Amadeus Mozart37’ ging die Spielzeit zu Ende. Obwohl man oft schöne Stimmen, lebendiges Spiel und geschickte Bühnen­ bilder gelobt hatte, machte manches einen geradezu »peinlich altmodischen« Eindruck. Man beklagte, daß an der Oper — aus Mangel an hervorragenden Künstlerpersönlichkeiten - quanti­ tativ viel, ja allzuviel, qualitativ aber nicht genug geschehe;38’ der Oper wurde zum Vorwurf gemacht, erstklassige Kräfte wie Günther Rennert, den Tenor Julius Patzak und den Kapellmei­ ster Bertil Wetzeisberger nicht in München gehalten zu haben. Andere Städte, wie Stuttgart oder Wien, könnten sich jedoch durchaus solche Künstler leisten; München sei dadurch im Be­ griff, seinen Ruf als bedeutende Kunststadt endgültig zu ver­ spielen. Die Staatsoper erwiderte darauf ausführlich,39’ daß bei­ spielsweise Patzak von der Militärregierung als untragbar für öffentliches Wirken erklärt worden sei und Wetzeisberger we­ gen personeller Schwierigkeiten die Oper verlassen habe. Sie ging auch auf die anderen genannten Fälle ein und wehrte in leicht vorwurfsvollem Ton alle Anschuldigungen mit dem Hinweis auf die vielen Aufbauschwierigkeiten und das Enga­ gement vieler neuer, junger, bereits bewährter Kräfte ab. Mit der »Verkauften Braut« von Friedrich Smetana,40’ Mo­ zarts »Zauberflöte«, in der nicht das Märchenhafte, sondern die philosophische Idee betont wurde,41’ ferner Georges Bizets »Carmen«42’ und Peter Tschaikowskis »Eugen Onegin«43’ ver­ folgte man die bisher gehaltene »klassische« Linie weiter, aller­ dings mit zum Teil erheblich verbesserter musikalischer Quali­ tät. In diesem kältesten aller Nachkriegswinter, 1946/47, wurde der Kohlenmangel besonders stark spürbar. So mußten im Februar viele Theater, darunter auch die Staatsoper, nach dem Verheizen aller Vorräte wegen Kohlenmangels wochen­ lang schließen.44’ Gioacchino Rossinis »Barbier von Sevilla«45’ und »Die schweigsame Frau« von Richard Strauss46’ riefen kei­ ne Sensation hervor, wohl aber die erste Wagneroper nach dem Krieg, »Die Walküre«. Weitere Wagner-Inszenierungen schei­ terten zunächst lediglich an Besetzungsfragen, nicht an ideolo­ gischen Überlegungen, obwohl schon damals Stimmen laut wurden, die Wagner am liebsten posthum als »Mitläufer«, wenn nicht gar als »Hauptschuldigen« eingestuft hätten. Die Wagneraufführungen in Bayreuth blieben noch jahrelang ver­ boten und waren heftig umstritten, hier allerdings wegen Winifred Wagners herzlichem Umgang mit den höchsten Macht­ habern des »Dritten Reiches«, weniger wegen Wagners »belasteter« Musik. Die Münchner »Walküre« wurde jedenfalls ein voller Erfolg. Zwar merkte ein Kritiker kleine Mängel in

Staatstheater

Szenenphoto aus »Othello«, Aufführung der Bayerischen Staatsoper im Prinz­ regententheater in der Spielzeit 1945/46, Photo von H. Schürer

der Handlungsdarstellung an,47* ein anderer litt unter den als unerträglich empfundenen Stabreimen und dem »Sprachge­ metzel« sowie dem Überdruß an Heldendarstellung — man hatte wahrhaftig genug davon gesehen —,48* aber trotz allem fand man die Musik herrlich und die Gesamtwirkung faszinie­ rend. Ein zukunftsweisendes Kunstereignis war sicherlich die »Bernauerin« von Carl Orff.49* Ein Kritiker sah sich in seiner Opernerwartung enttäuscht, bescheinigte dem Stück aber si­ chere Theaterwirkung, eigenen Sprachstil und den Charakter einer neuen Form des Musiktheaters. Mit heute übersteigert scheinender Empfindlichkeit zog er sogar eine Parallele zwi­ schen Herzog Albrechts Wunsch, München ganz und gar nie­ derzubrennen, und der Auslöschung Lidices50* — ein Vergleich, den ein Kritikerkollege für sehr unpassend hielt, da München weder von Albrecht noch von Herrn Orff zerstört worden sei. Man möge doch bitte, so der Kritiker weiter, die Wesensäuße­ rung dramatischer Figuren nicht als Geschichtspropaganda wer­ ten, sonst könne man gleich den halben Shakespeare »kassie­ ren«.51* Das »bairische Stück«, mit dem Orff zweifellos »die Ehre der Stadt gemehrt« hatte, wurde ein außerordentlicher Er­ folg. In der dritten Spielzeit wagte man die Aufführung wei­ terer moderner Werke. Nach Leo? Janäceks »Katja Kabanova«52*gab es aber zunächst Wagners »Tristan und Isolde«53* in der Inszenierung des neuen Intendanten Georg Hartmann, weiterhin Verdis »Macht des Schicksals«54’ und Puccinis »Gianni Schicchi«, worauf ein Kritiker bei Protagonisten wie Publi­ kum etwas wie Leidenschaft vermißte — »... wir haben, Gott sei Dank, kein fanatisches Publikum und ebensowenig eine fa­ natische Staatsoper, d.h. aber, wir haben überhaupt noch keine

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richtige Oper«.55* Vor dem Ende der Spielzeit mit einem kon­ ventionellen »Bajazzo« von Puccini56* zeigte man gleich meh­ rere Werke zeitgenössischer Künstler. Erst Paul Hindemiths »Mathis der Maler«, eine Oper, die in Deutschland als »entar­ tet« verboten, 1936 in Zürich uraufgeführt worden war und nun in München einen »großen, herrlichen und einmütigen« Erfolg erlebte. Man lobte, daß es musikalisch, geistig, mensch­ lich in der »großen deutschen Überlieferung« stand,57* was im­ mer man darunter verstehen mochte; mit dieser Aufführung sah man das Tor zur Oper der Gegenwart und Zukunft weithin sichtbar aufgestoßen.58* Eine weitere zeitgenössische Oper folgte im April, nämlich die »Kluge« von Carl Orff, mit origi­ nellen Kostümen und Bühnenbildern, von Günther Rennert als Gast glänzend inszeniert, die herrlich vertrackte Musik zu ganz natürlichen Klängen gebracht, auch hervorragend gespielt - kurz, ein echtes Volksstück.59* Aber damit endete der Aufschwung erst einmal wieder. Der Frühsommer 1948 brachte die schlimmste Hungerkrise für Kunstschaffende, die sich zu einer regelrechten Kulturkrise ausweiten sollte. Vorstellungen müßen ausfallen, Proben wur­ den aufs äußerste eingeschränkt oder gar abgesetzt.60* Ein Gut­ achten61* wies zwar nach, daß Sänger, Tänzer und Schauspieler einen ebenso großen Energieverbrauch wie Bauarbeiter, Berg­ leute oder andere Schwerarbeiter hatten, dennoch erhielten Künstler keine Lebensmittelzulagen. Anträge und Bittschriften wurden damit abgewehrt, daß man dann auch vielen anderen Personengruppen Zulagen gewähren müßte, was wegen der Lebensmittelknappheit nicht möglich sei. Schon 1947 hatte die Bühnengenossenschaft erfolglos versucht, Zulagen zu erkämp­ fen. Trotz aller Beteuerungen, wie wichtig die Kunst für die Menschen, für das Leben überhaupt und nicht zuletzt für den Ruf Münchens als Kunststadt sei, wurden bei praktischen Fra­ gen wie Lebensmittel- und Kohlezuteilungen Künstler weni­ ger gut bedacht als die meisten Handarbeiter.62* Die ZweiZonen-Verwaltung in Frankfurt antwortete auf dringliche Aufrufe, auch von seiten des bayerischen Kultusministers, daß »Personen, die ihren Beruf teilweise im Umhergehen aus­ üben«, keine Zulagen gewährt werden könnten.63* Außerdem kam es in der amerikanischen Zone zu Mißverständnissen, weil hier unter dem falsch übersetzten Wort »artists« von den deutschen Behörden Artisten und nicht allgemein die Künstler verstanden wurden.64* Auch die Probleme mit dem Bühnen­ material waren groß, die Beschaffung von Glühbirnen für Scheinwerfer, Dekorationsstoffen, Holz, Farben und Benzin schien zuweilen schier unmöglich oder, zu Schwarzmarktprei­ sen, unerschwinglich. So grenzt es beinahe schon an ein Wun­ der, daß von den Theatern so viele Vorstellungen gezeigt wer­ den konnten und im Sommer 1948 schließlich noch das Ballett »Abraxas« des zeitgenössischen Komponisten Werner Egk auf­ geführt wurde.65* Der Herbst 1949 brachte wieder einen Rückgriff auf das herkömmliche Repertoire, zunächst »Salome« von Richard Strauss,66* dann die »Vendetta-Operette« »Cavalleria rusticana« von Pietro Mascagni,67* Verdis »Aida«,68* »Der Mantel« von Puccini69’ und Wagners »Lohengrin«, durchsetzt mit viel un­ freiwilliger Komik.7"* Im Spielplan der Oper fehlte allerdings seit Beginn der Spielzeit der »Abraxas« — Kultusminister Alois Hundhammer hatte die Wiederaufnahme verboten, um das bayerische Volk vor »sittlichem Schaden« zu bewahren. Das Li­ bretto des Balletts basiert auf einem Tanzpoem von Heinrich

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Heine, das den alten Faust-Stoff behandelt. Abraxas, Name ei­ nes minderen Teufels,71* dient als Schlüsselwort für Faustens magische Beschwörungen. Bezaubert durch die schöne Archisposa, Erzbuhlin des Teufels, wünscht sich Faust ewige Jugend und schließt einen Pakt mit der Hölle, vertreten durch die Hexe Bellastriga. Am Hofe erscheint Archisposa Faust in der Maske der Königin, worauf er sie mit Bellastrigas Hilfe ent­ führt und mit beiden in die Hölle gerät. Hier wird er Zeuge ei­ ner Schwarzen Messe, vor der er schaudernd flieht. Im antiken Griechenland glaubt er an der Seite Helenas Frieden zu finden, aber Bellastriga zerstört die Illusion. Schließlich findet Faust die reine Liebe bei Margarethe, aber wieder erscheint Bellastriga als Gesandte der Hölle; Faust zerreißt den Pakt und wird au­ genblicklich wieder zum Geist, er und Margarethe werden durch die teuflisch aufgepeitschte Menschenmenge umge­ bracht.72* In einer am Tage vor der Premiere erschienenen Textbesprechung von Arthur Kutscher hieß es, daß das Werk »ohne Anspruch auf Realismus ... nur der unmittelbaren magisch-sinnlichen Beeindruckung« diene;73* der Verkauf des Libretto-Textes in der Staatsoper war vom Kultusministerium verboten worden, nachdem Generaldirektor Dieß in einer Probe gewesen war:74* erste Diskrepanzen zwischen der staatli­ chen und der künstlerischen Auffassung begannen sich abzu­ zeichnen. Bei der Voraufführung für eine Kommission des Kultusministeriums wurden einige zu freizügige Tanzschritte beanstandet und geändert. Der Kultusminister, der eine der Vorstellungen sah, nachdem das Werk angelaufen war, nahm jedoch immer noch heftigen Anstoß. Für ihn verstieß das Bal­ lett gegen die guten Sitten, hatte eine un- und amoralische Tendenz, stellte eine Beleidigung der Mehrheit des Volkes dar, verletzte das religiöse Empfinden, war gegen die christliche Religion gerichtet und bedeutete eine »satanische Demonstra­ tion«.75* Er verbot, es in den neuen Spielplan aufzunehmen, was der Komponist im nachhinein auf eindringliche Nachfrage vom Opernintendanten erfuhr. Das Ministerium berief sich darauf, daß eine Übernahme in die neue Spielzeit nicht ein­ deutig schriftlich fixiert worden sei — und überhaupt habe der Minister kein Verbot ausgesprochen, sondern nur den Wunsch, daß das Werk nicht mehr gezeigt werde, wozu er als oberster Dienstherr des Intendanten durchaus berechtigt sei.76* Die Maßnahme wurde zunächst mit den hohen Kosten der Auf­ führung begründet, allerdings ergaben Rechnungen, daß bei längerer Spieldauer die Extra-Aufwendungen leicht wieder eingespielt worden wären; auch der Intendant meinte, der »Abraxas« wäre ein gutes Geschäft geworden.77* Die laufenden Unkosten blieben somit als Stein des Anstoßes übrig, und mit diesem Argument hätte man, da sie bei jedem Stück anfielen, gleich die ganze Oper schließen können. Die finanzielle Seite trat denn auch hinter den moralischen Aspekt zurück. Blasphe­ mie sah Kultusminister Hundhammer im Bild der Schwarzen Messe: »... das können katholische Männer in der Regierung nicht dulden«.78* Auch Staatssekretär Dieter Sattler schwenkte auf den neuen Kurs ein: Entspreche ein Stück nicht der kultur­ politischen Linie des Ministers und sei dieser überzeugt, ein großer Kreis von Staatsbürgern werde dadurch in seiner An­ schauung verletzt, sei er sogar verfassungsmäßig dazu ver­ pflichtet, einzugreifen, da man annehmen könne, daß die par­ lamentarische Mehrheit sich zumeist mit der Mehrheit der verletzten Volkskreise decken werde.79* Dieses schiefe mora­ lisch-politische Argument kam einem Zensuranspruch gleich

und widersprach Artikel 108 der Bayerischen Verfassung, der die Freiheit der Kunst gewährleistet. Es kam zu einer Parla­ mentsdebatte, wobei Minister Hundhammer zunächst noch einmal die finanziellen Bedenken vorbrachte, anschließend längere Passagen aus dem »Abraxas«-Textbuch, unterstützt von Pfui-Rufen der CSU verlas, und weiter darauf verwies, daß sich einzelne Mitglieder des Balletts über die ihnen zugemute­ ten Unzüchtigkeiten schon vor der Premiere beschwert hät­ ten.80* Er, Hundhammer, sehe nicht ein, was ein solches Stück mit Freiheit der Kunst zu tun habe, die Freiheit der Kunst kön­ ne sich dort entwickeln, wo sie nicht vom Staat bezahlt werde, auf Kosten der bayerischen Steuerzahler ginge das nicht.81* In einer Interpellation wurde angefragt, welche gesetzlichen Grundlagen der Kultusminister habe, um von sich aus Eingrif­ fe in den Spielplan der Bayerischen Staatsoper vorzunehmen, wenn der verantwortliche Intendant der Absetzung eines Stükkes nicht zustimme.82* Die juristische Seite überging der Mini­ ster ziemlich kurz; dann verweilte er des längeren bei den moralisch-sittlichen Grundlagen und beharrte darauf, die ver­ letzten Gefühle der Mehrheit des bayerischen Volkes zu schüt­ zen. Er wolle sein »Verbot« — wobei er selber dieses Wort ge­ brauchte — auch vor Geschichte und Kultur verantworten.83* Die amerikanische Besatzungsbehörde hatte den Fall besorgt verfolgt, für sie war eindeutig der Fall einer Zensurausübung gegeben. Alle Befürchtungen, der Staat werde die künstlerische Freiheit zu beschränken versuchen, sahen sich bestätigt. Da es aber keine Möglichkeit zum Eingrreifen gab, konnte man nur die Position des kritischen Beobachters beziehen.84* Der Kom­ ponist Werner Egk klagte auf Schadenersatz; der jahrelange Prozeß endete schließlich mit einem Vergleich.85* Das Publi­ kum hatte an den Vorstellungen keinerlei Anstoß genommen, denn die fünf gegebenen Aufführungen waren — ob aus künst­ lerischem Interesse oder aus einer gewissen Sensationslust sei dahingestellt — restlos ausverkauft gewesen. Die Darstellung Bayerns als eines christlich-katholischen Landes, dessen Bevölkerung um jeden Preis vor angeblich un­ christlichen, zersetzenden Einflüssen geschützt werden müsse, wurde den Vorstellungen von der Machtbefugnis des Kultus­ ministers angepaßt. Der Fall »Abraxas« stellt allerdings eine spektakuläre Ausnahme in den ersten Nachkriegsspielzeiten der Staatsoper dar. Im allgemeinen bildeten »klassische« Opern in konventionellen Inszenierungen den Grundstock des Re­ pertoires. Mit der selbstverständlichen Wiederaufnahme von Werken Richard Wagners sollte der darauf liegende politische Schatten gebannt werden. Daneben wurden mehr und mehr Werke von Zeitgenossen gespielt und auch im Inszenierungs­ stil Wege in die Gegenwart eingeschlagen.86*

Wie es euch gefällt . .

die Staatsoperette

An der Staatsoperette kam es in den Nachkriegsspielzeiten zu keinem vergleichbaren Theaterskandal. Als »Staatsoperette« war sie eine einzigartige Erscheinung, die es nur in Bayern gab. Im Jahre 1870 durch die Übernahme als »Königliches Volks­ theater« vor dem Ruin gerettet, wurde sie 1918 »Theater am Gärtnerplatz«, 1937 »Bayerische Staatsoperette« und erhielt erst nach 1955 die etwas umständlichere Bezeichnung »Bayerisches Staatstheater am Gärtnerplatz«. Das Theater war beim letzten Bombenangriff auf München noch einmal schwer zerstört worden; vorerst zog die Operette daher in einen Behelfssaal an

Staatstheater der Schornstraße in Haidhausen, der einige Hundert Zuschauer aufnehmen konnte. Mitte 1946 begann man mit der Wieder­ herstellung des Theatergebäudes; nach zwei Jahren war der Bau fertiggestellt und konnte kurz vor der Währungsreform eröffnet werden.87’ Im Dezember 1945 brachte die Staatsoperette im Saal an der Schornstraße einen Potpourriabend. Unter Berücksichtigung der großen Schwierigkeiten muß dieser als ausgezeichnete Lei­ stung gewertet werden.88’ Der Andrang zum gefälligen Unter­ haltungstheater war groß; weil im täglichen Leben viele Wün­ sche und Notwendigkeiten nicht befriedigt werden konnten, trug es dazu bei, den grauen Trümmeralltag ringsum für kurze Zeit vergessen zu machen. Die Operette hatte seit jeher unter den Staatstheatern die meisten Einnahmen, konnte sich aber nicht ganz allein erhalten. Nach zwei routinierten, gut durch­ schnittlichen Premieren, die sich trotz mangelhafter Verhält­ nisse so gut wie möglich präsentierten, mit immerhin farben­ prächtigen Bühnenbildern, guten Sängern und Musikern,89’ wurden im Sommer zwei klassische Operetten gezeigt: Franz Lehars »Land des Lächelns«, geschmackvoll und lebendig in­ szeniert,90’ und »Die schöne Helena« des im »Dritten Reich« verbotenen Jacques Offenbach, mit aktuellen Anspielungen modernisiert, musikalisch ausgezeichnet, aber in einer schwa­ chen Darstellung, die »so beifällig wie nur möglich«91’ aufge­ nommen wurde. Hinter dem vielversprechenden Titel »War­ um lügst du, Chérie?«, einer Augustsommerbagatelle, steckte in Musik und 1 landlung nur Klischee.92’ »Die goldene Meiste­ rin« zeigte sich in überraschend schönen Kostümen.93’ Zu ei­ nem Abend unter dem Motto »Frühlingsluft« wurden Melo­ dien von Josef Strauß zusammengestellt und ein possenhaftes Libretto verfaßt; in nettem Bühnenbild agierten gute Sänger, was alles viel Beifall brachte, aber auch zu der kritischen Frage anregte, ob denn die Staatsoperette wirklich keine höheren Aufgaben zu erfüllen habe.94’ Bei »Gasparone« im November 1947 zeigte sich, daß der Saal tatsächlich nur ein Notbehelf sein konnte, dessen Bühne für die vielen Gruppenauftritte viel zu klein war.95’ Die »Csardasfürstin« mußte sich noch mit die­ sem Saal begnügen, aber im Juni 1948 wurde dann mit der »Nacht in Venedig« das wiederaufgebaute Theater am Gärtner­ platz eingeweiht. Damit zog die Staatsoperette als erstes der Staatstheater wie­ der ins eigene Haus ein. Kultusminister Alois Hundhammer, Generaldirektor Wilhelm Dieß, Intendant Curth Hurrle und Theaterkontrolloffizier Walter Behr hielten angemessene Re­ den. Der Abend, mit überraschendem Aufwand an Kostümen und Dekorationen gestaltet, war also ein vielversprechender Anfang.96* Um das Publikum trotz der Reize der neuen DMark ins Theater zu locken, setzte man auf bewährte, zugkräf­ tige Repertoirestücke in prunkvoller Aufmachung, von denen man glaubte, daß sie das Publikum nach Jahren der Kargheit und Notbehelfe wieder sehen wollte. Der »Vogelhändler« im Herbst zeigte außerdem noch »Schmelz, Schmalz, Walzerselig­ keit, Rührseligkeit, Urwüchsigkeit, Edelmut, Armut, Reich­ tum«, wofür er auch rauschenden Beifall erhielt.97’ Auch eine Uraufführung wurde gewagt: »Das Halsband der Königin«, ein Werk des musikalischen Leiters der Operette, Edmund Nick, dessen Musik leider nicht gegen das zuckrige, schablo­ nenhafte Libretto ankam.98’ Nach einem Ballettabend unter dem Motto »Wiener G’schichten« seufzte ein Kritiker, daß man den ersten Ballett­

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abend wegen der schweren Anfänge mit wohlwollendem Schweigen übergangen, beim zweiten schon Einwände un­ mißverständlich vorgebracht habe, aber jetzt beim dritten end­ gültig feststellen müsse, daß das große Können der Solisten für ein Nichts verschwendet, oder zumindest nicht sinnvoll einge­ setzt worden und der Abend somit »das Letzte vom Letzten« gewesen sei.99’ Mit Millöckers »Bettelstudent« kam - nachdem in »Viktoria und ihr Husar« eine fade Handlung mit »Schla­ gern von zweifelhaftem Niveau« gewürzt, wenn auch von guten Sängern dargeboten worden war100’ — wieder eine alt­ bewährte Operette von guter Qualität auf die Bühne.101’ Die Spielzeit 1948/49 endete mit einem Paukenschlag: Gustav Gründgens hatte in drei Wochen eine virtuose Inszenierung von Offenbachs »Banditen« zustande gebracht, in der er »mit intellektuell-komödiantischer Bravour« selber eine Hauptrolle spielte.102’ Die Staatsoperette präsentierte sich als braves Unternehmen, das weder durch Stückwahl noch durch gewagte Aufführungen Ärgernis erregte und sich sowohl vor wie nach der Währungs­ reform auf die Beliebtheit von Operetten mit angenehmer Musik und hübschen Ausstattungen verlassen konnte, die ge­ fällige Unterhaltung in ungefälliger Zeit boten.

Wir sind noch einmal davongekotntnen . . das Staatsschauspiel Das Theater am Brunnenhof hatte einen Intendanten, bevor es selbst existierte: Im Mai 1945 wurde der Schauspieler und Re­ gisseur Paul Verhoeven dem Theaterkontrolloffizier Gérard van Loon empfohlen,1113’ der ihm anbot, Schauspieldirektor des Staatstheaters zu werden. Das Staatsschauspiel hatte noch keine eigene Spielstätte, das Residenztheater war - zum Glück erst nach der Evakuierung der Cuvillies-Ausstattung - total zerstört worden, ebenso mögliche Ausweichbühnen. Der erste bayeri­ sche Kultusminister, Otto Hipp, gab den Auftrag zur Errich­ tung eines neuen Schauspielhauses; entgegen den ursprüngli­ chen Plänen für den Thronsaal wurde ein Theater am Brunnenhof der Residenz nach monatelangen Kompetenzkon­ flikten ausgebaut. Die betriebs- und bühnentechnischen Ver­ hältnisse, auch die sanitären Bedingungen waren äußerst unzu­ länglich und auf die Dauer schwer erträglich, aber wenigstens hatte man ein bespielbares Theater,104’ das im Mai 1946 einge­ weiht werden konnte. In einer Feierstunde sprach Intendant Verhoeven den »Notstand des Denkens und Fühlens« an, den Drang nach Besinnung, Klärung und Trost, der das Theater notwendig mache - nicht allein der Geldüberhang veranlasse Menschen, ins Theater zu gehen.105’ Die Tradition des Resi­ denztheaters sollte wieder belebt werden, mit klassischer, zeit­ loser Dichtung, Dramatik der Moderne und der Gegenwart.106’ Dramaturg Rudolf Bach betonte, daß auch das experimentelle und suchende Element, der Zeit entsprechend, seinen Platz auf der Bühne des Staatstheaters finden solle; auch der staatlich so sehr gewünschte süddeutsch-bayerische Zug werde nicht zu kurz kommen.107’ Alle Bereiche wurden in der »Ära Verhoe­ ven«, den ersten drei Spielzeiten nach dem Krieg, auch ver­ wirklicht. Als es noch keine Spielstätte gab, gastierte das En­ semble mit Klabunds »Kreidekreis« in bayerischen Städten.108’ Die beiden ersten Aufführungen in München waren Klassiker: Shakespeares »Sommernachtstraum« im Prinzregententheater und - als Eröffnung des Theaters am Brunnenhof - Lessings

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Musik und Theater

»Nathan der Weise«, mit dem die zwölf Jahre lang verbannte Humanität auf die deutsche Bühne zurückkehrte,109* ein »Ten­ denzstück«, das sehr bewegt aufgenommen wurde. Nach zwei weiteren deutschen Stücken, Goethes »Clavigo« und »Stella«, zeigte man die »Phädra« von Racine, streng gebaut, von »adeli­ ger Schönheit« und klarem Geist.110* Der »Revisor« von Gogol wurde nicht als gesellschaftskritisches Stück, sondern als heite­ re, harmlose Burleske gespielt,111* und anläßlich von Schillers »Don Carlos« stellte ein Kritiker fest, daß die Forderung nach Gedanken- und sonstiger Freiheit auch für die Menschen von 1948 durchaus aktuell sei, aber zur Zeit eher vom Gedanken der »Ernährungsfreiheit« überlagert werde.112* Neben den Klassikern, mit denen Kulturerbe und humane Werte vorgestellt werden sollten, wollte man mit einer Anzahl französischer, englischer und amerikanischer Stücke die Fenster zur Dramatik anderer Länder öffnen, die im »Dritten Reich« geschlossen gewesen waren. Großen Eindruck machte Ardreys »Leuchtfeuer«, ein mystisches Lehrstück über Weltekel und die schließliche Zuwendung zum Leben, ein Stück, dem entschei­ dender Erfolg beschieden war.113* Mit der Thematik des Über­ lebens beschäftigte sich, nachdem Anouilhs »Antigone« durch Konflikte zwischen Staatsräson und Gewissen lebhafte Diskus­ sionen ausgelöst hatte,114* auch Wilders neuartig konzipiertes Stück »Wir sind noch einmal davongekommen«. In skurriler Symbolik ging es um das Geschick der Menschheit als solcher, immer wieder mit Katastrophen fertig zu werden - ein höchst aktueller Gegenstand, der heftige Ablehnung oder begeisterte Zustimmung auslöste?15* Rattigans »Liebe im Müßiggang« und Holm/Abbotts »Drei Mann auf einem Pferd« unterhielten als nette Boulevard­ stücke; »Einladung aufs Schloß« von Anouilh war von einer gewissen heiteren Melancholie, die das Publikum völlig ver­ zauberte.116* An Eliots »Mord im Dom« kritisierte man den kirchlich-liturgischen Ton der Inszenierung.117* Der Versuch, Strindbergs »Traumspiel« als zeitnahes Lebensbild darzustellen, wurde durch die real erlebten Alpträume vergangener Jahre al­ lerdings stark entkräftet.118* Deutsche Dramatiker der Moderne und Gegenwart bildeten eine weitere gewichtige Abteilung des Spielplans. Volkstümlich und auf private Sphäre gestimmt gaben sich Horvaths »Liliom« und Spallarts »Tintenspritzer«; eine weihnachtliche Pflichtübung wurde mit dem altertümli­ chen »Weihnachtsspiel« von Max Mell absolviert. Ganz my­ stisch-märchenhaft, der realen Welt sehr fremd, war Haupt­ manns »Und Pippa tanzt« inszeniert.119* Mit »Treibgut« von Thomas Engel und »Anno Domini nach der Pest« von Julius Vogel kamen dagegen ausgesprochene Zeitstücke, die mensch­ liches Versagen und Schuld in Kriegszeiten durchleuchteten, auf die Bühne. Die zeitlose Problematik einer Künstlerpersön­ lichkeit zeigte Willibald Sauers »Van Gogh« auf. »Der Soldat Tanaka« von Georg Kaiser, in Zürich während des Krieges uraufgeführt, klagte die Ungerechtigkeit gesellschaftlicher Ver­ hältnisse an und behandelte das Problem militärischen Gehor­ sams und menschlichen Gewissens.120* Die letzte Premiere war der »Hauptmann von Köpenick«, der Militärisches nicht mit ernster Anklage betrachtete, sondern durch Karikierung lächer­ lich machte; die »Uniform als Hauptperson«121* wurde ein großer Publikumserfolg. Zur Durchführung aller Projekte standen großartige Schau­ spieler zur Verfügung; Besetzungslisten lesen sich wie erfüllte Wunschlisten, unter anderem gehörten dazu Rudolf Vogel, Eva

Vaitl, Curd Jürgens, Hellmuth Renar, Willy Rösner, Hans Cossy, Heidemarie Hatheyer, Maria Wimmer, Anne Kersten, Elisabeth Flickenschildt, Heinz Leo Fischer, Otto Wernicke, Erich Ponto, Wolfgang Büttner, Peter Pasetti und Inge Langen. Sämtliche Aufführungen mußten sich mit einer Bühne von eher kammerspielartigen Ausmaßen begnügen; in den Kältefe­ rien im Winter 1947 wurde die Bühne um etliches vergrößert, für die Arbeiten verwendete man Bauschutt der Residenz.122* Nicht genug mit Kohlen- und Ernährungskrisen, unter denen das Staatsschauspiel ebenfalls erheblich zu leiden hatte, es kam auch noch eine Intendantenkrise hinzu. Verhoeven hatte einen Herzinfarkt erlitten und wollte sich mehr künstlerischer, pri­ vater Arbeit widmen. Außerdem war das Verhältnis zu Kultus­ minister Hundhammer nicht das beste, der Minister betrat das Theater zu Verhoevens Zeit kein einziges Mal.123* Der Inten­ dantenvertrag wurde von Verhoeven nicht verlängert, es mußte ein Nachfolger gefunden werden - Verhandlungen mit Heinz Hilpert scheiterten nicht zuletzt an der Unvereinbarkeit von Forderungen des Kultusministers nach der unbedingten Be­ rücksichtigung der katholisch-bayerischen Eigenart und Hil­ perts Auffassungen.124* Schließlich wurde - nach langem Rät­ seln um genehme Kandidaten — Alois Johann Lippl zum Intendanten ernannt. Er kündigte an, er werde weltoffenes, christlich-abendländisches, bodenständiges Theater bringen.125* Mit dem Theater übernahm Lippl, da inzwischen die Wäh­ rungsreform auch über die Bühne gegangen war, noch eine weitere Krise: im Herbst 1948 schlug Finanzminister Hans Kraus aus Sparsamkeitsgründen eine Schließung des Staats­ schauspiels vor; es gebe noch andere Sprechbühnen in Mün­ chen, so daß die Theaterkultur nicht gefährdet sei.126’ In einer Beilage zum Programm des Brunnenhof-Theaters wurde aber von »Kulturdemontage« gesprochen, verbunden mit einem Aufruf zum Abonnement, um die Notwendigkeit des Theaters erweisen zu können.127* Der Finanzminister war über das »auf Staatskosten gedruckte Elaborat« sehr empört und sah durch die lebhafte Diskussion in der Presse, die sich durchweg gegen eine Schließung aussprach, die Staatsautorität gefährdet; Kraus mußte schließlich vom Kultusminister beschwichtigt wer­ den.128* Die Angelegenheit wurde auch im Landtag erörtert;129* trotz vorgetragener Bedenken, ob der Staat sich in Notzeiten den Theaterluxus erlauben dürfe, entschied man sich für eine Beibehaltung des Staatsschauspiels. Für die nächsten Jahre wurde sogar der Bau eines neuen Re­ sidenztheaters geplant; damit kam für das Staatstheater eine leichtere Epoche, als es die vergangenen harten Jahre gewesen waren; der Weg in die Normalität begann. Anfang 1949 konn­ te ein Brecht-Stück, »Puntila und sein Knecht Matti«, gezeigt werden und auch »Heinrich VII.« des als ehemaligen »Nazi­ dichter« mit Mißtrauen betrachteten Hans Rehberg erregte kein Mißfallen. Das süddeutsche Element war vorerst durch Grillparzers »Medea« und Richard Billingers »Galgenvogel«, mit maniriert-barockisierender Sprache,130* vertreten. Das Staatsschauspiel versuchte, humane Werte vor allem durch Klassikeraufführungen wiederzuerwecken und durch Stücke moderner ausländischer Dramatiker Fenster zur Welt zu öffnen; auch die deutsche moderne und zeitgenössische Dra­ matik, soweit vorhanden, sollte hier ihr Forum finden. Trotz aller zeitbedingten Schwierigkeiten hat das Theater seine Auf­ gaben mit Bravour gemeistert. Christiane IVilke

Literatur und Medien Literarische Positionen im München der Nachkriegszeit Zur Schriftstellerei »Im Grunde ist alles, was wir in diesen Tagen aufschreiben, nichts als eine verzweifelte Notwehr, die immerfort auf Ko­ sten der Wahrhaftigkeit geht, unweigerlich; denn wer im letzten Grunde wahrhaftig bliebe, käme nicht mehr zurück, wenn er das Chaos betritt - oder er müßte sich verwandelt haben. Dazwischen gibt es nur das Unwahrhaftige.« Max Frisch, Mai 1946 in Deutschland'* München, noch um die Jahrhundertwende eine Stadt der Lite­ raten, hatte diese Rolle bereits in der Weimarer Zeit an Berlin abgeben müssen. Während der NS-Zeit entwickelte sich die »Hauptstadt der Bewegung« zu einem Zentrum nationalsozia­ listischer Publizistik: der »Völkische Beobachter« wurde hier redigiert und gedruckt, der Eher-Verlag und der LangenMüller Verlag boten NS-Propagandaschriften, letzterer druckte auch die wichtigste Literaturzeitschrift der NS-Zeit, »Das Inne­ re Reich«. Was für Literatur war hier nach dem Krieg, nach dieser Er­ schütterung aller Werte, möglich? Welche Autoren arbeiteten in diesem Nachkriegsmünchen, welche literarischen Positio­ nen vertraten sie, was fanden sie zu beschreiben? Die Stadt selbst war ihren Bewohnern fremd geworden; Walter Kolben­ hoff gab diesem Gefühl Ausdruck, als er sein 1949 erschiene­ nes Münchenbuch mit »Heimkehr in die Fremde« betitelte. Eduard Claudius, nach seiner Internierung in der Schweiz für einige Zeit Wahlmünchner, nannte München 1945 einen Ort zwischen Zufall und gewesener Heimat.2’ Dennoch trafen sich nicht zufällig viele nach Exil oder innerer Emigration, nach KZ, Internierung oder Kriegsgefangenschaft in München wie­ der, wollten die Amerikaner München doch zur Kulturstadt ih­ rer Besatzungszone machen. Außerdem hatte sich die Stadt zu einem Treffpunkt und Zentrum des südlichen Deutschland entwickelt. Erich Kästner, der selbst damals mit einem Film­ team in Tirol festsaß, beschrieb dies so: »München ist der Treffpunkt derer geworden, die bei Kriegsende nicht in Berlin, sondern in West- oder Süd­ deutschland steckten. Mitten auf der Straße fallen sie einan­ der um den Hals. Schauspieler, Dichter, Maler, Regisseure, Journalisten, Sänger, Rimleute — tags und abends stehen sie im Hof der Kammerspiele, begrüßen die Neuankömmlinge, erfahren Todesnachrichten, erörtern die Zukunft Deutsch­ lands und der Zunft, wollen nach Berlin, können’s nicht, wägen ab, ob’s richtiger sei, hier oder in Hamburg anzufan­ gen.«3’ Allein dieses Zitat zeigt, daß Literatur im Nachkriegsmünchen keineswegs eine rein bayerische Angelegenheit gewesen ist,4’ obwohl auch die eher traditionellen bayerischen Schriftsteller,

meist in Münchens Umgebung evakuiert, bald wieder ihre Stimme erhoben. Zwei Phasen sind bei der Betrachtung dieser Jahre zu unter­ scheiden: die Zeit bis etwa Mitte 1947, sowie die unter den Auswirkungen des Kalten Krieges und der Währungsreform stehenden Jahre 1948/49 — Phasen politischer Entwicklungen, die den gesellschaftlichen und ideologischen Standort der Lite­ raten maßgeblich beeinflußten. Diese lassen sich in zwei grö­ ßere Gruppen von Autoren unterscheiden, läßt man einmal die »NS-Barden«, die durch Internierung oder Schreibverbot aus­ geschaltet waren, außer Betracht: einmal die im Reich verblie­ benen älteren Schriftsteller, die sich nicht angepaßt, sondern Widerstand geleistet hatten und zum Schweigen verurteilt worden waren. Diese fühlten sich durch das zunächst recht un­ koordinierte Vorgehen der Amerikaner vor allem bei Entnazi­ fizierung und Re-education am meisten irritiert; wohin sollten sie auch »zurück-crzogen« werden, da sie sich selbst treu ge­ blieben waren und nicht dem NS-System gedient hatten? Für sie gewann auch die Frage der Kollektivschuld an besonderer Relevanz. Die zweite größere Gruppe von Autoren läßt sich mit dem von ihr selbst geprägten Begriff der »jungen Genera­ tion« beschreiben. Ihre Mitglieder hatten als Soldaten Krieg und meist auch Kriegsgefangenschaft erfahren, kannten zum größten Teil bereits die Haltung der Amerikaner und waren mit dem Re-education-Programm vertraut, wenn sie auch oft etwas anderes darunter verstanden; klar war ihnen nur, daß das deutsche Volk auch mit Hilfe der Literatur umerzogen werden sollte. Da sie dies teilweise selbst bejahten, fühlte sich diese Gruppe von der restriktiven Phase amerikanischer Kulturpoli­ tik dann besonders negativ berührt. Dies ging aber nicht nur ihnen so; auch die amerikanischen Kulturoffiziere selbst waren manchmal irritiert, sei es durch das wechselnde Verhalten des amerikanischen Hauptquartiers, sei es durch die Einsicht, daß die Kluft zwischen den Intellektuellen einerseits und der baye­ rischen Regierung und der Bevölkerung andererseits immer größer wurde. Als Beispiel dafür kann der Bericht des Ameri­ kaners Walter L. Dorn stehen, im Zivilberuf Professor für mit­ teleuropäische Geschichte, der seit September 1945 als persön­ licher Berater des dritten Mannes im Hauptquartier, General Clarence L. Aldock, fungierte. Dorn kam im Mai 1946 nach Bayern und stellte fest, daß polizeimäßige Entnazifizierung wenig Erfolg zeitigte, ja, sogar antidemokratische Reaktionen hervorrief.5’ Um Abhilfe zu schaffen, schlug er die Bildung eines Kultur­ rates vor, in dem Intellektuelle, auch Schriftsteller, unabhängig von der Regierung die geistige wie politische Reaktion in Bayern überwinden helfen6’ und aufklärend wirken sollten.7’ Obwohl Dorns Vorschlag nicht verwirklicht wurde, zeigt er doch die Bemühung der Amerikaner, unter Heranziehung der deutschen Intelligenz neue Modelle politischer Gestaltung zu entwickeln.

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Literatur und Medien

Exil und innere Emigration Die Entstehung des langanhaltenden Streits um Exil und inne­ re Emigration wurde von dem ehemaligen Wahlmünchner Thomas Mann ausgelöst; seine ersten Kontrahenten waren gleichaltrige Kollegen, die mit Schreibverbot belegt, in Mün­ chens Umland die braune Diktatur überlebt hatten. Als vermit­ telndes Medium fungierten die in München erscheinenden Zeitungen. Der Streit selbst war ein sowohl moralischer wie politischer, es ging um die deutsche Kollektivschuld, um die Frage nach dem guten und dem bösen Deutschland. Dieser Streit wurde vorrangig von Literaten geführt, im Mittelpunkt stand das Überleben des deutschen Geistes und seine Absetzung von deutschem Ungeist. Schon am 15.5. 1945 notierte sich Wilhelm Hausenstein, seit 1932 in Tutzing lebend und bis 1943 Redakteur der »Frankfurter Zeitung«, in sein Tagebuch: »Klaus Mann ist bei Hoerschelmann erschienen, halb als alter Freund, halb als amerikanischer Journalist. Seine These, die These der Emigration im Ganzen scheint zu sein: wir alle, die während dieser Jahre »nicht« emigriert lebten, ha­ ben an der »Kulturfaçade« des »dritten Reiches« mitgearbei­ tet. Nun, ich hätte bei dem Gespräch sein mögen; ich würde a limine geltend gemacht haben, daß die gesamte Emigrati­ on sich dem Deutschland dieser zwölf Jahre und allen aus ihm entsprungenen Konflikten bloß eben »entzogen« hat und daß damit im Grunde »überhaupt nichts« geschehen ist: »es bedeutet nichts Positives, aus einer Situation einfach her­ auszugehen«. — Wohl aber gehört etwas dazu, zwölf Jahre lang bemüht zu bleiben, journalistisch das »Gute als solches, um seinetwillen rein zu pflegen», in einem Stil, als ob es den Hitler und seine Halunken »überhaupt nicht gegeben hätte«, und gleichwohl unter täglicher Gefahr. Aus den zehn Jahr­ gängen des Literaturblatts und der Frauenbeilage der Frank­ furter Zeitung, die von mir redigiert worden sind, würde keine künftige Generation »auch bloß schließen können«, daß sie in der Zeit des Hitlerismus geleitet und geschrieben wurden: so gänzlich sind sie an dem Régime »vorüberredi­ giert«; nicht einmal auf einer Tangente. Ich glaube, daß »dies« etwas besagt; und darüber bin ich bis auf den Boden des Ge­ wissens ruhig. »Kulturfaçade«: damit die Vorstellung einen Sinn hätte, müßte zwischen der angeblichen Façade und dem Hause dahinter eine »Verbindung« bestanden haben: aber eben diese Verbindung bestand »nicht«: meine Arbeit und jede ihr vergleichbare existierte durchaus »nur an sich selbst, völlig isoliert«.«8) Klar wird schon hier der Konflikt ausgesprochen: kann Litera­ tur sich in einer Diktatur »heraushalten«, gibt es eine Literatur »nur an sich selbst, völlig isoliert« von der sie tragenden Ge­ sellschaft? Mußten denn nicht viele emigrieren, um zu überle­ ben, darunter sicher auch Klaus Mann? Und hat die Emigration wirklich »nichts Positives« bewirkt für den deutschen Geist? Aber es stellt sich auch die Frage nach dem Respekt vor denen, die blieben, oft unter Lebensgefahr. Drei Tage später veröffentlichte das Blatt der amerikani­ schen Militärregierung, die »Bayerische Landeszeitung«, Tho­ mas Manns Wort an das deutsche Volk, geschrieben am Tag der Kapitulation :9)

»Das Recht erstickt und die Wahrheit; die Lüge führte das Wort ganz allein; die Freiheit zertrampelt; der Charakter, jede Anständigkeit zermalmt und eine Korruption von oben bis unten, die zum Himmel stank; die Menschen, gedrillt von Kind auf in einem lästerlichen Wahn von Rassensuperiorität, Erwähltheit und Recht auf Gewalt, erzogen zu nichts als Begehrlichkeit, Raub und Plünderung; das war der Nationalsozialismus, und das soll deutsch, soll die der deut­ schen Natur einzig angemessene Verfassung sein! Zurück zum freien Geist! Meine Leser und Hörer in Deutschland! Ihr konntet euch von dieser Herrschaft aus eigener Kraft nicht befreien, es war wohl nicht möglich. Die Befreier mußten von außen kommen, sie haben das zerbrochene Land besetzt und müs­ sen es auf Jahre hinaus noch verwalten. Betrachtet sie nun wenigstens nicht wie der Bischof Galen es euch Vormacht, als eure »Feinde«! Fühlt euch selbst nicht, wie dieser unbe­ lehrbare Geistliche, »in erster Linie als Deutsche«, sondern als Menschen, der Menschheit zurückgegeben, die nach zwölf Jahren Hitler wieder Menschen sein wollen, denn keinen anderen Wunsch kann man haben nach solchen Jah­ ren, als diesen. Die Macht ist verspielt. Aber Macht ist nicht alles, sie ist nicht einmal die Hauptsache, und deutsche Grö­ ße war nie eine Sache der Macht. Deutsch war es einmal und möge es wieder sein: Der Macht Achtung abzugewinnen durch den menschlichen Beitrag zum freien Geist.« Diese Zitate machen die Polarisierung der Standpunkte deut­ lich. Besonders wichtig erscheint dabei Thomas Manns Satz von der Rolle der Befreier und sein Hinweis auf Deutschlands Beitrag zur geistigen Entwicklung der Humanität. Dieses Wort Thomas Manns griff Walter von Molo auf, seit 1933 auf einem Hofe bei Murnau lebend, ehemaliger Präsi­ dent der Preußischen Akademie, Sektion Dichtkunst, deren Mitglied auch Thomas Mann gewesen war. Seine Antwort er­ schien am 13.8. 1945 in der »Münchner Zeitung« und ver­ suchte den Nobelpreisträger aus dem Exil nach Deutschland zurückzurufen, um dieses Land durch ihn auf den rechten Weg in eine humanere Zukunft weisen zu lassen. Auch Molo nahm die Humanität als Richtschnur mit einem Verweis auf die Va­ terunser-Bitte: »Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir verge­ ben unsern Schuldigem«. War es eine voreilige Bitte? Die Pro­ blematik der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, die eine breite Diskussion um Recht und Unrecht, um Schuld der einen und Unschuld der anderen Seite auslöste, ist damit vorweg­ genommen. »Wir müssen endlich jeder dem alle Menschen Einigenden dienen, das Gemeinsame, Verbindende, nicht weiter oder neu das Trennende suchen, denn Haß und pauschale Herab­ setzung und unrichtig abgekürzte Geschichtsbetrachtungen zu vergänglichen Zwecken sind unfruchtbar und führen zu Katastrophen; das haben wir doch in unserer Lebensspanne in schrecklicher Art erfahren. Kommen Sie bald wie ein guter Arzt, der nicht nur die Wir­ kung sieht, sondern die Ursache der Krankheit sucht und diese vornehmlich zu beheben bemüht ist ... Sie wissen, daß es sich um keine unheilbare Krankheit unseres Volkes handelt, wir sollen alle zusamt den Siechen, dem vor allem Vertrauen fehlt, gesund machen, ihn aber nicht in seiner

Literarische Positionen Schwächung durch Demütigungen und Enttäuschungen neu krank und dann vielleicht unheilbar werden lassen. Kommen Sie bald zu Rat und Tat. Ich glaube, stete Wach­ samkeit, auch über sich selbst, sichert allein die Freiheit des allverbindenden Geistes. An dieser Wachsamkeit haben es wohl alle Menschen auf der ganzen Erde fehlen lassen, weil die Weltkrisen seit 1914 zu sehr verwirrten und müde machten. Suchen wir wieder gemeinsam — wie vor 1933 — die Wahrheit, indem wir uns alle auf den Weg zu ihr be­ geben und helfen, helfen, helfen! In diesem Sinne Ihr Walter von Molo.«10* Las sich dieser aufsehenerregende Brief nicht auch wie eine schnelle Exculpation vor den Millionenmorden in den KZs, dem Holocaust am jüdischen Volk, den Millionen Kriegstoten und Heimatvertriebenen? Am 18.8. 1945 brachte die »Münchner Zeitung« einen Bei­ trag von Frank Thiess, der die »innere Emigration« erstmals so benannte und ihre Protagonisten den Exilschriftstellern als Vorbilder gegenüberstellte. Mann selbst antwortete von Molo am 12.10. 1945 im »Augsburger Anzeiger«, worin folgende Sätze die Kontroverse eskalieren ließen:11*

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ralität des Geistes, auch wenn sich für von Molo und Hausen­ stein im Privaten ein Unterschied zwischen theoretischer und praktischer Re-education ergab. Noch waren die Kulturoffizie­ re aus der Präsidentschaft Roosevelts bemüht, die Korrespon­ denz zwischen inneren und äußeren Antifaschisten zu fördern. Nur — konnte die Mehrheit durch Fragebögen und Spruch­ kammern entnazifiziert werden? Am 28.10. 1945 notierte sich Wilhelm Hausenstein: »Ceterum censeo: die Deutschen in ihrer Mehrheit bereuen nicht. Sie geben sich auch angesichts der fürchterlich sub­ stantiellen Nürnberger Anklageschrift keine Rechenschaft über ihre kollektive und über ihre individuelle Schuld. Sie beziehen nicht, verknüpfen nicht — im großen Ganzen ge­ sprochen; sind nicht außer sich um ihrer selbst willen; trei­ ben ihr Leben auf der Oberfläche weiter und — maulen.«13*

Die »Neue Zeitung« — Refugium für Literaten

»Daß alles kam, wie es gekommen ist, ist nicht meine Ver­ anstaltung. Wie ganz und gar nicht ist es das! Es ist ein Er­ gebnis des Charakters und Schicksals des deutschen Volkes — eines Volkes, merkwürdig genug, tragisch-interessant ge­ nug, daß man manches von ihm hinnimmt, sich manches von ihm gefallen läßt. Aber dann soll man die Resultate auch erkennen und nicht das Ganze in ein banales »Kehre zurück, alles ist vergeben!« ausgehen lassen wollen. Fern sei mir Selbstgerechtigkeit. Wir draußen hatten gut tu­ gendhaft sein und Hitler die Meinung sagen. Ich hebe kei­ nen Stein auf, gegen niemanden. Ich bin nur scheu und »fremde« wie man von kleinen Kindern sagt. Ja, Deutsch­ land ist mir in all diesen Jahren doch recht fremd geworden. Es ist, das müssen Sie zugeben, ein beängstigendes Land. Ich gestehe, daß ich mich vor den deutschen Trümmern fürchte, daß die Verständigung zwischen einem, der den Hexensab­ bat von außen erlebte, und Euch, die ihr mitgetanzt und Herrn Urian aufgewartet habt, immerhin schwierig wäre ... Auch Bücher sind es wohl einmal, die kommen. Soll ich be­ kennen, daß ich sie nicht gern gesehen und bald wieder weggestellt habe? Es mag Aberglaube sein, aber in meinen Augen sind Bücher, die von 1933 bis 1945 in Deutschland überhaupt gedruckt werden konnten, weniger als wertlos und nicht gut in die Hand zu nehmen. Ein Geruch von Blut und Schande haftet ihnen an. Sie sollten alle eingestampft werden ...«

Doch Hausenstein, den die Amerikaner ursprünglich als Her­ ausgeber der »Süddeutschen Zeitung« gewinnen wollten und der diesen Vorschlag an Franz Joseph Schöningh weitergab, weil ihm das Schreiben selbst wichtiger war, hatte mit diesem Urteil nicht ganz recht; vielleicht las er nicht die politische Plu­ ralität in der »Neuen Zeitung«, nicht deren vorzügliches Feuil­ leton unter der Redaktion Erich Kästners. Von »Oberfläche« und »maulen« läßt sich in diesem Blatt mit Millionenauflage nichts finden. Emigranten, äußere und innere, die alte und die junge Generation fanden dort ein Forum, das alle Meinungen zunächst erlaubte, mit Ausnahme der nationalsozialistischen. Ermöglicht hatte dies Major Hans Habe, der bis zum Sommer 1946 erster Chefredakteur der »Neuen Zeitung« in München war. Danach wollte er die politische Haltung des Hauptquar­ tiers nicht mehr mittragen und stellte daher seinen Posten zur Disposition. Für den späteren Erfolgsschriftsteller Hans Habe hatte es symbolische Bedeutung, daß die Stimme der Demokratie aus dem Hause des »Völkischen Beobachters« erklingen sollte. Habe besetzte die Redaktion zu gleichen Teilen mit Amerika­ nern und Deutschen, hob das Fraternisierungsverbot, das es den Amerikanern untersagte, Deutschen auch nur die Hand zu schütteln, in seinem Hause stillschweigend auf und stellte Erich Kästner an die Spitze der Kulturredaktion, der er sich selbst besonders verpflichtet fühlte.14* Der emigrierten deut­ schen Literatur gab Habe einen breiten Raum, den er gegen­ über seinen Vorgesetzten, aber auch gegenüber Kästner durch­ setzen mußte, etwa als dieser gegen die Heimkehr Thomas Manns am 14.1. 1946 Stellung bezog:

Diese Pauschalverurteilung deutschen Geistes während der NS-Herrschaft ließ dann unter der Überschrift »Frei von Blut und Schande« Wilhelm Hausensteins Bücherliste entstehen, veröffentlicht in der Weihnachtsnummer der »Süddeutschen Zeitung« 1945, in der auf Reinhold Schneider, Werner Bergengruen, Hans Carossa, Ernst Jünger, Ricarda Huch, Ger­ trud von Le Fort, Ernst Penzoldt, Stefan Andres und andere verwiesen wird.12* Alle diese Bemühungen um eine deutsche Vergangenheits­ bewältigung wurden von Zeitungen unter amerikanischer Zensur veröffentlicht — ein unverkennbares Zeichen von Libe­

»Ich mußte mich nur mit Kästner unterhalten, um zu sehen, welche Verheerung der Nationalsozialismus angerichtet hat­ te. Selbst ein so bedeutender, so lebhaft interessierter Mann wie Kästner hatte es nicht vermocht, über die Mauern des deutschen Gefängnisses zu blicken ... Eine andere besorgniserregende Erscheinung war der sub­ kutane, aber schon damals feststellbare Widerstand gegen die Emigranten. Kästner war sich seiner unterbewußten Ab­ wehrstellung beileibe nicht bewußt, aber selbst er war von Ressentiments nicht frei... Man wollte den Verbannten lie­ ber die Spalten der Zeitung als die Tore Deutschlands öff-

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Literatur und Medien

nen. Man liebte Kafka, aber nicht Thomas Mann — Kafka war tot. Die wenigen Autoren der »inneren Emigration« wünschten jetzt — übrigens nicht unbegreiflicherweise - die Früchte ihrer redlichen Haltung zu ernten, wünschten sie möglichst nicht mit den Heimgekehrten teilen zu müs­ sen.«15’ Doch nicht nur den Emigranten wollte Habe durch seine Zei­ tung ein Forum sein, auch die in Deutschland Gebliebenen sollten hier zu Wort kommen; bis auf wenige Ausnahmen wie etwa Werner Bergengruen und Ernst Wiechert waren jedoch die Schreibtischschubladen der Unterdrückten leer. Daher öff­ nete sich Habe statt dessen der jungen Generation - beispiel­ haft steht dafür der unter Kästner arbeitende Alfred Andersch —, selbst wenn er gegen die Gesinnung der Jungen Vorbehalte hatte.16’ Erich Kästner, der neben seiner Arbeit an der »Neuen Zei­ tung« die Jugendzeitschrift »Pinguin« in Stuttgart herausgab und Texte für Rudolf Schündlers Kabarett »Die Schaubude« schrieb, gehörte der älteren Generation an, die stolz darauf war, in Deutschland die zwölf Jahre möglichst sauber überlebt zu haben; von daher ist auch seine Haltung gegenüber den Emi­ grierten zu verstehen. Seine Rechtfertigung auf die ihm immer wieder gestellte Frage war: »Ein Schriftsteller will und muß erleben, wie das Volk, zu dem er gehört, in schlimmen Zeiten sein Schicksal erträgt. Gerade dann ins Ausland zu gehen, rechtfertigt sich nur durch akute Lebensgefahr. Im übrigen ist es seine Berufs­ pflicht, jedes Risiko zu laufen, wenn er dadurch Augenzeuge bleiben und eines Tages schriftlich Zeugnis ablegen kann.«17’ Erich Kästner liest im Sophiensaal, 1947

Aber im Gegensatz zu der oft in »vornehmer Zurückhaltung« fern der Tagespolitik lebenden älteren Literatengeneration war sein Engagement dem der jungen Generation ähnlich. Er, der Moralist der Weimarer Republik — »ich bin der Dichter, der euch anfleht und beschwört./ Ihr seid das Volk, das nie auf seine Dichter hört«18’— definierte seine Position in der Juli­ nummer der Zeitschrift »Pinguin«: »Warum rackere ich mich ab, statt, die feingliedrigen Händ­ chen auf dem Rücken verschlungen, »im Walde so für mich hin« zu gehen? Weil es nötig ist, daß jemand den täglichen Kram erledigt, und weil es viel zu wenig Leute gibt, die es wollen und können. Davon, daß jetzt die Dichter dicke Kriegsromane schreiben, haben wir nichts. Die Bücher wer­ den in zwei Jahren, falls dann Papier vorhanden ist, ge­ druckt und gelesen werden, und bis dahin — ach du lieber Himmel! — bis dahin kann der Globus samt Europa, in des­ sen Mitte bekanntlich Deutschland liegt, längst zerplatzt und zu H^Rhee geworden sein. Wer jetzt beiseitesteht, statt zu­ zupacken, hat offensichtlich stärkere Nerven als ich.«19’ Aus dieser geistigen Haltung heraus ist es zu verstehen, daß er ganz selbstverständlich jungen Autoren einen Platz in seinem Feuilleton einräumte, auch wenn er nicht mit deren Ideologie übereinstimmte, so beispielsweise Alfred Andersch, Walter Kolbenhoff, Luise Rinser und anderen. Für Habe war Kästners Redaktionsassistent Andersch der Vertreter der skeptischen, dem Existentialismus nahestehenden Generation, aus der dann die »Gruppe 47« hervorging. An-

dersch, am 6.6. 1944 aus der deutschen Wehrmacht desertiert, hatte als Kriegsgefangener in den USA wie Kolbenhoff und Richter die Freiheiten eines antifaschistischen Gefangenen­ lagers erfahren, war wie sie auserwählt worden, an einer La­ gerzeitschrift mitzuarbeiten, hatte den amerikanischen Demo­ kratiebegriff gelernt und angenommen. Er schrieb dazu:20’ »Außerdem habe ich in Fort Kearney, in dem keimfreien Raum dieses schönen Gefangenenlagers, die Demokratie gelernt. »Demokratie«, sagte Professor Smith, »Demokratie ist eine Technik des schöpferischen Kompromisses«. Es leuchtete mir ein.« Andersch, mit dem Zeugnis des »Prisoner of War Education Program« als »selected Citizen of Germany« entlassen, be­ schrieb seine Aufgabe bei der »Neuen Zeitung« seit Mitte 1946 so: »Umschreiben (re-writing) der kleinen Kulturnachrichten. Aber ich holte in dem Haus in der Schellingstraße in Mün­ chen ... das Gefühl (nach), befreit zu sein.«21’ Nur einmal meldete sich Andersch in der Zeitung selbst zu Wort, um Sartres Existentialismus zu verteidigen: »Sartre lesend empfand ich das Gefühl von einer heranna­ henden Veränderung. Ihr Wesen konnte ich nicht erkennen ... Die instinktive Abneigung der Neuen Zeitung gegen

Literarische Positionen Sartre war für mich lehrreich. Schon sehr früh begannen sich die Fronten abzuzeichnen.«22* In seinem Beitrag »Die Existenz und die objektiven Werte« vom 15.8. 1947 hatte Andersch eindringlich für eine Beschäf­ tigung mit Sartre plädiert: »Hier ist die Freiheit, die Freiheit an und für sich, die »totale« Freiheit... Begreifen wir nicht die göttliche Heiterkeit, die uns diese Freiheit gibt? Ergreifen wir sie nicht endlich, end­ lich, nachdem uns die Bindung der Freiheit an die »objekti­ ven Werte« überall nur zur Sklaverei geführt hat? Oder wol­ len wir morgen wieder Menschen töten, weil wir angeblich im Besitz der hohen Werte und ethischen Ziele sind, welche die nicht haben, die wir töten? Statt daß wir zurückkehren zur Existenz und von ihr aus vom Grund unseres menschli­ chen Seins aus uns entscheiden: nicht zu töten?«23* Bewußt nahm er den Vorwurf des Nihilismus auf Zeit in Kauf, um nach einer Übergangszeit auch mit Hilfe der Literatur Deutschland in einen pazifistischen, sozialistischen und in ei­ nem vereinten Europa verankerten Staat zu verändern. Dafür arbeitete Andersch schon damals an dem Konzept einer eige­ nen Zeitung. Er nutzte die Redaktionstätigkeit bei der »Neuen Zeitung« gezielt dafür aus, und Kästner ließ ihn gewähren. Der Weg dieser Linken, die Geist und Macht versöhnen wollten, war nie der seine gewesen. »Kästner war ein linker Geist, nur gehörte er zu jener Spiel­ art von linken Intellektuellen, die schon resigniert hat, ehe sie beginnt zu schreiben. Man könne doch nichts machen, sagt sie und beklagt das Unabänderliche ... Ich sprach von Sartre, während er von Lessing sprach.«24* Durch Zufall kam auch Walter Kolbenhoff, Anderschs Freund aus den amerikanischen Lagern, in die Redaktion der »Neuen Zeitung«, deren Chefreporter er werden sollte. Sein Roman »Von unserm Fleisch und Blut«, geschrieben in den USA, war mit einem vom Bermann-Fischer-Verlag gestifteten Preis der US-Lagerzeitung »Der Ruf« ausgezeichnet worden, als eines der wenigen Bücher der jungen Generation. Reportagen hatte Kolbenhoff schon vor 1933 als Kommunist geschrieben, nun wollte er durch sein Schreiben aufklären und wachrütteln: durch Berichte vom Nürnberger Prozeß, über die Situation der Bevölkerung in München, Köln oder in seiner Heimatstadt Berlin, über 1 linrichtungen von Nationalsozialisten, über Sek­ tentaufen in der Isar, von den Problemen heimatloser krimi­ neller Jugendlicher, über Dänemark, sein Exilland während der Jahre 1933 bis 1940, über die Währungsreform oder über die D(isplaced) P(ersons), von denen sich 1945 etwa 8 Millio­ nen und Anfang 1949 immer noch 700000 auf deutschem Reichsgebiet befanden: Kolbenhoff schrieb hinreißend in der Form, betroffen von dem moralischen und wirtschaftlichen Elend, aufrüttelnd in der Intention; er wußte, wovon er in sei­ nem Roman »Heimkehr in die Fremde« schrieb, war er doch solchen Gestalten im Trümmermünchen begegnet. Sein Opti­ mismus jedoch, an einem neuen demokratischen, sozialisti­ schen und pazifistischen Deutschland wirkungsvoll durch Reeducation mitzuarbeiten, entwickelte sich bald zu Galgenhu­ mor und endete spätestens mit der Währungsreform in politischer Resignation. Auch sein engagiertes Literaturver­ ständnis, von dem noch die Rede sein muß, dürfte angesichts

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seiner »Gedanken vor einem Bücherkiosk«, gedruckt in der »Neuen Zeitung« 1948 unter dem Titel »Konfektionäre der Literatur«, in Frage zu stellen gewesen sein:25* »»Literatur?« sagte der Verkäufer, »Bücher? Was wollen Sie haben? Soll es etwas fürs Herz sein? Nehmen Sie diesen Roman hier, der ist sehr gefragt: »Liebesleben einer Tänze­ rin«. Oder soll es ein Abenteuerroman sein? Dann empfehle ich Ihnen den da: »Das Geheimnis des Totenkopfes«. Sehr spannend. Wie ist es mit diesem: »Wer tötete Frank Norris?« Es kostet alles das gleiche Geld, jedes Buch fünfzig Pfen­ nige. Wie, es ist nicht das richtige? Verstehe ich nicht. Bei der Auswahl!« Es ist alles wieder da. Die Fenster der Kioske sind verdeckt von tausend dünnen Heften mit knalligen Umschlägen und knalligen Titeln. Sie sind plötzlich wieder Legion geworden. Und man fragt sich: Wer schreibt das alles? Wer erfindet die Titel, die Geschichten, die Personen? Wer sind die Schrei­ ber, die Sätze ausdenken wie: »Mit sarkastischem Lächeln schwang sich der Graf über das Brückengeländer —«. Ich frage mich immer, wenn ich das lese: Wollen sich die Brüder über uns lustig machen? ... Ich werde den Gedanken nicht los: Was sind es für Herren, die dieses Rezept auswendig kennend, ihr Brot damit ver­ dienen? Und ich finde keine andere Antwort als die: Es sind jene smarten Konfektionäre, die ihre Leser besser kennen als jeder andere Mensch, der sich an sie wendet.« In gleichem Geist wie Kolbenhoff arbeitete auch Luise Rinser, im Dorf Kirchanschöring an der Salzach lebend, an der »Neuen Zeitung« mit. Sie schrieb an der Reinschrift ihres »Gefängnis­ tagebuches«, Erinnerungen an ihre Gefangenschaft 1944 in Traunstein. Auch sie hing dem großen Optimismus unmittel­ bar nach der Kapitulation an, daß die Deutschen durch Schrei­ ben umzuerziehen seien.26* »Nicht Geld und Besitz und auch nicht der technische Fort­ schritt und der wirtschaftliche Konkurrenzkampf, sondern der Geist, nämlich der Geist des Friedens, der Brüderlichkeit bestimmte unser Leben. Wir hatten eine Vorstellung von dem, was Sozialismus sein soll: Freiheit, Gleichheit, Brüder­ lichkeit.« Welche Offenheit Habes Team besaß und welche Grenzen ihm immanent politisch gesetzt wurden, kann Stefan Heyms An­ wesenheit verdeutlichen. Eine andere politische Heimat war 1944 für die Amerikaner im gemeinsamen Kampf gegen den Nationalsozialismus kein Hindernis gewesen; diesem Kampf fühlte sich Habe ebenso verpflichtet wie der jüdische Kommu­ nist Heym. Leutnant Heym, ehemals Chefredakteur der New Yorker deutschsprachigen Wochenzeitung »Deutsches Volks­ echo«, verfaßte am 18.10. 1945 unter Habe den Leitartikel der ersten Nummer der »Neuen Zeitung« — keinen kulturpoliti­ schen Beitrag eines Schriftstellers, sondern einen handfest­ pragmatischen Artikel über den »schwarzen« Markt, verständ­ nisvoll betitelt »Der eigene Magen«. Heym schrieb auch über die ersten KZ-Prozesse in Lüneburg, über Erinnerungen an den Kampf in den Ardennen und bat um »Verständnis für So­ wjetrußland«, als erste Spannungen unter den Alliierten deutli­ cher wurden. Zu diesem Zeitpunkt war für Heym der amerika­ nische Außenminister James Byrnes noch selbst ein Garant für seine Haltung:

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»Merkwürdigerweise ergibt es sich immer dann, wenn die Sowjetunion in eine solche Diskussion verwickelt ist, daß in gewissen Kreisen - besonders in Deutschland - die Hoff­ nung entsteht, daß es zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien auf der einen Seite und der Sowjetunion auf der anderen Seite zu einem tieferen Konflikt kommen könnte. Offensichtlich sind die Kreise, die diese Hoffnung haben, daran interessiert, im trüben zu fischen. Diese Hoff­ nungen wurden nun wieder einmal enttäuscht.«27* Habe wurde nach diesem Artikel nahegelegt, Leutnant Heym zu entlassen, da dieser kommunistischer Sympathien verdäch­ tig sei. Die »New York Times« gab Heym im Februar 1946 den Auftrag, über »Die Probleme einer Besatzungsmacht« zu schreiben. Heyms Vorstellung war es, den Frieden zwischen den Blöcken aus der Waffenbrüderschaft gegen den Faschismus zu sichern und durch Sozialismus eine freiheitliche Welt zu schaffen, in der auch Deutschland seinen Platz haben sollte.28* Er schrieb: »Aber nur ein wirklich demokratisches Deutschland wird ein friedliches Deutschland sein. Wenn wir, die alliierten Armeen, Deutschland nicht auf Dauer besetzt halten wollen, müssen wir diesem Lande endlich die so lange versäumte demokratische Revolution ermöglichen. Diese Revolution muß nicht notwendigerweise blutig sein. Sie kann herbeige­ führt werden durch grundlegende ökonomische, agrarwirt­ schaftliche und administrative Reformen und eine vollstän­ dige Umgestaltung des deutschen Erziehungssystems wobei nicht nur das Lehrpersonal, sondern das eigentliche Wesen dieses Systems geändert werden müssen ... Der zweite Grundwiderspruch in unserer Besatzungspolitik ergibt sich also aus der besonderen geistigen Haltung so vie­ ler Deutscher, die geprägt ist durch ihre mangelnde revolu­ tionäre Vergangenheit, wie aus unserer eigenen, sehr menschlichen Neigung, den leichter gangbaren Weg zu wählen. Aber wir können nicht Demokratie in Deutschland schaffen wollen und zugleich uns mit der Unterwürfigkeit des kleinen Mannes begnügen ...« Dieser Artikel wurde jedoch nicht mehr veröffentlicht. Für Heym war Literatur immer auch Mittel der Agitation, dessen sich die Amerikaner und die Sowjets im Krieg gerne bedient hatten; als nun seine Sozialismus- und Pazifismusvorstellun­ gen nicht mehr opportun erschienen, ließen sie ihn fallen. Da­ her quittierte er von sich aus den Dienst, wie wenig später auch Habe selbst, und ging zunächst zurück nach den USA, 1952 dann in die DDR. Der in der »Neuen Zeitung« von den Amerikanern gebillig­ te und zunächst sogar geförderte Konsens der Pluralität, der unter einem Dach Exil und »innere Emigration«, Verfolgte und Heimgekehrte, alte und junge Generation, Christen und Kommunisten vereinigte, sollte einen Hauptstamm moderner Nachkriegsliteratur bis in die Gegenwart maßgeblich beein­ flussen: Literatur als Teil gesellschaftspolitischer Verantwor­ tung jedes einzelnen.

Das Literaturkonzept der »jungen Generation« Das wichtigste Medium dieser »jungen Generation«29* wurde die Zeitschrift »Der Ruf, Unabhängige Blätter der jungen Ge­ neration«, die Alfred Andersch und Hans Werner Richter in

München zwischen dem 15. August 1946 und dem April 1947 herausgaben, bis zu dem Zeitpunkt also, an dem die amerikani­ schen Besatzer den Verleger zwangen, die beiden Herausgeber abzulösen. »Der Ruf« spiegelt, wie auch die anderen Zeitschrif­ ten der »jungen Generation« — »Benjamin«, »Horizont« »Ende und Anfang« -, die große Hinwendung zu allgemeinen gesell­ schaftlich-politischen Fragen wider. Literatur selbst spielte noch eine untergeordnete Rolle, wichtiger war die theoretische Standortbestimmung der Schriftsteller selbst. Im ersten Heft charakterisiert Andersch im Leitartikel »Das junge Europa formt sein Gesicht« die junge Generation so: »Männer und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren, getrennt von den Älteren durch ihre Nicht-Verantwortlichkeit für Hitler, von den Jüngeren durch das Front- und Gefangen­ schaftserlebnis, durch das >eingesetzte< Leben also.«30* Hans Werner Richter suchte in Heft 2 vom 1. September 1946 Antwort auf die Frage »Warum schweigt die junge Generati­ on?«. Sie schweigt, weil sie nicht verstanden wird und weil sie nicht verstehen kann, geprägt von dem totalen Erlebnis des Krieges, dem Verlust der bisher gültigen ethischen, morali­ schen und geistigen Werte, der permanenten »existentiellen Grenzsituation«. Ihr »erscheint... die menschliche Gesellschaft im Zwielicht irrationaler Kräfte und Mächte«.31* Sie weiß von der endgültigen Zerstörung der kapitalistisch-bürgerlichen Welt und ihrer Wertordnung und weigert sich strikt, an die Tradition vor 1933 anzuknüpfen; für sie liegt die »einzige Aus­ gangsmöglichkeit einer geistigen Wiedergeburt in dem abso­ luten und radikalen Beginn von vorn«.32* Sie will den Men­ schen im Mittelpunkt, als Pol eines neuen gesellschaftlichen Gefüges, mißtrauisch gegenüber der Diskrepanz von Wort und Leben, von Geist und Macht; sie wünscht, daß »das Wort wahr, die Wahrheit echt, das Recht rechtlich und die Freiheit so frei­ heitlich ist, daß sie zum inneren Erlebnis wird«.33* Nach Rich­ ter wußte diese Generation von der unüberbrückbaren Kluft zu jener älteren Generation, »die aus ihrem olympischen Schwei­ gen nach zwölf Jahren heraustrat«.34* Zwei Aspekte wurden zum Fundament dieser intellektuel­ len Jugend: die Forderung nach Identität von Wort und Leben, sowie die nach Versöhnung von Geist und Macht. Was die Mitarbeiter des »Ruf« jedoch dann selbst erleben mußten an Anspruch und Wirklichkeit im besetzten Deutschland, nämlich »ein bißchen Ordnung, ein wenig »Wiederaufbau«, ... Geist ohne Macht«,35* Unfreiheit der Deutschen, »Re-education« der Amerikaner als Umbilden ohne eine Beteiligung der Deut­ schen, ließ Andersch im Heft 12 des »Ruf« vom 1.2. 1947 resi­ gnieren. Das Schweigen der jungen Generation war für ihn nun nicht nur durch die Abgrenzung gegenüber der Vergan­ genheit erklärbar:36* »Die andere große Ursache für diese Erscheinung ist die Aussichtslosigkeit der Gegenwart und Zukunft. Das Zweck­ lose alles Tuns. Der Leerlauf der Aktivität. Es geht nichts mit uns, es geht nichts, wenn wir uns dagegenstellen, also gehe es ohne uns. So sagt man. Der Pessimismus als geistiges Prinzip.« Aber Anderseits Einschränkung war »Pessimismus auf Zeit«.37* Das amerikanische Verbot für Andersch und Richter, den »Ruf« weiterhin herauszugeben, führte dann Monate später, als eine Art Flucht aus der politischen Resignation in die literari-

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sehe Produktion, zur Gründung der »Gruppe 47«.38’ Diese »junge Generation« lebte nun ohne explizites Programm und ohne publizistisches Organ literarisch fort und sollte die litera­ risch bestimmende Gruppe der Bundesrepublik werden, allein getragen von Richter als Kristallisationspunkt. Im Jahre 1948 publizierte Andersch — zuerst vorgetragen auf dem zweiten Treffen der »Gruppe 47« im November 1947 - als Flugschrift »Deutsche Literatur in der Entscheidung«. Andersch definierte Literatur hier explizit als Bestandteil der Gesellschaft und der Politik; daraus ergeben sich als Themen: Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und nach Sartres Vorbild persönliche Entscheidung zu Existenz und totaler Freiheit. Wie bereits in den Jahren vorher distanzierte sich Andersch von Literatur, die unter der NS-Diktatur entstanden war und forderte die Emi­ granten auf, zurückzukehren, um mit ihren Büchern literari­ schen Realismus ohne Tendenz, ohne Propaganda zu lehren. Der Schriftsteller als Intellektueller habe eine »zweifache un­ populäre« Aufgabe:39*

Der Schriftsteller soll und muß parteilich - nicht parteiisch — sein, moralisch der Gesellschaft verpflichtet kraft seiner größe­ ren Bewußtheit. Die Vergangenheit hat die Gefährlichkeit des unverantwortlichen Schriftstellers, seine direkte oder indirekte Teilhabe an den Verbrechen des Nationalsozialismus offenbart. Die eigenen Erfahrungen dieser Schriftstellergeneration füllen dann auch inhaltlich das literarische Engagement: Pazifismus, Demokratie, Sozialismus und Vereinigtes Europa. Der zweite deutsche Schriftstellerkongreß 1948 in Frankfurt/M. führte die theoretische Standortbestimmung Anderschs, Richters, Pirkers und anderer fort. Er stand ganz im Zeichen der Kontroverse zwischen »littérature engagée« und »littérature pure«. Der For­ derung nach Freiheit des Literaten von der Gesellschaft, bzw. in der Gesellschaft, vertreten von den Anhängern einer »littératu­ re pure« wie Rudolf Hagelstange, Rudolf Alexander Schröder oder Elisabeth Langgässer, stand Walter Kolbenhoffs Literatur­ konzept — in dessen Rede »Der Schriftsteller als Gewissen sei­ ner Zeit« — extrem gegenüber:

»er muß im Namen der wahren Demokratie die Heuchelei derjenigen enthüllen, die heute die Demokratie durch ihre Politik gegenüber Deutschland diskreditieren, und er muß den Geist der Demokratie verteidigen gegen alle, die aus der Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, an der wir leiden, bereits wieder ihre faschistischen Schlüsse ziehen.«

»Die These, daß es nicht die Aufgabe des Schriftstellers sei, das Gewissen seiner Zeit zu verkörpern, daß er sich von je­ der Tendenz frei zu halten habe, ist widersinnig: der Schrift­ steller kann sich von den Ideen seiner Zeit gar nicht befrei­ en, er ist in seinem geistigen Schaffen in ihnen verwurzelt und er wird sich immer entscheiden müssen, zu welchem Sprecher er sich macht — oder machen läßt... Ich erachte es als die vornehmste Pflicht des Schriftstellers, seine Kunst in den Dienst der Menschheit zu stellen und das Gewissen sei­ ner Zeit zu verkörpern ... Sie, die Schriftsteller, haben keine Furcht davor, das Antlitz dieser Zeit zu enthüllen ... für die Schriftsteller meiner Generation ist es nichts als die tiefe Sehnsucht nach Wahrheit und Gerechtigkeit. Mit ihr schwingt die Sehnsucht nach Änderung des Bestehenden, nach einem sehr menschenwürdigen Leben.«45*

Dieses deutliche Bekenntnis Anderschs zu einer »littérature en­ gagée« wird ergänzt durch seine Polemik gegen die »kalligra­ phischen« Schriftsteller: »die ewig Unverbindlichen, die Schönschreiber, die aalglatten >Humanisten< und die Dogmati­ ker von links und rechts, die nichts gelernt haben«.40* Die zu­ künftige Literatur der »jungen Generation« sollte eine soziale Funktion besitzen, sich einlassen auf die Zeit, die Gesellschaft, die Politik, ohne jedoch eine »Tendenz«-Literatur zu werden, es sei denn mit der Tendenz, dem Existentiellen des Menschen nach dem Vorbild von Jean-Paul Sartres Erklärungs- und Pro­ grammbuch »Existentialismus ist ein Humanismus«41’ zu die­ nen. Nicht nur Hans Werner Richter42* und Alfred Andersch ver­ suchten, den zukünftigen Standort der Literatur zu bestimmen; noch konsequenter marxistisch definierte Theo Pirker in der Zeitschrift Münchner Studenten »Ende und Anfang« 1947 die Aufgabenstellung der Literatur im gesellschaftspolitischen Be­ reich und vollzog eine Abgrenzung gegen die »Fakire des Abendlandes«,43* wie sie Walter Kolbenhoff genannt hatte. Der unpolitischen Dichtung als individualistisch-romantischer Fik­ tion setzte Pirker die Notwendigkeit einer politischen, gesell­ schaftsbezogenen Dichtung gegenüber, die - direkt oder indi­ rekt - die gesellschaftlichen und politischen Zustände ändern, überwinden will. Was der moderne Dichter suche, sei »Wahrheit (Schönheit ist Gnade, die dazu kommen kann). Seine Ziele sind politische und nicht ästhetische, sind kol­ lektive und nicht individuelle, sind inhaltliche und nicht formale. Er stellt nicht mehr aus, sondern er stellt hin! Er ist der Typ des sich bewußten Menschen, in der sich erst be­ wußt werdenden Gesellschaft. Er ist das bewußt, was der ro­ mantische Dichter nicht sein will, was er aber als lebendiges Glied der Gesellschaft sein muß — politisch.«44* Das traditionelle Ideal des unpolitischen »romantischen« Dich­ ters wird insgesamt von der »jungen Generation« verworfen.

Kolbenhoffs Absage an eine tendenziöse Literatur holte Schriftsteller und Literatur unmittelbar in die sozialen und politischen Bereiche hinein.

Der »Fall« Ernst Wiechert Seit dem Jahre 1933 lebte der Ostpreuße Ernst Wiechert auf seinem Hof Gagert bei Wolfratshausen und schrieb mit wach­ sendem Erfolg Romane und Erzählungen. Dieser Dichter der »inneren Einkehr« hatte sich aber auch wegweisend für die deutsche Jugend gegen den Nationalsozialismus gestellt: bereits im Juli 1933 sprach er vor der Münchner Studenten­ schaft beschwörende Worte gegen den Machtmißbrauch; am 16.4. 1935 ermahnte er seine Hörerschaft im Auditorium Ma­ ximum, mutig nur dem eigenen Gewissen zu folgen. Seinem Protest gegen die erneute Verhaftung Pastor Niemöllers folgte im Mai 1938 die Verhaftung und »Überstellung« in das KZ Buchenwald. Seine Entlassung im August des selben Jahres hatte er wohl seiner Popularität, besonders bei der Jugend, zu verdanken; Druckverbot konnte er allerdings nicht vermeiden. Im »Totenwald«, 1946 bei Kurt Desch in München erschienen, berichtete er von seiner physischen Existenzbedrohung im KZ und von der Solidarität seiner Mitgefangenen. Von ihm stammte auch eines der wenigen Manuskripte, das 1945 in der

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Schublade zum Druck bereit lag: »Die Jerominkinder«, eben­ falls bei Desch erschienen. Unmittelbarer als diese Bücher des nun fünfzigjährigen Dichters wirkte seine »Rede an die deutsche Jugend« am 11.11. 1945 im Münchner Schauspielhaus, nachgedruckt in vielen Zeitungen und Zeitschriften. Der Münchner Buchhänd­ ler Severing hatte mit amerikanischer Hilfe zu dieser Veranstal­ tung eingeladen. Wiechert wies in seiner Rede dem Dichter, den er scharf von dem »Schriftsteller« unterschied, vor allem die Funktion des Sängers und Propheten, aber auch des Mah­ ners und Wegbereiters zu. Zunächst setzte er sich mit der Ver­ gangenheit der letzten zwölf Jahre auseinander: »Wir hatten einmal ein Vaterland, das hieß Deutschland ... In diesen zwölf Jahren war fast ein ganzes Volk bis auf den Grund seiner Seele verdorben und vergiftet... war aus den Herzen dieser Jugend gerissen worden, was jede Jugend mit dem Schimmer einer neuen Morgenröte umglänzt: das Unbedingte des Strebens nach einer besseren, gerechteren und edleren Welt, die fromme Ehrfurcht vor den Altären der Menschlichkeit, das Ritterliche der Haltung gegen Schwache, Leidende und Besiegte.«46’ Viele Dichter hatten sich während der NS-Zeit prostituiert; die wenigen Gerechten — Wiechert spielt direkt auf den Unter­ gang Sodoms und Gomorras an - »erkannten, daß nichts Zufall und Versäumnis und Verschuldung war, sondern daß das große gerechte Schicksal seine Hand aufgehoben hatte, um ein Volk zu stürzen, damit es in der Erkenntnis seiner Sünde einen neuen Anfang setze.«47’ Er sprach auch die Schuld an, die Süh­ ne fordere, betonte aber: »Gott hat nicht gewollt, daß der Ge­ rechte mit dem Gottlosen getötet werde.« Als »Urgrund« des deutschen Volkes sah er aber noch immer »ein Gesicht voller Güte und Rechtlichkeit, von Leid und Scham verdunkelt, aber nicht ausgelöscht; ein Gesicht das gutmachen will, nichts als gutmachen und über das Christus sich erbarmen wird, auch wenn die Welt kein Erbarmen hat. Und nun laßt uns einen neuen Anfang setzen. Nicht frei für die Alten, aber für euch und für die Kinder.«48’ In der Verpflichtung zur Liebe sah er sein oberstes Gebot: »Und Ihr sollt ja nicht nur leiden, sondern auch tun. Und al­ les, was Ihr tut, sollt Ihr ja tun, um das Leid zu mindern. Laßt die am Besitz Hängenden ihre Häuser und ihren Hausrat ausgraben aus dem Schutt der Zerstörung. Ihr aber sollt et­ was anderes ausgraben, was tiefer begraben liegt als dieses: Ihr sollt Gott ausgraben unter den Trümmern des Antichrist, gleichviel, welchen Namen Ihr ihm gebt. Und Ihr sollt die Liebe ausgraben unter den Trümmern des Hasses. Und Ihr sollt die Wahrheit wieder ausgraben und das Recht und die Freiheit und vor den Augen der Kinder die Bilder wieder aufrichten, zu denen die Besten aller Zeiten emporgeblickt haben aus dem Staub ihres schweren Weges. Es wird wohl so sein, daß Euere Augen sehender geworden sind. Für die Tafeln der Namen wie für die der Geschichte. Und vielleicht werdet Ihr eines als Eure Hauptfrage erken­ nen: daß es von dieser Stunde an niemals und unter keiner Bedingung einen deutschen Staat zu geben hat, in dem einer oder zwei oder drei das Recht besitzen, ein ganzes Volk auf die Schlachtfelder zu schicken, ohne vorher das ganze Volk zu befragen, Mütter und Söhne zu befragen. Laßt mich Euch

dies auf die Seele binden wie ein Vermächtnis ... Erkennt bis zu eurem Herzensgründe, was die Gewalt ist, die Lüge, der Haß, das Unrecht, die Phrase. Und wenn Ihr es erkannt habt, dann sät es aus in die Herzen des kommenden Ge­ schlechtes.«49’ Die Reaktion auf Wiecherts Appell an die Jugend war geteilt. Hans Mayer, damals Rundfunkredakteur in Frankfurt/M., stell­ te ihn in eine Reihe mit Thomas Mann und sprach ihn als »Re­ präsentanten des Leidenden« an.50’ Stellvertretend für die an­ gesprochene »junge Generation« wehrte der »Ruf« Wiecherts Appell als Anbiederung ab: »Möchtest Du doch endlich ... uns aus dem Spiel lassen!... welcher Wahn erfüllt Dich, daß Du glaubst, Deuter unserer Sehnsüchte zu sein, unser Stecken und Stab im finsteren Tal? Wer hat Dir erlaubt, uns mit >Du< und >Ihr< zu traktieren, so daß wir jetzt als die Jüngeren aus Höflichkeit die Anrede zurückgeben müssen?« Dem »Ruf« erschienen Wiecherts Gefühle aufgebläht, aus »martyriumssüchtiger Demut und hoffärtigster Eitelkeit«.51’ Daß Wiechert die Jugend weder sprachlich noch in seiner Auf­ fassung als Dichter erreichte, spiegelt auch ein Artikel der »Neuen Züricher Nachrichten« vom 6.2. 1947 nach einer Le­ sung in Zürich wider. Man vermißte positive Beiträge zum gei­ stigen Wiederaufbau und merkte an, daß seine Welt nicht mehr die heutige sei. »Was soll die hart geprüfte deutsche Jugend, bei der Wie­ cherts Wort besonderen Klang besaß, auf der Suche nach Richtlinien im geistigen Chaos, mit den tränenreichen Wor­ ten eines in fernen Wolken lebenden Dichters beginnen?«52’ Das Echo auf Wiecherts Rede trug erheblich dazu bei, daß er in seiner wachsenden Enttäuschung über die menschliche Ent­ wicklung einen Schritt tat, der seine ganze Betroffenheit offen­ bart: 1948 emigrierte er in die Schweiz, wo er in Uerikon am Zürichsee zwei Jahre später starb. Seine Eindrücke nach seiner »Rede an die deutsche Jugend« hielt er in seiner Autobiogra­ phie »Jahre und Zeiten« fest: »Aber sie verkannten durchaus, was in mir vorging, als ich dieses schrieb. Zu hassen war nur das Böse, und es war mit aller Kraft und Leidenschaft zu hassen, ein Leben lang. Aber zwischen dem Bösen und den kleinen, so erbärmlichen Trä­ gern des Bösen war ein großer Unterschied, und dieser wur­ de übersehen. Aus vielen Briefen war zu entnehmen, daß nicht nur die Fähigkeit zu geistigen Urteilen Schaden gelit­ ten hatte, sondern auch, was mehr war, zu sittlichen Urtei­ len. Die reine, unberührbare Erkenntnis von Gut und Böse war verdunkelt worden, und die beiden Jahre nach dem Ende haben es in erschreckendem Maße bewiesen.«53’ Noch schärfer ist sein Urteil in einem Interview mit der »Stockholm-Tidningen« im Oktober 1946, abgedruckt in der »Rhein-Neckar-Zeitung« vom 15.2. 1947: »Wenn Hitler morgen wieder käme, so würden ihn 60 bis 80 Prozent mit offenen Armen aufnehmen. Es gibt keine Hoffnung mehr für dieses Volk. Nie wieder will ich zu Deutschland sprechen, auch nicht zur deutschen Jugend.«54’ Enttäuschend war für ihn auch die amerikanische Reaktion auf die von ihm 1945 für amerikanische Offiziere geschriebene

Literarische Positionen Denkschrift »The rieh man and the poor Lazarus«. Wiecherts Eintritt in die »Arena des Tages« führte zum Scheitern, vor al­ lem wohl auch, weil er an der sehr deutschen Unterscheidung von Dichter und Schriftsteller festhielt; er wollte kein »Sohn seiner Zeit und also ein Diener der Ratio« sein, sondern »Sohn der Zeitlosigkeit und also ... des Magischen« mit der »Wärme des Herzens«. Er glaubte, für den Schriftsteller sei die Welt nur »Objekt, aber für den Dichter ist sie nur ein Medium«. Wie­ cherts Anspruch war es, außer der Zeit zu stehen, »Kunst«, nicht »Widerschein der Zeit« zu schaffen. »Sie (die Kunst) hat sich niemals mit irdischen Flügeln von der Zeit tragen lassen, son­ dern sie hat immer mit >Flügeln der Morgenröte« über der Zeit geschwebt.« Wiechert erfuhr es nicht mehr, wie schnell ihn und sein Werk in den Fünfziger Jahren die noch 1948 »ver­ höhnte »deutsche Innerlichkeit« «55* einholte.

Carossa in München Nicht nur Wiechert las bei Severing; Dichterlesungen und Dichtervorträgen insgesamt kam eine außerordentliche Bedeu­ tung zu, als seien gleichsam die Dichter die Bewahrenden, Er­ kennenden, Weisen, und Literatur eine Art Ersatzreligion. Vielleicht hat sich auch gerade deshalb das Bild Hans Carossas als eines Nachkriegsmünchners gehalten, obwohl er nur einige Male seinen Hof Rittsteig bei Passau verließ um in München öffentlich zu lesen. So war er 1948 bei der Eröffnung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste am l.Juni als Gründungsmitglied anwesend und nahm am 8.12. die Ehren­ doktorwürde der philosophischen Fakultät entgegen. Carossa las in immer überfüllten Räumen einen Text, den er seit 1944 niedergeschrieben hatte: »Tag in München«. Dieser war 1947 als letzter Teil seiner »Aufzeichnungen aus Italien« erschienen, die Reiseeindrücke seit den Jahren 1925 wiedergeben. Mün­ chen war Carossas letzte Station nach seinem Italienerlebnis, eine Stadt, die er liebte und der er aus der Vergangenheit nun tröstlich einen Kronzeugen bayerischer Geistigkeit in der Gegenwart des Nachkriegsmünchen beschwor. »An der Ecke von Theresien- und Amalienstraße ließ mich die zum Teil erhaltene Fassade zunächst übersehen, daß das freundliche Lokal, dem die Münchner den Spitznamen »Café Größenwahn« angehängt haben, nicht mehr bestand. Hinter der Mauerruine war aus Asche, Schlacken und ver­ kohlten Balken ein Haufen geschichtet, aus dem Eisenschie­ nen ragten, erwärmten Kerzen gleich verbogen. In Brand und Einsturz des Hauses hatte sich ein kleiner Teil der Dekke des Cafés erhalten; von diesem hing unbeschädigt ein Kronleuchter herab, dessen unterste Kristalle den Schutt­ hügel berührten. Von den hohen Fenstern aber, den roten Plüschbänken, den Tischen, den Billards, den wandgroßen Spiegeln sah man nur noch Fetzen und Splitter. Um so be­ reitwilliger sprang jetzt Erinnerung ein: der wienerisch ge­ haltene Versammlungsort vieler Schriftsteller und Künstler, die Geburtsstätte unzähliger geistreich witziger Einfälle, stieg mit aller Lebensklarheit im Gedächtnis auf ... ln der Mitte des Raums erhob sich zuweilen das kühne dunkellokkige Haupt eines bleichen, seherisch redenden Mannes, der im Ausdruck dem zürnenden Moses des Michelangelo nicht unähnlich war, bis er auf einmal eine schwarzumrandete

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Brille aufsetzte, dann war es der damals noch vollbärtige Karl Wohlskehl. Oft hatte ein jüngerer ihm zugehört, um schließlich mit besonnenem Eifer zu erwidern, unverkenn­ bar ein Sohn des altbayerischen Stammes, fast mönchisch in seinem schwarzen Rock, aber doch so recht, was Goethe eine Natur genannt hätte, auf untersetztem Körper ein mächtiger Kopf mit Gnomenbart, hellgrauem Forscherblick und eigenwillig klarer Stirn, das Gesicht voll zurückhalten­ der Energie, die aus dem Blute kommt, aber sich unablässig zu vergeistigen strebt, von Gutherzigkeit durchleuchtet. Hans Ludwig Held war dies, der Schöpfer der städtischen Büchereien, die heute wieder in seine Hände zurückgege­ ben sind. Großer Eingeweihter im Gartenreich der Schrift­ werke hielt er seit Jugendjahren Kindergeschichten, Mär­ chen und Legenden stets der gleichen Pflege wert wie die hohe Dichtung alter und neuer Zeit. Er gemahnt an die elbi­ schen Wesen, die dem Hause Segen bringen, das sie in Eh­ ren hält. Ihr Element ist das heilige Herdfeuer, das nicht aus­ gehen darf. Wer sie entläßt, den verläßt das Glück.«56*

»Kulturliga« und »Schutzverband deutscher Schriftsteller« Schon am 5.11. 1945 wurde mit Genehmigung der Militärre­ gierung die »Kulturliga« gegründet, unter anderem vom ehe­ maligen deutschen Botschafter in den USA Friedrich Wilhelm von Prittwitz und Gaffron und dem Stadtschulrat Anton Fingerle. Zur Eröffnungsfeier am 26.5. 1946 definierte sie ihre Aufgabe so: »durch Förderung vorbildlicher Leistungen, sei es wissen­ schaftlicher oder künstlerischer Art, an der Lösung der deut­ schen kulturellen Probleme mitzuarbeiten. Sie (die »Kultur­ liga«) will auf überparteilicher Grundlage alle positiven Kräfte sammeln, um sie zum Wiederaufbau eines deutschen Kulturlebens und zur Wiedererringung des deutschen An­ sehens nutzbar zu machen.«57* Überparteilich, vorbildliche Leistungen fördernd, positive Kräfte sammelnd - das war sehr vage formuliert, unideolo­ gisch und in seiner Offenheit auch verführerisch. Dieses Pro­ gramm ähnelte in seiner scheinbaren Unverfänglichkeit dem des »Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung«,58* dessen Präsident Johannes R. Becher aus München stammte. Erin­ nernd schrieb Claudius: »Wir versuchten Menschen zusammenzuführen, die nach dem Vorbild des von Johannes R. Becher in Berlin gegrün­ deten »Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands« aufzubauen bereit waren. Doch alle, selbst die liberale Intelligenz, verhielten sich abwehrend. Niemand wollte mit Berlin, mit den »Russen«, einen direkten Kontakt haben. Unter der Leitung von Professor Hermann Virl, ei­ nem hervorragenden Grafiker, und Regierungsrat Niehaus, einem älteren, sehr bescheidenen, stillen und klugen Men­ schen, bildete sich eine sogenannte »Kulturliga« München. Auch ich wurde ins Präsidium gewählt, obwohl ich »rus­ sisch« war. In der Villa Professor Virls in Grunewald bei ei­ ner Tasse dünnen Tee und einer Schnitte Brot fanden endlo­ se Debatten statt. Neben vielerlei theoretischen Diskussio-

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Literatur und Medien

nen über Kultur und Politik nahmen die Bemühungen, praktische Probleme zu lösen, einen breiten Raum ein. Es wurde immer wieder versucht, auf die Besetzung von Inten­ danturposten an Theatern, von leitenden Stellen in Verwal­ tungen und Kulturinstitutionen Einfluß zu gewinnen. Doch die Drähte wurden an andern Stellen gezogen. Immerhin, die wöchentlichen Zusammenkünfte bei Professor Virl ga­ ben uns das Gefühl, irgend etwas zu tun; auch wenn nur ge­ sprochen wurde.«59* Die Hoffnung des Programms führte Menschen zur »Kulturli­ ga«, die nicht erkannten, daß es um Kulturpo/i'iiTe ging, weil sie unpolitisch waren. Typisch für diesen Schriftsteller bürgerlicher Art war Horst Lange, nur vier Jahre älter als etwa Hans Werner Richter, doch ohne eine politische Vergangenheit, wie sie die meisten der »jungen Generation« vorzuweisen hatten. Diese blieben der Eröffnung der »Kulturliga« im Bayerischen Hof fern. Horst Lange war für die Präsidentschaft, die Erich Kästner vorher ab­ gelehnt hatte, eigens von Mittenwald nach München übersie­ delt; in Mittenwald hatte er schwer kriegsverwundet mit der Schriftstellerin Oda Schaefer, seiner Frau, zurückgezogen ge­ lebt. Nun wollte er sich idealistisch der ihm angetragenen Auf­ gabe stellen.60* Nach seiner Rede auf der Eröffnungsfeier no­ tierte sich Lange in sein Tagebuch: »Ich hielt diese Rede in Anwesenheit von 600 Zuhörern. Zu meinen Füßen saß, außer einem prominenten KP-Funktionär, Johannes R. Becher ... Am nächsten Tag erschienen Be­ cher und sein >Polit-Kommissar< in meinem Büro in der Martiusstraße, um mich zu >erpressen< — d.h. sie legten mir nahe, die >Kulturliga« in den »Deutschen Demokratischen Kulturbund« zu überführen. - Ich lehnte ab, niemand ver­ stand meine Haltung, auch ein führender katholischer Publizist nicht.«61* Horst Lange sah sehr bald, welche Seite an der »Kulturliga« in­ teressiert war. Dennoch gestaltete er im Juli 1946 eine Jugend­ kundgebung in der Aula der Universität mit der »Kulturliga« mit. Oda Schaefer erinnert sich daran:62* »Diesmal war ich unter den Zuhörern und erlebte, wie Horst Lange von einigen jungen Leuten angegriffen wurde, die anscheinend noch idealistische Vorstellungen von der Vergangenheit mitschleppten, worauf er im Zorn schrie: »Ihr wollt wohl weiter nichts als wieder »Sprung auf, marsch, marsch!« Es erhob sich ein ziemlicher Tumult. Sonst schien die Zuhörerschaft recht teilnahmslos, bis auf eine einstündi­ ge Diskussion und den Vortrag internationaler Lyrik.« Doch der dem Hungertod nahe Lange spürte in diesem Som­ mer die Sinnlosigkeit von kulturellen Vorträgen und Veran­ staltungen, sah die Gefahren »einer gewissen kulturellen Hy­ sterie« und empfand die »Kulturliga« als eine »Chimäre ohne Fleisch und Knochen«.63’ Erkrankt gab er im August seine Prä­ sidentschaft ab. Die »Chronik der Stadt München 1945-1948« hält noch eine Aktion dieser doch sehr im Unverbindlichen angesiedelten Liga fest: »Die Arbeitsgemeinschaft Frankreich der Kulturliga München eröffnet in der Wotanstraße 27 a eine französische Bibliothek mit 3000 Bänden.«64* Übrigens teilte auch Eduard Claudius, damals Mitarbeiter im Ministerium für Entnazifizierungsfragen, Langes Hoffnungslosigkeit, er aller­

dings wohl deshalb, weil die »Kulturliga« kein Ableger des Kulturbundes geworden war.65* Wenige Tage nach der Eröffnungsfeier der »Kulturliga« gründete sich am 31.5. 1946 im Haus des ehemaligen EherVerlages, jetzt Sitz des Münchner Buchhändlerverbandes, der »Schutzverband deutscher Schriftsteller« (SDS); erster Präsi­ dent wurde Rudolf Schneider-Schelde. Der Buchhändlerver­ band hatte auch schon Rückendeckung gegeben, als sich im Herbst 1945 ein Autorenausschuß, dem neben SchneiderSchelde, Rudolf Goldschmit-Jentner, Franz Joseph Schöningh, Max Stell und Eduard Claudius angehörten, bildete. Dieser veröffentlichte am 28.10. 1945 einen Aufruf in der »Neuen Zeitung«, in dem »alle deutschen Schriftsteller und alle Inhaber von deutschen Autorenrechten, die sich innerhalb des Berei­ ches der Militärregierung Bayern aufhalten«66* aufgefordert wurden, sich zur Gründung einer berufsständischen Organisa­ tion zu melden. Die Satzung des SDS, der an den 1933 aufge­ lösten gleichnamigen Verband anknüpfte, wurde im ersten Heft der Zeitschrift des Verbandes, »Der Schriftsteller«, publi­ ziert: »Der Schutzverband deutscher Schriftsteller e. V. ist eine von der Besatzungsmacht und den deutschen Behörden aner­ kannte Berufsvereinigung der Schriftsteller. Die Mitglied­ schaft kann von politisch einwandfreien Personen erworben werden, welche entweder hauptberuflich als Schriftsteller tätig sind oder deren Werk als Beitrag zur Literatur angese­ hen werden kann. Der Verband setzt die Traditionen des 1933 aufgelösten alten SDS fort. Frei von jeder parteipoliti­ schen Tendenz wird er die ideellen und materiellen Interes­ sen der deutschen Schriftsteller wahren und ihre Lebens­ möglichkeiten zu verbessern suchen. Zu diesem Zweck hat er für Aufnahme, fachliche Prüfung, Kultur, Rechtsfragen und Wohlfahrt Ausschüsse gebildet, welche die einzelnen Gebiete bearbeiten.«67* Aufnahmekriterien waren also berufliche Qualifikation und politisch einwandfreie Vergangenheit nach den Maßstäben der Entnazifizierung. Daß berufliche Qualifikation nicht gleich literarische Qualifikation bedeutete, weist die Untersuchung von Ulrike Buerger-Goodwin überzeugend nach.68* Sehr ge­ nau wurde das Verhalten potentieller Mitglieder während der NS-Zeit untersucht, schon um der amerikanischen Militär­ regierung die Integrität des SDS zu beweisen; so lehnten die Amerikaner beispielsweise die Mitgliedschaft Ina Seidels ab. Bezeichnend ist, daß Thomas Mann, letzter Präsident des SDS vor 1933, dem neugegründeten Münchner SDS ein Geleitwort für das l.Heft des »Schriftstellers« zur Verfügung stellte, worin er noch einmal auf das Problem des Exils und der »inneren Emigration« einging: »Aufrichtig, ich finde es generös von Ihnen, daß Sie für die erste Ausgabe Ihres Verbandsorgans einen Gruß, ein »Geleit­ wort«, einen Segensspruch von mir wünschen. Denn ich war nicht unter Ihnen während der Jahre des Schreckens und kenne nicht nur, sondern verstehe auch vollkommen die ge­ wisse Abneigung derer, die drinnen waren und das ganze Grauen am eigenen Leibe erfahren haben, gegen das Mitre­ denwollen solcher, die nicht dabei waren, der im Grunde Ahnungslosen, die nicht wissen, daß »ja alles noch viel schlimmer war«. Ich mache mir keine Illusionen über das Ansehen von uns Emigranten in Deutschland.«69*

Literarische Positionen Doch wichtiger in diesem Geleitwort sind Manns Überlegun­ gen und Fragen nach der Position des Schriftstellers in der Nachkriegszeit, die er mehr als eine moralisch-soziale denn als eine ästhetische empfindet:70’ »Sagten Sie nicht etwas von der >Aufgabe des deutschen Schriftstellers in der Gegenwart»? Lassen wir das nationale Beiwort beiseite: ich glaube, daß die Aufgabe des Schrift­ stellers heute keine andere ist, als sie es war von eh und je, nämlich ein Richter und ein Befeuerer des Lebens zu sein. In einer Zeit, die zur Verzweiflung, zum Aufgeben, zur Apa­ thie verführen möchte, gebe er, durch das geistige Werk, ein Beispiel der Spannkraft, der Unbeugsamkeit, der inneren Freiheit, des Mutes zur Tat. Dies mag besonders die Oblie­ genheit des deutschen Schriftstellers sein, und doch fasse er seine Aufgabe nicht zu national. Das volkhaft Charakteristi­ sche, wenn es ungewollt und kein Meinen und Schreien, sondern ein Sein, ein Tun ist, bleibt ein Reiz, ein pittoresker Wert, aber ein Wert ersten Ranges ist es nicht länger. Es ist in allen Stücken mit dem bloß Nationalen nicht mehr viel an­ zufangen. Was not tut, ist der geistige Typ, der die europäi­ sche Tradition als Ganzes repräsentiert. Europa ist machtlos heute; aber als Außenlebender spüre ich sehr wohl den Respekt, den die Welt der Macht noch immer für den erfah­ rensten Erdteil hegt, und die geistige Führung mag den­ noch sein bleiben. Aus »Deutsch-Europa» ist nichts gewor­ den und durfte nichts werden. Aber das deutsche Empfinden muß europäisch sein, damit Europa werde. Wir sind Künstler und haben es als solche mit dem »Schö­ nen» zu tun. Aber das will nicht sagen, daß wir Ästheten wä­ ren — es heute noch sein könnten. Zu deutlich empfinden wir, daß die Welt aus einer ästhetischen Epoche (der bürger­ lichen) herausgetreten ist in eine moralische und soziale, als daß wir glauben könnten, aus einer ästhetischen Weltan­ schauung könnte die Lösung der Aufgaben kommen, die jetzt der Menschheit gestellt sind.« Die Arbeit des SDS zerrieb sich zunächst an den materiellen Bedingungen der geistig Schaffenden; im November 1947 trat Schneider-Schelde deshalb zurück.71’ Auch ein Präsidialkolle­ gium (Ernst Penzoldt, Peter Dörfler, Hanns Braun) vermochte an diesen Umständen wenig zu ändern. Am 17.2. 1948 wählte man Friedrich Märker zum neuen Präsidenten, und er blieb es bis 1966. Erfolgreich setzte er sich für bessere materielle Be­ dingungen der Schriftsteller ein; ihm verdankt der SDS, daß er mit einem Sitz im Rundfunkrat vertreten ist. Am 6.5. 1947 beschloß der SDS eine Erklärung, die Erich Kästner dem Kongreß des PEN-Clubs im Juni überbrachte: »Diejenigen unter den deutschen Schriftsteilem, die sich freigehalten haben von den Verführungen der autoritären Herrschaftssysteme und ihrer Unmenschlichkeit, senden dem PEN-Club zu seinem XIX. Kongreß ihre kollegialen Grüße und Wünsche. Sie beklagen aufs tiefste die zwei Jahre nach Beendigung der Kriegshandlungen noch immer unlös­ bar scheinenden Schwierigkeiten, die einem wirklichen Frieden entgegenstehen ... Während sie der Meinung sind — und dies ihrem eigenen Volk Zurufen -, daß die Tugend der Besiegten Bescheidenheit ist, glauben sie aussprechen zu dürfen, daß die Tugend der Sieger Großmut heißt. An jene Bescheidenheit und an diese Großmut appellieren sie in der quälenden Sorge, daß das Lebensgefüge Europas der völli­

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gen Zerstörung nahe ist. Von der Einsicht der deutschen Schriftsteller erwarten sie Verständnis für die hohe Aufgabe, die ihnen auch heute noch im Kampf gegen jede überleben­ de Gesinnung der Rechtlosigkeit und Unmenschlichkeit er­ wächst. Von der Einsicht der Schriftsteller in den andern Ländern erhoffen sie, daß sie in ihren, den siegreichen Völ­ kern die Erkenntnis verbreiten, wie allein das Gefährdete zu retten ist: nämlich durch einen allgemeinen, nicht in Wor­ ten, sondern aus Taten bestehenden Akt der Humanität, der den ersten Schritt zum angestrebten Ziel, zur Aufrichtung einer besseren Welt darstellen würde.«72’ Die politische Integrität des SDS und des Überbringers der Re­ solution sowie die Fürsprache des »deutschen Schriftstellers« Thomas Mann überzeugten. Nach einer Tagung der »Interna­ tionalen Schriftstellervereinigung« in Kopenhagen 1948, auf der sich das in London angesiedelte »Deutsche PEN-Centrum im Exil« und sein Vorsitzender Hermann Friedmann mit Jo­ hannes R. Becher und Ernst Penzoldt zu einem Vortrupp zur Gründung eines deutschen PEN-Zentrums vereinigte, wurde Ende 1948 in Göttingen das »Deutsche PEN-Centrum« wie­ dergegründet. Im November 1949 erfolgten auf der Münchner Tagung die Zuwahlen; unter den neuen Mitgliedern befanden sich Oda Schaefer, Luise Rinser, Horst Lange, Wilhelm Hau­ senstein und Ernst Wiechert. Das Präsidium bestand nun aus Hermann Friedmann, Erich Kästner und Johannes R. Becher; Generalsekretär wurde Ernst Penzoldt. Damit hatte die deut­ sche Literatur wieder ihre internationale Anerkennung gefun­ den, die Wunden durch die Emigrationsdebatte waren verheilt. Auf dieser Tagung in München konnten noch zwei Resolu­ tionen angenommen werden: eine gegen jede Form von Zen­ sur, die andere in Form eines leidenschaftlichen Bekenntnisses aller Teilnehmer, daß »die geistige Einheit Gesamtdeutschlands auf keinen Fall zerrissen werden dürfe«.73’ Doch ein Jahr spä­ ter, auf der Wiesbadener Tagung, kam es zu schweren Zwi­ schenfällen zwischen ost- und westdeutschen Mitgliedern, die 1952 in Düsseldorf zur Spaltung führten. Das »Deutsche PENCentrum« zerfiel in ein »Deutsches PEN-Centrum der Bun­ desrepublik« und ein »Deutsches PEN-Centrum Ost und West«, das sich erst 1967 in »PEN-Centrum Deutsche Demo­ kratische Republik« umbenannte. Die Einheit der deutschen Schriftstellerorganisation zerbrach unter den politischen Fol­ gen des Kalten Krieges, der in vielfältiger Form in den Jahren vorher auf östlicher wie westlicher Seite begonnen und sich auf mannigfache Weise auch auf Münchens geistiges Leben ausge­ wirkt hatte. Was allerdings nicht zerbrach, war die geistige Ein­ heit der deutschen Literatur und Sprache selbst, so verschie­ dene Wege auch beide deutsche Staaten gingen und gehen. In München selbst aber wurden Gräben, die anfangs unter Besat­ zungsmacht und Zwangswirtschaft noch sichtbar gewesen wa­ ren, für immer zugeschüttet, nämlich die Gräben zwischen den einheimischen und den zugereisten Schriftstellern, auch wenn unterschiedliche literarische Positionen bestehen blieben. Nur — ist Walter von Molos Pessimismus von 1947/48 heute unge­ rechtfertigter?: »Gern zitiert man von Hölderlin, daß die Dichter das Blei­ bende schüfen, und wieder würde Hölderlin in unserer Zeit verrückt werden, wieder würden sich Heinrich von Kleist und Friedrich List erschießen; das ist das Bleibende.«74’ Gerhard Hay

Nachkriegsmünchen als Tor zum freieren Süden: Alfred Andersch und Gustav René Hocke als Kulturkritiker und Erzähler Es gibt auf den ersten Blick eine Reihe von Berührungspunk­ ten für einen Vergleich von Andersch und Hocke, die einen Teil der Jahre zwischen Kriegsende und der Gründung beider deutscher Staaten gemeinsam in Münchner Redaktionsstuben verbrachten; im »Ruf« (nach erster Zusammenarbeit in den USA, in Fort Kearney) der Jahre 1946 und 1947, in der »Neuen Zeitung« nacheinander (Andersch das halbe Jahr An­ fang 1946 vor der »Ruf«-Gründung, Hocke 1947-1949) ka­ men beide bei erheblichen Unterschieden in der politischen Position in Konflikt mit der amerikanischen, restriktiven Pres­ sepolitik und einem zu flächig verstandenen »Re-education« Konzept. Beide Journalisten nahmen in wesentlichen Beiträ­ gen zur Literatur der Zeit Stellung, Hocke in seinem herausra­ genden »Kalligraphie«-Aufsatz Ende 1946 im »Ruf«, Andersch in seinem ersten Buch »Deutsche Literatur in der Entschei­ dung« (geschrieben Ende 1947); und beide schrieben in dieser Zeit Erzählprosa: Hocke brachte 1948 seinen 1943 bis 44 in Sizilien und im römischen Untergrund konzipierten Roman »Der tanzende Gott« heraus und Andersch schrieb seit 1941 an ersten Erzählungen, von denen zwei gewichtigere Texte, »Hei­ matfront« und »Flucht in Etrurien«, wohl noch im Jahre 1947 entstanden und uns erst jetzt neu zugänglich sind.1* Beide Autoren teilen in Krieg und Nachkrieg eine erst jetzt beleg­ bare Italienzugewandtheit. Wenn hier versucht werden soll, anhand neuer Materialien (Einblicken in den Andersch-Nachlaß und Manuskript-Teilen der Hocke-Memoiren), den Kulturkritik- und Literaturbeitrag beider Autoren mit den Fragen der Neuorientierung wie auch der Kontinuität über 1945 hinaus in jenen Trümmerjahren in München ineins zu sehen, so kommt der auf eine so kurze Schaffensphase, noch dazu kommunal, konzentrierte Blick nicht ohne einige orientierende Perspektiven aus. Denn gerade diese Vorgründerjahre der Bundesrepublik sind ein ebenso reichhaltig wie polemisch durchforschtes Gelände, wobei die literatursoziologischen und gesellschaftskritischen InteressenAnsätze ein ruhiges, empirisches, an den Texten selbst und ihrer Wirkungsästhetik innerhalb gefestigter historischer Ent­ wicklungsdaten interessiertes Aufarbeiten bei weitem über­ wiegen.2' Wer von einem - in der Forschung allgemein akzeptierten Übergangscharakter der Jahre 1945 bis 1949 ausgeht, muß sagen, was vorher war und nachher kam. Dabei sollte man sich vor zwei unfruchtbaren Alternativen im Deutungsmodell hüten, die Geschichte wie Literaturhistorie gleichermaßen be­ treffen: den falschen Alternativen Neuanfang oder Restaura­ tion3’ und in der Literaturdiskussion dem schon terminolo­ gisch problematischen Optieren für oder gegen »Nullpunkt« und »Kahlschlag«.4’ Psychologische und historisch-gesell­ schaftliche Gesichtspunkte sprechen vielmehr für eine Phase orientierungslosen »Vakuums«, indem sich Altes und Neues eher verdeckt als deutlich überlagerte, und viele Schriftsteller nationalsozialistisch gesinnte wie »Innere Emigranten«, die »Kolonne«-Autoren wie die beginnenden 47er - ihre Anfänge

vor 1945 verdrängten, ihre Lebensläufe bei »Null«, also 1945 neu beginnen ließen. Die Traditionsunlust nach 1945 war all­ gemein;5’ aber neben dem aus echtem Erneuerungsstreben der 47er erklärlichen »Nullpunkt«-Postulat mit dem Pathos des Neuanfangs einer desillusionierten »lost generation« - man las die amerikanischen Autoren dieser Gruppe bis 1938 in Deutschland, ab 1944 wieder im US-Lager mit einer an Iden­ tifikation grenzenden Hingabe - mündeten auch die Nicht­ nationalsozialisten der Zwischengeneration, G. Eich, P. Hüchel, H. Lange, E. Langgässer, M. Raschke, F. Lampe, M.-L. Kaschnitz, W. Koeppen und G.R. Hocke in das Aufarbeiten der Frühmo­ derne nach 1950 mit einem deutlichen Schaffensbruch im Jah­ re 1945. Neuanfang und Kontinuität lagen also, einander über­ lappend, in diesen Übergangsjahren von Kriegsende, Marshall­ plan, Währungsreform, besetztem Deutschland, Luftbrücke (als dramatischem Ausdruck des beginnenden Kalten Krieges) und deutscher Teilung, festgeschrieben in den Verfassungen und Militärbündnissen beider Deutschland, auch in der Literatur­ geschichte dicht beisammen. So bedeutet »Vakuum« eher eine Verlegenheitsformel für eine Reihe von Ambiguitäten, die man erst jetzt deutlicher zu sehen beginnt: die vermeintlich nüchternen Alltagsreportagen der Trümmerzeit lassen auf den zweiten Blick das (konservati­ ve) Ungenügen an einer nicht mehr (oder noch nicht) »for­ mierten« Standesgesellschaft erkennen; die gesellschaftsferne Naturlyrik in der Nachfolge Lehmanns und Loerkes war das entsprechende Indiz auf geistesaristokratischer Ebene. Die Umerziehungspolitik der westlichen Alliierten blieb, bei allem drastischen Umschwung vom Antifaschismus des Beginns zu einem massiven Antikommunismus nach Mitte 1947, von Widersprüchen gekennzeichnet, etwa in der Theaterpolitik, die in seichten Broadway-Importen stecken blieb, die bedeuten­ den sozialkritischen Stücke Lillian Hellmans, Arthur Millers und Clifford Odets jedoch von den deutschen Bühnen fern­ hielt (ebenso wie »Egmont« und »Wilhelm Teil« als zu frei­ heitlich im Besatzungsklima). Schließlich sahen die Mitgründer der »Gruppe 47« damals auch noch nicht klar, wie sehr ihr ver­ meintlich illusionsloser, existentieller Realismus nicht etwa 1948 meinte, sondern 1848 wiederaufnahm: die Einlösung einer durch Kunst und Aufklärung mittels elitärer geistiger Oasen erreichbar geglaubten, radikalen Demokratisierung im Geist der abgewürgten Märzrevolution. Dem latenten Opti­ mismus von Neuanfang und aufklärerischem Engagement fiel auch in dieser Gruppierung jene Literatur zum Opfer, die dort noch am ehesten Verständnis und Wiederaufnahme verdient hätte: die bittere, skeptische, experimentelle Moderne der Exilschriftsteller. Diesen Sachverhalt jenseits des vermeintli­ chen »Ideologieverdachts« der 47er haben bei verschiedenem Ansatz Ronald Schneider und Friedhelm Kröll verdeutlicht und überzeugend belegt. Das Periodisierungsmodell, von dem ich bei meiner Dar­ stellung ausgehe, stützt sich daher weniger auf Hans Dieter Schäfers allzu längliches Kontinuum einer abgemilderten,

Alfred Andersch und Gustav René Hocke

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metaphysisch und klassizistisch bestimmten Moderne mit den Eckdaten 1930 bis 1960/65, einer Periodenlänge, die sich kaum als »zwischengenerationsbedingt« denken läßt.6’ Viel­ mehr schlage ich vor, seine geduldig herauspräparierten Befun­ de zur Gruppe der »Kolonne«-Autoren zu nutzen, um den Übergang zu einer Nachkriegsliteraturepoche aufgrund der bundesdeutschen Gesellschaftsgeschichte mit den Eckdaten 1949 und 1965, den Übergangsperioden 1945/48 und 1965/ 69 und einem Dominantenwechsel zu Faschismusaufarbeitung und nach modernem Roman in der deutschen Literatur nach 1955 zu skizzieren.7’ Was nach 1949 kam, hat aus dieser Sicht soziopolitisch treffend Richard Löwenthal charakterisiert:

dern es brach vielmehr etwas auf! Wie man die Angst ver­ gißt, die man vorher ausgestanden hatte ... so vergessen wir jetzt, ergraute Demokraten ... den Jubel, die Erleichterung, die Hingerissenheit, mit der diese freiheitlich-demokrati­ sche Ordnung einst begrüßt worden war.... Ich könnte jetzt eine ganze Reihe von geglaubten Irrtümern, Lügen über diese Vergangenheit (der Jahre 1945-1947, d.V.) ... dreier trotz allem strahlender Jahre richtig zu stellen versuchen. Zum Beispiel das Gerede über die damals herrschende Ten­ denz zur Trümmerliteratur, während doch die Menschen nach verlorenen Kriegen offenbar viel lieber Operetten sehen.«12’

»Zum ersten Mal entstand auf deutschem Boden ... eine im westlichen Sinne bürgerliche Lebensform, gleich entfernt vom hierarchischen Untertanengeist der Wilhelminischen Ära und von der formlosen Gärung der Weimarer Zeit.«8’

Man wollte die in Carol Reeds, Lamprechts und Staudtes Trümmerfilmen so eindrucksvoll ins Bild gesetzten Ruinen und »film noir«-Gestalten, Heimkehrer, skrupellose Schieber und NS-Bonzen, verdrängen; Mitscherlichs Theorien in der »Unfähigkeit zu trauern« (1967) und Kaisers Einsicht in den eskapistischen Publikumsgeschmack der Trümmerzeit belegen einige Zahlen sehr deutlich: Von den amerikanischen Theater­ stücken waren, mit Ausnahme der großen Akklamation spiele­ risch-zeitloser Dramen Thornton Wilders, nur zwei seichte Komödien »Dauerbrenner«;13’ mit der Aufhebung der Papier­ bewirtschaftung nach Mitte 1948 machten Verlage mit »Re-education«-Literatur bankrott, Margaret Mitchells »Gone with the Wind« (1936) wurde zum Bestseller, das »Mannhei­ mer Kirchenblatt« ging um 50% zurück, die Sportillustrierten erlebten eine Auflagenexplosion (eine Steigerung um 820%), und »Quick« expandierte auf das Zehnfache (eine halbe Milli­ on Auflage). Eine Besucherumfrage der »Neuen Zeitung« zum Zeitfilm (Trümmerfilm) ergab im Jahre 1948 eine Ablehnung von 57% (gegenüber 33% Zustimmung und 10% Enthaltun­ gen) bei allen Bevölkerungsgruppen. Die Argumente lauteten:

Für die Literaturgeschichte glichen sich die Perioden 1939-1945 und die Besatzungszeit danach in einem Punkt: Presse- und Meinungsfreiheit waren empfindlich einge­ schränkt, Goebbels Papierzuteilungen an die nicht gesinnungs­ fördernden »Kolonne«-Autoren blieben aber erst während der Kriegsjahre aus; während ähnlich die »Re-education«-be­ stimmten Direktiven der Alliierten mit Lizenz-Vergabe und Papierzufuhr, massiver Zensur und Redaktions-Revirements Pressewesen und Literaturbetrieb der Trümmerjahre illiberal gestalteten.9’ Die Qualität dieser Trümmerliteratur hält einem emphati­ schen Begriff von Literatur nicht stand. Wie Jörg Drews zu einer neuen Sammlung literarischer Reisereportagen der Nach­ kriegsjahre10’ konzis formulierte, gab es in »jenem Vakuum, Niemandsland und Provisorium, jener Quarantäne, jenem Wartesaal, welche die Jahre 1945 bis 1948 in Deutschland darstellten, die Jahre, in denen die meisten der Davongekommenen sich orientierungslos duckten, um irgendwie durchzukommen und dann zu se­ hen, was weiter würde . .* Texte, die uns oft seltsam harmlos und feuilletonistisch, manchmal auch authentisch und be­ wegend, häufig auf kleinkarierte Art pathetisch Vorkommen, schlimmstenfalls ratlos, richtungslos und selbstmitleidig ... keine große Kunst... höchstens kurze, reportageartige Pro­ sastücke, häufig vom Charakter des mausgrauen, aber hell­ wachen kleinen Reiseberichts, in dem die Ruinenlandschaft des geschlagenen Nazi-Deutschland inspiziert wird.«11’ Bei der Rezeption jener Trümmerliteratur sollte man beson­ ders zwei Generationen im Auge behalten, Anderschs und Richters eher 35- bis 40jährige »Junge Generation« mit ihrer Nähe zur Zwischengeneration der »Kolonne« und ihrem Kahl­ schlagpathos; und die von ihr vermeintlich angesprochene Zielgruppe der ganz jungen, 18- bis 25jährigen Kriegsteil­ nehmer, an deren Lebensgefühl nach 1945 der 1928 geborene Joachim Kaiser (aus Münchner Sicht) sich erinnert: »Als der Krieg zu Ende ging, als man plötzlich doch überlebt hatte, als man eben doch ungeheuerlich viel freier wieder seine Meinung sagen durfte, weiter existieren konnte, Hoff­ nungslichter am Horizont erblickte: in diesem heillosen und heilvollen |ahr 1945 brach nicht etwa alles zusammen für die meisten jüngeren Menschen, die es durchmachten, son-

»endlich einmal loskommen von der Welt der Trümmer, Ablenkung vom grauen Alltag, energischer Schlußstrich unter alle Tendenzauffassungen ... wenn der Film gezeigt wird, dann ... nur im Ausland,... wir wissen, wie es gewe­ sen ist, die draußen nicht.«14’ Ähnliches bringt eine Verlegerumfrage Ende 194715’ zutage: nur ein Prozent der eingereichten Manuskripte ist brauchbar. Als wäre die Welt durch das Kriegsgeschehen unverändert, schildern die Autoren privat Belangloses in verbrauchtem Pa­ thos, während der Leser gute, internationale Unterhaltungsli­ teratur, episch breit Entworfenes, den historischen Roman als Ablenkung von der Gegenwart wünscht.16’ Die Einbeziehung der Literaturpraxis Anderschs und Hokkes in die notwendig gedrängt notierten Perspektiven der Trümmerzeit sieht die Schriftsteller als wichtige, repräsentative Exponenten der Zwischengeneration eines zum Mythos nei­ genden, antifaschistischen Humanismus (Hocke) und der er­ sten Nachkriegsgruppe der 47er, die einem sozialen, ebenfalls antifaschistischen Humanismus zuneigten (Andersch). Im The­ menhorizont der Münchner Trümmerzeit mit ihrer Kultur und Gesellschaft unter amerikanischer Besatzung liegt allerdings am zentralsten ein Roman, der nicht mehr in den zeitlichen Rahmen gehört, das Wort Nachkriegsliteratur aber mit deutli­ chem Bezug auf den frühmodernen Roman in Deutschland und den USA (Döblin und Dos Passos) im weltliterarischen Maßstab einlöst: Koeppens »Tauben im Gras« (1951).

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Anderseits und Hockes Leitartikeljahre: entschiedene Literatur im »Ruf« (1946-1947) »An die Jahre um die Mitte des Jahrhunderts denke ich zu­ rück als ein nicht enden wollendes Versäumnis ... Warum habe ich, aus dem Krieg, aus dem Leben in einer Diktatur entlassen, nicht sofort geschrieben?... Anstatt mit Schreiben, habe ich meine Zeit mit Journalismus vergeudet.« »Die Erinnerungen an den >Ruf< und die »Gruppe 47< lang­ weilen mich ... Und nicht nur langweilig ist mir das alles, sondern auch peinlich, ich winde mich vor Peinlichkeit, wenn ich mich daran erinnere, wie die Droge, die »Gruppe 47< hieß, aufhörte zu wirken, während ich, wieder zuhause, an meinem Tisch saß, auf dem liniertes Papier lag, indessen jenes Gespenst, die Literatur, mich anblickte. Die Augen der Literatur sind grau, ihre Blicke sind kühl, sie ist ein Wesen von unheimlicher und eisiger Realität. Realismus heißt nichts weiter, als auf Drogen verzichten, während man ar(Alfred Andersch, »Böse Träume«, 1979) Die bittere Rückschau auf Schreib-Schwierigkeiten der Nach­ kriegsjahre ist, aus der Sicht des letzten Lebensjahres, wo so vieles in Gefahr ist, nicht mehr zu Ende geschrieben zu wer­ den, verständlich. Als Andersch im November 1945, aus einem Durchgangslager in Darmstadt (mit einem Seesack voll ameri­ kanischer Autoren statt der lebenswichtigen Konserven) wie­ der deutschen Boden als freier Mann betrat — »und ich war im Herbst 1945 in jedem nur möglichen Sinne frei, niemals wie­ der bin ich so frei gewesen«18*—, war er von einer Euphorie des Neubeginns mit deutlicher politischer Priorität erfüllt und ver­ stand sich als Intellektueller mit einer besonderen Verantwor­ tung gegenüber der Zeit. Später, in den Lebenserinnerungen (»Der Seesack«, 1977) will es ihm so scheinen, als hätte die Selbstfmdung im eigentlichen Lebensberuf des Schriftstellers erst in den amerikanischen Baracken der »Ruf«-Redaktion 1945 begonnen, oder während der milden Wintermonate in Louisiana, wo er mit politisch so konträren Köpfen wie Walter Hallstein und Walter Kolbenhoff das Lager teilte. Dennoch liegen sowohl seine19* wie Hockes20* Anfänge wesentlich frü­ her, auch dies ein Element der Vergleichbarkeit der beiden Schriftsteller. Die Leser jedenfalls, auf die es ihm und dem zum Teil identischen Redaktionsteam des US-»Ruf« wie des deutschen »Ruf« ankam, sollten »jung«, links und frei sein, nur nicht bürgerlich-konservativ, konfessionsgebunden, oder orthodox sozialistisch. Noch glaubte man, vor der Konsoli­ dierung der Blöcke, an Deutschlands vermeintliche Mittler­ chancen zwischen Ost und West, eine Hoffnung, die sich in den nächsten Jahren als zunehmend realitätsfern erwies. Aber die damalige journalistische Verve war nicht umsonst. Die Forderungen des Tages, etwa im ersten »Ruf«-Leitartikel (August 1945) mit dem symptomatischen Titel »Das junge Eu­ ropa formt sein Gesicht« waren utopisch genug, aber dies gab ihnen auch die Nähe zur Domäne der Literatur;21* und auch den Hemingway- oder Steinbeck-(Poe- oder Bierce-)Stil hatte die Durchgangsstation der Reportage mit brillantem Effekt und zeitkritischer Brisanz aufgeladen, auf dem Weg zur »un­ heimlichen und eisigen Realität« eines neuen literarischen Ve­ rismus. Sieht man Anderschs stärkste schriftstellerische Qualität in der Kurzgeschichte, so waren die Lehrjahre in den Zeitun­

gen und Zeitschriften — »Neue Zeitung«, »Der Ruf«, »Ende und Anfang«, »Frankfurter Hefte« -, den Rundfunkanstalten und Feature-Redaktionen keinesfalls umsonst. Wenn es auch fast den Anschein hat, als wäre Andersch nach seiner frischen Demokratie- und Roosevelt-Begeisterung mit der Mentalität eines »re-education officials« ins besetzte Deutschland zurück­ gekehrt, zeigte sich doch in den neuen amerikanischen LagerErzählungen des Jahres 1945, erst recht in den ersten Nach­ kriegspamphleten im »Ruf«, daß Andersch gesonnen war, mit maximalem Effekt die Taten der Sieger an ihren proklamierten Idealen zu messen; es ging ihm immer um die deutsche Frage. Die mit den auslaufenden 40er Jahren intensiver werdende Arbeit an literarischer Kurzprosa läßt sich nicht ohne die ent­ täuschten Illusionen des Neubeginns nach 1945 verstehen, auch nicht ohne die Lernprozesse in den Redaktionsstuben und die soziokulturellen Manifeste dieser Übergangsjahre vor der Gründung der beiden Deutschland. Hans Werner Richters »kritische Freundschaft« zu Andersch ist, im Lichte der Erinne­ rungen beider (aus den späten 70er Jahren), ein guter Leitfaden für die Aporien der unmittelbaren Nachkriegszeit, gerade auch in den Divergenzen literarischer Wirkungsabsichten; Richter war gerne Journalist, wo Andersch vom Schriftsteller träumte, Thomas Mann und Sartre vor Augen.22* Der Stellenwert und das Zeitbeständige der Bemühungen beider erschließt sich allerdings erst durch eine Einordnung jener Jahre in länger­ fristige Perspektiven; Richter deutet sie an: »Was haben diese politischen und polemischen Auseinan­ dersetzungen mit der Militärregierung und ihren Mitläufern mit der späteren Gruppe 47 zu tun? Es gibt viele Antworten. Die wichtigste scheint mir diese zu sein: in diesen Jahren 1946/47 kamen viele junge Leute aus Amerika, Frankreich, Italien, aus Lazaretten und Gefangenenlagern zurück. Sie suchten Anschluß, Kontakte, Kommunikation. Sie glaubten an einen neuen Anfang. Die Stunde Null war für sie leben­ dige Wirklichkeit. Die restaurierten alten Institutionen und Parteien sagten ihnen nichts. Sie waren Vergangenheit, Teil einer durch die Katastrophe des Dritten Reiches endgültig diskriminierten deutschen Geschichte. So schwirrten diese jungen Leute herum und suchten Mittelpunkte, Zentren ... eine dieser Zellen wurde zur späteren Trägerin der »Gruppe 47< .. .jede neue Begabung, die wir entdeckten, löste Hoff­ nungen auf eine eigene, andere Literatur aus, auf einen neuen Realismus, ähnlich dem Neo-Verismus im Italien von damals ... Doch was wir nicht wollten, war eine Agita­ tionsliteratur. Sie erschien uns als Un-Literatur, als Propa­ ganda, mit der uns das Dritte Reich und vorher die Parteien überfüttert hatten ... Was Bestand hat vor den Ohren der Teilnehmer sind die knappen Aussagesätze. Gertrude Stein und Ernest Hemingway sind gleichsam unbemerkt im Raum ... Dennoch war es ein Sprachreinigungsprozeß. Sei­ ne volle und bewußte Auswirkung zeigte sich erst in der Mitte der fünfziger Jahre mit dem Auftauchen einer neuen Generation.«23* Was Richter und Andersch bei der Arbeit am »Ruf« und in der Gruppe 47 bis etwa 1949 verband, hat Friedhelm Kröll strin­ gent als ein Modell demokratischer Elitenbildung bei tief­ sitzender Organisationsphobie gegenüber allen traditionellen Organisationsmodi beschrieben, verstanden als Gegenentwurf zur verordneten »Re-education«.24* Ihr Antifaschismus richtete

Alfred Andersch und Gustav René Hocke sich besonders nachdrücklich gegen die Kollektivschuld-These und die Zensurpraxis der Alliierten; in der eigenen Gesell­ schaft hoffte man zunächst, durch radikale Sprachkritik und nüchterne Literaturformen, aus der Erfahrung mit dem Deutschland der »Väter« immunisiert gegen falsche historische Versprechungen, Oasen linkshumanitären Engagements auf dem Weg zum vereinten sozialistischen Europa zu bilden. Für Deutschland zwischen den Blöcken sollte die Synthese aus Freiheit und Sozialismus, in vielem die Vorwegnahme euro­ kommunistischer Gedanken, die drohende Zerreißprobe ver­ meiden helfen. Zwei Aufsätze waren dabei von programmatischer Bedeu­ tung: Arthur Koestlers »Gemeinschaft der Pessimisten« (von Andersch bereits für die Nullnummer der »Verlorenen Gene­ ration« im April 1946 vorgesehen), dann in der ersten Num­ mer des »Ruf« im August 1946 abgedruckt;25* und Gustav René Hockes »Kalligraphie«-Essay vom November 1946. Hocke hat in der bald alle Hoffnung auf Aktion ablösenden Literaturpolitik mit seinen Thesen den Weg für die nach 1950 erfolgte Verschmelzung des realistischen Lagers mit dem metaphysisch-meditativen ehemaliger »Kolonne«-Autoren (vor allem Eich und Lange) geebnet. Seine Gleichsetzung von Em­ pirie mit Freiheit - »reine Übereinstimmung von Aussage und Wirklichkeit« — ist Anderseits Hemingway-Kritik sehr nahe; die Forderungen, bei aller »Trivialität« im Sinne von Gides Einfachheit doch nicht auf die sprachliche »Verfeinerung« der besten Kalligraphen seit 1930, auch nicht auf »Bieg- und Schmiegsamkeit dieser Sprache, ihre Sinnlichkeit und Musika­ lität« zu verzichten, weist auf das Einmünden der 47er wie der »Kolonne«-Stilisten ins gemeinsame Aufarbeiten einer abge­ milderten Moderne nach 1950 voraus. Die Mittlerfigur Hokkes zwischen den Veristen und Metaphysikern erscheint aus der eigenen literarischen Genese plausibel; trat er in dem Es­ say »Das geistige Paris« (1937) für die Bedeutung Gromaires, Légers, Delaunays und vor allem Picassos ein, so lieferte er in dem umfangreichen Roman »Der tanzende Gott« (1944/1948) eine in Sklavensprache gehaltene Allegorie von der Zerstörung einer antiken Kolonie durch totalitäre Psychose, aber auch vom Verlust des »schönen Maßes«.26* Dem allen korrespondierte nach 1950 die Ablösung der Modelle amerikanischer Realisten und französischer Existentialisten durch zwei große Autoren der 20er Jahre, Kafka und Beim. Erst nach 1955 erfolgte dann der Dominantenwechsel zu einem politisch dimensionierten Verismus bei ästhetischer Beherrschung der Mittel, markiert durch die Wiederentdeckung Brechts, eine — bescheidene — Blüte italienischer Neo-Realisten in deutscher Übersetzung, vor allem aber das Auftreten einer Reihe jüngerer Autoren, Grass, Böll, Walser, Johnson, Bachmann, Enzensberger, S. Lenz mit einem echten, eigenen Beitrag zur Moderne in gesell­ schaftskritischer Dimension. Richter und Andersch hatten mit dem Fördern und Entdecken der Talente, Koeppen und Arno Schmidt mit der eigenen Praxis die Entwicklung eingeleitet. Politisch standen den 47ern die bürgerlichen Verbände und Parteien entgegen, die, wirtschaftlich wie sicherheitspolitisch restaurativ und westlich orientiert, nach der Währungsreform und mit Hilfe des Marshallplans den für beide Gruppen uner­ wartet raschen Wiederaufbau einleiteten. Die skeptischen Pro­ gnosen Koestlers für ein »Zeitalter des Interregnums« auf dem Weg zu demokratischem Sozialismus und vereintem Europa (durch progressive Notbrücken und Oasen) erfuhren kaum ge­

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ahnte Bestätigung durch das Festschreiben der deutschen Tei­ lung im Kalten Krieg und den zu unpolitischer Saturiertheit führenden Prosperitäts-Boom. Die Oasen-Bildung konnte unter diesen Umständen nichts bewirken; was blieb, war ein literarisches Aufarbeiten der Vergangenheit unter antifaschi­ stischem Vorzeichen, zugleich gerichtet gegen die Mittel der vergangenen literarischen Reihe. Für eine Analyse des anti­ faschistischen Programms in den ersten Erzählungen von An­ dersch und in seiner differenzierten Bestandsaufnahme »Deut­ sche Literatur in der Entscheidung« (1947/1948) ist der Koestler-Aufsatz - mit einem Seitenblick auf den italienischen Neorealismus - hilfreich. Als beispielhaft für die mutige Wahrnehmung der sozialen und zeitkritischen Funktion von Literatur stellt Andersch Koestler als einen Korrespondenten (für »News Chronicle«) in Spanien vor, der nur durch englischen Einspruch der bereits verhängten Todesstrafe Francos entging; Koestler hatte »in der englischen Presse die deutsch-italienische Beteiligung im spa­ nischen Bürgerkrieg mit all ihren Folgen für Europa und die Welt aufgedeckt«. Sein 1943 in den »Deutschen Blättern« in Chile erschienener Beitrag wird mit unverhüllter Bewunde­ rung und der typischen Mischung von Reisenachholbedarf und Abenteuersehnsucht als gültige Perspektive aufgrund der »Far­ bigkeit des welterfahrenen Journalisten« gewertet. Merkwür­ dig genug decke sich dies Bild der Weltlage mit den »schat­ tenhaften Umrissen«, die der eigene »weltausgeschlossene« Blickpunkt erkennen lasse.27* Koestler, in seinen Nachkriegsprognosen hellhörig für den drohenden »Kampf der Giganten« und zugleich merkwürdig konturlos, beschreibt den Antifaschismus aus dem Andersch naheliegenden »schwermütigen Winkel« des heimatlos ge­ wordenen Anhängers »politisch links gerichteter Weltverbän­ de«. Seine Sehnsucht nach einem neuen Ferment, das auf das notwendige Interregnum von Halbwahrheiten folgen soll, postuliert einen neuen Ausgleich zwischen Geist und Vernunft, nachdem Hitler seine Gegner gegen »totalitäre Utopien« im­ munisiert habe. Nicht aus einer bestimmten Gruppe von Prole­ tariern, aber mit Gewißheit »aus den Reihen der Armen« und der Opfer erwartet Koestler das Neue. Allerdings kann es nach der nahe geglaubten Utopie-Verwirklichung von 1917 diesmal Jahrzehnte dauern; kompromißlos bekämpfen soll man inzwi­ schen nur das gänzlich unethische Nazi-System, seine Rassen­ ideologie und die Erniedrigung der »Menschengemeinschaft zur Paarungsgemeinschaft«. Genau diese, literarisch weit eher als politisch umsetzbare Mischung in Koestlers Analyse besaß für Andersch im unmit­ telbaren Nachkrieg Relevanz: das Insistieren auf eine ethisch­ abstrakte »Menschlichkeit« (nicht ohne den »common-sense«Beigeschmack der Ernüchterung) bei konkret differenziertem, antifaschistischen Programm und einem unbestechlichen Blick auf die Heuchelei im eigenen Lager der Sieger. Hinzu kam der im Datum 1917 unverkennbare Zug zum Sozialismus bei ei­ nem deutschsprachigen Emigranten, der bei aller, aus Enttäu­ schung resultierender, Distanz zu orthodoxen Theorien und Parteiungen durch sein »eingesetztes Leben« im antifaschisti­ schen Widerstand als linkshumanitärer Aktivist legitimiert war. Wenn Andersch Koestler im »Ruf« starke Beachtung zeigte (auch Auszüge aus dem Roman »Darkness at Noon« erschienen dort),28* später auch Gustav Regler (aus dem mexikanischen Exil) in seine »Texte und Zeichen« aufnahm, so erhält diese

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Hinwendung zur unorthodoxen Linken der Exilliteratur ihre besondere Bedeutung im Blick auf den Antritt des Exil-Erbes in der DDR, wo man bis heute gerade jene Antifaschisten aus dem Traditions-Kanon ausnahm.29’ Alle jene Gruppierungen im internationalen antifaschisti­ schen Lager kennzeichnete nun, seit 1946, bei Andersch das Si­ gnalwort »jung«. Und so wirkt es kaum mehr erstaunlich, an der Schwelle zu dieser neuen Gesinnung im Literatur-Kanon neben Autoren der Fünften Kolonne in Spanien (Hemingway, Koestler, Malraux), neben Resistance-Schriftstellern Frank­ reichs und Italiens (vor allem Sartre, Silone und Vittorini) und unorthodoxen Emigranten in »Deutsche Literatur in der Ent­ scheidung« auch Thomas Mann, Ernst Jünger und Bertolt Brecht nebeneinander zu finden; Mann in Betonung seiner politischen Schriften als den einzigen namhaften Mahner auf Seiten der Weimarer Demokratie ebenso wie den Brecht des amerikanischen Exils, dessen dort entstandene gesinnungs»offene« Dramen Andersch bald in Ansätzen aufnahm, und Jünger, der aus Anderschs Perspektive in Paris den »jeunes Allemands«30’ zur Seite trat.31’ Von Brecht erhoffte er sich eine weitgehende didaktische Ausstrahlung auf die »junge Generation«, vor allem als »Rück­ halt ... gegen die lastende Masse eines sogenannten Kultur­ erbes, das sich selbst überlebt hat«.32’ Es scheint mir aufschlußreich, daß Andersch Brecht eher existentiell als marxistisch interpretiert und in die Nähe JeanPaul Sartres rückt. Der Hinweis auf die »lastende Masse eines sogenannten Kulturerbes« bezeugt überdies, daß der »Nullpunkt«-Begriff (zumindest von Andersch) von Anfang an po­ lemisch gemeint war, als schriftstellerische Arbeitshypothese. Die »Neuwerdung des Menschen« in einem post-ideologi­ schen, ethischen Verständnis, der im Gegenzug zum Faschis­ mus realistische, im Beschreiben von politischen Herrschafts­ verhältnissen (und in den eigenen Organisationsformen kleiner elitärer Gruppen) eher romantische Linkshumanismus der Armen und Enttäuschten, der Geschlagenen und der Opfer, blieb im Programm in der Nähe des italienischen Neorealis­ mus; in der schriftstellerischen Praxis nahm sich das jedoch existentiell und elitär aus. Nach der »Ruff-Oase die Nullnum­ mer des »Skorpion«, die sich nicht als Gruppe darstellende Dennoch-»Gruppe 47«, die Feature-Redaktionsgruppe um Ernst Schnabel im Hamburger Sender, um eine neue Hörform bemüht, auch Anderschs eigener esoterischer Gegenentwurf zur Adenauer-Zeit in »Texte und Zeichen« (1955—57) gehören in dieses Bild. Analog zum Neorealismus, der sich mit all dem befaßte, was den Bürgern im Duce-Faschismus zuvor peinlich gewesen war, engagierte sich Andersch in seinen ersten Nachkriegs-Texten auf Seiten der verfolgten Gruppen (rassisch Verfolgte, Rand­ gruppen), des Widerstands von unten und von links (Pazifi­ sten, organisierte Arbeiter) und schrieb in den »Kirschen der Freiheit« den authentischen Bericht vom frühen Versagen des Arbeiter-Widerstands und der KP vor der Herausforderung des sich etablierenden NS-Apparats. Der Bericht von der folge­ richtigen Introversion und Desertion aus Hitlers Heer gehört in die autobiographische Zeugnis-Literatur, wie sie aufgrund der breiteren Basis in Italien (mit 35 000 Opfern und hun­ derten von Erlebnisberichten in Romanform nach dem Krieg)33’ dort zur vorherrschenden Literaturform des neuen Verismus in der Aufarbeitung des Antifaschismus wurde. Ita­

lienische und französische Themen, der nationale Widerstand gegen Hitlers Besatzungsheer oder das authentische, nicht in die Duce-Propaganda passende Leben der Armen im agrari­ schen Süden, verboten sich jedoch wegen der eigenen Uni­ form oder der Gefahr, in die Nähe eines Blut-und-BodenTypus der Bauern zu geraten, schließlich aufgrund der Wirt­ schaftswunder-Entwicklung.

Anderseits Trümtnererzählungen (1948-1949): Existenz und Sinnfrage Mit zunehmendem Abstand vom ersten, euphorischen Ame­ rika-Eindruck (der sich der Wirkung des liberalen RooseveltAmerika in den Lagern verdankt), negativen Erfahrungen mit der undifferenzierten »Re-education« der in den Kalten Krieg steuernden Besatzer (nicht zuletzt beim Verlust des »RuffForums durch massive US-Zensurdrohungen im April 1947) und der Hinwendung zu Sartre verschwanden die noch patrio­ tisch gefärbten, deutsch-existentiellen Vorbehalte in der Hoch­ verrats-Diskussion bei Andersch. Hatte er sich in »Amerika­ ner - erster Eindruck« (1944) noch bemüht, die gesellschaft­ liche Position antifaschistischer Landser zu verdeutlichen, so gewann in der neuen Situation des von ihm so genannten »Ko­ lonialdeutschland« 1947 Sartres »resistance«-Haltung für die Vergangenheitsanalyse zunehmend an Gewicht, die moralische Notwendigkeit des Widerstands bei aller praktischen Hoff­ nungslosigkeit. »Heimatfront« (1947/48) macht die neue exi­ stentielle Haltung plausibel und ist zugleich ein Reflex auf die Ruinenlandschaft der Zeit, die eine Erinnerung an die lebens­ gefährlichen Momente offen gezeigter Gesinnung, stimmig inmitten der ständigen Todesgefahr in Ruinen und Luftschutz­ kellern, nahelegt. Die auffallende Nähe des Vokabulars zu Sartres Drama »Huis clos« (1947; dt. 1949 »Bei geschlossenen Türen«) zeigt die Erzählung in solchen Versatzstücken wie »Räume ohne Ausgang« in einem »Krieg ohne Tür«. Der Titel bringt die bit­ tere Ironie in der Situation antifaschistischer Kriegsteilnahme auf einen meisterhaften Nenner. Der Krieg hat die Menschen nicht solidarisch werden lassen, sondern zu Verfolgern und Verfolgten gemacht, Spionen des Regimes und hoffnungslos unterlegenen Kurieren des Widerstands. Werner Rott, Soldat und illegaler Kurier, sieht die Situation von 1943/44 als Leben in einem »Ei, ohne Ausgang aus meinem Ich in die Welt. Ein Ei, das niemals gesprengt wird, dessen Inhalt erstorben ist ... Aber nur kein falsches Mitleid. So geht es doch den mei­ sten.«34’ Dem Bild innerlich toten Lebens korrespondieren die Ruinen draußen:35’ »Schade, daß das Dach an einigen Stellen eingestürzt ist, man kann nicht mehr hineingehen, aber es gibt doch keine Trümmerströme, die aus den leeren Fensterhöhlen quellen, wie drüben an den Mietshäusern ... Als die EntwarnungsSignale gegeben wurden, sahen sie sich unsicher an und for­ mierten sich schließlich zu einem Zug, der sich langsam in Bewegung setzte. Sie krochen durch die Notöffnung und schoben sich schwerfällig durch den Kellereingang des Ne­ benhauses nach oben, ins Freie, in die Luft, die ihnen mit Kälte und Fetzen Brandgeruchs in die Gesichter schlug. Sie fröstelten und schauderten zurück. Eine Halde aus Ziegel-

Alfred Andersch und Gustav René Hocke steinen wartete ihrer, die sie überquerten und von deren Scheitel aus sie an den Ruinen ihrer Häuser hinaufblickten ... der Himmel war vom roten und gelben Feuerschein der Brände erhellt ... Er dachte: ... Die ganze Stadt ist ein Brandopfer. Die ganze Stadt fährt gen Himmel. Und ich gehe in den Krieg. Es gibt keine Heimat mehr. Es gibt nur noch den Krieg, den Krieg, den Krieg. Wir gehen alle fort, fort von dieser Heimat. Und man soll nichts zurücklassen, wenn man fortgeht ... Er nickte und sie gingen Hand in Hand die Straße hinab, in der die Menschen mit nach oben gewandten Gesichtern standen, als hielte ein mächtiger Zau­ ber sie gebannt.« In der deutlich um »magischen Realismus« und Zeitrequisit der Trümmerjahre bemühten Erzählung finden sich noch Spuren des dramatischen Umschlags vom nachromantischen Andersch der Kriegsjahre zur Selbststilisierung ins Nüchterne einer skep­ tischen, verratenen, existentiellen Generation in der Gefühls­ lage der französischen »résistance«. Aber wenn sich der Widerstand auch vorübergehend gegen die Zensurpolitik der Amerikaner richtete, bleibt dem Schrift­ steller Andersch doch die singuläre und nachhaltige Faszination durch das Amerikaerlebnis und die Literatur der »lost généra­ tion«. Die Amerikaner hatten ihm im Lager zwei entscheidende Dinge verschafft: das Bewußtsein, den richtigen Beruf gefun­ den zu haben, und, nach den fatalistisch-ambivalenten Schreibversuchen im Krieg, eine kohärente, kritische Ge­ schichtsperspektive, wie er sie nach seiner KP-Enttäuschung suchte; sie gaben ihm in Vorlesungen und Büchern über die wilhelminische Epoche bis hin zur Weimarer Republik einen großen Vorsprung im Geschichtsüberblick, dem sie den Libe­ ralismus Jeffersons, Lincolns und F. D. Roosevelts »New Deal« entgegenstellten. Friedhelm Kröll hat nicht übertrieben, als er für die Kerngruppe des »Ruf« und der Gruppe 47 das Amerika­ erlebnis als eine »sozialbiographische Regenerationsphase« hervorhob, »die zum Ausgangspunkt des Wegs in die (bundes-) deutsche Nachkriegsgeschichte und -literatur wurde«?6’ Andersch jedenfalls hat nicht aufgehört, seinen amerikani­ schen Lehrern im Lager für diesen wesentlichen persönlichen Durchbruch dankbar zu sein. Die Arbeit am US-»Ruf« wies ihn als talentierten Journalisten aus und brachte ihm die Re­ daktionsassistenz Kästners in der amerikanischen »Neuen Zei­ tung« in der Schellingstraße ein: »Ich war in einer großen Redaktion tätig. Es war unglaub­ lich. Es grenzte ans Wunderbare. Ich fand mich, 31 Jahre alt, ganz plötzlich mitten in einer Welt, von der ich 12 Jahre lang angenommen hatte, ich würde sie nie betreten ... Ich ging täglich mit einem berühmten Schriftsteller um, ... ich habe Kästner enttäuscht, ... daß ich Kenntnisse und Mate­ rialien nur sammelte, um aus seinem Redaktionsbüro so schnell wie möglich in mein eigenes zu wechseln,... weil er spürte, wie ich ihn zwar verehrte, aber nicht zu seiner geisti­ gen Gefolgschaft gehörte und nicht daran glaubte, daß seine Vernunft es war, die recht behielt. Seine Vernunft eines Schulmeisters, als den er sich selbst bezeichnete — des still­ sten und liebenswürdigsten Schulmeisters, den man sich ausdenken kann. Ich sprach von Sartre, während er von Les­ sing sprach. Ich würde eine ganz andere Zeitung machen, als es die seine war.«37’

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1946, in einem bewundernden »Ruf«-Beitrag zu Kästner, »Fabian wird positiv«, klang das noch anders als im späten Rückblick von 1977: »das Exemplum, das Kästner an seinem Fabian statuiert hat, geht uns alle an. Denn wir müssen einfach den Sinn finden ... Was wir wünschen, ist die Anständigkeit und Tapferkeit des Kästnerschen Romanhelden; was wir ablehnen: seine Müdigkeit und Glaubensschwäche.«38’ Die kritischen Vorzeichen haben sich umgekehrt. In einer letzten Trümmererzählung, »Vollkommene Reue« (sicher unter dem Eindruck der deutschen Graham-GreeneAusgaben 1948 bis 1951 entstanden), ist diese christliche Komponente von Anderseits Existentialismus, zusammen mit einer rasch zunehmenden Erzählmeisterschaft, evident. Dort ist auch bereits die leserbezogene Funktion der naiven, im Lektü­ reakt auszuschraffierenden Perspektive im inneren Monolog eines Kindes angelegt, der die wichtigsten semantischen Konnotate enthält. Ein katholischer Priester kann sich nicht recht­ zeitig durchringen, einem armen, aus dem Osten geflüchteten Mann die Absolution zu erteilen, weil dieser die kleine Toch­ ter dafür schlug, daß sie eine unter Opfern gekaufte Puppe im Spiel zerstörte. In einer nicht genannten Stadt, in einer Szene, die an frühe Staudte- und Lamprecht-Filme erinnert (etwa »Irgendwo in Berlin«, 1946), werden die selbstquälerischen, ineinanderge­ blendeten Reflexionen von Priester und Vater durch einen zweimal hineinmontierten, hart abgesetzten, Schnitt auf den Bewußtseinsstrom des Kindes unterbrochen, das auf dem Trümmerberg spielt, die Puppe schon fast vergessen und dem Vater längst verziehen hat. Allein der Leser ist in der knappen Montagestruktur in der privilegierten Position, die Zweifel des Vaters und des Priesters (»Gott, warum schlägst Du uns?«) aus der fraglosen Zuneigung einer durch die Gedanken des Kindes längst erfolgten Absolu­ tion (»Hoffentlich kann man die Puppe reparieren, damit Papi nicht mehr traurig ist«) wahrzunehmen. Noch einmal sind die Trümmer Chiffre für den zerstörten Zugang zu Antworten auf die Sinnfrage, zugleich die angespannte Suche danach, ganz in der Nähe der amerikanischen Frühmoderne nach dem ersten Weltkrieg, und Greenes ratlosen Priestern: »Da ist er gegangen. Dieser Mensch in den Trümmern, die­ ser Flüchtling, der glaubte, Gott würde an ihm das Wunder tun, die fortzeugende Kette von Schuld und Sühne zu un­ terbrechen, indem er ihn in der Schuld beließ. Sein Blick war fassungslos vor Entsetzen, so, wie die Augen seines Kindes gewesen sein mögen, als er es schlug. Ihm, gerade ihm hätte ich die Vergebung aufzwingen müssen. Ich sollte ihm nachlaufen bis ans Ende der Welt, bettelnd, er möge die Verzeihung annehmen. Einmal ist das Gesicht eines Men­ schen auf mich zugekommen, dachte der Priester. Und ich habe es nicht erkannt.«39’ Nach 1947 lebte Andersch zunehmend in Frankfurt und in der Eifel, kehrt zu seiner Münchner Heimat nicht mehr für länger zurück. Das hat zunächst politische Gründe, bleibt aber bis in die letzten Jahre ein gespanntes Haß-Liebe-Verhältnis.40* Be­ reits in Frühjahr 1947, noch vor dem »Ruf«-Redaktionswechsel, deutet sich der Abstand aus der Hamburger Perspektive an:4”

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»Ich bin in Hamburg über München ausgefragt worden, wie niemals nach meiner Rückkehr in München über Hamburg. Man sieht dort die große deutsche Frage, die vor uns allen steht. Hamburg ist eine lebendige Stadt. Zwar kann man dort ebensowenig etwas tun wie woanders. Aber man hat dort, sozusagen im Entwurf, alles fertig. Davon zeugt die brennende Diskussion wesentlicher Fragen (während man sich anderswo mit der Souveräntität von Huglfing beschäf­ tigt), die politische Atmosphäre, die im Kern gesund ist, weil man die entscheidende Wichtigkeit des Aufbaus, und zwar des sozialistischen Aufbaus, klar erkannt hat. Man diskutiert dort sachlich über Dinge, deren bloße Erörterung einen in Bayern zum bolschewistischen Attentäter stempeln würde. (In Bayern ist, nebenbei gesagt, jeder junge Katholik heute revolutionärer als, beispielsweise, Herr Högner.) Deshalb wird man in Hamburg in jenem entscheidenden Augen­ blick, in dem es wieder eine deutsche Initiative geben wird, an den richtigen Punkten ansetzen und damit schneller wie­ der auf den Beinen sein.«

Rom hinter den Alpen: Hockes bedrohtes Arkadien (1948— 194 9) Der später als Andersch (im Juni 1946 aus den USA über ein englisches Lager, Wilton Park) heimgekehrte Hocke wohnte vom Frühjahr 1947 bis Juni 1949 in Starnberg, war Redakteur der »Neuen Zeitung«, Lektor in der Nymphenburger Verlags­ handlung und schrieb für die »Deutschen Beiträge«, die neu gegründete Monatsschrift »Merkur«, den »Ruf« auch unter Kuby, gelegentlich für »Prisma« und »Die Zeit«. Anders als Andersch, der sich nun stärker an einem liberaleren Norden orientierte, sehnte sich Hocke nach Italien zurück. Seit 1948 bei der italienischen Mission in Frankfurt seine Akkreditierung als Italienkorrespondent betreibend, gelang es ihm als erstem deutschen Journalisten nach dem Kriege, das begehrte Korre­ spondenten-Visum im Sommer 1949 zu erhalten, mit dem Ziel, die starren italienischen Nachkriegsvorbehalte gegenüber Deutschland abbauen zu helfen. Als die »Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung« am 28. August 1949, zu Goethes 200. Geburtstag, in der Paulskirche feierlich verkündet wurde — auch dies ein Indiz der endenden Ubergangsjahre —, war Hocke, der diese Gründung mitvorbereitet hatte, unter den ersten Unterzeichnern. Hockes Erzählbeitrag, sein seit 1938 vorbereiteter Roman »Der tanzende Gott«, hatte 1948 und 1949 zwei Auflagen (von insgesamt 10000 in der Nymphenburger Verlagshandlung) und war, in Hockes eigener Darstellung, rasch vergriffen, aber auch ebenso rasch vergessen.42* Sein singuläres Verdienst war es - sieht man von E. Langgässers nicht verhüllt geschriebenem »Unauslöschlichem Siegel« (1946) ab —, das einzige Stück ech­ ter Schubladenliteratur zu sein, das nach 1945 zutage kam. Die Schaffensdaten und die Rezeption erweisen ein Stück Konti­ nuität zwischen Krieg und Nachkrieg; Hocke identifiziert sich noch heute gern mit der Formel einer damaligen Kritik der »Kölnischen Rundschau«, die von »symbolistischem Realis­ mus« sprach;43* der zunächst auf das NS-System zielende, im Rückblick aber auch als allgemeingültige, überzeitliche Vision von Hocke gedeutete Roman (»einen Roman dieser Art würde ich noch einmal schreiben«)44* gegen das »Leviathanische« von

Diktaturen blieb Hockes letztes Stück Erzählprosa, hatte wohl auch, wie das schlagartig zurückgehende Interesse nach 1949 zeigt, seine Wirkungsvoraussetzungen überlebt. Hockes »Kalligraphie«-Essay urteilt hier durchaus überzeugend, auch in eige­ ner Sache. Die Relevanz von Schreibweisen der »Inneren Emi­ gration« ging zu Ende.45* In den seit 1970 entstandenen Lebenserinnerungen (Teile wurden 1972 im Westdeutschen Rundfunk gesendet) weist der Titel »Im Schatten des Leviathan« symptomatisch auf die durchgehaltene metaphysisch-mythische Perspektive in der Nähe der »Kolonne«-Gruppe einer Zwischengeneration abge­ milderter Moderne der 1900 bis 1915 Geborenen. Hierzu stimmt auch die im 16. Kapitel (des Manuskripts) als entschei­ dende Humanismus-Definition gewählte Äußerung Hermann Hesses (gegenüber Karl Kerenyi am 7.7. 1945): »Für mich ist die schönste Frucht des Humanismus die pietas, die Ehrfurcht vor dem Menschen, seinen Möglichkeiten im Leisten und Leiden. Der Mangel an dieser Pietät, der Schwund des Menschenwertes in Leben, Politik und öffent­ licher Meinung, ist mit dem Abhauen des kränksten Glieds, des Nazismus, noch lange nicht geheilt, und wenn Europa wirklich verloren und nur noch schöne Erinnerung sein sollte, so wäre es auch mit dem Humanismus zu Ende. Im Grunde kann ich daran nicht glauben.«46* Die Abgrenzung 1 lockes gegenüber dem »Ruf«, dessen für spätere veristische Literaturansätze wichtiges Anfangsferment er nicht wahrnehmen will (»Seine Grundkonzeption — beim Wiedererscheinen in Deutschland - war verfehlt gewesen«),47* die parallel zu Thomas Mann gesehene Distanzierung von der Gruppe 47 (»Mir lag die Vorstellung einer literarischen Rich­ ter-Tribüne fern. Das Diskutieren war mir, in dieser Zeit verlo­ rener Wertmaßstäbe unbehaglich geworden«),48* dürfen bei ei­ ner schon im US-Lager deutlichen Trennung von Politik und Literatur nicht wundern. In Fort Kearney machte Hocke seit November 1945 lieber freiwillig Küchendienst, als die »Ruf«Redaktion bei, wie er es empfand, wachsend humorlosen Politik-Diskussionen: »Jede zukünftige Politik, so sagte ich mir, die nicht auch von der unantastbaren Individualität, ja Subjektivität des Men­ schen ausgeht, müsse zum Scheitern verurteilt werden ... Doch ahnte ich, daß die Ideologien-Krankheit unseres Jahr­ hunderts, die einseitige Verabsolutierung von Teilwahrhei­ ten, auch mit dem Zusammenbruch des Hitlerreichs nicht geheilt werden könnte ... meine größte Schwäche in diesen Zusammenhängen (war) eine Art von romantischem Idealis­ mus bei zu schwachem Eindringen in die gesellschaftliche Wirklichkeit. Diese an Hölderlin genährte, etwas jüngling­ hafte idealistische Schwarmgeisterei, von der ich mich auch mit 37 Jahren noch nicht befreit hatte, hat mir manchen Streich, gerade in der Bewertung von Menschen gespielt... Unter diesem sogenannten Hilfspersonal des Lagers fand ich mehr Verständnis für Musik, Kunst, Religion als unter der geistigen Elite, die vielfach nichts anderes konnte als un­ unterbrochen über Politik zu reden, selbstgefällig und selbstgerecht...; keine Atmosphäre für die Musen.«49* Die sympathisch selbstkritischen Einsichten in eine, oft allzu romantisch inspirierte, soziopolitische Konturlosigkeit sind

Alfred Andersch und Gustav René Hocke vom weitgehenden Ideologieverdacht der 47er in der ersten Nachkriegsphase nicht soweit entfernt, wie spätere Selbstkor­ rekturen ihrer Mitglieder glauben machen. Anderseits christli­ che Sartre-Variante und Hockes mythische Anthropologie las­ sen beide in den Jahren bis 1950 religiöse Zweifel in der Nähe von Barth und Bonhoeffer gestalten; Hockes Tagebuchnotizen von 1947 und Pastor Helanders gequälte Skepsis in »Sansibar oder der letzte Grund« (1957) münden in eine »deus absconditus« Vision.50’ »Ruinen-Miserabilität,... Hunger, geschlossene Grenzen ... Armut, Zynismus, Hoffnungslosigkeit und ein ganz neuer kirchlicher Pharisäismus« notiert Hocke in dem für ihn schlimmsten Starnberger Jahr als »soziologische > Zwi­ schenzustände« «;5,) die Orientierungslosigkeit und Dürftigkeit der Lebensumstände jener Jahre waren schwer zu überwinden. Doch Gustav René Hockes Talent für Freundschaft, ähnlich demjenigen Zuckmayers, und die Domäne seiner eigentlichen Bedeutung, das kulturkritische Essay, die fundierten kunst­ historischen und philosophischen Kenntnisse des CurtiusSchülers und Grassi-Freundes halfen ihm, neue Perspektiven zu gewinnen. Symptomatisch für ein neues Lebensgefühl ist der Anfang 1948 in Kubys »Ruf« (auf Anderschs Vermittlung)52’ erschienene Aufsatz: »Über den allerneuesten Zynismus. Ein Gespräch zwischen Voltaire und Wolfgang Bordiert«.53’ Die originelle Paarung dient Hocke dazu, Bordiert ein psycholo­ gisch einseitig auf die autoritäre, militaristische Vätergenera­ tion reagierendes Konzept vorzuhalten, um seine Botschaft als wesentlich optimistischer aufzudecken, als es die Gestik zwi­ schen Weltschmerz und Zynismus erkennen läßt.

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Als die »Neue Zeitung« nach der Entlassung von Hans Wal­ lenberg und Gert Heinz Theunissen (Chefredakteur und Feuil­ letonchef) im Zuge des heraufdämmernden McCarthy-Geistes die Zensur verschärfte, OMGUS zudem aus der Zeitung ein »Hausorgan der amerikanischen Militärregierung« machen wollte, trat Hocke zusammen mit sechs anderen Redakteuren am 31. März 1949 zurück.54’ Hocke blieb auch beharrlich, als man Zensurlockerungen versprach; ebenso zeigte er gegenüber Axel Springers Chefredakteur Charakter, in Rom als Korre­ spondent seichtes Lokalkolorit vermitteln zu sollen.55’ Hatten Dantes Terzinen und Leonardos Maximen Hocke über die düstere Stimmung des Jahres 1947 geholfen, so stellte sich ihm Starnberg zunehmend als ein »Arkadien vor den Al­ pen« dar, äußerlich noch »verarmt, etwas welk«, sogar »melan­ cholisch«; aber der Blick nach Süden, hinter den Alpen das bald wieder erreichte Leben in Rom ahnend, half das alles verwan­ deln.56’ Die emphatische Italienzugewandtheit beider Schriftsteller in Krieg und Nachkrieg war eine psychologisch verständliche Reaktion auf das Krisengefühl der Zeit.57’ Aber es war mehr als die Flucht in kontemplative Kunst-Idylle und Bildungshuma­ nismus. In beider Biographie hatte sich, in einem mutigen Akt der Loslösung vom NS-Staat in der Desertion und im römi­ schen Untergrund, der Weg in die Freiheit und zu sich selbst unlösbar mit Italien verbunden. Für Andersch bedeuteten dar­ über hinaus die Namen Silone, Pavese und Vittorini im »Ruf« ein positives Kontrastmodell des neuen Europa,58’ im Verismus wie im religiösen Sozialismus. Volker Wehdeking

Zur Darstellung der Stadt-Persönlichkeit Münchens in der deutschen Nachkriegsliteratur Märzenbier und Seidenhimmel Als Thomas Mann 1944 in Pacific Palisades am dreiundzwan­ zigsten Kapitel seines Altersromans »Doktor Faustus« zu arbei­ ten begann, schrieb er an Agnes Meyer: »Der Faustus ist augenblicklich in eine Phase des Gesell­ schaftsromans getreten. Er spielt jetzt in München, und ich krame in meinen gesellschaftlichen Erinnerungen an das München von 1910. Adrian paßt natürlich wenig in die Atmosphäre dieses einfältigen Capua, das dann zur 'Wiege der Bewegung« werden sollte. Ich hatte immer eine Ahnung von diesem Dummheitsschicksal.«1* Mit dieser Verdeutlichung seiner Schreibintention hat Thomas Mann nicht nur das eigene Werk noch in der Entstehung inter­ pretiert, sondern auch einem großen Teil der München-Litera­ tur bis in unsere Tage hinein den Weg gewiesen. Die bohrende Frage nach den Ursachen für den Verfall der »Kunststadt«,2* als dessen konsequentes Ende das von den Bomben des Zweiten Weltkrieges zerstörte München erschien, hat insbesondere jene Schriftsteller beschäftigt, die entweder noch bewußt das »München der späteren Regentschaft«,3* das heißt das letzte Jahrzehnt der Prinzregentenzeit, erlebt hatten oder die Bild und Atmosphäre des leuchtenden München, wie es die durch Thomas Mann angeleitete Literatur bewahrt und variiert hatte, langsam aus den Trümmern hatten Wiedererstehen sehen. Thomas Mann hat den Vergleich Münchens mit dem durch Reichtum und Sittenverfall schon zu Hannibals Zeiten sprich­ wörtlich gewordenen Capua aus dem Brief unmittelbar in den Roman übernommen; er hat Grillparzers auf Wien bezogenen Städtevergleich, jenes »Schön bist du, doch gefährlich auch ...«, nicht allein auf das erinnerte und literarisierte München im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts angewandt, sondern zur Formel für die mehr als eine Generation dauernde Agonie des alten München, für Blüte und Zerfall »dieses selbstver­ gnügten Capua«,4* gemacht. Dabei schlossen sich dem Mün­ chener Autor im Exil die Jahrzehnte seit 1914 zu einer einzi­ gen Epoche des Untergangs zusammen, war es ihm doch, als seien die »Schrecken unserer Tage« schon in den Jahren des Er­ sten Weltkrieges vorgezeichnet, »der der ästhetischen Lebens­ unschuld der Isarstadt, ihrer dionysischen Behaglichkeit, wenn ich mich so ausdrücken darf, für immer ein Ende machte.«5* Alles Spätere schien dann nur noch die notwendige Konse­ quenz dieses furchtbaren Beginns. Zur gleichen Zeit, als Thomas Mann im fernen Kalifornien sich die »perspektivenschöne Hauptstadt«, ihre Atmosphäre, ihre Menschen, »die monumentale und bergbachdurchrauschte Dörflichkeit des Stadtbildes unter föhnblauem Alpenhim­ mel«6* ins Gedächtnis zu rufen suchte, notierte Wilhelm Hau­ senstein, der poetisch hoch talentierte Publizist, gegen den die Nationalsozialisten seit 1936 ein Publikationsverbot verhängt hatten, nach einem Gang durch das von den Bomben schon weitgehend zerstörte München:

»Die Stadt ist zum größeren Teil zerstört: in ihren Wohn­ häusern, in ihrer monumentalen Gestalt. Der Eindruck ist grausig. Ich kann mir nicht denken, wie München je wieder zur Repräsentation dessen, was es gewesen ist, wiederher­ gestellt werden soll ... Man meint durch einen absurden Traum zu wandern. Nähme man es für wahr, könnte man es für wahr nehmen, so müßte es einen schier zerreißen. Die menschliche Natur hilft sich, indem sie sich dagegen sträubt, es wahrzuhaben.«7* Wenige Monate später schon versagte im Anblick der Zerstö­ rung auch die Kraft der Phantasie. Hausenstein stand vor einem halb zerstörten Haus, mit dem sich Erinnerungen an seine Stu­ dentenzeit verbanden: »... die Scheiben fehlten, sie waren durch rohe Bretter er­ setzt, wie überall in der Stadt; irgendwo am Hause griff eine winterrote Männerfaust aus einem Fensterloch und machte eine letzte Planke fest. Ich suchte mir einen Augenblick lang dahinter eine Situation von etwa 1905 vorzustellen; sie war vernagelt wie ein Sarg mit seinem Leichnam.«8* Die wahre Heimatlosigkeit — so wird häufig berichtet — be­ gann für die aus Deutschland vertriebenen Künstler und Schriftsteller erst bei der Heimkehr, als im Anblick der Zerstö­ rung auch jenes Bild der Heimat versank, das in der Erinne­ rung bewahrt und verklärt die Jahre des Exils überdauert hatte. Carl Zuckmayer hat dieses Schicksal des Exils schon 1939 vor­ hergesagt: »Ich weiß, ich werde alles wiedersehn. Und es wird alles ganz verwandelt sein, Ich werde durch erloschne Städte gehn, Darin kein Stein mehr auf dem andern Stein — Und selbst wo noch die alten Steine stehen, Sind es nicht mehr die altvertrauten Gassen — Ich weiß, ich werde alles Wiedersehen Und nichts mehr finden, was ich einst verlassen.«9’ Paradigmatisch für diese Erfahrung ist auch Alfred Döblins Wiederbegegnung mit dem Berlin des Jahres 1946, in dem die Menschen »wie Ameisen in einem zerstörten Haufen hin und her« rannten, in dem er sie Ruinen- und Schutthügel ersteigen sah: »Was wollten sie da? Etwas suchen, graben? Sie hatten Blu­ men in der Hand. Auf dem Hügel hatten sie Kreuz und Tafeln errichtet. Es waren Gräber. Da legten sie die Blumen hin, knieten und sprachen Gebete.«10’ Die Städte der Heimat waren für alle, die Heimkehrenden und die Zuhausegebliebenen, zu Grabhügeln geworden, unter deren Schutt auch die Erinnerung zu ersticken drohte. »Der einzige Platz in Berlin«, schrieb Gottfried Bermann-Fischer am 15. Mai 1947 an seine Frau,

München in der Nachkriegsliteratur »der noch etwas vom alten Berlin widerstrahlt, ist dieser Friedhof.... alles das umgeben von den alten Bäumen, dem alten Duft - es ist unglaublich - aber hier durch die Toten lebt das Alte. Draußen ist es tot und vorbei.«11* Anders als für das Bild des in Schutt und Asche gesunkenen Machtzentrums Berlin, in dem sich erinnertes Leben und gegenwärtiger Tod so auffallend begegneten, gaben Thomas Mann und Wilhelm Hausenstein für das Stadtbild Münchens und seine Zerstörung fast gleichlautend das Stichwort vom monumentalen Charakter dieser Stadt. Durch ihn allein, nicht so sehr durch Kunstgewerbe und Künstlerexistenz in den Mauern der Stadt, rechtfertigte sich der Begriff der Kunststadt. Die ganze Stadt wurde in ihrem äußeren Erscheinungsbild als ein Kunstwerk, ein von Leben und Freude erfülltes Monument verstanden, das dem Bewohner Leben schenkte, dessen be­ wegte Schönheit den Betrachter zu verwandeln in der Lage war, dessen unempfindliche Mißachtung durch die seit den Zwanziger Jahren stark veränderte Bevölkerung aber den inne­ ren Anfang der äußeren Zerstörung bekundete. Am 6. Oktober 1943 notierte Hausenstein in sein Tagebuch: »... die Baudenkmale einer Stadt können doch nur leben, wenn sie angeschaut, gekannt, unterschieden und geliebt sind — sie leben aus dem Blick der Menschen auch, nicht nur aus sich. Schon längst hatte es mich beängstigt, zu merken, daß zwischen den Menschen und den Bauten das Verhältnis der Anschauung, die Liebe vollends erloschen war und daß die schönen Gebäude eben deshalb ins Non-Existente oder Halb-Existente zurücktraten .. ,«12* Es ist daher nur konsequent, daß Hausenstein die zeitweilige Zerstörung des Monumentalcharakters, das heißt die Vernich­ tung jener Bausubstanz, um derentwillen »München zu den europäischen Hauptstädten zählte«,13* mit dem eigentlichen Anfang einer mehr als nur Nostalgie vermittelnden »München leuchtete«-Literatur,14* eben mit Gottfried Kellers »Grünem Heinrich« verglich, der Thomas Manns berühmte MünchenNovelle »Gladius Dei« so nachhaltig beeinflußt hat.15* Von Kellers Beschreibung der »im letzten Abendscheine« glühen­ den großen Hauptstadt, aus deren »Kirchen und mächtigen Schenkhäusern ... Musik, Geläute, Orgel- und Harfenspiel« erscholl,16* führt über das Frühwerk Thomas Manns, die Aus­ einandersetzung um die Kunststadt München in den Zwanzi­ ger und Dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts, Hausensteins »Tagebuch im Kriege«, seinen Vortrag über »München. Ge­ stern, heute, morgen« (1947), Thomas Manns »Doktor Faustus« (1947), Gottfried Kölwels »Münchner Elegien« (1947)17* und die München-Romane der Fünfziger Jahre bis zu Ernst Augustins souveräner Parodie der »München leuchtete«-Literatur18* eine Entwicklungslinie, welche die Eigentümlichkeit einer Literarisierung des Münchener Stadtcharakters im weiten Feld zwischen »erzählter Stadt« und »erzählter Provinz«19’ ver­ deutlicht. Sie ist durch eine auf die künstlerisch-ästhetische Atmosphäre der so gänzlich unliterarischen Stadt eingegrenzte Perspektive gekennzeichnet, die zwar vorgibt, das ganze Mün­ chen zu beschreiben, in Wahrheit jedoch ausschnitthaft und exemplarisch Schwabing, und besonders die Ludwigstraße zwischen Feldherrnhalle und Siegestor, also das von Ludwig I. gebaute neue München, bevorzugt, sein Milieu als stadtprä­ gend deklariert. Für diese Perspektive hat Thomas Mann im

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»Doktor Faustus« die Stichworte gesammelt, die in den Kunst­ debatten seit der Prinzregentenzeit und den literarischen Dia­ logen bis in unsere Tage immer wieder neu geboren werden. Da findet sich zum Beispiel der enge Zusammenhang zwischen den auf Farbe und Glanz gestellten Sinnesimpressionen, wel­ che diese Stadt des nördlichen Südens vermittelt, mit der Festesfreude ihrer Bewohner. Für Thomas Mann heißt dies: »München mit seinen Wachtparade-Konzerten in der Feld­ herrnhalle, seinen Kunstläden, Dekorationsgeschäftspalä­ sten und Saison-Ausstellungen, seinen Bauernbällen im Fasching, seiner Märzenbier-Dicktrunkenheit, der wochen­ langen Monstre-Kirmes seiner Oktoberwiese, wo eine trotzig-fidele Volkhaftigkeit, korrumpiert ja doch längst von modernem Massenbetrieb, ihre Saturnalien feierte; Mün­ chen mit seiner stehengebliebenen Wagnerei, seinen eso­ terischen Koterien, die hinter dem Siegestor ästhetische Abendfeiern zelebrierten, seiner in öffentliches Wohl­ wollen gebetteten und grundbehaglichen Bohème.«20* In der Assoziationskette zusammengesetzter Substantive er­ stand ihm nochmals in ironischer Brechung jene bedrohte und zugleich bedrohliche Atmosphäre, die nicht nur während der Hochblüte des Renaissancismus an das mediceische Florenz erinnerte und die sein Frühwerk bis zum »Tod in Venedig« (1912) geprägt hat. Unter diesen Stichworten findet sich aber auch das alte Bevölkerungsproblem Münchens, die strenge Scheidung der Bodenständigen von den Zugewanderten, deren beredten Führungsanspruch die wenig sprachgewandte »Urbevölkerung« nur murrend hinnahm und oft genug mit brachialer Gewalt dagegen aufbegehrte. In allen Texten der »München leuchtetete«-Literatur verleitete gerade dieser Gegensatz zu Karikatur und Groteske. Seit Thomas Manns Sprachnotizen zu den »Buddenbrooks« wurde diese Konfron­ tation von deftigem Dialekt oder auch lallender Unverständ­ lichkeit und norddeutscher Empfindlichkeit zu einem leiten­ den Motiv. Und schließlich findet sich darunter das Stichwort von der Fremdheit der Stadt auch für den, der schon viele Jahre in ihren Mauern gelebt hat, jener Fremdheit und fortschreiten­ den Entfremdung also, die für Hausenstein die Degradierung des Stadtbildes zur Kulisse zur Folge hatte und die innere Zer­ störung der Stadt vor der äußeren einleitete. Von Adrian Lever­ kühn berichtete sein Biograph: »... — es war dies Stadtwesen ganz der rechte Gegenstand für den Blick, den ich seit Jahr und Tag an ihm kannte, den ver­ schleierten, kalten und sinnend entfernten, dem das lächeln­ de Sichabwenden folgte.« Thomas Manns eigene Erfahrungen mit einer Stadt, die ihm vier Jahrzehnte Heimatrecht gewährt, ihn aber 1933 mit dem berüchtigten »Protest der Richard-Wagner-Stadt München« als einen »unzuverlässigen und unsachverständigen« Kritiker »wertbeständiger deutscher Geistesriesen«21* lebensgefährlich denunziert, gesellschaftlich geächtet und national exkommuni­ ziert, kurz: ins Exil getrieben hatte, sind in diese bittere Dar­ stellung Münchens und seiner Stadtkultur mit eingegangen. Thomas Mann zog im »Doktor Faustus« gleichsam das Fazit des jahrzehntelangen — schließlich vergeblichen — Kampfes um Reputation und internationales Ansehen der Kunststadt, er lieh jener literarischen Kunststadt-Ideologie seine Stimme, die ihren Höhepunkt in den unmittelbaren Nachkriegsjahren er-

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Literatur und Medien

reichte. Damals nämlich hat Wilhelm Hausenstein - ohne jede Ironie — die Entfremdung zwischen dem Stadtbild und der Be­ völkerung zur »fast schon metaphysischen Ursache« der Zer­ störung erklärt.22’ Auch wenn solche Erklärungsversuche im Rückblick allzu sehr vom Geist der in Deutschland beginnen­ den Restauration geprägt scheinen, hatte Hausenstein für seine Metaphysik des Stadtbildes doch gute Belege: den 1938 er­ folgten Abbruch der Matthäuskirche an der Sonnenstraße, den Abbruch des Palais Karl Theodor und anderer Gebäude »mo­ numentalen Rangs« an der Ludwigstraße — auf Befehl jener, die München nunmehr offiziell zur »Kunststadt des Deutschen Reiches« proklamierten —, die Substituierung des Münchener Klassizismus durch nationalsozialistische Quaderbauweise und damit die Deklassierung des Königsplatzes. Münchens Zerstö­ rung begann tatsächlich »im Frieden - in der ersten Hälfte der Dauer des »dritten Reichs« «,23’ Schon aus der Perspektive der Zwanziger Jahre wurde die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nicht nur als eine Epoche bür­ gerlicher Sicherheit, das heißt »wirtschaftlichen Wachstums, zivilisatorischen Fortschritts und kultureller Blüte beschrieben, sondern darüber hinaus als eine entschwundene Welt ver­ klärt«.24’ Bis heute gewinnen alle Auseinandersetzungen um den Münchener Stadtcharakter ihre Brisanz aus dem Vergleich mit der Prinzregentenzeit, deren spätere Jahre nur für den historisch geschulten Blick der Wahlmünchener durch einen fortschreitenden Verlust europäischer Tradition und Weltbür­ gerlichkeit gekennzeichnet waren.25’ Die »Pose der Münchner Neurenaissance«, wie Hausenstein die Jahre um die Jahrhun­ dertwende nannte, hat Thomas Mann in seiner 1901 erstmals öffentlich gelesenen Novelle »Gladius Dei« ironisiert, so daß er in den Vierziger Jahren Milieu und Atmosphäre der frühen Erzählung, zitierend, in den »Doktor Faustus« aufnehmen konnte. Die »gesellschaftlichen Erinnerungen« also, die in der Kunst aufzubewahren versuchten, was in der Realität für im­ mer verloren schien, sind bei Thomas Mann Reminiszenzen an das eigene Werk, das, entgegen der Anfangsintention, durchaus zur Verklärung der »späteren Regentschaft« beigetragen hatte. Die naive »München leuchtete«-Literatur, insbesondere der Trümmerzeit, schien über dem sprichwörtlich gewordenen Be­ ginn von Thomas Manns »Gladius Dei«, über dem im »Son­ nendunst eines ersten, schönen Junitages« leuchtenden Mün­ chen das »breite Feuerschwert« vergessen zu haben, das sich am Ende der Erzählung »im Schwefellicht über die frohe Stadt hinreckte«. Auf München rief schon 1901 ein Savonarola redivivus Schwert und Gericht Gottes herab: » »Gladius Dei super terram .. .< flüsterten seine dicken Lip­ pen, und in seinem Kapuzenmantel sich höher emporrich­ tend, mit einem versteckten und krampfigen Schütteln seiner hinabhängenden Faust, murmelte er bebend: »Cito et velociter!« RufDie Neue Zei­ tung« sollte sich in eine typisch amerikanische Zeitung verwan­ deln.«69’ Mit der Währungsreform kam es zum echten Wettbewerb zwischen den Lizenzzeitungen und dem Organ der Militär­ regierung. Innerhalb weniger Monate fiel die Auflage der »Neuen Zeitung« von etwa 2,5 Millionen auf 900000 Exem­ plare.70’ Bis zum Herbst 1949 ergab sich eine weitere Verrin­ gerung auf 250000 Exemplare, obwohl das Blatt jetzt in drei Ausgaben mit selbständigen Redaktionen in München, Frank­ furt und Berlin erschien. Die Dezentralisierung erwies sich je­ doch als weiterer Fehlschlag. Nach der Aufgabe der Münchner Druckerei stellte auch die Frankfurter Ausgabe im September 1952 ihr Erscheinen ein. Die Berliner Ausgabe konnte sich noch weitere 16 Monate halten.71’ Dagmar Wiedenhorn-Schnell

Die Zeitschriften-Landschaft Münchens 1945—1949 Die literarisch-politische Wochen- und Monatspresse1 zwischen Möglichkeiten und Illusionen »Es ist bezeichnend, daß die restaurativen Entwicklungen seit 1945 in erster Linie von den politisch-literarischen Monatsschriften notiert wurden ... Wenn eine Zeitschrift eingeht, läßt sich mit einiger Bestimmtheit sagen, daß ihre Herausgeber individualistisch und nicht sozial dachten: sie haben die Wellenlänge nicht getroffen, die zwischen den Intellektuellen in ihren abseitigen Kammern oder Landhäu­ sern und den integrierten Intellektuellen an den Hochschu­ len, in Ämtern, Büros, Studios und Redaktionen vermittelt.« (Harry Pross)2* Keine pressegeschichtliche Etappe des 20.Jahrhunderts ist so stark geprägt von Kulturzeitschriften wie die Jahre zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Währungsreform. Zeitgenossen bezeichneten diesen Zustand als »wahre Sintflut« oder »Inflation« und kritisierten an der Quantität eine oftmals fehlende Qualität.3* Bis 1948 erschienen Auflagen von durch­ schnittlich 10-20000 Exemplaren, wobei die Nachfrage der Abonnenten meist um ein Vielfaches darüber lag.4* Der Papier­ mangel und die von der Besatzungsbehörde, der »Publication Branch«, vorgeschriebene Auflagenhöhe verhinderten jedoch ein weiteres Ansteigen. Dieses zeittypische Phänomen der Zeitschriften- und Broschürenschwemme ist im wesentlichen auf drei Punkte zurückzuführen: Das Besatzungsrecht der Amerikaner schrieb vor, daß jede Publikation von der Besatzungsbehörde lizenziert, also geneh­ migt werden mußte. Der erste Schritt dazu, die Herausgeberund Verlaglizenz, war ausschließlich personengebunden und erforderte eine völlige Integrität der Lizenzträger während des »Dritten Reiches«. Mit einer solchen Lizenz kam der Verleger in eine - auch nach heutigen Maßstäben - ungewöhnliche Si­ tuation: trotz fehlenden Eigenkapitals konnte die »Produktion« mit Papierzuteilung, Druck, Verlagsanschluß und Absatz als einigermaßen gesichert angesehen werden. Fachliche Qualifi­ kation war bei der Lizenzerteilung nicht unbedingt erforder­ lich. Die Amerikaner maßen den Kulturzeitschriften — wohl wegen ihres pädagogischen und dialogischen Charakters — im Re-educations-Programm besondere Bedeutung zu; christliche Zeitschriften und Jugendzeitschriften wurden hierbei bevor­ zugt genehmigt. Diese amerikanische Prcssepolitik bildete eine Grundvoraussetzung für die Entstehung des künstlich ange­ schwollenen Zeitschriftenmarktes. Die Kulturzeitschrift als »Schrift der Zeit« wurde als Orien­ tierungshilfe auf der Suche nach neuen (oder alten) Werten, Richtlinien und Maßstäben verbreitet. Hier bot man dem Leser die Möglichkeit, sich mit damals vieldiskutierten Werten und Weltanschauungen wie Christentum, Sozialismus, Demokra­ tie, Freiheit, Nationalismus und Faschismus auseinanderzuset­ zen, sich zu informieren, um zwölf Jahre geistige Isolierung zu überwinden und den Anschluß an die übrige Welt und die ei­ gene Vergangenheit herzustellen. Auffallend ist, daß man sich

hierbei ständig auf die abendländische Tradition berief, auf das Erbe deutschen Geistes, welches das Gegengewicht zu dem Zerfall der Wertmaßstäbe im »Dritten Reich« bilden sollte. In breiten Kreisen vermittelte die Zeitschrift Kultur »im Sinne des alten Kulturbegriffes vom Guten, Wahren und Schönen« oder utilitaristisch als »Volkshochschule« und bot dem Leser so Rückzugsmöglichkeiten aus der Trostlosigkeit des Alltags.5* Der dialogische Charakter der Kulturzeitschrift entsprach über­ dies dem Bedürfnis der Zeit nach Aussprache, Information und Diskussion; die ausführlichen Leserbriefspalten und die schier erdrückende Flut von Zuschriften — vor allem bei Jugendzeit­ schriften - machen dies deutlich.6* Schließlich konnten Kulturzeitschriften auch auf Intellek­ tuelle und namhafte Publizisten mehr Faszination ausüben als etwa Tageszeitungen, die stärker den Richtlinien der Amerika­ ner unterworfen waren. Die Zeitschrift als Sprachrohr einer Persönlichkeit oder einer Gruppe7* schien die Möglichkeit zu bieten, geistig am Neuaufbau Deutschlands teilzunehmen, selbständig Konzeptionen zu entwickeln und zu formulieren und so einen eigenen Beitrag zur neuen Gesellschaft zu leisten. Erich Kuby beschrieb dies so: »In dieser Situation hat sich die deutsche Publizistik in die Zeitschriften geflüchtet. Sie sind weit mehr als die Zeitung ein Ausdruck der Zeit; in ihnen finden wir beides: den Ver­ such, der Wirklichkeit habhaft zu werden, und den Versuch, ihr zu entfliehen.«8* Bekannte Publizisten, Intellektuelle und Schriftsteller führten als Herausgeber einer Kulturzeitschrift das Gespräch zur Zeit: Alfred Kantorowicz (»Ost und West«), Alfred Döblin (»Das goldene Tor«), Karl Jaspers und Dolf Sternberger (»Die Wand­ lung«), Manes Sperber (»Die Umschau«), Franz Josef Schöningh (»Hochland«), Friedrich Langenfaß und Rudolf Alexan­ der Schröder (»Zeitwende«) oder Walter Dirks und Eugen Kogon (»Frankfurter Hefte«). Es sind also nahezu alle wichti­ gen Publizisten und Denker jener Zeit als Autoren in der Zeit­ schriftenpresse vertreten. Somit erscheint die Kulturzeitschrift der Jahre 1945 bis 1948/49 als eigentlicher Spiegel innerdeut­ scher Verhältnisse, als Seismograph der geistigen Situation in Mitteleuropa. Das Erlebnis der Verfolgung hatte eine gemeinsame Front von Konservativen, Christen, Sozialisten und Kommunisten geschaffen. Sie waren sich darin einig, daß Militarismus, natio­ nalpatriotisches Gedankengut und Krieg ein für allemal ver­ bannt sein solle. Die damalige Stimmung beschrieb Jean Amery mit folgenden Worten: »Die Welt gehöre uns: den Geschlagenen, die zu Siegern ge­ worden waren, den Utopisten, deren zügelloseste Träume urplötzlich überboten schienen von der Wirklichkeit, den Visionären einer Zukunft, die uns heute selber als tiefste

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Literatur und Medien

Vergangenheit erscheint. Das radikal Böse, so meinten wir, sei vernichtet. Man müsse nur ans Aufräumen des Unrats gehen, den es uns hinterlassen hatte, und die Welt werde sein, wie wir sie uns gewünscht hatten: frei, gerecht, brüder­ lich.«9’ Diese Hoffnungen zerschlugen sich aber spätestens mit Beginn des Kalten Krieges, also etwa Mitte 1947.10’ Zugleich zeigte sich bei den Lesern ein Hang zu mehr Unterhaltung; Spekula­ tion auf Masseninstinkte und Flucht in die Schönheit der Welt zeichneten den Weg hin zur Illustriertengesellschaft der Fünf­ ziger Jahre.”’ Viele Zeitschriften versuchten sich durch eine mehr oder minder starke Anpassung zu retten: So wurde aus Erich Kästners Jugendzeitschrift »Pinguin« 1949 eine Illu­ strierte gleichen Namens, aus der Jugendzeitschrift »ZickZack« der »Stern«. In München gab es dieselbe Entwicklung beim »Regenbogen«, der schließlich in die Zeitschrift »Welt der Frau« überging. Die meisten Rettungsversuche schlugen al­ lerdings fehl. Zusätzlich kamen mit der Lizenzaufhebung 1949 wieder Altverleger mit ihren Produkten und Neugründungen als Konkurrenz auf den Markt. Da sich Kulturzeitschriften überdies sehr schlecht für Anzeigengeschäfte eigneten, mußte schon bald nach der Währungsreform über die Hälfte aller Zeitschriften ihr Erscheinen einstellen. Nur wenige aus den er­ sten Nachkriegsjahren haben bis heute überleben können. So erscheinen unter derselben Herausgeberschaft lediglich noch die »Frankfurter Hefte« unter Walter Dirks und Eugen Kogon. Wenn auch mit stark gesunkener Auflage, gehört diese Zeit­ schrift doch zu den am meisten beachteten und zitierten der Bundesrepublik. Der »Merkur«, von Hans Paeschke über drei­ ßig Jahre geleitet, ist seit 1980 in München unter der neuen Herausgeberschaft von Hans Schwab-Felisch ansässig gewor­ den. Der in München begründete »Monat«,12’ jahrelang Renommierobjekt des Westens, stellte 1971 zeitweilig sein Er­ scheinen ein und kann heute — seit 1978 neu herausgegeben — seine einstige Bedeutung nicht mehr erreichen. Im Gegensatz zur auflagenstarken Kulturpresse fiel die Bü­ cherproduktion der Verlage vergleichsweise bescheiden aus: Das Angebot wurde bestimmt von Besatzungsvorschriften, Auflagenbegrenzungen und diffizilen rechtlichen Bestimmun­ gen, vor allem bei der Herausgabe ausländischer Autoren. Während an Büchern noch großer Mangel herrschte, wurde es der Kulturpresse ermöglicht, Lektüre für breite Kreise zu wer­ den und so teilweise die Funktion von Büchern zu überneh­ men. Es drängt sich hier jedoch die wohl nicht abschließend zu klärende Frage auf, ob der gelesene Stoff auch verarbeitet wur­ de oder ob der Konsum von Kulturzeitschriften nur der Ablen­ kung vom Alltag diente — Kultur also eine Ersatzfunktion für Politik hatte.13’ Unmittelbarer Konkurrent der Kulturzeitschriften waren in den »Trümmerjahren« die Tageszeitungen, die mit Ausnahme der 1948 gegründeten »Abendzeitung« zweitägig erschienen. Bis zu 70% der Bewohner der US-Zone lasen Tageszeitungen; etwa ebensoviele waren Radiohörer.14’ Der wesentliche Unter­ schied gegenüber’diesen Medien bestand darin, daß sich die Zeitschriften oftmals als Organ oder Sprachrohr einer Bewe­ gung, Organisation, Interessengruppe oder Ideologie verstan­ den und daß außerdem Wiederbegründungen von Zeitschrif­ ten, die im »Dritten Reich« verboten gewesen waren, gestattet, wenn nicht gar gefördert wurden;15’ Altverleger der Tagespres­

se hingegen konnten erst nach Aufhebung der Lizenzierungs­ pflicht wieder tätig werden. München kann in diesen Jahren nach Berlin, das wegen seines Vier-Mächte-Statuts von vorn­ herein einen besonderen Stellenwert besaß, als wichtigstes Zentrum der Zeitschriftenliteratur bezeichnet werden, gefolgt von Stuttgart, Frankfurt/M., Baden-Baden, Hamburg und Köln/Düsseldorf. Es erschienen hier etwa 45 literarisch-politi­ sche Blätter mit einer monatlichen Gesamtauflage von über 3000000 (!), wobei die von der Besatzungsmacht herausgege­ benen 4 Zeitschriften bereits 800000 Exemplare ausmach­ ten.16’ Eine Zeitschriftentradition läßt sich für München auch in den Dreißiger Jahren feststellen. So war hier während des Dritten Reiches eine Literaturzeitschrift erschienen, die als einer der wichtigsten Zufluchtsorte heimlicher NS-Gegner aus dem literarischen Bereich angesehen wird: das von Paul Alverdes und Karl-Benno von Mechow herausgegebene »Innere Reich«. Darin wurden neben unverfänglichen Arbeiten Günter Eichs, Karl Krolows, Peter Hucheis, Horst Langes oder Oda Schäfers17’ auch Werke von Wilhelm Pleyer, Will Vesper, Hans Grimm oder Guido Kolbenheyer veröffentlicht. Ein wesentli­ cher Teil der Münchner Autoren, die nach 1945 in Zeitschrif­ ten publizieren konnten, findet sich auch im »Inneren Reich«. Regelmäßig schrieb hier Georg Britting, nach 1945 Hausautor der Nymphenburger Verlagshandlung und ihrer Zeitschriften »Deutsche Beiträge« und »Münchener Tagebuch«; stark vertre­ ten war auch Walter Bauer, der nach 1945 unvermindert fleißig in den meisten deutschen Nachkriegszeitschriften publizierte, ebenso Hellmut von Cube.18’ Dieses Beispiel illustriert an­ schaulich, wie literarisch-publizistische Arbeit ohne großen Bruch fortgesetzt werden konnte, wenn auch viele Autoren ihre Arbeit unter dem Nationalsozialismus verleugneten.19’ Günter Eich und Walter Bauer etwa versuchten - mit unter­ schiedlicher Qualität —, sich durch Anpassung an die »Kahl­ schlagmentalität« des Trümmeralltags von ihrer publizistischen Vergangenheit abzusetzen. Beide finden sich als Autoren des »Rufs« wieder, der - Protagonist eines neuen Kulturverständ­ nisses - sich somit als Bindeglied zwischen inneren Emigran­ ten, der jungen Nachkriegsautorengeneration und den Exilier­ ten erweist: Der »Ruf« knüpfte an die Zeit vor 1933 an und verband existentialistische Strömungen mit dem Realismus etwa der amerikanischen Literatur. Eine Art Gegenkultur entstand also vorwiegend durch »Zugereiste«, so beispielsweise durch die Mitarbeiter des »Ruf«, des Willi Weismann-Verlages20’ oder den Kreis um den Sinologen und KP-Kultursekretär Heinz Mode, der aus der Schweizer Emigration nach München gekommen war und dort die »Gewerkschaft der geistig und kulturell Schaffenden« mitbegründete.21’ Kreise und Gruppen, die sich um Personen oder Zeitschriften bildeten, wurden zu einem wichtigen Be­ standteil der Kommunikation im Nachkriegsdeutschland, denn hier konnten sich Künstler, Publizisten und Politiker ver­ schiedenster Richtungen zu Gesprächen im privaten Kreis tref­ fen.22’

Zeitschriften der »jungen Generation« Eine sich gegen das traditionelle Kulturverständnis entwikkelnde Position nahm seit 1947 die Gruppe um die Zeitschrift der »jungen Generation«, »Ende und Anfang«, ein; sie forder-

Zeitschriften

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Zeitungs- und Zeitschriftenstand am Hauptbahnhof, 1949, Photo von H. Schürer

te, vielleicht am radikalsten, eine politische wie kulturelle Änderung der Gesellschaft. Ihre Mitarbeiter wie auch die des »Ruf« fanden später in den »Frankfurter Heften«, im »Neuen Europa« Walter Heists oder in der »Deutschen Woche« eine publizistische Heimat. Die Zeitschriften der »jungen Generati­ on« stellten einen in der deutschen Pressegeschichte bislang unbekannten Zeitschriftentyp dar, der nach 1949 wieder ver­ schwand. Sie wurden meist von 20-35jährigen für gleich­ altrige Kriegsheimkehrer gemacht und proklamierten den Aufbruch einer vom Nationalsozialismus verratenen Jugend. Besonders in den Westzonen verstanden sich einzelne Redak­ tionen als Plattform eines sozialistisch eingefärbten Neutrali­ tätskonzeptes, welches Deutschland die Funktion einer Brücke zwischen den in Ost und West entstehenden Blöcken zuwies. Zentrum dieser jungen Kriegsheimkehrergeneration war der »Ruf«. Wie aus dem programmatischen Leitartikel der ersten Ausgabe deutlich wird, verstand sich der »Ruf« als Teil eines »europäischen Wiedererwachens«. In der Verwirklichung

der Synthese von persönlicher Freiheit und gesellschaftlicher Gemeinsamkeit sahen die Mitarbeiter des »Ruf« die Forderung der Zeit und den Willen der jungen Generation, einer Genera­ tion, die den Glauben an ihre Väter verloren habe, diese des­ halb aber auch realistischer beurteilen könne:23’ Ihr Konzept manifestierte sich in der These Arthur Koestlers vom »Zeitalter des Interregnums«.24’ 1946/47 wollten Alfred Andersch und 1 lans Werner Richter etwas anderes und vielleicht Tiefergrei­ fenderes als Dichtung oder Politik. Sie hatten den Wunsch nach einer moralischen Erneuerung des deutschen Volkes aus eigener Kraft. In zeitbedingter Überschätzung des Gewichtes von Literatur glaubte man auf Politik und Gesellschaft einwir­ ken zu können. Der »Ruf« proklamierte ein neues Kulturver­ ständnis,25’ trug aber auch wesentlich zum Mythos vom Kahl­ schlag und der sogenannten »Stunde Null« bei, die es sowohl von der personellen Zusammensetzung wie auch von der publizistischen Tradition des »Ruf« her nicht gegeben haben kann. Die meisten Mitarbeiter waren älter als dreißig Jahre, zu

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den jüngeren zählten lediglich Wolfgang Bächler, Wolfdietrich Schnurre und Nicolaus Sombart. Nach Ausführungen Erich Kubys, der in der für Lizenzierungsfragen zuständigen Stelle der amerikanischen Besatzungsbehörde in der Hubertusstraße tätig war, als Mitinitiator des »Ruf« gelten kann und ihn auch ein Jahr lang stellvertretend herausgab, war für die Amerikaner der Linkstrend der Zeitschrift nicht greifbar gewesen. Sie wa­ ren vielmehr der Ansicht, der »Ruf« habe seine Chance zur Analyse von Faschismus und Sozialismus nicht wahrgenom­ men und so teilweise eher den Eindruck eines »Entschuldi­ gungsforums« erweckt.26’ Ganz anders verlief die Entwicklung bei »Ende und An­ fang«. Diese Zeitschrift wurde von wirklich jungen Leuten be­ gründet, von Studenten um den Herausgeber Franz Josef Bautz. Sie stand anfangs ganz in der Tradition der katholischen Jugendbewegung und erfuhr dann mit dem Hinzutreten von Ludwig Döderlein, Theo Pirker und Ernst Schumacher 1947 eine starke Politisierung des Programms. Ihr Ausgangspunkt war - wie bei den »Frankfurter Heften«, zu denen sich ein dauernder persönlicher Kontakt herstellte — ein christlich­ katholisches Selbstverständnis, Engagement für die Unter­ drückten und Einsatz für mehr Gerechtigkeit in der Gesell­ schaft. Die intensive Auseinandersetzung mit Sozialismus, Nationalismus und Faschismus, mit Wirtschaftsfragen (womit vor allem Hans Henning Zencke betraut war) und der Literatur der Weimarer Zeit führte besonders in der letzten Phase der Zeitschrift zu zahlreichen theoretisch fundierten Beiträgen. Wegen ihrer Kritik an der Besatzungspolitik, die mit der »Handhabung einer formal juristischen Entnazifizierung bis zum Import der Demokratie und gewisser Gepflogenheiten« ihr Versagen bewiesen habe, wurde »Ende und Anfang« verbo­ ten;27* den Herausgeber inhaftierte man gar wegen eines an­ geblich von ihm gezeichneten Flugblattes. Erst aufgrund der Solidaritätsbekundungen namhafter Intellektueller aus dem Inund Ausland, die in München zum 2. Internationalen Jugend­ kongreß 1948 zusammengekommen waren, hob man das Ver­ bot wieder auf.28’ In der neuen Ausgabe manifestierte sich das Programm im Untertitel: »Eine politische Halbmonatsschrift für Theorie und Aktion«. Die Zeitschrift, deren Zielvorstellung ein christlich-revolutionärer Sozialstaat war, mußte allerdings schon bald darauf ihr Erscheinen wieder einstellen. Das Schick­ sal der ehemaligen Mitarbeiter unterstreicht die Bedeutung, die »Ende und Anfang« auch für deren persönliche Entwicklung gehabt hat, denn alle haben heute gewichtige Positionen in Publizistik, Forschung und Lehre inne: Theo Pirker, Siegfried Braun, Burkard Lutz und Robert Spaemann lehren an west­ deutschen Universitäten, Ernst Schuhmacher in Ostberlin; Franz Bautz, Ludwig Zimmerer und Hans Henning Zencke arbeiten als namhafte Journalisten; Ludwig Döderlein, aner­ kannter Hegelforscher, lebt als Privatgelehrter in München.29’ Eine dritte Zeitschrift für die »junge Generation« gab der damalige Leiter der Kulturabteilung von »Radio München« und spätere Bundestagsabgeordnete Herbert Hupka heraus: »Wir — Ein Blatt der Jugend«. Sie wandte sich an die 15— 25jährigen und verstand sich als Forum für die Jugend und ih­ re Organisationen, wobei man auf eine eigene politische oder kulturkritische Position ganz bewußt verzichtete. Die stark pädagogisch ausgerichtete Zeitschrift mußte aber kurz nach der Währungsreform das Erscheinen einstellen. Daneben wurden noch weitere Jugendzeitschriften in München herausgegeben:

für Studenten die »Münchener Universitätszeitung«, für Schü­ ler das auffallend professionell gestaltete »Steckenpferd« Klaus Hellers oder etwa das sehr konventionelle, kein ganzes Jahr er­ schienene Blatt »Das junge Herz«. Diese Zeitschriften unter­ streichen mit ihrer monatlichen Gesamtauflage von über 500 000 Exemplaren das große Interesse und die bevorzugte Behandlung, die die amerikanischen Behörden den Jugendan­ gelegenheiten angedeihen ließen.30’

Kirchlich und christlich orientierte Schriften Auffallend und doch eigentlich repräsentativ für die bayerische Hauptstadt ist die starke Präsentation kirchlicher und christlich orientierter Schriften. Als moralisch einigermaßen integre In­ stanz war die Kirche nach Kriegsende verbreitet Anlaufstelle von Politikern und Vertretern der Besatzungsbehörde. Etwa 15 an kirchliche Instanzen gebundene Zeitschriften oder Informa­ tionsblätter und freie christliche Kulturzeitschriften erschienen seit 1946 in München. Bei ihnen fällt besonders der bewußt traditionsbezogene Charakter auf. Zwei der wichtigsten christ­ lichen Kulturzeitschriften Deutschlands, die schon vor 1933 begründet worden waren, wurden nach 1945 wieder lizen­ ziert: das katholische »Hochland« und sein protestantisches Pendant »Zeitwende«. Die literarisch stark ambitionierte Rundschauzeitschrift »Hochland« war 1903 von Carl Muth begründet worden. Franz Josef Schöningh, sein Nachfolger, führte sie im Sinne Muths fort, dessen erklärtes Ziel es war, den deutschen Katholizismus aus seiner Kulturferne zu befrei­ en und mit dem Geistesleben der Nation zu verbinden. Die Schwerpunkte lagen bei religiös-philosophischen und literari­ schen Beiträgen. Auch die 1941 von den Nationalsozialisten verbotene »Zeitwende« erschien 1946 wieder; sie wurde in Gemeinschaft mit Rudolf Alexander Schröder, Helmut Schrei­ ner und Otto Gründler von Friedrich Langenfaß herausgege­ ben. Auch sie wollte alle Gebiete des Kulturlebens erfassen; die Schwerpunkte lagen bei Theologie und Literatur, die vom evangelischen Standpunkt aus zur Diskussion gestellt wurden. Neben diesen Traditionszeitschriften erschien auch eine Neu­ gründung: Friso Melzers evangelische, meditative Zeitschrift »Neubau«, die sich vorwiegend mit theologischen, religions­ geschichtlichen und philosophischen Fragen beschäftigte. Es fällt auf, daß die christliche Kulturpresse die Währungsre­ form um Jahre überdauerte und ihre Auflagen nach 1948 sogar noch steigern konnte: »Neubau« stellte 1953, die »Zeitwende« 1969 und »Hochland« erst 1974 das Erscheinen ein. Dies un­ terstreicht die traditionelle Bedeutung der Kirche in München, die hier stärker vertreten war als in anderen, vor allem außer­ bayerischen Städten.

Die Parteipresse Nach der christlichen Presse nimmt die Parteipresse in der An­ zahl der lizenzierten Blätter den zweiten Rang ein. Bei der Li­ zenzierung ging die amerikanische Besatzungsbehörde so vor, daß jeweils ein oder zwei Mitglieder der jeweiligen Partei stellvertretend, aber auch persönlich haftend, die Lizenz für alle in Bayern erscheinenden Parteiblätter erhielten. Für die SPD übernahm diese Aufgabe Erich Fleischer, der in München an-

Zeitschriften sässig geworden war, für die CSU waren es Josef Müller und J.M. Maurer. Wie auch die KPD gaben die beiden großen Par­ teien jeweils ein Informationsblatt und eine kulturpolitische Zeitschrift heraus. Zusätzlich zu den »Mitteilungen der CSU« und der »Bayerischen Rundschau« veröffentlichte die CSU ein Blatt der »Jungen Union« und einen »Union Flüchtlings­ dienst«. Die SPD versuchte mit dem Informationsblatt »Mün­ chener Post« an die Tradition der im März 1933 im 47.Jahr­ gang verbotenen gleichnamigen Tageszeitung anzuknüpfen. Vorerst durfte sie jedoch nichts außerhalb des Rahmens (partei—) politischer Information publizieren. Die kulturpolitische Zeitschrift der bayerischen SPD, »Das Volk«, wurde 1948 wegen Nichteinhaltung der Lizenzbestimmungen verboten. Sie hatte nämlich seit Januar 1948 versucht, durch inhaltliche Umstellung als wöchentlich erscheinende illustrierte Informa­ tions- und Unterhaltungszeitschrift einen breiteren Leserkreis zu gewinnen. Veröffentlichungen unpolitischen Charakters waren ihr aber laut Besatzungsbestimmung verboten. Die letz­ te Ausgabe erschien lediglich als Fortsetzungsroman von Jack Londons »Lockruf des Goldes«. Eine weitere, der SPD nahe­ stehende Zeitschrift, die »Brücke«, die nicht offiziell als Partei­ organ tituliert wurde, wandte sich ausschließlich an Aussiedler und Flüchtlinge aus den Ostgebieten;31’ sie erscheint noch heute. Die Münchner KPD gab neben ihrem Informationsblatt die nur in 13 Ausgaben publizierte »Nation« heraus, die vor al­ lem von Oskar Neumann und Heinz Mode bestimmt wurde. Alle drei Parteien forderten beständig die Zulassung einer par­ teilichen Tagespresse, wie sie in der Weimarer Zeit selbstver­ ständlich gewesen war. Aber erst nach Aufhebung der Lizen­ zierungspflicht konnten sich die zuletzt wöchentlich erschei­ nenden Blätter der SPD und KPD ihres NachrichtenblattCharakters entledigen. Fortan wurden sie als Zweitageszeitun­ gen herausgegeben; die »Südpost« der SPD schloß sich 1955 schließlich mit dem »Vorwärts« zusammen, die »Südbayerische Volkszeitung« der KPD ging 1956 in das »Volksccho« über. Es muß als die vielleicht nachhaltigste Änderung auf dem nachkriegsdeutschen Pressemarkt angesehen werden, daß die Parteipresse ihren enormen Einfluß aus der Weimarer Zeit fast völlig eingebüßt hatte. Nach 1949, dem Jahr der Aufhebung des Lizenzrechtes, waren die Weichen bereits gestellt und die Positionen auf dem Pressemarkt vergeben.

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Heft enthielt acht Seiten, teilweise auch farbige Kunstbeilagen. Trotz des ausgezeichneten Materials und renommierter Auto­ ren verblieb »Prisma« überwiegend in geistiger Unverbind­ lichkeit. Im Jahre 1949 trennten sich Verlag und Redaktion: »Prisma« wurde nun - wenn auch nur in wenigen Ausgaben — im Desch-Verlag unter dem neuen Titel »Glanz« auf an­ spruchsloserem Niveau weitergeführt; Friedrich gab statt des­ sen kurzzeitig die europäisch orientierte Kunstzeitschrift »The­ ma« heraus. Das »Münster«, eine bis zu seinem Tod von Hugo Schnell herausgegebene Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft, erscheint heute noch, ebenso wie die erst nach Aufhebung der Lizenzierungspflicht neu herausgebrachte Zeitschrift für Malerei, Plastik, Graphik, Architektur und Wohnkultur »Die Kunst und das schöne Heim« des nach 1945 eine Zeitlang verbotenen Bruckmann-Verlages. In diesem Be­ reich wurde also die Währungsreform nicht so verheerend wirksam wie anderswo. Zwei Literaturzeitschriften konnte München bieten, wovon die »Stimmen der Völker« streng genommen gar nicht mehr als Zeitschrift bezeichnet werden dürfte. Sie veröffentlichte pe­ riodisch Novellensammlungen aus aller Welt und lehnte sich bewußt an die von Gottfried Herder 1778 herausgegebene Sammlung gleichen Namens an. Der in München sehr beliebte Unterhaltungsschriftsteller Hellmut von Cube zeichnete für den redaktionellen Teil verantwortlich. Die »Fähre« hingegen muß zu den bedeutendsten (Literatur-)Zeitschriften der Nach­ kriegszeit gerechnet werden. Sie wurde im Willi WeismannVerlag herausgegeben, der ein konsequent antifaschistisch­ humanistisches Programm verfolgte und zahlreiche Autoren veröffentlichte, die erst Jahre später durchschlagenden Erfolg hatten, so etwa Elias Canetti, Hermann Broch, Hans-Henny Jahnn, Robert Musil, Franz Kafka und andere.32’ Im selben Verlag erschien auch das »Münchener Magazin«, für das Karl Valentin und Felix Buttersack, vereinzelt aber auch Erich Kästner oder Werner Finck schrieben.33’ Theaterzeitschriften war generell nur eine kurze Erschei­ nungsdauer vergönnt; sie überlebten oft nicht einmal ihr Er­ scheinungsjahr. Dies gilt auch für das »Neue Podium«, in dem Hans Hellmut Kirst schrieb und das 1947 nach 16 Ausgaben ohne großes Profil gewonnen zu haben - in »Der Artist« auf­ ging.34’ Von Januar bis August 1948 erschien noch in Harry Schulze-Wildes Verlag der Blauen Presse, die von Werner Suhr redigierte »Bühne«.35’

Zeitschriften für Kunst, Literatur und Theater Kurt Desch war der erste, der 1945 in der US-Zone die Lizenz für einen Verlag erhielt. Mit viel Geschick und Cleverness bau­ te er ihn bald zu einem der führenden in der Bundesrepublik aus. Ein von ihm verantworteter (Finanzierungs-)Skandal — der größte im Nachkriegsdeutschland — führte zwanzig Jahre spä­ ter zu einem abrupten Ende seines verlegerischen Erfolges. Als einzige Zeitschrift erschien hier als Renommierobjekt des Ver­ lages »Prisma«, eine für die Nachkriegsdürre auffallend üppig aufgemachte Zeitschrift für Kunst, Literatur und Kultur. Der Leiter der Münchner Meisterschule für Buchdrucker, Professor Georg Trump, war verantwortlich für die graphische Gestaltung. Die Leitartikel zeichnete Eberhard Friedrich, der geistige Kopf des Unternehmens. Die Autoren waren meist gleichzeitig Verlagsautoren, so Ernst Wiechert, André Gide, Theodor Plievier, Kasimir Edschmid und Gunter Groll. Jedes

Die satirische Presse Die satirische Presse konnte in München auf keine Novität verweisen; sowohl der »Simpl« als auch der »Zwiebelfisch« blickten auf eine lange Tradition zurück. Während der »Zwie­ belfisch« bei weitem nicht das Format der Jahrgänge von vor 1933 erreichen konnte und nach nur 10 Ausgaben das Erschei­ nen einstellte, stieg die Auflage des »Simpl« noch im Jahre 1950. Er knüpfte an die Tradition des von Thomas Theodor Heine und Franz Schönberger geleiteten und 1933 unter den alten Herausgebern verbotenen »Simplizissimus« an. Heinz Hartwig, Mitglied des Kabaretts »Die Hinterbliebenen« und in jenen Jahren mit Tageslyrik in Zeitschriften sehr häufig vertre­ ten, war Hauslyriker des »Simpl«. Einige der wichtigsten Kari­ katuristen und Künstler der »Trümmerjahre« fanden sich im

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»Simpl« zusammen: Ernst Maria Lang, Henry Meyer-Brock­ mann, Otto Nückel, Max Radler, Rudolf Schlichter, Charly Sturzkopf, Toni Trepte, Franziska Bilek, Jörg Wisbeck und Olaf Gulbransson. Besonders im ersten Jahrgang von 1946 stand in der Karikierung des bayerischen politischen Klimas die schillernde Figur des Kultusministers Hundhammer im Vor­ dergrund. Mit ihm mußte die Zeitschrift — wie auch mit Wil­ helm Hoegner — einen Prozeß wegen ehrverletzender Darstel­ lung führen. Trotz des großen Aufgebots an bekannten Namen erreichte der »Simpl« nicht das Format des alten »Simplizissimus« oder des in Berlin herausgegebenen »Ulenspiegels«;36* 1950 mußte er sein Erscheinen schließlich einstellen.

Die Frauenzeitschrift Die wichtige deutsche Frauenzeitschrift Münchens brachte der Ehrenwirth-Verlag heraus: den »Regenbogen«. In den ersten zwei Erscheinungsjahren war die Zeitschrift in auffallender Weise Fragen der Frauenbewegung und des Frauenrechts gegenüber aufgeschlossen; sie versuchte auch, das politische Selbstbewußtsein der Frau zu fordern.37* Luise Rinser veröf­ fentlichte hier erste Artikel und Erzählungen. Gleichzeitig war die Zeitschrift auch auf die Befriedigung »typischer Frauenbe­ dürfnisse« bedacht und präsentierte Mode, Unterhaltung und Lebenshilfe für den Nachkriegsalltag. Mit der allgemeinen Wende 1948/49 verschloß sich der »Regenbogen« zunehmend den engagierteren Themen; der Zeitschriftencharakter ver­ flachte durch die Zunahme an Bildern und Unterhaltung. Durch ihre immer stärkere Hinwendung zur Frauenillustrier­ ten bis zum endgültigen Übergang in »Frau und Welt« 1962 konnte sie nach der Währungsreform eine ständig steigende Auflage verzeichnen - die Zukunft gehörte aber nicht mehr dem Text, sondern dem Bild.

Zeitschriften der Besatzungsmacht München war auch Pressezentrum der amerikanischen Besat­ zungsmacht. Im Verlagshaus der »Neuen Zeitung« in der Schellingstraße - den ehemaligen Räumlichkeiten des »Völki­ schen Beobachters« — erschienen 4 Zeitschriften der Besat­ zungsmacht mit gänzlich verschiedenem Charakter. Anliegen der »Amerikanischen Rundschau«, deren erste Ausgabe vom Mai 1945 noch in New York erschien, war die Vermittlung amerikanischen Kultur- und Geschichtsverständnisses, wobei die USA als Vorbild einer westlichen Demokratie dargestellt wurden. Das erzieherisch-werbende Moment stand - ganz im Sinne der Re-education - im Vordergrund. Die ausschließlich von Amerikanern für die deutsche und österreichische Bevöl­ kerung gemachte Zeitschrift erschien in anspruchsloser Aufma­ chung, nur wenig auf deutsche Bedürfnisse zugeschnitten. Die Auflage war ziemlich hoch und eine große Verbreitung gesi­ chert; die »Rundschau« wurde jedoch, wie eine Umfrage unter deutschen Publizisten und Politikern 1946 ergab, eher ableh­ nend beurteilt.38* Die »Neue Auslese« hingegen, direktes Nachfolgeorgan des noch während des Krieges von den Ame­ rikanern publizierten »Ausblick«, war vielfältiger angelegt. Im handlichen Digest-Format sollte der »Austausch der Ideen zwi­ schen Deutschland und den Ländern« wiederhergestellt wer­

den.39’ Die Themen — keine Originalbeiträge — umfaßten ziemlich alle Gebiete. Im Jahre 1949 paßte sich die »Neue Aus­ lese« den geänderten Bedürfnissen an, bekam Magazincharak­ ter und änderte auch die Aufmachung durch die Einfügung von Bildern. Während bis 1948 vorwiegend Angelsachsen pu­ bliziert wurden, schrieben danach auch viele deutsche Autoren für die Zeitschrift. Im Jahre 1950 stellten dann beide Organe des Alliierten Informationsdienstes ihr Erscheinen ein. Die höchste Auflage überhaupt verzeichnete die illustrierte Zeitschrift »Heute« mit 500000 Exemplaren halbmonatlich (!). Bis 1947 überwog unter stärkerer deutscher Eigenbeteiligung und kritischer Themenauswahl der Zeitschriftencharakter. Da­ nach wurde ein konsequenter Schritt hin zur reinen Illustrier­ ten vollzogen. »Der Monat«, erst nach der Währungsreform im Oktober 1948 mit amerikanischer Finanzhilfe begründet, er­ schien in Zusammenarbeit mit anderen internationalen kultur­ politischen Zeitschriften.40* Die von Melvin J.Lasky geleitete Zeitschrift rechnete die bedeutendsten westlichen Schriftsteller und Denker zu ihren Autoren und avancierte somit zur publi­ zistisch vielleicht am meisten beachteten Kulturzeitschrift der zweiten Nachkriegsphase nach 1948/49. Die Bedeutung der Beiträge sowie die inhaltliche wie äußerliche Gestaltung waren hervorragend; dennoch muß man den »Monat« als kulturelles Propagandainstrument der Amerikaner bezeichnen. Heute hat die Zeitschrift — nach mehrjähriger Pause neu herausgegeben — ihre einstige Qualität und Internationalität völlig eingebüßt.

Zeitschriften für Tradition und Heimat Die Nymphenburger Verlagshandlung kann als der für das Münchner Zeitschriftenwesen - vielleicht neben dem Weis­ mann-Verlag - wichtigste Verlag gelten. Hier erschienen »Der Ruf«, das von Carl August Weber herausgegebene Organ der Französischen Bibliothek »Frankreich«,41* das »Münchener Ta­ gebuch« und die »Deutschen Beiträge«, die als vorweggenom­ menes Buchprogramm konzipiert waren. Sie sahen sich in der Nachfolge der 1922 von Hugo von Hofmannsthal begründe­ ten »Neuen Deutschen Beiträge« und pflegten den Geist klas­ sischer deutscher Tradition in Dichtung und Essay. Diese kul­ turelle Zeitschrift wurde vom Verlagsleiter Bertold Spannen­ berg und von Wolf Lauterbach unter Mitwirkung von Ernst Penzoldt und Hermann Uhde-Bernays herausgegeben und orientierte sich ein wenig am Starnberger Kreis von Penzoldt, Uhde-Bernays und Rudolf Alexander Schröder. Sie bildete ge­ wissermaßen ein verlagsinternes Gegenstück zum »Ruf« und veröffentlichte vorwiegend Beiträge der älteren Generation, so etwa von Werner Bergengruen, Hans Carossa, Hermann Hes­ se, Ernst Penzoldt, Rudolf Alexander Schröder, Ernst Robert Curtius oder F. M. Reifferscheidt. Exilliteraten zu integrieren gelang allerdings, bis auf Oskar Maria Graf, nicht. Im Dezem­ ber 1950 wurde das Erscheinen eingestellt, angekündigte Sam­ melpublikationen für die Folgezeit blieben aus. Eher wissenschaftlichen Charakter hatte die mit der KantGesellschaft in Verbindung stehende »Geistige Welt«; eine ge­ wisse Verwandtschaft bestand mit der »Deutschen Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte« Konrad Burdachs. Die erste Kulturzeitschrift, in der sich nach Kriegsende wieder Schriftsteller, die mit dem Nationalsozialis­ mus sympathisiert hatten, zusammenfanden, sind die heute

Zeitschriften noch erscheinenden »Kliiter Blätter«, die ihren deutsch-natio­ nalen Charakter hinter dem Europa-Gedanken (Europa als »das Bild unseres größten Vaterlandes«)42’ verbargen. Seit August 1948 publizierten hier neben anderen Guido Erwin Kolbenheyer, Will Vesper, Hans Steguweit und H. Hagen. Durch Ab­ drucke der gerichtlichen Verteidigungsschriften gegen Kolbenheyer und Hagen43’ erweckte die Zeitschrift den Eindruck, eine Art Entschuldigungsforum der nationalistischen Geisteselite zu sein. Die Zeitschrift war wohl um ihre Distanzierung vom Na­ tionalsozialismus bemüht, ihr Sprachgebrauch (»Deutschtum«, »Soldateneid«, »Fäulnis der Zeit«) weist allerdings auf gewisse Kontinuitäten hin. Eine bayerisch-nationalistische Variante erschien seit Mai 1949 mit der Zeitschrift für Kultur und Heimat »Bavaria«. Die Einführung zur ersten Ausgabe ist bezeichnend: »Unselige Jahre der politischen Verwirrung liegen hinter uns. Sie zogen eine Art Völkerwanderung nach sich, die sich besonders in unserem bayerischen Heimatland auswirkte und das Wesentliche bayerischer Eigenart in Gefahr brachte, noch mehr verfälscht zu werden, als das vorher bereits der Fall war.« Nach nur 5 Nummern stellte das Organ des »Bayerischen Lan­ desvereins für Heimatpflege«, der »Vereinigung der Freunde Münchens«, der »Freunde der Residenz München« sowie des »Bayerischen Kunstgewerbevereins« im März 1950 das Er­ scheinen ein. Seit 1946 wird in München noch eine Zeitschrift für bayerische Kultur, der »Zwiebelturm«, herausgegeben. Die einzige Münchner Stadtzeitschrift war das schon er­ wähnte »Münchener Tagebuch« Hans Poeschels. Obwohl als Stadtzeitschrift mit Veranstaltungskalender und örtlich gebun­ denen Besprechungen und Kritiken konzipiert, wurde sie we­ gen ihres hohen Niveaus auch über die Stadtgrenzen hinaus gelesen. Sie kann als Steckenpferd des Nymphenburger Ver­ lages und einiger Münchner Publizisten bezeichnet werden. Georg Britting war der Hausliterat, Ernst Penzoldt veröffent­ lichte regelmäßig Theaterkritiken und — unter seinem Graphi­ kerpseudonym Fritz Fliege — Illustrationen.44’

Zeitschriften von Verbänden Wie Parteien und Kirchen wurden auch den verschiedenen Verbänden Lizenzen zur Herausgabe von Informationszeit­ schriften erteilt. Der Verband bayerischer Journalisten gab den »Journalist« heraus, dem sich anfangs der »Schutzverband deutscher Schriftsteller« (SDS) angeschlossen hatte, der dann aber seit August 1947 für ein Jahr lang ein eigenes Organ, den »Schriftsteller«, veröffentlichte. Während sich der »Schriftstel­ ler« nach einem Jahr auflöste, ging der »Journalist« in das bun­ deseigene Organ über. Die größte Verbandszeitschrift war die »Gewerkschafts­ zeitung«, die ihre Auflage von anfangs 110000 auf 600000 Exemplare (1949) und eine monatliche Jugendbeilage von 50000 Stück steigerte. Auffallend viel Raum wurde Frauenund Jugendfragen zugestanden. Neben Gewerkschaftsthemen beschäftigte sich die Zeitschrift intensiv mit dem Entnazifizie­ rungsprogramm der Militärregierung, dessen Ineffizienz sie seit 1946 anprangerte und dem sie eigene Konzepte gegen­ überstellte. Ergänzend brachte Radio München jeden Sonntag die Sendung »Die Gewerkschaft ruft«.

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Resümee Dieser Überblick mag in groben Umrissen die Vielfalt der Münchner Wochen- und Monatspresse vermitteln, sowie die Tendenzen und Schwerpunkte im Kulturbereich andeuten. Die etwa 50 periodisch erscheinenden Schriften hatten im Frühjahr 1948 eine Gesamtauflage von monatlich etwa 5,5 Millionen Exemplaren, woran die Zeitschriften und die drei in München erscheinenden Illustrierten »Quick«, »Das neue Weltbild« und »Heute« etwa gleichermaßen Anteil hatten. Bis 1948 war also die Zeitschrift zur Lektüre breiter Kreise geworden. Das abrup­ te Abfallen der Auflagen nach der Währungsreform legt frei­ lich die bereits angesprochene Frage nahe, ob die Lektüre über­ haupt verarbeitet wurde, oder ob Kultur lediglich zur Flucht aus der politischen Trostlosigkeit und zur Stärkung des Selbst­ bewußtseins durch Aufnahme der deutschen Geistestradition benutzt wurde. Die Goetherezeption 1949 würde diese Ver­ mutung bestätigen. Prinzipiell läßt sich am Leseverhalten der breiten Bevölkerung wenig Änderung feststcllen: Politik wur­ de nach wie vor von der Mehrzahl der Leser abgelehnt und an­ deren überlassen, die Schuldfrage verdrängt; lange Artikel wa­ ren unerwünscht, weswegen die »Amerikanische Rundschau«, »Die Wandlung« oder die »Frankfurter Hefte« diese Schichten gar nicht erreichten.45’ Beliebt war dagegen Volkstümlichkeit, und generell legte man Wert auf die Tradition der deutschen Geistesgeschichte. Viele Kulturzeitschriften spiegelten die Dis­ krepanz zwischen dem Verharren in alten Wertmaßstäben und der Suche nach neuen geistigen wie politischen Möglichkeiten wider. An der Diskussion um ein »neues Deutschland« nahm freilich nur eine kleine Gruppe teil. Zum »Kulturgefälle« trug dabei in nicht unerheblichem Maße auch der »leere Bauch« der Bevölkerung bei. In der Bewältigung der Vergangenheit und der (Kollektiv-)Schuld wurde vornehmlich moralisch argu­ mentiert; man versäumte, nach den Ursachen zu fragen und sie zu analysieren. Die von der Besatzungsmacht forcierte Kollek­ tivschuldthese förderte dabei nur noch die in der deutschen Bevölkerung latent vorhandene Sehnsucht nach Verdrängung und persönlicher Unbetroffenheit. Die Szene wurde also bestimmt von schöngeistiger, volks­ tümlicher und traditionalistischer Literatur.46’ Die Maßstäbe für die ästhetische Gegenwartsbewältigung setzten hierbei vorwie­ gend Publizisten der nicht mehr ganz jungen Generation — selbst Hans Werner Richter war schon 40 Jahre alt. Auffallend präsent zeigten sich die nicht-emigrierten Schriftsteller und Publizisten; im Gegensatz dazu schenkte man exilierten und ausländischen Autoren wenig Beachtung.47’ Es ist gerade die Literatur der im Dritten Reich Daheimgebliebenen, die Litera­ tur der Verinnerlichung mit traditionellem Wertmaßstab, die ungebrochen und nahezu unverändert in Inhalt und Sprache die NS-Zeit überdauert hat - Literatur also, die nach 1945 so geschrieben war, wie es der Leser von vor, teilweise auch nach 1933, gewohnt war. Frank Thieß, Georg Schwarz, Rudolf Bach, Hans Carossa, Rudolf Alexander Schröder, Anton Schnack, Walter Bauer, Otto von Taube, Georg Britting, Hans Leip, Ernst Wiechert, Kasimir Edschmid oder Ernst Penzoldt um nur einige wichtige Namen zu nennen — gehören zu de­ nen, die in den ersten Nachkriegszeitschriften ständig publi­ zierten und auch in den Fünfziger Jahren breiten Leseerfolg hatten. In München ist diese literarische Struktur vielleicht stär­ ker als anderswo ausgeprägt, sie kann aber auch als eine in der

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Literatur und Medien

Bundesrepublik verbreitete Linie festgestellt werden. Exilanten waren hingegen von einer kritischen Mitsprache bei der Dis­ kussion um eine neue Literatur und Kultur weitgehend ausge­ schlossen; sie kamen nur in den wenigen von Emigranten ge­ leiteten Kulturzeitschriften zu Wort, wie in Döblins »Golde­ nem Tor«, Kantorowiczs »Ost und West« oder im »Aufbau«. Ihre eigentliche »Wiederentdeckung« vollzog sich erst in den Sechziger Jahren. Die Kirche erwies sich als ungebrochen star­ ke und einflußreiche Instanz, was in der starken Verbreitung christlich orientierter Zeitschriften seinen Niederschlag fand. Der in vielen Zeitschriften ausgetragenen Diskussion um Christentum und Sozialismus — etwa der sozialistischen Inter­ pretation der päpstlichen Sozialenzykliken durch Oswald NellBreuning - stand sie allerdings abwartend gegenüber. »Gegen­ kultur« wurde in München vorwiegend von »Zugereisten« getragen. Spätestens seit 1948/49 läßt sich ein Trend hin zur Illustrier­ ten mit Magazincharakter feststellen. Neue Informationsge­

wohnheiten verlangten schnellere und plastischere Lektüre. Die klassische, bildungsorientierte Kulturzeitschrift des 19. Jahrhunderts, die in der Konzeption nach 1945 zunächst im wesentlichen beibehalten worden war, verschwand zuneh­ mend. Für München läßt sich konstatieren, daß es - wie schon vor und während des Dritten Reiches — auch nach 1945 seine Position als kulturelles Zentrum mit zahlreichen Verlagen be­ haupten konnte. Bedeutende Verleger waren hier etwa Kurt Desch, Willi Weismann, Reinhard Piper und Carl Hanser; stark vertreten waren dabei christlich und bayerisch orientierte Verlage. In München zentrierte sich auch die generell in den vier Zonen stark geförderte Jugendpresse mit Gesamtauflagen zwischen 1 und 2 Millionen Stück. Ein Novum auf dem Pressemarkt bil­ deten die Zeitschriften der »jungen Generation«, die sich durch hohes geistiges Niveau auszeichneten; ein wesentlicher Teil dieser jungen Schriftstellergeneration wandte sich dann nach 1949 dem Journalismus zu. Georg Böhringer

Literarische Rückblenden Drehscheibe München

Was hatte mich gelockt, mich in Starnberg anzusiedeln, im Frühjahr 1947, nachdem ein abenteuerlicher Versuch, nach Italien zurückzukehren, mißlungen war? Mich zogen, wie in Deutschland immer, nicht nur Wälder und Seen an! Ich stellte mir ferner nicht nur gerne vor, daß man bei gutem Wetter von Starnberg aus die Alpen sehen und dahinter Italien ahnen könne. Großstädte, außer Köln, Berlin, München, Rom, Paris, London und Tokyo habe ich nie gemocht. Ich fühlte mich in Starnberg also nicht nur Italien näher, nicht nur der Natur wie­ der besser verbunden, sondern einem sozusagen noch über­ sichtlichen Privatleben zugeordnet... Hart wurde allerdings der Alltag! Täglich fuhr ich mit der Eisenbahn von Starnberg nach München, arbeitete dort meist 10-12 Stunden am Tage, als Lektor in der Nymphenburger Verlagsbuchhandlung, als Mitarbeiter des inzwischen von An­ dersch und Richter, unter dem Verleger Kurt Vinz, neu heraus­ gegebenen »Ruf«, bald aber auch als Redakteur der »Neuen Zeitung«, einem Organ der amerikanischen Besatzungsmacht, das damals zu den besten und freiesten Zeitungen des politisch noch ungegliederten Nach-Hitler-Staats gehörte, wenigstens in der ersten Phase ihres Bestehens ... ln dieser ersten Zeit vertrat die »Neue Zeitung« in keiner Weise irgendeine einseitige Besatzer-Politik. Sie wollte im großen Stil wieder objektiv informieren und innen- und außenpolitische Ereignisse im liberal-demokratischen Sinne kommentieren. Unter Erich Kästner erreichte das Feuilleton bald europäischen Rang. Mich reizte also die breitere Grundlage der »Neuen Zei­ tung«, zumal sie, als ich dort Mitarbeiter wurde, von einem fürwahr genialen Chefredakteur geleitet wurde wie Hans Wal­ lenberg, Sohn des einstigen Chefredakteurs des Berliner Tage­ blatts. Unter Wallenbergs Anregungen in München zu arbei­ ten, wurde zu einem puren Vergnügen. Er war universal gebildet, hatte keinerlei ideologische Scheuklappen, war witzig wie Voltaire, einfallsreich wie Pascal und sentimental, im be­ sten Sinne, wie Mörike. Ihm, dem vielfach verfolgten Juden, lagen das, was man Ressentiments nennt, fern. Als ich ihn anfangs mit »Major« anredete, das war er, setzte er sich auf meinen Redaktionstisch und sagte: »Lieber Hocke, verzichten Sie bitte auf diese Anrede. Schauen Sie mich an, in dieser Uni­ form-Verkleidung. Ich bin höchstens ein Mojar!« Die geistvollste andere Potenz in der Neuen Zeitung war Erich Kästner, auch wenn ich nie einem so außerordentlich witzigen Mann begegnet bin, der so melancholisch aussehen konnte. In der Redaktionskonferenz sprach er selten, doch wenn er etwas sagte, so traf es wie der Schuß eines Scharfschüt­ zen. Seine Gefährtin, Lieselotte Enderle, verwaltete mit Ge­ schmack und Grazie das von ihm geleitete Feuilleton, dem ich mich verwandter fühlte als der außenpolitischen Redaktion von Hans Lehmann, für die ich manchen außenpolitischen Leitartikel mit der Signatur »Spectator« schrieb.

Lehmann war ein begabter Journalist. Seine redaktionelle Präzision war ebenso wohltuend wie seine Vitalität; ... ich mochte ihn gerne. Doch konnte ich seiner Grundauffässung, es bleibe »Machtpolitik« auch in Zukunft entscheidend, zwar theoretisch folgen. Ich vermochte es allerdings nicht, diesen angeblichen Automatismus der Wiederholung von alten »Leviathan«-Positionen ä dentro zu bejahen. Konnte man aus diesem Teufels-Kreis nicht endlich einmal herauskommen? Dem Erz-Pazifisten Erich Kästner, in dessen Hause ich oft Gast war, fühlte ich mich politisch enger verbunden. Nicht zu ver­ gessen ist der stets humorvoll-triste Kiaulehn. Er wirkte wie ein Sokrates post Hitler. Er haßte die Extreme. Man mußte ihn als »goldrichtig« bezeichnen. Selten hat es in Deutschland eine Redaktion mit derart phantasievollen Individualitäten, mit soviel Gerechtigkeits­ sinn, mit so wenig Intrigen-Lust, mit soviel Sinn für Genauig­ keit gegeben, wie in dieser »damaligen« Neuen Zeitung unter Hans Wallenberg ... Doch konnte ein solcher paradiesischer Zustand nicht lange andauern. Es währte nicht lange, und bald mußte nicht nur ich gegen neue Zensur-Vorschriften prote­ stieren. Journalistische Goebbels-Anweisungen mochten wir alle nicht, auch nicht solche in amerikanischen Farben, nach­ dem Wallenberg, weil angeblich zu »rot«, auf schmähliche Art seinen großartigen publizistischen Thron in München, nach perfiden Intrigen gegen ihn, bald hatte aufgeben müssen. Alles das ahnte man schon, doch dauerte es eine gewisse Zeit, bis es zur Katastrophe kam, zum Ende der ersten deutschen Welt­ zeitung, kurz nach dem Zusammenbruch des Hitlerreichs ... Tatsache ist, daß Fehler der amerikanischen Besatzungspoli­ tik, nur diese konnte ich in München übersehen, auch in der »Ruf«-Redaktion unter Hans Werner Richter und Alfred Andersch immer stärker kritisiert wurden. Daher wurden ... Rich­ ter und Andersch von der amerikanischen Besatzungsbehörde bald als unliebsam bezeichnet, der »Ruf« jedoch keineswegs »verboten«. Richter und Andersch traten aus. Neuer Chef­ redakteur wurde, zunächst ab 15. April 1947, Erich Kuby, dann, ab 1. Januar 1948, Walter von Cube. Doch hatte der »Ruf aus den USA« aus anderen Gründen keine Entwicklungsmöglich­ keit mehr. Ich hatte es vorausgesehen: Die Basis war zu schwach, der Informationsradius zu klein, das Avantgardisti­ sche zu literarisch. Vor allem war es zu keinem fruchtbaren Ge­ spräch zwischen Sozialisten und Liberalen gekommen, wie einst z. B. in der alten Frankfurter Zeitung. Im Spätsommer 1948, also nach der Währungsreform, wurde der »Ruf«, jetzt mit nur noch winziger Auflage, vom »Mannheimer Morgen« gekauft. Er war nicht mehr zu retten. Seine Grundkonzeption — beim Wiedererscheinen in Deutschland — war verfehlt gewe­ sen. Am 15. März 1949 erschien die letzte Nummer. Neue Wo­ chen- und Monatsschriften füllten die Lücke aus: der »Spie­ gel«, die »Zeit«, die »Deutsche Rundschau«, die »Gegenwart«, der »Monat«, die »Frankfurter Hefte« usw.... Zu den »Deut-

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Literarische Rückblenden

sehen Beiträgen«, ... von Hermann Uhde-Bernays und Ernst Penzoldt 6 mal im Jahr herausgegeben, muß ich hier einschal­ ten, daß auch ihre Zukunft mir gefährdet erschien ... Was mir an der Konzeption der »Deutschen Beiträge« von München gefiel, war die neu programmierte Mischung von Modernität und Tradition. Wer konnte schon nur an Altes wieder anknüp­ fen? Es gar wiederholen, restaurieren? Das schien mir unmög­ lich! Trotz aller Verbrechen hatte der Nationalsozialismus nicht nur die alten sozialen Strukturen Deutschlands und seine Ein­ heit zerstört. Die Umwälzung nicht nur der gesellschaftlichen Verhältnisse war radikaler als mancher damals schon erkennen konnte. Auch im »Geistigen Raum« der Nation hatte sich vieles verändert. Nach »jubelnder« Weltanschauung trat harte Skepsis auf; in der Literatur wie in den Universitäten. Ein blo­ ßes Anknüpfen an die politische und geistige Hinterlassen­ schaft der Weimarer Republik konnte nur in einem sehr ein­ geschränkten Sinne fruchtbar werden. In Blut, Schweiß und Tränen (Churchill) war sicher etwas »Neues«, doch etwas noch nicht Definierbares entstanden. Ob es gut oder schlecht sein werde, vermochte noch niemand zu sagen. Immerhin war es sicher nützlich, das »Alte« nicht infantil gänzlich über Bord zu werfen und sicherlich notwendig, in Bezug auf das »Neue« sehr wachsam zu sein ...

Arkadien vor den Alpen Starnberg wirkte 1948 verarmt, etwas welk; todtraurig schie­ nen mir die Straßen mit den leeren Schaufenstern, die Flücht­ lingsfrauen mit ihren Kopftüchern in langen Reihen vor den Bäckereien, die besetzten, verwaschenen Hotels; melancho­ lisch geradezu mutete mich das Städtchen an, weil man den früheren Glanz ahnte und deswegen den Zerfall doppelt spürte. Alles wurde jedoch anders für mich, wenn ich abends nach an­ strengender beruflicher Tätigkeit in München in diesem dama­ ligen ersten Starnberger Herbst irgendwo am See saß, die röt­ lich schimmernden Berge sah und hinter ihnen eine ferne Aureole. Dort, in diesem üppig leuchtenden Gold, unsichtbar und doch fast greifbar nah, unmittelbar hinter dem blauen Massiv des Gebirges, dünkte mich Rom ganz nah, die Terrasse nah, mein Garten, meine Bücher, meine Bilder, die Spanische Treppe, das Flüstern des Barcaccia-Brunnens am Fuße des Hau­ ses, wo einst Keats gelebt hatte. Vom See über die Berge hin­ weg schlug ich anfangs nahezu allabendlich mit fast liturgischer Feierlichkeit, mit jenem schmerzlich süßen Heimweh, das nur der Vertriebene kennt, für mich alleine eine Brücke nach Rom hinüber und fand in meiner damals noch so elegischen Phanta­ sie, daß Starnberg mir allmählich mehr zu einem Vorort Roms als zu einem Ort vor München wurde ... So geschah es leicht, daß man den größeren Glanz des Vergangenen in die Trübe der neuen Umwelt hineinverwandelte, daß man dem Fehler aller Heimatlosen verfiel, das Jetzt und Hier, der Erinnerungen wegen, nicht mehr zu erfassen. Jedoch, ohne daß ich es sonderlich merkte, begann Starn­ berg mich zu erobern ... Wenn ich in meiner Freiheit am Westufer entlang oft bis Tutzing ruderte, erfreute ich mich an den Gärten, an denen ich entlang glitt, ließ mich durch das Vogelgezwitscher in den Parks beruhigen und streckte mich irgendwo zwischen Possenhofen und Feldafing an einem Schilfufer aus. Ich badete und kochte mir auf einem mitge­

nommenen Gerät einen Kaffee, sonnte mich und ergänzte meine Robinsonaden, um auch das Spirituelle nicht zu verges­ sen, durch eine kurze, aber intensive Lektüre. Mir schien im­ mer, traf ich nach solchen nautischen Ausflügen in München wieder ein, ich sähe weniger Ruinen, dafür aber mehr Zeichen des Aufstiegs: die vielen neuen arterienblutroten Dächer, hin und wieder Gerüste, hier und da neue Wagen. Ich wollte weder Optimist noch Pessimist sein. Ich wollte mir das »reale« Le­ bensgefühl bewahren, dieses Wissen um ständige Vergänglich­ keit und ständige Erneuerung aller Dinge, das mir Rom in sei­ ner historischen Landschaft geschenkt hatte. Die natürliche Landschaft des Starnberger Sees verhalf mir dazu, daß ich sie bald ohne jede »Projektion« lieben lernte ... Den Starnberger See kann man nämlich nicht nur mit dem häßlichen Wort Mo­ ränenlandschaft als Naturlandschaft charakterisieren, über ihn weht nicht nur der Wind, der die Segel der Jachten und Jollen bläht, über ihn streicht auch europäischer Geist, seine Horizon­ te schmücken winzige, aber anmutige Kirchtürme, an seinen Ufern ließ sich eine vielfältige Gesellschaft von Dichtern, Künstlern und Verlegern nieder, und langsam — 1948, 1949 — formte sich, auch äußerlich wieder, in den Uferstädtchen das Gesicht des Friedens ... Auch in München war inzwischen so etwas wie eine neue »geistige« Gesellschaft entstanden, die die Freuden des Gau­ mens und der Kehle wieder genoß. Vor der Währungsreform traf sich in München, wer mit Politik und Literatur zu tun hat­ te, im »Bühnenklub«. Dort konnte man nun neuen und alten Freunden regelmäßig begegnen. Ich verliebte mich in monachensische Heiterkeit, die es dort, nicht nur im Schwabinger Umkreis, immer gab. Auch zügelloses Blödeln mit Kiaulehn, Kästner und vielen anderen schienen mir zeitweise wichtiger als High-brow-Gespräche über Marx, Lenin, Hitler und Mus­ solini. Freiheit erlebt man auch im Kreise witziger Gleich­ gesinnter! Auch einsame Lektüre ist besser als sog. Grundsatz­ gespräche. Eingeführt wurde ich in den »Bühnenklub« durch den Schauspieler Hans Reiser, der mit der unvergeßlichen Schau­ spielerin Maria Nicklisch befreundet war. Ich war Reiser in den USA begegnet. Auch den Bildhauer Wimmer, den ich früher schon in Rom kennengelernt hatte, traf ich mit seiner char­ manten Frau dort wieder. Marcel Luitpart, damals Chefchoreo­ graph an der Münchner Oper, ein Schüler von Aurel Milloss, einem meiner besten Freunde — bis heute, begegnete ich eben­ falls. Er war stets von einem dionysisch bunten Kreis von hochbegabten Bühnenleuten umgeben, wie Luis Trenker, dem ich vor Kriegsende meine römische Wohnung vermietet hatte. Während einer höchst umstrittenen Aufführung des AbraxasBalletts wurde mir auch die junge, intelligente Schauspielerin I lanna Rücker vorgestellt. Im Bühnenklub sah ich auch Heinz Holldack wieder, meinen ehemaligen römischen Kollegen, der bald Redakteur der politischen Redaktion der »Süddeutschen Zeitung« wurde, sowie Franz Joseph Schöningh, den Mither­ ausgeber dieser Zeitung und der Zeitschrift »Hochland«. Auch Dieter Sattler, damals Staatssekretär im bayerischen Ministe­ rium für Unterricht und Kultus, der mit geradezu dionysi­ schem Temperament Alt-Schwabing zu einer Renaissance ver­ half, traf ich dort oft. Er wurde später als Kultur-Attache nach Rom und dann als Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amts nach Bonn berufen. Dieter Sattler war ein »Phaenomen«, was nun menschliche Entspannung in Deutschland angeht, die

Gustav Rene Hocke sicherlich die psychologische Grundlage für spätere auch politi­ sche »Distension« bildete, ln diesem Sinne wirkte in München auch Hans von Herwarth aus der bayerischen Staatskanzlei, der später Botschafter in Rom wurde, wo wir uns wieder begegne­ ten. Verbindungslinien zwischen Politik und Literatur wurden damals hergestellt, die später außer acht gerieten und dann sogar verachtet wurden, als der spätere Bundeskanzler Ehrhard Schriftsteller und Künstler als »kleine Pinscher« bezeichnete. Im damaligen München klang es noch anders...

»Neue Zeitung« 1948 bis 1949 Nach der schändlichen Entlassung von Hans Wallenberg als Chefredakteur der »Neuen Zeitung« ... wurde dieses Blatt durch immer stärkere Zensurmaßnahmen für deutsche Redak­ teure zu einer problematischen Tribüne für Journalisten, die ja so etwas wie Herolde einer neuen Freiheit nach einem totalitä­ ren Regime sein sollten. Der neue Redakteur, Mr. Fleischer, war gewiß kein repressiver Typ, aber es fehlte ihm nicht nur die Verve und Brillanz Wallenbergs, sondern auch das Fingerspit­ zengefühl für eine ganz neue Problematik in Deutschland, die sich, nun auch im ganzen »Westen«, gegen Fehler der Besat­ zungsmacht richtete. Auf jeden Fall handelte Fleischer auf »höheren« Befehl, als so etwas wie eine Vorzensur für die Bei­ träge deutscher Journalisten eingeführt werden sollte. Schon im Dezember 1948 schrieb ich Fleischer, daß ich aus der »Neuen Zeitung« austreten werde, falls ich nicht innerhalb ei­ nes Jahres als Korrespondent nach Italien geschickt werde. Das war ein Vorwand. Ich spürte es mit einem sechsten Sinn: So wie der »Ruf« im Sterben lag, so auch die »Neue Zeitung«. Diese Krise dauerte monatelang, und wir betreten das Jahr 1949 ... Anfang 1949 erfuhr ich zu meinem Erstaunen, daß die »Neue Zeitung« grundsätzlich bereit sei, mich — für 350,— Dollars im Monat als Korrespondent — nach Italien zu schikken. An dem guten Willen konnte ich nicht zweifeln, doch hatte man immer mehr Grund zu befürchten, daß die bisher li­ berale Zeitungspolitik der Amerikaner sich ändern werde. Diese Sorgen hatten auch amerikanische Professoren, die ich in den USA kennengelcrnt hatte und die nach München kamen, um zu retten, was zu retten war, so die Professoren Peters und Hocking, beide liberal und anti-nationalistisch. Pe­ ters dachte an ein freies deutsch-amerikanisches Forschungs­ zentrum in Starnberg. Eine dramatische Wendung war unaufhaltsam. Gert Heinz Theunissen, den ich für das Feuilleton der »Neuen Zeitung« empfohlen hatte, wurde plötzlich »suspendiert«, weil er zeit­ weise einer Presse-Kompanie Speers angehört hatte. Das em­ pörte mich, denn Theunissen, den ich seit frühester Jugend kenne, hatte stets zu den grimmigsten Feinden des National­ sozialismus gehört, die ich je kennengelernt habe. Seine Kritik an der ersten Ausstellung von Hitler-Kunst im »Haus der Deutschen Kunst« zu München, vom französischen Botschaf­ ter Poncet »Palazzo Kitschi« genannt, gilt heute noch als eines der eindrucksvollsten Dokumente des »inneren« Widerstands gegen das NS-Regime mitten im »Dritten Reich«. Theunissen hatte stets geradezu verwegenen Mut bekundet. Über Nacht saß Theunissen brotlos mit seiner Familie in München, doch holte ihn sich die damals britisch kontrollierte »Welt« bald nach Hamburg.

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Auch der Leiter der politischen Redaktion, Hans Lehmann, war gefährdet. Man warf ihm, wie man hörte, »Nationalismus« vor. Gemunkelt wurde viel. Man sprach von sowjetischen Ein­ sprüchen gegen eine zu große Liberalität gegenüber deutschen Redakteuren, vom Wirken prosowjetischer Pressure-groups in den USA. Auch Hans Werner Richter führte sein »Hinausdrän­ gen« aus dem »Ruf« auf das zurück, was er eine »russische In­ tervention« nannte. Doch sagte auch er: »wie man annimmt«. Ich bin dafür nie auf Beweise gestoßen, doch habe ich auch wenig danach geforscht ... Sicher ist, daß die Sowjets vor allem ein zu großes Freiheitsgefälle zwischen Ost und West fürchteten. Immer eindeutigere »repressive« Maßnahmen führten die Wendung herbei. Nicht nur ich hatte von Maulkörben genug. Die Besatzungsmächte, alle, hatten enorme Fehler gemacht. Kann man einen physischen Terrorismus durch einen neuen psychischen Terrorismus bekämpfen? ... Sieben deutsche Redakteure der »Neuen Zeitung« schieden am 31. März 1949 mit regelrechten Kündigungsschreiben aus der Redaktion aus. Ihre Namen sind: P. H. Boehnisch, Dr. Hil­ degard Brücher, C. H. Ebbinghaus, G.R. Hocke, W. Kolbenhoff, F. Steppat und Lotte Stuart. Dazu gaben Boehnisch und Eb­ binghaus der Presse folgende Erklärung ab: »Die »Neue Zeitung« soll auf Befehl der Informationsabtei­ lung von OMGUS in Zukunft ausschließlich ein »Haus­ organ der amerikanischen Militärregierung« sein. Dieser Be­ fehl - die Militärregierung ist natürlich berechtigt, sich ein Hausorgan zu schaffen - bedeutet, daß die >NZ< nicht mehr Zeitung, sondern nur noch »Mitteilungsblatt« sein kann. Dem Blatt ist von nun an verboten, ein »Forum für deutsche Meinungen« zu sein. Deutsche Auffassungen, die sich von den offiziellen amerikanischen unterscheiden, dürfen nicht mehr wiedergegeben werden. Diese Direktiven — eine scharfe Zensur durch amerikanische Beamte kommt noch hinzu — sind mit unserer Auffassung von fairem Journalis­ mus nicht zu vereinbaren. Sie stellen einen Zustand her, wie er selbst im Jahre 1945 nicht bestand. Wir bedauern, daß der Weg der »Neuen Zeitung«, der zu einer amerikanisch-deut­ schen Verständigung führen sollte, damit unterbrochen ist. Der neue Zustand scheint unserer Ansicht nach das Ergebnis einer extremen Skepsis gegenüber Deutschland zu sein, die sich in jüngster Zeit in einer planmäßigen antideutschen Kampagne geäußert hat. Von dieser Haltung haben sich of­ fensichtlich auch maßgebliche Beamte der US-Militärregierung irreführen lassen. Der daraufhin erfolgte Rückfall in die schärfste Zensur ist den offiziell verkündeten außenpoli­ tischen Zielen der USA konträr entgegengesetzt.« Dieser Text erschien am gleichen Tage in der »Münchner Abendzeitung«. Sie fügte hinzu: »Wie uns von der Neuen Zeitung bestätigt wird, besteht eine solche Anweisung tat­ sächlich ... Etwas später schrieb mir Ernst Robert Curtius in rührender Weise: »Ihr erinnert mich an die Sieben Weisen von Göttin­ gen.« So viel Pathos lag nicht »drin« wie man heute sagt. Wir waren wohl nicht Opfer einer systematischen Unterdrückung, sondern einer noch immer bestehenden Unsicherheit allen deutschen Grundfragen gegenüber, vor allem eines von man­ chen wohl planmäßig geschürten Mißtrauens. Hatte ich das nicht schon alles in Rom und in den USA erfahren? Drohend

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Literarische Rückblenden

standen sich jetzt die Kolosse USA und UdSSR gegenüber. Man kann nicht verschweigen, daß es damals manche Deutsche (wieder) gab, die an einen dramatischen Ausbruch dieses welt­ politischen Gegensatzes dachten; sicher wünschten sie sich eine immer tiefere Kluft zwischen Ost und West. Hatten sie den Krieg schon vergessen? Die spätere Pressepolitik der Amerikaner, wie auch der Fran­ zosen und Engländer, hat bewiesen, daß dieser Rückfall in tö­ richte Zensurvorschriften nur vorübergehend war. Am meisten litt darunter der Nachfolger von Fleischer, der amerikanische Chefredakteur der »Neuen Zeitung«, Kendall Foss, ein Gentle­ man reinsten Wassers. Er bedauerte nicht nur den Austritt der »Sieben«, er hielt ihn wohl für richtig. Es kennzeichnet im übrigen die wenigstens prinzipielle amerikanische Toleranz, daß dieser auch im Ausland aufsehen­

erregende Redaktions-Austritt für uns mit keinerlei unange­ nehmen Folgen verbunden war. Im Gegenteil: Ein Mitglied des Verwaltungsrats der »NZ« besuchte mich in Starnberg, um mich, beschwörend fast, zur Rückkehr zu bewegen. Man ver­ sprach auch Verzicht auf Zensurvorschriften. Doch war ich über den Fall Theunissen zu empört. Ich blieb bei meiner Entschei­ dung. Im übrigen waren in der Redaktion der »Neuen Zei­ tung« ja ehrenwerte und fähige Redakteure geblieben, die bald der neuen Zensursperre für Deutsche Herr wurden. Doch war dies Blatt nun unrettbar in seine letzte Lebensphase eingetre­ ten. Außerdem entstanden immer mehr unabhängige deutsche Zeitungen. Gustav René Hocke ln: Gustav René Hocke, Im Schatten des Leviathan, Lebenserinnerun­ gen, 1984, Manuskript Kap. 16, 17, 18.

Erinnerung an München Der törichte Krieg der Mörder brachte mich nach München, dessen Ruf als Kunststadt, Kaffeehaus einer arbeitenden Bo­ hème und Atelier der Avantgarde, Stätte der Kammerspiele des Otto Falckenberg, Sitz des Kurt Wolff Verlags - mit den schwarzen Heften einer stürmischen, ins Verderben stürzenden Jugend »Der jüngste Tag« - mich schon an der Ostsee und in den Masurischen Wäldern angezogen hatte. Nun stand ich hier, arm, mittellos, unbehaust, fern jeder Existenz, und die ich su­ chen wollte, waren verschwunden. Ich lese gern die modrigen Bücher der Geschichte und halte Klio, die aufgeputzte Göttin der Geschichte, für eine alte, verwirrte, zänkische Frau. Doch versteht man Klio als Autorin der Geschichte, ist sie unschlag­ bar. Welch wunderbare, welch makabere Phantasie! Der Staat Preußen, aus dem ich kam und dessen Schlachtenruhm das Schulkind gequält hatte mit Daten des Sieges und des Todes, war an einer ihm von einem österreichischen Schlawiner auf­ gezwungenen, doch Preußen nicht seelenfremden Hybris er­ stickt und zerlegt worden, Bayern, ein in Jahrhunderten ge­ pflegtes, wie es sich sah, Gott gefälliges Reich im wesentlichen erhalten, standhaft davongekommen, wie wir alle, die wir im Sommer 1945 lebten. Ich blieb in München. Der Sommer war schön. Er war prächtig. Wochenlang strah­ lende Sonne. Kein Regen. Wir fühlten uns befreit und ver­ drängten mit schlechtem Gewissen das Gedächtnis an die Toten, an die wir uns später wieder erinnern sollten. Die Kriegsgeneration der Davongekommenen erholte sich hinter den niedergerissenen Zäunen der städtischen Bäder. Ein Wirt in der Ungererstraße kochte aus Brennesseln und Gras einen Spinat, der verschlungen wurde. Offiziere der Endsieggläubig­

keit bettelten Mädchen, die sie aus Tradition verachten muß­ ten, um die amerikanischen Zigaretten ihrer Boys an. Die Wunden der einstigen Hauptstadt der Bewegung lagen offen. Im Abend- oder Morgenlicht waren die Ruinen schön. Wir lebten in einer Stadt in Schutt, die zu stark war, um unterzu­ gehen. Wir träumten von Straßen und Plätzen aus der Asche. Wir wollten wie der Vogel Phönix sein. Wir bauten uns eine Zukunft ohne Befehl, ohne Mord und Totschlag, ohne Lager, Gefängnisse, Schafott, ohne Zwänge gegen uns selbst, wir hol­ ten unsere vergewaltigte Seele wieder ans Licht, wir sprachen voll entfesselter Kunst, von der Freiheit des Worts, wir planten ein großes Theater der Erörterung unserer vergangenen wie zukünftigen Ängste und Darstellung unseres Mutes. Erst mit dem Winter kam der große Hunger, es gab weder Gras noch Brennessel, unsere Luftschlösser aus den städtischen Bädern erstarrten wie das Badewasser in den vereisten Becken. Wir sind davongekommen, wer glaubt es noch? Der Bürger ist da­ vongekommen, der alte Homo faber. Er wurde tätig. Er sam­ melte das Holz. Er heizte das kalte Zimmer. Er flickte das Haus. Er baute ein neues. Er führte das Geschäft fort oder gründete eines. Er zog seine Kinder auf, das Geschäft zu übernehmen. Er glaubte, als sein Fleiß belohnt wurde, an einen Bestand. Er ist bereit, das Erreichte mit dem Opfer seiner Söhne zu verteidi­ gen. Wb/Jgang Koeppen In: SZ von, 17./18.7. 82, Nr. 161, S.102, Die Vollendung eines Schicksals, Dankrede für die Verleihung des kulturellen Ehrenprei­ ses der Stadt München 1982.

Wiederbegegnung Es war gleich. Wohin ich mich wandte, ich kannte diese Stadt nicht, ihre Straßen, ihre Bauten, ihre Plätze. Ich ging zögernd durch ein paar Pfade, die freigeschaufelt worden waren, in Richtung einer Kirche und eines gotischen Bauwerks, das wohl einmal das Rathaus gewesen sein mochte. Oft konnte man kilometerweit sehen, dann ging man durch Schluchten, wie im Gebirge, zu beiden Seiten ragten die Klamotten hoch. Wenn die leeren Fensterhöhlen nicht gewesen wären, hätte man glau­ ben können, durch ein verkarstetes Gebiet irgendwo auf dem Balkan zu marschieren. Die Straße, die ich schließlich nahm — das verrostete Straßenschild hing traurig an einem ebenso schä­ bigen Mast — war eine solche Schlucht. Aber sie war nur eine von Ungezählten. Ich ging wie ein Traumwandler durch diese Wüste. Ich suchte nichts. Ich wollte nur die Stadt sehen. Aber es gab keine Stadt. Es gab nur diese betäubende, den Geist, das Gefühl, die Empfindung zerstörende Wüste. Die Wesen in die­ ser Wüste glichen Gespenstern. Männer in zerschlissenen Uni­ formen, Frauen in abgetragenen Kleidern und Mänteln. Die Gesichter ohne Ausdruck, die Augen tiefliegend und ohne jegliche Regung. Alle trugen sie zerschlissene Taschen in der Hand oder hatten Rucksäcke auf dem Rücken. Kinder sah ich nicht. Mich ergriff eine ungeheure Einsamkeit und Verzweif­ lung. Weg von dieser Stätte, dachte ich, nichts wie weg! Dann kam ich auf einen ehemaligen Platz. Es mußte ein be­ deutender Platz gewesen sein, denn direkt mir gegenüber stand ein wie mit Schimmel überzogenes großes Gebäude im pseu­ dogotischem Stil, das die gesamte Breitseite des Platzes ein­ nahm. Das mußte wohl früher das Rathaus gewesen sein. Ein Teil seiner Fenster war mit Brettern vernagelt. Auch eine Ba­ lustrade war da. Wer hatte wohl von da aus seine Reden gehal­ ten und sein Volk begeistert? Die Menschen von heute, die ich sah, interessierten sich nicht dafür, sie liefen mit gesenkten Köpfen vorbei oder starrten mit ihren trüben Augen auf die Bretterwände auf meiner Seite. Warum? Ich sah, daß diese Bretterwände mit unzähligen Zetteln behaftet waren, kleinen, größeren, schmutzigen, mit Tinte, mit Bleistiften beschrieben und ich stellte mich in die Reihe der Lesenden. Ich las: »Tau­ sche große schöne Puppe gegen ein Brot.« — »Wer gibt Butter gegen ein guterhaltenes Fahrrad?« — »Mantel, braun, gegen Le­ bensmittel gleich welcher Art.« — Ich dachte noch einmal: das ist nicht deine Stadt, nichts wie weg, obwohl ich mir im Klaren war, daß es woanders auch nicht besser sein würde. Dann aber las ich einen sauber mit Schreibmaschine ge­ schriebenen Zettel und ich dachte: wollen sie dich in dieser Mondlandschaft auf den Arm nehmen? Aber da stand es, ich weiß es heute noch auswendig, da stand: »Alle Buchdrucker, Setzer, Stereotypeure, Buchbinder usw. melden sich bei Alfred Andersch, Schellingstraße 39.« Ich dachte, das gibt es doch nicht, der Alfred Andersch hat einen so seltenen Namen, das kann doch nicht mein Andersch sein, was hat er mit dem gra­ phischen Gewerbe zu tun? Aber da stand sein Name, ich konnte daran soviel herum­ deuteln, wie ich wollte, und ließ mich nicht los. Du kannst ja mal zu diesem Mann gehen, dachte ich, er wird sich als ein Namensvetter deines Freundes herausstellen, was macht’s, geh doch mal hin!...

Endlich stand ich vor dem Haus Nummer 39. Aber was war das für ein Haus! Der Vorplatz war ein unaufgeräumtes Gelän­ de voller Löcher, das Haus selbst trug die Wunden des Krieges. Nur etwas war anders, links gab es einen Pförtner. Was hatte Andersch mit dem Pförtner zu tun? Ich klopfte höflich ans Fenster (bei Pförtnern muß man immer höflich sein, wenn man etwas will), und der Mann schob seinen Kopf heraus und brummte: »Sie wünschen?« Ich sagte: »Wohnt bei Ihnen ein Herr Alfred Andersch? Das ist nämlich ein Freund von mir —.« Der Pförtner schob das Fenster hoch, sein Gesicht nahm ei­ nen devoten Ausdruck an: »Herr Andersch? Natürlich, zweiter Stock. Gehen Sie ins Vorderhaus, fragen Sie die Sekretärin.« Ich dachte: das kann nicht dein Freund Alfred Andersch sein. Ich ging die Treppen hoch. Das ganze Haus roch nach Drucker­ schwärze und Papier. Von irgendwo her tönte das rhythmische Gedröhn schwerer Maschinen. Auf der Treppe liefen lachende junge Mädchen an mir vorbei, ich wagte nicht, sie zu fragen. Dann, in einem lan­ gen Gang, wollte wieder ein Mädchen an mir vorbeirennen, (wie hübsch die alle waren, ich hatte jahrelang keine Frau mehr gesehen, mir klopfte das Herz!) ich hielt sie an und fragte: »Verzeihung, gibt es hier einen Herrn Andersch?« Sie lachte, sagte, »Sie stehen direkt vor seiner Tür, klopfen Sie doch an«, ich tat es, ein anderes hübsches Fräulein öffnete (ich wurde mittlerweile ganz nervös), aber da stand schon Andersch hinter ihr, brüllte: »Shorty, endlich!« und ich sah die Freude in seinem Gesicht leuchten. Er führte mich in ein Büro, nicht groß, aber immerhin, rief: »Bist du endlich da?« und bat mich, Platz zu nehmen. »Hör mal zu«, sagte ich, »Was hast du mit den Buchdrukkern, Buchbindern, Stereotypeuren ...« »Die sind alle verrückt hier«, sagte er, »ich habe verlangt, daß sich alle Journalisten, Redakteure, Fcuilletonisten und so wei­ ter bei mir melden sollen. Aber die Heinis können kein deutsch, und da haben wir den Salat — sie haben es eben falsch übersetzt. Schad’ nix, jetzt bist du hier!« »Was soll ich denn hier?« »Mensch!« sagte er. »Kapierst du auch nichts? Wir brauchen Leute. Antifaschisten, Demokraten, Leute mit der richtigen Gesinnung. Finde du mir die mal!« »Und du hast das mit einem Zettel —?« »Das ist der einzige Weg. Das lesen alle. Landser wie du, die die richtige Gesinnung haben.« »Und was ist das hier?« »Du befindest dich in der Redaktion der »Neuen Zeitung«, einer amerikanischen Zeitung für die deutsche Bevölkerung. Hier!« Er nahm ein riesiges Exemplar der Zeitung. »Dasselbe For­ mat wie der »Völkische Beobachter«. Sie haben versucht, die Gebäude zu zerbomben, zielten aber daneben und haben die Arcisstraße und die Straßenzüge dahinter dem Erdboden gleichgemacht. Diese Gebäude hier haben nur Kratzer abbe­ kommen. Die Rotationsmaschinen blieben intakt. Die Räume auch so einigermaßen. Wann fängst du an?« »Was soll ich denn anfangen?«

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Er lief aufgeregt hin und her. Dieser Andersch hatte, wenn er von einer Sache überzeugt war, etwas ungeheuer Ernstes. Sein Gesicht wurde finster, wenn er sprach, alles, was Humor oder Verständnis heißt, schien daraus verschwunden zu sein. Ich er­ innerte mich an seine Vorbereitungen für die Lagerzeitung in Camp Ruston, Louisiana. Auch damals ließ er nicht locker, bis wir die Nudelrolle und das Papier hatten. »Begreifst du nicht«, sagte er jetzt, »wir brauchen jeden, der eine anständige Gesin­ nung hat. Du kannst sofort beginnen. Wir brauchen Leute, mit denen man etwas anfangen kann. Wir sind dabei, die neue deutsche Republik aufzubauen und wir wollen nicht dieselben Fehler machen, wie sie sie damals in Weimar gemacht haben.« Es war zuviel für mich. »Ich bin erst so kurz hier«, sagte ich, »ich bin erst einen Tag in dieser Stadt.« »Das bedeutet überhaupt nichts. Ich kenne dich. Du fängst sofort an. Einen Augenblick, ich bringe dich zum Feuilleton­ chef.« »Zu was für einem Chef?« »Erich Kästner natürlich.« »Welcher Erich Kästner?« »Was, kennst du Dr. Erich Kästner nicht?« »Meinst du den Dichter?« »Ja, natürlich. Wen sonst?« Er sprach von ihm, wie von irgendeinem anderen Men­ schen. Das war Andersch. Die anderen rangierten nicht höher als er. Die Sache war aber die, daß ich seit der Zeit, in der ich zu le­ sen begonnen hatte, einen ungeheuren Respekt vor den Schrei­ benden hatte, eine Angst und eine ehrfürchtige scheue Anbe­ tung, die es, so glaube ich, heute nicht mehr gibt. Es gab damals ein paar Götter in meiner Jugend, bei deren persönlichem An­ blick ich glaubte, vor Ehrfurcht erstarren zu müssen. Zu diesen Männern gehörte Erich Kästner, den ich schon lange vor der Hitlerzeit verehrte. Ich hatte ihn nie gesehen, ich wußte nur, daß er, damals in meiner Heimatstadt Berlin, des öfteren in bestimmten Cafés sitzen sollte. Das war aber im vornehmen Westen und ich wohnte am anderen Ende dieser ungeheuren Stadt, in Adlershof. Trotzdem las ich die >Weltbühne< und sei­ ne Gedichte. Aber wie hätte ich den Mut aufbringen sollen, dorthin zu gehen, wo er seinen Kaffee trank? Jetzt war es nicht viel anders, obwohl ich inzwischen einiges erlebt hatte und auch für mich viele Persönlichkeiten nicht mehr im Himmel wohnten. Ich sagte zu Andersch: »Ich gehe nicht zu ihm.« Er nahm mich beim Arm, sagte kurz: »Red nicht so viel! Du darfst nicht vergessen, du bist auch wer.« Diese Bemerkung er­ schreckte mich noch mehr, ich wollte protestieren, seine Art und Weise kam mir ungeheuerlich, beinahe frevelhaft vor, aber er zog mich einfach an eine andere Tür, von drinnen kam eine leise Stimme: »Herein«, Andersch öffnete die Tür und da stand er. Ein nicht großer, magerer Mann mit eingefallenen Gesichts­ zügen und ungeheuer scharfen Augen. Sein verbeulter Anzug war nicht der neueste. Doch wer trug schon neue oder gepfleg­ te Anzüge in diesem Jahr. Sein Blick schien mich durchdringen zu wollen und ich bekam es mit der Angst zu tun. Konnten seine Augen von einem Augenblick zum anderen lustig werden, wie ich gelesen hatte? Er sagte mit leisem sächsi­ schem Akzent: »Wen bringen Sie mir denn da, Andersch?« Und Andersch antwortete, wie mir schien ein wenig widerwil­

lig: »Das ist ein Freund von mir, Herr Doktor. Wir waren zu­ sammen in Gefangenschaft.« »Und was will er? Wollen Sie ihn mir nicht vorstellen?« Er blickte auf einen Schreibtisch, der voller Manuskripte und Fah­ nenauszüge war. »Sie wissen ...« »Ja, ich weiß, Herr Doktor«, sagte Andersch, wie mir schien immer noch widerwillig. Er stellte mich vor und erzählte etwas von meinen Sprachkenntnissen und von meiner Vergangen­ heit. Der Doktor, wie sie ihn hier zu nennen schienen, blickte mich eine Weile mit seinen scharfen Augen an, aber ich er­ kannte schon, daß er lächelte. »Hört sich ja gut an«, sagte er, »probieren wir’s doch mal.« Er wandte sich wieder an mich. »Hätten Sie Lust, neue amerikanische Bücher zu lesen, passen­ de Abschnitte daraus auszuwählen, einzuleiten und für unser Feuilleton zu übersetzen?« Ich starrte ihn an. »Na, ja, « sagte er lächelnd, »es wird nicht so wild sein mit der Arbeit. Lassen Sie sich Zeit. Es muß nur gute und moderne Literatur sein.« Wieder wandte er sich Andersch zu. »Dann machen Sie wohl das mit dem Vertrag und so ...« Ich wollte gehen, aber er hielt mich mit einem kurzen Blick seiner scharfen Augen fest. »Haben Sie schon eine Stelle, wo Sie in München wohnen können?« Und, als ich den Kopf schüttelte: »Natürlich nicht. Wie kann ich so dumm fragen.« Ich war nicht in der Lage zu antworten. »Dann veranlassen Sie das wohl auch, Andersch«, sagte er zu meinem Freund. Er lächelte. »Zuzug und so, unangenehme Geschichte. Wir haben extra einen Mann dafür, wie Sie wissen ...« Den Blick hatte er schon wieder auf seinen Manuskripten und Fahnen. Wir waren entlassen. Draußen, vor seinem eigenen Schreibtisch, begann An­ dersch zu knurren. »Lange mache ich das nicht mehr mit«, sagte er. Ich war noch immer wie betäubt. »Was machst du nicht mehr mit?« fragte ich. »Immer nur die zweite Hand von ihm zu sein, verstehst du? Andersch hier und Andersch da. Ich habe die Nase voll. Nicht einmal ein richtiges Büro habe ich ...« Ich begriff ihn einfach nicht. »Mensch, Andersch«, sagte ich nach einer Weile, »um diesen Posten würden dich zehntausen­ de junger Menschen beneiden! Redakteur bei Erich Kästner! Weißt du überhaupt, wovon du redest?« Aber mit diesem Mann war schon damals in Camp Ruston, Louisiana, nicht zu reden, heute noch weniger. »Ich will allein etwas auf die Füße stellen«, sagte er, »verstehst du! Ich will nicht immer der zweite sein.« »Aber das ist Erich Kästner! Erich Kästner! Erich Kästner! Wir kommen von der Front und aus der Gefangenschaft. Was sind wir? Ein unbekannter Furz. Unbekannte Fürze! Und dann hat man gleich die Chance, bei einem so berühmten unbe­ scholtenen Mann mitzuarbeiten. Bist du denn verrückt gewor­ den? Was willst du eigentlich?« »Du sagst, um diesen Posten würden mich tausende junger Menschen beneiden. Aber die gibt es eben nicht. Begreifst du, es gibt sie nicht! Wir haben eine Aufgabe und die müssen, die werden wir erfüllen!« Ich habe schon gesagt: das war Andersch. Ich kannte damals nur den Anfang seines großartigen Romans »Die Kirschen der Freiheit« und ich hatte keine Ahnung, was von ihm noch kom­ men würde, aber soviel Hochmut machte mich rasend. Wie konnte ich wissen, daß er später zusammen mit Hans Werner

Walter Kolbenhoff Richter den >Ruf< herausbringen würde, jene Zeitschrift, die nach dem Hitler-Krieg die junge Generation ansprechen wür­ de wie keine andere. Nun gut, ich folgte ihm an diesem ersten Tage in München in ein anderes Büro und von da wieder in andere Büros, junge Damen nahmen mich in Empfang und dann war ich wieder bei Andersch und verabschiedete mich.

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Ich hatte meinen Zuzug, von dem noch zu sprechen sein wird, und ich hatte ein Zimmer in einer von den Bomben verschon­ ten Straße in Schwabing, ich trug einen Packen heißgeliebter Bücher unter dem Arm und so stand ich in der Schellingstraße. What a day, dachte ich. Walter Kolbenhoff

Schriftsteller und Briketts Man hatte mich ein paar Wochen zuvor eingeladen, Mitglied des Deutschen Schriftsteller-Verbandes zu werden. Ich war zu der angekündigten Sitzung gegangen und hatte ebenda einen Mann kennengelernt, der nicht so aussah, als hätte er etwas mit Schriftstellern zu tun. Eher ähnelte er einer Karikatur von Daumier. Jedenfalls sah er in dieser Zeit aus, als gehörte er zu jenen Menschen, die die letzten Hungerjahre nichts anderes getan hatten als zu fressen. Er war klein und dick und hätte man ihn mit einem anderen Menschen vergleichen müssen, dann wäre man sofort auf Sancho Pansa gestoßen, nur trug dieser fette Mensch einen vielleicht zwanzig Zentimeter langen und fünf Zentimeter breiten schütteren Bart am Kinn, der waagerecht in die Luft stieß und den sein Herr Don Quixote getragen haben könnte. Eine aparte Mischung also. Dieser kleine Mann saß schweigend in der ersten Reihe. Ich hatte mich bei dem Vorsitzenden der Zusammenkunft gemel­ det, einen Platz gefunden und war gespannt auf das, was da ge­ schehen sollte. Es war ein trübseliges Ereignis. Der Rathaussaal, in dem wir tagten, mußte so schon kalt und düster sein mit sei­ nen dunkelgrauen Bögen. Die Fensterhöhlen waren zum Teil noch mit Pappe vernagelt, es herrschte ein schmutziges Halb­ licht und es brannte keine Lampe, die dem Raum einen etwas wärmeren Schein hätte geben können. Vom Fußboden stieg eisige Kälte hoch. Und da hockten die Schriftsteller auf den kantigen hohen Stühlen und warteten darauf, was ihnen der Vorsitzende zu sagen hatte. Eines war klar: der Vorsitzende, er trug wollene Handschu­ he und einen dicken Schal um den Hals, sagte sofort, er hätte es bei den herrschenden Zuständen satt, länger der Vorsitzende zu sein und man müsse bitte einen neuen Vorsitzenden wählen. Niemand könne verlangen, daß er in seiner sibirischen Höhle daheim sitze und geistige Werte schaffe. Wie die Menschen draußen, die mit den herumliegenden Trümmern beschäftigt seien, wäre auch er ein Schwerstarbeiter und auch er habe das Recht, wie ein solcher behandelt zu werden. Es wurde immer kälter um uns. Die meisten der Schriftstel­ ler waren vermummt und husteten zustimmend. Da ich nie­ manden - auch ohne Vermummung - kannte, konnte ich an der folgenden Diskussion nicht teilnehmen. Die meisten wie­ derholten, was der Vorsitzende schon gesagt hatte. Sie klagten, daß sie in ihren kalten Zimmern nicht arbeiten könnten und daß sie die gleichen Schwerarbeiter wären wie die da draußen, nur eben geistig. Es sei eine Schande, daß sie keine Marken für Schwerstarbeit bekämen, sie frören zuhause mit ihren Fami­ lien, da sie keine Heizzulage bekämen und so weiter. Der Vor­ sitzende wiederholte, daß nicht einmal er als Vorsitzender eine

Zulage bekäme und was der Staat dazu sage und daß er sich nicht wundern sollte, wenn es mit der deutschen Kultur bergab gehe. Er lege sein Amt unter Protest nieder. Wenn das so wei­ tergehe, werde es in Deutschland überhaupt keine Kultur mehr geben. Und da hatte ich die Freude zu erleben, wie sich der kleine dicke Mann mit dem lustigen Bart erhob und an den Redner­ tisch ging. Sein schwarzer Anzug war so speckig, wie es die Be­ kleidungsstücke mancher Pfarrer im Süden sind, die sie sicher lange tragen müssen. »Wer ist das?« fragte ich leise meinen Nachbarn (Er sah aus wie der alte Gerhart Hauptmann). »Das ist der Professor Hans Ludwig Held« antwortete er etwas ge­ ringschätzig, wie mir schien. »Bibliotheksdirektor und Kultur­ beauftragter der Stadt München. Pfaffe natürlich.« Jetzt stand er vorne, der Herr Professor, und ich konnte ihn deutlich sehen. Er hatte helle wässrige Augen und er schien zu lächeln, aber in seinem Gesicht war alles Leid dieser Welt ein­ gezeichnet, Die Brille, die er trug, hatte er bestimmt nicht auf Bezugschein bekommen, sie sah aus, als hätte sie Franz Schu­ bert schon getragen. Er sprach ziemlich leise, aber so ausdrucks­ voll, daß man jedes Wort verstehen konnte, das er sagte. »Zuerst einmal«, sagte er, »haben Sie recht. Es sieht nicht all­ zu gut aus mit der deutschen Gegenwartsliteratur. Aber -«. Er machte eine Pause und hob die Schultern, »da sind also gewisse Umstände. Da ist etwas geschehen ...«. letzt begann der Herr Professor mich wirklich zu interessie­ ren. Was meinte er mit diesen gewissen Umständen? Meinte er die vergangenen zwölf Jahre, die etwas mit den gewissen Um­ ständen zu tun hatten? Meinte er das Schicksal Thomas Manns, Lion Feuchtwangers oder gar Bertold Brechts? Er ließ sich nicht weiter darauf ein. Orakelte er, war er ein Jesuit, der auf alles und jedes eine Antwort wußte und nur auf eine Frage wartete? Er blinzelte über uns hinweg und sagte mit seiner leisen, beinahe flüsternden Stimme: »Ich werde mich jedenfalls dafür einsetzen, daß jeder von Ihnen einen halben Zentner Briketts bekommt.« Ich hätte schwören können, daß er, ohne daß es je­ mand merkte, müde lächelte. »Einen halben Zentner Briketts!« sagte der ältliche Gerhart Hauptmann neben mir. »Könnte er denn nicht wirklich mehr herausschlagen?« »Zum Beispiel?« fragte ich. »Zum Beispiel ein Viertel Pfund Butter.« »Kann er denn das als Bibliotheksdirektor?« Mein Nachbar grinste. »Das war er einstmals, bis dreiunddreißig. Dann mußte er gehen, letzt ist er wieder da. Als Kulturbeauftragter. Aber auch als sol­ cher könnte er mehr für uns herausschinden, meinen Sie nicht auch? So ein Mann hat doch seine Beziehungen.«

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Mein Interesse für den ältlichen Gerhart Hauptmann verließ mich jäh. Wir hätten sowieso nicht länger miteinander spre­ chen können; denn jetzt begann die Wahl des neuen Vorsit­ zenden. Es war keine leichte Wahl, denn niemand wollte die­ sen Posten einnehmen, wenn er nicht mit irgendwelchen Naturalien aufgewogen werden würde. Schließlich erhob sich ein Mann, den nicht nur ich nicht kannte, sondern auch die an­ deren Schriftsteller nicht zu kennen schienen und sagte frei­ mütig: »Ich bitte Sie, wählen Sie mich, denn ich verstehe etwas von Büchern, ich weiß damit umzugehen.« Er wurde gewählt, ohne daß jemand über diese Wahl diskutierte. Wir hatten einen neuen Vorsitzenden, und damit hatte es sich. Ich sah mich, während diese Veranstaltung noch lief, nach dem Mann um, der nur noch Kulturbeauftragter der Stadt

München war, aber er war leider schon gegangen. Niederge­ schlagen verließ ich diesen kalten Saal in diesem kalten Hause. Natürlich war ich als neues Mitglied durch den in Aussicht ge­ stellten halben Zentner Briketts froh. Aber die fürchterliche Gegenwart der Stadt ließ alle persönlichen Vorteile im Nu wieder verschwinden. Die Zusammenkunft der Schriftsteller war nicht ermunternd, war nicht positiv gewesen. Vielleicht aber hatte es nur an mir gelegen. Auf dem Weg zurück in die Schellingstraße kam mir zum ersten Mal der Gedanke, diese Stadt wieder zu verlassen. Der Grund konnte nicht sein, daß sie äußerlich tot war — welche Stadt in Deutschland war nicht zerstört. Ich hatte genug andere gesehen auf meinen Reportagereisen. Es war etwas anderes. Walter Kolbenhoff

Ein ganz normaler Besuch Alle diese Dinge schienen Günter Eich wenig zu interessieren, er hatte offenbar keine Beziehung zur Politik, noch weniger zur Bindung an eine Partei. Und doch entstanden damals und später starke politische Verse, die den schon Berühmten noch berühmter werden ließen und die den Unmut vieler seiner Be­ wunderer hervorriefen. Verse wie: »Seid unbequem, seid Sand, nicht öl im Getriebe der Welt«; oder: »Nirgendwo auf der Landkarte liegt Korea oder Bikini, aber in deinem Herzen«. Politik lag ihm nicht so fern, sein Ausdruck war nur anders als der der Politiker. Er war ansonsten ein sehr stiller, sehr höfli­ cher Mensch und er war, wenn er mit Freunden zusammen war, ein guter Zuhörer. Nach einem ersten Besuch bei uns in der Schellingstraße kam er öfter, schließlich blieb er längere Zeit... Er liebte es zuweilen, andere auf den Arm zu nehmen, es freute ihn, wenn sie auf ihn hereinfielen. An einem Abend, es waren wie üblich eine Reihe von Gästen bei uns und die mei­ sten hatten schon etwas Mitgebrachtes getrunken, wurde er ge­ beten, ein paar seiner Gedichte vorzutragen. Er sagte: »Einen Augenblick, ich muß mich erst etwas konzentrieren«, und ging in das nebenan liegende Zimmer. Er kam mit einem schmalen Band in der Hand wieder zurück, setzte sich auf seinen Platz, blickte auf und begann mit seiner wunderbaren, etwas verhal­ tenen Stimme vorzulesen. Bei der ersten Zeile schon waren die Zuhörer gefangen. Ich kannte das, was er vorlas schon und beobachtete die Wirkung seiner Worte und seiner Stimme auf die Gäste. Als er geendet hatte, war es eine Minute still, dann sagte eine Frau: »Es war wunderbar, es war ergreifend ...« »Ach«, sagte er, »das könnt ihr auch. Ihr könnt ja lesen. Ich habe mir erlaubt, die Inhaltsangabe dieses Gedichtbändchens vorzulesen. Von mir ist es übrigens nicht.« Auf unseren nächtlichen Spaziergängen war er meist schweigsam. Wir gingen beinahe immer denselben Weg. Die Barerstraße hinunter zum Kurfürstenplatz und dann die Kur­ fürstenstraße wieder zurück zur Schellingstraße. Nicht weit von der Kurfürstenstraße gab es inmitten der Trümmer einen winzigen verstaubten Laden; der Eingang war mit Brettern vernagelt, wie sie zu tausenden vernagelt waren in dieser Stadt.

Das kleine Schaufenster war aus irgendeinem Grunde heil ge­ blieben, aber es war beinahe blind. Die Fenster über dem win­ zigen Laden waren nämlich leer, das Dach eingestürzt, es wohnte kein Mensch mehr in dem Haus. Hinter diesem blin­ den Fenster, das scheinbar niemand haben wollte, lag auf ei­ nem Tisch ein Stück Pappe mit der Aufschrift »Schriftkundi­ ger«. Günter Eich konnte lange vor diesem Schild stehen. Wir blieben beinahe immer vor ihm stehen und immer bewegte es ihn. Einmal flüsterte er: »Ein alter Mann muß das gewesen sein. Was hatte er erkundet...« »Ein Graphologe«, meinte ich. Er schüttelte den Kopf. »Nein, das muß ein alter Mann ge­ wesen sein, der uns etwas sagen wollte. Jetzt ist er sicher tot und kann uns nichts mehr sagen. Schriftkundiger ...« Er konnte den ganzen Abend darüber nachgrübeln. Kurz vor der Schellingstraße nahmen wir eine kleine Quer­ straße, ich glaube, sie hieß Blütenstraße. Da drin war ein riesi­ ges Loch, es schien größer zu sein als die Löcher ringsum. Aber in diesem Loch lebten Menschen, ich hatte sie schon des öfte­ ren gesehen. Sie hatten sich durch die herumliegenden Brokken einen Weg gebahnt und den Keller gefunden, dort wohn­ ten sie jetzt, ein Mann und eine Frau. Vielleicht war der Keller ein Luftschutzkeller gewesen und sie hatten da drin Matratzen, Decken und Stühle gefunden, vielleicht gab es da unten auch einen Wasserhahn. In der Nacht, als wir daran vorbei gingen, blieben wir stehen, denn die beiden hatten einen Streit und wir wollten wissen, um was es ging. Die Stimmen klangen verworren, dann konnten wir mit einem Mal die Stimme der Frau deutlich erkennen. Sie schrie: »Wenn wir beide nicht ver­ heiratet wären, wäre ich schon lange gegangen und hätte dir auf die Schwelle geschissen!« »Das nenne ich eine erstaunliche Metapher«, sagte Günter Eich, als wir weiter gingen. »Wie kann man seinen Unmut besser und bildhafter ausdrücken. Ich frage mich nur, ob es auf dem Weg in das fürchterliche Kellerloch hinunter noch eine Schwelle gibt.« Bevor wir hinauf in unsere Wohnung gingen, besuchten wir noch die »Schwarz-Gelb-Stube«, eine Bar, die schräg gegen-

Walter Kolbenhoff über in der Schellingstraße lag. Aber was sage ich, Bar! Es war die schäbigste Stink-Kneipe, die ich je in meinem Leben betre­ ten habe. Die wenigen Stufen, die hinaufführten, waren brökkelig, in den schlechtbeleuchteten Wänden drinnen war der Schwamm und die grüngestrichenen Tische und Stühle waren aus irgendeinem Biergarten gestohlen. Bar! Hier traf sich das Gschwerl von München, aber es waren auch interessante Leute darunter. Da drinnen konnte man alles haben, wenn man etwas dafür zu bieten hatte. Dachpappe gegen Unterwäsche, Nägel gegen Schuhe, Schnaps gegen Hosenknöpfe. Der Wirt, einer aus dem Ruhrgebiet, und seine Frau vermittelten. »Brauchen Sie Butter, Leder, einen Hut?« Wir beide brauchten nichts als eine Flasche Wein. »Bitte sehr, beste Qualität, zum Freund­ schaftspreis!« Die Barmbecks, so hießen die Wirtsleute, waren hier gelandet, wie viele Menschen zu der Zeit in München ge­ landet waren, zum Beispiel Günter Eich und ich, und sie hatten ihren Arbeitsbereich gefunden. In diesen Tagen gehörten nicht wenige Menschen einer Gemeinde an, denen die Begriffe Recht oder Arbeit nichts be­ deuteten. Jahrelang hatten sie Unrecht tun müssen, jahrelang waren sie dafür gelobt und ausgezeichnet worden, daß sie das taten, was man ihnen befahl; jetzt hatten sie sich daran ge­ wöhnt, nach anderen, von ihnen selbst gemachten Gesetzen zu leben. Jetzt galt das Gesetz des Dschungels. Die Taten in der jetzigen Zeit wurden nach ganz anderen Maßstäben gemessen, als die vorher üblichen. Es galt nichts anderes, als die Kunst zu beherrschen, die der jetzigen Zeit entsprach. War es so wichtig, wie man den Nächsten übers Ohr haute und wie man seine Chance brutal nutzte, wenn es um nichts anderes ging, als zu überleben? Es war ganz einfach, nach diesem neuen und alten Gesetz zu leben: der Große frißt den Kleinen, der Schlaue übertölpelt den Dummen, der Starke zertritt den Schwachen. Nur keine Hemmungen haben, nur immer ran an den Speck. Da saßen oder standen sie also nach des Tages Mühen und ge­ nehmigten sich einen. Männer im besten Alter, im Kampf er­ fahren, im Herzen nichts als das Motto Du oder Ich und spra­ chen gemütlich miteinander wie Freunde, die sich in ihrem Kegelklub trafen. Auch Huren waren darunter, die etwas teue­ reren und die billigeren, die auch auf ihr Körnchen warteten. Unter ihnen Martha, die älteste Hure der westlichen Hemi­ sphäre, wie uns Herr Barmbeck versicherte. Sie saß an der Bar und hielt, wenn sie endlich betrunken war, die unflätigsten Re­ den. Weder Günter Eich noch ich wußten, daß wir eines Tages ein Erlebnis mit ihr haben würden, das zumindest ihn tief er­ schüttern sollte. Ich glaube, in uns allen steckt ein Zug zum Verruchtsein, zum Asozialen, der es zuläßt, daß wir uns manchmal wohl füh­ len in einer Atmosphäre, die mit den bürgerlichen oder soge­ nannten anständigen Begriffen des Zusammenlebens nicht zu vereinbaren ist. Nicht nur, daß wir uns wohlfühlen; ein be­ stimmtes Milieu, dem wir im Allgemeinen aus dem Wege ge­ hen, zieht uns unwiderstehlich an. Wir finden es und fühlen uns wohl, wie die Schweine in der Suhle, wenn wir es gefun­ den haben. Wir genießen es und haben doch Angst, daß von dem Dreck etwas hängen bleiben könnte. Was sind wir doch für Heuchler, Schwindler, Hypokriten, Spießer, unaufrichtige Leute! Die Schwarz-Gelb-Stube in der Schellingstraße war so ein Milieu. Hauptsächlich Martha war es, die Günter Eich in die­ ser Kneipe faszinierte. Von weitem glich sie einer alten ge­

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schminkten aufgetakelten Schauspielerin, wenn sie an der Theke saß und ihre Sprüche mit heiserer Stimme und großen Gesten herunterrasselte. Aber kaum einer gab sich mit ihr ab. Günter Eich lauschte ihr und manchmal murmelte er »Bert Brecht«, oder »Walter Mehring«. Wir begannen zu rätseln, wie sie zu diesen Zitaten gekommen war, aber wir wagten kein Ge­ spräch mit ihr, wir befürchteten einfach, sie würde uns mit ihren unflätigen Suaden fertig machen. Niemand belästigte in dieser Kneipe einen anderen mit unnötigen Fragen und wir wollten keine Ausnahme machen. Bis sie sich eines Abends von selbst zu uns setzte, betrunken wie immer, und uns ansprach. »Die Herren Schriftsteller sind bestimmt zu fein, um mit so einem Menschen wie mir zu sprechen, wie?« »Im Gegenteil«, sagte Günter Eich höflich. »Wenn Sie wüßten«, sagte sie, »wenn Sie wüßten ...« Ich sah Günter Eich an, daß er ungeheuer verlegen war. Ich wußte, was er dachte: Natürlich wissen wir. Aber bitte, gehen Sie, wir möchten Sie nicht noch mehr entblößt sehen, bitte, ersparen Sie uns, Sie weiter sprechen zu hören. Sie spürte es, aber sie blieb trotzdem sitzen. Aus der Nähe sah ihr Gesicht noch furchtbarer aus, als es schon war. Hatte sie jemand als Clown angemalt oder hatte sie sich selbst so zuge­ richtet? Sie ähnelte einem alten Mann, der eine Perücke trug. Aus ihren trüben Augen troffen Rinnsale. Ihr greller Mund zuckte. »Auf den Stufen der Akademie haben wir gesessen und Koks geschnupft«, sagte sie. »Koks, verstehen Sie, Kokain. Da­ mals, gleich nach dem Kriege. Ich war Modell. Glauben Sie es nicht? Die Maler rissen sich um mich ...« Sie lachte ein unan­ ständiges Lachen. »Wollen Sie mich jetzt mal nackt sehen? Sie würden sich wegdrehen. Aber damals ...« »Ist ja schon gut«, murmelte Günter. »Alle habe ich gekannt«, fuhr sie fort, »alle. Maler und Schriftsteller, Verrückte und Geniale. Unsere Atelierfeste waren berühmt. Europa auf dem Stier. Die Dadaisten. Der junge Johannes R. Becher. Die Reventlov, diese Ziege. Frank Wedekind. Die Maler. Auf den Stufen der Akademie haben wir gesessen und Koks geschnupft...« Plötzlich begann sie zu weinen und ebenso plötzlich emp­ fand ich den Lärm in der Kneipe noch durchdringender als er schon war. Martha schien ihn nicht wahrzunehmen, wahr­ scheinlich glaubte sie, mit uns allein zu sein. »Koks gibt es nicht mehr«, greinte sie. »Und Alkohol ist auch nicht billig«, sagte ich unbeholfen. »Ach«, schniefte sie, »ich hab noch Freunde von früher, die lassen nichts auf mich kommen, die nicht.« So sprachen wir eine Weile, bis Günter Eich plötzlich fragte: »Haben Sie noch viele von Ihren alten Freunden?« Sie blickte ihn mit ihren triefenden Augen mißtrauisch an. »Nicht viel. Ein paar, sehr alte ...« »Künstler?« Jetzt lachte sie, es war ein eher unschönes höhnisches La­ chen. »Künstler! Schieber sinds. Geschäftemacher. Alte Gano­ ven. Ich muß zu ihnen, Sie glauben nicht, was die alles wollen.« »Und wie wär’s, wenn wir Sie einmal besuchten?« Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich jäh. Sie hörte auf mit dem Schniefen, ihre Augen wurden starr. Sie fuhr sich mit der Hand durch das unordentliche Haar und erhob sich halb vom Stuhl. »Machen Sie bitte keinen Unsinn mit mir«, sagte sie lei­ se. »Ich kann auch Radau machen, wenn Sie wollen. Ich kann

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den Tisch mitsamt den Gläsern umkippen. Ich kann Ihnen die Flasche über den Schädel hauen. Machen Sie keinen Unsinn.« »Wir machen keinen Unsinn«, sagte er ebenso leise und ebenso höflich wie vorher. »Und was wollen Sie von mir?« fragte sie vorsichtig. Er wandte mir das Gesicht zu. Ich nickte. »Wir wollen Sie ganz einfach besuchen«, sagte er. Nie zuvor in meinem Leben habe ich ein Gesicht gesehen, wie das ihre. Es wurde finster, es hellte sich sofort wieder auf. Hoffnung und Mißtrauen wechselten jäh, es wurde blaß und flammte wieder auf. Es wurde gleichgültig, spöttisch und dann wieder voller Mißtrauen. Es war wie das Gesicht eines Hundes, dem man einen Knochen reicht und er sich nicht wagt, ihn an­ zunehmen, weil er sich fürchtet, dabei geschlagen zu werden. Sie sagte zögernd: »Sie wollen mich wirklich besuchen?« »Aber ja«, sagten wir beide. Plötzlich begann sie, wie ein Kind zu lächeln. Dieses verschminkte alte Gesicht lächelte wie ein Kind, dem man eine große Freude versprochen hat. »Also dann, morgen abend«, sagte sie. Sie erhob sich und ging, ohne zu schwanken, lächelnd hinaus. Niemand außer uns beiden sah ihr nach. Sie hatte uns beiden noch ihre Adresse gegeben. Günter Eich hatte sie auf­ geschrieben. Wir kauften am nächsten Tag eine Flasche Cognac. Isolde besorgte einen Strauß Blumen und ein Viertel Pfund Kaffee. Wir verließen, außer diesen anstrengenden Schwarzmarktein­ käufen, die Wohnung nicht. Es war, als bereiteten wir uns auf etwas Großes vor. Auch sprachen wir kaum und wenn, dann von nichtigen Dingen. Der Besuch bei dieser alten verkomme­ nen Frau faszinierte uns, es war, als erwarteten wir etwas Unge­ wöhnliches, etwas, was uns noch nie begegnet war. Hatten wir nicht recht? Martha war eine Persönlichkeit, das mußte ihr jeder zugestehen. Sie schien in dieser Zeit in der Tat eine inter­ essante und armselige Frau zugleich zu sein. Wie hatte sie die­ sen unglücklichen Teil ihres Lebens erreicht, was waren die Voraussetzungen, die zu ihrer jetzigen Wirklichkeit geführt hatten? Besonders Günter Eich war von ihr fasziniert. Er ging grübelnd umher. Was erwartete er? Des Abends, so gegen zehn Minuten vor acht, machten wir uns mit unseren Geschenken auf den Weg. Sie hatte ihr Zim­ mer in der Barerstraße, nicht weit von uns. Parterre, hatte sie gesagt. Wir fanden das Haus inmitten der Ruinen. Im Parterre war nichts als ein paar herausgerissene Türrahmen, die man wohl zerschlagen hatte, um das Holz zu verheizen. Aber es war noch eine Tür da. Sie war mit Querbalken gesichert. Es war nicht gerade hell in diesem Korridor, aber man konnte an die­ ser letzten Tür den Namen entziffern. Sie hatte ihn auf ein Stück Papier an einen der Querbalken geheftet. Wir blickten einander aufmunternd zu und ich klopfte. Es rührte sich nichts. Es blieb hinter der Tür genau so still wie in diesem ganzen verdammten Haus. Nach einer Weile klingelte ich noch einmal. Stille. Da standen wir mit unseren Geschenken und wußten nicht, was wir tun sollten. »Vielleicht sollten wir die Polizei verständigen«, sagte Isolde. »Noch nicht«, sagte Günter Eich und hieb mit den Fäusten gegen die Tür. »Und warum nicht?« fragte ich. »Es muß etwas anderes sein«, sagte er. »Sie hatte sich so auf unseren Besuch gefreut. Ich bin davon überzeugt, daß es etwas anderes sein muß.«

»Vielleicht hat sie uns nur in ihrer Trunkenheit eingeladen und es noch am selben Abend wieder vergessen«, sagte ich. »Nein!« Sein Gesicht war finster. Ich sah ihm an, daß er über etwas grübelte, daß er vielleicht über eine Schuld nachdachte, die uns verleitet hatte, etwas Falsches zu tun. Aber es hatte keinen Sinn, jetzt darüber nachzudenken. Mit unseren Geschenken in den Händen gingen wir schweigend in die Schellingstraße zurück und als wir vor unse­ rem Haus angelangt waren, sagte er plötzlich: »Wollen wir nicht rüber in die Schwarz-Gelb-Stube gehen und noch einen trinken, könnte ja sein, daß es uns dann besser geht ...« Ich merkte ihm an, daß er dabei nicht ans Trinken dachte. Wir gingen also rüber, stiegen die drei Stufen hoch, und da saß sie an der Theke, noch betrunkener als sonst, noch häßli­ cher, noch herausfordernder, als wir sie kannten und schrie: »Da kommen sie ja, die Schweine, die Wortbrecher, die Her­ ren Dichter!« und wir sahen, wie ihr die Tränen über das alte, verschmierte Gesicht flössen. »Immer ruhig bleiben, Martha«, sagte der Wirt. »Immer ruhig, sonst muß ich dich nämlich hinauswerfen.« »Sie wollten mich besuchen?« schrie sie, »Sie wollen bei mir gewesen sein? Sie?« »Wir kommen gerade von Ihnen«, sagte Günter Eich ruhig. »Wir haben geklopft, aber es war niemand zuhause«, und er wollte ihr die Geschenke reichen. Martha aber stieß sie von sich und tobte weiter. »Eine ganze Stunde habe ich auf die Herrschaften gewartet. Kaffee habe ich besorgt, Tassen gelie­ hen, den Tisch gedeckt...« »Wir waren kurz vor acht da«, sagte er. Sie stierte ihn an, ihr Gesicht wurde blaß. Sie stammelte etwas, was wir nicht verstehen konnten. Dann stieg sie schwerfällig von ihrem 1 locker. Sie torkelte wie benommen zur Tür. Jetzt verstanden wir. »Um sieben habe ich gesagt, um sieben ...« »Hoffentlich bricht sie sich nicht den Hals«, sagte einer der Gäste. Ein paar lachten. »Die bricht sich nicht den Hals«, sagte der Wirt, »die nicht. Die habe ich schon nach Hause gehen sehen, als sie noch viel besoffener war. Kaum ist sie auf der Straße und sie ist schon wieder munter wie ein Fisch.« Er wandte sich an uns. »Was soll’s denn sein?« »Ach, nichts«, sagte ich. Wieder standen wir auf der Straße, unsere jetzt lächerlichen Geschenke in den Händen. Wir sagten nichts. Erst oben sagte Günter Eich. »Wenn man sich vorstellt ... Es ist halb sieben Uhr. Sie geht durch ihr sicher armseliges Zimmer. Vielleicht hat sie einen Lappen in der Hand, staubt hier und da ab. Die Tassen stehen auf dem Tisch. Vielleicht singt sie vor sich hin. Vielleicht hat sie ein anderes Kleid angezogen. Ein viertel vor sieben. Jetzt werden sie bald da sein. Sie geht zur Tür und lauscht. Zehn Minuten vor sieben, zehn Minuten. Sie wird un­ ruhig. Soll sie das Wasser aufsetzen? Sie bekommt Besuch, richtigen Besuch, niemand will etwas von ihr, niemand kommt weil er zahlt und nichts haben will. Dort auf dem Tisch steht der Kuchen, hoffentlich wird er schmecken. Sieben Uhr, sie wird noch unruhiger. Sieben Uhr zehn, na ja, diese Künstler, wird sie sich trösten. Sieben Uhr dreißig. Ein Verdacht steigt in ihr hoch. Sie greift zur Flasche. Nur ein kleiner Schluck zum Aufwärmen. Und dann die unerbittliche grausame Erkenntnis. Sie kommen nicht. Sie haben dich zum Narren gehalten. Alles

Felix Buttersack war umsonst. Viertel vor acht. Sie steht heulend und verbittert auf. Sie lachen über dich altes verkommenes Weib. Sie geht weinend hinaus. Sie geht zur Schwarz-Gelb-Stube mit der Ab­ sicht sich gründlich zu betrinken, alles zu vergessen ...« Wir konnten nichts dafür. Wir waren pünklich um acht Uhr bei ihr gewesen. Hatte sie sieben Uhr gesagt? Hatte sie die bei­ den Zahlen verwechselt? Wirklich, uns traf keine Schuld, das

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ganze war ein Irrtum. Man sollte es nicht so tragisch nehmen. Aber Günter Eich war eben ein anderer Mensch als wir. Er trug dieses kleine Geschehnis wie eine schwere Last mit sich herum. Er sprach tagelang kaum ein Wort. Mich reute es, daß wir die Schwarz-Gelb-Stube eine Weile nicht mehr besuchen konnten. Es war an und für sich ein ge­ mütliches Lokal gewesen in dieser Zeit. Walter Kolbenhoff

Münchner Merkur 1948/49 Der »Münchner Merkur« wurde in einem Jugendstilhaus geboren. Das Haus, von den Architekten Dülfer und Breslauer 1898 und 1904 erbaut, steht gegenüber dem Holzkirchner Bahnhof und gehörte Dr. Wolfgang Huck und seiner Familie, ehemals Besitzern (mit Beteiligungen) von elf bedeutenden Tageszeitungen in ganz Deutschland, unter ihnen die »Münch­ ner Zeitung«. Diese mußte am 31.3. 43 auf Anordnung der Reichspressekammer ihr Erscheinen einstellen. Als Lizenzträger Nr.21 des dem »Münchner Merkur« vor­ angehenden »Münchner Mittag«, betrat ich in Nachfolge des verstorbenen Peter Stern und als Mitherausgeber des Verlegers Hans Heinrich im September 1947 zum erstenmal das Gebäu­ de an der Bayerstraße. Es befand sich in einem Zustand, den die Erinnerungen meiner Sekretärin, Cläre Göhle, treffend be­ schreiben: »Zunächst kam ich in einen großen dunklen Raum, der nur spärlich beleuchtet war. Es roch staubig und stickig, da nur in einer Ecke ein kleines Fenster war. Aber ausgerechnet aus diesem kleinen Fenster wurde ein langes Ofenrohr geleitet, das zu einem Kanonenöfchen gehörte. Wer in der Nähe des Ofens saß, erstickte fast und die anderen froren. In der Tele­ fonzelle des Sekretariats ging das Licht nur an, wenn der Fußboden von genügendem Körpergewicht hinunterge­ drückt wurde. Im übrigen war das Arbeiten im Hause er­ schwert durch die Tatsache, daß die Räume nur angemietet waren; die Zeitung erschien im Lohndruck und die Maschi­ nen und Geräte waren sehr veraltet. Die Schreibmaschine, auf der ich schrieb, konnte nur mit größter Kraftanstrengung daran gehindert werden, die Buchstaben alle gleichzeitig an­ zudrücken. Bleistifte gab es nur, wenn man einen abge­ schriebenen kleinen Stummel vorweisen konnte. Die Kanti­ ne war ebenfalls mit einem riesigen Ofenrohr geziert und so ungemütlich, daß man schon keinen Hunger mehr hatte. Aber das Essen war für damalige Zeiten gut.« (Verleger Hans Heinrich steuerte Käse aus seiner Moosburger Fabrik bei, ich die monatlichen Eßpakete eines Schweizer Freundes.) 1947 hatte ich also mit der Lizenz ohne besondere Auflagen oder Richtlinien den Auftrag bekommen, die zweite Zeitung für München, den am 13.11. 1946 lizenzierten »Münchner Mittag« weiter zu entwickeln. Zur Lösung dieser Aufgabe wur­ de ich als bisheriger Chefredakteur von Radio München von Werner Friedmann, dem Chefredakteur und Mitgesellschafter der »Süddeutschen Zeitung« sowie von den um die bayerische Presse hochverdienten Deutschamerikanern Erncst Langendorf und Leonard Felsenthal dem mir von Radio München her wohlbekannten Chef der Control Division, Oberst Bernard B. McMahon empfohlen. Langendorf war auch Sponsor der

»Süddeutschen Zeitung«, wie Ernst Cramer, später in führen­ der Stellung publizierender Anwalt deutscher und israelischer Interessen, der unsrige. Der »Münchner Mittag«, der gleichfalls im Hause Huck verlegt, redigiert und gedruckt worden war, bot für mich keine journalistische Plattform. Dem spritzig ge­ dachten Mittagsblatt mit Linkstendenzen folgte am 1. Januar 1948 der modern-konservative, unabhängige »Münchner Merkur« mit gotischem Titelkopf und vierspaltigem Umbruch. Damit sollte nicht nur äußerlich das Schwergewicht der zwei­ ten Zeitung Münchens betont werden, es gab auch psychologi­ sche Gründe: Ruhe und Beruhigung im Zeitungsbild. Nicht umsonst, schien mir, hatte der Historiker Aventinus geschrie­ ben: in vierhundert Jahren hätten die seßhaften Bayern ihr Temperament nicht verändert. In der verworrenen Umwelt von damals bedurften wir einer homogenen Redaktion, welche die Jahre überdauern sollte, und (mit Ausnahmen) sogar Jahrzehnte überdauert hat, sowie eines Beraterstabes mit Erfahrung und Urteilskraft. Zu dem letzteren gewannen wir: den Botschafter der Weimarer Republik in Washington, Friedrich Wilhelm von Prittwitz u. Gaffron, für die Außenpolitik; den aus der bayerischen Regie­ rung ausgeschiedenen Minister, Professor Ludwig Erhard, für die Wirtschaft; den hochgebildeten populären Benediktiner­ pater und späteren Abt, Hugo Lang für kulturelle Fragen und den Schongauer Landrat Franz Josef Strauß für das Bayerische. Seinen Aufstieg zum Bundesminister zu beobachten, war ebenso spannend wie überzeugend. Er tat viel für den »Mer­ kur«; wir wurden Freunde. Der Redaktion stand ich als Chefredakteur vor. Als meinen Stellvertreter lud ich Albrecht Graf Montgelas, den Enkel des bayerischen Staatsgründers, aus London ein. In der Redaktion leitete die Außenpolitik Rudolf Heizler, der übrigens auch den Namen »Münchner Merkur« wiederbelebte — es hatte den »Mercurius Monacensis« ja schon 1680 gegeben. Die Innenpo­ litik vertrat Werner Runge, dessen Eintreten für eine vernünf­ tige Entnazifizierung in der Öffentlichkeit besonderen Wider­ hall fand, den Lokalteil der Schriftsteller und Altmünchner Dr. Rolf Flügel, das Ressort Bayern Richard J.Reile. Das Feuil­ leton mit Theaterkritik übernahm Dr. Herbert Hohenemser, der spätere Kulturreferent der Stadt München, den Wirt­ schaftsteil der fachlich scharfsichtige Dr. Josef König, der später in den diplomatischen Dienst trat und Botschafter wurde. Lei­ tender Sportredakteur war Bruno Schmidt-Hildebrand, der den Sportteil ständig erweiterte und es mit seinem Ressort zur Berühmtheit bei den Vereinen und beim Sportpublikum brachte und dem »Münchner Merkur« so eine Sonderstellung verschaffte. Musikkritiker waren Dr. Heinz Pringsheim, Wil­ helm Zentner und Helmut Schmidt-Garre. Die Filmkritik be­

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sorgte Hans Hellmut Kirst, der später international übersetzte Romancier. Ein Kommentator mit eigenwilliger Konzeption war Winfried Martini, der in dem portugiesischen Diktator Salazar einen platonischen Weisen und Regenten zu sehen glaubte. Auch heute noch spüre ich lebhaft den Elan, mit welchem die Redaktion ihre Arbeit aufnahm. Die Selbstanzeige, mit der sich der »Münchner Merkur« in der Neujahrsausgabe 1948 in München einführte, gibt davon einen Eindruck: »Wir glauben, daß München eine Stimme hat in der Aus­ einandersetzung auch über das deutsche Schicksal. Und so wollen auch wir unserer Stadt, ihren Menschen, ihren Ge­ danken, Gehör verschaffen nicht nur bei uns, sondern auch außerhalb unserer Stadtgrenzen. Zugleich aber möchten wir an einer Plattform in München mitbauen helfen, auf der Männer und Frauen sprechen, die außerhalb unserer engeren Heimat deutsche, allgemeine Gedanken vertreten. Merkur war der Bote, der die Menschen einander näher brachte, so weit sie auch voneinander entfernt lebten. Er gelte unserer Zeitung als Symbol. Frieden ist ohne Toleranz nicht denk­ bar. Deshalb wollen wir mithelfen, die Menschen aus den Gefängnissen der Vorurteile herauszuführen. Sie sollen nie wieder der Blindheit und der Unduldsamkeit zum Opfer fallen.« Auch heute noch wird dieser Aufruf das Redaktionsprogramm von damals fühlbar machen. Es ging um eine neue Art von Eindeutschung der großen Welt, zu der wir doch gehörten, und von der wir abhingen. Unser Mittelpunkt war Bayern. Der Heimatliebe, dem Zukunftsglauben, der Phantasie, waren kei­ ne Grenzen gesetzt. Zur Verwirklichung bedienten wir uns der Einfälle in der Redaktionskonferenz. Diese Konferenzen fan­ den zunächst allerdings nur dreimal wöchentlich statt, entspre­ chend dem vorerst nur dreimaligen Erscheinen des Blattes. Erst am 19.9. 1949 erschien der »Merkur« dann täglich. Wir Redakteure umbrachen damals zwischen 3 und 6 Uhr mor­ gens, schliefen also dreimal wöchentlich nur ein paar Stunden auf Sofas in der Redaktion. Sonntage kannten wir kaum. Es war Neuland, das wir betraten. Die Verbindung mit dem Leser, unser Hauptanliegen, gewannen wir auf den verschie­ densten Wegen. So vergrößerten wir unser Format, auch die Schrifttypen, um das Lesen zu erleichtern. Aus den Amtsblät­ tern oberbayerischer Landräte machte Verlagsleiter Ludwig Vogl, oft gemeinsam mit wurzelechten bayerischen Altverle­ gern, zuerst 12, später 15 Heimatzeitungen, um damit auch das Land zu bedienen. Das Vordringen einer Münchner Zeitung aufs Land erregte beim Minister Dr. Alois Hundhammer, mit dem ich den Jahrgang 1900 teile, gewisse Zweifel. Früher, sag­ te er, sei die Ortszeitung vom Pfarrer und vom Kaufmann ge­ macht worden. Und jetzt die Großstadt...? Eine unserer ersten Streitfragen auf dem Lande waren die roten Fingernägel der Bauernmädchen - wir Großstädter waren redaktionell nicht dagegen. Dann versuchten wir es mit Lesertreffen. Das erste fand schon am 14.1 1948 im Münchner Rathaussaal statt und han­ delte von aktuellen Tagesfragen, man diskutierte auch Leser­ briefe. Die lebhafte Zustimmung der Besucher ermutigte uns zur Fortführung dieser Treffen; am 5.März referierte dann Stadtrat Weiss über Ernährungsfragen. Etwas später kam der Chefredakteur der »Tat«, Dr.Jaeckle aus Zürich. Er hatte einen

Artikel über die Gefahr eines wiedererwachenden deutschen Nationalismus veröffentlicht und gemeint, dieser Artikel kön­ ne bei uns unmöglich erscheinen. Darauf der Nachdruck im MM und die telefonische Einladung. Im Deutschen Theater setzten wir Redakteure und an die tausend Leser uns mit dem Schweizer auseinander. Zuletzt wurde er auf die Schultern ge­ hoben und in Begeisterung aus dem Saal getragen. Mehr und mehr wuchs das Publikumsinteresse, so daß wir schon am 30. April 1948 zur Konstituierung einer »Lesergemeinschaft« aufrufen konnten. Diese Zusammengehörigkeit fand ihre Krö­ nung beim »Ramadama« (für Nichtbayern: Räumen tun wir) im Oktober 1949. Es ging noch immer um die Enttrüm­ merung unserer Stadt. Die Amerikaner stellten 470 Fahr­ zeuge, dem Aufruf des »Merkur« folgten nicht weniger als 10000 Mitbürger. Auch Oberbürgermeister Wimmer und ich griffen auf dem Mariahilfsplatz zum Spaten. Zum Mittagessen waren wir beide in die amerikanische Offiziersmesse geladen. Als wir in die Neuhauser Straße kamen und eintreten wollten, stoppte uns der wachhabende Gl. Wir müssen dementspre­ chend ausgesehen haben. Als ich ihm sagte, vor ihm stehe der Oberbürgermeister von München, tippte er an die Stirn. Übri­ gens wurde damals errechnet, daß München bei Fortführung des »Ramadama« in hundert Tagen aufgeräumt gewesen wäre. Doch protestierten verständlicherweise die Gewerkschaften. Natürlich mußte es auch etwas zum Lachen und Sichfreuen geben. Wir reservierten je nach Anzeigen eine Viertel- oder Drittelseite, die unsere Kollegin Friedl Trunzer mit optimisti­ schen »G’schicht’n«, teils wahren, teils erfundenen, schmückte. Im Extrablatt zur lang erwarteten Währungsreform im Juni 1948 war auf der ersten Seite der folgenschwere amtliche Text zu lesen, auf der ganzen zweiten dagegen der erste in München wiedererscheinende, heitere Zeitungsroman. Außerdem ließen wir MM-Luftballons aus dem Oktoberfest in die Lüfte klet­ tern. Und später, als aus dem »Ramadama« der Münchner Bür­ gerbund entstanden war — ich durfte ihm vorstehen -, kreierte Direktor Eisenberger von der Hackerbrauerei den »Patronator« als fröhlichen Starkbierbeitrag zur Wiederherstellung des »Al­ ten Peter«, Münchens ältestem Wahrzeichen. Der Bürgerbund finanzierte dann auch die Kupferdächer der Frauentürme, fer­ ner auf Vorschlag des »Münchner Merkur« zu einem Teil das Cuvilliestheater, die gemeinsame Festgabe der Bürgerschaft und der Staatsregierung zur 800-Jahr-Feier Münchens. Unser Isar-Athen verlangte naturgemäß nach einer Renais­ sance der Pflege von Kunst und Wissenschaft. Aber durfte bei­ spielsweise an das Theater gedacht werden, ehe Krankenhäuser und Schulen wieder in menschenwürdigem Zustand waren? Das Eine wie das Andere war die Devise der Zeitungen. Wir engagierten uns nach Kräften bei der kulturellen Repräsen­ tation Münchens. Das Feuilleton, losgelöst von politischem Zwang, begann beim »Münchner Merkur« und in der Öffent­ lichkeit eine besondere Rolle zu spielen. Es bemühte sich um namhafte Mitarbeiter, nicht nur aus Deutschland; Heinrich Mann schickte uns aus Los Angeles einen Essay über München und den europäischen Geist. Theaterpolitik und -kritik wurden zu Hauptanliegen. Sie gewannen unter Dr. Hohenemser, später mit Walter Kiaulehn, M.Ch. Feiler und Armin Eichholz mitbe­ stimmenden Einfluß auf den kulturellen Kurs. Vor allem sollte Provinzialismus verhindert werden. Eines frühen Morgens klingelte mich der Vorsitzende der Bayernpartei, Landwirtschaftsminister Josef Baumgartner, mit

Felix Buttersack Stentorstimme aus dem Bett: Er lasse mich von der Polizei vorführen. Wir waren seine Freunde nicht und schrieben gegen die Gefahren eines staatlich bayerischen Partikularismus. War das ein Widerspruch? In einem meiner Leitartikel vom 27. Fe­ bruar 1948, verteidigte ich das natürliche Recht auf eine betont heimatbezogene Politik, nahm aber zugleich Stellung für die Einheit der deutschen Länder auch im Blick auf eine künf­ tige europäische Ordnung. Ausgezeichnete Männer wie Fritz Schäffer und Walter von Cube standen dem Bayernprogramm näher. Das bankrotte Dritte Reich schreckte ab, das eigenstaatli­ che Bayern vor 1866 zog an. Wir jedoch fühlten uns von den Russen an der thüringischen Grenze vor einem bayerischen Al­ leingang gewarnt. Auch mit der Hilfe unserer Ausländskorre­ spondenten traten wir für das westliche Bündnis ein, wie es der amerikanische Außenminister James Byrnes schon in seiner Stuttgarter Rede 1946 angedeutet hatte. Ich schrieb damals ei­ nen Leitartikel über die Notwendigkeit eines deutschen militä­ rischen Beitrags. Es war wohl der erste seiner Art bei uns. Eine Einladung zu Dr. Konrad Adenauer folgte. Der Chefredakteur der amerikanischen »Neuen Zeitung«, Hans Wallenberg, ant­ wortete mit einem heftigen Angriff auf meinen »politischen Provinzialismus«. Der faire Wallenberg erwies mir dann später einen Freund­ schaftsdienst, als mir die Sache mit dem Republikaner Thomas Dewey, Gouverneur des Staates New York, als dem 34. Präsi­ denten der Vereinigten Staaten passierte. Zu der Falschmeldung war es auf folgende Weise gekommen: Das Gallup-Institut, die allgemeine Meinung und die meisten meiner amerikanischen Freunde hatten den Sieg Deweys und die Niederlage Trumans vorausgesagt. In unverzeihlichem Leichtsinn hatte ich den Aus­ gang der Wahl nicht abgewartet, sondern mit einem uns nahe­ stehenden Harvard-Professor für Politologie verabredet, daß wir die bisherigen, für Dewey sprechenden Meldungen so re­ digierten, als seien sie schon Wirklichkeit. Es war der 3. No­ vember 1948. der 4. war unser Erscheinungstag. Wir hätten (bei dreimaligem Erscheinen) erst am 6. November das große Ereignis nachziehen können. Morgens um 5 Uhr kam ich von einer Kurzreise nach München zurück und fuhr in die Redak­ tion, um das Risiko nochmals mit meinen Kollegen zu bespre­ chen. Ausgerechnet an diesem Tag war die Zeitung aus einem Mittags- zu einem Morgenblatt geworden und demzufolge schon auf der Straße. Noch am Vormittag des 4. tröstete mich der Chef von Radio München, Edmund Schechter, der die Wahlverhältnisse in den Staaten der USA kannte und genau verfolgte, daß alles halb so schlimm sei und wir am Ende Recht behalten könnten. Erst gegen Mittag kam die Entscheidung: Truman war Sieger, Dewey der Besiegte. Die Folgen waren für mich verheerend. Ich verlor die Mitherausgeberschaft der Zeit­ schrift »Quick«, die in unserem Sitzungssaal das Licht der Welt erblickt hatte. Deutsche Kollegen verlangten meinen Aus­ schluß aus dem Journalistenverband. Da meldete sich Hans Wallenberg. Er schickte mir über die Straße einen Brief, in dem 31 Zeitungen, darunter »Svenska Dagbladed« verzeichnet waren. Sie hatten dasselbe wie wir verbrochen und Dewey zum Präsidenten gemacht. Die Falschmeldung des »Merkur« erregte in München Lachen, besonders schadenfrohes, aber auch Empörung und Gegenpropaganda. Das Informationsblatt der kommunisti­ schen Partei in Bayern bemerkte: »An diesem Beispiel kann die gesamte Bevölkerung Bayerns sehen, wie die Redaktion einer

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amerikanisch lizenzierten Zeitung mit der Wahrheit umgeht«. Dabei hatte mich die Militärregierung verhört, ob ich etwa von Dewey bestochen worden sei. Dewey kam später nach Mün­ chen, meldete sich aber nicht bei uns. Leser, die im Vertrauen auf den »Merkur« einen Wochenlohn verwettet hatten, beka­ men ihr Geld zurück: 3000 Mark. An jenem Mittag, als die Welt über mir zusammenbrach, stürmte ein Unbekannter zu mir ins Zimmer mit dem Ruf: »Die oberbayerischen Bienen­ züchter stehen hinter Ihnen«. Vielleicht interessiert noch ein Blick auf einige Besonder­ heiten im Umgang von Zeitungsleuten untereinander. Der schriftlich rüde Ton auch unter oder über Kollegen muß von der frischen Erinnerung an Mord und Totschlag befördert worden sein. Die Meinungsbildung vollzog sich in immer noch kriegsbedingten Gegensätzen. Dem »Nie wieder Krieg« trat der »Friede in Freiheit« gegenüber. Ein vorbildlicher popu­ lärer Leitartikler war von Anfang an in München Werner Friedmann. Er besaß in der SZ, die fast zwei Jahre älter war als der »Münchner Merkur«, ein wirksames Sprachrohr. Die von der Militärregierung gesteuerte Papierzuteilung erlaubte der zweiten Zeitung zunächst nur eine viel kleinere Auflage als der ersten - eine von Anfang an nicht ungefährliche Konkurrenz­ situation. Auf welche Weise damals dem »Merkur« das schwarze, der »Süddeutschen« das rote Etikett angeheftet wurde, ist heute nur noch schwer feststellbar. In einem Schwabinger Kabarett schickte man beispielsweise einen Pfarrer mit dem »Merkur« in der Hand auf die Bühne. Das schwarze Etikett erwies sich tatsächlich als ein Werbemittel mit Langzeitwirkung gegen uns. Dagegen erbrachten verlegerische Erwägungen, die auf Ko­ steneinschränkung abzielten, oftmals Gemeinsamkeiten. Die »SZ« forcierte den Wettstreit mit einer teuren, bebilderten Beilage, wir mußten folgen. Als ich aber Friedmann fragte: »Warum Zigarren verschenken?«, griff er mit einem »Stop« zum Telefon und weitere Zigarren blieben ungeraucht. Auch verständigten wir uns über die Zukunft. Unser gemeinsamer Gedanke war »München den Münchnern«. Kein Dritter sollte an der Isar Zeitung machen. Dieses Prinzip durchzog die verle­ gerische Planung noch für Jahrzehnte. Einer seiner Hauptver­ fechter wurde Hans Dürrmeier, der als Verlagsleiter der »Süd­ deutschen Zeitung« die »große Lösung« propagierte, nicht so weit entfernt von dem Vorschlag einer Holding-Gesellschaft für die Münchner Zeitungen, wie sie von unserem Berater, Hans E. A. Staas, vorgeschlagen worden war, um die Münchner Presse autark zu halten und die Redaktionen bei vernünftiger Arbeitsteilung in Stadt und Land in ihrer journalistischen Viel­ falt zu sichern. Alle diese Zukunftsabsichten oder -träume blieben unerfüllt, verkehrten sich sogar in ihr Gegenteil. Auch heute, da ich zur Niederschrift dieser Erinnerungen in freundlicher und hilfreicher Weise aufgefordert wurde, be­ sucht mich das Leben, die Lebensluft jener Jahre der Zerstö­ rung, der Befreiung und des Neuanfangs. Inmitten des Elends von Flüchtlingen, Alleingelassenen, Enterbten, waren der Zei­ tung Aufgaben von hohem menschlichem Rang gestellt. Es bildete sich eine Atmosphäre der Zusammengehörigkeit, aus der Freundschaften fürs Leben erwuchsen, das Miteinander in der Arbeit, die Kollegialität ohne Intrige. Den Jahren 1946 bis 49 verdanke ich einen unwiederholbaren Teil meines berufli­ chen Lebens. Felix Biittersack

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München 1945, Photo von H.List, aus der Sammlung M. Scheeler

Kaleidoskop des Trümmeralltags »... es geschahen Dinge, die Wunder ersetzten« Die Frau im Münchner Trümmeralltag »In den Zügen kein Platz mehr zu haben. Auf dem Trittbrett stehend oft die Hälfte der Strecke, in eisiger Kälte. Der Fahrtwind läßt die Hände und das Gesicht erstarren ... kommt man dann in den Waggon hinein, weil einige ausge­ stiegen sind, so steht man bis zu den Knöcheln in Flug­ schnee, der durch die zerbombten Scheiben hereingeweht ist ... Advent. Leise rieselt der Schnee ... Da hocken die Frauen und Mädchen, die auf Hamsterfahrt sind, weil sie eine Nachricht erhalten haben: In Weilheim oder Ohlstadt oder Garmisch kann man gegen Schmuck oder gerettete Kunstgegenstände bei den Bauern oder Amis Kartoffeln und andere Lebensmittel tauschen. Die Frauen, die den gan­ zen Krieg über die Hauptlast aller Schrecken zu tragen ge­ habt haben ... Hetzen nach Lebensmitteln auf Karten, stun­ denlanges Anstehen, um die mageren Rationen zu ergattern. Die Kinder versorgen. Tätig als Krankenschwestern, als Wehrmachtshelferinnen, an den Flakbatterien oder in den Fabriken beim Granatendrehen. Und als Briefträgerinnen, Schaffnerinnen. Zu Hause immer die Feuerpatsche und den Eimer mit Wasser bereit, wenn die Bomben wieder einmal die Wohnung durchgeblasen haben. Krieg aus. Nun erst recht ran. Denn die Männer sind gefallen, vermißt oder noch in Gefangenschaft. Trümmerfrauen, eine gewaltige Menge von Schuftenden, die nie ermüden dürfen und doch so todmüde sind. Leiden über Leiden, und dabei hungern müssen, die eigenen Kinder hungern sehen und nichts geben können. Doch weiterwerkeln, nie die Hände in den Schoß legen. Stets ist der Tag zu kurz, er müßte zehn Stun­ den mehr haben, um das zu schaffen und zu organisieren, was das Überleben ermöglicht. Unerfindlich, woher diese Frauen die Kraft nehmen, so viel durchzustehen. Es gibt nur eine Erklärung: Der Krieg hat sie gelehrt, sich auf das Un­ mögliche einzurichten, ob nun bei der Arbeit in den Fabri­ ken, oder zuhause. Lange Jahre des Eingewöhnens in die Zustände, die im Frieden undenkbar gewesen waren. Immer mehr Belastungen, immer mehr Einschränkungen. Und da­ mit hat sich dann eine gewisse Gewöhnung ergeben. Den anderen ist ja auch nichts besseres beschieden.«1* Wer war sie nun, diese hier von Christian Hallig mit Recht so bewunderte Frau des Trümmeralltags? Ein nur auf das nackte Überleben im Nachkrieg zurückgeworfenes Geschöpf, dessen Tag vollauf damit ausgefüllt war, das Essen für die Familie her­ beizuschaffen? Ein »Fräulein«, das für Schokolade und Zigaret­ ten beinahe alles tat? Eine überaus tüchtige Arbeitskraft, die in ihrem Büro oft schon jahrelang den einberufenen Chef rei­ bungslos ersetzte? Ein unterdrücktes, unemanzipiertes graues »Trümmermäuschen« ohne Charme und Chic? Mit Klischees ist diesen Frauen der Vierziger Jahre nur schwer beizukommen, soviel läßt sich bereits vorweg sagen. Die NS-Zeit hatte — von einigen begrüßt, von einigen empört

abgelehnt — wieder die Frau im Heim, die deutsche Mutter mit vielen Kindern, die Hausfrau und Erzieherin zum Ideal erho­ ben. Damit wurde eine Entwicklung als »undeutsch« abgebro­ chen, die, von Amerika kommend, auch Deutschland ergriffen hatte: die Emanzipation des »Heimchens am Herd« zu einer selbständigen, berufstätigen Frau. Sichtbaren Ausdruck fand dieses neue Frauenbild beispielsweise in Hollywood, oft Vor­ reiter der einen, wie der anderen »Wellen«; verkörpert wurde es vor allem von Schauspielerinnen wie Katherine Hepburn, die in ihren Filmen als Rechtsanwältin oder Journalistin den Männern Paroli bot. Diese Frau wurde also — teils mit, teils ge­ gen ihren Willen - wieder aus dem Berufsleben, in das sie sich zu integrieren begann, in den Haushalt zurückgeschickt. Das lag keineswegs nur an einer generellen, ideologisch verbräm­ ten Ablehnung der berufstätigen Frau, sondern hatte auch viel mit der »Bewältigung« der Arbeitslosigkeit zu tun. Der Krieg schuf nun eine neue Situation: Immer mehr Männer mußten einrücken, die Rüstungsindustrie brauchte je­ doch laufend Arbeitskräfte und auch andere Bereiche in Indu­ strie und Verwaltung konnten ohne weibliche Hilfe nicht mehr auskommen. So geschah das Paradoxe, daß ausgerechnet das Regime, das die gebärende und erziehende »deutsche Frau« inthronisiert hatte, dieselben Frauen nun an die Drehbänke und in die Werkshallen schickte. In welchem Maße das Einfluß auf das offiziell vorherrschende Frauenbild der Nachkriegszeit hatte, wird noch zu klären sein. Die Frauen selbst mußten nun jedenfalls an der »Heimatfront« tätig sein und »ihren Mann stehen«. In immer größerem Maße ersetzten sie gegen Kriegs­ ende die Männer; 1945/46 war beispielsweise München über­ wiegend eine Stadt der Frauen. Deutlich wird dies anhand einiger Zahlen: So lebten 1946 (legal) in München 715147 Personen; von diesen waren 341 538 männlichen, 410429 weiblichen Geschlechts, Kinder und Jugendliche eingeschlossen.2* Es standen also 1 000 Män­ nern 1 202 Frauen gegenüber.3* Besonders betroffen waren dabei die Altersstufen zwischen 20 und 30, zwischen 50 und 55, sowie über 60 Jahren: Hier standen oft weit mehr als 1 300 Frauen nur 1 000 Männern gegenüber.4* Im Jahre 1950 waren 57% der Frauen in der Bundesrepublik unverheiratet. Ähnliche Proportionen werden bei einer Gegenüberstellung der ledigen Münchner deutlich, bei der der »normale« Alters­ unterschied zwischen Ehepartnern berücksichtigt wurde: »Rund 19000 Münchner Mädchen zwischen 16 und 20 Jahren können unter 24000 ledigen Münchnern zwi­ schen 20 und 25 Jahren wählen, während schon in der darauffolgenden Gruppe für nahezu 6000 wenigstens am Wohnsitz kein im Alter passender Mann vorhanden ist. Die noch Älteren sind auch heute so schlecht daran, daß von zweien nur eine die Aussicht hat, unter die Haube zu kom­ men; in der Theorie natürlich,., .«5>

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Doch genug der Zahlenspielereien. Die geschilderte Situation zeigt überdeutlich, daß viele Frauen, oft mit großen Familien, beim Überlebenskampf nach Kriegsende auf sich selbst ange­ wiesen waren. Und, ob in der Familie, als »Trümmerfrauen« im Wiederaufbau, in Wirtschaft und Verwaltung oder im kul­ turellen Leben Münchens: Die Frauen behaupteten sich — je­ denfalls in den ersten Jahren, bevor sie dann in den meisten Fällen wieder den heimkehrenden oder arrivierenden, den besser ausgebildeten oder inzwischen »denazifizierten« Män­ nern weichen mußten. In den Fünfziger Jahren wurden die Frauen daher aus der vordersten Reihe verdrängt. Erst mit dem großen Umdenken der Sechziger Jahre trat dann auch die Frau abermals aus dem Schatten von Haushalt und Familie und hol­ te in vielen Bereichen binnen weniger Jahre die Entwicklung nach, die Amerika bereits 30 Jahre früher vollzogen hatte und die durch die NS-Ideologie in Deutschland zum Stillstand ge­ kommen war. Doch zurück in den Trümmeralltag des Jahres 1945. Im fol­ genden soll versucht werden, einen ungefähren Überblick über das Spektrum weiblicher Probleme, Aufgaben und Positionen im Trümmermünchen zu geben, teils rekonstruiert aus den vielen Zuschriften Münchner Bürgerinnen und Bürger, die sich an diese bewegte Zeit erinnerten,6> teils aus städtischem Aktenmaterial.7’ Die Endbilanz der Leistungen und Schwierig­ keiten der Frauen dieser Jahre kann und soll dabei noch kei­ nesfalls endgültig gezogen werden.

Frauen in der Familie »Jeden Tag ging ich nachmittags aus dem Hause, um irgend­ etwas Eßbares für meine Familie zu suchen. Da stand plötz­ lich einmal ein Wagen mit Spinat, ein anderes Mal einer mit Blattsalat. Oder eine Bäckerei machte auf und verkaufte et­ was, das wie schwarzer Kuchen aussah und ein klein wenig süß schmeckte. Oder ich begegnete der Pfarrschwester von St. Ursula, und sie nahm mich mit und schenkte mir ameri­ kanische Suppenpäckchen und Puddingpulver. Manchmal lief es auch umgekehrt, daß ich etwa einer Frau begegnete, die am Umsinken war, so daß ich in der nächsten Metzgerei um eine Stärkung für sie bitten und sie dann heimbegleiten mußte, ihr ein paar Pfund Kartoffeln versprechend, die ich ihr dann nächstentags brachte. Was Kartoffeln anbelangte, hatte ich mit dem Himmel einen Vertrag gemacht: «Lieber Gott, wenn Du mir nicht hilfst, immer wieder Kartoffeln zu organisieren, lege ich mich ins Bett und rühre keinen Finger mehr!« Ich brauchte mich nicht ins Bett zu legen. Es gescha­ hen Dinge, die Wunder ersetzten.«8’ »Meine Familie litt Hunger, Hunger und nochmals Hunger. Solange der Krieg andauerte und ich mit dem Baby in Pestenacker evakuiert war, arbeitete ich wie eine Magd auf dem Bauernhof, bezahlte für eine winzige Kammer mit ei­ nem feuchten Bett (darin war auch noch das Pferdegeschirr aufgehängt) RM150,— (das Baby schlief mit 2 Jahren im Kinderwagen). Dafür durfte ich die Lebensmittelkarte des Babys für meine alten, in München vegetierenden Eltern behalten. Erst nach Kriegsende, als wir Pakete von Verwand­ ten aus den USA bekamen, konnten wir in einer uns be­ kannten Gärtnerei den Kaffee, Tee etc. gegen Gemüse und

Kartoffel tauschen. Wir hatten alle Untergewicht und trotz­ dem hatte meine Mutter noch vor Kriegsende in München eingesetzten Kriegsgefangenen (teils Russen und Franzo­ sen), heimlich Brotmarken zugesteckt. Sie sagten immer ganz leise, damit die Aufsicht sie nicht hörte: Frau, bitte Hunger. Viele hatten Mitleid mit ihnen und wir aßen noch weniger.«9’ »Schwarzmarkthändler kamen zu uns, ich wurde selbst, in­ mitten eines Freundeskreises auf dem Schwarzmarkt tätig, das Dienstmädchen brachte vom Lande Obst, Kartoffeln, ich fotographierte soweit wie möglich weiter u.a. in einem notdürftig eingerichteten Atelier in einem Bräuhaus in München-Ost, nämlich GI’s vor der gemalten Kulisse des zerstörten München; dafür standen sie dort Schlange, jeden Tag, dafür konnte ich in der Kantine essen, z. B. «Donats« (??), eine Köstlichkeit für mich. Ins Haus hier kam u.a. ein fragwürdiger Typ mit den kostbarsten Bildern, die ich für ihn fotographieren mußte, das Atelier war voll, Bilder, Bil­ der, woher er sie hatte, wohin er sie brachte, ich stellte keine Fragen; ich glaubte im nachhinein, daß es Diebesbeute war, aber er bezahlte.«10’ Drei Frauen der Trümmerzeit, drei Schicksale — und drei ver­ schiedene Wege, mit den Problemen fertig zu werden. Der schwarze Markt war wohl nicht jedermanns Sache, einigen »lag« er einfach nicht,11’ andere fanden nichts dabei. Die Be­ schaffung von Lebensmitteln für den eigenen oder für den Fa­ milienbedarf war in jedem Falle schwierig, egal ob man auf dem Lande hamstern ging, ob man Schlange stehen mußte vor fast leeren Geschäften, oder ob man »kompensierte«, sich also mit Tauschhandel durchschlug, solange die eigenen Vorräte an attraktiven Waren reichten. Andere gaben in der Zeit vor der Währungsreform für Eßbares ein Vermögen aus: »Eine Freundin von mir opferte ihr Vermögen von 22 000 Mark, um sich und einem Studienkollegen, den sie auf seine Bitten hin bei sich aufgenommen hatte, mit Hilfe des schwarzen Marktes über den ärgsten Hunger hinwegzu­ helfen. Sie war weise genug, um sich zu sagen: >Geld ist nichts, überleben ist alles«. Bei der Währungsreform wäre das Geld ja sowieso zu einem Nichts zusammengeschmol­ zen. Aber der Studienkollege, 1,90 lang, bekam trotzdem Skorbut.«12’ Mit viel, genauer mit sehr viel Geld konnte man sich also durchaus lebensnotwendige Dinge beschaffen. Wer kein Geld hatte, suchte sich eine Arbeit, die statt mit Geld, mit Naturalien bezahlt wurde: »Ich habe mich als Bauernmagd in Niederbayern verdingt gegen 1 Ztr. Weizen in der Erntesaison. Meine Lebensmit­ telkarte überließ ich den Eltern. Zum Wochenende — die Fahrt mußte mit dem Rad (ich war in der glücklichen Lage, eines zu besitzen, nur mußte man entsetzliche Ängste aus­ stehen, daß es einem von den Soldaten weggenommen wurde) oder per Anhalter zurückgelegt werden — brachte ich dann oftmals einige Scheiben Brot, einige Löffel Schmalz oder zwei Eier mit nach Hause. Wenn die Bäuerin sehr guter Laune war, steckte sie mir auch 1 oder 2 Schmalznudeln zu (die oftmals schon angebissen waren). Im Winter fuhr ich dann zum Flicken und Nähen hin oder gab auch am Abend Vorstellungen für die Kinder mit einem selbstgebastelten

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Schattentheater. Eintritt 1 Ei! Nebenher tauschte ich meine Lieblingspuppe gegen Butter ein, was mir immer als Verrat erschienen ist.«13’ »Ich habe mir im Mai 1945 in einer Gärtnerei in der Nähe Arbeit gesucht, der Lohn war Gemüse und Kartoffeln für den Eigenbedarf. Die Arbeitszeit war von 7h—18h mit '/z Stunde Mittagspause. Die Arbeit war schwer und unge­ wohnt, Unkraut jäten, pflanzen, pikieren, umgraben u.s.w. Ich erinnere mich aber immer noch gern an diese Zeit, es ha­ ben Leute aus allen Berufsschichten, ältere und junge da ge­ arbeitet und es war eine tolle Arbeitsgemeinschaft.«14’ »Gelegentlich bekam ich von einem bekannten Bäcker 1 Pfund Brot ohne Marken, später klebte ich für einen ande­ ren Bäcker Lebensmittelmarken auf und wurde dafür in Na­ turalien entlohnt. Auch Norweger-Handschuhe aus vom Auftraggeber gelieferten Wollresten strickte ich gegen Ent­ lohnung in Lebensmitteln. Meine Schwester arbeitete abends nach Dienstschluß in einer Gärtnerei und erhielt da­ für ein Abendessen.«15’ Die Grenzen zwischen Arbeit und »Organisieren« waren manchmal fließend; auch Kinder wurden hier bald tätig: »Meine Tochter Ute (7 Jahre), ein gewitztes Milbertshofener Schlüsselkind, stand sich mit den in unserem Stadtteil noch bestehenden Landwirtschaftsunternehmen recht gut. Sic half beim Heuen, bekam dafür ein gutes Stück Brot, dann beim Sammeln der Ähren, oder Kartoffelkäfer able­ sen, im Herbst dann Kartoffelklauben, immer brachte sie stolz Brot, etwas Milch oder gar Kartoffeln. Zwar nicht sehr viel, auch die Ökonomen waren recht sparsam, aber ein gro­ ßer Gärtnermeister mit viel Land an der Schmalkaldencrstraße, der war besonders >neidigMami, die Amis hab’ i sauber blitzt, und den gscherten Gärtner auch!« Eine Beute von 4 Kohlrabi! Aber sie füllten wieder mal die Mägen.«16’ Glücklich war derjenige, der Arbeit bei den Amerikanern gefunden hatte. Dort konnte man manchmal amerikanisches Kantinenessen oder sogenannte »k-rations«, die eisernen Rationen aus amerikanischen Armeebeständen, ergattern. »Als wir später bei den Amerikanern mit in der Kantine es­ sen durften, habe ich oft für meine Familie kleine Kostbar­ keiten (Frühstücksfleisch, eine Orange etc.) durch die Wa­ chen des Krankenhauses Schwabing geschmuggelt. Offiziell war es verboten, Lebensmittel mit herauszunehmen. Und wenn sie uns dabei erwischten, nahmen sie es uns weg und warfen es vor unseren Augen in den Abfall. Das fanden wir sehr grausam. Es gab aber auch Wachsoldaten, die beide Au­ gen zudrückten, wenn sie unsere ausgebeulten Taschen sahen.«17’ »Ich war zu dieser Zeit noch aktive Leistungsschwimmerin im Damen-Schwimmverein München und unsere Frau Kä-

»Freiluft-Wartesaal« am Starnberger Bahnhof im Herbst 1945, Photo von W. B. France

the Jacobi sah uns alle recht mager und schwach im Volks­ bad umherpaddeln. Sie übte also mit uns wieder das Kunst­ schwimmen wie vor dem Krieg und stellte ein Programm zusammen, nahm Verbindung mit den US-Offizieren für Zivilfragen auf- und so traten wir erstmals als >Isar-Nixen< in den Erholungszentren der US-Army am Rissersce, Eib­ see, Kochelsee und in Bad Tölz (Flint-Kaserne) als Kunst­ schwimmerinnen auf. Dafür bekamen wir dann nach dem Schwimmen einen reichlich gedeckten Tisch mit Sandwich und Kaffee serviert. Bei den farbigen Soldaten am Kochelsee gab es dazu noch viel Schokolade, was Frau Jacobi dazu be­ wog, uns Madeln noch besser zu behüten ... Am Rissersee durften wir 6 Tage bleiben und mußten jeden Abend ins sehr kalte Wasser zum Lampionreigen-Schwimmen. Dafür bekam jede Schwimmerin als Belohnung genau abgezählt einen Apfel. Gottlob hatte man dann aber unten in Gar­ misch im Hotel Alpenhof ein Herz für uns und wir wurden für damalige Verhältnisse recht gut verpflegt.«18’ Auch hier erkannten schlaue Nachkriegskinder bald ihre Chan­ cen: »Meine Tochter Ute, damals noch die jüngste Isar-Nixe, er­ faßte die Situation sehr schnell. Sie sprang vom 5 MeterBrett wunderschön herunter und verlangte von den umste­ henden US-Soldaten ganz kategorisch - Choclate, please! Der Erfolg war umwerfend, wir profitierten auch von den

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Süßigkeiten, und meine Kameradinnen brachten meiner Tochter im Schnellverfahren neue Sprünge vom Brett bei. So gesehen waren die Amerikaner für uns schön langsam ganz passabel.«19’ Hatte man sich durch Hamstern, Tauschen, Schnorren, legal oder illegal dann etwas Eßbares errungen, oft nach stundenlan­ gem Anstehen oder auf abenteuerlichen Wegen, so mußten diese Dinge zu Mahlzeiten verarbeitet werden, oft ohne Strom oder Gas, in Gemeinschaftsküchen oder größeren Kochge­ meinschaften, meist mit einem Minimum an Fett, Eiern, Voll­ milch und Fleisch. Es war die große Zeit der Ersatzprodukte: statt Milch gab es Trockenmilch, statt Hühnereiern Trockenei, statt Kaffee Ersatzkaffee, den »Muckefuck«, statt Essig Rhabar­ ber- oder Berberitzensaft, statt Bittermandeln Pfirsichblätter, statt Mandeln leicht geröstete Kürbiskerne oder Haferflocken; aus Bucheckern machte man Öl, zum Fetten von Backblechen empfahl man Wachs, gebraten und gebacken wurde mit Rizi­ nusöl, Malzkaffeersatz und Lebertran, Zucker wurde durch Süßstoff oder Rübensirup ersetzt.20’ Ein Münchner Kochbuch des Jahres 1946 enthielt 30, ein anderes sogar 55 verschiedene Kartoffelrezepte.21’ Als »allgemein Wissenswertes« wird in ei­ nem weiteren Kochbuch dieses Jahres genannt, daß »man beim Backen von Pfannkuchen Fett spart, wenn man die ebene Pfan­ ne mit einer halben, an der Schnittfläche in Fett getauchten Zwiebel ausreibt«, oder daß »man erfrorene Eier in einem kal­ ten Raum mit kaltem Wasser auftauen« kann, wenn man sie danach sofort aufbraucht; der Fleischmangel wird an einer wei­ teren Empfehlung deutlich:22’ »Wissen Sie übrigens schon, daß man beim Durchdrehen von Fleisch durch die Hackmaschine alle Reste herausbe­ kommt, wenn man zum Schluß noch harte Semmeln, Per­ gamentpapier oder Kartoffeln nachdreht?« Auch wer sich möglicherweise noch damit abfinden konnte, daß Fleischpflanzerl mit durchgedrehtem roten Rübensalat ge­ streckt wurden, durch den sie »schön rot und geschmacklich befriedigend« bleiben sollten,23’ hätte gewiß bei folgendem gestreikt: »Beim Brennessel-Sammeln fand ich einmal sehr viel von den großen Weinbergschnecken ... Da ich nicht wußte, wie man sie macht, brühte ich sie und drehte sie durch die Fleischmaschine. Mit % Pfund Hackfleisch, Zwiebeln und Semmel machte ich Bouletten ... Wir aßen es, nur meine Schwiegermutter sagte nach dem Essen: >Deine Bouletten hatten heute so einen eigentümlichen Geschmack?!« Ich selbst hatte es nur mit dem Gedanken heruntergewürgt: »Eiweiß! Eiweiß! Eiweiß!« «24) Auf dem Viktualienmarkt konnte man zur Bereicherung des Speisezettels »oft markenlos Raben, Dohlen und Eichhörn­ chen« kaufen.25’ Für diese »Delikatessen« der Trümmerjahre finden sich allerdings auch in den zeitgenössischen Koch­ büchern keine Rezepte ... Kochbücher waren überdies kaum zu haben, da sie nur in äußerst geringer Auflage gedruckt werden konnten. Praktische Tips für die Frau fanden sich jedoch auch damals in Frauenzeit­ schriften wie »Der Regenbogen« oder »Der Silberstreifen« Titel, die bereits ein Programm enthielten.26’ Die »Rezeptions­ geschichte« vieler der durchaus zeitbezogen konzipierten Emp­

fehlungen gibt ein von einer Leserin an den »Silberstreifen« eingesandtes Gedicht wieder:27’ »Der Silberstreißen schenkt Rezepte Der Silberstreifen spricht von Zucker! Wir armen Freudenstädter Schlucker! Von Zucker ahnen wir nichts mehr und das Wort »Tomate« wundert uns sehr. Ist das eine Frucht, ein Tier, ein Getränk? Gewiß ist es ein Göttergeschenk! Berliner Pfannkuchen mit Marmelade? Schade! Wir würden schlecken! Und da würde es klecken: mit Trockenmilch und Trockenei und gar noch Maisgrieß dabei! Au weih! Und Gurken! ln vielerlei Form! Enorm! Aber — wir leben ohne diese Ohne Süße, ohne Gemüse. Eismilch! Welcher Begriff! Wir leben dafür intensiv! Sogar Mockele sind knapp Da bricht nun der Faden ab ... M. Heide-Herwig« Wie sahen nun solche Rezepte aus? Einige Beispiele zeigen, wie man sich damals behalf.28’ »Mehlstippe Die zur Verteilung kommenden Suppenmehle (Erbsen, Grünkern, Mais etc.) werden mit etwas feingeschnittenem Grünzeug und Zwiebel vermischt, mit Wasser kalt ange­ rührt und mit genügend Brühe aufgekocht, bis es dickt. Milchpulver und ein bißchen Fett, auch ein kleines Stück­ chen Knoblauch verfeinern die Suppe. Am Schluß ein paar Brotwürfel mit wenig Fett rösten und drüberstreuen beim Anrichten. — Sehr gut kann man auch kleine Maismehl (statt Grieß)-Klößchen in der Mehlsuppe aufkochen. Etwas Mais­ mehl und Grieß gemischt macht die Klößchen fester. Mit Milch- und Eipulver angerührt, gesalzen und gerade soviel Flüssigkeit als der Teig braucht, um fest zu werden. Mit dem Kaffeelöffel ausstechen und in der Suppe garkochen. Feinge­ schnittene Petersilie drüberstreuen nach dem Anrichten.« » Rosenkohl- Auflauf Rosenkohl, Kartoffeln, Zwiebel, Petersilie und Liebstöckl werden gut gewaschen, gesalzen und mit wenig Wasser weichgekocht; Brühwürfel verbessern den Geschmack. In einem Pfännchen mit wenig Fett, Milchpulver und etwas Maismehl eine kleine Buttersauce bereiten, mit Magermilch oder Wasser ablöschen und an das Gemüse geben. Fertig­ kochen. Wer eine Käserinde aufgehoben hat, kann etwas Käse drüberreiben und einrühren. Das ganze in eine Auf­ laufform und in der Sparherd- oder Ofenröhre fertigbacken oder braten.« »Soße von weißen Rüben und Dotschen Die Rüben schälen und reiben. In Fett läßt man etwas Zukker bräunen, wer hat, auch gehackte Zwiebeln. Dazu legt man einen Teil der Rohrüben ein und bindet dieses mit

Frauen Mehl, in kalter Flüssigkeit glatt gerührt. Gewürzt wird mit Salz, zerdrücktem Knoblauch, (wo solcher vorhanden ist), mit Pfefferersatz, zerriebenem Thymian und Kümmel. Ein Spritzer Essig macht sich gut. Und wer seine Dotschen be­ sonders pikant auf den Tisch bringen will, verfeinert sie zu­ letzt mit Senf, der allerdings auch nicht mehr kochen darf. Man fügt ihn also erst mit dem Rest des Gemüserohbreies bei und läßt alles heiß werden.« Wärmstens empfohlen wurde auch die Zubereitung von »Wildgemüsen«:29' »Retter kann nur das Wildgemüse sein. Schon im März be­ ginnt es zu sprossen und übertrifft unsere im Garten gezoge­ nen Gemüsepflanzen an Vitamingehalt und Gesundheits­ wert. Es hat sich allmählich herumgesprochen, daß manch einer unserer Soldaten und Kriegsgefangenen in dem so schweren Jahr 1945 sein Leben nur durch Wildgemüse und Heilkräuter vor Hungertod, Typhus und Ruhr rettete. Vori­ ges Jahr hat uns die reiche Buchelesernte über den Winter geholfen, heuer wird es für manche Gegenden das Obst, für die Masse unserer Bevölkerung das Wildgemüse sein. An­ ders können wir nicht durch die Scilla und Carybdis der Er­ nährungsenge steuern. Auf unserem Heimatboden gedeihen etwa 50 Wildgemüse­ arten, die wir in größerem oder kleinerem Ausmaß irgend­ wie verwerten können. Hier sollen nur die gangbarsten Er­ wähnung finden. Ersatz für den im Vorfrühling fehlenden Chicoree ist der Löwenzahn auf Äckern und Kleefeldern. Je früher er geholt wird, desto zarter ist er. Auf ungepflügten Stoppelfeldern erlebt er, weil die Blätter abwärts und die Wurzeln nach oben zu liegen kommen, im Frühjahr eine gewisse Bleichung wie der echte Chicoree. Ein so gebleich­ ter Löwenzahn wird von den Franzosen mit Vorliebe genos­ sen. Sollte er uns in Verbindung mit Ackersalat und etwas Zwiebeln nicht auch munden? Auf Wiesen und Rainen gedeiht ein immergrünes Pflänz­ chen, der Wiesenknopf, Pimpinelle nennen es die Kräuter­ kenner. Dieser Name wurde ihm gegeben, weil seine gefie­ derten, am Rande gesägten Blätter denen der beiden Bibernellen ähneln, weshalb es auch schwarze Bibernelle heißt. Es wird öfters im Garten als Wintergewürzkraut ge­ halten und erfreut die Hausfrau nach jeder Schneeschmelze durch seine grünen Blätter, die als Ersatz für Schnittlauch, Sellerie und Petersilie genommen werden können. Wenn man es vor Gebrauch einige Zeit in Essig legt, verleiht es den Speisen einen angenehmen Beigeschmack. Als aner­ kanntes Mittel gegen Blutungen, Diarrhöe, Ruhr und Lun­ gensucht ist die Pimpinelle als Vorbeugungsmittel gegen Hungertyphus zu empfehlen. Das ganze Jahr hindurch findet man in Frühbeeten, Gärten und Äckern ein in verschiedenen Abarten vorkommendes Unkraut, die Vogelmiere. Die Bauern nennen es Hühner­ darm. Auf feuchtem, mähnigem Boden bildet eine Art da­ von noch an Weihnachten mächtige, grüne Büsche, was dem Landwirt sehr lästig ist. Alle Vogelmieren eignen sich her­ vorragend zu Spinaten, aber auch zu Suppen und Salaten. Der Naturheilkundige schätzt sie als Herzstärkungsmittel und verwendet sie gerne bei Kindergicht und bei Auszeh­

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rung. Bei Entzündungen aller Art werden die zerquetschten Mieren auf die erkrankten Stellen gelegt. Daß zwei Teile Brennesselblätter und ein Teil Geißfuß­ oder Gierschblätter einen sehr bekömmlichen Spinat erge­ ben, ist neuerdings allgemein bekannt geworden. Wer sich an dieses Gemüse gewöhnt hat, zieht es sogar dem echten Spinat vor, da es einen milderen Geschmack hat. Neuerdings wird es auf den Märkten der Großstädte feilgeboten.« Besondere Mühe bereiteten jedoch die Süßspeisen, da Zucker, Mehl oder Schlagsahne meist unerschwinglich als hochbrisante Schwarzmarkt-Ware gehandelt wurden. Auch hier behalf man sich mit rührenden Ersatzstoffen, so beispielsweise mit Ei­ cheln:30' »Zum Kochen und Backen wird das Eichelmehl genau wie Mehl verwandt, möglichst mit Mehl zusammen und im Verhältnis 1 :1. Es dickt weniger als Mehl. Im folgenden ei­ nige Rezepte für Speisen und Kuchen, bei denen sich die Verwendung von Eichelmehl besonders bewährt hat: Eichelkinderbrei 2 Löffel Eichelmehl werden in wenig Fett braun geröstet, zunächst mit etwas Wasser, dann mit Milch abgelöscht. 2 Eßlöffel Mehl werden in % Liter Milch angerührt und mit l'A Löffel Zucker mit dem Eichelbrei zusammen aufge­ kocht. Eichel-Kaffee-Torte (ohne Ei, ohne Fett, schmeckt viel besser, als es klingt). 1 Tasse Eichelmehl, 1 Tasse Mehl, 1 Tasse Zucker, 1 Tasse Kaffeeersatz, l'A Tassen Milch, 1 Backpulver werden zusam­ mengerührt und in einer Springform gebacken. Wenn der Kuchen erkaltet ist, wird er durchgeschnitten und die Schnittfläche entweder mit irgend einer Creme oder mit Gesälz bestrichen. (Am besten schmeckt es, wenn man den Kuchen zweimal durchschneidet und eine Fläche mit Ge­ sälz, die andere mit Butter bestreicht.) Der Kaffee-Ersatz wird in Pulverform genommen, nicht etwa aufgebrüht. Eichelgugelhupf 80 Gramm Fett, 4 Eier, 150 Gramm Mehl, 150 Gramm Eichelmehl, 1 Backpulver, 'A Liter Milch, 150 Gramm Zukker, Zubereitung wie üblich. Sehr verbessert wird der Gu­ gelhupf, wenn man ihm 1—2 Teelöffel Kakao zufügen kann. Eichel-Lebkuchen l'A Pfund Eichelmehl, l'A Pfund Mehl, 1 Pfund Zucker, 10 Gramm Hirschhornsalz oder 1 Backpulver, Lebkuchen­ gewürz, so man hat, 3 Eier, werden mit 1 Pfund heißge­ machtem Syrup vermischt und der Teig gut verarbeitet, auf ein Blech gestrichen, 5-10 Minuten gebacken und heiß ge­ schnitten. Kastenlebkuchen 'A Pfund Syrup, 100 Gramm Zucker, 'A Pfund Eichelmehl, 'A Pfund dunkles Mehl (1 Ei, 70 Gramm Fett, kann auch wegbleiben), Lebkuchengewürz, 1 Backpulver, 'A Liter Ma­ germilch zusammenrühren und in gefetteter Kastenform gut durchbacken.« Aber auch die verschiedenen Rezepturen für »falsche Schlag­ sahne« lassen den heutigen Wohlstandsbürger erschauern, dies nicht nur wegen der mühsamen Zubereitung:31'

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»Einfacher Kuchen mit Schlagsahne 4—6 mittlere rohe Kartoffeln schälen und reiben (nicht abgießen), 2-3 Tassen Mehl, 1 Tasse Zucker, 1 Prise Salz, 1 Backaroma, 1 Backpulver. Dieses gut zu einem Rührteig mischen, dann in eine gefettete Springform oder auf ein kleines Blech geben, 1 Tasse Zucker darüberstreuen und backen. Schlagsahne '/i Liter Frischmilch, % Liter Wasser (oder nur Milch). Zu­ sammen kochen lassen, dann eine rohe Kartoffel schälen und fein reiben, in die kochende Milch mit dem Wasser da­ zugeben, alles noch einige Male aufkochen und dann gut er­ kalten lassen. Wenn richtig kalt, mit Prise Salz und (Vanille) Zucker schlagen, bis es steif ist.« »Falscher Schlagrahm mit Beeren In Vi Liter Milch kocht man 50 g Grieß ein, süßt mit 1 Löffel Zucker oder 4 Tabletten Süßstoff und würzt mit 1 Päckchen Vanillinzucker. Der Grieß wird kalt gerührt und dann 1 Stunde kräftig mit dem Schneebesen geschlagen. Dazu gibt man leicht gesüßte Beeren. Diesen Schlagrahm kann man zum Füllen und Verzieren von Kuchen, Törtchen, Cre­ mes usw. verwenden und entsprechend würzen.« »Falsche Schlagsahne In 'Z: Liter kochende Milch läßt man 50 g glatt gerührtes Mehl einlaufen. Die Masse wird mit dem Schneebesen ge­ schlagen, bis sie mehrmals aufkochte und dann weiter ge­ schlagen, bis sie völlig erkaltet ist. Dann erst süßt man etwas, würzt die Sahne, wenn noch vorhanden mit einem alkoho­ lischen Aroma (Rum oder Arrak) und häuft sie in die Schüs­ sel. Dann wird noch mit Zucker überstreut. (Dabei wird we­ niger Zucker verbraucht, als wenn hinein der ganze Zucker gegeben wird, und den Kindern wird die Süßung stärker bewußt).« Neben Rezepten lassen auch viele praktische Hinweise Rück­ schlüsse auf die Probleme der Hausfrau in der Trümmerzeit zu. Dazu gehört unter anderem die Bastelanleitung für eine »Kochkiste« aus Holz, die mit fest zusammengepreßter Holz­ wolle, mit Stroh oder Heu ausgepolstert und einem Stoff über­ zogen gerade Platz für zwei Töpfe besitzt, deren Inhalt hier, ohne weitere Energiezufuhr, fertiggaren kann.32* Als dafür be­ sonders geeignete Gerichte werden solche mit langer Garzeit angegeben. Aber nicht nur die Ernährung findet in den Frauenzeitschrif­ ten Beachtung; es fehlte ja in allen Bereichen des Haushalts am Nötigsten. Da beispielsweise die Seife knapp war, gab man neben Hinweisen, wie man vorhandene Seife sparsamer an­ wenden könne, auch Empfehlungen für ein »Waschen ohne Seife«:33* »Waschen mit Efeublättern (für dunkle Woll- und Seidensachen, Strümpfe) 3 Liter Wasser, 50 g Efeublätter. Die gewaschenen Efeublät­ ter im kalten Wasser zusetzen, 5 Minuten kochen lassen und abgießen. Die Brühe handwarm abkühlen lassen, dann schaumig schlagen und die Wäschestücke gut darin durch­ drücken. Mehrmals gut spülen. Zum Abkochen der Blätter einen alten Kochtopf verwen­ den, da der Absud leicht giftig ist. Auf alle Fälle nachher sehr gut ausspülen.

Waschen mit Kastanien (für dunkle und helle Sachen aus Wolle oder Seide oder Mischgeweben) 8 Kastanien, 4 Liter abgekochtes Wasser oder Regenwasser. Die Kastanien ungeschält in kleine Stücke schneiden, das Regenwasser oder das abgekochte und wieder abgekühlte Wasser darangießen, 4-5 Stunden stehen lassen, durch ein Sieb oder Tuch abseihen. Die Brühe handwarm erwärmen, schaumig schlagen und die Wäschestücke darin durchdrükken, in klarem, warmem Wasser spülen. Waschen mit Kartoffelschalen (für helle und dunkle Sachen, Strümpfe) Die Schalen von sauber gebürsteten, roh geschälten Kartof­ feln in ein kleines Tuch oder Säckchen (am besten Mullsäck­ chen) binden, in kaltem Wasser aufsetzen und auskochen. Den Absud handwarm abkühlen lassen, schaumig schlagen, die Wäschestücke darin durchdrücken, spülen. Waschen mit Ochsengalle (für dunkelblaue und schwarze Sachen) 10 Liter Wasser, '/i Liter Ochsengalle (beim Metzger erhält­ lich). Das Wasser mit der Galle mischen, in der handwarmen Brühe die Wäschestücke durchdrücken, gut nachspülen. Holzaschenlauge zum Einweichen für die große Wäsche Auf einen Waschzuber legt man zwei Holzleisten, darauf stellt man einen Weidenkorb, den man mit einem alten Tuch oder einem Sackrupfen auslegt. Man gibt die Holz­ asche hinein und gießt langsam kaltes Wasser darüber, bis die Asche ganz durchnäßt ist. Über die durchnäßte Asche muß nochmals Wasser gegossen werden, jedoch nur soviel, daß eine kräftige Lauge abfließt. Die anfangs trübe Lauge wird nach längerem Stehen hell. Je nach Wasserzugabe wird sie kräftiger oder schwächer. Die Lauge soll hellgelb, klar und im Griff weich sein. Man stellt sie am besten 24 Stun­ den vor dem Einweichen her, sie klärt sich dann gut. Die obere helle Lauge wird abgeschöpft und zum Einwei­ chen der weißen Wäsche verwendet, die untere etwas trübe Lauge zum Einweichen der bunten Wäsche. Auch Regenwasser, dem keinerlei Zusatz beigefügt werden muß, eignet sich zum Einweichen.« Man müßte nun wohl selber ausprobieren, wie weiß weiße Wäsche mit diesem Waschverfahren wird; alternativ ist es si­ cherlich, wenn auch kaum waschmaschinen-tauglich. Aber Rückgriffe auf alte Hausmittel ergaben sich damals als bittere Notwendigkeit, nicht als Suche nach dem Natürlichen. So wa­ ren die Münchner Philharmoniker, die ja beruflich weiße Hemden tragen mußten, herzlich dankbar für die — damals an­ onyme — Spende von 10 Kilo Waschpulver, mit denen der Ge­ werkschaftler Oscar Embacher dem Holzaschenlaugen-Grau abzuhelfen bemüht war.34’ Einen weiteren Rückgriff auf die Natur machten viele Hausfrauen, wenn sie die Farben ihrer alten Kleider ohne che­ mische Stoffarben, die kaum erhältlich waren, auszufrischen versuchten. Auch hier gibt »Der Regenbogen« genaue Hin­ weise:35* »Übermangansaures Kali (braun, nicht lila) Die (sehr intensiv färbenden) stäbchenartigen lila Körnchen werden in Wasser sorgfältig aufgelöst. Man gießt die Farb­ brühe durch ein feines Sieb oder Tuch und verdünnt je nach dem gewünschten Farbton mit mehr oder weniger Wasser. Man färbt warm oder kalt.

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Improvisierte Kücheneinrichtung der Trümmerzeit mit der berühmten »Kochkiste«, Zeichnung v. B. Beyreiss

Rote Tinte (hell- und dunkelrosa) Je nach dem gewünschten Farbton wird wenig Tinte mit mehr oder weniger Wasser verdünnt (sehr gut umrühren, damit sich alle roten Körnchen lösen!) Man färbt auf kaltem oder warmem Wege. Diese Lösung eignet sich zum Färben und Auffärben von Wäsche, Blusen, Kinder- und Baby­ sachen. Kopierstift (blaulila) Ein Stück Kopierstift (ohne Holz) wird fein zerkleinert und in Wasser aufgelöst. Man gießt die Farbbrühe durch ein fei­ nes Tuch und färbt auf warmem oder kaltem Wege. Rote Rüben (karminrot) Die gut gewaschenen Schalen der roten Rüben werden ordentlich ausgekocht. Die abgegossene Flüssigkeit ergibt ein sehr kräftiges Färbemittel, das man je nach Wunsch mit mehr oder weniger Wasser verdünnt. Spinatbrühe (hellgrün) Der Saft von zusammengefallenen Spinatblättern (schlechte, zum Essen unbrauchbare Blätter verwenden!) wird abgegos­ sen und das Färbegut hineingegeben. Birkenlaub (grüngelb) 250 g frisches Birkenlaub werden in 2 Liter Wasser eine Stunde lang gekocht. 50 g Färbegut beizt man in einer Lö­ sung von 10 g Alaun auf 2 Liter Wasser eine halbe Stunde lang, dann gibt man es in die durchgegossene Farbbrühe und kocht es eine Stunde lang darin.

Sauerampfer (maisgelb) 200 g Sauerampfer kocht man in 2 Liter Wasser aus. 50 g Färbegut werden in 2 Liter Wasser mit 6 g Alaun gebeizt und eine Stunde langsam in der Farbbrühe gekocht. Außere Schalen reifer Walnüsse oder Erlenrinde (braun) Zerkleinerte Walnußschalen oder die sorgfältig abgelöste Rinde junger Erlenzweige (auch zerkleinert!) werden 3-4 Stunden ausgekocht. Dann gießt man die Farbbrühe ab und gibt das Färbegut hinein, das etwa 2 Stunden darin gekocht wird. Eva Goette«

Seife - in den »Trümmerjahren« ein Schwarzmarktprodukt

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Tauschanzeigen am Rotkreuzplatz, Photo von H. Schürer

Mit solchen Methoden — die heute wieder hochaktuell sind — kann man zwar Vorhandenes verbessern, nicht aber Neues zau­ bern. Tausch wurde daher großgeschrieben; man tauschte alles gegen jedes: Vertausche Graues Damenkleid gegen Bügeleisen Marsstraße 33/1 Ausgebombte sucht dringend kleinen Herd Gebe Herrenschuhe, Größe 41 zu erfragen hier im Laden Biete: Gut erhaltenes Sofa Suche: Kinderwagen Professionelle Tauschzentralen versuchten, dieses Bedürfnis der Bevölkerung legal zu befriedigen und nicht dem schwar­ zen Markt zu überlassen. Aber auch eine andere Institution wurde in diesen Jahren geboren: die »Freie Selbsthilfe«. Als Zusammenschluß der Berufsverbände der Künstler, Schriftstel­ ler, Komponisten sowie der Frauenverbände, des DeutschAmerikanischen Frauenclubs und des Bayerischen Roten Kreu­ zes hatte sie es sich »zur Aufgabe gestellt, den Notleidenden bei der angemesse­ nen Verwertung ihres Besitzes, den sie veräußern müssen, zu helfen, ferner Absatzmöglichkeiten für selbstgefertigte Gegenstände zu schaffen und eine zusätzliche Arbeitsmög­ lichkeit zu vermitteln. Die Freie Selbsthilfe arbeitet ohne Gewinn mit ehrenamtlichen Helfern, hauptsächlich Frauen. Bei der Verkaufsvermittlung haben sich absolut zuverlässige Taxatoren aller Art zur Schätzung und Beratung zur Verfü­ gung gestellt ... Die selbstgefertigten Gegenstände müssen geschmackvoll und tadellos gearbeitet sein.«36*

Oder, wie es sich in der Rückschau des Jahres 1983 anhört:37* »In den Jahren ... der Fragebogen und des Kopfgeldes, stell­ ten sich ein paar beherzte, einfallsreiche amerikanische und deutsche Frauen mit einem US-Army-Truck auf den Odeonsplatz und griffen zur Selbsthilfe. Das heißt, sie boten Dinge an, die die noch einmal Davongekommenen mit viel Glück gerettet hatten. Und nahmen dafür das Bargeld derer, die mit noch mehr Glück, schlauer Rührigkeit und manch­ mal auch geringeren Skrupeln ihre lebenswichtigen Grund­ bedürfnisse schon befriedigt sahen und bereits an den neuen Segnungen partizipierten. Geschäfte ohne jede Geschäfte­ macherei — was die Veranstalter betraf. Heutigen Ohren muß das wie aus einem Märchen klingen: Die ehrenamtlich handelnden Damen waren nur Vermittler zwischen Ange­ bot und Nachfrage.« Die »Freie Selbsthilfe« ist als Institution in Deutschland ein­ malig geblieben — hierin vergleichbar der Internationalen Ju­ gendbibliothek, die ebenfalls in dieser Zeit, auch durch großen persönlichen Einsatz und ebenfalls durch eine Frau, durch Jella Lepman, verwirklicht wurde. Da über die »Mode« der Trümmerjahre an anderer Stelle ausführlich berichtet wird, sollen hier nun nur noch en passant zwei kosmetische Empfehlungen und ein Frisurtip des »Re­ genbogen« weitergegeben werden:38* »Ein bißchen Kosmetikßir die Hausfrau Wer durch seine Arbeit oder aber auch bei der häuslichen Beschäftigung leicht graue oder dunkle Nägel bekommt, halte sich einen kleinen Salbentopf mit pulverisiertem Bimsstein. Im Bedarfsfälle wird etwas Wasser zum Anfeuchten hinein­ gegossen; dann wird jeder einzelne Nagel von oben herab

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reagiert sehr schnell auf das, was ihr bekommt, also heißt es in diesem Falle achtsam sein. Rost Wirsing« »Meine Frisur sitzt nicht Viele benutzen »Wuckerln«, die Papilloten unserer Zeit. Brav feuchten sie abends die Haarsträhnen an, drehen fest die Locken ein und wundern sich morgens über die unna­ türliche Frisur, ihr sprödes Haar. Nehmt statt dessen die Bür­ ste, ihr erreicht mehr damit und hübsch seht ihr wirklich nicht aus mit den Holzröllchen im Haar, das durch die Ge­ waltkur jede Elastizität verliert. Zu häufiges Waschen und zu scharfe Seife sind auch die Ursache der ewig fetten Strähnen. Die Talgdrüsen sind überreizt, arbeiten nicht mehr normal, wir müssen sie beruhigen. Wir bürsten und massieren kräf­ tig, manchmal mit einer stark verdünnten Spirituslösung.«

Improvisation 1947: Gicskannen aus Gasmaskenbüchsen, Photo von W. B. France

in den entstehenden Schlamm gebohrt. In wenigen Minu­ ten ist dieser am Finger hellgrau angetrocknet. Nun reinigt man die Nägel mit einem Stäbchen, worauf sie wieder weiß erscheinen. Regenwasser und dünner Teeaufguß sind ein reinigendes Gesichtsivasser, das der Haut zuträglicher ist als hartes Leitungs­ wasser. Es muß aber jede Frau herausfinden, ob für ihren Teint Kamillen- oder Lindenblütentee besser ist. Die Haut Selbstgemachte Hausschuhe aus Ersatzmaterialien

Die ernste Seite des Trümmeralltags soll über »Wuckerln«, »Muckefuck« und Ochsengalle jedoch nicht vergessen werden. In den Frauenzeitschriften findet sich durchaus auch das ganze Spektrum von Sorgen, das die Trümmerzeit für die Frauen be­ reithielt. Neben den Mühen bei der Besorgung von Kleidung, Schuhen, Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs waren sie häufig noch weit größeren seelischen Bela­ stungen ausgesetzt: Schulen und Kindergärten, anfangs ganz geschlossen, litten nach ihrer Wiederöffnung unter fast uner­ träglichem Platzmangel. Die Kinder und Jugendlichen spielten zwischen den Trümmern; die Gefahr der Verwahrlosung war groß, es bildeten sich regelrechte Kinderbanden, die stahlen und raubten, während die Mütter um Lebensmittel anstanden, Trümmer räumten oder anderen Arbeiten nachgingen. Viele Ehemänner und Väter waren gefallen oder befanden sich noch in Gefangenschaft; auch wenn sic zurückkehrten, stellte sich oft nicht die frühere Gemeinschaft ein, man war sich fremd ge­ worden und fand kaum noch zueinander. Die Scheidungsraten schnellten in die Höhe; nach den Ergebnissen der Volkszäh­ lung von 1950 war der Anteil der Geschiedenen seit 1946 um 42%, das sind 7 000 Personen,39’ auf fast 23 000 Personen an­ gestiegen. Die Frauen hingegen, deren Männer oder Söhne als vermißt oder verschollen galten, warteten und hofften, erle­ digten oft in tiefster Mutlosigkeit ihren »täglichen Kram« und klammerten sich dann doch an die kleinsten Anzeichen von Einkaufstasche aus Ersatzmaterialien

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Hoffnung, standen stundenlang, tagelang auf zugigen Bahnhö­ fen, um Kriegsheimkehrer nach den vermißten Männern oder Söhnen zu fragen, meist mit Fotos in den Händen, die sie den Ankommenden wie Amulette entgegenhielten. Nicht verges­ sen darf man aber auch die Frauen, die teils mit, teils ohne ei­ genes Verschulden in den Untergrund, die Illegalität, oft auch die Prostitution abgedrängt wurden, diejenigen, die als Flücht­ linge, Heimatlose und Ausgebombte oft ohne Verwandte oder Freunde ein elendes Leben führten, die Vergewaltigten und Geschlagenen, die Trümmerfrauen, die »Fräulein« und viele mehr.

Frauen im Nachkrieg »In der Nacht zum Pfingstmontag 1945 verschafften sich zwei Negersoldaten Einlaß in das Einfamilienhaus, in dem ich wohnte. Angeblich suchten sie SS. Im Flur des oberen Stockwerks, wo die Schlafräume lagen, richteten sie eine Maschinenpistole auf meine Wirtsleute und mich und einer verkündete: >You must die!« Dann fand er es aber wohl an­ genehmer, mich zu vergewaltigen, zerrte mich in mein Zimmer und aufs Bett, hatte eine schreckliche Bierfahne und wurde äußerst handgreiflich, als meine Wirtin an ein Fenster stürzte und gellend um Hilfe schrie. Im Nu waren die beiden wie ein Spuk verschwunden, und ich hatte einen schweren Schock. Am nächsten Tag ging meine Wirtin zur Militärpolizei, um den Vorfall zu melden und bekam nur lakonisch zu Antwort: »Das stimmt nicht.« «40) »Persönlich blieb mir die Begegnung mit der Besatzungs­ macht fast völlig erspart. Bei der Suche nach einer Freundin öffneten mir unbeschwert junge amerikanische Soldaten in der beschlagnahmten Wohnung, die am liebsten gleich mit Sekt »fraternisiert« hätten. Einmal wurde ich von der Mili­ tärpolizei beim »Trittbrettfahren« verhaftet. Das hätte eine Nacht Sammellager in der Corneliusstraße und Schnellrich­ ter bedeutet. Vor dem »Ausladen« eines Lastwagens voller »Geschnappter« konnte ich noch abspringen und wohl mit stiller Duldung der Amis verschwinden.«41’ »Mehr und mehr Zivilisten unterwegs, geschäftig, mit sich selbst beschäftigt. Zum ersten Male ein Kleid aus der Bett­ wäsche der Wehrmacht - blau-weiß karriert. In Dirndlform gehalten, mit einem viereckigen, großzügigen Ausschnitt. Siebzehn oder achtzehn Jahre alt, offenes Haar, flotter Gang, ihrer Attraktivität bewußt. In Windeseile mußte das Kleid geschneidert worden sein, das Mädchen hatte nur eines im Sinn gehabt - mal was Neues zum Anziehen, mal zeigen, was man hat und wie man wirkt. Auf die amerikanischen Soldaten jedenfalls wirkte sie prompt. Sie pfiffen hinter ihr her, riefen ihr aus den Jeeps kurze, anerkennende Worte zu: »pretty girl... beautiful... great... kiss me, darling .. .< An­ dere Mädchen, die ebenfalls kurze, leichte Kleider aus ihren alten Beständen trugen, wurden von den Amis ebenfalls mit Komplimenten bedacht. Sie taten, als hörten sie nichts und wendeten den Kopf ab ... Frauen, die einige Jahre älter wa­ ren und nicht mehr so taufrisch, von den Leiden und Nöten des Krieges gezeichnet, blickten neidvoll auf die jungen Dinger. Für sie, die zwei, drei Kinder an der Hand führten oder betreuten, sah die Lage anders aus. Der Mann gefallen

oder in Kriegsgefangenschaft oder vermißt. Staatliche Stel­ len, die bisher Familienunterstützung bezahlt hatten, gab es nicht mehr. Woher das Geld nehmen für die lebensnotwen­ digen Dinge? Wenn der letzte Notgroschen verbraucht, der letzte Schmuck getauscht war — was dann? Wenn man so be­ denkt, flotte Kerle unter den Amis — nicht nur die Offiziere. Und was nicht alles bei ihnen zu holen war: Kaffee, Scho­ kolade, Zigaretten und andere Lebensmittel - alles Dinge, die man auf dem Schwarzmarkt gut tauschen konnte - oder verkaufen. Bargeld also in Sicht. Man brauchte nur zuzugrei­ fen, denn aus dem Verhalten der Amis war das ja zu erse­ hen ... sie hatten nichts gegen die deutschen »Fräuleins« „«) »Fräuleins« ... dieser Begriff wird wohl untrennbar mit der Nachkriegszeit verbunden bleiben. Im Gegensatz zur sowjeti­ schen Besatzungszone, aus der meist Schreckliches über die einmarschierenden Besatzungstruppen berichtet wurde, schei­ nen sich die Amerikaner überwiegend auf sanftere Werbungs­ methoden gegenüber dem weiblichen Geschlecht beschränkt zu haben. Das Bayerische Rote Kreuz in München hatte daher vor allem Frauen zu betreuen, die aus der russischen Zone kamen: »Ein besonders trauriges Kapitel war die Betreuung der in dieser Notzeit schwangeren Frauen und vor allem der Ver­ gewaltigten. Uber 200 schwere Vergewaltigungsfälle, in der weitaus überwiegenden Zahl in der russischen Zone an Frauen begangen, die flüchteten, wurden vom BRK Mün­ chen betreut. 150 dieser Unglücklichen waren geschwän­ gert, etwa ein Viertel geschlechtskrank geworden. Eine Siebzehnjährige starb nach 38 Fällen, eine schwerkranke Mutter nach einer unbekannten Zahl von Vergewaltigun­ gen ... Neben den »Gretchen« (abgekürzt V.D. = Veneral Diseases = Geschlechtskrankheiten genannt), die ihre Frauenehre für eine Tafel Schokolade oder eine Zigarette verkauften, gab es auch deutsche Frauen, die damals an Schändungen zugrunde gingen oder, da sie ja noch Kinder waren, schwersten seelischen Erschütterungen ausgesetzt blieben. Der Grimm mancher Münchner Männer über die »Gretchen« machte sich übrigens in anonymen Anschlägen Luft... in denen zur Selbsthilfe durch Haarabschneiden und Prügel aufgefordert wurde.«43’ Die amerikanische Militärpolizei oder der Schnellrichter im Polizeipräsidium mußten sich auch mit vielen Fällen von »Sol­ datenliebchen« der verschiedensten Grade von Verkommen­ heit beschäftigen. Oft wurden dabei Einzelschicksale deutlich, die nur die Handlungsweise der Beschuldigten allzu verständ­ lich machten.44’ »Vor dem Richter steht auch ein breitschultriges Mädchen, gut frisiert, mit einem ganz hübschen Kleidchen. »Sie sind von der Streife mitgenommen worden, weil Sie keine Ar­ beitskarte vorweisen konnten. Sie stehen also nicht in Ar­ beit?« Der Mund des Mädchens wölbt sich trotzig und bleibt geschlossen. »Ohne Arbeitskarte erhalten Sie keine Lebens­ mittelmarken. Wovon leben Sie also?« Schweigen. »Nun, auch ohne Ihre Antwort wissen wir, wovon Mädchen Ihres Schlages sich erhalten.« »Jawohl«, sagt sie heftig und blickt auf, »ganz genau davon lebe ich. Und nicht nur, weil meine Freunde dafür sorgen,

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Die Handhabung des »Fraternisicrungs«-Verbots

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Deutsche »Fräuleins« mit ihren amerikanischen Freunden

daß ich zu essen und etwas Ordentliches zum Anziehen habe, bin ich froh. Mit 17 Jahren haben sie mich in die Rüstung gesteckt. Da habe ich von früh bis abends in den Hallen gesessen und Schrauben gefräst. Tausende am Tag. Nachts saßen wir im Luftschutzkeller. Kurz vor Kriegsende wurde ich noch zur Flak eingezogen. In die Nähe von Wien. Nur mit Mühe sind wir den Russen ausgekommen und mußten all unsere kleinen Habseligkeiten zurücklassen. Als ich heimkam, war unser Haus zerstört. Irgendwo in der Oberpfalz hat man meine Mutter mit den 3 kleinen Ge­ schwistern in ein armseliges Zimmer hineingestopft. Der Vater ist noch nicht aus der Gefangenschaft zurück. Meine Mutter hat mit dem besten Willen keinen Platz für mich. Wenn ich sie besuche, muß ich mit ihr und dem Kleinsten in einem Bett zusammen schlafen oder auf dem Boden, denn sie haben im ganzen nur 2 Betten. Da bin ich in der Stadt wieder in die Fabrik gegangen. Aber was konnte ich mir am Ende der Woche von dem Lohn kaufen? Nicht ein­ mal ein Paar Strümpfe. Sonntags mußte ich zum Kartoffel­ hamstern gehen oder Holz im Wald holen. Ja, ist das denn ein Leben? Ein Leben, wenn man jung ist? Nein, die Nächte sind vorbei, in denen mir die Angst hochkroch, daß das gan­ ze Leben so trostlos weiter- und Vorbeigehen könnte. Jetzt will ich endlich einmal leben.«« Etliche weitere Fälle hatte die Militärpolizei zu bearbeiten, die dafür bekannt war, auch gegen die eigenen Soldaten radikal durchzugreifen. Da die deutschen Polizisten damals noch keine Waffen tragen durften, besaß die MP einen Großteil der Poli­ zeigewalt. Karl Jering, später Referent des Staatssekretärs für das Flüchtlingswesen, berichtet in seinen Tagebuchaufzeich­ nungen über seine Erlebnisse als deutscher Dolmetscher bei der Militärpolizei:45* »17.12. 45 ... Inzwischen brach die Stunde der >curfew violators« an, der Unglücklichen, die nach der Sperrstunde von der Streife auf der Straße aufgelesen wurden, hauptsächlich biedere

Deutsche, die sich in den Ruinen verlaufen oder sonstwie verspätet hatten. Resigniert warteten sie, bis sie aufgerufen, registriert und abgeführt wurden. Eine Streife brachte ein Offiziersliebchen heran. Der sie begleitende Leutnant pro­ testierte heftig und telephonierte mit dem Kommandeur. Er bekam das Mädchen frei; aber der Wachleiter bemaß den beiden die Frist zur Heimkehr so kurz, daß sie wahrschein­ lich der nächsten Streife in die Arme laufen werden ... 5.1. 46 Diese Nacht zunächst keine Vorfälle. Gegen Mitternacht brachten die Soldaten eine streunende 15jährige, ein Kind noch, aber verderbt aussehend. Sie hatte keine Ausweise und konnte auch keinen Wohnsitz angeben. Ihre Eltern wurden in Nürnberg ausgebombt; sie wisse nicht, wo sie sich jetzt aufhalten. Ihre Aussagen piepsig und undeutlich; sie kommt wegen Überschreitung der Sperrstunde und Geschlechts­ krankheit in den Bunker ... 10.1. 46 Viele der streunenden Frauen, die jeden Abend aufgegriffen werden, kommen aus der Sowjetzone, wo sie einen Grad menschlicher Erniedrigung erfahren haben, daß sie selbst für den amerikanischen Geschmack zu grob geworden sind, was etwas heißen will ... 22.1. 46 ... Nachts eine Ehetragödie. Eine Frau klagt das in ihrem Zimmer hausende Mädchen an, es habe ihren Mann mit ei­ ner Geschlechtskrankheit angesteckt, die sie sich im Verkehr mit Negern holte. Der Wachoffizier läßt den Ehemann und das Mädchen herbeischaffen. Die Soldaten schleppen auch die 18jährige Tochter des Ehepaares an. Auf meine Bitten schickt sie der Leutnant wieder nach Hause. Die Sache ist schmutzig genug. Der Mann, ein Krüppel mit einer halben Lunge und einem Dutzend weiterer Defekte, muß zugeben, daß er und das Mädchen sich in ärztlicher Behandlung be­ finden. Die beiden werden eingesperrt.«

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Abschließend sei zu diesem düsteren Kapitel des Nachkriegs­ alltags noch aus einem Bericht des Münchner Zuzugskommis­ sars Willi Irlbeck zitiert:46’ »München 21 Uhr Im Wartesaal des Münchner Hauptbahnhofs. Fahles Licht er­ gießt sich über Gepäck und Menschen. Die Halle ist ange­ füllt von Dunst, penetrante Gerüche durchziehen den Raum. Jugendliche, die alle Stadien sittlicher Verworfenheit bereits durchwanderten, Mädchen, die um die Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage wissen; Geschäftemacher und Gelegenheitsdiebe, denen Gesetz und Recht leere Begriffe sind; entlassene Kriegsgefangene, deren Sehnsucht, die Hei­ mat wiederzusehen, einem unüberwindlichen Ekel wich; Mütter, deren Kindern Wartesäle und Eisenbahnabteile zum Spielplatz, Kisten und Koffer zum Kinderbett wurden; menschliche Wracks, denen ihr zerschundener Körper Ver­ dienst bedeutet; stumpfes Dösen, dumpfes Brüten, Schmutz und Hoffnungslosigkeit. >... wer ehrlich sein Geld verdienen will, soll sich lieber gleich aufhängen .. .< — »Die Heimat und Eltern waren ein­ mal, wer schert sich darum, wenn ich mal n’Jahr eingesperrt werde Ich schlafe bei dem, der am meisten bietet, da brauch’ ich kein Zimmer und habe mein Auskommen seit Monaten reise ich mit den Kindern von Stadt zu Stadt, nichts von meinem Mann, nichts von meinen An­ gehörigen mehr wie verrecken kann man ja nicht eh’ ich krepiere, gehen noch ein paar andere kaputt . . .< — Resignation, Mitleid mit sich selbst, Spott, Haß, Verachtung, Wut ... Gesprächsfetzen wirbeln durcheinander, verweben sich zu monotonem Rauschen, das so harmlos klingt. Meine Damen und Herren, dieses monotone Rauschen er­ hebt sich bei uns, die wir mit der Frage des Zuzugs zu tun haben und die auseinandergerissenen Familien, welche schon Jahre getrennt sind, nicht Zusammenkommen lassen, bereits brausend und wird ... weiterhin nichts getan .... so wird dieses Rauschen bald ein orkanartiges sein.« Zuzug ... ein magisches Wort der Trümmerjahre.47’ Fast eben­ so schwierig wie der Zuzug war jedoch die Unterbringung. Uber einige »Geheimtips« der Trümmerzeit berichtet Maria von Eynem:48’ »Für findige Leute gibt es ein »Hotel auf Schienen«. Da kann man in einem am Hauptbahnhof abgestellten Bahn-Speise­ wagen warm essen und mehrere Schlafwagen bieten eine auf Rädern stehende Übernachtungsmöglichkeit an. Aller­ dings ist die Zahl der Nächte, die jeder dort verbringen darf, begrenzt. Auch tagsüber dürfen müde Reisende sich am Bahnhof ausschlafen: von abends 6 bis 10 sind die »Nacht­ gäste«, von früh um 10 bis abends 6 die »Taggäste« willkom­ men.«

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i ]i 1 Hei­ zung!« sagt er knapp. Endlich öffnen sich die verschlungenen Irrwege zu einem großen, milde angewärmten Raum: dem ehemaligen Dampfbad. Inmitten liegt ein Becken, bunt ge­ fliest wie aus Tausendundeiner Nacht, ein paar Stufen füh­ ren hinab. Das ehemalige Schwimmbecken. Ringsum Holz­ türen, die jetzt alle offenstehen. Die früheren Badekabinen, ln jedem «Stübchen« eine appetitlich weißbezogene Liege­ statt. «Nun?« wartet er stolzgeschwellt. Und dann fallen wir uns gegenseitig um den Hals und ich habe Mut und Laune wiedergefunden. «Verehrte Dame, darf ich Ihnen die Zimmer unseres Hotels zeigen?« sagt er mit weitausladender Handbewegung und stelzt gravitätisch von Zimmer zu Zimmer. Überall das Glei­ che: Reinlichkeit — Gastlichkeit. Ich hole tief Luft: es riecht nach dem unergründlichen Mief ungelüfteter Kellerräume. «Und hier-« flüstert er geheimnisvoll und schleicht um eine Ecke herum auf den Gang direkt oberhalb des Schwimm­ beckens — «hier mein Geheimtip:« er zieht den Vorhang vor einer Nische zurück: ich sehe darin ein weißes Lager. Dar­ über verläuft ein dickes Rohr. «Heizung!« nickt er bedeut­ sam ... Ein paar Tage später schlüpfe ich im Regina-Keller unter. Ich schlafe dort, wärme mich - wasche mich. Frühstück gibts in der winzigen Bügelnischc, wo man sich untereinander ken­ nenlernt, denn es sind hauptsächlich Stammgäste, die hier wohnen... Die Schlafkojen waren durch leichte Holzwände abge­ trennt, die oben keineswegs die Decke und unten ebenso­ wenig den Boden berührten. Es waren simple Trennwände. Jeder Schnarcher, jegliches Rascheln, alle Töne und Düfte teilte man getreulich einander mit. Nichts ließ sich verheim­ lichen außer dem Anblick: die Gäste konnten sich natürlich hinter dem Holz nicht sehen.« Wer nicht nur für sich allein Unterkunft zu finden hoffte, der hatte sich beim Wohnungsamt anzustellen; es war jedoch nur bis Mittag geöffnet. Die in Außenbezirken Untergebrachten mußten daher meist unverrichteter Dinge abziehen. Eine junge Frau, die für ihre Eltern und Geschwister eine Wohnung such­ te, wählte daher einen anderen Weg:51* »Ich faßte eines Tages den heroischen Entschluß, in unmit­ telbarer Nähe des Wohnungsamtes die Nacht zu verbringen, um dann am Morgen möglichst bei den ersten zu sein, die nach Öffnung der Schalterstunden vorgelassen werden. Ich suchte mir eine Ruine heraus, die ich geeignet fand, um mich in den Kellerräumen nachts zu verstecken. Sie war bald ausgemacht. Ich sagte meinen Bekannten Bescheid ... Die rüsteten mich aus mit guten Ratschlägen, einer Wolldecke und mit Daumen halten, und ich zog eines Abends, Tapfer­ keit vorgebend, los. Gerade noch vor Beginn der Sperrstun­ de war ich in meinem Versteck. Es wurde eine lange Nacht, die nicht enden wollte. Mir war trotz der Wolldecke am ganzen Körper eiskalt, ich stand in sie eingehüllt an die feuchtanzufühlende Mauer gelehnt und war voller Ängste. Einmal, so gegen Mitternacht, kamen Schritte näher. Ich duckte mich in die äußerste Ecke, das Herz klopfte laut bis zum Halse, und ich hielt vor Schreck den Atem an. Doch die Taschenlampe entdeckte mich nicht. Es war anscheinend nur

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jemand austreten gegangen; vielleicht ein Wachsoldat der amerikanischen Armee, der sein Geschäft nicht oben ma­ chen wollte. Am Morgen war ich dann die dritte Person, die vor der noch verschlossenen Türe des Wohnungsamtes dar­ auf wartete, eingelassen zu werden. Dort nahm man meine Wünsche auf. Doch blieben sie rein auf den bürokratischen Vorgang beschränkt, denn Hilfe war angesichts der durch Bombenschaden verursachten ungeheuren Wohnraumnot nicht so schnell zu erwarten.« Andere, die sich dem nicht aussetzen wollten, versuchten oft auf abenteuerliche Weise, wieder zu ihren Verwandten zu kommen, nur um erschöpft doch wieder in München zu lan­ den. So berichtet eine weitere Nachkriegs-Leidensgenossin:52* »Ich ... wußte nichts von meinen Eltern in Düsseldorf und überhaupt von meiner Familie, da es seit Wochen keine Post mehr gab, und so setzte ich mich auf mein altes Fahrrad und radelte nach Düsseldorf. Natürlich durfte man nur bis Frei­ mann, aber ich radelte um einen Lastwagen herum, der gera­ de kontrolliert wurde, und war draußen. Das Abenteuer dieser Tour übergehe ich. Nach sechs Wochen radelte ich wieder zurück, denn ich wollte natürlich weiter Musik stu­ dieren und unbedingt in München ein Zimmer haben. Kur­ ze Strecken konnte ich nun schon in oder auf Güterwagen zurücklegen. In München landete ich in einem Zustand tota­ ler physischer und psychischer Erschöpfung (Bruder gefal­ len, Schwager vermißt, ein Onkel in Buchenwald umge­ bracht, Eltern ausgebombt) im jetzigen Franz-Joseph-Stift Mühlbauerstraße, das damals Krankenhaus war und von Barmherzigen Schwestern geleitet wurde. Dort behielt man mich sieben Wochen.« Die extremen Anspannungen und Anforderungen des Trüm­ meralltags hatten aber auch ein Phänomen zur Folge, das be­ reits in den letzten Kriegsjahren, beispielsweise nach Bomben­ angriffen, häufig die Überlebenden erfaßte: überschäumende, eruptive Lebenslust, rauschhafte, manchmal fast ein wenig irre Vergnügungssucht, verrückte Tanzwut und beinahe fanatische Lebensfreude. Meist ohne Alkohol oder ähnliche Stimulantia, ohne Geld, oft nur gerade noch mit dem nackten Leben da­ vongekommen feierte man Feste von spontaner Fröhlichkeit. Ein Münchner erinnert sich:53* »Ich ... ging monatelang jeden Abend zum Tanzen, obwohl es selbstverständlich keinen Alkohol und nichts zu essen gab. Es gab nur ein saures Getränk, Molke genannt. Ich und alle anderen Tanzwütigen haben sich jeden Abend so amü­ siert und waren so fröhlich, wie später trotz Abendessen und Alkohol selten wieder.« Maria von Eynern versucht dies so zu erklären:54* »Vieles spielt mit hinein — vor allem die echte, persönliche Freiheit, die die zerstörte Umwelt uns läßt, und die geradezu verschwenderisch ausgeteilt wird und etwas Faszinierendes hat. Man ist unerhört kontaktfreudig. Und man ist letzten Endes für sich selbst verantwortlich - für jede Freude, auch für jeden Fehltritt im Dschungel der Verworrenheit, der das liebe Ich hier und da zum Straucheln bringt. Man lebt in dieser freien Wild- und Tummelbahn in ständiger Partner­ schaft mit Gleichgesinnten - eng verbunden mit den Men­ schen, deren Gedanken auf der gleichen Wellenlänge laufen

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Kaleidoskop des Trümmeralltags

wie die eigenen. Und überall scheint das >große Abenteuer« zu warten, das endlich die Welt offenbart, auf die wir hof­ fen. Überzeugt davon, dieses Neue nicht mit den Mitteln von Tradition, Überlebtheit, Bürgerlichkeit und Geistlosigkeit schaffen zu können, suchen wir überall das Außergewöhnli­ che. Und schaffen um uns eine Atmosphäre steter Bereit­ schaft, den Merkwürdigkeiten des Daseins zu begegnen und sich mit ihnen zu befassen. Freiheit winkt auf allen Gebieten — in der Berufswahl, die eigentlich an allen Ecken und En­ den behindert wird durch wirtschaftliche Misere und die doch so reizvoll erscheint. In der Diskussion, die frei von al­ len persönlichen und politischen Bindungen geführt werden kann. Es gibt keine Bekleidungs-Konventionen mehr, weil einfach niemand mehr das »Konventionelle« besitzt — es gibt wahrhaftig die Freiheit aller Besitzlosen und Intellektuel­ len.« Trümmeralltag bot also nicht nur Mühsal und Not, auch ein Aufbruch in neue geistige Freiheit und Offenheit schien mög­ lich. In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens, der Politik, der Kultur und der Verwaltung eroberten sich die Frauen in diesen Jahren Positionen, die sie weit über die Sorgen der täg­ lichen Brotbeschaffung hinaustrugen. Hier galt Erich Kästners Diktum: »Der Magen knurrt, doch die Augen blitzen!«55' Die­ ses Gebiet weiblicher Arbeit in den Trümmerjahren aufzuzei­ gen scheint besonders nötig, um das Bild der Frauen dieser Jahre nicht zwischen »Muckefuck« und Notkochtöpfen ver­ kommen zu lassen.

Frauen im Beruf und itn öffentlichen Leben »Im Mai 1945 gab es für alle in der Firma gar keine Arbeit, denn alle öffentlichen Funktionen hatten aufgehört: keine Post, keine Transporte. Erst ab 25. Mai begannen die ersten Trambahnen wieder zu verkehren. Trotzdem wurde erwar­ tet, daß man sich täglich meldete und einige Stunden blieb, auch wenn man - wie ich — eine Stunde zu Fuß hin und eine Stunde zurückgehen mußte (ich wohnte in Schwabing). Als ich bei einer dieser Gelegenheiten von einer Kollegin erfuhr, daß die Amerikaner im Radio nach englischspre­ chenden Stenotypistinnen, die möglichst auch englisch ste­ nographieren konnten, suchten, meldete ich mich sogleich beim Arbeitsamt, das damals notdürftig in Schwabing ein Büro unterhielt, und wurde sogleich an die Militärregierung in der Holbeinstraße verwiesen. Schon nach wenigen Tagen wurde ich dort eingestellt, aber meine alte Firma wollte mich immer noch nicht gehen lassen ... So blieb ich einfach weg, und darüber waren die beiden Direktoren ... so erbost, daß der eine dem Offizier, dem ich zugeteilt worden war ... einen Brief schrieb, ich sei eine »Nazi« gewesen! Dies erfuhr ich von dem Offizier persönlich, sonst jedoch wurde ich kein einziges Mal von den Amerikanern vernommen, hörte nur von meinen ehemaligen Kolleginnen, daß 2 Herren in der Firma gewesen seien und dort Erkundigungen eingezo­ gen hätten ... Ich habe dann volle zwei Jahre bei der Mili­ tärregierung für Bayern gearbeitet und dort mit unseren Vorgesetzten sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Offiziere waren generell zu uns deutschen Angestellten sehr freund­ lich und menschlich.«56'

»Mein Schwimmkamerad Harry Valerien erkannte meine erbärmliche Lage und verschaffte mir einen Arbeitsplatz im neugegründeten Sportblatt »Tempo« im Pressehaus an der Bayerstraße. Doch nach 8 Monaten ging das Sportblatt in Fusion mit dem Sportkurier Ulm. Ich konnte weiter im Münchner Zeitungsverlag arbeiten, es gab jedoch zu dieser Zeit nur 3 Erscheinungstage der Zeitung, also arbeitete ich am Tage in der Gärtnerei von Samen-Schmitz und 3 Nächte in der Zeitung. Stundenlohn 1,20. — Dazwischen sauste ich mit dem Fahrrad immer wieder schnell heim, denn meine Tochter war ja viel allein. So ergab sich eine 60-StundenWoche - per Rad morgens zur Gärtnerei, um 18 Uhr schnell per Rad nach Milbertshofen in die Wohnung, ab 21 Uhr bis morgens um 3 Uhr in die Zeitung. Alles natürlich mit dem Rad ... Große Achtung habe ich vor jenen Frauen auch, die in der Nacht im Keller des Zeitungsversands schufteten, morgens sodann daheim schnell die Familie versorgten und dann meist noch die Zeitung ausgetragen haben, oder zum Putzen gingen. Welche Mühe war das Zeitungsaustragen! Ruinen, zerbombte Treppenaufgänge mit Notleitern, ohne Taschen­ lampe war es überhaupt nicht möglich, die Abonnenten zu finden. Denn die meisten hausten damals noch hinter provi­ sorischen Holzverschlägen und nur ein Zettel zeigte an, wer dahinter wohnte. Diese tapferen Frauen kannten keinen Sonn- oder Feiertag, Urlaub — ein Fremdwort — aber wer spricht noch darüber? Wer denkt überhaupt heute noch dar­ über nach, daß es damals die Frauen und Mütter waren — die Trümmerfrauen —, die die Begründerinnen des deutschen Wirtschaftswunders waren. Die Männer waren ja entweder noch in Kriegsgefangenschaft, oder schwere Verwundungen ließen überhaupt keine Arbeit zu, oder die Mitgliedschaft in der NSDAP zwang sie zunächst »unterzutauchen« — wenn ich daran noch denke! Was waren da die starken Männer zahm und kleinlaut!«57' Die berufstätige Frau zwischen Trümmern und Haushalt, zwi­ schen Kindern und Schreibmaschine, zwischen Verantwortung und Einengung - ein Thema, das bereits mehrfach zur Sprache kam. Im Jahre 1946 waren 37,8% der Münchner Erwerbstäti­ gen Frauen; unter den beruflich tätigen Verheirateten galten dabei etwa 17500 Frauen als »Alleinverdienende aus Restfami­ lien«, ersetzten also in vollem Umfang die abwesenden Män­ ner. In einem Bericht des Wiederaufbaureferats heißt es:58' »Von dem patriarchalischen Zustand, daß der Mann die Fa­ milie ernährt und die Frau das Hauswesen besorgt, hat sich die Großstadtfamilie schon lange entfernt. Im Herbst 1946 verdienten in 156205 Familien zusammenlebender Ehepaa­ re 29504 Ehefrauen, also 18,9% mit, davon waren Frauen von Selbständigen Beamten Angestellten Arbeitern Rentnern u.a.

39,2% 3,0% 13,4% 34,4% 10,0%

wobei bemerkenswert ist, daß die Ehefrau, wenn sie mitver­ dient, dies überwiegend in derselben sozialen Stellung tut, die der Mann im Beruf innehat. Im ganzen übten Ende 1946

Frauen rund 64000 Hausfrauen einen Hauptberuf aus oder finan­ zierten sonst die Familie.« Der soziale Aufstieg der Frauen in qualifizierte Berufe, der hier bereits angedeutet wird, bestätigt sieb an einer anderen Stelle des Berichtes. Dort heißt es, unter Hinweis auf die etwa gleich­ gebliebene Quote der Frauenarbeit seit 1882 (1882: 35,1% der Erwerbstätigen sind Frauen; 1946: 37,8%): »Allerdings verbirgt sich hinter dem überraschend hohen Anteil der Frauenarbeit eine weittragende soziale Um­ schichtung. ln früheren Jahrzehnten war die Frau fast nur in »dienender« Stellung, als Dienstbote oder Arbeiterin, tätig. Daneben spielten nur noch die selbständigen Geschäfts­ frauen eine gewisse Rolle, während die Mittelschicht fast völlig fehlte. Sie begann sich erst nach dem 1. Weltkrieg zu entwickeln, seitdem die fortschreitende Bürokratisierung von Verwaltung und Wirtschaft Berufe geschaffen hat, in denen die Frau als Angestellte vielfältige Verwendungsmög­ lichkeiten als Stenotypistin, Sekretärin, Sachbearbeiterin, technische Assistentin und dgl. fand. Schließlich waren bei der letzten Zählung im Herbst 1946 im Angestellten- und Beamtenverhältnis schon mehr Frauen tätig, als in Lohnar­ beit. Die zunehmende Geringschätzung der »häuslichen Dienste« drückt sich deutlich in dem verminderten Anteil dieser Sparte aus.« Diese Tendenz zeigte sich nach Kriegsende auch massiv an den Zahlen der jeweils Arbeitslosen und der offenen Stellen. So standen im Dezember 1946 in Bayern 43 000 voll einsatzfähi­ ge weibliche Büroangestellte den nur 780 offenen Stellen ge­ genüber, während der dringende Bedarf an Haushaltskräften zur selben Zeit 8000 betrug.59* Die Münchner Frauenzeit­ schrift »Der Regenbogen« versuchte daher unter der Über­ schrift »Ersehnte und erfüllbare Frauenberufe« ihren Leserin­ nen die Mangelberufe schmackhaft zu machen:611* »Nicht wenige Hausangestellte sind durch den Krieg, sagen wir es einmal ruhig, ins Büro »hineingerutscht« in dem Ge­ danken, nun auf einer höheren gesellschaftlichen Stufe zu stehen; denn Büroarbeit erscheint auch heute noch »feiner« als Hausarbeit. Vielleicht ist neben anderen Gründen die Be­ zeichnung »Dienstmädchen« daran schuld ... Und doch »dienen« alle, die ihren Beruf ernsthaft erfüllen. Dient nicht eine Mutter ihr Leben lang ihrer Familie, dient nicht ein Ge­ lehrter in jeder Minute der Wissenschaft, und dient nicht ein Arzt ständig der Menschheit? ... Der dringende Bedarf an Hauskräften ... hat alle Hausfrauen zu größeren Zuge­ ständnissen bereit gemacht ... Besonders selbständig wird die Arbeit dann sein, wenn die Frau des Hauses auch beruf­ lich tätig ist, so daß die Hausangestellte ein völlig selbstän­ diges Arbeitsfeld bat ... Findet man je auf dem Büro eine selbständigere Arbeit? ... Niemand sage, daß Hausarbeit keine Kopfarbeit sei. Warum gibt es so viele Frauen, die nie fertig werden, während man immer wieder mit leisem Neid andere bewundert, die es verstehen, ... jede Arbeit genau vorher zu überlegen?« Ähnlich argumentierte »Der Regenbogen« im Hinblick auf das Gaststättengewerbe, in dem Bayern 2 200 Kräfte benötigte,61* ähnlich auch für die Landwirtschaft, wo 15000 Arbeitskräfte fehlten.

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»Was bietet heute die Stadt? Ruinen, mühseliges Trambahn­ fahren, im Büro sitzen bei schönem Wetter, am Abend im kalten Zimmer auf dem Kocher schnell etwas herrichten und dann, allerdings, wenn man Glück hat, ab und zu ein­ mal eine Kino- oder Theaterkarte. Natürlich gibt es auf dem Land weniger geistige Anregung, aber dafür frische Luft, Naturnähe, und — nicht zu verachten — bessere Verpfle­ gung ... Das junge Mädchen ist heute vor die Notwendigkeit ge­ stellt, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Die Ehe­ aussichten sind durch den Krieg schlechter geworden und der Ausweg, von dem vielleicht manche träumen, einen Amerikaner zu heiraten, ist durch Gesetz versperrt. Wie lan­ ge werden die Ersparnisse noch reichen? Es ist schon besser, sich jetzt in aller Ruhe einen Posten im Haushalt oder in der Landwirtschaft zu suchen. Verlangt es erst einmal die Not, müssen wir das erste beste Angebot annehmen.« Für die Landeshauptstadt München galt sinngemäß ähnliches wie für das bayerische Umland. So meldete das Arbeitsamt München mit dem Stand vom 13.1. 1949 folgenden »vor­ dringlichen Arbeitskräftebedarf« an weiblichen Arbeitskräf­ ten:62* 593 Hausgehilfinnen, davon 95 für Tagesstellen; 2 gelernte Bürsteneinzieherinnen; 1 perfekte Rahmenvergolderin; 30 gelernte Einlegerinnen; 20—30 gelernte Buchbinderinnen; 4 geübte Flaschen Wäscherinnen (nasse, kalte Arbeit); 140 gelernte Schneiderinnen; 10 gelernte Büglerinnen für Waschanstalten; 20 gelernte Maschinenstickerinnen; 45 Küchenmädchen für Gaststätten; Schäftestepperinnen und Miedernäherinnen. ln welchen Berufen waren die Frauen im Nachkriegsmünchen des Jahres 1946 nun überwiegend beschäftigt?63* Kaufmännische Berufe: Verwaltung und Büro: Hauswirtschaft: Textilarbeiterinnen: Mithelfende in gewerblichen Betrieben: ohne nähere Angabe: Gesundheitsdienst und Körperpflege: Reinigungsarbeiten: Nahrungs- und Genußmittelarbeiterinnen: Erzieher und Lehrberuf: Gaststätten: Künstlerische Berufe: Verkehrspersonal: Dienst- und Wachpersonal: Hilfsberufe Stofferzeugung und -Verarbeitung: Landwirtschaft und Gartenbau: Bildungs- und Forschungsberufe: Graphische Berufe: Mithelfende in der Landwirtschaft: verschiedene Berufe:

34106 14764 14356 13 143 8696 8491 7 502 5752 4511 4275 3 677 3550 3 333 2250 2142 1 820 1 408 1 549 1 127 5880

Die hauswirtschaftlichen Berufe traten also quantitativ stark hinter den Büroberufen zurück.

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Kaleidoskop des Trümmeralltags

Da genauere Interpretationen solcher Statistiken64’ ohnehin fragmentarisch bleiben müßten, erscheint es sinnvoller, sich nun einem Phänomen — fast möchte man es Phantom nennen — der Trümmerzeit zuzuwenden, dessen Erfassung sich als äußerst schwierig erwies: der Münchner Trümmerfrau. Gewiß haben auch in München viele Frauen bei den Schutt­ räumungsaktionen mitgearbeitet, Ziegel geputzt, Steine aufge­ laden, Loren geschoben und Gehsteige enttrümmert; sie sind jedoch statistisch kaum erfaßt. Im Gegensatz zu Berlin, wo die Legende der »Trümmerfrau« entstand, kann der Anteil der Frauen an der Schutträumung selbst, vor allem an der profes­ sionellen, von Baufirmen durchgeführten Trümmerbeseiti­ gung, in München nicht sehr groß gewesen sein. Am Wieder­ aufbau der zerstörten Reichshauptstadt Berlin arbeiteten im Juli 1946 41 116 weibliche und »nur« 37074 männliche Hilfskräfte mit;65’ die Münchner Trümmerräumungs-Berichte aber geben jeweils nur die Zahlen der daran beteiligten Män­ ner, des beseitigten Schutts sowie der benötigten Hilfsmittel und Materialien an.66’ So heißt es in einem städtischen Bericht von 1948 über die Schutträumung:67’ »Alsbald nach dem Einmarsch begann die Besatzungsmacht selbst mit eigenen Lastwagen und deutschen Kriegsgefange­ nen die Beseitigung des auf den Hauptstraßen der Innen­ stadt liegenden Schuttes. Ab 1.12. 1945 wurden die Maß­ nahmen unter Verantwortung der Stadtverwaltung weiter­ geführt und im März 1946 neben der Straßen- auch die Gebäudeschutträumung zusätzlich in Angriff genommen. Bis 31.12. 1947 sind etwa 2,2 Millionen cbm Schutt vom Gesamtumfang von etwa 5 Millionen cbm durch die Stadt und die Bevölkerung abgefahren worden ... Der Schutt wird an den Schadensstellen mit Greifbaggern aufgenom­ men, mit LKW-Kippen zu den Zwischenkippen in der In­ nenstadt gebracht und dort mit Löffelbaggern auf die Feld­ bahnen umgeladen. Brauchbare Altbaustoffe wie Ziegel­ steine, Eisen und Schrott, Installationsmaterial und Holz werden an den Zwischenkippen aussortiert.« Hier mögen wohl auch Frauen, vor allem als Hilfsarbeiterin­ nen, eingesetzt worden sein. Im Jahre 1946 waren jedenfalls etwa 38000 Einwohner Münchens im Bau- und Bauneben­ gewerbe beschäftigt, das entsprach 50 von 1 000 Einwohnern; 1935, in der ersten Zeit des nationalsozialistischen Baubooms, waren es 60 gewesen, 1933 nur 20. Durch die großen Kriegs­ verluste fehlten jedoch überall geschulte Kräfte, die man vor allem aus den Kreisen der Heimatvertriebenen zu ersetzen ver­ suchte.68’ In einer Stadtratssitzung vom 11.4. 1946 appellierte Oberbürgermeister Scharnagl an die Anwesenden:69’ »Meine Damen und Herren! Die Not der Stunde fordert den Einsatz des letzten Mannes, der letzten Frau Münchens zu tätiger Mithilfe bei der Säuberung der Stadt von Trüm­ mern und Ruinen, dem traurigen Erbe des 3. Reiches.« Die Beteiligung der Bevölkerung an der Enttrümmerung zeigt ein Beispiel, das Stadtrat Rudolf Schwarzer in der nämli­ chen Sitzung anführte: In einer freiwilligen Räumungsaktion hatte die »Baugenossenschaft West des Eisenbahnpersonals« 4 000 cbm Schutt beseitigt, Dächer selbst gedeckt und ähnli­ ches; dabei waren vor allem Kinder, Frauen und alte Männer zum Einsatz gekommen, auf deren Leistung Schwarzer beson­ ders lobend hinwies. Ähnliches zeigte sich in der Schutt­

räumungsaktion des »Aktionsausschusses Harlaching«. Hier wurde erstmals auch der prozentuale Anteil der Frauen an den Räumungsarbeiten genannt: »Was die Zusammensetzung der Arbeitskräfte anbelangt, so machten wir die Beobachtung, daß sich fast überwiegend Frauen zur Verfügung stellten und gerade die Frauen außer­ ordentlich kräftig mitarbeiten; es sind ja reihenweise in den Häusern in Harlaching kaum Männer da oder nur alte und kriegsversehrte, so daß die Frauen zu 75% überwiegen.« Diese »Beobachtung« bleibt also von der Münchner Trümmer­ frau übrig! ln dem Bericht von der Harlachinger Aktion wird übrigens noch eine in anderer Hinsicht aufschlußreiche Be­ merkung angefügt: »Es haben sich in Harlaching auch nicht nur deutsche Haus­ einwohner zur Verfügung gestellt, es sind auch Ausländer zur Arbeit angetreten. Wir hatten am vergangenen Samstag das aparte Bild in Harlaching, daß an einem Fahrzeug gleich­ zeitig ein deutscher Beamter, der wegen seiner Parteizuge­ hörigkeit aus dem Dienst entlassen war, ein ehemaliger KZ­ ler, ein Bulgare, ein Slowene und ein Jude arbeiteten und alle zusammen haben fleißig geschaufelt und einiges ge­ schaffen.« Ein weiteres Stichwort für die Trümmerräumung ist damit be­ reits gefallen: Der »freiwillige« Zwangseinsatz ehemaliger Par­ teimitglieder bei der Trümmerräumung. Durch etliche Aufrufe in Rundfunk und Zeitungen wurden nämlich ehemalige Na­ tionalsozialisten aufgefordert, sich zur freiwilligen Trümmer­ räumung zu melden — andernfalls würde man ihnen die Le­ bensmittelzuteilungen entziehen. Neben 1 330 Männern, die sich daraufhin aus diesem Kreise zur Verfügung gestellt hatten, meldeten sich auch 102 Frauen. Im Stadtrat wurde die Mei­ nung geäußert: »Die Nazi sind verantwortlich für den Dreck­ haufen, sie haben deshalb Sühne zu leisten.« Frauen und Mäd­ chen müßten dabei miterfaßt werden, da sie auch während der NS-Zeit Zeit gehabt hätten, »herumzulaufen und Geld einzu­ sammeln«; »sie müssen heute auch in der Lage sein, hier mit­ zuarbeiten«, betonte eine Stadträtin. Alle diese Stellungnahmen zeigen, daß die Arbeit der Frauen bei der Trümmerräumung in München keine solche Selbstverständlichkeit war wie etwa in Berlin. Die Münchner Trümmerfrau bleibt also wohl größtenteils — eine Chimäre. Dies gilt aber keineswegs für die Frau im Trümmeralltag. Ganz im Gegenteil! Das Selbstbewußtsein vieler Frauen war oft durch die Arbeit während der Kriegsjahre, durch den Zwang, in der Abwesenheit der Männer, Väter und Brüder, al­ lein zurechtzukommen und durch den eigenen Erfolg im Be­ ruf erst geweckt worden. Sekretärinnen hatten während des Krieges reibungslos ihre zur Wehrmacht einberufenen Chefs ersetzt, sei es in der Wirtschaft oder in der Verwaltung; viele Ressentiments gegenüber Frauen in technischen Berufen wa­ ren gefallen und auch die These von der geringeren Leistungs­ fähigkeit der Frau ließ sich nicht mehr aufrechterhalten. Die Frau hatte sich bewährt und war kaum wieder aus dem Arbeits­ leben zu verbannen - jedenfalls nicht in den Trümmerjahren, in denen sie noch dringend als Arbeitskraft gebraucht wurde. Die Frauen erhoben daher auch Ansprüche — meist jedoch zag­ haft und vorsichtig, unter Betonung der besonderen »weibli­ chen« Qualifikation für den Umgang mit der Jugend als Erzie-

Frauen

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erschütternd anwachsenden Verwahrlosung herauszuführen und ihnen wieder den Weg der Anständigkeit und Gerech­ tigkeit, Wahrheit und praktischen Nächstenliebe zu weisen.« Noch deutlicher nennt eine Leserzuschrift des Jahres 1946 die Dinge beim Namen:71’ »... Gerade diese Aufbauzeit ist der rechte Augenblick, diese Forderung nach dem gleichen Staatsbürgerrecht der Frau nachdrücklichst zu erheben. - Wie war es denn nach dem ersten Weltkrieg, in dem die Frau im wahrsten Sinne des Wortes auch schon dhren Mann< in der Wirtschaft gestan­ den hatte. Lohnte man ihr dies? Kaum wurden die ersten Ta­ rife abgeschlossen, als auch schon, wie bei den kaufmänni­ schen Angestellten, ein 15—20%iger Abzug für sie von den festgesetzten Männergehältern in den Gehaltstarifen aufge­ nommen wurde ... Aber nicht nur um gleiche Bezahlung für gleiche Leistungen für die Frau geht es jetzt, sondern auch um die Beteiligung an allen Einrichtungen. Das sind nicht nur die sogenannten Sozialgebiete im engsten Sinne, sondern auch die Beisitzerplätze für Arbeitsgerichte, Schlichtungsausschüsse usw., die Schöffen- und Geschworenen-Plätze bei den Gerichten mit eingerechnet. Wenn man der Frau auch jetzt die Schippe in die Hand drückt, weil es um den Aufbau von Heimat, Existenz und Familie geht, dann wird sie mitarbeiten in der Hoffnung, daß diese Prü­ fungszeit Befreiung von überholten Vorurteilen bringen wird.« Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, qualifizierterer beruflicher Einsatz, mehr politische Mitbestimmung - keine unbilligen Forderungen. Unter der Überschrift »Frauen müssen arbeiten« appellierte Werner Eckhardt im »Regenbogen«:72’ Brennholz aus den Ruinen, Photo von W. B. France

herinnen, Fürsorgerinnen, Jugendrichterinnen und Kinderärz­ tinnen, für die Schaffung von Wohnlichkeit als Architektinnen und für die Regelung wirtschaftlicher Dinge als erfahrene Haushälterinnen.70’ Zusammenfassend schreibt dazu »Der Regenbogen«: »Dies sind sehr wesentliche Aufgaben, die auf die Frau im wirtschaftlichen Leben des Volkes entfallen, ihr eine große Verantwortung auferlegen und sie auch auf das Gebiet der Politik führen. Die im öffentlichen Leben stehende Frau ist meist auch politisch interessiert. Die >Nurt(U!ö))iict: Wogv. II-1411 Abciu'v. 17-21) >’

Das Herumgehen und -stehen in den Gängen ist

Zwischen den Ruinen gedeiht der Notbehelf: Tabakanbau in der Trappentreustraße, 1947, Photo von W.B. France

den Polizeiberichten der Münchner Kriminaluntersuchungsab­ teilung tauchten folgende Plätze regelmäßig als Schwarz­ marktherde auf: die Gegend um den Münchner Hauptbahn­ hof, der Pasinger Bahnhof, die Hirtenstraße, die Blumenstraße, die Erhardstraße und die Gegend um das Deutsche Museum (in dem Ausländer untergebracht waren), ferner die Simmernschule (ebenfalls ein Ausländerlager), dann die Gegend um den Goetheplatz. Es werden auch regelmäßig Kneipen, Gaststätten und Hotels in den betreffenden Gegenden genannt. Bestimm­ te Nationalitäten schienen sich an bestimmten Orten zu sam­ meln. Die Tätigkeit auf dem schwarzen Markt war witterungs­ abhängig: Bei schönem Wetter spielte sich das Geschehen draußen ab, bei schlechtem Wetter verlagerte es sich mehr in die Gaststätten. Die meisten Personen, die bei Schwarzmarkt­ geschäften festgenommen wurden, führten Waren amerikani­ scher Herkunft bei sich. Im März 1947 war nämlich in den USA das Verbot des »Handelns mit Feinden« durch das ameri­ kanische Finanzministerium aufgehoben worden. Inwieweit dies das Warenangebot auf dem deutschen schwarzen Markt beeinflußte, läßt sich schwer klären. Die Polizei vermutete je­ doch, daß die meisten Händler regelmäßige Quellen hatten. In ihren Akten werden die Lager für »Displaced Persons« immer wieder genannt. Ob diesen Lagern tatsächlich die Bedeutung als Schwarzhandelszentren zukam, die ihnen unterstellt wurde, steht nicht fest. Die deutschen Behörden hatten hier besondere Schwierigkeiten, da die dort untergebrachten Personen nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterstanden. Jüdische Gaststät­ ten, zum Beispiel am Sendlinger Torplatz, in denen die deut­ sche Polizei den Schwarzhandel beobachtet haben wollte, wa-

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»Kippenaufkleber«, Karikatur von H. Meyer-Brockmann, aus »Der Simpl« Nr. 5, 1946

ren nur jüdischen Bürgern zugänglich, folglich deutschem Zugriff entzogen. Bei Razzien faßte die Polizei meistens nur die »kleinen Fi­ sche«. Auch waren die Zahlen der tatsächlich Verurteilten ge­ genüber den wegen vermuteten Delikten festgenommenen Personen durchwegs sehr viel niedriger, denn Schwarzhandels­ vergehen waren schwer zu beweisen.32’ Die Tätigkeit der deut­ schen Polizei konnte den schwarzen Markt daher lediglich ein­ dämmen, aber nicht wirksam bekämpfen. Von ihr aufgelöste Schwarzmarktherde bildeten sich meist nach wenigen Minuten in unmittelbarer Nähe wieder neu. Polizeistreifen erwiesen sich zurufhmend als unwirksam, da die Beamten in den ein­ schlägigen Kreisen bald bekannt wurden. In Pasing hatten die Schwarzhändler einen Streifendienst organisiert, der, mit Fahr­ rädern ausgerüstet, bei Nahen einer Polizeistreife Warnzeichen gab. Man mußte auch größere Fehlschläge einstecken. So miß­ lang am 19. Juli 1945 eine Razzia gründlich, als 20 Kriminal­ beamte und 25 uniformierte deutsche Polizisten versuchten, am Viktualienmarkt einen Schwarzhandelsherd aufzulösen: »Gleich bei der Anfahrt stürzte sich eine große Anzahl Aus­ länder und KZler auf den anfahrenden Wagen, brachte die­ sen zum Stehen und bemächtigte sich zunächst des Fahrers. Die Beamten wurden auseinander gerissen, von einzelnen Gruppen umstellt und angegriffen. Unter großen Schwie­ rigkeiten konnte die Polizei 14 Angreifer festnehmen und den erheblich verletzten Fahrer befreien. Unter einem Steinhagel verließen die Beamten fluchtartig den Viktua­ lienmarkt. Auf der Flucht konnten mit Unterstützung der Ausländer 8 Verhaftete abspringen und entkommen.«33’ Das magere Ergebnis dieser Razzia: 6 verhaftete Schwarzhänd­ ler und etliche verletzte deutsche Polizeibeamte. Mißlungene Aktionen dieser Art nahm Polizeipräsident Pitzer zum Anlaß, die Bewaffnung der Beamten zu fordern. Schwarzhändler seien

oft »bis zu den Zähnen« bewaffnet, wogegen die bisher nur mit Holzknüppeln ausgestatteten Polizeibeamten schwer ankämen. Die Amerikaner wollten vorerst allerdings nur eine zah­ lenmäßige Verstärkung der Beamtenschaft zulassen.'4’ Auf das Preisgefüge hatte dies kaum Auswirkungen: Ameri­ kanische Zigaretten kosteten etwa gleichbleibend zwischen RM 90,— und 100,— das Päckchen, Lebensmittel waren in München wohl insgesamt »billiger« als in Berlin.35’ Das Ange­ bot auf dem Schwarzmarkt war jedoch nicht immer gleichblei­ bend. Schon im Herbst 1946 berichtete die Polizei, daß die Nachfrage augenblicklich größer sei als das Warenangebot. Im Herbst 1947 herrschte wiederum Warenknappheit: »Die öf­ fentlichen Schwarzhändler besitzen sehr wenig, und sie sind schon seit einiger Zeit dazu übergegangen, unkundige Schwarzhändler zu betrügen.«36’ »Pusten« oder »Spritzen« hieß diese Methode im Polizeijargon. Die Händler brachten durch Überredung die Waren an sich, wenn der Betrogene sie wieder haben wollte oder zu teuer verkaufte, drohten sie mit der Poli­ zei oder mit Gewaltanwendung.37* Am 12. Oktober 1945 hieß es im wöchentlichen Sammelbericht des Polizeipräsidenten an das Public Safety Office noch: »Anzeichen, daß der reguläre Handel verlagerte oder versteckt gehaltene Ware in den Schwarzhandel einschiebt, haben sich bisher nicht gezeigt.« Schon am 19. Oktober wird dann jedoch von einer Münchener Sportfirma berichtet, die als frühere Heereslieferantin aus Wehrmachtsmaterial größere Posten Handtaschen hergestellt und illegal vertrieben habe. Auch wurden bei einem öl- und Fetthändler größere Mengen Wein gefunden.38’ Im April 1946 wird die Zunahme von gewerblichen Leistungen, die von Ge­ genleistungen in Form von Lebensmitteln oder anderen Ver­ brauchsgütern abhängig gemacht wurden, notiert.39’ War der Schwarzmarkt anfangs lokal auf das Münchner Stadtgebiet und auf Waren des täglichen Bedarfs beschränkt, so weitete sich das Geschäft zusehends aus. Man handelte nun

Ernährung und Schwarzmarkt

unseres

Tlüsdimarlanrüddaufsund ständigerBemühung um die unsvaiehendeJleisdizufeilung sindwir wn den uiständtgen Behörden mddmit Tiefsch beliefert worden.

¡fobMttaüt'W'kr PfCMMBrtU SttMAUtN \!L Auch für Marken gibt es 1947 in manchen Gasthäusern keine Fleischgerichte mehr, Photo von W. B. France

auch mit Eisen und Stahl aus der britischen Zone, mit Obst und Wein aus der französischen und Textilien aus der russi­ schen Zone. Besonders Baumaterial wurde über den Eisen­ bahn- und Güterverkehr, durch die Post und durch Fuhrunter­ nehmer verschoben.40* Geld spielte jetzt kaum noch eine Rolle, man tauschte Ware gegen Ware. Auch gingen Firmen dazu über, ihre Angestellten mit Lebensmitteln zu bezahlen. So hatte die Werkskantine der Elektrotechnischen Versuchsanstalt der Reichsbahn in Freimann durch Schwarzeinkäufe Vieh und Weizen aus der Landshuter Gegend, darunter zwei Ochsen, fünf Schweine, vier Spanferkel, 19 Zentner Weizen, sechs Zentner Mehl innerhalb eines Jahres der allgemeinen Versor­ gung entzogen und an ihre Werksangehörigen ohne Marken verteilt.41* Aus Nürnberg wurde ein Fall bekannt, in dem ein Schlosser und eine Brauerei Kompensationsgeschäfte mit bezugsbe­ schränkten Waren abgeschlossen hatten. Die Brauerei bezog sich auf ihr monatliches Freikontingent von 150 Hektoliter Vollbier. Im Polizeibericht hieß es: »Diese Freikontingente, die zur Behebung der Geschäfte immer mehr zugestanden werden, sind ein unkontrollierba­ rer Punkt, der die Bekämpfung des Schwarzhandels wesent­ lich erschwert, dem Schwarzhandel der Geschäftswelt aber ungeahnte Möglichkeiten eröffnet und die gebundene Wirtschaft durchlöchert.«42*

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Spätestens ab Herbst 1947 waren Kompensationsgeschäfte gang und gäbe. Im Monatsbericht des Polizeipräsidiums an die Preisüberwachungsstelle heißt es: »Firmen und Geschäftsleute können nurmehr Geschäfte machen, wenn sie kompensieren ...« Es wird das Beispiel einer Zementfabrik angeführt, die ohne Kohlen keinen Zement herstellen konnte. Wer Zement brauchte, auf dem normalen Weg, das heißt über Bezugschei­ ne, aber keinen bekam, bot der Zementfabrik die Waren an, die sie brauchte, diese wiederum lieferte den Zement aus ih­ rem Freikontingent. »So manches Rad würde still stehen, wenn der Geschäftsmann nicht zu diesen verbotenen Mitteln greifen würde.«43* Vom Frankfurter Wirtschaftsrat wurde dieser graue Markt zur Aufrechterhaltung der eigenen Arbeitsmöglichkeiten ge­ duldet.44* Inwieweit und ob sich Münchner Behörden an Kompensationsgeschäften beteiligt haben und welchen Anteil solche Geschäfte am Gesamtwirtschaftsvolumen hatten, ist nur schwer auszumachen. Hinweise gibt allerdings ein Rundschrei­ ben des Leiters des Ernährungs- und Wirtschaftsamtes Ober­ bayern vom Februar 1948. Er führt darin aus: »Aus besonderem Anlaß muß nachdrücklich darauf hinge­ wiesen werden, daß die Organe der Polizei Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sind und als solche berechtigt,... bei Er­ mittlungen von Straftaten gegen Beamte und Angestellte der Wirtschaftskontrollstellen auch ohne besonderen Auf­ trag der Staatsanwaltschaft Einsicht in Akten, Listen, Kar­ teien usw. der Wirtschaftskontrollstellen zu nehmen.«45* Dies läßt natürlich nur indirekt auf Schwarzmarkttätigkeit von Beamten und Behörden schließen, ebenso wie die Tatsache, daß Beamte besonderen Bedingungen und Strafmaßnahmen innerhalb der angewandten Schwarzmarktrechtsordnung un­ terlagen.46' Geldüberhang, niedrige Verbrauchsgüterproduktion und unzureichende Rendite führten bereits in der NS-Zeit, vor al­ lem jedoch in den Trümmerjahren, zu einer Marktspaltung mit zweigleisigem Preissystem: den offiziellen und den »schwar­ zen« Preisen. Behördliche Kontrollen wurden zunehmend umgangen, indem Waren vom Markt zurückbehalten oder in Tauschgeschäften abgesetzt wurden, bis sie einen den Vorstel­ lungen der Geschäftsleute entsprechenden Preis erzielen konn­ ten. Mit der Zeit verselbständigte sich der schwarze Markt, und das Marktgeschehen geriet immer mehr außer Kontrolle der deutschen staatlichen Behörden. Über die Notwendigkeit einer Währungsreform war man sich daher einig. Die übervollen Lä­ den nach dem 20. Juni 1948 machten jedoch deutlich, bis zu welchem Ausmaße die Marktspaltung in der Zeit zuvor gegan­ gen war. Besitzer von Sachwerten und Produktionsmitteln wa­ ren nun fein heraus, Schuldner über Nacht zu neun Zehntel ih­ rer Zahlungsverpflichtungen enthoben. Der Handel nutzte die erste Euphorie und Kaufwut der Verbraucher zu massiven Preiserhöhungen. Besonders sozial schwache Bevölkerungstei­ le und Leute mit kleineren Ersparnissen bekamen die Un­ gerechtigkeiten der Währungsreform zu spüren. Auftretende Härten sah man jedoch als notwendig an und nahm sie in der Hoffnung auf eine baldige Normalisierung der wirtschaftli­ chen Lage in Kauf.47* Kritiker der neuen Marktwirtschaft, Be­ fürworter einer grundlegenden Neuordnung konnten sich hingegen nicht durchsetzen. Margot Fuchs

»Deutsche sind Deutsche,... gleichgültig, aus welchem Teil Deutschlands sie stammen« Flüchtlinge und Vertriebene im Trümmermünchen 1.8. 1946 »Es hat sich in den Reihen der Flüchtlinge wohl doch ein großer Teil die Hoffnung bewahrt, über kurz oder lang ... wieder heimkehren zu können ... Wenn man nun so viel von den >Exilregierungen< und ihrem einflußreichen Wir­ ken während der Nazizeit las, taucht unwillkürlich die Frage auf, wo hat das bedeutende Land Schlesien seine interessenvertretende EXILREGIERUNG ... Zweifellos dürfte es doch nicht allzuschwer sein, die früheren Regierungskräfte Schlesiens unverzüglich zu sammeln und als Interessenver­ tretung zu einer Exilregierung zusammenzuschließen ... Man täusche sich doch nur nicht, daß das Riesenvolk allein der Schlesier (doppelt so groß wie Norwegen, 25mal so groß wie eine der Sowjetunionen von 300000 Bewoh­ nern!) bis an sein unseliges Ende stillhalten und Riemen­ leder aus sich schneiden lassen werde!«11 5.8. 1946 »So sehr ich von dem schweren Schicksal das über Schlesien und die Schlesier hereingebrochen ist betroffen bin und so nahe mir dieses Schicksal geht, so bin ich zu meinem Be­ dauern doch nicht in der Lage zur Verwirklichung Ihrer An­ regungen beizutragen. Der Zusammenschluß irgendwelcher Flüchtlingsgruppen auf landsmannschaftlicher Basis ist von der Militärregierung untersagt. Die Bildung einer Exilregie­ rung steht daher völlig außer Frage. Die Befassung mit rein politischen Aufgaben ist weder meiner Behörde noch mir als Chef einer Bayerischen Behörde möglich.«2’ Dieser Briefwechsel aus dem Jahre 1946, der hier stellvertre­ tend für etliche andere der gleichen Art steht, zeigt bereits viele wichtige Komponenten eines Problems auf, unter dem nach Kriegsende das zerstörte und entkräftete Restdeutschland gänz­ lich zusammenzubrechen drohte: Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen strömten aus dem Sudetenland, aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße, aus Ungarn und aus an­ deren Teilen des Altreiches oder des Auslandes nach Westen, teils in wilden Trecks, teils einzeln, später auch in organisierten Ausweisungszügen. Bayern als Grenzgebiet war hiervon be­ sonders betroffen.3’ Das Ausmaß der Schwierigkeiten läßt sich erahnen, betrach­ tet man die Ergebnisse der Volkszählung vom 13.9. 1950: Zu diesem Zeitpunkt lebten 1924000 Heimatvertriebene in Bayern, das waren 21,1 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes.4’ Diese moderne Völkerwanderung hatte ein Land be­ troffen, dessen Wohnraum insgesamt zu 14,8 Prozent zerstört oder unbewohnbar war — keineswegs eine sehr hohe Zerstö­ rungsrate, vergleicht man etwa mit dem Ruhrgebiet,5’ schwie­ rig genug aber, betrachtet man die Zahl der Neuankömmlinge. Nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge und Vertriebenen konnte in Städten mit über 100000 Einwohnern untergebracht wer­ den, die auch vom Krieg am meisten betroffen waren: 1946 nur 5 Prozent, 1949 nur 6,1 Prozent der fast zwei Millionen

Neubürger Bayerns. Drei Viertel lebten auf dem flachen Land.6’ In dem oben zitierten Brief eines heimatvertriebenen Schle­ siers äußert sich ein Teil der Emotionen, die wohl viele der Heimatvertriebenen empfunden haben mögen: Sehnsucht nach Rückkehr, Angst vor der Zukunft, Hoffnung auf eine po­ litische Lösung sowie Abwehr und Protest gegen das erlittene Vertreibungsschicksal mit seinen bitteren Konsequenzen. Auch die Antwort aus dem Büro des bayerischen Staatssekretärs für das Flüchtlingswesen, Wolfgang Jaenicke, läßt an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig: Die amerikanische Besatzungsmacht wollte kein Minderheitenproblem schaffen und sah die Ver­ treibung überdies als endgültig an; auch ein Politiker aus Flüchtlingskreisen wie Jaenicke bekannte sich zu diesem Pro­ gramm, das eine Integration zu ermöglichen versprach. Dieser Weg, der rückblickend so klar und einfach erscheint, konnte es in der Nachkriegszeit jedoch noch keineswegs sein. Die Inte­ gration der Heimatvertriebenen bedeutet vielmehr, vor der düsteren Kulisse der Trümmerjahre betrachtet, ein wahr ge­ wordenes Wunder. Es kann und soll an dieser Stelle nicht versucht werden, ei­ nen vollständigen Überblick über alle Maßnahmen der Flücht­ lingsbetreuung und Flüchtlingspolitik in Bayern zu geben;7’ dies läßt sich in anderen Werken nachlesen. Ein faktographischer Rahmen ist jedoch für das Verständnis auch des Münch­ ner Flüchtlingsproblems unerläßlich.

Rahmendaten Der Flüchtlingszustrom läßt sich in mehrere Phasen einteilen: Die erste begann bereits vor Kriegsende und führte vor allem Reichsdeutsche aus den Ostgebieten nach Bayern, die größten­ teils in den Grenzgebieten Niederbayerns und der Oberpfalz untergebracht wurden. Die zweite Phase begann mit der orga­ nisierten Ausweisung vorwiegend der Sudetendeutschen aus ihrer Heimat,8’ die bald die zahlenmäßig stärkste und politisch einflußreichste Vertriebenengruppe in Bayern werden sollten. Der Umfang der geplanten Ausweisungen war, entgegen anderslautenden offiziellen Stellungnahmen, der neuen baye­ rischen Regierung bereits im Juli 1945 in etwa bekannt. In ei­ ner Vormerkung des Münchner Oberbürgermeisters Scharnagl vom 28. Juli 1945 für die bei der Stadt München betroffenen Referate wird dies deutlich:9’ »Im heutigen Ministerrat wurde Mitteilung gemacht von dem Entwurf eines Schreibens, den das Ministerium des In­ neren vorlegte und der an die staatlichen Verwaltungsstellen gehen wird. Es ist auf Veranlassung der tschechischen Regie­ rung mit einer Abschiebung der Deutschen aus der Tsche­ chei zu rechnen, deren Umfang und deren Zeitpunkt noch unbekannt sind. Man rechnet, daß bis zu 2 Millionen Perso­ nen im Laufe der Zeit nach Bayern abgeschoben werden würden.«

Flüchtlinge und Vertriebene

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Lebensmittelverteilung an Flüchtlinge 1945, Photo von H. Schürer

Zu diesem Zeitpunkt hoffte man jedoch noch, die Aufgabe der Betreuung und Versorgung der Vertriebenen dem Roten Kreuz überlassen zu können und staatliche oder städtische Stellen nur bedingt und in kleinerem Umfang heranziehen zu müssen. Diese quasi-staatliche Position des Roten Kreuzes blieb noch lange Zeit erhalten; vor allem bei der Betreuung der Flücht­ lingslager machte sich dies bemerkbar.10’ Bereits im Sommer 1945 hatte die bayerische Regierung einen »Sonderbeauftragten für das Flüchtlingswesen« ernannt; am 2.11. 1945 wurde dann das »Staatskommissariat für das Flüchtlingswesen« beim Bayerischen Staatsministerium des Inneren geschaffen.11’ An seiner Spitze stand Staatskommissar (später: Staatssekretär) Wolfgang Jaenicke, dem für jeden Re­ gierungsbezirk ein Regierungskommissar und auf der Ebene der Landkreise Flüchtlingskommissare zur Verfügung standen. Diese Flüchtlingsverwaltung, durch die man der Sondersitua­ tion Herr zu werden hoffte, kam jedoch immer wieder in Konflikt mit den Bürgermeistern und Landräten, da diesen ur­ sprünglich das Wohnungswesen zugeteilt worden war.12’ Bald wurde daher das gesamte Wohnungswesen den Flüchtlings­ kommissaren unterstellt, die damit gegenüber der einheimi­ schen Bevölkerung eine Handhabe hatten, um Flüchtlinge not­ falls mit Gewalt einquartieren zu können. Mehrere Umorga­ nisationen sollten das Problem lösen, das im Grunde ein Strukturproblem des neuen bayerischen Staates war. Hauptan­ liegen mußte es nämlich sein, die Gettoisierung der Vertriebe­ nen und Flüchtlinge als »Staat im Staate« zu verhindern, und

stattdessen die Weichen für eine erfolgreiche Integration zu stellen. Neben der Flüchtlings-Sonderverwaltung, deren Aufgabe erst einmal in der anfänglichen Versorgung der Vertriebenen mit dem Nötigsten bestehen mußte, gründeten sich jedoch bald Selbsthilfeorganisationen, wie die »Sudetendeutsche Hilfsstelle« in München,13’ die sich bereits sehr früh mit den Maßnahmen zur Eingliederung der Vertriebenen beschäftigten. Obwohl die amerikanische Besatzungsmacht das Flüchtlings­ problem zu einer »rein deutschen Angelegenheit« erklärt hatte, verbot sie im Sommer 1946 die Hilfsstellen, um einem Min­ derheitenproblem vorzubeugen; diese hatten nämlich — vor­ wiegend aus wirtschaftlichen Gründen — einer geschlossenen Ansiedelung der Vertriebenen das Wort geredet.14’ Auf politi­ scher Ebene bemühte man sich unterdessen um ein Flücht­ lingsgesetz. Bereits die Beratungen dieses Gesetzes waren von großer Bedeutung, da sich die Regierung hier mit der Endgül­ tigkeit der Zuwanderung abfmden und den Schritt von der »Nothilfe« zur »Eingliederungshilfe« gehen mußte.15’ An sei­ ner Ausarbeitung wurden auf ausdrücklichen Wunsch Mini­ sterpräsident Hoegners auch die Flüchtlinge selbst beteiligt, vor allem der inzwischen gebildete »Hauptausschuß der Flücht­ linge und Ausgewiesenen«, der sich paritätisch aus verschiede­ nen Vertretern der Parteien sowie der Herkunftsgebiete zu­ sammensetzte und immer mehr zu einem Ansprechpartner für die Regierung und die Flüchtlinge wurde. Unter seinem Vor­ sitzenden Hans Schütz konnte dieser Ausschuß als »Versamm­

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lung von vernünftigen und gemäßigten Leuten« ausgleichend auf die Entwicklung einwirken.16* Am 19.2. 1947 wurde dann mit Zustimmung der Militär­ regierung das Flüchtlingsgesetz erlassen: unter anderem war hier auch die demokratische Mitwirkung der Flüchtlinge in der Regierung und ihren Gremien festgelegt, die einen weiteren Schritt auf dem Wege zu einer wirklichen Integration der Neu­ bürger bedeutete.17' Die bis 1950 dann abgeschlossene Rück­ führung der Flüchtlingssonderverwaltung in die allgemeine Verwaltung, die ursprünglich große Unruhe unter den Hei­ matvertriebenen auslöste, ist ebenfalls in diesem Sinne zu ver­ stehen. Etwa zu dem selben Zeitpunkt begannen nämlich die ersten Gelder aus dem »Soforthilfegesetz«, der Vorstufe des späteren »Lastenausgleichsgesetzes«,18' zu fließen, das den Ver­ triebenen wenigstens einen vorläufigen und partiellen Aus­ gleich für das Verlorene bieten sollte. Der Abbau des Sonder­ status der Flüchtlinge ging also mit der gesetzlichen Regelung der wirtschaftlichen Entschädigung und politischen Integration Hand in Hand. Das politische Entscheidungszentrum all dieser Vorgänge lag in der bayerischen Landeshauptstadt. Hier sammelten sich daher auch »Flüchtlingspolitiker« wie Hans Schütz, Richard Reitzner, Wolfgang Jaenicke und viele andere, die bald die Interessen ihrer Volksgruppen in den etablierten Parteien und Gremien vertraten. Schon aus diesem Grunde übte München eine magische Anziehungskraft auf die Vertriebenen aus, die sich hier schnellere Hilfe und leichteres Vorwärtskommen erhofften. Ein weiterer und wohl noch wichtigerer Grund lag jedoch in der Hoffnung auf bessere Arbeitsmöglichkeiten.

Der Teufelskreis: Arbeit und Wohnung Anfänglich erschien es nur vernünftig, den schier unendlichen Flüchtlingsstrom von den zerstörten Städten weg in die ländli­ chen Regionen zu leiten, die von den Kriegseinwirkungen nicht so sehr betroffen waren. Diese Maßnahme, mit der man wohl einerseits nur der Not der Stunde gehorchte, führte jedoch zu schwerwiegenden Problemen bei dem »dritten Schritt« der Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen: Nach der notdürftigen Aufnahme und vorläufigen Unterbrin­ gung sollte die endgültige Seßhaftmachung der Vertriebenen erfolgen, also ihre Eingliederung in den Wirtschaftsprozeß des Landes.19’ In einer Konferenz über das Flüchtlingswesen vom 7. Dezember 1945 schien der Zusammenhang zwischen der vorläufigen Unterbringung und der späteren Ansiedelung noch nicht allen klar zu sein. Der für Oberbayern zuständige Flüchtlingskommissar, der Münchner Stadtrat Preis, äußerte jedenfalls:20' »Die vorläufige Unterkunft, Verpflegung und Arbeitsver­ mittlung für die Flüchtlinge ist vordringlich, ihre endgültige Ansiedlung ist eine spätere Sorge. Hierfür wird eine ver­ nünftige Aufteilung des Großgrundbesitzes in Betracht kommen.« Auch Preis sah jedoch die Chancen der Situation: »Eine vernünftige Lösung des Flüchtlingsproblems kann für das Land Bayern zu einer wirtschaftlichen Intensivierung und zur Erhöhung seiner Steuerkraft führen.«

Wie die »vorläufige Arbeitsvermittlung«, auf die Preis hoffte, in der Praxis aussehen sollte - de facto wurden sogar diese Pla­ nungen dann von den Ereignissen überrollt —, geht aus ande­ ren Stellungnahmen während der nämlichen Sitzung hervor. So äußerte der Präsident des Landesarbeitsamtes, Menzel: »Der hereinkommende Flüchtlingsstrom wird an den 4 Grenzübernahmestellen ... durch kleine ad hoc errichtete Grenzlagerarbeitsämter gesichtet. Seine Weiterleitung in die Bayer. Kreise erfolgt nach arbeitsmarktpolitischen Gesichts­ punkten (Berücksichtigung des vordringlichsten Bedarfs der Land- und Bauwirtschaft, pfleglicher Einsatz standortgebun­ dener Berufe). ... Es wird von den Arbeitsämtern ange­ strebt, jeden arbeitsfähigen Flüchtling so schnell als möglich in Arbeit zu bringen, selbst wenn dies zunächst nur bei Hilfsarbeiten, wie Schneebeseitigung, Kriegsaufräumungs­ arbeiten, beim Holzeinschlag oder zum Holzzerkleinern möglich ist.« Herr Stähler vom Bayerischen Bauernverband ergänzte: »Die Zuweisung von geeigneten Arbeitskräften in bäuerli­ che Betriebe bildet die Voraussetzung für erhöhte Leistun­ gen in der Lebensmittelversorgung. Die Landwirtschaft kann viele junge, gesunde und arbeitswillige Flüchtlinge aufnehmen ... Der Bauer wird ... den Flüchtlingen auch mit Bekleidungsstücken helfen, wenn sie arbeitswillig sind und er seinen Nutzen sieht. Für ihn steht die Sorge für den eigenen Hof im Vordergrund.« Der Bedarf an landwirtschaftlichen Arbeitskräften war durch den Wegfall der Fremdarbeiter und die Kriegsgefangenschaft und den Tod vieler Bauernsöhne sowie anderer landwirtschaft­ licher Arbeiter sehr gestiegen. Landwirtschaftliche Zwangs­ arbeit stellte in jedem Falle jedoch nur eine höchst fragwür­ dige Lösung des Flüchtlingsproblems dar, da es den aus den hochindustrialisierten Gegenden des Sudetenlandes oder Schlesiens stammenden Heimatvertriebenen kaum zuzumuten war, sich auf Dauer mit unqualifizierter Arbeit und den Le­ bens- und Arbeitsbedingungen auf dem Lande abzufinden. Ein Ausweg aus diesem Dilemma bot sich durch den Arbeitskräftemangel in allen Bereichen des Wiederaufbaus. Da vor allem die Städte von den Kriegszerstörungen betroffen wa­ ren, hätte hier auch die Möglichkeit des Arbeitseinsatzes in der Stadt bestanden, das behinderte jedoch der Materialmangel. In der bereits erwähnten Sitzung zeigte dies Ministerialrat Fischer von der Obersten Baubehörde auf: »ZurZeit stehen nur 12 bis 15% der angeforderten Bauhilfs­ arbeiter zur Verfügung. In der Bauwirtschaft bieten sich für die hereinkommenden Flüchtlinge große Arbeitsgelegen­ heiten. Die Bereitstellung der Baustoffe bereitet allerdings noch große Schwierigkeiten. Denn es stehen für den zivilen Sektor nur kleine, freie Kontingente zur Verfügung, die üb­ rigen werden von den amerikanischen Dienststellen bean­ sprucht. Infolgedessen können für die Erstellung und den Ausbau der Flüchtlingsunterkünfte auch nur unzureichende Kontingente bereitgestellt werden. Die Oberste Baubehörde verfügte im Oktober und November über kein Holz! Ze­ ment ist im Augenblick reichlich verfügbar. Seine Verteilung hemmen jedoch die schwierige Transportlage und der Man­ gel an Zementsäcken. Hierfür fehlen Rohstoffe. Zudem ste-

Flüchtlinge und Vertriebene hen eine Anzahl von Zementwerken vor ihrer Schließung wegen der Stromsperren. Auch mit der Glasversorgung steht es schlecht. Wenn die freien Kontingente für die Baracken­ unterkünfte eingeteilt werden, muß der zivile Bedarf unge­ deckt bleiben. Für das Land Bayern besteht bei einem Ge­ samtbedarf von 5 Milliarden qm Glas ein Monatsbedarf von allein 70000qm. Der Beschaffung von Wasserleitungsroh­ ren aus dem Ruhrgebiet stellen sich unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Indessen steht zu hoffen, daß Wasserpumpen geliefert werden können. Bei landwirt­ schaftlichen Kulturarbeitern (die überdies wenig Baustoffe verlangen) könnten viele Flüchtlinge Lohn und Brot fin­ den. Allein 28% unserer landwirtschaftlich genutzten Fläche ist verbesserungsbedürftig. Allerdings werden DrainageRöhren noch nicht erzeugt wegen Kohlemangels. Es ist möglich, Drainage-Kolonnen von 25 bis 30 Arbeitskräften in den einzelnen Orten einzusetzen. Die Baustofferzeugung muß in großem Umfange für die Flüchtlinge freigegeben werden.« Es fehlten also einerseits Arbeitskräfte, um Wohnungen zu bauen, andererseits aber auch Wohnungen, um diese Arbeits­ kräfte unterzubringen, und Materialien, um diesen Arbeitern wenigstens Notunterkünfte erstellen zu können. Um dieser Situation Herr zu werden, hatte die Stadt Mün­ chen bereits am 14. September 1945 folgende Anordnung er­ lassen:21* »Zuzugssperre und Rückkehrbeschränkung Bei Verstößen keine Lebensmittelkarten Die zuständigen Stellen der Stadtverwaltung sind mit allen Kräften bestrebt, möglichst viel Wohnraum zu schaffen und die katastrophale Wohnungsnot so rasch wie möglich zu lin­ dern. Die Bevölkerung muß aber bis auf weiteres in den bis­ herigen Wohnräumen verbleiben, selbst wenn sie vielfach ungenügend sind. Sie wird sogar, wo dies irgend angängig ist, noch weiter zusammenrücken müssen. Die Wohnungsämter können die Wohnraumnot von sich aus nicht beheben. Es hat daher keinen Zweck, wenn täglich viele Hunderte von Menschen vor den Wohnungsämtern anstehen und dort wegen neuer Wohnungen vorstellig wer­ den. Die Bevölkerung muß sich mit den gegenwärtigen Wohnmöglichkeiten bis auf weiteres zufrieden geben und dafür Verständnis aufbringen, daß durch das immer wieder­ holte Vorbringen auch an sich berechtigter Wünsche die Wohnungsämter nur unnötig belastet werden. Ein eigenmächtiges Beziehen von Wohnraum ist nicht ge­ stattet. Es hat Zwangsräumung zur Folge und kann nach den Umständen des Falles auch Bestrafung nach sich ziehen. Im einzelnen wird angeordnet: Zuzugssperre 1. Ab 1. August 1945 ist der Zuzug nach München für alle Personen gesperrt... 2. Ausnahmen von dem Zuzugsverbot können nur in ganz vereinzelten Fällen dann zugelassen werden, wenn der einwandfreie amtliche Nachweis erbracht wird, daß der Zuziehende in München Aufgaben im öffentlichen In­ teresse zu erfüllen hat und durch eine ortsansässige Kraft nicht ersetzt werden kann.

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3. Familien, die nach dem 30. Juli 1943 und alleinstehende Personen, die nach dem 31. Juli 1945 ohne die erforder­ liche Genehmigung nach München zugezogen sind, können noch bis zum 1. Oktober 1945 um nachträgliche Zuzugserlaubnis nachsuchen. Den Anträgen ist ein amt­ licher Nachweis über die Berufstätigkeit und die poli­ zeiliche Anmeldung beizufügen. Nichtberufstätige Per­ sonen haben keine Aussicht auf nachträgliche Zuzugs­ erlaubnis ... R ückkeh rbesch ränku ngen 5. Die Rückkehr der evakuierten Münchner kann nur schrittweise erfolgen. Als Rückkehrer gilt, wer München ohne Aufgabe seines Wohnrechtes vor dem l.Mai 1945 freiwillig oder auf Grund behördlicher Anordnung ... verlassen hat. 6. Jeder Rückkehrer bedarf der Rückkehrbewilligung des Hauptwohnungsamtes ... 8. Eine Rückkehrbewilligung kann auf Antrag erteilt wer­ den a) Berufstätigen Personen, die zur Ausführung einer lebenswichtigen Arbeit sofort benötigt sind; b) den zum Haushalt zählenden Angehörigen eines bereits in München anwesenden Berufstätigen oder eines Wehrmachtsentlassenen, falls sie in ihre Woh­ nung zurückkehren und dort keine Eingewiesenen oder freiwillig aufgenommenen Inwohner verdrän­ gen ... Verstöße gegen Zuzugssperre oder Rückkehrbeschränkungen 10. Wer entgegen diesen Vorschriften nach München zu­ zieht oder zurückkehrt, erhält keine Lebensmittelkarten, wird aus einer eigenmächtig bezogenen Unterkunft ent­ fernt und bis zu seiner Verbringung nach auswärts in ein Sammellager verbracht. Diese Maßnahmen werden gegebenenfalls im Wege polizeilichen Zwanges durch­ gesetzt.« Diese Regelung, die am 15. Juli 1946 noch dadurch verschärft wurde, daß sich München zum »Brennpunkt des Wohnraum­ bedarfs« erklären ließ und den Zuzug kontingentierte,22* er­ möglichte es dem Stadtrat, die Anzahl der aufzunehmenden Flüchtlinge auf ein Mindestmaß zu beschränken. So gibt eine Tabelle des Jahres 195023* für München im Jahre 1946 die Zahl von 45388 Flüchtlingen und Vertriebenen an; 1947 werden 47 012, 1948 47 489 und erst 1949, nach der Locke­ rung der Zuzugsbestimmungen, 69036, 1950 dann sogar 80762 Personen genannt. Der Anteil der Flüchtlinge an der Bevölkerung der Stadt München blieb in den ersten drei Nachkriegsjahren also zwischen 6 und 8 Prozent, während er im bayerischen Umland bereits auf über 22 Prozent angestie­ gen war.24* Wie groß der Druck auf die Landeshauptstadt in dieser Zeit wirklich war, zeigt ein Bericht vom Januar 1948:25* »Den seit dem 1.9. 45 bis heute genehmigten 76852 An­ trägen mit einer Personenzahl von 100243 stehen ca. 231 000 abgelehnte Anträge mit einer Personenzahl von ca. 400000 Personen gegenüber. In diesen Zahlen ist der Per­ sonenkreis, der nur um Auskunftserteilung vorsprach, nicht enthalten.«

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Obwohl die hier genannten Zahlen alle Antragsteller umfaß­ ten, deutet der rapide Anstieg der Flüchtlingsbevölkerung Münchens ab 1949 daraufhin, daß ein nicht unbeträchtlicher Anteil an Zuzugswilligen diesem Personenkreis entstammte. So vegetierten also viele qualifizierte Facharbeiter in Lagern oder bei unangemessener Arbeit auf dem Lande, während sie in München dringend gebraucht worden wären. Die Lage auf Münchens Arbeitsmarkt im Januar 1948 machen folgende Beispiele deutlich:261 »Allein die Fa. Krauß-Maffei und die Süddeutsche Bremsen-AG. benötigt 2 500 Kräfte. Die Betriebe verfügen über genügende Einrichtungen und Materialien ... Weitere tau­ send Kräfte benötigt die feinmechanische Industrie, die vor­ zugsweise in das Exportprogramm eingeschaltet ist. Die Fa. Agfa Kamerawerk, deren Produktion zu 82% in das Ausland ausgeführt wird, benötigt insgesamt 600 Arbeits­ kräfte, darunter Werkzeugmacher, Feinmechaniker, Optiker, die z.Zt. nicht zur Verfügung stehen. Gerade bei dieser Indu­ strie sichert ein verhältnismäßig geringer Materialaufwand beträchtliche Einnahmen in ausländischer Valuta, ein Um­ stand, der für den wirtschaftlichen Wiederaufbau von außer­ ordentlicher Wichtigkeit ist. Die Fa. Winkelhofer & Söhne, München, stellte bei einem Beschäftigungsstand von ca. 275 Arbeitskräften vor dem Kriege wöchentlich ca. 22 000 m Antriebsketten für Fahrzeuge her. Es handelt sich bei dieser Firma um den einzigen, bedeutenden Hersteller innerhalb der 4 Zonen. Gegenwärtig sind in diesem Betrieb nur 113 Fach- und Hilfsarbeiter beschäftigt. Statt der vorge­ nannten 22000 m können wöchentlich nur noch ca. 200 m hergestellt werden. 70% der hochwertigen Maschinen ste­ hen still, obwohl genügend Rohmaterial vorhanden ist. Die Fa. Hurnaus, Vernicklerei, ist mit der Eloxierung von Milchkannen und Melkeimern beauftragt. Das wöchentli­ che Soll umfaßt 1 000 Stück. Infolge Arbeitskräftemangel können jedoch nur 300 Stück zur Auslieferung gelangen. Die Firma beschäftigte vor dem Kriege 80 Kräfte. Z.Zt. sind es nur noch 13, von denen wiederum 3—4 Mann wegen Krankheit oder aus sonstigen Gründen fehlen. Bei der Fa. Münchner Emaillier- und Stanzwerke ist von 8 Brennöfen nur einer in Betrieb. Dieses Werk hat von der Militärregie­ rung Bayern einen Auftrag zur Emaillierung von 500 Elek­ troherden im Monat. Da nun schon seit Jahren neues Ge­ schirr nicht zu bekommen ist, beabsichtigt die Firma auch die Emaillierung gebrauchten Geschirrs. Sie wird in dieser Beziehung durch die Bevölkerung geradezu dazu gedrängt. Daß die Firma nur ca. 30% des insgesamt vorliegenden Auf­ tragsvolumens erledigen kann, ist ausschließlich auf Arbeits­ kräftemangel zurückzuführen. Der ungedeckte Kräftebedarf im Bauhauptgewerbe, Baunebengewerbe und der Metall­ industrie ist an Facharbeitern 8800 und an Hilfsarbeitern 7 500. Allein der Kräftebedarf an Lehrlingsnachwuchs im Baugewerbe beträgt z.Zt. 827.« Das Durcheinander von Flüchtlingszuweisung, Zuzugsbe­ schränkung, ortsansässiger beschäftigungsloser sowie zuzugs­ williger, wohnungsloser Bevölkerung bei starker Vorbelastung Münchens durch nicht rückkehrwillige Evakuierte aus anderen Zonen, »Displaced Persons« sowie die Angehörigen der Besat­ zungsmacht war offensichtlich in den ersten Jahren groß. So hoffte man auch 1948 noch, durch gezielten Arbeitseinsatz der

bereits Ansässigen ohne zusätzliche Hinzuziehung von Flücht­ lingen auskommen zu können.27’ Außerdem glaubte man, grö­ ßere Verpflichtungen gegenüber den noch etwa 50 000 eva­ kuierten Münchnern zu haben, deren Rückführung man als vordringlich ansah. Die Jahre vor der Währungsreform im Juni 1948 bildeten nun insofern eine Ausnahmesituation, als sich in vielen Berei­ chen des täglichen Lebens eine wirtschaftliche und kulturelle Scheinblüte entfaltet hatte. Auch auf dem Lande waren, oft in verkehrsmäßig ungünstigster Lage, Wirtschaftsbetriebe der Flüchtlinge und Vertriebenen entstanden28’ deren Umsatzund Beschäftigungszahlen aber über die arbeitsmarktpoliti­ schen Strukturprobleme eher hinwegtäuschten. Die Währungs­ reform zwang dann zum Offenbarungseid: Die Arbeitslosen­ zahlen schnellten in die Höhe, viele Betriebe, die über keine ausreichende Eigenkapitalbasis verfügten, mußten schließen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurden auch die Fehler bei der Verteilung der Flüchtlinge offenkundig, wie aus einer gemein­ samen Entschließung des Bayerischen Innen- und des Arbeits­ ministeriums vom 27.10. 1948 hervorgeht:29’ »Seit der Währungsreform hat es sich noch deutlicher als vorher erwiesen, daß wir aus den verschiedensten Gründen eine ungünstige Beschäftigungsstruktur haben. Innerhalb des gleichen Wirtschaftszweiges besteht neben Kräfteman­ gel oft Kräfteüberschuß. Ein großer Teil der vorhandenen Arbeitskräfte sitzt am falschen Ort und ist nicht im erlernten Beruf tätig. Insbesondere sind auf dem flachen Lande für die Flüchtlinge, die in erster Linie nach wohnraummäßigen Ge­ sichtspunkten verteilt wurden, nicht genügend Arbeitsmög­ lichkeiten vorhanden. Die Arbeitslosigkeit ist daher in den ländlichen Gemeinden überdurchschnittlich gestiegen. In den Städten, in denen in vielen Berufen empfindlicher Kräftemangel besteht, sind die Unterkunftsmöglichkeiten, insbesondere infolge der Zerstörungen durch den Krieg, noch nicht in genügendem Ausmaß vorhanden.« Diese Erkenntnis an sich war noch nicht neu; »neu« jedoch waren die Mittel, mit denen man nun diesem Notstand abzu­ helfen versuchte. »Eine bessere Verteilung der Arbeitskräfte wird durch be­ hördliche Eingriffe allein nicht zu erreichen sein. Die natür­ lichen Antriebskräfte der Wirtschaftsbelebung werden zu einem großen Teil automatisch die Arbeitskräfte dahin ziehen, wo sie in einer gesunden Wirtschaft untergebracht werden. Die Behörden der inneren Verwaltung und der Ar­ beitsämter werden in der kommenden Zeit durch engste verständnisvolle Zusammenarbeit bemüht sein müssen, die­ sem natürlichen Wirtschaftsprozeß nicht hindernd im Wege zu stehen, ihn vielmehr nach allen Möglichkeiten zu för­ dern ... Oberstes Ziel muß sein, die Verteilung der Arbeits­ kräfte nach Gesichtspunkten der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit und des volkswirtschaftlichen Vorrangs zu lenken und die vielen anderen Einflüsse, die gegenwärtig einer volkswirtschaftlich gesunden Entwicklung hemmend im Wege stehen, zunehmend in den Hintergrund zu drän­ gen ... In voller Erkenntnis der Notwendigkeit, Flüchtlinge in den Arbeitsprozeß einzugliedern, ist es erforderlich, auf­ grund obenstehender Verfügung die bisherigen Bestim­ mungen über Aufenthalts- und Zuzugsgenehmigung nach München entsprechend zu erweitern.«

Flüchtlinge und Vertriebene Die Tatsache, daß zwischen 1948 und 1950 die Anzahl der Flüchtlinge in München um fast 35000 Personen anstieg, zeigt, daß man auch tatsächlich nach diesem Konzept vorging. Ein Fragebogen des Bayerischen Städteverbandes aus dem Jah­ re 1951 gibt überdies Einblick in die Beschäftigungslage der in München lebenden Vertriebenen vor und nach der Währungs­ reform30* und damit auch Hinweise auf den Grad ihrer Integra­ tion: Waren 1946 von den 6% Vertriebenen in München noch überproportional viele in Arbeit und anteilmäßig etwa »ange­ messen« viele arbeitslos, so änderte sich dies mit dem Jahre 1948. Ab 1948 stagnierte nämlich die Zahl der Gesamtbeschäf­ tigten, während die Menge der Arbeitslosen emporschnellte: Betrug der Anteil der nun etwa 8 Prozent Vertriebenen an der Münchner Gesamtarbeitslosenzahl Ende 1948 noch 9,2 Pro­ zent, so kletterte er bis September 1950 bereits auf 15,2 Pro­ zent, während die Gesamtzahl der Flüchtlinge nur um etwas über 1 Prozent anstieg. Von den etwa 1 500 Flüchtlingsbetrieben im München des Jahres 1951 erhielten bis 1950 245 Flüchtlingsproduktivkre­ dite,31* also Hilfe aus dem staatlichen Kreditprogramm zur Förderung der wirtschaftlichen Integration der Flüchtlings­ betriebe; davon lagen 71 über 10000,—DM. Deutliche Schwerpunkte sind dabei im Baugewerbe und der Lebensmit­ telbranche zu erkennen, gefolgt von der Textilindustrie. Die Textil- und Bekleidungsindustrie beschäftigte in München auch die meisten Vertriebenen. Das Gros der in München an­ sässigen Flüchtlingsbetriebe machten allerdings die Hand­ werksbetriebe aus, die allein fast 2 000 Personen, davon etwa 1 400 Flüchtlinge, beschäftigten, ln den Industriebetrieben der Flüchtlinge waren hingegen nur etwa 1 000 Vertriebene in Ar­ beit. Als Kommentar fügte die Stadt diesen Zahlen bei:32* »Während ein Teil der Flüchtlinge bereits als eingegliedert und eingelebt angesehen werden kann, scheint sich ein an­ derer Teil mit den veränderten Verhältnissen noch schwer abfmden zu können. Er ignoriert die wirtschaftlich schwieri­ ge Gesamtsituation der Bundesrepublik und glaubt, daß nur ein Flüchtlingsproblem existiere, dessen Lösung in seinem persönlichen Sinne böswillig von der einheimischen Bevöl­ kerung hintertrieben werde. Der Standpunkt der Vertrie­ benen ist, von der Anerkennung des Geleisteten bis zum extremen Querulantentum so unterschiedlich, daß er alle Schattierungen umfaßt.« Auf die Frage des Städteverbands, wie es um die Aufnahme weiterer Vertriebener stünde, erfolgte von seiten der Stadt München die Antwort, dies sei »im wesentlichen von den Fak­ toren »Arbeits-« und »Verdienstmöglichkeit« plus »Wohnraum« abhängig.« Dies zeigt, daß sich an den Konstituenten des Flüchtlingsproblems bis 1951 im Grunde nicht viel geändert hatte. Ein weiteres, heiß diskutiertes Problem bildete die propor­ tionale Berücksichtigung der Vertriebenen im öffentlichen Dienst. Im Flüchtlingsgesetz war festgelegt worden, daß die Heimatvertriebenen entsprechend ihrem Gesamtanteil an der Bevölkerung, also 1 :4, auch im städtischen und staatlichen Verwaltungsapparat zu beschäftigen seien. Von seiten der Ver­ triebenen beschuldigte man nun, nicht ganz zu Unrecht, den Staat und die Städte, dieses Soll in keiner Weise zu erfüllen. Der Stadt München wurden hier besondere Versäumnisse an­ gelastet: sie beschäftige statt der vorgeschriebenen 20 Prozent

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nur 1 Prozent Flüchtlinge und nicht einmal die Münchner Flüchtlingsverwaltung selbst sei mit Heimatvertriebenen be­ setzt.33* Noch 1951 warf man der Stadt vor, »lediglich den Buchstaben des Gesetzes« zu erfüllen, »indem man Posten wie Putzfrauen, Lagerarbeiter und untertariflich bezahlte Schreib­ kräfte vorwiegend mit Heimatvertriebenen aus den Flücht­ lingslagern« besetze, im Flüchtlingsamt selbst als Heimatver­ triebene nur die Putzfrau beschäftige und selbst unter den 19 Lagerleitern nur 3 Flüchtlinge heranziehe. Genaue Zahlen nennt ein Schreiben der »Arbeitsgemeinschaft Union der Ausgewiesenen« des Bezirksverbandes München vom 3.9. 1948:34* »Es ist eine Schande, eine deutsche Schande ohnegleichen, daß bei einem Beamtenapparat von 7 373 Beamten 27 Flüchtlinge, die gleichzeitig als Schwerbeschädigte auf­ scheinen, von 5 834 Angestellten 151 Flüchtlinge, von 9938 Arbeitern 481 Flüchtlinge und Schwerbeschädigte be­ schäftigt sind ... An Bewerbungen aus Kreisen der Ausge­ wiesenen und Heimatvertriebenen um Aufnahme in den städtischen Dienst hat es nicht gefehlt ... Im Interesse der Ausgewiesenen und Heimatvertriebenen beantragen wir daher auf Grund des Flüchtlingsgesetzes bei Neueinstellun­ gen in den städt. Dienst für Beamte, Angestellte und Arbei­ ter, bis zur Erfüllung der Quote 4:1 ausschließlich Einstel­ lungen aus Reihen der Ausgewiesenen vorzunehmen.« Beim Staat sah es offenbar nur wenig besser aus. Auf eine An­ frage des Abgeordneten Josef Scharf (CSU) im Bayerischen Landtag hin mußte beispielsweise Landwirtschaftsminister Schlögl zugestehen, daß in seinem Ministerium nur 13% der Angestellten und Beamten Flüchtlinge seien. Allein das Innen­ ministerium, in dessen Ressort sich ja auch die Flüchtlingsver­ waltung befand, konnte mit höheren Zahlen aufwarten: Von den hier beschäftigten 50438 Personen waren immerhin 12117, also 24,02 Prozent Flüchtlinge und Vertriebene.35* Innenminister Ankermüller fügte dem hinzu, der Flüchtlings­ anteil bei den kreisunmittelbaren Städten betrage demgegen­ über nur 7,23 Prozent. Die Nichterfüllung der gesetzlich fest­ gelegten Quoten rechtfertigten alle Betroffenen mit Stellen­ mangel. Die Lösung des Teufelskreises von Arbeit, Wohnung und sozialer Integration war also auch Anfang der Fünfziger Jahre noch keineswegs vollzogen. Die von allen Seiten bedrängte Stadt München hatte dabei besondere Schwierigkeiten, da sie den Ansprüchen der verschiedensten Gruppen gerecht werden mußte und ihr knapper Wohnraum von der Besatzungsmacht und den »Displaced Persons« ebenso stark in Anspruch genom­ men wurde wie von den Kulturschaffenden, die sich in Mün­ chen niederlassen wollten. Allen Herren zu dienen war der Wohnungsbehörde nicht möglich; so mußten dann vor allem die Flüchtlinge überproportional unter dieser Situation leiden.

Soziale Aspekte des Münchner Fliichtlingsprobletns Ganz uneigennützig war das Bestreben der Münchner Woh­ nungsbehörde, die Flüchtlinge von München fernzuhalten, natürlich keineswegs. Dies macht ein Brief vom 6.12. 1946 deutlich, in dem sich der Regierungskommissar für das Flücht­ lingswesen des Regierungsbezirks Oberbayern, Gernbeck, bei Oberbürgermeister Scharnagl über die Vorgehensweise der Stadt beschwerte:36*

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Kaleidoskop des Trümmeralltags

Flüchtlingskinder in einem Barackenlager, Photo von H. Schürer

»Durch Herrn Stadtrat Hamm werde ich mit Schreiben vom 27.11. davon verständigt, daß der Stadtrat München in sei­ ner Sitzung vom 26.11. beschlossen hat, an mich das Ersu­ chen zu richten, die in dem städt. Lager an der Weinbergstra­ ße untergebrachten Flüchtlinge auf das Landgebiet zu verteilen. Ich bedauere, diesem Ersuchen unter keinen Um­ ständen stattgeben zu können. Es ist Ihnen, Herr Oberbür­ germeister bekannt, daß wir bei der Einschleusung von Flüchtlingen in die Stadt München bis jetzt bereits immer besondere Vorsicht haben walten lassen, vor allem mit Be­ zug auf die in der Landeshauptstadt besonders gelagerten Verhältnisse. So haben wir unser Augenmerk insbes. darauf gerichtet, daß in die Stadt München nur Personen Zuzug be­ kommen, die hier arbeitsmäßig eingesetzt werden, während Invalide, Hilfsbedürftige und nicht arbeitseinsatzfähige Per­ sonen auf die Landkreise verteilt wurden. Im Zuge dieser Maßnahmen habe ich bereits zwei Mal die Insassen der Münchner Flüchtlingslager in die Landkreise überführt. Eine ähnliche Maßnahme weiterhin durchzuführen bin ich nicht in der Lage, denn ich kann auch den Landgemeinden nicht zumuten, daß sie diejenigen Personen aufnehmen sollen, die die Stadt München nicht will.« Mit anderen Worten: München bemühte sich in verständlicher, wenn auch eigennütziger Weise, seinen Anteil an der Flücht­ lingsfürsorge mit dem Argument des Wohnraummangels so

klein wie möglich zu halten, und wollte obendrein nur die für den Wiederaufbau Nützlichen nehmen. Diese Auffassung spiegelt auch eine Stellungnahme des für den Zuzug nach München zuständigen Willi Irlbeck wider, der in schöner Offenheit das Konzept verteidigt, durch Abschottung nach außen die Zahl der Arbeitslosen und der Fürsorgeempfänger so niedrig wie möglich zu halten:37’ »Es war mein Bestreben seit 1945 nur solchen Personen den Aufenthalt in München zu genehmigen, die für den Wie­ deraufbau der Stadt und des Wirtschafts- und Kulturlebens unbedingt notwendig sind. Die Statistik des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge spiegelt die Richtigkeit dieser Planung.« Laut dieser erwähnten Statistik stieg die Arbeitslosenzahl nach der Währungsreform in Städten wie Bayreuth und Passau um weit mehr als das Doppelte auf über 4 Prozent an, während sie in München nur von 1,4 auf 1,6 Prozent kletterte. Die Zahl der Fürsorgeempfänger verdoppelte sich jedoch zwischen Oktober 1946 und dem Jahresende 1948 auch in München, und zwar von 556 auf 1 222 Personen.38* Irlbeck sprach sich klar gegen eine Lockerung der Zuzugs­ beschränkungen aus,39’ die von der Militärregierung und dem Innenministerium gefordert wurde, da diese Lockerungen zur Folge hätten,

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Flüchtlingslager in München 1945: Fünf Familien hausen auf engstem Raum zusammen, Photo von H. Schürer

»daß München nicht mehr in der Lage wäre, den Zuzug nach arbeits- und wohnungsmäßigen Gesichtspunkten ent­ sprechend zu steuern. Ein freier und willkürlicher Zuzug würde einsetzen, die Arbeitslosigkeit würde wachsen, die Fürsorgelasten der Stadt ebenso.« Keine sehr soziale Stellungnahme, wenn man bedenkt, daß München die bayerische Stadt mit der bei weitem niedrigsten Arbeitslosenzahl war! Bis zu welchem Grade über die normale Abneigung gegen Einquartierungen hinaus bei solchen Maß­ nahmen auch stark fremdenfeindliche Ressentiments mitge­ spielt haben mögen, läßt sich nur ahnen. Diese waren jedoch stark genug, um den amerikanischen Bezirkskommandanten Oberst James Kelly im August 1948 zu folgendem Schreiben an Oberbürgermeister Wimmer zu veranlassen:40’ »Es ist zu meiner Kenntnis gekommen, daß gewisse, jetzt im Wohnungsamt der Stadt arbeitende Mitglieder der Bayern­ partei angedeutet haben, daß sie alle Nichtbayern aus Räu­ men und Häusern in München vertreiben werden. Ich möchte Ihnen gegenüber völlig unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß ich nicht zulassen werde, daß irgend­ eine politische Partei aus menschlichem Elend Kapital schlägt. Dem Wohnungsamt obliegen bestimmte, genau umrissene Pflichten, die einwandfrei auf deutsche Gesetze, auf Gesetze des Kontrollrats und auf Anweisungen der Mi­

litärregierung zurückgehen. Es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, daß diese Gesetze und Anweisungen befolgt wer­ den, und zwar unparteiisch, und Verletzungen an höherer Stelle zu melden. Ich möchte, daß Sie diese Angelegenheit, die ich als einen flagranten Bruch der Menschenrechte bezeichne, dem Stadt­ rat zur Kenntnis bringen und ihm mitteilen, daß ich auf sol­ che Handlungen seitens irgendeiner Gruppe mit Mißfallen blicke. Deutsche sind Deutsche, und sie sind unparteiisch zu behandeln, gleichgültig, aus welchem Teil Deutschlands sie stammen.« Dieser Hinweis auf die de jure vorhandene Gleichstellung aller Deutschen wirkt besonders angebracht, wenn man die Kaser­ nierung eines Großteils der Flüchtlinge in Lagern bedenkt, in denen die Vertriebenen meist überaus beengt lebten. Wie aus der folgenden Beschwerde ersichtlich, vollzog die faktische Gleichstellung der Vertriebenen nicht einmal das Staatssekreta­ riat für das Flüchtlingswesen:4’’ »Besondere Erbitterung hat seinerzeit schon im Lager die Tatsache ausgelöst, daß das Ministerium bzw. das Staatsse­ kretariat neben den Massenunterkünften für seine Ange­ stellten Massivunterkünfte erstellt hat.« Hier führte man den Flüchtlingen also auch noch zynisch vor Augen, daß sie als Menschen zweiter Klasse galten. Obwohl

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Kaleidoskop des Trümmeralltags

solche Zustände nicht unbedingt die Regel waren, bestand vor allem durch die Lagerunterbringung die Gefahr der Gettoisierung der Flüchtlinge. In München existierten im Oktober 1946 23 Massenlager, in denen 9500 Flüchtlinge untergebracht waren.42* Ende 1948 zählte man nur noch 10 Massenlager mit 2 650 Bewohnern und 8 Wohnlager mit 4550 Insassen, 1950 hatte man weitere 8 Massenlager auflösen können und die Zahl der in den restlichen 2 Lagern verbliebenen Bewohner betrug 1 200, in den inzwischen 17 Wohnlagern war die Insas­ senzahl auf 5100 angewachsen, eine Wohnsiedlung bot jedoch immerhin bereits 780 Flüchtlingen eine neue Heimat. In Werksunterkünften lebten jedoch 1948/50 noch mehr als 20000 Vertriebene, während 1948 immerhin bereits 37000, 1950 dann 49 000 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht waren. Zur Relativierung dieser erschreckenden Zahlen muß man jedoch anfügen, daß nicht nur die Vertriebenen in Mün­ chen beengt lebten: Ende 1946 betrug die »Wohndichte« (»Zi­ vilbevölkerung im Verhältnis zur Zahl der Wohnräume ohne Küchen«) in München 2,08, in Nürnberg hingegen nur 1,58 und in Augsburg 1,68 Personen. Aus der Luft gegriffen waren also auch die Klagen des Wohnungsamtes über den akuten Wohnungsmangel der Gesamtbevölkerung nicht.43’ Den meisten Flüchtlingen war die elendste Wohnung lieber als ein Leben im Lager, das Individualität und Familienleben zerstörte. In einem Artikel mit der Überschrift »Das Lager stirbt nicht« schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung noch 1952:44’ »»Homo Barackensish Das 20. Jahrhundert hat den Men­ schen eine furchtbare Wahrheit gelehrt: Fortschritt, Huma­ nität und Selbstachtung gibt es nur in der intakten Welt. Wenn die Ordnung zerfällt, entsteht das Lager, das grauen­ vollste und grausamste Zeugnis menschlichen Unvermö­ gens — entsteht die Brutstätte des Nihilismus.« Die Münchner Lager bildeten dabei keine Ausnahme. Im Ok­ tober 1946 schickte der Münchner Wohlfahrtsreferent Hamm daher dem Flüchtlingskommissar der Stadt München ein Ulti­ matum:45’ »Der bauliche Zustand der Münchner Flüchtlingslager ist besorgniserregend. Trotz unentwegter auf das Vorjahr sich erstreckender Bemühungen der Abteilung Flüchtlingsfür­ sorge der Stadtverwaltung sind bisher alle Versuche, Mate­ rialien zur Besserung der Zustände in den Flüchtlingslagern zu erhalten, infolge der mangelnden Material-Zuweisungen durch den Flüchtlingskommissar, der allein über Zuweisun­ gen auf dem Flüchtlingssektor verfügungsberechtigt ist, fehlgeschlagen. Da die Stadtverwaltung nicht die Verant­ wortung für Zustände tragen kann, deren Besserungsmög­ lichkeit nicht in ihrem eigenen Bereich liegt, werden sämtli­ che nachstehend aufgezählten Flüchtlingslager, deren Ver­ waltung zur Zeit die Abteilung Flüchtlingsfürsorge führt, dem Flüchtlingskommissar zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um die nachfolgenden Lager: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Lager Allach I, Krauss Maffeistr. 2 Lager Allach III, Lochhauserstraße Lager Laim, Agricolastr. 16, Gasthof Bürgerbräu Lager Sendling, Chimbernstr. 58 Lager Moosach, Gneisenaustr. 35 Lager Obersendling, Kistlerhofstraße

7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Lager Laim, Langbehnstraße Lager Martinschule, Giesing, Martinstr. 30 Lager Moosach, Pasinger Straße 66/74 Lager Pasing, Weinbergerstraße (Zentralflüchtlingslager) Lager Türkenschule, Türkenstraße Lager Waisenhaus, Waisenhausstraße Lager Waldfriedhof, Fürstenriederstraße Lager Obermenzing, Riemerschmiedstraße, Mollager Lager Ungerer Bunker, Hochbunker an der Ungererstraße

Löm BRK betreut: 16. 17. 18. 19. 20. 21.

Lager Laim, Aindorfer Straße 1 ~!'/z Lager Laim, Fürstenriederstraße 68 Lager Sendling, Impler-Wackersberger Str., Implerstr. 71 Lager Milbertshofen, Knorrstraße 148 Lager Simmernschule, Simmernstraße 2 Lager Stielerschule, Bavariaring, Stielerstr. 6 ...

Wenn schon der Stadtverwaltung infolge der Schaffung des staatlichen Organisationsapparates des Flüchtlingswesens nicht die Mittel gegeben sind, auch die primitivsten Bau­ materialien zur Verfügung gestellt zu erhalten, ist es auch untragbar, ihr die Verantwortung für die Flüchtlingslager zu überlassen. Nachdem alle Vorstellungen in dieser Richtung bisher ohne Erfolg verliefen, wird darauf hingewiesen, daß die Stadtverwaltung am 15.11. 1946 ihre gesamte Tätigkeit in der Verwaltung der Flüchtlingslager beendet, wenn nicht bis zu diesem Zeitpunkt die vom Leiter der Flüchtlingsfür­ sorge, Herrn Oberinspektor Mühlbauer, im einzelnen zum Vortrag gelangten Mindestforderungen für die Schaffung menschenwürdiger Zustände in den Flüchtlingslagern er­ füllt werden.« Wie sahen diese »menschenunwürdigen Zustände« nun im einzelnen aus? Darüber gibt ein Besichtigungs-Bericht des Bayerischen Roten Kreuzes vom November 1946 Auskunft:46’ »Lager Waldfriedhof: Dasselbe dient ausschließlich als Durch­ gangslager für Flüchtlinge österreichischer Nationalität, wel­ che nach Österreich zurückkehren. Das Lager besteht aus 5 Wohnbaracken 8 X 25 m. Infolge von Stauung ist das La­ ger z.Zt. überbelegt, es ist zur Zeit belegt mit 407 Flüchtlin­ gen. Es mußte sogar der Speiseraum als Unterkunft benutzt werden. In einem Raum von ca. 50 qm mit 16 Betten sind 28 Personen untergebracht. An den Baracken selbst ist zu beanstanden, daß die Dächer undicht sind und es fast in sämtlichen Räumen durchregnet. In einigen Räumen wird über Ungeziefer geklagt (Flöhe und Wanzen, gegen die DDT-Pulver wirkungslos ist). Für 30 Öfen werden 120Ztr. Kohlenstaub pro Monat geliefert. Diese Zuteilung sei zu knapp; die Flüchtlinge haben sich teilweise durch selbstge­ sammeltes Holz geholfen. Eine erhöhte Brennstoffzuteilung wäre erwünscht. Da ein Teil der Flüchtlinge, in der Annahme, daß sie inner­ halb von wenigen Tagen in ihre Heimat verbracht werden, ihr Gepäck schon nach Hause gesandt haben, über keine Decken verfügt, wird über den Mangel an solchen geklagt. In der Waschbaracke sind in der Frauenabteilung einige Fen­ ster defekt, während in der Männerabteilung einige Fenster­ flügel vollkommen fehlen. Von seiten der Flüchtlinge wur-

Flüchtlinge und Vertriebene de auf das Fehlen von Reinigungsgerät und -material aufmerksam gemacht und am meisten auf die Unmöglich­ keit eine ordentliche Körperreinigung durchzuführen, da Waschmittel, Seife und Pulver vollkommen fehlen. Es ist ein Kinderraum vorhanden mit 6 Betten. Die Mutter eines ca. 9-jährigen Jungen klagte über die Kälte und teilte mit, daß sie gezwungen sei sich zu ihrem Jungen ins Bett zu legen, um ihn einigermaßen erwärmen zu können ... Die Verpflegung erfolgt durch die Großküche. Es wurde vorgebracht, daß das Essen eintönig sei, vor allem abends dauernd nur Suppe und Kartoffel verabreicht werden ... Ein großer geeigneter Herd ist vorhanden, jedoch keinerlei Töpfe.« Daß diese Zustände keineswegs außergewöhnlich zu nennen waren, zeigt ein anderer Bericht, diesmal erstellt von einem städtischen Bezirksausschuß, aus dem Jahr 1950:47* »Der Bezirksausschuß besichtigte am 23. August das Hei­ mat-Vertriebenenlager an der Ungererstr. Am 21. Juli 1950 wurde dieses Lager unter die Verwaltung der Stadt München gestellt. Dieses Heimat-Vertriebenen­ lager ist mit circa 500 Personen belegt, davon sind 350 in Massen- und 150 in Einzelwohnungen untergebracht. Die Unterbringung in den Massenquartieren ist einer unbe­ dingten Änderung zu unterziehen. Wir mußten feststellen, daß auf circa 50 Quam. Fläche 16 bis 20 Personen unterge­ bracht sind, Familien und Einzelpersonen ohne Altersunter­ schied. Der größte Teil der Baracken ist nicht abgeteilt, so daß sich Frauen und Mädchen in diesem Raum waschen, anund ausziehen müssen in Gegenwart sämtlicher Insassen. Der andere Teil ist mit Decken und Wellpappe abgeteilt, was mit großer Feuergefahr durch die aufgestellten eisernen Öfen verbunden ist. Dieser Zustand ist moralisch für die Insassen des Lagers auf Dauer nicht tragbar, auch wegen der Feuersgefahr nicht zu verantworten ... Die Dächer der Baracken sind zum Teil so schlecht, daß bei Regen das Wasser durchläuft. Es müßten bis zum Eintritt der schlechten Witterung die Dächer zum Teil ausgebessert und geteert, desgleichen die Fenster repariert werden ... Wir möchten darauf hinweisen, daß das Lager noch mit ei­ nem Stacheldrahtzaun umgeben ist, um dessen Beseitigung ebenso ersucht wird. Die Wege des Lagers sind bei schlech­ tem Wetter in einem kaum passierbaren Zustand. Eine In­ standsetzung der Lagerstraßen ist dringend notwendig.« Solche Zustände herrschten noch im Jahr 1950! Man kann sich ausmalen, wie es 1946 ausgesehen haben mag ... Beispiele lie­ ßen sich für diese untragbare Situation noch in großer Anzahl finden. Die hier angeführten mögen jedoch genügen, da sie bereits zur Genüge deutlich machen, daß den Insassen von Flüchtlingslagern als Menschen zweiter Klasse nicht die ge­ ringste Individualität oder gar Intimität zugestanden wurde.

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Für diejenigen, die länger in Lagern gelebt hatten, wurde dies daher auch zu einem tiefgreifenden sozialen Problem; »die aus dem Lager« waren eben in keiner Weise ebenbürtig, sei es nun bei der Stellensuche oder bei einer geplanten Heirat. Auch in München gelang es also in den ersten Jahren nicht, die soziale Notlage der Vertriebenen durchgreifend zu bessern.

Ausblick: Der »vierte Schritt», die kulturelle Integration An anderer Stelle war bereits von den drei Schritten der Inte­ gration der Heimatvertriebenen in ihren Aufnahmeländern die Rede: Notdürftige Aufnahme — Vorläufige Unterbringung — Endgültige Seßhaftmachung. Als der »vierte Schritt« dieses Eingliederungsprozesses ist die kulturelle Integration zu be­ zeichnen, die ein hochinteressantes wissenschaftliches Unter­ suchungsfeld bildet. Die Geldsummen, die seit Beginn der Fünfziger Jahre für die kulturelle Betreuung der Vertriebenen zur Verfügung gestellt wurden, ermöglichten es, die kulturelle Infrastruktur vor allem der bayerischen Landgemeinden stark zu verbessern. Der zügige Ausbau des Volksbibliotheks- und Volkshochschulwesens nach dem 2. Weltkrieg wurde zu einem wichtigen Teil auf diese Weise gefördert.48* Es ist kein Zufall, daß dieser Teil der Eingliederung erst so spät begann. Weder in der Zeit der ersten Aufnahme, also den Jahren 1944-1946/47, noch in den Jahren der scheinbaren wirtschaftlichen Konsolidierung vor der Währungsreform, noch gar in der Zeit der großen Arbeitslosigkeit im Anschluß an den wirtschaftlichen Offenbarungseid des Jahres 1948 hatte man kulturellen Fragen große Aufmerksamkeit widmen kön­ nen. Erst in der Phase der zweiten und endgültigen Konsoli­ dierung, also in den Jahren des zaghaft beginnenden deutschen Wirtschaftswunders, nach der Beseitigung der größten sozialen Probleme, erwachte bei den Vertriebenen das übermächtige Bedürfnis einerseits nach Teilnahme am kulturellen Leben der neuen Heimat und andererseits nach eigener kultureller Ver­ wirklichung. Beide Seiten waren dabei gleich wichtig, die Er­ innerung an die alte Heimat und das Erschließen der neuen Umgebung. Die Hilfe von Staat, Rundfunk49* und Städten50* sowie die Bemühungen der Vertriebenen selbst zielten dabei sorgsam darauf hin, dieses Gleichgewicht nicht zu stören. So entwickelten sich aus den besitzlosen Flüchtlingsmassen in München eigene kulturelle und politische Institutionen, etwa das »Haus des deutschen Ostens«, das »Sudentendeutsche Ar­ chiv« und das »Collegium Carolinum«, oder die »Forschungs­ stelle für die Böhmischen Länder«, weiterhin die ostdeutschen und südostdeutschen Landsmannschaften und schließlich und endlich für die Sudetendeutschen, die stärkste Vertriebenen­ gruppe in Bayern, die offizielle Anerkennung als vierter Stamm Bayerns. Marita Krauss

»Rama dama« — »Munich at Work« Eine Trümmerräumaktion der Nachkriegszeit Unter dieses volkstümliche Motto wurde die Schutträumungs­ aktion vom 29. Oktober 1949 gestellt, die auf eine Anregung der amerikanischen Besatzungsmacht zurückging. Im Amtsjar­ gon bedeutete das, daß in München »ähnlich wie es in den Städten Amerikas üblich ist, die Bevölkerung an einem Tag zur freiwilligen Mitarbeit an der Saubermachung der Stadt aufzu­ rufen« sei.1* Es galt, kleinere Schutthaufen, die immer noch auf öffentlichen Straßen und Plätzen lagerten, weil sie bei den gro­ ßen, behördlich organisierten - und bis dato sehr erfolgreichen — Räumungsaktionen übergangen worden waren, zu entfer­ nen. Initiiert worden war die »Rama-dama«-Aktion vom »Münchner Merkur« in Zusammenarbeit mit dem amerikani­ schen Stadtkommandanten George Godfrey; das Protektorat für diesen »Verschönerungstag«, diese »große Aktion bürgerli­ chen Gemeinschaftsgeistes und der Hilfsbereitschaft der Be­ satzungsmacht« übernahmen der damalige Oberbürgermeister Thomas Wimmer, der bereits genannte George Godfrey als Leiter der US-Zivilverwaltung, Colonel Wood als Vertreter Hinweistafel in der Franz-Joseph-Straße, 1947, Photo von W.B. France

der US-Armee, Felix Buttersack vom »Münchner Merkur« und schließlich der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Ru­ dolf von Scholtz.2* Das schon Wochen vorher in allen Medien propagierte Plädoyer an den Gemeinsinn, »Münchner helfen München«, blieb nicht wirkungslos; bei der Münchner Stadt­ verwaltung und der Redaktion des »Münchner Merkur« trafen zahlreiche gutgemeinte Ratschläge und konkrete Anmeldun­ gen zu den Listen der freiwilligen Helfer ein; »Hochzuverehrender Herr Oberbürgermeister! Das Münchner Kindl bittet Sie vertrauensvoll, bei der Schutträumungsaktion die St. Annastr., den St. Annaplatz, die Herzog Rudolf Str., Christophstr., Bürkleinstr. nicht zu ver­ gessen. Vergelt’s Gott!«3* Der Rektor der Universität, Professor Walther Gerlach, bot, ebenso wie etwa der Allgemeine Studentenausschuß des Oskar-von-Miller Polytechnikums, die Mitarbeit seiner Institu­ tion an:

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»Trümmerauto« mit Holzvergaser 1948

»Die Herren des Lehrkörpers, Beamte, Angestellte und Ar­ beiter und, soweit erreichbar, auch Studenten der Universi­ tät München, beteiligen sich an der von Ihnen angeregten Schutträumungsaktion. Wir rechnen mit einer Zahl von 100-150Teilnehmern... .«4) Und ein sehr persönlicher Brief an den Oberbürgermeister lautete: »Werter 1 lerr Wimmer! Als ehemaliger Funktionär der freien Gewerkschaft am Postamt Erding, würde ich gerne bei der Schuttaktion am 29.10. 49 mithelfen. Ich bin zur Zeit ... beurlaubt, bin schwerbeschädigt und politisch Verfolgter. Weisen Sie mir einen Platz zu, am liebsten Mariahilfsplatz oder Marienplatz und ich bin zur Stelle.... Als ich von dieser Aktion las, war mir Verzweifeltem der Glaube an Deutschland, an Freiheit und Recht, sowie an die ehrliche Absicht der Besatzungs­ macht wiedergegeben.«51 Wer nicht direkt mithelfen konnte, leistete auf andere Weise seinen Beitrag, mit Spenden (Material- und Brotzeitspenden aus dem Stadtgebiet und aus dem Münchner Umland) und mit »Selbstgereimtem«:

»Kemts her ihr Manna und ihr Leut, Wo uns der Dreck scheniert, Der uns scho gar nix mehr bedeut, A Brotzeit werd’ spendiert.« Für Wahlmünchner wurde eine hochdeutsche Textfassung zur Klärung der Sachlage nachgereicht: »So helfe, was da helfen kann, Und fasse fest die Schaufel an, Vereint mit allen Kräften, seid ihr gern gewillt, Mit zu verbessern Münchens Städtebild! Ein Ruck, ein Zuck, wir schaffen es bestimmt Wenn selbst der Ami, der uns erst derbledert, Sich solcher Folgen nun beinahe schämt. Mit Fahrzeugparken, gummi-wohlberädert, Teilnahmsgefühl bezeugt ganz ungehemmt, Und helfen will, den Stall hier mit zu misten, Der ja auch ihm ein schützend Obdach gibt, Konservenbüchsen, Blech- und Pappekisten sind allerorts, doch hier nicht mehr beliebt... ,«6)

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Kaleidoskop des Trümmeralltags

Trümmerräuinung in München 1947, Photo von W. 11. France

Zweierlei ist hier zu verspüren: zum einen der Versuch, durch Engagement im Bürgersinn wieder ein neues Selbstbewußt­ sein zu entwickeln; zum anderen ein deutliches antiamerikani­ sches Ressentiment (wobei »amerikanisch« hier mit den Be­ satzungsbehörden gleichzusetzen ist); ein Ressentiment, das bei der Münchner Bevölkerung offensichtlich erst durch die »Rama-dama «-Aktion vollständig ausgeräumt werden konnte, durch den so augenscheinlich gewordenen »guten Willen« und die Hilfe der amerikanischen Besatzungsmacht. Die Verant­ wortlichen des »Kehraus« gaben übrigens, wie in der am 30. September 1949 verfaßten Resolution nachzulesen ist, ge­ nügend Anreiz zur Mitarbeit: »Es darf damit gerechnet werden, daß dieser Aufräumungs­ tag durch Beteiligung von Musikkapellen, durch Tanz auf den geräumten Plätzen, durch Teilnahme prominenter Leu­ te, angefangen vom Oberbürgermeister bis hin zu den Lieb­ lingen von Theater und Film und durch Stiftungen von Be­ trieben (Bier und Brotzeit) eine besondere Ausgestaltung erfahren wird.«7’ Wer in diese - wie man wohl sagen kann, für München äußerst prestigeträchtige — Aktion nicht miteinbezogen wurde, wie beispielsweise der »Bayerische Industrieverband Steine und

Erden e. V.«, der hatte allen Anlaß, dieses Manko »außeror­ dentlich zu bedauern«.8’ Wie ging nun die eigentliche Aktion von statten? Am Mor­ gen des 29. Oktober standen am Königsplatz sämtliche LKWs und Bagger zur Abholung bereit; jeder der 41 Bezirksaus­ schußvorsitzenden versuchte, möglichst viele Fahrzeuge für seinen Bereich zu ergattern, kleineres Arbeitsgerät mußte vom Helfer selbst gestellt werden.9’ Die Mehrheit aller Schutträum­ fahrzeuge wurde von den deutschen Behörden zur Verfügung gestellt und stand unter der Aufsicht der »Münchner Aufbau Gesellschaft (MAG)«. Von amerikanischer Seite gelangten ins­ gesamt 264 LKWs zum Einsatz (ca. 4000 Liter Treibstoff wur­ den ebenfalls von den amerikanischen Behörden gespendet). Für alle Teilnehmer der »Rama dama«-Aktion, von denen eini­ ge sogar aus Bad Reichenhall, Berchtesgaden und Bad Tölz an­ gereist waren, hatten die Organisatoren übrigens vorab Unfall­ versicherungen abgeschlossen. Dank der Spenden einheimi­ scher und auswärtiger Firmen und Brauereien und mit organisatorischer Hilfe des Roten Kreuzes konnte den Helfern gegen Ende der Aktion, um etwa 16 Uhr, ein »kleiner Imbiß, bestehend aus 2 Würsten, Brötchen und 1 Ltr. Bier« gereicht werden. Um 20 Uhr fand die Aktion mit einem »Festabend der Schutträumer« auf dem Ausstellungsgelände ihren feierli­ chen Ausklang.10* Trotz des großen Aufwandes und mancher »Vorschußlor­ beeren« war das Ergebnis eher mager: Insgesamt wurden 15360 Kubikmeter Schutt geräumt, davon 6450 Kubikmeter durch Handladung; das bedeutet, daß die Einzelleistung der ungefähr 7 000 Teilnehmer rund einen Kubikmeter betrug. Im Vergleich dazu umfaßte die tägliche Menge der »normalen Schutträumung« im Oktober des Jahres 1949 8278 Kubikme­ ter. Viel Lärm um nichts? Auf jeden Fall fiel das Urteil der berufsmäßig mit der Schutträumung betrauten Behörden, hier des Baureferats, ge­ mischt aus. So schrieb Stadtbaurat Helmut Fischer den Magi­ straten von Düsseldorf und Kassel, die reges Interesse an der Münchner Schutträumaktion gezeigt hatten, lakonisch: »Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Aktion vom 29.10. 1949 leistungsgemäß betrachtet nicht die Er­ wartungen erfüllt hat, ihr Widerhall jedoch ein ganz erfreu­ licher gewesen ist.«11’ Wegen der seiner Meinung nach geringen Leistung, der zu stark überladenen Organisation und der Kostenfrage — hätte der »Münchner Merkur« nicht die Propaganda für die Aktion übernommen, so hätte das Baureferat wohl von diesem »Groß­ einsatz« Abstand genommen — riet Fischer von einer Nachah­ mung der Münchner Aktion ab. Einen Pluspunkt konnte aller­ dings auch er vermerken: »Als außerordentlich positiv jedoch kann die Tatsache ge­ wertet werden, daß sich aus Anlaß des 29.10. 1949 die ge­ samte Bevölkerung doch wenigstens einmal mit dem Pro­ blem der Trümmerräumung befaßt hat.«12’ Der Leistungsnachweis zählte also nicht unbedingt — dabei ge­ wesen zu sein, war alles. »Rama dama«, »Kehraus«, »Verschö­ nerungstag«: mehr eine symbolische Aktion der Solidarität, ei­ nes sich nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges neu entwickelnden Bürgersinnes. Nina A. Krieg

»Vee GAYT ess ee-nen?« Lebenssplitter aus dem Umgang mit Besatzern »Die GI’s schoben ihren Dienst, machten ihre Geschäfte und empfanden die Langeweile einer Beschäftigung, die sie nicht ausfüllte. Schon fand man, mit Kreide geschrieben, die Parole an Wänden und Zäunen: Get the boys home ... Die Uniform, die sie trugen, war für sie kein Statussymbol. Das Zivilleben war ihr Ziel. Sie fürchteten, keinen Job mehr zu finden, wenn sie nach zu langer Zeit wieder in die USA zurückkehren würden. Der harte amerikanische Berufsalltag ... nahm auf nichts Rücksicht als auf das Können und die Kraft jedes einzelnen. Gut - es war Gesetz, daß ein Gl nach der Rückkehr seinen Arbeitsplatz wieder erhielt. Aber wie gut war er noch, wie tüchtig? Was hatte er inzwischen bei der Army verlernt? Ein Jahr im Job, und dann gefeuert we­ gen mangelnder Leistungen ... so etwas war gewiß drin.«1» »Wir Kinder und Jugendlichen aus der Gegend waren dann natürlich schon mal neugierig und trotz Non-Fraternization kamen kleine Gespräche auf, zumal, wenn etwas Englisch­ kenntnisse da waren, ln den Folgewochen war man allge­ mein zur Registrierung und Arbeitsvermittlung aufgefordert und da bekam ich dann einen Job bei amerikanischen Luft­ waffenpionieren auf dem Fliegerhorst Schleißheim. Da ja unter Blinden der Einäugige König ist, war ich mit meinen Schulenglisch-Kenntnissen natürlich der gefragte Mann im Team: Die GI’s wollten >SouvenirsBesatzungsmacht< auszuspielen, sich ohne Bezahlung in den Besitz der Souve­ nirs zu setzen. Jeder gab brav Zigaretten, Candy, Coffee usw. ... Später wurde dann unsere Arbeits-Crew, ehemalige Gold-Nazis ebenso wie ein paar politische KZ’ler, Schüler und Halbinvaliden, einer Küche als Küchenhelfer zuge­ teilt. Ein Segen und eine Goldgrube im Jahre 1945/46! Eine heitere Episode am Rande: Ein Soldat hatte in Frank­ reich ein Mädchen kennengelcrnt, die ihm nun, natürlich französisch, schrieb. Er konnte aber nicht Französisch, dafür einer unserer Küchen-Crew, ein ehemaliger JagdfliegerOffizier, der aber nicht Englisch konnte. Also übersetzte Hubert Französisch-Deutsch, ich dann Deutsch-Englisch und so konnte der Gl Joe erfahren >that my virgin rose has closed, until you’ll come to break it up with your strong arms!< «2» »Zwei Tage nach dem Einmarsch stand ich am Gartenzaun. Da nahte ein großer Militärlaster, voll besetzt mit Negern direkt auf den Zaun zu. Ich vor den Zaun, rief: »there’s no way!< Die Neger fuhren ein paar Schritte zurück, nahmen Anlauf und walzten den Zaun nieder. Ein riesiger Neger grinste freundlich: >Now, little mamma, it’s open.« Sie leg­ ten eine Leitung durch den Garten und fuhren wieder ab. Nach ein paar Tagen kamen sie wieder, montierten alles wieder ab und richteten den Zaun wieder her. Es war, wie so oft beim Militär, eine Fehlanzeige gewesen.«3»

»Die Amerikaner« existierten also eigentlich nicht, wie bereits die hier von Münchner Bürgern erzählten Erlebnisse verdeut­ lichen. Sehr bald nach dem Einmarsch löste sich die scheinbar geschlossene Gruppe der Besatzer in viele Einzelindividuen auf, die zwar unter militärischem Befehl standen, jedoch ihre Richtlinien verschieden anwendeten. Dies erstaunt nicht, wenn man die Zusammensetzung der Besatzungstruppen bedenkt: Von Berufssoldaten bis zu »US-Civilians«, die eigentlich an Universitäten lehrten, Musiker oder Graphiker waren, von Farmerssöhnen aus dem Mittleren Westen bis zu deutschen Emigranten, von kleinen Angestellten bis zu hochqualifizier­ ten Technikern war hier das ganze Spektrum menschlicher Möglichkeiten vertreten. Einige ließen, vor allem unter dem entsetzlichen Eindruck der Befreiung der Konzentrationslager, an den Deutschen Rachegefühle aus, andere versuchten zu hel­ fen, dritte hielten sich stur an vorgegebene Richtlinien. Auch der Informationsstand der einzelnen Besatzungssoldaten über Deutschland differierte stark; ein hochinteressantes Zeitdoku­ ment ist hier der »Pocket Guide 10 GERMANY«, der in Kurz­ form Wissenswertes zu vermitteln versuchte. Er ist im Uni­ formtaschenformat geschnitten und enthält auch - für uns höchst amüsante — Sprachtips.4» Das Büchlein steht unter dem Motto: »This booklet is issued in the interest of informing you about the country you occupy. Nothing contained herein should be considered a relaxation of the Non-Fraternization Policy. Keep faith with the American soldiers who have died to eliminate the German warmakers. DO NOT FRATER­ NIZE.« Unter Überschriften wie »Keep Your Distance«, »Keep Your Eyes Open« oder »Keep Your Guard Up« werden dem ameri­ kanischen Soldaten Verhaltensmaßregeln gegeben: »You are in enemy country! These people are not our allies or our friends ... However friendly and repentant, however sick of the Nazi party, the Germans have sinned against the laws of humanity and cannot come back into the civilized fold by merely stikking out their hands and saying - >I’am sorry.« ... Don’t forget that eleven years ago, a majority of the German people voted the Nazi Party into power.« Das Büchlein warnt dann vor dem »Werwolf«, den national­ sozialistischen Untergrundkämpfern, rät zur Vorsicht gegen­ überjungen Leuten zwischen 14 und 28 Jahren, da diese durch die NS-Erziehung geformt worden seien und bittet den ameri­ kanischen Soldaten eindringlich, immer auf der Hut zu sein. Eine historische Überblicksinformation, eine Landkarte, Be­ schreibungen von Landschaft und Klima, deutschen Maß- und Gewichtsangaben sowie ein Sprachführer vervollständigen den »Pocket Guide«. In einer Zusammenfassung wird versöhnlich betont: »It has not been the aim of this booklet to sing a >Hymn of Hate« against the enemy or to make you practice as revenge

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Kaleidoskop des Trümmeralltags

his fanatical creed of intolerance, with its untold cruelties and brutalities. One of the tragdies in German’s recent histo­ ry is her own betrayal of her past gifts to civilised life. The country has produced great writers, philosophers, scientists, artists and musicians. Her people possess great energies which at times have been used to benefit rather than destroy mankind. In the peace to come it is hoped that those energies can more consistently employed to benefit the world, more than they have been in the past.« Verständigungsschwierigkeiten konnte der Sprachführer si­ cherlich kaum verhindern. Vor allem die verwendete »Um­ schrift« bereitete wohl Probleme; Auszüge sollen hier wiedergegeben werden: Good morning

GOO-ten MAWR-gen (guten Morgen) How are you? vee GAYT ess ee-nen? (Wie geht es Ihnen?) Sir main HAYR (mein Herr) Miss FROY-lain (Fräulein) Please BIT-tuh (Bitte) Excuse me fayr-TSAI-oong (Verzeihung) Do you understand? fer-SHTAY-en zee? (Verstehen Sie?) Speek slowly SHPRESH-en zee LAHNK-zahm (Sprechen Sie langsam) Where is a restaurant Vo IST ain ress-to-RAHNG (Wo ist ein Restaurant?) Where is a toilet Vo ist ai-nuh twa-LET-tuh (Wo ist eine Toilette?) To the right nahkh RESHTS (nach rechts) One A1NSS Eins Two TSVAI Zwei Three DRAI Drei Five FEWNF Fünf Six ZEKS Sechs Seven ZEE-ben Sieben Eight AHKHT Acht Ten TSAYN Zehn Twelve TSVERLF Zwölf Nineteen NOYN-tsayn Neunzehn Twenty-one AIN-oont-tsvahn-tsik Einund­ zwanzig Forty FEER-tsik Vierzig Seventy ZEEP-tsik Siebzig What’s that? VAHSS ist DAHSS (Was ist das?) I want cigarettes ish MERSH-tuh tsee-ga-RET-ten (ich möchte Zigaretten) butter BOOT-ter (Butter) cheese KAY-zuh (Käse) meat FLAISH (Fleisch) pork SHVAI-nuh-flaish (Schweinefleisch) veal KAHLP-flaish (Kalbfleisch) Chicken HOON (Huhn) soup ZOOP-puh (Suppe) potatoes kar-TAWF-feln (Kartoffeln) beets RO-tuh REW-ben (rote Rüben) fruit OHPST (Obst) salt ZAHLTS (Salz) sugar TSOOK-ker (Zucker) chocolate sho-ko-LA-duh (Schokolade)

tea coffee a glass of beer matches What time is it? Ten past two When does the movie start When does the train leave Where is the nearest town Come here! I am lost Where are the American Soldiers?

Watch out!

TAY (Tee) KAH-fay (Kaffee) ain C.LAHSS BEER (ein Glas Bier) SI ITRAISH-herl-tser (Streichhölzer) vee SHPAYT ist ess (Wie spät ist es) TSAYN nahkh TSVAI (Zehn nach Zwei) VAHN buh-GINT dahss KEE-no (Wann beginnt das Kino) vahn GAYT dayr TSOOK (Wann geht der Zug) VO is dee NAYSH-stuh AWRT-shaft? (Wo ist die nächste Ortschaft?) KAWM-men zee HAYR! (Kommen Sie her!) ish HA-buh mish fayr-LOW-fen (ich habe mich verlaufen) VO Z1NT dee a-may-ree-KA-nee-shen zawl DA-ten? (Wo sind die amerikanischen Soldaten?) OWF-pahss-sen! (Aufpassen!)

Die amerikanische Armee-Presse bot offenbar ähnliches. Karl Jering, später Referent beim Staatskommissar für das Flücht­ lingswesen, berichtet in seinem Tagebuch:5’ »Wie unentwegt die Soldatenpresse den Haß schürt, zeigt der folgende Artikel in >ARMY TALKS«: Was kann ich tun? »Sei mißtrauisch gegen jedermann. Prüfe sorgfältig, was sie dir erzählen (unter »sie« sind wir gemeint). Äußere nichts Abfälliges über die USA, die Armee, unsere Verbündeten. Melde sofort verdächtige Nazis oder Verstöße gegen Befeh­ le der Militärregierung und Anordnungen lokaler Behörden (eine Karikatur zeigt Deutsche beim Turnen) ... Verhalte dich wie ein guter Soldat. Achte auf deine Uniform und be­ nimm dich ordentlich in der Öffentlichkeit. Vergiß nie, daß du als Eroberer hier bist, nicht als Befreier ... Wirb für die Demokratie, wann immer sich Gelegenheit bietet. Wenn du in ein Fräulein verliebt bist, dann verkauf dicH nicht ihret­ wegen an Deutschland. Sei höflich aber kurz angebunden mit Deutschen. Alle Deutschen sind schuld am Kriege. Glaube und sage nicht: Vergeben und vergessen. Tu freudig, was von dir verlangt wird, und so gut du es kannst. Bist du mit deinen Offizieren, deiner Arbeit und deinen Lebens­ umständen unzufrieden, so zeige es den Zivilisten nicht.« All diese Propaganda konnte jedoch nicht verhindern, daß sich nach und nach ein besseres Verhältnis einstellte:6’ »Insbesondere um die Kinder waren die Amerikaner sehr bemüht und neben Partys, Kaugummi, Schockolade und solchen Sachen haben wohl auch »Seifenkisten-Rennen« auf der eigens hierfür errichteten, hohen Ablaufbahn zu Füßen der Bavaria und ähnliche Veranstaltungen dazu beigetragen, den menschlichen Abstand zwischen »Besatzern« und »Be­ setzten« langsam und allmählich zu verringern.« Oder, wie es Karl Jering schildert:7’ »Im allgemeinen gefallen mir die Burschen. Sie sind kernge­ sund und in ihren Instinkten kaum verdorben. Die ihnen

Flüchtlinge und Vertriebene

Amerikanisches Rodeo in München 1947, Photo H. Hubmann

eingeflößten Haß- und Rachegefühle verdunsten daher bald in ihrem mächtigen Leibern. Im Gegenteil, angesichts des täglichen Anschauungsunterrichts fragt sich der eine oder andere unwillkürlich, mit welchem Recht diejenigen, die gehaßt haben, ohne zu kämpfen, die belehren, die gekämpft haben, ohne zu hassen. Die meisten sind freundlich zu mir. Charakteristisch für ihre Einstellung war z. B. die Geste, daß sie die große Torte heut nacht erst wegschafften, nachdem sie mir ein gewaltiges Stück davon abgeschnitten hatten.« Das Verhalten der gutgenährten Amerikaner gegenüber der hungernden Bevölkerung wurde wohl besonders genau beob­ achtet, da es hier oft wirklich um Tod oder Leben ging. So be­ richtet eine Münchnerin :K) »Ich habe die Besatzung hart empfunden, wir mußten ganze Häuser innerhalb einer Stunde räumen, ln der Renatastraße war das Hotel Columbia der Amerikaner, ganz in der Nähe der Winthirschule. Dort haben die Amis in der Mittagszeit, wenn die Schule aus war, ihre ganzen Speisereste im Vorgar­ ten ausgebreitet, mit Benzin übergossen und angezündet. Die Schulkinder steckten ihre Köpfe durch die Gitterstäbe und starrten mit hungrigen Augen auf diese Speisereste. Sie standen dicht bei dicht und übereinander. Und so ging das Tag für Tag. Die Kinder der bösen Deutschen waren am Krieg nicht schuld, man hätte die Speisereste ebensogut hin­ ter dem Haus verbrennen können.« Gerade die Vernichtung von Speiseresten, für die Amerikaner ein hygienisches Problem, findet immer wieder negative Er­ wähnung. Auch diese Maßnahme wurde aber nicht überall durchgeführt: »Freundlicherweise wurde uns erlaubt, das grundsätzlich nur einmal verwendete Koch- und Bratfett (das eigentlich zu vernichten gewesen wäre) mitzunehmen, ebenso die herrli­ chen Anschnitte von den in Massen verzehrten WeißbrotLaiben und sonstige nicht verbrauchte Speisen.« Einige Amerikaner gingen noch weiter. Von einem solchen Fall berichtet Christian Hallig:9' »War er von einem geradezu missionarischen Eifer erfüllt, der alle Grenzen der Non-Fraternization sowie viele Befeh-

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Das sieben Monate alte Kamel »Clarence«, Maskottchen der Neubiberger Flieger, sammelt Geld und Lebensmittelspenden für Berliner Kinder, I lerbst 1948, Photo von H. Schürer

le der Militärregierung mißachtete? Oder war er nur »ein guter Mensch«? Lag es daran, daß seine Eltern sehr reich wa­ ren und ihm, in der Vorstellung, er müsse in diesem zer­ bombten Deutschland Furchtbares durchstehen, tausende von Dollar in die Tasche gesteckt hatten, als er zum Dienst in die US-Zone abkommandiert wurde? Was auch immer die Beweggründe gewesen sein mögen, der Gl Ted Warner tat Gutes an den Geschlagenen, wo und wann er es konnte. Ein Mann Mitte Zwanzig mit der Figur eines Boxcham­ pions im Halbschwergewicht, ein offenes, jungenhaftes Gesicht und braune, wache Augen. Heumann und ich lernten ihn durch Zufall kennen, als wir in Schwabing unterwegs waren, mit dem Auftrag, einige Leute unter die Lupe zu nehmen, die sich regelmäßig in ei­ ner Eckkneipe trafen ... Ted saß also in voller Uniform in der Eckkneipe und verteilte gerade Stapel von Seife an die Frauen der Künstler, die — wie ihre Männer — von ihm ein­ geladen worden waren. Als wir ankamen, war das Lokal ab­ geschlossen gewesen. Wir hatten uns mit einem Trick Einlaß verschafft. Gegen die Tür gebummert und gerufen: >MPKontrolle kommt - macht auf, wir haben schwarze Ware bei uns .. .< Man schloß auf, schon waren wir drin ... Man steckte die Köpfe zusammen und tuschelte. So hatten wir Zeit, Ted zu mustern, der nur einige Brocken deutsch sprach. Im Laufe des Abends erfuhren wir, daß Ted der große Wohltäter der Künstler war. Gestern hatte er bei seiner Ein­ heit einen ganzen Sack voll Brickets geklaut und verteilt. Vorgestern waren es Candys gewesen für die Kinder der Künstler. Jeden Tag brachte er etwas anderes.« Auch wenn dies wohl eine Ausnahme war, so bemühten sich die Amerikaner doch darum, die Deutschen nicht verhungern zu lassen. Hermann Scherer, damals Leiter des Getreidewirt­ schaftsverbands, schildert seinen Eindruck so:10' »... Zwischendurch kümmerte ich mich um die Installie­ rung meiner Dienststelle und durch tägliche Gespräche mit meinem Ernährungs-Captain über die allgemeine Versor­ gungslage konnte ich die Erkenntnis ziehen, daß die Hilfe der Amerikaner für uns nicht aus Menschenfreundlichkeit kam, sondern in erster Linie aus einer gewissen Angst vor Hunger-Revolten und Seuchen ... Später kamen dann

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schon die ersten Weizenlieferungen aus Amerika und Kana­ da, da die Drüben ja froh waren, daß sie ihre überfüllten Getreidesilos und Lagerhäuser entlasten konnten um wieder neue Ernten aufnehmen zu können.« Ob nun aus Angst vor Unruhen, aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Menschlichkeit - amerikanische Hilfe hielt die deut­ sche Bevölkerung am Leben. Neben Ernährungsfragen erweckten vor allem die Woh­ nungsbeschlagnahmungen Erbitterung. In einer Zeit, in der Deutsche oft zu fünft oder sechst in einem Zimmer hausten und die Flüchtlingslager überfüllt waren, standen von den Amerikanern beschlagnahmte Häuser oft wochenlang leer oder wurden nur von wenigen Personen bewohnt. Das Ver­ waltungszentrum München war hiervon besonders betrof­ fen.11’ So berichtete Oberbürgermeister Scharnagl 1946, daß »mindestens 13700 Wohnräume der Zivilbevölkerung durch die Beschlagnahmeaktionen entzogen worden sind«.12’ Ein Viertel der deutschen Bevölkerung Münchens, nämlich 270000 Menschen, mußten sich zum selben Zeitpunkt mit 78300 Räumen zufrieden geben, in denen jeweils drei bis 8 Personen zusammenlebten. Eine Zeitzeugin berichtet:13’ »Eine Elitetruppe der Amerikaner (so wurde sie genannt) machte Quartier in drei Häusern, es mußten Bäder und Hei­ zungen vorhanden sein. In diesem Straßenzug stand nur ein Haus, das solche Bequemlichkeiten nicht bieten konnte. So mußten sämtliche Bewohner innerhalb kürzester Zeit aus diesen Wohnungen und wurden verteilt auf die Umgebung. Ich kam mit zwei jungen Damen in eine Wohnung, deren Mieter — außer dem Hausherrn — evakuiert waren. Die Soldaten dieser Truppe standen am Hauseingang und befahlen schnellste Räumung - wir konnten nur noch das Allernötigste mitnehmen, so eben das sogenannte Luft­ schutzköfferchen, das immer bereitgestanden hatte. Der Captain dieser Truppe war sehr streng, er haßte die Deut­ schen ... Der Captain erlaubte nicht, aus unseren Kellern ein paar kärgliche Reste lagernder Kartoffeln zu holen und drohte, sollte er einen Deutschen in einem Keller erwi­ schen, mit dem Erschießen — als Exempel sozusagen. Manchmal warf ein gutmütiger Soldat ein paar Riegel Schokolade auf einen Balkon, sie waren ja sicher auch, trotz allem, was sie über die Deutschen wußten, angerührt. Fan­ den sie, nachdem sie die Wohnungen besetzt hatten, noch ein Bild Hitlers oder andere »Erinnerungen« an die NSDAP, richteten sie ein Chaos an, stapelten alles auf einen Haufen und vernichteten das Ganze.« Obwohl man ursprünglich bei Beschlagnahmungen vor allem die durch NS-Parteizugehörigkeit Belasteten heranziehen wollte, konnte das in der Praxis kaum durchgeführt werden. Da die Amerikaner darauf Wert legten, ein geschlossenes Ge­ biet zur Verfügung zu erhalten, wurden beispielsweise in Har­ laching nur 9 Prozent Belastete, jedoch 91 Prozent politisch Unbelastete von Beschlagnahmungen betroffen.14’ Diese Pro­ bleme blieben Streitpunkte, bis sie sich durch die Truppen­ reduzierungen und größere Wohnungsbauprogramme Anfang der Fünfziger Jahre von selbst erledigten. Hausdurchsuchungen und Verhaftungen belasteten die deutsche Bevölkerung selbstverständlich während der gesam­ ten Besatzungszeit. Für eine junge Münchnerin bedeutete dies ihr einziges negatives Erlebnis mit der Besatzungsmacht:15’

»Negativ eingeprägt hat sich mir natürlich die »Hausdurch­ suchung« der Amerikaner im Februar 1946. In allen Woh­ nungen wurde nach Verbotenem gefahndet - es ging wohl vor allem um »Waffen« jeglicher Art. Groteskerweise fielen dieser Durchsuchung auch etwa Studentensäbel zum Opfer, die als Dekorationsstücke an der Wand hingen. Bei uns allerdings gab es einen verhängnisvolleren Fund: in einem Verschlag unter dem schrägen Dach entdeckten die Sucher eine alte Pistole, die seit mehr als zwanzig Jahren - so je­ denfalls lautete die Auskunft meines Vaters — dort in einem nie mehr benutzten Schülerpult meines gefallenen Halbbru­ ders gelegen hatte. — Man muß hier wissen, daß mein Vater, 1874 geboren, damals also 72 Jahre alt war ... Nun wurde er wegen illegalen Waffenbesitzes verhaftet und nach Sta­ delheim gebracht _ zusammen mit mehreren (auch älteren) Damen aus Sollner Familien auf einem offenen Lastwagen. Er wurde dann übrigens einige Wochen später freigespro­ chen.« Als deutscher Begleiter einer Razzia der Militärpolizei erlebte auch Karl Jering eine Hausdurchsuchung mit. Es ging dabei um die Aufklärung einer undurchsichtigen Diebstahlsgeschichte:16’ »Aus der Küche kam ein älterer Mann; er mochte ein Hand­ werker oder kleiner Angestellter sein. Seine Frau lag auf der Couch, die anscheinend auch ihm als Nachtlager diente. Die armen Leute, die mit geduldiger Höflichkeit die Störung auf sich nahmen, waren am Vorfall unbeteiligt, ebenso die Grei­ sin, die mit einem Mädchen im Nebenzimmer schlief. Un­ terdessen hatte sich drunten die Alte wieder eingestellt ... Ihr Mundwerk klapperte wie ihre Glieder. — Ob sie von ei­ nem lockeren Mädchen im Haus wisse, unterbrach ich ihren Redefluß. - Einem, Dutzende wohnen hier, die sich Negern und Soldaten hingeben. Ich beschrieb die Gesuchte. — Mög­ licherweise wohne sie beim KZler im Vorderhaus, erster Stock. Auf unser Klopfen öffnete uns ein kleiner Jude. Trotz der mitternächtlichen Stunde schien er noch nicht zu Bett ge­ gangen zu sein. Der Raum war mehr als ärmlich möbliert. Auf dem rohen Tisch stand eine Schüssel mit Seifenlauge. Im Bett lag eine junge Blonde. Sie schien nichts anzuhaben und blinzelte schläfrig in das Licht der Taschenlampe ... Der Jude war hilfswillig und freundlich. Im Lokal im Erdge­ schoß verkehren Neger und Gis zur späten Stunde. Im trübe erleuchteten Flur halten die Dirnen Cour. Naht Militärpoli­ zei, verschwinden sie im Hinterhaus. Wieder kehrten wir unverrichteter Dinge zurück.« Die Militärpolizei hatte also alle Rechte, unvorbereitet Häuser zu durchsuchen, wochenlang Männer oder Frauen ohne viel Federlesens einzusperren und notfalls auch mit den Fäusten nicht zimperlich zu sein - man lebte unter Besatzungsherr­ schaft. Da über die Frauen, vielmehr die »FROY-lains« in diesen schwierigen Jahren an anderer Stelle ausführlich berichtet wird,17’ soll hier nun nur noch ein Blick auf einige amüsante Erlebnisse aus dem Umgang mit den Besatzern geworfen wer­ den, die zeigen, daß dieser nicht nur ernste Seiten hatte. Die Journalistin Maria von Eynern berichtet:18’ »Alex sah gut aus: er war fast zwei Meter groß, blond und strahläugig. Sein Typ mußte jeden Amerikaner sympathisch

Flüchtlinge und Vertriebene IflVHÜ-'" L, “»M ' t

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But - it’s cold outside. Im Winter soll man niemanden vor die Tür befördern. Ich erwarte von dir einen Vorschlag, was wir mit dir machen sollen - nur am Telephon können wir dich nicht mehr brauchen.« Oder über Amerikaner, mit Kinderaugen gesehen: » »Vor unserem ersten Ami haben wir mächtig gezittert«, be­ richtet Greta, die damals 14 Jahre alt war, »Er betrat unser Haus in voller Uniform, bewaffnet bis an die blanken Zäh­ ne. Schußbereit hielt er eine Pistole in der Hand und rollte furchterregend mit den Augen. Ohne ein Wort zu sagen schritt er dann mit schweren Stiefeln durch alle Räume des Hauses und durchsuchte Schränke, Truhen und Schubladen nach Waffen. Aber wie sollten wir Waffen haben - wir wa­ ren doch nur Weiber und Kinder. Wir standen in einem ver­ ängstigten Trupp beieinander wie Hühner, wenn der Fuchs in den Stall eindringt, und fürchteten uns. Meine kleine Schwester flüsterte: »Mami - ist das der Nikolaus?« Der Ver­ gleich stimmte übrigens - so komisch er klang. Der Soldat stapfte nämlich wieder zum Ausgang, blieb dort plötzlich stehen und holte aus den Taschen seiner Jacke einen ganzen Haufen Schokoladentafeln heraus. Die legte er auf den Kü­ chentisch und guckte uns Kinder nochmals bedeutungsvoll an. Und komisch — in diesem Augenblick sah sein Gesicht garnicht mehr zum Fürchten aus...« Und über eine Episode aus der Welt des Tauschhandels:

Amerikanische Soldaten im ehemaligen Hause Thomas Manns in der Mauerkircherstraße im Juli 1945, Mischtechnik von G. Rheinen

ansprechen, denn es haftete ihm etwas Internationales, völlig Undeutsches an ... Der Soldat, der ihn einstellte, knautschte ein schreckliches New-Orleans-Englisch. Alex verstand nichts. Er begriff nur die Frage, wo er denn Eng­ lisch gelernt habe, und stotterte: »Well — at school.« Der Ami wars zufrieden und heuerte den jungen Mann an. Alex machte einen guten Eindruck und das genügte vollauf. Nun hieß es, nachts zu arbeiten und die anfallenden Telephon­ verbindungen herzustellen ... Es ging alles gut, bis an einem frühen Morgen eine weibliche Stimme aufgeregt etwas Un­ verständliches in den Apparat schrie. Alex reagierte mit bayerischer Bier-Ruhe. Er sagte: »Well, M’am, I connect you with the town operator.« Worauf die weibliche Stimme sich in weiteren Unverständlichkeiten überschlug. Der Vorgang wiederholte sich noch zweimal. Alex hatte Pech: die Anru­ fende war die Frau des Chef Commandeurs vom Hospital und hatte ihm, vom Schreck geschockt, mitgeteilt, daß ein Zimmerbrand ausgebrochen sei. Nachdem der friedfertige Vermittler an der Zentrale ihr auf diese Botschaft dreimal angeboten hatte, sie per Amtsleitung in die Stadt zu verbin­ den, verlor die Dame völlig die Nerven, rannte zum Chef und schrie unter Tränen: »Fire this guy!< Der Chef aber besaß Humor. Er feuerte ihn nicht hinaus, sondern bestellte Alex zu sich. »Junger Mann«, sagte er, »so geht das nicht. Eigentlich müßte ich dich an die Luft setzen.

»Im tiefen Winter stand eine lange Schlange vor einer Tausch-Stelle ... Inmitten eine zierliche, ältere Dame, die eine silberne Teekanne an ihre Brust drückte ... Geduldig wartete sie auf eine Schätzung — aber ach, die fiel sehr gering aus. Das Teekännchen hatte ein zu leichtes Gewicht. Es war aus Silber, in schöner, barocker Form ... Aber nur der Sil­ berwert zählte. So zögerte die Dame in den zwei Winter­ mänteln, trat zurück, betrachtete traurig ihre sehr geliebte Kanne und wollte schon umkehren, als sie eine Bekannte traf... An den beiden vermummten Deutschen ging eine sehr gepflegte, schöne Dame vorbei — eine Amerikanerin ... Und so verließen zwei Frauen samt Teekanne die unwirtli­ che Tausch-Stätte, um ihr Privatgeschäft draußen abzuwikkeln ... Die Amerikanerin strebte ihrem bequemen Auto zu und fragte hastig: »Wo wohnen Sie denn - kommen Sie mit, ich fahre Sie heim!« Die Deutsche, verwundert und über­ rascht, beschrieb ihren kilometerlangen Heimweg. Dann stiegen beide in eine große Ami-Kutsche ein und fuhren los. Sanft summte die Heizung des Wagens. Der deutschen Dame wurde mollig ... Dann trennten sie sich, wünschten sich alles Gute und versprachen, einander wiederzusehen. Die Teekanne fuhr mit dem Ami-Auto ... Sie würde ihren Adjutanten mit den fälligen Gegenständen vorbeischicken, versprach die Dame noch. Voll Vertrauen, insgeheim auch stolz, kehrte Mutter ohne Teekanne heim zur Familie. Auf Skepsis war sie gefaßt — nicht aber auf Vorwürfe. »Du kannst doch nicht einfach die wertvolle Teekanne hergeben für nichts, nur für Worte!« meuterten die hungrigen Angehörigen. »Pass auf — ewig werden wir auf diese Gegenleistung warten!« ... Endlich, am fünften Tag, klingelte es. Vor der Tür stand ein gut er­ nährter, freundlicher Soldat mit einem großen Ledersack. Er fragte nach dem Namen der Familie und wurde in den

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Wohnraum komplimentiert. Dort fing er an, seine Schätze auszupacken. Stangen um Stangen Zigaretten waren darun­ ter ... Auch Fett und andere Lebensmittel gab es in großen Mengen - Zucker dabei, der einen handgeschriebenen Zet­ tel trug: >Foryourstrawberries in summer.< Halbbitteres Ge­ lächter darob — Erdbeeren bekamen die Deutschen niemals in diesen Jahren. Die gingen an die Besatzungsmacht. Der herzliche Dank vermittelte. Es stellte sich heraus, daß der Ehemann der Dame General war. Bei ihm und seiner Frau

fand sich eine Aufgeschlossenheit, die in diesen Tagen nicht alltäglich war.« »Die Amerikaner« — Besatzungsmacht, Arbeitgeber, Sieger, Er­ nährer ... Nach einem verlorenen Krieg kann kein Volk darauf rechnen, mit großer Liebe und Achtung behandelt zu werden. Auch die amerikanische Besatzungsmacht machte von diesem Grundsatz keine Ausnahme. Es gab jedoch jenseits von »NonFraternization« und Besatzungsstatut menschliche Begegnun­ gen, die das Leben in dieser Zeit erträglich machten. Marita Krauss

Ami-Buben, unbeschwert, wohlgenährt und voller Lebenslust, wie es die Lausbuben aller Welt so gerne wären! Im Gegensatz zu den herausgeputzten Mädchen sind sie leger, ja sogar salopp gekleidet. Zu ihren monteur-blauen, engen, meist umgekippten Hosen passen die lustigen und sehr praktischen rot, blau oder gelb gestreiften Trikots. Bunte Söckchen vervollständigen diesen praktischen Anzug. Die Größeren in ihren khakifarbenen Hosen und Jacken beleben oft das Bild mit leuchtend roten Schildkappen, die sie verwegen tragen. Blatt für einen Kalender des Jahres 1949 von H. Virl, Privatbesitz

Grelle Farben - leuchtend und lebensfroh, werden von der Amerikanerin bevorzugt. So bunt wie ein Papagei ist. bemalt ihr farbiger Mitbürger sein Radi. Lustig anzusehn, wenn die Sonne lacht. Liegt hier der Unterschied zwischen der Alten und der Neuen Welt? Blatt für einen Kalender des Jahres 1949 von H. Virl, Privatbesitz

Das Herbstfest 1946 im Trümmermünchen: Kein Oktoberfest aber eine richtige Wies’n Für den heutigen Wies’n-Besucher ist es selbstverständlich, daß er sich auf einem geteerten Straßensystem zwischen den Fassaden und Zelten bewegt. Jeder Festwirt rechnet mit funk­ tionierendem Wasseranschluß, der Schausteller mit Stromver­ sorgung und Telefon im Wohnwagen. Für diese Vorausset­ zungen zu sorgen, ist Aufgabe der Stadt. Zuständig für die Organisation der Festwiese war und ist das Referat 10 der Stadt München, das Referat für Wirtschaft und Verkehr. Bei diesem Sachreferat bewerben sich Schausteller und fliegende Händler um einen Standplatz für ihre Geschäfte. Vom Referat 10 erhal­ ten auch die Festwirte ihre Verträge, ebenso einige seßhafte Händler, heute beispielsweise die Brotverkäufer(innen) vor den Bierzelten oder Münchener Spirituosenhersteller.1* Das letzte Oktoberfest vor dem 2. Weltkrieg hatte 1938 stattgefunden. Bereits 1945 stellte der »Bayerische Landesfach­ verein e. V. Ambulanter Gewerbetreibender« wieder einen An­ trag, auf der Theresienwiese ein Fest veranstalten zu dürfen; die Amerikanische Militärregierung lehnte diesen Antrag ab.2* Die erste Verdienstmöglichkeit nach dem Krieg erhielten die Schausteller erst 1946 durch zwei Frühlingsfeste, die in Ra­ mersdorf und auf der Theresienwiese abgehalten wurden. Im gleichen Jahr stellte der Schaustellerverein auch einen Antrag für eine Herbstveranstaltung. Diesem Gesuch wurde stattgege­ ben, mit der Durchführung der städtischen Organisations­ aufgaben wurde der berufsmäßige Stadtrat Karl Erhärt vom Sachreferat 10 beauftragt. Welche Hindernisse zu überwinden waren, bis am 14. September 1946 Vertreter der Stadt und der Militärregierung den Festplatz feierlich eröffnen konnten, ist aus dem Schriftwechsel des Sachreferats und aus Sitzungspro­ tokollen des Stadtrats zu ersehen.'*

Ein Oktoberfest im Trümtnermünchen? — tnoraIisch -politische Bedenken Am 26.4. 1946 wandte sich der Schaustellerverein wiederum an Stadtrat Erhärt: »Im Zeichen des Wiederaufbaues der Landeshauptstadt München, einst weltberühmt durch ihre von tiefer mensch­ licher Symbolik durchzogenen, traditionellen Veranstaltun­ gen künstlerischer und volksfestlicher Natur, möchte das Gewerbe nach Schaustellerart das seine dazubeitragen, der sprichwörtlichen Münchner Gemütlichkeit wieder zu neuem Leben zu verhelfen. Wir denken dabei an die Abhal­ tung eines Herbstfestes — Oktoberfestes vom 14.9.—6.10. 1946.«4* Stadtrat Erhärt nahm zu diesem Antrag in einer Sitzung des Hauptausschusses am 16.5. 1946 Stellung: »Daß in Anbetracht der heutigen Notlage das Oktoberfest nicht in seinem alten Glanz erstehen kann, ist selbstver­ ständlich ... Immerhin wird der Jugend, die entbehrungs­ reiche Jahre hinter und noch vor sich hat, etwas Ablenkung

vom Alltag und Freude geboten werden können. Wenn es gelingen sollte, ein Bierzelt aufzustellen, in dem das nötige Bier zum Ausschank zur Verfügung steht, dann sieht die Veranstaltung nach Oktoberfest aus und sie wird von der Bevölkerung als ein Anfang gewertet und begrüßt werden ... Ich lasse mich bei meinem Vorschlag in keiner Weise ausschließlich vom Standpunkt der Tradition und den Ver­ gnügungsansprüchen der Bevölkerung, insbesondere der Jugend, die von der Münchener Gemütlichkeit noch nicht viel bemerkt hat, leiten, sondern ich sehe in der Veranstal­ tung des Oktoberfestes einen belebenden finanziellen Fak­ tor, der, wenn auch mit Schwierigkeiten, so doch mit der Sicherheit des Erfolges in Schwung gesetzt werden kann.«5* Diese wirtschaftlich und sozial-psychologisch positiven Aspek­ te einer Herbstveranstaltung stellte Stadtrat Dr. Proebst in seiner Erwiderung genau gegensätzlich dar: »Man kann darüber streiten, ob Bier unbedingt notwendig ist, aber die Mehrzahl derer, die ich sprechen konnte, erklär­ te, ohne Bier gehe es nicht... Weiter haben die Brauereien keine Bierzelte, ... auch weder Tische, noch Stühle, noch Maßkrüge, es fehlt an allem, womit man jetzt ein größeres Volksfest wieder aufziehen könnte ... Wie sollen allein schon die sanitären Anlagen erstellt werden! ... da werden ihnen die Kübel voll weggestohlen bei der Not an Kübeln jeder Art, die für die Hausfrauen besteht... Dazu kommen die Ernährungsschwierigkeiten ... Dazu kommt die Wir­ kung auf das Ausland, insbesondere auf Amerika ... Wir würden den gut gesinnten Kreisen in Amerika die Arbeit in unserem Sinn außerordentlich erschweren, wenn drüben Funkbilder und Berichte über das traditionelle Oktoberfest erscheinen ... Es würde allgemein heißen, die Deutschen sind wieder in der Lage, Feste zu feiern wie früher, und das würde die Bereitwilligkeit zur Lebensmittellieferung nach Deutschland nach meiner Auffassung außerordentlich ge­ fährden und per saldo für Deutschland, aber insbesondere für München und Bayern die größten Gefahren herauf­ beschwören.«6* Trotz dieser in Namen der CSU-Fraktion vorgebrachten Ein­ wände wurde Stadtrat Erharts Antrag noch am selben Tag an­ genommen. Vorbehaltlich der Zustimmung der Militärregie­ rung beschloß man, vom 14.9. bis zum 6.10. auf der There­ sienwiese ein Fest durchzuführen.7* Der um knapp eine Woche vorverlegte und verlängerte Termin ergab sich »aus der Not­ wendigkeit, den von auswärts kommenden Geschäften in An­ betracht der erheblichen Transportschwierigkeiten und insbe­ sondere der damit verbundenen, die Friedenspreise bedeutend übersteigenden Kosten, einen Ausgleich zu schaffen«.8* Man ermächtigte Stadtrat Erhärt, einen Oktoberfestausschuß zu bilden9* und betraute das Sachreferat 10 damit, alle notwen­ digen Verträge abzuschließen, vor allem den Vertrag mit dem Schaustellerverein. Zunächst bereitete die Namensgebung für die geplante Veranstaltung den Stadträten jedoch noch einiges

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Kopfzerbrechen: Oberbürgermeister Karl Scharnagl sprach sich für die Beibehaltung der Bezeichnung »Oktoberfest« aus,10’ Bürgermeister Thomas Wimmer plädierte jedoch dagegen;"’ Stadtrat Erhärt erinnerte schließlich daran, daß auch 1919, nach dem 1. Weltkrieg, in bescheidenerem Rahmen unter dem Namen »Herbstfest« gefeiert worden war.12’ Damit besaß dieser Name seine eigene, nachdenklich stimmende Tradition. Die Schäden, die der 2. Weltkrieg verursacht hatte, wirkten sich allerdings so nachhaltig aus, daß nicht nur eine Nachkriegsver­ anstaltung diesen Namen trug. Das erste »richtige« Oktoberfest konnte erst 1949 wieder veranstaltet werden.

Lizenziertes Fest, politisch »unbedenkliche» Veranstalter — organisatorische Besonderheiten der Trümmerfeste Am Tag des Stadtratsbeschlusses, dem 16.5. 1946, erteilte auch die Militärregierung eine entsprechende Erlaubnis: Die »Public Security Section« genehmigte der Landeshauptstadt München, ein Fest zum Zweck der »Volksbelustigung (traditionelle Herbstveranstaltung)« zu organisieren. Stadtrat Erhärt ver­ pflichtete sich, dafür zu sorgen »daß die Veranstaltung für keine politische Tätigkeit irgendwelcher Art mißbraucht wird« und daß keine politisch belasteten Personen beteiligt würden.13’ Auch der Schaustellerverein schloß sich dem im Vertrag zwi­ schen dem Referat 10 und dem Verein an.14’ Bei sämtlichen Verhandlungen und Abschlüssen vertrat Jo­ sef Fuchs als 1. Vorsitzender des Bayerischen Landesfachvereins die Anliegen der Schausteller.15’ So intervenierte er beispiels­ weise gegen die Bestimmung, ehemals parteizugehörigen Schaustellern auf der Theresienwiese keinen Standplatz einzu­ räumen: Der Verein fragte beim Referat 10 an, ob nicht wenig­ stens »jüngere Parteigenossen« zugelassen werden könnten. Eine entsprechende Auskunft holte sich Stadtrat Erhärt bei der Stadt Augsburg ein, die zu diesem Zeitpunkt bereits ein Fest, den traditionellen »Plärrer«, veranstaltet hatte. Der Augsburger Oberbürgermeister antwortete, man habe von den Schaustel­ lern bei der Anmeldung eine Erklärung über Parteizugehörig­ keit verlangt.16’ Traditionelle Feste wurden also auch in ande­ ren bayerischen Städten in den Trümmerjahren wiederbelebt: Die Stadt Erlangen, die 1947 wieder die Erlanger Bergkirch­ weih feiern wollte, hatte ebenfalls Probleme mit der politi­ schen Vergangenheit der Schausteller.17’ Von diesen langwierigen Vorgängen erfuhr die Münchner Bevölkerung nur wenig. Daß allerdings die etablierte Ochsen­ braterei 1946 noch nicht auf das Herbstfest ziehen konnte, da sie erst entnazifiziert werden mußte, darüber berichtete die Münchner Presse.18’ Die Auflagen, die die Militärregierung den Veranstaltern machte, wirkten sich beim Aufbau des Fest­ platzes und während des Festes selbst nur wenig aus. Einzig acht gut sichtbar angebrachte Schilder auf der Theresienwiese verkündeten, daß es sich um ein »Genehmigtes Herbstfest 1946 — Granted autumn-festivity« handelte.19’ In Friedensjahren bewerben sich Schausteller und Gewerbe­ treibende direkt bei den zuständigen Referaten der Gemeinden um einen Standplatz. Die Schausteller verfügen über ein be­ rufseigenes Informationsorgan, »Der Komet, Fachblatt für Reisegewerbe und Markthandel«, in dem Gemeinden oder Vereine die geplanten Veranstaltungen anzeigen. Auf diese An­ zeigen hin können sich Schausteller frühzeitig um einen

Amerikanische und deutsche Prominenz heim Herbstfest 1946

Standplatz an den Veranstalter wenden. Im Jahre 1946 erschien im »Komet« nur eine kleine Notiz, und zwar erst am 30.9. Es hieß, das Oktoberfest »wird in diesem Jahr laut Beschluß des Münchener Stadtrates durch ein 1 lerbstfest ersetzt, das im klei­ nen Rahmen ... stattfmdet«.20’ Da das Sachreferat 10 mit der Aufgabe, die Platzverhältnisse auf der Theresienwiese wieder herzustellen, ohnehin fast überfordert war, wurden die Vorver­ handlungen zur Platzvergabe für die Herbstfeste nicht vom Referat, sondern vom Landesfachverein der Schausteller ge­ führt, der sich unter Absprache mit der Stadt um Zulassung oder Ablehnung, Vertragsabschlüsse, Einhebung der von der Stadt festgesetzten Platzgelder, Bewachung und Reinhaltung des Festplatzes kümmerte. Außerdem verpflichtete sich der Verein, die Prüfung der Bauten auf dem Festplatz durch den Technischen Überwachungsverein selbst zu veranlassen.21’ Nachdem »normalerweise« die meisten dieser Aufgaben von der Stadt selbst wahrgenommen wurden, wandten sich manche Gewerbetreibende direkt an das Referat 10. Vielleicht wollten einige Antragsteller ihrem Gesuch dadurch auch besonderen Nachdruck verleihen. So bewarb sich am 17.9. eine Familie für einen Platz zum Postkartenverkauf beim »Wehrten Herrn Oberinspektor«. Die Begründungen ihres Anliegens waren vielfältig: der Vater, Versehrtenstufe IV, ist doppelt unterschen­ kelamputiert, zwei Kinder sind zu versorgen, in Aussicht ste­ hende Möbel können nicht bezahlt werden, die Familie hat Begeisterte Besucher des »Frühlingsfestes« 1946, Photo von H.Schürer

Oktoberfest

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Das erste »Frühlingsfest« in München nach dein Krieg, 1946, Photo von H.Schürer

ohnehin kein Dach über dem Kopf, da sie »total fliegergeschä­ digt« ist. Auf diesen Brief erfolgte eine nicht minder erschüt­ ternde Absage, unterzeichnet von Stadtrat Erhärt: »Es geht nicht an, daß einzelne Hilfsbedürftige die Wohltä­ tigkeit der Bevölkerung für sich allein in Anspruch nehmen, während ungezählte Opfer dieses Krieges mit den Mitteln zurechtkommen müssen, die ihnen der Staat und private Hilfsorganisationen zubilligt.« Und außerdem: »So bedauernswert Ihre Lage auch ist, so liegt hier doch nur ein Fall von vielen vor.«22’ Stadt und Verein bemühten sich, überwiegend große Schau­ stellergeschäfte, die entsprechend mehr Umsatz machen, von auswärts anzuwerben. Das Herbstfest sollte jedoch auch den Münchner, und unter ihnen den weniger gut verdienenden Schaustellern zugute kommen. Entsprechend zeitraubende Verhandlungen hatte der Verein zu führen; die Stadt hatte »nur« noch den Festplatz »bezugsfertig« bereitzustellen.

Stunde Null eines Festes — Kriegsschäden »Bezugsfertig« bedeutet, daß die Schausteller anreisen und ihre Geschäfte aufschlagen können. Von diesem Zustand war die Wiese bei Kriegsende weit entfernt. Wie Münchner Marktund Festplätze bereits während des Krieges, schon vor Bom­ benangriffen aussahen, davon gibt die Aufnahme des Dultplat­ zes vom Sommer 1940 ein einprägsames Bild.23’ Aber nicht nur Grasnarbe und Pflasterung oder Asphalt der Plätze waren

nach dem Krieg zerstört, teils hatte man die Freiflächen der Stadt zu Kriegszwecken bebaut, und die Bestände des Okto­ berfestbauhofs waren nach und nach dem Krieg zum Opfer ge­ fallen. Bereits 1939 wurde Kabelmaterial aus dem Oktober­ festbauhof zweckentfremdet und zur Stromversorgung der »Zugbefehlstelle und Werferstellung Theresienwiese« verwen­ det. Den stadteigenen Bau der Fischer-Vroni funktionierte man in eine Feldschmiede um, und die heizbaren Baracken für Feuerwehr, Sanitäter und Bauleitung des Oktoberfests requi­ rierte das Heer.24’ Der Restbestand des Oktoberfestbauhofs, etwa Absper­ rungsgitter, Beleuchtungskörper, Bauholz und ähnliches war »bei verschiedenen Fliegerangriffen der Vernichtung anheim­ gefallen«.25’ Auf der Theresienwiese hatte man überdies einen Bunker errichtet;26’ die ursprünglich ebene Wiese war von Bombenkratern aufgewühlt, jegliche Versorgungsleitungen für Strom, Gas und Wasser unterbrochen, die sanitären Anlagen weitgehend unbrauchbar. Vom bezugsfertigen Zustand war man daher auch im Herbst 1946 noch weit entfernt. Bevor mit den Aufräumungsarbeiten und dem aktiven Wie­ deraufbau begonnen werden konnte, mußte erst noch geklärt werden, ob nicht der Südteil des traditionsreichen Münchner Festplatzes in eine Kleingartensiedlung umgewandelt werden sollte.27’ Außerdem war die Theresienwiese zwar als Schafwei­ de verpachtet, in den dort frei herumlaufenden Pferden sah man jedoch »eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die sich bei dem für das Herbstfest zu erwartenden Massenbesuch der Theresienwiese in bedenklicher Weise auswirken kann. Es ge­ nügt, wenn sich ein Pferd unter die Besucher mischt und eine

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Panik auslöst«.28’ Der Bunker auf der Wiese wurde überdies »widerrechtlich als Pferdestall« benützt.29’ Den Ersatz des ver­ lorengegangenen Materials und der requirierten Bauten mußte die Stadt selbst finanzieren. Bei Diebstählen neu zusammen­ gesuchten Materials sah man gleich die Abhaltung des Festes »in Frage gestellt«.30’ Bereits am 18.10. 1945 hatte die Militärregierung der Stadt erlaubt, »Grundflächen mit ehemaligen deutschen Flak-Stel­ lungen oder Bomben-Kratern« zu planieren und sie nutzbar zu machen. Das Liegenschaftsamt leitete dem Referat 10 erst am 21.8. 1946 die entsprechenden Unterlagen zu, das dann die Planierungsarbeiten an ein Münchener Baugeschäft vergeben konnte.31’ Im Juli 1946 stellte das Referat 10 eine Liste der In­ standsetzungskosten zusammen; dabei wurde deutlich, daß al­ lein die Installation und Reparatur der sanitären Anlagen über die Hälfte des veranschlagten Haushalts verschlingen würde.32’ Auch der Zustrom und Abtransport von Besuchern durch die Straßenbahn mußte geregelt werden. Zugunsten eines rei­ bungslosen Ablaufs erklärten sich die Stadtwerke-Verkehrsbe­ triebe bereit, die Haltestelle Bavariaring (am Brausebad) für die Dauer des Fests eigens einzurichten. Den Einsatz besonderer Wagen für den Wies’n-Betrieb bezeichnete man allerdings als bei »der derzeitigen Wagenlage leider unmöglich«.33’ Für »dringende Fälle (Feuermeldungen, dringende polizeiliche Anrufe usw.)«34’ richtete man zwei Telefonapparate ein. Der städtische Informationsdienst wollte die offizielle Eröffnung des Fests - »wenn möglich, 2-3malige Durchsage« - per Rundfunk bekanntgeben.35’ Die Stadtgartendirektion wurde beauftragt, Girlanden für die Eingänge zum Festplatz anzuferti­ gen und ein Reklame-Atelier stellte Schilder vom Münchner Kindl her, die die Eingangs-Dekoration vervollkommneten.36’ Vergleicht man das heutige, wuchtig-kubische grüne Portal am Wies’n-Haupteingang mit der Festdekoration von 1946, so wird deutlich, was mit »bescheidenem Anfang« gemeint ist. Doch die vergleichsweise zierlichen grünen Girlanden von 1946 waren der Stadt so wichtig, daß man, als die Girlanden durch einen Sturm ramponiert wurden, die Stadtgartendirek­ tion um sofortigen Ersatz bat, damit »sämtliche Eingänge am 2. Wiesenhauptsonntag mit den neuen Girlanden geschmückt sind«.37’ Das Ansehen des Festes, das Selbstverständnis eines Festplat­ zes als Ort der fröhlichen Verschwendung von Lebens- und Genußmitteln, von körperlichen Kräften, von Farben, Düften und Licht schien nach entbehrungsreichen Jahren teilweise in Frage gestellt. Man befürchtete, die unter Materialmangel lei­ dende Bevölkerung könnte den Aufwand für die Wies’n übel aufnehmen.38’ So richtete die Süddeutsche Zeitung nach Ab­ lauf des Fests eine Anfrage an die Stadt, ob nicht vielleicht die unmäßig in Verwendung gewesenen Glühlampen aus dem Festfundus abgezogen werden könnten zugunsten der Mün­ chener Straßenbahn. Hierauf antwortete das Referat 10 mit einer peinlich genauen Darstellung der Besitzverhältnisse und setzte auseinander, daß die Glühbirnen bis auf fünf Stück Ei­ gentum der Schausteller gewesen seien. »Den Strom lieferte übrigens während des Festes die damals noch reichlich vorhan­ dene Wasserkraft.« Das Referat sah sich also zu einer exakten Rechtfertigung des »Lichtermeers« getrieben.39* Ein Münchner Bürger führte einen ausdauernd-verbitterten Schriftwechsel mit dem Referat, in dem er sich gegen das Feiern ganz allge­ mein aussprach oder vorschlug, die Tlieresienwiese in einen

Gemüse- und Kartoffelacker zu verwandeln, den Verkauf von Scherzartikeln zu verbieten und eben auch, daß die Schausteller ihre Glühbirnen der Münchner Bevölkerung überlassen soll­ ten.40’ Das Klischee vom bunt erleuchteten, abendlich-nächtli­ chen Festplatz hat die sieben Jahre, in denen es fehlte, also nicht ganz unbeschadet überstanden.

Das Fest trägt sich selbst — Finanzierung Für das Frühlingsfest war die Theresienwiese nur notdürftig hergerichtet worden. Der allmähliche Wiederaufbau zum ur­ sprünglichen Zustand konnte jedoch durch Einnahmen nicht nur aus dem Frühlingsfest, sondern auch durch die zu erwar­ tenden Standgelder des kommenden Herbstfests abgedeckt werden. Die daraus zu erwartenden Einnahmen setzte Stadtrat Erhärt im Hauptausschuß mit 20000,-RM an.41’ Auch in der bereits genannten Liste der Instandsetzungskosten waren rund 20000,— RM als Einnahmen aus dem geplanten Herbstfest zu­ grunde gelegt worden.42’ Diese Summen wurden jedoch bei weitem übertroffen. Die Platzgelder sollten noch vor Beginn zu zwei Dritteln an die Stadt überwiesen werden, um damit die nötigen Instandsetzungen finanzieren zu können. Am 2.9. 1946 wurde bei der Stadthauptkasse der Betrag von 62580,— RM eingezahlt, gut dreimal so viel wie erwartet. Bei der Schlußabrechnung am 7.10. 1946, nach Ende des Festes, kamen als Gesamtsumme städtischer Einnahmen sogar 94934,52 RM zustande.43’ Mit diesem Geld mußten die gelei­ steten Instandsetzungsarbeiten, der Druck von Plakaten, die Neuanschaffung des Oktoberfestbauhofs und seines üblichen Bestands finanziert werden. Der Reingewinn der Stadt ist da­ bei schwer zu schätzen, nachdem aber für den Wiederaufbau im Herbst 1946 rund 31 510,- RM Kosten veranschlagt wor­ den waren, ist dieser wohl nicht allzu gering gewesen. Bekannt als zusätzliche Einnahmequelle der Stadt sind die Spendenbeiträge der Schausteller und anderen Beschicker des Festes: bereits die Fieranten des Frühlingsfestes hatten 16690,—RM zum Wiederaufbau des Oktoberfests gestiftet. Unter den Beschickern des Herbstfestes wurden 1946 für Auf­ räumungsarbeiten auf der Theresienwiese 17 070,— RM einge­ sammelt. Die »Spendenfreudigkeit« der einzelnen Fieranten ist in der Sammlungsliste genau dokumentiert, sie variiert stark, ganz nach Vermögen des Spenders. So gab ein Großschaustel­ ler, der mit einem umfangreichen Schaugeschäft auf der Wies’n stand, 1 000,— RM, die Besitzerin eines Kinderkarus­ sells, die mit geringeren Einnahmen zu rechnen hatte, spendete 200,— RM, und kleine Geschäfte wie Brot- oder Scherzartikel­ verkäufer erübrigten durchschnittlich 15,— bis 20,—RM. Für die Münchener Nothilfe wurde außerdem ein Betrag von 5 840,- RM aufgebracht. Schließlich sammelten auch noch die Teilnehmer der Jacobi-Dult 1946, ebenfalls Schausteller und fliegende Händler, 300,- RM ein, die der Landesfachverein für den Wiederaufbau des Oktoberfestes bestimmte.44’ Ist die Sammlung für die Nothilfe sicher einfach als »gutes Werk« zu betrachten, so kommt in den restlichen Spenden von immerhin rund 36000,-RM vor allem der Wunsch der Schausteller zum Ausdruck, die Wies’n möglichst schnell wie­ der zu ihrem früheren Umfang aufzubauen, um damit entspre­ chend mehr Kollegen einen Standplatz zu sichern. Wenn also

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auch ein gewisser Eigennutz in der großzügigen Spende lag, scheint doch die Bemerkung Stadtrat Erharts über den Zustand des Festplatzes nach Abzug der Fieranten etwas grob: »Ich nehme wohl mit Recht an, daß die großzügige Spende für »Aufräumungsarbeiten» nicht für die Beseitigung von Heringsköpfen und sonstigen Abfällen, sondern für die Behebung von Kriegsschäden gedacht war.«45’ In diesen Worten kommt das zwiespältige Verhältnis deutlich zum Ausdruck, das zwischen der Stadt und den Reisenden im­ mer bestanden hat und besteht: Einerseits setzte sich besonders Stadtrat Erhärt zusammen mit einigen anderen Stadträten dafür ein, daß den Schaustellern nach dem Krieg wieder eine Ver­ dienstquelle geboten wurde und die Schausteller, abhängig von der Stadt, waren bemüht, auch zu eigenen Gunsten den Wie­ deraufbau des Oktoberfests zu fördern. Auf der anderen Seite läßt sich nicht verleugnen, daß die Stadt bereits am Herbstfest 1946 gut verdient hat und daß die gelungene Wiedereinfüh­ rung der Wies’n München auch in anderer Form zugute kam und kommt. Es sei nur an den steigenden Umsatz der Gastro­ nomie oder der Übernachtungszahlen während des Festes erin­ nert — ganz abgesehen vom immateriellen Prestigezugewinn als Stadt mit dem »größten Volksfest der Welt«.

Herbstfest 1946 — eine richtige Wies’n?! Gegen Ende August 1946 verschickte das Referat 10 eine Pres­ semitteilung an den städtischen Informationsdienst: »In den Jahren vor dem Krieg war um diese Zeit reges Leben auf der Theresienwiese. Die Bauten der großen Bier­ zelte waren im Entstehen, die Gerippe der Achterbahnen wuchsen von Tag zu Tag und kündigten vom baldigen Be­ ginn des beliebtesten aller Münchener Feste, vom Münche­ ner Oktoberfest mit seinem Frohsinn, den Brathendln, Stekkerlfischen, Schweinswürsteln und Wiesenbier, den Kokos­ nüssen und dem Türkischen Honig und vielen anderen Dingen, die heute nur noch in der Erinnerung bestehen ... Wenn nun mangels so wesentlicher Voraussetzungen nicht an die Abhaltung des Oktoberfestes gedacht werden kann, so ist doch nicht beabsichtigt, die Köpfe so lange in den Isar­ sand zu stecken, bis uns die gebratenen Hühner auf den Tisch fliegen.« Außerdem informierte die Pressemitteilung über das Vergnü­ gungsangebot, das den Herbstfest-Besucher erwarten sollte: »An Fahrgeschäften beteiligen sich zwei Autoskooter, Rake­ ten-, Gebirgs- und Raupenbahnen, Ketten fl ieger, eine Gei­ sterbahn, zwei Riesenräder, Schiff- und Überschlagschau­ keln und eine Anzahl von Kinderkarussells und Kinder­ schaukeln. Die nicht mehr zeitgemäßen Schießbuden sind durch Ring- und Ballwurfbuden ersetzt... Steilwandfahrer und andere Artisten werden in Schaubuden ihre Leistungen darbieten. In einer Anzahl von Verkaufsständen gibt es — na­ türlich nur gegen Abgabe der entsprechenden Marken — be­ legte Brote, Wurst, Backwaren und in einem großen Bierzelt wird die Wiesenmusik Erinnerungen an vergangene Zeiten wachrufen. Allerdings gibt es statt Märzenbier nur das heute übliche Dünnbier.«46’

Festzelt-Innenansicht, 1946, Photo von H. Hubinann

Nachdem dieser Text vom veranstaltenden Referat herausge­ geben wurde, ist den in ihm enthaltenen Zahlenangaben wohl am ehesten Glauben zu schenken. Berichte über das Herbstfest nennen nämlich teilweise andere Zahlen und Fakten: »Die Zelt- und Budenstadt hatte 1946 nur etwa ein Drittel der friedensmäßigen Ausdehnung. Das Ganze, als erstes Volksfest nach dem Kriege, nannte sich >HerbstfestKunststadt« München, in: Chr. Stölzl, (Hrsg.), Pie Zwanziger Jahre in München, Ausst. Kat. d. Münch­ ner Stadtmuseums, 1979, S.93ff. 4 Ebd., S.98. 5 Ebd.; außerdem Th. Mann (Hrsg.), Kampf um München als Kulturzentrum. Sechs Vorträge von Th. Mann, 11. Mann, L. Weissmantel, W. Geiger, W.Courvousier und P. Renner, mit einem Vorwort von Th. Mann, 1927. Zur heftig geführ­ ten Zeitungsdiskussion Stadt A Mü., Zei­ tungsausschnittsammlung, München als Kunststadt und Stadt A MÜ KA 10. 6 H.Mann, in: Th. Mann, Kampf um München als Kulturzentrum, S. 13 ff, hier S. 19. 7 Th. Mann, in: Th. Mann, Kampf um München als Kulturzentrum, S. 7 ff., hier S.8. 8 Ebd., S. 11. 9 J. Popp, München als Kunststadt (anläß­ lich der Glaspalast-Ausstellung), in: Per Kunstwart40 (1926/27), S.262; Popp zitiert diesen Ausdruck nach einem Flugblatt der »Neuen Secession«. 10 Th. Mann, a.a.O., S.8. 11 Ebd., S.9. 12 IV. Nerdinger, a.a.O., S.96 und K. Stierte, Lachen als Antwort, in: IV. Preisedanz, R. IVarning (Hrsg.), Pas Komische, 1976, S. 373 ff. 13 77i. MdtiH, a.a.O., S.8. 14 FK Nerdinger, a. a. O., S. 108. 15 W. Pelzet, Theater — Pie Münchner Kammerspiele 1911-1972, 1973, S. 246 ff. und 328 ff. 16 Dazu z.B. Stadt B MÜ HS HAH 548, Penkschrift Pr. Michael Schattenhofers vom 14.5. 45 und Schreiben Heinz v. Pessauers vom 14.8. 45 und vom 23.12. 45; Stadt B MÜ HS HAH 459, Schrei­ ben von Pr. A. Jacob an Bürgermeister Stadelmayer vom 21.9. 45; Stadt A MÜ BUR 2094/2, Schreiben des amerikani­ schen Theateroffiziers Gérard van Loon

an Oberbürgermeister Scharnagl vom 1.4. 46. 17 H. Eckstein, München und seine Kunst­ stadtprobleme, in: SZ vom 19.4. 1946, S.6. Über diese Kunstprobleme wurde außerdem zwischen Eckstein, W. Süß­ kind und Karl Scharnagl eine Pebatte in dem von H. Poeschel hg. »Münchner Tagebuch«« ausgetragen; dazu ebd., Pezember 1945 und Januar 1946. 18 E. Schwering, Pie Gemeinden und die Kultur, Vortrag vor dem XII. Internatio­ nalen Gemeindekongreß in Rom, 28.9. 1955, 1955, S.15. 19 H. Ernst, Zu Münchner Kunst, Rede an­ läßlich der Eröffnung der Ausstellung lunge Künstler der Akademie 1945-1965 am 2. April 1965 im Haus der Kunst, S. 10f. 20 H. Uhdc-Bernays, Bereitet das heilige Feuer — Erhaltung und Erneuerung Münchens als Kunststadt, in: MNN vom 20.2. 1926, S.l/2. 21 Stadt A MÜ BUR 1887, Beschluß der Vollversammlung des Stadtrates vom 12.2. 1952, S. 23, Vortrag des Referenten Fischer. 22 IV. Hausenstein, a.a.O., S.29. 23 Stadt A MÜ, BUR 2068, Rundschreiben Nr. 16/50 des Bayerischen Städtever­ bands vom 14.2. 1950, S. 2. 24 R. R. Beer, Schwerpunkte kommunaler Kulturpolitik, 1968, S. 11. Zu diesem Problem ausführlich M. Krauss, Münch­ ner städtische Kulturpolitik 1945-1954. Piss, masch. München 1983, Kap. I., S.21 ff. 25 Stadt A MÜ BUR 2068, Rundschreiben Nr. 16/50 des Bayerischen Städtever­ bands vom 14.2. 1950, S. 1 und ver­ gleichbar die »Leitsätze zur kommunalen Kulturarbeit« (Stuttgarter Richtlinien) des Deutschen Städtetags, festgelegt am 18./19.1. 1952 in Stuttgart, in: Deutscher Städtetag (Hrsg.), Städtische Kulturpolitik, Empfehlungen, Richtlinien, Hinweise des Pcutschen Städtetages zur Praxis städtischer Kulturpolitik 1946 bis 1970, 1971, S. 104 ff. 26 Ebd. 27 A. Spielhoff, Kulturpolitik am Wende­ punkt, ein Vortrag gehalten am 16.10. 1973 in Portmund, in: Dortmunder Vorträge, Heft 111/112, S.3. 28 Dazu M. Krauss, a.a.O., Kap.IV. 1, vor al­ lem S.468 ff.; außerdem der Aufsatz von B.Schoßig in der vorliegenden Publika­ tion. 29 Stadt A MÜ KA 822, Konzept des Ver­ waltungsdirektors der Münchner Kam­

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merspiele, Harry Buckwitz, vom 20.12. 48. 30 Dazu vor allem Stadt B MÜ HS HAH 272. 31 So als Überschrift eines Artikels der Münchner Abendzeitung, in dem das »Soziale Kulturprogramm« der Stadt sehr positiv kommentiert wird; Abendzei­ tung vom 8.8. 1951, »Kultur für alle bitte nicht zu leise weitersagen!«, Artikel von »Hiss«. Außerdem dazu Stadt B MÜ HS HAH 272, Bericht über die Bespre­ chung vom 22. Mai 1951, Betreff: So­ ziales Kulturprogramm. Als Beispiele für die kulturpolitischen Diskussionen der Siebziger Jahre um dieses Thema seien hier genannt H. Hoffmann (Hrsg.), Per­ spektiven der kommunalen Kulturpoli­ tik, 1974; P. Häberle, Kulturpolitik in der Stadt — ein Verfassungsauftrag, 1979; G. Kreissig, H. Tressler, J. n. Uslar, Kultur in den Städten, Eine Bestandsaufnahme 1979, in: Neue Beiträge des Deutschen Städtetags, H.37, 1979; O.Schwencke, K. H. Revermann, A. Spielhoff (Hrsg.), Plädoyers für eine neue Kulturpolitik, 1974; außerdem die verschiedenen Ver­ öffentlichungen des Deutschen Städte­ tags, verzeichnet in Deutscher Städtetag, Im Dienst Deutscher Städte 1905-1980, 1980, S.271 ff. Außerdem das Buch von H. Hoffmann, das sogar den Titel »Kultur für alle« trägt und 1979 erschienen ist. 32 Ein Beispiel dafür bilden die Richtlinien des Deutschen Städtetags, die als »Leit­ sätze zur kommunalen Kulturarbeit« be­ zeichnet werden. 33 Dazu M. Krauss, a.a.O., Kap.II1.2c und IV.4c, S. 349 ff. und 661 ff. 34 Ludwig Krafft, Hans Ludwig Held, in: Stadtbibliothek München (Hrsg.), Fest­ schrift zum 50jährigen Bestehen der Handschriften-Sammlung, Hans Ludwig Held zum Gedächtnis, Red. Richard Lemp, 1974, S.31 ff, vor allem S.38ff. 35 Diese Entwicklung zeigen auch die Brie­ fe, die wichtige Persönlichkeiten des rechten Spektrums, so Oswald Spengler und der spätere Direktor der Bayerischen Staatsbibliothek, Buttmann, gegen Heids Amtsentlassung 1933/34 schrieben und in denen Heids USPP-Zeit als »politi­ sche Jugendsünde« abgetan wird. Stadt B MÜ HS Nachlaß Held 1, 1-8. 36 Dazu H. Carossa, Aufzeichnungen aus Italien, in: H. Carossa, Sämtliche Werke, 1962, Bd.I, S.919. 37 IV. Petzet, a.a.O., 1973, S.483. 38 Heids Interessen konzentrierten sich vor allem auf Literatur, Philosophie und östliche Religionen, er selbst war zwi­ schen 1911 und 1921 als freischaffender

350

Anmerkungen Schriftsteller und Herausgeber mehrerer Zeitschriften tätig. Dazu L. Krafft, a.a.O., S.32ff.

39 Ebd., S.43f. 40 Innerhalb der Abteilung für Kultur war er zwar durchaus weisungsberechtigt (zu­ sammen mit dem Oberbürgermeister), nicht jedoch beispielsweise gegenüber dem Wohnungsamt. 41 Stadt B MÜ HS HAH 231, Schreiben Heids an Stadtrat Fischer vom 20.2. 1948 und M.Krauss, a.a.O., Kap.IV.4c, S. 661 ff. 42 Ohne an dieser Stelle nochmals ausführ­ lich auf die »Kunststadt«-Diskussion ein­ zugehen, die seit den Zwanziger Jahren mit Vehemenz geführt wurde, sei doch betont, daß das »Kunststadt«-Argument in vielen entscheidenden Kulturaus­ schußsitzungen als wichtiger Diskussi­ onsfaktor ins Spiel gebracht wurde. So findet sich häufig die Aussage, München als Kunst- und Kulturstadt könne sich eine Handlung wie beispielsweise die Aufgabe der Münchner Philharmoniker nicht leisten. Dazu Stadt B MÜ HS HAH 374, Sitzung des Kultur- und Finanzaus­ schusses vom 14.12. 1949, Protokoll S. 3. 43 Stadt B MÜ HS HAH 197, Schreiben Hans Ludwig Heids an Max Gerstl, den Wohnungsreferenten, vom 25.11. 1947 und M. Krauss, a.a.O., Kap.IV. 4.c, S.665. 44 Zu der Entwicklung, die die Bildung ei­ ner Kulturverwaltung zur Folge hatte, finden sich genauere Informationen bei W. Baedeker, Kulturpflege der Stadt München 1870-1932, in: Neue Schrif­ tenreihe des Stadtarchivs München, hg. von R. Schaffer, Bd.6, 1953, vor allem S. 183 ff. 45 Dazu H. M. Hanko, Kommunalpolitik in München 1933-1935, in: M.Broszat, E. Fröhlich (Hrsg.), Bayern in der NSZeit, Bd.3, 1981, S.428ff. Außerdem Stadt B MÜ HS HAH 259, Bericht ohne Autor, »Die Struktur des ehemaligen Kulturamtes«. 46 Stadt B MÜ HS HAH 259, Rundschrei­ ben Bürgermeister Dr. Franz Stadelmay­ ers vom 22.11. 45. 47 Ebd. und Stadt B MÜ Mon 3034, Weekly Report Nr. 12, 20.7.—27.7. 45, Confi­ dential, OMGM. 48 Eine ausführliche Darstellung dieser Auskämmungsarbeiten findet sich in M.Krauss, a.a.O., Kap.IV, l.b, S.475ff. 49 Stadt B MÜ Mon 3034, Weekly Report Nr. 12, 20.7.-27.7. 45, Confidential, OMGM; außerdem Stadt B MÜ HS HAH 259, Schreiben Heids an Dr. A. Jacob vom 7.9. 1945.

50 Stadt A MÜ BUR 2094/2, Schreiben des Theateroffiziers Gérard van Loon an Oberbürgermeister Scharnagl vom 1.4. 46; weitere Gründe für diese Änderung in der Verwaltung werden genannt in Stadt B MÜ HS HAH 260, Schreiben Heids für Oberbürgermeister Scharnagl vom 7.3. 1946, »Bericht über die städt. Kulturaufgaben und die erforderlichen Verwaltungsänderungen«; Held betont hierin ausdrücklich die gute Zusammen­ arbeit mit den jungen Mitarbeitern des Direktorium C, jedoch auch die Überla­ stung Lacherbauers mit anderen Aufga­ ben, die diesem für die Kulturaufgaben nicht viel Zeit lasse. 51 Stadt A MÜ BUR 1746, Rundschreiben vom 24.10. 1946, Betreff: Geschäftsver­ teilung, gezeichnet von Oberbürgermei­ ster Scharnagl. 52 Stadt B MÜ HS HAH 259, Betrifft: Be­ arbeitung der kulturellen Angelegenhei­ ten in der Münchner Stadtverwaltung, Rundschreiben Bürgermeister Stadel­ mayers vom 22.11.1945. 53 Zur Auflösung des Theater- und Musik­ amtes Stadt B MÜ HS 1IA11 260, Rund­ schreiben Oberbürgermeister Scharnagls, Betrifft: Geschäftsverteilung; hier: Kul­ turwesen, vom 18.4. 47. Zur weiteren Entwicklung der Kulturverwaltung Stadt A MÜ BUR 1747, 1748, 1749, Ge­ schäftsverteilungspläne der Stadt Mün­ chen. 54 Stadt B MÜ HS HAU 260, Rundschrei­ ben Oberbürgermeister Scharnagls vom 18.4. 47. 55 Stadt B MÜ HS HAH 229, Denkschrift von Hans Ludwig Held betreffend »Er­ fassung, Vermittlung und Sicherung von Wohnraum für kulturell schaffende Per­ sönlichkeiten« vom Juni 1947. Nach Heids Aussage war dieser Satz das Ergeb­ nis »einer ersten Sitzung führender Münchner Kulturmänner beim Herrn Ministerpräsidenten«, in der dieser Satz »als eine Art Motto« herausgearbeitet wurde. 56 Stadt B MÜ HS HAH 231; an Verlags­ unternehmen wären aus solchen Grün­ den gerne nach München gezogen die Droemer’sche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. (Leipzig), der Verlag Hesse und Becker (Leipzig), Verlag und Antiquariat Hiersemann (Leipzig), der Lichtbilder­ verlag »Orbis« Christoph Leonhardt (Dresden), Max Niemeyer (Halle/Saale), Languth (Posen) und vor allem Reclam (Leipzig). 57 Stadt A MÜ 1887, Schreiben des Regie­ rungsbeauftragten für das Flüchtlingswe­ sen, Gembeck, an das Bayerische Staats­ ministerium für Unterricht und Kultus

vom 2.7. 1948; das Kultusministerium hatte um die Zuweisung von WohnungsSonder-Kontingenten gebeten und Gembeck antwortete, daß »eine weitere Zuteilung von Sonderkontingenten im 1 linblick darauf, daß noch über 50000 Münchner evakuiert und Tausen­ de Münchner sich noch in Kriegsgefan­ genschaft befinden«, nicht vorgenom­ men werden könne. 58 Stadt B MÜ HS HAH 231, Bericht 1 lelds vom November 1948 »Meine Tä­ tigkeit zur Heranziehung von Verlagen nach München«. 59 Stadt B MÜ HS HAH 228, Bericht I lelds an Oberbürgermeister Scharnagl vom 15.12. 47. 60 Stadt B MÜ HS HAH 229, Denkschrift Heids vom Juni 1947. 61 M. Krauss, a.a.O., Kap.IV. 4.c, S.673 und Stadt B MÜ HS 11A11 231, Briefwechsel zwischen den betroffenen Verlegern und der Stadt München. 62 Stadt B MÜ HS HAH 197, Schreiben des Schriftstellers Wilhelm Weigand an Hans Ludwig Held vom 18.5. 47; Wei­ gand, den man aus seiner Wohnung ge­ setzt hatte, schrieb an Held: »Die Kultur­ stadt München bedarf meiner nicht. Sie wird nach wie vor die große > Kulturstadt« und die Stadt der verpaßten Gelegenhei­ ten bleiben, die sich selbst aus diesem Dauerzustand den schönsten Reklame­ rummel schaffen wird.« 63 Stadt B MÜ HS HAH 260, Bericht vom 5.3. 47 für den Oberbürgermeister und den Kulturbeauftragten, Betrifft: Be­ handlung der Kulturangelegenheiten in Stuttgart. 64 Vgl. dazu die Beiträge von C.-D. Schwab und R. Bolz in der vorliegenden Publika­ tion. 65 Ebd.; außerdem B. Mettler, Demokra­ tisierung und Kalter Krieg, Zur amerika­ nischen Informations- und Rundfunk­ politik in Westdeutschland 1945-1949, 1975; H. Gehring, Amerikanische Litera­ turpolitik in Deutschland 1945-1953, 1976 und allgemein J. Cimbel, Amerika­ nische Besatzungspolitik in Deutschland 1945-1949, 1972, sowie Westdeutsch­ lands Weg zur Bundesrepublik 1945-1949, hg. von Mitgliedern des Insti­ tuts für Zeitgeschichte, 1976. 66 Stadt A MÜ BUR 2094/2, Schreiben van Loons an Oberbürgermeister Scharnagl vom 1.4. 1946. 67 S. Heynt, Probleme einer macht, in: K.R.Scherpe Deutschland unterwegs, Skizzen, Berichte 1945-48,

Besatzungs­ (Hrsg.), In Reportagen, S.334.

Anmerkungen 68 IV. Lange, Die Schaubühne als politische Umerziehungsanstalt betrachtet, Theater in den Westzonen, in: J. Hennand, H. Peitsch, K. R. Scherpe (Hrsg.), Nach­ kriegsliteratur in Westdeutschland 1945-49, Schreibweisen, Gattungen, Institutionen, Argument-Sonderband, 1982, S.30. 69 Ai. Krauss, a.a.O., Kap. IV, 2, S. 531 ff.

Dr. Schlögl, Bayerisches Staatsministe­ rium für Ernährung und Landwirtschaft, vom 6.6. 48. 77 Mehrfach stellte die Bayernpartei Anträ­ ge, die auf die Abschottung Münchens hinausliefen. Beispiele dafür finden sich zusammenfassend in Stadt A MÜ BUR 1887, Beschluß der Vollversammlung des Stadtrates vom 12.2. 52.

70 Ebd., Kap. II. 1-4, S.86ff.; außerdem Stadt B MÜ HS HAH 391, zusammen­ fassender Bericht des städtischen Verwal­ tungsoberinspektors Josef Rogger vom 21.12. 49 und beispielsweise »Bericht über die Besprechung vom 12.8. 1948 betr. «Münchner Philharmoniker««, ver­ faßt von Josef Rogger am 13.8. 48.

78 Stadt A MÜ BUR 2091, Bericht über die Sitzung des »Arbeitsausschusses für Fra­ gen der Bildenden Kunst« vom 23.10. 1945 im Künstlerhaus.

71 Stadt A MÜ BUR 2132, Artikel Heinz Pringsheims in der »Musikrundschau«.

81 Stadt B MÜ HS HAH 648.

72 Das Orchester der Bayerischen Staatsoper konzertierte als »Musikalische Akade­ mie«, in den ersten Jahren noch unter der Lizenz der Musikagentur Winder­ stein. Im Gegensatz zu den »Münchner Philharmonikern«, die ihre Einnahmen ausschließlich aus ihrer Konzert- und Rundfunktätigkeit bestreiten mußten, bedeutete die Konzerttätigkeit für das Staatsorchester nur eine Nebeneinnah­ me; daher war eine unangenehme Kon­ kurrenzsituation bereits vorprogram­ miert. Zur Geschichte der »Münchner Philharmoniker«, des früheren »KaimOrchesters«, vor allem »Die Münchner Philharmoniker 1893-1968«, hg. von A.Ott, 1968, »Sechzig Jahre Münchner Philharmoniker«, hg. von der Stadt Mün­ chen, 1953 und K. R. Danler, Musik in München, 1972. Zur Geschichte des Staatsorchesters die Festschrift zum 150jährigen Jubiläum der Musikalischen Akademie, 1961. 73 Dazu Stadt B MÜ HS HAH 388, Brief der Verwaltung der Philharmoniker, E. Waelde, an Prof. Held vom 17.10. 49; I IAH 401, Brief des Leiters des »Philhar­ monischen Chors«, Rudolf Lamy an Held vom 18.8. 48 und HAH 375, Vor­ merkung Hans Rosbauds für Oberbür­ germeister Scharnagl und H. L. Held vom 11.3. 46. 74 Zu der Problematik der Orchesterbesol­ dung ausführlich M. Krauss, a.a.O., Kap. II.3.C, S. 149 ff. 75 Zur Sprache gebracht wird diese Taktik des Staates beispielsweise in einem Schreiben des Verwaltungsdirektors der Kammerspiele, Harry Buckwitz, an Stadtrat Branz, Stadt B MÜ HS HAH 296, vom 14.6. 49. 76 Stadt A MÜ BUR 1887, Brief Oberbür­ germeister Scharnagls an Staatsminister

79 Stadt B MÜ HS HAU 650. 80 Stadt B MÜ HS HAH 698.

82 Stadt B MÜ HS HAH 647. Vor allem zum Schutzverband Bildender Künstler finden sich auch Informationen bei J. Held, Kunst und Kunstpolitik in Deutschland 1945-49, 1981, S. 285 f. 83 Nähere Charakterisierungen dieser Künstlervereinigungen sind einzusehen im Register der vorliegenden Publika­ tion. 84 Nähere Informationen über die »Kultur­ liga« finden sich in Stadt B MÜ HS HAH 601, über die »Liga der Künste« in HAH 630, die »Vereinigung der Freunde der Residenz« in HAH 620 und die »Vereinigung der Freunde Münchens« in HAH 621. Vgl. dazu auch die Beiträge von G. Hay und N. Krieg in der vorlie­ genden Publikation. 85 Stadt B MÜ I IS 1IAI1 390, Besprechung bei Staatssekretär Sattler vom 3.2. 50, Protokoll S.6; zu dem ganzen Komplex ausführlich M. Krauss, a.a.O., Kap.II.4., S. 175 ff. 86 Stadt B MÜ HS HAU 390, Kulturhilfe des Bayerischen Rundfunks, Bericht und Antrag, Protokoll der Rundfunkratssit­ zungen vom 31.3. und 11.4. 49. 87 Ebd.; diese Summe errechnet sich aus den in der Grundsatzerklärung, die in der Anlage dieses Protokolls liegt, angege­ benen Einzelsummen. Die erwarteten Einnahmen des Rundfunks für das Jahr 1949 betrugen demnach 28750000,-DM. 88 Ebd., Punkt 2.) der Grundsatzerklärung. 89 Ebd., Punkt 12.) der Grundsatzerklärung; allein die staatlichen Bühnen Münchens erhielten demnach mehr als die Hälfte der Zuschußsummen. 90 Stadt A MÜ BUR 2129, Gutachten von E. E. Moraht vom 19.5. 53 über die Münchner Philharmoniker, S. 12.

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91 Dazu W. Panofsky, Drei Orchester und achtzig Konzerte — grundsätzliche Be­ trachtungen zur Situation des Münchner Musiklebens, in: SZ, 19.7. 49 und der Artikel »Mäzen oder Konkurrent«, in: NZ vom 26.8. 49; außerdem dazu Stadt B MÜ HS HAH 391/2, Schreiben der städtischen Musikbibliothek München an Held vom 13.12. 49. 92 Da die städtischen Kulturinstitutionen als städtische Dienststellen geführt werden, gewährt man ihnen keinen »Zuschuß«, sondern einen Etatausgleich. Das ist inso­ fern zweierlei, als die Stadt einen Zu­ schuß oder eine Subvention, an ein stadt­ unabhängiges Theater auch nachträglich verweigern kann - für ihre eigenen Büh­ nen und Orchester ist sie als Rechtsträger jedoch juristisch haftbar. Dazu auch R. R. Beer, a.a.O., S.59. 93 Stadt 11 MÜ Mon, Haushaltssatzung der Landeshauptstadt München 1946 bis 1949, Zuschußbedarf der Münchner Philharmoniker, Einzelplan 3, Unter­ abschnitt 323, Rechnung 1946: 54 313.- RM (Ansatz 221 894.- RM), 1947: 204760.- RM (Ansatz: 358067.RM); ebd. Zuschußbedarf der Münchner Kammerspiele, Einzelplan 3, Unterab­ schnitt 32, Rechnung 1946: Überschuß 371 595.—RM (Ansatz: Zuschuß 210010.-RM), 1947: Überschuß 74917.RM (Ansatz: Zuschuß 180328.- RM). 94 Eine ausführliche Darstellung dieser Ver­ handlungen findet sich in M. Krauss, a.a.O., Kap.III.2.a, S.306-317. 95 Stadt A MÜ BUR 2097, Vertrag der Stadt München mit dem Bayerischen Staat vom 14.5. 48. 96 Stadt B MÜ HS HAH 311, Kulturaus­ schußsitzung vom 23.8. 47; außerdem dazu ebd., Vormerkung zu dieser Sitzung von Hans Ludwig Held. Held bat die Stadträte darin um eine »gewisse Groß­ zügigkeit in der Frage des Zuschusses«, weil sich nur auf diese Weise die Stadt den Einfluß auf die Staatstheater sichern könne, der für eine sinnvolle Münchner Theaterplanung notwendig sei. Sein kul­ turpolitisch schlüssiges Argument konnte sich jedoch nicht durchsetzen. 97 Stadt B MÜ HS HAU 311, Vormerkung Stadtkämmerer Hielschers vom 20.9. 1947, die einen Bericht über die am 19.9. 47 im Finanzministerium stattgefundene Besprechung enthält. 98 Stadt B MÜ HS HAH 303, Bericht des Intendanten des Münchner Volksthea­ ters, Willem Holsboer, an Oberbürger­ meister Scharnagl, o.J., wahrscheinlich April/Mai 1948. Hierin sind für die städ-

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Anmerkungen tischen Bühnen Rücklagen in Höhe von % Million Reichsmark genannt.

99 Stadt B MÜ HS HAH 371, monatliche Geschäftsberichte des Geschäftsführers der Münchner Philharmoniker, Emil Waelde, an das Direktorium B; hier sind prozentuale Besucherzahlen angegeben. Außerdem Stadt B MÜ HS HAH 375, Vormerkung des Oberrechtsrats Dr. Dr. Keim vom 3.10. 46, der nach einer schlecht besuchten Uraufführung (die H. K. Schmidtsche Symphonie in d-moll) »eine grundsätzliche Erziehungsarbeit des Konzertpublikums« anregte. »Man hat sonst das Gefühl, daß in München ein Künstler erst einmal gestorben sein muß, damit er mit einem Besuch und Anerkennung seiner Werke rechnen kann«. 100 M. Krauss, a. a. O., Kap. II. 2.a, S. 110 ff. 101 SZ vom 16.6. 50, der Artikel »Program­ matisches«, S.3. 102 Da die Besucherorganisationen die einzi­ gen Garanten für eine regelmäßige, wenn auch verbilligte Kartenabnahme bildeten, konnten sogar die ansonsten gegenüber Eingriffen von außen über­ empfindlichen Kammerspiele sich dem nicht ganz entziehen. Dazu Stadt B MÜ HS HAH 353 und 354; außerdem M. Krauss, a.a.O., Kap.III. 3.b, S.437ff. 103 K.H.Ruppel, »Theater-Landschaft«, in: SZ vom 31.12. 53. 104 Stadt B MÜ HS HAH 391/2, Bericht über die Besprechung vom 4.4. 1949, Ta­ gesordnung: Die Münchner Philharmo­ niker. 105 Ebd.; außerdem dazu D. Stolze, »Klärung der Fronten«, in: Abendzeitung vom 28.1. 50. 106 Dazu beispielsweise Stadt B MÜ HS HAH 391, Vormerkung Bürgermeister Schamagls vom 22.11. 48, S. 5 und HAH 391/2, Brief Staatssekretär Sattlers an Hans Ludwig Held vom 13.5. 49. 107 Zu nennen sind dabei vor allem das »Symphonieorchester Kurt Graunke«, das »Münchner Kammer-Orchester«, der »Kammerkonzert-Ring e.V. (im Bayeri­ schen Volksbildungsverband)« und ab 1949 auch wieder der Orchesterverein »Wilde Gungl«; zur Geschichte dieser Orchester K. R. Danler, a.a.O.; Stadt A MÜ BUR 2147 und Stadt B MÜ HS HAH 404, 405. Außerdem dazu M. Krauss, a.a.O., Kap.II.S.b und c, S.246ff. 108 Stadt A MÜ KA 773, Vertrag der Stadt München mit Erich Engel vom 1.4. 46, § 5 und B. Meier, Die Münchner Kam­ merspiele während der Intendanz Erich Engels, Diss. masch. München 1981, S,73f.

109 Stadt B MÜ HS HAH 359, Vertrag zwi­ schen Generalmusikdirektor Hans Ros­ baud und dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, Karl Scharnagl, vom 29.11. 45, § 1 und 2. 110 Stadt B MÜ HS HAI I 369, Vormerkung vom 26.2.1948, betreffs des Vertrags mit Hans Rosbaud. Die »fiskalische Bezie­ hung« bezog sich auf die erwartete Wäh­ rungsreform, für die man sich absichern wollte. 111 Stadt B MÜ HS HAH 407, Schreiben Heids an die genannten Orchester vom 24.4. 1947. 112 Stadt B MÜ HS HAH 359, Vormerkung von Oberbürgermeister Scharnagl über die Organisation des Musiklebens in Hamburg vom 13.2. 47, die auf einem Gespräch mit Eugen Jochum beruhte. 113 Stadt B MÜ HS HAH 407, Antwort­ schreiben des städtischen Musikdirektors von Heidelberg vom 7.6. 47 und des Orchestervorstandes des Frankfurter Opernhaus- und Museums-Orchesters vom 7.7. 47. 114 Stadt B MÜ HS HAH 407, Antwort­ schreiben des Orchestervorstands der Berliner Philharmoniker vom 30.5. 47 und der Geschäftsführerin der Bamberger Symphoniker vom 8.5. 47. 115 Endpunkt der Diskussion, die während der Ära Hans Rosbauds immer wieder Konfliktstoff geliefert hatte, bildete nämlich die »Geschäftsanweisung des Orchesters der Landeshauptstadt Mün­ chen »Die Münchner Philharmoniker««, die mit dem 10.2. 49 datiert ist. Ihr Ent­ wurf, der den Weggang Rosbauds nach Baden-Baden beschleunigte, wurde je­ doch bereits im Juni 1948 vorgelegt. Sie findet sich in Stadt B MÜ HS HAH 362, als Beilage des Vertrages der Stadt mit Fritz Rieger. In dieser Geschäftsanwei­ sung werden die Rechte der Stadt gegen­ über dem künstlerischen Leiter der Phil­ harmoniker stark ausgeweitet. Als Bei­ spiel für die in diesem Zusammenhang möglichen Konfliktfälle sei genannt Stadt B MÜ HS HAU 359, Bericht I laus Rosbauds an Oberbürgermeister Schar­ nagl vom 16.2. 47 und Bericht des Or­ chestervorstands der Philharmoniker an Oberbürgermeister Scharnagl und Hans Ludwig Held vom 14.2. 47. 116 Die Münchner Kammerspiele wurden 1939 von der Stadt München übernom­ men; dazu beispielsweise B. Meier, a. a. O., S. 6. 117 Stadt B MÜ HS HAH 287, Rede Hans Schweikarts vor dem Kulturausschuß, o.J. 118 Ebd.

119 Stadt B MÜ HS HAH 288, Antrag des SPD-Stadtrats Rudolf Bößl vom 1.3. 1949, vor allem Buckwitz zu entlassen »wegen Beleidigung des Stadtrates, ver­ suchter Erpressung des Oberbürgermei­ sters und wegen Nichteignung als Leiter der Verwaltungsgeschäfte dieser Büh­ nen«. Dieser ungerechtfertigte Antrag wurde ebenso abgelehnt wie der des GSU-Stadtrats Otto Gritschneder, alle für die städtischen Bühnen und die Phil­ harmoniker Zuständigen wegen mangel­ hafter Geschäftsführung fristlos zu ent­ lassen; dazu Stadt A MÜ BUR 2130, Antrag vom 20.11. 49. 120 Stadt B MÜ HS HAH 261, Vormerkung Oberrechtsrats Dr. Keim, Betrifft: Kul­ turausschußsitzung vom 3.10. 1946, vom 5.10. 1946. 121 Ebd.; der »Versittlichung« stimmten alle Anwesenden, einschließlich der SPDVertreter, zu. 122 Stadt B MÜ HS HAH 261, Vormerkung Dr. Keims vom 11.10. 1946, Betrifft: Kulturausschußsitzung vom 9.10. 46. 123 Stadt A MÜ BUR 2109, Schreiben des Polizeipräsidiums, Polizeidirektor Dr. Brandl an den Münchner Oberbürger­ meister vom 9.2. 46. 124 Ebd. und Stadt B MÜ HS HAH 260, Schreiben Oberbürgermeister Scharnagls an das Polizeipräsidium vom 4.2. 46. 125 Stadt B MÜ HS HAH 350, Schreiben des Landespräses Roman Friesinger an Herrn Mostar, den geistigen Leiter der »Hinterbliebenen« vom 11.7. 47 und an Held vom 12.7. 47, sowie Schreiben des Polizeipräsidiums, Dr. Weitmann, an das Staatsministerium des Inneren vom 9.7.47. 126 Zu den Vorgängen um das Volkstheater vor allem Stadt B MÜ HS HAH 303 bis 308. Außerdem M. Krauss, a.a.O., Kap. III.3., S.369ff. 127 Stadt B MÜ HS HAH 293, Bericht der Sparkommission der städtischen Bühnen und des Finanzausschusses vom 1.9. 48. Diese Stundung wurde gültig ab dem 1.8. 48. 128 Stadt B MÜ US HAH 303, Schreiben Buckwitz vom 5.4. 48. 129 Stadt A MÜ KA 1157, Brief germeister Scharnagls an den spielintendanten Erich Engel 46, in dem die »süddeutsche des Theaters betont wird.

Oberbür­ Kammer­ vom 6.5. Prägung«

130 Stadt A MÜ KA 822, Exposee von Harry Buckwitz vom 20.12. 48; ähnliche Vor­ stellungen entwickelte Hans Zimmer­ mann in seinem Entwurf vom 22.12. 48, Stadt B MÜ HS HAH 306.

Anmerkungen 131 Dieses Temperament hatte beispielsweise Eduard Loibner, der ab 1959 im Sonnen­ hof für zwölf Jahre die Münchner Volks­ theater-Tradition wieder aufnahm; dazu z. B. K. Peters, »Volkstheater in Nöten«, in: Abendzeitung vom 15.10. 64, K. Schumann, »Der letzte Vorhang im Volkstheater«, in: SZ vom 30.9./1.10. 1972. 132 Stadt B MÜ HS HAH 398, Diskussions­ beitrag Roggers »Wenn ich Stadtrat und Mitglied des Kulturausschusses wäre, würde ich in der nächsten Kulturaus­ schuß-Sitzung um das Wort bitten und folgendes ausführen ...:« vom 30.12. 48. 133 Dazu M.Krauss, a,a.O., Kap. I., S. 41; Kap.III., 2.b und 3.a, S.324ff. und 377ff. 134 Das Gesetz ist abgedruckt im Reichs­ gesetzblatt (RGBL) Nr. 62, 1933 vom 10.6. 1933, S.351 ff. 135 Am 11.6. 1958 wurde das neue Vergnü­ gungssteuergesetz erlassen; es ist abge­ druckt im Gesetz- und Verordnungsblatt 1958, S.85. 136 Vergnügungssteuergesetz vom 7.6. 1933, RGBL62/1933, S.351 ff. 137 Ebd.; außerdem dazu M.Krauss, a.a.O., S. 324 ff. 138 Ein Beispiel dafür bietet das »Bürgerthea­ ter«, dessen Steuer vor allem aus diesen Gründen ermäßigt wurde. Dazu Stadt B MÜ HS HAH 320, Schreiben Hans Ludwig Heids an das Kultusministerium vom 7.12. 48, Schreiben Heids an das Direktorium A vom 8.6. 49, Empfeh­ lungsschreiben I lelds an Prot. Preetorius vom 12.5. 48. 139 Stadt B MÜ HS HAH 350 und Stadt A MÜ BUR 2104; vor allem Stadt B MÜ HS HAH 350, Schreiben des Stadt­ steueramtes vom 24.10. 46 und Schrei­ ben des Finanzreferates vom 8.1 1. 46. 140 Stadt B MÜ HS HAU 315, für die letzt­ endliche Anerkennung vor allem Gut­ achten Heids vom 4.8. 1951. 141 M. Krauss, a.a.O., Kap. III. 2.b, S.324ff. 142 Stadt B MÜ HS HAU 315, Schreiben Heids an das Stadtsteueramt vom 9.4. 51, in dem er sich auf die seit 1948 beste­ hende Anerkennung beruft. 143 Stadt B MÜ HS I IAH 315, Stellungnah­ me Heids vom 9.4. 51. 144 Ebd. 145 Stadt B MÜ HS HAH 230, Schreiben Hans Ludwig Heids an den Regierungs­ beauftragten für das Flüchtlingswesen für den Regierungsbezirk Oberbayern über den vorübergehenden Aufenthalt in ge­ werblichen Beherbergungsbetrieben der

Stadt München vom 18.6. 48. Held soll­ te sich in seiner Stellungnahme über die Prioritäten der Unterbringung von Büh­ nenkünstlern äußern. 146 Stadt B MÜ HS HAH 315, Schreiben Gerhard Metzners an Held vom 4.8. 49. 147 Stadt B MÜ HS 11 AH 315, Gutachten Heids vom 4.8. 51. 148 Stadt A MÜ BUR 2102, Brief des Deut­ schen Theaters an das Deutsche Museum, dem die Aufstellung der vom Deutschen Theater bezahlten Vergnügungssteuer­ summen beigefügt ist: Allein zwischen April und Dezember 1947 erhielt die Stadt hier 714841,13 RM. 149 Vergnügungssteuergesetz vom 7.6. 33, RGBL62/1933, S.356, §25: »Zur Ver­ meidung außergewöhnlicher Härten kann die Gemeinde für bestimmte Arten von Veranstaltungen sowie in besonders gearteten Einzelfällen die Steuer ermäßi­ gen, erlassen oder erstatten«. 150 Stadt B MÜ HS HAH 350, Schreiben I lelds vom 15.4. 1947; zur Geschichte der Schaubude vor allem K. Budzinski, Die Muse mit der scharfen Zunge, 1961, S. 208 ff. 151 Als Beispiel dafür sei der rückwirkende Vergnügungssteuererlaß für die »Bayern­ bühne« in der Donnersbergerstraße ge­ nannt, durch den »ein völliger Zusam­ menbruch vermieden« werden sollte. Stadt B MÜ HS HAH 341, Beschluß des Kulturausschusses vom 21.5. 1949. 152 Zu dem genannten Vorgang ausführlich M.Krauss, a.a.O., Kap.III. 2,b, S.344tf; die Aktenvorgänge finden sich in Stadt B MÜ HS HAH 319, vor allem in den Schreiben Heids vom 12.3. und vom 22.4. 1948. 153 1 )azu M. Krauss, a. a. O„ Kap. IV. 1. und 3., S. 459 ff. und 586 ff. 154 Chronik der Stadt München 1945-1948, bearbeitet von Wolfram Selig unter Mit­ wirkung von Ludwig Morenz und Helmuth Stahleder, hg. i. A. des Stadtarchivs München von M. Schattenhofer, 1980, S. 272. Am 19.6. 1947 wurde ein Teil der Galerie im Rahmen der Münchner Kunstwochen »München Sommer 1947« wieder eröffnet. 155 Stadt A MÜ BUR 2177, Stadtbauamt (Volbehr) an Bürgermeister von Miller am 28.11. 52; der Lenbachgeburtstag wurde 1954 gefeiert. 156 Stadt B MÜ HS HAH 426, Schreiben Heids an das Referat 10 vom 1.10. 48. 157 Stadt B MÜ HS HAH 427, Schreiben Arthur Rümanns an Bürgermeister von Miller vom 4.1. 1950.

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158 Stadt B MÜ HS HAH 427, Kulturaus­ schußsitzung vom 19.8. 1949. Diese Katalogkosten schoß die Stadt der Aus­ stellung auch vor; sie wurden danach zurückbezahlt. 159 Haushaltssatzung der Landeshauptstadt München von 1951, Rechnungsbetrag des Zuschusses von 1949, Einzelplan 3, Unterabschnitt 3220. 160 Der »Art Collecting Point« war eine amerikanische Dienststelle, die sich ur­ sprünglich mit der Sammlung und Sich­ tung von — möglicherweise von den Na­ tionalsozialisten verschleppten - Kultur­ gütern befaßte, sich aber immer mehr selbst zu einem kulturellen Zentrum ent­ wickelte. 161 Stadt B MÜ HS HAH 427, Schlußbe­ richt über die Blaue-Reiter-Ausstellung mit einem Begleitschreiben von Dr. Gro­ te, das mit dem 17.12. 49 datiert ist. 162 Ebd. 163 Stadt B MÜ HS HAH 427, Schreiben Arthur Rümanns an Bürgermeister von Miller vom 4.1. 50. 164 Stadt B MÜ HS HAH 427, Schreiben Dr. Grotes vom 17.12. 49. 165 Stadt B MÜ HS HAH 391/2, Skriptum von E.E. Maschat, o.J., »Philharmoniker - eine Etatfrage?« 166 Stadt B MÜ HS HAI 1 389, Niederschrift einer Besprechung bei Staatssekretär Satt­ ler vom 3.2.1950; anwesend waren Satt­ ler, der Rundfunkratsvorsitzende und Staatsintendant A. J.Lippl, Mitglieder des Rundfunkrats, Vertreter des Rundfunks und der Stadt. 167 £. Schwerin#, a. a. O„ S. 16. 168 Zu dieser Gruppe vgl. das Register der vorliegenden Publikation; außerdem J.Held, a.a.O., S.282. 169 Die »Gruppe 47« bestimmte jahrzehnte­ lang die westdeutsche Nachkriegslitera­ turszene. Dazu u.a. H. L. Arnold (Hrsg.), Die Gruppe 47, 1980 und H.Lehnert, Die Gruppe 47, Ihre Anfänge und ihre Gründungsmitglieder, in: M. Durzak (Hrsg.), Deutsche Gegenwartsliteratur, 21981. 170 Stadt B MÜ HS HAH 548, Denkschrift vom 14.5. 45, verfaßt von Dr. Michael Schattenhofer. 171 Der Bereich der »Künstlernothilfe« kann hier aus Datenschutzgründen nicht aus­ führlicher erörtert werden; dazu Stadt A MÜ Kulturamt 1160 und 1165; außer­ dem dazu M. Krauss, a.a.O., Kap.IV. 4.b, S. 643 ff. 172 Stadt A MÜ BUR 2066, Schreiben Kellys vom 19.9. 47 an Oberbürgermeister

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Anmerkungen Scharnagl, Bürgermeister Wimmer und alle Stadträte.

173 Dazu beispielsweise Stadt A MÜ BUR 2103, Schreiben Assessor Przemeks vom 4.1. 1946. 174 Stadt B MÜ HS HAH 288, Antrag Bößls vom 1.3. 1949. 175 Stadt B MÜ HS HAH 548, maschinen­ schriftliches Skriptum, offenbar aus dem Amerikanischen übersetzt, von Virgil Thomas, o.J., wahrscheinlich 1946. 176 Ebd. 177 Stadt A MÜ BUR 2091, Bericht Bürger­ meister Stadelmayers an die Militärregie­ rung vom 20.9. 1945 und Berichte über die Sitzungen des Arbeitsausschusses vom 16.10. 45 und vom 23.10. 45. In er­ ster Linie ging es dem Arbeitsausschuß darum, eine »rechtskräftige ... Vertre­ tung der Münchner Künstlerschaft« ins Leben zu rufen und den Wiederaufbau des Münchner Künstlerhauses in die Hand zu nehmen. 178 Stadt B MÜ HS HAH 329: dieser Ver­ ein, der sich mit der Förderung von Ur­ aufführungen befaßte, stand unter dem Protektorat des Kultusministeriums. 179 Stadt B MÜ HS HAH 638; die »Kunst­ runde München«, gegründet am 24.7. 47 (in Berlin und Hamburg existierten bereits solche »Kunstrunden«), wollte in Zusammenarbeit mit dem HertieKonzern Ausstellungen veranstalten, bei denen Hertie, als Reklame, die Räume stellen und die Transportkosten überneh­ men sollte. 180 Stadt B MÜ HS HAH 226, Listen der Mitglieder der Ankaufkommission für Kunstgegenstände. 181 Stadt B MÜ HS HAH 250; die »Stiftung zur Förderung des deutschen Schrift­ tums« war aus einer Zusammenarbeit zwischen Rundfunk und Schutzverband Deutscher Schriftsteller entstanden und schüttete größere Summen für die Schriftstellerförderung aus. 182 Held war als Vertreter des Bayerischen Volksbildungsverbandes in den Rund­ funkrat gewählt worden und vertrat dort auch die Interessen des Bayerischen Städ­ teverbands; als Beispiel für seine Emp­ fehlungen Stadt B MÜ HS HAH 261, Schreiben Heids vom 27.3. 51. 183 Als Beispiel für eine Empfehlung Heids an den Rundfunk Stadt B MÜ HS HAH 261, Empfehlung Heids vom 27.3. 51; für die Zusammenarbeit mit dem Ver­ band Münchner Tonkünstler Stadt B MÜ HS HAH 381, Vormerkung Heids vom 2.4. 52.

184 Stadt B MÜ HS HAH 351, u.a. Schrei­ ben Heids an Willi Cronauer vom Kultusministerium vom 22.10. 46, Gro­ nauers an Held vom 14.11. 46; außer­ dem Stadt A MÜ BUR 2103, Schreiben Assessor Przemeks vom 4.1. 46. 185 Die genauen Daten zu den Preisträgern der »Stiftung zur Förderung des deut­ schen Schrifttums« finden sich in Stadt B MÜ HS HAH 250. Heids Unterstützun­ gen im Rundfunkrat kamen vor allem kleineren Theatern zugute.

angriffe geschädigte Kirchengemeinden« verfaßt von der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst an Ostern 1945 oder eine Denkschrift »Zur Frage des Neuaufbaus der Münchner Akademie der Bildenden Künste«, verfaßt von Hans Dennhöfer, o.J. 193 Stadt B MÜ HS HAH 548; außerdem HAH 534, Denkschrift über die Grün­ dung einer »Bibliothek des Friedens« von 1945, HAH 586 bis 598.

194 Dazu V. Wehdekings Beitrag in der vorlie­ 186 Dazu vor allem M. Krauss, a.a.O., Kap. L, genden Publikation. S.78IT. und Kap. IV.4.b, S. 651 ff. Die 195 Stadt B MÜ HS HAH 586. Vergabe des Münchner Literaturpreises an Peter Dörfler im Jahr 1945 ist dabei 196 Stadt B MÜ HS HAH 588. nicht ganz erklärlich; bei den ande­ ren Preisverleihungen präsentierte sich 197 Stadt B MÜ HS HAH 589. München in gediegener Konservativität. 198 Stadt B MÜ HS HAH 551. Zur Literaturpreis-Vergabe allgemein /■'. Kröll, Literaturpreise nach 1945, Weg­ 199 Stadt B MÜ HS HAH 586, Liste der Mitglieder der Weltstaat-Liga. weiser in die Restauration, in: J.Herinand, H. Peitsch, K.R.Scherpe, Nach­ 200 Ebd., Selbstdarstellung der Weltstaatkriegsliteratur in Westdeutschland Liga. 1945-49, 1982, S.143ff; mag Krölls Aufsatz auch als erster Versuch der nähe­ 201 Ebd., Selbstdarstellung der Liga für Welt­ regierung unter dem Titel »Weltregie­ ren Bestimmung von Preisvergaben und rung, Utopie oder Notwendigkeit?«. ihrer Aussagekraft gelten, so überschätzt er doch wohl die Wirkung solcher Preis­ 202 Zu den literarischen Utopien dieser Jahre vergaben auf die Literaturproduktion /. Hermand, Unbewältigte Vergangen­ und -rezeption vor allem während der heit, Westdeutsche Utopien nach 1945, ersten Nachkriegsjahre sehr. Eine Liste in: J. Hermand, H. Peitsch, K.R.Scherpe der Kunstpreisträger findet sich in: Deut­ (1 Irsg.), Nachkriegsliteratur in Westscher Kunstrat (Hrsg.), Deutsche Kunst­ deutschland 1945-49, S. 102 ff. preise 1946-1961, eine dokumentarische Übersicht, bearb. von Emst Thiele, 203 Stadt B MÜ HS HAH 624, Schreiben Heids vom 18.11. 1947 und Mittei­ 21962, S. 73. Zu dem Modus der Vergabe lungsblätter des Volksbundes. in München Stadt B MÜ HS HAH 261, Richtlinien für die Vergabe des Literatur­ 204 Stadt B MÜ HS HAH 548. preises der Stadt München vom 14.6. 205 Ebd. 1947. 187 Dazu M. Krauss, a.a.O., Kap.1V. 4.b, 206 Stadt B MÜ HS HAH 313, Exposé über die Wiedererrichtung der Bayerischen S.651 ff; zu den städtischen Empfangen Landesbühne, HAH 341, Verschiedene beispielsweise Stadt B MÜ HS HAH 23, Münchner Theaterpläne. Einladungsliste zu der Hans-CarossaFeier am 8.12. 1948, in der 414 Gäste aufgeführt werden oder Stadt B MÜ HS HAH 180, Feier zum 75. Geburtstag Otto von Taubes am 22.6. 49, zu der 250 Gäste eingeladen waren. 188 Stadt B MÜ HS HAH 443, Schreiben Franz Rohs an H. L. Held vom 11.2. 47. 189 Stadt B MÜ HS HAH 443, Vormerkung Heids für Oberbürgermeister Scharnagl vom 17.2. 47 und Schreiben an Arthur Rümann vom 3.3. 47. 190 J.Held, a.a.O., S.298.

207 Stadt B MÜ HS HAH 353-355; außer­ dem M. Krauss, a.a.O., Kap.III. 3.b, S.421 ff. 208 Stadt B MÜ HS HAH 548, Denkschrift von E.Wiedamann, »Das gegenwärtige Kunsthandwerk und seine Möglichkei­ ten«, o.J. 209 Ebd., Denkschrift Michael Schattenho­ fers vom 14.5. 45. 210 Vgl. dazu den Beitrag H. Wackers in der vorliegenden Publikation.

191 M. Krauss, a. a. O„ Kap. V.2., S. 698 ff.

211 Stadt B MÜ HS HAH 548, Denkschrift Schattenhofers vom 14.5. 45.

192 Stadt B MÜ HS HAH 548; darin z. B. die Denkschrift über die Errichtung einer Büchereischule in München, o. Autor, o.J., »Altarentwürfe für durch Flieger-

212 Auch die Denkschriften Georg Lills und Karl Witthalms wurden prägend für die weitere Entwicklung der Denkmalpflege bzw. des Volkshochschulwesens in Mün-

Anmerkungen chen. Vgl. dazu die Beiträge von N. Krieg und ß. Schoßig in der vorliegenden Pu­ blikation. Die Denkschrift Dills stammt bereits aus dem Jahr 1942, die Witthalms hingegen vom Oktober 1945. 213 Dazu beispielsweise W. Lange, Theater in Deutschland nach 1945, Zur Theater­ politik der amerikanischen Besatzungs­ behörden, 1980. 214 Statistisches Jahrbuch der Stadt Mün­ chen, hg. vom Statistischen Amt der Stadt München, 1954, S.3231. 215 Ebd. 216 Ebd.; statistische Angaben, vor allem Prozentangaben, müssen selbstverständ­ lich auf ihre Vergleichbarkeit hin unter­ sucht und dürfen nicht absolut gesetzt werden. So stehen den 740 Theatersitz­ plätzen der Privattheater des Jahres 1947, die zu 61,2% ausgenutzt wurden, 316 Plätze des Jahres 1951 gegenüber, die zu 94,1% belegt waren. Das Theater­ sterben hatte hier also große Lücken ge­ rissen. Dennoch muß man dazu auch die Verdoppelung der Sitzplätze beim Baye­ rischen Staatsschauspiel und ähnliche Faktoren in Rechnung stellen, da hier ja auch die Besucherkapazität abgezogen wurde. Vergleichszahlen für andere Ge­ meinden finden sich im statistischen |ahrbuch Deutscher Gemeinden, hg. vom Deutschen Städtetag, Jg.37, 1949, S. 186 ff. in dem Bericht von B. Meines, Theater und Orchester 1945 bis 1947. Obwohl demnach nicht einheitlich von einem Besucherrückgang des Jahres 1947 gesprochen werden kann, spiegeln die Zahlen keineswegs eine konstante kulturelle Hochkonjunktur bis zum Juni 1948 wider. 217 Ebd. 218 M.Krauss, a.a.O., Kap.IV.2.a, S.549ff; außerdem BayHStA OMGBY, 13/1433/11, Land Director, Memorandum James A. Persons vom 22.4. 1949 und Special Report von C.S. Wright vom 28.3. 49. Dort werden für ganz Bayern zwischen dem 1. und 12.1. 1949 291 999 Besucher der Amerika-Häuser angegeben, für München zwischen dem 1. und 25.1.49 allein 51 306 Besucher. 219 Zur »Nullpunkt«-Diskussion, die sich vor allem um die Frage nach einem wirklichen oder einem fiktiven Neu­ anfang im Jahre 1945 bewegt, beispiels­ weise K Wehdeking, Der Nullpunkt, Über die Konstituierung der deutschen Nachkriegsliteratur in den amerika­ nischen Kriegsgefangenenlagern, 1971; F. Trommler, Der »Nullpunkt 1945« und seine Verbindlichkeit für die Literaturge­ schichte, in: Basis I, 1970; H. D. Schäfer,

Das gespaltene Bewußtsein, Deutsche Kultur und Lebenswirklichkeit 1933-1945,21982; ders., Zur Periodisierung der deutschen Literatur seit 1930, in; N. Born, J. Manthey, Literaturmaga­ zin 7, Nachkriegsliteratur, 1977, S.95ff. 220 Vgl. dazu den Beitrag von H. Wacker in der vorliegenden Publikation. 221 So beispielsweise Dr. Michael Schatten­ hofer und Dr. Hanns Wiedmann. 222 W. Baedeker, a.a.O., S.92ff. und S. 111; außerdem Stadt A MÜ BUR 2177, Schreiben Arthur Rümanns an das Perso­ nalreferat vom 1.8. 1953. 223 M. Krauss, Beiträge zur Geschichte der Münchner Bibliotheken 1945-1948, Magisterarbeit München 1981, S.35ff. 224 B. Meier, a.a.O., S. 19; außerdem dazu Stadt A MÜ RP 719/8, S.999, die Sit­ zung des Finanzausschusses vom 11.10. 46: Hier wird klargelegt, daß sowohl Krohn-Waldeck wie auch Falckenberg persönliche Zuwendungen auf Weisung Hitlers aus dem Fonds des Münchner Oberbürgermeisters Fiehler ausbezahlt bekommen hatten. Hitlers ausdrücklicher Wunsch war es gewesen, »Falckenberg nicht mit finanziellen Kleinigkeiten zu belasten«, da die Gefahr bestehe, »daß die künstlerische Kraft Falckenbergs eine dauernde Einbuße erleiden könnte«. 225 ß. Aifier, a.a.O., S. 19f. 226 Stadt B MÜ HS HAH 359, Bericht des Orchestervorstandes der Münchner Phil­ harmoniker vom 14.2. 47. 227 M.Krauss, a.a.O., Kap.I1.3.c, S. 155; au­ ßerdem Stadt A MÜ BUR 2129, Nie­ derschrift über eine Sitzung der Münch­ ner Philharmoniker vom 11.4. 46. 228 Stadt B MÜ HS HAH 548, »Deutsche Kultur und die Militärregierung« von Virgil Thomas, o.J. Außerdem Stadt B MÜ HS HAH 368, der Fall des Obman­ nes der Münchner Philharmoniker, der, obwohl alter Gewerkschaftler, 1933 auf Druck hin in die NS-Partei eintrat, um damit dem Orchester Erleichterungen zu verschaffen. 229 Vgl. dazu den Beitrag von H. Wacker in der vorliegenden Publikation. 230 Karl Scharnagl ging 1949, Hans Ludwig Held 1953 in Pension. 231 Chronik der Stadt München 1945-48, a.a.O., S.381. 232 Ebd., S. 281 und B. Meier, a. a. O„ S. 195 ff. 233 Stadt B MÜ HS HAH 288; Buckwitz wechselte im März 1951 von München nach Frankfurt.

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234 Stadt B MÜ HS HAH 368: Hans Ros­ baud nahm bei seinem Weggang nach Baden-Baden beispielsweise den ersten Fagottisten mit.

Münchner Kommunalpolitik nach 1945 1 Die Aushöhlung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts begann aller­ dings schon in den Jahren der Weimarer Republik. Zum einen wurde durch die »Erzbergersche Finanzreform« von 1920 auch bei den Kommunen der finanzielle Spielraum und die Verfügungsgewalt über Einnahmen und Ausgaben einge­ schränkt, zum anderen erweiterte die Bayerische Gemeindeordnung von 1927 die staatsaufsichtlichen Rechte erheblich. Manche Freiheiten des alten Selbstver­ waltungsgesetzes von 1869 erschienen in der neuen Gemeindeordnung nicht wie­ der. Zur Finanzreform: G. Hofier, Erzbergers Finanzreform und ihre Rückwirkung auf die bundesstaatliche Struktur des Rei­ ches, vorwiegend aus bayerischem Beispiel, 1955, S. 185-190. K.Beyerle, Föderalistische Reichspolitik, 1924. W.G. Zimmermann, Bayern und das Reich 1918-1933, 1953. Zur Gemein­ deordnung: O. Woerner, Kommentar zur Bayerischen Gemeindeordnung ..., 1931. K. Helmreich, Das neue Gemein­ derecht, in: Bayerische Gemeinde- und Verwaltungszeitung, Nr. 32, 37. Jg., 10.11. 1927, Sp. 829. M.Seydel, Bayeri­ sches Staatsrecht 1896, Bd. II, bes. S. 656, zur Finanzgewalt der bayerischen Ge­ meinden. 2 K.-E. Bungenstab, Die Ausbildung der amerikanischen Offiziere für die Militär­ regierung nach 1945, in: Jb. f. Amerika­ studien 18, 1973, S. 195-212. 3 Der Text der Directive JCS 1067 in: B. Ruhm n. Oppen (Hrsg.), Documents on Germany under Occupation 1945-1954, 1955, S.13ff. 4 H. Michaelis, E. Schraepler, Ursachen und Folgen, Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neu­ ordnung Deutschlands in der Gegenwart, Eine Urkunden- und Dokumenten­ sammlung zur Zeitgeschichte, Bd. 24, o.J., S.27f. 5 Auf der Konferenz von Casablanca am 24.1. 1943 von Roosevelt mit Zustim­ mung Churchills gefordert. Dazu: A. Fagts, »Unconditional surrender« vor und nach 1933, in: VfZ 7, 1959, S. 208-309. 6 W.Jacobmeyer, Die Niederlage 1945, in: Westdeutschlands Weg zur Bundesrepu-

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Anmerkungen blik, hg. v. Mitarbeitern des Instituts für Zeitgeschichte 1976, S.14

7 B. Ruhm von Oppen, a.a.O., S.29ff. 8 Th. Stammen, Die Erneuerung der kom­ munalen Selbstverwaltung in Deutsch­ land nach 1945, in: H. Rausch, Th. Stam­ men (Hrsg.), Aspekte und Probleme der Kommunalpolitik, 1977, S.21. 9 E. Deuerlein, Deklamation oder Ersatz­ frieden? Die Konferenz von Potsdam 1945, 1970, S.356. 10 Ebd., S.356 11 Kh. Niclauß, »Restauration« oder Renais­ sance der Demokratie? Die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland 1945-1949, 1982, S.28ff. Th. Stammen, a.a.O., S.23. 12 Proklamation Nr.2 der Militärregierung für die amerikanische Zone in Deutsch­ land vom 19.9. 1945, in: H. Michaelis, E. Schraepler, Ursachen und Folgen, a,a.O„ Bd. 24, S.46f. 13 Zitat nach: M.Balfour, Vier-MächteKontrolle in Deutschland 1945-1946, 1959, S.284 14 D. Wagner, München ’45 - zwischen Ende und Anfang, 1970, S. 128 ff. 15 R. Gerngroß, So war das damals 1945 mit der Freiheits-Aktion Bayern FAB, o.J. D. Wagner, München '45, a.a.O. Die Freiheitsaktion Bayern war ein letzter militärischer Widerstandsversuch, mit dem weitere sinnlose Kampfhandlungen verhindert werden sollten. Den Kern der Widerstandsbewegung bildete die Münchner Dolmetscherkompanie, deren Chef, Hauptmann Gemgroß, zu den wichtigsten Organisatoren des Aufstan­ des zählte. Die über die Radiosender Freimann und Erding verbreiteten Auf­ rufe unter dem Stichwort »Fasanenjagd« führten in einer Reihe von Orten zum offenen Widerstand gegen die National­ sozialisten. Obwohl sich die FAB nicht behaupten konnte, hat sie sicherlich dazu beigetragen, daß es bei der Besetzung nur noch selten größere Kampfhandlungen gab. Die FAB wollte nicht nur ein ab­ straktes Widerstandszeichen setzen und dem Ausland signalisieren, daß es auch noch »andere« Deutsche gab, sie hoffte zugleich, bei der Gestaltung des deut­ schen Nachkriegsschicksals bestimmend mitwirken zu können. Die Freiheitsakti­ on Bayern wurde jedoch - wie viele an­ dere antifaschistische Gruppierungen — bald von der amerikanischen Militärre­ gierung verboten. Das Verbot bedeutete in München das Ende des Versuches, Widerstand und Neuaufbau miteinander zu verbinden.

16 Chronik der Stadt München 1945-1948, bearbeitet von W. Selig unter Mitwir­ kung von L. Morenz und H. Stahleder, hg. i.A. des Stadtarchivs München von M. Schattenhofer, 1980, S.42. 17 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, hg. vom Statistischen Amt der Stadt München, 1954, S. 49.

vor Scharnagl für 4 Tage kommissari­ scher Oberbürgermeister in München, wurde für Hipp zum 2. Bürgermeister berufen. Er schied am 1. Dezember 1945 aus dem Amt. Stadelmayer hatte nie ver­ heimlicht, daß er kurzzeitig Mitglied der NSDAP gewesen war. 32 Stadt A MÜ BUR 162, Bl.24-26, Pro­ klamation K. Scharnagls an seine Mitbür­ ger am 9.5. 1945, hier Bl. 24.

18 Für das gesamte Stadtgebiet errechnete sich ein Zerstörungsgrad von 45%; die Innenstadt war zu etwa 75% zerstört. Ebd., S.50f.

33 Stadt A MÜ RP 718/1, Eröffnungssit­ zung des Stadtrates am 1.8. 1945, S. 6.

19 Ebd., S. 50. Nach der Gebäude- und Wohnungszählung in Bayern vom 10.12. 1945 waren in München von den noch gezählten 182267 Wohnungen 68678 (37,8%) beschädigt, davon ca. 18000 schwer.

34 Stadt A MÜ BUR 1411, Bl. 184-197, ■ Erinnerungen an die Zeit meiner Tätig­ keit als Personalreferent der Landes­ hauptstadt München ab 22. Mai 1945«, von J.Zink, mitgeteilt an K. Scharnagl im August 1960, hier Bl. 187.

20 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 9.8. 1945, S. 49. Wohnungsreferent S. Preis nennt die Zahl von 829318 Ein­ wohnern für 1939. Statistisches Hand­ buch der Stadt München, 1954, a.a.O. S. 18, Bevölkerungszahl vom l.Juli 1939, 824000.

35 Ebd., Bl. 188 f, Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 8.11. 1945, S.386, der von J.Zink hier genannte Personalzu­ wachs von insgesamt 6059 Personen bei der Stadtverwaltung steht dazu nicht in Widerspruch; Führungskräfte waren kaum zu bekommen, u.a. weil diese häu­ figer politisch belastet waren, als ge­ wöhnliche Arbeitskräfte.

21 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O. S. 18. Hier wird für Mai 1945 die Zahl von 480447 Einwoh­ nern genannt; im Januar waren es noch 567 688, im Dezember schon wieder 664 780 Einwohner. 22 Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.47, 50f. 23 Ebd., S.51 24 Stadt A MÜ BUR 1411, Bl. 171-176, »A Chronicle of Personal Reflections« von E. Keller, datiert vom 20.12. 1959, hier Bl. 172. 25 Ebd., Bl. 172. F.Stadelmayer korrigiert in einem Schreiben an K. Scharnagl vom 11.3. 1960 die Schilderung Kellers. Vor dem Rathaus warteten demnach nur Stadelmayer und der Verleger Richard Pflaum. Ebd., Bl. 204. 26 Ebd., Bl. 203 f. 27 Ebd., Bl. 172. 28 Ebd., Bl. 172, 203 f. 29 K. Scharnagl, Politische Begebenheiten meines Lebens die nicht in den Akten stehen, o.J., S. 14. 30 Ebd., S. 15. Ein Jahr Münchener Stadt­ verwaltung, hg. vom Städtischen Infor­ mationsdienst, o.J. (1946), S.4f. 31 Dr. Otto Hipp, ehemaliger Oberbürger­ meister von Regensburg, wechselte Mit­ te Juni in die Staatsregierung. Er war im ersten Nachkriegskabinett unter Fritz Schäffer vom 16.6.-29.6. 1945 als Kul­ tusminister tätig. Dr. Franz Stadelmayer,

36 Diese und die folgenden Zahlen nach: Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 4.10. 1945, S. 289-322, hier bes. S.291 ff. 37 Ebd., S. 296 und Stadtrat-Plenum 8.11. 1945, S.386, Zink nennt hier die Zahl von 3726 bisherigen Entlassungen bei Beamten, Angestellten und Arbeitern. 38 Stadt AMÜ BUR 1411, Bl. 189. 39 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 4.10. 1945, S.296, 305, 307. 40 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 22.4. 1947, S.991. 41 Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 13.4. 1948, S.599, die vom Personal­ referenten O. Seemüller hier genannten Richtlinien waren äußerst allgemein ge­ halten. Ausschlaggebend sollten sein: fachliche Eignung des Entlassenen, drin­ gender Bedarf (freie Planstelle), geringe politische Belastung (wiedereingestellt werden nur Amnestierte, Entlastete und Mitläufer), kein politisch Unbelasteter darf von seinem Arbeitsplatz verdrängt werden, Einverständnis des Betriebsrats. Nach Seemüllers Feststellung hatte sich schon 1947 die Frage der Entnazifizie­ rung »fast ausschließlich auf das Gebiet der Wiedereinstellung« verlagert, ebd., S. 598. Für die unterschiedlichen Positio­ nen in der Wiedereinstellungsfrage vgl. z. B. die Personalausschußsitzungen RP 720/5, PA 9.1. 47, 23.1. 47, 22.5. 47, 12.6. 47, RP 720/6, PA 11.9. 47, RP

Anmerkungen 721/8, PA 8.4. 48, sowie RP 721/1, Stadtrat-Plenum 15.6. 48, RP 721/2, Stadtrat-Plenum 13.7. 48. Zur Gesamtproblematik der Entnazifi­ zierung und zur Funktion der Spruch­ kammern als »Mitläuferfabriken« siehe: /. Fürstenau, Entnazifizierung, Ein Kapi­ tel deutscher Nachkriegspolitik, 1969. L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, Säuberung und Rehabilitierung unter amerikanischer Besatzung, 1972. Ders., Die amerikanische Besatzungs­ macht zwischen Verwaltungstradition und politischen Parteien in Bayern 1945, in: VfZ 15, 1967, S. 153-210. Ders., Zum Verhältnis von Reform und Rekon­ struktion in der US-Zone am Beispiel des öffentlichen Dienstes, VfZ 21, 1973, S. 177-188. 42 Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 13.4. 48, S.600. 43 Verwaltungserfahrung aus der Weimarer Zeit besaßen: Dr. Josef Zink (Personal­ referat), von 1931-1933 persönlicher Referent von K. Scharnagl; vorher und nachher im Personalreferat beschäftigt. Johann v. Seisser, von der Militärregie­ rung im Mai als Polizeipräsident einge­ setzt, war 1919 nach der Niederschla­ gung der Räterepublik Stadtkommandant in München; dann Chef der Bayerischen Landespolizei. Franz X. Pitzer (Nachfolger v. Seissers als Polizeipräsident), war 1918/19 mit der Organisation der Münchner Polizei be­ traut. Sebastian Preis, wie in den Weimarer Jahren wieder Wohnungsreferent. Oberbaudirektor Otto Scholler, wie da­ mals wieder Leiter der Straßenbahn. Oberbaudirektor Dr. Clemens Zell, wie damals wieder Leiter der Elektrizitäts­ werke. Oberbaudirektor Karl Meitinger (Stadt­ baurat), tätig im Hoch- und Tiefbauamt. Prof. Hans Ludwig Held, erneut Stadt­ bibliotheksdirektor, zugleich Sonderbe­ auftragter für Kultur. Max Gerstl — er verfügte über große Erfahrung als ehrenamtlicher Münch­ ner Stadtrat von 1919-1920 und 1925-1933. In anderen Kommunalverwaltungen wa­ ren tätig: Paul Berrenberg (Kommunalreferent), früher Mitarbeiter von Oberbürgermei­ ster Dr. Jarres, Duisburg. Dr. Josef Ochs (Referat 4 - kleinere Städtische Betriebe, Feuerwehr) bei der Stadt Wiesbaden. Dr. Emanuel Backhaus (Fiskalreferat) bei der Stadt Bremen. Ohne kommunalpolitische Erfahrung waren: Dr. Erwin Hamm (Fürsorgereferat).

I )r. Anton Fingerle (Stadtschulrat). Dr. Peter Michael Reitmaier (Referat 11 - Bezirkspolizei), er war lange Jahre Richter in München gewesen. Karl Erhärt, war 1933 für die SPD im Stadtrat. Während der NS-Zeit waren tätig gewe­ sen: Dr. Alfred Kroth (Ernährungs- und Wirt­ schaftsamt). Oberbaudirektor Hans Kleeblatt (Leiter der Gas- und Wasserwerke). Karl Meitinger, Dr. Josef Zink. 44 Über die Kommunalwahlen von 1948 hinaus blieben im Amt: Paul Berrenberg, Dr. Anton Fingerle, Max Gerstl, Dr. Erwin Hamm, Franz X. Pitzer, Hans Kleeblatt, Karl Erhärt. Daneben noch nach 1946 tätig: Karl Meitinger, Otto Scholler und Dr. Cle­ mens Zell. 45 Die Referentenposten wurden bis 1948 einvernehmlich zwischen CSU und SPD aufgeteilt, bzw. mit »Parteilosen« besetzt. Nur 1945 war mit Dr. Alfred Kroth kur­ ze Zeit ein Mitglied einer anderen Partei (KPD) berufsmäßiger Stadtrat in Mün­ chen. Nach der Wahl von 1948 erhielt die Bayernpartei dann auf Kosten der CSU drei Referate. 46 K.Scharnagl, Politische Begebenheiten, a.a.O., S.16, Stadt A MÜ BUR 1411, Bl. 6, Aktennotiz vom 29.5. 1953. So geht die Ernennung des Präsidenten der Kreisregierung Osterhelder ebenso auf Scharnagl zurück wie die kommissarische Einsetzung von Leitern bei der Ortskran­ kenkasse, der Versicherungsanstalt für Oberbayern und bei der Münchner Ei­ senbahndirektion. Am 22. Mai 1945 er­ nannte Scharnagl Prinz Adalbert von Bayern und Polizeipräsident Koch zum Präsidenten bzw. Vizepräsidenten des neu errichteten Bayerischen Roten Kreu­ zes. 47 Fritz Schäffer wurde am 28.5. 1945 zum ersten bayerischen Ministerpräsidenten der Nachkriegszeit ernannt. F. Baer, Die Ministerpräsidenten Bayerns 1945-1962, 1971, S. 1-21. Die Einsetzung einer bayerischen Regierung bedeutete mit der Einschränkung der Tätigkeiten zugleich eine Reduzierung des Einflusses des Münchner Oberbürgermeisters auf die politischen Entwicklungen. 48 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 1.8. 1945, S.7. 49 Ein Jahr Münchener Stadtverwaltung, a.a.O., S.8f. Stadt A MÜ Ratskartei 1945/1946. So mußte der Schriftsteller Dr. Eugen Roth wegen Vorstellungen der Militärregierung noch im August zu­ rücktreten; er nahm nur an der 1. Sitzung des Stadtrates teil.

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50 Dies zeigt auch der in den ersten Mona­ ten nach Kriegsende noch verwendete Briefkopf, mit dem auch Beschlüsse aus­ gefertigt wurden - statt »Der Stadtrat...« heißt es hier »Der Oberbürgermeister 51 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 1.8. 1945, S.5f. 52 Stadt A MÜ Ratskartei 1945/1946. 53 Westdeutschlands Weg zur Bundesrepu­ blik 1945-1949, a.a.O., S.175. 54 Zu Potsdam: H.Feis, Zwischen Krieg und Frieden, Das Potsdamer Abkom­ men, 1962. E. Detierlein, Deklamation oder Ersatzfrieden? Die Konferenz von Potsdam 1945, 1970. 55 Stadt A MÜ 1411, Bl.40-43, Scharnagl skizziert hier eine weit über die frühere BVP hinausgreifende christliche, bürger­ liche Sammlungspartei gegen linke Kräf­ te (SPD und KPD). 56 L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, a.a.O., S. 198, dazu auch: IV.Jacob­ meyer, a.a.O., S.23. 57 L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, a.a.O., S. 199. 58 Zitiert nach: ebd., S. 199 59 Politische Betätigung war zunächst in allen vier Besatzungszonen untersagt. Nachdem die sowjetische Militärregie­ rung im Befehl Nr.2 bereits am 10.Juni 1945 die Bildung antifaschistischer Par­ teien erlaubt hatte, wurde das Verbot auch in den anderen Zonen gelockert. 60 R. Gerngroß, O.Leiling, Abschließender Tatsachenbericht der FAB, zitiert nach: L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, a. a. O., S. 128. 61 Ebd., S. 129 f. 62 A.Mintzel, Geschichte der CSU, Ein Überblick, 1977, S.324. 63 Notiert von Adam Stegerwald; aus der Einführungsrede von Ministerpräsident Fritz Schäffer auf der ersten Landräte­ tagung in Nordbayern am 17.7. 1945, zitiert nach: L. Niethammer, Die amerika­ nische Besatzungsmacht in Bayern 1945, a.a.O., S.187. 64 IV. Müller, Die Aktionsgemeinschaft zwischen KPD und SPD in München 1945/46, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 3.Jg., Sonderheft anläßlich des 15. Jahrestages der Gründung der SED, 1961, S. 121 f. 65 IFZ, Dn 005, Protokolle der Aktionsge­ meinschaft SPD-KPD München, hg. von der Kommunistischen Partei Landesbe­ zirk Bayern, München 1946, S.6f.

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Anmerkungen

66 U. Borsdorf, L. Niethammer (Hrsg.), Zwi­ schen Befreiung und Besatzung, Analy­ sen des US-Geheimdienstes über Posi­ tionen und Strukturen deutscher Politik 1945, 1977, S.188. 67 Es handelte sich dabei um Wilhelm Hoegner, Albert Roßhaupter, Carl Krö­ pelin, Christian Roith, Hans Schmid von der SPD, Bruno Goldhammer, Ludwig Ficker u.a. von den Kommunisten. 68 Zu ihnen zählten Albert Roßhaupter, Christian Roith und Hans Schmid. W. Behr, Sozialdemokratie und Konser­ vatismus, Ein empirischer und theoreti­ scher Beitrag zur regionalen Parteianalyse am Beispiel der Geschichte und Nach­ kriegsentwicklung Bayerns, 1969, S.78. 69 Zu den Gegnern zählten Wilhelm Hoeg­ ner, Thomas Wimmer, Carl Kröpelin und Gustav Schiefer, wenngleich Hoeg­ ner und Kröpelin Mitunterzeichner waren. W. Behr, a.a.O., S.78. 70 Vgl. U. Borsdorf, L. Niethammer, a..a.O., S.187f. 71 Diese waren bei aller Bereitschaft zur Zusammenarbeit sicher nicht bereit, we­ sentliche sozialdemokratische Positionen zu Gunsten einer Annäherung an die KPD aufzugeben. 72 Brief Schumachers vom 3.11. und Ant­ wort Wimmers vom 10.11. 1945, doku­ mentiert in: E. Werner, Im Dienst der Demokratie, Die bayerische Sozialde­ mokratie nach der Wiedergründung 1945, 1982, S.168f, A. Kaden, Einheit oder Freiheit, Die Wiederbegründung der SPD 1945/46, Nachdruck 1980, S.175f. 73 Ebd. 74 Pressemitteilung der KPD in: SZ vom 1.1. 1946, S.3. 75 SZ vom 4.1. 1946, S.3 und SZ vom 8.1. 1946, S.3.

1948 (6 Mandate) und bei den Bundes­ tagswahlen 1949. 80 Die KPD erreichte zwar mit insgesamt 6,1% in Bayern mehr Stimmen als die FDP, konnte aber nicht in den Landtag einziehen, weil sie in keinem Regie­ rungsbezirk die 10% Sperrklausel über­ winden konnte. Statistisches Jahrbuch für Bayern 1947, hg. vom Bayerischen Stati­ stischen Landesamt, 1948, S.345. 81 Im ersten Kabinett Hoegner befanden sich neben dem Sonderminister Heinrich Schmitt die Staatssekretäre Ludwig Fikker, Georg Fischer und Ewald Thunig. 82 Bruno Goldhammer, Fritz Sperling, Alf­ red Kroth, Fritz Abel und Georg Fischer mußten wegen unerlaubten Grenzüber­ tritts vor das Militärgericht. Fischer wur­ de seines Amtes als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium enthoben. Neue Zeitung vom 3.6. 1946, SZ vom 17.6. 1946. Die KPD wurde später auch mit Versammlungsverbot belegt (21.-27.7. 1946), weil sie wiederholt ohne Geneh­ migung der Militärregierung politische Versammlungen durchgeführt hatte. Frankfurter Rundschau vom 30.7. 1946. 83 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a..O., S.240; mit 11,1% Stimmen errang die KPD 6 Mandate.

78 Auf einer Landeskonferenz am 13./14.4. 1946 in Erlangen sollte der Verschmel­ zung der beiden eine klare Absage erteilt werden. Münchner Post vom 19.4. 1946, S.lf. W. Behr, a.a.O., S.80f. 79 Recht erfolgreich waren die Kommuni­ sten in München bei den Stadtratswahlen

96 77i. EiMts, a.a.O., S.27f. 97 SZ vom 27.11. 1945, S. 1 f. Zu Hoegners Wandlung vom Zentralisten zum Föde­ ralisten: P. Kritzer, a.a.O., S.58ff. 98 Vgl. IV. Hoegner, Der schwierige Außen­ seiter, Erinnerungen eines Abgeordne­ ten, Emigranten und Ministerpräsiden­ ten, 1959, S. 253 ff. 99 P. Kritzer, a. a. O„ S. 149 f, 198 ff. IV. Behr, a.a.O., S.59, Anm. 1. 100 SZ vom 24.9. 1946, S.2. 101 IV. Hoegner, a.a.O., S. 284 ff, P. Kritzer, a.a.O., S.258f. 102 BayHStA, OMGBY 10/91-2/4, 1 of 4, T-Unit 12.8. 1947, 13.9. 1947. IV. Hoeg­ ner, a. a. O., S. 293 ff, P. Kritzer, a. a. O., S.261 ff, IV. Behr, a.a.O., S.62f. 103 Die CSU verfügte im Münchner Stadtrat nach der Wahl vom Mai 1946 über 20 der insgesamt 41 Mandate; im Bayeri­ schen Landtag hatte sie dagegen eine komfortable Mehrheit. 104 77i.fi/fo, a.a.O., S.l30. 105 Ebd., S.l30f.

84 Bei der Bundestagswahl 1949 schnitt die KPD mit 9,9% in München erheblich besser ab als in Bayern (4,1%) oder im Gesamtergebnis (5,7%). E. Fetil (Hrsg.), Wahlen und Wähler in Deutschland, 1960, S.321, 329.

106 So z. B. bei der Wahl der Bürgermeister und Referenten 1946. Stadt A MÜ RP 719/1, Stadtrat-Plenum 6.6. 1946, S. 416-421, 429 f, 9.7. 46, S. 597-607, BUR 1 537.

85 Th.Eilks, Die Münchner SPD 19451948, Staatsarbeit München 1983, S. 15.

108 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a..a.O„ S.240, 242. 1946 erhielt die SPD bei der Stadtrats­ wahl 38,4% der Stimmen, bei der Wahl zur Verfassunggebenden Landesver­ sammlung 38,3%, bei der Landtagswahl 36,1% der Stimmen. Bei der Landtagswahl 1950 erzielte die SPD 39,1%, bei der Stadtratswahl 1952 38,7% der Stimmen.

86 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 16.8. 1945. Zur Person Wimmers: H. M. Hanleo, Thomas Wimmer 18871964, Entwicklung und Weg eines sozialdemokratischen Kommunalpoliti­ kers, 1977.

76 kKM«//er, a.a.O., S.l24. 77 Die Vereinigung wurde am 11.2. 1946 vom Berliner Zentralausschuß beschlos­ sen. Die Nachrichten über die Behand­ lung der Sozialdemokraten in der sowje­ tischen Besatzungszone und vor allem der Kampf Kurt Schumachers gegen die Vereinigungsbestrebungen beeinflußten auch den Kurs der Münchner SPD. Vgl. dazu: SZ vom 11.1. 1946, S. 1.

95 BayHstA OMGBY 10/91-1/4, 1 of 4, Bericht über die SPD-Versammlung am 21.9. 1947 im Deutschen Museum.

87 Zur Person Hoegners: P. Kritzer, Wil­ helm Hoegner, Politische Biographie ei­ nes bayerischen Sozialdemokraten, 1979. 88 Thomas Wimmer, Gustav Schiefer, Wil­ helm Hoegner, Albert Roßhaupter, Josef Seifried, Hans Schmid, Karl Sebastian Preis u.v.a. 89 H. M. Hanleo, a.a. O„ S. 124. 90 ebd., S. 108 f 91 SZ vom 20.11. 1945, S.l. 92 77i. Eitles, a. a. O„ S. 19 ff. 93 Ebd., S. 29 ff. 94 Ebd., S. 23 ff.

107 77i.fi7fo, a.a.O., S.59.

109 L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, a.a.O., 1972, S.443. 110 Statistisches Jahrbuch für Bayern 1947, hg. vom Bayerischen Statistischen Lan­ desamt, 1948, S. 306 ff. Die WAV kandi­ dierte bei den Kreistags- und Stadtrats­ wahlen vom 28.4. bzw. 26.5. 1946 erst in 11 Städten und 21 Landkreisen. 111 SZ vom 11.12. 1945, SZ vom 5.4. 1946. 112 S.lVinge, Die Wirtschaftliche AufbauVereinigung (WAV) 1946-1953, Ent­ wicklung und Politik einer »undoktrinä­ ren« politischen Partei in der Bundes­ republik in der ersten Nachkriegszeit, 1976, S.l6, 234.

Anmerkungen Besonders stark wirkt sich das Fehlen jeglicher Parteiakten aus. 113 Die wichtigsten Daten zu A. Loritz: ebd., S. 19ff. Loritz war eine schillernde Ge­ stalt. Die Angaben, die er selbst zu seiner Person machte, wirkten oft sehr übertrie­ ben , z.T waren sie nachweislich unrich­ tig114 Ebd., S. 22. Verfassunggebende Landes­ versammlung-Plenum, 3. Sitzung aus S. 61. Loritz will nach eigenen Angaben eine führende Rolle im Widerstand ge­ gen Hitler gespielt haben. Er hat u.a. be­ hauptet, daß er das Attentat im Münch­ ner Bürgerbräukeller am 8.11. 1939 geplant und ausgeführt habe, konnte die­ se Behauptung aber nie beweisen. 115 S. Winge, a.a.O., S.22. 116 L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, a.a.O., S.442f. SZ v. 28.7. 1949, Südbayerische Volkszeitung vom 31.7. 1949. Ministerpräsident Ehard erklärte, daß Loritz der einzige deutsche Politiker sei, der von der Militärregierung vertei­ digt werde. 117 H. Bretschueider, Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in München 1933-1945, 1968, S.151. Die Neue Zeit vom 26.7. 1946, Nürnberger Nachrich­ ten vom 26.10. 1946, Abendzeitung vom 30.6. 1949. 118 Die Satzung der WAV, Pfaffenhofen/ Ilm, o.J. Ein Mitgliedsbeitrag sollte da­ nach nicht erhoben werden. Zur Finan­ zierung der WAV vgl.: L. Niethammer, Entnazifizierung in Bayern, a.a.O., S.442. 119 B. Manch, Die bayerische FDP, Porträt einer Landespartei 1945-1949, S.22. 120 L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, a.a.O., S.444. 121 Vergleiche dazu die »Görlitzer Richtli­ nien« der WP, in: IV. Treue, Deutsche Parteiprogramme 1861-1954, 1954, S. 136 ff, und das Programm der WAV, in: Mitteilungsblatt der Wirtschaftlichen Aufbau-Vereinigung, Nr. 1, 1946, S.2ff. 122 Angesprochen waren zunächst vor allem Hausbesitzer, selbständige Handwerker, kleinere Einzeluntemehmer; weniger die Vertreter des neuen Mittelstandes, Be­ amte und Angestellte. 123 S.

a.a.O., S.27ff.

124 WAV-Programm, in: Mitteilungsblatt Nr. 1/1946. 125 Ebd. 126 Ebd. Mitteilungsblatt Nr.5, 1946, S.2ff, Nr. 3, 1947, S.4, Landtags A MÜ, Steno­ graphische Berichte, Landtag-Plenum, 1. Sitzung, S.3.

127 WAV-Programm, a.a..O. Landtags A MÜ, Stenographische Berichte der Ver­ fassunggebenden Landesversammlung, Plenum, 3. Sitzung, S. 47 ff. 128 WAV-Programm, a.a.O. Zur WAVPosition in der Entnazifizierungsfrage: S. IVittge, a.a.O., S.95ff.

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140 Auf der Landeskonferenz vom 20.6. 1947 wurde Loritz zunächst für 3 Mona­ te als Landesvorsitzender suspendiert. Dazu: L. Niethammer, Entnazifizierung in Bayern, a.a.O., S.467ff.

130 Ebd.

141 Loritz hielt sich lange Zeit in München versteckt, nahm gelegentlich sogar an Sitzungen von WAV-Gremien teil. Er wurde erst am 11. November 1948 wie­ der verhaftet. AZ vom 12.11. 1948.

131 Ebd.

142 S. IVinge, a.a.O., S. 148.

132 Landtags A MÜ, Stenographische Berich­ te der Verfassunggebenden Landesver­ sammlung, z. B. Plenum, 2. Sitzung, S. 20 ff, 4. Sitzung, S. 88 ff, 8. Sitzung, S. 198, 9.Sitzung. S.215, Verfassungs­ ausschuß, 2. Sitzung, S.50, 7. Sitzung, S. 167 ff, 8. Sitzung, S. 171 ff, 19. Sit­ zung, S. 416 f, 21. Sitzung, S. 459, 30. Sit­ zung, S. 675. SZ vom 1.10. 1946.

143 Auslösendes Moment war wohl ein Arti­ kel Höllerers im Mitteilungsblatt Nr. 5, 1948, S. lf. Unter dem Motto: »Vorher kritisieren, nicht nachher« wurde ein ge­ mäßigter, abwartender Kurs der WAV gegen die Währungsreform propagiert. Bisher hatte die Partei eine vehement und strikt ablehnende Haltung zur Frage einer Geldumstellung eingenommen (vgl. Mitteilungsblatt Nr. 2, 1947, S.6f., Nr. 1-2, 1948, S.7f, Nr.3, 1948, S.7f). Unter dem Einfluß Loritz’ ist das Mittei­ lungsblatt bereits in Nr. 6, 1948, S. 1 ff, wieder zum ursprünglichen Kurs zurück­ gekehrt.

129 WAV-Programm, a.a.O.

133 L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, a.a.O., S.399, Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.198, 274. 134 Landtags A MÜ, Stenographische Berich­ te, Landtag-Plenum, 20. Sitzung, S.595. Der CSU-Abgeordnete August Haußleiter glaubte bei Loritz dieselbe Demago­ gie und denselben Fanatismus zu finden wie einst bei Hitler. 135 U.a. Fritz Schaffer, Michael Horlacher, Josef Müller. Mitteilungsblatt Nr. 1, 1946, S.4, Nr.4, 1946, S.4, Nr.5, 1946, S.2f, Nr.3, 1947, S.4, SZ vom 31.12. 1946. 136 IV. Hagenauer in: Hochlandbote vom 15.10. 1946, Landtags A MÜ, Steno­ graphische Berichte, Landtag-Plenum, 20.Sitzung, S.595, 37.Sitzung, S.242ff. Stenographische Berichte d. Verfassung­ gebenden Lindesversammlung, Plenum, 9.Sitzung, S.226. Scharnagl über Loritz: »Wenn Herr Loritz glaubt, was er treibt, sei eine berechtigte sachliche Kritik, so ist das ein Geisteszustand, für den ein nor­ maler Mensch kein Verständnis hat.« Dazu auch: IV. Henkels, Zeitgenossen, Fünfzig Bonner Köpfe, 1953, S. 140 ff. 137 Z.B. die Mahnung zum »Zusammen­ stehen«, Schutz der »Kleinen« gegen Großschieber, Bekämpfung der korrum­ pierenden Parlamentswirtschaft, dazu: S. IVinge, a.a.O., S.47 ff. 138 Landtags A MÜ, Stenographische Berich­ te d. Verfassunggebenden Landesver­ sammlung, Plenum, 9. Sitzung, S. 225 f. 139 SZ vom 1.11. 1946. Zu den Landesversammlungen der WAV war die Öffent­ lichkeit nicht zugelassen; die Presse war auf die parteiamtlichen Informationen angewiesen.

144 S. IViH?f, a. a. O„ S. 150 f. AZ vom 25.10. 1948. 145 S. IVinge, a.a.O., S. 135, S.207, hier wird Loritz vorgeworfen, daß er sich von der WAV-Politik entferne. 146 »WAV Gruppe-Loritz« und »WAV Gruppe-Kühne«. Letztere, mit den Land­ tagsabgeordneten Erich Kühne, Hans Keeß, Peter Miehling, Karl Quilling und Max Rief konnte sich aber nicht durch­ setzen, sie wurde vom Landeswahl­ ausschuß abgelehnt. S. IVinge, a.a.O., S. 154 ff 147 Ebd., S. 210 148 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.240. 149 Statistisches Jahrbuch für Bayern 1947, hg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt München, 1948, S. 316 ff, 345. 150 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.242. 151 Dazu: L. Niethammer, Entnazifizierung in Bayern, a.a.O., S.440tf 152 Ebd., S. 462, 4681 153 Beiträge zur Statistik Bayerns, Heft 150. S. FPi'ii^e, a.a.O., S. 156f. 154 Ebd., S. 156. 155 Der Neubürger, Nr. 17, 1941, S.l. 156 S. IVinge, a. a. O., S. 164 ff. 157 E.Faul (Hrsg.), Wahlen und Wähler in Westdeutschland, 1960, S.330.

360

Anmerkungen

158 Die Zersplitterung des liberalen Spek­ trums, die schon in der Weimarer Zeit auffällig war, setzte sich bei der Parteien­ gründung nach 1945 fort. Anders als bei SPD, KPD und auch CSU, wo die örtli­ chen Organisationen unter recht ähnli­ chen Namen ziemlich gleichgerichtete Programme formulierten, waren bei den Liberalen nicht nur die Bezeichnungen für die einzelnen Ortsparteien, sondern auch die politischen Aussagen sehr viel unterschiedlicher. Die liberalen Gründungen nannten sich u.a. Deutsche Demokratische Partei, De­ mokratische Partei, Freie Demokratische Partei, Liberal-Demokratische Partei, Demokratische Volkspartei. 159 B. Manch, a.a.O., S.19, 22. 160 Wie Karl Meißner wechselte Julius Hol­ lerer später zur WAV, wo er 1947/48 zeitweise Landesvorsitzender war. 161 SZ vom 15.1. 1946. 162 ß.Manr/i, a.a.O., S.22. 163 Lizenzurkunde der Militärregierung vom 15.5. 1946, in: ß. Mai/r/i, a.a.O., S. 118f„ ebd., S.24. 164 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.240, 242. Statisti­ sches Jahrbuch für Bayern 1947, a.a.O., S. 316 ff. 165 Bei den Landtagswahlen 1946 in Mün­ chen 6,3%, in Bayern 5,6%; bei den Landtagswahlen 1950 in München 9,2%, in Bayern 7,1%. 1949 bei den Bundes­ tagswahlen 10,1% in München, 8,5% in Bayern. Statistisches Handbuch der Stadt München, 1954, a.a.O., S.242L Statisti­ sches Jahrbuch für Bayern 1947, a.a.O., S.345, E.Faul, a.a.O., S.329L 166 1948 erzielte die FDP bei den Stadtrats­ wahlen nur 4,7%, 1952 dann 5,2%. Stati­ stisches Handbuch der Stadt München, 1954, a.a.O., S.240. 167 Th.Ellivein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 1963, S.89f. 168 ß. Manch, a.a.O., S.58. 169 Stadt A MÜ BUR 1411, Bl. 40-43. 170 Vgl. oben. Der Aufbau der politischen Parteien. Nach seiner Demission als Mi­ nisterpräsident wurde Schäffer von der Militärregierung mit einem politischen Betätigungsverbot belegt. 171 A. Mintzel, Geschichte der CSU, Ein Überlick, 1977, S.58f.

KPD auf Landesebene zunächst nur die CSU, dann die WAV, etwas später die FDP. Die erst 1948 erfolgte Lizenzierung der Bayerpartei brachte die CSU sogleich in Bedrängnis, weil sie erfolgreich bisher der CSU nahestehende Bevölkerungs­ kreise ansprach. 175 A. Mintzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S.207. 176 Ebd., S. 205. 177 Zitiert nach: ebd., S.205 f. 178 A. Mintzel, Die CSU, Anatomie einer konservativen Partei 1945-1972, 1975, S.103f. 179 Neben Hundhammer und Schäffer zähl­ ten Josef Baumgartner, Carl Lacherbauer, Walther v. Miller, Karl Scharnagl und Alois Schlögl zu dieser Gruppe. Die führenden Vertreter der Bauernschaft, Baumgartner, Horlacher und Schlögl lehnten den betont klerikalen Kurs Schäffers ebenso ab wie eine Dominanz der höheren bayerischen Beamtenschaft - die Schäffer ja verkörperte - innerhalb der Partei. Dazu: A. Mintzel, Die CSU, a.a.O., S.90ff. 180 Neben Müller waren der Münchner Par­ teisekretär Heinrich Krehle, Michael Horlacher sowie Wilhelm Eichhorn die wichtigsten Repräsentanten dieses Flü­ gels. 181 Landtags A MÜ, Stenographische Berich­ te d. Verfassunggebenden Landesver­ sammlung, Plenum, 5.Sitzung. S. 122, 8. Sitzung, S. 192. Der Staatspräsident wurde mit 85:84 bzw. 87:82 abgelehnt. Die Fraktion der CSU hatte sich in einer Fraktionssitzung mit 71:29 Stimmen für einen Staatspräsidenten ausgesprochen. IV. Berberich, Die historische Entwick­ lung der Christlich Sozialen Union in Bayern bis zum Eintritt in die Bundes­ republik, 1965, S.60ff. 182 Landtags A MÜ, Stenographische Berich­ te, Landtag-Plenum, 2. Sitzung, S. 23 ff. Müller wurde von Eugen Rindt zur Wahl vorgeschlagen. Da bereits Koaliti­ onsabsprachen eines größeren Teiles der CSU-Fraktion mit der SPD und der WAV bestanden, erhielt Müller nicht die nötige Mehrheit. Zur Ministerpräsiden­ tenwahl und zur Regierungsbildung 1946: W. Berberich, a.a.O., S.45, 49-100. L. Niethammer, Entnazifizierung in Bay­ ern, a.a.O., S.430ff IV. Hoegner, a.a.O., S. 284 ff. A. Mintzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S. 326 ff.

173 Ebd., Bl. 40-42.

183 Die CSU verfügte über 104 der 180 Landtagsmandate. Statistisches Jahr­ buch für Bayern 1947, a.a.O., S.345.

174 Die Amerikaner lizenzierten deshalb ne­ ben den sozialistischen Parteien SPD und

184 Am 20.9. 1947 trat die SPD aus der Re­ gierung aus. Nachdem die WAV schon

172 Stadt A MÜ BUR 1411, Bl. 43.

mit der Absetzung Loritz’ (s.o.) ausge­ schieden war, bildete die CSU nunmehr alleine die Regierung. Zum Regierungsaustritt der SPD: W. Hoegner, a.a.O., S.294ff. Hoegner war gegen den Austritt, er bezeichnete den Regierungsaustritt als »ein Landes­ unglück für Bayern« und wertete ihn als »Selbstmord der SPD«; er trat für eine Landtagsneuwahl ein, S. 297 f. W. Belir, Sozialdemokratie und Konservatismus, Ein empirischer und theoretischer Bei­ trag zur regionalen Parteianalyse am Bei­ spiel der Geschichte und Nachkriegsent­ wicklung Bayerns, 1969, S.62ff. A. Mintzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S. 332 ff. 185 A. Mintzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S.64ff. 186 Zum Verhältnis der Unionsparteien: G. Mächler, Zum frühen Verhältnis von CDU und CSU, in: Politische Studien, 23.Jg. H. 206, 1972, S.595ff. Ders., CDU/CSU, Das schwierige Bündnis, 1976. A. Mintzel, Die CSU, a.a.O., VII. Kap., S.251 ff. Müller hatte aber zunächst bis Mitte 1946 für interzonale Zusammenschlüsse plädiert. 187 Die CSU erzielte bei den Wahlen zur Verfassunggebenden Landesversamm­ lung am 30.6. 1946 58,3%, bei den er­ sten Landtagswahlen am 1.12. 1946 52,3%. Statistisches Jahrbuch für Bayern 1947, S. 316 ff, 345. 188 Bei der Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung erreichte die CSU in München 40%, bei der Landtagswahl 1946 34%. Bei der Stadtratswahl schnitt die Union 1946 mit 44,9% am erfolg­ reichsten ab. Statistisches Handbuch der Stadt München, 1954, a.a.O., S.240, 242. 189 Baumgartner trat am 26.Januar 1948 zur Bayernpartei über. IV. Berberich, a.a.O., S.215L 190 Die Partei erhielt am 29.3. 1948 die Li­ zenz für Bayern. Chronik der Stadt Mün­ chen, a.a.O., S.352. 191 A. Mintzel, Die CSU, a.a.O., VI. Kap. S.222ff. Ders., Geschichte der CSU, a.a.O., S.95, 105f. 192 A. Mintzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S. 106 ff. 193 Ehard hatte die Aufgabe, die zerstrittenen und auseinanderstrebenden Gruppen in­ nerhalb der CSU wieder zusammenzu­ führen. Dies fiel ihm umso leichter, als der christlich interkonfessionelle Flügel zum einen durch die, gegen die BP gerichtete, betonte Hinwendung zur In­ teressenvertretung des einheimischen katholischen Besitzbürgertums, zum

Anmerkungen anderen durch eine zahlenmäßige Ab­ schwächung an Einfluß verlor. »Die christlich-interkonfessionelle und gesellschaftspolitische Gründungsidee erstickte in bäuerlichen, handwerklichen und kleingewerblichen Traditionen bayerischer Provinzialität«. A.Minlzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S.67. 194 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.240. 195 Bei den Bundestagswahlen 1949 erreich­ te die CSU in Bayern 29,2%, bei der Landtagswahl 1950 27,4% der Stimmen. E.Faul, a.a.O., S.329f. 196 Obwohl die CSU bei der Landtagswahl vom 28.11. 1954 mit 38% erheblich zu­ gewinnen konnte, gelang es ihr nicht eine neue Regierung zu bilden. Schließ­ lich schlossen sich SPD, BP, FDP und BHE zur »Viererkoalition« zusammen und wählten Wilhelm Hoegner (SPD) zum Ministerpräsidenten. F.Baer, Die Ministerpräsidenten Bayerns 19451962, 1971, S. 164 ff. 197 A.Minlzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S.67 ff. 198 L. F. Gengier, Die deutschen Monarchi­ sten, 1932, S.97ff., IT. Benz-(Hrsg.), Po­ litik in Bayern 1919-1933, 1971, S.43f. 199 K. O. v. Arelin, Die bayerische Regierung und die Politik der bayerischen Monar­ chisten in der Krise der Weimarer Repu­ blik 1930-1933, in: Festschrift für Her­ mann Heimpel, 1971, Bd. I, S. 205-237. Die Zahlenangabe ebd., S. 207. 200 H. Breitschneider, a.a.O., S. 135ff. L. Niet­ hammer, Entnazifizierung in Bayern, a.a.O., S.80ff. 201 J. Unger, Die Bayernpartei, Geschichte und Struktur 1945-1957, 1979, S.19. 202 M. Lcbsche, Grundsatz und Ziele der Bayerischen Heimat- und Königspartei, Vortrag vom 28.4. 1946, als Manuskript gedruckt, München o.J. (1946). 203 /. Unger, a.a.O., S. 19f. 204 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.240. £. Faul, a.a.O., S.329E 205 Baumgartners Übertritt 26.10. 1948, s.o.

erfolgte

am

210 Politische Grundsätze der Bayernpartei, I.Teil, Staatspolitische Grundsätze, Ar­ beitsentwurf, vorgelegt von J. Kettner und H. Pöhner, Schriftenreihe der Bay­ ernpartei, hg. vom Kreisverband Ober­ bayern der Bayernpartei, Heftl, o.J. (1948). 211 Anton Donhauser, Anton v. Aretin. 212 /. Unger, a. a. O., S. 29 f. 213 Ebd., S. 29. 214 Zitiert nach: ebd., S.32. 215 Ebd., S. 32. 216 Ebd., S. 142. 217 Ebd., S.33f. 218 T. Buer, a.a.O., S. 1641". 219 Informations- und Rednerdienst, hg. vom Generalsekretariat der CSU, Jg. 5, Nr. I, 1955, S.3 220 F.Baer, a.a.O., S.192. Bei der Vergabe von Spielbankenkonzessionen soll es zu Unkorrektheiten und Vorteilnahmen für die BP gekommen sein. 221 Die Affäre und der daraus resultierende Prozeß sind von der CSU politisch aus­ geschlachtet worden. Die Verurteilung von Josef Baumgartner und August Geiselhöringer wegen angeblicher Falsch­ aussagen vor dem Untersuchungsaus­ schuß des Landtags ist immer noch umstritten. /. Unger, a.a.O., S.203. 222 /•'. Buer, a.a.O., S.217. 223 /•'. Baer, a. a. O„ S. 23 ff, 270. 224 Aus dem Kabinett schieden der Staats­ sekretär im Landwirtschaftsministerium Ewald Thunig am 3.3. 1946, der Staats­ sekretär im Wirtschaftsministerium Georg Fischer am 8.6. 1946 und der Sonderminister für Entnazifizierungsfra­ gen Heinrich Schmitt am 1.7. 1946 aus. Für Thunig und Schmitt rückten CSUVertreter nach. Aus dem Münchner Stadtrat schied der einzige Vertreter der KPD, Alfred Kroth, bereits am 24.10. 1945 als Leiter des Referates 5 (Ernährungs- und Wirtschaftsamt) aus. F. Baer, a.a.O., S.270. Stadt A MÜ, Ratskartei 1945/46, BUR 162, Bl. 35.

208 Ebd., S. 28.

225 Dies gilt auch für die Parteien auf inter­ zonaler Ebene. Für Bayern und München wären zu nennen: Wilhelm Hoegner, Thomas Wimmer, Gustav Schiefer, Karl Scharnagl, Fritz Schäffer, Maximilian Fuchs, Fritz Linnert, Alfred Loritz u.v.a.

209 Unter ihnen Karl Maerkl, später Stadtrat in München, Josef Kettner und Anton Besold. Besold wurde später General­ sekretär, dann Landesvorsitzender der BP, 1955 trat er in die CSU ein.

226 S.o., die Ablösung Wilhelm Hoegners als Landesvorsitzender der SPD durch Waldemar v. Knoeringen bzw. Thomas Wimmers als Münchner Parteivorsitzen­ der durch Franz Marx.

206 /. Unger, a.a.O., S.28. 207 Ebd., S. 27.

361

227 In der CSU konnte sich Josef Müller als Vertreter der »jungen Generation«, der in seiner Herkunft auf keine der alten Par­ teien festgelegt werden konnte, gegen die Vertreter der politischen Tradition der BVP nicht behaupten. 1949 wurde er als Parteivorsitzender abgewählt. A.Minlzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S.59. 228 Vgl. dazu: Th.Eilks, a.a.O., S. 19ff. ß. Manch, a.a.O., S.86f. A.Minlzel, Geschichte der CSU, a.a.O., S. 180ff. /. Unger, a. a. O., S. 68 ff. 229 So bei der WAV mit Alfred Loritz als Vorsitzendem; auch bei den Liberalen, wo vor allem ehemalige DDP- und DVP-Mitglieder tätig wurden. 230 Hier ist nicht nur die antifaschistische Komponente, die in den Programmen ausgesprochen wurde, sondern auch der Versuch einer Öffnung für neue Kreise der Bevölkerung — wie etwa bei der CSU - zu nennen. 231 So Wilhelm Hoegner, der sich vom Zentralisten zu einem überzeugten Förderali­ sten entwickelt hatte; Karl Scharnagl, Thomas Wimmer und Gustav Schiefer, die in der gemeinsamen Zeit der KZHaft den politischen Gegner als Men­ schen schätzen und seine Überzeugun­ gen zu respektieren gelernt hatten. Sie entwickelten nach 1945 eine vertrauens­ volle Zusammenarbeit im Münchner Stadtrat. Dazu: P. Krilzer, a.a.O., S.58ff. K. Scharnagl, Politische Begebenheiten, a.a.O., S. 14. 232 Die Zahl der Stadträte wurde von 41 auf 50 erhöht. Es entfielen: auf die SPD 15 Sitze, die Bayernpartei 13, die CSU 10 Sitze, auf die KPD 6, die WAV 3 und die FDP 2 Sitze, ein Mandat fiel an die »Parteilosen Katholiken«. Statistisches Handbuch der Stadt München, 1954, a.a.O., S.240. 233 Trotz der engen Zusammenarbeit zwi­ schen CSU und SPD im Stadtrat bestand keine förmliche Koalition. Gustav Schie­ fer erklärte dazu unmißverständlich: »Seit wann besteht eine Koalition! ... Wir haben uns in allen Lagen und Fragen vollständige Bewegungsfreiheit Vorbe­ halten.« Dies hinderte die beiden Par­ teien aber nicht, vor wichtigen Entschei­ dungen im Stadtrat entsprechende Ab­ sprachen zu treffen. Stadt A MÜ, RP 720/5, Personalaus­ schuß, 20.3. 1947, S.387, RP 719/1, Stadtrat-Plenum, 6.6. 1946, S.416-421, 429 f. 234 Stadt A MÜ RP 721/2, Stadtrat-Plenum 1.7. 1948, S.1534, 1537, 1564. 235 Ebd., S. 1544-1557.

362

Anmerkungen

236 Ebd. Stadtrat-Plenum 20.7. 1948, S. 1830, RP 721/3 Stadtrat-Plenum 26..10. 1948, S.2905ff, RP 721/5, Hauptausschuß 30.9. 1948, S.20082025, 11.11. 1948, S.2413-2430, RP 721/7, Finanzausschuß 20.10. 1948, S. 1052 ff. 237 77t.Ei/fa, a.a.O., S. 109. 238 Stadt A MÜ RP 722/2, Stadtrat-Plenum 24.5. 1949, S. 2041, 2043. Im ersten Wahlgang erhielten W.v.Miller 20, L. M. Lallinger 16, K. Erhärt 7 (hatte schon vorher abgelehnt) Stimmen; im zweiten Wahlgang erhielt W.v.Miller 23, sein Gegenkandidat Lallinger 15 Stimmen. 239 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O„ S.239. 240 Ebd. S. 240.

248 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 6.9. 1945, Überblick über das Wohl­ fahrtswesen, E. Hamm, S. 184-207, hier S.203. Seit Kriegsende waren rund 5 Mio RM für Wohlfahrtsaufgaben auf­ gewendet worden. Für das laufende Rechnungsjahr wurden monatliche Aus­ gaben von ca. 2,5 Mio RM erwartet; den zu erwartenden Gesamtbedarf veran­ schlagte Hamm mit 27 Mio RM. 249 Stadt A MÜ RP 719/1, Stadtrat-Plenum 17.1. 1946, S. 41-46, Mitteilung der Regierung über Steuerzuweisung. 250 Ebd., S. 46-58. 251 Vgl. dazu: D. Thränliardl, Die Abhängig­ keit der Gemeinden von Bund und Län­ dern und die kommunale Demokratie, in: H. Rausch, Th. Slammen, a.a.O., S. 89-115.

241 Das Haushaltsjahr läuft vom 1.4. (1944) bis zum 31.3. (1945) des folgenden Jahres.

252 Stadt A MÜ RP 720/2, Stadtrat-Plenum 8.7. 1947, S.1541-1574.

242 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 6.9. 1945, Finanzbericht, Stadtdirektion Schein, S.211-233, hier S.225. 243 So waren von der Stadtsparkasse von 660-670 Mio RM über 500 Mio in Reichsschuldverschreibungen angelegt. Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum, 6.9. 1945, S.221 ff., S.237.

254 Die Stadt verlor (mit Eigenbetrieben) 457 Mio. Reichsmark Bargeld, Guthaben und Wertpapiere; bis 1953 war dieses Vermögen wieder auf rund 1 Mrd. DM angewachsen. Statistisches Handbuch der Stadt München, 1954, a.a.O., S. 156.

244 Schon vom 1.4. bis zum 31.7. 1945 blie­ ben die städtischen Einnahmen um 14 484 400 RM hinter den Ausgaben zu­ rück. Stadt A MÜ RP 718/1, StadtratPlenum, 6.9. 1945, S.226, 230 ff. 245 Die Betriebsmittelrücklage ist ein Barbe­ stand, der zur Vorfinanzierung von im Haushalt vorgesehenen Ausgaben zur Verfügung steht, u. U. auch zur Finanzie­ rung von unerwarteten Ausgaben heran­ gezogen wird. 246 Hier handelte es sich um Gelder aus Stif­ tungsfonds und um Mittel aus dem »Sonderhaushalt für die Neugestaltung Münchens«, der gebildet wurde, um eine von Hitler geplante Prunkstraße nach Pasing zu finanzieren. 247 Der Geldumlauf war von etwa 7,5 Mrd. RM 1932 auf ca. 58 Mrd. bei Kriegsende angestiegen. Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 6.9. 1945, S.237. Für die Schuttbeseitigung wurden verwen­ det: 1948: 4,6 Mio DM von insgesamt 15,8 Mio DM Wiederaufbauleistungen; 1949: 5,2 Mio DM von 26,8 Mio DM, 1950: 4,0 Mio DM von 37,1 Mio DM. Über die Aufwendungen im Zeitraum 1945—1948 liegen keine Zahlen vor. Die Schutträumung spielte in diesen Jahren eine noch viel größere Rolle im Ver­ gleich zu den getätigten Wiederaufbau­ leistungen.

253 Ebd., S. 1570, 1574.

255 Stadt A MÜ RP 721/2, Stadtrat-Plenum 6.7. 1947, S. 1678 ff, zur Finanzlage der Stadt. 256 Stadt A MÜ RP 721/7, Finanzausschuß, 16.12. 1948, Einheftung nach S. 1248. Es wird zum 30.9. 1948 ein Defizit von 4,86 Mio DM festgestellt, das zwischen­ zeitlich aber erheblich höher lag 257 Vgl. dazu: Statistisches Handbuch der Stadt München, 1954, a.a.O., S. 156f, 258 Ebd., S. 162 f. Vor der Währungsreform standen (jeweils einschließlich Städt. Unternehmungen) am 20.6. 1946 einem Vermögen von rund 1,1 Mrd. RM Schul­ den von ca. 165 Mio RM gegenüber. 1949: Vermögen ca. 79 Mio DM, Schul­ den ca. 48 Mio DM. 1952: Vermögen ca. 950 Mio DM, Schulden ca. 120 Mio DM. 259 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum, 9.8. 1945, S.62. 260 Ebd., S.62. 261 Ebd., S.66f. 262 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum, 4.3. 1947, S. 535-561.

Handbuch der Stadt München, 1954, S.90, Zahl der Arbeitsstätten: 1939: 57 128, 1946: 38729, 1950: 56348. 265 Ebd., S.91. Zahl der Beschäftigten: 1939: 413024, 1946: 308930, 1950: 423 221. 266 Ebd., Tab. 2, S. 94 ff. 267 Ebd., S.90, Nur 7% der Arbeitsstätten wurden als industrielle Arbeitsstätten be­ wertet; diese beschäftigten etwa 25% der Arbeitnehmer. 268 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 18.3. 47, S.669, 695, 686f, 674, Von den im Linienverkehr eingesetzten Wa­ gen waren durchschnittlich 'Zs, also ca. 100 Wagen wegen Unfällen außer Be­ trieb. Durchschnittlich ereigneten sich 3,5 Unfallschäden pro Tag. Für die feh­ lenden Reparaturmaterialien soll nur die Zahl der Stahlzuteilung genannt werden: Von insgesamt angeforderten 2000 t Stahl wurden 1946 nur 760 t geliefert, dabei waren die Anforderungen bereits auf den allernotwendigsten Bedarf be­ schränkt. 269 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S. 180f. Die Entwick­ lung der Wagenbesetzung: 1939: 4,91, 1945: 9,0, 1947: 12,61, 1948: 9,31, 1949: 5,96, 1951: 4,93. 270 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 1.4. 1947, S.841 ff. 271 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S. 178. Die Gasabgabe stieg von 47 Mio m3 1946 über 70 Mio m3 1948 auf 78 Mio m3 1950. Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 1.4. 1947, S. 844 f. Das Verhältnis von Kohlengas: Wassergas wurde geändert, der Anteil des Wassergases von 35—40% auf 55—60% erhöht: damit sank der Brennwert des Gases. 272 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 28.8. 1945, S.37. 273 Stadt A MÜ RP 719/2, Stadtrat-Plenum 5.11. 1946, S. 1305 ff; 12.11. 1946, S. 1388 ff; RP 720/1, Stadtrat-Plenum 8.1. 1947, S.31. 274 Bayern hatte zum Ausgleich des Spitzen­ bedarfs Strom aus anderen Ländern, vor allem aus Mitteldeutschland bezogen. Durch die Teilung Deutschlands in Be­ satzungszonen wurde der Verbund un­ terbrochen. 275 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 6.12. 1945, S. 486-509, Bericht über die Ernährungslage in München.

263 Besonders Stadtrat Josef Lettenbauer (KPD), ebd., S. 556.

276 Ebd., S. 493.

264 Als Arbeitsstätten zählen hier: Betriebe, Verwaltungen, Behördendienststellen, freiberufliche Arbeitsstätten. Statistisches

277 Von der 98. Versorgungsperiode im Früh­ jahr 1947 mit 1 556 Kalorien sank die Kalorienzahl innerhalb eines Jahres auf

I Anmerkungen 1 227 Kalorien in der 112. Versorgungs­ periode, dabei kamen die vorgesehenen Kalorienzahlcn nicht immer zur Vertei­ lung. Statistisches Handbuch der Stadt München, 1954, a.a.O., S. 187. 278 Beklagt wurde vor allem, daß Bayern als Agrarland Nahrungsmittel in andere Länder liefern müsse, aber die zum Aus­ gleich vorgesehenen Lieferungen (z. B. Kohle, Industriegüter) nicht erhalte. 279 Diese Vermutungen haben sich nach der Währungsreform bestätigt, als es plötz­ lich wieder fast alles zu kaufen gab. 280 Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 13.5. 1948, S.959. 281 Das Aufzeigen dieses Zusammenhanges konnte geradezu als Aufforderung zur Warenhortung verstanden werden. Un­ bestritten war, daß nach einer Geldre­ form dem Geldwert auch ein entspre­ chendes Warenangebot gegenüberstehen mußte, wenn die bisherigen Tausch- und Schwarzmarktgeschäfte beendet werden sollten. Die Warenhortung bedeutete aber andererseits eine weitere Verknap­ pung lebensnotwendiger Güter und be­ traf vor allem die arbeitenden Kreise der Bevölkerung. 282 Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 13.5. 1948, S.965.

292 So die Arbeiterwohlfahrt und der Paritä­ tische Wohlfahrtsverband. 293 Bereits am 22. Mai 1945 wurde Prinz Adalbert von Bayern durch Karl Scharnagl zum Präsidenten des neu gegründe­ ten Bayerischen Roten Kreuzes bestellt. Aufgrund der Besatzungsbestimmungen konnte das Deutsche Rote Kreuz nicht mehr tätig werden, es wurde in Landes­ verbände aufgespalten. 294 Initiiert von Kardinal Faulhaber und Karl Scharnagl. 295 Hier kamen die guten Beziehungen der evangelischen Kirche in den USA zum tragen. 296 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 6.12. 1945, S. 484 ff. 297 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.201. 1938 erhielten 30236 Personen ständig Unterstützung, 1945 waren es 24980, 1948 wurden 19282 Personen laufend unterstützt. 298 Chronik der Stadt München, a.a.O., S.453. 299 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.201, 1953 wurden 21 202 Personen unterstützt.

283 Walther v. Miller löste 1949 Karl Scharnagl als 2. Bürgermeister ab.

300 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 1.8. 1945, S. 13, das Polizeipräsidium wurde als Referat 1 in die Stadtverwal­ tung eingegliedert.

284 Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 13.5. 1948, S.971, 974 f.

301 Stadt A MÜ RP 718/1 Stadtrat-Plenum 22.11. 1945, S.430E

285 Die Stadt konnte nicht mehr verteilen als ihr von übergeordneten Dienststellen zugewiesen wurde, aber auch die staatli­ chen Stellen und amerikanischen Mili­ tärbehörden konnten nur das anweisen, was wirklich zum Verbrauch zur Verfü­ gung stand. Sie mußten für eine gleich­ mäßige Versorgung über größere Zeit­ räume Sorge tragen.

302 P. Steinborn, Grundlagen und Grundzüge Münchener Kommunalpolitik in den Jahren der Weimarer Republik, 1968, S.277, 504 ff.

286 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 6.9. 1945, S. 184-207, Bericht über das Wohlfahrtswesen. 287 Ebd., S. 195, von Mai bis September wur­ den rund 940000 Essen ausgegeben. Im März 1946 berichtete Dr. Wunderer, daß durchschnittlich 65 000 Essen pro Tag zur Verteilung kämen. RP 719/1, StadtratPlenum 14.3. 1946, Einheftung nach S.134. 288 Stadt A MÜ RP 719/1, Stadtrat-Plenum 26.3. 1946, S. 149 ff. 289 Ebd. 290 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 6.9. 1945, S. 184 ff. 291 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.201.

303 Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 13.12. 1945, S. 555-563. 304 Stadt A MÜ RP 718/1 Stadtrat-Plenum 22.11. 1945, S. 4227lm Statistischen Handbuch der Stadt München, 1954, a.a.O., S.234 werden für 1945 insgesamt nur 180 Tötungsdelikte genannt. 305 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.236, der Anteil der Ausländer ging bis 1953 allmählich zu­ rück. 306 Pitzer war schon 1918/19 unter den sozialdemokratischen Ministern Albert Roßhaupter und Erhard Auer mit der Organisation der Münchner Polizei be­ traut gewesen. 307 Stadt A MÜ RP 720/7, Finanzausschuß 3.1. 1947, S.15f„ RP 720/1, StadtratPlenum 29.4. 1947, S.1042f. 308 Stadt A MÜ RP 720/2, Stadtrat-Plenum 9.9. 1947, S. 1924 f.

363

309 Ebd., S.1923ff, RP 719/1, StadtratPlenum 26.3. 1946, S. 181. SZ vom 31.5. 1947, S.4, SZ vom 23.8. 1947, S.4. 310 Stadt A MÜ BUR 2534/4, Schreiben von Kelly an Wimmer vom 17.5. 1949. 311 Ebd. 312 Stadt A MÜ RP 720/4, Hauptausschuß 27.11. 1947. 313 Zahlen nach: Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 9.4. 1945, S. 48-63, 6.12. 1945, S.493, RP 721/1, StadtratPlenum 25.5. 1948, S. 1044, RP 720/4, 1 lauptausschuß 22.10. 1947. 314 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, S.48. 315 Trotz aufwendiger Wohnungsbaupro­ gramme in der Weimarer Zeit, die z.T. auch noch im Dritten Reich fortgeführt wurden, war der Wohnungsmarkt in München schon vor dem Krieg sehr an­ gespannt. Durch die fehlende Bautätig­ keit in den Kriegsjahren entstand ohne­ hin ein Wohnungsdefizit von rund 35 000 Wohnungen. Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 9.4. 1945, S. 49. 316 Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 25.5. 1948, S. 1042-1073, Leistungsbe­ richt des Referates 7. 317 Stadt A MÜ RP 719/7, Wohnungsaus­ schuß 17.4. 1946, S. 145-152, RP 719/3, Hauptausschuß 25.4. 1946, S. 294-307. H.M.Hanko, a.a.O., S. 127 f. 318 Stadt A MÜ RP 719/1, Stadtrat-Plenum 5.2. 1946, Beiheftung nach S.70. 319 Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 25.5. 1948, S. 1071. 320 Zu den Verfechtern der harten Linie zähl­ ten vor allem Rudolf Bößl und Oskar Dürr; die SPD verfolgte insgesamt einen härteren Kurs gegen ehemalige Natio­ nalsozialisten. Vgl. dazu: Stadt A MÜ RP 718/1, Stadtrat-Plenum 1.12. 1945, S. 463 f, RP 719/7, Wohnungsausschuß 13.9. 1946, S.336f, RP 719/2, StadtratPlenum 24.9. 1946, S. 1046, RP 720/5, Personalausschuß 9.1. 1947, S. 49, 13.2. 1947, S. 170, RP 720/6, Personalaus­ schuß 11.9. 1947, S.1318ff. 321 Versöhnlicher äußerten sich z. B. Ludwig Schmid, »nicht päpstlicher sein als der Papst«, RP 720/5, Personalausschuß 9.1. 1947, S.43; Karl Wieninger, »Wir müs­ sen die Frage aufwerfen, ob wir als De­ mokraten das Recht des politischen Irr­ tums ... nicht akzeptieren wollen«, RP 720/6, Personalausschuß 25.9. 1947, S. 1412f; auch Karl Scharnagl, »Beken­ nen wir uns zu dem Standpunkt, daß einmal Schluß gemacht werden muß«, RP 720/5, Personalausschuß 23.1. 1947, S.106.

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Anmerkungen

322 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 11.2. 1947, S. 444-469, 25.3. 1947, S. 768-776. 323 Ebd., S.446. 324 Münchner Mittag vom 10.2. 1947. 325 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 27.2. und 5.3. 1947. 326 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 25.3. 1947, S.775f. 327 Vgl. Exkurs über das Jugendparlament.

340 Ebd., S.56, 1952 sank die Wohndichte auf 1,16, 1953 auf 1,14. 341 Münchner Mittag vom 27.12. 1946. 342 Echo der Woche vom 17.5. 1947, S.ll. 343 Ebd. 344 Zu den vorgesehenen Wahlen eines Ju­ gendparlaments durch die Jugendlichen in Schulen und Betrieben kam es wegen der Auflösung des Jugendparlaments nicht mehr.

328 U.a. Philipp Auerbach, der Staatskom­ missar für politisch, rassisch und religiös Verfolgte, der an den Wohnungen für seine Zwecke interessiert war.

345 H. A4. Hunfco, a.a.O., S. 143

329 Die Aktionsausschüsse bildeten sich in einzelnen Stadtteilen, ohne daß es dafür zunächst einen rechtlichen Rahmen ge­ geben hätte. Die Aktionsausschüsse wur­ den später in die neu gebildeten Bezirks­ ausschüsse überführt, die heute noch als Instrument kommunaler Bürger-Mitver­ waltung funktionieren.

347 Stadt A MÜ RP 720/9, Ältestenausschuß 21.2. 1947, S.68.

330 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 4.3. 1947, S.562E 331 Ebd., S. 566 ff. 332 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 4.3. 1947, S.561-585, 25.3. 1947, S. 731-768, 1.4. 1947, S. 866-873, hier bes. S.564, 571 f. 333 »Anordnung über die Bewirtschaftung des Wohnraumes in der Landeshaupt­ stadt München« in: RP 719/1, StadtratPlenum 5.2. 1946, eingeheftet nach S.70. 334 Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 25.5. 1948, S. 1052. Diese Regelung trat am 1.10. 1947 in Kraft. Zu den Auswir­ kungen: Der Beitrag von M. Krauss über die Flüchtlinge in der vorliegenden Pu­ blikation. 335 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a.a.O., S.56. 336 Ebd., S. 58, 1949 mit 6 Mio DM, 1950 mit 6,85 Mio DM. 337 Ebd., S. 60. 338 Ebd., S. 56, errechnet unter Einbeziehung von Wohnküchen. Stadt A MÜ RP 721/1, Stadtrat-Plenum 25.5. 1948, S. 1043. Wohnungsreferent M. Gerstl weist darauf hin, daß die Wohndichte (ohne Einschluß von Wohnküchen) noch lange über 2 liegen werde. 339 Die Wohndichte 1,20 für 1950 ist im Vergleich mit den vorhergehenden Jah­ ren etwas irreführend, weil durch die Wohnungszählung vom 13.9. 1950 die Wohnungszahl um 14212, die Wohn­ raumzahl um 63437 berichtigt wurde. Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, a. a. O., S. 56.

346 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 11.2. 1947, S.439, K Scharnagl.

348 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 11.2. 1947, S. 422, vgl. auch SZ vom 8.2. 1947. 349 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 11.2. 1947, S.423E 350 Ebd., S.424ff.; das bedeutete selbstver­ ständlich den Ausschluß der Vertreter des Jugendparlaments bei geheimen Sitzun­ gen des Stadtrates. 351 Ebd., S.439. 352 Stadt A MÜ RP 720/1, Stadtrat-Plenum 4.3. 1947, S.527. 353 Echo der Woche vom 1.5.1947, S. 11. 354 Münchner Mittag vom 21.7. 1947. 355 Vgl. den Beitrag von N. Krieg über Denkmalpflege und Wiederaufbau, so­ wie den Beitrag von M. Krauss über die städtische Kulturpolitik in dieser Publi­ kation. 356 K.Schamagl, Wir und der Städtebau, 1948. 357 Hatte Scharnagl in seiner Antrittsrede als Bürgermeister 1925 die »Fortführung edler hochstehender Äußerungen des Volkslebens für alle Kreise der Bevölke­ rung, die Hochhaltung alter Bräuche und Gewohnheiten und Lebensäußerungen durch Pflege bodenständiger, wahrhaft volkstümlicher Überlieferung« als Kul­ turaufgabe der Stadt bezeichnet, so ver­ sprach er in seinen Ausführungen anläß­ lich der Kulturwochen »München Som­ mer 1947«: »Ihnen allen wollen ... wir ein Kultur- und Geistesleben bieten, das ... zutiefst im Boden unserer Heimat ge­ wurzelt ist«, und weiter: »Wir müssen uns fernhalten von gut gemeinten Popu­ larisierungen von Werken, die einem an­ deren geistigen Boden entwachsen sind«. 358 Stadt A MÜ RP 718/2, Hauptausschuß 6.11. 1945, S.327; RP 719/3, Hauptaus­ schuß 18.7. 1946, S. 634 ff., 639 f; RP

720/2, Stadtrat-Plenum 5.8. 1947, S. 1838; RP 722/2, Stadtrat-Plenum 10.5. 1949, S.1771. 359 Zur Vorgeschichte der Bezirksausschüsse: Stadt A MÜ BUR 1647, RP 720/2, Stadtrat-Plenum 7.10. 1947, S.2181 ff.; RP 721/12, Bezirkshauptausschuß 6.10. 1948.

Kultur zwischen Kontrolle und kleiner Freiheit 1 A. Vagls, > Unconditional Surrender« — vor und nach 1933, in: VfZ 7, 1959, S. 280 ff. 2 Die Direktive JCS 1067 ist abgedruckt in: Germany 1947-1949, hg. v. Depart­ ment of State, 1950, S. 21 ff. Zu ihrer Entstehungsgeschichte und Bedeutung: M. Fainsod, The Development of Ameri­ can Military Government Policy during World War II, in: C.J. Friedrich, Ameri­ can Experiences in Military Government in World War II, 1948, S.23 ff; G.Molt­ mann, Zur Formulierung der amerikani­ schen Besatzungspolitik in Deutschland am Ende des 2.Weltkriegs, in: VfZ 15, 1967, S.299ff; C. l.atotir, Th. Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, 1973. 3 Es handelte sich um die angloamerikanische Direktive der Combined Chiefs of Staff (CCS) 551, die vom Wie­ deraufbau und deutscher Selbstverwal­ tung sprach. Dazu: C. Latour, Th. Vogel­ sang a.a.O., S. 13. 4 Zur «Policy of Postponement«: H. Schwarz, Voin Reich zur Bundesrepu­ blik, 21980, S. 105 ff 5 Zur Problematik einer deutschen Selbst­ erneuerung bereits im Jahre 1949: L. Krieger, Das Interregnum in Deutsch­ land: März bis August 1945, (neu zu­ gänglich) in: IV. Narr, D. Thränhardt (Hrsg.), Die Bundesrepublik Deutsch­ land, 1979, S.26ff. 6 Die zunehmende Verhärtung der ameri­ kanischen Öffentlichkeit gegenüber Deutschland konstatiert auch V. Wehdeliing, Der Nullpunkt, 1971, S.2f. 7 Wo sich der sogenannte »Internationalis­ mus der Rechten« durchsetzte. Dazu: H. Schwarz, a. a. O., S. 63 ff. 8 Was formal erst mit der Ratifikation der Pariser Verträge am 5. Mai 1955 (!) er­ reicht wurde. Sie sind zugänglich in: Konferenzen und Verträge ( = Vertrags Ploetz) Teil II, Band 4 A, bearb. v. H.Rönnefarlh, H. Euler, *1979, S.472ff. 9 So JCS 1067, Absatz 4b, in: Germany, S.23.

Anmerkungen 10 Ebd.: »reconstruction of German political life on a democratic basis«. 11 Die Originalformulierung über die Auf­ gaben der ICD lautete: »to influence the Germans to establish for themselves a stable and peaceful Government« und »to understand and accept the United States program of occupation«, in: Priori­ ty for Information Control Activities, 28. August 1945, S. 1, in: BayllstA OMGBY 10/49-1/11. 12 So die Erklärung für die amerikanischen Übergangsaktivitäten, in: Annual Report of ICD, OMCB, S.6, 30.Juni 1946, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/40 two. 13 Ebd. S.3. 14 Sie wurde veröffentlicht unter dem Titel »Restatement of US Policy on Germany. Adress by Secretary J. F. Byrnes«, in: Ger­ many, S. 3 ff. 15 Zur Bedeutung der Spruchkammern für die ICD: Notes on General Meeting of Zonal ICD Conference held in Stuttgart, 14 to 16October 1946, in: BayHStA OMGBY 10/90-1/30 one. 16 »You will (...) supervise, encourage and assist in the development by the Ger­ mans of media of public informa­ tion ...«, JCS 1779, Absatz 26a, in: Ger­ many S. 41. 17 In Bayern am 22.8. 1949. 18 Nach: Functional Program for Period 1 January to 30June 1947 (Revised 1 April 1947), Information Control, S.lff., in: BayHStA OMGBY 10/901/28. 19 So übernahm in Bayern Brig. Gen. Walter (.Muller jetzt allein die Leitung der Mi­ litärregierung; Chef der Truppen blieb Ltn. Col. Lucian D.Truscott. Dazu: An­ nual History Report, MG for Bavaria, July 45-June 46, S.l, in: IfZ Fg 01/1. 20 Dazu: L. Niethammer (Hrsg.), IVa/ter Dorn. Inspektionsreisen in der US-Zone, 1973, S.50. 21 Zur Geschichte der bayerischen Gebiets­ medienkontrolleinheit 6870th DISCC, beziehungsweise der bayerischen Infor­ mation Control Division: Annual Report of Information Control Division, OMGB, 30June 1946, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/40 two und H. Hur­ witz, Die Stunde Null der deutschen Presse, 1972, S.l20ff. 22 Dazu: K.-E. Bungenstab, Die Ausbildung der amerikanischen Offiziere für die Mi­ litärregierung nach 1945, in: Jahrbuch für Amerikastudien 18, 1973, S. 195ff. und L. Niethammer, a.a.O.

23 Zur politischen Bedeutung der Emigran­ ten: IV. Link, German Political Refugees in the United States during the Second World War, in: A. Nicholls, E. Matthias (Hrsg.), German Democracy and the Triumph of Hitler, 1971, S.241 ff. 24 Zahlenmaterial findet sich in: O.J. Frederiksen, The American Military Occupa­ tion of Germany 1945-53, 1953, S.33; H. Hurwitz, a.a.O., S. 13; E.F.Ziemke, The US Army in the Occupation of Ger­ many 1944-46, 1975, S. 370; Historical Dit’ision Headquarters European Command (Hrsg.), Military Government in Munich 1945-47, 1951, S. 1; Annual History Re­ port, MG for Bavaria, July 45-June 46, in: IfZ Fg 01/1 und BayHStA OMGBY 10/49-2/2 two, 10/123-1/6 two, 10/ 130-1/6. 25 F. Obermaier, J. Matterer, Aus Trümmern wächst das neue Leben, 1949, S. 66. 26 Dazu: ¡.Grosser, Die große Kontroverse, 1963 und: Allgemeiner Stimmungsbe­ richt - Munich Brief Thomas Mann and others, 14.7. 47. in: BayHStA OMGBY 10/110-3/27, wo die »Volksstimme« so zitiert wird: »Weil eben die jüdischen Emigranten sich uns so feindlich gegen­ über einstellen, besteht jetzt in Amerika die Tendenz, sie zurückzuholen.« 27 Bei einer Bevölkerung in den USA von 131 Millionen im Jahr 1931 erklärten sich 1,6 Millionen für deutschstämmig, 4,9 Millionen gaben Deutsch als Mutter­ sprache an. Die Zahl der deutschen und österreichischen Immigranten betrug im Zeitraum 1933-44 150000. Dazu: IV. P. Adams it.a., Die Vereinigten Staa­ ten von Amerika, 1977, S.499; E.Middel it.a., Exil in den USA, 1980, S.39; A. Vagts, The Foreigner as a Soldier in the Second World War, in: Journal of Politics 8, 1946, S.144ff. und 9, 1947, S.392ff. 28 H.Habe, lm Jahre Null, 1966, S.17; Hurti’ilz, a.a.O., S.81. 29 So van Loon, Behr, Hahn, S. Richter bei der Theaterabteilung; Langendorf, Fel­ senthal, Brockmann, Opitz, Klier bei der Press Control Branch; Siemer, Richter, Redlich und Spahn bei der Publications Control Branch. 30 Diese Kritik an der Besatzungspolitik ist zu finden bei: IV. Hale, Our Failure in Germany, in: Harpers Magazine vol. 191, Nr.l 167, 1945, S. 515 ff. und F. Sondern, We are bungling the job in Germany, in: Readers’ Digest, Febr. 1946, S.87 ff, hier S.90. 31 Weekly Summary for Week ending 11 August 1945, Press Branch, in: Bay HStA OMGBY 10/124-1/15 one. Von

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diesen elf Mitarbeitern waren bereits fünf Zivilisten. 32 H. Hurti’ilz, a.a.O.,S.M0. 33 Zum Problem mit den Offizieren vor Ort: H. Hurii’itz, a.a.O., S. 130; Zientke a.a.O. S.369. 34 H. Hurwitz, a.a.O., S.215ff. 35 lm Original: »in the interest of accurate reporting and soundfree journalism«, in: Weekly Report No.24, 11.—18.Oktober 1945 of MG for Stadtkreis München, Absatz 4dl, in: Stadt B MÜ MON. 36 E. Langendorf, Status of the Bavarian Press, 25.6. 46, in: BayHStA OMGBY 10/124-1/15 one. 37 Zur Beschlagnahmung und den finan­ ziellen Verpflichtungen der Lizenzträger gegenüber den Besitzern: Annual Histo­ ry Report, MG for Bavaria, July 45-June 46, S.200, in: IfZ Fg 01/1. ' 38 So behauptete es zumindest ihr Chef Langendorf im Dezember 1947 im Rundfunk, in: Monthly Report Decem­ ber 1947, Press Branch, in: BayHStA OMGBY 10/124-1/18 one. 39 H. Hurwitz, Antikommunismus und amerikanische Demokratisierungsvorha­ ben im Nachkriegsdeutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Zeitschrift »Das Parlament« 29, 1978, S.29ff; hier S.45f. 40 E. F.Ziemke, a.a.O. S.372E (für die Auf­ lagenhöhe dieser Publikationen) und: Minutes of ICD-DISCC Meeting, 22January 1946, S.3, in: BayHStA OMGBY 10/66-3/6 two. 41 History of Publishing Operations, o.J., S.3, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/39 three. 42 The first year of the PCB in Bavaria, 30 June 1946, S.5E, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/39 two. 43 Die Produktionssteigerung betrug im Vergleich zum ersten Jahr bis Mitte 1947 bei Büchern: 30-429; bei Broschüren: 46-165; bei Zeitschriften: 38-72. Nach: Cumulative Annual History Report, ljuly 46-30June 47, PCB, in: Bay HStA OMGBY 10/66-1/39 one. 44 Siehe Anm. 42, hier S. 5. 45 Ebd. S.8f. 46 H. Gehring, Amerikanische Literaturpoli­ tik in Deutschland 1945-1953, 1976, S.38. 47 Zahlenmaterial in: Cumulative Annual History Report, 1 July 46-30June 47, PCB; Cumulative Quarterly History Re­ port of PCB, 1 Oct.-31 Dec. 1947, S. 10;

366

Anmerkungen Cumulative Quarterly History Report of PCB, 1 July-30Sept. 1947; alle in: BayHStA OMGBY 10/66-1/39 one.

48 H. Hunvilz, Antikommunismus, S.30. 49 Es handelte sich um: L.Thoma, Der Jagerloisl; S. Lagerlöf, Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson; J.Barzun, Von menschlicher Freiheit; St.Meader, Alle Achtung kleiner Bud; J.Ortega y Gasset, Aufstand der Massen; W. Bergengruen, Der Großtyrann und das Gericht. Angaben nach: Cumulative Quarterly History Report of PCB, 1 July-30 Sept. 1947, S.3, in: BayHStA OMGBY 10/ 66-1/39 one. 50 Siehe Anm. 37, hier S. 215 ff. 51 Siehe Anm. 43, hier S. 8. 52 Nach: Semi-Annual Report of Exhibiti­ ons and Information Centers Branch, ISD, OMC.B, lJan.-30June 1949, in: BayHStA OMGBY 10/112-3/22 one. 53 Special Report - One Year of Film, Thea­ ter and Music Control in Bavaria, 29June 1946, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/45 two. 54 Zum Beginn des Kinolebens in Bayern siehe Anm. 37, hier S.237; Special Report — Film Control 1945/46; History Report of FTM Branch, 6.12. 46, S.3; Statistical and Analytical Report FTM, January 1947, S.2, in: BayHStA OMGBY 10/ 66-1 /45 two. 55 Annual History Report, MG for Bavaria, July 46-June 47, S.333. in: KZ Fg 01/2. 56 Chronik der Stadt München 1945-1948, hg. i. A. d. Stadtarchivs v. M. Schatten­ hofer, bearbeitet v. W. Selig unter Mit­ wirkung v. L. Morenz und H. Stahleder, 1980, S.323. 57 E. F. Ziemke, a.a.O., S.376, der auch kurz auf das Verhältnis der ICD zur amerika­ nischen Filmindustrie eingeht. 58 Hinweise auf die breitgefächerten Ziele der Theater- und Musikabteilung der ICD in: Yearly Report of Theater Con­ trol Section of ICD, OMGB, 27 June 1946, S. 1 und Special Report, Music Control in Bavaria, June 1945 to July 1946, S.l, in: BayHStA OMGBY 10/ 66-1/45 two. 59 Bis Juni 1947 wurden 79 Theater- und 316 Musiklizenzen ausgegeben (Yearly Report - Music Control, July 46 - June 47, 15July 47, S.3 und Yearly Report — Theater Control Section, 1 June 46-30June 47, S.l, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/45 one). Bis Januar 1948 wurden ca. 30000 Künstler regi­ striert (Objectives, Methods, Progress and Targets of the Theater and Music

Sections, 22.1. 1948, in: OMGBY 10/121-1/44 two).

BayHStA

60 Special Report — Music Control in Bava­ ria, June 1945 to July 1946, S.3, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/45 two; und: palma, Für Elefanten tue ich alles, in: AZ Nr. 120, 1959, S.7. 61 E. F.Ziemke, a.a.O., S.379. 62 Yearly Report - Music Control, July 46 — June 47, 15July 1947, S.l, in: Bay HStA OMGBY 10/66-1/45 one. 63 Zahlen nach: Objectives, Methods, Pro­ gress and Targets of the Theater and Mu­ sic Sections, S.l, in: BayHStA OMGBY 10/121-1/44 two. Von 323 Theatern im November 1947 bestanden ein Jahr spä­ ter noch 261 (Entwurf der Theater Con­ trol Section für den Annual History Report 1948, in: BayHStA OMGBY 10/ 121-1/44 one). 64 Yearly Report — Music Control, July 46-June 47, 15July 1947, S.4, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/45 one.

Occupee, in: Allemagnes d’Aujourd’hui 52, 1967, S. 25 ff, hier S.36f. und - mit polemisch anti-amerikanischer Haltung, aber informativ - C. Schrenck-Nolzing, Charakterwäsche, 1965, S.l38ff. 76 Contribution of Psychiatric & Psycholog­ ical Study to the ICD Screening Center, undat., in: BayHStA OMGBY 10/912/20 one, 77 Diese Untersuchungskategorien bestan­ den aus: White A: verfolgter Antinazi; White B: Antinazi ohne aktiven Wider­ stand; Grey-acceptable: kein Nazi, nur leicht kompromittiert; Grey-unacceptable: kein Nazi, hat aber vom Regime profitiert. Black: militanter oder aktiver Nationalsozialist. Ein wichtiges Krite­ rium bei der Gruppe der »Grauen« war deren wirtschaftliche Situation in der Hitlerzeit. 78 H. Hurwilz, a. a. O„ S. 148 f.

65 IV. Belir, Accomplishments and Problems of Theater Control Section, 18. Februar 1947, S.10, in: BayHStA OMGBY 10/ 121-1/44 two.

79 Davon 20 Lizenzen für Zeitungen, 83 an Buch- und Zeitschriftenverleger, 239 im Theater- und 63 im Musikbereich. Nach: After Action Report, ICD, OMGB, August 1946, in: BayHStA OMGBY 10/ 66-1/40 one.

66 So betrug die städtische Vergnügungs­ steuer in München ab 1.12. 46 bis zu 25%. Nach: BayHStA OMGBY 10/ 66-1 /45 two.

80 Zur Übertragung der Verantwortung für das Personal an die Lizenzträger: OMGUS an ICD, OMGB, 22.3. 1947, in: BayHStA OMGBY 10/117-1/12 one.

67 H. Hahn, Cultural Affairs Branch, an E. Bahn, Director, Cultural Affairs Branch, am 18.1. 49, in Bezug auf einen Artikel in der NZ vom 13.1. 49, der die Theatersubventionen angreift. In: Bay HStA OMGBY 10/121-1/44 one. 68 Dazu siehe: Anm. 37, hier S. 230 und Anm. 25, hier S.38. 69 A. Norman, Our German Policy, 1951, S.54. 70 Über die Rundfunkentwicklung siehe den Beitrag von R. Bolz in der vorliegen­ den Publikation. 71 H. Hiirii-iiz, a.a.O., S.118. 72 Dazu Anm. 15 und die Äußerung von Theateroffizier Behr: »Es ist bemerkens­ wert, daß viele unserer Lizentiaten »klei­ ne Leute« sind. Demokratie bedeutet freier Wettbewerb und Förderung des freien Unternehmertums.« In: Yearly Report of Theater Control Section, ICD, OMGB, 27June 1946, S.5, in: Bay HStA OMGBY 10/66-1/45 two. 73 H. L. IVuermeling, Die weiße Liste, 1981. 74 Interview mit A. Klieforth, in: H.L. IVuermeling, a.a.O., S.58ff. 75 Ebd., sowie: J. Vaillanl, La Politique de Presse des Etats-Unis dans L’Allemagne

81 JCS 1067, 6c, in: Germany, a.a.O., S.24. 82 IV. Hale, a.a.O., S.517. 83 Zitiert nach ebd. S. 519 f. 84 Über die Entnazifizierung der Münchner Staatstheater Berichte von E.G. Adler (Interviewer): Interview mit Knappertsbusch, 26.6. 45; Dismissal of Personnel of the Staatsoperette, 26.6. 45; Investiga­ tion of Staatsschauspielhaus, 6.6. 45; Su­ spension of Actors at the Staatsschau­ spielhaus, 11.6. 45; alle in: BayHStA OMGBY 10/91-2/23. 85 Beispiele in: Annual History Report, MG for Bavaria, July 46-June 47, S.301ff„ in: IfZFgOl/2. 86 KZ of Editors, undat., in: BayHStA OMGBY 10/117-2/9 two. 87 H. Huru’ilz, a. a. O„ S. 148 f. 88 Mit der Übertragung der Entnazifizie­ rung an die Deutschen setzte eine Ent­ wicklung ein, die von den Amerikanern mit der Bemerkung quittiert wurde: »(...) there was ample evidence that whitewash was being liberally applied.« in: Hist. Division, MG in Munich, S.4. 89 Zu den Bemühungen, Emigranten zu­ rückzuholen, siehe Anm. 37, hier S. 189 und: Entry Permits 1946/47, in: Bay HStA OMGBY 10/124-2/1 two.

Anmerkungen 90 Minutes of ICD Staff Meeting, 18-19February in Berlin, 21.2. 1946, in: BayHStA OMCBY 10/90-1/30 two. 91 Emigrantenklage von Dr. phil. 11. Mode, 8.4. 1947, in: BayHStA OMGBY 10/ 88-3/8. 92 Dazu: V.Wehdeking, a.a.O. und A.Andersch, Getty oder die Umerziehung in der Retorte, in: Frankfurter Hefte 11, 1947, S. 1089 ff. 93 Special Report: Repatriated American Prisoners of War, in: Annual History Report 1945/46 of Det. E-213, 3 July 46, S.159ff„ in: BayHStA OMGBY 10/ 78-1/4 three.

107 Zu den Lizenzrücknahmen siehe Anm. 37, hier S. 207; Supplementary Information, 26. März 1947, in: Bay HSTA OMGBY 10/66-1/39 two und Cumulative Quarterly History Report of PCB, 1 Jan-31 March 1947, S.7, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/39 one. 108 Siehe dazu Anm.85, hier S.315 und aus­ führlich: /. Vaillant, a.a.O. 109 So Behr an Frank, Chief Theater Control Section, OMGUS, am 19.12. 1946, in: BayHStA OMGBY 10/121-1/44 three. I 10 Dazu: Cumulative Quarterly History Re­ port of PCB, 1 Oct.-31 Dec. 1947, S.8f„ in: BayHStA OMGBY 10/66-1/39 one.

94 Erklärung des Hauptquartiers vom 30.Mai 1946, in: BayHStA OMGBY 10/124-1/25 one.

111 Semi-monthly Summary Press Branch, ending 15Oct. 47, S.4, in: BayHStA OMGBY 10/124-1/18 one.

95 Zitiert nach: /. Vaillant, Der Ruf, 1978, S.196f.

112 B. S. Chamberlin, Kultur auf Trümmern, 1979, bes. S.20.

96 Im Original: »Since it is not considered good policy to close performance out­ right and thereby create martyrs, action in most cases consisted of discussions with the writer and the producer of the show.«, in: Review of Activities, ICD, August 1947, in: BayHStA OMGBY 10/ 121-1/44 three.

113 So Oberbürgermeister Scharnagl am 1.12. 1945 im Stadtrat, in: Stadt A MÖ RP 718/1, Blatt 454.

97 Dazu Anm. 15, hier S. 2. 98 Dazu: Cumulative Quarterly I listory Re­ port, FTM Sections, ICD, 1 July-30 Sept. 1947, S.2, in: BayHStA OMGBY 10/ 66-1/45 one. 99 ICD Scrutiny Reports, January 1946, in: BayHStA OMGBY 10/116-3/6 two; und: Weekly Summary, 27September 1947, in: BayHStA OMGBY 10/1241/16 one. Gemeint ist die Stuttgarter Rede vom 6.9. 46, siehe Anm. 14. 100 Siehe Anm. 95. 101 Zur Papierkürzung für die SZ: H.Htiru/itz, a.a.O., S.324f. und wie Anm.85, hier S.307. 102 J. Faillant, a.a.O., S.124. 103 So ein Brief Cramers an Schwingenstein (Süddeutscher Verlag) vom 3.3. 1948, in: BayHStA OMGBY 10/125-3/3. 104 Zum Aufführungsverbot für Pfitzner: After Action Report of ICD, OMGB, July 1946, S.6, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/40 one. 105 Im Original: »overflowing with selfpity for the present shortcomings without ever mentioning those responsible for them«, in: Statistical and Analytical Re­ port of FTM Section, May 1947, in: BayHStA OMGBY 10/66-1/45 one. 106 Siehe Anm. 85, hier S. 315.

114 So der Eindruck aus einer Reihe von In­ terviews mit namhaften Intellektuellen G.Groll, E.C'ieitlinger, Schmidt-Pauli, M.Niehaus, R.Hatheyer u.a. - aus dem Sommer 1947, die sich über die schlech­ te Versorgungslage und das reaktionäre geistige Klima beklagen, in: BayHStA OMGBY 10/70-3/9.

367

Hans Eckstein wird heute 85 Jahre alt, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 123, 31.05. 1983, S.ll. 5 Die Zwanziger Jahre in München, a.a.O., S.487ff. (Der »Kampf um Mün­ chen als Kulturzentrum«). 6 Ebd., S. 106 (Karl Scharnagl zitiert nach W. Nerdinger) und S. 117, dort der Aus­ zug aus einer Vortragsreihe, die Thomas Mann 1926 in München hielt. 7 »Die andere Tradition« ist der Titel eines informativen Ausst. Kat., 1981 hg. v. der Bayer. Rückversicherung (u.a. mit Beiträ­ gen von J. Habermas, Moderne und post­ moderne Architektur u. IV. Fischer, Die andere Tradition), der eine Kontinuität der modernen Münchner Architektur nachzuzeichnen versucht. Zur Architektur im München der 20er Jahre: Die erste zusammenfassende Dar­ stellung bei IV. Nerdinger, die »Kunst­ stadt« München, a.a.O., S.385—462. Nerdinger macht hier folgende Untertei­ lung: »Historisierende Tendenzen« (S.336-353), der »Münchner Weg«, eine Verbindung zwischen Tradition und Moderne (S.385—416) und schließlich der »Münchner Funktionalismus« (S. 445-462). Das Urteil über Robert Vorhoelzers Architektur ist ebd., S. 446 zu finden. 8 Die Zwanziger Jahre a.a.O., S.394.

in

München,

9 Ebd., S. 393.

München, leuchtend und ausgebrannt... 1 P. Behrens, Die Schönheit der Ruinen — Photoausstellung von Hermann Claasen in Köln, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 139, 22.6. 1982, S.29. 2 F. Knöllcr, Winterliche Wehmut - Ein Gang durch Ruinen, in: Die Kamelträn­ ke, Ein kulturgeschichtliches Jahrbuch 1946/47, 1950, S.47f. 3 C. Stölzl (Hrsg.), Die Zwanziger Jahre in München, Ausst. Kat., 1979, und darin besonders der Beitrag von IT7. Nerdinger, Die »Kunststadt« München, S.93—119; Nerdinger diagnostiziert in den 20er Jahren in München eine Vielzahl von rückwärtsgewandten »Fehlentwicklun­ gen und Schildbürgerstreichen gerade im kulturellen Bereich«, die »das Wort von der »dümmsten Stadt Deutschlands« ent­ stehen« ließen (ebd., S.102). P.Luidl dagegen stellt in seinem Beitrag, »Die ty­ pographische Avantgarde der 20er Jah­ re«, München als Zentrum damals mo­ dernster Graphik und Buchdruckkunst in den Vordergrund, dazu ebd., S. 195-209. 4 Zu Hans Eckstein der Beitrag von IV. Fi­ scher, Ein Archäologe - für die Moderne.

10 W. H. Riehl, Die bürgerliche Gesell­ schaft, 1895 (gekürzte Schulausgabe nach d. 9.Aufl.), S.69, 105 u. ders., Land und Leute, 1895 (gekürzte Schulausgabe nach d. 9. Aufl., hg. u. eingcl. v. T. Matthias), S. 153. In der Einleitung zu »Land und Leute« wird die politische Wirkung von Riehls Werken deutlich, dazu S.23: »Auch in unserer Zeit glaubt das ungläu­ bige Proletariat noch immer an nichts als in abergläubischem Fanatismus an die alte soziale Irrlehre.« Dazu auch G. L. Mosse, Ein Volk, ein Reich, ein Führer, Die völkischen Ursprünge des Nationalsozialismus 1979, der zu dem Ergebnis kommt, daß die Werke Riehls »einen großen Teil völkischen Denkens normativ prägten« (ebd., S.27). 11 H.-M. Körner, Aus der Gründungszeit des Bayerischen Landesvereins für Hei­ matpflege, in: Schönere Heimat, H.4, 71. Jg., 1982 (hg. v. Bayer. Landesverein für Heimatpflege e. V), S. 516-520, hier S.518. 12 R. Esterer, Heimatschutz und neue Bau­ gesinnung, in: Schriften für Volksbild­ ner, H.23, 1929, S.7-10 u. S.36. 13 Ebd., S.6-9u. S.ll.

368

Anmerkungen

14 Zur Geschichte des Bayer. Landesamts für Denkmalpflege G.Lill, Das Baye­ rische Landesamt für Denkmalpflege, in: Bayerische Kulturpflege, 1949 hg. v. Bayer. Staatsmin. f. Unterricht u. Kul­ tus anläßlich des 80. Geburtstages von S. K. H. Kronprinz Rupprecht von Bayern, S.24-26. Außerdem zum Hagerschen Leitsatz /. M. Ritz, Georg Hager und Georg Lill und die Bayerische Denkmal­ pflege von 1900 bis 1950, in: Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Jahres­ berichte 1946-1951, Einzelabhandlun­ gen, S. 26 f. 15 G. Li//, Uber die Denkmalpflege an pro­ fanen Bauwerken, in: Bericht des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege 1936/ 37, S.10. 16 Ebd., S.10. 17 H. Kreisel, München, 1934 (die 2. Aull, erschien 1938), dort auf S. 14f. das Kapi­ tel »Die Kunststadt, Wachstum und Wil­ le« und auf S. 81-91 Photo- und Textteil über nationalsozialistische Umbaumaß­ nahmen, u.a. über das »Braune Haus«, ehemals Barlow-Palais. 18 Als fundierte Beiträge über nationalso­ zialistische Architektur in München seien hier genannt: K. Arndt, Die Münchner Architekturszene als ästhetisch-politi­ sches Konfliktfeld, in: M.Broszat, E. Fröhlich, A. Grosstnann (Hrsg.), Bayern in der NS-Zeit, Bd.3. Teil B, 1981, S.443-512 (u.a. mit einem Beitrag zum Symbolbau des Hauses der deutschen Kunst sowie zur Auseinandersetzung zwischen Vertretern der modernen Münchner Architektur und dem Natio­ nalsozialismus) und die erste Publika­ tion, in der alle wichtigen Planungs- und Bautätigkeiten der Jahre 1933-1945 vorgestellt werden (dokumentiert durch zahlreiche Pläne und Photos) von H. P. Rasp, Eine Stadt für Tausend Jahre, München - Bauten und Projekte für die Hauptstadt der Bewegung, 1981. 19 Das Schicksal des Architekten Robert Vorhoelzer etwa beschreibt K. Arndt, a.a.O., S. 488-490. Zum demokratischen Anspruch des Bauhauses und der moder­ nen Architektur: R. Riemerschtnid, Gestal­ tendes Handwerk und seine Bedeutung in unserer Zeit, in: Werkstattforum 3, 1965 (Abdruck eines Vortrages), S. 1 f. d. Klapptextes u. L. IVatnbsganz, Münchner Architektenund Ingenieurverein 1833-1973, der die erzwungene Selbst­ auflösung dieses liberalen Vereins im Jahr 1939 beschreibt, dazu ebd., S.91. 20 H.-P.Rasp, a.a.O., S.31 f. zur »Muster­ siedlung« von München Ramersdorf. Die nationalsozialistische Programmatik zu derlei Siedlungsprojekten bedeutete

»ein räumliches und geistiges Beiein­ andersein Zusammengehöriger - nicht zwangsweise Gleichmacherei natürlicher und berechtigter Eigenwesen ...«, zitiert nach ebd., S. 32. 21 Ebd., S.59f. (Planungen zum nicht reali­ sierten »Führergelände«) u. S. 17-23 (die ebenfalls nicht mehr realisierte Verle­ gung bzw. Überdachung des Hauptbahn­ hofes mit einer monströsen Kuppel als Beispiele für geplante gravierende Um­ gestaltungen im Münchner Stadtbild). 22 Ebd., S. 95. 23 H. Eckstein, Kampf um München, in: Münchner Tagebuch, l.Jg., Nr. 14, 14.12. 1946, S.lf. 24 K. Scharnagl, Kampf um München, in: Münchner Tagebuch, 2.Jg., Nr.3, 18.1. 1947, S.l. 25 K. Scharnagl, Wir und der Städtebau, in: Münchner Schriften, hg. v. O. Grollt u. H.L.Held, 1948 (32-seitiger Abdruck eines Vortrages, den Scharnagl vor dem »Deutschen Verband für Wohnungs­ wesen, Städtebau und Raumplanung« gehalten hatte), S. 12f. u. S. 16. 26 Ebd., S.l7. 27 G.Lill, Um Bayerns Kulturbauten, Zer­ störung und Wiederaufbau, in: Geistiges München, H.2, 1946, S.l4. 28 G. Lill (Hrsg. u. Einl.), München im Bild, 1948, Einleitungsblatt. 29 H. Kreisel, München, Kunstwerk, 1950, S.7.

Die

Stadt

als

30 H. Kreisel, Die heutige Situation der Denkmalpflege, in: Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Jahresbericht 1952, 1953, S.26. Zur Änderung des Ha­ gerschen Leitsatzes nach dem Zweiten Weltkrieg M. Petzet, Heinrich Kreisel zum Gedenken, in: Jahrbuch der Bayer. Denkmalpflege, Bd.30, 1978, S.240. 31 Chronik der Stadt München 1945-1948, bearb. v. W. Selig unter Mitwirk. v. L. Morenz u. H. Stahleder, hg. i. Auftrag des Münchner Stadtarchivs v. M. Schat­ tenhofer, 1980, S.43. 32 Stadt A MÜ Bauamt — Wiederaufbau 1115: Referat Dr. Schmid für die Kund­ gebung im Prinzregententheater am 21.Juli 1946, S.10. 33 Statistisches Jahrbuch Deutscher Ge­ meinden, 37. Jg., 1949, hg. v. Deutschen Städtetag, bearb. v. Verband Deutscher Städtestatistiker, S.363 u. 374 (Aufli­ stung der Kriegsschäden, unterteilt nach sog. »unaufgelockerten« und »aufgelokkerten« Trümmermengen, d. h. jeweils vor und nach den Räumungsarbeiten).

Zur Schuttmenge in München auch: H. Fischer, München nach dem Zweiten Weltkrieg, 1948, S.22. 34 H. Fischer, a.a.O., S. 12; dazu auch Stadt A MÜ Bauamt - Wiederaufbau 1118: Brief der Stadtverwaltung an die ameri­ kanische Militärregierung, 1947, S. 1 und Stadt A MÜ Bauamt — Wiederaufbau 1116: Bericht des Baureferates über München, 1956, S. 4. 35 H. Fischer, a.a.O., S. 18-26. 36 BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd.l, 1945-1946: K.S.Preis, Der erste Schritt zum Wiederaufbau unserer Stadt, 1945, S.5 u. S.9-13. 37 BayHStA MA, ebd., S.l4. 38 Stadt A MÜ Bauamt - Wiederaufbau 1115: E.Hanfstaengl (e.a. Stadtrat), Städ­ tebauliche Gedanken zum Wiederaufbau der Stadt München (undatiert), S.7. 39 K. Meitinger, Das neue München, Vor­ schläge zum Wiederaufbau, 1946, S. 18 u. Stadt A MÜ RP 718/1: Stadtratsitzung vom 9.8. 1945, K. Meitinger, Allgemeine Übersicht über die Stadtplanung, S.36. 40 Zum Grünflächen-Plan Hermann Leitenstorfers Stadt A MÜ RP 719/9: 1.Sit­ zung des Wiederaufbauausschusses vom 24.9. 1946, darin der Vortrag von H.Leitenstorfer, S. 72-83 (auf dieser Sitzung waren u.a. anwesend: Rudolf Esterer von der Bayer. Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Karl Sattler von der Akademie der bildenden Künste und ein Vertreter des erzbischöflichen Ordinariats). Leitenstorfers Plan wurde in der Fachwelt sehr positiv aufgenom­ men, dazu: Neue Bauwelt, 1946, H.20, S.5, dort die Rubrik »Brief aus Mün­ chen« (gez. G.). Außerdem H. Fischer, a.a.O„ S.14. 41 H. Fischer, 3.3.O..S.28. 42 T. Beil, Residenz München, Wiederauf­ bau 1945-1975, 1975, S.7. 43 A privat Klaus Bäumler (Vorsitzender des Bezirksausschusses 5, Maxvorstadt Uni­ versität): Bayer. Landesamt für Denkmal­ pflege an Generalbaurat Prof. H.Giesler, München, 6.7. 1944 (Kopie des Origi­ nals aus den Akten der Regierung von Oberbayern). Das Schreiben ist betitelt mit: »Die denkmalpflegerischen Belange beim Wiederaufbau von München«; es umfaßt 7 Seiten, ist gezeichnet von Di­ rektor Lill und bearb. von Abteilungs­ direktor Schmuderer und Hauptkonser­ vator Ritz. Hier zitiert nach S. 1. 44 A privat Klaus Bäumler, ebd., S.l. 45 A privat Klaus Bäumler, ebd., S.3f.

Anmerkungen 46 A privat Klaus Bäumler: Schreiben des Gaukreises IV 2 an den Gaukreis 12, 29.7. 1944, S. 1 (Kopie des Originals aus den Akten der Regierung von Oberbay­ ern). 47 Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.23. 48 G.Lill, Um a.a.O., S.8.

Bayerns

Kulturbauten,

(23 Seiten, masch.), S.6-8 (Rappaports Plan wurde übrigens im August 1945 von Essen nach München an die Bayer. Staatskanzlei übersandt). 57 BayHStA MA, ebd.,!s.16. 58 BayHStA MA, ebd., !s,17f. 59 BayHStA MA, ebd., !>.18.

50 Ebd., S.30f.

60 H. Conradi, Großstädte der Zukunft, Grundsätzliche Betrachtungen zum Wie­ deraufbau, in: Baumeister, 1946, H.5, S. 51-53.

51 Ebd., S. 21-26.

61 Ebd., S. 54.

52 H. Kreisel, Aktuelle Denkmalpflege in München, in: 800 Jahre München, 1958, S. 143.

62 ß. O/i/y, Utopie oder Ausweg? Planung einer neuen Stadt, in: Bayerische Rund­ schau, 2.Jg„ 1947, H.12, S. 188 ff.

53 Stadt B MÜ HS HAH 548: Denkschrift Dr. Alois Elsen über die Berufung eines Stadtkonservators für München vom 8.8. 1945 (7 Seiten), hier S. 1 und das diesbe­ zügliche Schreiben Oberbürgermeister Scharnagls an Stadtbibliotheksdirektor Hans Ludwig Held, wo es heißt: »Die kommenden Verhältnisse werden es aber nicht gestatten, eine an sich sehr wün­ schenswerte Stelle zu führen, die wie vorgeschlagen, sich lediglich mit solchen Aufgaben befassen soll.«

63 A IHK OBB, Az. XX 95, Bd.2, Bauliche Umgestaltung Münchens 1940: Johan­ nes Hallinger, Gedanken und Vorschläge zum Wiederaufbau der Wohn- und Ge­ schäftshäuser in München als Aufgabe der Stadt und mit Finanzierung durch die Stadt München, 25.7. 1945 (insg. 13 Sei­ ten, masch.), hier S. 2 f. Auch bei Meitinger ist von Neuaufbauplänen die Rede, dazu K. Meitinger, a.a.O., S.9.

49 Ebd., S.27.

54 Meldung aus der Neuen Bauwelt, 1946, H.8, S.2. 55 Der Plan Otto Völckers ist nachzulesen in: Neue Bauwelt, 1946, H.23, S. 1-6. Der »Plan H« wurde auf einer Wieder­ aufbaubesprechung vom 11.1. 1946 (Thema: Finanzierung des Wiederauf­ baus; anwesend u.a. OB Scharnagl, der Präsident der Industrie- und Handels­ kammer Oberbayern, Kloepfer, der bayer. Wirtschaftsminister Erhard und der bayer. Finanzminister Terhalle sowie Vertreter von Münchner Banken und Baufirmen) vorgestellt, dazu A IHK OBB, Az. XX 96, Wiederaufbau der Stadt München, 1946. Zu den Gesetzes­ entwürfen BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd.l, 1945-1946: Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung, Richtlinien für ein Ge­ setz zum Wiederaufbau der zerstörten Städte und Ortschaften, 1945. Außerdem BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd. 2, 1946, dort der endgültige Entwurf »Aufbaunotgesetz für das Land Bayern« und schließlich Bayer. Gcsetzund Verordnungsblatt, Nr. 13. 10.6. 1949, S.117-119, dort das Trümmer­ gesetz vom 30.5. 1949. 56 BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd.l, 1945-1946: Dr. Ing. Pli. Rappaport (Verbandsdirektor des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk), Der Wiederaufbau deutscher Städte

64 Zur Eröffnungsansprache Robert Vorhoelzers anläßlich der Ausstellung »Wie­ deraufbau Münchens«, Neue Bauwelt, 1946, H.2, S. 10, unter der Rubrik »Brief aus München« (gez. ck.). Der Kritiker be­ zeichnete die Ausstellung selbst als ins­ gesamt eher enttäuschend, weil ein Großteil der vorgestellten Pläne, trotz ei­ niger Neuansätze, unter dem Kennwort gestanden habe: »Zurück zu Bieder­ Demgegenüber bewertete meier«. K. Busch in der Bayerischen Rundschau, l.Jg., 1946, H.8, S. 121 f, diese Ausstel­ lung sehr positiv. Zur Ausschreibung der Stelle des Wiederaufbaureferenten durch die Stadt München und zur diesbezügli­ chen Diskussion um Robert Vorhoelzer: H. Eckstein, Kampf München, a.a.O., S.2. 65 K. Scharnagl, Romantik und Wirklich­ keit, in: Die Neue Zeitung, Nr.68, 25.8. 1947, S.4. 66 K. Meitinger, a.a.O., S.35f. (zur Gestal­ tung der Innenhöfe) u. S. 18 (Wiederauf­ bau »im Sinne der Altstadt«). Auch der Meitinger-Plan wurde von Fachleuten unterschiedlich beurteilt; während Otto Völckers darin Innovationen vermißte (dazu Neue Bauwelt, 1947, H. 17, S. 262-264) glaubte der Kritiker des Baumeisters (hierzu Baumeister, 1947, H.2/3, S.52f, gez. R.P.), der Plan ent­ behre »utopischer Großmannssucht« und unterscheide sich dadurch »wohltuend« von Planungen anderer Städte. 67 K. Meitinger, a.a.O., S.26, 37 u. S.44-55. Zur bereits in den Zwanziger Jahren dis-

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kutierten Münchner U-Bahn vgl. H.-P. Rasp, a.a.O., S. 18 u. S.56—58. 68 K. Meitinger, a.a.O., S. 181. u. S. 25. 69 Ebd., S. 57-59. 70 Bericht über die Tagung des »Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städte­ bau und Raumplanung« in der Neuen Bauwclt, 1947, H.42, S.667. 71 F. Raimund, Wir bauen unsere Städte auf. Münchner Planungen, in: Bayerische Rundschau, 2.Jg., 1947, H. 19, S.296298, hier S.297L 72 Ebd., S. 298. 73 A privat Reinhard Riemerschmid: R. Rietnerschmid, Der Ruf der Ruinen, Deutun­ gen aus dem ewigen Rom (unveröffentl. Niederschrift des am 14.11. 1946 in der Briennerstr. 12 gehaltenen Lichtbilder­ vortrages, insg. 24 Seiten, masch.), hier S.2. 74 A privat Reinhard Riemerschmid, ebd., S.2f. 75 A privat Reinhard Riemerschmid, ebd., S.20. 76 A privat Reinhard Riemerschmid: R. Rictnerschinid, Baustil gewollt oder gewach­ sen (5 Seiten, masch., September 1947, ebenfalls im September 1947 in der Neuen Zeitung publiziert), hier S.2. 77 A privat Reinhard Riemerschmid: R. Rieinerschntid, Der Ruf der Ruinen, a.a.O., S.22. 78 Stadt B MÜ MON-3035: Military Go­ vernment for City Munich, Monthly Report, No. 3, front 1 Nov 45 to 30 Nov 45, Monuments, Fine Arts and Archives, S. 16 (ab jetzt statt Monthly Report kurz: MR). Dazu auch BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd.l, 1945-1946: Staatsministerium des Innern an den Mi­ nisterpräsidenten, 5.7. 1945 (gez. Staats­ sekretär Franz Fischer von der Bauabtei­ lung des Innenministeriums). 79 Dazu Stadt B MÜ MON-3035: MR, No. 3, INov 45 to 30 Nov 45, M.F.Aa.A., S.16; Stadt B MÜ MON3034: Weekly Report (ab jetzt kurz: WR), No. 18, from 31 August to 7 Sept 45, M. F.A.a.A., S. 5; außerdem noch Stadt B MÜ MON-3035: MR, No.2, from 1 Oct 45 to 31 Oct 45, M.F. A.a. A., 5.7. 80 Dazu Stadt B MÜ MON-3035: MR, No. 3, from 1 Nov 45 to 30 Nov 45, M.F.A.a.A., S.15. 81 Stadt B MÜ MON-3034: WR, No. 17, from 24 August 45 to 31 August 45, M.F.A.a.A., S.6.

370

Anmerkungen

82 Stadt B MÜ MON-3034: WR, No. 19, front 7 Sept 45 to 14 Sept 45, M. F. A. a. A, 5.7. 83 Dieser Vorgang ist dargestellt in Stadt B MÜ MON-3034: WR, No.24, from 11 Oct 45 to 18 Oct 45, M.F. Aa.A, S.9. 84 Dazu Stadt B MÜ MON-3035: MR, No.3, from 1 Nov 45 to 30Nov 45, M.F. Aa.A., S.16. 85 Stadt B MÜ MON-3034: WR, No. 12, from 20July 45 to 27July 45, M.F.Aa.A, S.4. 86 Stadt B MÜ MON-3034: WR, No. 13, from 27July 45 to 3 August 45, M.F.Aa.A, S.ll. 87 Zum Tod von Oberstleutnant Walter Kurtz, Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.83. 88 Stadt A MÜ RP 720/9: Sitzung des Kul­ turbaufonds vom 11.6. 1947, S. 27, dort der Ausspruch von Oberst Eugene Keller, wie ihn Stadtrat Helmut Fischer über­ nommen hatte. Die Abschiedsfeier für Keller hatte am 4.12. 1946 stattgefunden, dazu Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.218. 89 Zur Entnazifizierung der Denkmäler: Amtsblatt des Bayer. Ministeriums für Unterricht und Kultus vom 9.12. 1946 (Amtsblatt Nr. 9), dort auf S. 147f. die »Beseitigung nationalsozialistischer und militaristischer Tendenzen an Denkmä­ lern, Erlaß des Staatsmin. für Unterricht und Kultus vom 23.9. 1946, Nr. VII 46 513 über die Durchführung der Kon­ trollratsverfügung Nr. 30«. Die Direktive »JCS 1067« ist nachzulesen in: Germany 1947—1949, The Story in Documents, hg. v. Department of State-United States of America, 1950, S.21-33, hier S.24 (Denazification). Bereits am 9. September waren Münchner Straßennamen und Plätze »entnazifiziert«: Der »Hindenburgplatz« hieß von nun an Platz der Freiheit, der Platz vor der Universität Geschwister-Scholl-Platz, der Platz vor dem Georgianum Professor-HuberPlatz, der »Harthauser Platz« wurde zum Schmorellplatz (diese Umbenennungen wurden zum Gedenken an den Wider­ standskreis der Weißen Rose durchge­ führt); dazu Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.192. 90 Dazu Stadt B MÜ MON-3035: MR, No.3, from 1 Nov 45 to 30Nov 45, M.F.Aa.A, S.16. 91 Stadt B MÜ MON-3034: WR. No.31, from 1 Dec 45 to 7 Dec 45, M.F.A.a. A., 5.8. 92 Stadt B MÜ MON-3034, ebd., S.6.

93 BayHStA OMC.BY 13/110-1/6, Land Director: Headquarters European Com­ mand, Office of the Commanderin-Chief, 16 March 1947, Subject: Pro­ tection of Cultural Structures in Ger­ many.

98 BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd. 1, 1945-1946: Der Oberbür­ germeister der Landeshauptstadt an den Chef der Münchner Militärregierung, Oberst Keegan, München, 10.7. 1945. 99 BayHStA MA, ebd.

94 BayHStA, ebd., S. 1 f: »SHAEF letter, file AG 000.4 GE-AGM, Subject Protection of Historical Monuments, 27 October 1944, with attached Official List of Monuments and other Buildings and Sites within the area of the responsibility of the Supreme Commander in Germany ... is herebey rescinded to be replaced by the following statement and attached list ... The issuance of the attached list is a reaffirmation on the United States policy and a result of careful consideration of war situations and of surveys of the indi­ vidual sites. Tlte significance of the struc­ tures involved, many of which are world-important art treasures, makes it imperative that full cooperation in their protection and preservation be given by all concerned.« 95 BayHStA, cbd., S.7-10: »Official List (SHAEF List revised) of Protected Cul­ tural Structures, American Zone, Ger­ many«. Bei der von F. Obermaier u. J. Matterer, Bilder aus der Bayerischen Nachkriegs­ zeit - Eine Chronik für Stadt und Land, 1949, auf S. 94 nicht näher definierten Angabe »von der von den Amerikanern mitgebrachten Liste der unbedingt zu rettenden Kulturdenkmäler« dürfte es sich um die oben genannte SHAEF-Liste von Oktober 1944 bzw. März 1947 ge­ handelt haben. 96 BayHStA, ebd., S.21-23, hier S.21: »Ap­ pended is a list of the offices of the Denkmalpflege who have authority over certain classes of German monuments (see Handbook for Military Government in GERMANY, Par.791)«. 97 Dazu Germany 1947-1949, a.a.O., dort auf S. 33-42 der Wortlaut der am 11. Juli 1947 herausgegebenen Direktive »JCS 1779« und hier besonders S. 40, wo es heißt: »Your Government holds that the reeducation of the German people is an integral part of polices intended to help develop a democratic form of govern­ ment and to restore a stable and peaceful economy; it believes that there should be no forcible break in the cultural unity of Germany, but recognizes the spiritual va­ lue of the regional traditions of Germany and whishes to foster them; it is convin­ ced that the manner and purposes of the reconstruction of the national German culture have a vital significance for the future of Germany.«

100 Stadt A MÜ RP 718/3: Niederschrift über die 1. Sitzung des Bauunteraus­ schusses und Entnazifizierungsausschus­ ses, 27.9. 1945, S.3-5. 101 BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd. 1, 1945-1946: Staatsministe­ rium des Inneren an den Ministerpräsi­ denten, 5.7. 1945, Betreff: Bauwesen (gez. F. Fischer, Bauabteilung des Innen­ ministeriums). 102 BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd. 2, 1946: Der Bayer. Arbeitsmi­ nister an den Bayer. Ministerpräsidenten, Betreff: Resolution zur Weiterleitung an Herrn General Müller der Militärregie­ rung für Bayern, München, 6.4. 1946. 103 BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd.2, 1946: Der Bayer. Arbeitsmi­ nister an die Bayer. Staatskanzlei, Betreff: Wohnraumfrage; Bericht des Oberbür­ germeisters der Landeshauptstadt Mün­ chen vom 26.6. 1946, München, 31. 31.6. 1946. Wie umstritten die amerika­ nischen Wohnungsbeschlagnahmungs­ aktionen waren, zeigt ein Ausschnitt aus der Niederschrift der 3. Arbeitstagung des Bayerischen Beratenden Landesaus­ schusses vom 12. und 13. Juni 1946. Zur Wohnungsproblematik sagte der Ge­ werkschaftsführer Gustav Schiefer fol­ gendes: »Ist es möglich, frage ich, daß in München Nazis, deren Wohnungen rechtmäßig durch das Dezernat VII be­ schlagnahmt worden sind, sich mit der Waffe in der Hand vor diejenigen hin­ stellen, die ihnen aus Harlaching zuge­ wiesen sind, wo sie auf Befehl der Mili­ tärregierung Platz machen mußten, und ihnen drohen, sie sollten sich der Trag­ weite ihres Schrittes bewußt sein, wenn sie die Wohnung betreten würden. Wenn es gewünscht wird, werde ich die Straßen und Namen nennen. (Große Unruhe im Hause. Zurufe: Wann ist das gewesen?) ln den letzten acht Tagen, in der Lalidererstraße usw. (Zuruf: Ist das der Polizei gemeldet worden?) Es ist gemeldet wor­ den. (Zuruf: Was war die Folge?) Bis jetzt nichts. (Lebhaftes Hört!). ...«. Dazu Nie­ derschrift der 3. Arbeitstagung des Baye­ rischen Beratenden Landesausschusses am 12.6. u. 13.6. 1946 in der Universität München, I lörsaal 224, 1946, S. 122. Im Juli 1946 hatten die amerikanischen Räumungsaktionen in Harlaching ihren I löhepunkt gefunden, vgl. dazu Chronik der Stadt München 1945—1948, a.a.O.,

Anmerkungen S. 184: »Die Militärregierung beschlag­ nahmte 348 Häuser und 487 Wohnun­ gen. 2 028 Personen wurden ausquar­ tiert«. 104 BayHStA MA, Abgabe 19.7. 1976, Az. 2654, Bd.l, 1945-1946: K.S. Preis, Der erste Schritt zum Wiederaufbau unserer Stadt, 1945, mit insges. 5 Anlagen, hier Anlage 1: Das Gesundheitsamt der Lan­ deshauptstadt München an das Wieder­ aufhaureferat, 10.1. 1946. 105 Stadt A MÜ RP 718/3: Sitzung d. Älte­ stenausschusses, 6.11. 1945, S. 11 (Be­ richt des Wiederaufbaureferenten K. S. Preis). 106 H.Rsr/ier, a.a.O., S.28. 107 Ebd., S.22. 108 Dazu Münchner Aufbaugesellschaft m.b. H., Ein halbes Jahrzehnt Schuttbe­ seitigung und Wiederaufbau in Mün­ chen. Tätigkeitsbericht der MAG für die Zeit von Anfang 1947 bis Ende 1951, 1951 (ab jetzt kurz: MAG, Tätigkeitsbe­ richt, 1951) u. außerdem Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.310. Bis 1948 waren folgende Anteils­ eigner der MAG eingetragen: Die Stadt München mit 10/16 der Anteile, die In­ teressengemeinschaft Münchner Bauun­ ternehmungen für Schutträumung und Wiederaufbau e.V. München mit 3/16, die Interessengemeinschaft der Spengler, Kupferschmiede und Installateure mit 2/ 16 (deren Anteil wurde nach ihrem Aus­ scheiden im Jahr 1948 von der Interes­ sengemeinschaft der Bauunternehmun­ gen übernommen) und der Münchner Verein für Eisenverwertung e.V. mit 1/16; dazu MAG, Tätigkeitsbericht, 1951, S. 4 (nach eigener Zählung, da ohne Seiten-Angabe). 109 MAG, Tätigkeitsbericht, 1951, S.6. 110 Ebd., S.8-16 u. S.21 f, wo nachzulesen ist, daß bis zum 30.9. 1951 7,25 Millio­ nen Kubikmeter Schutt geräumt waren und noch '/io der genannten Menge zur Räumung ausstand. 111 MAG, Tätigkeitsbericht, 1951, S.5 u. S. 40-48. 112 G.Lill, Um Bayerns a.a.O., S.11 u. S.26-29.

Kulturbauten,

113 E. Schleich, Die zweite Zerstörung Mün­ chens, 1978, S.68. Dazu auch ein Aus­ schnitt aus der sehr kritischen Rezension von W. Nerdinger, in: Kunstchronik 32, 1979 (11), hier S.437: »Wenn aber die gewaltige Leistung der ersten Nach­ kriegsjahre, zum größten Teil von den sog. Trümmerfrauen erbracht, beschrie­ ben wird als 'nach dem Inferno der Zer­ störung ein Inferno der Trümmerbeseiti­

gung), dann ist das ungeheuerlich und es ist unverständlich, daß der Oberbürger­ meister Münchens die größte Leistung der Münchner Bürgerschaft, die Beseiti­ gung von 9 Millionen cbm Schutt und die Schaffung von 110000 Wohnungen in 10 Jahren durch ein Vorwort des­ avouiert ...«. 114 Stadt A MÜ RP 719/9: ZSitzung des Kuratoriums des Kulturbaufonds, 10.9. 1946, S.40. 115 Stadt A MÜ RP 719/9: ebd. 116 Stadt A MÜ RP 720/9: 1.Sitzung d. Kulturausschusses der Landeshauptstadt München, 17.1. 1947 (anwesend u.a. OB Scharnagl, die ehrenamtlichen Stadträte Edgar Hanfstaengl, Walther von Miller, sowie schließlich Hans Ludwig Held u. Harry Buckwitz), S.32f. 117 Gespräch mit Prof. Dr. Torsten Gebhard am 17.7. 1980 in München. 118 Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Jah­ resberichte 1946-1951, 1951,’ hier: Be­ richte für allgemeine Denkmalpflege 1946-1948, S.6-11, für München je­ weils die S.7, 8 u. 9. 119 H. Fischer, i.i.O.,S.27. 120 A privat Reinhard Riemerschmid: Az. »Freunde der Residenz«, daraus: Satzun­ gen der Freunde der Residenz, 20 Para­ graphen, insges. 8 Seiten (ohne Erschei­ nungsjahr u.-ort), hier S. 3. 121 H.Thoma, Als die Residenz nicht mehr Residenz war, in: Albrecht von Bayern, Als die Residenz noch Residenz war, 1967, S.352—354; dazu auch T.Beil, a.a.O., (1975 war das Jahr der Ausstel­ lung zum Europäischen Denkmalschutz­ jahr in München). 122 A privat Reinhard Riemerschmid: Az. »Freunde der Residenz«, daraus eine Mitgliederliste (undatiert). 123 T. Beil, a.a.O., S.36 u. A privat Reinhard Riemerschmid: Az. »Freunde der Resi­ denz«, daraus Unterlagen zur Leitung und Geschäftsführung der Freunde der Residenz im Berichtsjahr 1.9. 194631.8. 1947. 124 A privat Reinhard Riemerschmid: ebd., daraus ein Verzeichnis der Veranstaltun­ gen im Berichtsjahr 1.9. 1946-31.8. 1947, insges. 3 Seiten; im Berichtszeit­ raum 46/47 sind 53 Veranstaltungen auf­ geführt, und dies unter Berücksichtigung der jeweiligen Verlust- oder Gewinnab­ rechnung. So mußten die »Freunde der Residenz« im Geschäftsjahr 46/47 wegen der ihrerseits eingeleiteten Stiftung des Theaters am Brunnenhof einen Verlust von 14 924,34 RM hinnehmen, dazu

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ebd., Gewinn- und Verlustabrechnung vom 1.9. 1946-31.8. 1947. 125 T. Bei/, a.a.O., S. 15. 126 A privat Reinhard Riemerschmid: Em­ blem für die Freunde der Residenz (dazu auch mehrere Entwürfe vorhanden), ab­ gebildet u.a. auf den Satzungen und fast allen Veranstaltungsplakaten. 127 Chronik der Stadt München 1945-1948. a.a.O., S. 143 u. A IHK OBB, Az. XX 97, »Kulturbaufonds 1946«, dort das »Sammelrundschreiben Nr.3/46, 8.3. 1946« der Industrie- und Handelskammer München, wo es u.a. heißt: »Aufruf an die Kreise von Industrie und Handel zur Schaffung eines Kulturbaufonds - Der Präsident der Industrie- und Handels­ kammer München hat bereits durch Un­ terzeichnung des Aufrufs des Oberbür­ germeisters der Landeshauptstadt Mün­ chen zur Schaffung eines Kulturbaufonds zum Ausdruck gebracht, daß Kreise von Industrie und Handel, soweit es ihnen in der heutigen schweren Zeit möglich ist, sich recht zahlreich an der Spende betei­ ligen möchten ... Da die Sammlung be­ reits im (iange ist und die Banken als Sammelstellen schon eingesetzt wurden, möchten wir, um die bereits eingeleitete Aktion nicht zu durchkreuzen, nicht eine eigene Sammelstelle bei der Kammer einrichten ...«. Im selben Aktenordner finden sich zahlreiche Spendenbeschei­ nigungen, ausgestellt von Münchner und oberbayerischen Firmen (größere Spen­ denblöcke wurde gesammelt und vom damaligen Präsidenten der IHK OBB, Reinhart Kloepfer, dem Kulturbaufonds übersandt). Kennwort war »Kulturbau­ fonds München in Verbindung mit der Münchner Nothilfe«. 128 Stadt A MÜ RP 719/9: Sitzung d. Kura­ toriums d. Kulturbaufonds, 17.6. 1946, Anlage: Geschäftsordnungsentwurf; als Kuratoriumsmitglieder wurden hier u.a. die Stadträte Edgar Hanfstaengel, Her­ mann Leitenstorfer u. Josef Ochs sowie Frau Dr. Müller genannt. 129 Stadt AMÜ: ebd., S. 1-11 u. Stadt A MÜ RP 720/9: 1.Sitzung d. Kuratoriums d. Kulturbaufonds der Landeshauptstadt München, 11.6. 1947 (nichtöffentl. Sit­ zung), S.2-4. 130 Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.454. 131 Der Alte Peter, Zum Wiederaufbau, hg. v. Wiederaufbau-Verein Alter Peter, 1951, S.9 (nach eigener Zahlung ab Deckblatt, da ohne Seiten-Angabe). 132 Ebd., S.9f. Zum geplanten Abriß der Peterskirche, Chronik der Stadt Mün­ chen 1945-1948, a.a.O., S.220 u.

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Anmerkungen M.Hartig, Peterskirche München, in: Kunstführer, Verlag Schnell & Steiner, Nr. 604, 1954, S.21.

133 Der Alte Peter, a. a. O„ S. 34 f. 134 Ebd., S.lOf. 135 Ebd., S.llf. 136 Ebd., S.14f. 137 Ebd., S. 13.

Der neue Fest- und Konzertsaal im Wie­ deraufbau der Münchner Residenz, in: Festschrift zur Eröffnung des Fest- und Konzertsaales in der Münchner Resi­ denz, 1953; weiter die bereits zitierten Beiträge von H. Thotna, a.a.O. u. T. Beil, 3. a. O. 156 H. Thotna, a.a.O., S.351 u. T. Beil, a.a.O., S.10. 157 T. Bei/, a.a.O., S.ll.

138 Ebd., S.23f.

158 H. Thotna, a. a. O„ S. 349-356.

139 M.Hartig,3.3.O..S.7.

159 R. Esterer, a. a. O., S. 9 f.

140 B. E. Werner in der Neuen Zeitung, Nr. 68, 25.8. 1947, S.4.

160 H. Kreisel, Aktuelle a.a.O., S.l42.

141 Meldung in der Süddeutschen Zeitung, Nr. 15, 5.2. 1949, S.9.

161 H. 77io»ui, a.a.O., S.361.

Denkmalpflege,

142 K.Scharnagl, Wir und der Städtebau, a.a.O., 1948, S. 8; auf S.9f. kommt Scharnagl zu einem ähnlichen Urteil, wenn er meint, daß die Richtlinien von Nachkriegsstadtplanung und -Städtebau allein durch »ein Zusammenwirken der drei Faktoren Baukunst, Verwaltung und Urteil der Zeitgenossen« bestimmt wer­ den sollten.

162 M. Brix, München: Siegestor - Umdeu­ tung eines Denkmals durch Restaurie­ rung, in: Denkmalpflege in der Bundes­ republik, 1974, S.39. Dazu auch R. Bauer, Das Siegestor in München - Ein Denk­ mal mit politischer Bildungsfunktion, in: Bayer. Landeszentrale für politische Bil­ dungsarbeit (Hrsg.), Bauliches Erbe Brücke in die Zukunft, Elementar E 3, 1982, S.l2.

143 Ebd., S. 10.

163 A4. Brix, a.a.O., S.39.

144 H. Eckstein, Entbürokratisierte Planung, in: Süddeutsche Zeitung, 14.12. 1948; Albert C. Schweizer war, als einstiger Mitarbeiter bei der Raumplanungsgesell­ schaft der USA, Berater in städtebauli­ chen Fragen bei der amerikanischen Mi­ litärregierung in Bayern und übte an der, wie er meinte, großen Rückständigkeit gerade der bayerischen Planungsarbeit, im Vergleich zum europäischen Maßstab gesehen, Kritik.

164 Ebd., S.39.

145 K. Abenlhum, Der Münchner Liebfrau­ endom nach seiner Wiederherstellung, 1959, S.ll. 146 R. Friedrich, Entwurfsschrift für einen Neuaufbau Unserer Lieben Frau in München, in: Bausteine, H.2a, 1948, hier d. Vorwort. 147 Ebd., S.l. 148 Ebd., S.l.

165 A.f. Bianca, in: Pantheon, H.2, 1981, S. 109f. 166 E. Schleich, a.a.O., S.68. 167 Dazu das Bayer. Denkmalschutzgesetz, hg. v. Bayer. Ministerium für Unterricht und Kultus, 1973 u. der Entwurf einer Denkmalliste, 1973 ff. Als Beispiel für die lokale Münchner Stadtteilarbeit der sogenannten Bezirksausschüsse sei hier der Bezirksausschuß 5, UniversitätMaxvorstadt genannt. Der BA wird von den Bürgern des jeweiligen Stadtviertels gewählt und stellt Kontakte zwischen dem Rathaus, Mandatsträgern und den Bürgern des Stadtbezirks her. Von den zahlreichen Publikationen des BA 5 soll genannt sein: Die Kaulbachstraße. Zur Anatomie einer Münchner Straße. Ausst. Kat., 1982.

149 Ebd., S. 7-12. 150 Ebd., Vorwort.

Stagnation im Statuarischen

151 T. Brannekämper, Die Baukonstruktion des Domes zu Unserer Lieben Frau, in: K. Abenlhum, a.a.O., S. 13.

1 /.Roh, in: Das Kunstwerk, 32. Jg., Heft 4, 1979, S.79f.

152 Ebd., S.l5.

2 E. Trier, Bildhauertheorien im 20. Jahr­ hundert, 21980, S.VIII f.

153 Ebd., S. 11. 154 M. Hartwig, 3.3.O., S.2. 155 Zu Zerstörung und Wiederaufbau der Münchner Residenz sei hier auf folgende Publikationen hingewiesen: R.Esterer,

3 Die einzigen bisher bekannten Ausnah­ men sind Hermann Obrist, der sich bereits um die Jahrhundertwende mit abstrakten (Jugendstil-) Formen beschäftigte und Karl Knappe, der 1928 den »abstrakten« »Steinernen Baum« aufrichtete.

4 IV. Baumeister, Wie steht die »gegenstands­ lose« Kunst zum Menschenbild?, in: H. G. Evers (Hrsg.), Darmstädter Gespräch. Das Menschenbild unserer Zeit, 1950, S.l 34-154. 5 Dazu die Zusammenstellung in: C. Stölzl (Hrsg.), Die Zwanziger Jahre in München, Ausst. Kat., 1979. 6 Dazu E. Trier, Bildhauertheorien, a.a.O., S. 2. Hildebrands Schrift ist eine der meist­ gelesenen Künstlerschriften. Sein Werk bildet die Basis für die Münchner Bild­ hauerei der Zwanziger Jahre, sein Einfluß wirkt letztlich bis heute fort. Vgl. dazu auch J. A. Schmoll gen. Eisenwerth, Die Münchner Plastik der Zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts und ihre Stellung in­ nerhalb der deutschen und internationalen Bildhauerei, in: G.Finckh, Karl Röhrig (1886-1972), Ein Leben zwischen Kunst­ gewerbe und Zeitkritik, Ausst. Kat. 1982, S. 89-106. 7 R. Müller-Mehlis, Die Kunst im Dritten Reich, 1976, S.l 12. 8 H. 1 lahn (gest. 1942) zeigte in der »Großen Deutschen Kunstausstellung« 1939 eine »Kriegerfrau«, 1942 die »Statuette eines Offiziers« und schuf auch Medaillen mit nazistischen Emblemen. 9 B. Bleeker wurde nach dem Kriegsende von der amerikanischen Militärregierung der Zutritt zur Münchner Akademie der Bildenden Künste verweigert, weil er zusehr belastet war. Vgl. dazu Dokumente zu Werk und Leben des Bildhauers Bernhard Bleeker (1881-1968), 1978 (Katalog der 5. Sonderausstellung des Archivs für Bil­ dende Kunst am Germanischen National­ museum Nürnberg), S.30ff. 10 J. Wackerle, der zunächst mehr die kleine Form gepflegt hatte, wurde mit seinen Aufträgen für das NS-Regime zum »Monumental-Bildhauer«. Er schuf (um 1936) den Münchner »Neptunbrunnen« im Al­ ten Botanischen Garten, einen steinernen »Rosseführer« am Marathontor des Berli­ ner Reichssportfeldes, ein Modell für ei­ nen monumentalen »Ceres-Brunnen« u.a. Während seine kleineren Figuren z.T. von hervorragendem Formgefühl geprägt sind, erstarrten seine Monumentalfiguren im Pathos. Vgl. dazu R. Müller-Mehlis, Kunst im Dritten Reich, a.a.O., S. 113ff. 11 In der »Großen Deutschen Kunstausstel­ lung« 1944 zeigte Georg Brenninger das martialisch-naturalistische Relief »Auf­ bruch«, in dem er deutlich stilistische Konzessionen machte. Abb. bei R. MüllerMehlis, Kunst irn Dritten Reich, a.a.O., S. 112. 12 Münchner Zeitung, Nr. 185, 7.7. 1933. Zu Knappe allgemein: Katalog der Gedächt-

Anmerkungen nisausstellung bei G.Franke, München 1975. 13 R. Müller-Mehlis, Kunst im Dritten Reich, a.a.O., S.112. 14 Als Hauptvertreter der »Münchner Schu­ le« werden im allgemeinen die Hahnschü­ ler Georg Brenninger, Josef Henselmann, Anton Hiller, Heinrich Kirchner, Toni Stadler, Fritz Wrampe (gest. 1934), Theo­ dor Georgii, Fritz Behn und Richard Knecht bezeichnet. Dazu kommen abwei­ chend von dieser Gruppe, die sich stark an der griechischen Archaik und an den Leh­ ren Adolf von Hildebrands orientierte, Fritz Koelle und Karl Rührig, die sich mehr der naturalistischen und realistischen Gestaltung zuwandten, ferner Bernhard Bleeker und sein Schüler Alexander Fi­ scher. Joseph Wackerle, Hans Wimmer und Ferdinand Filler vertraten jeweils eine eigene Richtung, die aber insgesamt doch zur »Münchner Schule« gezählt werden muß. Isoliert steht Karl Knappe mit seinen Schülern, der andere Gestaltungsprinzi­ pien verfolgte als die »Münchner Schule«. 15 Unter »Kleinmeister« sind diejenigen Bildhauer zu verstehen, die qualitativ den Hauptvertretern der Münchner Bildhaue­ rei nachstehen, die in den Zwanziger Jah­ ren kaum Erfolg hatten, aber im Dritten Reich ihre Werke in den Vordergrund riikken konnten. Vgl. dazu die Ausstellungs­ kataloge der »Großen Deutschen Kunst­ ausstellung« (darin Ferdinand Lieber­ mann, Lissy Eckart, Julius Dorer, Kurt Schmid-Ehmen, Otto Obermaier, Paul Scheuerle, Oswald Hofmann u.a.). 16 H. Eckstein (Einführung), Maler und Bild­ hauer in München, 1946. 17 H. Eckstein faßte unter diesem »kleinen Kreis« diejenigen Künstler, die »aus eige­ ner Initiative diese Publikation geplant und zusammengestellt« hatten, d.h. die Hahnschüler Josef Henselmann, Anton Hiller, Heinrich Kirchner, Toni Stadler. Vgl. ebenda. 18 Briefkonzept, 6.2. 1949, Nachlaß Karl Rührig, Stadt A MÜ. Und G. Finckli, Karl Rührig, S.72ff. 19 Die Nation, l.Jg., Nr. 1, S.24f. 20 J. A. Schmoll gen. Eisenwerth, Münchner Plastik; W.Dopp, Der Bildhauer Fritz Koelle, in: Bildende Kunst, 3. |g., 1949, S.299. 21 Stadt A MÜ RP 721/11, Sitzung des Kul­ turbaufonds vom 11.6. 1947. 22 Vgl. dazu: Zwischen Krieg und Frieden, Ausst. Kat., Frankfurt a. M. 1980, S. 8 ff. 23 Vgl. dazu Maria Weber, »Der jaulende Peter« (1948), »Der kleine Ballspieler«

(1948), in: H.Tigges, Die Bildhauerin Maria Weber, 1970, Kleinabb.9 und Abb.21. 24 F. Roh, Deutsche Plastik von 1900 bis heute, 1963, S. 4. 25 Ebenda, S. 46. Und H. Ernst, Josef Henseltnanns Passauer Altar, in: Die Kunst und das schöne Heim, 54. Jg., 1955, S. 10-12. 26 77i. IVeczerek, Zum plastischen Werk, in: A. Zweite (Hrsg.), Toni Stadler, Ausst. Kat. Lenbachhaus, 1979, S. 34.

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blieb die Auswahl subjektiv und zu eng, zu sehr auf das gestellt, was man in Mün­ chen i Fortleben der Antike« (jetzt der ar­ chaischen) nennt. Wo blieben die mächti­ gen ganz anderen Strömungen, die mit Mataré, Heiliger und Moore zwar ange­ deutet, aber nicht gerecht repräsentiert wa­ ren? ... Die Regie lag bei vier Münchner Bildhauern (Stadler, Wackerle, Brennin­ ger, Georgii). Man lasse Künstler keine Ausstellungen organisieren, da sie (be­ greiflicherweise) immer nur ihre «eigene Welt« spiegeln!«.

27 Zitiert nach A. Zweite, a.a.O., S. 5. 28 Zitiert nach Th. IVeczerek, a.a.O., S.33. 29 B. Kroll, Alexander Fischer, in: Die Kunst, 35. Jg., Bd.69, 1934, S. 182ff. 30 R. Müller-Mehlis, Alexander Fischer, Form und Impression der Skulptur, in: H.J. Starczewski (Hrsg.), Kunst im Bild und Kunst im Wort, 1969. 31 K. Knappe, Das Gesetz heißt Wand, der Ausweg Plastik, 1950, S. 26. 32 Ebenda, S.32. 33 Ebenda, S. 40. 34 Ebenda, S. 47. 35 A. Hentzen (Vorwort), Kunstschaffen in Deutschland 1949, Ausst. Kat., Central Collecting Point München. 36 El. Hildebrandt, Deutsche Plastik der Gegenwart, in: Werk, 39. Jg., 1952, S. 265-272. 37 F. Roh, Deutsche Plastik, a.a.O., S.9. 38 D. Sattler, Bildung und Staat, in: Bayer. Staatsmin. f. Unterricht und Kultus (Hrsg.), Kultur und Politik, Heft 10, 1947, S.20f. 39 F. Licht, Sculpture 19th and 20th Centuries, in: /. Pope-Hennessey, A History of Western Sculpture, 1967, S. 324. 40 F. Roh, Deutsche Plastik, a.a.O., S.44. 41 E. Trier, Bildhauerei um die Jahrhundert­ mitte, in: Kunst und Staat (hg. im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen), Kre­ feld 1962, S.91-129, hier S. 116. 42 J.Roh, Deutsche Bildhauer der Gegen­ wart, in: B. Fricke (Hrsg.), Aspekte moder­ ner Kunst, 1965, S. 14. 43 Dazu der Beitrag von U. Kultermann, Bri­ gitte Meier-Denninghoff, in: Kulturkreis im Bundesverband der Deutschen Industrie (Hrsg.), Junge Künstler, 1960, S.35-50. 44 /. Roh, Deutsche Bildhauer der Gegen­ wart, a.a.O., S. 19. 45 J.A. Schmoll gen. Eisenwerth, Münchner Plastik, a.a.O., S. 105f. Vgl. dazu auch F. Roh, Münchner Kunstchronik, in: Werk, 1951: »Trotz gewichtiger Stücke

»Die Kunst das Leben zu lieben« 1 Ausst. Kat. Fritz Winter, Triebkräfte der Erde, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 1982, S. 12. Winter vernichtete Zeich­ nungen aus der Zeit seiner Kriegsgefan­ genschaft, aus Furcht, in Spionagever­ dacht zu geraten. 2 Besonders in den Ausstellungen: Zeitge­ nössische Kunst — Moderne Graphik, Freitag Verlag, München 1946, 1 und II. Die Ausstellungen der Schwabinger »Kleinen« ab Ende 1945. Ausstellungen »A-Z« des Berufsverbandes, Kultusmi­ nisterium Salvatorplatz, ab 1946. Bayeri­ sche Kunst der Gegenwart, Bayerisches Nationalmuseum — Neue Sammlung 1947. Ausstellung der Secession, Städti­ sche Galerie im Lenbachhaus 1947. Aus­ stellungen des Schutzverbandes, Pavillon im Botanischen Garten ab 1946. Ausstel­ lungen der Münchner Künstlergenossen­ schaft, Städtische Galerie im Lenbach­ haus 1947. Ausstellung der Neuen Grup­ pe, Städtische Galerie im Lenbachhaus 1947. 3 Es wurden Werke von O. H. Beier, Fr. Doll, O. Graf, C. Graf, E. Haider, W.Klinkert, A.Schinnerer gekauft. Die meisten dieser Werke entstanden noch während des Krieges. P.Halm, Staatliche Graphische Sammlungen - Neuerwer­ bungen von 1945-1949, in: Münchner lahrbuch für Bildende Kunst 3, 1950/51, Bd.l, S.2. 4 Münchner Tagebuch 2, 1947, S. 4. 5 Bibliographie im Ausst. Kat. Münster 1982, a.a.O., S.106. 6 Ebd., Nr. 83, 84, 88. Ausst. Kat. Zwischen Widerstand und Anpassung, Berlin 1978, S. 262, Nr. 484 (Sibirien). Die »Triebkräf­ te der Erde« waren nach dem Krieg in München ausgestellt: Horst Keller, Fritz Winter, München 1976, S. 35 ff. 7 Ausst.Kat. Münster 1982, a.a.O., Nr. 31-46. Diese Blätter entstanden in den |ahrcn 1941-1944 und tragen Titel

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Anmerkungen wie »Zerstörung der Bäume« »Unterdrückung« Nr.37, »Tote schaft« Nr. 38, »Zerstörung« »Schmerz fällt in die Schale« »Ängstliche Form« Nr. 46.

Nr. 35, Land­ Nr. 39, Nr. 42,

8 Ebd., Nr. 47, Nr. 4. 9 Ausstellung: Galerie von Alvensleben, München 1981. 10 F. Roh, Karl Brust und die ungegenständ­ liche Malerei, in: Die Kunst und das schöne Heim 7, 1959, S. 46 ff. 11 Aquarelle und Zeichnungen im Besitz der Galerie von Alvensleben, München. 12 J.Roli, Rolf Cavael, 1964. Abbildungen bei der Einleitung. Ausst. Kat. Zwischen Widerstand und Anpassung, Berlin 1978, S. 116, Abb. S.117. 13 F.Bayl, C.Westphal, in: Die Kunst und das schöne Heim 58/1, 1959, S.46ff. Abbildungen abstrakter Graphik: »ZF 12/59«, »ZN 20/58«. 14 Die Bilder erschienen jeweils zu Artikeln von Westphal selbst: Das Plastische und das Farbige, in: Kunst 1, 1948, S. 116, 117 und: Über die Mode, in: Die Kunst und das schöne Heim 47, 1949, S.20. 15 J.Held, Kunst und Kunstpolitik in Deutschland 1945-1949, 1981, S.71. 16 IV. Haftmann, Malerei im 20. Jahrhun­ dert, 1979. 17 Foto der Ruinen der Löwenbräubetriebe, NZ 28.2. 1946. 18 Hüther muß in Geldnöten gewesen sein. Er bot dem Stadtmuseum 16 Zeichnun­ gen für 200,- DM an, während andere diesen Preis für 1 Zeichnung verlangten: Stadt A MÜ RP 721/11, Kulturausschuß 19.10. 1948. Originale im Stadtmuseum München. 19 Fritz Blümel, Blick vom Hof der Bayeri­ schen Akademie der Wissenschaften auf den durch Bomben zerstörten Chor der Michaelskirche, 1946. Stadtmuseum Inv. Nr. B 61/35. 20 Fred Joachim Dietrich, Blick vom Platz der Opfer des Nationalsozialismus nach Osten auf den durch Bomben zerstörten Luitpoldblock, 1948. Stadtmuseum Inv. Nr.C 32/11. 21 W. Klinkert, St. Peter in München, 1946. Stadtmuseum München Inv. Nr. B 62/6. 22 Feldmayer, Zerstörtes Wittelsbacher Pa­ lais, Stadtmuseum München. 23 Fred Joachim Dietrich, Belebter Platz mit Autos und Reklametafeln, hinter denen die Ruinen fast verschwinden. Stadtmu­ seum München Inv. Nr.C 32/11 (48/12). Jo von Kalckreuth, Plakat für die Aus-

stellung »Deutsche Architektur seit 1945«. Ruine wird in der zweiten Hälfte des Blattes zu vollständigem Haus er­ gänzt und ist wieder bewohnt. AmerikaHaus, in: Gebrauchsgraphik 23/4, 1952, S.47.

36 Eberhard Winkler, Der braune Tod. Zur Erinnerung an die Befreiung Münchens vom braunen Tod durch den Einmarsch der Amerikaner, München 1945. Graf Presse, Stadt B MÜ MON, Sign. 4 T MON 82/1.

24 J.Held, a.a.O., S.59 und S.67, Anm. 11. Stadt A MÜ-RP 718/3 und RP 721/11, 1948, Sitzung des Kulturausschusses. Auf S. 141 findet sich der Antrag für zusätzli­ che 6000-DM, um unter anderem die »zahlreichen Ruinenbilder« bezahlen zu können. Hans-Ludwig Held bemerkte dazu, daß die Angelegenheit der Ruinen­ bilder in einer prekären Situation stecke; Aufträge für Ruinenbilder könnten nicht mehr erteilt werden, es fehle sogar an Mitteln, die fertiggestellten Bilder abzu­ nehmen. Mittel wurden genehmigt, es konnte aber nur ein Teil der angebotenen Bilder gekauft werden.

37 Willi Geiger, Eine Abrechnung, Mün­ chen 1947. Graf Presse, Stadt B MÜ MON, Sign. 4 T MON 82/2. Gleichzeitig erschien Geigers Mappe »Die 12 Jahre«, Wiesbaden und die »Schande«. Eine Ab­ bildung aus diesem Zyklus, »Sie starben in Polen«, erschien in der NZ am 8.2. 1946. 38 Julius Diez, Chronik 1933-45, Original­ zeichnungen, Stadtmuseum Inv. Nr. B 117/1-46. 39 Ausst. Kat. Zwischen Widerstand und Anpassung, a.a.O., S.242, Abb.432 und 434.

25 J.Held, a.a.O., S.67 Anm. 11.

40 Ebd., Nr. 433 (1946).

26 G. Melken, Herbert List, 1981. Ders., Herbert List, Photographien 1930-1970, Ausstellung Neue Sammlung München 1979.

41 Zeichnungen »Metropolis« und »Angriff ist die beste Verteidigung« in der Galerie von Alvensleben, München. 42 F. Roh (Hrsg.), Claus Hansmann, Kreuz­ zug des Geistes, Lorsch 1948. Heinzingers Serie befindet sich im Besitz des Künstlers.

27 E.Hempel, Ruinenschönheit, in: Zeit­ schrift für Kunst 2/2, 1948, S. 76 ff. und C. E. Reindl, Ruinen, in: Das Kunstwerk 1/5, 1946/47, S.35ff. 28 Kulturbeauftragter Held am 26.9. 1945 in der Sitzung des Kulturausschusses. Stadt A MÜ RP 718/3, S.24. 29 Ausst. Kat. Deutsche und Europäische Plakate 1945-1959, München 1983, S.40 Nr.69: Plakat zur Ausstellung der Ruinenbilder im Lenbachhaus 1949. 30 Ausst. Kat. Oskar Coester, Akademie der Bildenden Künste, München 1979, S. 26 o. Nr.: »Verlassener Biergarten« 1946, Nr. 62: »Golgatha« 1948. 31 Ausst. Kat. Ernst Wagner, Lenbachhaus, München 1952: Aquarelle und Tusch­ zeichnungen italienischer Landschaften. 32 Ausst. Kat. Kunstschaffen in Deutschland, Central Collecting Point, München 1949, Nr. 16. 33 Nachlaß in der Staatlichen Graphischen Sammlung München. Franz Roh, Eber­ hard Hanfstaengl und die Laienkunst, Ausst. Kat. Lenbachhaus, München 1961. 34 Ausst. Kat. Neue Gruppe II, Lenbachhaus, München 1948. Ausst. Kat. Künstlerver­ band München — Neue Gruppe I, Len­ bachhaus, München 1947. Ausst. Kat. Große Münchner Kunstausstellung, Haus der Kunst, München 1951. 35 H. Graf (Hrsg.), Alfons Woelfie, Kathe­ dralen, München 1948. Stadt B MÜ MON, Sign. 4 T MON 82/9.

43 Ausst. Kat. Walter Schnackenberg, Wilhelm-Busch-Gesellschaft, Hannover 1965, S.4 und S.36. 44 IV. S. Rubin, Surrealismus, 1979. 45 Prisma 11, 1947, S.V-VIII. 46 IV. Znainenacek, Szenische Entwürfe, in: Gebrauchsgraphik 21/6, 1950, S. 12—18. 47 Franz Roh, Claus Hansmann, in: Ge­ brauchsgraphik 21/3, 1950, S. 53. 48 H. IVilni, Zur Situation des Kunstmarktes, in: Der Kunsthandel 9, 1950. 49 Ebd., auf S. 12 der Vergleich mit Vor­ kriegspreisen. 50 G. ScheuJJler, Das Qualitätsgefühl des Käufers, in: Der Kunsthandel 3, 1950, S.3. 51 Ebd., S.4. 52 Ergebnisse eines Plakatwettbewerbes, in: Gebrauchsgraphik 2, 1950, S. 55. Am 16.4. 1948 (befristet bis 10.6. 1952) wur­ de von 16 Ländern und den Oberkom­ mandierenden der 3 westdt. Besatzungs­ zonen eine »Konvention für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit« (Euro­ pean Recovery Programm) aufgestellt, die es ermöglichte, von den USA Kredite zu beziehen und diese für den wiedereröffneten Markt in Anspruch zu nehmen. K.D. Erdinann, Das Ende des Reiches und die Neubildung deutscher Staaten,

Anmerkungen in: Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte Bd.22, 1980, S. 261/262. 53 J.Held, a.a.O., S.69. 54 F. V. Arnold, Zeitungsillustrationen in der »Neuen Zeitung«, in: Gebrauchsgraphik 22/8, 1951, S. 42-53. 55 Ebd., S. 44 unten. 56 Ebd., S.44 oben: »Mädchen am Brun­ nen«, »Herren im Zimmer«. 57 Ebd., S. 50. 58 Ebd., S. 48. 59 Ebd., S.52: »Diese Illustrationen sind Gebrauchsgraphik im buchstäblichen Sinne des Wortes. Ihre Qualität wird nicht so sehr von einer dauerhaften künstlerischen Gestaltung, als von ihrer unmittelbaren journalistischen Brauch­ barkeit bestimmt.« 60 G. Biermann (Hrsg.), Caspar Walter Raub, Mappe mit Federzeichnungen, München 1948 sowie ders., Niemandsland, Mün­ chen 1948. Als Beispiele für andere illu­ strierte Bücher seien hier angeführt das von Fritz Harnest illustrierte Werk von T. Mann, Joseph und seine Brüder; die von Hermann Ebers illustrierte Buch von Jean Paul, Flegeljahre; die von Bele Ba­ chem illustrierten Gespensterballaden; die von Hermann Virl illustrierte Ausga­ be 1946 vib Goethes Faust; außerdem das von Max Unhold illustrierte Buch von G. Flaubert, Die Legende von St. Julian dem Gastfreundlichen, 1948. 61 H. Graf (Hrsg.), Alphons Wölfle, Bayeri­ sche Städte, 1948. //. Gni/ (Hrsg ), Josef Seche, Unser Bayern, 1946. Stadtrat Sei­ fried sagte in einer Sitzung des Kultur­ ausschusses: »Wo ich auch hingehört habe, überall sind Leute eifrig am Werk Lizenzen zu bekommen, ein Album ver­ treten zu dürfen, vorn mit einem recht schönen bayerischen Wappen, womög­ lich noch einem roten Herz und dann Bilder vom Münchner Rathaus, vom Te­ gernsee, usw. . . . Wenn die Soldaten et­ was künstlerisch Wertvolles als Erinne­ rungsgabe mitnehmen, wäre dann zu­ gleich eine Propagandamöglichkeit ge­ boten für unser Kunstgewerbe im Buch­ handel usw. ...« Stadt A MÜ RP 718/3, S. 13ff. Hubert Wilm meinte im Zusam­ menhang mit dem Kunstmarkt: »Dazu war eine Umwandlung der Käuferschicht vor sich gegangen. Die neuen Kunden waren Anhänger der Besatzungsmacht. Sie kauften mit Vorliebe »Reiseanden­ ken«. Wertvolles altes deutsches Kunst­ gewerbe oder bedeutende Kunstwerke sind bei jenen Verkäufen in den ersten Nachkriegsjahren kaum abgewandert.« H. Wilm, Zur Situation des Kunstmark­

tes, in: Der Kunsthandel 9, 1950, S. 11. Die Soldaten kauften gemäß diesen Aus­ sagen alles, was ihnen als »Reiseanden­ ken« angeboten wurde. 62 Kunstwerk 1/6, 1946/47. 63 Graphische Berufsschulen, Akademie für das Graphische Gewerbe, BlochererSchule (privat). In dem Gebäude der Prankh-Schule waren die beiden städti­ schen Einrichtungen vereint. Ab Frühjahr 1946 konnte durch den Einsatz der Schü­ ler und Lehrkräfte der Unterricht wieder teilweise aufgenommen werden, nach­ dem die Schule in Luftangriffen 1944/45 stark zerstört worden war. Die Stadt ver­ suchte, die Schule zu unterstützen, da sie eine der bekanntesten Schulen für das Buchdruckgewerbe war. L. Rennschmid, Geschichte der Graphischen Schulen der Landeshauptstadt München, 1965. 64 A. Sailer, Bele Bachem, in: Gebrauchs­ graphik 21, 1950, Heft 11, S.42f. (zeich­ nete unter dem Pseudonym »Phil Ur­ ban«), 65 Zeitschrift »Die Kunst und das schöne Heim«, hg. v. E. Hanfstaengl und F. Roh im Bruckmann Verlag in München. 66 »Prisma« 1946-1948, hg. v. E. Friedrich im Münchner Desch-Verlag. 67 Im Jahr 1948 kam es zum Streit zwischen Friedrich, dem Herausgeber von »Pris­ ma«, und seinem Verleger Desch. Desch gab als Folge den »Glanz« heraus, der eine Serie von 4 Heften erreichte. Fried­ rich arbeitete weiterhin mit Prof. Georg Trump zusammen, der für Satz und Ge­ staltung verantwortlich war. 68 C. Westphal, Zur Kunsterziehung, in: Das Kunstwerk 1, 1946/47, Heft 4, S.49 so­ wie E.Strassner, Kunsterziehung, in: Zeitschrift für Kunst 2, 1948, Heft 1, S.60. 69 E. Strassner, a. a. O. 70 Zu den Schablonenvorlagen für den Kinder-Kunstunterricht: L. Haupt, Art under a Dictatorship, 1954, S. 174 ff. u. P.O. Rane, Kunstpolitik im Dritten Reich. Leiter der Malschule für Kinder, die im Amerika-Haus eingerichtet worden war, wurde Richard Ott. 71 E. Strassner, a. a. O., S. 60. »Die Photographie hebt die Selbständig­ keit auf, die der Menschwerdung inner­ stes Herz ist«, C. Westphal in: Das Kunst­ werk 1, 1946/47, Heft 4, S.49. »So schön und objektiv diese Ergebnisse auch sein mögen, wenn sie von einem Menschen mit Geschmack erzielt werden, so sehr geht die intime Begegnung verloren, in der sich ein Zeichner oder Maler mit

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seinem Gegenüber auseinandersetzt.«; nachzulesen in: F. Roh, Eberhrad Hanf­ staengl und die Laienkunst, Ausst. Kat. Lenbachhaus, 1961. 72 ln den Jahren 1934 und 1935 versuchte ein Kreis tschechischer und deutscher an­ tifaschistischer Zeichner einen »Simplicissimus« in der Tschechoslowakei zu pu­ blizieren, dazu Ausst. Kat. Kunst zwi­ schen Krieg und Frieden, 1980, S.52. 73 /. Held, a.a.O., S.80. 74 Simpl I, 1946, Heft 1, S.8 (Ausgabe vom 23.4. 1946). 75 »Schwabinger Bilderbogen«, erschienen im Münchner Freitag-Verlag, 1946. 76 »München, zumal Schwabing, schon im­ mer eine Stadt künstlerischer Entfaltung, birgt Kräfte, die wieder lebendig werden wollen zum Nutzen des deutschen Vol­ kes. Wir haben uns vieles zu sagen, was wir in den letzten Jahren als Einzelne für uns behalten mußten, wir haben zu zei­ gen, was sich heute regt und ans Licht des Tages will und wir wollen lauschen auf die Zeichen des Kommenden, die Boten einer schöneren Zukunft«; nachzulesen in: Simpl, Zum Geleit, 1, 1946, Heft 1. 77 J.Held, a.a.O., S.156. 78 J.Held, a.a.O,, S.156. 79 J.Held, a.a.O., S.95. 80 T. Heuss, Zur Ästhetik der Karikatur, 1954, S.15. 81 Simpl, 3, 1948, Heft 15. Andere Blätter von Otto Nückel erschienen in den Simpl-Nr.: »Die Staatsregierung bittet Herrn General, die fällige Pension zah­ len zu dürfen.«, 3, 1948, Heft 17; Titel »Das Stehaufmännchen«, 3, 1948, Heft 21. 82 »Schwabinger Bilderbogen«, 1945. 83 Auf einem Simpl-Titel 1, 1946, Heft 8, stellt er außerdem die nationalsozialisti­ sche Gefahr dar. Unter einer Glucke, die deutlich als die Kirche gekennzeichnet ist, haben sich die Nazis aller Sparten verborgen, die jedoch schon wieder ganz neugierig unter den Federn hervorsehen, obwohl die Stadt noch in Trümmern liegt. Original in der Staatlichen Graphi­ schen Sammlung. 84 Ausst. Kat. Max Radler, Ostdeutsche Ga­ lerie in Regensburg, 1976, o.S. 85 Simpl-Titel Weltfriedensmesse, 4, 1949, Heft 9. 86 Simpl, 2, 1947, Heft 9, S. 113. 87 Simpl. 3, 1948, Heft 7, S.87. 88 R. Netzer, Henry Meyer-Brockmann, in: Gebrauchsgraphik 22, 1951, 2, S.33.

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Anmerkungen

89 H. Meyer-Brockmann, Satiren, 1949. 90 Adenauer steht vor einer Ruinenstadt und ist mit einer überdimensionalen Kette an ein kleines, mageres Kind ge­ kettet, das auf dem Topf sitzt. Dazu Ausst. Kat. 30 Jahre Bundesrepublik Deutsch­ land in der Karikatur, 1979, S. 134. 91 Ebd., S.89. 92 £. M. Lang, Politische Drehbühne - Ka­ rikaturen der Süddeutschen Zeitung 1947-1949, o.S. 93 Gebrauchsgraphik, Monatsschrift zur Förderung künstlerischer Reklame, hg. v. E. Hölscher, 1950. 94 Graphik, Zeitschrift für Werbung und Formgebung, hg. v. H. Maiwald, 1947. 95 IV. Keim, Gebrauchsgraphik und Krise der Bildenden Kunst, in: Gebrauchsgra­ phik 1950/2, S.31 ff. 96 Gerade das Verbot und die Schließung des Bauhauses mußten die Idee nach dem Krieg umso interessanter machen, ob­ wohl die Einrichtung selbst nie erneuert wurde. Die Industrie suchte den direkten Zugang zu den Künstlern und verpflich­ tete sie zum Teil mit langfristigen Verträ­ gen. Dazu Rademacher, Gebrauchsgraphik in der DDR, Dresden 1975, S.lOff. Be­ reits 1950 fand die Ausstellung »Die Ma­ ler am Bauhaus« im Haus der Kunst statt. 97 A. Sailer, Eine Zeitschrift wirbt, in Ge­ brauchsgraphik, 21, 1950, Heft 5, S. 17 ff. 98 Plakate für einen Zeitungsromen, in: Ge­ brauchsgraphik, 23, 1952, Heft 4, S. 30 ff. 99 Ergebnisse eines Plakatwettbewerbs, in: Gebrauchsgraphik, 1950, Heft 2, S.55f. 100 F.Roli, Claus Hansmann, in Gebrauchs­ graphik 21, 1950, Heft 3, S.50. 101 »Amerika Haus«, in: Gebrauchsgraphik, 23, 1952, Heft 4, S. 42-47. 102 E. Penzoldt, Die Kunst das Leben zu lie­ ben, 1978. Ernst Penzoldt lebte als freier Schriftsteller, Maler und Graphiker in München, wo er im Jahr 1955 starb.

christliche Kunst (1946 gegründet), Lan­ desverband Bildender Künstler, Schutz­ verband Bildender Künstler, Kunstverein (1947 gegründet). 3 Vgl. L. Glozer, Abstraktion als Weltspra­ che, in: Ausst. Kat. Westkunst, Zeitgenössi­ sche Kunst seit 1939, 1981, S. 172-210. Mit zeitgenössischen Dokumenten. 4 Zur »Münchner Gruppe« der Neuen Sach­ lichkeit: M. Kolb, Neue Sachlichkeit Magischer Realismus, Der Beitrag Mün­ chens zur nachexpressionistischen Malerei und Graphik, in: C. Stölzl (Hrsg.), Die Zwanziger Jahre in München, Ausst. Kat. d. Münchner Stadtmuseums, 1979, S.121-139. 5 F. Schmalenbach, Kunsthistorische Studien, 1939, S.47f; ders., Die Malerei der Neuen Sachlichkeit, 1973, S. 52-54. 6 Der von W. Haftmann geprägte (und von R. Zimmermann in Die Kunst der ver­ schollenen Generation, Deutsche Malerei des expressiven Realismus von 1925 bis 1975, 1980, aufgenommene) Begriff des »expressiven Realismus« wird besser durch den Begriff des »expressiven Natu­ ralismus« ersetzt, der der nicht sozialkriti­ schen Komponente solcher Malerei besser gerecht zu werden scheint. - Zur Klärung der Begriffe »Realismus« — »Naturalis­ mus« vgl.: J.A. Schmoll gen. Eisenwerth, Naturalismus und Realismus: Versuch zur Formulierung verbindlicher Begriffe, in: Städel-Jb., Neue Folge 5, 1975. 7 F. Frommhold, Zwischen Widerstand und Kunst in Deutschland Anpassung, 1933-1945, in: Ausst.Kat. Zwischen Wi­ derstand und Anpassung, Kunst in Deutschland 1933-1945, Berlin 1978, S. 15. 8 Zum »Generationenproblem« in der Nachkriegskunst vgl.: R. Zimmermann, Die vergebliche Heimkehr des verlorenen Sohnes, Kurzes Auftauchen aus dem Un­ tergrund: Die Maler des expressiven Rea­ lismus im Deutschen Kunstleben der Nachkriegszeit (1945-1959), in: Zwi­ schen Krieg und Frieden, Gegenständliche Tendenzen in der Kunst nach 45, 1980, S.30.

Die Malerei der Nachkriegszeit 1 Ein Verzeichnis der in München 1945-49 veranstalteten Ausstellungen, in: J.Held, Kunst und Kunstpolitik in Deutschland 1945-49, Kulturaufbau in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg, 1981, S. 347-349. 2 Als bedeutendste sind zu nennen: Münch­ ner Künstlergenossenschaft, Münchner Secession, Neue Gruppe, Freunde bilden­ der Kunst, Gewerkschaft der geistig und kulturell Schaffenden, Gesellschaft für

9 In diesem Zusammenhang sei auf die 1949 veranstaltete Retrospektivausstellung »Der Blaue Reiter« in München hingewiesen. Vgl. Ausst. Kat. Der blaue Reiter, München 1949. 10 R. Zimmermann, Die Kunst der verscholle­ nen Generation, a.a. O., S. 221. 11 A. v. Scheltama, Ist der Expressionismus noch junge Kunst?, in: Prisma 2, l.Jg., Dezember 1946, S. 17-19.

12 IV. Nerdinger, Die »Kunststadt« München, in: Die Zwanziger Jahre in München, a.a.O., S. 93-120. 13 Th. Mann, Kampf um München, in: Kampf um München als Kulturzentrum, 1927, S.7-12. 14 Vgl. biographische Daten der einzelnen Künstler im Anhang. 15 P. Vogt, Geschichte der deutschen Malerei im 20.Jahrhundert, 1976, S.338. 16 H. Eckstein, Münchner Malerei in: Das Kunstwerk, l.Jg., Heft5, 1946/47, S.38. 17 P ko?/, a.a.O., S.339. 18 F.Roli, Kommentare zur Kunst. Rund­ funkkritiken, 1948, S. 24 f. 19 Es sei darauf hingewiesen, daß 1946 der Verein für christliche Kunst seine Aktivitä­ ten wieder aufnahm. Siehe: Erinnerungs­ gabe »100 Jahre Verein für christliche Kunst 1860-1960«, 1960. 20 J.Held, a.a.O., S.51. 21 Zur Gruppe »Neuer Realismus«: R. Rosins­ ki, Künstlerinitiativen in der Zeit des »Kalten Krieges«, in: Zwischen Krieg und Frieden, a.a.O., S.93f. 22 Unter anderem auch X. Fuhr (Simpl, Heft 11, 1947, S.131), F. Burkhardt (Simpl, Heft 1, 1946, S.35), J.Hüther (Simpl, Heft 1, 1946, S.47, 105). 23 Zum »Simpl« vgl.: K. L. Hofmann, Ch. Präger, »Ulenspiegel«, »Wespennest« und »Simpl«. Drei satirische Zeitschriften in der Nachkriegszeit, in: Zwischen Krieg und Frieden, a.a.O., S. 47-57, und: J. Held, a.a.O., S.80-100. 24 C. Hofer, Kunst und Politik, in: Bildende Kunst, 2,Jg„ Heft 10, 1948, S.20. 25 In der ersten Sitzung des Kulturausschus­ ses am 26.9. 1945 wurden auf eine Initia­ tive des Stadtrates Edgar Hanfstaengl Gel­ der für den Ankauf von Ruinenbildern ausgesetzt, Stadt A MÜ RP 718/3, S.25 und RP 721/11, S. 141. 26 Arbeiten aus den ersten Nachkriegsjahren tragen Titel wie »Flüchtlingsfrau«, o.J.; »Generalstab«, 1947; »Zwölf Jahre«, 1947. 27 Gemälde im Privatbesitz des Künstlers: »Intermezzo in Trümmern«, 1946; »Blin­ der in Trümmerlandschaft«, 1947; »Hei­ matlos«, 1947. 28 J.Held, a.a.O., S.50. 29 »Aus der Trümmerzeit«, 1946; »Jugend Europas«, 1946. Abbildung in: Ausst.Kat. Zwischen Krieg und Frieden, a.a.O., S. 172. 30 »ln der modernen Kunst faßt man unter der Bezeichnung 'Konstruktivismus« ana-

Anmerkungen löge, aus der geometrischen Abstraktion hervorgegangene Gestaltungstendenzen zusammen, die sich auf die Arbeit mit geometrischen oder stereometrischen Grundformen bzw. entsprechenden technoiden Elementen beschränken und damit eine harmonikale Wirkung erzielen wol­ len ... Sie gingen vor allem vom Stijl und vom Bauhaus aus, in denen sich der euro­ päische Konstruktivismus nun institutio­ nalisierte.« Zit. nach: K. Fassmann (Hrsg.), Kindlers Sachwörterbuch der Weltmalerei, 1964, S.414, 416. 31 Beiträge Münchner Künstler: F. Winter, Verteidigung der »abstrakten Kunst«, in: Neues Abendland, 4, Heft 5, 1949. Auch W. Baumeister, Das Unbekannte in der Kunst, 1947 und 1960. Interviews in: Ausst. Kat. Grauzonen-Farbwelten, Kunst und Zeitbilder 1945-1955, Berlin 1983, S. 287 fT. 32 G. Barthel, Deutscher Kunsthistorikertag in München, in: Das Kunstwerk, 3, Heft 8, 1949, S.55. 33 K. Leonhard, Bericht über das Darmstädter Gespräch 1950, in: Das Kunstwerk, 4, Heft 8/9, 1950. 34 L. Glozer, in: Ausst. Kat. Westkunst, a.a.O., S.178. 35 Vgl. Interviews mit Bernhard Schultze, Manfred Bluth, Hans Trier, in: Ausst. Kat. Grauzonen-Farbwelten, a.a.O., S.287292. 36 W. Haftmann, Moderne Kunst und ihre politische Idee, in: Jahresring, 1957/58, S.83. 37 Das Kunstwerk, Heft 5, 1951, S.68. 38 Zur Geschichte der Akademie der Bilden­ den Künste in der Zwischenkriegszeit: K. H. Meißner, Zur Geschichte der Akade­ mie der bildenden Künste in München, in: Die Zwanziger Jahre in München, a.a.O., S. 141-150. 39 C. Westphal, Meine Wendung zur Gegen­ standslosigkeit, in: Das Kunstwerk, 3, 1953, S.9. 40 Die erste Ausstellung der Gruppe »Zen 49« fand 1950 im Collecting Point in München statt. Vgl.: F.Rolt, J.A. Thwaites, Ausst. Kat. Zen 49, München 1950. 41 F.Roli, Vorwort im Ausst. Kat. Zen 49, a.a.O. 42 »Informell gilt als Sammelbegriff für Ten­ denzen in der abstrakten Malerei der fünf­ ziger Jahre, wie dem abstrakten Expressio­ nismus in den USA, die als Reaktion auf die konkrete Malerei die totale Spontanei­ tät des schöpferischen Prozesses fordern.« Zit. nach: K. Fassmann (Hrsg.), a.a.O., S.377.

43 Ausst. Kat. Zen 49, a.a.O., o.S. Vgl. außer­ dem dazu den Beitrag von G. Finckh in der vorliegenden Publikation. 44 H. Eckstein, a.a.O., $.38.

Die Suche nach dem »richtigen« Stil 1 Vgl. dazu: N. Knopp, Schinkels Idee einer Stilsynthese, in: W. Hager, N. Knopp (Hrsg.), Beiträge zum Problem des Stilplu­ ralismus, 1977, S. 245-254, hier S. 252: »Der König beabsichtigte, als Mäzen und Organisator Geschichte zu machen, indem er Schinkels Zukunftsideal in der Gegen­ wart zu realisieren versuchte. Gewiß ist sein Vorhaben als kunstpolitisches Ziel auch im Rahmen seiner >TriasAbbildung< zu übertragen« (S.252). 4 F. Roh, Die Künstler im Wiederaufbau, Gewerkschaftsrede von 1946 (gehalten am 15.3. 46), München, o.J. 5 W. G. Maxon, in: Ausstellungskatalog, Die Schwabinger »Kleine« (= Gal. Bauden­ bach): Maler und Bildhauer aus dem Kul­ turkreis Chiemgau. München, 10.4.-15.5. 46, S.4. 6 Ausstellungskatalog: Zeitgenössische Kunst I — Moderne Graphik, München, März-April 1946, S. 5. Ausstellungskata­ log: Ausstellung zeitgenössischer Kunst II - Moderne Graphik, Neue Kollektion. Munch, Ensor, Picasso. Expressionisten und Abstrakte. Die Neusachlichen und die Münchner, München, Juni-August 1946, S.6. 7 F. Burkhardt, Die »Neue deutsche Gra­ phik«, in: Prisma 2, 1946, S.20-22. Burk­ hardt räumt hier ein, die abstrakte Kunst des Bauhauses übe eine bestimmte Anzie­ hungskraft auf die jüngsten Künstler aus, hält jedoch dagegen, diese Kunst sei für die Graphik früher schon wenig fruchtbar gewesen. Stärkeren Einfluß verheißt er der Kunst Picassos. 8 H. Grundig, Dresdner Bilanz, in: Prisma 2, 1946, S.33f. 9 F.A. von Scheltama, Ist der Expressionis­ mus noch »junge Kunst«?, in: Prisma 2, 1946, S.17f. 10 K. Scheffler, Die fetten und die mageren Jahre, 1946, zitiert nach 21948, S.414 ff. 11 H. Lüdecke, Die Tragödie des Expressio­ nismus, Notizen zu seiner Soziologie, in: K. Hofer, O. Nerlinger (Hrsg.), Bildende Kunst 3, 1949, S. 109-115. 12 K.Sello, »Der abgebrochene Anfang«, in: Die Zeit, 12.9. 75. Bemerkenswert er­ scheint eine Äußerung Th. W.Adornos zum Expressionismus von 1950: »Mag immer ... das im tapferen Widerstand gegen die Ordnung sich absolut setzende Ich des Expressionismus vergangen, mag es als nichtig enthüllt sein; verglichen mit dem, was es ausdrücken sollte, erscheint die Kunst, die heute das Vakuum ausfüllt, epigonenhaft oder hilflos oder beides«. Th. W. Adorno, Auferstehung der Kultur in Deutschland?, 1950, S.26. 13 Die Unterscheidung zwischen Surrealis­ mus und »magischem Realismus«, wie sie H.Trökes fordert, wird näher ausgeführt bei F. Roh, Surrealismus in der Bildenden Kunst, in: Prisma 4, 1947, S. 15ff.

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Anmerkungen

14 H.Trökes, Der Surrealismus, in: Das Kunstwerk, l.Jg., Heft8, 1947, S.30-36. 15 H. König, Die Traumhändler, in: Die Nati­ on, Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur, l.Jg., Heft 10, 1948, S.30-33. Noch 1947 hatte die Zeitschrift die surrea­ listische Kurzgeschichte »Der Kopf Apogistes« des Malers Jörg Wisbeck abgedruckt, Heft 5, S. 21-24. 16 F. Kemp, Der Surrealismus, in: Prisma 4, 1947, S.10-14. Zur tiefen Affinität zwi­ schen Surrealismus und Existentialismus vgl. £. Roters, Bildende Kunst, in: »Als der Krieg zu Ende war«. Literarisch-politische Publizistik 1945-1950, Ausst. Kat. von G.Hay, H. Rombaldo, J. W. Storck, 1973, S.9. 17 F. Roh, Surrealismus, a.a.O., S. 15f. 18 W. Uhde, Abstrakte Malerei, in: Die Um­ schau, l.Jg., 1946, Heft2, S. 187-191, hier S.187. 19 Ebenda, S.187. 20 Ebenda, S. 188. 21 Ebenda, S. 189 f. 22 Ebenda, S. 190 f. 23 L.Zahn, Abkehr von der »Natur«, in: Das Kunstwerk, l.Jg., Heft 8, 1947, S.3—6, hier S. 6. 24 A. Herne, Zum Verständnis der abstrakten Malerei, in: Das Kunstwerk, l.Jg., Heft 8, 1947, S.8f. 25 F.Roli, Die Neue Malerei und ihre Wi­ derstände, in: Ausstellungskatalog Augs­ burg, Schaetzler-Palais, Maler der Gegen­ wart III: Extreme Malerei, Februar 1947, unpaginiert. 26 Ebenda. F. Roh vergleicht hier die »absolu­ te« Malerei auch mit der »absoluten Mu­ sik« und der Architektur. Auch dieser Ver­ gleich findet sich in den ersten Jahren nach dem Krieg häufiger. 27 Vgl. dazu I. Kant, Kritik der Urteilskraft, § 45: »Schöne Kunst ist eine Kunst, sofern sie zugleich Natur zu sein scheint.« Zit. nach IV. IVeischedel (Hrsg.), Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft, 41979, S. 240 ff. 28 F.Rolt, Die Neue Malerei und ihre Wi­ derstände, a.a.O. 29 L. Degand, Verteidigung des Realismus, in: Die Umschau, l.Jg., Heft3, 1946, S. 332-336, hier S.333. 30 Ebenda, S. 335 f. 31 H. E. Friedrich, Zur Erörterung der Kunst und des künstlerischen Heute, in: Pris­ ma 8, 1947, S.13f.

32 H. Grundig, Gedanken zur realistischen Kunstauffassung, in: Prisma 8, 1947, S.19f. 33 W. Baumeister, Bild und Weltbild, in: Pris­ ma 8, 1947, S.14f. 34 R. Schlichter, Im Schatten des Satans, Eine Appassionata über die europäische Kunst, in: Prisma 10, 1947, S.20-25, hier S.20. 35 Ebenda, S. 25. 36 Ebenda, S. 25. 37 Vgl. dazu H. Sedhnayer, Verlust der Mitte, 1948, zit. nach 51951, Nachwort, S.252. Bei F.Adama von Scheltama taucht 1947 der Ausdruck »geistige Entmittung« in ganz ähnlichem Sinn auf. Vgl. dazu: F. Adanta non Scheltama, Die geistige Mit­ te, Umrisse einer abendländischen Kultur­ morphologie, 1947, S. 147. 38 H. Sedlmayr, Verlust der Mitte, a.a.O., S.228. 39 F.Roli, in: Kunstchronik, 2. Jg., Heft 12, 1949, S. 294-298. Ders., Abgesangslitera­ tur zur Kunst der Gegenwart, in: Werk, Jg.38, 1951, S. 92-96. H. Quitzsch, Verlust der Kunstwissenschaft? Eine kritische Un­ tersuchung der Kunsttheorie Sedlmayrs, 1963. Quitzsch verweist auf Sedlmayrs »faschistisches Gedankengut« und be­ schreibt seine Position nach 1945: »Nach 1945 hat er sich dann sehr schnell auf die neuen politischen Anforderungen der reaktionären Entwicklung in West­ deutschland eingestellt. Heute ist er zu einem Vertreter der klerikal-militaristi­ schen Ideologie in der Kunstwissenschaft geworden.«, S. 39. Wie stark jedoch diese Kritik von politischen Ansichten der Deutschen Demokratischen Republik ge­ prägt war, zeigt Quitzschs Satz: »Echte Wissenschaft führt nicht zum Katholizis­ mus. Der Weg für eine Weiterentwicklung der Kunstwissenschaft macht heute die Forschung auf der Grundlage des dialekti­ schen und historischen Materialismus er­ forderlich.«, S.42. 40 G. Bandniann, Tagungen - Zweiter Deut­ scher Kunsthistorikertag im Schloß Nym­ phenburg, in: Der Cicerone, 1949, S. 126-129, hier S. 127. Vgl. dazu auch H. Ladettdorf, Die 2. Tagung deutscher Kunsthistoriker in München, Zeitschrift für Kunst, 3.Jg„ 1949, S.294L 41 H. G. Evers (Hrsg.), Darmstädter Gespräch (DG), Das Menschenbild unserer Zeit, 1950 (veranstaltet von der Darmstädter Sezession vom 15.7.-3.9. 1950, Mathil­ denhöhe). Der Vortrag von Sedlmayr, S. 48—62. An dem Gespräch nahmen u.a. teil: J.A. Schmoll gen. Eisenwerth, F.Roh, G. Hartlaub, C. Westpfahl, A. Mitscherlich, K. Leonhard, O. Domnick, J. Itten, Th. W. Adorno. Zum Widerspruch vgl.: Zwi­

schenrufe zu Sedlmayrs Rede, vor allem S. 59, und O. Domnick, S. 129. 42 Bereits 1907 hatte W. Worringer in seiner berühmten Dissertation »Abstraktion und Einfühlung« festgestellt: »... ist der Ab­ straktionsdrang die Folge einer großen in­ neren Beunruhigung des Menschen durch die Erscheinungen der Außenwelt und korrespondiert in religiöser Beziehung mit einer stark transzendentalen Färbung aller Vorstellungen.« IV. IVorringer, a.a.O., S.49. »Diese abstrakten gesetzmäßigen Formen sind also die einzigen und die höchsten, in denen der Mensch angesichts der ungeheuren Verworrenheit des Welt­ bildes ausruhen kann«, ebd., S.53. 43 Baumeister hatte seinen Vorsatz, das vor­ bereitete Manuskript beim DG vorzule­ sen, aufgegeben, als er erfuhr, »daß Sedl­ mayr nicht mehr im Saale sei.« Das Manu­ skript ist aber im Tagungsbericht abge­ druckt, a. a. O., S. 146-154. 44 Vgl. dazu H. Sedlmayr, Vermutungen und Fragen zur Bestimmung der altfranzösi­ schen Kunst, in: Festschrift für Wilhelm Pinder, 1938. Ders., Die Rolle Österreichs in der Geschichte der deutschen Kunst, in: Forschungen und Fortschritte 13, 1937, S.418L 45 DG, a.a.O., S. 149. 46 DG, a.a.O., S.150ff. Wie wichtig dieses DG war, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß Th. IV. Adorno noch 1959 in »Vorschlag zur Ungüte«, S.53 ff. und 1960 in »Ohne Leitbild«, S.8f. gegen Sedlmayr polemi­ sierte. Zitiert nach G. Busch (Red.), Th. IV. Adorno: Ohne Leitbild - Parva Aesthetica, 7.Aufl., 1981. Zu Sedlmayrs Atheismus-Verständnis vgl. Die Kunst im Zeitalter des Atheismus, in: Das Münster, Jg.3, Heft 5-6, 1950, S. 177-183.

ZEN 49 1 Die Ausstellung wurde veranstaltet vom Berufsverband bildender Künstler Schwa­ ben und von der Gewerkschaft der geistig und kulturell Schaffenden, Fachgruppe der Bildenden Künstler Augsburg. Sie dauerte v. 1.2.-16.2. 1947 und wanderte dann nach Stuttgart, wo sie, erweitert um vier Künstler, darunter E. W. Nay vom 1.-30.4. 1947 im Künstlerhaus gezeigt wurde. Danach wanderte sie nach Karlsruhe und Duisburg. Zusammengestellt hatten sie Ludwig Ohlenroth und der Augsburger Maler Karl Kunz. 2 Dazu A. Zweite, A.Greither, Josef Scharl 1896-1954, 1982. 3 Charakteristisch für diese Richtung ist ein Diktum von Franz Marc: »Man hängt

Anmerkungen nicht mehr am Naturbilde, sondern ver­ nichtet es, um die mächtigen Gesetze, die hinter dem schönen Scheine walten, zu zeigen.« Pan, 7.3. 1912, zit. nach H. Seiler, Franz Marc, 1956, S. 27. 4 Diese Bilder Rupprecht Geigers (Blauer Krug 1945, Südlicher Hafen 1946) mar­ kierten Stationen auf dem Weg von der naturalistischen Abbildung zu den gegen­ standslosen Bildern der Jahre 1949/1950. Sie erinnern nicht nur in ihrer starken, ex­ pressiven Farbigkeit, sondern auch in ihrem heftigen, flüchtigen, unkorrigierten Pinselduktus einerseits an die Fauves, tra­ gen andererseits auch den Charakter skiz­ zenhafter Vergegenwärtigung formaler Probleme. 5 Vgl. zu Karl Kunz: S. P&ge/, A4. Kunz, Der Augsburger Maler Karl Kunz 1905-1971, Katalog der Ausstellung im Zeughaus, Augsburg 1983. 6 ß. £. Werner, Zwischen Kopfschütteln und Anerkennung, in: Neue Zeitung, 3.2. 1947, zit. nach S. Fogel, M.Kunz, a.a.O., S.7ff. 7 A.Andersch, Eiskalte Kunst, in: Der Ruf, Nr. 14, 1. 3. 1947. 8 ). Roh (geb. Bartsch), Schwäbische Landes­ zeitung, 7.2, 1947. 9 Zit. nach S. Fogel, M.Kunz, a.a.O., S. 12. 10 Ebenda,'/ihs, a.a.O., S.64. 24 Ebd., S.71. 25 Ebd., S. 74. 26 K. A. Hartmann, Autobiographische Skiz­ ze, a. a. O., S. 9 f. 27 Ebd., S. 16. 28 Ebd.

Theaterleben in den ersten Nachkriegsjahren 1 IV. Lange, Theater in Deutschland nach 1945, 1980, S.90. 2 Ebd.. S.78. 3 BayHStA OMGBY 10/66-1/45 2 OF 2: Special Report — One Year of Film, Theater and Music Control in Bavaria, 29June 1946, William C.Rogers, Chief, ITM: »Machinery for licensing theatrical and musical productions was set up with a view to re-establislnnent of entertain­ ment for the civilian population as soon as possible.« 4 Vgl. den Beitrag von C.D. Schwab in der vorliegenden Publikation. 5 /. M. Ruinier, T. P. Huster (Hrsg.), Chro­ nik der Neuen Münchner Theaterge­ schichte, Bd.2, 1946, S.6f. (aus einem Gespräch mit dem Control Officer Wal­ ter Behr). Die Tatsache, daß in dem Li­ zenzierungsverfahren nur die politische Vergangenheit berücksichtigt wurde, wurde der Verfasserin auch in Gesprä­ chen mit den ehemaligen Lizenzträgern Wolfgang Petzet und Georg Laub bestä­ tigt. 6 Diese Vorschriften wurden der Verfasse­ rin in einem Interview von dem ehema­ ligen Lizenzträger Georg Laub bestätigt. Wie lange sie konkret durchgeführt wur­ den, konnte nicht festgestellt werden. 7 Stadt A MÜ KA 1161: Richtlinien für alle Lizenzträger im deutschen Nachrich­ tenwesen, Nr.3 vom 30.9. 1946, S.2. 8 Chronik der Stadt München 1945-1948, bearbeitet von W.Selig unter Mitwirkg. v. L. Morenz u. H.Stahleder, hg. i.A. d. Stadtarchivs v. M. Schattenhofer, 1980, S. 194; dazu auch: Süddeutsche Zeitung Nr.59, 8.7. 1947, S.2, Kulturelle Nach­ richten. 9 Vgl. Anm.7. 10 BayHStA OMGBY 10/48-3/2 1 OF 5: Geschäftsbericht des Landesgeschäftsfüh­

rers der Genossenschaft Deutscher Büh­ nenangehöriger, Landesverband Bayern, in der Zeit vom 19.9. 1946 bis 16.10. 1947, Harald Fürstenau. 11 Vgl. Beitrag von C. D. Schwab in der vor­ liegenden Publikation. 12 BayHStA OMGBY 10/66-1/45 2 OF 2: Special Report — One Year of Film, Theater and Music Control in Bavaria, 29June 1946, William C.Rogers, Chief, ITM. 13 Stadt A MÜ KA 1161: Diese anonyme Liste war den Kammerspielen vermutlich von der amerikanischen Theaterkontrolle zugesandt worden. Sie stammt wahr­ scheinlich aus dem Jahr 1945, da sie ein »Sample of a First Repertory« enthält. Einleitend wird betont: »The following list of plays is by no means complete or mandatory, but is simply given as a sug­ gested reference guide.« 14 Ebd. 15 Ebd. Aus den angeführten Beispielen läßt sich eindeutig erkennen, daß die Ameri­ kaner unter dem mißverständlichen Aus­ druck »Nazi plays« jene Dramen verstan­ den, die sich kritisch mit dem National­ sozialismus auseinandersetzten. 16 BayHStA OMGBY 10/121-1/43 3/F 8: Gerard Willem van Loon an den Thea­ terverlag Reiß AG, 26.2. 1946. 17 BayHStA OMGBY 10/66-1/45 1 OF 2: Yearly Report of the Theatre Control Section, ljune 1946 to 30June 1947, 16July 1947, Walter Behr, Chief, Thea­ tre Section. Eine genauere Untersuchung über die Auswahlkriterien für in Deutschland aufzuführende amerikani­ sche Dramen von der Militärregierung vor und nach Beginn des Kalten Krieges findet sich bei IV. Lange, a.a.O. 18 BayHStA OMGBY 10/121-1/43 1 OF8: Gerard Willem van Loon an Eric T. Clarke, 22 March 1946. H. Gehring führt ein Verzeichnis aller zwischen 1945 und 1951 im Rahmen eines staatlichen Über­ setzungsprogrammes ins Deutsche über­ tragenen amerikanischen Dramen an; dazu: H. Gehring, Amerikanische Literaturpolitik in Deutschland 19451953, 1976, S. 124 ff. 19 BayHStA OMGBY 10/66-1/45 2 OF 2: Yearly Report of The Theatre Control Section ICD, 27 June 1946, Walter Behr, Chief, Theatre Section. In der Spielzeit 1945/46 wurden an Münchner Theatern drei amerikanische Dramen gespielt, in den beiden darauffolgenden Spielzeiten jeweils acht, 1948/49 noch vier. 20 BayHStA OMGBY 10/121-1/43 6 OF 8: Zinnenverlag Kurt Desch an Gerard Wil­ lem van Loon, 7.11. 1945.

Anmerkungen

403

21 BayHStA OMGBY 10/66-1/45 2 OF 2: Yearly Report of Theatre Control Sec­ tion, ICD, 27June 1946, Walter Behr, Chief, Theatre Section.

31 BayHStA OMGBY 10/69-1/14 1 OF 1: Munich Brief 121, 7 May 1948, Closing of the Kammerspiele, Interview with Harry Buckwitz.

44 Stadt A MÜ KA 797: Michael Schatten­ hofer (Kommissarischer Leiter des Kul­ turamtes) an Bürgermeister Dr. Franz Sta­ delmayer, 9.7. 1945.

22 Die Information Control Division stellte mit dem »Reorientation Fund« Geldmit­ tel zur Verfügung, die speziell für Um­ erziehungszwecke ausgegeben werden sollten.

32 Stadt A MÜ KA 786: Intendant Hans Schweikart, Rede vor dem Kulturaus­ schuß am Vormittag des l.Juni 1949, S.7.

45 Stadt A MÜ KA 770: Vertrag Harry Buckwitz, 30.12. 1947.

23 BayHStA OMGBY 10/48-3/5 3 OF 3: Request for D-Mark Funds for Reorien­ tation Purposes for the Theater Specialist, 1 November 1948 to 1 June 1949, 2 No­ vember 1948, Hermann Hahn. - Im Juli 1949 fand in Erlangen mit amerikani­ scher Unterstützung ein internationales Studententheatertreffen statt. 24 Germany 1947-1949, The Story in Do­ cuments, Department of State, Wash­ ington 1950, S.34-41. Die davor gültige Direktive JCS 1067 enthielt keine Richt­ linien für die Kulturpolitik. Vgl. ebd., S. 22-33. 25 Stadt A MÜ KA 1161: Brief Heinrich Sauers an eine Privatperson vom 17.10. 1945 mit der Bitte um Leihgabe von Möbelstücken für bestimmte Auffüh­ rungen der städtischen Bühnen. Ebenso in: Stadt A MÜ KA 1162: Brief Heinrich Sauers vom 17.10. 1945, und Stadt A MÜ KA 1157: Brief Heinrich Sauers vom 18.1. 1946. 26 Stadt A MÜ KA 793: Stadtbauamt Hochbau, Abteilung Heizung und Ma­ schinenbau, an die Direktion der Kam­ merspiele, 6.11. 1945. 27 A.E. Sistig, Sokrates räumt auf, in: IV. Bergold (Hrsg.), 50 Jahre Schauspiel­ haus, 1951, S. 26. 28 Süddeutsche Zeitung Nr. 77, 9.9. 1947. S. 2, Kulturelle Nachrichten. 29 BayHStA OMGBY 10/48-3/1 4 OF 5: Genossenschaft Deutscher Bühnenange­ höriger: Mitteilung, die an allen Thea­ tern der amerikanischen und englischen Besatzungszone verlesen wurde, 28.5. 1948, und BayHStA OMGBY 10/ 48-3/1 5 OF 5: Telegramm der GDBA an den Chef der Nachrichtenkontrolle Mr. James A.Clark. Die Bitte um Unter­ stützung im Ernährungsproblem wurde hier abgelehnt mit der Begründung, daß die Zuteilung Sache der deutschen Be­ hörden sei. 30 BayHStA OMGBY 10/48-3/2 1 OF 5: Genossenschaft Deutscher Bühnenange­ höriger, Ergebnis der Reihenuntersu­ chung für die Mitglieder der GDBA, 23.1. 1948. Zum gleichen Problem: Bay HStA OMGBY 10/48-3/2 3 OF 5: Denkschrift über die Notlage der Schau­ spieler von Friedrich Domin.

33 Stadt A MÜ KA 1157: Intendant Erich Engel an Jean Paul Sartre, Paris, 25.2. 1947, und ebd., Erich Schnabel vom Nord westdeutschen Rundfunk an Erich Engel, 7.3. 1947. Erich Engel hatte sich für die Kammerspiele besonders hin­ sichtlich des Dramas »Die Fliegen« inter­ essiert. 34 Stadt A MÜ KA 796: Bericht des Bürger­ meisters Dr. Franz Stadelmayer, 8.8. 1945. 35 Stadt A MÜ RP 718/4: Sitzung des Kul­ turausschusses vom 26.9. 1945, Weiter­ führung der städtischen Bühnen; Stadt A MÜ RP 719/1: ö.Sitzung des Stadtrates vom 23.7. 1946, Angliederung einer Schauspielschule an die städtischen Büh­ nen, Vortrag des Stadtrates Walther von Miller; Stadt A MÜ RP 722/12: 15.Sit­ zung des Kulturausschusses vom 23.6. 1949, Personalverhältnisse an den städti­ schen Bühnen. 36 Stadt A MÜ KA 19: Vergleichsübersicht der Haushaltspläne der städtischen Büh­ nen 1945, sowie 1946 bei Einzelführung und Fusion (ohne Datum). 37 Stadt A MÜ KA 800: Technischer Leiter Hans Zimmermann an Oberbürgermei­ ster Karl Scharnagl, 2.6. 1945, Auflistung der Beschädigungen. 38 Ebd. 39 Ebd. 40 Stadt A MÜ KA 795: Bericht über die Vorarbeiten und Voraussetzungen für die Wiederinbetriebnahme der städtischen Bühnen, Kammerspiele im Schauspiel­ haus, 13.7. 1945, Hans Zimmermann.

46 Stadt A MÜ KA 777: Verzeichnis des künstlerischen Personals und der Gagen vom 15.10. 1945. So blieben beispiels­ weise Inge Birkmann, Friedrich Domin, Maria Nicklisch, Charles Regnier und Carl Wery. 47 Ebd. Auch ehemalige Mitglieder der Kammerspiele wie Axel von Ambesser, Will Dohm oder Maria Koppenhöfer wurden hier engagiert. Daneben bei­ spielsweise Peter Pasetti oder Franz Josef Wild. Vgl. dazu auch: IV. Petzet, a.a.O., S. 424, der das Engagement Hans Chri­ stian Blechs erwähnt oder, Süddeutsche Zeitung Nr. 55, 3.7. 1946, S. 3, Kulturelle Nachrichten, wo von der Anstellung Paul Dahlkes die Rede ist. 48 Zu den Arbeiten Wolfgang Znamenaceks vgl. M.Pich, Das Bühnenbild Wolfgang Znamenaceks - ein Weg zu moderner Szenengestaltung, Diss. masch. München 1957. 49 Süddeutsche Zeitung Nr. 101, 2.12. 1947, S.3, Münchner Bühnenporträts: Bruno Hübner. 50 IT. Pe/zei, a.a.O., S.422. 51 Münchner Merkur Nr.63, 21.7. 1947, S. 2, Erich Engels Abschiedsworte an München. 52 Stadt A MÜ RP 720/2: 24. Sitzung des Stadtrates vom 15.7. 1947, Dienstvertrag für den Intendanten Hans Schweikart. 53 Der Spielplan der Kammerspiele in der Nachkriegszeit, die Premierendaten und die Aufführungszahlen sind hier wie im folgenden entnommen dem A Kammer­ spiele: Spielplan der städtischen Bühnen von 1945 bis 1949.

41 Stadt A MÜ KA 774: Oberbürgermeister Karl Scharnagl an Hans Zimmermann, 23.7. 1945.

54 A Theatermuseum: Programmzettel zu Tliornton Wilder »Unsere kleine Stadt«. Premiere am 4.12. 1945.

42 Stadt A MÜ KA 772: Bürgermeister Dr. Franz Stadelmayer an Professor Otto Falckenberg, 26.7. 1945. Über die Hin­ tergründe berichtet W. Petzet, Theater, Die Münchner Kammerspiele 1911 — 1972, 1973, S. 400 ff.

55 Süddeutsche Zeitung Nr. 19, 7.12. 1945, R. Bach, Magie der Wirklichkeit.

43 Stadt A MÜ KA 773: Vertrag Erich En­ gel, 25.9. 1945. Eine ausführliche Dar­ stellung der Intendanz von Erich Engel findet sich bei B. Meier, Die Münchner Kammerspiele während der Intendanz Erich Engels, Diss. masch. München 1982.

56 Stadt A MÜ KA 773: Lebenslauf Erich Engels. 57 Süddeutsche Zeitung Nr. 21, 12.3. 1946. R. Bach, »Herodes und Mariamne«. 58 A Theatermuseum: Programmhefte der Münchner Kammerspiele, Heft 9/10, Juli/August 1949. 59 Die Premiere fand am 27.7. 1946 statt und die Inszenierung wurde 70mal ge­ zeigt.

404

Anmerkungen

60 H. Daiber, Deutsches Theater seit 1945, 1976, S.72. 61 A Theatermuseum: Programmzettel zu Carl Zuckmayer »Des Teufels General«. 62 Stadt A MÜ KA 786: Intendant Hans Schweikart, Rede vor dem Kulturaus­ schuß am Vormittag des l.Juni 1949. 63 Süddeutsche Zeitung Nr. 99, 6.11. 1948, S.5, Kulturelle Nachrichten. 64 W. Pelzet, a.a.O., S. 630 f. 65 A Theatermuseum: Programmzettel zu Fritz Kortner »Donauwellen«, Das Stück wurde 29mal gegeben. 66 In einer Werkstatistik über die Auffüh­ rungen an den deutschen Bühnen der drei westlichen Zonen in der Spielzeit 1947/48 stand »Das Lied der Taube« mit 602 Aufführungen an 27 Bühnen an drit­ ter Stelle hinter »Des Teufels General« von Carl Zuckmayer und »Ein Inspektor kommt« von John B. Priestley. Vgl. Stadt A MÜ KA 810: Nachrichtendienst des Deutschen Bühnenvereins, Nr. 1/2, 1949, Werkstatistik 1947/48, S. 8. 67 W. Petzet, a. a. O„ S. 603 ff. 68 Stadt A MÜ KA 812: Bescheinigung von Dr. Michael Schattenhofer. 69 Stadt A MÜ KA 1114: Willem Holsboer, Bericht über das Münchner Volkstheater (ohne Datum). 70 Stadt A MÜ KA 1114: Harry Buckwitz, Städtische Bühnen München, Anzahl der Vorstellungen und Besucher vom 1.9. 1945 bis 31.5. 1946. Die höchste Besu­ cherzahl wurde in Pasing im Februar 1946 erreicht mit durchschnittlich 525 Personen pro Vorstellung, ln den an­ deren Monaten von November 1945 bis März 1946 lagen die Zahlen zwischen 430 und 455 Besuchern pro Vorstellung. Im April dagegen besuchten durch­ schnittlich nur noch 364 Personen jede Vorstellung, im Mai 307. 71 Stadt A MÜ KA 815: Harry Buckwitz an das Direktorium A, 16.8. 1946. 72 Stadt A MÜ KA 815 1: Beschluß des Kul­ turausschusses vom 17.1. 1947. 73 Den Spielplanankündigungen der Tages­ zeitungen entnommen. 74 Stadt A MÜ KA 812: Vertrag Willem Holsboers für die Zeit vom 1.4. 1946 bis 31.8. 1947. 75 Die Ensembleliste ist aus den Programm­ zetteln des Volkstheaters 1945-1949 zu­ sammengestellt. Vgl. A Theatermuseum. 76 Der Spielplan des Volkstheaters in der Nachkriegszeit, die Premierendaten und Aufführungszahlen sind hier wie im fol­

genden entnommen dem A Kammer­ spiele: Spielplan der städtischen Bühnen von 1945 bis 1949. 77 ATheatermuseum: Programmzettel zu Bruno Frank, »Sturm im Wasserglas«. 78 Süddeutsche Zeitung Nr. 87, 9.10. 1948, S.5, W. Panofsky, Herrmann Mostars »Meier Helmbrecht«. 79 Ebd., Herrmann Mostar zur Münchner Aufführung seines Dramas. 80 »Der Hexer« wurde 170mal aufgeführt. 81 62 Aufführungen. 82 52 Aufführungen. 83 107 Aufführungen. 84 51 Aufführungen. Die Hauptrolle spielte Axel von Ambesser. Vgl. A. Theatermu­ seum: Programmzettel zu Brandon Tho­ mas »Gharleys Tante«. 85 Stadt A MÜ RP 722/12: 13.Sitzung des Kulturausschusses vom 21.5. 1949, Volkstheater Gmbl 1. 86 W. Petzet, 3.3.0.,S.200(. 87 Süddeutsche Zeitung Nr. 13, 16.11. 1945, S. 4, Kulturelle Nachrichten. 88 Neue Zeitung Nr. 12, 26.11. 1945, S.5, E. Kästner, Münchner Theaterbrief. 89 Stadt A MÜ RP 719/1: Ö.Sitzung des Stadtrates vom 23.7. 1946, Angliederung einer Schauspielschule an die städtischen Bühnen.

22.3. 1946, S.5, G. Groll, Ein Wort zur Münchner Theaterkrise. 99 Den Grund, der zur Auflösung des Thea­ ters führte, nannte Georg Laub der Ver­ fasserin in einem Interview. 100 Süddeutsche Zeitung Nr.81, 8.10. 1946, S. 4, Kulturelle Nachrichten. 101 Ebd. 102 Der Spielplan und die Premierendaten sind hier wie im folgenden den Tages­ zeitungen entnommen. 103 Süddeutsche Zeitung Nr.58, 5.7. 1947, W. Panofsky, Hermann Hacker »Die Sackgasse«; Münchner Merkur Nr.57, 30.6. 1947, S. 2, Uraufführung im Neuen Theater 104 A. Dahlmann (Hrsg.), Der Theateralmanach 1947, 1947, S.295. 105 C. M. IVelnrich im Programmzettel zur Aufführung von Goethes »Iphigenie« im März 1946. Zitiert nach: V. D. Laturell, Theater und Jugend in München, 1970, S.88. 106 Ebd. 107 HD. Lainrc//, a.a.O., S.94. 108 Münchner Tagebuch Nr. 15/16, l.Jg., 1946, S. 10, IV. E. Süskinä, Jugendthea­ ter? oder Theater der Jugend? 109 H. D. Laturell, a. a. O., S. 89. 110 Ebd., S. 227. 111 Süddeutsche Zeitung Nr.26, 15.3. 1947, S.7, Kulturelle Nachrichten.

90 ATheatermuseum: Programmzettel zur Aufführung einer Szenenfolge aus der Arbeit des ersten Schuljahres der städti­ schen Schauspielschule.

112 Münchner Merkur Nr.67, 20.8. 1948, S. 4, Theater hinter den Kulissen.

91 Ebd.

113 H D. Laturell, a.a.O., S. 102.

92 Süddeutsche Zeitung Nr. 21, 13.3. 1948, S. 2, Kulturelle Nachrichten.

114 Ebd., S. 227 f.

93 IV. Pelzet, 3.3.0., S.404. 94 Der Spielplan und die Premierendaten sind hier wie im folgenden den Ankün­ digungen der Tageszeitungen entnom­ men. 95 Süddeutsche Zeitung Nr.40, 17.5. 1946, S.5, H.Schultze-Griesheim. 96 A privat Laub: Programmzettel zu Rüdi­ ger Syberberg »Lilith«. I lier spielten bei­ spielsweise Inge Birkmann, Elinor von Wallerstein, Benno Sterzenbach, Paula Braendt, Anneliese Fleyenschmidt und viele andere. 97 Süddeutsche Zeitung Nr. 16, 27.11. 1945, S.3, G. Groll, Sutton Vane »Über­ fahrt«. 98 Die Premiere fand am 19.3. 1946 statt. Dazu auch: Süddeutsche Zeitung Nr.24,

115 Süddeutsche Zeitung Nr.26, 31.3. 1948, 5.3, IV. Panofsky, »Kapitän Braßbounds Bekehrung«; Süddeutsche Zeitung Nr.66, 17.8. 1948, S.5, F. H, Das JungeTheater in der Krise; A. Dahlmann (Hrsg.), a.a.O., S.296. 116 Süddeutsche Zeitung Nr.66, 17.8. 1948, S.5, L'.V, Das Junge Theater in der Krise. 117 Ebd. 118 Süddeutsche Zeitung Nr. 35, 1.5. 1948, S.5, Kulturelle Nachrichten. 119 Der Spielplan und die Premierendaten sine! hier wie im folgenden den Ankün­ digungen der Tageszeitungen entnom­ men. 120 Süddeutsche Zeitung Nr. 83, 30.9. 1948, G. Groll, Kritisches über Theater und Funk. Das Stück war in Berlin schon im

Anmerkungen März 1946 auf der Versuchsbühne des Hebbeltheaters uraufgeführt worden. Vgl. 25 Jahre Theater in Berlin (hg. im Auftrag des Senats von Berlin), 1972, S. 437. Damals war es dort und in vielen anderen deutschen Städten sehr wir­ kungsvoll. Als es nun einige Zeit später in München gespielt wurde, hatte es nach Meinung des obengenannten Rezensen­ ten schon viel von seiner Aktualität und Wirkung verloren. 121 Süddeutsche Zeitung Nr. 118, 21.12. 1948, S.4, K. Schumann, »Die Zwanzig­ jährigen«. Der Theaterrezensent Karl Schumann schildert in seiner Zeitungs­ kritik die Schwierigkeiten, unter denen diese Inszenierung zustande gekommen war: »Engagementlose junge Schauspie­ ler, deren versprechender Idealismus kei­ nen bilanzsicheren Posten für andere, vom Wirtschaftlichen her kalkulierende Kunstinstitute darstellt, tun sich aus Hunger nach Brettern und Brot zu einer künstlerischen Selbsthilfegemeinschaft zusammen und wollen ein französisches Stück, >Die Zwanzigjährigem, spielen. Der Tag vor der Premiere stellt einen Hauptdarsteller in den Konflikt zwischen Theater und Elternhaus. Er reist ab. Ver­ schieben ist unmöglich. Ein anderer Schauspieler lehnt die Rolle ab, weil er seinen »Namen« gefährdet glaubt. Der Regisseur soll schließlich selber spielen. Da ruft der Leiter der gewerkschaftlichen Organisation an: Er will die Aufführung (womöglich mit Polizeigewalt) verhin­ dern lassen, weil die jungen Leute es notgedrungen wagen, ohne festen Ga­ genvertrag zu spielen.« 122 Süddeutsche Zeitung Nr. 19, 15.2. 1949, 5.3, Kulturelle Nachrichten. 123 Süddeutsche Zeitung Nr.72, 21.6. 1949, 5.4, Kulturelle Nachrichten. 124 Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöri­ ger (Hrsg.), Deutsches Bühnenjahrbuch, 59. Jg., 1951, S.246. 125 Süddeutsche Zeitung Nr. 77, 2.7. 1949, S.6, A. Dahlmann, Münchner Atelier­ theater eröffnet. 126 Der Spielplan ist den Ankündigungen der Tageszeitungen entnommen. 127 Der Spielplan und die Premierendaten sind den Ankündigungen der Tageszei­ tungen entnommen. 128 Neue Zeitung Nr.44, 2.6. 1947, S.4, IV. K., Historische Pfiffe; Süddeutsche Zeitung Nr. 49, 3.6. 1947, S. 2, Es hat sich nichts geändert. 129 Süddeutsche Zeitung Nr. 16, 27.11. 1945, S. 5, Kulturelle Nachrichten. 130 Den Spielplanankündigungen der Tages­ zeitungen entnommen.

131 Der Spielplan und die Premierendaten sind hier wie im folgenden den Ankün­ digungen der Tageszeitungen entnom­ men. 132 V. D. Laturell, a.a.O, S. 127. 133 Süddeutsche Zeitung Nr. 18, 15.2. 1947, S. 5, Kulturelle Nachrichten. 134 So Carl Baierl, Rosl Günther, Karl Tischlinger, Ingeborg Stöberl, Franz Stick und Ludwig Seitz. Die Ensembleliste ist aus den einzelnen Aufführungsbesprechun­ gen in den Tageszeitungen zusammenge­ stellt. 135 Süddeutsche Zeitung Nr. 74, 9.9. 1948, S. 5, Kulturelle Nachrichten. Außer Brem spielten Carl Burg, Konstantin Delcroix, Joe Stoeckl und Paula Braendt. 136 V.D. Laturell, a. a. O, S. 128. 137 Münchner Stadtanzeiger Nr. 42, 19.10. 1951, S.4, Münchner Bürgertheater. 138 E.Nicle, Die Schöpfungsgeschichte der Kleinen Komödie, in: Theater »Kleine Komödie« (Hrsg.), Täglich 20 Uhr, sonn­ tags auch 16 Uhr, Festschrift, 1954, S.62. 139 Süddeutsche Zeitung Nr. 25, 28.12. 1945, S.3, Kulturelle Nachrichten. 140 Zusammengestellt aus den Programm­ heften der Kleinen Komödie 19461949, in ATheatermuseum. 141 Theater »Kleine Komödie« (Hrsg.), 10 Jahre Kleine Komödie, 1956 (ohne Seitenan­ gaben).

405

152 K D. Laturell, a.a.O., S. 127-133. 153 Bay HStA OMGBY 10/66-1/45 2 OF 2: Yearly Report of Theatre Control Section, ICD, 27 June 1946, Walter Behr, Chief, Theatre Section. 154 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, 1954, S. 233. Platzausnutzung der Münchner Kammerspiele: 1945 94,6%, 1946 - 88,4%, 1947 - 81,4%, 1948 - 82,5%, 1949 - 70,2%. 155 H. Lohhauer, Die bayerischen Theater nach der Währungsumstellung, in: Bay­ ern in Zahlen, Heft 2, 5,Jg„ 1951, S.80. 156 In München wurde das Drama zur Eröff­ nung des Staatsschauspiels im Brunnen­ hof-Theater gespielt. 157 K. Mehnert, EL Schulte (Hrsg.), Deutsch­ land-Jahrbuch 1949, 1949, S. 449. 158 Der Statistiker Lohbauer zog aus seinen ganz Bayern betreffenden Untersuchun­ gen die Folgerung: »Die große Zahl der Aufführungen von Operetten, die fast ausschließlich heiteren Inhalts sind, zu­ sammen mit den vielen Schauspielen desselben Charakters ergibt ein starkes Übergewicht der heiteren Werke über die ernsten - mehr als es früher bestand.« Vgl. H. Lohbauer, Die Spielpläne der bayerischen Theater in den ersten drei Nachkriegsjahren, in: Bayern in Zahlen, Heft 2, 4.Jg, 1950 S.66.

142 Der Spielplan ist enthalten in: Theater »Kleine Komödie« (Hrsg.), Täglich 20 Uhr, sonntags auch 16 Uhr, a.a.O., S.42-60.

159 Den Anfang machte das RenaissanceTheater mit der Aufführung von »Der Raub der Sabinerinnen« von Franz und Paul Schönthan. Vgl. 25 Jahre Theater in Berlin (hg. im Auftrag des Senats von Berlin), a.a.O., S.433.

143 C. Riess, Sie haben es noch einmal ge­ schafft, in: Theater »Kleine Komödie« (Hrsg.), 10 Jahre Kleine Komödie, a.a.O.

160 Friedrich Luft im Vorwort zu: 25 Jahre Theater in Berlin (hg. im Auftrag des Se­ nats von Berlin), a.a.O., S. 11.

144 Der Spielplan ist den Ankündigungen der Tageszeitungen entnommen.

161 H. Daiber, 3.3.O.,S.52.

145 Süddeutsche Zeitung Nr. 84, 2.10. 1948, S. 5, Kulturelle Nachrichten.

163 Am Hebbeltheater in Berlin wurde die »Dreigroschenoper« schon im August 1945 gespielt, und im Januar 1948 gab das Deutsche Theater dann »Furcht und Elend des Dritten Reiches«. Vgl. 25 Jahre Theater in Berlin (hg. im Auftrag des Se­ nats von Berlin), a.a.O., S.433, S.444.

146 Süddeutsche Zeitung Nr.98, 5.11. 1948, S.9, Kulturelle Nachrichten. 147 Den Spielplanankündigungen der Tages­ zeitungen entnommen.

162 IV. Petzet, a. a. O, S. 436.

148 Süddeutsche Zeitung Nr. 1, 4.1. 1949, S.4, Eröffnung des »Theaters des We­ stens«. 149 Vgl. dazu auch den Beitrag von J. Timtnerntann in der vorliegenden Publika­ tion. 150 H D. Laturell, a.a.O., S. 114-123. 151 Ebd, S.229-232; weiteres ist den Spiel­ planankündigungen der Tageszeitungen entnommen.

Das mittelgroße Welttheater 1 Aktennotiz von Kultusminister Walter Fendt für Ministerpräsident Wilhelm Hoegner, 6.5. 1946, in: Registratur Baye­ risches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMinUK), Ref.XIIl, Az. 13al.

406

Anmerkungen

2 A.J.Lippl, Der Aufbau der Bayerischen Staatstheater 1948-50, in: Iß Nachlaß Dieter Sattler, Bd. 3. 3 Ebd. 4 D. Sanier, Rede zum Amtsantritt, 1.2. 1947, in: Iß Nachlaß Dieter Sattler, Bd. 14. 5 A.J. Lippl, a.a.O. 6 D. Sanier, Rede zum Amtsantritt, a.a.O. 7 D. Sanier, Ansprache zur Versammlung der Theaterdirektoren, Oktober 1947, in: Iß Nachlaß Dieter Sattler, Bd. 117. 8 Vgl. ebd. 9 A .J. Lippl, a. a. O. 10 Cultural Life in Bavaria, Report 1947, (ungez.), in: Iß OMGBY 10/122-3/23. 11 Vgl. U.Haaß, Die Kulturpolitik des Bayerischen Landtags in der Zeit der Weimarer Republik 1918-1933, 1967, S. 128 ff. 12 Überlegungen zur Abstoßung der Ope­ rette als Staatstheater, in: BayHStA Bayer. Landtag, Stenographische Berichte, 1. Wahlperiode 1946-50, Tagung 1947/ 48, 41.Sitzung, 10.12. 1947.

26 Ebd. 27 J. IV. Goethe, West-östlicher Hamburg ’1979, S.35.

Divan,

28 H. Pringsheim, Kritik zu »Fidelio« in: Süddeutsche Zeitung Nr. 14, l.Jg., 20.11. 1945, S. 2. — Inszenierung Berti 1 Wetzelsberger, musikalische Leitung Günther Rennert. 29 H. Pringsheim, Was die Oper bringen wird, in: Süddeutsche Zeitung Nr.25, l.Jg., 28.12.1945, S. 4. - Zu den Sängern an der Oper gehörten in diesen Jahren I laus Hotter, Franz Klarwein, Lorenz Fehenberger, Helena Braun, Hans Hopf, Maud Cunitz, Gerda Sommerschuh, Ma­ rianne Schech, Irmgard Barth, Elisabeth Lindermeier, Benno Kusche, Cäcilie Reich, Walter Ludwig, Friedrich Dal­ berg, Annelies Küpper u.a., vgl. Chronik der Stadt München 1945-1948, bearbei­ tet von W.Selig unter Mitwirkung von L. Morenz und H. Stahleder, im Auftrag des Stadtarchivs hg. v. M. Schattenhofer, 1980. 30 H. Pringsheim, Kritik zu »Tiefland«, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 19, l.Jg., 7.12. 1945, S.4.

13 D. Sanier, Subventioniertes Theater? Vorlage für ein Interview im Bayerischen Rundfunk, November 1949, in: Iß Nachlaß Dieter Sattler, Bd. 117.

31 Premiere 13.1. 1946, Inszenierung Ru­ dolf Hille, musikalische Leitung 1 lansGeorg Ratjen, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948. a.a.O., S.131.

14 Denkschrift des Generalintendanten Ar­ tur Bauckner, 4.9. 1945, in: Reg.BaySt MinUK, Ref.XIII, Az. 13al.

32 Premiere 16.1. 1946, Inszenierung Wal­ ter Pohl, musikalische Leitung Otto Wirthensohn, siehe: H. Pringsheim, Kri­ tik zu »Hansel und Gretel«, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr.7, 2.Jg., 22.1. 1946, S.4.

15 Ebd. 16 Ebd. 17 Ebd. 18 BayStMinUK, Amtsblatt Jahrgang 1946/ 47, S. 106, Nr.76. 19 Monthly After Action Report/Film, Theatre and Music Branch, to Plans and Operations/ICD, (ungez.), 5.10.1946, in: Iß OMGBY 10/66-1/45. 20 IV. Belir, Yearly Report of Theater Con­ trol Section, to Chief FTM Section, 3.1. 1947, in: Iß OMGBY 10/121-1/44. 21 Ebd. 22 »Neuordnung der Staatstheater«, (un­ gez.), in: Süddeutsche Zeitung Nr.32, 3,Jg., 5.4. 1947, S.4.

33 Premiere 24.2. 1946, Inszenierung Gün­ ther Rennert, musikalische Leitung Bertil Wetzeisberger, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.144. 34 Premiere 28.4. 1946, Inszenierung Ru­ dolf Hille, musikalische Leitung HansGeorg Ratjen, siehe: H. Pringsheim, Kri­ tik zu »Tosca«, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 35, 2,Jg., 30.4. 1946, S.4. 35 Premiere 5.5. 1946, Inszenierung Walter Pohl, musikalische Leitung Otto Wir­ thensohn, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S. 163.

24 Ebd.

36 Premiere 5.6. 1946, Inszenierung Her­ bert Strube, musikalische Leitung Kurt Eichhorn, siehe: H. Pringsheim, Kritik zu »Freischütz«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.47, 2.Jg„ 12.6. 1946, S.5.

25 Sattler hoffte dabei auf die CSU-Mehrheit; so D. Sanier, Arbeitsbericht, 22.5. 1947, in: Iß Nachlaß Dieter Sattler, Bd.14.

37 Premiere 25.7. 1946, Inszenierung Wal­ ter Pohl, musikalische Leitung HansGeorg Ratjen, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S. 183.

23 Vgl. Neue Zeitung Nr.51, 2.Jg„ 28.6. 1946, S.3 (kurze Meldung).

38 F. Köbelin, Wahrt die Stadt der Kunst ihre Chance?, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 47, 2, Jg„ 12.6. 1946, S.5. 39 Eine Erwiderung der Staatsoper, (ungez.), in: Süddeutsche Zeitung Nr.49, 2.Jg., 18.6. 1946, S.5. 40 Premiere 12.10. 1946, Inszenierung Emil Graf, musikalische Leitung Kurt Eich­ horn, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.201. 41 Premiere 19.11. 1946, Inszenierung Her­ bert Decker, musikalische Leitung Ferdi­ nand Leitner, siehe: H. Pringsheim, Kritik zur »Zauberflöte«, in: Süddeutsche Zei­ tung Nr.97, 2,Jg„ 23.11. 1946, S.5, und E.Nick, Die goldene Zauberflöte, in: Münchner Tagebuch Nr. 12, l. Jg., 30.11. 1946, S.3. 42 Premiere 1.1. 1947, Inszenierung Peter I Iamel, musikalische Leitung Georg Solti, siehe: H.Pringsheim, Kritik zu »Car­ men«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.2, 3. Jg„ 4.1. 1947, S.5. 43 Premiere 28.3.1947, Inszenierung Ar­ nulf Schröder, musikalische Leitung Fer­ dinand Leitner, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.250. 44 Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.237. 45 Premiere 8.5.1947, Inszenierung Alex Erwein Dieterich, musikalische Leitung Kurt Eichhorn, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.262. 46 Premiere 24.7. 1947, Inszenierung Max I lofmüller, musikalische Leitung HansGeorg Ratjen, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.279, wo als Titel fälschlicherweise »Die Frau ohne Schatten« genannt wird. 47 Premiere 29.4. 1947, Inszenierung Max 1 lofmüller, musikalische Leitung Georg Solti, siehe: H. Pringsheim, Kritik zur »Walküre«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.40, 3,Jg„ 3.5. 1947, S.5. 48 E.Nick, Kritik zur »Walküre«, in: Münchner Tagebuch Nr. 19, 2.Jg., 10.5. 1947, S.3. 49 Premiere 6.7. 1947, Inszenierung Hans Schweikart, musikalische Leitung Ferdi­ nand Leitner; vom Staatsschauspiel wirk­ ten mit: Heidemarie Hatheyer, Peter Pasetti, Rudolf Vogel, siehe: H. Prings­ heim, Kritik zur »Bernauerin«, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr. 60, 3.Jg., 12.7. 1947, S.2. 50 Ebd. 51 H. Braun, Orffs Bernauerin vom Schau­ spiel her betrachtet, in: Süddeutsche Zei­ tung Nr.62, 3.Jg., 19.7. 1947, S.5.

Anmerkungen

52 Premiere 11.10. 1947, Inszenierung Max Hofmüller, musikalische Leitung HansGeorg Ratjen, siehe: H. Pringsheim, Kri­ tik zu »Katja Kabanova«, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 87, 3. Jg., 14.10. 1947, S. 2. 53 Premiere 6.11. 1947, Inszenierung Georg Hartmann, musikalische Leitung Georg Solti, siehe: H. Pringsheim, Kritik zu »Tristan und Isolde«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.95, 3. Jg., 11.1 1. 1947, S.3. 54 Premiere 6.1. 1948, Inszenierung Georg I lartmann, musikalische Leitung Georg Solti, siehe: Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.3. 55 Premiere 22.1. 1948, Inszenierung Max 1 lofmüller, musikalische Leitung Kurt Eichhorn, siehe: LP. M. Guggenheimer, Puccini so oder so, Kritik zu »Gianni Schicchi«, in: Münchner Tagebuch Nr. 4, 3, Jg„ 31.1. 1948, S.4. 56 Premiere 20.6. 1948, Inszenierung Max Hofmüller, musikalische Leitung I lansGeorg Ratjen, siehe: II Pringsheim, Kri­ tik zu »Bajazzo«, in: Süddeutsche Zei­ tung Nr. 51, 4. Jg., 26.6. 1948, S.4. 57 Premiere 13.3. 1948, Inszenierung Georg I lartmann, musikalische Leitung Georg Solti, siehe: R.Bach, Kritik zu »Mathis der Maler«, in: Münchner Tagebuch Nr. 11, 3.Jg„ 20.3. 1948, S.3. 58 H. Pringsheim, Kritik zu »Mathis der Ma­ ler«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.22, 4. Jg„ 16.3. 1948, S.4. 59 Premiere 15.4. 1948, Inszenierung Gün­ ther Rennert, musikalische Leitung Fer­ dinand Leitner, siehe: H. Pringsheim, Kri­ tik zur »Klugen«, in: Süddeutsche Zei­ tung Nr.31, 4. Jg., 17.4.1948, S.5; W.M. Guggenheimer, Die Geschichte von der Oper und dem klugen Mann, in: Münchner Tagebuch Nr. 16, 3. Jg., 24.4. 1948, S.4. 60 H. Braun, Krise der geistig Schaffenden, in: Neue Zeitung Nr.36, 4. Jg., 6.5. 1948, S.4. 61 Gutachten von Prof. Günther Lehmann, April 1948, in: IfZ OMGBY 10/48-3/1.

»Abraxas«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.45, 4. |g„ 8.6. 1948, S.5. 66 Premiere 4.9. 1948, Inszenierung Georg Hartmann, musikalische Leitung Georg Solti, siehe: LP. M. Giiggenheimer, Wie schön ist die Prinzessin, in: Münchner Tagebuch Nr.36, 3.Jg., 11.9. 1948, S.3, und G. i>. Kalchreuth, Kritik zu »Salome«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.73, 4.Jg., 7.9. 1948, S.5. 67 Premiere 13.9. 1948, Inszenierung Max Hofmüller, musikalische Leitung Kurt Eichhorn, siehe: G. i>. Kalchreuth, Kritik zu »Cavalleria rusticana«, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr. 78, 4.Jg., 18.9. 1948, S.5. 68 Premiere 21.10. 1948, Inszenierung Georg Hartmann, musikalische Leitung Georg Solti, siehe: H. Pringsheim, Kritik zu »Aida«, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 93, 4. |g„ 23.10. 1948, S.4. 69 Premiere 24.11. 1948, Inszenierung Pe­ ter Hamei, musikalische Leitung Kurt Eichhorn, siehe: Chronik der Stadt Mün­ chen 1945-1948, a.a.O., S.441. 70 LP M. Guggenheimer, Noch Wissens Sor­ ge Tragen ..., in: Münchner Tagebuch Nr. 2, 4.Jg„ 14.1.1949, S.3, und H. Pringsheim, Kritik zu »Lohengrin«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.2, 5.Jg., 6.1. 1949, S.5. 71 Vgl. Anm. 27. 72 A. Kutscher, Zum Faust-Ballett von Wer­ ner Egk. Eine Würdigung der textlichen Vorlage, in: Süddeutsche Zeitung Nr.45, 4.Jg„ 5.6. 1948, S.5. 73 Ebd. 74 D. Sattler, Nochmals: Der Fall Abraxas, in: Münchner Merkur Nr.26, 4.Jg., 2.3. 1949, S.7. 75 1P Egk, Die Zeit wartet nicht, 1973, 5.413.

76 Bericht Dieter Sattlers an das Kultusmi­ nisterium, 20.1. 1949, in: IfZ Nachlaß Dieter Sattler, Bd. 6.

62 G. Groll, Offener Brief an den Oberbür­ germeister, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 32, 4.Jg., 11.5. 1948, S.3.

77 Staatsintendant Georg I lartmann, Notiz für Staatssekretär Sattler, Januar 1949, in: HZ Nachlaß Dieter Sattler, Bd.6.

63 D. T. Shea, The Food Crisis and the Mu­ nich Theaters, to Walter Behr, Theater Control Section, 10.5. 1948, in: IfZ OMGBY 10/48-3/1.

78 IV. Egk, Die Zeit wartet nicht, a.a.O., 5.414.

407

81 BayHStA Bayer. Landtag, Stenographi­ sche Berichte, 1. Wahlperiode 1946-50, Tagung 1948/49, 99.Sitzung, 26.1. 1949. 82 BayHStA Bayer. Landtag, Stenographi­ sche Berichte, 1. Wahlperiode 1946-50, Tagung 1948/49, Beilage 2177. 83 BayHStA Bayer. Landtag, Stenographi­ sche Berichte, 1. Wahlperiode 1946-50, Tagung 1948/49, 101. Sitzung, 22.2. 1949. 84 Eleanor D. Raynor, Office Memo Slip to CAD Chief, 24.3. 1949, in: HZ OMGBY 10/120-2/10. 85 IV. Egk, Die Zeit wartet nicht, a.a.O., S.417. 86 LP. Keim, Bayerns drittes Staatstheater, in: 100 Jahre Theater am Gärtnerplatz 1865-1965, 1965, S.55. 87 O. Heilerer, Klassizistisch, aber nicht pa­ thetisch, Kleine Baugeschichte des Thea­ ters am Gärtnerplatz, in: 100 Jahre Thea­ ter am Gärtnerplatz 1865-1965, a.a.O., S.50. 88 An der Staatsoperette wirkten, neben dem Intendanten Curth Hurrle, der auch Regie führte, und dem (ab 1947) musika­ lischen Leiter Edmund Nick, für Regie Ludwig Bender und Waldemar Frahm, für Musik Werner Stammer, Lothar Brühne, Hanns Haas, Joseph Strobl so­ wie Karlheinz Gutheim; es sangen An­ neliese Stammer, Werner Beer, Maria Ei­ selt, Fränzi Millradt, Irmgard Burmester, Anneliese Baumgarten, Elisabeth Biebl, Gisela Schmidting, Erhard Siedel, Geor­ gette Dorée, Willi Beding und Otto Storr. - Dazu T. Hotzinger, Festlicher Auftakt der Staatsoperette, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr.20, l.Jg., 11.12. 1945, S.5. 89 H. Pringsheim, Kritik zu »Der süßeste Schwindel der Welt« von Robert Stolz, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 10, 2.Jg„ 1.2. 1946, S.5, und W. Eichner, Kritik zu Heinz Gutheims »Helene wenig fromm«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.27, 2,Jg„ 2.4. 1946, S.5. 90 H. Pringsheim, Kritik zu Lehars »Land des Lächelns«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.54, 2,Jg„ 5.7. 1946, S.3. 91 H. Pringsheim, Kritik zur »Schönen Hele­ na«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.61, 2. Jg., 30.7. 1946, S.5.

64 Siehe Anm. 60.

79 Bericht Dieter Sattlers für Kultusminister Hundhammer, 9.2. 1949, in: HZ Nach­ laß Dieter Sattler, Bd.6.

92 G. v. Kalckreiith, Kritik »Warum lügst du, Chérie« von Leonhard Märker, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr. 65, 2.Jg., 13.8. 1946, S.5.

65 Premiere 6.5. 1948, musikalische Leitung Werner Egk, Solisten Solange Schwarz, Irina Kladivova, Nika Sanftleben, Marcel Luipart, siehe: O. F. Regner, Kritik zu

80 Nach IV. Egk, Die Zeit wartet nicht, a.a.O., S.400, hatten sich zwei mit ihren Rollen unzufriedene Damen beim Weihbischof beschwert.

93 H. Pringsheim, Kritik zur »Goldenen Meisterin« von Edmund Eysler, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr. 8, 3,Jg„ 18.1. 1947, S.5.

408

Anmerkungen

94 H. Pringsheim, Kritik zu »Frühlingsluft«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.37, 3.Jg., 22.4. 1947, S. 3. 95 H. Pringsheim, Kritik zu Karl Millöckers »Gasparone«, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 103, 3.Jg., 9.12. 1947, S.3.

113 R.Bach, Münchner Bühnen stellen aus­ ländische Dramatiker vor, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr.43, 2.Jg., 28.5. 1946, S.6. 114 A. Dahlmann, Kritik zu Anouilhs »Anti­ gone«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.53, 2. Jg„ 2.7. 1946, S.3.

96 H. Pringsheim, Kritik zu »Eine Nacht in Venedig« von Johann Strauß, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr.37, 4.Jg., 22.6. 1948, S.3.

115 H. Braun, Kritik zu »Wir sind noch ein­ mal davongekommen«, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 107, 2.Jg„ 17.12. 1946, S.3.

97 E. Penzoldt, Kritik zu Karl Zellers »Vogel­ händler«, in: Münchner Tagebuch Nr. 41, 3. Jg., 15.10. 1948, S. 3.

116 H.Couhier, Kritik zu »Einladung aufs Schloß«, in: Münchner Merkur Nr.3, 3. Jg„ 9.1. 1948, S.5.

98 G. v. Kalckreuth, Kritik zu »Das Halsband der Königin« von Edmund Nick, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 112, 4. Jg., 7.12. 1948, S.5.

117 G. Groll, Kritik zu »Mord im Dom«, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 91, 3. Jg., 28.10. 1947, S.3.

99 O. F. Regner, Dreimal darfst du ..., Kritik zum Ballettabend, in: Süddeutsche Zei­ tung Nr. 118, 4. Jg., 21.12. 1948, S. 4. 100 G. t>. Kalckreuth, Kritik zu »Viktoria und ihr Husar« von Paul Abraham, in: Süd­ deutsche Zeitung Nr. 13, 5.Jg., 1.2. 1949, 5.4. 101 H. Pringsheim, Kritik zu »Bettelstudent«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.37, 5.Jg., 29.3. 1949, S.4. 102 K. Schumann, Der Aufstieg zum Musik­ theater, in: 100 Jahre Theater am Gärt­ nerplatz 1865-1965, a.a.O., S.30. 103 Von Walter Behr, später Theater ControlOfficer in München: laut mündlicher Mitteilung von Frau Lis Verhoeven, München, 20.7. 1982. 104 A. Schröder, Harte Tage, in: 200 Jahre Re­ sidenztheater. Festschrift zur Eröffnung des Münchner Residenztheaters am 28. Januar 1951 (hg. AJ.Lippl), 1951, S.65. 105 P. Verhoeven, R. Bach, Aufgaben und Zie­ le des heutigen Theaters, 1946, S. 8. 106 Ebd., S.9. 107 Ebd., S. 24 ff. 108 Süddeutsche Zeitung Nr. 13, 2.Jg., 12.2. 1946, S.3 (kurze Meldung). 109 A. Dahlmann, Schule der Weisheit auf dem Theater, Kritik zu »Nathan«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.41, 2.Jg., 21.5. 1946, S.5. HO P. Verhoeven, R. Bach, a.a.O., S. 15. 111 H. H. Kirst, Kritik zu Gogols »Revisor«, in: Münchner Merkur Nr.20, 3.Jg., 8.3. 1948, S.3. 112 H. Braun, Gedanken- und Ernährungs­ freiheit. Kritik zu »Don Carlos«, in: Rheinischer Merkur, 29.5. 1948.

118 E. Penzoldt, Durch künstliche Atmung, Kritik zu »Traumspiel«, in: Münchner Tagebuch Nr.50, 2.Jg„ 13.12. 1947, S.3. 119 IV. Panofsky, Kritik zu »Und Pippa tanzt«, in: Süddeutsche Zeitung Nr.89, 2.Jg., 5.11. 1946, S.5. 120 W. Panofsky, Kritik zu Georg Kaisers »Soldat Tanaka«, in: Süddeutsche Zei­ tung Nr. 57, 3.Jg„ 1.7. 1947, S.7. 121 W.E.Süskind, Kritik zum »Hauptmann von Köpenick«, in: Münchner Tagebuch Nr.22, 3,Jg„ 5.6. 1947, S.3. 122 Chronik der Stadt München 1945-1948, a.a.O., S.248. 123 Laut mündlicher Mitteilung von Frau Lis Verhoeven, München, 20.7. 1982. 124 Weltoffenheit oder Provinz? Ein Ge­ spräch mit Heinz Hilpert, in: Neue Zei­ tung Nr. 14, 4.Jg„ 19.2. 1948, S.3.

Literarische Positionen 1 M. Frisch, Tagebuch 1946-1949, 1958, S.39. 2 E. Claudius, S. 75-77.

Ruhelose

Jahre,

3 E. Kästner, Der tägliche Kram, 1949, S.9f. 4 Vgl. die Konzeption der »Bayerischen Bi­ bliothek«, hg. v. H. Pörnbacher, B. Huber, 1978 ff. 5 IV. L. Dorn, Inspektionsreisen in der USZone, übers, u. hg. v. L. Niethammer, 1973, S.80. 6 Als Bestandteil einer literarischen, geisti­ gen und politischen Aufklärung sind McClures Büchereien zu nennen, also jene von der Information Control Divi­ sion aufgebauten Bibliotheken, aus denen sich dann die »Amerika-Häuser« entwikkelten. 7 S. Anm. 5, S.86f. 8 IV. Hausenslein, Licht unter dem Horizont. Tagebücher von 1942 bis 1967, 1967, S,356f. 9 Zit. nach: Die große Kontroverse. Ein Briefwechsel um Deutschland, hg. v. J. F. G. Grosser, 1963, S. 15. 10 Ebenda S. 20 f. Vgl. dazu W. v. Molo, So wunderbar ist das Leben. Erinnerungen und Begegnungen, 1957, S. 404-426. Nach dieser Kontroverse begann v. Molos bitteres Verstummen. Vgl. auch A. Kantorowicz’ Besuch bei v. Molo 1948, aufge­ zeichnet in: /l. Kantoroivicz, Deutsches Ta­ gebuch, l.Bd„ 1964, S. 268-270. 11 Ebenda, S.30f.

125 E. Penzoldt, Eurobayerisches Theater, in: Münchner Tagebuch Nr.37, 3.Jg., 19.9. 1948, S.2.

12 Ebenda, S. 74 f.

126 Finanzminister Hans Kraus an Kultusmi­ nister Alois Hundhammer, 16.9. 1948, in: Reg.BayStMinUK, Ref. XIII, Az. 13a 14/3.

14 H. Habe, Im Jahre Null, 1977, S.99.

127 Beilage zum Programm des Bayerischen Staatsschauspiels, 19.10. 1948, in: IfZ Nachlaß Dieter Sattler, Bd. 1. 128 Kultusminister Alois Hundhammer an Finanzminister Hans Kraus, 13.11. 1948, in: Reg.BayStMinUK, Ref.XIII, Az. 1312/1. 129 BayHStA Bayer. Landtag, Stenographi­ sche Berichte, 1. Wahlperiode 1946-50, Tagung 1948/49, 89. Sitzung, 13.10. 1948. 130 E. Penzoldt, Kritik zu Richard Billingers »Galgenvogel«, in: Münchner Tagebuch Nr.59, 3.Jg„ 18.12. 1948, S.3.

1968,

13 IV. Hausenstein, Licht unter dem Horizont, 1967, S. 410.

15 Ebenda, S. 101. 16 Ebenda, S. 133 f. 17 E. Kästner, a.a.O., S.27. 18 Ebenda, S. 133. 19 Ebenda, S. 97. 20 A. Andersch, Mein Verschwinden in Provi­ dence, 1971, S.242L 21 A. Andersch, Der Seesack, Aus einer Auto­ biographie, in: Literaturmagazin 7, hg. v. N. Born,J. Manthey, 1977, S. 128. 22 Ebenda, S. 130 f. 23 A. Andersch, Die Existenz und die objekti­ ven Werte, in: Neue Zeitung v. 15.8.1947. 24 S. Anm. 21, S.130L

Anmerkungen 25 IV. Kolbenhoff, Konfektionäre der Litera­ tur, in: Neue Zeitung v. 27.10. 1948. 26 L. Rinser, Von der Liebe zum Menschen, in: Weihnachten 1945, hg. v. C.H.Casdorff, 1982, S.169. 27 S.Heytn, Wege und Umwege, S.173.

1980,

28 Ebenda, S. 179 u. S. 182. 29 Vgl. G. Boehringer, Zeitschriften der jun­ gen Generation, in: Zur literarischen Si­ tuation 1945-1949, hg. v. G.Hay, 1977, S. 86-117. 30 A. Andersch, Das junge Europa formt sein Gesicht, in: Der Ruf, hg. v. H.SchwabFelisch, 1962, S.25. 31 H. W. Richter, Warum schweigt die junge Generation?, in: Ebenda, S.30.

51 Der Ruf, 2. Jg., Nr. 10, 1947, S. 10. 52 Neue Züricher Nachrichten v. 6.2. 1947. 53 E. IViechert, Jahre und Zeiten, in: Sämtli­ che Werke, Bd.9, S.727L 54 Rhein-Neckar-Zeitung v. 15.2. 1947. 55 S. Anm. 53, S.726, 773, 775, 777, 778. 56 H. Carossa, Tag in München, in: Sämtliche Werke, Bd.l, 1962, S.918-920. 57 E. Claudius, a.a.O., S.337. 58 Vgl. H. Engelbach, K. Krauss, Der Kultur­ bund und seine Zeitschrift »Aufbau« in der SBZ, in: Zur literarischen Situation 1945-1949, hg. v. G.Hay, 1977, S.l 69188. 59 S. Anm. 57, S.69f.

32 Ebenda, S. 31.

60 O.Schaefer, Die leuchtenden Feste über der Trauer, 1977, S. 41 f.

33 Ebenda, S. 32.

61 Ebenda, S.4L

34 Ebenda, S. 33.

62 Ebenda, S.42f.

35 A. Andersch, Aktion oder Passivität, in: Ebenda, S. 133.

63 Ebenda, S.44.

36 Ebenda, S. 135. 37 Ebenda.

64 Chronik der Stadt München 1945-1948, hg. i.A. des Stadtarchivs v. M.Schattenho­ fer, bearh. v. W. Selig unter Mitwirkung v. LMorenz u. H.Stahleder, 1980, S.266.

38 Zur Gruppe 47 vor allem: K C. IVebdeking, Der Nullpunkt, 1971, und F.Kröll, Die »Gruppe 47«, hg. v. H. L. Arnold, 1980.

65 Vgl. E. Claudius, a.a.O., S.70.

39 A. Andersch, Deutsche Literatur in der Ent­ scheidung, hier zit. nach: Freibeuter, 4, 1980, S.6f.

67 Der Schriftsteller, l.Jg., H.l, 1947.

66 Neue Zeitung v. 28.10. 1945.

409

literatur, 21981, S.59, Anm. 1. Dort nicht erwähnt werden die Arbeiten von H. Geh­ ring, Amerikanische Literaturpolitik in Deutschland 1945-1953, 1976, der Son­ derband H. L. Arnold (Hrsg.), Die Grup­ pe 47, 1980, und J. Hermand u.a. (Hrsg.), Nachkriegsliteratur in Westdeutschland 1945-49, 1982, schließlich J. Vaillanl, Les Etats-Unis contre le nazisme, in: Ders. (Hrsg.), Le denazification par les vainqueurs, 1981 und der Sammelband »Die Mühen der Ebenen«. Kontinuität und Wandel in der deutschen Literatur und Gesellschaft. 1945-1949, hg. v. B. Hüppauf, 1981. 3 J.Kocka, Restauration oder Neubeginn? Deutschland 1945-1949, in: L’ 76, 11, 1979, S.l 12-136. 4 IV. Lange, Die Schaubühne als politische Umerziehungsanstalt betrachtet, in: J. Hermand (Hrsg.), a.a.O., S.6-35, bes. S.7ff. 5 M.Durzak und R. IV. Leonhardl, M. Durzak (Hrsg.), a.a.O., S.74, 375.

in:

6 H. D. Schäfer, Zur Periodisierung der deut­ schen Literatur seit 1930, in: Ders., Das gespaltene Bewußtsein, 1981, S.55-71, und dazu L IVebdeking, in: Germani­ stik 23, H.l, 1982, S. 149f. 7 Dies Epochenkonzept Nachkriegsliteratur vertritt überzeugend R. Schneider, Realis­ mustradition und literarische Moderne, in: DU 3, 1981, S.3-22.

68 U. Buerger-Goodu’in, Die Reorganisation der westdeutschen Schriftstellerverbände 1945-1952, Magisterarbeit a.d. Universi­ tät München, 1975, S. 85 f.

8 R. Löwenthal, Dauer und Verwandlung, in: R. Löwenthal, P. Schwarz (Hrsg.), Die zweite Republik, 1974, S. 10.

41 Vgl. H. W. Richter, Literatur im Inter­ regnum, in: Der Ruf, l.Jg., H. 15, 1947, S.lOf.

69 Th.Mann, Geleitwort, in: Der Schriftstel­ ler, l.Jg., H.l, 1947, S.l.

9 H. D. Schäfer, Das gespaltene Bewußtsein, 1981, S.21 f.

42 Vgl. G. Hay, Von der Herkunft engagierter Literatur in Westdeutschland, in: Der Deutschunterricht, 33. Jg., H.3, 1981, S. 23-30.

71 S. Anm. 68, S.87.

40 A. Andersch, Nihilismus oder Moralität?, in: Horizont, 3.Jg., 1948, H. 13, S.9.

43 W. Kolbenhoff, Selbstportrait, in: Welt und Wort, 5,Jg., 1950, S.330. 44 T.Pirker, Moderne und Romantik, in: Ende und Anfang, 2.Jg., H. 11, 1947, S. 4. 45 Zit. nach dem Manuskript, das mir W. Kol­ benhoff freundlicherweise überlassen hat. 46 E. IViechert, Rede an die deutsche Jugend, in: Sämtliche Werke, Bd. 10, 1957, S.381 und S.390f. 47 Ebenda, S. 396. 48 Ebenda, S. 402. 49 Ebenda, S. 405 f. 50 S. Herrnlin, H. Mayer, Ansichten über eini­ ge Bücher und Schriftsteller, 1947, S.74.

70 Ebenda, S. 2 f.

72 Der Schriftsteller, l.Jg., H.l, 1947, S.3f. 73 J. Tralow, Das Gesicht des deutschen PEN, in: Neue Zeitung v. 21.11. 1949. 74 IV. v. Molo, in: Der Schriftsteller, l.Jg., H.4/5, 1948, S.10.

Nachkriegsmünchen als Tor zum freieren Süden 1 G. Haffmans, Editorische Notiz, in: A. An­ dersch, Flucht in Etrurien, 1981, S. 200, und V. IVebdeking, Alfred Andersch, 1983, S. 42-47. Der »Etrurien« — Text erschien zuerst in der FAZ (1950). 2 Einen kurzen Forschungsbericht gibt H. Lehnerl, Die Gruppe 47. Ihre Anfänge und ihre Gründungsmitglieder, in: M. Durzak (Hrsg.), Deutsche Gegenwarts­

10 J.Drews, Berichte aus dem Vakuum, zu: K. L.Scherpe (Hrsg.), In Deutschland un­ terwegs, in: Süddeutsche Zeitung 29./ 30.1. 1983. 11 Ebd. 12 J. Kaiser, Wieviel gelogen wird — Auch eine Erinnerung an die Stunde Null, in: Süddeutsche Zeitung 28./29.4. 1979. 13 G. Abbot, Three Men on a Horse, 1935, und IV. van Drillen, The Voice of the Turt­ le, 1943. - Vgl. H. Gehring, a.a.O., S.72. 14 Die Neue Zeitung 29.2. 1948, zitiert nach: G. Hay, H. Rambaldo, J. IV. Slorck (Hrsg.), Als der Krieg zu Ende war, Literarisch­ politische Publizistik 1945—1950, 1973 S. 445. 15 Zwei magere Jahre (gez. DR), in: Der Ruf 2, H.20, 1947, S.13. Dazu U. Fischbach, Kunstbetrachtung im »Ruf«, in: G.Hay (Hrsg.), Zur literarischen Situation, 1977, S.125.

410

Anmerkungen

16 Ebd. Zum Erwartungshorizont der Leser vgl. K IVehdeking, Eine deutsche Lost Ge­ neration? Die 47er zwischen Kriegsende und Währungsreform, in: Nachkriegslite­ ratur. Rowohlt Literaturmagazin 7, 1977, S. 145-166. 17 A. Andersch, Böse Träume, in: Tintenfaß 2, 1981, S.65, 68. 18 Ebd., S. 69. 19 Dazu K IVehdeking, Alfred Andersch, a.a.O., S. 177 und Anhang S. 173f.; außer­ dem A. Andersch, Skizze zu einem jungen Mann, Typoskript 1941 sowie Deutsches Literaturarchiv, Marbach, Nachlaß Alfred Andersch, Briefe an die Mutter aus Däne­ mark, Italien und den USA von 1944. Über die Nachlaßquellen erster Erzählpro­ sa seit 1941 hinaus ist für Anderseits Nähe zu Hocke-Positionen 1943/44 folgende Schlüsselstelle aus einem Brief an die Mutter aufschlußreich: »Siegen i.W., 29.1. 1944 ... Ja, Abschiede haben jetzt ihre Schwierigkeiten. In diesem Krieg gibt es keine Hoffnung und keine Begeisterung mehr. Ich selbst helfe mir damit, daß ich auch diese letzte Hoffnungslosigkeit bejahe. Denken des verlorenen Postens. Vielen Dank für das schöne Gedicht von Hans Leip.« Das fraglos gemeinte Leip-Gedicht »Lied im Schutt«, 1943 zuerst im »Simplicissimus< erschienen, ein wichtiger Text pazifi­ stischer Trümmerliteratur, mußte die 1943 in Hamburg total ausgebombte Familie Andersch besonders betreffen. Ernst Jün­ ger, Thomas Mann und Hans Leip markie­ ren Anderschs Kriegspositionen nicht nur im Literarischen. 20 G. R. Hocke, Das verschwundene Gesicht, Ein Abenteuer in Italien, 1939, ders., Kriegsjahre in Italien, Aus den Lebens­ erinnerungen, Westdeutscher Rundfunk, Sendung 6.8. 1972, sowie ders., Im römi­ schen Untergrund, Aus den Lebenserinne­ rungen, Westdeutscher Rundfunk, Sen­ dung am 20.8. 1972. 21 Vgl. auch K IVehdeking, Eine deutsche Lost Generation?, a.a.O., S. 162. 22 Vgl. H. IV. Richter, Der Ruf. Sein Entste­ hen und sein Untergang, in: H. A. Neun­ zig (Hrsg.), Hans Werner Richter und die Gruppe 47, S. 56. 23 Ebd., S. 61-85. 24 F.Kröll, Gruppe 47, 1979 (Sammlung Metzler 181), S.19ff. 25 Vgl. J. Vaillant, Der Ruf. Unabhängige Blätter der jungen Generation (1945— 1949), 1978, S.222. 26 Vgl. H. D. Schäfer, Das gespaltene Bewußt­ sein, a.a.O., S.25E; Schäfer deutet Hockes Roman und Horst Langes »Schwarze Wei­

de« (1937) als Allegorien, die das Ontolo­ »Stunde öffentlicher Ehrung« in der Aka­ gische des von der Erlösung ausgesperrten demie 1975. Aber noch 1971, in: Mein Menschen mit meinen. Klassische Huma­ Verschwinden in Providence, in der Ti­ nität stand gegen den primitiven Vitalis­ telerzählung, gibt sein »alter ego«, der Au­ mus der NS-ldeologie. Bei allem Fehlen tor T, München als Wohnsitz an. eines historisch-politischen Bewußtseins 41 A. Andersch, Wintersende in einer frieren­ in beiden Romanen, und der transzenden­ den Stadt, in: Der Ruf 1, H. 16, 1947, talen Allegorie Hockes von Tarantelseuche S.7f. und Zerstörung der Stadt durch Maßlosig­ 42 G. R. Hocke, Im Schatten des Leviathan, keit, weisen die erst gegenüber der Zensur Autobiographie, Manuskript (ungedruckt), vorgenommene Verhüllung ins Antike S.480. und die Verbannung der Andersdenken­ den aus Sybaris auf den NS-Zusammen- 43 Ebd., S. 479. hang. Schäfer beharrt zu apodiktisch auf reiner Allegorie, weil er den Leserbezug 44 Ebd., S.480. im Erwartungshorizont kaum einbezieht. 45 Vgl. H. D. Schäfer, Das gespaltene Bewußt­ sein, a.a.O., S.25E, und Anm.43 des Ver­ 27 A. Andersch, in: Der Ruf 1, 11.1, 1946, S. 3. fassers. 28 A.Koestler, Darkness at Noon, in: Der 46 G. R. Hocke, Im Schatten des Leviathan, Ruf 1, 11.10, 1947, S.lOff. a.a.O., S.428. 29 Vgl. E. Loewy, Die Differenzen des Exils Am Beispiel der Exilliteratur, in: NR 93, 47 Ebd., S. 440. H.l, 1982, S.176. 30 N.Sombart, Junge Franzosen - Jeunes Allemandsl, in: Der Rufi, H.5, 1946, S. 1 f. 31 Vgl. G. Hay, Frankreich und die junge Ge­ neration, in: Arcadia, Sonderheft, 1978, S.83. 32 A. Andersch, Deutsche Literatur in der Ent­ scheidung, 1948, in: G. Haffmans (Hrsg.), Das Alfred Andersch Lesebuch, 1979, S.127L 33 Vgl. T. Bremer, Den Menschen neu schaf­ fen. Kriegserfahrung und Sozialproblema­ tik im neorealistischen Roman, in: Italie­ nischer Neorealismus, Text und Kritik, 63, 1979, S.6.

48 Ebd., S.428. 49 G. R. Hocke, Der »Ruf« in Amerika, Aus den Lebenserinnerungen, Westdeutscher Rundfunk. Sendung 10.12. 1972, Manu­ skript S. 10 ff. 50 Vgl. A. Andersch, Sansibar oder der letzte Grund, 1970 ( = detebe 1/2, AnderschStudienausgabe), S.93, und G.R. Hocke, Im Schatten des Leviathan, a.a.O., S.444. 51 G.R. Hocke, Im Schatten des Leviathan, a.a.O., S.443. 52 Ebd., S. 454. 53 Der Ruf 3, 1948, 11.2, 15.1. 1948, S. 11 f. 54 G. R. Hocke, Im Schatten des Leviathan, a.a.O., S.489.

34 A. Andersch, Heimatfront, in: A. Andersch, Flucht in Etrurien, a.a.O., S.55.

55 Ebd., S. 482.

35 Ebd., S. 58, 83 f.

56 Ebd., S. 449.

36 F. Krö//, a.a.O., S. 17.

57 So nähert Andersch 1941 in seiner »Skiz­ ze«, a.a.O., S. 177, das deutlich mit Heimwehgefuhlen aus der Hamburger Distanz imaginierte München räumlich dem ba­ rocken Süden, Florenz und Rom, an; das Lebensgefühl der Stadt scheint in der Prinzregentenzeit stehengeblieben zu sein. Die befreiende Bedeutung Italiens nach Dachau ist in der Schlußpassage spürbar, festgehalten in den »großen Blicken ... von Fiesoie auf die Abenddämmerung über Florenz, ... die Campagna, wenn man über ihr im Garten der Villa d’Este steht«, im »ewigen Rauschen der Fontä­ nen«. Ähnlich dem Spätimpressionismus, dem Jugendstil und einer bildungsbürger­ lich-romantischen Optik verpflichtet ist 1 lockes gegenwartsflüchtiger Humanis­ mus in dem Reiseroman Das verschwunde­ ne Gesicht, Ein Abenteuer in Italien, 1939. Der Protagonist Manfred flüchtet, in der Tradition von Lord Byrons Grand Tour,

37 A. Andersch, Der Seesack, in: G . Haffmans (Hrsg.), Das Alfred Andersch Lesebuch, a.a.O., S.96ff. 38 A. Andersch, Fabian wird positiv, in: Der Ruf 1, H.3, 1946, S.8, nachlesbar in: G. Haffmans (Hrsg.), Das Alfred Andersch Lesebuch, a.a.O., S. 137. 39 A. Andersch, Vollkommene Reue, in: A. Andersch, Geister und Leute. Zehn Ge­ schichten, 1974 (= detebe 1/4, AnderschStudienausgabe), S. 60 f. 40 A. Andersch, Ich repräsentiere nichts (Zum Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Künste), in: Süddeutsche Zeitung 12./ 13.7. 1975, S.78. - Andersch spricht dort von einer »heute noch« ihn »spannenden Beziehung« zwischen »Liebe und Haß« zum heimatlichen München, »Bayern von tief unten« (Dachau 1933) und dieser

Anmerkungen aus der Machtsphäre eines in Allusionen skizzierten, faschistischen Europa zu den »Stätten Großgriechenlands« (S.9). Der mythisch gefärbte I Humanismus eines kontemplativeren Lebens soll dem deut­ lich auf Krieg und fieberhafte Rüstung ge­ richteten Kurs der Achsenmächte entge­ gensteuern, ihrem mit »betäubende Welt­ parolen und bloße Zwecke« (S. 10-11) umschriebenen, »seelischen Krankheits­ bild«. Das Leitmotiv der Epidemie im Ro­ man Der tanzende Gon ist hier bereits vor­ geprägt und zeitkritisch gemeint. Aber die Absage beider Autoren an einen esoterisch verklausulierten Stil - aus Tarnungsgrün­ den in der Literatur erst in den Nach­ kriegsjahren deutlich -, wird in der Bio­ graphie noch vor Kriegsende vollzogen: Hocke ging im September 1943 in den rö­ mischen Untergrund und schrieb dort, bei Freunden versteckt, seinen Roman zu Ende, der aber nicht mehr zum Druck kam, und so, in herber Ironie, auch nichts bewirken konnte. Andersch desertierte 1944 zu den Amerikanern, in deren Ge­ fangenschaft sich Hocke, nach einer irr­ tümlichen Verhaftung durch die Englän­ der im Sommer 1944, ebenfalls befand. 58 Dazu: W. Eitel, Alfred Andersch und Ita­ lien, in: R. Wehdeking (Hrsg.), Interpreta­ tionen zu Alfred Andersch, 1983, S. 28-36, bes. S.31 f.

Märzenbier und Seidenhimmel 1 Th. Mann, Brief an Agnes E. Meyer v. 11.10. 1944, in: ders., Briefe 1937-1947, hg. von E.Mann, 1979, S.394. 2 Vgl. dazu den informativen Beitrag v. IV. Nerdinger, Die »Kunststadt« München, in: Die Zwanziger Jahre in München, hg. v. C/i. Stölzl, Ausst. Käst. d. Münch­ ner Stadtmuseums, München 1979, S. 93-119.

Schriften und letzte 1980, S.376 u. S.378.

Aufzeichnungen,

11 ß. Fisr/icr, a.a.O., S. 195. 12 W. Hausenstein, Tagebuch, a.a.O., S. 111. 13 Ebd., S. 121. 14 Terminus nach D.AIbrecht, Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918), in: M.Spindler (Hrsg.), Bayer. Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert, 1800-1970, 1.Teilband: Staat und Politik, 1978, S.349, Anm.3. 15 Vgl. dazu bes. das Ende des 10. Kapitels im III.Teil von Gottfried Kellers Roman »Der grüne Heinrich«. Es scheint, als habe Tho­ mas Mann, die Tageszeit von Kellers Dar­ stellung kontrastierend, die Schilderung des älteren Autors im ersten Kapitel seiner Erzählung ausgearbeitet.

18 E. Augustin, Raumlicht: Der Fall Evelyne B. (Roman), 1976. 19 Zu Stoff und Methodik erzählter Stadt und erzählter Provinz vgl. die beiden Standardwerke: V. Klotz, Die erzählte Stadt, Ein Sujet als Herausforderung des Romans von Lesage bis Döblin, 1969; N. Mecklenburg, Erzählte Provinz, Regio­ nalismus und Moderne im Roman, 1982. 20 Th. Mann, Doktor Faustus a.a.O., S.273. I )as folgende Zitat ebd.

7 W. Hausenstein, Tagebuch im Kriege, in: ders., Liebe zu München, 1958, S. 121 f.

23 Ders., Der Anfang der Zerstörung Mün­ chens (1947), in: Liebe zu München, a.a.O., S.98-100.

10 A. Döblin, Schicksalsreise, Bericht und Be­ kenntnis, in: ders., Autobiographische

29 FR Hausenstein, a.a.O., S.149.

Sinn

und

Verhängnis,

30 Ebd., S. 158. 31 Ebd., S. 129.

34 R. König, Zur Soziologie der zwanziger Jahre oder Ein Epilog zu zwei Revolutio­ nen, die niemals stattgefunden haben, und was daraus für unsere Gegenwart resul­ tiert, in: Die Zeit ohne Eigenschaften, Eine Bilanz der zwanziger Jahre, hg. v. L. Reinisch, 1961, S. 115. Es versteht sich von selbst, daß bei Hausenstein von einer resignativen Kulturkritik, gegen die sich auch Erich Kästner wendet, nicht die Rede sein kann; Thomas Mann aber ist dieser Gefahr nicht immer entgangen.

22 FR. Hausenstein, München, a.a.O., S. 15.

9 Vgl. B. Fischer, Sie schreiben mir oder was aus meinem Poesiealbum wurde, 1981, S.226.

28 Ders., Briefe aus Deutschland, in: ders., Gesammelte Werke, Bd.XlII, a.a.O., S.288; das folgende Zitat ebd. S.287 f.

17 W. Hausenstein, München, Gestern, heute, morgen, Vortrag am 27.7. 1947 im Thea­ ter am Brunnenhof in München gehalten, 1947. G.Költi’el, Münchner Elegien und andere Gesänge, 1947.

6 Ebd., S.273.

8 Ebd., S. 126. Notiz v. 19.1. I945.

27 Th. Mann, Doktor Faustus, a.a.O., S.273.

32 Ebd., S. 175.

5 Ebd., S.382.

4 Ebd., S.273.

26 Vgl. Th. Mann, Gladius Dei, in: ders., Die Erzählungen. Bd.I, 1967, S. 149 u. S. 162. Dazu: W. Frühwald, »Der christliche Jüng­ ling im Kunstladen«, Milieu- und Stilpa­ rodie in Thomas Manns Erzählung »Gla­ dius Dei«, in: Bild und Gedanke, Fest­ schrift für Gerhard Baumann zum 60. Ge­ burtstag, 1980, S. 324—342 sowie die dort in Anm. 1 angegebene Literatur, insb. den wichtigen Aufsatz von H. Rudolf Taget.

16 G. Keller, Sämtliche Werke in 14 Teilen, hg. v. C. Höfer, 7.Teil, Leipzig o. J. S. 116 f.

21 Vgl. den »Protest der Richard-WagnerStadt München« in den »Münchner Neuesten Nachrichten« am 16./17.4. 1933 und die Dokumentation von H.Zelinsky, Richard Wagner — ein deutsches Thema, Eine Dokumentation zur Wirkungsge­ schichte Richard Wagners 1876-1976, 1976, S. 195-206. Die folgende Charakte­ ristik des »Protestes« zu nach Thomas Manns 1933 geschriebener, dann aber zu­ rückgehaltener Antwort an Hans Pfitzner, in: Th. Mann, Gesammelte Werke in 13 Bänden, Bd.XlII, 1974, S.91.

3 Th. Mann, Doktor Faustus, Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde, in: ders., Ge­ sammelte Werke in Einzelbänden, Frank­ furter Ausgabe, hg. v. P.de Mendelssohn, 1980, S.273

411

24 D. Albrecht, a.a.O., S.349. 25 IV. Hausenstein, Sinn und Verhängnis einer Stadt (1929), in: Liebe zu München, a.a.O., S. 163f; das folgende Zitat ebd. S.147.

33 Ebd., S. 177.

35 Terminus nach FR. Hausenstein, München, a.a.O., S.7. 36 Ders., Sinn und Verhängnis, a.a.O., S. 176-178. Schon bei Hausenstein findet sich jenes charakteristische »Dennoch«, das in Augustins Parodie wiederkehrt. 37 A. Döblin, a.a.O., S.377 (die Beschreibung des wegradierten Pforzheim); S.397ff. (die Beschreibung des zertrümmerten Ber­ lin). 38 W. Hausenstein, Tagebuch, a.a.O., S. 126f. 39 Ders., München, a.a.O., S. 13. 40 Ebd., S.13f. 41 Vgl. ebd., S. 19. 42 Ebd., S. 33, zum Folgenden vgl. ebd., S.35. 43 Ebd., S.34, das folgende Zitat ebd., S.32. 44 Ebd., S.35, das folgende Zitat ebd.. S.30. 45 G.Kölwels »Münchner Elegien« (Anm. 17) erschienen im Verlag Albert Nauck & Co. Berlin und wurden auch in Berlin ge­ druckt. 46 Vgl. dazu H.-J.Mähl, Friedrich von Har­ denberg (Novalis), in: Deutsche Dichter der Romantik, Ihr Leben und Werk, hg. v. ß. von Wiese, 1971, S. 200.

412

Anmerkungen

47 G. Kölwel, a. a. O., S. 8.

71 H. IV. Richter, Linus Fleck, S.77.

48 Gemeint sind vermutlich Alfred Wolfen­ stein und Adolf von Hatzfeld.

72 E. Augustin, a.a.O., S. 187.

49 G. Kd'/iw/, a.a.O., S. 11. 50 Vgl. L. Enderle, Kästner. Eine Bildbiogra­ phie, 1960, S.76. 51 E. Kästner, Unser Weihnachtsgeschenk (1945), in: ders., Gesammelte Schriften, Bd.5: Vermischte Beiträge, 1959, S.341. 52 E. Kästner, Der tägliche Kram, ebd., S.74f. (geschrieben 1946).

73 Ebd.; die folgende Zitate ebd., S. 188 t'. 74 Ebd., S.27I.

Markenfreie Literatur? * Für freundliche Hilfe und Unterstützung möchte sich die Verfasserin an dieser Stelle bei Gabriele Whetten-Indra herzlich be­ danken.

53 Ders., Kleine Chronologie statt eines Vor­ worts, ebd., S. 13 (geschrieben im Herbst 1948).

1 Friedrich L.Jahn, Deutsches Volkstum (1810), nach: F. v. Lipperheide, Spruch­ wörterbuch, 1906, S. 82.

54 Ders., Münchner Theaterbrief, ebd., S.309 (geschrieben im Oktober 1945).

2 Dazu beispielsweise die JCS (Joint Chiefs of Staff) 1067 vom 17.10. 1945, in: Department of State (Hrsg.), Germany 1947-1949, The Story in Documents, 1950, S. 21 ff und Control of Publications, Radio Broadcasting, News Services, Films, Theaters and Music: SHAEF Military Government Law No. 191, Amended (1), vom 21.5. 1945, abgedruckt in Department of State (Hrsg.), a.a.O., S.594L

55 Ebd., S.312; das folgende Zitat ebd. 56 W. Kolbenhoff, Heimkehr in die Fremde., Roman, 1949. Das 1.-3.Tausend wurde im März 1949 ausgegeben. 57 Vgl. etwa E. Kästners Glosse »Betrachtun­ gen eines Unpolitischen« v. 14.Januar 1946, in: Gesammelte Schriften, a.a.O., S. 342-345. 58 Zur Formulierung gegenwärtiger Defizite vgl. ß. Strauß, Trilogie des Wiedersehens, Theaterstück, 1976, S.67. 59 IV. Kolben hoff, a. a. O., S. 268. 60 E. Kästner, Resignation ist kein Gesichts­ punkt (1953), in: Gesammelte Schriften, a.a.O., S.499-501 und S.511. 61 IT. Kolbenhoff, a. a. O., S. 14. 62 Vgl. dazu etwa die Figur der Eva Bach in Kolbenhoffs Roman. 63 Vgl. das große Stadtkapitel bei IV. Kolben­ hoff, a.a.O., S. 195-198. 64 W. Koeppen, Die Vollendung eines Schick­ sals, Dankrede für die Verleihung des Kul­ turellen Ehrenpreises 1982 der Stadt München, in: SZ v. 17./18. Juli 1982. 65 W. Koeppen, Tauben im Gras, Roman, 1979, S.210 (erste Auflage 1951). 66 Ebd., S. 164. 67 H. IV. Richter, Sie fielen aus Gottes Hand, Roman, 1951, S.647; das folgende Zitat ebd., S.648. 68 Ebd., S.652; das folgende Zitat ebd., S.681E 69 Ebd., S. 655. 70 El. IV. Richter, Linus Fleck oder der Verlust der Würde, Roman, 1959. Zum Zitat vgl. IV. Schmitz, H.W. Richter, in: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegen­ wartsliteratur, S.7.

3 Liste der auszusondernden Literatur, hg. von der Deutschen Verwaltung für Volks­ bildung in der sowjetischen Besatzungszone, bearb. von der Deutschen Bücherei Leip­ zig, 1946. 4 Dazu H. Gehring, Amerikanische Litera­ turpolitik in Deutschland 1945-1953, Ein Aspekt des Re-education-Programms, 1976, S.20. 5 Die genaueren Ausführungsbestimmun­ gen finden sich in Department of State (Hrsg.), a.a.O., S.595ff, Confiscation of Literature and Material of a Nazi and Militarist Nature, Control Council Order No. 4, Amended (1), vom 13.5. 1946. 6 Die Stellung der Nationalsozialisten zu diesem Problem beschreibt F. Prinzhorn, Die Aufgaben der Bibliotheken im NSDeutschland, 1934. 7 Als Beispiel dafür sei die Münchner Stadt­ bibliothek angeführt; zu den Aussonde­ rungen in diesem Bereich M. Krauss, Münchner städtische Kulturpolitik 1945— 1954, Diss. masch. München 1983, Kap. IV. l.b, S.475ff. 8 So hatten die Nationalsozialisten massiv versucht, Einfluß auf diesen Bereich zu nehmen; dazu F. Prinzhorn, a.a.O., S.8. 9 Stadt B MÜ HS HAH 520a, Sitzung vom 13.8. 1945 und M.Krauss, Kulturpolitik, a.a.O., S. 480 ff. 10 Einen Beispielfall für Radikalsäuberung, den sowohl H. Gehring, a.a.O., S.36 wie E. C. Breitencamp, The U. S. Information Control Division and its Effects on Ger-

nian Publishers and Writers 1945-1949, 1953, S. 11 nach der Zeitschrift »Der Spie­ gel«, 1950, 11.46, S. 40 zitieren, betrifft die Stadtbibliothek in Weißenburg, deren Bibliothekar angeblich bei den Säuberun­ gen des Jahres 1933 die Bestände seiner Bibliothek von 10000 auf 3000, 1945 dann auf ein paar hundert Bände reduziert haben soll. »Die Liste der bei ihm uner­ wünschten Titel reichte vom Nibelungen­ lied und Walther von der Vogelweide über Lilienkrons Kriegsnovellen bis zu Fritz Steubens Kinderbuch Der Fliegende Pfeil.« 11 IV. Benz, Amerikanische Literaturpolitik und Deutsche Interessen, Verlagswesen und Buchhandel 1945—1946, in ZBLG 1979, Bl. 42, H.3, S. 705 ff. 12 Department of State (Hrsg.), a.a.O., S.594f. 13 Stadt B MÜ HS HAH 520a, Sitzung der Volksbibliothekare am 8.10. 1945 in der Volksbücherei am Viktualienmarkt, Aus­ sage Hans Ludwig Heids und Mitteilun­ gen des Arbeitsausschuß für den Bayeri­ schen Buchhandel, hg. von A. Meiner, Nr. 1 vom 1.11. 1945, Bericht über die Tätigkeit des Arbeitsausschusses für den Bayerischen Buchhandel bis 30. September 1945, S.3, Abs. 18 und IV. Benz, a.a.O., S.710L 14 M.Krauss, Kulturpolitik, a.a.O., Kap. IV. l.b, S.481 f. 15 Stadt B MÜ HS HAU 520a, Sitzung vom 1.10. 1945. 16 Stadt B MÜ HS HAH 520a, Sitzungen vom 20.8. 45, vom 13.8. 1945 und vom 6.8. 1945. 17 Stadt B MÜ HAI I 520a, Sitzung vom 3.9. 1945. 18 IV. Benz, a.a.O., S.711. 19 Stadt B MÜ 1 IS IIA11 520a, Sitzung vom 20.8. 45. 20 Stadt B MÜ I IS IIAI I 520a, Sitzung vom 6.7. 45. 21 Stadt B MÜ US I IAI 1 520b, Tätigkeitsbe­ richt der Stadtbibliothek München 1949 und Amt der Militärregierung für Bayern, APO 170/AG 350-MGBAE, Anweisung für die Verfügung über beschlagnahmtes Material nationalsozialistischen und mili­ taristischen Charakters vom 10.8. 1946, abgedruckt in: Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Jg. 1, Nr.9, ausgegeben in Mün­ chen am 12.9. 1946, hier S. 135 ff. 22 Ebd. S. 137 und M.Krauss, Kulturpolitik, a. a. O., S. 495 f. 23 H. Gehring, a. a. O., S. 92 ff. 24 Für die heutigen Benutzerzahlen H. Hoff­ mann, Bibliothek der Zukunft, in: ders.

Anmerkungen (Hrsg.), Perspektiven der kommunalen Kulturpolitik, 1974, S.372f, Zu der Überschätzung des Huches als Medium der Volksbeeinflussung durch die Ameri­ kaner H. Gehring, a.a.O., S.35. 25 Stadt B MÜ HS HAH 520a, Sitzungen vom 6.8. 45 und vom 10.8. 45. 26 Stadt B MÜ HS I IAH 520a, Sitzung vom 18.10. 45. 27 Stadt B MÜ HS 11AII 520a, Sitzung vom 27.8. 45. 28 M. Krauss, Beiträge zur Geschichte der Münchner Bibliotheken 1945-1948, Magisterarbeit masch., München 1981, S.26ff. 29 Nachrichten für wissenschaftliche Biblio­ theken (NfwB), hg. i.A. des Vereins wis­ senschaftlicher Bibliothekare, Jg. I, H. 3, 1948, S. 42 und K.Mehnert, H. Schuhe (Hrsg.), Deutschlandjahrbuch 1949, S.387. 30 K. Mehnert, H. Schuhe (Hrsg.), a.a.O., S. 387 und L. Buzas, Die Universitäts­ bibliothek München, 1972, S. 193 ff. 31 Bayern in Zahlen, Veröff. d. Bayer. Stat. Landesamts, 2,Jg., H. 1/2, Jan./Feb. 1948, S.36f. und Stadt B MÜ HS HAH 522, Brief Hans Ludwig Heids an Capt. Templeton vom 28.11. 45 und HAH 520c, Überblick über die noch verlagerten Bestände der Stadtbibliothek vom 27.11. 1946. 32 Stadt B MÜ HS HAH 520c, Liste der Auslagerungsorte. 33 L. Brnos, a.a.O., S.271. 34 M. Krauss, Bibliotheken, a.a.O., S.44. 35 H. Middendorf, Die Bayerische Staatsbi­ bliothek 1945-64, in: Festschrift für Gustav Hofmann, 1964, S. 17.

44 K. Dahme (Hrsg.), Handbuch der Bayeri­ schen Bibliotheken, hg. i.A. der Bayeri­ schen Staatsbibliothek, 1966, S. 62. 45 Ebd., S. 47 ff.; für 1948 sind dort 33 wis­ senschaftliche Bibliotheken angeführt. Zu den Spezialbibliotheken rechnet man bei­ spielsweise auch Ordens- und Behörden­ bibliotheken, sowie Bibliotheken wie die Alpenvereinsbücherei oder die Bibliothek des Deutschen Museums. Dazu auch M. Krauss, Bibliotheken, a.a.O., S.59ff. 46 So beispielsweise der Alpenvereinsbüche­ rei; dazu K. Dahme (Hrsg.), a.a.O., S.89 und H. Buhler, Alpenvereinsbücherei, in: NfwB, Jg.II, H.12, Dezember 1949, S. 186, G.Leyh, Die deutschen wissen­ schaftlichen Bibliotheken nach dem Krieg, 1947, S.166. 47 Stadt A MÜ RP 720/7, Sitzung des Fi­ nanzausschusses vom 18.4. 1947, S. 300 ff. 48 M. Krauss, Bibliotheken, a.a.O., S. 12ff. 49 Dazu z.B. E.Mehl, Die Bayerische Staats­ bibliothek im Jahre der Währungsreform, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen (ZfB), hg. von J. kbrstius, 1950, S. 206. 50 H. Middendorf a.a.O., S.62. 51 BayHStA MA 130262, Sitzung des Un­ terausschusses für wissenschaftliche Bi­ bliotheken beim Länderrat vom 28.1. 48 sowie ebd., Brief von Charles D. Winning vom Regional Government Coordinating Office an Generalsekretär Rossmann vom Länderrat vom 9.1. 1948. Dazu auch G. v. Busse, Amerikanische Bücherspen­ den, in: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (ZBB) Jg. VI, H. 1, 1955, S.llff. 52 M. Krauss, Bibliotheken, a.a.O., S. 15ff. 53 E.Mc/i/, a.a.O., S.206.

36 Stadt B MÜ US HAH 520c und M. Krauss, Kulturpolitik, a.a.O., Kap. IV.l.b, S.496ff.

54 H. Middendorf, a.a.O., S. 24.

37 Stadt B MÜ HS HAH 520c, z.B. der Be­ richt über die Reise vom 4. bzw. 5.1. 1946 und vom 17.-26.9. 1946.

56 Ebd., S. 208.

38 Stadt B MÜ HS HAH 520c, Bericht über die Reise vom 17.-26.9. 1946. 39 Stadt B MÜ HS HAH 520c, Bericht über die Reise vom 15.11. 1946. 40 NfwB, |g.II, II.8/9 vom August/September 1949, Vortrag von A. Fischer, Mün­ chen, auf dem Bibliothekarstag in Rothen­ burg. 41 H. Middendorf, a.a.O., S.21. 42 K.Böck, Bibliothekslandschaft Bayern, in: Bayerland, 1966. 43 NfwB 1949, Jg. II, 11.2 vom Februar 1949, S.28f.

55 E.Mehl, a.a.O., S.204.

57 H. Hahn, Die Schicksale der Bayerischen Staatsbibliothek während des Zweiten Weltkrieges, Nach amtlichen Berichten, persönlichen Aussagen und eigenen Erleb­ nissen, 1949, S.3. 58 G.v. Busse, Struktur und Organisation des wissenschaftlichen Bibliothekswesens in der Bundesrepublik Deutschland, 1977, S.423. 59 M. Krauss, Kulturpolitik, a.a.O., Kap.IV. l.c, S.507ff. sowie Stadt B MÜ HS HAH 522 und 520 a. 60 A. Kienast, Sorgen der Leihbüchereien, in: A. Meiner (Hrsg.), Mitteilungen des Lan­ desverbands der Bayerischen Buchhändler (MLBB), Jg.l, Nr. 4 vom 1.3. 47, S.43.

413

61 Dazu A. Meiner, (Hrsg.), Mitteilungen des Arbeitsausschusses des Bayerischen Buch­ handels, Nr. 1-4 vom 1.11. 1946-25.6. 46, Verzeichnisse der registrierten Buch­ handlungen und Leihbüchereien sowie BayHStA MWI 20206, Schreiben der städtischen Preisüberwachungsstelle Oberbayern vom 6.2. 1948. 62 A. Kienast, a. a. O., S. 44. 63 Welt und Wort, H.5, Mai 1948, S.160, Artikel »Bücher unterm Ladentisch« von U. Seyffarlh. 64 Stadt A MÜ RP 720/7, Sitzung des Fi­ nanzausschusses vom 18.4. 1947, S.304 und S.315. 65 E. Umlauff, Buchhändlerische StandortStatistik, in: BBL, Nr. 17/18 vom 29.9. 1946. 66 Ebd. 67 BayHStA MWI 20206, z.B. Schreiben von Chr. Kaiser an die Preisbildungsstelle des Wirtschaftsministeriums vom 22.12. 47 und Schreiben der Buchhandlung und Leihbücherei Hans Gallinger vom 28.11. 47 sowie Schreiben der Preisbehörde der Stadt München an die Preisbildungsstelle Oberbayern vom 27.1. 48 und der Preis­ überwachungsstelle der Regierung der Oberpfalz vom 24.8. 48 an die Preisbil­ dungsstelle des Bayerischen Wirtschafts­ ministeriums. 68 Chronik der Stadt München 1945-1948, bearb. von W. Selig unter Mitwirkung von L.Morenz und H.Stahleder, hg. i.A. des Münchner Stadtarchivs von M. Schatten­ hofer, 1980, S.220. 69 1L Benz, a.a.O., S.719 ff. 70 Ebd. 71 Ebd., S.719 und S.726. 72 Die Akten des Bayerischen Wirtschafts­ ministeriums zu dem Thema der Papier­ bewirtschaftung sind so umfangreich, daß hier stellvertretend nur genannt werden sollen BayHStA MWI 9697, 9787, 9868, 9887, 9895, 9897 sowie 10280 bis 10294; man kann also wirklich von einem »vieldiskutierten« Thema reden. 73 E. Umlauff, Der Wiederautbau des Buch­ handels, Beiträge zur Geschichte des Buchhandels nach 1945, 1978, S.414. 74 Ebd., S. 415 ff. Außerdem BayHStA MWI 9787. 75 100 Jahre Verband Bayerischer Verlage und Buchhandlungen, 1980, S. 27 ff. sowie IV. Benz, a.a.O., S.712. 76 Dazu BayHStA MWI 9787, Schreiben des Bayerischen Landeswirtschaftsamtes, Fachgebiet Papier, an das Bayerische Lan­

414

Anmerkungen

deswirtschaftsamt vom 7.5. 48, betrifft: Bericht über die Länderausschußsitzung. 77 Dazu beispielsweise BayHStA MWI 10280, Sitzungsprotokolle 1946-1948. 78 Stadt B MÜ HS HAI I 242. 79 Als Beispiel dafür sei der Beck-Verlag genannt, der sich durch die Gründung des Biederstein-Verlages salvierte. 80 Dazu die Beiträge von D. WiedenhornSchnell und G. Böhringer in der vorliegen­ den Publikation. 81 Den Amerikanern mußten die Listen der zu veröffentlichenden Bücher vorgelegt werden. Dazu z.B. BayHStA OMGBY ICD 10/109-3/3. 82 IV. Bern, a.a.O., S.731. 83 B. Weber, Die Kulturpolitik der Verlage nach dem 2. Weltkrieg 1945-50, masch. Magisterarbeit München 1980, S. 60ff; IV. Flemmer, Verlage in Bayern, Geschichte und Geschichten, 1974, S. 218 ff. sowie die Almanache des Descb-Verlages 1953, 1955, 1970. 84 Dazu 75 Jahre Piper, Ausstellungskatalog, 1980. 85 IV. Flemmer, a. a. O,, S. 415. 86 Dazu der Beitrag von G. Böhringer in der vorliegenden Publikation. 87 Stadt B MÜ HS HAH 548, Arbeitsaus­ schuß für den Bayerischen Buchhandel an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus, im Januar 1946 sowie Gedanken zur Lage des deutschen Buchhandels und Schrifttums und Vorschläge für eine Neugestaltung von Hans Severing und W. Bern, a. a. O., S. 716 ff. 88 100 Jahre Verband Bayerischer Verlage und Buchhandlungen, a.a.O., S.29. 89 Ebd. 90 Dazu M. Krauss, Bibliothekswesen, a.a.O., S.66. 91 Dazu M. Krauss, Kulturpolitik, a.a.O., Kap.lV.2., S. 527 ff.

Von Radio München zum Bayerischen Rundfunk 1 Thomas Mann hatte sich seit Oktober 1940 einmal im Monat über BBC Lon­ don mit Ansprachen »An deutsche Hö­ rer« gewandt. Die Ausführungen vom 8. Mai 1945 wurden von der »Bayeri­ schen Landeszeitung« in ihrer ersten Ausgabe vom 18. Mai 1945 unter der Überschrift »Thomas Mann über die deutsche Schuld« abgedruckt. 2 Um nur einige zu nennen: Fritz Eberhard (London), Benno David Frank, Paul Til-

lich, Stefan Heym, Hans Burger (alle USA), »Sender XRVN - deutsche Anti­ faschisten am Mikrophon in Fernost«; dazu u.a.: £. Loewy, Deutsche Rundfunk­ aktivitäten im Exil — ein Überblick, in: Studienkreis Rundfunk und Geschichte, Mitteilungen, H.4, 1973; C.Pütler, In den Wind gesprochen? Zur Wirkung des deutschen Exilrundfunks zwischen 1933 und 1945, in: ebenda. 3 Am 1. Oktober 1945 waren bei der Post­ direktion München 864 101 Rundfunk­ hörer in Bayern registriert (1 142338 am l.Jan. 1944), am l.März 1946 bereits 970000 (BR-Archiv, Nr.2310, 2347, 2370; Radiowelt, l.Jg., H.32, 15.9. 1946, S. 12). Hinzu kommen aber noch zahlreiche »Schwarzhörer«, denen die Post im Herbst 1946 auf Plakaten den »Kampf« ansagte und den Entzug des Rundfunkgeräts androhte. Der Begriff des »Schwarzhörens« hatte innerhalb weniger Monate also den Bedeutungs­ wandel vom Lauschen einer staatspoli­ tisch unerwünschten Welle zum Gebüh­ renvorenthalt gemacht. Insgesamt ran­ gierte Deutschland mit einem Bestand von 13,7 Miß. Rundfunkgeräten oder 12% des Weltbestandes immerhin an zweiter Stelle in einem Ländervergleich, der dem »Broadcasting Yearbook« des Jahres 1946 zu entnehmen war; dazu auch Radiowelt, l.Jg., H.30, 1.9. 1946, S.7. 4 Diese alliierten Planungen zu Rundfunk­ fragen sind ausführlich dokumentiert in den Darstellungen von B. Mettler, De­ mokratisierung und Kalter Krieg, 1975; L.Maaßen, Der Kampf um den Rund­ funk in Bayern, 1979, H.O. Halefeldt, Vom Besatzungs- zum Parteienrund­ funk, in: Studienkreis Rundfunk und Geschichte, Mitteilungen, H. 6, 1980, S.171-195. 5 Nur ein Beispiel mögen die zahlreichen Einsendungen geben, die nach der Aus­ schreibung eines Preisausschreibens für die besten »Rundfunk-Kurzgeschichten« die Redaktion der Zeitschrift »Radio­ welt« erreichten. Das große Interesse re­ sümierte die Schriftleitung im Novem­ ber 1946 so: »Für den Rundfunk und alle für ihn Tätigen ... dürfte der Gewinn in der glückhaften Erkenntnis liegen, daß das Radio für weite Kreise sehr viel mehr bedeutet als ein bequemes Instrument zu umfassender Information und angeneh­ mer Unterhaltung, nämlich einen tief­ wirkenden und bedeutsamen Bestandteil der inneren Erlebniswelt, ein Mittel zur Selbstbesinnung, zur Lösung menschli­ cher Probleme und Nöte.« Dazu: Radio­ welt, 1. Jg„ H. 42, 24.11. 1946, S. 4.

6 H. Mayer, Ein Deutscher auf Widerruf, Erinnerungen I, 1982, S.336. Mayer, zu­ nächst DANA-Chefredakteur, war von Golo Mann — damals amerikanischer Kulturoffizier — zu Radio Frankfurt ge­ holt worden, wo er alsbald zum deut­ schen Chefredakteur für Politik avan­ cierte. 7 Gespräch mit Willy Purucker v. 13.8. 1982. Purucker kam 1946 zu Radio München und wurde (bis heute) einer der beliebtesten und erfolgreichsten Autoren des Münchner Senders. 8 IV. Panofsky, Richtfest bei Radio Mün­ chen, in: Radiowelt, l.Jg., H.25, 25.7. 1946, S.5. 9 Zit. nach: Ein Jahr Radio München. Er­ reichtes und Geplantes (gez. H.R.), in: Radiowelt, l.Jg., H. 17, 2.6. 1946, S. 13. Im übrigen war die Ankündigungsfor­ mel »Hier ist Radio München, ein Sen­ der der Militärregierung ...« offenbar ein stetes Ärgernis für viele Hörer, worüber es in einem Bericht der Kontrolloffiziere heißt: »Very unpopular is the way our station goes on the air. The announcer has a tendency to dramatize »Hier ist Radio München, ein Sender der Militärregie­ rung', one is inclined to expect a shot and the judge’s voice saying »Step down«...«. Dazu: Information Bulletin No.2, Radio Section, 6870th DISCC v. 9.8. 1945, in: Korrespondenz Horine, BR-Archiv. 10 BR-Archiv, Nr. 2 337. 11 Ein Jahr Radio München, a.a.O., und B. Pulley, Radio Munich most widely heard of all stations in U. S.Zone, in: Tie Bavarian. Published for Military Govern­ ment in Bavaria, Vol.2, No. 20, Munich (Germany), 17.5. 1946, Pg4. 12 Über die Schwierigkeiten der Material­ beschaffung, die »nur mit Bezugsschein und durch Tausch zu machen war«, ist in einer Notiz des BR-Archivs (Nr.2352) vermerkt: »Damit die Arbeiten täglich fortgesetzt werden konnten, mußte alles unter Verschluß gehalten und beispiels­ weise die Nägel stückweise an die Arbei­ ter ausgegeben werden bei nachheriger Kontrolle jedes verbrauchten Nagels. Gleiches war nötig bei Glas und allen Metallgegenständen«. Die Wiederauf­ baukosten für das Funkhaus beliefen sich nach Aufstellungen der am 15.4. 1946 eingerichteten Grundstücksverwaltung für das Jahr 1945 auf 80869,54 RM; 1945-48 insgesamt auf 713000,—RM. Desweiteren technische Kriegsschäden: 1 000000,-RM; Schäden durch Benüt­ zungsausfall, Evakuierung, Plünderung: 250000,-RM; sonstige Verluste: 1 943000,-RM (BR-Archiv, Nr. 2353).

Anmerkungen

13 A Year of Achievment, in: The Bavarian, a.a.O., PgA. 14 Ebenda, vgl. auch Korrespondenz Horine, 19.6. 1946, wo die Zahl der Ameri­ kaner allerdings mit 40 angegeben wird. 15 In den Aufzeichnungen von Otto Pfauntsch, des langjährigen Archivbe­ treuers beim BK (der sich nie einen hauptamtlichen Archivangestellten lei­ stete), heißt es mit Datum vom 12.5. 1945: »40 Amerikaner übernahmen das eine Woche lang geplünderte und fast zerstörte Funkhaus mit einigen deut­ schen Angestellten des bisherigen Reichssenders München«. BR-Archiv, Nr. 2336, vgl. auch die Schilderung des ehern, techn. Ang. M.D., BR-Archiv, o. Nr. 16 A Year of Achievment, a.a.O., und Kor­ respondenz Horine, 19.9. 46. 17 Zu den Organisations- und Kontrollhier­ archien der ICD: H. Bausch, Rundfunk­ politik nach 1945, Bd.l, 1980, S.67f.; B. Malier, a.a.O., S.47ff. 18 Interview Horine — Mettler. B. Mclllcr, a.a.O., S.90. 19 Zwar hatte Horine in Mr. Ravotto bis in den Herbst 1945 einen unmittelbaren militärischen Vorgesetzten im Funkhaus, war aber doch nach allen bisher erreich­ ten Quellen und persönlichen Erinne­ rungen ehern. Mitarbeiter de facto Chef im Funkhaus, insbesondere hinsichtlich der Personalauswahl und Programmge­ staltung. Dazu Korrespondenz Horine, BR-Archiv. 20 BR-Schallarchiv, Dok. 8314. 21 B.Pulley, a.a.O., andere Radiooffiziere der Anfangszeit waren: Mr. Ryman, Ver­ waltungsleiter und Organisationschef, der die Übernahme des Rundfunks durch die Amerikaner im Mai 1945 lei­ tete: Mr. Lyndt, zuständig für den Perso­ nalbereich; Col. Brickson, Verwaltung; John Ubben, wahrscheinlich vorwie­ gend als Programmkoordinator tätig (L. Flieger, Organisator des Wiederauf­ baus am Funkhaus, in einem Erinne­ rungsbericht, BR-Archiv, Nr. 2359); zu den einzelnen Amerikanern merkt Flie­ ger folgendes an: ».. . Mr. Brill, der etwas deutschfeindlich und eingebildet war ... Mr. Lyndt, der zwar den hübschen Mäd­ chen zugetan war, aber sonst ungefähr­ lich erschien ... Colonel Mr. Brickson, ruhig, altväterlich, der seine junge Sekre­ tärin nach USA mitnahm ... der einzige unangenehme Amerikaner war ein Mr. Velen, der mit einer Hausangestellten in seinem Büro nächtigte ...«. Auf einen in praktisch allen Erinnerungen damaliger deutscher Mitarbeiter immer wiederkeh­

render Eindruck sei in diesem Zusam­ menhang parenthetisch hingewiesen: der persönliche Umgang und die Zusam­ menarbeit mit den Amerikanern scheint angenehm, mitunter freundschaftlich ge­ wesen zu sein, währenddessen deren amouröses Verhalten noch heute mehr oder weniger ironisch bis gallig kom­ mentiert wird. 22 B. Malier, a.a.O., S. 118 (Auswertung einer Artikelserie Horines in der New Yorker Zeitschrift PM, 20.-24.4. 1947). Außerdem Erinnerungen an Golo Mann an seine Zeit als amerikanischer Kon­ trolloffizier bei Radio Frankfurt, in: H. Bausch, a.a.O., S.68. Den Tenor des nur bedingt Sich-zuständig-Fühlens be­ stätigt auch der ehern. Radiokontrolloffi­ zier Werner Lewald, wenn er meint, er und seine Kollegen wären hauptsächlich »technisch vorbereitet« gewesen, hätten über das 'Wie der Umerziehung kaum konkrete Vorstellungen gehabt. Inter­ view d. Verf. mit Lewald v. 27.4. 83; Lewald war als Nachfolger von Lyndt 1946/47 in erster Linie als Verneh­ mungsoffizier bei Radio München tätig. 23 S. K. Padover, Experiment in Germany, The Story of an American Intelligence Officer, 1946, S.3fif. (engl. Ausgabe: Psychologist in Germany ..., 1946). A. M. Winkler, The Politics of Propa­ ganda, The Office of War Information 1942-45, 1978, S.91T 24 Hans Bredow (1879-1959) war seit 1921 als Staatssekretär im Reichspost­ ministerium der Organisator des neuen Mediums Rundfunk, ab 1926 Reichs­ rundfunkkommissar und wurde 1933 aus seinen Ämtern entlassen. Krankheit zwang ihn im Aug. 1945 zur Aufgabe des Amtes als Regierungspräsident von Hes­ sen-Nassau, in das er im Mai von den Amerikanern eingesetzt worden war.

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Rundfunks Bayern 1923-1949, Diss. masch., München 1949, Tab.XIII. 29 Interview mit W. Lewald v. 27.4. 83. 30 Supreme Headquarters Allied Expeditionary Forces, Psychological Warfare Division (Hrsg.), Manual for the Control of Ger­ man Information Services, April 1945, Blatt Nr.31.1310, IfZ. 31 Im Manual heißt es unter der Überschrift »Briefing Licenses on Personal Selecti­ on«: Germans hired by licenses will not require as rigorious a screening by Infor­ mation Control Officers as either the licenses themselves or those Germans hired directly by Information Control Officers«, Manual, a.a.O., Blatt Nr. 31.1301. 32 Schreiben Lyndts an den Abteilungslei­ ter von Radio München v. 7.5. 1946, in: Brill-Rundschreiben 1945/46, BRRedaktionsakten. Vgl. auch B. Mailer, a.a.O., S.94. 33 L. Flieger, a.a.O. Flieger will sich zudem bezüglich jener Sprecher und Techniker, die »den sehr umfangreichen Frage­ bogen« gefälscht hatten, auch an »hoch­ stehende Funktionäre bei der Partei« erinnern, nennt aber keine Namen. 34 Korrespondenz Horine, 1946, BRArchiv und B. Malier, a.a.O., S.98f. 35 Interview mit W. Lewald v. 27.4. 83; demnach wußte Oulmän sehr geschickt auch immer wieder auftauchende Beden­ ken zu zerstreuen. 36 Vgl. H.Schu’an, Der Rundfunk als In­ strument der Politik im Saarland 1945-55, 1974, S.135L und B. Maller, a.a.O., S.96ff. Letztere Darstellung be­ ruft sich auf eine vom Sender Freies Ber­ lin 1969 gesendete Dokumentation über Gaston Oulmän.

25 H. Bredow, Brief an Ernst Hardt v. 16.9. 1945, zit. nach /. Meyer (Hrsg.), Briefe an Ernst Hardt, 1975, S. 207.

37 Gesetz zur Befreiung von Nationalismus und Militarismus vom 5.3. 1946, im amtlichen Auftrag hg. v. E. Schullze, 1946. S. 13 ff.

26 H. Gessner, Rundfunk und Gewerkschaf­ ten, Kommentar von Radio München im März 1946, abgedr. in: ders., Kommen­ tare 1, 1946, S.120.

38 Hörerpost/Schriftwechsel intern bis 1954: BR-Archiv, Redaktionsakten; vgl. auch B. Maller, a.a.O., S.94f.

27 Edmund Schechter, Ansprache anläßlich der Übergabe der Intendanz von Radio München an Rudolf von Scholtz am 19.12. 1947, BR-Schallarchiv, Doku­ ment 15.179.

39 Vgl. Protokoll der 2. Sitzung des Kultur­ ausschusses am 2.5. 1947, zit. nach B. Malier, a.a.O., S.95. Der Kulturaus­ schuß war eine im April 1947 eingerich­ tete deutsche Beratungsinstanz in Perso­ nalfragen.

28 Organisationsplan der Münchner Radio­ kontrollsektion, o.J., wahrscheinlich Mitte 1946. in Rundschreiben Ordner Nr. 1 in der Registratur des BR. Vgl. auch B. Maller, a.a.O., S.90f. und ¡.Schreiber, Die geschichtliche Entwicklung des

40 SZ vom 26.8. 1950, Kurzporträt von Fritz Benschet Unklar ist angesichts des frühen Einstellungsdatums, inwieweit Benscher dabei die Bekanntschaft mit dem Radiokontrolloffizier Klaus Brill half; beide kannten sich angeblich aus

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Anmerkungen gemeinsamen Tagen als Schauspieler in Berlin und von der Mitarbeit am Jüdi­ schen Kulturbund (Interview mit W. Lewald v. 27.4. 83).

41 H. Gessner, a.a.O. 42 Nachdem Gessner mit gefälschten Papie­ ren München erreicht hatte, verbrachte er die letzten Kriegsmonate unter der Obhut des ehemaligen Stabsarztes Dr. Schoch im Lazarett der Barmherzigen Brüder in Nymphenburg — wie Hun­ derte anderer Soldaten, die Schoch durch »unnötige« Weiterbehandlung vor wei­ terem sinnlosen Einsatz bewahrte. Dazu E. M. Wagner, Wer ist Herbert Gessner? Profil eines jungen Deutschen, in: Ra­ diowelt, l.Jg., H.41, 17.11.1946, S.6. 43 Angeblich auf Betreiben Victor Velens (Interview mit W. Lewald v. 27.4. 83). 44 E. M. Wagner, a. a. O. 45 Radiowelt, l.Jg., H.28, 18.8. 1946, S.6 und l.Jg., H.30, 1.9. 1946, S.7. 46 E. Claudius, Notizen nebenbei, 1948, S.9ff.; W. Hartwig, E. Claudius, in: H.J. Geerdts u. a. (Hrsg.), Literatur der DDR in Einzeldarstellungen, l.Bd., 1976, S. 197-215. Schmidt-Claudius verfaßte u.a. Beiträge zur Sendefolge »Wider­ stand, Opfer, Ansporn« zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 10.3. 1946 und für die Sendereihe »Die Situation«. 47 Vgl. auch Manual, a.a.O., S.50. 48 A.J. Lippl, Der bayerische Rundfunk als Aufgabe, in: Stadt B MÜ HS HAH 548, Denkschrift Juni 1945. 49 Erst in der zweiten Jahreshälfte 1946 wurden die beiden auf Lippls Liste eben­ falls genannten Werner Süskind und Rudolf von Scholtz eingestellt. Dazu BR-Archiv, Redaktionsakten, Clearing bis 28.2. 1948. 50 Ernst Firnholzer, Reporter und zeitweise Mitarbeiter im Hörspielbereich bei Radio München, war Mitarbeiter der »Deutschen Stunde in Bayern« gewesen (ab März 1924); Fritz Mellinger, Spre­ cher und Mitverfasser der Berichte über die Nürnberger Prozesse, war Sprecher, Spielleiter und literarischer Mitarbeiter des Nürnberger Senders 1934-1937. 51 Interview d. Verf. mit Dieter Fuß v. 17.11. 1981. Allerdings hatte Fuß bereits während der Kriegszeit als Feuilleton­ redakteur des Deutschen Nachrichten­ büros publizistische Erfahrungen gesam­ melt. 52 Interview mit D. Fuß v. 17.11. 81 und Personalakten, Bewerbungen und An­ fragen 1945/1946 in BR-Redaktionsakten.

53 Dies wird vor allem aus der Einstellungs­ praxis der Amerikaner deutlich (vgl. skiz­ zierte Fälle Gessner, Buttersack, Junger­ mann, indirekt auch Lippl); Interview mit W. Lewald v. 27.4. 83; B. Mettler, a.a.O., 3.97. 54 Radiowelt, l.Jg., H.9, 7.4. 1946, »Über Jimmy Jungermann und seine Schall­ platten«. 55 H. Holborn, American Military Govern­ ment, 1947, S. 136 ff. 56 Alliierte Kontrollschriften über die Mas­ senmedien, 12. Mai 1945. 57 H.-J. Schreiber, a.a.O., S. 150; dazu auch B. Mettler, a.a.O., S. 101. 58 Allein für den internationalen Dienst der »Stimme Amerikas« und den Betrieb der dafür tätigen Kurzwellensender wurden 1946 8,6Mill. Dollar aufgewendet, in: Radiowelt, l.Jg., H.42, 24.11. 1946, S.ll. 59 Interview B. Mettler - Thomas Messer; vgl. B. Mettler, a.a.O., S. 102. 60 A.Döblin, Abschied und Wiederkehr, in: Badische Zeitung, vom 22.2. 1946, S.3. 61 Vor dem URTEIL. Der Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß geht seinem Ende entgegen, in: Radiowelt, 1. |g„ H.31, 8.9. 1946, S.5. 62 Als diese Reihe am 9. März auslief, folgte zur gleichen Sendezeit am Samstag nach­ mittag eine bunte Mischung mit dem Titel »Mal was anderes«, dazu: Radio­ welt, l.Jg., H.5, 10.3. 1946. 63 Die Liquidierung der Sendereihe Ende April 1947 fällt auffallend zusammen mit der verstärkten Entwicklung ameri­ kanischer Vorstellungen über eine Ein­ beziehung Westdeutschlands in ein anti­ sowjetisches Sicherheitssystem; vgl. u.a. B. Mettler, a.a.O., S.20ff, S.47 ff. und S.100. 64 Schulfunk oder nicht? Zur Jugendsen­ dung »Wißt ihr das eigentlich?«, in: Radiowelt, l.Jg., H.33, 22.9. 1946, S.6 (gez. - emw -). 65 H. Gessner, 3.3.0., S. 5. 66 E.M. Wagner, a.a.O.; vgl. auch Schreiben Horine an ODIC/OMGUS vom 19.6. 1946 betr. »Summary of Listeners Reac­ tion to Radio Munich«; das konstatiert: »... violent opposition aroused by Gess­ ner commentaries at the outset«, dazu Korrespondenz Horine, BR-Archiv.

69 Vgl. Ankündigung in der Radiowelt ab Oktober 1946 und Reaktionen in der I Iörerpost, BR-Redaktionsakten, BRArchiv. 70 Vgl. Radiowelt, l.Jg., H.28, 18.8. 1946, S.2f. 71 Oberbürgermeister Karl Scharnagl nann­ te in seiner Sonntagsansprache vom 6.Okt. 1946 über Radio München be­ sorgniserregende Zahlen: im zweiten Viertel des Jahres 1946 waren dem Ge­ sundheitsamt 204 Kinder, ca. 2000 Ju­ gendliche und 5726 Erwachsene gemel­ det worden. Dazu Sendemanuskript »Der Bürgermeister spricht«, BR-Archiv. 72 BayHStA OMGBY 10/110-3/33, Ge­ sundheitskonferenz bei Radio München, 3.10. 1946 (Protokoll). 73 Nach dem ersten vom Münchner Merkur veranstalteten Gespräch am »Runden Tisch« (Thema: »Sind die Zeitschriften «Schriften der Zeit«?«) hatte Herbert Hupka als einer der Teilnehmer und Leiter der Literaturabteilung bei Radio München seine Gesprächskollegen W. E. Süskind, Heinz Coubier und Erich Kuby in das Funkhaus gebeten, um dort den vorangegangenen Gedankenaus­ tausch aufzeichnen zu lassen (vgl. MM, 13.2. 1947, S.3). 74 George Washington Carver, Zur Sen­ dung: »Dies ist Amerika«, (gez. W.Gr.), in: Radiowelt, l.Jg., H.27, 11.8. 1946, S.7. 75 A.J. Lippl, Denkschrift »Der bayerische Rundfunk«, Stadt B MÜ HS HAH 548. 76 Die Autoren auf dieser amerikanischen Liste waren: H.Anacker, H. Baumann, F. Bethge, H. F. Blunck, A.v. Ochsenfeld, B. Brehm, A. v.Czibulka, L. Dill, E. E. Dwinger, R. Euringer, H.H. Ewers, G. Frenssen, J.v.d. Goltz, H. Grimm, C. Haensel, K. Haushofer, H.Johst, E. G. Kolbenheyer, H. Menzel, W. Pleyer, G. Schumann, H. Steguweit, W. Vesper, H. Watzlik, J.M.Wehner, H.Zillich. E. C. Breitenltamp, The US Information Control Division and Its Effect on Ger­ man Publishers and Writers 1945-1949, 1953, S. 34. Vgl. auch H. Gehring, Litera­ tur im Dienste der Politik, Zum Reeducation-Programm der amerikani­ schen Militärregierung in Deutschland, in: N. Born, J. Manthey, Literaturmaga­ zin 7, Nachkriegsliteratur, 1977, S.252270, hier S.269.

67 Interview d. Verf. mit Felix Buttersack vom 28. Febr. 1983.

77 Vgl. ua. H. Gehring, a.a.O.; G.Hay (Hrsg.), Zur literarischen Situation 1945-1949, 1977.

68 Vgl. Sendeankündigung »Drehen Sie auf«, in: Radiowelt, l.Jg., H.35, 6.10. 1946, S.8.

78 Lediglich Goethes »Die Mitschuldigen« (24.2. 1946) und »Iphigenie auf Tauris« (28.7. 1946), sowie Shakespeares »Mac-

Anmerkungen beth« (22.9. 1946) wurden für den Funk eingerichtet. In Anlehnung an Auffüh­ rungen des Staatsschauspiels übernahm man Gogols »Revisor« (3.3. 1946), G.B.Shaws »Pygmalion« (28.4. 1946), R. Ardrys »Leuchtfeuer« (16.6. 1946) u. a. 79 Die in der Reihe »Leicht literarisch« vor­ gestellten Autoren korrelieren auffallend mit der Index-Bibliographie amerikani­ scher Autoren, die seit 1936 im Ministe­ rium für Propaganda und Volksaufklä­ rung zirkulierte (vgl. H.Gehring, a.a.O., S. 253 u. S.269, Anm. 1), ohne daß aller­ dings ein Zusammenhang belegbar wäre; die Beiträge zum »Kleinen Feuilleton« wurden gerne ausländischen Zeitungen und Zeitschriften entnommen (vgl. u.a. Radiowelt, l.Jg., FL41, 17.11. 1946, S.8). 80 An der >Bavaria sancta< sollten sich nach Lippls Vorstellung die Hörer aufrichten: »Der »bayerische Gedanke* (Hervorhebung im Original) stand im Laufe der Ge­ schichte politisch und kulturell immer im Gegensatz zu jenen Ideen, wie sie in letz­ ter Konsequenz dann auch vom Natio­ nalsozialismus vertreten und gewalttätig durchgedrückt wurden ... Die Rehabili­ tierung des bayerischen Gedankens ... stellt eine positive Konzeption dar; allein schon indem sie sich ereignet und ausbaut, löscht sie die Erinnerung an den Nazismus aus.« Stadt B MÜ HS HAH 548, Denkschrift A.J.Lippl, »Der Baye­ rische Rundfunk«. Lippl entwickelte dar­ aus eine ganze Reihe konkreter Pro­ grammvorschläge (»Der bayerische Eh­ renspiegel«, »Die großen bayerischen Wallfahrten«, »Das bayerische Wort«, u.v.a.), die aber keinerlei unmittelbaren Eingang in die Programmplanung fan­ den. 81 »A balance of local and foreign presenta­ tions is maintained in order to bold the attention of many types of listeners« ... (F.Horine, zit. nach: ß. Pulley, a.a.O.) 82 Radiowelt, l.Jg., H.30, 1.9. 1946, S.4. 83 Radiowelt, 2.Jg„ H.9, 2.3. 1947, S.6. 84 Vgl. H.-J. Schreiber, a.a.O., S. 199 ff. 85 K. Wilhelm, »Brumml«geschichten, 1948, S.6.

gen bei der Bayerischen Staatskanzlei zu­ ständig war, gegenüber Field Horine, daß ein von Deutschen verantwortlich be­ triebener Rundfunk »volksnähere« Pro­ gramme ausstrahlen würde. Gleichzeitig beklagte er sich über die unablässigen pädagogischen Hinweise im Radio. (Dazu die Unterredung zwischen Pfister und Horine am 17.Jan. 1947; Vormer­ kung Pfisters für den Ministerpräsiden­ ten, 15. Jan. 1947. Süddeutscher Rund­ funk HÄ Nr.2251; Akten der Bayeri­ schen Staatskanzlei, Gesetzgebungsver­ fahren in der US-Zone, März 47 bis Mai 48, BayHStA MA 130 278/1). 88 II. Pulley, a.a.O. 89 Memo (undatiert), S. 1, in: Korrespon­ denz Horine, BR-Redaktionsakten, BRArchiv. 90 Korrespondenz 1 lorine, BR-Reaktionsakten, BR-Archiv. 91 ß. Me/i/er, a.a.O., S. 118. 92 Rücktrittsschreiben v. 31.12. 1946, s. Ab­ schrift im Dokumentenanhang von ß.Mettler, a.a.O. 93 Zit. nach Dok. Nr. 8 316, BR-Schallarchiv; noch deutlicher wurde Horine in Zeitungsaufsätzen vom April 1947, deren Überschriften lauteten: »U.S. MG Losing Its Grip in Reich, Right Wing Germans Take Over«, »MG Lets Medie­ val-Minded Rightists Run Bavaria«, »MG Men Who Know Admit Denazifi­ cation is Flop«, »U. S.A. Failing to ReEducate German Youth for Democracy« (zit. nach ß. Mettler, a.a.O., S. 118). 94 Interview E.Langendorf — B. Mettler, in: II. Mettler, a.a.O., S.90. 95 Interview Isenstedt - B.Mettler, in: Ebenda, S.119. 96 Ebenda, S. 160. 97 Schreiben Horine v. 4.7. 1946 in BRPersonalakten, BR-Archiv. 98 R. v.Scholtz anläßlich der Feier zur Eröff­ nung des großen Sendesaals bei Radio München am 21.5. 1948, Dok. 1 594, BR-Schallarchiv. 99 W.Jacobmeyer, Politischer Kommentar und Rundfunkpolitik, Zur Geschichte des Nordwestdeutschen Rundfunks, 1945-1951, in: W.II.Lerg, R. Steininger (Hrsg.), Rundfunk und Politik 1923 bis 1973, S. 311-340, hier S.319f.

86 Vgl. z.B. die ICD-Studie, o.T., in RG 260 (Records of the Office of Military Government for Germany, U.S.): Box 298-1/5, wo es heißt: »Particular attenti­ on has been directed ... to reach the wo­ men and youth of Germany, certainly the most numerous and probably the most nazified segment of the population« (zit. nach H. Gehring, a.a.O., S.269).

100 Egel war durch Telefonate mit Karlshorst den amerikanischen Abwehroffizieren aufgefallen und daraufhin in Auseinan­ dersetzungen mit Schechter geraten (vgl. B. Mettler, a.a.O., S.2I2).

87 So erklärte Oberregierungsrat Kurt Pfi­ ster, der für die rundfunkpolitischen Fra­

101 Zur - im übrigen weitgehend angepaß­ ten - Tätigkeit Egels in München s. BR-

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Redaktionsakten/Schriftwechsel intern (l.Okt. 1947 bis 19.Okt. 1949), BRArchiv. 102 Dazu auch W. v. Cube, Ich bitte um Wi­ derspruch, 1952. 103 Interview W.v.Cube - B.Mettler, in: ß. Mettler, a.a.O., S. 160. 104 Hörerpost: Wochenberichte 22.7. 1947 bis 1.1. 1950; Hörerpost/Schriftwechsel intern bis 1954, BR-Redaktionsakten, BR-Archiv. 105 Zit. nach SZ v. 26.8. 1950. 106 Zu den Auseinandersetzungen um die Rechts- und Organisationsstruktur des Bayerischen Rundfunks bzw. des Rund­ funks in Deutschland vgl. die unter Anm. 4 genannten Untersuchungen von II. Mettler, L.MaaJSen, H. O. Halejeld; ferner H. Bausch, a.a.O.; H. Montag, Pri­ vater oder öffentlich-rechtlicher Rund­ funk, 1978. 107 Bayerischer Rundfunk, Zur feierlichen Übergabe in deutsche Hände, 1949, o.S.

Medien an der Longe 1 K. A. Holz, Münchner Neueste Nachrich­ ten (1848-1945) in: H.-D. Fisr/ier (Hrsg.), Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahr­ hunderts, 1972, S.381. 2 Law Nr. 191, Amended (1), in: Manual For The Control Of German Information Ser­ vices, Restricted, o.O., 12. May 1945, S. 19-20. 3 Manual, a.a.O., S. 1 f. 4 £. Matz, Die Zeitungen der US-Armee für die deutsche Bevölkerung (19441946), 1969, S.153f. 5 Information Control Regulation No. 1, in: Manual, a.a.O., S.21-22. 6 H. Hurwitz, Die Stunde Null der deut­ schen Presse, 1972, S. 35 ff. 7 H. Hurwitz, a. a. O., S. 42 f. 8 H. Hurwitz, a.a.O., S. 119f. 9 H. Wurstbauer, Lizenzzeitungen und Hei­ matpresse in Bayern, 1953, S.29. 10 H. Hurwitz, a.a.O., S.4II. 11 H. Hurwitz, a.a.O., SA49. 12 H. Hurwitz, a.a.O., S.147. 13 Manual, a.a.O., S.52ff. 14 H. Hurwitz, a. a. O„ S. 125 f. 15 F. Mannhart, Entwicklung und Struktur­ wandel der Tagespresse in der Bundes­ republik Deutschland seit 1945 und ihre Position im öffentlichen Raum, 1958, S.12.

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Anmerkungen

16 Gespräche mit Ernest Langendorf vom 14.12. 1981, 4.2. 1982, 11.2. 1982, 25.2. 1982 und 4.3. 1982. 17 Vgl. Münchner Stadtanzeiger vom 10.3. 1981. 18 J. Dünner, Zu Protokoll gegeben, Mein Leben als Deutscher und Jude, 1971, S.117.

R. Greuner, Lizenzpresse - Auftrag und Ende, 1962, S. 269-272. 37 H. Hurwitz, a.a.O., S.2G2(. 38 Vgl. SZ vom 6.10. 1970. 39 H. Huriei/z-, a.a.O., S.210. 40 Vgl. Beilage zur SZ vom 23.9. 1949, Die Süddeutsche Zeitung und ihre Leser.

19 J. Dünner, a.a.O., S. 128.

41 H. Hurwitz, a.a.O., S.204.

20 H. Hurwitz, a.a.O., SA28.

42 »Richtlinien Nr. 2 für alle Zeitungsinhaber in deutschen Nachrichtendiensten« vom 4.9. 1945, Privatarchiv Dr. Alfred Schwin­ genstein.

21 Gespräche mit Dr. Alfred Schwingenstein vom 14.12. 1981, 19.12. 1981 und 8.2. 1982. 22 Vgl. SZ vom 6.8. 1946. 23 Gespräch mit Wilhelm Saekel vom 9.3. 1982. 24 Vgl. Münchner Stadtanzeiger vom 30.6. 1978. 25 Niederschrift über die »Erste Sitzung im Büro der Pressesektion der am. Mil. Reg. am 23.7. 45«, gezeichnet von Georg Lo­ renz, Privatarchiv Dr. Alfred Schwingen­ stein.

43 Schreiben von David Davidson an Ed­ mund Goldschagg 24.1. 1946, Privat­ archiv Dr. Alfred Schwingenstein. 44 Schreiben von David Davidson an Ed­ mund Goldschagg vom 12.3. 1946 und 19.3. 1946, Privatarchiv Dr. Alfred Schwingenstein. 45 Schreiben von Walter Brockmann an August Schwingenstein vom 25.4. 1946, Privatarchiv Dr. Alfred Schwingenstein. 46 Vgl. SZ vom 4.6. 1946.

26 »Organisations- und Finanzierungsplan« von August Schwingenstein vom 11.7. 1945, Privatarchiv Dr. Alfred Schwingen­ stein.

47 Schreiben von Ernest Langendorf an Ed­ mund Goldschagg vom 8.6. 1946, Privat­ archiv Dr. Alfred Schwingenstein.

27 Niederschrift über die »Sitzung in der Re­ natastraße am Samstag, 4.8. 45«, gezeich­ net von Georg Lorenz, Privatarchiv Dr. Alfred Schwingenstein.

48 Schreiben von Oberst McMahon an die »Herren Lizenzträger Schwingenstein, Goldschagg und Schöningh« vom 22.Juni 1946, Privatarchiv Dr. Alfred Schwingen­ stein.

28 Vgl. SZ von 10.5. 1977. 29 »Current Informational Report«, gezeich­ net von Theodore Kaghan, vom 7.11. 1951, Privatarchiv Ernest Langendorf. 30 Protokoll über die »Besprechung im Zim­ mer Schwingenstein, am 24.9. 45«, ge­ zeichnet von Georg Lorenz, Privatarchiv Dr. Alfred Schwingenstein. 31 Vgl. SZ vom 9.10. 1945. 32 Protokoll über die »Besprechung über die Festlichkeiten anläßlich der Lizenzüber­ gabe am 28.9. 45 im Zimmer von Herrn Schwingenstein«, gezeichnet von Georg Lorenz, Privatarchiv Dr. Alfred Schwin­ genstein. 33 Vgl. SZ vom 6.10. 1945. 34 A.Dürr, Weltblatt und Heimatzeitung, Die Süddeutsche Zeitung, in: M. IV. Tho­ mas (Hrsg.), Porträts der deutschen Presse, 1980, S.65. 35 H. Kapßnger, Die neue bayrische Presse, hg. im Auftrag des Vereins Bayer. Zei­ tungsverleger, 1948, S. 13. 36 »Betriebsanweisung für die Presse Nr. 1 (für Zeitungsinhaber)«, abgedruckt bei

49 Schreiben von Ernest Langendorf an die Lizenzträger der SZ vom 11.9. 46. Privat­ archiv Dr. Alfred Schwingenstein. 50 /. Dünner, a. a. O., S. 112. 51 Schreiben von Walter Brockmann an Ed­ mund Goldschagg vom 9.4. 1947. Privat­ archiv Dr. Alfred Schwingenstein. 52 H. Hurwitz, a.a.O., S.225. 53 Gespräche mit Ludwig Vogl vom 3.2. 1982 und 20.3. 1982. 54 Vgl. Lizenzhandbuch Deutscher Verlage, Zeitungen, Zeitschriften, Buchverlage, 1947, S. 16 sowie Handbuch der Lizenzen Deutscher Verlage, Zeitungen, Zeitschrif­ ten, Buchverlage, 1949, S. 20. 55 W. B. France, Zweieinhalb Jahre Aufbau, Prospekt, undatiert, Archiv der SZ. 56 /l. Dörr, a.a.O., S.77. 57 £, Matz, a. a. O„ S. 7 5. 58 Ebd„ S.76. 59 Ebd., S.78. 60 H. Habe, Im Jahre Null, 1966, S.82f. 61 H. Hurwitz, a.a.O., S. 101.

62 Ebd., S. 202. 63 H.

a.a.O., S.113.

64 £. Matz, a. a. O., S. 90. 65 H. Hurwitz, a. a. O„ S. 102. 66 F.Matz, a.a.O., S. 110, Anmerkung504. 67 Ebd., S. 77. 68 Ebd., S. 95. 69 H. Hurwitz, a.a.O., S.264. 70 Ebd., S.265. 71 Ebd., S. 267 f.

Oie Zeitschriften-Landschaft Münchens 1 Die literarisch-politische Wochen- und Monatspresse wird im folgenden der Ein­ fachheit halber als »Kulturzeitschrift« be­ zeichnet, zumal Literatur und Politik we­ sentliche Bestandteile der Kulturzeitschrift bilden. Die literarisch-publizistische Form des Essays nimmt zumeist den größten Teil der Zeitschrift ein. Vor Beginn des 20. Jahrhunderts war die Kulturzeitschrift untrennbar mit der Literatur, besonders der Essayistik verbunden. Seit dem 20. Jahrhundert tritt zunehmend die Poli­ tik, als Instrument gesellschaftlicher Bewußtmachung, hinzu. 2 Dazu H.Pross, Literatur und Politik, Ge­ schichte und Programme der politisch­ literarischen Zeitschriften im deutschen Sprachraum, 1963, S. 142 u. 354. 3 Wir sind unzufrieden mit der Presse, in: Gewerkschaftszeitung, Nr. 12, 4,Jg., S.7 (gez. We). Dazu auch die Beiträge: Sind Zeitschriften »Schriften der Zeit«?, in: Münchner Merkur v. 13.2. 1948, Nr. 13, S.3 (Gespräch am runden Tisch mit W. E.Süßkind, Erich Kuby, Herbert Hupka und Heinz Coubier) und »ZeitschriftenInflation«, in: Handelsblatt vom 20.11. 1947. 4 BayHStA ICD 10/109-3/2: nach Angaben des Herausgebers von »Ende und An­ fang«, Franz-Josef Bautz, lagen Bestellun­ gen von über 400000 Personen (allein 150000 aus dem Rheinland) vor. Hans Werner Richter, Herausgeber des »Ruf«, machte ähnliche Angaben in einem Ge­ spräch v. 5.2. 1976. Siehe auch: Munich weekly report in BayHStA 10/125-2/6, dort der Brief Harry Schulze-Wildes v. 9.1. 1948, in dem er für »Echo der Woche« von über 500000 Bestellungen aus allen vier Zonen spricht. Eugen Kogon wies auf denselben Trend bei den »Frank­ furter Heften« hin, dazu Anm.22. IV. Schulze-Reimpell, Thesen über Kultur­ zeitschriften, in: A.Mytze (Hrsg.), Kultur-

Anmerkungen Zeitschriften - Tagungen der evangeli­ schen Akademie Hofgeismar, Europäische Ideen, Heft 22, 1976, S.4. 6 Zuschriften kamen auch durch zahlreiche »Aktionen« vor allem von Jugendzeit­ schriften oder Umfragen. Bei Themen zur Schuldfrage (z. B. in der »Wandlung« Dolf Sternbergers, Heidelberg) waren Zuschrif­ ten bis 1947/48 sehr verbreitet. Auch in »Ost und West« von Alfred Kantorowicz (Berlin) waren Leserbriefe und Antworten wesentlicher Bestandteil der Zeitschrift. 7 »Persönlichkeitszeitschriften« waren z.B.: »Ost und West« (hg. v. Alfred Kantoro­ wicz, Berlin, Juli 1947-Dezember 1949); das »Goldene Tor« (Alfred Döblin, Sept. 1946-April 1951, zuerst Lahr, ab 1950 Baden-Baden); »Merkur« (Hans Paeschke, 1946 ff, seit Frühjahr 1946 in Stuttgart). Als Zeitschriften einer Gruppe sind u.a. zu nennen: »Der Ruf« (April 1946-März 1949, zuerst München, dann ab Nr. 19/ 1948 Mannheim) und mehr noch »Ende und Anfang« (April 1946-Februar 1949, zuerst Meiringen, dann ab November 1948 Augsburg). 8 E. Kuby, in: Sind Zeitschriften »Schriften der Zeit«?, in: Münchner Merkur, 13.2. 1948, Nr. 13, S.3. 9 J.Ainery, In den Wind gesprochen, in: A.Eggebrechl (Hrsg.), Hie zornigen alten Männer - Gedanken über Deutschland seit 1945, 1979, S.258. 10 Die liberalen, intellektuellen Kulturoffiziere der ersten zwei Jahre wurden ausge­ wechselt; ebenso deutsche Intellektuelle, Publizisten in politischen Funktionen (etwa als Bürgermeister). 11 Hierzu: Du und deine Zeitschritt, in: »Der Regenbogen«, Zeitschrift für die Frau, 4.Jg., 1949, Nr. 10, S.3 (gez. H.H.), ebenso auch: R. Becker, Vor dem Zeitungskiosk, in: »Südpost« vom ll.Okt. 1949, H. 17, S.7. 12 »Der Monat« erschien im Verband der in­ ternationalen »Zeitschrift des Kongresses für die Freiheit der Kultur«, in der auch in Frankreich, England, Italien, Spanien und Österreich erscheinende Zeitschriften zu­ sammengeschlossen waren. Ramperts deckte 1961 ihre Finanzierung durch einen CIA-Fonds auf. 13 K.Mehnerl, El. Schulte (Hrsg.), Deutsch­ land-Jahrbuch 1949, 1949, S.446; auch hier wurde die Frage nach »echtem Be­ dürfnis« oder »Ablenkung« gestellt. Dazu auch H.Gocrtz, Die Flucht in die Zeit­ schrift, in: »Neue Zeitung« v. 13.1. 1947, H.4. 14 Vgl. A.J. und L. Merrill, Public opinion in occupied Germany, The OMGUS surveys, 1945_1949, 1970, S. 13; auch: E. Noelle

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und P. Neuntann (Hrsg.), Jahrbuch der öf­ fentlichen Meinung 1947-1955, 1956, S. 56 f. und S.62. Da über das Leseverhal­ ten bei Kulturzeitschriften keine Untersu­ chungen angestellt wurden, ist hierüber nur schwer eine Aussage zu machen. An­ zunehmen ist, daß Leser von Zeitschriften oft mehrere Titel bezogen, daß ihre Ver­ breitung über Intellektuellen- und fach­ interessierte Kreise hinausging, aber auch, daß Zeitschriften durch mehrere Hände gingen.

22 Treffpunkt für Publizisten und Literaten war z.B. Walter Kolbenhoffs Wohnung in der Schellingstraße. Vor allem zeitgenössi­ sche Teilnehmer dieser Treffen, so Eugen Kogon, Dolf Sternberger, Berthold Span­ genberg, Willi Weismann und Kurt Ressing wiesen bei dem Symposium über »Politische und kulturelle Zeitschriften 1945-1949«, veranstaltet im Münchner Institut für Zeitgeschichte v. 19.-21. April 1982, auf die Bedeutung dieser Treffen hin.

15 In München waren dies: »Zeitwende«, »Hochland«, »Zwiebelfisch«, »Simpl« und »Michael«; verboten wurde hingegen z.B. die Wiederauflage der »Münchener Post« (Tageszeitung!).

23 A. Andcrsch, Das junge Europa formt sein Gesicht, in: »Der Ruf«, l.Jg., 1946/47, H. 1, S. 1.

16 Der Auflagenhöchststand war Ende 1947, Anfang 1948 erreicht. 17 Günter Eich war wie Peter Hüchel und Horst Lange in den 20er Jahren Mitglied der Dresdner Kolonne, einer gegen die neue Sachlichkeit orientierten literarischen Gruppe. 18 U.a. schrieben folgende, auch nach 1945 verbreitete Autoren im »Inneren Reich«: Ernst Wiechert, Rudolf Schneider-Schel­ de, Otto Freiherr v.Taube, Hans Carossa, Ernst Jünger, Georg v. der Vring, Ina Sei­ del, I lermann Stahl. 19 Vgl. hierzu besonders die Anthologie »De profundis - Deutsche Lyrik in dieser Zeit«, hg. v. G. Groll, 1946. Die Samm­ lung verstand sich als »Dokumentation von der inneren Situation des deutschen Geistes in den letzten zwölf Jahren« (laut erster Deckblattseite). Entgegen späteren Angaben Eichs etwa, er habe nur reine Dichtung geschrieben, veröffentlichte er 1933-1939 ca. 15 Hörspiele für den Rundfunk und mit Raschke ca. 70 Folgen des »Deutschen Kalenders«. Sicherlich lag Eich nationalsozialistische Gesinnung fern, aber es illustriert die frappante Ver­ drängung (und Angst vor) der eigenen Geschichte. 20 Hervorgehoben sei in diesem Zusammen­ hang das antifaschistisch-humanistische Verlagskonzept Willi Weismanns, deutlich sichtbar hei seiner Literaturzeitschrift »Die Fähre«. 21 Heinz Mode schrieb regelmäßig für die KP-Organe »Die Nation« und das »Infor­ mationsblatt der Kommunistischen Partei Deutschlands«. In den Treffen in seiner Wohnung fanden sich u.a. auch Erich Kästner, Jörg Wisbeck und Henry MeyerBrockmann (beide arbeiteten als Illustrato­ ren u.a. im »Simpl«) oder Curt Jürgens. Die Angaben sind einem Brief Modes v. 15.1. 1982 entnommen.

24 A. Koesller, Die Gemeinschaft der Pessimi­ sten, in: »Der Ruf«, l.Jg., 1946/47, H.l, S.3f. 25 Vgl. H. W. Richter, Literatur im Inter­ regnum, in: »Der Ruf«, l.Jg., 1946/47, H.15, S.lOf. 26 Erich Kuby in einem Vortrag in der Aka­ demie für politische Bildung in Tutzing, gehalten im Nov. 1980 im Rahmen einer Vortragsreihe zum Thema »Zur geistigen Situation der Nachkriegszeit in Deutsch­ land 1945-1949«. Aus den zahlreichen Veröffentlichungen über den »Ruf« sei hier nur hervorgehoben: /. Vaillanl, Der »Ruf«, Unabhängige Blätter der jungen Generation, Eine Zeitschrift zwischen Illusion und Anpassung, 1978 (Reihe: Kommunikation und Politik, Nr. 11). 27 Aufhänger für das Verbot waren zwei Arti­ kel von »Ende und Anfang«: »Zweierlei oder für jeden etwas« (H. 1/2, 3.Jg., 1948, S.lOf.) und »Zwischen Krieg und ...?« (H.3/4, 3,Jg„ 1948, S.22 u. S.24). Über die Hintergründe BayHSTA 10/88-2/5, »confidential«: »Revocation of license for publication of 'Ende und Anfang««, 10.Juli 1948, gez. v. H.B.Stinner (chief publication Brandt) und der Intellectual Division. 28 Hierzu Sonderausgabe von »Ende und Anfang« v. 10.8. 1948. 29 Vgl. dazu G. Böhringer, Zeitschriften der jungen Generation, in G. Elay (Hrsg.), Zur literarischen Situation 1945-1949, 1977, S.86ff. Zur ersten Phase von »Ende und Anfang« eine Umfrage in BayHSTA, »Augsburg Detachment« v. 18.8. 1946, 10/109-3/2 (»Jungakademisches Sonn­ tagsblatt«: »Zu schöngeistig und zu katho­ lisch, unpolitisch und weltfremd«). 30 Als weitere Jugendzeitschriften sind zu nennen: »Michael«, hg. v. Johannes Maas­ zen, »Unsere Jugend«, hg. v. Hermine Albers, Elisabeth Bamberger u. A. Bussmann, »Das neue Leben«, hg. v. Missionsdienst für Christus in der evangelischen Kirche in Bayern und »Der Pflug«, hg. v. Emeram

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Anmerkungen

Scharl. Jugendzeitschriften kamen meist halbmonatlich heraus. 31 Zu den Mitarbeitern gehörte auch Wenzel Jaksch, ein führender sudetendeutscher Politiker, der nach London emigriert war. Richard Reitzner, der vor Emil Werner für kurze Zeit für »Die Brücke« verantwort­ lich zeichnete, war Mitarbeiter Jakschs und von 1938-1941 London-Emigrant. 32 Siehe Anm. 20. 33 Die Herausgeberin Laetitia Dyckerhoff, nach Angaben Weismanns nur eine vorge­ schobene Figur, da Günther Doberauer die eigentliche Arbeit machte, war, wie den Amerikanern erst 1947 bekannt wurde, nicht durch das Genehmigungsverfahren gelaufen und mußte die Herausgeber­ schaft abgeben. Weismann stellte die Zeit­ schrift ein und begründete mit neuem Redaktionsstamm das »Neue Magazin« (Gespräch mit W. Weismann, April 1979 in München). 34 Dem Verleger und Herausgeber des »Neuen Podiums«, Georg Schießl, wurde 1947 für eine zeitlang die Lizenz ent­ zogen. 35 Harry Schulze-Wilde war Herausgeber der Wochenzeitung »Echo der Woche«. 36 »Ulenspiegel«, Zeitschrift für Literatur, Kunst und Satire, wurde von Herbert Sandberg und Günther Weisenborn her­ ausgegeben. Mitarbeiter waren u.a. Wolf­ gang Weyrauch, Martin Kessel, Friedrich Wolf, Günther Kunert, Bert Brecht u.a.; Die Zeitschrift erschien in Berlin von Dezember 1945 bis August 1950. 37 Vgl. die Einleitung in H. 1 des »Regen­ bogens«, l.Jg. 1946, S.4 und A. Alscher, Haben wir Frauen versagt?, in: Der »Regenbogen«, H.8, l.Jg., 1946, S.3. 38 Reaktionen auf die »Amerikanische Rund­ schau« sind in einer amerikanischen Akte v. 23.4. 1946 wiedergegeben; dazu Bay HSTA 10/109-3/2 (u.a. Kommentare v. F. J. Schöningh, T. W. Friedmann, H. Mode, (.Müller, H.Ehard). 39 Vgl. dazu das Deckblatt der ersten Ausgabe der »Neuen Auslese«, Febr. 1946. 40 Siehe Anm. 12. 41 Die ersten Ausgaben des »Organs der Ar­ beitsgemeinschaft Frankreich in der Kul­ turliga München« waren nicht für den öffentlichen Handel bestimmt und er­ schienen in hektographierten Folgen. Ende 1948 wurde es vom Weismann-Verlag übernommen. 42 Vgl. dazu das Vorwort der ersten Ausgabe der »Klüter Blätter«, Blattfolge 1, 1949, S. 1-4 (Vorwort nicht gezeichnet).

43 Die Verteidigungsschriften wurden in Blattfolge 8 u. 13 der »Klüter Blätter« 1950 veröffentlicht.

20 Kochbuch für heute, zusammengestellt von der Versuchsküche Buchenau, Murnau-München 1946, S.5—13.

44 Ernst Penzoldt war während des »Dritten Reiches« als Künstler verboten gewesen.

21 Ebd.; außerdem G. Boruttau, Gute Kost in magerer Zeit, Rezepte, Ratschläge und Anregungen für die Küche, München 1946.

45 Siehe Anm. 38. 46 J. Frank, Was wünschen sich die Leser?, in: »Münchner Magazin«, 2.Jg., 1947, H. 1, S.18f. 47 Als letzter Versuch einer Neugründung einer Kulturzeitschrift von exilierter Seite muß der von Carl Otto Paetel gewertet werden. Paetel gab bis 1949 in New York die »Deutsche Gegenwart« heraus u. hatte in einem Brief an Schulze-Wilde vom 8. Sept. 1949 um die Gründung einer Zeit­ schrift in seinem Münchner Verlag gebe­ ten, was angesichts der desolaten finan­ ziellen Lage von Schulze-Wildes Verlagen unmöglich war.

22 Zeitgemäßes Kochen, Ein Nachschlagebüchlein für Hausfrauen und Haushal­ tungsschülerinnen von A.-M. Weber, Te­ gernsee 1946. 23 Kochbuch für heute, a.a.O., S.60. 24 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 15 vom 21.4. 1981. 25 Ebd. 26 Der Regenbogen, Zeitschrift für die Frau, 1946 ff; Der Silberstreifen, hg. von M. Kelterer, 1946 ff. 27 Der Silberstreifen, a.a.O., Jg. 1, 1947, Heft 6/7.

Die Frau im Münchner Alltag 1 C. Hallig, Erinnerungen, Die Besatzer II, S. 120f, masch. Manuskript. o.J. 2 Statistisches Handbuch der Stadt Mün­ chen, hg. vom Statistischen Amt der Stadt München, 1954. 3 Stadt A MÜ BUR 1789, Die Münchner Bevölkerung nach Alter und Familien­ stand, Ergebnisse der Volkszählung vom 13.9. 1950, III, S.5. 4 Ebd.; außerdem Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8.9. 1950. 5 Stadt A MÜ BUR 1789, Volkszählungs­ ergebnisse vom 3.9. 1950, S.7. 6 A priv IfBG, Trümmerbriefe. 7 Vor allem aus den Beständen Stadt A MÜ BUR und Bauamt sowie Stadt B MÜ HS HAH. 8 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr.76 vom 18.9. 1982. 9 Ebd., Brief Nr. 4 vom 26.3. 1981. 10 Ebd., Brief Nr.71 vom 31.10. 1982. 11 Ebd., Brief Nr. 67 vom 3.11. 1982. 12 Ebd., Brief Nr.76 vom 18.9. 1982. 13 Ebd., Brief Nr. 58 vom 20.1. 1982. 14 Ebd., Brief Nr.30 vom 23.3. 1981. 15 Ebd., Brief Nr. 8 vom 18.5. 1981. 16 Ebd., Brief Nr.53 vom 16.7. 1981. 17 Ebd., Brief Nr. 46 vom 22.4. 1981. 18 Ebd., Brief Nr.53 vom 26.7. 1981. 19 Ebd.

28 Ebd., Jg.l, 1947, Heft 4/5 und Der Re­ genbogen, a.a.O., Jg.2, 1947, Heft 11/12, S.19. 29 Der Silberstreifen, a.a.O., Jg.l, 1947, Heft 11/12, S.48. 30 Ebd., Jg.2, 1948, Heft 2/3, S.63. 31 Ebd., Jg.l, 1947, Heft 10, S.63 und Gute Kost in magerer Zeit, a.a.O., S.98 sowie Der Regenbogen, a.a.O., Jg.l, 1946, Heft 2, S.19. 32 Der Regenbogen, a.a.O., Jg.l, 1946, Heft 8, S.12. 33 Ebd., Jg.l, 1946, Heft8, S. 13 und ebd., Jg.3, 1948, Heft 12, S.21. 34 Stadt B MÜ HS HAI I 375. 35 Der Regenbogen, a.a.O., Jg.2, Heft 2, S.30.

1947,

36 Ebd., Jg.3, 1948, H.12. 37 SZ, 27.10. 83, Die im Dunkeln helfen sich selbst, von M.A.Boese zum 35jährigen Jubiläum der Freien Selbsthilfe. 38 Der Regenbogen, a.a.O., Jg.3, Heft 5, S.19.

1948,

39 Stadt A MÜ BUR 1789, Volkszählungs­ ergebnisse vom 13.9. 1950. 40 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 43 vom 18.5. 1981. 41 Ebd., Brief Nr. 3 vom 5.4.-27.4. 1981. 42 C.Ha//ig, a.a.O.,S. 74 f. 43 F. Obermaier, J. Mauerer, Aus Trümmern wächst das neue Leben, 1949, S. 57. 44 Der Regenbogen, Jg.2, 1947, Heft 11/12, A. Steinhoff, Jugend hinter Gittern.

Anmerkungen 45 K.Jering, Überleben und Neubeginn, Ta­ gebuchaufzeichnungen eines Deutschen 1945/46, 1979, S.70, S.94, S.98, S. 104.

baureferats der Bayerischen Landeshaupt­ stadt München, München nach dem 2. Weltkrieg, 1948, S.22.

46 Stadt A MÜ BUR 1887, Tagung der Kreisbeauftragten für das Flüchtlingswe­ sen am 16.6. 1948, Referat von Willi Irlbeck.

68 Stadt A MÜ Bauamt-Wiederaufbaureferat 1096, Beiträge zur Soziographie Mün­ chens, a.a.O., S.35f.

47 Dazu der Beitrag von M. Krauss, Flücht­ linge, in der vorliegenden Publikation. 48 M. von Eynern, Erinnerungen, masch. Ma­ nuskript, S. 25. 49 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 6 vom 15.5. 1981.

69 Stadt A MÜ Bauamt-WohnungswesenSchutträumung, Verschiedenes, 16 b, Abgabeverz. 78/1, Reg. XII, 1949, Sitzung des Stadtrats vom 11.4. 1946. 70 Der Regenbogen, a.a.O., Jg. 1, Heft 2, S. 4.

1946,

71 Ebd., Jg. 1, 1946, Heft 3.

50 M. von Eynern, a.a.O., S. 106.

72 Ebd., Jg.2, 1947, Heft 4.

51 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 6 vom 15.5.1981

73 Stadt B MÜ FIS HAH 487, Entwurf von Hermine Baumgarten, Gewerbeoberleh­ rerin, vom 4.8. 1946.

52 Ebd., Brief Nr. 43 vom 18.5.1981

74 Der Silberstreifen, a.a.O., Jg.2, 1948, Heft 2/3.

53 Ebd., Brief Nr. 32 vom 1.4.1981 54 M. von Eynern, a.a.O., S. 106 55 E. Kästner, Notabene '45, Ein Tagebuch, 41980, S.154. 56 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 64 vom 30.10. 1982. 57 Ebd., Brief Nr. 53 vom 26.7. 1981. 58 Stadt A MÜ Bauamt-Wiederaufbaure­ ferat 1096; Beiträge zur Soziographie Münchens, hg. vom Wiederaufbaureferat, 1950, S.66f.

75 G.Brentnie, Die politische Rolle der Frau in Deutschland, 1956, S. 133 ff. und 257ff. 76 Stadt B MÜ HS HAH. 77 M. Krauss, Münchner städtische Kulturpo­ litik 1945—1954, Diss. masch. München 1983, Kap.IV. l.b, S.474ff.

1947,

78 Ein Großteil der hier genannten Namen ist städtischem Aktenmaterial entnom­ men, vor allem Stadt B MÜ HS HAH 410 und 411, sowie Tages- oder Ver­ bandszeitungen.

61 Ebd., Jg.2, 1947, Heft 9, IV. Eckhardt, Nahrhafte Berufe, S. 14.

79 Dazu z.B. Der Regenbogen, a.a.O., Jg.3, 1948, Heft 3, S.6, Wie lebt die Studentin heute von M. von Eynern sowie die Beiträ­ ge von L. Boehnt und U. Huber in der vor­ liegenden Publikation.

59 Der Regenbogen, a.a.O., Jg-2, Heft 4, S.6. 60 Ebd., S.6f.

62 Stadt A MÜ BUR 1899, Sitzungsproto­ koll über die am 17.1. 1949 beim Bayeri­ schen Landeszuzugsamt stattgefundene Besprechung betr. der von der Stadt Mün­ chen durchgeführten Aktion »Kontingent Grenzlager«, S. 2. 63 Stadt A MÜ Bauamt-Wiederaufbaureferat 1096; Beiträge zur Soziographie Mün­ chens, a.a.O., S.67. 64 Weitere Statistiken zu ähnlichen Fragestel­ lungen finden sich im Statistischen Hand­ buch der Stadt München, 1954, a.a.O., S.78ff. 65 Stadt A MÜ Bauamt-Wohnungswesen 139, Auszug aus dem städtischen Infor­ mationsdienst vom 7.10. 1946 über die Wirtschaft Berlins. 66 Dazu beispielsweise die Akten aus Stadt A MÜ Bauamt-Wohnungswesen, 16 b, Abgabeverz. 78/1. 67 Stadt A MÜ Bauamt-Wiederaufbaureferat 1096, Amtlicher Bericht des Wiederauf­

80 M. Krauss, Kulturpolitik, a.a.O., Kap. IV. 2.b, S. 562 ff. 81 Dazu z.B. Stadt A MÜ BUR 2152, Schrei­ ben Oberbürgermeister Scharnagls an das Referat 11 vom 14.9. 1945; weitere Infor­ mationen finden sich in Stadt A MÜ BUR 2153, 2154, 2156. 82 Der Regenbogen, a.a.O., Jg.2, 1947, Heft 4, S.3, Frauen müssen arbeiten von FK Eckardt. 83 J.Lepman, Die Kinderbuchbrücke, 1964, S. 125 ff. 84 Ebd., S. 133 ff. 85 H. Geltring, Amerikanische Literaturpoli­ tik und deutsche Interessen, 1976, S.33. 86 Stadt B MÜ HS HAH 626, Aufruf vom April 1948, gezeichnet von Elisabeth Lörik-Kummer, sowie SZ Nr. 113, 19.12. 1948, Münchner Frauenklub wieder da von E. Mont nt.

421

87 Stadt B MÜ HS HAH 678, Drucksache der Gedok München, außerdem MM, 13.10. 1949, Neubeginn der Gedok von R. Prévôt. 88 Stadt B MÜ HS HAH 507, Bericht über eine Besprechung bezüglich der Sozialen Frauenschule in München am 8.1. 1947. 89 D. Hasselblatt, Heutige Frauenschicksale und ihre Überwindung, Evangelische Zeitstimmen Heft 10, o.J. (1947?), S. 23. 90 G. Bengsch, Frauen von denen man spricht, 1950.

Trümmermode und New Look 1 Rundfunkkommentar von Peter Arnold für »Voice of America« am 24.1. 1946, abgedr. in Neue Zeitung v. 21.1. 1946, S.4, »Baumwolle nach Deutschland«. 2 Nach: Neue Zeitung v. 28.1. 1946, S.4, »50000Ballen Baumwolle« und Neue Zeitung v. 15.4. 1946, S.4, »Wo bleiben die Verbrauchsgüter?« 3 Nach: SZ v. 23.7. 1946, S.4, »150 Punkte für Säuglinge«. 4 Vgl.: SZ v. 11.1. 1947, S.4, »Hier stimmt etwas nicht«; SZ v. 14.1. 1947, S.3, »Hier stimmt vieles nicht«; SZ v. 16.1. 1947, 5.2, »Neue Textilkarte für Kinder«; SZ v. 1.2. 1947, S.4, »Es stimmte nicht! Stimmt es jetzt?«; SZ v. 8.2. 1947, S.4, »Aussprache über >Hier stimmt etwas nicht««. 5 Vgl.: SZ v. 11.3. 1947, S.3, »Versteckte Waren wurden entdeckt — Siebzig Hortungslager beschlagnahmt«; SZ v. 15.3. 1947, S.6, Sonderseite, »Der Schwarze Markt«. 6 Vgl.: SZ v. 8.9. 1946, S.6, »Schwarzhänd­ ler mit Kundendienst«. 7 Vgl.: Heute, Nr.37, v. 1.6. 1947, S. 16/17, »Mode streckt sich nach der Decke«; Heute, Nr. 42, v. 15.8. 1947, S. 24/25, »10,25 Meter Stoff«; Heute, Nr.49, v. 1.12. 1947, S. 20/21 »CARE-Wolle«. 8 Neue Zeitung v. 28.10. 1945, S.6, »Phan­ tasie gegen leere Kleiderschränke«. 9 Nach: Chronik der Stadt München 1945-1948, bearbeitet von W. Selig unter Mitwirkung von H. Stahleder und L. Morenz, hg. von M. Schattenhofer i.A. des Münchner Stadtarchivs 1980, S. 109, zum 1.12. 1945. 10 SZ v. 13.9. 1946, S.6, »Hausschuhe aus SA-Mützen«.

11 SieheAnm.8.

422

Anmerkungen

12 Vgl.: SZ v. 23.7. 1946, S.4, »150 Punkte für Säuglinge«; Schwäbische Donauzei­ tung v. 17.9. 1966, »Amerikanischer Fall­ schirm umhüllte Undine«; A. Weber, Im­ mer auf dem Sofa - Das familiäre Glück vom Biedermeier bis heute, 1982, S. 256. 13 ln: Bekleidung und Ausrüstung der Hit­ ler-Jugend: .. .Sonderbestimmungen für 1) Gebiete Franken, Hochland, Deutschöst erreich: ln den Gebieten Franken, Hochland und Deutsch-Österreich kön­ nen statt kurzen braunen Hosen und den Kniestrümpfen die landesüblichen kurzen braunen Lederhosen bzw. weißen Stutzen getragen werden. 14 SZ v. 23.7. 1946, S.4, »150 Punkte für Säuglinge«. 15 Neue Zeitung v. 14.3. 1947, S.8, »Leipzi­ ger Frühjahrsmesse — Modenschau«. 16 Echo der Woche v. 1.5. 1947, S.9, »Schul­ versuche, Mode zu machen«. 17 Vgl.: SZ v. 27.9. 1946, S.4, »Mode 1946 im Spiegel des Exports«. 18 Neue Zeitung v. 15.8. 1946, S. 2, »Moden auf der Exportausstellung«. 19 Siehe Anm. 17. 20 Echo der Woche v. 21.3. 1947, S.9, »Na nu, auch noch Modenschaukritik?«. 21 Echo der Woche v. 7.2. 1948, S. 10, »Dol­ lars und Wespentaille«.

6 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd., S.486. 7 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd. 8 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd. 9 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd., S.495. 10 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd., S.496. 11 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd., S.497. 12 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd., S.498. 13 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd., S.503. 14 Stadt A MÜ KP 718/1: ebd., S.512. 15 F. Grube, G. Richter, Schwarzmarktzeit, 1979, S.164. 16 Ebd. 17 Süddeutsche Zeitung vom 19.4. 1946. 18 Stadt A MÜ KP 719/1: Sitzung des Stadt­ rates vom 11.4. 1946, S. 266 f. 19 Stadt A MÜ KP 720/2: Sitzung des Stadt­ rates vom 11.11. 1947, S. 2414 f. (Anmer­ kung Stadtrat Weiß). 20 Süddeutsche Zeitung vom 19.4. 1946. 21 Stadt A MÜ KP 721/1: Sitzung des Stadt­ rates vom 13.5. 1948, S.957 (Vortrag Stadtrat Branz, SPD). 22 Stadt A MÜ KP 721/1: ebd., S.971 f. (Vor­ trag Stadtrat von Miller, CSU). 23 Stadt A MÜ KP 721/1: ebd.

22 Heute, Nr.34, v. 15.4. 1947, S.21-23, »Pariser Modefrühling«.

24 Stadt A MÜ KP 721/1: ebd., S.989f.

23 Echo der Woche v. 13.9. 1947, S. 10,»Pari­ ser Herbstmode«.

26 Süddeutsche Zeitung vom 24.1. 1948.

24 R. Klein, Lexikon der Mode, 1950, S. 154 (»Guepiere«) und S.225 (»Korsett«). 25 Heute, Nr. 99, v. 1.12. 1949, S. 22/23, »Neue Wintermäntel«. 26 Heute, Nr. 83, v. 27.4. 1949.

Ernährungslage und Schwarzmarkt in München 1 Süddeutsche Zeitung vom 22.3. 1946. 2 W. Fuhrmann, Geschichte der Bayerischen Lagerversorgung 1945-1974, Ein Zeit­ spiegel der Ernährungswirtschaft, 1974, S.35f. 3 Stadt A MÜ RP 721/1: Sitzung des Stadt­ rates vom 13.5. 1948, S.968f. (Sondersit­ zung, Anmerkung Bürgermeister Thomas Wimmers). 4 W. Fuhrmann, 3.3.0., S.7. 5 Stadt A MÜ KP 718/1: Sitzung des Stadt­ rates vom 6.12. 1945. S. 508 (Vortrag von Stadtdirektor Dr. Wunderer über die Ver­ sorgungslage).

25 Süddeutsche Zeitung vom 11.3. 1947.

27 Süddeutsche Zeitung vom 15.5. 1948, Ar­ tikel überschrieben mit »Hungerdebatte im Landtag«. 28 K. Kromer, Schwarzmarkt, Tausch- und Schleichhandel, 1947, S.9 ff. 29 M. Balfour, Vier-Mächte-Kontrolle in Deutschland 1945-1946, 1959, S.148, dort der Artikel der TIMES vom 20.11. 1946. 30 Stadt A MÜ BUK 1708: Schwarzmarktbe­ richte (Wochenberichte) der Kriminalun­ tersuchungsabteilung beim Polizeipräsi­ dium an das Public Safety Office der Militärregierung (Durchschläge wurden jeweils an den OB zur Kenntnisnahme weitergeleitet), hier der Bericht vom 20.12. 1946. 31 Stadt A MÜ KP 718/1: Sitzung des Stadt­ rates vom 6.12. 1945, S. 507 f. (Vortrag von Stadtdirektor Dr. Wunderer über die Versorgungslage). 32 Stadt A MÜ BUK 1703: Dort die Sam­ melberichte über Schwarzmarkt, Razzien und Beschlagnahmungen, 1945-1950.

33 Stadt A MÜ BUK 1722: Monatsberichte der Stadtverwaltung (Referate, Ämter), dort ein Schreiben des Referates 5, Dr. Wunderer, an Scharnagl vom 22.6. 1945. 34 Stadt A MÜ BUK 1722: Schreiben vom 23.7. 1945. 35 Bayer. Landeszentrale für Polit. Bildungs­ arbeit, J. Weber (Hrsg.), 30 Jahre Bundes­ republik Deutschland. Auf dem Wege zur Republik 1945-1947, Bd.I, 1978, S.210. Dort werden Beispiele für die unter­ schiedliche Preisentwicklung in München und Berlin angeführt; so kostete, laut »Schwarzmarkt-Preisliste« (Dokument 8 auf S.210), 1 kg Mehl in Berlin 28-30 KM, in München ca. 20 RM. Diese Ent­ wicklung wird auch durch die Schwarz­ markt-Wochenberichte der Münchner Kriminaluntersuchungsabteilung bestätigt. 36 Stadt A MÜ BUK 1704: Schwarzmarktbe­ richte des Polizeipräsidiums an die Preis­ überwachungsstelle beim Regierungsprä­ sidenten, 1946-1949, hier der Bericht vom 25.9. 1947 (umfaßt rückwirkend den Zeitraum vom 26.8. bis zum 25.9. 1947). 37 Stadt A MÜ BUK 1704: ebd. 38 Stadt A MÜ BUK 1705: Schwarzmarktbe­ richte (Wochenberichte) der Kriminalun­ tersuchungsabteilung beim Polizeipräsi­ dium an das Public Safety Office der Militärregierung, hier der Bericht vom 19.10. 1945. 39 Stadt A MÜ BUK 1707: Schwarzmarktbe­ richte (Wochenberichte), hier der Bericht vom 25.4. 1946. 40 Stadt A MÜ BUK 1704: Schwarzmarktbe­ richte des Polizeipräsidiums an die Preis­ überwachungsstelle beim Regierungsprä­ sidenten, 1946-1949, hier der Bericht vom 25.11. 1947 und der vom 15.3. 1948. 41 Stadt A MÜ BUK 1707: Schwarzmarktbe­ richte (Wochenberichte), hier der Bericht vom 20.12. 1946. 42 Stadt A MÜ BUK 1707: ebd. 43 Stadt A MÜ BUK 1708: Schwarzmarktbe­ richte (Wochenberichte), hier der Bericht vom 25.9. 1947. 44 K. Kromer, Schwarzmarkt, S. 10. 45 Stadt A MÜ Akten des Ernährungsamtes, Nr.76: Rundschreiben vom 10.2. 1948 zur »Bekämpfung von Wirtschaftsstrafsa­ chen«. 46 K. Kromer, Schwarzmarkt, S. 82 f. 47 £. U. Fhister, G. Kraiker, B. Scherer, F.-K. Schlotmann u. M. Welteke (Autorenkollek­ tiv), Determinanten der westdeutschen Restauration 1945-1949, 71980, S. 107.

Anmerkungen Flüchtlinge und Vertriebene 1 BayHStA MArb, Abgabe 1979, vorl. Nr. 537, Brief Guido Baron Leitgebs an Staatskommissar Dr. Jacnicke vom 1.8. 1948. 2 Ebd., Antwortschreiben, i.V. Dr. Ahnelt, vom 5.8. 1946. 3 F.J. Bauer, Flüchtlinge und Flüchtlingspo­ litik in Bayern 1945-1950, 1983, S.21ff. 4 Ebd., S. 25 f. Zu den Schlüsselverbandlun­ gen über die Verteilung der Flüchtlinge über die US-Zone £. Pscheidt, Der Kampf um die Verteilung der Flüchtlinge in der US-Zone, in: F. Prinz, Integration und Neubeginn, Dokumentation über die Lei­ stungen des Freistaates Bayern und des Bundes zur Eingliederung der Wirtschaftsbetriebc der Vertriebenen und Flüchtlinge und deren Beitrag zur wirt­ schaftlichen Entwicklung des Landes, hg. vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, 1984, S. 49 ff. 5 Deutscher Städtelag (I Irsg.), Vergleichende Städtestatistik 1946; demnach waren in Essen nur 13,1 Prozent der Wohnungen unbeschädigt, in Düsseldorf 7 Prozent, in Dortmund 19,4 Prozent, in Oberhausen 7,3 Prozent. In Dortmund beispielsweise waren 76 Prozent der Wohnungen total oder schwer beschädigt. Auch wenn man davon ausgeht, daß München, im Gegen­ satz zum bayerischen Umland, zu 45 Pro­ zent beschädigt war, so ist der Unterschied immer noch eklatant. 6 F.J. Bauer, a.a.O., S.28.

13 IV. Stelzte, Die Sudetendeutsche Hilfsstel­ le, in: F. Prinz, Integration und Neube­ ginn, a.a.O., S.83ff. 14 Ebd. 15 /•'. /./Di/cr, a.a.O, S.301 ff. 16 Ebd., S. 295.

K. M. Haertle, Der gesetzgeberische Rah­ men und die ersten Maßnahmen der Kreditvergabe, in: F. Prinz, Integration und Neubeginn, a.a.O., S.317ff. Hier werden auch die verschiedenen Kreditarten aufge­ schlüsselt. 32 Stadt A MÜ BUR 1899, Fragebogen für den Bayerischen Städteverband vom 1.4. 1951.

17 Ebd., S. 301 ff. 18 II. Kunibert, IV. Stelzte, Das Lastenaus­ gleichsgesetz, in: F. Prinz, Integration und Neubeginn, a.a.O., S.362ff. 19 K. M. Haertle, a.a.O., S.63.

423

Flüchtlingsverwaltung,

20 Stadt A MÜ BUR 1889, Konferenz über das Flücbthngswesen am 7.12. 1945 im Landesarbeitsamt München. 21 Stadt B MÜ HS HAH 230, Erfahrungs­ und Tätigkeitsbericht über den Zuzug nach München, zusammengestellt von Stadtass. Willi Irlbeck, 15.1. 1948, S.3ff. 22 Ebd., S.6. 23 Ebd., S. 3 ff. 24 Stadt A MÜ BUR 1899, Fragebogen be­ treffend die Verhältnisse der Heimatver­ triebenen nach dem Stand vom 1.5. 1951 für die Stadt München, angefertigt für den Bayeri sehen Städteverband. 25 Stadt B MÜ HS HAH 230, Erfahrungs­ bericht über den Zuzug nach München, a.a.O., S.15. 26 Ebd., S. 13 ff. 27 Dazu auch Stadt A MÜ Baureferat-Woh­ nungswesen 139, Arbeitstagung des deut­ schen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumplanung vom 22.9. 1947. Demnach waren zu diesem Zeit­ punkt etwa 25000 Flüchtlinge in Bayern als Baufacharbeiter beschäftigt, ohne die der Wiederaufbau nicht sinnvoll hätte vorangetrieben werden können.

33 Stadt A MÜ BUR 1890, Auszug aus dem Ost-West-Kurier Nr. 8, 4.2. 1951. 34 Stadt A MÜ BUR 1899, Schreiben der Ar­ beitsgemeinschaft Union der Ausgewiese­ nen des Bezirksverbandes München vom 3.9. 1948 an Oberbürgermeister Wimmer. 35 Stadt A MÜ BUR 1899, Auszug des Städtischen Nachrichtendienstes aus dem »Bayerischen Landtagsdienst« vom 13.10. 1948. 36 Stadt A MÜ BUR 1891, Schreiben des Regierungskommissars für das Flücht­ lingswesen, Regierungsbezirk Oberbay­ ern, Gembeck, an Oberbürgermeister Scharnagl vom 6.12. 1946. 37 Stadt A MÜ BUR 1899, Schreiben Willi Irlbecks an Stadtrat Wüstendörfer vom 18.1. 1949. 38 Stadt A MÜ BUR 1899, Fragebogen für den Bayerischen Städteverband vom 1.4. 1951. 39 Stadt A MÜ BUR 1899, Schreiben Irl­ becks an Wüstendörfer vom 18.1. 1949. 40 Stadt A MÜ BUR 1874, Schreiben des Area Commanders Oberst James Kelly an Oberbürgermeister Wimmer vom 3.12. 1948.

7 I )ie wirtschaftliche Integration der Vertrie­ benen wird vor allem ausführlich behan­ 41 Stadt A MÜ BUR 1891, Kommentar zu delt in: F. Prinz, Integration und Neube­ einem in der Süddeutschen Zeitung und ginn, a.a.O. Ausführliche Literatur- und dem Münchner Merkur erschienenen Quellenangaben zu diesem Thema finden Artikel, 24.8. 1950. sich ebd., in der Bibliographie S. 1365 ff. Auch bei F.J. Bauer, a.a.O., S.416 f. ist Li­ 42 Stadt A MÜ BUR 1899, Fragebogen für teratur zur Flüchtlingspolitik angegeben. 28 E. Pscheidt, Die Kreditierung der heimat­ den Bayerischen Städteverband vom 1.4. vertriebenen Spezialindustrie, in: F. Prinz, 1951. 8 F.J. Bauer, a.a.O, S. 161 IT. Integration und Neubeginn, a.a.O., S. 408 ff. sowie ebd. die Artikel von 43 Stadt B MÜ HS HAH 230, Erfahrungs­ 9 Stadt A MÜ BUR 1899, Vormerkung bericht über den Zuzug nach München, B. Dusik und E. Pscheidt über einzelne Oberbürgermeister Scharnagls vom 28.7. a. a. O., S. 3. Industriezweige der heimatvertriebenen 1945. Spezialindustrie, S.460ff. 44 K. Zentner, Aufstieg aus dem Nichts, 1954, 10 E. Pscheidt, Die Flüchtlingslager, in: Bd. I, S.95. 29 Stadt B MÜ I IS IIAI1 230, Rundschrei­ F. Prinz, Integration und Neubeginn, ben Nr. 10 vom 1.12. 1948, gez. von Willi 45 Stadt A MÜ BUR 1891, Schreiben des a.a.O., S. 197ff. sowie Stadt A MÜ BUR Irlbeck, hier: Zitat einer gemeinsamen Wohlfahrtsreferenten Hamm an den 1891, Schreiben des Wohlfahrtsreferenten Münchner Flücbtlingskommissar Zauß Entschließung des Bayerischen Innenmi­ Hamm an den Münchner Flüchtlingsvom 9.10. 1946. Das Regierungsdurch­ nisteriums und des Arbeitsministeriums kommissar Zauß vom 9.10. 1946. gangslager Allach II, das durch den Hun­ vom 27.10. 1948. gerstreik der dort untergebrachten Flücht­ 11 K. M. Haertle, Ein Überblick über die Ent­ 30 Stadt A MÜ BUR 1899, Fragebogen für linge und die Aktivitäten des Flüchtlingswicklung der Flüchtlingsverwaltung, in: den Bayerischen Städteverband vom 1.4. Sprechers Egon Herrmann ins Licht der F. Prinz, Integration und Neubeginn, 1951. Öffentlichkeit rückte, gehörte nicht zum a.a.O., S.61. 31 Zu den Kreditierungsmaßnahmen der Stadtkreis München, sondern zum Land­ Bayerischen Regierung und des Bundes kreis Dachau. Die Geschichte dieser »Da12 Ebd.

424

Anmerkungen

chauer Lagerrevolte« des Jahres 1948 ist nachzulesen bei E. Pscheidt, Flüchtlings­ lager, in: F. Prinz, Integration und Neu­ beginn, a.a.O., S. 265 ff. 46 Stadt A MÜ BUR 1891, Bericht über die Besichtigung der Flüchtlingslager Wald­ friedhof und Allach am 21.11. 1946 durch Vertreter des Roten Kreuzes. 47 Stadt A MÜ BUR 1891, Besichtigungsbe­ richt des Bezirksausschusses des 22. Stadt­ bezirks vom 24.8. 1950 für Oberbürger­ meister Wimmer. 48 Dokumente dafür finden sich beispiels­ weise in BayHStA MArb, Abg. 1979, vorl. Nr. 712, 713, 719, 722-724 sowie vor allem 1422. 49 Stadt A MÜ BUR 1894, betrifft: Kultur­ hilfe zur Förderung kultureller Bestrebun­ gen der Heimatvertriebenen, gez. Bürger­ meister W.v.Miller, 7.9. 1951. Als förde­ rungswürdig werden hier angegeben: »1. kulturelle Neugründungen der Hei­ matvertriebenen in Bayern, die eine we­ sentliche Bereicherung heimischen Kul­ turlebens darstellen und sich auch in der neuen Heimat bewährt haben; 2. Museen, Büchereien und andere kultu­ relle Einrichtungen, die zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben sich die Pflege der Traditionsgüter der Vertriebenen angele­ gen sein lassen; 3. Vertriebenensiedlungen als Träger, de­ ren Büchereien, Ausstellungs- und Ge­ meindehäuser, Theater und Orchesterkör­ per sowie ihre Ausstattung; Volkshoch­ schulen, Fachschulen und Forschungsan­ stalten, Musikschulen, Künstlerwerkstät­ ten u.ä. öffentliche und genossenschaftli­ che Einrichtungen, die ihre menschliche und sachliche Beständigkeit und Verläß­ lichkeit erkennen lassen und damit aus­ strahlende Stätten werden; 4. Verleger, Aussteller und Veranstalter, die wesentliche Kunstwerke und wissen­ schaftliche Forschungsergebnisse in zu­ gänglicher Form veröffentlichen und zur Wirkung bringen.« 50 Stadt A MÜ BUR 1894, betrifft: Kulturel­ le Betreuung der Flüchtlinge in München, Dr. Karl Witthalm an den Kulturbeauf­ tragten Hans Ludwig Held vom 18.9. 1952. Hier wird genau aufgeschlüsselt, wie die von der Stadt München zur kultu­ rellen Flüchtlingsbetreuung jährlich aus­ geworfenen DM 5 000,- zu verwenden sind. Außer »Ausstellungen, Kongressen und sonstigen Veranstaltungen« sollten dabei hauptsächlich Büchereien, musika­ lische und literarische Veranstaltungen so­ wie das Chorwesen bedacht werden.

»Rama dama«

6 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 17 vom 12.5.1981.

1 Stadt A MÜ-Baureferat Wohnungswesen 16b, Abgabeverz. 78/1, dort der Einzel­ ordner »Schutträumungsaktion am 29.10.49 (Freiwillige Mitarbeit der Be­ völkerung), aus dem im folgenden zitiert wurde. Wiederaufbaureferat der Landes­ hauptstadt München an den Beauftragten für das Wohnungswesen im Bayer. Gewerkschaftsbund, 3. Okt. 1949. 2 Stadtbaurat Helmut Fischer an den Magi­ strat von Kassel bzw. Düsseldorf, 8. bzw. 14.02.1950 (zwei gleichlautende Schrei­ ben), S. 1 u. Eintrittskarte zum Festabend der Schutträumer am 29. Okt. 49 in der Ausstellungshalle 1 im Ausstellungsgelän­ de. 3 Handgeschriebene Briefe an Oberbürger­ meister Thomas Wimmer. 4 Der Rektor der Universität München, Prof. Dr. Walther Gerlach, an den Münch­ ner Merkur, 21. Okt. 49. 5 Handgeschriebene Briefe an Oberbürger­ meister Thomas Wimmer. 6 Gedichte zur Rama dama-Aktion von Wilhelm Heiden aus München. 7 Resolution über die Aktion »München wieder eine saubere Stadt - Kehraus in München«, 30.09.1949. 8 Bayer. Industrieverband Steine und Erden e.V. an das Wiederaufbaureferat der Lan­ deshauptstadt München, 28. Okt. 1949. 9 Zeitungsausschnitt Abendzeitung vom 29. Okt. 1949 u. Stadtbaurat Helmut Fi­ scher an den Magistrat von Kassel bzw. Düsseldorf, 8. bzw. 14.02.1950, S. 3. 10 Eintrittskarte zum Festabend der Schutt­ räumer u. Stadtbaurat Helmut Fischer an den Magistrat von Kassel bzw. Düsseldorf, S.4. 11 Stadtbaurat Helmut Fischer an den Magi­ strat von Kassel bzw. Düsseldorf, S. 4. 12 Stadtbaurat Helmut Fischer, ebd., S.5.

»Vee GAYT ess ee-nen?« 1 C. Hallig, Erinnerungen, masch. Manuskript, S. 80.

Besatzer

II,

2 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr.37 vom 24.3.1981. 3 Ebd., Brief Nr. 61. 4 Pocket Guide 10, Germany, 1944; Stand­ ort: Bayerische Staatsbibliothek München. 5 K.Jering, Überleben 1979, S.81 f.

und

Neubeginn,

7 K.Jering, a.a.O., S.SO. 8 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 11 vom 5.4.1981; außerdem dazu ebd., Brief Nr. 85. 9 C.

a.a.O., S. 110f.

10 A priv IfBG, Brief Nr.77 vom 29.11.82. 11 Dazu auch M. Krauss, der Beitrag über Flüchtlinge in der vorliegenden Publika­ tion sowie K. M. Haerlle, Die Wohnungs­ situation der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, in: F. Prinz, Integration und Neubeginn, Dokumentation, hg. vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, 1984 sowie Stadt A MÜ BUR 1876. 12 Stadt A MÜ BUR 1876, Schreiben Ober­ bürgermeister Scharnagls an die amerika­ nische Militärregierung vom 20.11.1946. 13 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 85. 14 Stadt A MÜ BUR 1876, Schreiben Max Gerstls an Oberbürgermeister Scharnagl vom 18.11.1946. 15 A priv IfBG, Trümmerbriefe, Brief Nr. 67 vom 3.11.1982. 16 K. Jering, a. a. O., S. 92 f. 17 Vgl. S. 293 ff. 18 M. von Eynern, Erinnerungen, Mit Besat­ zern leben, masch. Manuskript, S.89, S. 85 und S. 95 ff.

Das Herbstfest 1946 im Trümmermünchen ... 1 »Mit »Geschäft« bezeichnet man im Fach­ vokabular das jeweilige Objekt, das der Schausteller betreibt (Karussell, Wurfbu­ de, Mandelbrennerei etc.), also nicht die berufliche Aktivität des Unternehmers.« »Die Geschäfte der Schausteller lassen sich in drei Kategorien teilen, die sich in ihrer Funktion für den Rezipienten, den Festbe­ sucher, unterscheiden und zusätzlich eine voneinander weitgehend unabhängige Entwicklung haben. - Bei den Schaugeschäften führen Perso­ nen ihre Darbietungen vor (z. B. Steil­ wandfahrer), ... oder Gegenstände sind zu besichtigen (z. B. Wachsfigurenkabinett). Das Publikum nimmt hier die Rolle des Betrachters ein. - Bei den Verkaufsgeschäften werden verschiedene Waren angeboten (z. B. Im­ biß, Süßigkeiten, Spielzeug, Scherzartikel). Bei den Ausspielungsgeschäften (Verlo­ sungen) werden dem Kunden Lose mit unterschiedlichen Gewinnmöglichkeiten verkauft. Die Fahr-, Belustigungs- und Geschick-

Anmerkungen lichkeitsgeschäfte umfassen die Objekte, die für das Publikum zur aktiven Benut­ zung, zum Fahren und zum Erproben der Kraft und Geschicklichkeit aufgestellt werden.« Zit. nach F. Dering, Volksbelustigung auf öffentlichen Plätzen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Zur Entwicklung der Fahr-, Belustigungs- und Geschicklich­ keitsgeschäfte der Schausteller, Diss. masch. München 1981, hier S. 1 und S.235, Anm. 1. 2 Mitteilung des Oberbürgermeisters der Stadt München an das Referat 10 für Wirtschaft und Verkehr über den negati­ ven Bescheid der Militärregierung betref­ fend ein Frühlings-Volksfest auf der Theresienwiese vom 21.9. 1945, Stadt A MÜ O 262/28. 3 Es handelt sich um folgende Quellen: - Protokolle der Hauptausschuß-Sitzungen des Münchner Stadtrats von 1946, die sich inhaltlich mit dem Herbstfest 1946 befassen, im folgenden zitiert als: Stadt A MÜ RP719/3 — Stadtarchiv München, Bestand Okto­ berfest, Nr. 262/28, Vcrwaltungsakten, im folgenden zitiert als: Stadt A MÜ O 262/28. 4 Schreiben des Bayerischen Landesfachver­ eins für ambulante Gewerbetreibende an das Referat 10 vom 26.4. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 5 Stadt A MÜ RP 719/3: Sitzung vom 16.5. 1946, S. 394 f, Stadtrat Karl Erhärt. 6 Stadt A MÜ RP 719/3: cbd., S.397-403, Stadtrat Dr. Proebst. 7 Stadt A MÜ RP 719/3: ebd., S.412, Stadt­ rat Karl Erhärt. 8 Stadt A MÜ RP 719/3: ebd., S.396, Stadt­ rat Karl Erhärt. 9 Stadt A MÜ RP 719/3: ebd.

Landesfachvereins vom 20.5. 1946, Stadt A MÜ O 262/28.

36 Rechnung des Ateliers M. Krettner vom 20.12. 1946, Stadt A MÜ O 262/28.

16 Schreiben des Oberbürgermeisters von Augsburg an das Referat 10 vom 5.6. 1946, Stadt A MÜ O 262/28.

37 Schreiben des Referates 10 an das Stadt­ bauamt vom 26.9. 1946, Stadt A MÜ O 262/28.

17 Schreiben des Oberbürgermeisters von Er­ langen an das Referat 10 vom 2.10. 1946, Stadt A MÜ O 262/28.

38 Stadt A MÜ RP 719/3: Sitzung vom 16.5. 1946, S. 400, Stadtrat Dr. Proebst.

18 150 Jahre Oktoberfest, 1810-1960, Bilder und G’schichten, zusammengestellt von E. Hoferichter, H. Strobl, hg. vom Wirt­ schaftsreferat der Landeshauptstadt Mün­ chen, 1960, S.83. 19 Schreiben des Referates 10 an die Stadt­ kanzlei vom 2.9. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 20 Der Komet, Fachblatt für Reisegewerbe und Markthandel, 1883 ff. (ohne Seiten­ angaben), hier Nr. 3063, 1946 (erschienen am 30.9.). 21 Siehe Anm. 14. 22 Schreiben an das Referat 10 vom 17.7. 1946, Antwortschreiben des Referates vom 18.8. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 23 Der Komet Nr. 2873, 1940. 24 Stadt A MÜ O 224, Kriegsschäden (Ak­ tennotizen ohne weitere Kennzeichnung). 25 Stadt A MÜ RP 719/3: Sitzung vom 28.3. 1946, S. 213, Stadtrat Karl Erhärt. 26 Schreiben des Referates 10 an das städti­ sche Liegenschaftsamt vom 7.8. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 27 Schreiben des Referates 10 an die Stadtgartendirektion vom 15.5. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 28 Schreiben des Referates 10 an das Polizei­ präsidium vom 27.8. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 29 Ebd.

10 Stadt A MÜ RP 719/3: ebd., S.404, Ober­ bürgermeister Scharnagl.

30 Bestätigung für Georg Graf vom 7.9. 1946, Stadt A MÜ O 262/28.

11 Stadt A MÜ RP 719/3: ebd., S. 405 f, Bür­ germeister Wimmer.

31 Erlaubnis für Planierungsarbeiten der Militärregierung vom 18.10. 1945, und Schreiben des städtischen Liegenschafts­ amtes an das Referat 10 vom 21.8. 1946, Stadt A MÜ O 262/28.

12 Stadt A MÜ RP 719/3: ebd., S.412, Stadt­ rat Karl Erhärt. 13 Gesuch des Oberbürgermeisters der Stadt München, vertreten durch Stadtrat Karl Erhärt, und Genehmigung durch die Mili­ tärregierung durch Capt. C. M.P. A.J. Ur­ ban, für das Herbstfest vom 16.5. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 14 Vertrag zwischen dem Referat 10 und dem Bayerischen Landesfachverein über Ab­ haltung des Herbstfestes vom 2.9. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 15 Abschrift der Lizenz für Josef Fuchs zur Betreuung der Mitglieder des Bayerischen

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32 Etat-Schätzung des Referates 10 vom 18.7. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 33 Schreiben der Stadtwerke-Verkehrsbetriebe an das Referat 10 vom 16.9. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 34 Schreiben des Referates 10 an das Polizei­ revier 24 vom 14.9. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 35 Schreiben des Referates 10 an den städti­ schen Informationsdienst vom 12.9. 1946, Stadt A MÜ O 262/28.

39 Schreiben des Referates 10 an die Süd­ deutsche Zeitung vom 15.11. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 40 Schriftwechsel zwischen dem Referat 10 und Oskar Günther vom 2.5. 1946 bis 24.6. 1947, Stadt A MÜ O 262/28. 41 Stadt A MÜ RP 719/3: Sitzung vom 25.7. 1946, S.724, Stadtrat Karl Erhärt. 42 Siehe Anm. 32. 43 Schreiben des Bayerischen Landesfachver­ eins an das Referat 10, Abrechnung der Einnahmen vom 7.10. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 44 Stadt A MÜ O 262/28: Dort sind ver­ schiedene Belege über die Spenden der Herbstfest-Besucher abgelegt. Unter Beschickcrn versteht man die Wirte, Schau­ steller und Verkäufer, die auf einem öf­ fentlichen Fest ihre Waren bzw. Dienstlei­ stungen anbieten. Bei den Belegen handelt es sich um Spendenlisten des Bayerischen Landesfachvereins mit genauen Namens­ nennungen und Angaben der gespendeten Beträge sowie um Schriftwechsel zwi­ schen Landesfachverein und Referat 10. 45 Stadt A MÜ O 262/28: »Ergänzungen zur Fierantenliste«. Unter diesem Stichwort nennt eine Liste die Schausteller, die erst nach Festbeginn gemeldet sind. 46 Schreiben und Pressemitteilung des Refe­ rates 10 an den städtischen Informations­ dienst vom 19.8. 1946, Stadt A MÜ O 262/28. 47 Siehe Anm. 18. 48 G. Möhler, Das Münchner Oktoberfest, Vom bayerischen Landwirtschaftsfest zum größten Volksfest der Welt, 1981, S. 91. 49 Gedicht über die Entwicklung des Okto­ berfestes von H. Vogel, in: Offizielle Fest­ schrift, Oktoberfest 1949, zusammenge­ stellt von H. Vogel, hg. vom Münchner Festkreis, o.J. (München, September 1949). 50 H. Vogel, Ewige Wies’n, in: Offizielle Festschrift, a.a.O. 51 Ergänzungen zur Fierantenliste, Stadt A MÜ O 262/28. 52 150 Jahre Oktoberfest, a. a. O. 53 SZ vom 17.9. 1946.

Glossar

Nicht alle wichtigen Themen aus dem Umfeld der Münchner Trümmerzeit konnten in der vorliegenden Publikation in ge­ bührender Ausführlichkeit abgehandelt werden; einige wür­ den - und werden wohl auch noch — weitere Publikationen füllen. Als eine Art lexikalischer Zusatzinformation für spezi­ fisch münchnerische oder auch zeittypische Phänomene sei deshalb an dieser Stelle ein Personen- und ein Sachglossar an­ gefügt, das über das technische Register hinaus Weiterführen­ des bieten will. Auch dies kann selbstverständlich nur eine un­ vollkommene Auswahl sein, die teils durch die Quellenlage, teils durch die Fehlstellen in bereits existierender Sekundärlite­ ratur bestimmt ist. So erklärt sich einerseits der Mangel an bio­ graphischen Daten über die amerikanischen Besatzungsoffizie­ re, andererseits auch die Vielzahl der Biographien Münchner Künstler: Ersteres war ein Quellenproblem, letzteres eine Fol­

ge unserer Anliegens, spezifisch Münchnerisches, das nicht be­ reits Eingang in jedes Konversationslexikon gefunden hat, dar­ zustellen. Nach diesen Kriterien wurde auch die Auswahl der Sachbegriffe vorgenommen. Zum Glossar beigetragen haben: Elisabeth Angermair (E. A.), Georg Böhringer (G. B.), Rüdi­ ger Bolz (R. B.), Brigitte Buberl (B. B.), Gerhard Finckh (G. E), Beate Frosch (B. E), Wolfgang Frühwald (W. E), Gerhard Hay (Ci. 11.), Rita 1 luber (R. 11.), Ursula I luber (U.H.), Marita Krauss (M.K.), Nina A.Krieg (N.K.), Franzpeter Messmer (EM.), Claudia Schneider (C. S.), Bernhard Schoßig (B.S.), ClausDieter Schwab (C.-D. Sch.), Johannes Timmermann (J.T), Clemens Vollnhals (C. V.), 1 lans Wacker (11. W.), Volker Wehdeking (V. W.), Juliane Wetzel (J.W.). Sammlung und Bearbei­ tung: Rita Huber und Nina A. Krieg.

Personenglossar Aigner, Eduard (Maler) Geb. 1903 Neuhaus, gest. 1978. Nach Lithographenlehre in Nürn­ berg Studium bei A.Schinnerer und H.v. Ha­ bermann an der Münchner Akademie der Bil­ denden Künste. Dürer-Preis der Stadt Nürn­ berg 1932. Nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1954 Präsident der »Neuen Münchner Künst­ lergenossenschaft«. Lit. u.a.: H. Schütz, Kaleidoskop des Lebendi­ gen. Das Werk des Malers Eduard Aigner, in: Die Kunst und das schöne Heim, Nr. 7, 1968, S.13ff. (B.F.) Alberth, Rudolf (Dirigent) Geb. 1918 Frank­ furt. 1945 Kapellmeister beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt a. M„ dann beim Süd­ westfunk in Baden-Baden. Von 1949-64 Di­ rigent des Symphonieorchesters des Bayeri­ schen Rundfunks, ständiger Dirigent der Musica-Viva-Konzerte. 1964 Chefdirigent des Philharmonischen Orchesters Hannover. Al­ berth trat als Interpret der modernen Musik und Mozarts hervor. (F. M.) Anibesser, Axel von (Schauspieler) Geb.

1910 Hamburg. Seine ersten Auftritte fanden an den Hamburger Kammerspielen unter Erich Ziegel statt. 1934 engagierte ihn Otto Falckenberg an die Münchner Kammerspiele. Ab 1936 trat er in Berlin am Deutschen Thea­ ter unter Heinz Hilpert und an den Staatsthea­ tern unter Gustav Gründgens auf. Daneben spielte er auch in Wien am Theater in der Jo­ sefstadt und drehte zahlreiche Filme. 1945 kehrte er als Schauspieler, Regisseur und Autor

an die Münchner Kammerspiele zurück und trat auch im literarischen Kabarett »Die Schau­ bude« auf. (E.A.) Ammann, Helmut (Bildhauer und Maler) Geb. 1907 Shanghai, lebt seit 1935 als frei­ schaffender Künstler in München. Er studierte bei W.Jaeckel und T. Albert sowie bei W.Ger­ stel an der Berliner Akademie der Bildenden Künste und bei A.Schinnerer an der Münch­ ner Kunstakademie. 1941 Begegnung mit K. Knappe. Mitglied der »Neuen Münchner Künstlergenossenschaft« und des »Berufsver­ bands Bildender Künstler«. 1966 Schwabinger Kunstpreis; 1971 Albert Schweitzer-Preis für Kunst, Amsterdam. Lit.: Ausst. Kat. Gestalt und Beziehung, Werk­ schau I Ielmut Ammann St. Egidienkirche, Nürnberg 1977. Ausst. Kat. I lelrnut Ammann, Landeskirchenamt, München 1982. (M. K.) Andersch, Alfred (Schriftsteller) Geb. 1914 München, gest. 1980. Buchhandelslehre, 1932/33 Leiter des Kommunistischen Jugend­ verbandes Oberbayern, Verhaftung 1933, Gestapo-Uberwachung. 1937 in einer chemi­ schen Firma in der Werbeabteilung tätig, Kriegsdienst und 1944 Desertion zu den Amerikanern. Von 1946 bis 1947 Mitarbeit am »Ruf«, dann an den »Frankfurter Heften«. Rundfunkarbeit in Frankfurt, I lamburg und Stuttgart. Seit 1958 freier Schriftsteller in der Schweiz, 1972 Schweizer Staatsbürgerschaft. Zahlreiche Preise, z. B. Deutscher Kritiker­ preis. (V. W.)

Auerbach, Philipp (Staatskommissar) Geb. 1906 Hamburg, 1952 Freitod. 1934 Emigra­ tion nach Belgien, dann nach Frankreich. 1942 Festnahme durch die Gestapo, Haft in Berlin, 1944/45 Konzentrationslager. 1945-46 Leiter der Betreuungsstellen für Verfolgte des NSRegimes, im Oktober 1946 Staatskommissar für rassisch, politisch und religiös Verfolgte in Bayern und 1947-52 Präsident des Landes­ verbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. 1951 Präsident des Bayerischen Landesentschädigungsamtes. (J. W.) Baumeister, Willi (Maler) Geb. 1889 Stutt­ gart, gest. ebenda 1955. Seit 1908 Studium an der Kunstakademie Stuttgart, 1928 Berufung an die Städelschule in Frankfurt a.M., 1933 Entlassung und Rückkehr nach Stuttgart, 1941 Ausstellungsverbot. 1946 Berufung an die Stuttgarter Kunstakademie. Mitglied der Gruppe »ZEN 49«. Lit. u.a.: H7. Grohntann, Willi Baumeister, Stuttgart 1952. (B.F.) Bayern, Pilar von (Malerin) Geb. 1891 München. Ausbildung durch H.v. Bartels, Heymann, W. Geiger und V. v.Zinnnermann. Mitglied des Berufsverbandes Bildender Künstler und der »Alten Münchner Künstler­ genossenschaft«. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Pilar von Bayern, Galerie der Bayerischen Landesbank, München 1983. (B.F.) Benscher, Fritz (Rundfunksprecher) Geb.

1905 Hamburg, gest. 1970 München. Neben

Glossar

einer Dreherlehre nahm er Schauspielunter­ richt und erhielt bald Engagements in Ham­ burg und Berlin, wo er 1928 neben Hans Albers auf der Bühne stand. 1934 Berufsverbot, 1938 Verhaftung, bis 1945 Konzentrationsla­ ger Dachau. Bereits im Mai 1945 Oberspiellei­ ter bei Radio München. Bis zu seinem Tod ar­ beitete Benscher für Hörfunk und Fernsehen und war des weiteren auch als Kabarettist, Au­ tor und Regisseur tätig. (R. B.) Bialas, Günter (Komponist) Geb. 1907 Bielschowitz/Oberschlesien, Studium in Berlin bei M.Trapp. 1945—47 Leiter des Bach-Chores in München, 1947 einer Kompositionsklasse an der Musikakademie Detmold. Seit 1950 Pro­ fessor, 1959-72 Professor an der Münchner Musikhochschule. Bialas komponierte 1947 das Konzert für Flöte. (F. M.) Birkmann, Inge (Schauspielerin) Geb. 1915

Bremen. Ihr schauspielerisches Talent wurde vom Regisseur Hermann Schultze-Griesheim entdeckt. Unter Otto Falckenberg kam sie 1941 an die Münchner Kammerspiele. In der Spielzeit 1945/46 trat sie zusätzlich auch am Neuen Münchner Theater auf und konnte dort große Erfolge feiern. 1951 ging sie an das Deutsche Theater in Göttingen, 1959 an das Bayerische Staatsschauspiel. Von 1968—1979 unterrichtete sie an der Otto FalckenbergSchule. (E. A.) Bleeker, Bernhard (Bildhauer) Geb. 1881

Münster, gest. 1968 Haimhausen. Nach einer Steinmetzlehre Studium 1901/02 bei Rümann an der Akademie der Bildenden Künste Mün­ chen. 1918 Ruf nach München und Berlin, Professor an der Akademie der Bildenden Künste München. 1928 Maximiliansorden, 1930 Mitglied der Preußischen Akademie der Künste Berlin, 1945 Entlassung von der Münchner Akademie und Hausverbot, 1947 Rückkehr nach München, 1951 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 1956 Kunstpreis und 1961 Ehrenmünze der Stadt München. Lit. u.a.: Dokumente zu Leben und Werk des Bildhauers Bernhard Bleeker ( = Kat. Sonder­ ausstellung des Archivs für bildende Kunst), Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 1978. (G.F.) Brenninger, Georg (Bildhauer) Geb. 1909 Velden/Ndby., lebt in München. Studium an der Gewerbeschule München und der Archi­ tektur bei Th. Fischer. 1929-40 mit Unterbre­ chungen Schüler von 11. Hahn an der Akade­ mie der Bildenden Künste München. Nach dem Krieg Berufung an die Technische Hoch­ schule München für Plastik in Verbindung mit Architektur. 1961 Berufung an die Akademie der Bildenden Künste München (bis 1978). 1961 Kunstpreis der Stadt München. Lit. u.a.: H. Eckstein, Georg Brenninger - Ein Bildhauer in unserer Zeit, Baden-Baden, o.J. (G.F.)

Buckwitz, Harry (Regisseur und Intendant) Geb. 1904 München. Studium der Germani­ stik. der Kunstgeschichte und der Theaterwis­ senschaften in München, Schauspielunterricht bei Feldern-Förster. 1926-37 Schauspieler und Regisseur an verschiedenen Bühnen Deutschlands. 1937-44 Hotelier in Tanganijka und Lodz, 1944/45 Wehrmachtsangehöriger. 1945—51 Verwaltungsdirektor der Münchner Kammerspiele, Rücktritt nach Dif­ ferenzen mit dem Stadtrat. 1951-68 General­ intendant der Städtischen Bühnen in Frankfurt a. M. 1970-77 Direktor des Züricher Schau­ spielhauses, seither freischaffender Regis­ seur. (E. A.) Burkhardt, Fritz (Maler) Geb. 1900 Arnstein, gest. 1983 München. Ausbildung an der Aka­ demie der Bildenden Künste in München bei A.Schinnercr und K.Caspar. Mitglied der »Neuen Gruppe«. Träger des Dürer-Preises der Stadt Nürnberg. (B. F.) Burkhart, Albert (Maler) Geb. 1898 Riedlin­ gen. 1916-24 Studium mit Unterbrechungen an der Akademie Stuttgart bei Landenberger, an der Akademie der Bildenden Künste Mün­ chen bei P.v. Hahn und A. Schinnerer und an der Kunstgewerbeschule bei R. Riemerschmid. Seit 1925 als freischaffender Künstler in Mün­ chen, 1937 Vorsitzender der »Gesellschaft für Christliche Kunst«. 1949 Berufung an die Stä­ delschule Frankfurt a. M. und dort Direktor 1956-58. Seit 1963 wieder in München tätig. Lit. u.a.: Aust. Kat. der Galerie Vötnel, Düssel­ dorf 1938. (B.F.) Buttersack, Felix (Chefredakteur) Geb. 1900 Ellwangen/Württemberg. Studium u.a. bei K. Jaspers, M. Weber und F.Gundolf, Promo­ tion. Seit 1926 Feuilletonredaktion des »Berli­ ner Generalanzeigers«, von 1938-44 dessen Leiter. 1931-33 Mitglied der Programmkom­ mission der Berliner »Funkstunde«. Im Juni 1946 Chefredakteur bei Radio München und Initiator wichtiger Sendereihen, so z. B. »Die Situation«. Im Oktober 1947 Lizenzträger des »Münchner Mittag« und späteren »Münchner Merkur«, den er lange Jahre als Chefredakteur und Mitherausgeber prägte. Als Vorsitzender des »Münchner Bürgerbunds« großes Engage­ ment für den Wiederaufbau Münchens, be­ sonders für den Alten Peter. Auszeichnungen: Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern, Bayerischer Verdienstorden, »München leuch­ tet« Medaille. Neben der journalistischen Ar­ beit wirkt er auch als Publizist und Verle­ ger. (R.B.) Caspar, Karl (Maler) Geb. 1879 Friedrichsha­

fen, gest. 1956 Brannenburg. 1896-1905 Stu­ dium an den Akademien Stuttgart und Mün­ chen bei R.v. Haug und L. Herterich. Mitglied der »Münchner Secession« und Mitbegründer der Künstlervereinigung »SF.MA«. 1922-37 Professor an der Münchner Akademie der Bil­ denden Künste, 1937 Ausstellungsverbot, 1946-51 erneut Professor an der Akademie.

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1950 Mitwirkung an der Gründung des Deut­ schen Künstlerbundes in Berlin und der »Neuen Gruppe« in München. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Karl Caspar, Langenargen 1979; Ausst. Kat., Karl Caspar, München 1963. (B.F.) Caspar-Filscr, Maria (Malerin) Geb. 1878

Riedlingen/Donau, gest. 1958 Brannenburg. 1896-1902 Studium an der Akademie Stutt­ gart bei V. Keller und L. I lerterich. 1905 Heirat mit dem Künstler Karl Caspar. Seit 1914 Mit­ glied der »Neuen Secession«. Als erste Künst­ lerin 1925 Professur an der Münchner Akade­ mie. Im Nazi-Regime galt ihre Kunst als entartet. 1947 Münchner Kunstpreis. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Maria Caspar-Filser, Frei­ burg i. Breisgau 1966; Ausst. Kat., Maria Cas­ par-Filser, Albstadt 1978. (B.F.) Cavael, Rolf (Maler) Geb. 1898 Königsberg, gest. 1979 München. 1919 Ausbildung für Photographie und Film, Studium der Typogra­ phie und Malerei an der Städelschule Frankfurt a. M., 1926-32 Lehrer für angewandte Gra­ phik in Frankfurt a. M„ ab 1931 als freier Ma­ ler in Berlin tätig. 1933 erste Ausstellung im Braunschweiger Schloß, die von der Gestapo geschlossen wurde, daraufhin Malverbot. Übersiedelung nach Gartnisch. 1936 neunmo­ natige Inhaftierung in Dachau. Seit 1945 Tä­ tigkeit als freier Maler in München, Mitglied der »Neuen Gruppe« und des Deutschen Künstlerbundes Berlin. Seit 1949 Gastprofes­ sur an der Kunstakademie Hamburg. 1957 Kunstpreis der Stadt München, 1968 Medaille »München leuchtet«, 1978 Bundesverdienst­ kreuz 1. Klasse sowie Verleihung des Lovis Corinth-Preises der Künstlergilde e.V. Lit. u.a.: H. Keller, Cavael, Klinkhardt & Bier­ mann Verlag, 1984. (V.W.) Claudius, Eduard bzw. Schmidt-Claudius

(Schriftsteller und Botschafter) Geb. 1911 Gel­ senkirchen, Maurerlehre. 1933-45 Emigration in die Schweiz, Teilnehmer am Spanischen Bürgerkrieg und 1945 an italienischen Partisa­ nenkämpfen. 1945 Pressechef im Bayerischen Sonderministerium für Entnazifizierung. 1947 Übersiedlung in die DDR, 1956-59 dortiger Generalkonsul in den Vereinigten Arabischen Republiken, seit 1959 Botschafter in Viet­ nam. (G. B.) Coester, Oskar (Maler) Geb. 1886 Frankfurt a. M„ gest. 1955 München. Studium an den Akademien in München und Karlsruhe. 1908-39 mit Unterbrechungen Arbeit in München. 1949 Kunstpreis der Stadt Mün­ chen, Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der »Neuen Gruppe«. Lit. u.a.: Ausst. Kat. der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, München 1978/79. (B.F.) Croissant, Eugen (Maler) Geb. 1898 Landau,

Architekturstudium an der Technischen Hoch­ schule und an der Akademie München bei W. Geiger und K. Caspar. Zeichner für die

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Glossar

»Fliegenden Blätter« und den »Simplicissimus«. Nach 1943 übersiedelte Croissant nach Urfahrn am Chiemsee. Mitglied der »Neuen Gruppe«. Lit. u.a.: H. Kießling, Begegnung mit Malern, Münchner Kunstszene 1955^1980, St. Otti­ lien 1980. (B.F.) Desch, Kurt (Verleger) Geb. 1903 Pößneck/ Thüringen. Journalist und Werbeleiter bei der »Frankfurter Zeitung« und dem »Dortmunder Generalanzeiger«. 1933 verhaftet, 1936 Aus­ schluß aus der Reichsschrifttumskammer. Seit 1941 Mitarbeiter des Zinnen-Verlages Wien, später München. November 1945 erste Ver­ lagslizenz der amerikanischen Militärregie­ rung und Gründung des Desch-Verlages. Her­ ausgeber der Zeitschrift »Prisma« bzw. »Glanz«. Ein Skandal in den 60/70er Jahren führte zur Auflösung des Verlages. (G. B.) Diez, Julius (Maler) Geb. 1870 Nürnberg, gest. 1957 München, Neffe des Malers Wil­ helm v. Diez. 1886-89 Ausbildung an der Münchner Kunstgewerbeschule bei F. Barth, 1889-92 bei G.v. Hackel und ILv.Seitz. 1907—23 Professur an der Kunstgewerbeschu­ le, 1923-30 an der Akademie München. Mit­ glied und zeitweiliger Präsident der »Münch­ ner Secession«. Lit. u.a.: R. Braungart, Julius Diez, München 1921. Weltkunst Nr.7, 1957, S.14. (B.F.)

Domin, Friedrich (Schauspieler, Regisseur) Geb. 1902 Beuthen/Oberschlesien. Er nahm Schauspielunterricht am Max-ReinhardtSeminar in Berlin und trat zunächst an ver­ schiedenen Bühnen in Berlin und Kassel auf. Otto Falckenberg engagierte ihn 1934 für die Münchner Kammerspiele, wo er als Schau­ spieler und Regisseur hervortrat. (E.A.) Drexel, Christof (Maler) Geb. 1886 Königstein/Taunus, gest. 1979 München. Zunächst Studium der Architektur, dann der Malerei. Seit 1926 Entwicklung des »Chorischen Zeichnens«. 1937 Ausstellungsverbot, 1944 Flucht nach Hindelang/Allgäu. 1946 Ansied­ lung in München, lehrte seit 1947 als Maler und Pädagoge speziell »Chorisches Zeichnen« an der Universität München. Lit. u.a.: iV. Pelzet, Christof Drexel, München 1971. (B.F.) Eckstein, Hans (Schriftsteller, Museumsdi­ rektor) Geb. 1898 Albendorf/Hessen, lebt seit 60 Jahren in München. Nach dem 1. Weltkrieg Studium der Archäologie sowie der Geistes­ und Gesellschaftswissenschaften in Heidel­ berg und München. Freier Schriftsteller und Mitarbeiter bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland und der Schweiz. Engagement für die funktionale Architektur und die künstlerische Avantgarde. Nach 1933 kritische Beiträge in Schweizer Zeitungen. Nach 1945 Kunst- und Architekturkritiker der »Neuen Zeitung« und der »Süddeutschen Zei­ tung«. Redaktionsmitglied der Zeitschrift »Bauen und Wohnen«. 1955-65 Direktor der

»Neuen Sammlung« München; bis heute pu­ blizistische Tätigkeit. (N. K.)

und Schlemmer, 1932-34 in Düsseldorf bei Nauen und 1937/38 an der Akademie in Ber­ Ende, Edgar (Maler) Geb. 1901 Hamburg, lin. Nach 1938 lebte Fietz zunächst in der gest. 1965 Netterndorf. Studium an der Kunst­ Nähe von Wolfratshausen, nach 1950 in Stutt­ Gründungsmitglied der Gruppe gewerbeschule in Altona und Hamburg, Lehre gart. »ZEN 49«. als Dekorationsmaler. 1928 Übersiedelung Lit. u.a.: Ausst. Kat., Extreme Malerei, Schaeznach Garmisch, seit 1931 Mitglied der ler Palais, Augsburg 1947. (B. F.) »Neuen Secession«, 1933 Ausstellungsverbot, 1937 Ächtung seiner Kunst als entartet. 1947 Filler, Ferdinand (Bildhauer) Geb. 1902 UnMitbegründer der »Neuen Gruppe«. 1962 termeitingen/Augsburg, gest. 1977 Gauting. Seerosenpreis der Stadt München, 1963 Eh­ Bildhauerlehre, Besuch der Kunstgewerbe­ renmitglied der Akademie der Bildenden schule und Studium bei A. Hiller an der Aka­ demie der Bildenden Künste München. 1959 Künste München. Lit. u.a.: F.Roh, Edgar Ende. Ein »surrealisti­ Förderpreis der Stadt München, Kunstpreis der scher« Maler in München, in: Die Kunst 1933, Bayerischen Akademie der Schönen Künste, S. 122 f. Ausst. Kat., Edgar Ende, Galerie Wolf­ Seerosenpreis der Stadt München und 1964 Schwabinger Kunstpreis. gang Ketterer, München 1972. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Neue Gruppe, Städtische Engel, Erich (Regisseur und Intendant) Geb. Galerie, München 1948. Ausst. Kat., Zur Ent­ 1891 Hamburg, gest. 1966. Erste schauspiele­ wicklung der Münchner Bildhauerei, Kunst­ rische und dramaturgische Engagements in verein München, 1961. (G. F.) Hamburg. 1921 Schauspieler am Bayerischen Staatsschauspiel, 1923—26 am Deutschen Fingerle, Anton (Stadtschulrat) Geb. 1912 Theater in Berlin unter Max Reinhard, dann München, gest. 1976 ebenda. In sehr ärmli­ im Staatstheater unter Leopold Jessner. chen Verhältnissen in München aufgewachsen 1930-35 Rückzug von der Bühne zugunsten und streng katholisch erzogen. Stipendiat der des Films. 1945-47 Intendant der Münchner Maximilianeums-Stiftung, philologisches und Kammerspiele. 1947 Regiearbeit in Berlin und historisches Studium, Gymnasiallehrer für mit Gastinszenierungen vor allem an Ostber­ Alte Sprachen und Geschichte, Promotion. Im liner Theatern wirkend. Seit 1957 Mitglied Krieg Russisch-Dolmetscher. Beteiligung an der künstlerischen Leitung des Brecht-En­ der »Freiheitsaktion Bayern« 1944/45. Von Mai 1945 bis Juni 1976 Stadtschulrat in Mün­ sembles. (E. A.) chen. Beteiligung am Wiederaufbau der Uni­ Esterer, Rudolf (Architekt, Denkmalpfleger) versität München, Mitinitiator der Hochschule Geb. 1879 Altötting, gest. 1965 Farnach/ für Politik. Reformvorschläge für Schul- und Chiemgau. Nach Architekturstudium an der Jugendarbeit. (J.T.) Technischen Hochschule München Baurefe­ rendariat und 1920 Oberbauamtmann bei der Fischer, Alexander (Bildhauer) Geb. 1903 »Verwaltung des ehemaligen Krongutes« Nürnberg, gest. 1982 München. Studium (Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlös­ 1920-24 an der Akademie der Bildenden ser, Gärten und Seen). 1937 Ministerialrat im Künste München bei E. Kurz und B. Bleeker, Bayerischen Staatsministerium der Finanzen 1937-45 Ausstellungsverbot; Mitglied der und Baureferent der Schlösserverwaltung. Seit »Neuen Gruppe« und 1963 Ehrenmitglied der 1939 nebenamtlicher Lehrauftrag für Denk­ Akademie der Bildenden Künste München malpflege an der TH München. 1945 Präsi­ (eine Professur scheiterte in den ersten Nach­ dent der Bayerischen Verwaltung der staatli­ kriegsjahren). chen Schlösser, Gärten und Seen. Gründungs­ Lit. u.a.: H. Maru’irtz, Alexander Fischer und mitglied, Abteilungsleiter, Präsident und seine Freunde (= Faltblatt zu einer Ausstel­ schließlich Vizepräsident der Bayerischen lung in den Räumen der Bayerischen Versi­ Akademie der Schönen Künste sowie Ehren­ cherungskammer), München 1978. (G.F.) mitglied der Akademie der Bildenden Künste München. 1952 Ruhestand. Zahlreiche Aus­ zeichnungen. (N. K.) Faulhaber, Michael (Kardinal) Geb. 1869 Klosterheidenfeld/Schweinfurt als Sohn eines Bäckermeisters, gest. 1952 München. Priester­ weihe 1892, 1899 Privatdozent an der Uni­ versität Würzburg, 1903 ordentlicher Profes­ sor für alttestamentarische Exegese; 1910 Bischof von Speyer, 1917 Erzbischof von München und Freising, 1921 Kardinalswürde. Nobilitierung mit dem Kronenorden, 1951 Großkreuz des Verdienstordens der Bundesre­ publik Deutschland. (R. H.) Fietz, Gerhard (Maler) Geb. 1910 Breslau, Ausbildung ebenda von 1930-32 bei Kanoldt

Fischer, Helmut (Stadtrat) Geb. 1911. Stu­ dium der Architektur, Eintritt in die Stadtver­ waltung, in den frühen 40er Jahren als Leiter der »Bezirksplanungsstelle« mit der Verkehrs­ planung im Münchner Raum betraut. Am l.Juli 1946 Ernennung zum Wiederaufbaure­ ferenten in München, wenig später Ernen­ nung zum berufsmäßigen Stadtrat (parteilos). Am 20. Juli 1948, nach der Neueinteilung der Stadtverwaltung, erneut zum Wiederaufbaure­ ferenten bestimmt. Ausscheiden aus dem Stadtrat am 4. Juni 1964. Fischer hat an verant­ wortlicher Stelle den Wiederaufbau Mün­ chens und vor allem Programme des Woh­ nungswiederaufbaus gelenkt und fungierte u.a. als ehrenamtlicher Geschäftsführer des »Bayerischen Aufbaurates«. (N.K.)

Glossar Fischer-Pongraz, Ludmilla (Bildhauerin) Geb. 1899 München, gcst. 1981 ebenda. Stu­ dium von 1916-20 an der Kunstgewerbe­ schule München, 1922-27 an der Akademie der Bildenden Künste bei B. Bleeker. 1935 Heirat mit dem Bildhauer Alexander Fischer. Mitglied der GEDOK (Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfreunde) und der »Münchner Künstlergenossenschaft«. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Münchner Künstlergenos­ senschaft, Städtische Galerie, München 1947. (G.F.) Freund, Karl (Violonist) Geb. 1904 Neustadt/Oberschlesien, gest. 1955 in München. Studierte Violine, gründete 1939 das FreundQuartett, 1938-45 Lehrer an der Musikhoch­ schule Berlin, 1946-55 Leiter der Meisterklas­ se für Violine an der Musikhochschule Mün­ chen. Freund trat seit 1946 in München mit seinen Solokonzerten u.a.m. hervor. Er wid­ mete sich besonders der modernen Musik. (F.M.) Fuhr, Xaver (Maler) Geb. 1889 Neckerau/

Mannheim, gest. 1973 Regensburg. Als Maler war Fuhr Autodidakt. Er lebte seit 1931 u.a. in Rom und Florenz, erhielt 1935-45 Ausstel­ lungsverbot. 1946-66 Professur an der Akade­ mie der Bildenden Künste in München. Lebte seit 1950 in Regensburg. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Xaver Fuhr 1898-1973, Retrospektiv Ausstellung, Galerie von Abercron München, 1977. (B. F.) Geiger, Rupprecht (Maler) Geb. 1908 Mün­ chen. Als Maler Autodidakt. 1928—32 Stu­ dium der Architektur an der Kunstgewerbe­ schule und Staatsbauschule München. 193339 als Architekt tätig. 1949 Gründungsmit­ glied der Gruppe »ZEN 49«. 1965-76 Profes­ sur an der Kunstakademie Düsseldorf, seit 1976 wieder in München ansässig. Mitglied der Akademie der Schönen Künste Berlin und der »Neuen Gruppe« München. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Rupprecht Geiger, Kestner Gesellschaft, Hannover 1967. (B. F.) Geiger, Willi (Maler) Geb. 1878 Schönbrunn/Landshut, gest. 1971 München. Stu­ dium an der Kunstgewerbeschule, der Techni­ schen Hochschule und 1903-05 an der Aka­ demie der Bildenden Künste München bei F.v. Stuck und P.v. Hahn. 1919 Berufung an die Kunstgewerbeschule München, 1928-33 Professur an der Akademie Leipzig bis zur fristlosen Entlassung in der NS-Zeit. 1946-50 Professur an der Akademie der Bildenden Künste München. 1951 Kunstpreis der Stadt München. Lit. u.a.: W. Petzet, Willi Geiger - Maler und Graphiker, München 1960. (B. F.) Geitlinger, Ernst (Maler) Geb. 1895 Frank­

furt a. M., gest. 1972 Seeshaupt. Studium an der Academy of Design in New York. 1922-31 Schüler von K. Caspar an der Akade­ mie der Bildenden Künste München; nach 1933 Ausstellungsverbot. 1951-65 Lehrtätig­

keit an der Münchner Akademie der Bilden­ den Künste, danach Leitung der Malschule »Atelier Geitlinger« in München. Mitbegrün­ der der »Neuen Gruppe« und Mitglied des Deutschen Künstlerbundes, der Darmstädter und Frankfurter Sezession. Lit. u.a.: I. Seidenfaden, E. Geitlinger 18951972. (B.F.) Georgii, Theodor (Bildhauer) Geb. 1883 Shdani/Rußland, gest. 1963 Esslingen. Stu­ dium 1902-03 bei R. Poetzelberger in Stutt­ gart, 1904 bei Dillens in Brüssel, dann bei A.v. Hildebrand, dessen Tochter Irene er heira­ tete. In den 20er Jahren Leiter der Dombau­ hütten Passau und Regensburg, seit 1933 Pro­ fessur der Kunstgewerbeschulc Wien. 194652 Professur an der Akademie der Bildenden Künste München. 1963 Medaille »München leuchtet«. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Kleinplastik und figürli­ ches Kunsthandwerk, Stadtmuseum München 1974. (G.F.) Gessner, Herbert (Rundfunkkommentator) Geb. 1920 München, gest. 1956 Berlin. Stu­ dienverbot wegen seiner antifaschistischen Haltung, Kriegsdienst mit Strafversetzungen aus politischen Gründen. Von Juli 1945 bis Dezember 1946 innenpolitischer Hauptkom­ mentator bei Radio München. Nach heftigen Auseinandersetzungen mit den amerikani­ schen Behörden und dem Bayerischen Staats­ ministerium für Entnazifizierung wechselte Gessner unmittelbar zu Radio Berlin(Ost). (R.B.) Gilles, Werner (Maler) Geb. 1894 Reydt, gest. 1961 Essen. 1914 Besuch der Akademie Kassel. Nach dem Militärdienst 1918/19 Stu­ dium an der Kunstgewerbeschule Weimar, dann am Bauhaus als Schüler von L. Feininger. 1931 Stidendiat der Villa Massimo in Rom. Gilles lebte seit 1949 abwechselnd in Mün­ chen und auf Ischia. Lit. u.a.: K. Rulirberg, Werner Gilles, Reckling­ hausen 1962. (B.F.) Graunke, Kurt W. (Dirigent, Komponist) Geb. 1915 Stettin. Studium in Berlin und Wien. Wirkte 1936-44 als Violinsolist. Trat 1945 mit der Kapelle Graunke, ab 1946 mit dem Streichorchester Graunke, ab 1949 mit dem Symphonieorchester Graunke als Diri­ gent auf. Komponierte u.a. ein Violinkonzert und mehrere Symphonien. (F. M.) Graupner, Ernst (Maler) Geb. 1917 Ingol­

stadt. Ausbildung 1939-44 an der Münchner Akademie der Bildenden Künste bei K.v. Heß. Haupttätigkeitsgebiet: Hinterglasmalerei. 1972 Seerosenpreis der Stadt München. Lit. u.a.: Die Kunst und das schöne Heim, Nr.48, 1950, S. 148. (B.F.) Haas, Joseph (Komponist) Geb. 1870 Mai­ hingen, gest. 1960 München. Schüler von M. Reger in München und am Leipziger Kon­ servatorium. 1911 Kompositionslehrer am

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Konservatorium Stuttgart. Lehrte 1921-50 an der Münchner Akademie der Tonkunst. Leite­ te 1945 als Präsident den Wiederaufbau der Musikhochschule. Werke zwischen 1945 und 1949: Te Deum (op. 100), Melodram »Toten­ messe« (op. 101). (F. M.) Habe, Hans (Schriftsteller) Geb. 1911 Buda­ pest, eigentlicher Name: Jänos Bekessy. Ger­ manistikstudium in Wien, seit 1929 Journa­ list, 1935—38 Korrespondent des Völkerbun­ des in Genf. Während des 2. Weltkrieges amerikanischer Offizier, gründete die ameri­ kanischen Zeitungen im besetzten Deutsch­ land. 1945 bis Mitte 1946 Chefredakteur der »Neuen Zeitung«. Erfolgreiche Gesellschafts­ romane erlaubten ihm ein Leben in Ascona. (G.H.) Harth, Philipp (Bildhauer) Geb. 1887 Mainz, gest. 1968 Bayerischzell. Studium 1903-06 an der Kunstgewerbeschulc Mainz und an der Akademie Karlsruhe. 1917-28 Lehrer an der Odcnwaldschule. 1945/46 bei Leo von König in Tutzing, seit 1947 in Baye­ rischzell tätig. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Kunstschaffen in Deutsch­ land, Central Art Collecting Point, München 1949; Ausst. Kat., Kleinplastik und figürliches Kunsthandwerk, Stadtmuseum München 1974. (G.F.) Hartmann, Adolf (Maler) Geb. 1900 Mün­ chen, gest. 1972 ebenda. Studium bei A. Jank an der Akademie der Bildenden Künste in München und in Berlin. Seit 1948 Professur an der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Präsident der »Neuen Gruppe«, Vor­ standsmitglied des Deutschen Künstlerbundes und verschiedener städtischer Kommissionen. Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Lit. u.a.: Ausst. Kat. der Galerie R. P. Hartmann, München 1973. (B.F.) Heinzinger, Albert (Maler) Geb. 1911 Kempten. Chemograph in München; 1938-41 Internierung im Konzentrationslager Papenburger Moor, 1946-47 Studium an der Akademie der Bildenden Künste München bei A. Schinnerer. Seit 1947 als freischaffender Künstler in München tätig. 1968 Seerosen­ preis der Stadt München, Präsident der »Neuen Münchner Künstlergenossenschaft«, Leiter der Gruppe »Neuer Realismus«, Mit­ glied der Ausstellungsleitung im Haus der Kunst. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Große Kunstausstellung im Haus der Kunst, München 1960. (B.F.) Held, Hans Ludwig (Stadtbibliotheksdirek­ tor) Geb. 1885 Neuburg/Donau, gest. 1954 München. Seit 1904 im städtischen Verwal­ tungsdienst, 1911-21 befristeter Ruhestand aus Gesundheitsgründen, den er für autodi­ daktische Studien zur Religionsphilosophie (vor allem fernöstliche Philosophien), Sozial­ pädagogik, Literaturgeschichte und Politik nutzte. Daneben war er als freier Schriftsteller

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Glossar

und Herausgeber verschiedener Zeitschriften tätig. 1911 Gründungsmitglied des »Schutz­ verbandes deutscher Schriftsteller«. Bis 1920 Vorsitzender der USPD-Fraktion, seit 1922 SPD-Mitglied. 1921 Stadtbibliothekar, 1924 Stadtbibliotheksdirektor und Stadtrat, 1927 I. Vorsitzender der Volkshochschule München. 1933 Entlassung, 1938 Schreibverbot, bis 1945 zurückgezogenes Leben in Unterhaching/München. 1945 erneut Stadtbiblio­ theksdirektor, 1945 Ehrendoktorwürde und Honorarprofessur der Universität München, Gründung der Volkshochschule München, de­ ren 1. Vorsitzender er wiederum seit 1949 war. 1953 Ruhestand. 1954 Großes Bundesver­ dienstkreuz. Als ehrenamtlicher »Sonderbe­ auftragter für Kultur« der Stadt München von 1945-53 hatte er maßgeblichen Einfluß auf die Münchner Kulturentwicklung. (B. S.) Hcmmeter, Karl (Bildhauer) Geb. 1904 Weißenburg, lebt in München. 1924-26 als Geselle und Hospitant an der Kunstgewerbe­ schule Nürnberg, 1926-32 Studium an der Akademie der Bildenden Künste München bei J. Wackerle. 1954 Kulturpreis der Stadt Nürn­ berg. Lit. u.a.: L.Baer, Karl Hcmmeter - Bildhauer (= Faltblatt einer Ausstellung im Collegium Carolinum), München 1973. (G. F.) Hempel, Willy (Maler) Geb. 1905 Königs­ berg. Kämpfte als Antifaschist in der Wider­ standsbewegung in Jugoslawien. 1949 Mit­ glied der Gruppe »ZEN 49«. Seit den 50er Jahren wieder in Griechenland und Jugosla­ wien tätig. Lit. u.a.: Ausst. Kat., ZEN49, Central Art Collecting Point, München 1950. (B.F.) Henselmann, Josef (Bildhauer) Geb. 1898

Laiz/Sigmaringen, lebt in München. Studium an der Akademie der Bildenden Künste Mün­ chen bei B. Schmitt und H. Hahn. 1925 Großer Preußischer Staatspreis und Professur an der Akademie für angewandte Künste in Mün­ chen, 1930 Villa Romana-Preis. Seit 1933 Professor und von 1948-56 Präsident der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Lit. u.a.: K.Biiur, Josef Henselmann - Leben und Werk, München 1976. (G. F.) Herking, Ursula (Kabarettistin) Geb. 1912

Dessau, gest. 1974 in München. Zunächst Schauspielerin an den Berliner Staatstheatern, wechselte dann aber bald zum Kabarett. Nach 1945 trat sie in München in den Kabaretts »Kleine Freiheit« und »Die Schaubude« auf, später in der »Lach- und Schieß-Gesellschaft«. Neben ihrer Tätigkeit an verschiedenen deut­ schen Kabaretts wurde sie auch durch ihre Fil­ me populär. 1967 erhielt sie den Schwabinger Kunstpreis. (E.A.) Hiller, Anton (Bildhauer) Geb. 1893 Mün­ chen, lebt in München. Studium an der Städti­ schen Kunstgewerbeschule, danach bis 1923 bei H. Hahn an der Akademie der Bildenden Künste München. Seit 1946 Professur an der

Münchner Akademie der Bildenden Künste. 1954 Kunstpreis der Stadt München. Lit. u.a.: P.A. Riedel, Anton Hiller — Bildwer­ ke und Zeichnungen, Sigmaringen 1976; Ausst. Kat., Anton Hiller, Städtische Galerie, München 1973. (G.F.) Hocke, Gustav René (Schriftsteller) Geb.

1908 Brüssel. Studium mit Promotion, Feuil­ letonist und Korrespondent bei der »Kölni­ schen Zeitung«. 1943-44 im römischen Un­ tergrund, 1944-46 in amerikanischer und englischer Kriegsgefangenschaft. Von der er­ sten Stunde an, Redakteur bzw. Mitarbeiter des »Ruf«. 1947-49 Redakteur der »Neuen Zeitung«, Mitarbeit in zahlreichen Zeitschrif­ ten und Zeitungen. Mitglied des PEN-Zentrums, 1966 De-Caspari-Preis für Völkerver­ ständigung (Italien) und andere Auszeichnun­ gen. (V.W.) Holler, Karl (Komponist) Geb. 1907 Bam­ berg. Studierte in München bei J.Haas u.a. Unterrichtete ab 1937 an der Musikhochschu­ le in Frankfurt a. M. und übernahm 1949 als Nachfolger von J.Haas die Meisterklasse für Komposition an der Musikhochschule Mün­ chen. Ab 1954 Präsident der Münchner Mu­ sikhochschule. Holler schrieb u.a. Sonaten für Violine (op.37), für Flöten (op. 45) und für Klavier (op.41). (F.M.) Holsboer, Willem J. (Schauspieler und In­ tendant) Geb. 1906 Stuttgart, gest. 1959 Mün­ chen. Ausbildung u.a. an der Freien Waldorf­ schule Stuttgart und der Theaterschule Feldern-Förster in München. 1927-38 Engage­ ment als Schauspieler an den Münchner Kammerspielen, seit 1937 dort auch als Regis­ seur. 1938-50 Intendant des Münchner Volks­ theaters, danach Engagements an verschiede­ nen deutschsprachigen Bühnen und beim Film. 1 lolsboer besaß die Schweizer Staatsbür­ gerschaft. (E.A.) Hündeberg, Jürgen von (Maler) Geb. 1922

Dresden. Studium der Architektur und Philo­ sophie, 1945 Student an der Münchner Aka­ demie der Bildenden Künste, seit 1947 als freischaffender Künstler tätig. Mitglied der »Gesellschaft der Freunde junger Kunst« des Deutschen Künstlerbundes. (B.F.) Hüls, Arthur voit (Bildhauer) Geb. 1903 Tölz, gest. 1964 München. Studium bei B. Bleeker an der Akademie der Bildenden Künste München und bei G. Kolbe und R. Belling in Berlin. Später war er Assistent an der Bildhauerschule H. Schwegeries in München. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Münchner Secession, Städtische Galerie, München 1964. (G.F.)

Hünerfauth, Irma (Malerin) Geb. 1907 Do­ naueschingen. Studium bei A. Jank und |.l leß an der Münchner Akademie der Bildenden Künste, später bei C.Westphal. 1959 Preis für ausländische Gäste auf der Ausstellung der Union femmes peintres et sculpteurs im Mu­ sée des Beaux Arts Paris.

Lit. u.a.: Die Kunst und das schöne Heim, Nr. 57, 1958/59. (B.F.) Hüsgen, Wilhelm (Bildhauer) Geb. 1877 Barmen, gest. 1962 München. Studium an der Kunstgewerbeschule Barmen, 1897/98 an der Berliner Akademie der Künste bei Janensch. 1899 kam Hüsgen nach München und grün­ dete mit W. Kandinsky u.a. 1900 die »Pha­ lanx-Schule für Malerei und Plastik«. Seit 1948 Mitglied der »Neuen Münchner Künst­ lergenossenschaft«. 1960 Kunstpreis der Stadt Wuppertal, 1961 Ehrengabe im Rahmen des Schwabinger Kunstpreises. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Wilhelm Hüsgen 1877-1962, Von der Heydt-Museum, Wup­ pertal 1978. (G.F.)

Hüther, Julius (Maler) Geb. 1881 Stuttgart, gest. 1954 München. Lithographenlehre und Besuch einer Zeichenschule, 1900-05 Stu­ dium an der Akademie der Bildenden Künste München bei Löfftz und 1 lackl. 1905 Mitglied der »Juryfreien«, 1925 Professur an der Aka­ demie der Bildenden Künste München. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Julius I liither, Galerie In­ ternationale Kunst, München 1967. (B.F.) Keller, Erich (Konzertmeister) Geb. 1918 Augsburg. Studierte u.a. bei W.Stross in Mün­ chen, wirkte ab 1929 als Violinsolist. Seit 1933 Geiger und Konzertmeister im Orchester und Kammerorchester des Senders Augsburg. 1938 1.Geiger im Städtischen Orchester Augsburg. 1945 1. Konzertmeister im Orchester des Bayerischen Rundfunks. Seit 1949 1. Konzert­ meister des Symphonieorchesters des Bayeri­ schen Rundfunks. Spielte seit 1945 als Solist in verschiedenen klassischen Ensembles. (F.M.) Kirchner, Heinrich (Bildhauer) Geb. 1902 Erlangen, lebt in Pavolding am Chiemsee. Seit 1924 Studium an der Akademie der Bilden­ den Künste München bei H.Hahn, dann an der Ecole des Beaux Arts und an der Academie Julian in Paris. Leiter der Erzgießerei, 1952 Professor der Münchner Akademie der Bil­ denden Künste. 1949 Kunstpreis der Stadt München, 1979 Kulturpreis der Stadt Rosen­ heim. Lit. u.a.: E. Trier, Moderne Plastik von Rodin bis M.Marini, Berlin 1954: Ausst. Kat. der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst, Koppenhöfer, Maria (Schauspielerin) Die geborene Stuttgarterin nahm bei Emmy Re­ inolt Schauspielunterricht. Otto Falckenberg holte sie dann an die Münchner Kammerspie­ le. Sie trat unter Leitung von Gustav Gründ­ gens am Berliner Staatstheater auf. 1945 kehrte sie an die Münchner Kammerspiele zurück und feierte hier bis zu ihrem Tod im Novem­ ber 1948 große Erfolge. (E. A.) Knappe, Karl (Bildhauer) Geb. 1884 Kemp­ ten, gest. 1970 München. Studium an der Kunstgewerbeschule und 1904-09 an der Akademie der Bildenden Künste München bei B.Schmitt. Assistent bei ll.Wrba in Dresden.

Glossar

Seit 1912 in München tätig. 1930 Berufung an die Technische Hochschule München, 1933 entlassen. 1949 Kunstpreis der Stadt München, 1951 Mitglied der Akademie der Schönen Künste München, 1954 Bundesverdienst­ kreuz, 1959 Bayerischer Verdienstorden, 1970 Ehrendoktorwürde der Technischen Universi­ tät München. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Galerie Franke, Gedächt­ nisausstellung Karl Knappe, München 1975. K. Knappe, Das Gesetz heißt Wand, der Aus­ weg Plastik, Stuttgart 1950. (G. F.) Knappertsbusch, Hans (Dirigent) Geb. 1888

Elbersfeld, gest. 1965 München. Studium bei Steinbach, Assistent von H. Richter und S. Wagner bei den Bayreuthcr Festspielen. 1913-18 Operndirektor in Elbersfeld, 1922 Chefdirigent der Münchner Oper. 1936 ent­ lassen, woraufhin er die kommissarische Lei­ tung der Staatsoper Wien übernahm. 1945 Leiter der ersten Akademie-Konzerte des Bayerischen Staatsorchesters. Auf Verlangen der amerikanischen Militärregierung als Gene­ ralmusikdirektor entlassen und mit einjähri­ gem Dirigierverbot belegt. Als Gastdirigent bei den Bamberger Symphonikern; in Mün­ chen und vor allem bei den Bayreuther Fest­ spielen (dort seit 1951) gefeiert. (F. M.) Koelle, Fritz (Bildhauer) Geb. 1893 Augs­ burg, gest. 1953. Studium an der Kunstgewer­ beschule Berlin, nach 1918 bei 11.1 labil an der Akademie der Bildenden Künste München. Eine vor dem Zweiten Weltkrieg in Aussicht gestellte Professur an der Akademie der Bil­ denden Künste München scheiterte 1945. Koelle wurde 1946 als politisch Verfolgter an­ erkannt. Lit. u.a.: A. E. Rellsche, Die Plastiksammlung Fritz Koelle, Schaezler-Palais Augsburg 1974. Dokumente zu Leben und Werk des Bild­ hauers Fritz Koelle ( = Kat. Sonderausstellung des Archivs für bildende Kunst, Germanisches Nationalmuseum), Nürnberg 1978. (G.F.) Kölwel, Gottfried (Schriftsteller) Geb. 1889 Beratzhausen/Oberpfalz, gest. 1958 Gräfelfing/München. Philologische Studien in Am­ berg und München. Reisen durch Europa; seit 1912 freier Schriftsteller. Kölwel schrieb Ro­ mane, Gedichte, Erzählungen, Hörspiele und Bühnenstücke. Sein größter Erfolg war »Ge­ sänge gegen den Tod« von 1914 neben seinem in der Nachkriegszeit besonders bekannten Buch »Münchner Elegien und andere Gesän­ ge« von 1947. (W. F.) König, Fritz (Bildhauer) Geb. 1924 Würz­

burg, lebt bei Lindshut. Nach dem Kriegs­ dienst 1946-52 Studium an der Akademie der Bildenden Künste München bei A. Hiller, 1957 Romstipendium der Villa Massimo, 1959 Kulturpreis Ostbayern, 1960 Förderpreis der Stadt München. Seit 1964 Professur an der Technischen Hochschule München, 1969 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schö­ nen Künste München und der Akademie der

Künste Berlin. 1970 Kulturpreis der Stadt Würzburg. König fertigte u.a. eine Skulptur für das World Trade Center in New York an. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Fritz König im Haus der Kunst, München 1974. Ausst. Kat., Fritz König — Skulpturen 1966-79, Regensburg 1979. (G.F.) König, Hannes (Maler und Graphiker) Geb.

1908 München. Studium an der Münchner Kunstgewerbeschule. Maler, Graphiker und Bühnenbildner bis zum Berufsverbot in der NS-Zeit. Seit 1946 Erster Vorsitzender des Schutzverbandes Bildender Künstler in der Gewerkschaft Kunst. 1966 Schwabinger Kunstpreis. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Große Ausstellung der Schwabinger Kunstpreisträger, Malerei, Gra­ phik, Plastik, Stadtmuseum München, 1970. (B.B.) Koeppen, Wolfgang (Schriftsteller) Geb.

1906 Greifswald, lebt seit 1946 als freier Schriftsteller in München. Nachdem er sehr unterschiedlichen Arbeiten nachging, so z. B. als Platzanweiser im Kino, war er dann als Dramaturg und Regievolontär an mehreren Theatern tätig, anschließend einige Jahre in Holland untergetaucht. 1931-34 arbeitete er beim »Berliner Börsen-Courier«. Er verbrach­ te die Kriegsjahre als anonymer Mitarbeiter ei­ ner Filmgesellschaft. Sein Vorkriegsroman »Die Mauer schwankt« (1935), brachte ihm erst in der Neuauflage von 1983 den großen Erfolg. Sein Roman »Tauben im Gras« (1951) gilt als Schüsselroman für das München der Nachkriegsjahre. (W. F.) (Malerin) Geb. 1917 München. Studium an der Akademie der Bildenden Künste München bei K.Caspar. Seit 1937 privates Studium bei K.Caspar und Ma­ ria Caspar-Filser. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Städtische Galerie Rosen­ heim. (B. F.) Köster-Caspar,

Felizitas

Kuby, Erich (Publizist) Geb. 1910 Baden-

Baden. Studium der Volkswirtschaft in Ham­ burg, Erlangen und München. 1939-46 Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft, seit 1946 bei der amerikanischen Besatzungsbe­ hörde für die Bereiche Verlage und Zeitschrif­ ten tätig. 1947 Chefredakteur des »Ruf«, Re­ dakteur der »Süddeutschen Zeitung« und der »Neuen Zeitung«. Als freier Publizist histo­ risch-politische Buchveröffentlichungen, Au­ tor für Rundfunk und Fernsehen. (G. B.) Kunz, Karl (Maler) Geb. 1905 Augsburg, gest. 1971 Frankfurt a. M. Privatunterricht und autodidaktische Bildung im Malen und Zeich­ nen. 1930 Assistent an der Kunstschule Burg Giebichstein, 1933 Malverbot und Entlassung. 1947 49 Lehrauftrag an der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk Saarbrücken. 1969 Ehrengast der Villa Massimo in Rom. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Karl Kunz, Kunsthalle Dannstadt, 1974. (B. F.)

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Kriesch, Rudolf (Graphiker) Geb. 1904 St. Pölten/Niederösterreich, Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt Wien. Seit 1930 in München tätig. Ständiger Mitarbeiter des »Simplicissimus«. Seit 1945 freier Maler. 1966 Schwabinger Kunstpreis, 1968 Seerosenpreis der Stadt München. Vor­ standsmitglied der »Neuen Münchner Künst­ lergenossenschaft«. Lit. u.a.: Prisma, 1 (1947/48), H.7, S.39. (B.B.) Kruk, Georg (Bildhauer) Geb. 1911 West­ ukraine, lebt in München. Studium an der Kunstakademie Krakau, dann an der Hoch­ schule für bildende Kunst in Berlin. 1945 Übersiedlung nach München, Lehrer an der UNRRA-Universität München. 1964 Ehren­ medaille des Vatikan. Lit. u.a.: /. Cassou, I. Hauer, IV. Popowycz, Georg Kruk, München 1969; ¡.Cassou, ¡.Bauer, Georg Kruk, München 1980. (G.F.) Kolbenhoff, Walter (Journalist und Schrift­ steller) Geb. 1908 Berlin, eigentlicher Name: W. Hoffmann. Als Straßensänger und Gele­ genheitsarbeiter Reisen durch Europa, Afrika und Kleinasien. Seit 1930 Reporter in Berlin, 1933 Emigration als Angehöriger der KPD nach Kopenhagen, 1942 Soldat der deutschen Wehrmacht, amerikanische Kriegsgefangen­ schaft bis 1946. Chefreporter bei der »Neuen Zeitung«, Mitarbeiterin! »Ruf«, Mitbegründer der »Gruppe 47«. Kolbenhoff lebt in Germe­ ring bei München. (G. H.) Laak, Lonny von (Cineastin) Geb. 1895

Mannheim, lebt seit 1918 in München. Mu­ sikstudium (Violine), danach bald Eintritt in die Filmwirtschaft. Im 3. Reich Berufsverbot. Nach 1945 enge Mitarbeit in der amerikani­ schen Militärverwaltung, der Information Control Division (ICD) mit Zuständigkeit für Theater, Funk, Konzerte, Presse etc. 1945 unter Oberbürgermeister Scharnagl als Präsidentin des Bayerischen Filmtheaters eingesetzt und durch Wahl bestätigt - bis 1952 in diesem Amt. Wiederaufbau des Luitpoldtheaters und Leitung bis 1960, das unter ihrer Führung zu einem angesehenen Premierenhaus wurde. Bau des Filmcasinos, das erstmals in München ein künstlerisch anspruchsvolles Programm zeigte und zu einem internationalen Künstler­ treffpunkt wurde. Neben ihrer maßgeblichen Beteiligung am Wiederaufbau der Münchner Filmwirtschaft wirkte sie bis zum Ruhestand 1965 in Film und Fernsehen. (R. H.) Landau, Ernst (Publizist, Redakteur) Geb.

1916 Wien. Bis 1938 Mitarbeiter einer Wie­ ner Tageszeitung, 1945 nach fast 4'Ajähriger Haft aus dem Konzentrationslager befreit. 1 lerausgeber und Chefredakteur der unabhän­ gigen deutschsprachigen jüdischen Wochen­ zeitung »Neue Welt«, die 1947-48 in Mün­ chen erschien. Landau verfaßte zahlreiche Aufsätze in anderen Zeitschriften und Rund­ funkkommentare. Er ist heute beim Bayeri-

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Glossar

sehen Rundfunk in der Abteilung »Bayern ak­ tuell« tätig. (J.W.) Lange, Horst (Schriftsteller) Geb. 1904 Lieg-

nitz/Oberschlesien, gest. 1971. Zunächst als Maler - Mitglied des Weimarer Bauhauses dann als Studienrat und Journalist tätig. Heira­ tete 1933 die Lyrikerin Oda Schaefer. In der NS-Zeit immer wieder von Schreibverbot be­ droht, 1940 Soldatendienst und Verwundung. Nach 1945 lebte er in Mittenwald. 1946 1. Präsident der »Münchner Kulturliga«, zog sich aber bald resigniert und aus Gesundheits­ gründen von diesem Amt zurück. (G. H.) Langendorf, Ernest (Publizist) Geb. 1907 im

Taunus. In den 20er Jahren Redakteur beim »Hamburger Echo«, freiwillige Emigration nach Paris, dann nach Ibiza und in die Schweiz. Bei Kriegsausbruch Internierung in Frankreich. 1940 amerikanisches Visum für New York. Tätigkeit als Korrektor, im Krieg Tätigkeit bei der »Pschological Warfare Division«. Verfaßte zusammen mit Hans Wallenberg und Klaus Mann Flugblätter und Radiosendungen. 1945 Chef der Presseabteilung der US-Militärregierung in München; danach 20 Jahre lang Leiter der Abteilung »Deutsche Angelegenheiten« beim Sender »Free Europe«. Lebt auch heute noch in München und ist u.a. amerikanischer Präsident der Columbus-Gesellschaft. (M. K.) Langenfaß, Friedrich (evang. Kirchenrat, Publizist) Geb. 1880 Hohenaltheim, gest. 1965 München. Theologiestudium, 19051908 Stadtvikar, 1920 Pfarrer, 1930 Pfarrer und Dekan in München. 1935 Kirchenrat, 1950 Ruhestand. Langenfaß zeichnete sich vor allem durch seine Bemühungen um das evan­ gelische Pressewesen aus, 1951-62 Vorsitzen­ der des »Gemeinschaftswerks der Evangeli­ schen Presse«. (C.V.) Leitner, Ferdinand (Dirigent) Geb. 1912

Berlin, Studium an der Musikhochschule ebenda. 1943 Kapellmeister am NollendorfPlatz-Theater Berlin, 1945 an der Staatsoper Hamburg, 1946 an der Staatsoper München. 1947-69 Operndirektor, 1950 Generalmusik­ direktor an der Staatsoper Stuttgart. 1956 stän­ diger Dirigent am Teatro Colon in Buenos Ai­ res, 1969 musikalischer Oberleiter am Opern­ haus Zürich. 1976 Leiter des ResidentieOrkest in Den Haag. (F. M.) Lepman, Jella (Journalistin) Geb.

1891 Stuttgart, gest. 1970. In den Weimarer Jahren Redakteurin in Stuttgart [zeitweise Vorsitzen­ de der DDP Württembergs). 1936 aus rassi­ schen Gründen Emigration nach London [journalistische Tätigkeit). 1945 Beraterin für Jugend- und Frauenfragen bei der amerikani­ schen Militärregierung und journalistische Tä­ tigkeit bei der in München gedruckten Zeit­ schrift »Heute«. 1946 Organisatorin der ersten Internationalen Jugendbuchausstellung in München, Gründerin und (bis 1957) Direkto­ rin der Internationalen Jugendbibliothek

München (IJB). Herausgeberin mehrerer Kin­ derbücher; 1956 Hans-Christian-AndersenMedaille des Internationalen Kuratoriums für das Jugendbuch, 1969 Goethe-Medaille der Stadt Frankfurt. (M.K.) Lill, Georg (Kunsthistoriker und Denkmal­ pfleger) Geb. 1883 Würzburg, gest. 1951 München. Studium der Kunstgeschichte in Berlin, Wien und München. 1908 Eintritt in das »Generalkonservatorium der Kunstdenk­ mäler und Altertümer Bayerns« (seit 1917 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege), 1920 Hauptkonservator im Bayerischen Na­ tionalmuseum, 1924 Professur, 1929 Direktor des Bayerischen Landesamtes für Denkmal­ pflege. Wegweisend für den denkmalpflegeri­ schen Wiederaufbau Münchens. 1949 Ruhe­ stand und weitere kunsthistorische Arbei­ ten. (N. K.) Loritz, Alfred (Vorsitzender der WAV) Geb.

1902 München, gest. wahrscheinlich 1973. Studium der Rechts- und Sozialwissenschaften, bis 1939 Rechtsanwalt. 1928 Beitritt zur »Reichspartei des Deutschen Mittelstandes« (Wirtschaftspartei), 1932 Austritt aus der WP. 1939 Emigration in die Schweiz. Nach eige­ nen Angaben 1933-45 in vorderster Linie im Widerstand gegen Hitler tätig (er behauptet das Attentat auf Hitler im Bürgerbraukeller vom 8.11. 1939 verübt zu haben); unbestritten Kontakte zu monarchistischen Widerstands­ kreisen. Gerüchte um Geheimdiensttätigkeit für Frankreich. Gute Beziehungen zur und finanzielle Unterstützung durch die Besat­ zungsmacht. Gründer der »Wirtschaftlichen Aufbauvereinigung« (WAV). Sonderminister für Entnazifizierung von Dezember 1946Juni 1947. Ständige Querelen innerhalb der eigenen Partei und gerichtliche Auseinander­ setzungen mit politischen Gegnern. Mitglied der Verfassunggebenden Versammlung, des Bayerischen Landtages und des 1. Deutschen Bundestages. Anfang der 50er Jahre ver­ schwinden er und seine Partei in der politi­ schen Bedeutungslosigkeit. (H.W.) Lüdicke, Marianne (Bildhauerin) Geb. 1919 Frankfurt a. M., lebt in Weisham bei Prien. Studium 1939-44 an der Akademie der Bil­ denden Künste München bei R. Knecht. Seit 1944 ist sie in Weisham tätig. Mitglied der »Neuen Münchner Künstlergenossenschaft« und der GEDOK (Gemeinschaft der Künstle­ rinnen und Kunstfreunde). Lit. u.a.: A. Sailer, Marianne Lüdicke, Mün­ chen 1976. (G.F.) Markgraber, Alois E. (Schauspieler, Regis­ seur) Geb. 1897 Eggenburg/Niederösterreich, gest. 1972 München. Seit 1928 arbeitete Markgraber als Schauspieler und seit 1936 als Regisseur, bis er in der NS-Zeit mit Berufsver­ bot belegt wurde, da er u.a. mit einer Jüdin verheiratet war. 1945-52 Gründung und Lei­ tung des Bürgertheaters in München. Danach

Engagements als Schauspieler und Regisseur an verschiedenen Theatern. (E.A.) Martin, Ludwig (Maler) Geb. 1913 Mün­ chen. Studium an der Malschule Hugo Troendle, an der Akademie für Angewandte Kunst bei F.Skell und W.Teutsch sowie an der Akademie der Bildenden Künste bei M. Mayrshofer. Seit 1948 nach Kriegsdienst und Verwundung als freischaffender Künstler in München tätig. 1961 Wettbewerbspreis der »Gesellschaft der Freunde junger Kunst«. (B.F.) Martin, Priska von (Bildhauerin) Geb. 1912

Freiburg, gest. 1983. Studium bei F. Leger in Paris, dann an der Akademie der Bildenden Künste München bei J.Wackerle und ihrem späteren Ehemann T. Stadler. 1958 Kunstpreis der Stadt München, 1963 Kunstpreis der Stadt Paris. Lit. u.a.: Ausst. Kat. des Musée de l’art mo­ derne, Paris 1963; J.Koh, Deutsche Bildhauer der Gegenwart, München 1957. (G.F.) Meier-Denninghoff bzw. MatschinskyDenninghoff, Brigitte (Bildhauerin) Geb.

1923 Berlin, lebt in Paris und Berlin. Studium 1943-46 an den Akademien Berlin und Mün­ chen, 1948 Assistentin von Henry Moore und 1949/50 Studium bei A. Pevsner. 1953/54 Bühnenbildnerin in Darmstadt, seit 1955 ar­ beitet sie mit ihrem späteren Mann Martin Matschinsky zusammen. 1959 Prix Bourdelle. Mitglied der Gruppe »ZEN 49«. Lit. u.a.: Ausst. Kat., der Gruppe ZEN 49 im Amerika-! laus, München 1951. M. de la Molle (Hrsg.), Brigitte Matschinsky-Denninghoff, Bonn 1980 ( = Katalog der Galerie Henneman). (G. F.) Meinzolt, Hans (Staatsrat) Geb. 1887 als

Pfarrersohn in Bächingen, gest. 1967 in Weß­ ling. Jurastudium und Promotion, 1933-45 Oberkirchenrat, dann Vizepräsident und 1947-1959 Präsident der Landessynode des Landeskirchenrats der Evangelisch-Lutheri­ schen Kirche in Bayern, 1934 vorübergehend aus dem Amt entlassen. 1945/46 und 1954-57 Staatssekretär im Bayerischen Kultusministe­ rium, 1955 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern, 1967 »bene merenti« Orden der Bayeri­ schen Akademie der Wissenschaften. (C.V.) Meiser, Hans (evangelischer Bischof) Geb.

1881 als Kaufmannssohn in Nürnberg, gest. 1956 München. Studium der Volkswirtschaft und der evang. Theologie. 1915-20 Pfarrer und 1928—33 Oberkirchenrat in München. Mitgliedschaft (1933) im Exekutivkomitee des Lutherischen Weltconvents, 1948-54 im Zentralkomitee des Weltkirchenrates und 1945-54 im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland. 1949-55 Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Deutschland, 1955 Landesbischof in Bay­ ern. (C.V.) Meitinger, Karl (Stadtbaurat) Geb. 1882

München, gest. 1970. Architekturstudium in

Glossar München und Berlin, Architekt in München, seit 1910 in der Münchner Stadtverwaltung, 1939 Stadtbaurat. 1946 frühzeitige Pensionie­ rung wegen »politischer Belastung« durch die amerikanischen Behörden. Meitinger betreute seit 1919 das gesamte öffentliche Wohnungs­ bauprogramm in München. Seine 1946 publi­ zierte Denkschrift »Das neue München« wur­ de wegweisend für den Wiederaufbau der bayerischen Landeshauptstadt (MeitingcrPlan). Die Kernforderung dieses Planes war der Wiederaufbau der Münchner Innenstadt »im Sinne der Altstadt«, verbunden mit mo­ derner Verkehrsplanung (U-Bahn, Altstadt­ ring, öffentlicher Nahverkehr). (N. K.) Metzner, Gerhard (Theaterleiter) Geb. 1914

Beuthen/Oberschlesien, gest. 1969. Erste Büh­ nenerfahrungen sammelte er als Regisseur und Dramaturg an Provinzbühnen und schrieb auch Drehbücher und Operetten-Librettos. Nach dem Krieg kam er nach München und eröffnete im Februar 1946 die Kleine Komö­ die, die er sehr erfolgreich leitete. Sein Ver­ dienst bleibt die Schaffung eines für München neuen Theaterstils, der Boulevardkomödie mit großen Stars. (E. A.) Meyer-Brockmann, Henri (Graphiker) Geb.

1912 Berenbostel, gest. 1968 München. Buch­ druckerlehre und Studium an der Kunstge­ werbeschule Hannover. Lebte seit 1934 in München, Schüler bei O.Gulbransson an der Akademie der Bildenden Künste München. Ab 1945 politische Karikaturen im »Ruf«, »Simpl« und der »Süddeutschen Zeitung«. Lit. u.a.: H. McYer-Brockmatin, Iwan der Schreckliche, München 1969. (B. B.) Mikorey, Franz (Bildhauer) Geb. 1907 Des­

sau, lebt in München. Studium bei J.Wackerle an der Akademie der Bildenden Künste Mün­ chen, später Präsident der »Münchner Seces­ sion«. Als Werk sei genannt: der Pferdeführer vor dem Max Planck-Institut für Biochemie München von 1958. Daneben schuf Mikorey die Portraits von Kronprinz Rupprecht, R. Riemerschmid, R. Strauss, Fritz Kortner und Feodor Lynen. Lit. u.a. A. Haenlein, Franz Mikorey — Bron­ zen, München 1967; K. Seeberger, Franz Mi­ korey - Skulpturen, Zeichnungen, HöhrGrenzhausen 1979. (G. F.) Mode, Heinz (Universitätsprofessor) Geb.

1913 Berlin. 1933 KP-Jugend, 1932 Indien­ reise; 1933-45 Emigrationsaufenthalt in der Schweiz. Mitbegründer der Kulturliga Mün­ chen, der Gewerkschaft der geistig und kultu­ rell Schaffenden (bis 1948); Kultursekretär der KP Bayern und Mitarbeiter an KP-Zeitungen. Ruf an die Universität Halle, Direktor des In­ stituts für Altertumswissenschaften und archä­ ologische Museen, Direktor i.V. Kunstge­ schichte Institut Halle, Direktor des Buddhist Centre. (G.B.) Nagel, Franz (Graphiker) Geb. 1907 Günz-

burg, gest. 1976 Tegernsee. 1947-75 Professor

an der Akademie der Bildenden Künste in München, 1960-63 und 1969-70 Präsident der Bayerischen Akademie der Bildenden Künste. Seit 1967 Mitglied der Akademie der Schönen Künste München. Lit. u.a.: Von Atelier zu Atelier, 8 (1960), S.121. Das Münster, 1 (1947/48), S.97; 4 (1951), S.371; 9 (1956), S.345; 10 (1957), S. 197-212. (B.B.) Neubauer-Wörner, Marlene (Bildhauerin) Geb. 1918 Landshut. Studium an der Meister­ schule für Keramik in Landshut und an der Akademie der Bildenden Künste München bei J.Henselmann und R. Knecht. Mitglied der »Münchner Secession«. (G.F.) Nicklisch, Maria (Schauspielerin) Ihre Schauspielkarriere begann in Zürich. 1934 kam sie nach München, zunächst an das Staats­ schauspiel, 1935 an die Kammerspiele. Zwi­ schen 1941 und 1944 trat sie in Berlin am Deutschen Theater und in Wien am Theater in der Josefstadt auf. Nach dem Krieg kehrte sie an die Münchner Kammerspiele zurück, de­ nen sie bis heute treu geblieben ist. (E. A.) Niederreuther, Thomas (Maler) Geb. 1909

München. Studium der Volkswirtschaft, Staatswissenschaft und Soziologie in Ham­ burg, Berlin und München. 1934 Promotion zum Dr. rer. pol. Erste Ausstellungen nach 1945. Seit 1947 Mitglied der »Neuen Gruppe« und seit 1950 Mitglied des Deutschen Künst­ lerbundes. Lit. u.a.: Prisma, 1 (1947), H. 10, S.24. (B.F.) Oehl, Erwin (Maler) Geb. 1907 Thalmmäs-

sing. 1926/27 Studium an der Akademie der Bildenden Künste München bei H.Gröber, danach in Berlin und Wien. Gründung der an­ tifaschistischen Widerstandgruppe »ASSO« in München, Verhaftung 1933, Emigration nach Frankreich 1936 und erneute Verhaftung. 1948 Landesvorsitzender der Gewerkschaft geistig und kulturell Schaffender in München. 1949 Gründungsmitglied des Deutschen Ge­ werkschaftsbundes und Präsident der Gesell­ schaft für deutsch-sowjetische Freundschaft. Lit. u.a.: Ausst. Kat. des Schutzverbandes Bil­ dender Künstler, München 1953. (B.F.) Ohrenstein, Aron (Rabbiner) Geb. 1909

Berlin, lebt in München. Studium der Philo­ sophie und jüdischen Theologie, 1934-38 Rabbiner in Berlin, 1938 Deportation nach Polen, Konzentrationslager und schließlich Flucht. Dezember 1945-55 Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde München. 1947 Landesrabbiner und 1947—55 Tätigkeit im Landesverband der Israelitischen Kultusge­ meinden in Bayern. (J.W.) Ott, Riehard (Maler) Geb. 1908 Markran­ städt, 1928-32 Studium an der Akademie Leipzig und der Keramik-Fachschule. Als Stu­ dienassessor 1934-43 an Berliner Schulen, nach 1945 auch teilweise in München. Lehrtä­ tigkeit an der Akademie der Bildenden Künste

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in München, Mitglied der »Neuen Gruppe« München. Lit. u.a.: Das amerikanische Tagebuch des Ri­ chard Ott, F.a. M. 1952. Das Kunstwerk, 1 (1946/47) H.5, S.40ff; 2 (1948) H.l/2, S.57. (B.F.) Pembaur, Joseph (Pianist) Geb. 1875 Inns­ bruck, gest. 1950. Schüler bei seinem Vater und an der Königlichen Musikhochschule München, sowie am Leipziger Konservato­ rium. Karriere als Konzertpianist. Ab 1921 Professor an der Akademie der Tonkunst in München. Spielte nach 1945 noch bei den Münchner Philharmonikern und gab Konzert­ abende. (F. M.) Penzoldt, Ernst (Schriftsteller, Bildhauer, Graphiker) Geb. 1892 Erlangen als Sohn eines Universitätsprofessors, gest. 1955 in München. Nach einem Studium an der Kunstakademie in Weimar und Kassel Verlagsmitarbeiter und bildender Künstler in München; als freier Schriftsteller Meister der kleinen Form. Nach 1945 Mitherausgeber der »Deutschen Beiträ­ ge«. Publizierte und illustrierte unter dem Pseudonym »Fritz Fliege«. (G. H.) Petzet, Wolfgang (Dramaturg u. Kritiker) Geb. 1896 München, wo er seit 1967 als frei­ schaffender Schriftsteller lebt (Krailling). Gei­ steswissenschaftliches Studium mit Promoti­ on. Bis 1925 politischer Redakteur der »Frank­ furter Zeitung«, 1926 Rückkehr nach Mün­ chen als freier Schriftsteller und Kor­ respondent, 1927 Dramaturgie- und Regieas­ sistent, 1934 Dramaturg und 1935-48 Chef­ dramaturg der Kammerspiele, 1947-67 Lehrer für Theatergeschichte an der Falckenbergschule München. 1948-67 Kunstkritiker beim Münchner Merkur. (E.A.) Pringsheim, Heinz (Musikkritiker) Geb.

1882 München, gest. ebenda 1974. Studierte ab 1910 Klavier bei A.Schmid-Lindner, Theo­ rie bei R.Louis in München. Arbeitete u.a. als Opernkapcllmeister und war nach 1918 Mu­ sikkritiker bei der Berliner Volkszeitung. 1945-50 Leiter der Musikabteilung von Ra­ dio München. Seit 1945 Musikkritiker bei der »Süddeutschen Zeitung«. Pringsheim war nach 1945 der bedeutenste Musikkritiker Mün­ chens, der sich nachhaltig für die Neue Musik und die Musica Viva einsetzte. (F. M.) Radler, Max (Maler und Graphiker) Geb.

1904 Breslau, Lehren in einer Stukkateur-, Bildhauer- und Schreinerwerkstätte dann Ma­ ler. 1930 Mitglied der »Juryfreien« und der »Neuen Gruppe«, Mitarbeiter der satirischen Zeitschrift »Der Simpl«. Seit 1923 lebt er in München. Lit. u.a.: H. Kießling, Begegnung mit Malern. Münchner Kunstszene 1955-80, St. Ottilien 1980. (B.B.) Ratjen, Hans G. (Dirigent) Geb. 1909 Ber­ lin, Studium an der Musikhochschule in Köln, 1932 Korrepititor und 1935 2. Kapellmeister

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Glossar

und Chordirektor in Berlin, 1936 musikali­ scher Oberleiter in Würzburg, 1934-48 Assi­ stent bei den Bayreuther Festspielen. 1945 Ka­ pellmeister an der Bayerischen Staatsoper in München. Leitete dort die ersten Opernauf­ führungen und Akademiekonzerte. 1950 Ge­ neralmusikdirektor in Oldenburg, 1955 in Wuppertal. (F. M.) Rauh, Caspar W. (Graphiker) Geb. 1912 Würzburg, Studium an der Kunstakademie Düsseldorf von 1932—34 bei W. Heiser und H. Neuen. Nach einem Aufenthalt in Amster­ dam besuchte er 1937 die Meisterschule von Prof. Tiemann an der Akademie Leipzig und blieb dort bis zu Kriegsbeginn. 1945 lebte er in Oberfranken, seit 1955 in Kuhnbach. Lit. u.a.: Mappe von 16 Federzeichnungen mit begleitendem Text v. W. Bauer, hg. v. G. Biertnann, München 1948. (B. B.) Rebay, Hilla von (Malerin) Geb. 1890 Straß­ burg, gest. 1967 New York. Kunststudium in Düsseldorf, München und Paris. Begegnungen mit W. Kandinsky, R. Bauer, M. Chagall, R. Delaunay, A.Gleizes und F. Leger. 1926 lernte sie Solomon R. Guggenheim kennen. 1929-52 Aufbau der S. R. Guggenheim Sammlung gegenstandsloser Malerei. Bis 1952 Erste Direktorin des Guggenheim Museums New York. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Hilla Rebay, Paintings and Collages, New York 1962. (B. F.)

Lit. u.a.: G.Fincleh, Karl Röhrig 1886-1972. Ein Leben zwischen Kunstgewerbe und Zeit­ kritik (= Aussst. Kat. des Stadtmuseums), München 1983. (G.F.) Roh, Franz (Kunsthistoriker) Geb. 1890 Apolda/Thüringen, gest. 1965. Studium der Kunstgeschichte, erste Publikationen. Seit 1916 in München Assistent von H. Wölfflin am Lehrstuhl für Kunstgeschichte, später Lehr­ auftrag an der Münchner Universität. Roh be­ schäftigte sich seit 1928 auch selbst mit der Collage Technik. 1954 Gründer der »Gesell­ schaft der Freunde junger Kunst«, Mitglied des Pen-Zentrums, Präsident der deutschen Sektion der »Association Internationale des Critiques d’Art«. Lit. u.a.: F.Roh, Der Streit um die moderne Kunst, München 1962. (G.F.) Rosbaud, Hans (Dirigent und Pianist) Geb.

1895 Graz, gest. 1962 Lugano. Studierte in Frankfurt a. M. am Konservatorium, 1928-37 Leiter der Musikabteilung und 1. Kapellmei­ ster beim Frankfurter Rundfunk. 1937-41 Ge­ neralmusikdirektor in Münster, 1941-44 in Straßburg. 1945-48 Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker, verließ 1948 München um in Baden-Baden und Zürich tä­ tig zu werden. (F. M.) Scharnagl, Karl (Oberbürgermeister) Geb.

renamtlicher Stadtrat, bis 1948 Fraktionsvor­ sitzender der SPD im Rathaus, 1952 als Stadt­ rat ausgeschlossen. Mitglied und 1947 Vize­ präsident des Bayerischen Senats. Schiefer war einer der Wiederbegründer der Münchner Gewerkschaftsbewegung und zeitweise stell­ vertretender Vorsitzender des Gewerkschafts­ bundes. (H. W.) Schlichter, Rudolf (Maler) Geb. 1890 Calw, gest. 1955 München. 1910-16 Studium an der Akademie Karlsruhe bei H.Thoma und W.Trübner. Stark beeinflußt von G. Grosz. Mitbegründer der radikalen Novembergruppe und der Dadaisten. Lebte seit 1939 in Mün­ chen und war Mitglied der »Neuen Gruppe«. Lit. u.a.: IV. Haftmann, Malerei des 20. Jahr­ hunderts, München 1954. (B. F.) Schmid, Rosl (Pianistin) Geb. 1911 Mün­ chen, gest. 1978. Studierte an der Akademie für Tonkunst in München bei W. Lampe und 1938-39 in Leipzig bei R.Teichmüller. Spielte 1945-49 in München zahlreiche Solokonzerte und gab Klavierabende. 1948 Professorin an der Münchner Musikhochschule. Rosl Schmid erreichte durch ihr reichhaltiges Repertoire und ihr großes Können internationale Aner­ kennung. (F. M.) Schöningh, Franz Josef (Publizist und Ver­

leger) Geb. 1902 in Paderborn. 1935 Assistent 1881 Haidhausen/München, gest. 1963 Mün­ am Seminar für Wirtschaft der Universität chen. Bäckerlehre und Meisterprüfung, Mit­ München, Promotion zum Dr. Oec. schrift­ Redei, Karl (Flötist, Dirigent) Geb. 1918 gliedschaft im »Katholischen Gesellenverein«, stellerische Tätigkeit für die katholisch-litera­ Breslau, studierte ebenda Flöte und Dirigieren so Kontakt zur Bayerischen Zentrumspartei, rische Zeitschrift »Hochland« (1941 verboten). an der Schlesischen Landesmusikschule. 1938 1911-18 Zentrumsabgeordneter im Bayeri­ Seit 1945 Herausgeber des wieder gegründe­ Soloflötist in der Meininger Landeskapelle, schen Landtag. 1919-24 BVP-Stadtrat, ten »Hochland« und Mitherausgeber der 1939 im Mozart-Orchester Salzburg, lehrte 1920-24 und 1928-32 BVP-Landtagsab- »Süddeutschen Zeitung«, Mitglied der »Deut­ am Mozarteum. 1941 Soloflötist im Bayeri­ geordneter. 1925-33 Oberbürgermeister von schen Katholiken der Europäischen Bewe­ schen Staatsorchester München, 1946-54 München. 1929 Dr. h.c. der Medizinischen Fa­ gung«. (G. B.) Lehrer an der Musikakademie Detmold. Ab kultät der Universität München. 1933 aus dem 1953 Mitglied des Symphonieorchesters des Amt enthoben. Kontakte zu Widerstandskrei­ Scholtz, Rudolf von (Schriftsteller, Rund­ Bayerischen Rundfunks in München. (F. M.) sen um C.-F.Goerdeler, Verhaftung nach dem funkintendant) Geb. 1890 Wiesbaden, gest. 1956 München. Von 1927-33 Sprecher und Rehm, Albert K.F, (Rektor der Universität 20.Juli, Konzentrationslager Dachau bis Ok­ Reporter beim Münchner Rundfunk, lebte tober 1944 (dort Freundschaft mit Thomas München) Geb. 1871 Augsburg, gest. 1949 dann zurückgezogen in Neuburg/lnn. Nach München. Studium der Klassischen Philologie Wimmer). 4. Mai 1945 von den Amerikanern Kriegsende Oberbürgermeister von Passau. Im als Stipendiat der Maximilianeums-Stiftung, als Oberbürgermeister wiedereingesetzt und August 1947 Sendeleiter bei Radio München, seit 1906 ordentlicher Professor für Klassische 1946 durch Wahl bestätigt, Mai 1948 2. Bür­ seit Dezember 1947 erster deutscher Intendant Philologie und Pädagogik in München, 1930/ germeister, 1949 Rücktritt. Mitgliedschaft in im Münchner Funkhaus (bis 1956). (R. B.) 31 Rektor der Universität, 1936 von der Lehr­ zahlreichen Organisationen und Vereinigun­ verpflichtung entbunden. Von Mai 1945 bis gen, z. B. Präsident des Bayerischen Roten Schulze-Wilde, Harry (Journalist, Publizist, März 1946 1. kommissarischer Rektor. Im Fe­ Kreuzes oder Vorsitzender des Bayerischen Verleger) Geb. 1899 Zwickau/Saale, gest. bruar 1946 Rückberufung auf seinen Lehr­ Sparkassen- und Giroverbandes. Mitglied der 1978. Seit 1920 erste Publikationen und Büh­ Verfassunggebenden Versammlung und später nenauftritte. 1928/29 Sekretär von Theodor stuhl. 1947 Rückzug aus der Lehrtätigkeit. des Bayerischen Senats. Mitbegründer der Plievier. 1932 Trennung von der KP. 1933 (U.H.) CSU. Auch nach seinem Rücktritt politisch­ Emigration, mehrfache Verhaftungen, Arbeits­ Röhrig, Karl (Bildhauer) Geb. 1886 Eisfeld/ gesellschaftliche Aktivität. (H.W.) und Konzentrationslager. Anfang 1946 Rück­ Thüringen, gest. 1972 München. 1909/10 Stu­ kehr aus der Schweiz nach München. Dezem­ dium an der Kunstgewerbeschule Dresden Schiefer Gustav (Stadtrat, Gewerkschaftsfüh­ ber 1946 Lizenzierung seines Verlages »Die und dann in München bei H. Wadere. Seit rer) Geb. 1876, gest. 1956 München. Schrei­ Blaue Presse« und Gründung von »Echo der 1912 bei E. Kurz an der Münchner Akademie nerlehre, 1894 Eintritt in die Gewerkschaft, Woche«. Organisator von zwei internationalen der Bildenden Künste und seit 1922 bei 1896 Mitglied der SPD, 1918-33 Vorsitzen­ Jugendkundgebungen 1947/48. Seit 1951/52 H. Hahn. 1933 war Röhrig Präsident der »Ju­ der der Freien Gewerkschaft München, nach Verkauf des Verlages freier Journalist und ryfreien«, bis 1944 arbeitete er als freischaf­ 1925—33 Stadtrat, jahrzehntelanger Vorsteher Publizist. (G. B.) fender Künstler und trat nach dem Krieg der der Ortskrankenkasse München; Verfolgung »Neuen Gruppe« bei. 1972 Schwabinger im 3. Reich, 1944 Konzentrationslager Dachau Schweikart, Hans (Schauspieler, Regisseur) Kunstpreis. (Freundschaft mit Karl Scharnagl). 1945 eh­ Geb. 1895 Berlin, gest. 1975 München. Schau-

Glossar Spielausbildung in Berlin, seit 1918 tätig als Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller. 1923—29 Engagement an den Münchner Kammerspielen unter Otto Falckenberg. In den 30er und 40er Jahren hauptsächlich als Roman- und Filmautor tätig. 1938-42 Pro­ duktionschef der Bavaria-Filmkunst in Mün­ chen. 1947-63 Intendant der Münchner Kam­ merspiele. Anschließend war Schweikart an verschiedenen Bühnen beschäftigt. (E. A.) Schwingenstein, August (Verleger, Land­

tagsabgeordneter) Geb. 1881 Memmingen, gest. 1968 Hausham/Miesbach. Zunächst För­ ster ab 1920 Chefredakteur und Verleger des »Iller-, Roth- und Günzboten«, 1923 Leiter der Pressestelle des »Bayerischen Bauern- und Mittelstandsbundes« in München. 1933 Be­ rufsverbot, 1933-45 leitete Schwingenstein ein Schreibbüro in München. Nach 1945 Mit­ begründer der »Süddeutschen Zeitung«. Mit­ glied der Verfassunggebenden Versammlung, Abgeordneter für den Wahlkreis Memmingen. Verleger und Geschäftsführer bei der »Süd­ deutschen Zeitung« bis etwa 1960. (R. H.) Seidl-Seitz, Josef (Maler) Geb. 1908 Mün­ chen. Ausbildung an der Münchner Akademie der Bildenden Künste. 1933-40 als Schüler von A. Schinnerer und K. Caspar. Nach 1945 zahlreiche Studienreisen. 1959 Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Mitglied der »Neuen Münchner Künstlergenossenschaft«. Lit. u.a.: Die Kunst und das schöne Heim, Nr.52, 1954, S.404; ebd., Nr.55, 1957, S.445. (B.F.)

litischer Vorsitzender der Münchner Gesell­ schaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. 1947-51 Mitglied des Bayerischen Senats. (J.W.) Speidel, Ruth (Bildhauerin) Geb. 1916 Mün­ chen. Studium an der Akademie der Bilden­ den Künste München und Berlin. Als frei­ schaffende Künstlerin tätig. 1972 Preis der Stadt Rom und 1977 Preis der Stadt Wien. Seit 1950 Mitglied der »Münchner Secession«. Lit. u.a.: Ausst. Kat. der GEDOK (Gemein­ schaft der Künstlerinnen und Kunstfreunde) München, April-Mai 1982. (G.F.) Stadelmayer, Franz (Bürgermeister) Geb.

1891 Scheinfeld/Unterfranken, gest. 1971 München. Studium der Rechtswissenschaft und Promotion. 1919-33 Stadtrat und 1933/ 34 2. Bürgermeister von Würzburg, Mitglied der BVP. Bis 1945 Leiter des Kommunal­ schriftenverlages Jehle. Am l.Mai 1945 Beru­ fung zum Kommissarischen Leiter der Stadt­ verwaltung von München, Ablösung am 4. Mai 1945 durch Karl Scharnagl. Stadelmayer wird 2. Bürgermeister bis zum Rücktritt am 1. Dezember 1945, 1949 Oberbürgermeister von Würzburg, Vorsitzender des Bayerischen Städteverbands, 1956 Intendant des Bayeri­ schen Rundfunks. (J.T.)

Stadler, Toni (Bildhauer) Geb. 1888 Mün­ chen, gest. 1983 ebenda. Studium an der Kunstgewerbeschule München, 1918-25 an der Akademie München bei H. Hahn. 1925-27 in Paris tätig. 1934 Rompreis der Preußischen Akademie der Künste, 1935 Villa Seitz, Gerhard (Konzertmeister) Geb. 1922 Massimo-Preis, 1938 Villa Romana-Preis. München. Studierte an der Staatlichen Hoch­ 1942 Heirat mit der Bildhauerin Priska von schule für Musik bei K. Freund und war bereits Martin und Professur an der Städelschule während des Studiums Mitglied im Freund- Frankfurt a. M. 1946-58 Professor an der Aka­ Quartett. Weitere Ausbildung bei W.Stross demie München. 1947 Kunstpreis der Stadt und W. Schneiderhan. 1949 Preisträger des In­ München, 1948 Mitglied der Bayerischen ternationalen Wettbewerbs in Genf. Seit 1949 Akademie der Schönen Künste, 1959 Bayeri­ 1. Konzertmeister des Symphonieorchesters scher Verdienstorden, 1964 Bundesverdienst­ des Bayerischen Rundfunks. Seitz nahm sich kreuz, 1974 kultureller Ehrenpreis der Stadt besonders der modernen Musik an. (F. M.) München. Seyler, Julius (Maler) Geb. 1873 München, Lit. u.a.: W. Haftmann, Der Bildhauer Toni gest. 1955 ebenda. Ausbildung bei W. v. Diez, Stadler, München 1961; Ausst. Kat., Toni L.v. Herterich und H.v.Zügel an der Münch­ Stadler, Städtische Galerie, München 1979. ner Akademie der Bildenden Künste. Nach (G.F.) Aufenthalten in den USA 1921 Rückkehr Stangl, Hans (Bildhauer) Geb. 1888 Kon­ nach Deutschland. 1924 Professur an der Aka­ stanz, gest. 1963 München. Studium 1908-23 demie der Bildenden Künste München. an der Akademie München bei A.Jank, Lit. u.a.: S. Wichmann, Julius Seyler. Impres­ sionen aus zwei Kontinenten, München B. Schmitt, I. Taschner und FL Hahn. Danach freischaffender Bildhauer in München, Leiter 1983. (B.F.) der Deutschen Schule in Rom, wo er im Spanier, Julius (Arzt, Präsident der Israeliti­ Zweiten Weltkrieg deutsche Künstler in der schen Kultusgemeinde) Geb. 1880 München Villa Massimo betreute. Nach 1945 leitete und ebenda 1959 gestorben. Medizinstudium, Stangl eine eigene Bildhauerschule in Mün­ 1939-42 Chefarzt des israelitischen Kranken­ chen. hauses in München, 1942-45 Konzentrations­ Lit. u.a.: Ausst. Kat., Kunstschaffen in Deutsch­ lager. 1945-51 Präsident der Israelitischen land, Central Collecting Point, München Kultusgemeinde München, 1945-55 Chefarzt 1949. (G.F.) der Lachnerklinik, 1945-48 Präsident des Bayerischen Hilfswerks für die von den Nürn­ Thieler, Fred (Maler) Geb. 1916 Königsberg, berger Gesetzen Betroffenen. Seit 1948 israe­ lebt in Berlin. 1946-50 Studium an der Aka­

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demie für Bildende Kunst in München bei K. Caspar. 1953-59 in München tätig. 1959 Professur an der Hochschule für Bildende Künste Berlin, 1972/73 Gastprofessur am Col­ lege of Art and Design in Minneapolis/USA. Lit. u.a.: Ausst. Kat. der Städtischen Kunst­ sammlungen, Bonn 1968. (B.F.) Verhoeven, Paul (Intendant, Regisseur) Geb.

1901 Unna/Westfalen, gest. 1975. Sein Debüt als Schauspieler feierte Verhoeven am Bayeri­ schen Staatsschauspiel in München. Er war dann an verschiedenen Theatern in Dresden, Wien und Frankfurt zu sehen, während der NS-Zeit hauptsächlich in Berlin. 1945-49 In­ tendant des Bayerischen Staatsschauspiels, seit 1948 auch Filmproduzent und Gastregisseur an verschiedenen Bühnen. 1964 Schauspieldi­ rektor der Münchner Kammerspiele. (E.A.) Vorhoelzer, Robert (Architekt, Rektor der Technischen Universität) Geb. 1884 Mem­ mingen, gest. 1954 München. Studium und Assistentenzeit an der TH München, Regie­ rungsbaumeister der Eisenbahndirektion München. 1920-30 Postbautätigkeit und da­ bei Entwurf der modern-funktionalen Münchner Postbauten, 1930 Professur für Baukunst an der TH München. 1933 Beurlau­ bung, 1935 einstweiliger Ruhestand. 1939-42 Professor an der Akademie der Schönen Kün­ ste in lstambul. 1945 Spezialkommissar für den Wiederaufbau der TH München und er­ neute Professur, 1946-47 Rektor, dann Dekan und Prodekan an der TI 1 München und zu­ gleich Vorstand der Architektur-Abteilung. 1952 Emeritierung. (N.K.) Vossler, Karl R. H. (Rektor der Universität

München) Geb. 1872 Hohenheim/Württemberg, gest. 1949 München. Studium der Philo­ sophie und der Romanischen Sprachen, Dis­ sertation und Habilitation, seit 1911 ordentli­ cher Professor für Romanische Philologie in München, 1926/27 Rektor der Universität München, 1937 von der Lehrverpflichtung entbunden. Rege Forschungs- und Vorlesetä­ tigkeit im Ausland. 1946 Rückberufung auf seinen Lehrstuhl und von März bis Oktober 1946 2. kommissarischer Rektor der Universi­ tät München. 1948 Rückzug aus der Lehre. (U.H.) Weidl, SefF(Bildhauer) Geb. 1915 Eger, gest.

1972 Inning/Ammersee. 1935-38 Studium an der Akademie der Bildenden Künste Mün­ chen, sowie in Rom und Paris. 1946-68 als Bildhauer am Tegernsee, seit 1971 in Inning tätig. U.a. erhielt er eine Ausstellung in den Kleemann Galleries New York, 1950. 1955 Kulturförderpreis der Stadt Nürnberg. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Städtische Galerie, Mün­ chen 1953; Ausst. Kat. der Galerie Dürr, Mün­ chen 1973. (G.F.) Weisniann, Willi (Publizist und Verleger) Geb. 1909 Mühlheim/Ruhr, gest. 1983 Mün­ chen. Seit 1933 verschiedentlich in Schutzhaft; Kontakte zu Widerstandsgruppen um Ernst

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Glossar

Niekisch, Karl Kuhn, Harry Schulze-Boysen u.a. Im März 1946 Lizenzierung des Willi Weismann-Verlages und der Literaturzeit­ schrift »Die Fähre«. 1951/52 Organisator zweier deutsch-deutscher Schriftstellertreffen. 1954 Gründung des Kinderbuchverlages »Pa­ rabel«. Bemühen um die Einheit von Kunst, Literatur und Politik. (G. B.) Westphal, Conrad (Maler) Geb. 1891 in Ber­ lin, lebt seit 1940 in Pöcking am Starnberger See. Studium 1911-13 bei E.Orlik in Berlin, 1914 in Paris. 1918-26 war er in Berlin ansäs­ sig und unternahm zahlreiche Studienreisen. Lit. u.a.: C. Westphal, Zur Deutung des Bild­ haften, Ulm 1948. (B.F.) Wetzeisberger, Bertil (Dirigent, Intendant) Geb. 1892 in Ried, gest. 1967 in Stuttgart. Stu­ dium und Promotion (Dr. phil.) in Wien, 1921 Assistent von R. Strauss an der Wiener Staats­ oper, Kapellmeister am Opernhaus in Düssel­ dorf und 1925-33 Generalmusikdirektor in Nürnberg. 1933-36 Leiter der Museumskon­ zerte, der Oper und des Dr. Hochschen Kon­ servatoriums. 1938-43 und 1945-46 Leiter der Staatsoper München, 1946-50 Intendant des Württembergischen Staatstheaters Stutt­ gart. (F. M.) Wimmer, Hans (Bildhauer) Geb. 1907 Pfarr­

kirchen, lebt in München. Studium 1929-36 bei B. Bleeker an der Akademie der Bildenden Künste München, 1939 Villa Massimo-Preis, 1947 an der Kölner Werkschule, 1948 an der staatlichen Hochschule für bildende Kunst in Hamburg, 1949 bis 1955 als Professor an der Akademie Nürnberg tätig. 1950 Kunstpreis der Stadt München. 1954 Mitglied des Deut­ schen Kunstrates. 1955 Professur an der Staat­ lichen Kunstakademie Düsseldorf, Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Kün­ ste und der Akademie der Künste Berlin. 1957 Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen, 1958 Preis der Biennale Venedig. 1967 Großes Bundesverdienstkreuz. Lit. u.a.: K. Röthel, Der Bildhauer Hans Wim­ mer, München 1964. (G. F.) Wimmer, Thomas (Oberbürgermeister) Geb. 1887 Siglfingen/Erding, gest. 1964 München. Aus ärmlichen Verhältnissen stam­ mend, Schreinerlehre. Über Mitgliedschaft im »Deutschen Holzarbeiter-Verband« Anschluß

an die SPD und Parteibeitritt 1911. In der Re­ volutionszeit 1918 zum Arbeiterrat gewählt. 1918 Anstellung beim städtischen Arbeitsamt. 1919 Vorsitzender der Mehrheits-Sozialde­ mokraten in München und 1925-33 ehren­ amtlicher Stadtrat. Nach 1933 Verfolgung und 1944 Konzentrationslager Dachau (dort Freundschaft mit Karl Scharnagl). Durch Scharnagl im August 1945 Berufung zum 3. Bürgermeister, 1946 durch Wahl bestätigt, später 2. Bürgermeister. 1948 1. Bürgermeister bis 1960. Mitglied der Verfassunggebenden Versammlung, SPD-Landtagsabgeordneter von 1946-58. Volkstümlichster Bürgermeister im Nachkriegsmünchen. (H.W.) Winter, Fritz (Maler) Geb. 1905 Altenbögge/

Westfalen, gest. 1976 München. Nach einer Elektrikerlehre 1927 Aufnahme in das Staatli­ che Bauhaus Dessau. Schüler von P. Klee, N.Kandinsky und O. Schlemmer. Während des Dritten Reiches mit Malverbot belegt. 1949 Gründungsmitglied der Gruppe »ZEN 49«, 1953 Gastdozent an der LandesKunstschule Hamburg. 1955 Professur an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Kassel. Mitglied der »Neuen Gruppe«. Lit. u.a.: W. Haftmann, Fritz Winter. Triebkräf­ te der Erde, München 1957. (B.F.) Wisbeck, Jörg (Graphiker) Geb. 1913 Mün­ chen. Studium an der Münchner Akademie der Bildenden Künste bei J. Wackerle und in der Zeichenklasse von O.Gulbransson. Seit 1946 Mitarbeiter der neugegründeten satiri­ schen Zeitschrift »Simplicissimus«. Freiberuf­ liche Tätigkeit und Arbeiten für das Fernsehen. 1968 Schwabinger Kunstpreis der Stadt Mün­ chen. Lit. u.a.: Faltblatt zur Ausstellung: 2 Schwabin­ ger Kunstpreis-Träger, Galerie Dietrich, Mün­ chen 1978. (B.B.) Witthahn, Karl L. (Direktor der Münchner Volkshochschule) Geb. 1897 Wien, gest. 1966 München. Philologiestudium und Promotion. Seit 1922 nebenberufliche Tätigkeit im Wie­ ner Volksbildungswesen. 1938 Unterabtei­ lungsleiter der NS-Gemeinschaft »Kraft durch Freude«. 1943 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sprachamt der Deutschen Akademie in München. Mitarbeit beim Aufbau der Volks­ hochschule München, 1946 Direktor der

Volkshochschule. Bemühungen um die Er­ richtung von Volkshochschulheimen. 1961 Bundesverdienstkreuz erster Klasse. 1963 Ru­ hestand. (B.S.) Wünsche-Mitterccker, Alois (Bildhauer) Geb. 1903 Steiermark, gest. 1975. Studium der Malerei an den Akademien in München und Wien. 1936 Dürer-Preis der Stadt Nürnberg, 1939-45 Kriegsdienst und Gefangenschaft. Wechselte nach dem Krieg von der Malerei zur Plastik über. Lit. u.a.: R. Wünsche, Figurenfeld Eichstätt. Große Baudenkmäler, Heft 324, Berlin 1979. (G.F.) Würz, Anton (Komponist, Musikschriftstel­ ler) Geb. 1903 München. Studierte von 1922-27 Musikwissenschaft an der Universi­ tät München bei A. Sandberger und promo­ vierte 1927. 1927—45 1. Musikreferent der Münchner Telegrammzeitung. Seit 1945 frei­ beruflich wirkend als Komponist, Musik­ schriftsteller und Musikerzieher. (FM.) Zehelein, Alfred (Kirchenmusiker, Kompo­ nist) Geb. 1902 Miltenberg/Main, gest. 1978 in München. Studium an der Kirchenmusik­ schule in Regensburg und der Universität München, 1928 Promotion. Seit 1928 Orgelund Theorielehrer am Trappschen Konservato­ rium. War als Organist und Kirchenmusikdi­ rektor in München tätig. Er leitete als Direktor nach 1945 den Aufbau des Händel-Konservatoriums und komponierte geistliche und welt­ liche Chormusik, Lieder und Orgelwerke. (F. M.) Ziniinerinann, Mac (Maler) Geb. 1912 Stet­

tin. Als Pressezeichner, Bühnenbildner und Lehrer an privaten Zeichenschulen in Ham­ burg tätig, 1938 Berlin. 1947 Berufung an die Landes-Kunstschule nach Weimar, Grün­ dungsmitglied des Deutschen Künstlerbundes. 1958 Berufung an die Akademie Berlin, 1963 Professor an der Akademie der Bildenden Künste München. Seit 1972 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Mitglied der »Neuen Gruppe« München und der Ausstellungsleitung im Haus der Kunst. Lit. u.a.: Ausst. Kat., Surrealisten, Charpentier, Paris 1965. (B.F.)

Sachglossar Aufbau der amerikanischen Militärregie­ rung Bis August 1947 bestand eine regionale Gliederung aus Landkreis-, Regierungsbe­ zirks- und Landeseinheiten sowie OMGUS (Office of Military Government of the United States for Germany) als übergeordneter Ein­ heit. Ihr stand der Military Governor bzw. sein Stellvertreter (Deputy Military Governor) vor. Mit der Übergabe der Verantwortung in vie-

len Bereichen an deutsche Stellen wurden die unteren Einheiten schrittweise abgebaut, zu­ nächst bis zur Regierungsbezirks-, dann bis zur Landesebene. Als einzelne Ressorts sind zu nennen: — die Civil Administration Division (mit Unter­ abteilungen für die Verwaltung, die Par­ teien, die Gesetzgebung und den Regie­ rungsapparat)

— die Econontic Division (mit Unterabteilun­ gen für Ernährung und Landwirtschaft, Handel und Banken, Wiedergutmachung und Industrie) — die Internal A ffairs Division (mit Unterabtei­ lungen für Wohlfahrt, Erziehung und Kir­ chen, Gesundheitswesen, öffentliche Si­ cherheit und Nachrichtendienst) — die Information Control Division (mit Zu-

Glossar ständigkeit für den gesamten Medien- und Kulturbereich) - die Legal Division (mit Unterabteilungen für Gefängnisse, Rechtsanwälte, deutscheund Militärgerichtshöfe etc.) - die Manpower Division (für Arbeitsbeschaf­ fung, Gewerkschaften, Sozialversicherung und Wohnungswirtschaft) - die Finance Division (mit Abteilungen für die Kontrolle des beschlagnahmten deut­ schen Besitzes — wichtig für die deutsche »Kulturindustrie« - und andere Finanzan­ gelegenheiten) Die Kontrolle der Militärgouverneure, der späteren Land Directors, erfolgte durch die Zentrale aus Berlin, der Berater (Adviser) der Washingtoner Ministerien beigeordnet waren. Lit.: C. Latour, Th. Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, 1973. (C.-D.Sch.) Amerika-Haus

München

Ende

1945/

Anfang 1946 wurde in München der dritte amerikanische »Reading-Room« der USZone errichtet. Diese amerikanischen Biblio­ theken waren formal eine Einrichtung der Mi­ litärregierung; die Entwicklung der »ReadingRooms« wurde jedoch zentral aus Washington gesteuert und für die Re-education-Politik in­ strumentalisiert. Die Buchbestände der Biblio­ theken entstammten ehemaligen Armeebü­ chereien und Bücherspenden aus den USA sowie der Schweiz. Im November 1946 gab es in der US-Zone bereits 137 »ReadingRooms«, sowie 16 »Information Centers«. Nach einer Umfrage in der deutschen Bevöl­ kerung nannte man diese dann »AmerikaHäuser«. Für das Münchner Zentrum war die­ se Bezeichnung ab 1948 gültig; 1946 wird jedoch als Gründungsjahr gefeiert. Ende 1946 standen hier etwa 4 000 Bücher und rund 100 Zeitungen und Zeitschriften zur Verfü­ gung, die unentgeltlich benutzbar waren. Viele Deutsche konnten nun zum ersten Mal lange vorenthaltene Bücher englischer, amerikani­ scher oder emigrierter deutscher Autoren le­ sen. Nach mehreren Umzügen fand das »Amerika-Haus« 1948 am Königsplatz Unter­ kunft; nun richtete man auch eine Jugendbi­ bliothek und eine medizinische Abteilung ein, veranstaltete Ausstellungen, Sprachkurse, Vor­ tragsreihen, Dichterlesungen sowie Musikund Theaterabende. Dank attraktiver Program­ me konnte das »Amerika-Haus« vor allem nach der Währungsreform einen enormen Be­ sucherandrang verzeichnen; bei den kostenlo­ sen Veranstaltungen fanden sich offenbar alle diejenigen wieder, denen der normale Kultur­ betrieb zu teuer geworden war. Nachdem Ver­ suche übermäßiger Politisierung während des Kalten Krieges überwunden waren, wuchs sich das »Amerika-Haus« zu einer amerikanisch­ deutschen Kulturinstitution aus, die fest im Münchner Kulturleben verankert ist. (M. K.) CARE (Cooperative for American Remit­ tances to Europe) CARE ist eine Vereinigung von 26 US-ameri­

kanischen Wohltätigkeitsorganisationen, die 1946 in den USA gegründet wurde, um Hilfssendungen von Privaten, Vereinen, Ge­ werkschaften usw. an bekannte und unbe­ kannte Hilfsbedürftige in notleidenden Län­ dern zu organisieren. Seit Februar 1946 über­ nahm der »Zentralausschuß für die Verteilung ausländischer Liebesgaben« in Stuttgart, die Cralog (Council of Relief Agencies Licensed for Operation in Germany), als Dachorganisa­ tion den Transport der Spenden abgeschlosse­ ner Verbände in die Notstandsgebiete der Welt. Zwischen August 1946 (Beginn der ei­ gentlichen CARE-Aktionen) und dem 30.6. 1960 (Ende der Tätigkeit von CARE in der Bundesrepublik) erhielt Deutschland fast 10 Millionen Pakete im Wert von rund 400 Millionen DM, dazu Kleidung und Texti­ lien für rund 14,5 Millionen DM und land­ wirtschaftliche Geräte, Werkzeuge, wissen­ schaftliche Instrumente und Bücher für rund 3,5 Millionen DM. Für das Packen eines CARE-Paketes genügte die Spende eines ame­ rikanischen Bürgers in Höhe von 10 Dollar; dafür verschickte man dann 10 verschiedene Arten von Spenden, wie beispielsweise Nah­ rungsmittel, Kleidung u.ä., anfänglich nur nach Europa, später auch nach Japan und in an­ dere Länder. 1955 betreute die CARE-Mission 52 Länder — darunter die DDR und Berlin, das allein 60 Millionen DM der Spenden erhielt — 1968 waren es noch 39 Länder. Seit 1951 war in Deutschland die zoll- und steuerfreie Ein­ fuhr der CARE-Pakete durch den CARE-Vertrag geregelt. CARE stellte seine Tätigkeit in der Bundesrepublik 1960, in Berlin 1963 ein. (M.K.) Central (Art) Collecting Point Wie die Bri­ ten in Celle und Braunschweig, richtete die amerikanische Behörde »Monuments, Fine Arts and Archives« in Wiesbaden, Heidelberg, Offenbach, Heilbronn, Kochendorf bei Mar­ burg und München »Central Art Repositories« und »Central Collecting Points« ein. Aufgabe des Münchner »Central Collecting Point« (CCP), der in den ehemaligen »Führerbauten« am Königsplatz untergebracht war und seine Arbeit bereits am 17.6. 45 aufnehmen konnte, war es, die vom »Dritten Reich« in der »Gro­ ßen Deutschen Kunstausstellung« und bei ähnlichen Veranstaltungen erworbenen, aus besetzten Ländern geraubten und von jüdi­ schen Bürgern beschlagnahmten Kunstwerke, die — zusammen mit anderen Museumsbe­ ständen — zum Schutz vor Kriegseinwirkun­ gen in den Salzbergwerken von Berchtesgaden und Alt Aussee, sowie in anderen bomben­ sicheren Verstecken lagerten, in München zu­ sammenzuziehen, zu identifizieren und den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben oder, sofern es sich dabei um zerstörte Museen handelte, vorläufig in gesicherten Räumen aufzubewahren. Bis April 1946 wurden hier ca. 50000 Kunstwerke betreut, beim vorläufigen Abschluß der Aktion 1962 hatte eine Million

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Werke diesen »Erkennungsdienst« durchlau­ fen, fast 50000 davon waren ans Ausland rückerstattet worden. Zeitweise waren mehr als 100 Deutsche als Kuratoren, Forschungsas­ sistenten, Registratoren, Bibliothekare, Photo­ graphen usw. hier beschäftigt. Die von der amerikanischen Information Services Branch herausgegebene Zeitschrift »Heute« berichtete darüber im April 1946: »Sie arbeiten unter der Aufsicht von drei Kunstoffizieren der ameri­ kanischen Streitkräfte, die ihrerseits Speziali­ sten auf ihren Gebieten sind. Oberleutnant Smyth zum Beispiel, der Leiter, war vor dem Krieg bei der Nationalgalerie Washington. Dr. Roether, der deutsche Hauptkurator, war frü­ her am Germanischen Museum in Nürnberg tätig. Die Gesamtarbeit der Sammelstelle steht unter der Oberleitung des Ersten Offiziers für Kunstfragen in Bayern, Capt. Edwin Rae von der Staatsuniversität Illinois. Dazu haben die Amerikaner Fachleute der beteiligten Länder Franzosen, Holländer, Russen, Polen, Belgier und Tschechen - eingeladen, nach München zu kommen, um bei der Feststellung und Rückgabe ihres Eigentums mitzuhelfen.« Mit­ te 1946 wurde als neuer Leiter des CCP Ste­ phan Münsing berufen, der seine Aufgabe nicht mehr ausschließlich in der Bewältigung der Vergangenheit sah, sondern sich im Sinne einer pro-amerikanischen Re-education auch um die Vermittlung moderner (amerikani­ scher) Kunst an das Münchner Publikum be­ mühte. Dazu veranstaltete er in den Räumen des CCP eine Reihe von Ausstellungen, deren Schwerpunkt bei der Förderung zeitgenössi­ scher Kunst lag: 1950 wurde in den Räumen des CCP im Wettbewerb um den amerikani­ schen Blevin Davis-Preis mit der Vergabe des ersten Preises an Georg Meistermann für das programmatische Bild »Der neue Adam« ein deutliches Signal für die abstrakte Malerei ge­ setzt; kurz danach fand hier die erste Ausstel­ lung der Gruppe ZEN 49 statt. Nachdem eine erste Ausstellung »Gegenstandslose Malerei aus Amerika« 1948 im Hertie-Haus stattge­ funden hatte, zeigte der Collecting Point, der jetzt zugleich das Münchner »Amerika-Haus« beherbergte, 1950 und 1951 Ausstellungen zur amerikanischen Malerei, wobei gegen­ standslose Malerei dominierte. Die Initiative, qualitativ hochwertige »Vorbilder« aus den USA bereitzustellen, kam jedoch zu spät. 1951/52 wurde dann ein deutscher »Restitu­ tionsausschuß« als Nachfolger des CCP einge­ setzt. (G. F.) Haus der (Deutschen) Kunst Der von Paul

Ludwig Troost konzipierte und 1937 fertigge­ stellte Bau, der als das Beispiel des nationalso­ zialistischen Monumentalstils gilt, und als Ausstellungsort für die den NS-Machthabern genehme Kunst diente, war im Krieg unzer­ stört geblieben; nach 1945 vollzog man eine bewußte Abwendung vom Nationalen. Das Spektrum reichte nun von reinen Kunst- bis hin zu kulturellen und wirtschaftlichen Aus-

438

Glossar

Stellungen und orientierte sich am internatio­ nalen Maßstab. Anfänglich wurde das Gebäu­ de als »meeting and eating place« sowie zeitweise als Tennishalle von der amerikani­ schen Militärregierung benützt. Später fanden dort u.a. folgende Ausstellungen statt: Dezem­ ber 1945, Leistungsschau des Bayerischen Kunsthandwerks; Mai 1946, 1. Exportlei­ stungsschau des Bayerischen Kunsthandwerks; Juli 1946, 1. Internationale Jugendbuchaus­ stellung; März 1947, Ausstellung »Moderne französische Malerei vom Impressionismus bis zur Gegenwart«. (N.K.) Internationale Jugendkongresse

1. Kon­

greß: 28.Juni-4.Juli 1947. Anliegen dieses Treffens war das Gespräch zwischen den Ju­ gendlichen als Beitrag zur Völkerverständi­ gung und speziell der Wunsch, der im Natio­ nalsozialismus aufgewachsenen deutschen Ju­ gend den geistigen Anschluß an das Ausland zu gewähren. Als Initiator trat vor allem Harry Schulze-Wilde, der Herausgeber der Zeit­ schrift »Echo der Woche« hervor. Eingeladen waren internationale politische und unpoliti­ sche Jugendgruppen aus Europa, den USA, der Sowjetunion und Asien neben zahlreichen Repräsentanten der ausländischen Intelligenz. 2.Kongreß: 12.-19.Juni 1948. Der große Erfolg des ersten Treffens veranlaßte zu die­ sem Folgekongreß, an dem sich vor allem Alois J. Lippl - der Präsident des Bayerischen Landesjugendausschusses - die amerikanische Militärregierung und die Münchner Presse be­ teiligten. In einem Zeltlager auf der Theresienwiese campierten 1 500 in- und ausländische Jugendliche mit besonders großer französi­ scher Beteiligung. Die zahlreichen kulturellen Veranstaltungen fanden großen Anklang bei der Münchner Bevölkerung. (R. H., G. B) JCS 1067 (Directive Joint Chiefs of Staff)

Diese Direktive wurde vom amerikanischen Kriegs-, Finanz- und Außenminister in der Zeit von September 1944 bis März 1945 erar­ beitet. Veröffentlicht wurde sie am 17. Okto­ ber 1945 und war gültig bis zu ihrer Ablösung durch die JCS 1779 am 11. Juli 1947. Sie war als Anweisung für den amerikanischen Ober­ befehlshaber im besetzten Deutschland ge­ dacht und enthielt Richtlinien zur Besat­ zungspolitik. Diese waren u.a.: - Dezentralisierung des politischen Lebens - der Versuch, den deutschen Lebensstandard am niedrigsten im europäischen Vergleich zu halten. - kein Eingreifen der Besatzungsmacht in das Wirtschaftsleben, es sei denn zur Abwick­ lung der Reparationsprogramme und zur Sicherung der Bedürfnisse der Besatzungs­ macht und der DPs (Displaced Persons) - Bekenntnis zur gemeinsamen Verwaltung Deutschlands durch die Alliierten, aber dennoch Autonomie des Zonenbefehlsha­ bers - Beschränkung der Entnazifizierung auf »active supporters of Nazism and Militarism«.

Veröffentlicht in: Germany 1947—1949. The Story in Documents, hg. v. Department ot State, Washington 1950. (C.-D.Sch.)

KÜNSTLERORGANISATIONEN UNI) -VEREINIGUNGEN (C.S.) Berufsverband Bildender Künstler Mün­ chen e. V. Bestand bereits seit 1945. Lizenzie­

rung April 1946. Präsident: Max Unold. Wei­ tere Gründungsmitglieder: Eduard Aigner, Theodor v. Hoetzendorff, Anton Lamprecht und Reinhold Pallas. Ab 1946 regelmäßige Ausstellungen. Landesberufsverband Bildender Künstler Bayern e.V. Die Berufsverbände Bildender

Künstler München, Bamberg, Bayreuth, Re­ gensburg, Schwaben-Süd schlossen sich 1947 zum Landesberufsverband BK Bayern zusam­ men. Präsident: Max Unold. Vorstand: Georg Edelthalhammer, v. Rawita-Ostrowski, Anton Lamprecht, Reinhold Pallas und Edgar Ende. Der LBK Bayern arbeitete mit allen anderen bayerischen und den übrigen deutschen Be­ rufsverbänden zusammen. Bund Deutscher Gebrauchsgraphiker Im Februar 1948 gegründet. War in Orts- und Landesgruppen aufgeteilt, hatte seinen Sitz aber in München. Für München: BDG Gruppe Bayern e.V. Vorstand: Eduard Ege, Henri Eh­ lers und Richard Roth. Schutzverband Bildender Künstler in der Gewerkschaft der geistig und kulturell Schaffenden (bzw. in der Gewerkschaft

Kunst) Gegründet zunächst als Fachgruppe in der Gewerkschaft der geistig und kulturell Schaffenden, Februar 1946. Anhand neuer Satzungen 1947 in Schutzverband Bildender Künstler umgebildet. Ortsvorsitzender: Albert 1 leinzinger. Landesvorsitzender: Hannes Kö­ nig. Ab 1947 ständige Ausstellungen in der Galerie Baudenbach, dann in Räumen der Neuen Sammlung in München. Kunstverein München e.V. Im April 1947

lizenziert. Vorsitzender des Rats: Karl E.Olszewski. Mitglieder des Rats: Hermann Böcker, Paul W. Ehrhardt, Frh. Curt v. u. z. Egloffstein, Adolf Fraaß, Ernst Haider, Hans MüllerSchnittenbach. Mitglieder des Vorstandes: Eberhard Kuchtner, Anton Sappei und Hans Doß. Erste Ausstellung 1947 in der Städti­ schen Galerie, ab 1949 im Heinrich v. ZügelAtelier in München. Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst e.V. 1946 Wiederaufnahme ihrer Ak­

tivitäten. Albert Burkhart blieb Vorsitzender. Bis 1947 kleinere Ausstellungen, dann in der Neuen Sammlung und beim BBK in der Ma­ ximilianstraße. (»Im Zeichen des Kreuzes«) in München. Neue Gruppe e.V. 1946 als Nachfolgeorga­ nisation der »Münchner Neuen Secession« und der »Juryfreien« neugegründet. Vorstand:

Adolf Hartmann und Rudolf Schlichter. Senat: Eberhard Hanfstaengl, Arthur Rümann, Karl Caspar, Maria Caspar-Filser, Julius Heß, H. Reinhold Lichtenberger, Adolf F.Schinnerer, Hugo Troendle, Max Unold und Toni Stadler. Ab 1947 regelmäßige Ausstellungen in den Räumen der Städtischen Galerie, von 1949 an zusammen mit der »Secession« und der »Münchner Künstlergenossenschaft« im Haus der Kunst. Münchner Secession 1946 wiedergegründet.

Vorsitz: Julius Dietz. Erste Ausstellung 1946 in den Räumen der Neuen Sammlung, von 1947 bis 1949 in der Städtischen Galerie. Münchner Künstlergenossenschaft e.V.

1946 Neuformierung. Vorsitzender und Präsi­ dent bis 1948: Karl Blocherer. Vorstand: Wolf Bloem, Josef Dering, Max Hauschild, Albert Heinzinger, Theodor v. Hoetzendorff, Wil­ helm G. Maxon, Reinhold Pallas, Carl T. Prot­ zen, Marta Sappei, H. Panzer. 1948 Neuwah­ len: Vorsitzender: Eduard Aigner. 2. Vorsitzen­ der: Carl T.Protzen. Vorstand: Wolf Bloem, Reinhold Pallas, Hans Panzer, Franz Nagel, Karl Blocherer, Theodor v. Hoetzendorff, Wolfgang Vogel, Wilhelm G. Maxon, Otto Miller-Diflo. 1948 Eintragung ins Vereinsre­ gister. Die älteren Mitglieder der MKG grup­ pierten sich um Constantin Gerhardinger, er­ kannten den neu gewählten Vorstand nicht an und machten ihren Anspruch, allein als Nach­ folgeorganisation der ehemaligen Königlich Privilegierten MKG von 1868 bezeichnet zu werden, geltend. Nach einem Rechtsstreit 1952 endgültige Spaltung. Erste Ausstellung 1947 in der Städtischen Galerie München. ZEN 49 Von sechs Malern und einer Bildhau­ erin, - Willi Baumeister, Fritz Winter, Ger­ hard Fietz, Rolf Cavael, Rupprecht Geiger, Willi llempel und Brigitte Meier-Denninglioff -, gegründet. Mitbegründer und Ratge­ ber der Gruppe: Anthony Thwaites, Ludwig Grote und Franz Roh. Münchner Aulbaugesellschaft (MAG) Ge­ gründet am 13. Dezember 1946 mit der Stadt München als Hauptaktionärin. Die Intention der MAG war es, beim Wiederautbau behörd­ liche Lenkung mit wirtschaftlicher Effizienz in Einklang zu bringen. Ihre Arbeitsschwerpunk­ te lagen im besonderen bei: Schuttbeseitigung und rationellem Abtransport des Trümmer­ schutts, Verteilung des noch brauchbaren Baumaterials und denkmalpflegerischen Si­ cherungsarbeiten sowie ab Ende 1948 beim Wohnungsbau. (N. K.) Die Schaubude I dieses wohl bedeutendste li­ terarische Kabarett der ersten Nachkriegsjahre eröffnete am 15.8. 1945 unter der Direktion von Rudolf Schündler und Eberhardt R.Schmidt mit dem Programm »Der erste Schritt«. Das zweite Programm der Schaubude schrieben bereits Erich Kästner, Axel von Ambesser und Herbert Witt; die Musik dazu

Glossar komponierte Edmund Nick. Die ersten Auf­ führungen fanden noch auf der Bühne der Kammerspiele statt, doch schon das zweite Programm konnte im eigenen Hause, dem »Theater an der Reitmorstraße« (Theatersaal des Kath. Gesellenvereins von St. Anna), gege­ ben werden. Zum Mitarbeiterkreis der Schau­ bude gehörten Walter Kiaulehn, Otto Osthoff, Ursula Herking, Karl Schönböck, Eva Vaitl, Hellmuth und Bum Krüger, Jürgen von Hol­ länder und viele andere. Drei Jahre konnte sich das Kabarett, das sein Haus auch zeitweise anderen Gruppen wie beispielsweise den »Hinterbliebenen“ oder dem »Kom(m)ödchen« zur Verfügung stellte, in der Reitmor­ straße halten. Nach der Währungsreform mußte Schündler die Schaubude schließen; in den Theatersaal zog das städtische Volkstheater ein. (M.K.)

Amerikanische Rundschau I.Jg., 1945, 1 (Mai) — 5.1950, 29(März). Zweimonatl. Hg. im Auftrag des amerik. Inform. Dienstes; Schriftl.: Reuben S. Nathan, Walter P.Oden, Dorothy M.Boyce; 4.1948, 20ff: Periodicals Section, New York Field Office CAD; 6.1950, 28 f: US-Department of State Office of Inter­ national Press and Publications Divisions Ma­ gazine Brandt. Verlag: Amerikanische Rund­ schau, ICD US-Forces European Theater; 2.1946, 6ff: Publishing Operations Section, IC(S)D, München und Wien. Umfang: 96 S.; 2.1946, 10ff.: 128S. 8°. Auflage: 120000. Beiträge von: Eric Bentley, John Dos Passos, Lloyd Goodrich, Hermann Kesten, Walter Mehring, Reinhold Niebuhr, Charles Normann, Kurt Pinthus, Arthur M. Schlesinger, Reinhold Schneider, Franz Schoenberner, Henry Steele Commager, Thornton Wilder.

Volksoper Pasing Vorläuferin und Keimzelle der späteren »Volksoper Pasing« bildete das »Theater im Schloß Dachau« unter der Direk­ tion des Holländers Theo de Maal. Seit dem Sommer 1946 bespielte das Theater dann auch mit viel Erfolg an einigen Tagen in der Woche den Postsaal in Pasing (Theatersaal im Gast­ haus »Zur Post«), den es vom städtischen Volkstheater mietete. Es machte sich vor allem die Pflege der »Spieloper« und der »klassi­ schen Operette« zum Auftrag und erreichte damit ein anerkannt hohes Niveau. Ab Juli 1947 wurde das Dachauer Schloß renoviert, das Theater heimatlos. Eine Gruppe Pasinger Honoratioren bemühte sich mit Unterstüt­ zung des städtischen Kulturbeauftragten Hans Ludwig Held und Willi Cronauers vom Kul­ tusministerium darum, das Theater in Pasing anzusiedeln, da es meist vor ausverkauftem Haus spielte und offenbar gerade das Publi­ kum anzog, das vom städtischen Volkstheater nicht mehr erreicht wurde. Das Ensemble be­ stand einenteils aus jungen, noch nicht arri­ vierten Musikern, die sich hier ihre ersten Er­ fahrungen erwerben konnten, andernteils aus Flüchtlingen und Vertriebenen, die Fuß zu fas­ sen versuchten. So ist auch der Idealismus des Ensembles zu erklären, das monatelang ko­ stenlos spielte, um das durch das Geschäftsge­ baren des Direktors immer wieder gefährdete Theater zu retten. Mehrmals versuchte man sich durch Hausverbote de Maals zu entledi­ gen, der, nach Aussage der Ensemblemitglie­ der, sowohl mit dem Personal, wie mit der Kasse recht selbstherrlich umging. Nach meh­ reren erfolglosen Umstrukturierungen bildete das Ensemble dann die »Deutsche Bühne im Haus der Volksoper Pasing« und konnte noch bis weit in die Fünfziger Jahre hinein Erfolge verzeichnen. (M. K.)

Bavaria, Münchener Hefte für Kultur und Heimat. 1.1949/50, 1 (Mai) - 5(Feb./März). Ein- dreimonatl. Hrsg.: Arthur Rümann; Red.: Holger V. Hoesslin; Mitarbeiter: Eugen Roth, Hans Mollier, Theodor Müller, Arthur Model, Josef Ritz. Verlag: Buchverlag Konrad Wein­ mayer, München. Umfang: 24-32S. 4°. Pu­ blikationsorgan des »Bayerischen Landesver­ eins für Heimatpflege«, der »Vereinigung der Freunde Münchens«, der »Freunde der Resi­ denz« und des »Bayerischen Kunstgewerbe­ vereins«.

ZEITSCHRIFTEN (Zeitschriften für Literatur, Theater, Kunst, Re­ ligion, Jugend, Partei, Gewerkschaft und allg. Kultur; Zusammenstellung: G. B.)

Bayerische Rundschau, Halbmonatsschritt der Christlich-Sozialen Union in Bayern. 3.1948, 13 ff: für Freiheit der Rede und Reli­ gion. 1.1946, l(M.ai) - 3.1948, 17/18(Sep.). Halbmonatl. Hrsg.: Josef Müller und J.H.Maurer. Verlag: Bayerische Union, Mün­ chen. Liz.-Träger: Josef Müller und J.H.Mau­ rer - für die CSU (US-E-1 vom 9.11. 1946). Umfang: 16S.; 3.1948, 13ff: 24S. 8°. Aufla­ ge: 80000-20000. Regelm. Beiträger: Manfred Lütgenhorst, ■ Martelb, Friedrich Meinrad, Friedrich v. Pritt— witz(-Gaffron); weitere: Achim Bagemihl, Hans Braun, Paul Drexler, Hans Ehard, Gün­ ther v. Hardenbrod, Franz Kugler, Erich Munisch, Rene Prévot, Rainer Maria Rilke, Georg Wildenauer. Bayerische Volkszeitung (s.u. Informations­ blatt der KPD...) Berichte der Arbeitsgemeinschaft Frank­ reich in der Kulturliga München 2.1947, 5 ff. u.d.T.: Frankreich, Berichte aus dem fran­ zösischen Kulturleben. 1.1946, 1 — 5.1950, 3 (März). Halbmonatl. (unregelm.). Hrsg.: Carl August Weber. Verlag: Nymphenburger Ver­ lagshandlung, München; 3.1948,23/24 ff.: Willi Weismann, München. Liz.-Träger: Curt Vinz (US-E-174 vom 26.7. 1946); 3.1948,23/ 24ff: Willi Weismann (US-E-157 vom 8.3. 1946). Umfang: 8S.4°. Aufl.: 5000-3000 (1.1946,1 — 2.1947,4 erschien sie nicht als Zeitschrift, sondern als nicht frei verkäufliche hektographierte Blattfolge).

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Die Brücke, Mitteilungsblatt für Neubürger. 2.1948,20 ff: Das Blatt für Heimatvertriebene. 1.1947,1 (Juli) - heute. Monatl.; 2.1948,4ff: halbmonatl. Hrsg.: Erich Fleischer; Verantwortl.: Franz Fischer; 2.1948,181.: Emil Volk­ mar Gabert; 2.1948,20ff.: Richard Reitzner; 3.1949,5 ff.: Emil Werner; 2.1948,20 ff. Mitar­ beiter: Wenzel Jaksch, Ernst Paul, Wilibald Mücke, Ernst Leibi. Verlag: Das Volk, Mün­ chen. Liz.-Träger: Erich Fleischer — für die SPD (US-E-2 vom 9.11. 1946). Umfang: 4-8 S. 4°; 2. 1948,20ff.: 2°. Auflage: 50000-20000. Regelm. Beiträger: Karl Baldamus, Theodor Fontane, Volkmar Gabert (auch V.G.), Maria Günzel, Josef Hofmiller, Ernst Leibi, Richard Rcitzner; weitere: Franz Fischer, Wenzel Jaksch, Erich Kästner, Waldemar v. Knoeringen, Erich Ollenhauer, Ernst Paul, Friedrich Stampfer, Emil Werner, Roman Wirkncr, de Witt. Die Bühne, Zeitschrift für das gesamte Büh­

nengeschehen / 1.1948,1 (Jan.) - 8(Aug.). Mo­ natl. Hrsg.: Harry Schulze-Wilde; Red.: Wer­ ner Suhr. Verlag: Die Blaue Presse, München. Liz.-Träger: Harry Schulze-Wilde (US-E-183 vom 20.12. 1946). Umfang: 32 S. 4°. Auflage: 10000-5000. Regelm. Beiträger: Werner Suhr; weitere: Ru­ dolf Adolph, Bert Brecht, Kasimir Edschmid, Maria v. Eynern, Johannes v. Kalckrcuth, Hans Hellmut Kirst, Otto Osthoff, René Prévot, I lerbert Schulz, Eva Sievert, Egon Vietta, Carl August Weber, Bruno E. Werner, lllustr.: Gerda v.Stengel; Bühnenbild: Heinrich Kilger, Janni Loghi, Paul Strecker, Johannes Walz. Deutsche Beiträge, Eine Zweimonatsschrift.

1.1946/47,1 (Dez.) - 4.1950,6(Dez.). Zweimo­ natl. Hrsg.: Berthold Spangenberg und Wolf Lauterbach unter Mitwirkung von Hermann Uhde-Bernays und Ernst Penzoldt. Verlag: Nymphenburger Verlagshandlung, München. Liz.-Träger: Curt Vinz (US-E-174 vom 26.7. 1946). Umfang 96S.; 3.1949,4ff: 80S. 8°. Auflage: 20000-6000. Regelm. Beiträger: Rudolf Bach, Wolf Lauter­ bach, F.M. Reifferscheid, Albrecht Goes, Hanns Jobst, Ernst Pcnzoldt, Rudolf Alexan­ der Schröder, Hermann Uhdc-Bernays; wei­ tere: Georg Britting, Rudolf Borchardt, Hans Carossa, Ernst Robert Curtius, Albrecht Fabri, Oskar Maria Graf, Gustav René Hocke, Josef Hofmiller, Winfried Martini, Max Scheler, Otto Freiherr v. Taube. Echo der Woche, Unabhängige (2.1948,25 ff: deutsche) Wochenzeitung. 16 (bzw. 12 o. 20) Seiten Berichte und Bilder aus allen Gebieten der Politik, der Kunst und der Unterhaltung (mit Rundfunkprogramm); 2.1948,53 ff: 16 (bzw. 20) illustrierte Seiten aus allen ...; 3.1949,lOff. nur noch: Unabhän­ gige deutsche Wochenzeitung. 1.1947,l(Feb.) 5.1951,184(März) bzw. auch 1952,1-18 (s. unten). Halbmonatl.; 2.1948,27ff: wöchentl.

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Glossar

Hrsg.: Harry Schulze-Wilde (auch Verleger); Verlagsl.: Hanns Stumpf; 4.1950,146 ff.: Carl Röhrig; Chefred.: Harry Schulze-Wilde; 4.1950,172ff: Wilhelm H.Scheidt; Stellvertr. 3.1949,95-113: Arthur Satemus; Chef v. Dienst: Hans H.Gensert; 2.1948,52 ff: Wolf­ gang Gubalke; 2.1948,70ff: Gerhard Jaeckel; 4.1950,146ff.:Hans G.Bentz; Außenpol.: Hans H.Gensert; 2.1948,36 - 3.1949,133: Erich Wollenberg (i. V. Dieter Cycon); 3.1949,74ff. auch Wilhelm H.Scheidt: Red.: Helmut Hammerschmidt (bis 2.1948,66); Eva Maria Wagner (bis 2.1948,60); Peter Gerlach (bis 2.1948,51); Gerhard Fauth (bis 3.1949,107); Josef Kirmaier (bis 3.1949,111); 2.1948,48-51: Walter Stelzle; 2.1948,61 4.1950,174: Curt Hanno Gutbrod; 2.1948,66 - 4.1950,174: Wolfgang Dummer u. K.A. Neumaier; 2.1948,67-71: Charly Sturtzkopf; 2.1948,67ff: Wilhelm H.Scheidt; 2.1948,53-67: Gerhard Jäckel; 2.1948,52-66: Roderich Menzel; 3.1949,78-89: E.v.PlungkHartung; 3.1949,109ff: Victoria Rehn (d.i. auch Charlotte Köhn-Behrens); 3.1949,112 — 4.1950, 148: Ernst H. Schirmer; 4.1950, 151-173: Adolf Löffler; Außenred. 1950: Alfred Seidel u. A. Berg. Verlag: Die Blaue Presse, München. Liz.-Träger: Harry SchulzeWilde (US-E-183 vom .12.1946). Umfang: 12-20 S. 2°. Auflage: 20000-125000. Regelm. Beiträger außer der Red.: Stefan An­ dres, >CajusSusanneTorso«; weitere: Giorgio de Chirico, Honoré Daumier, Willi Geiger, Werner Gilles, Käthe Kollwitz. Jo v. Kalkckreuth, Frans Masareel, Pablo Picasso, Rudolf Wilke. Januar 1952 neu erschienen: Echo der Woche, unabhängige europäische Zeitung in Deutsch­ land. 1952,1 (Jan.)-18(Mai). Wöchentl. Hrsg.: Edmund Schopen; Chefred.: Hans Habe; Red.: Hans Bechtold, Anselm Heyer, Hans Hellmut Kirst, R. Krug v. Nidda, Olaf Meitzner, Victoria Rehn, Ernst Günther. Verlag: Echo der Woche, München. Umfang: 20 S. 2°. Regelm. Beiträger außer der Red.: Walter Kiaulehn, Karl Heinz Kramberg, Alfred Polgar; weitere: Walter Bauer, Wolfgang Borchert, Max Brod, Günter Gaus, Irmgard Keim, An­ dré Maurois, Erich Maria Remarque, Luise Rinser, William Saroyan, Wolfdietrich Schnurre, Karl Simoni, Carl Zuckmayer; Illu­ stration: Henry Meyer-Brockmann, Wigg

Siegl; weitere: Charly Sturtzkopf, Meyer Mengede. Ende und Anfang, Zeitung der jungen Ge­ neration. 3.1948,11 ff: Eine politische Halb­ monatsschrift fürTlieorie und Aktion. 1.1946/ 47,l(Apr.) - 3.1948/49,21/22(Feb.). Halbmonatl. Hrsg.: Franz Josef Bautz (1.1946/47,1-20 auch Lothar Kolb). Verlag: Kyrios, Meiringen bei Augsburg; 2.1947/48,22/23 ff: Ende und Anfang, Augsburg. Liz.-Träger: Herta Figelius und Berta Konrad (Kyrios-Verlag) (US-E-152 vom 8.2. 1946); 3.1948/49,1 ff: Franz Josef Bautz (US-E-197). Umfang: 8-12 S. 4°; 3.1948/49,1 ff: 2°. Auflage: 20000-4000. Regelm. Beiträger: Franz Josef Bautz, Sieg­ fried Braun, Johann Ludwig Döderlein, Lo­ thar Kolb, Burkhard Lutz, Theo Pirker, Ernst Schumacher, Manfred Schwarz, Robert Spaemann, Fritz Wagner, Hans Henning Zencke, Ludwig Zimmerer; weitere: Alfred Andersch, Arthur Koestler, Heinrich Lutz, Wilhelm Meyer, Marlise Müller, Reinhold Schneider, Fedor Stepun; Illustration: Karl Kösslinger. Die Fähre 2.1947,10ff.: Literarische Revue; 3.1948,1 ff. u.d.T. Literarische Revue / 1.1946,1(Apr.) - 4.1949,6(Dez.). Monatl.; 3.1948.1 ff: zweimonatl. (unregelm.). Hrsg.: Willi Weismann; Schriftl.: 1.1946,1 3.1948.2 Hans Hennecke; 1.1946,1 3.1948,9 Herbert Burgmüller; 3.1948,3ff: Herbert Schlüter. Verlag: Willi Weismann, München. Liz.-Träger: Willi Weismann, (USE-157 vom 8.3. 1946). Umfang: 64 S.; 4.1949,4 ff: 68 S. 8°. Auflage: 20000-3 000. Regelm. Beiträger: Bert Brecht, Hermann Broch, Herbert Burgmüller, Rudolf Hartung, Hans Hennecke, Stefan Hermlin, Hans Henny Jahnn, Werner Kraft, Hans Reisiger, Her­ bert Schlüter, Carl August Weber, (Alexander Blök); weitere: Louis Aragon, Max Brod, Elias Canetti, Ilja Ehrenburg, Erich Fried, Rudolf Hagelstange, James Joyce, Franz Kafka, Mar­ tin Kessel, Henri Miller, Alexander Mitscher­ lich, Josef Mühlberger, Robert Musil, Heinz Pollitzer, Rainer Maria Rilke, Romain Rol­ land, Jules Supervielle, Fritz Usinger, Elio Vittorini, Günther Weisenborn. Frankreich (s. u. Berichte der Arbeitsgemein­ schaft Frankreich ...) Glanz (s.u. Prisma) Geistige Welt, Vierteljahreshefte für Kultur und Geisteswissenschaften. 1.1946/47, l(Apr.) — 5.1954,2. Dreimonatl. Hrsg.: Hans Jantzen. Verlag: Filsner, München. Liz.-Träger: Florence Filsner (US-E-128 vom 9.1. 1946). Um­ fang: 48 S. 4°. 5.1954,1 f: 8°. Auflage: 25000-27000. Beiträger: Nino Erne, Josef Fink, Gerhard Frey, Curt Gravenkamp, Felix G. Hartlaub, 1 lans Hörmann, Ernst Lichtenstein, Friedrich Matz, Gerhard Ritter, Horst v. Rüdiger, Her­ mann Uhde-Bernays, Aloys Wenzl. Gewerkschaftszeitung, Organ der bayeri­ schen Gewerkschaften. 1.1946,l(Aug.) -

4.1949,24(Dcz.); danach aufgegangen in Welt der Arbeit, das Organ des DGB (Halbmonatl.) Hrsg.: Vorläufiger Ausschuß der Bayer. Gewerksch. Gustav Schiefer und Lorenz Hagen; 2.1947,7ff: Bundesvorstand des Bayer. Gewerksch. Bundes; 3.1948,1 ff: Georg Reuter (Generalsekretär des Bayer. Gewerksch.Bundes); Schriftl. Georg Reuter; 3.1948,8ff: Wil­ helm Endrukat. Verlag: (Gewerkschaftsverlag), München. Liz.-Träger: Bayerische Gewerk­ schaften (Lizenz vom Juli 1946). Umfang: 16 S.; 2.1947,22ff: 8 S. (mit monatl. 8-seitiger Jugendbeilage seit 1948). 4°. Auflage: 110000-600000 (zusätzl. 1-mal monatl. 50000 Jugendbeilage). Regelm. Beiträger: Herbert Bachmann, Leon­ hard Harlacher, Martin Kratzer, Georg Reuter, Kathi Sand, Erika Vogel, Franz Volk; weitere: Wilhelm Endrukat, Georg Fiederl, Wilhelm Meuser, Gustav Schiefer, Karl Schmidt, Richard Serdel, Alois Wöhrle. Heute, Eine (1.1945/46,1-26: neue) illu­ strierte Zeitschrift (1.1945/46,1-4: für Deutschland). 3.1948,59 ff. ohne U.-T. 1.1945/46,l(Okt.) — 1951. Halbmonatl. Hrsg.: Amerik. Milit. Reg.; Chefred.: Henri Norden; 2.1947,46 ff: Warren Trabant; Stellvertr.: Heinz Berggruen; 2.1947,29 - Jella Lepman; New-Yorker Büro: Adrienne Foulke, 3.1948,59-62: Ruth Traurig; Chef v. Dienst: 3.1948,63fr.: Henry W.A.Reinert: 3.1948,69ff: Morton D.Stone; Textred.: 3.1948,66ff: Henry W.A.Reinert; Bildred.: 3.1948,66ff: Morton D.Stone; 69ff: Wil­ helm Winkel; Chefrep.: 3.1948,69ff: Bernd Lohse; Politik, Wirtsch.: 3.1948,69 4.1949,85: Werner Eckhardt; Feuilleton: 3,1948,69ff: Hans Sperr; Roman/Novelle: 3.1948,69ff.: Nils Breuhaus; 4.1949,83ff.: Ernst Laue; Mode: 3.1948,69ff: Lore Kurrer; Kunst: 3.1948,69ff: Herbert List; Reporter: 3.1948,69fr.: Heintze v.Kracht; graph. Ass.: 3.1948,69 ff: Oskar Saile; Red.-Ass.: з. 1948,70fr.: Ilse v. Previti; 5.1950,3ff: Hrsg. и. Chefred.: Arthur Reef (keine weiteren An­ gaben mehr). Verlag: (Amerik. Armee), Mün­ chen. Umfang: 28-68 S. 2°. Auflage: 500000. Regelm. Beiträger: Heinz Berggruen; weitere: Sherwood Andersen, Vicki Baum, John Dos Passos, Ilja Ehrenburg, William Faulkner, Ro­ bert Fontaine, Erich Kästner, Bernd Lohse, Jack London, Thomas Mann, Theodor Plie­ vier, Edgar Allan Poe, Anna Seghers, William Saroyan, John Steinbeck, James Thurber, Franz Werfel, Ernst Wiechert, Thomas Wolfe, Illustrationen von Walt Disney; weitere: Ro­ bert Canson, George Grosz, Alexander Noskoff, Pablo Picasso, Saul Steinberg, James Thurber. Informationsblatt der Kommunistischen Partei Landesbezirk Bayern Ausgabe München 1.1946,2 ff: Bayerische Volksstimme, Mitteilungsblatt der Kommunistischen Partei; 1.1946,10ff. u.d.T.: Informationsblatt der Kom­ munistischen Partei, Unterbezirk München;

Glossar 1.1946,11 ff. auch Landesbezirksleitung Bay­ ern; 3.1948,18 ff. u.d.T. Bayerische Volkszeitung, Wochenblatt der KPD Bayern; з. 1948,19ff. Informationsblatt der KPD Bay­ ern; 4.1949,1 ff. u.d.T.: Südbayerische Volkszei­ tung, Informationsblatt ...; 4.1949,36ff. ohne U.T.; 5.1950,53ff: Für Einheit Frieden und Demokratie. 1.1946,1 (Jan.) - 1956 (weiter и. d.T. Volksecho). Halbmonatl.; 3.1948,18ff: wöchentl. Hrsg.: KPD Landesvorstand; 5.1950,12ff: Bayerische Volksverlags- und Vertriebsgesellschaft. Verantwortl.: Fritz Sper­ ling; 1.1946,5: Bruno Goldhammer; 1.1946,6ff: Karl Feuerer (3.1948,18 4.1949,35: für Lokales verantw.); 1.1946,11-17: auch Heinz Mode; 1.1946,17 4.1949,33: auch Hugo Ehrlich; 4.1949,36-50: Eduard Werner (für Lokales verantw.). Verlag: (Parteiverlag), München. Li­ zenz: (AG 000 11 OMGB-5; 1.1946,24ff: US-E-5), (KPD). Umfang: 4-8 S. 4°; 3.1948,18ff: 2°. Auflage: 135000-20000. Regelm. Beiträger: llja Ehrenburg, Hugo Ehr­ lich (auch h.e.), Karl Feuerer (auch K. F.), Heinz Mode, O.A. Neumann, Nicolai Ostrowski, Max Reimann; weitere: Johannes R. Becher, Bert Brecht, Erica Buchmann, >Flittz.1er< oder >auchtVimGladius Dci«, in: Bild und Gedanke. Festschrift für Gerhart Baumann zum 60. Geburtstag, München 1980. Fuchs, Walther P.: Über die wissenschaftlichen Hoch­ schulen Baden-Württembergs in der Nachkriegszeit, in: Nachdenken über Geschichte, Vorträge und Aufsätze, hg. v. G. Berg und V. Dotterweich, Stuttgart 1980. Fürstenau, Justus: Entnazifizierung. Ein Kapitel deutscher Nachkriegspolitik, Neuwied 1969. Fuhrmann, Werner: Die Geschichte der Bayerischen La­ gerversorgung 1945-1974. Ein Zeitspiegel der ErnährungsWirtschaft, München 1974. Ganther, Heinz: Die Juden in Deutschland. Ein Almanach, Frankfurt a.M. 21959. Gehring, Hansjörg: Amerikanische Literaturpolitik in Deutschland 1945-53. Ein Aspekt des Re-EducationProgramms (= Schriftenreihe der Vierteljahreshefte des In­ stituts für Zeitgeschichte 32), Stuttgart 1976. — Literatur im Dienste der Politik. Zum Re-educationProgramm der amerikanischen Militärregierung in Deutschland, in: Nicolas Born, Jürgen Manthey (Hrsg.): Nachkriegsliteratur, Rowohlt Literaturmagazin 7, Reinbek b. Hamburg 1977. Gengier, Ludwig F.: Die deutschen Monarchisten, Kulm­ bach 1932. Gersdorf, Lilo: Carl Orff, Reinbek b. Hamburg 1981. Gimbel, John: Amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland 1945-1949, Frankfurt a.M. 1971. — A German Community under American Occupation. Marburg 1945-52, Stanford 1961. Glozer, Laszlo: Westkunst. Zeitgenössische Kunst seit 1939, Köln 1981. Greschat, Martin: Kirche und Öffentlichkeit in der deut­ schen Nachkriegszeit (1945-1949), in: Armin Boyens;

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West-Konllikt. (.ottingen

Bayerische Landeszentrale für Politische Bildungsar­

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Gespräche wurden u. a. geführt mit: Helmut Ammann, Helmut M. Backhaus, Franz J.Bautz, I larry Buckwitz, Felix Buttersack, J. Ludwig Döderlein, Hans Eckstein, Anton Fingcrle (|), Torsten Gebhard, Rupprccht Geiger, Christian Hallig, Leonhard Henningcr, Walter Kolbenhoff, Erich Kuby, Annemarie Kuhn-Wengen­ mayr, Ida Kuli, Lonny van Laak, Emcst Langendorf, Georg Laub, Richard Lempp, Max Mannheimer, Heinz Meier, Marga Müller, Aron Ohrenstein, Wolfgang Petzet, Willi Purucker, I Fans Werner Richter, Reinhard Ricmerschmid, Wilhelm Saekel, Erwin Schleich, Alfred Schwingenstein, Simon Snopkowski, Lis Vcrhoeven, Ludwig Vogl,Tino Walz.

Register Personenregister (bearbeitet von Ulrich Bauer und Thomas Eilks)

Adenauer, Konrad 37, 50, 106, 224. 281 Aigner, Eduard 109, 426 Alberth, Rudolf 180, 183, 426 von Ambesser, Axel 147, 403 Anm. 47, 426 Ammann, Helmut 88, 93. 426 Andersch, Alfred 13, 18, 68, 117,212-215, 226-227, 263, 269, 273ff., 426 Andres, Stefan 211, 231 Anouilh, Jean 196, 198, 208 Apelt, Willibald 154, 157, 160 Auerbach, Philipp 144f, 147, 386 Anm. 29, 426 Aumer, Hermann 144f. Bach, Johann Sebastian 26, 174, 178f, 188

B.uli. Rudolf 196, 207, 267 Bachem, Bele 103 Backhaus, Helmuth M. 244, 247, 249 Baier, Hans 161, 171, 307, 394 Anm. 10 Barth. Karl 133, 227, 246 Bartók, Bela 174, 178, 181 f, 191 Baumeister, Willi 88, 100, 112, 116-119, 379 Anm. 49. 426 Baumgartner, Josef 36, 49f, 281, 313, 315 Bautz, Franz Josef 264 von Bayern, Pilar 300, 426 Becher, Johannes Robert 217ff„ 277 van Beethoven, Ludwig 26, 65, 176, 178f, 185f, 192, 204 Behn, Fritz 88, 373 Anm. 14 Behr, Walter 193f, 201, 204, 207, 365 Anm. 29, 366 Anm. 27 Beil, Toni 84, 86 Ben Gurion, David 146 Benn, Gottfried 17, 223 Benscher, Fritz 241, 244, 247, 250, 426 Berg, Alban 180, 182f. 190, 192 Bergengruen, Werner 17, 21 lf, 247 Berlioz, Hector 185f. Bemheimer, Otto 14 Bernstein, Leonard 176, 179 Bialas, Günter 427 Bilek, Franziska 103, 266 Billinger. Richard 193, 208 Binter, Hilmar 32 Birkmann, Inge 300, 403 Anm. 46, 427 Bizet, Georges 100, 204 Bleeker, Bernhard 16f, 88, 90, 92, 373 Anm. 14, 427 Bößl, Rudolf 29, 34, 38. 58. 352 Anm. 119. 363 Anm. 320 Bonhoeffer, Dietrich 133, 227 Bordiert, Wolfgang 192, 202, 227 Brahms, Johannes 178 Branz, Gottlieb 54, 165, 315, 351 Anm. 75

Bi.um. I Linns I 87. 2 1 9 Braun, Helena 176, 204, 406 Anm. 29 Brecht, Bertold 9, 13, 196f, 202, 208, 223f. 231, 249, 275, 277, 420 Anm. 36 Brcnningcr, (icorg 88, 91,93, 373 Anm. 14, 427 Brill, Klaus 242, 249f, 415 Anm. 21 Britting, Georg 17, 247, 262, 267 Brockmann, Walter 67, 257 Biiufaier, Anton 175, 179 Brüchcr, Hildegard 271, 300 Brust. Karl F. 96. 121 Buckwitz, Harry 18, 23f, 30, 32, 38, 195f, 198, 351 Anm. 75, 427 Burkart, Albert 109, 427 Burkhardt, Fritz 110, 113, 427 Buttersack, Felix 84, 244, 246, 248ff, 258. 265, 279ff., 330, 427

Byrnes, James Francis 13, 61, 67, 213, 249, 257, 281 Carossa, Hans 16ff, 23, 92, 211, 217, 247, 267, 419 Anm. 18 Caspar. Karl 17, 109, 427 Caspar-Filser, Maria 17, 109, 427 Cavael, Rolf 96, 112, 118-121, 427 Claudel, Paul 196, 199 Claudius, Eduard 13, 209, 218, 244, 250, 427 Clay, Lucius D. 40. 42, 61, 64, 137, 144, 153, 302 Cocster, Oscar 98. 109, 427 Collaer, Paul 189f. Copland, Aaron 178, 180 von Cortens, Adalbert 201 Croissant, Eugen 98, 109, 427 von Cube, Walter 251, 269, 281 Cunitz, Maud 176, 300, 406 Anm. 29 Curtius, Emst Robert 227, 266, 271 Debussy, Claude 174, 178, 181f. Delaunay, Robert 120, 223 Demoll, Reinhard 158, 162 Desch, Kurt 16. 18, 63, 194, 215, 238, 265, 268, 428 von Dessauer, Heinz 172 Dibelius, Ulrich 187, 189, 192 Dieß, Wilhelm 204, 206f. Diez, Julius 99, 104, 123. 428 Dirks, Walter 261 f. Dix, Otto 100, 108f. Döblin, Alfred 221, 228, 231, 245, 261, 268, 419 Anm. 7 Döderlein, J. Ludwig 264, 346 Anm. 111 Döllgast, Hans 84, 87 Dörfler, Peter 17. 219, 247, 354 Anm. 186 Domin, Friedrich 403 Anm. 46, 428 Dom, Walter L 62, 137, 209 Drexel, Christof 428 Dürrenmatt, Friedrich 197 Dümneier, Hans 255, 281

Hetz, Gerhard 112, 117f, 428 filier, Ferdinand 89, 93, 373 Anm. 14. 428 Finck, Werner 26, 246, 265 Fingcrle, Anton 24, 58, 84, 124, 162f, 165, 168-172, 217, 357 Anm. 43f„ 428 Fischer, Alexander 88, 92f, 373 Anm. 14, 428 Fischer, Helmut 22, 73ff, 82f, 322, 332, 346 Anm. 26, 428 Fischer-Pongraz, Ludmilla 429 Fleischer, Jack 260, 27lf. Flügel, Rolf 84. 279 Fortner, Wolfgang 181 f. Foss, Kendall 272 Fraser, Lindley 244, 246 Freitag, Willi Emst 103, 110 Freund. Karl 429 Friedmann, Werner 84, 254f, 257, 279, 281 Friedrich, Hans Eberhard 115f, 265 Frisch, Max 209 Fuhr, Xaver 429 Furtwängler, Wilhelm 17, 176, 179 Fuß, Dieter 244, 416 Anm. 51

Eckstein, Hans 12, 22, 35, 69, 72, 79, 85, 88, 109, 112,428 Edelthalhammer, Maria 307f. Edschmid, Kasimir 265, 267 Egel, Karl-Georg 13, 250 Egk, Werner 17, 100, 175, 177f, 181 ff, 187, 189-192, 205f. Ehard, Hans 47, 49f, 54, 84, 185 Ehrenwirth, Franz 244, 266 Ehrhard, Ludwig 271, 279 Eich, Günter 220, 223, 262, 276-279, 419 Anm. 19 Eisenhower, Dwight David 39, 60, 259 Eliot, Thomas Stearns 202, 208 Ende, Edgar 110, 428 Enderle, Liselotte 269, 300 Engel, Erich 18, 24, 30,38, 195f, 198, 428 Erhärt, Karl 339, 344, 357 Anm. 43f. Esterer, Rudolf 70, 78, 84, 86, 428 von Eynem, Maria 294f, 366

Geiger, Rupprccht 117-120, 379 Anm. 4 und 49, 429 Geiger, Willi 98. 104, 107, 110, 429 Geis, Jakob 196 Geitlinger, Ernst 106, 112, 117, 429 Georgii, Theodor 88, 373 Anm. 14, 429 Gerlach, Walther 151, 155, 158f, 330 Gemgross, Rupprccht 240 Gemot, Herbert 200 Gerstl, Max 357 Anm. 43f. Gessner, Herbert A. 13, 244ff, 249f, 429 Gide, Andre 223, 265 Giehsc, Therese 197 Gilles, Werner 117, 429 Giraudoux, Jean 196, 202 Goebbels, Josef 104, 193, 221, 269 von Goethe, Johann Wolfgang 17ff, 23, 100, 186, 189, 193, 196, 200, 202, 208, 217, 226, 230, 247, 267 Gogol, Nicolai 198, 208 Goldschagg, Edmund 254, 256 Gondrcll, Adolf 147, 195, 198 Grabmann, Martin 150, 388 Anm. 12 Graf, Heinrich 98, 102 Graf, Oskar Maria 18, 247, 266 Graf, Otto 159, 162f. (iraunke, Kurt W. 175, 179, 183,352 Anm. 107, 429 Graupner, Emst 429 Grillparzer, Franz 208, 228 Gringauz, Samuel 146, 148 Groll, Günther 247, 265 Grosz, George 104, 108 Grote, Ludwig 33, 118 Gründgens, Gustav 202, 207 Gruenfeld, Norbert 24lf. Grundig, Hans 113, 116 Guardini, Romano 17, 157, 246 Guggenheimer, Walter Maria 245, 251

Falckenberg, Otto 18, 22, 37, 195ff., 199, 272, 355 Anm. 224 Fassbender, Joseph 120f. von Faulhaber, Michael 133ff., 137, 150, 171,254, 428 Felsenthal, Leonard 279, 365 Anm. 29 Fendt, Franz 80, 163ff, 203 Feuchtwanger, Lion 18, 275

Haas, Joseph 17, 179, 191, 429 Habe. Hans 14, 62. 211-214, 252. 259f, 429 Händel, Georg Friedrich 178 Haftmann, Werner 97, 112, 116, 118 Hagelstange, Rudolf 215, 247 Hahn, Hermann 88f, 91f, 193, 365 Anm. 29

Hamm, Erwin 326, 328, 357 Anm. 43f. Hamsun, Knut 193 Hanfstaengl, Eberhard 98 Hanfstaengl, Edgar 30, 75, 97, 138, 376 Anm. 25 Hanser, Carl 238, 268 Hansmann, Claus lOOf, 106f. Harth, Philipp 429 Hartmann, Adolf 109, 429 Hartmann, Georg 204f. Hartmann, Karl Amadeus 18f, 174f, 177-183, 186f, 189, 191 f.. 242 Hartmann, Rudolf 185 Hathey er, Heidemarie 201, 208, 300 Hauptmann, Gerhart 193, 201, 208, 247, 275f. von Hausegger, Siegmund 178f. Hausenstein, Wilhelm 12f, 16ff., 21 f, 35, 84, 116, 210f.. 219, 228-231, 244, 254 Haußleiter, August 138ff. Haydn, Joseph 179 Hebbel, Friedrich 196, 202 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 36, 264 Heger, Robert 176 Heine. Heinrich 189, 206. 247 Heinrich, Hans 258, 279 Heinzinger Albert 100, 107, 109, 429 Held, Hans Ludwig 16ff., 23-26, 30, 32f. 35f, 38. 84, 97, 161-165, 167, 217, 235f, 246, 275, 351 Anm. 96, 357 Anm. 43, 429 Hellberg, Martin 199ff. Hemingway, Ernest 222ff. Hemmeter, Karl 430 Hernpel, Willy 118, 121. 430 Hcnselmann, Josef 16, 88, 91, 373 Anm. 14, 430 Herking, Ursula 147, 201, 300, 430 Hermlin, Stefan 13, 244, 250 Hesse. Hermann 226, 244, 247 Heuss, Theodor 18, 104, 246 Heym, Stefan 17, 26, 62. 213f, 260 Hielscher, Erwin 33, 45, 351 Anm. 97 von Hildebrand, Adolf 16f, 88, 90, 92ff., 373 Anm. 14 Hiller, Anton 91, 93f., 118, 373 Anm. 14, 430 Hilpert, Heinz 202, 208 Hindemith, Paul 17, 177ff., 18Iff., 187, 189ÎÏ.. 205 Hipp, Otto 40, 171, 207 Hocke, Gustav René 18, 220-223, 226f, 269-272, 430 Hoegner. Wilhelm 43ff., 48, 50, 135, 137, 139, 156, 159, 226, 254, 266, 321, 360 Anm. 184 Hölderlin, Friedrich 219, 226, 232 Höller, Karl 178, 430 Hollerer, Julius 29, 46ff. Hönigschmid, Otto 151,158, 388 Anm. 24 von Hoerschelmann, Rolf 95, 210 Hofman, Kurt (gen. Sonderborg) 112, 121 von Hofmannsthal, Hugo 247, 266 Hohmann, Georg 160 Holsboerx, Willem I. 32, 37, 197f, 351 Anm. 98. 430 Honegger, Arthur 178, 181f, 188, 190f. Horine, Field 242ff, 248ff, 415 Anm. 19 Hotter, Hans 176, 204, 406 Anm. 29 von Horvath, ödon 208 Hüchel, Peter 220, 262 von Hüls, Arthur 89, 430 Hünerfauth, Irma 430

Register von Hündeberg, Jürgen 4.10 Hüsgen, Wilhelm 4.10 Hüther, Julius 97, 4.10 Hugendubel, Anneliese 300 Hundhammer, Alois 26, 48ff, 138f„ 153,

155, 159. 170, 174, 176. 183. 183. 189. 204-208, 266, 280 Hupka, Herbert 248, 251, 264 Hurrle, Curth 204, 207 Ibsen, Henrik 200 Irl beck, Willi 294, 326 Jacnicke, Wolfgang 320ff. Janäfck, LeoS 177, 181, 205 Jandl, Oskar 132f. Janssen, Walter 200, 307 l.ispcrs. Karl 154, 261 Jering, Karl 293, 334, 336 Jochum, Eugen 17, 28, 30, 65, 173, 179, 241 Jünger, Emst 211, 224, 419 Anm. 18 Jungermann, Jimmy 245 Kästner, Erich 15f, 35, 199, 209, 21 lff„ 218f, 225, 232f, 260, 262, 265, 269f„ 274, 296, 300, 419 Anm. 21 Kafka. Franz 212, 223, 231, 265 Kaiser, Georg 202, 208, 247 Kaminski, Heinrich 178, 187 von Kalckreuth, Jo 106, 176f, 183 Kandinsky, Wassily 112, 114, 119ff Kanoldt, Alexander 108f. Kantorowicz, Alfred 261, 268, 419 Anm. 6f. von Kardorff, Ursula 300 Katajev, Valentin 198f. Keegan, Charles E. 42, 62, 134 Keil berth, Joseph 179, 186 Keller, Erich 180, 4J0 Keller, Eugene 40, 42, 80, 134, 156 Kelly, James H. 34, 327 Kcrschensteiner, Georg 170f. Kiaulehn, Walter 201, 269f„ 280 Kirchner, Heinrich 88, 90f, 94, 373 Anm. 14, 4J0 Kirst, Hans Hellmut 265, 280 Klee, Paul 102, 109, 119 von Kleist, Heinrich 193, 219 Knappe, Karl 16f, 88ff, 92f, 373 Anm. 14, 4J0 Knappertsbusch, Hans 176, 179, 4J1f Knecht, Richard 92, 373 Anm. 14 von Knoeringen, Waldemar 45 Kodaly, Zoltán 176, 178 Köckert, Rudolf 174, 180 Kölbl, Julie 307f. Koclle, Fritz 89f, 373 Anm. 14. 4.11 Kölwel, Gottfried 229, 23 lf.. 4.11 Koenig, Fritz 91, 94, 4.11 König, Hannes 114. 4.11 Koeppcn, Wolfgang 18, 220f, 223, 233, 272, 4J1 Köster-Caspar, Felizitas 4J1 Koestler, Arthur 223f, 263 Kogon, Eugen 261 f, 419 Anm. 22 Kolbenheyer, Guido Erwin 193, 262, 267 Kolbenhoff. Walter 13,15, 209, 212f, 215, 222, 232ff, 246, 271, 273-279, 419 Anm. 22, 4J1 Koppenhöfer, Maria 300, 403 Anm. 47, 4.10 Komhas-Brandt, Gertrud 300, 307 Kortner, Fritz 196f. Krauss, Clemens 176f, 185 Kreisel, Heinrich 70, 72, 76, 86 von Krempelhubcr. Agnes 9, 236, 300 KFenck, Emst 182, 191 Kriesch, Rudolf 104, 4J1 Krohn-Waldcck, Axel 37, 195 Kroth, Alfred 357 Anm. 43, 45 Kruk, Georg 90, 4J1 Kuby, Erich 13, 63, 226f, 261, 264, 269, 4J1

Kunz. Karl 117, 4.11 Kusche, Benno 176, 406 Anm. 29 van Laak, Lonny 4J1 Lacherbauer, Clarljtirg 24f. Landau, Emst 148, 245, 4.11 Landeen, William 133f. Lang, Ernst Maria 105f, 266 Lange. Horst 200, 218ff, 223, 262, 4.12 Langcndorf, Ernest 14. 249, 256f, 279, 365 Anm. 29, 4.12 Langenfaß, Friedrich 131, 133f, 136, 138, 261, 264, 4J2 Langgässer, Elisabeth 215, 220, 226 Laub, Georg 199 Lavery, Emmet 196, 200, 202 von 1c Fort, Gertrud 17, 211 Leger, Fernand 120, 223 Lehmann, Hans 260, 269, 271 Lehmann, Wilhelm 17, 220 Leitenstorfer, I lermann 70, 75, 82, 84 Leitner, Ferdinand 176, 178, 180, 204, 4.12 Lcmbke, Robert 251, 260 Lepman, Jella 9, 290, 301, 4.12 Lessing, Gotthold Ephraim 202, 207, 213, 225 Lettcnbaucr, Josef 82 Liebermann, Rolf 181 f., 189 Lill. Georg 70, 72, 75f, 82, 354 Anm. 212, 4J2 Lippl, Alois Johann 204, 208, 244, 247f, 251, 353 Anm. 166 Ließmann, Adelheid 300 von Liszt, Franz 186 Loghi, Ianni 200f. Loritz, Alfred 45ff, 361 Anm. 229, 4.12 Luchaire, Julien 200 Ludwig, Walter 176, 406 Anm. 29 Lüdicke, Marianne 4J2 Mahler, Gustav 175, 178f, 181 f, 186 Maly, Wilhelm 88 Mann, Heinrich 21, 247, 280 Mann, Klaus 210 Mann, Thomas 17, 21 f, 62, 70, 210ff, 216, 218f, 222, 224, 226, 228-231, 233f, 240, 243, 248, 275 Markgraber, Alois Emil 200f, 4.12 Marshall, George Catlett 13, 37, 101 f, 223, 255 Martin, Ludwig 4J2 von Martin, Priska 4.12 Marx, Franz 44f. Matisse, Henri 96, 103, 108 Mayer. Hans 13, 216, 240, 244, 250 Mazerath, Otto 179 McCarthy, Joseph R. 227, 235, 249 McCloy, John 152 McMahon, Bernard B. 62, 257, 279 Meier, Heinz 147 Meier-Denninghoff, Brigitte (Matschinsky-Dcnninghoff) 94, 118, 121, 379 Anm. 49, 4J2 Meiner, Annemarie 300 Meinzolt, Hans 134f, 139f, 159, 4.12 Mciscr. Hans 131, 133-139, 171, 4.12 Meißner, Karl 45f, 48 Meistermann, Georg 120 Meitinger, Karl 70. 72, 75f, 78, 143, 357 Anm. 43f„ 4J2 Mell, Max 200, 202, 208 Mendelssohn-Bartholdy, Felix 173f. Mersmann, Hans 174, 179 Menuhin, Yehudi 176 Messer, Thomas M. 242, 249f. Messiaen, Olivier 181f. Mctzner, Gerhard 32, 201, 4.1.1 Meyer-Brockmann, Henri 105f, 266, 419 Anm. 21, 4JJ Mezgcr, Edmund 135, 154, 390 Anm. 19 Michal, Robert 200 Mikorey, Franz 4.1J Milhaud, Darius 181f, 190f. von Miller, Walther 24, 33, 51, 54

Mode, Heinz 67, 262, 265, 4JJ Moholy-Nagy, Laszlö 120 Molnar, Franz 196 von Molo, Walter 210f, 219 Moore, Henry 93f, 118 Morgenthau, Henry 60, 62, 152 Mostar, Herrmann 198 Mottl, Felix 176f. Mozart, Wolfgang Amadeus 173, 177ff, 184f, 192, 204 Müller, Hans Reinhard 200 Müller, Josef 48f„ 138, 140, 145, 265, 361 Anm. 227 Müller, Ludwig 132, 138 Müller, Marga 168 Müller-Mehlis, Reinhard 88 Muller, Walter J. 81 Münsing, Stefan 106, 118 Mussorgsky, Modest Petrowitsch 174, 178, 181 Nagel, Franz 4J.1 Nawiasky, Hans 156f. Nay, Ernst Wilhelm 118, 120f, 378 Anm. 1 Nestroy, Johann Nepomuk 195, 198 Netzer, Remigius 105, 109 Neubauer-Wömer, Marlene 4.1J Neuhäusler, Johann 138, 246 Neuland, Siegfried 142, 144 Neumann, Oskar 265 Nick. Edmund 176f, 179, 183, 207 Nicklisch, Maria 270, 300, 403 Anm. 46, 4JJ Nicderreuther, Thomas 109, 4.1J Niemöller, Martin 133, 215 Nietzsche, Friedrich 10, 177 Novalis 231, 233 Nückel, Otto 104, 110, 266 Obrist, Hermann 123 Ochs, Josef 357 Anm. 43 Oehl, Erwin 110, 4.1 J Offenbach, Jacques 100, 204, 207 Ohly, Bodo 77, 245 Ohrenstein, Aron 142ff, 246, 4JJ Orff, Carl 17. 84. 175, 177, 181 ff, 187f, 191f, 205 Osbom, Paul 196, 200 Ostermayer, Peter 18 Ostrowskij, Alexander N. 197 Ott, Richard 117, 4JJ Oulmän, Gaston s. Ullmann, Walter Paeschke, Hans 262, 419 Anm. 7 Panofsky, Walter 175, 183, 185, 189, 240, 247 Pasetti, Peter 208, 403 Anm. 47 Patton, George Smith 125, 252, 255 Pembaur, Joseph 176, 180, 4JJ Penzoldt, Emst 17, 107, 211. 219, 266f, 270, 4JJ Petzet, Wolfgang 23, 37, 195, 4JJ Pevsner, Antoine 94, 118 Pfeiffer, Anton 48. 138, 139, 250 Pfitzncr, Hans 65, 68, 175, 177f„ 181, 183 Picasso, Pablo 90, 92, 94. 103, 114, 223 Piper, Martin 180 Piper, Reinhard 238, 268 Pirkcr, Theo 215, 264 Piston, Walter 178, 182 Pitzer, Franz Xaver 55f, 246, 318, 357 Anm. 43f. Plicvicr, Theodor 247, 265 Poe, Edgar Allen 222, 247 Pollak, Bernhard 150, 254 Ponater, Otto 307f. Poulenc, Francis 181 f.. 190f. Preetorius, Emil 16, 123 Preis, Karl Sebastian 74, 322 Priestley, John Boynton 199f. Pringsheim, Heinz 176f, 179f, 183, 187, 191,280, 351 Anm. 71, 4JJ Prittwitz und Gaffron, Friedrich Wilhelm v. 138, 140, 217, 279

455

ProkoFieff, Alexandr Andrcjewitsch 181 f. Paccini, Giacomo 204f. Rachmaninov, Sergei Wassiljcwitsch 178 Radler, Max 104, 110, 266, 4JJ Raimund. Ferdinand 195, 197f. Rappaport, Philipp 76f. Ratjen, Hans-Georg 176, 178, 4JJ Rattenhuber, Emst 241, 312 Rauh, ('aspar Walter 102, 4.14 Ravel, Maurice 174, 178f, 181f, 191 Rcbay, Hilla v. 120, 4J4f. Redcl. Kurt 176, 180, 4.14 Regnier, Charles 201 Rchm, Albert K. F. 151 -154, 156-159, 389 Anm. 47, 390 Anm. 19, 4J4 Reich, Cäcilie 300, 406 Anm. 29 Reitzncr, Richard 322, 420 Anm. 31 Renner, Paul 103, 123 Rennert, Günther 176, 204f. Richter, Hans Werner 13,15 f, 68, 212, 214f, 218, 221ff, 233f, 263, 267, 269, 271, 274f. Rieger, Fritz 29f„ 38, 180 Riehl, Wilhelm Heinrich 70 Ricmerschmid, Reinhard 78f, 84, 86 Riemcrschmid, Richard 84, 123 Rimskij-Korsakow, Nikolai Andrcjewitsch 177 Rinser, Luise 212f„ 219, 266, 300 Rodin, Auguste 88, 9lf. Rührig, Karl 88ff, 373 Anm. 14, 4J4 Roggcr, Josef 32, 351 Anm. 70 Roh Franz 15f, 35, 91, 93. 112ff, 116ff, 248, 4J4 Roh, Juliane 88, 94, 117f. Roosevelt, Eleanor 302 Roosevelt, Franklin Delano 14. 60, 211, 222, 224f, 355 Anm. 5 Ros, Samuel 146f. Rosbaud, Hans 18, 26, 29f„ 38. 174, 178ff, 183, 192, 4J4 Rosenberg, Alfred 116, 150 Rossini, Gioacchino Antonio 177, 204 Roth, Eugen 357 Anm. 49 Rücker, Hanna 270, 300 Rühmann, Heinz 201 Rümann, Arthur 24, 33, 35, 38, 129 Sacher, Paul 186 San Nicolo, Mariano 150, 157 Sartre, lean Paul 194, 202, 212f, 215, 222, 224f, 227 Sattler, Dieter 16, 18, 26, 28, 79, 93, 204, 206, 270, 353 Anm. 166 Sawallisch, Wolfgang 180 Schaefer, Oda 218f„ 247. 262 Schäffer, Fritz 43, 48ff, 134f, 138f, 156, 254, 281, 356 Anm. 31, 357 Anm. 47 Scharff, Edwin 17, 94 Scharl, Josef 17, 117 Scharl, Ludwig 109 Schamagl, Karl 9, 24ff, 30, 34ff, 38, 40ff, 45, 48f, 51, 59, 68ff, 72, 77, 81f., 84f, 97, 134, 138, 162, 164, 169, 180, 195, 241, 246, 298, 320, 325, 340, 348 Anm. 98, 356 Anm. 31, 357 Anm. 43, 46, 4.14 Schattenhofer, Michael 24, 34, 36, 355 Anm. 221 Schechter, Edmund 250, 281 Scheibe, Emil 109 Schemm, Hans 136, 384 Anm. 71 Scherchen, Hermann 179, 186, 189, 191f. Schiefer, Gustav 43ff, 57, 84, 370 Anm. 103, 4.14 Schießl, Konrad 24, 37 von Schiller, Friedrich 193, 200, 208 Schlichter, Rudolf 100, 108, 11 Of. 116, 266, 4.14 Schmauß, August 156, 158 Schmid, Rosl 180, 300, 4.14 Schmidt, Adolf 180 Schmidt, Arno 223 Schmidt, Hans 140

456

Register

Schmidt-Claudius, Eduard s. Claudius, Eduard Schmidt-Garre, Helmut 280 Schnabel, Emst 224, 247 Schnabel, Franz 157 Schnack, Anton 267 Schnackenberg, Walter 100 Schneider, Reinhold 17, 211, 244 Schneider-Schelde, Rudolf 218f., 419 Anm. 18 Schneiderhahn, Wolfgang 180 von Schnitzler, Karl Eduard 13, 250 Schnurre, Wolfdietrich 264

Si hönberg. Arnold 178f, 182, 189 Schöningh, Franz Josef 84, 211, 218, 254, 261, 264, 270, 434 Scholl, Hans u. Sophie 156 von Scholtz, Rudolf 34, 250f., 330, 434 Schostakowitsch, Dimitri Dimitrijcwitsch 178f., 181 ff.. 191 Schottenhammel, Michael 344 Schröder, Rudolf Alexander 17, 215, 247, 261. 264, 266f. Schündler, Rudolf 212 Schütz, Hans 32 lf. Schultze-Griesheim, Hermann 196, 199 Schulze-Wilde, Harry 265, 420 Anm. 47, 434 Schumacher, Kurt 43, 45, 264, 358 Anm. 77 Schumann, Karl 178, 183 Schumann, William 181 ff. Schwab-Felisch, Hans 262 Schwarz, Elisabeth 180 Schwarz, Georg 267 Schweikart, Hans 30, 188, 195f„ 434 Schwerla, Karl Borro 248 Schwingenstein, August 36, 254f., 257, 435 Sedlmayr, Hans 116, 378 Anm. 39

Snieg, Samuel-Abe 144, 146f. Solti, Georg 84. 176ff, 180, 186 Sombart, Nicolaus 264 Sommerfeld. Arnold 158 Soulages, Pierre 121 Spahn, Raymond 64 Spanier, Julius 142f, 435 Speckner, Anna Maria 180 Speidel, Ruth 435 Sperber, Man es 261 Stadelmayer, Franz 24, 40, 124, 356 Anm. 31 435 Stadler, Toni 17, 88, 91 f, 94, 373 Anm. 14, 435 Staegmeyr, Elly 254 Stangl, Hans 435 Staudte, Wolfgang 221, 225 Stefl, Max 218 Steguweit, Hans 267 Steinbeck, John 200, 222 Stephan, Rudolf 189 Stern, Peter A. 66. 258, 279 Stemberger, Dolf 261, 419 Anm. 22 Stemheim, Carl 199f. Strathmann, Hermann 138, 140 Strauß, Josef 207 Strauss, Richard 12, 18f, 65, 92. 174f, 177fr., 181, 183-186, 192, 204f. Strawinskij, Igor 17, 176-179, 181 ff, 187, 190f Strindberg, August 208 Strobel, Heinrich 189 Strupp, Günther 117 Stuart, Lotte 271 Stuckenschmidt, Hans Heinz 187, 189 Studeny, Herma 300 Sutermeister, Heinrich 177 Syberberg, Rüdiger 199f

Scdhnayer, Walter 112, 198 Seemüller, Otto 356 Anm. 41 Seggelke, Herbert 241 Seidel, Ina 17, 218, 419 Anm. 18 Seidl-Seitz, Josef 435f von Seisser, Johann 168, 357 Anm. 43 Seitz, Gerhard 180, 435 Seuphor, Michel 119 Seyler, Julius 435 Shakespeare, William 101, 173, 181, 193, 196, 199f., 202, 205, 207 Shaw, Georg Bemard 200 Shuster, Georg N. 84f. Sibelius, Jean 65 Silone, Ignazio 224, 227 Smetana, Friedrich 204

von Taube, Otto 247, 267, 419 Anm. 18 Terhalle, Fritz 156, 390 Anm. 19 Theunissen, Gert Heinz 227, 27lf. Thicler, Fred 96, 112, 121, 435 Thiess, Frank 62, 211, 233, 267 Tlioma, Hans 84, 86 Thoma, Ludwig 198, 201, 247f. Thomas, Brandon 198 Thomsen, Hans Peter 58f, 172 Thorak, Joseph 90, 92 Thuille, Ludwig 179, 183 Thwaites, John Anthony 118, 120f. Toch, Emst 191 Toller, Emst 230 Treger, David 146

Trenker, Luis 270 Trepte, Toni 102, 266 Trier, Eduard 93 Trump, Georg 103, 265 Tschaikowsky, Pjotr lljitsch 173f, 178f, 183, 204 Tschechow, Anton 246 Tscherepnin, Alexander 178 Uhde, Wilhelm 114f. Uhdc-Bemays, Hermann 22, 270 Uhlmann. Hans 121 Ullmann, Walter 243, 250 Ullrich, Luise 201, 246, 300 Unold, Max 17, 110 von Uslar, Hans 200 Vaitl, Eva 208 Valentin, Kar, 248, 265 Valerien, Harry 296 van Druten, John 196 van Laak, Lonny 9, 301 van Loon, Gerard Willem 9, 24ff, 193f, 207, 346 Anm. 39, 365 Anm. 29 Velen, Victor 242, 249f Verdi, Giuseppe 192, 204f. Verhoeven, Paul 204, 207f, 435 Vesper. Will 262, 267 Vinz, Gurt 68. 269 Virl, Hermann 103, 217f Vittorini, Elio 224, 227 Völckcr, Otto 76 Vogl, Ludwig 258, 280 von Voigtländer, Edith 180, 300 Voltaire 227, 269 Vorhoelzer, Robert 70, 77f, 84, 435 Vossler. Karl R.H. 151, 159, 164. 300, 391 Anm. 32, 435 Wackerle, Josef 88, 373 Anm. 14 Wagner. Adolf 150, 171 Wagner, Richard 175, 177, 179, 183-186, 192. 204fr, 229 Wagner, Winifred 204 van Wagoner, Murray D. 251 Waldteufel, Emil 183 Wallenberg, Hans 14, 62, 227, 260, 269, 271, 281 Walter, Bruno 176 Walz. Tino 84, 86 Weber, Carl August 266 von Weber, (3arl Maria 183, 192, 204 von Webern, Anton 181, 189, 192

Wechsberg, Joseph 62 Wedekind. Frank 199, 202, 232. 277 Weidl. SefT 435 Weisenborn, Günther 200, 202, 247, 420 Anm. 36 Weismann, Willi 262, 265, 268, 419 Anm. 22. 420 Anm. 33. 435 Weiß-Räthel, Arnold 247 Weitsch, Eduard 161 f. Weitsch, Ilse 248 Wenzl, Alois 151,391 Anm. 32 Werner, Bruno E. 85, 117. 249 Werner, Ilse 201, 244 Werner, Theodor 118, 121 Westphal, Conrad 96, 112, 117, 119, 121, 436 Wetzeisberger, Bertil 176flf, 188, 204, 436 Wiehert, Ernst 212, 215flf. 219, 247. 265, 267, 419 Anm. 18 Wiedmann, Hanns 26, 355 Anm. 221 Wilde, Oscar 247 Wilder, Thomton 196, 208, 221, 247 Wilhelm, Curt 247ff. Wimmer, I laus 90, 92, 270, 373 Anm 14 4>6f. Wimmer, Maria 208 Wimmer, Thomas 28, 43fT„ 51, 56flf, 82. 84. 280. 312, 327, 330, 340, 436 Winkler, Eberhard 98, 104 Winter, Fritz 95f, 107, 112, 117f, 120, 373 Anm. 1, 379 Anm. 49, 436 Wirthensohn, Otto 176 Wisbetk, Jörg 104, 266, 419 Anm. 21, 436 Witt, Wastl 198, 201 Witthahn, Karl L. 162-167, 354 Anm. 212, 436 Wohlfskehl. Karl 217, 231 Wolf, Friedrich 196, 202, 247, 420 Anm. 36 Wolf-Ferrari, Ermanno 178 Wrba, Georg 88 Wünsche-Mitterecker, Alois 90, 436 Würz, Anton 436 Wüst. Walther 150, 154, 391 Anm. 30

Zehelein, Alfred 436 Zimmermann, Hans 37, 195 Zimmermann, Mac 106, 110, 436 Zimmermann, Rainer 108 Zink, Josef 41, 357 Anm. 43 Znamenacek, Wolfgang 100, 195 Zuckmayer, Carl 196, 199, 202, 227f, 247 Zweig, Arnold 17, 177

Sachregister (bearbeitet von Christoph Henzler. Marita Krauss und Viktoria Strohbach)

Aachen 135 Abendzeitung 129, 254, 262, 271 Abraxas-Skandal 100, 175, 177, 183, 189f, 204fr. Absolute Kunst 92. 94. 112-115. 117f., 122 Abstrakte Kunst 10, 88. 91 ff., 96, 99, 102f., 108, 112-117, 119, 122 Akademie der Bildenden Künste 7, 88f. 91, 93. 112, 118 Akademie für das Graphische Gewerbe 103 Akademie für Musik 74 Akademie der Schönen Künste 15f, 217, 347 Akademie der Tonkunst 191 Akademie der Wissenschaften, Bayerische 7, 150, 159, 390 Anm. 9, 392 Anm. 54, Alltag 9. 19. 32. 90, 100, 102ff, 107. 166, 203, 207, 221,233, 240, 248, 261 f, 266, 269, 283-302 American Joint Distribution Comitee (Joint) 147 Amerika-Haus 13. 18. 37, 64f, 106, 120, 239, 437 Amerikanische Militärregierung 9, 12-16, 23, 25, 34f, 39-45, 48f, 54ff, 58. 60fT., 64, 66ff, 79-82, 92, 124ff„ 131, 133-140, 144IT., 152-159, 162f, 168-171, 176, 180, 193, 197, 203, 206, 210, 214, 218f . 236, 238, 240-243, 251 f, 254, 257-260, 262, 264, 266f. 269, 271. 281, 292, 296, 298, 301, 314, 316f, 320fr., 324, 326f, 330-340, 342, 414 Anm. 4, 476 s.auch: Film Theater and Music Control Section, Information Control Division, Kulturoffizicre, Monuments Fine Arts and Archives Scction, Psychological Warfarc Division Antifaschismus 43, 66f, 103, 118, 214, 220, 223f, 244, 247 Antikommunismus 13, 103, 220, 250f. Antisemitismus 146, 172, 257 Arbeit 52, 294, 296 Arbeitsamt 52, 297 Arbeitskräfte 79, 297, 301, 324 Arbeitslosigkeit 15, 283, 297, 324-327, 329 Art Collecting Point s. Central Art Collecting Point Atclicrthcatcr 200 Atlantropa-Institut 36, 152 Augsburg 35, 117f, 141, 340 Ausgewiesene s. Flüchtlinge Ausländer 55, 317f. Ausstellungen 12. 33, 35, 64, 79, 88, 94f, 98. 101, 108, 113, 117-121, 123, 126f. 130, 174 Baden-Baden 189, 262 Bamberg 30 Baudenkmäler 16, 60, 69, 76f. 79-82, 84-87. 90. 92 Baugewerbe 81 f„ 298. 314, 324f. Baustoffe 76, 79ff., 83. 86f, 125, 319 Bausubstanz 40. 58, 72f, 75, 160, 229 Bayerische Akademien s. Akademien Bayerischer Bauernverband 322 Bayerische Heimat- und Künigspartei (BHKP) 49f. Bayerisches Hilfswerk der von den Nürn­ berger Gesetzen Betroffenen 147 Bayerischer Kunstgewerbeverein 123f, 126, 129, 267

Bayerische Landesbühne 199 Bayerischer Landesverein für I leimatpflege 70, 267 Bayerischer Staat s. Staat Bayerisches Staatsministerium für Unter­ richt und Kultus s. Kultusministerium Bayerischer Städteverband 22, 34, 325 Bayerische Volkspartei 43, 45, 134, 138, 230 Bayernpartei (BP) 26, 29, 45, 49ff, 140, 281,351 Bayreuth 326 Behelfsmode 306. 309, 310 Bekennende Kirche 137, 384 Anm. 68 Bekenntnisschule 139f. Berlin (Ost) 13, 250, 264 Berlin (West) 9, 18, 26, 30, 38, 44, 62, 63f. 68, 90.94. 108. 114. 118, 120. 147, 149. 159, 177, 184, 188, 202, 209, 228f, 231 f, 234, 259, 266, 269, 298, 300, 311, 316, 318, 346 Berufsverband Bildender Künstler (BBK) 26, 127, 43# Besatzungspolitik s.auch: Amerikanische Militärregierung 152, 214 Beschlagnahmungen s.auch Wohnungsbe­ schlagnahmungen 81, 236, 346 Besucherorganisationen s.auch Thcatcrgcmcindc, Volksbühne 29f, 36, 217, 352 Anm. 102 Bewirtschaftung 58. 303, 312 Bl IKP s. Bayerische Heimat- und Königs­ partei Bibliotheken s.auch Internationale Jugend­ bibliothek, Staatsbibliothek (Bayerische), Stadtbibliothek München, Universitäts­ bibliothek, Volksbüchereien 18, 22, 24. 34, 37, 147, 161, 172, 235-239 Bier 53, 314, 339, 343f. Bildende Kunst 9f„ 12, 16. 18, 22, 24, 33ff., 69. 88-130, 248 Blauer Reiter 33, 109 BP s. Bayempartci Brennstoffe 34f, 40, 54. 168, 204, 208, 313, 328 Brunnenhof-Theater s. Theater im Brun­ nenhof Buchhandel 24. 36, 63f, 147, 211 ff., 215-218, 232f, 235-239, 262, 300 Bühnenbilder lOOf, 196, 199f, 204, 207 Bürgertheater 2001. Bürgervereinigungen s. Freunde der Resi­ denz, Vereinigung der Freunde Mün­ chens, Wiederaufbauverein Alter Peter Bund der Heimatvertriebenen und Ent­ rechteten (BHE) 47, 50 CARE-Packct 54, 120, 302, 304f, 477 Caritas 54,132f. Central Art Collecting Point 33, 79, 118, 120, 353 Anm. 160, 477 Christlich-Demokratische Union (CDU) 137 ( liristlnh Soziale l Jnion(< siJ) 29, 42, 44f, 48-51, 58f, 137-140, 265, 279, 300,315, 340 Dachauer Lagerrevolte 17 Darmstadt 189, 191, 222 Demokratisierung 40ff, 58f, 68, 135, 153, 155, 159, 170, 220, 235, 240, 245, 251 Denazifizierung s. Entnazifizierung Denkmalpflege s.auch Baudenkmäler, Bau­

gewerbe, Bausubstanz, Bayerischer Lan­ desverein für Heimatpflcge, Heimat­ schutz, Landesamt für Denkmalpflege, Schlösser-, Gärten- und Sccnvcrwaltung, 13f., 18, 22, 69-87 Denkschrift(en) 25, 34ff., 42. 74. 244. 354 Anm. 192-202 Deutsche Christen 136f, 384 Anm. 68 Deutsches Museum 74, 83, 90, 153, 174, 236,317 Deutsches Theater 32f, 74. 83, 193, 280 Deutscher Städtetag 73, 349 Deutscher Werkbund 123 Displaced Pcrsons (DPs) 13, 55, 57, 136, 142Í, 145f, 148, 153, 213, 318, 324f, 386 Anm. 7 District Information Services Control Commands (DISCC’s) 61 Dramatisches Theater 200f. Dresden 73, 88, 90, 108, 113, 175, 186 Druckereien 61 ff., 238, 255, 261, 279 Düsseldorf 112, 120, 123, 202, 262, 295, 323 Emanzipation 283, 300 Emigration s.auch Exil, Innere Emigration 12, 14, 38, 62,66f, 108, 149, 156f, 189, 191f, 196, 21 Off., 215f, 218f, 223f, 240, 243f, 246f, 249f, 258, 262, 267, 333, 365 Anm. 23, 387 Anm. 5, 390 Anm. 3, 414 Anm. 2 Energieversorgung 52 Entartete Kunst 88. 108, 113, 115ff„ 192 Entlassungen 41 ff., 95, 106, 156, 158, 356 Anm. 41, 391 Anm. 24, 392 Anm. 44 Entnazifizierung s.auch Nürnberger Pro­ zesse, Parteigenosse, Nationalsozialis­ mus, Spruchkammern 10, 12, 25, 38. 41. 47, 57. 60, 62f, 65f, 68. 80f, 106, 131, 135-138, 153, 156-160, 176, 193, 209, 211, 218, 235, 243, 259, 267, 356 Anm. 41,370 Anm. 89 Erlangen 155f. Ernährung s.auch Bewirtschaftung, I lunger, Lebensmittel, Lebensmittelmarken, Normalverbraucher 23, 42, 53, 59, 82, 151, 194, 208, 279, 284, 288, 299, 312-319, 335f. ERP (European Recovery Program) s. Mar­ shallplan Ersatzkleidung 104, 304 Ersatzprodukte 286 Erwachsenenbildung s. Volksbildung Erziehung 36, 61, 131-141, 147, 149f, 235, 283. 299, 302 Essen 76, 346 Evakuierung 25, 168, 324 Evangelischer Preßverband für Bayern 133 Exil 44. 67. 117, 196, 209ff., 219, 223f, 228f, 231, 233, 244. 262, 268, 320 Existentialismus 116, 212, 215, 223, 225 Exportschau 52, 123, 125-128, 307ff., 380 Anm. 3-11 Expressionismus 108ff, 113f, 192, 231 FAB s. Freiheitsaktion Bayern Färben 288f, 305 Fieranten s. Schausteller Rim 7, 18, 23f.,61.64f„ 67,195, 209, 221, 225, 245f, 248, 280, 301 Film Theater and Music Control Section (FTMC) 68. 366 Anm. 53-60 Flüchtlinge s.auch Lastenausgleich, Schle-

sicr, Sudetcndcutsche 15, 17, 24, 46f, 51,54f, 58, 77, 81,90, 114, 125, 129, 131 ff. 142f, 145f, 153, 158, 160, 166, 170, 211,234, 257, 265, 292f. 299, 301, 303, 312, 320-329, 336, 347f, 380 Anm. 36, 383 Anm. 28, 423 Anm. 1 ff. Föderalismus 49, 72, 251, 255 Frankfurt a. M. 13,18, 30. 33, 38,126, 143, 147, 152,154, 183f, 189, 191,225, 244, 250, 262, 300 Fratemisierungsverbot (Non-Fraternization) 13, 211. 292, 333, 335, 338 Frauen 9, 145, 160, 246, 248, 266f, 283-302, 329, 398 Anm. 33, 420 Anm. Iff. Freie Demokratische Partei (FDP) 29, 48, 50, 140 Freie Selbsthilfe 290 Freiheitsaktion Bayern (FAB) 40, 43, 170, 240, 244, 356 Anm. 15 Fremdenverkehr 75f, 194 Freunde der Residenz 26, 83ff. 267, 371 Anm. 120-126 Frisuren 290f, 306, 310 »Führerbauten« 80, 236 »Führerprinzip« 42, 59 Fürsorge s. Wohlfahrtswesen Galerien 25, 108, 121, 129 Gegenstandslose Malerei 120ff. Gesellschaft für christlich-jüdische Zusam­ menarbeit 172 Gewerkschaft(en) 43, 58, lOOf, 113, 153, 163, 245, 262, 279, 331,346 Gl (Government Issue) 285, 333, 336 Gruppe 47 10. ISf.. 18, 34, 38,212. 215. 220, 222-225, 345, 347,353 Anm. 169, 409 Anm. 2 Hamburg 30,73, 120, 124, 155, 209, 225f, 232, 234, 244, 262, 271, 300, 346, 410 Anm. 19, 410 Anm. 57 Hannover 149, 300, 346 »Hauptstadt der Bewegung« 69, 70, 132, 209, 272 Haus der (Deutschen) Kunst 33, 52, 70, 94, 124, 126, 271,307, 437 Hebrew Immigrant Aid Society (HIAS) 147 Heidelberg 30, 154 Heimatpflege s. Bayerischer Landesverein für... Heimatschutz 22, 70, 72 Heimatvertriebene s. Flüchtlinge Heimkehrer 51,67, 110, 153, 214, 221, 233, 246, 263, 292 Herbstfest (Oktoberfest) 339-344 Hilfsorganisationen s. American Joint Distribution Comitee, Bayerisches Hilfswerk der von den Nürnberger Ge­ setzen Betroffenen, Hebrew Immigrant Aid Society (HIAS), International Refu­ gee Organization (IRO), Jewish Agency, United Nations Relief an Rehabilitation Administration (UNRRA) Die Hinterbliebenen 30, 265 Hunger 7,9, 34, 54, 98, 132, 151,170, 174, 205, 227, 233, 240, 272, 284, 303, 314f, 335 Impressionismus 108f, 183 Improvisation s. auch Behelfsmode, Ersatz­ kleidung, Ersatzprodukte, Färben, Frisu-

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Register

rcn, Kochen, Kosmetik, Waschen 104, 155. 286ÍT. Information Control Division (ICD) 60-64, 66f„ 193f, 242, 247, 249, 254. 257, 279 Innere Emigration 16, 62, 108, 117, 189, 191. 209-212, 214, 218, 220. 226. 233. 247, 262 Innere Mission 54, 132, 133, 383 Anm. 23 International Refugee Organization (IRO) 57, 115, 148 Internationale Jugendbibliothek 9, 18, 239, 290, 30lf. Internationaler Jugendkongreß (Jugend­ kundgebung) 264, 438 Israelitische Kultusgemeinde 142-148 JCS 1067 39, 60, 61, 66, 80, 194, 364 Anm. 2, 438 Jewisch Agency 147 Joint s. American Joint Distribution Comitee Juden 13f„ 67, 136, 142-148, 156, 211, 230, 257, 269, 298, 336, 385 Anm. 1 ff. Jugend 22, 30, 44, 58. 100. 109, 113, 122, 168f, 214, 216, 245, 248, 262-264, 267f, 298, 302, 306, 333. 339 Jugendbibliothek s. Internationale ... Jugendkongreß s. Internationaler ... Jugendparlament 57ff, 172 Junge Generation 16, 209, 21 lf, 214, 216, 221, 262-264, 268 Junges Theater 201 Kabarett s. auch »Schaubude«, »Die Hinter­ bliebenen« 15f, 26. 30, 32f, 35, 64f„ 67f„ 200, 231, 247, 265 Kahlschlagliteratur 16, 221, 262 Kalligraphische Literatur 18, 119, 215, 220, 223, 226 Kalter Krieg s. auch Antikommunismus, Mc Carthy Ära 10, 13f, 26, 38. 44, 64, 112f, 152, 158, 209, 219, 223, 224, 240, 262 Kammermusik 84, 174-184, 242, 352 Anm. 107 Kammerspiele 13. 18, 22ff, 29f, 32,36, 38, 100, 147f, 163, 194-199, 272, 300 Kinder 168, 190, 201, 217, 225, 283, 292, 329, 333, 334, 344 Kino 35, 64, 147, 297 Kirche 7, 14, 22, 49,91, 116, 131-141, 149f, 163, 246, 264, 268, 347 Kirchen 74, 76, 79f, 82f, 85f„ 132, 230, 234, 250, 371 Anm. 131 ff. Kirchenkampf 131, 132, 136 Kirchliche Hilfswerke s. Caritas, Innere Mission Kleidung 40, 151, 153, 303-311 Kleine Komödie 32f, 200ff. Kochen 272, 286-289, 420 Anm. 22 Köln 13, 30, 34, 69,73, 213, 250, 262, 269, 346 Kollektivschuldthese 62f, 223, 243, 267 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 29, 42-44, 50, 58f„ 68, 218, 225, 262, 281, 300 Konzentrationslager (KZ) 14, 18, 38, 54, 60. 64, 66, 81.89.93, 98. 110, 114, 132, 145, 204, 209, 211, 215, 244. 298. 333, 336 Konzertveranstaltungen 26, 28f, 64f, 79, 83. 147, 173f, 176ff, 180f. 186, 191, 241 Kosmetik 290f. Kriegsgefangene 54, 67, 89, 95, 104, 112, 118,136, 209, 212, 233, 243, 284, 291 f, 294,312, 322 Kriegsheimkehrer s. Heimkehrer Kriminalität s. auch Plünderungen. Polizei 55f. Kubismus 113, 116 Künstlernothilfe 35, 353 Anm. 171 Künstlerorganisationen s.auch Berufsver­ band bildender Künstler, Kunstrunde

München, Münchner Künstlergenossen­ schaft, Münchner Secession, Neue Grup­ pe, Schutz verband bildender Künstler, Verband Münchner, Tonkünstler 26, 101, 108, 148, 438 Kulturbaufonds 84f. Kulturliga 26, 217f„ 351 Kulturoffiziere 9, 13f. 24ff, 62, 65, 68, 153f, 159f, 193f, 201, 203. 209, 211, 235, 240, 242-245E, 249f, 252-257, 345, 415 Anm. 21 Kulturpolitik 10.17, 21-38, 46. 59.60-68, 70, 108, 152, 194, 265. 349 Kulturpreise 10, 35, 345, 354 Anm. 186 Kulturverwaltung 23-29, 34 Kultusministerium 32f, 76, 134, 140, 142, 144, 147, 151-154, 158, 160, 162, 165, 170, 185, 189, 203-209, 217. 246, 270 Kunstgewerbe 17, 24, 36, 101, 123-130, 229 Kunstgewerbeverein s. Bayerischer ... Kunstrichtungen s. absolute Kunst, abstrak­ te Kunst, Entartete Kunst, Magischer Realismus, Neue Sachlichkeit, Realis­ mus, Sozialistischer Realismus Kunstrunde München 35, 354 Anm. 179 Kunststadtdiskussion 21, 33, 69f, 72, 228-234, 349f, 367 Anm. 3 Lager 146f, 213, 220, 222, 224ff„ 234, 272, 327f. Landesamt für Denkmalpflege 70, 75f, 79f„ 83f, 368 Anm. 14 Landesbühne s. Bayerische ... Landeskirche 131, 133-137, 139 Landwirtschaft 297, 312, 322 Lastenausgleich 55, 322 Lebensmittel 40, 43, 53, 55, 95, 126, 132, 146,152,174, 205, 283f. 285, 292. 303, 312-319, 325, 339, 344 Lebensmittelmarken 57, 129, 283ff, 312, 319, 323, 343 Leipzig 13, 25, 30. 63, 124, 129, 149, 160, 177 Literatur 10, 14-18, 33f, 63, 123, 148, 192, 197, 200, 209-239. 246f. 264f, 267-271 Lizenzierung 14, 25, 43ff., 48ff„ 61,63, 65, 67f., 133, 169, 172, 193, 195, 198, 238, 243, 252-262, 264f, 267, 340 Lizenzpresse 13f, 68, 252-260 Lizenzträger 25, 36, 64, 66ff, 250, 253-261,279, 366 Anm. 79 MAG s. Münchner Aufbau Gesellschaft Magischer Realismus 108, 114, 225 Marburg 9, 154 Marshallplan 13, 37, 101 f, 106, 220, 223. 255 Mc Carthy Ära 227, 235, 249 Medien s. Presse, Rundfunk Military Police (MP) 55, 285, 292f. 336 Mode 24, 124. 148, 300, 303-311 Monuments, Fine Arts and Archive* Section (MFAaA) 79, 81 Morgenthau-Plan 60, 62, 152 MP s. Military Police Münchner Aufbau Gesellschaft (MAG) 82, 332, 371 Anm. 108, 438 Münchner Kulturgesellschaft 12, 15, 17 Münchner Künstlergenossenschaft 26, 438 Münchner Kulturdiskussion s. Kunststadt­ diskussion Münchner Lustspielhaus 32f, 201 Münchner Merkur 250, 258. 279ff, 330, 332 Münchner Mittag 66, 258, 279 Münchner Philharmoniker 18, 24, 26-33, 37. 65, 174f, 177, 179f„ 288, 351 Münchner Secession 26, 123, 438 Münchner Tagebuch 70, 95, 262, 266f, 442 Münchner Uraufführungsbühne 35 Museen 22, 34, 37. 84. 95, 108, 123, 127

Musica Viva 9, 19, 177, 180f, 183, 186 Musik 9. 17ff., 22. 24. 26. 29. 33. 35. 38, 61,64, 68. 173-192 Musikalische Akademie s. Staatsorchester Nachholbedarf 14, 246 Nachkriegsfunktionalismus 79 Nationalsozialismus (NS-) 10, 12ff, 16, 18, 23f, 30, 32f, 35-43, 45f, 48f, 54-59, 61. 63-67, 70, 72f, 75, 80f, 88-91, 94. 99, 104. 108, 114, 116, 119, 131-136, 138f. 142fr., 149f, 152, 154, 156ff. 161, 169, 171, 173fr.. 177ff.. 181, 187, 189-193, 195, 197, 201 f, 209ff. 213-216, 220f, 223, 227f, 230, 235, 237f, 240, 242f, 245, 248ff., 252f„ 255f, 262ff., 266f, 270ff. 279, 283f. 296, 298. 303. 306f, 334, 336, 355 Anm. 224 Nationaltheater 74, 173 Naturalismus 90ff, 96, 103, 108ff, 112, 115f. Neue Gruppe 26, 35, 438 Neues Münchner Theater 199 Neue Sachlichkeit 79. 90, 108, 110, 113f. Neue Zeitung 13-16, 18, 15, Mt102, 106, 117, 211 ff . 218, 225f, 232f, 259f, 266, 269, 271ff., 300, 303, 305 New Look 308, 310 Normalverbraucher 53 f, 303, 312f. Nürnberg 73, 143, 244 Nürnberger Gesetze 147, 213 Nürnberger Prozesse 65, 157, 210, 243, 245 Odeon 86, 185 Office of Military Government for Land Bavaria (OMGB) s. amerikanische Mili­ tärregierung Office of Military Government for Ger­ many, United States (OMGUS) s. ameri­ kanische Militärregierung Opernaufführungen 185ff, 189f, 192 Orchester s. auch: Münchner Philharmoni­ ker, Symphonieorchester des Bayeri­ schen Rundfunks 25, 29f, 34, 37, 68, 173, 179ff, 186, 191, 242, 35lf. ORT-Schule (Schule für Organization through Training) 145, 148 Papierbewirtschaftung 63, 67, 133, 183, 212, 221, 232, 238, 240, 245, 255-259. 261 Parteien s. auch Bayerische Heimat- und Königspartei (BHKP), Bayerische Volks­ partei, Bayernpartei, Bund der Heimat­ vertriebenen und Entrechteten, Christ­ lich-Demokratische Union, ChristlichSoziale Union, Freie Demokratische Par­ tei, Kommunistische Partei Deutsch­ lands, Sozialdemokratische Partei Deutschlands 36, 38, 42-51, 58, 62, 67, 140, 150, 157, 163, 165, 243, 252, 264f, 267, 276 Parteigenosse (Pg) der NSDAP 38, 57, 81, 135, 137, 157f„ 161, 298, 340 Pazifismus 153, 213f, 224, 269 Planungsentwürfe 75-78 Plünderung 40. 53, 55, 10i, 210, 313 Polizei 30, 36, 38, 55f, 59, 293, 305, 316ff. Potsdamer Abkommen 40, 42, 312 Presse 30. 61 f, 65, 67f, 124. 132f, 160, 183, 204, 208, 243, 245, 250, 252-268, 271 Prinzregententheater 35, 45, 48f, 73, 173f, 176f, 181, 189, 193, 203, 207, 241 Privattheater 13, 30, 32, 37, 200f. Professoren 62. 81,94, 148-160. 169, 209, 271,330 Psychological Warfare Division (PWD) 61, 240 Radio 262, 296 Radio München 13, 15, 18, 65, 183, 240-251, 267

»Rama-dama-Aktion« 82, 280, 330ff.

Razzien 318, 336 Realismus 92, 97, 108f. 113-117. 175, 206, 220, 222f, 225f. Re-education 14, 63f, 65, 68, 81, 152f. 155, 194, 203, 209, 211, 213f, 220f, 224, 244, 246, 248, 252, 259fT., 266, 346, 387 Anm. 4, 388 Anm. 34 Re-orientation 152, 194 Residenz 16. 69f, 73fT.. 80. 83f, 86. 208, 372 Anm. 155 Rohstoffmangel 52, 238, 303 Rotes Kreuz 54. 290, 292, 321, 328, 332 Rückkehrbewilligung s. Zuzugssperre Der Ruf 12f, 15f, 18, 35, 67f, 213f, 216, 220, 222, 224-227. 262f, 266, 269, 271 410 Anm. 22, 419 Anm. 26. 443 Ruinenromantik 69, 87, 98 Rundfunk s. auch Radio München 16, 23, 28f, 34f, 61, 65, 67, 142, 163, 166, 180f. 183, 185, 189. 192, 222ff. 228, 240-251,298,312. 342 Rundfunkorchester s. Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Die Schaubude 32f, 65. 68, 195, 200, 212, 231,300, 353 Anm. 150, 438 Schausteller 339-344 Scheidungsraten 291 Scherit Hapleita (jüdische Lagerüberleben­ de) 142, 148, 386 Anm. 6 Schlesier 320, 322 Schlösser-, Gärten- und Seenverwaltung 79. 83f. Schloßtheater Dachau s. Volksoper Pasing Schulwesen 12, 59, *2, 130, 138ff, 142, 152f. 160, 162f. 166, 168-172, 245f, 291,335 Schutträumung s. Trümmerräumung Schutzverband Bildender Künstler 10, 26, 100, 127, 438 Schutzverband deutscher Schriftsteller (SDS) 26, 217fT. 267, 275 Schwarzmarkt s. auch Tauschhandel 53, 55, 129, 205. 213, 233, 238, 278, 284. 290, 292, 303f, 309,312-319 Siegestor 73, 80. 82, 87. 229, 372 Anm. 162 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 17. 42-45, 49ff, 54. 59. 68. 135-140, 258, 265, 279, 300 Sozialistischer Realismus 10, 107, 112 Speisekammergesetz 316 Sperrstunde 285, 293, 295 Spruchkammern 61, 137, 160, 189, 211, 244 SS (Schutz-Staffel) 40. 135, 153, 240, 292 Staat 7. 23, 26, 28, 33, 35. 42f, 45f, 49. 52, 54.81. 132ff, 139,150.153f, 157,160, 167, 189, 203, 208, 214, 216, 219, 302. 325 Staatsbibliothek. Bayerische 37, 74, 76, 80, 235-239 Staatsgemäldesammlungen 35, 98 Staatskommissariat für rassisch, religiös und politisch Verfolgte 144f, 147f. Staatsoper 35, 37, 84, 174-177, 181, 203-206 Staatsoperette s. Staatstheater Staatsorchester 26, 29, 175, 177, 179 Staatsregierung 42. 140, 316 Staatssekretariat für die Schönen Künste 28, 93, 203f, 206 Staatstheater 13. 26. 28, 37, 66, 83. 183, 185f, 188, 193, 201,203-208, 221,247, 300 Stadtarchiv München 24, 33, 80 Stadtbibliothek München 9, 23f, 33, 37, 161, 235f. Stadtmuseum 37, 74, 79f, 95, 97 Stadtrat 30. 42. 44f, 47ff., 51 f. 55, 57ff., 82, 84. 87. 97f, 138, 161, 164f, 172, 199. 298, 300, 304, 315ff., 327, 339, 340 Stadtschulrat 24. 84, 124, 169, 172, 217

Register Stadtverwaltung 14, 24, 26, 29, 36f, 40fF., 50, 55. 58f, 129, 135. 144, 161, 194, 298, 328, 357 Anm. 43 Städtetag s. Deutscher Städtetag Städteverband s. Bayerischer Städteverband Städtcvergleich s. auch Aachen. Augsburg, Baden-Baden, Bamberg, Bayreuth, Ber­ lin, Dannstadt, Dresden, Erlangen, Es­ sen, Frankfurt a.M., Hamburg, Heidel­ berg, Köln, Leipzig, Marburg, Nürnberg, Stuttgart, Wien, Würzburg, Zürich 34, 228, 423 Anm. 5 Städtische Bühnen s. auch Kammerspiele, Volkstheatcr 25, 30, 33f, 197f. Städtische Galerie im Lenbachhaus 33, 35, 38, 74, 121, 148 Stiftung zur Förderung des deutschen Schrifttums 35, 354 Anm. 181 Strom(versorgung) 40, 53, 194, 286, 339, 341 f. Student(in) 88, 148-160, 215, 228, 301, 306, 330 •Stunde Null. 10, 14. 37, 40, 69. 78. 131, 142, 152, 154, 163, 222, 264, 341, 345. 355 Anm. 219 Stuttgart 25, 30. 33, 61, 120, 143f„ 173, 176f, 204, 244, 346 Sudetendeutschc 12, 17, 320ff., 329 Süddeutsche Zeitung 36, 67, 69, 84f, 105, 146, 150, 174f, 180, 183, 188, 211, 252-258, 270, 279, 281, 306, 314, 344 Supreme Headquarters, Allied Expedition­ ary Forces (SHAEF) 80 Surrealismus lOOf., 103, 11 Of.. 113f., 199 Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks 26, 28f, 175, 183 Tauschhandel 277, 284, 286, 290, 316, 319, 337 Technische Hochschule 7, 74, 77, 88, 135, 153 Theater s. auch Ateliertheater, Bayerische Landesbühne, Bürgertheater, Deutsches

Theater, Dramatisches Theater, Kleine Komixlie, Münchner Lustspiclhaus, Münchner UraufTührungsbühne, Natio­ naltheater, Neues Münchner Theater, Prinzrcgcntcntheatcr, Privattheater, Theater im Brunnerhof, Theater der Ju­ gend (Junges Theater), Volksoper Pasing, Volkstheatcr 9f., 13f., 22, 24ff„ 30, 32-38. 60t. 641.. 68. 79,83, 109. 147t'.. 172-208, 232, 248, 265, 267, 272, 280, 346, 348 Theater im Brunnerhof 83f, 181, 203, 207 Theater der Jugend 200 Thcatcrgcmeindc s. Besucherorganisationen Tonhalle 82. 173 Trümmerästhetik 69, 97 Trümmerfrauen 9, 283f, 298 Trümmerräumung 51, 76, 79, 81 f, 152, 160, 298, 330-332 Umerziehung s. Re-education Unconditional surrender 13, 39, 60 United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) 13f., 57, f>9, 90. 145f., 148, 153 Universitäten) 7, 14, 67, 74, 76, 135, 148-160, 164, 264, 270 Universitätsbibliothek 37, 235-239 Verband Münchner Tonkünstlcr 26, 35, 191 Verbände, Vereine s. auch Berufsverband Bildender Künstler, Freunde der Resi­ denz, Kulturliga, Münchner Künstlerge­ nossenschaft, Münchner Secession, Neue Gruppe, Schutzverband Bildender Künstler, Schutzverband Deutscher Schriftsteller, Verband Münchner Ton­ künstler, Vereinigung der Freunde Münilicns. WehstastHgS 10. 22f, 26, 35f„ 123, 130, 144, 267 Vereinigte Werkstätten 123f. Vereinigung der Freunde Münchens 26, 227

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Verfassung (Bayerische) 157, 160, 206, 246, 302 Verfassunggebende Landesversammlung 44, 46-49 Vergnügungen 295, 344 Verlagswesen 13f., 16, 18, 24ff, 35, 102, 126, 133, 147, 194, 209, 213, 235-239, 243, 247, 252, 254, 256, 266, 268, 272, 350 Verleger 24. 61,63f, 68,98,138, 221, 226, 235-239, 258, 261 f, 265f, 269f, 279f. Völkischer Beobachter 209, 211, 254, 259, 266, 273 Volksbildung 22f„ 36, 149, 161-167 Volksbüchereien 23f., 33, 162, 235, 329 Volksbühne s. Besucherorganisation Volkshochschule 18. 23. 161-167, 261, 329 Volksopcr Pasing 180, 439 Volkstheater 19. 23. 30.32. 37.65.74,194, 196fr, 200, 247, 353 Anm. 131, 404 Anm. 69

Wiedergutmachung 113f, 144ff., 157f., 177 Wien 12, 33, 149, 203f, 228 Wirtschaft 9, 14, 52, 61, 67, 95, 106, 123, 126-129, 135. 163f, 167, 264, 279, 284, 297f„ 303, 319, 324, 329, 339 Wirtschaftliche Aufbauvereinigung (WAV) 29, 45f, 49. 58, 140, 300 Wohlfahrtswesen 15, 51, 53f., 59, 131, 133f., 147, 168, 362 Anm. 248 Wohnungsamt 23fT., 58. 151, 294f„ 323, 328 Wohnungsbeschlagnahmung 13f, 57, 81, 370 Anm. 103 Wohnungspolitik 13, 24f, 42 Wohnungssituation s. auch Evakuierung, Lager, Zuzug 23ff, 34, 40, 43, 52, 56ff, 69, 78, 80-84, 125, 151, 160, 168, 245, 294f, 299, 320f, 323, 325f, 328, 336, 350, 363 Anm. 315 und 339 Würzburg 76, 143, 155f.

Währungsreform 14f, 23, 28-33, 37, 52-55, 64f, 84, 101, 106, 129f. 132f, 151, 164f„ 194, 200ff., 207fT, 213, 220, 223, 232, 236, 238, 250, 260fT., 264-267, 269f„ 280, 304, 319, 324f. Wärmestuben 54, 132 Wahlen 40. 44-48, 51, 140, 155 Waschen 288 Weltstaatliga 35f. Widersund 16, 43. 45. 49, 114. 118. 131, 137, 156, 209, 224, 245, 247, 271 Wiederaufbau s. auch Münchner Aufbauge­ sellschaft, Trümmerfrauen, Trümmerräu­ mung 13f, 16. 23. 25. 30, 33-36, 39. 42. 52, 58-61, 65, 69f, 72. 74-77, 79f, 82-87, 90, 100f, 125, 132, 142, 151f., 158f, 165f, 168, 171, 216, 223, 242, 250, 284, 300, 303, 322, 324, 326, 339, 341, 342 Wiederaufrauverein Alter Peter 84f.

Zeitschriften s. auch Der Ruf 9, 14. 16, 63f, 67f, 95. 100, 102ff„ 104, 106, 109f, 112, 115, 123-128, 133, 212-215, 230, 247, 261-268, 270, 297, 306, 439-444 Zeitungen s. auch Abendzeitung, Münchner Merkur, Münchner Mittag, Münchner Tagebuch, Neue Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Völkischer Beobachter 9, 14, 62, 67f, 102, 133, 146fT., 161, 183, 209-212, 216, 221, 225, 240, 252-272, 279, 286, 296, 300, 328 ZEN 49 16, 34, 112. 117-122, 438 Zensur 30, 63, 67,127, 134, 206,211,219, 221, 223f„ 227, 238, 243, 245, 256, 269, 27 lf. Zentralkomitee der befreiten Juden in Bay­ ern 143f, 146ff. Zentralrat der Juden in Deutschland 145f. Zürich 205, 207 Zuzug 17, 23ff„ 58, 294-296, 323f.

Liste der Spender

Bildnachweis

Für die großzügige finanzielle Unterstützung der wissenschaftlichen Vorarbeiten für die vorliegende Publikation danken wir allen Spen­ dern. Zuwendungen über 2000.- DM erhielten wir von der Firma Philip Morris GmbH, München, der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Universität München, der Bayerischen Landesanstalt für Aufbaufmanzierung, der Dresdner Bank AG, Herrn Ministerial­ dirigenten Dr. Johannes von Elmenau, Herrn Senator Wilhelm Neudecker, der Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH, der Bayeri­ schen Vereinsbank AG, der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel­ bank AG, der Bayerischen Landesbank AG, der Siemens AG sowie der Süddeutschen Bodencreditbank AG

Wir danken den Leihgebern für die Bereitstellung der Repro­ vorlagen Münchner Stadtmuseuni

Seite 11,20, 23, 24, 28, 31, 41, 43, 46, 47, 52, 53, 54, 55, 56 u„ 57, 60, 65, 71, 73, 74, 75, 85, 87, 89, 90, 91, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100 r., 104, 105 r. o. und L, 110 u.. und r., 111 1. und o. r., 1171. und o., 118, 119, 120, 121 L, 140, 151, 169, 188, 190, 195 1., 237, 253, 258, 259, 285, 289, 291, 293, 299, 313, 314, 315, 316, 317, 318, 319, 330, 332, 337, 338 Münchner Stadtarchiv

Seite 3, 37, 39, 42, 63, 127, 128, 143, 195 r„ 196, 197, 198, 202, 212, 241, 242, 254, 294, 331, 340 o. Bayerische Staatsgeniäldesamnilungen

Seite 110 o. 1., 111 u. r., 117 m., 118 m., 121 r. Bayerische Staatsbibliothek

Seite 101, 102, 103, 105 u„ 304, 305,306, 307,308,309,310,311 Gerhard Finckh

109 K. Essex

293 Claus Hansmann

1001. Hans Hubmann

335 1., 343 H. Kirchner

83 Hans Schürer

Seite 8, 15, 27, 56 o„ 173, 199, 205, 263, 290, 312, 321, 326, 327, 335 r., 340 u„ 341 Mac Zimmermann

106 Soweit nicht anders angegeben, befinden sich die Objekte im Besitz der jeweiligen Museen und Sammlungen. Wenn in einigen Fällen die Namen von Künstlern oder Photographen nicht genannt sind, so ließen sich diese trotz größter Mühe nicht herausfinden; dafür bitten wir um Verständnis.