Reise um die Welt: Erlebnisse und Forschungen in den Jahren 1832–1836 [Reprint 2017 ed.] 9783111546377, 9783111177724

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Reise um die Welt: Erlebnisse und Forschungen in den Jahren 1832–1836 [Reprint 2017 ed.]
 9783111546377, 9783111177724

Table of contents :
Vorrede
Inhalt
Verzeichniss der Abbildungen
Erster Kapitel. St. Jago – Die Cap Vermischen Inseln
Zweiter Kapitel. Rio de Janeiro
Drittes Kapitel. Maldonado
Viertes Kapitel. Vom Rio Negro Nach Bahia Blanca
Fünftes Kapitel. Bahia Blanca
Sechstes Kapitel. Von Bahia Blanca Nach Buenos Ayres
Siebentes Kapitel. Von Buenos Ayres Nach St. Fé
Achtes Kapitel. Banda Oriental und Patagonien
Neuntes Kapitel. Santa Cruz, Patagonien und die Falklandsinseln
Zehntes Kapitel. Feuerland (1832)
Elftes Kapitel. Magellanstrasse – Klima der Südlichen Küsten (1834)
Zwölftes Kapitel. Das Mittlere Chile
Dreizehntes Kapitel. Chiloe und die Chonosinseln
Vierzehntes Kapitel. Chiloe und Concepcion: Das Grosse Erdbeben
Fünfzehntes Kapitel. Übergang Über die Cordilleren
Sechzehntes Kapitel. Das Nördliche Chile und Peru
Siebzehntes Kapitel. Der Galapagos-Archipel
Achtzehntes Kapitel. Tahiti und Neuseeland
Neunzehntes Kapitel. Australien
Zwanzigstes Kapitel. Die Keeling-Insel: – Korallenbildungen
Einundzwanzigstes Kapitel. Von Mauritius Nach England
Sachregister

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REISE UM DIE WELT. ERLEBNISSE UND FORSCHUNGEN IN DEN JAHREN 1832—1836 VON

CHARLES DARWIN. MIT V I E R Z E H N

ABBILDUNGEN

IM

TEXTE.

DEUTSCH VON A. HELRICH.

GIESSEN. J. RICKER'SCHE BUCHHANDLUNG. 1893.

Charles Robert Darwin wurde am 12. Februar 1809 zu Shrewsbury

in West-England

geboren.

Sein Vater war

ein wohlhabender Arzt; seine Mutter starb schon in seinem achten Lebensjahre.

Bereits in jungen Jahren hatte er Sinn

für Naturwissenschaft, möglichen

und

Gegenstande

kameraden

zeichnete

schaften aus.

Vor

Freude, seinen

alle

Schul-

er sich nicht durch glänzende Eigen-

Er studirte in Edinburgh und in Cambridge,

wo er 1831 promovirte. seine

machte es ihm

zu sammeln.

Dreiundzwanzig Jahre a l t , trat er

fünfjährige Reise um die Welt a n ,

während welcher

er sorgfältig alle Erlebnisse und Beobachtungen aufzeichnete. Diese Reise

nennt er »das bei weitem wichtigste Ereigniss

seines Lebens«, und war sie entscheidend für seinen wissenschaftlichen Beruf.

Nach

seiner Rückkehr

bearbeitete

er

das gesammelte Material, gab seine Reisebeschreibung heraus und veröffentlichte, zum Theil in Gemeinschaft mit anderen Gelehrten, die wissenschaftlichen Ergebnisse der Reise.

Im

Jahre 1839 verheirathete er sich mit seiner Cousine Fräulein Emma Wedgwood.

Von

jede Unterbrechung

in stiller Zurückgezogenheit auf seinem

Landsitz Down glücklichsten

1842

bei Beckenham,

an

lebte er beinahe ohne

südlich von London.

Familienverhältnissen,

aber

bei

wenig

In guter

Gesundheit verwandte er dort seine ganze Kraft zu wissenschaftlichen Forschungen und Arbeiten. Sein wichtigstes Werk ist: »Die Entstehung der Arten«, das ihn zwanzig Jahre lang beschäftigte,

bis es zuerst im

Charles Robert Darwin.

Drucke erschien. Ausser dieser Arbeit und den sich ganz auf die Weltreise beziehenden sind besonders folgende seiner Werke zu erwähnen : Bau und Vertheilung der Korallenriffe 1 8 4 2 — Ueber die Befruchtung der Orchideen 1 8 6 2 — Ueber das Wachsen der Kletterpflanzen. 2. Aufl. 1 8 7 5 — Das Variiren der Thiere und Pflanzen unter Cultur 1 8 6 8 — Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl 1 8 7 1 — Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen 1 8 7 2 — Insectenfressende Pflanzen 1 8 7 5 — Die Wirkungen der Kreuz- und Selbstbefruchtung im Pflanzenreich 1 8 7 6 — Die verschiedenen Blüthen bei gleichen Pflanzenarten 1 8 7 7 — Das Bewegungsvermögen der Pflanzen 1 8 8 0 — Die Bildung der Ackererde durch Würmer 1 8 8 1 . Die meisten dieser Schriften sind in mehreren Auflagen erschienen; die grösste Verbreitung von allen hat in England die hier neu übersetzte Beschreibung seiner Reise um die Welt gefunden, welche auch für einen weiteren, nicht nur wissenschaftlichen Leserkreis bestimmt war. Selten wohl ist ein Gelehrter von so reinen Gefühlen wie Darwin beseelt gewesen. Ausgezeichnet durch grosse Liebe zur Wissenschaft, wunderbare Geduld im Denken, Fleiss im Beobachten und Sammeln von Thatsachen, durch Erfindungsgabe und gesundes Urtheil, erlangte er mehr Anerkennung , als er erwartete; wo aber seine Erwartungen doch getäuscht wurden, beruhigte ihn meist sein guter Glaube an sich selbst und das Bewusstsein, sich rechtschaffen bemüht zu haben. Unermesslich und dauernd sind seine Erfolge! In jedem Verkehr liebenswürdig, wohlwollend und bescheiden gewann er viele Freunde und zwang auch seine Gegner zur Achtung. Bis zu seinem Ende wissenschaftlich thätig, starb er am 1 9 . April 1 8 8 2 und wurde mit grossen Ehren am 2 5. April in der Westminster-Abtei bestattet.

VORREDE. Ich habe in der Vorrede zur ersten Auflage dieses Buches und in dem speciell zoologischen Werke von der Reise des Beagle bemerkt, dass auf einen von Kapitän Fitz Roy geäusserten Wunsch, einen Naturforscher an Bord zu h a b e n , und da derselbe dafür einen Theil seiner eigenen Bequemlichkeiten opfern wollte, ich meine Dienste a n b o t Durch die freundliche Vermittelung des Hydrographen, Kapitän Beaufort, wurde ich von den Lords der Admiralität in dieser Stellung bestätigt. Im Bewusstsein, dass ich die günstigen Gelegenheiten, die Naturgeschichte der verschiedenen von uns besuchten Länder zu studiren, ganz dem Kapitän Fitz Roy verdanke, wiederhole ich hier den Ausdruck meiner Dankbarkeit gegen ihn und erlaube mir noch hinzuzufügen, dass ich während der fünf Jahre unseres Zusammenlebens von ihm herzlichste Freundschaft und beständigen Beistand erfahren habe. Ihm und allen Officieren des Beagle werde ich stets die dankbarsten Gefühle bewahren für die unveränderte Freundlichkeit, mit der ich während unserer langen Reise behandelt wurde. Ich benutze auch diese Gelegenheit, Mr. Bynoe, dem Arzt des Schiffes, meinen aufrichtigen Dank für seinen sehr freundlichen Beistand während meiner Krankheit in Valparaiso auszusprechen.

VI

Vorrede.

Dieses Buch enthält in Tagebuchform eine Geschichte unserer Reise und solche naturgeschichtlichen und geologischen Beobachtungen, die von allgemeinerem Interesse sind. Ich habe in dieser Ausgabe vieles bedeutend kürzer gefasst und einiges berichtigt; weniges anderes habe ich hinzugefugt, um das Buch für einen grösseren Leserkreis geeignet zu machen. Ich hoffe aber, alle Forscher werden daran denken, dass sie sich über genaue Einzelheiten in den grösseren Werken, welche die wissenschaftlichen Resultate der Expedition geben, Auskunft holen müssen. Die Zoologie von der Reise des Beagle enthält Arbeiten verschiedener Gelehrter: es sind die »Fossilen Säugethiere« von Professor O w e n , die »Lebenden Säugethiere« von Mr. Waterhouse, die »Vögel« von Mr. G o u l d , die »Fische« von Rev. L. Jenyns und die »Reptilien« von Mr. Bell. Ich habe den Beschreibungen von einer jeden Art einen Bericht über ihre Gewohnheiten und ihre örtliche Verbreitung beigefügt. Diese Arbeiten aber, welche ich den genannten ausgezeichneten Gelehrten verdanke, hätten nicht veröffentlicht werden können ohne die Freigebigkeit der Britischen Regierung, welche die Summe von eintausend Pfund Sterling zur Bestreitung eines Theiles der Kosten bewilligte. Ich selbst habe folgende Arbeiten einzeln herausgegeben : »Bau und Vertheilung von Korallenriffen«, »Die vulkanischen während der Reise des Beagle's besuchten Inseln« und »Die Geologie von Südamerika«. Der sechste Band der »Geological Transactions« enthält von mir zwei Aufsätze über erratische Blöcke und vulkanische Erscheinungen in Südamerika. Die Herren Waterhouse, Walker, Newman und White haben mehrere treffliche Abhandlungen über die von mir gesammelten Insecten veröffentlicht, und ich hoffe, dass noch viele andere später nachfolgen werden. Die Pflanzen von

Vorrede.

VII

den südlichen Theilen Amerikas werden von Dr. J. Hooker in seinem grossen Werke über die Botanik der südlichen Hemisphäre herausgegeben werden. Die Flora des GalapagosArchipels ist Gegenstand eines besonderen Aufsatzes von demselben in den »Linnean Transactions«. ProfessorHenslow hat eine Liste der von mir auf den Keeling-Inseln gesammelten Pflanzen veröffentlicht, und Rev. J. M. Berkeley hat meine Kryptogamen-Pflanzen beschrieben. Die mir von mehreren anderen Naturforschern gewordene grosse Unterstützung werde ich gem noch in diesem und anderen Werken Gelegenheit nehmen anzuerkennen, doch sei es mir gestattet, Herrn Professor Henslow meinen besonders herzlichen Dank für alle seine Güte auszusprechen : er hat mir als Studenten in Cambridge hauptsächlich den Sinn für Naturgeschichte erweckt — er hat während meiner Abwesenheit sich meiner heimgesandten Sammlungen angenommen und mir brieflich nützlichen Rath ertheilt — und seit meiner Rückkehr hat er mir beständig jeden möglichen Freundschaftsdienst erwiesen. Down, Bromley (Kent), Juni 1845.

C. Darwin.

INHALT. Kapitel I. St. Jago (Cap Verdische Inseln) —

Seite

St. Paulsfelscn —

Insel

Fernando Noronha — Brasilien (Bahia)

I

Kapitel II. Brasilien ( R i o de Janeiro)

22 Kapitel i n .

Maldonado an la Piata

46 Kapitel I V .

V o m R i o Negro nach Bahia Bianca

74

Kapitel V . Bahia Bianca

96 Kapitel

VL

V o n Bahia Bianca nach Baenos A y r e s

126

Kapitel VIL V o n Baenos Ayres nach St. F é

146

Kapitel V i n . Banda Orientai (Uruguay) und Patagonien

169

Kapitel IX. Santa Cruz, Patagonien und die Falklandinseln

211 I*

x

Inhalt.

Kapitel X.

Se!,e

Feuerland

243 Kapitel XI.

Feuerland: Magellanstrasse —

K l i m a der südlichen K ü s t e n .

.

274

Kapitel XII. Mittleres Chile

299 Kapitel XIII.

Chiloë und die Chonosinseln

323

Kapitel XIV. Chiloë und .Concepción: das grosse Erdbeben

344

Kapitel X V . Uebergang ü b v die Cordilleren

370

Kapitel X V L Nördliches Chile und Peru

398 Kapitel XVII.

Galapagos-Inseln

440 Kapitel X V I I L

Tahiti und Neuseeland

475 Kapitel XIX.

Australien: Neu-Süd-Wales



V a n Diemens Land —

König

Georgs-Sund

508 Kapitel XX.

Keeling-Insel: Korallenbildungen

532

Kapitel XXI. Mauritius — St. Helena — Ascension — Brasilien — Sklaverei —

Rückblick

568

VERZEICHNISS DER ABBILDUNGEN. Seite

II

Conferve aus dem Indischen Ocean

n

18

Kopf des Scheerenschnabels

n

162

n

279

Gelber Pilz von Feuerland Gletscher im Meerbusen von Fenas (Karte)

. . . .

Vögelköpfe von den Galapagos-Inseln

n

292

n

441

n n

Pfmgstinsel (Atoll) im Stillen Ocean Insel Bolabola mit Barrenriff im Stillen Ocean

.

.

.

449 456

n

548

9

552

II

5S4

II

557

II

558 580

Querschnitte der Koralleninseln Vanikoro, Gambier und Querschnitt der Insel Bolabola Querschnitt

derselben

Insel

nach

einer Senkung

als

Atoll gedacht Stück einer vulkanischen Bombe von Ascension

.

.

.

II

TAGEBUCH. ERSTES KAPITEL. Porto P r a y a — R i b c i r a Grande — A t m o s p h ä r i s c h e r Staub mit Infusorien — weise einer S e e s c h n e c k e und eines Tintenfisches — St. P a u l s f e l s e n —

Lebens-

Merkwürdige

Incrustationen — Insekten, als erste Kolonisten auf Inseln — F e r n a n d o N o r o n h a Bahia — Polirte Felsen



L e b e n s w e i s e des Diodon —



P e l a g i s c h e C o n f e r v e n und

Infusorien — U r s a c h e d e r T r ü b u n g des M e e r w a s s e r s .

ST. J A G O — DIE C A P VERMISCHEN

INSELN.

Nachdem Ihrer Majestät Schiff „Beagle", eine B r i g g von

zehn

Kanonen, unter dem Commando des Kapitäns der K ö n i g l i c h e n Marine, Fitz

Roy,

zweimal

durch

heftige

Südweststürme

zurückgetrieben

worden war, segelten wir am 27. Dezember 1831 von Devonport ab. Der Zweck der Expedition war die in den Jahren 1826 bis 1830 unter Kapitän K i n g begonnene Aufnahme von Patagonien und Feuerland zu vollenden, die K ü s t e n von C h i l e , Peru sowie einige Inseln im Stillen Ocean aufzunehmen, und eine K e t t e chronometrischer Messungen rund um die Erde auszuführen.

A m 6. Januar erreichten wir

Teneriffa; doch hinderte man uns zu landen ans Furcht, wir brächten die Cholera

A m nächsten Morgen sahen wir die Sonne hinter den

zackigen Bergspitzen von Gran Canaria aufgehen und plötzlich den Pik von Teneriffa beleuchten,

während seinen Fuss noch

flockige

W o l k e n verschleierten. Dies war der erste von vielen köstlichen T a g e n , die sich mir unauslöschlich eingeprägt haben.

A m 16. Januar lan-

deten wir in Porto Praya auf St. Jago, der Hauptinsel des Cap Verdischen Archipels. Darwin,

Reise.

1

2

Erstes Kapitel

Von der See aas gesehen, macht die Umgebung von Porto Praya einen sehr öden Eindruck. Das vulkanische Feuer vergangener Zeiten und die sengende Gluth der Tropensonne haben den Boden an den meisten Stellen für den Pflanzenwuchs untauglich gemacht. Der Boden steigt auf in einander folgenden Stufen von Tafelland, mit einigen dazwischen liegenden, abgestumpften, kegelförmigen Hügeln und der Horizont wird durch eine unregelmässige Kette höherer Berge begrenzt. Durch die in jenen Breiten herrschende duftige Atmosphäre erscheint jene Landschaft interessant, so weit Jemand, der eben von einer Seefahrt kommt und zum ersten Mal in einem Hain von Kokospalmen wandelt, irgend etwas anderes beurtheilen kann als sein eigenes Glücksgefühl. Im Allgemeinen würde man diese Insel für sehr uninteressant erklären; aber für denjenigen , der nur die englische Landschaft kennt, besitzt der neue Anblick eines völlig unfruchtbaren Landes eine Grossartigkeit, die durch reichlicheren Pflanzenwuchs beeinträchtigt werden würde. Kaum entdeckt man auf den weiten Lavafeldern ein einziges grünes Blatt; dennoch fristen hier Heerden von Ziegen sowie einige K ü h e ihr Leben. Es regnet sehr selten; aber während einer kurzen Zeit im Jahr fallen heftige Regengüsse und gleich darauf sprosst eine kurzlebige Vegetation aus jedem Spalt. Sie verdorrt schnell und von diesem natürlichen Heu nähren sich jene Heerden. Nun hatte es schon ein Jahr lang nicht geregnet. Als die Insel entdeckt wurde, war die unmittelbare Umgebung von Porto Praya mit Bäumen bewachsen*; die leichtsinnige Zerstörung derselben hat wie auf St. Helena, so auch auf einigen Kanarischen Inseln gänzliche Unfruchtbarkeit zur Folge gehabt. Die breiten, flachbodigen Thäler, von denen viele nur während einiger Tage als Strombetten dienen, sind mit einem Dickicht blattloser Büsche bedeckt. Nur wenig lebende Wesen hausen in diesen Thälern. Der gewöhnlichste Vogel ist ein Eisvogel (Dacelo Jagonesis), der ganz zahm auf den Zweigen der Ricinuspflanze sitzt und von dort auf Grashüpfer und Eidechsen stösst. Er ist lebhaft gefärbt, aber nicht so schön wie * Ich führe dies auf die Autorität von Dr. Diefenbach an, nach seiner UeberSetzung der ersten Ausgabe dieser Reisebeschreibung.

R i b e i r a G r a n d e — S l D o m i n g o (183a)

die

3

europäischen A r t e n ; im F l u g , Lebensweise und W o h n o r t ,

gewöhnlich in den trockensten Thälern ist,

der

besteht gleichfalls ein

grosser Unterschied. Eines T a g e s ritten zwei Offiziere und ich nach Ribeira Grande, einem Dorf einige Meilen*

östlich von Porto Praya.

Thal von St. Martin erreichten,

bot

die Gegend

Bis

wir

das

das gewöhnliche

verbrannte Ansehen; hier aber ruft ein sehr kleiner Wasserlauf einen höchst erfrischenden R a n d üppiger Vegetation hervor. Stunde erreichten wir Ribeira Grande, grosses verfallenes F o r t Hafen

versandete,

und

waren

und eine Kathedrale

war dieses

Städtchen

Nach

einer

überrascht,

zu finden.

der Hauptort

Ehe der

ein der

Insel;

jetzt bietet es einen melancholischen, aber sehr malerischen A n b l i c k dar.

Nachdem wir uns einen schwarzen Padre als Führer und einen

Spanier, der den Franzosenkrieg mitgemacht, als Dolmetscher besorgt hatten, besuchten wir einen Complex von Gebäuden, in welchem eine alte K i r c h e die Hauptstelle und Generalkapitäne zeigten schmuck

Daten war

aus dem

des Vierecks, wuchs.

in

Hier

was

Die Kirche dessen

und

sind

die

Gouverneure

einige der Grabsteine

sechzehnten Jahrhundert**.

das Einzige,

Europa erinnerte.

einnahm.

der Insel bestattet

Der Wappen-

an diesem weltverlorenen Ort an

oder K a p e l l e bildete die eine Seite

Mitte eine

grosse

Gruppe

von

A u f der anderen Seite befand sich ein Hospital,

Bananen das

un-

gefähr ein Dutzend elend aussehender Bewohner zählte. W i r kehrten in die VSnda zum Mittagessen zurück;

und

eine

beträchtliche Anzahl von Männern, Weibern und Kindern, alle kohlschwarz, sammelten sich, uns anzugaffen.

E s war eine sehr lustige

Gesellschaft und A l l e s , was wir sagten oder thaten, erregte ihr herzliches Gelächter.

Ehe wir die Stadt verliessen,

besuchten

wir

die

Kathedrale, die indessen nicht so reich wie die kleinere K i r c h e erscheint; wenn sie sich auch einer kleinen Orgel rühmen konnte, die seltsame Misstöne von sich gab.

W i r belohnten den schwarzen Priester

* Die A n g a b e der Entfernungen ist in e n g l . M e i l e n ; x engl. M e i l e = 1,61 K i l o m e t e r . ** Die C a p Verdischen Inseln wurden 1449 entdeckt. eines Bischofs mit der Jahreszahl

1571;

und

W i r fanden den G r a b s t e i n

ein W a p p e n ,

das

eine

einen D o l c h zeigte, war 1497 datirt.

1*

Hand

und

4

Erstes Kapitel

mit einigen Schillingen, und der Spanier, der ihm gönnerhaft auf den Kopf klopfte, erklärte offenherzig, dass er glaube, es komme nicht so sehr auf die Farbe an. Dann kehrten wir, so schnell uns die Fonies tragen wollten, nach Porto Praya zurück. An einem anderen Tage ritten wir nach dem Dorf St. Domingo, das nahe dem Mittelpunkt der Insel liegt. Auf einer kleinen Ebene, über die wir ritten, wuchsen ein paar verkümmerte Akazien; ihre Gipfel waren durch die regelmässigen Passatwinde in eigenthümlicher Weise gebogen; einige von ihnen sogar rechtwinkelig zum Stamm. Die Richtung der Zweige war genau Nordost bei Nord und Südwest bei Süd, und diese natürlichen "Wetterfahnen müssen die vorherrschende Richtung des Passatwindes anzeigen. Unser Ritt hatte so geringe Spuren auf dem kahlen Erdreich hinterlassen, dass wir hier den Weg verfehlten, nnd den nach Fuentes einschlugen, was wir erst merkten, als wir dort ankamen; doch freuten wir uns später über diesen Irrthum. Fuentes ist ein hübsches Dorf mit einem kleinen Bach; und Alles schien dort gut zu gedeihen, mit Ausnahme allerdings derer, die es am meisten sollten — seiner Einwohner. Die schwarzen, völlig nackten und sehr elend aussehenden Kinder schleppten Bündel von Brennholz, die halb so gross wie sie selbst waren. In der Nähe von Fuentes sahen wir ein grosses Volk von Perlhühnern, ungefähr fünfzig oder sechzig Stück. Sie waren sehr scheu und Hessen sich nicht ankommen und mieden uns wie Rebhühner an einem regnerischen Septembertage, mit hochaufgerichteten Köpfen davonlaufend; verfolgte man sie, flogen sie gleich auf. Die Gegend bei St. Domingo besitzt bei dem überwiegend düsteren Charakter der übrigen Insel eine ganz unerwartete Schönheit. Das Dorf liegt auf der Sohle eines Thals, das durch hohe, zerklüftete Wände von geschichteter Lava begrenzt wird. Das schwarze Gestein bildet einen grellen Gegensatz zu dem leuchtend grünen Pflanzenwuchs, der den Ufern eines kleinen klaren Baches folgt. Es war ein Feiertag und das Dorf voller Landleute. Auf dem Rückwege überholten wir eine Gesellschaft von ungefähr zwanzig schwarzen jungen Mädchen, die höchst geschmackvoll gekleidet waren; denn die schwarze Hautfarbe und das schneeweisse Linnen

Atmosphärischer Staub mit Infusorien (183a)

6

wurde durch farbige Turbans und grosse Tücher prächtig gehoben. Sobald wir uns näherten,

wendeten

sie

sich plötzlich alle um,

breiteten ihre Tücher über den W e g und sangen mit grossem Feuer eine leidenschaftliche Melodie, zu der sie den Takt mit den Händen auf ihre Beine schlugen.

W i r warfen ihnen einige Vintgms zu, die

mit schallendem Gelächter angenommen wurden, und verliessen sie, während sie immer lauter hinter uns her sangen. Eines Morgens war die Aussicht merkwürdig klar; die fernen Berge zeichneten sich mit schärfstem Umriss auf einer schweren Wand von dunkelblauen Wolken ab.

Nach dem Ansehen urtheilend und nach

ähnlichen Erscheinungen in England, setzte ich voraus, dass die Luft mit Feuchtigkeit gesättigt wäre. der Fall.

Thatsächlich war das Gegentheil

Der Hygrometer zeigte eine Differenz von 29,6 Graden

zwischen der Temperatur der Luft und dem Thaupunkt.

Diese

Differenz war beinahe doppelt so gross wie diejenige, welche ich an den vorhergehenden Tagen beobachtet hatte.

Der ungewöhnliche

Grad von atmosphärischer Trockenheit wurde von beständigen Blitzen begleitet. Ist es nicht ein ganz ungewöhnlicher Fall, einen so hohen Grad von Durchsichtigkeit der Luft verbunden mit einem derartigen Zustande des Wetters zn sehen ? Meist ist die Atmosphäre

dunstig, und dies rührt von dem

Fallen eines unmerklich feinen Staubes her, der, wie sich herausstellte,

die

astronomischen

Instrumente

etwas

beschädigt

hatte.

Am Morgen, ehe wir in Porto Praya vor Anker gingen, sammelte ich ein kleines Packet dieses feinen braungefärbten Staubes, welcher durch die Gaze der Windfahne an der Mastspitze schien.

filtrirt

zu sein

Mr. Lyell hat mir auch vier Packete von einem Staub ge-

geben, der auf ein Schiff wenige Hundert Meilen nördlich von diesen Inseln gefallen war. Professor Ehrenberg* hat gefunden, dass dieser Staub zum grössten Theil aus Infusorien mit Kieselschalen und aus kieseligen Pflanzengeweben besteht.

In fünf kleinen Packeten,

die

* Ich kann diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne dankbar die grosse Güte anzuerkennen, mit welcher dieser berühmte Naturforscher viele meiner Proben untersucht hat. Ich habe im Juni 1845 einen ausfuhrlichen Bericht über diesen Staubfall an die Gcological Society geschickt.

6

Erstes Kapitel

ich ihm schickte, hat er nicht weniger als siebenundsechzig organische Formen festgestellt. Die Infusorien sind mit Ausnahme von zwei Meerbewohnern sämmtlich Süsswasserthiere. Mir sind nicht weniger als fünfzehn verschiedene Berichte bekannt geworden, dass Staub auf Schiffe gefallen ist, welche weit draussen im Atlantischen Ocean waren. Nach der Richtung des Windes, zur Zeit als er fiel, und weil er stets während jener Monate gefallen ist, in denen der Harmattan bekanntlich Wolken von Staub hoch in die Luft wirbelt, können wir sicher sein, dass er aus Afrika kommt. E s ist indessen eine sehr seltsame Thatsache, dass, obgleich Professor Ehrenberg viele Arten von Infusorien kennt, die Afrika eigentümlich sind, er keine von diesen in dem Staube gefunden hat, den ich ihm geschickt; wiederum erkennt er zwei Arten darin, von denen er bisher nur wnsste, dass sie in Südamerika leben. Der Staub 011t in solchen Mengen, dass er Alles an Bord schmutzig macht und die Augen verletzt; auch sind in Folge der Verdunkelung der Atmosphäre schon Schiffe gestrandet. Er ist oft auf Schiffe gefallen, die mehrere Hundert und selbst mehr als tausend Meilen* von der Küste von Afrika entfernt und an Stellen, die sechzehnhundert Meilen in nordsüdlicher Richtung entfernt waren. Unter dem Staube, der auf einem Schiff dreihundert Meilen weit vom Lande entfernt gesammelt wurde, fand ich zu meinem Erstaunen zwischen der feineren Substanz Bruchstücke von Steinen, grösser als ein tausendstel Zoll im Quadrat. Nach dieser Thatsache braucht man sich nicht zu wundern, wenn die viel leichteren und kleineren Sporen kryptogamer Pflanzen auf grosse Entfernungen fortgeweht werden. Die Geologie der Insel ist der interessanteste Theil ihrer Naturgeschichte. Bei der Einfahrt in den Hafen sieht man in dem steilen Meeresufer einen vollkommen horizontalen weissen Streifen mehrere Meilen der Küste entlang laufen, in einer Höhe von ungefähr fünfundvierzig Fuss über dem Wasser. Die Untersuchung ergiebt, dass diese weisse Schicht aus Kalkmasse besteht, in welche zahlreiche Muscheln eingebettet sind, von denen die meisten oder * Englische Meilen, wie immer im folgenden.

7

St. Jago — Cap Verdische Inseln (1832)

alle jetzt an der benachbarten K ü s t e leben. Diese Kalkschicht ruht auf altem vulkanischen Gestein und ist von einem Basaltstrom bedeckt, -welcher in das Meer geflossen sein muss, als das weisse Muschelbett noch auf dessen Grunde lag.

E s ist interessant, die Veränderungen

zu verfolgen, welche durch die Hitze

der darüberliegenden L a v a in

der bröckeligen Masse bewirkt worden sind, die stellenweise in einen krystallinischen Kalkstein, und an anderen Stellen in einen kompakten fleckigen

Felsen

verwandelt

worden

schlackenartigen Bruchstücken

ist.

Wo

der K a l k

von

den

der unteren Fläche des Stroms mit

fortgerissen wurde, hat er sich in Gruppen von schönen strahligen Fasern verwandelt, die dem Arragonit gleichen. sich in hintereinander folgenden,

Die Lavaschichten erheben

sanft ansteigendenen Ebenen nach

dem Inneren zu, von wo diese Ströme geschmolzenen Gesteins ursprünglich ausgegangen sind.

So viel ich weiss, haben sich innerhalb der

historischen Zeit

Spuren

keine

vulkanischer

einem Theil von St. Jago gezeigt.

Thätigkeit

in

irgend

Selbst die Gestalt eines Kraters

findet man nur selten an den Gipfeln der zahlreichen roten Aschenhügel;

dennoch lassen sich die neueren Lavaströme an der K ü s t e

nachweisen; sie bilden Klippenreihen von geringerer Höhe, strecken sich aber über die von älteren Ausbrüchen herrührenden hinaus: auf diese W e i s e giebt die H ö h e der K l i p p e n einen ungefähren Masstab für das Alter der Ströme. Während unseres Aufenthalts beobachtete ich die Lebensgewohnheiten einiger Seethiere. hase).

Sehr häufig ist eine grosse A p l y s i a (See-

Diese Seeschnecke ist ungefähr fünf Zoll lang, von schmutzig der

unteren

Fläche oder des Fusses befindet sich eine breite Membran,

gelblicher Farbe und violett geädert.

A u f jeder Seite

die zu-

weilen als eine A r t von Ventilator zu dienen scheint, indem sie einen Wasserstrom Lungen treibt.

über

die

Sie

auf

nährt

dem Rücken

liegenden K i e m e n

oder

sich von den zarten A l g e n , die in dem

schlammigen und seichten W a s s e r zwischen den Steinen wachsen; im Magen dieses Thieres fand ich mehrere kleine Steinchen, wie im Magen eines Vogels. sie

W e n n man diese Schnecke beunruhigt,

eine schön violette Flüssigkeit

einen Fuss im Umkreise f ä r b t

von

sich,

die

das Wasser

giebt auf

A u s s e r diesem Vertheidigungsmittel

8

E n t e s Kapitel

verursacht auch noch eine scharfe Absonderung, welche ober den Körper ausgebreitet ist, bei der Berührung eine heftig stechende Empfindung, ähnlich derjenigen, welche das Anfassen einer Physalia veranlasst. Es interessirte mich sehr, bei verschiedenen Gelegenheiten die Lebensgewohnheiten eines Octopus oder Tintenfisches zu beobachten. Obwohl diese Thiere häufig in den Wassertümpeln waren, die bei der Ebbe zurückblieben, konnte man sie doch nicht leicht fangen. Vermittelst ihrer langen Arme und Sauger vermochten sie ihre Körper in sehr schmale Spalten zu zwängen, und hatten sie sich auf diese Weise festgesetzt, bedurfte es grosser Kraftanstrengung, sie herauszuziehen. Dann wieder schössen sie, das Hinterende voran, pfeilgeschwind von einer Seite des Tümpels zur anderen, gleichzeitig das Wasser durch ihre dunkelkastanienbraune Tinte färbend. Auch entziehen sich diese Thiere der Entdeckung durch eine merkwürdige, chamäleonartige Fähigkeit, ihre Farbe zu wechseln. Sie scheinen ihre Färbung je nach der Art des Bodens zu ändern, über den sie sich bewegen; im tiefen Wasser war ihre gewöhnliche Farbe ein bräunliches Violett; aber wenn man sie auf das Land oder in seichtes Wasser brachte, änderte sich dieser dunkle Farbenton in ein gelbliches Grün. Bei sorgfältiger Untersuchung war die Farbe ein französisches Grau, mit zahlreichen kleinen Flecken von hellem Gelb; die erstere Farbe wechselte in Bezug auf ihre Stärke, die letztere verschwand zeitweise ganz und erschien dann wieder. Die Veränderungen wurden dadurch hervorgebracht, dass W o l k e n , die im Farbenton zwischen Hyazinthroth und Kastanienbraun spielten, beständig über den Körper zogen. Jeder Theil, der einem leichten elektrischen Reiz unterworfen wurde, färbte sich beinahe schwarz; eine ähnliche Wirkung, aber in geringerem Grade, wurde hervorgebracht, wenn man die Haut mit einer Nadel kratzte. Diese Wolken oder dies Erröthen, wie man es nennen könnte, soll durch das abwechselnde Ausdehnen und Zusammenziehen kleiner Zellen entstehen, welche verschieden gefärbte Flüssigkeiten enthalten.* * Siehe Eoc. of Anat. and Physiol., art. Cephalopoda.

Lebensgewohoheiten eines Tintenfisches — Die FeUeninsel St. Paul (1833)

9

Der Tintenfisch zeigte dies Farbenspiel sowohl während des Schwimmens, als wenn er still auf dem Boden lag.

E s unterhielt

mich sehr, die vielen Künste zu beobachten, die ein Tintenfisch anwendete, um der Entdeckung zu entgehen; denn er schien sich vollständig bewusst zu sein, dass ich ihn beobachtete. Nachdem er eine Weile regungslos dagelegen, bewegte er sich verstohlen ein paar Zoll vorwärts,

so wie eine Katze hinter einer Maus, dabei ab und

zu die Farbe verändernd; das dauerte an, bis er eine tiefere Stelle erreicht hatte, dann schoss er vorwärts, einen dunklen Tintenstrom hinter sich lassend, um das Loch zu verbergen, in das er gekrochen war.

"Während ich Seethiere suchte, den Kopf vielleicht zwei Fuss

über dem felsigen Ufer haltend, wurde ich mehr als einmal von einem Wasserstrahl getroffen, der von einem leisen kratzenden Geräusch sei;

begleitet war.

Erst konnte ich mir nicht erklären, was es

endlich entdeckte ich, dass es jener Tintenfisch war, der zwar

in einem Loch versteckt sass, mir aber auf diese Weise Aufenthalt verrieth.

seinen

Dass er die K r a f t besitzt, Wasser zu spritzen,

ist zweifellos; und mir schien, dass er sehr gut zu zielen vermochte, indem er die Röhre oder den Trichter an der Unterseite seines Leibes •erschieden richtete.

Die Schwierigkeit, welche es diesen Thieren

verursacht, ihren K o p f zu tragen, bringt es mit sich, dass sie nicht leicht kriechen können, wenn man sie auf den Boden legt.

Ich

beobachtete, dass einer, den ich in meiner Kajüte hielt, im Dunklen schwach phosphorescirte. D I E F E L S E N I N S E L ST. P A U L .

— A u f unserer Fahrt über

den Atlantischen Ocean legten wir am Morgen des 16. Februar an der Insel St. Paul bei. und 29 0 1 5 ' w. Länge.

Diese Gruppe von Felsen liegt o° 58' n. Br. Sie ist 540 Meilen von der Küste

von

Amerika und 350 von der Insel Fernando Noronha entfernt; die höchste Spitze erhebt sich nur fünfzig Fuss über den Meeresspiegel und ihr ganzer Umfang beträgt nicht ganz drei Viertelmeilen.

Diese

kleine Felskuppe steigt plötzlich aus der Meerestiefe auf. Ihre mineralogische Beschaffenheit ist nicht einfach; an einigen Stellen ist der Fels von feuersteinartiger, an anderen von feldspathartiger Natur mit

10

Erstes Kapitel

dünnen Adern von Serpentin. Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass alle die vielen kleinen Inseln, die im Stillen, Indischen und Atlantischen Ocean weit entfernt von jedem Kontinent liegen, entweder aus Korallen oder ans Eruptivgestein bestehen, mit alleiniger Ausnahme, soviel mir bekannt ist, von den Seychellen und diesem kleinen Felseneiland. Die vulkanische Natur der oceanischen Inseln ist offenbar auch eine Folge jenes Gesetzes und die Wirkung derselben Ursachen, seien es chemische oder mechanische, die es mit sich bringen, dass sich die Mehrzahl der jetzt thätigen Vulkane entweder nahe der Meeresküste oder auf Inseln mitten im Meere befinden. Aus der Feme gesehen, erscheinen die St. Paulsfelsen von glänzend weisser Farbe. Dies rührt theils von dem Koth einer ungeheueren Menge von Seevögeln her und theils von einem Ueberzug einer harten glänzenden Substanz mit perlmutterartigem Schimmer, welche fest auf der Oberfläche der Felsen haftet. Durch ein Vergrösserungsglas betrachtet ergab es sich, dass sie aus zahlreichen, ausserordentlich feinen Schichten bestand, deren Gesammtdicke nur ungefähr einen zehntel Zoll betrug. Sic enthält viel animalische Stoffe und verdankt ihren Ursprung zweifellos der Wirkung des Regens oder des Spritzwassers anf die Excremente der Vögel. Unter einigen kleinen Guanomassen auf Ascensión und den Abrolhos-Inseln fand ich gewisse tropfsteinartige verzweigte Körper,, die augenscheinlich in derselben Weise entstanden waren wie der dünne weisse Ueberzug auf diesen Felsen. Jene verzweigten Gebilde glichen im allgemeinen Aussehen gewissen Nulliporen (einer Familie harter kalkhaltiger Seepflanzen), dass, als ich kürzlich meine Sammlung flüchtig überblickte, ich den Unterschied nicht gewahrte. Die kugeligen Enden der Zweige sind von perlartiger Textur, wie der Schmelz der Zähne, aber so hart, dass sie eine Glasplatte ritzen können. Bei dieser Gelegenheit will ich noch erwähnen, dass an einer Stelle der Küste von Ascensión, wo sich eine ungeheure Anhäufung von Muschelsand befindet, auf die innerhalb der Fluthgrenzen befindlichen Felsen eine Incrustation durch das Seewasser abgelagert wird, die, wie der Holzschnitt zeigt, Aehnlichkeit mit gewissen kryptogamen Pflanzen (Marchantiae) hat, welche man häufig an feuchten Mauem findet.

M e r k w ü r d i g e Incrustationen (183a)

11

D i e Obcrfläche der blätterigen Masse ist schön jenigen

Theile,

welche

sich im Lichte

kohlschwarzer F ä r b u n g , beschattet werden, Incrustation dass

sie

gebildet

blank, und diehaben,

diejenigen jedoch, die durch

sind nur grau.

verschiedenen

vulkanischen

Ich habe Exemplare

Geologen

oder

Härte und Durchsichtigkeit,

gezeigt,

und

feurigen Ursprungs in ihrer Politur,

sind

von

Felsvorsprünge von

dieser

sie meinten wären!

welche

In

alle, ihrer

derjenigen der

schönsten Olivamuschel glcicht, in der Eigenschaft, dass sie unter dem Löthrohr einen liert, zeigt

üblen Geruch

von sich

giebt

und

die Farbe

diese Incrustation eine grosse Aehnlichkeit

Seemuscheln.

Femer

ist

es

von

Seemuscheln

mit

bekannt,

ver-

lebenden dass

die

Theile, welche gewöhnlich von dem Mantel des Thieres bedeckt und beschattet sind, eine blassere Farbe zeigen als diejenigen, welche dem Licht völlig ausgesetzt sind, ganz so wie es sich bei dieser Incrustation verhält.

Wenn

phosphorsaurcr

wir uns oder

als

daran erinnern, kohlensaurer

dass K a l k

entweder

einen B e s t a n d t e i l

als

der harten

Theile wie der Knochen und Schalen aller lebenden Thiere bildet, so ist es eine interessante physiologische Thatsache*, zu sehen, dass Sub* Mr. Horner uiid S i r D a v i d B r e w s t e r h a b e n »eine e i g e n t ü m l i c h e , künstliche, d e r Muschelschalensubstanx ä h n l i c h e Masse« b e s c h r i e b e n (Philosophical Transactions 1836, p. 65).

Sie l a g e r t sich ab in feinen, durchsichtigen, g l a t t polirten, braun ge*

f ä r b t e n Blättchen, die besondere optische E i g e n s c h a f t e n besitzen, an der Innenseite eines G e f ä s s e s , in w e l c h e m Z e u g ,

das erst mit L e i m und dann mit K a l k präparirt

12

Erstes Kapitel

stanzen, die härter sind als der Zahnschmelz, und farbige Oberflächen, die so schön polirt sind wie die einer lebenden Muschel, sich anf unorganischem Wege aus abgestorbener organischer Substanz neubilden und gleichfalls in der Gestalt manche der niedrigen vegetabilischen Gebilde nachahmen. Wir fanden auf St. Paul nur zwei Vogelarten, den Booby und den Noddi.

Ersterer ist eine Art Tölpel, letzterer eine Seeschwalbe.

Beide sind zahm und dumm; sie sind so wenig gewöhnt Besucher zu sehen, dass ich eine beliebige Anzahl mit meinem geologischen Hammer hätte todtschlagen können. auf

den

nackten Felsen;

aber

einfaches Nest aus Seetang.

Der Tölpel legt seine Eier

die Seeschwalbe

baut ein sehr

Neben vielen dieser Nester lag ein

kleiner fliegender Fisch, den das Männchen wahrscheinlich seiner Lebensgefährtin herbeigetragen hatte.

E s war belustigend zu sehen,

mit welcher Schnelligkeit eine grosse und behende Krabbe (Graspus), die in den Felsritzen haust, den Fisch neben dem Neste stahl, sobald wir die brütenden Vögel aufgescheucht hatten. Sir W . Symonds, der zu den wenigen Personen gehört, die hier gelandet sind, theilt mir mit, dass er gesehen hat, wie die Krabben selbst junge Vögel aus den Nestern zerren und sie verspeisen.

Nicht eine einzige

Pflanze, selbst nicht eine Flechte wächst auf diesem Eiland; dennoch wird es von verschiedenen Insekten und Spinnen bewohnt. folgende Aufzählung vervollständigt die Land-Fauna:

Die

es sind eine

Fliege (Olfersia), die auf dem Tölpel lebt; eine Zecke, die als ein Schmarotzer auf den Vögeln kleine

braune

Motte

von

einer

hergekommen

sein muss;

federfressenden

Gattung;

eine ein

Käfer (Quedius) und eine Assel unter dem Vogelmist, und schliesslich

zahlreiche Spinnen,

welche,

Begleitern und Plagegeistern

wie ich

vermuthe,

der Wasservögel leben.

von

jenen

Die häufig

wiederholte Schilderung, dass zuerst stattliche Palmen und andere edle tropische Gewächse,

dann Vögel,

endlich der Mensch Besitz

war, schnell im Wasser umgedreht worden ist. Diese Masse ist viel weicher, durchsichtiger und enthält mehr animalische Substanz, als die natürliche Incrustation von Ascension; aber wir sehen hier wieder die starke Neigung, welche der kohlensaure Kalk besitzt, mit thierischer Substanz eine der Muschelsubstanz ähnliche feste Masse zu bilden.

Fernando Noronha (183a)

13

•on. den Korallenioseln ergreifen, sobald diese sich im Stillen Meer gebildet haben, entspricht wahrscheinlich nicht den Thatsachen. Ich flirchte, es zerstört die Poesie dieser Erzählung, dass koth- und federfressende und schmarotzende Insekten und Spinnen die ersten Einwohner eines neugebildeten oceanischen Landes seien. Der kleinste Felsen in den tropischen Meeren nährt, indem er dem Wachsthum zahlloser Arten von Wasserpflanzen und Thierstöcken einen festen Untergrund giebt, gleichfalls eine grosse Anzahl von Fischen. Die Haifische und die Matrosen in den Booten lagen beständig mit einander im Kampf, wer den grössten Antheil von den an der Angelschnur gefangenen Fischen haben sollte. Ich hörte, dass ein Felsen bei den Bermudas, der viele Meilen draussen im Meere lag, zuerst durch den Umstand entdeckt wurde, dass man Fische in seiner Nähe bemerkte. F E R N A N D O N O R O N H A , 20. Februar. — So weit ich es während der kurzen Stunden, die wir auf jener Insel zubrachten, zu beurtheilen vermochte, ist ihre Bildung vulkanisch, aber nicht aus neuerer Zeit. Das Merkwürdigste auf ihr ist ein kegelförmiger Berg, gegen eintausend Fuss hoch, dessen oberer Theil ausserordentlich steil ist und an einer Stelle über seine Basis hinüberhängt. Das Gestein ist Phonolit und es theilt sich in unregelmässige Säulen. W e n n man eine dieser isolirten Massen betrachtet, ist man zunächst geneigt anzunehmen, sie seien plötzlich in einem halbflüssigen Zustande aufwärts getrieben worden. In St. Helena habe ich indessen festgestellt, dass einige solcher Spitzen von ähnlicher Gestalt und Beschaffenheit sich durch das Herauftreiben des flüssigen Gesteins in nachgebende Schichten gebildet haben, welche letztere auf diese Weise gewissermassen die Formen für diese Riesenobelisken abgegeben hatten. Die ganze Insel ist mit Wald bedeckt, aber in Folge der Dürre des Klimas sieht er nicht üppig aus. Auf der halben Höhe des Berges wurden grosse Massen dieses säulenartigen Gesteins von lorbeerartigen Bäumen beschattet; dazwischen wuchsen andere, die schöne rothe Blüthen, aber kein einziges Blatt trugen; das sah in der Nähe recht hübsch aus.

14

Erstes Kapitel

B A H I A oder SAN S A L V A D O R , B R A S I L I E N , 29. Februar. — Das war ein entzückender Tag! Entzücken freilich ist ein matter Aasdruck für die Empfindungen eines Naturforschers, der zum ersten Male für sich durch einen brasilianischen Wald gewandert ist. Die Eleganz der Gräser, die Neuheit der Schmarotzerpflanzen, die Schönheit der Blüthen, das glänzende Grün des Laubes, vor allem aber die allgemeine Ueppigkeit der Vegetation erfüllten mich mit Bewunderung. An den schattigen Stellen des Waldes herrscht ein ganz widersprechendes Gemisch von Geräusch und Stille. Das Geräusch, welches die Insekten machen, ist so laut, dass man es auf einem mehrere Hundert Meter vom Ufer ankernden Schiff hören kann; und dennoch scheint in dem Waldinnern allgemeine Stille zu herrschen. Dem Naturfreund gewährt solch ein Tag eine innigere Freude, als er je hoffen kann noch einmal zu erleben. Nachdem ich ein paar Stunden herumgewandert war, kehrte ich zu dem Landungsplatz zurück, doch ehe ich ihn erreichte, überraschte mich ein tropisches Gewitter. Ich suchte unter einem Baume Schutz, der so dicht war, dass englischer Regen nie durchgedrungen wäre; aber hier floss nach wenigen Minuten ein kleiner Giessbach den Stamm entlang. Gerade dieser Heftigkeit des Regens müssen wir den grünen Teppich auf dem Boden der dichtesten Wälder zuschreiben; wären die Regengüsse wie diejenigen in kälteren Klimaten, würde der grösste Theil der Feuchtigkeit aufgesogen oder verdunstet sein, ehe er den Boden erreicht hätte. Ich will hier nicht versuchen, den farbenprächtigen Anblick dieses herrlichen Meerbusens zu beschreiben; denn auf der Rückreise haben wir uns noch einmal hier aufgehalten und ich werde dann Gelegenheit finden, davon zu reden. Längs der ganzen Küste von Brasilien, in einer Ausdehnung von mindestens zweitausend Meilen und sicher auch in beträchtlicher Breite landeinwärts, gehört das Gestein, wo überhaupt feste Felsmassen vorkommen, immer zu einer granitartigen Formation. Der Umstand, dass dieses ungeheure Gebiet aus Materialien besteht, von denen die meisten Geologen annehmen, dass sie, wenn erhitzt, unter hohem Druck krystallisirten, giebt Anlass zu vielen merkwürdigen Betrachtungen. Geschah dies unter einem tiefen Ocean ? oder breitete

15

Bahia — Brasilien (1833)

sich eine Decke von Schichten darüber, welche seitdem entfernt worden ist?

K ö n n e n wir glauben, dass irgend eine K r a f t , welche nicht

unendlich lange gewirkt hat, den Granit auf eine Ausdehnung von so vielen tausend Quadratmeilen blossgelegt haben sollte? A n einer nicht weit von der Stadt entfernten Stelle, an der ein Flüsschen in das Meer tritt, beobachtete ich eine Thatsache, welche mit einem von H u m b o l d t * steht.

An

erörterten Gegenstande

in

Verbindung

den Wasserfällen der grossen Ströme des Orinoco,

Nil

und Congo findet man die Syenitfelsen mit einer schwarzen Masse überzogen,

so dass sie aussehen, als wären sie mit Graphit polirt.

Die Schicht ist ausserordentlich dünn, und eine von Berzelius ausgeführte Analyse steht.

e r g a b , dass sie aus Mangan- und Eisenoxyd be-

Beim Orinoco zeigt sie sich an den Felsen, die zeitweise von

der Fluth überspült werden und nur an denjenigen Stellen, an denen die Fluth reissend ist,

oder wie die Indianer

sind schwarz, w o das W a s s e r weiss ist". kräftig brauner haltiger Masse

statt

schwarzer F a r b e ,

zu bestehen.

Kleine

grenzen vor,

„die Felsen

und scheint nur aus eisenBruchstücke

nicht einen richtigen Begriff von diesen die im Sonnenlicht glänzen.

sagen:

Hier ist der Ueberzug von geben

braunen polirten

durchaus Steinen,

Sie kommen nur innerhalb der Fluth-

und da das Flüsschen langsam herunterrieselt,

muss

die Brandung die polirende K r a f t der Wasserfälle in grossen Strömen ersetzen.

In gleicher W e i s e entspricht das Steigen und Fallen

der

Fluth wahrscheinlich den periodischen Ueberschwemmungen, und so werden

die

gleichen W i r k u n g e n

unter

anscheinend

thatsächlich ähnlichen Umständen hervorgebracht. Ursprung dieses Ueberzuges von Metalloxyden,

verschiedenen,

Indessen ist der

welche

wie

an die

Felsen gekittet erscheinen, nicht aufgeklärt, und so viel ich weiss, lässt sich

kein Grund

dafür angeben,

warum ihre Dicke stets die

gleiche bleibt. Eines Tages ergötzte mich das Betragen eines Diodon antennatus (Igelfisch), welcher, nahe am Ufer schwimmend, gefangen wurde.

* Reise i. d. Aequinoct.-Gegenden.

Bd. I.

Es

16

Erstes Kapitel

ist bekannt, dass dieser Fisch durch Aufblasen (einer schlotterigen Haut sich zu einer fast kugeligen Gestalt aasdehnen kann. Nachdem er eine kurze Zeit aus dem Wasser gehoben nnd dann wieder eingetaucht worden war, nahm er eine beträchtliche Menge Wasser nnd Luft durch den Mund und vielleicht auch durch die Kiemenöffnungen auf. Dieser Hergang geschieht auf doppelte Art: die Luft wird verschluckt und dann in die Bauchhöhle gedrängt, während ihren Rücktritt eine äusserlich sichtbare Muskelzusammenziehung hindert: das Wasser indessen tritt in einem sanften Strom durch das offene und bewegungslose Maul ein; die Thätigkeit des Aufnehmens desselben muss also auf Aufsaugung beruhen. Die Haut auf dem Bauche ist viel lockerer als die auf dem Rücken; darum dehnt sich während des Aufblasens die untere Fläche weit mehr aus als die obere, und der Fisch schwimmt in Folge dessen mit dem Rücken nach unten. Cuvier zweifelt, ob der Fisch in dieser Lage schwimmen könne; doch kann er sich so nicht nur in gerader Richtung fortbewegen, sondern sich sogar nach beiden Seiten umwenden. Diese letztere Bewegung wird allein mit Hülfe der Brustflossen bewirkt und der zusammengefallene Schwanz nicht gebraucht. Von dem mit soviel Luft gefüllten Körper waren die Kiemenöffnungen ausser Wasser, doch das mit dem Mund eingesogene Wasser floss beständig durch dieselben aus. War der Fisch eine kurze Zeit hindurch aufgebläht gewesen, so trieb er gewöhnlich Luft und Wasser durch die Kiemenlöcher und den Mund mit beträchtlicher Gewalt heraus. Er konnte willkürlich einen gewissen Theil des Wassers von sich geben, und es ist deshalb wahrscheinlich, dass diese Flüssigkeit zum Theil eingenommen wird, um das spezifische Gewicht zu reglen. Dieser Diodon vermochte sich auf verschiedene Art zu vertheidigen. Er konnte heftig beissen und Wasser auf einige Entfernung hin aus seinem Maule spritzen, wobei er gleichzeitig durch die Bewegung seiner Kiefern ein sonderbares Geräusch hervorbrachte. In Folge des Aufblasens werden die Wärzchen, mit denen seine Haut bedeckt ist, starr und spitz. Aber der merkwürdigste Umstand war, dass e r , in die Hand genommen, eine sehr schöne karminrothe, fadige Masse an der Haut des Unterleibes absonderte,

Bahia — Brasilien (1833)

welche Elfenbein und Papier

17

so dauerhaft färbte, dass die

Farbe

sich bis auf heute in unverminderter Frische erhalten hat. Die Natur und der Zweck geblieben.

dieser Absonderung

Ich habe

sind mir darchaus nnbekannt

von Dr. A l l a n von Forres

gehört,

dass

er

häufig einen Diodon aufgeblasen und lebendig im Magen eines Haifisches schwimmend gefunden, und dass er bei mehreren Gelegenheiten erfahren, dass der Diodon sich nicht nur durch die Magenwände, habe,

sondern durch das

muthet,

die Seiten des Ungeheuers

er auf diese Weise getödtet hätte.

durchgefressen

W e r hätte je ver-

dass ein kleiner weicher Fisch einen grossen wilden Hai-

fisch umbringen könnte? 18. später, wurde

März. als



Wir

wir uns

segelten

meine Aufmerksamkeit

des Meeres

erregt.

von Bahia

ab.

Wenige

Tage

nicht weit von den Abrolhosinseln befanden, Bei

durch das röthlichbraune

der Betrachtung

unter

einem

Aussehen schwachen

Vergrösserungsglas schien die ganze Oberfläche des Wassers wie mit gehackten waren.

Stückchen

von

Heu

bedeckt,

deren

Enden

ausgezackt

Es sind winzige, cylinderförmige Conferven, in Bündeln oder

Flössen von je zwanzig bis sechzig Stück.

Mr. Berkeley theilt mir

mit, dass sie dieselbe Spezies sind (Trichodesmium erythraeum), wie jene, die man über weite Strecken des Rothen Meeres ausgebreitet findet nnd von denen der Name Rothes Meer herrührt*). Ihre Zahl muss unermesslich sein: das Schiff fuhr durch mehrere Streifen von ihnen, deren einer ungefähr zehn Meter breit und nach dem schmutzigen Aussehen des Wassers zu urtheilen, mindestens zwei und eine halbe Meile lang war.

Bei fast jeder etwas längeren Seefahrt wird uns

von solchen Conferven berichtet.

Besonders häufig scheinen sie im

Meer bei Australien zu sein, und auf der Höhe von Cap Leeuwin fand ich eine verwandte Spezies.

Kapitän Cook erzählt von seiner

dritten Reise, dass die Matrosen diesem Gebilde den Namen Meersägespähne gegeben hätten. * Montagne, Comptes Rendus, etc., Juillet 1844; und Annal, des Scienc. N a t , Dec. 1844. D a r w i n , Reise.

2

18

E n t e s Kapitel

I n der Nähe des K i e l i n g - A t o l l s im Indischen Ocean beobachtete ich viele kleine Conferven- Massen, von wenigen Quadrat - Z o l l , aus langen, ausserordentlich feinen cylindrischen Fäden bestehend,

dem

unbewaffneten A u g e kaum sichtbar, untermischt mit anderen etwas grösseren Enden

Körpern,

fein

die

an

kegelförmig

beiden

zugespitzt

waren. Zwei mit einander verbundene sind in dem beigegebenen Holzschnitt dargestellt.

Ihre L ä n g e wechselt von 0,04 bis 0,06 und selbst bis

0,08 Z o l l ; ihr Durchmesser von 0,006 bis 0,008 Zoll*.

Nahe

dem

einen Ende des cylindrischen Theiles ist gewöhnlioh eine grüne Scheidewand, aus körniger Masse gebildet, zu sehen, die in der Mitte am dicksten ist.

Meiner Meinung nach ist dies der Boden eines ausserordentlich

zarten, farblosen Säckchens, welches aus einer breiigen Substanz besteht und die äussere Hülse auskleidet, sich aber nicht bis in die äussersten kegelförmigen Spitzen erstreckt.

Bei einigen Exemplaren

wurde die Stelle der Scheidewände von kleinen

aber vollkommenen

K u g e l n einer braunen körnigen Masse eingenommen, und ich konnte den merkwürdigen V o r g a n g beobachten, durch welchen sie entstanden. Die breiige Substanz des inneren Futters ordnete sich plötzlich in Linien, und zwar so, dass einige von einem gemeinsamen Mittelpunkt ausstrahlten; dann fuhr sie fort, sich in unregelmässiger aber schneller Bewegung

zusammen zu ziehen, so dass im Verlauf einer Sekunde

das Ganze zu einer vollkommenen kleinen K u g e l vereinigt war, welche die Stelle der Scheidewand der nun völlig hohlen Hülse

einnahm.

Die Bildung dieser körnigen K u g e l wurde durch jede zufällige Beschädigung beschleunigt. Ich erwähne noch, dass häufig zwei dieser K ö r p e r mit einander verbunden waren, so wie es oben

dargestellt

ist, K e g e l neben K e g e l , an jedem E n d e , an dem sich die K u g e l zeigt. Ich schliesse hier einige andere Beobachtungen a n , welche sich auf die Trübung des Meeres durch organische Ursachen

beziehen.

A n der K ü s t e von Chile, einige Seemeilen** nördlich von Conception, * engl. Zoll (inch); 1 inch = e n g l , l e a g u e s ; 1 1. =

5,5

3,60 c m . Kilometer.

19

Petagische Conferven und Infusorien (1833)

fuhr

der

„Beagle"

eines

Tages

durch

grosse

Streifen

getrübten

W a s s e r s , welches dem eines angeschwollenen Flusses ähnlich sah; und wieder wurde dieselbe Erscheinung, nur noch ausgedehnter einen Grad südlich von Valparaiso, fünfzig Meilen von der K ü s t e entfernt, beobachtet. eine

Etwas von diesem W a s s e r in ein Glas gebracht, zeigte

schwache

röthliche Färbung;

untersuchte

man es unter dem

Mikroskop, so wimmelte es von kleinen Thierchen, die herumschössen und häufig zerplatzten.

Ihre Gestalt ist oval und in der Mitte durch

einen R i n g vibrirender gekrümmter Wimpern zusammengezogen. war indessen sehr schwer sie sorgfältig zu beobachten,

Es

denn fast in

demselben Augenblick, in dem die Bewegung aufhörte, selbst während sie das Gesichtsfeld kreuzten, platzten ihre Körper. Zuweilen platzten beide Enden gleichzeitig; manchmal nur das eine, und eine Menge von grober, körniger, bräunlicher Substanz wurde

herausgestossen.

K u r z ehe das Thier barst, dehnte es sich noch um die Hälfte mehr als seine natürliche Länge aus, und die Explosion erfolgte ungefähr fünfzehn Sekunden, nachdem die schnelle Zunahmebewegung aufgehört hatte: in einigen wenigen Fällen ging ihr für kurze Zeit eine drehende Bewegung um die längere Achse voraus. W a r irgend eine Anzahl der Thiere zwei

in einem Wassertropfen isolirt, starben sie Minuten

schmalere und

auf

Spitze

gewöhnlich

klein

und

diese voran

in

Weise. mit

Hülfe

schnellen

Die

Thiere

ihrer

Stössen.

nach

bewegen

schwingenden Sie

sind

ungefähr sich

die

Wimpern

ausserordentlich

dem unbewaffneten A u g e völlig unsichtbar,

da

sie

nur

einen Flächenraum von ein Tausendstel Zoll im Quadrat einnehmen. Ihre Anzahl

war unermesslich

gross,

denn

der

kleinste

Wasser-

tropfen, den ich absondern konnte, enthielt deren sehr viele.

An

einem Tage kamen wir durch zwei Stellen so gefärbten Wassers, von denen die eine allein sich über mehrere Quadratmeilen erstreckt haben muss.

W e l c h e unberechenbare Zahlen solcher mikroskopischen Thier-

chen mussten das sein! Die Farbe des Wassers glich, von einiger Entfernung gesehen, der eines Flusses, welcher durch rothen Lehmboden geflossen ist; aber im Schatten an den Seiten des Schiffes sah es so dunkel

wie Chokolade

aus.

Die Linie, wo

Wasser sich trafen, war deutlich erkennbar.

das

rothe

und

blaue

D a s W e t t e r war einige 2*

20

E n t e s Kapitel

T a g e vorher windstill gewesen und das Meer zeigte noch mehr als sonst den unendlichen Reichthum an lebenden W e s e n . * Im Meere um das Feuerland, nicht weit von der K ü s t e , habe ich im Wasser schmale Streifen einer lebhaft rothen F a r b e gesehen, welche von einer grossen Zahl von Krustenthieren h e r r ü h r t e n , der Gestalt nach grossen Garneelen ähnlich waren. fänger nennen sie Wallfischfutter. nähren,

weiss ich nicht;

Ob sich Walltische

aber Seeschwalben,

die

Die R o b b e n von ihnen

Cormorans und eine

zahllose Heerde plumper R o b b e n leben an einigen Stellen der K ü s t e hauptsächlich

von diesen

schwimmenden

Krebsen.

Die

schreiben die F ä r b u n g des Wassers stets dem Laich z u ; ich, dass Mehrere Schiff

dies nur bei einer einzigen Gelegenheit Seemeilen

vom

durch Streifen

Galapagos-Archipel

schmutzigen,

der F a l l

entfernt

dunkelgelben

Seeleute doch fand war.

segelte

Wassers;

das diese

Streifen waren einige Meilen lang, aber nur wenige Meter breit und von dem

sie umgebenden

Wasser

deutlichen R a n d unterschieden.

durch

einen buchtigen,

aber

Diese Färbung wurde durch gallert-

artige Kügelchen von ungefähr ein Fünftel Zoll Durchmesser bewirkt, in welchen zahlreiche winzige, sphärisch gestaltete

Eier

eingebettet

lagen, und zwar von zwei deutlich unterschiedenen A r t e n , von denen die einen eine röthliche Farbe und eine von den anderen abweichende Gestalt hatten. Ich vermag nicht einmal eine Vermuthung zu äussern, welcher Art von Thieren diese zwei verschiedenen Eier angehörten. Kapitän Colnell berichtet, dass diese Erscheinung sehr häufig in dem Galapagos-Archipel vorkommt, und dass die Richtung jener Streifen die der Strömungen angiebt; in jenem oben angeführten Fall die Richtung indessen durch den Wind bestimmt. Erscheinung, die ich noch zu erwähnen h a b e ,

wurde

Die einzige andere

ist ein dünner öliger

• Mr. Lesson (Voyage de la Coquille, I, p. 355) erzählt von r o t h e m W a s s e r auf der H ö h e von L i m a , das anscheinend von derselben U r s a c h e h e r r ü h r t e . D e r a u s g e z e i c h n e t e N a t u r f o r s c h e r P e r o n erwähnt in d e r V o y a g e aux T e r r e s Australes nicht w e n i g e r als zwölf Fälle, in denen Reisende von g e f ä r b t e m S e e w a s s e r berichten (vol. 11, 239). D e r A n g a b e von Peron f ü g e n wir noch Humboldt (Reise in die Aequinoct.-Geg.) ; Flinder's Voyage, vol. I, p. 9a ; Labillardiere, vol. I, p. 287 ; Ulloa's V o y a g e ; V o y a g e of the Astrolabe and the Coquille; Captain King's S u r v e y of Australia hinzu.

Getrübtes M e e r w a s s e r (1833)

21

U e b e r z u g auf dem W a s s e r , der R e g e n b o g e n - F a r b e n zeigt. von Brasilien

sah ich eine

A n der K ü s t e

grosse W a s s e r f l ä c h e auf diese W e i s e

ge-

f ä r b t ; die Matrosen schrieben es dem faulenden Leichnam eines W a l l fisches

zu, der wahrscheinlich in nicht allzu grosser Entfernung auf dem

Wasser

trieb.

Stückchen,

Ich erwähne hier nicht die sehr kleinen

auf die ich später z u r ü c k k o m m e

gallertartigen

und die sich häufig im

W a s s e r zerstreut finden, denn sie sind nicht zahlreich g e n u g , um eine V e r ä n d e r u n g der F a r b e zu bewirken. E s sind in den oben angeführten Berichten zwei Umstände, welche merkwürdig

verschiedenen

Körper,

welche die Streifen mit fester B e g r e n z u n g bilden, zusammen?

scheinen:

erstens

wie halten die

In dem

F a l l der gameelenartigen K r a b b e n waren ihre B e w e g u n g e n so zeitig wie die der Soldaten in einem R e g i m e n t .

gleich-

A b e r von einer

be-

wussten Handlung kann bei Eiern oder Conferven, und wahrscheinlich auch nicht bei Infusorien die R e d e sache der L ä n g e

sein.

Z w e i t e n s , w a s ist die U r -

und Schmalheit dieser Streifen?

Diese

Erscheinung

gleicht so sehr derjenigen, die man in j e d e m W a s s e r l a u f beobachten kann, in welchem

die S t r ö m u n g den in den W i r b e l n

gebildeten Schaum in

lange Streifen auflöst, dass ich diese W i r k u n g einer ähnlichen T h ä t i g keit entweder der L u f t - oder der Meeresströmungen zuschreiben muss. Nach

diesen Voraussetzungen

müssen

wir

annehmen,

dass die

schiedenen organischen K ö r p e r in gewissen ihnen günstigen hervorgebracht und dann durch das Eintreten Wasserströmung

entführt

werden.

Doch

des W i n d e s

gestehe

ich,

ver-

Gegenden oder einer

dass

es sehr

schwer ist, sich irgend eine Stelle zu denken, welche die Geburtsstätte von Millionen und aber Millionen von Thierchen könnte:

und Conferven sein

denn wie gelangen die K e i m e an jene Stellen, da j a die er-

zeugenden

Thiere

durch W i n d e

Ocean verstreut werden?

und

Wellen

über

den

ungeheuere

A b e r nach keiner anderen H y p o t h e s e

ich ihre reihenweise A n o r d n u n g verstehen.

Ich will noch

kann

hinzufügen,

dass Scoresby angiebt, dass grünes W a s s e r , welches reich an pelagischen Thieren ist, sich beständig in einem bestimmten Theil des Meeres

findet.

arktischen

ZWEITES KAPITEL. R i o de J a n e i r o — Ausflug nördlich von C a p Frio — Starke Verdunstung — Sklaverei — liotofogo-Bai — L a n d p l a n a r i e n — W o l k e n auf d e m Corcovado — S t a r k e r R e g e n — S i n g e n d e F r ö s c h e — L e u c h t e n d e I n s e k t e n — S p r i n g k r a f t des E l a t e r — B l a u e r D u n s t — Von einem S c h m e t t e r l i n g e v e r u r s a c h t e s G e r ä u s c h — Entomologie — Ameisen — W e s p e , die eine Spinne tödtet — Parasitische Spinne — List e i n e r E p e i r a — H e r d e n - S p i n n e — S p i n n e mit einem unsymmetrischen Gewebe.

RIO DE JANEIRO. 4. April

bis 5. Juli

1832.

— Wenige Tage nach unserer A n -

kauft machte ich die Bekanntschaft eines Engländers, welcher im Begriffe war, seine mehr als hundert Meilen von der Hauptstadt entfernt liegende Besitzung nördlich von Cap Frio zu besuchen.

Mit Freuden

nahm ich seine gütige Aufforderung ihn zu begleiten ao. 8. April. — Unsere Reisegesellschaft bestand aus sieben Personen. Der erste Tagemarsch war sehr interessant.

E s war gewaltig heiss

und als wir die Wälder durchritten, war Alles regungslos mit Ausnahme der

grossen

und

prachtvollen

Schmetterlinge,

welche

träge

herumflatterten. Die sich beim Uebergang über die Hügel hinter Praia Grande bietende Aussicht war herrlich; die Farben von starker Leuchtkraft, der vorherrschende Ton ein dunkeles Blau, der Himmel und der glatte Wasserspiegel der Bucht wetteiferten mit einander an Pracht. Nachdem wir eine Strecke bebauten Landes hinter uns zurückgelassen hatten, betraten wir einen W a l d , der in allen seinen Theilen von nicht zu übertreffender Grossartigkeit war.

Gegen Mittag kamen wir nach

Ithacaia; dies kleine Dorf liegt in einer Ebene und

um das in der

Mitte

die mich durch

gebaute Haus

stehen die Hütten der N e g e r ,

23

Rio de Janeiro (183a) ihre regelmässige Gestalt und L a g e tottendörfer in S ü d a f r i k a erinnerten.

an die A b b i l d u n g e n

der Hotten-

D a der M o n d früh a u f g i n g , be-

schlossen w i r , noch an diesem A b e n d unser Nachtquartier in der L a g o a Marica

zu

nehmen.

B e i m Dunkelwerden

zogen

wir

am F n s s

eines

j e n e r mächtigen, kahlen und steilen Granitfelsen vorbei, die in diesem L a n d e so h ä u f i g vorkommen. Zeit der W o h n o r t

D i e Stelle ist berüchtigt, weil sie lange

einiger entlaufenen S k l a v e n w a r ,

F e l d b a u nahe dem Gipfel ihr elendes Dasein

die durch etwas

fristeten.

Endlich

ent-

deckte man sie; eine A b t h e i l u n g Soldaten w u r d e ausgeschickt und fing die ganze Gesellschaft mit A u s n a h m e einer alteD F r a u , d i e , um nicht wieder in die Sklaverei zurückzukehren, sich v o n dem G i p f e l des B e r g e s herabstürzte.

B e i einer römischen Matrone w ü r d e man es als Freihcits-

liebe preisen; bei einer armen N e g e r i n nennt man es Eigensinn.

unvernünftigen

W i r ritten ein paar Stunden weiter; auf der letzten Strecke

w a r der W e g schwer zu finden, denn er führte durch eine öde G e g e n d von S ü m p f e n und L a g u n e n . licht recht trostlos aus.

D i e Landschaft sah in dem fahlen M o n d -

E i n paar L e u c h t k ä f e r schwirrten an uns

vor-

ü b e r ; eine S c h n e p f e stiess beim A u f f l i e g e n ihren klagenden R u f aus. Das

ferne

und dumpfe T o s e n des Meeres unterbrach k a u m die Stille

der Nacht.

9. April. Nachtlager.



Vor

Der W e g

Sonnenaufgang

verliessen

wir

unser

elendes

führte über eine schmale S a n d z u n g e ,

welche

sich zwischen der S e e und den inneren salzigen L a g u n e n hinzieht. grosse A n z a h l schöner sowie

die Fettpflanzen,

fischender welche

Vögel, die

wie R e i h e r

wunderlichsten

und

Formen

Die

Kraniche, zeigten,

verliehen der Landschaft einen R e i z , den sie sonst nicht besessen hätte. E i n i g e der

verkrüppelten B ä u m e

waren

mit Schmarotzerpflanzen

bc-

deckt, unter denen die Schönheit und der köstliche D u f t einiger Orchideen B e w u n d e r u n g erregte. ausserordentlich

heiss;

dem weissen S a n d

war

A l s die S o n n e

der R e f l e x sehr

aufging,

des Lichts

quälend.

Wir

und

wurde

der T a g

der W ä r m e

assen in Mandetiba

Mittag; das Thermometer zeigte 3 0 0 C. im Schatten. sicht auf die fernen bewaldeten H ö h e n ,

die

W a s s e r einer weiten L a g u n e spiegelten,

erfrischte

sich

von zu

D i e schöne A u s -

in dem ganz stillen uns

förmlich.

Da

24

Zweites Kapitel

die dortige V f n d a * sehr gut war und ich von ihr die angenehme, wenn auch seltene Erinnerung an ein vortreffliches Mittagessen bewahrt habe, so will ich aus Dankbarkeit das Haus als Typus seiner Klasse beschreiben.

Diese Gebäude sind oft gross und aus dicken, aufrecht

stehenden Stämmen mit dazwischen geflochtenen Zweigen erbaut und später mit Mörtel beworfen.

Sie sind selten gedielt, und die Fenster

stets ohne Scheiben; aber meist mit guten Dächern versehen.

Bei

allen ist die Vorderseite offen und bildet eine Art von Veranda, in der Tische und Bänke stehen. Die Schlafzimmer schliessen sich an beiden Seiten an und hier können die Reisenden ruhen, so gut es auf einer hölzernen Pritsche geht, die mit einer dünnen Strohmatte bedeckt ist. Die V f n d a steht in einem H o f r a u m , in welchem die Pferde gefüttert werden.

Sobald wir angekommen waren, pflegten wir die Pferde ab-

zusatteln und sie mit Mais zu fiittem; dann mit einer tiefen Verbeugung den Senhor zu fragen, ob er so gut sein wolle, uns etwas zu essen zu geben.

.Alles was Sie wünschen, mein Herr," war die stete Antwort.

Die ersten Male dankte ich übereilt der Vorsehung, uns zu

einem

solchen Biedermann geführt zu haben, doch je länger die Unterhaltung dauerte, je kläglicher wurde die Lage. sein, uns Fische zu geben?" „Nein, Herr." Fleisch?"

„Oder Brot ?"

„O nein, Herr."

„Können Sie so freundlich

„O nein, mein H e r r ! "

„Oder S u p p e ? "

„O nein, Herr." — „Oder

gedörrtes

Im glücklichsten Fall bekamen wir nach

stundenlangem Warten Hühner, Reis und

Farinha.

Doch kam

es

nicht selten vor, dass wir die Hühner fiir unser Abendessen erst selbst durch Steinwürfe tödten

mussten.

Wenn

wir durch Anstrengungen

und Hunger erschöpft schüchtern anzudeuten wagten, dass wir unser Essen zu haben wünschten, gab der Hausherr die hochfahrende und wenn auch wahre, so doch höchst unerfreuliche A n t w o r t : fertig sein, wenn es fertig ist."

„Es

wird

Hätten wir uns weitere Einreden ge-

stattet, würde man uns geheissen haben uns fortzupacken, weil wir zu unverschämt wären.

Die Gastwirthe sind in ihrem Betragen sehr un-

höflich und grob; sie selbst wie ihre Häuser starren oft von Schmutz, fast nirgends giebt es Messer, Gabeln oder Löffel; und ich bin über-

* Venda ist die portugiesische Bezeichnung (tir Wiithshaus.

Rio de Janeiro (1833)

25

z e u g t , dass es in England kein Bauernhaus oder eine Hütte giebt, die jeden Comforts so baar ist.

Im Campos Novos

aber speisten

wir vorzüglich; wir bekamen Mittags R e i s , Geflügel, Biscuit,

Wein

und Branntwein; A b e n d s K a f f e e und zum Frühstück Fisch und K a f f e e . Das

Alles

nebst

gutem

Futter

für die Pferde

Schilling sechs P e n c e für die Person.

kostete

nur

zwei

A l s Jemand aber den W i r t h

dieser Vdnda fragte, ob er nicht wisse, wo eine Peitsche hingekommen sei, die einer aus unserer Gesellschaft verloren hatte, antwortete er unwirsch: „ W i e soll ich das wissen? auf A c h t gegeben?

Warum haben Sie nicht dar-

Die Hunde werden sie wohl gefressen haben.*

Nachdem wir Mandetiba verlassen hatten, setzten wir unseren Weg

durch

fanden

sich

ein

Labyrinth

von

Seen

fort;

in

anderen

Süsswassermuscheln,

in

einigen

derselben

Seemuscheln.

Von

ersterer A r t fand ich eine Limnaea sehr zahlreich in einem S e e ,

in

w e l c h e n , wie die Einwohner mir versicherten, das Meer einmal im Jahre macht.

und

bisweilen

öfter

eintritt und

das Wasser

ganz

salzig

Ohne Zweifel könnten viele interessante Thatsachen in Be-

zug auf See- und Süsswasserthiere in dieser K e t t e von Lagnnen beobachtet werden, welche sich längs der K ü s t e von Brasilien hinziehen. Mr. G a y * berichtet, dass er in der Nähe von R i o A r t e n der marinen Gattungen Solen und Mytilus und der im Süsswasser lebenden A m pullariae im Brackwasser lebend bei einander gefunden habe.

Auch

ich habe in der Lagune nahe dem botanischen Garten, in welcher das Wasser nur etwas weniger salzig als im Meere selbst ist, öfters eine A r t Hydrophilus gefunden, welcher einem in englischen Gräben häufigen Wasserkäfer

sehr

ähnlich

ist;

die einzige

in jenem See

lebende Muschel gehörte einer Gattung an, die man oft in seichten Meerbusen findet. Dann verliessen wir eine W e i l e die K ü s t e und betraten den W a l d .

wieder

Die Bäume waren sehr hoch und mit denen von Europa

verglichen, zeichneten sie sich durch die Weisse ihrer Stämme aus. In meinem Notizbuch finde ich, dass „wunderbare und schöne blühende Schmarotzerpflanzen" mir beständig als die überraschendste Neuheit

* A n n a l e s des S c i e n c e s N a t u r e l l e s for 1833.

26

Zweites Kapitel

in diesen grossartigen Landschaftsbildern auffielen. Bei der Fortsetzung unseres Weges kamen wir durch Weideland, welches durch ungeheuere kegelförmige Ameisenhaufen, die beinahe zwölf Fuss hoch waren, sehr beschädigt war. Sie gaben der Ebene genau das Ansehen der Schlammvulkane von Jorullo, wie sie Humboldt abgebildet hat. Als es schon dunkel war, erreichten wir Engenhodo, nachdem wir zehn Stunden zu Pferde gewesen waren. Während der ganzen Reise hörte ich nicht auf zu staunen, welches Mass von Arbeit die Pferde zu leisten im Stande waren; auch schienen sie sich nach jeder Verletzung schneller zu erholen, wie die von unserer englischen Rasse. Die Vampirfledermaus verursacht oft grosse Unannehmlichkeiten, weil sie die Pferde am Widerrist beisst. Der Schaden ist nicht so schlimm durch den Blutverlust als in Folge der Entzündung, welche der Druck des Sattels nachher verursacht. Die ganze Sache ist vor Kurzem in England angezweifelt worden; aber ich war so glücklich dabei zu sein, als eines dieser Thiere (Desmodus d'orbignyi, Wat.) thatsächlich auf dem Rücken eines Pferdes gefangen wurde. Wir bivouakirten spät Abends nahe von Coquimbo in Chile, als mein Diener bemerkte, dass eines der Pferde sehr unruhig wurde, hinging, um nachzusehen, was die Ursache sei, und da er etwas zu bemerken glaubte, schnell mit der Hand auf den Widerrist fasste und den Vampir griff. Am Morgen war die Stelle, wo der Biss beigebracht war, sofort zu erkennen, da sie etwas geschwollen und blutig aussah. Am dritten Tage aber ritten wir wieder das Pferd, ohne üble Folgen zu veranlassen. 13. April. — Nach drei Tagereisen kamen wir in Soc£go, der Besitzung des Senhör Manuel Figuireda an, der mit einem aus unserer Gesellschaft verwandt war. Das Haus hatte die Gestalt einer Scheune, war aber dem Klima ganz angemessen. Die vergoldeten Stühle und Sophas im Wohnzimmer bildeten einen seltsamen Gegensatz zu den weissgetünchten Wänden, dem Strohdach und den scheibenlosen Fenstern. Mit den Speichern, den Ställen und Werkstätten für die Schwarzen, welchen man verschiedene Handwerke gelehrt hatte, bildete das Haus eine Art von Viereck, in dessen Mitte ein grosser Haufen von Kaffee zum Trocknen lag. Die Gebäude stehen auf

27

Sklaverei (183a)

einer kleinen A n h ö h e , von welcher man das urbar gemachte Land übersieht, das von allen Seiten durch eine W a n d von dunkelgrünen üppigen W ä l d e r n umgeben ist. ist K a f f e e . tragen,

D a s Haupterzeugniss dieser Gegend

Jeder Baum soll durchschnittlich im Jahre zwei Pfund

aber

einige

geben bis acht Pfund.

wird gleichfalls viel angebaut.

Mandioc oder Cassada

Jeder Theil dieser Pflanze ist nütz-

lich ; die Blätter und Stengel dienen als Pferdefutter und die Wurzeln werden zu einem Brei zerrieben, welcher, wenn er trocken und gebacken ist, die Farinha bildet, das Hauptnahrungsmittel der Brasilianer. E s ist eine merkwürdige, wenn auch wohlbekannte Thatsache, der Saft dieser

so

nahrhaften Pflanze

V o r einigen Jahren

in

hohem Grade

giftig

Senhör Figuireda

erzählte

mir, dass er im Vorjahre einen Sack F e i j a ö , das sind Bohnen, Säcke

letztere

Reis

eine

ist.

starb auf dieser nämlichen Fazenda eine K u h ,

weil sie etwas davon getrunken hatte. drei

dass

gesäet

hätte;

ersterer

dreihundertundzwanzigfältige

trug

eine

Ernte.

und

achtzigfältige,

Das

Weideland

nährt eine schöne Rinderheerde und die W ä l d e r sind so wildreich, dass man an jedem schossen hatte.

der drei

vergangenen T a g e

einen Hirsch ge-

Dieser Ueberfluss an Lebensmitteln zeigte sich bei

den Mahlzeiten, bei denen, wenn auch die Tische nicht brachen, die Gäste aber in schwere Bedrängniss kamen, denn man erwartet, dass sie von jedem Gericht essen. Eines Tages, als ich nach meiner Meinung genau berechnet hatte, dass keine Schüssel ungekostet vorübergehen sollte, erschienen zu meinem grössten Schrecken noch unerwartet ein gebratener Puter und ein Schwein in Lebensgrösse.

Während

der

Mahlzeiten war ein Diener damit beschäftigt, mehrere alte Jagdhunde und ein Dutzend kleiner Negerkinder zu verjagen, bei jeder Gelegenheit in das Zimmer krochen. den Gedanken

die

gemeinsam

S o lange man sich

an die Sklaverei fern halten konnte,

lag etwas un-

gemein Anziehendes in dieser einfachen und patriarchalischen Lebensweise : man war der ganzen übrigen W e l t fern und von ihr unabhängig.

Sobald man irgend einen Fremden kommen sieht, wird eine

grosse Glocke geläutet und gewöhnlich eine kleine K a n o n e abgefeuert. Das Ereigniss wird damit den Felsen und Wäldern verkündet, denn sonst ist Niemand da. Eines Morgens ging ich eine Stunde vor Sonnenaufgang

28

Zweite« Kapitel

aus, um die feierliche Ruhe der Landschaft zu bewundern; endlich wurde die Stille durch das geistliche Morgenlied unterbrochen, das alle Schwarzen gemeinsam anstimmten, die gewöhnlich so ihr Tagewerk begannen. Ich zweifle nicht, dass auf einer solchen Fazfinda die Schwarzen ein glückliches und zufriedenes Dasein führen. Sonnabends und Sonntags arbeiten sie für sich, und in diesem fruchtbaren Lande genügt die Arbeit von zwei Tagen, um einen Mann und seine Familie die ganze Woche hindurch zu unterhalten. 14. April. — Nachdem wir Soctgo verlassen hatten, ritten wir nach einer anderen Besitzung am Rio Mac&e, welche das letzte Stück angebauten Landes in jener Richtung ist. Die Besitzung war zwei und eine halbe Meile lang, wie viele Meilen sie breit war, hatte der Eigenthümer vergessen. Nur ein ganz kleiner Theil davon war urbar gemacht, aber fast jeder Acker konnte die mannigfaltigen reichen Erzeugnisse eines Tropenlandes hervorbringen. Bedenkt man die ungeheuere Flächenausdehnung Brasiliens, so verschwindet beinahe das Stückchen angebauten Landes im Vergleich mit dem, das sich noch im Naturzustande befindet; welch eine zahlreiche Bevölkerung wird dies Land dereinst ernähren! "Während der zweiten Tagereise fanden wir den Wald so verwachsen, dass ein Mann mit einem Hiebmesser vorausgehen musste, um die Kletterpflanzen fortzuschneiden. Der Wald war reich an den schönsten Gegenständen, und unter diesen waren die Baumfarren wenn auch nicht durch Grösse, so doch durch ihr frischgrünes Laub und den eleganten Schwung ihrer Wedel, am bewundernswürdigsten. Abends regnete es stark, und obgleich das Thermometer l8° C. zeigte, fror ich doch sehr. Sobald der Regen aufgehört hatte, war es merkwürdig, die starke Verdunstung zu beobachten, welche auf der ganzen Ausdehnung des Waldes anfing. In der Höhe von hundert Fuss waren die Berge in dicken weissen Dunst gehüllt, der wie Rauchsäulen aus den am dichtesten bewaldeten Theilen, insonderheit den Thälera, aufstieg. Diese Erscheinung habe ich bei verschiedenen Gelegenheiten beobachtet : ich vermuthe, dass dies seinen Grund in der grossen Oberfläche von Laub hat, welches vorher durch die Sonnenstrahlen erwärmt worden ist.

29

Wälder und Wege (1832)

"Während meines Aufenthaltes

auf

dieser Besitzang

wäre

ich

fast Zeuge einer jener grausamen Handlungen geworden, die nur in einem

Sklavenlande

vorkommen können.

In F o l g e eines

Streites

und eines Prozesses stand der Besitzer im B e g r i f f , allen männlichen Sklaven ihre Frauen und K i n d e r zu nehmen und sie einzeln in R i o öffentlich versteigern zu lassen.

Die Rücksicht auf seinen Vortheil,

nicht etwa ein Gefühl des Mitleids, hinderte schliesslich die führung des Planes.

Aus-

A u c h glaube ich, dass der G e d a n k e , wie un-

menschlich es s e i , dreissig Familien zu trennen, die jahrelang einander gelebt hatten,

dem Besitzer nicht einmal

mit

gekommen ist.

Trotzdem möchte ich mich verbürgen, dass er in Bezug auf "Wohlwollen und Humanität das Durchschnittsmass der Menschen übertraf. A b e r man muss zugeben, dass die Verblendung der Selbstsucht und der Eigennutz keine Grenze kennt.

Bei dieser Gelegenheit

möchte

ich eines kleinen unbedeutenden Vorfalles erwähnen, der mich damals lebhafter berührte als die Erzählung von irgend welcher Grausamkeit. Ich setzte auf einer F ä h r e mit einem N e g e r ü b e r , der ganz ungewöhnlich dumm war.

B e i dem Versuche, mich ihm verständlich zu

machen, erhob ich die Stimme und machte Z e i c h e n , wobei ich mit der Hand nahe an sein Gesicht herankam.

Vermuthlich glaubte er,

dass ich zornig wäre und ihn schlagen w o l l t e , denn plötzlich liess er mit ängstlichem A u s d r u c k und halbgeschlossenen A u g e n die Hände sinken-.

Nie werde ich das Gefühl von Ueberraschung, Widerwillen

und Beschämung vergessen, als ich diesen kräftigen Mann sich fürchten sah,

einen nach seiner Meinung auf sein Gesicht gezielten

auch nur abzuwehren.

Schlag

Dieser Mensch war in einem Zustande

der

Erniedrigung aufgewachsen, die schlimmer als die Knechtschaft des hülflosesten Thieres ist.

18. April.

— A u f dem R ü c k w e g e verweilten wir zwei T a g e in

Socfigo, die ich anwendete, um Insekten im W a l d e zu sammeln.

Die

Räume messen im Allgemeinen trotz ihrer Höhe doch nicht mehr als drei bis vier Fuss im U m f a n g e ; doch giebt es natürlich einige wenige von sehr viel grösserer Dicke.

Senhör Manuel machte damals ein

Canoe von 70 Fuss L ä n g e aus einem mächtigen Stamme, sprünglich 1 1 0 Fuss lang und sehr umfangreich gewesen war.

der urWenn

Zweites Kapitel

30

Palmen zwischen gewöhnlichen sich verzweigenden Bäumen wachsen, erhält die Landschaft immer einen Tropencharakter. Den Schmuck dieser W ä l d e r bildet die Kohlpalme, eine der schönsten dieser Pflanzenfamilie. Auf einem Stamm, der so schlank ist, dass man ihn mit den Händen umspannen könnte, wiegt sich ihre schön geformte K r o n e vierzig oder fünfzig Fuss über dem Erdboden.

Die holzigen Schling-

pflanzen, selbst wieder von anderen Kletterpflanzen bedeckt, waren sehr dick; einige, die ich

mass, hatten zwei Fuss im Umfange.

Manche der älteren Bäume boten herabhängenden

durch

die von ihren

und Heubündeln gleichenden

Stränge von

Zweigen Lianen

einen sehr eigenthümlichen Anblick dar. Wendete sich das Auge von dem Laubgewirr oben nach dem Erdboden, so wurde es durch die ausserordentliche Zierlichkeit der Famwedel und Mimosen gefesselt; an einigen Stellen bedeckten letztere die Erde mit einem nur wenige Zoll

hohen Gestrüpp.

Ueberschritt man diesen dichten Mimosen-

teppich, so blieb eine breite Spur zurück, welche durch die Schattenveränderung der sich senkenden sensitiven Fiederblättchen hervorgebracht wurde.

Es ist leicht, die einzelnen Gegenstände anzuführen,

welche unser Entzücken in diesen grossartigen Landschaftsbildern erregen; aber es ist nicht möglich, eine gleichmässige Vorstellung von den Empfindungen der Bewunderung, des Staunens und der Andacht zu geben, welche das Gemüth erfüllen und erheben.

19. April.

— Nachdem wir Socigo verlassen hatten, legten wir

während der ersten zwei Tage den früheren W e g zurück.

Es war

eine sehr mühselige Aufgabe, denn er führte meist über eine blendende, heisse Sandebene nicht weit von der Küste entfernt. dass jedesmal,

Ich bemerkte,

wenn das Pferd seinen Huf auf den feinen kieseligen

Sand setzte, ein leises zirpendes Geräusch entstand.

A m dritten Tage

schlugen wir eine andere Richtung ein und kamen durch das freundliche kleine Dorf Madre de Deos.

Dies ist eine der Hauptverkehrs-

strassen Brasiliens; dennoch war sie in so schlechtem Zustande, dass kein

Fuhrwerk

ausser den

plumpen Ochsenwagen

darauf

vorwärts

kommen konnte. Während unserer ganzen Reise haben wir nicht eine einzige steinerne Brücke passirt, und die aus Holzstämmen zusammengefügten waren oft so baufällig, dass man einen Uniweg machen musste.

31

Wälder und Wege (1833)

um sie zu vermeiden.

Alle Entfernungen sind nur ungenau bekannt.

Statt der Meilensteine sieht man häufig Kreuze an den Strassen, welche die Stelle bezeichnen, wo eine Mordthat geschehen ist.

Am Abend

des 23. kamen wir nach Beendigung unseres hübschen kleinen Ausfluges in Rio an. Während der übrigen Zeit meines Aufenthaltes in Rio wohnte ich in einem Häuschen an der Bolofogobucht.

Man kann sich nichts Ent-

zückenderes denken, als in dieser Art ein paar Wochen in einem so herrlichen Lande zu verleben. Naturbeobachtung

liebt,

Auch in England hat Jedermann, der

den grossen Vortheil,

dass

er bei seinen

Spaziergängen immer etwas findet, das seine Aufmerksamkeit fesselt; aber in diesen fruchtbaren Gegenden, die von Leben strotzen, sind die Gegenstände so zahlreich, dass man darüber kaum zum Spaziergehen kommt. Die wenigen Beobachtungen, welche ich im Stande war zu machen, beschränkten sich fast ausschliesslich auf wirbellose Thiere. Die Existenz einer Spezies der Abtheilung Planaria, die auf dem Lande wohnt, interessirte mich lebhaft.

Diese Thiere sind von so einfachem Bau, dass

Cuvier sie den Eingeweidewürmern beigeordnet hat, obwohl man sie nie in den Körpern anderer Thiere findet. Zahlreiche Arten leben sowohl im Seewasser wie im süssen Wasser; aber die, von welchen ich rede, wurden selbst in den trockneren Theilen des Waldes, unter Stücken verfaulten Holzes gefunden, von dem sie sich, wie ich glaube, nähren. Der allgemeinen Gestalt nach gleichen sie kleinen Wegeschnccken, sind aber im Verhältniss viel schlanker, und einige Arten sind mit Längsstreifen schön gefärbt.

Ihr Bau ist sehr einfach; nahe der Mitte der

unteren oder Kriech-Fläche befinden sich zwei kleine quere Spalten, aus deren vorderer der trichterförmige und sehr reizbare Mund vorgestülpt werden kann.

Noch einige Zeit, nachdem der übrige Körper des

Thicres vollständig todt war, in Folge der Wirkung des Meerwassers oder aus anderer Ursache, behielt dies Organ noch Lebenskraft. Ich

habe

Landplanarien gefunden*.

nicht in

weniger

verschiedenen

als

zwölf

Theilen

verschiedene der

Arten

von

südlichen Hemisphäre

Einige Exemplare, die ich in Van Diemensland bekam,

* Ich habe diese Arten beschrieben und benannt in den Annales of Nat. Hist. X I V . p. »41.

Zweites Kapitel

32

habe ich fast zwei Monate lebendig erhalten, indem ich sie mit verfaultem Holz fütterte.

Nachdem ich eins dieser Thiere quer in zwei beinah

gleichgroße Theile durchschnitten hatte, erlangten beide Stücke nach Verlauf von vierzehn Tagen

die Gestalt vollkommener Thiere.

Ich

hatte indessen den Körper so getheilt, dass eine der Hälften die beiden unteren

OefTnungen enthielt, und die andere also keine.

zwanzig

Tage

nach

der Operation

konnte

Fünfund-

man die vollkommenere

Hälfte von keinem anderen Exemplar unterscheiden.

Die andere Hälfte

hatte an Grösse sehr zugenommen; nach dem hinteren Ende zu hatte sich in der parenchymatösen Körpermasse ein heller R a u m gebildet, in welchem man deutlich die Anlage eines becherförmigen Mundes

er-

kennen konnte; an der Unterseite hatte sich indessen noch kein dementsprechender Schlitz geöffnet.

Wenn nicht die mit unserer Annähe-

rung an den Aequator zunehmende Hitze des Wetters alle Individuen zerstört

hätte,

das Gebilde

so

würde

vollendet

ohne

haben.

Zweifel diese Obgleich

es ein

Experiment ist, war es sehr interessant, das jedes

wesentlichen

anderen Thieres

Organs

zu

aus

dem

beobachten.

Es

diese Planarien zu conserviren;

Entwickelung

so

wohlbekanntes

allmähliche

einfachen ist

letzte

Entstehen

Schwanzende

ausserordentlich

eines

schwierig,

sobald das Aufhören des Lebens den

gewöhnlichen Gesetzen chemischer Zersetzung in Thätigkeit zu treten gestattet,

wird ihr ganzer Körper mit einer Schnelligkeit weich und

flüssig, wie es mir sonst nicht vorgekommen ist. Ich besuchte zuerst den W a l d ,

in welchem diese Planarien zu

finden waren, in Begleitung eines alten portugiesischen Priesters, der mich mit auf die Jagd nahm.

Das Jagdvergnügen bestand darin, einige

Hunde in das Dickicht zu schicken und dann geduldig wartend auf jedes Thier zu schiessen, eines benachbarten

das sich irgend zeigte. Farmers,

brasilianischen Jünglings.

ein

Mit uns war der Sohn

prächtiges Exemplar eines echten

Er trug ein zerrissenes altes Hemde

und

Hosen, den Kopf aber unbedeckt, dazu eine alte Flinte und ein grosses Messer.

Die Gewohnheit Messer zu tragen, ist allgemein, und beim

Durchschreiten der dicken Wälder ist es wegen der Schlingpflanzen beinahe unentbehrlich.

Das häufige Vorkommen von Mordthaten ist

indessen zum Theil der Sitte des Messertragens zuzuschreiben.

Die

33

Rio de Janeiro (1839)

Brasilianer sind mit dem Messer so geschickt, dass sie es auf beträchtliche Entfernung mit Sicherheit zu werfen vermögen und mit genügender K r a f t , um eine tödtliche Wunde beizubringen.

Ich habe häufig

kleine Jungen gesehen, welche diese Kunst als ein Spiel betrieben, und das Geschick, mit dem sie einen aufgestellten Stock trafen, war vielversprechend für Proben ernsterer Art.

Mein Begleiter hatte Tags zu-

vor zwei grosse Bartaffen geschossen; die Thiere haben Greifschwänze, deren Spitze selbst nach dem Tode das ganze Gewicht des Körpers zu tragen vermag. Der eine war auf diese Weise an einem Zweige hängen geblieben, und es war nöthig einen grossen Baum zu fällen, um ihn zu erlangen.

Das

war

schnell bewerkstelligt und Baum und A f f e

fielen mit einem fürchterlichen Krach zu Boden.

Ausser dem Affen

beschränkte sich unsere Jagdbeute auf einige kleine grüne Papageien und ein paar Pfefferfresser. Doch die Bekanntschaft mit dem portugiesischen Padre kam mir zu Statten, denn bei einer anderen Gelegenheit schenkte er mir ein schönes Exemplar der Yagouaroundikatze. Wohl ein Jeder hat von der Schönheit der Umgegend von Botofogo gehört.

Das Haus, in welchem ich wohnte, lag dicht unter dem

vielgenannten Berg Corcovado.

Es ist sehr richtig bemerkt worden,

dass steil aufsteigende kegelförmige Berge für die Formation charakteristisch sind, die Humboldt Gneisgranit nennt. Nichts kann überraschender sein, als die Wirkung dieser mächtigen runden Massen von nacktem Felsen, die aus der üppigsten Vegetation aufsteigen. Mit grossem Interesse beobachtete ich oft die Wolken, die sich vom Meere heranwälzend, gerade unter der höchsten Spitze des Corcovado eine Schicht

bildeten.

Gleich den

meisten

anderen

Bergen

schien auch der Corcovado, wenn so halb verschleiert, sich viel stattlicher zu erheben, als seine wirkliche Höhe, die nur 2300 Fuss beträgt. Mr. Daniell hat in seinen meteorologischen Abhandlungen mitgetheilt, dass eine Wolke zuweilen an einem Berggipfel zu haften scheint, während der Wind darüber streicht. Hier zeigte sich dasselbe Phänomen unter einer etwas anderen Form.

Man sah deutlich, wie sich die

Wolke hinaufkräuselte und mit grosser Schnelligkeit an dem Gipfel vorbeizog, dabei aber an Umfang weder ab- noch zunahm. Die Sonne war dem Untergehen nahe und eine sanfte südliche Brise, die gegen D a r w i n , Reise.

3

34

Zweites Kapitel

die Südseite des Berges wehte, mischte ihre Strömung mit der kälteren L u f t oben;

hierdurch

wurde

der Wasserdampf

verdichtet;

als aber

die leichten Wolkenflocken über den Grat zogen und in das Bereich der wärmeren Atmosphäre des allmählich sich senkenden Nordabhanges kamen, wurden sie sofort wieder aufgelöst. Das Klima war entzückend während der Monate Mai und J u n i ; das ist hier der Anfang des Winters.

Die mittlere Temperatur betrug

nach Beobachtungen, die sowohl Morgens wie Abends neun Uhr angestellt wurden, nur 23 0 C.

E s regnete oft stark, aber die trocknenden

Südwinde machten die W e g e bald wieder gangbar. fiel im Laufe von sechs Stunden

1,6 Zoll Regen.

Eines Morgens Während dieses

Gewitter über die den Corcovado umgebenden Wälder zog, war das Geräusch, das die Regentropfen auf der zahllosen Menge von Blättern hervorbrachten, sehr merkwürdig; man konnte es eine Viertelmeile weit hören,

und es klang wie

Nach

das Rauschen eines grossen Wasserfalles.

den heisseren Tagen

war

es höchst erfrischend im Garten zu

sitzen und den Abend zur Nacht werden zu sehen.

Die Natur wählt

sich in diesen Breiten ihre Sänger aus bescheideneren Kreisen als in Europa.

Ein

kleiner Frosch

von

der Gattung Hyla

sitzt auf einem

Grashalm ungefähr einen Zoll über dem Wasserspiegel und lässt ein angenehmes Zirpen hören; sind mehrere beisammen, so singen sie harmonisch in verschiedenen Tönen.

E s wurde mir ziemlich schwer, ein

Exemplar dieses Frosches zu fangen.

Bei der Gattung H y l a endigen

die Zehen in kleine Saugnäpfe, und ich fand, dass dieses Thier an einer Glasplatte emporkriechen konnte,

auch wenn sie völlig senkrecht ge-

halten wurde. Verschiedene Cicaden und Grillen lassen beständig einen schrillen Lärm erklingen, der aber, wenn durch die Entfernung gemildert, nicht unangenehm ist. Dies Concert fing jeden Abend nach dem Dunkelwerden an und ich lauschte ihm oft lange Zeit, bis meine Aufmerksamkeit durch irgend ein seltsames, vorbeifliegendes Insekt abgelenkt wurde. U m diese Zeit sieht man die Leuchtkäfer von Hecke zu Hecke fliegen,

und in einer dunklen Nacht gewahrt man das Licht bis auf

zweihundert Schritt Entfernung.

E s ist bemerkenswerth,

den

verschiedenen

Glühwürmern,

und

den

Arten

mancherlei

von

Seethieren

(Crustaceen,

dass bei all

leuchtenden Quallen,

Elatern

Nereiden,

Leuchteade Insekten (183a)

einer Koralle

aus der

Gattung

35

Clytia und bei

Pyrosoma),

die

ich

beobachtet habe, das Licht von einer ausgesprochenen grünen Färbung war. (zn

A l l e Leuchtkäfer, die ich hier fing, gehörten zu den Lampyriden welcher Familie auch das englische Glühwürmchen gehört),

und

die grössere Zahl der Exemplare waren Lampyris occidentalis*.

Ich

bemerkte, dass dies Insekt am hellsten strahlte, wenn es gereizt wurde; in den Zwischenzeiten wurden die Hinterleibsringe dunkel.

Das Auf-

blitzen geschah fast gleichzeitig in beiden Ringen, aber man konnte es doch zuerst an dem vorderen wahrnehmen. Die leuchtende Substanz war flüssig und sehr klebrig; kleine Stellen, an denen die Haut zergerissen w a r , blieben hell durch ein leises Flimmern, während unverletzten Theile sich verdunkelten.

die

K ö p f t e man das Insekt,

so

blieben die R i n g e ununterbrochen h e l l , aber nicht so strahlend wie zuvor;

örtliche Reizung mit einer Nadel steigerte immer die L e b -

haftigkeit des Lichtes.

In einem Falle

behielten

die R i n g e

ihre

Leuchtkraft noch vierundzwanzig Stunden nach dem T o d e des Insekts. Nach

diesen Thatsachen

nur die Macht

hat,

wäre

es wahrscheinlich,

für kurze Zeit

das Licht

dass

das

Thier

zu verbergen

oder

auszulöschen, und dass die Entfaltung zu anderen Zeiten nnwillkürlich ist.

Auf

den

schlammigen

und

feuchten Kieswegen fand ich die

Larven dieser Lampyris in grosser A n z a h l ; sie ähneln im Allgemeinen dem W e i b c h e n des englischen Glühwurmes.

Diese Larven besassen

nur schwache Leuchtkraft, stellten sich ganz abweichend von ihren Eltern bei der leisesten Berührung todt und hörten auf zu scheinen, auch

veranlasste

mehrere

von

Reizung

ihnen

keine

neue

sehr eigenthümliche Organe,

denn

geschickten

Saugnäpfe

gleich keit.

als Ich

Vorrichtung ein Behälter fütterte

ich bemerkte

Lichtentfaltung.

eine Zeit lang am Leben; als

sie

für Speichel

Ich

hielt

ihre Schwänze sind

dienen

vermöge

oder

Haftorgane

einer sehr und

oder eine derartige

die Thiere wiederholt mit rohem F l e i s c h ,

jedesmal,

dass

sehr

und

ab und zu das Schwanzende an den

Mund geführt und ein Tropfen auf das Fleisch abgesondert " I c h bin M r . W a t e r h o u s e

zu-

Flüssig-

dankbar

für s e i n e F r e u n d l i c h k e i t ,

s o w i e v i e l e a n d e r e I n s e k t e n b e s t i m m t und m i r a u c h sonst w e r t h v o l l e

wurde,

mir d i e s e s ,

Unterstützung

g e w a h r t zu h a b e n . 3*

36

Zweites Kapitel

w e l c h e s eben verzehrt werden sollte.

T r o t z s o vieler U e b o n g schien

der Schwanz nicht im Stande zu sein, den W e g zum M o n d e zu finden, wenigstens wurde zuerst immer der H a l s berührt, um gewissermassen als W e g w e i s e r zu dienen. Als

wir

uns

in

Bahia

aufhielten,

schien

ein

Elater

oder

Schmidt (Pyrophorus luminosus Iiiig.) das am häufigsten vorkommende leuchtende Insekt zu sein.

A u c h in diesem F a l l e wurde das L i c h t

in F o l g e von R e i z u n g heller. Ich unterhielt mich eines T a g e s damit, das

Springvermögen

dieses

Insekts

zu

beobachten,

Meinung nach n o c h nicht richtig beschrieben i s t * . auf den R ü c k e n bewegte

gelegt

er K o p f

das

meiner

W u r d e der Elater

und schickte er sich zum Springen a n ,

und

Brust

TÜckwärts,

so

dass

so

der Bruststachel

ausgezogen wurde und auf dem R a n d e seiner Scheide ruhte.

Wurde

dieselbe R ü c k w ä r t s - B e w e g u n g fortgesetzt, so wurde der Stachel durch die v o l l e W i r k u n g der Muskeln wie eine elastische F e d e r gebogen, und in diesem A u g e n b l i c k

ruhte

das Insekt auf der Spitze des K o p f e s

und denen der F l ü g e l d e c k e n .

Liess dann diese A n s p a n n u n g plötzlich

nach, so flogen K o p f und Brust in die H ö h e , und es schlug in F o l g e dessen dass

die Basis

das

der F l ü g e l d e c k e n

Insekt

durch

emporgeschnellt wurde.

den

so heftig

Rückprall

ein

gegen die Unterlage, bis

zwei

Zoll

die S c h e i d e des Stachels dienen dazu, den ganzen K ö r p e r des S p r u n g e s im Gleichgewicht zu halten. welche

i c h gelesen

Elasticität

habe,

des Stachels

nicht das R e s u l t a t

hoch

D i e vorspringenden Spitzen des Thorax und

war

gelegt;

nicht ein

genügendes so

während

B e i den Beschreibungen,

plötzlicher

einfacher Zusammenziehung

Gewicht

auf die

Sprung

könnte

der M u s k e l n

ohne

H ü l f e irgend einer mechanischen V o r r i c h t u n g sein. Mehrmals hatte ich den Genuss, Ausflüge

kurze aber höchst

in die U m g e g e n d zu machen.

angenehme

E i n e s T a g e s ging ich nach

dem botanischen G a r t e n , in dem man viele Pflanzen wachsen sieht, die

wegen

ihres

grossen Nutzens

bekannt

sind.

Die

Blätter

des

K a m p h e r s , P f e f f e r s , des Zimmet- und Gewürznelkenbaumes dufteten sehr aromatisch,

und der B i o t b a u m , die Jaca und der M a n g o wett-

* K i r b y ' s E n t o m o l o g y , vol. II. p. 317.

37

R i o de Janeiro (183a)

eiferten in der Pracht ihres Blätterschmuckes. der Umgebung von Bahia erhält beinahe die letztgenannten beiden Bänme.

Die Landschaft in

ihren Charakter

durch

Ehe ich sie gesehen, hatte ich

keine Vorstellung davon, dass Bäume einen so schwarzen Schatten -werfen

konnten.

Beide stehen zu der immergrünen Pflanzenwelt

dieser Klimate in demselben Verhältniss, wie in England Lorbeer und Stechpalme zu dem helleren Grün der Bäume mit Laubwechsel. Auch verdient angeführt zu werden, dass die Häuser in den Tropen von den schönsten Pflanzenformen umgeben sind, weil viele von ihnen zugleich dem Menschen den höchsten Nutzen gewähren.

Wer

kann an der Vereinigung dieser Eigenschaften bei der Banane, der K o k o s - und vielen anderen Palmen, bei dem Orangen- und Brotfruchtbaum zweifeln? Während dieses Tages wurde ich lebhaft an einen Ausspruch von Humboldt erinnert, welcher oft des feinen Dunstes erwähnt, „der ohne die Durchsichtigkeit der Luft zu beeinträchtigen, ihre Farbentöne harmonischer macht und ihre Wirkung mildert.'

Dies ist eine

Erscheinung, die ich nie in den gemässigten Zonen beobachtet habe. In einer kleinen Entfernung von einer halben oder dreiviertel Meilen gesehen, war die Atmosphäre

vollkommen

durchsichtig,

aber in

grösserer Entfernung mischten sich alle Farben zu einem wunderschönen Duft von blassem französischen Grau mit einem kleinen blauen Zusatz.

Die Beschaffenheit der Atmosphäre zwischen dem

Morgen und gegen Mittag, wo diese Wirkung am auffallendsten war, hatte nur geringe Veränderungen erlitten mit Ausnahme ihrer Trockenheit.

In der Zwischenzeit war der Unterschied zwischen dem Thau-

punkt und der Temperatur von 4 0 auf 9,5° gestiegen. Bei einer anderen Gelegenheit machte ich mich früh auf und wanderte nach dem Gavia oder Topsegelberge. Die Luft war herrlich kühl und würzig und die Thautropfen glänzten noch auf den Blättern der grossen lilienartigen Pflanzen, welche die kleinen klaren Bäche beschatteten.

Während ich auf einem Granitblock sass, war es ent-

zückend, die mannigfachen vorbeifliegenden Insekten und Vögel zu beobachten.

Insonderheit schienen die Kolibris solche abgelegene

schattige Plätze zu lieben.

So oft ich diese kleinen Geschöpfe um

38

Zweites Kapitel

eine Blume schwirren sah, mit so schnellem Flügelschlage, dass diese kanm sichtbar waren, erinnerten sie mich an unsere Schwärmer (Sphinx): ihre Bewegungen und Lebensgewohnheiten haben in der That vielfache Aehnlichkeit. Einem Fussweg folgend, kam ich in einen herrlichen Wald, und auf einer Höhe von fünf oder sechshundert Fuss bot sich mir eine von den wundervollen Aussichten dar, die man auf jeder Seite von Rio häufig findet. In dieser Höhe bekommt die Landschaft ihre glänzendste Färbung, und jede Form, jede Farbenschattirung übertrifft an Pracht Alles, was der Europäer je in seinem eigenen Lande gesehen hat, so dass er nicht weiss, wie er seinen Empfindungen Worte verleihen soll. Der allgemeine Eindruck erinnerte mich oft an die reichsten Dekorationen, die ich in der Oper oder grossen Theatern gesehen hatte. Niemals kehrte ich von diesen Ausflügen mit leeren Händen zurück. An jenem Tage fand ich ein Exemplar eines merkwürdigen Pilzes, Hymenophallus genannt. Die meisten Leute kennen den englischen Phallus, der im Herbst die Luft mit seinem widerwärtigen Geruch verpestet, welcher indessen, wie der Entomologe weiss, für manchen unserer Käfer ein lieblicher Duft ist. So war es auch hier; ein Strongylus, von dem Geruch angezogen, liess sich auf dem Pilz nieder, während ich ihn in der Hand trug. Wir sehen hier in zwei verschiedenen Ländern ein ähnliches Verhältniss zwischen Pflanzen und Insekten der gleichen Familien, wenn auch die Arten beider verschieden sind. Wenn die Einführung einer neuen Spezies in ein Land durch den Menschen bewirkt wüd, erleidet jenes Verhältniss oft eine Unterbrechung; als ein Beispiel dafür kann ich anführen, dass die Blätter der Kohl- und Salatpflanzen, die in England so vielen Schnecken und Raupen Nahrung gewähren, in den Gärten von Rio unberührt bleiben. Während unseres Aufenthaltes in Brasilien habe ich eine grosse Zahl von Insekten gesammelt. Einige allgemeine Bemerkungen über die relative Wichtigkeit der einzelnen Ordnungen dürften den englischen Entomologen von Interesse sein. Die grossen und prächtig gefärbten Schmetterlinge bezeichnen die Zone, die sie bewohnen, viel deutlicher als jede andere Thiergruppe. Ich spreche nur von den Tag-

39

Schmetterlinge (1832)

Schmetterlingen; denn die Nachtfalter kommen in viel geringerer Zahl als

in unseren gemässigten Regionen vor,

obwohl

man nach der

Ueppigkeit der Vegetation das Gegentheil erwartet hätte. Sehr überraschend

war

mir

die Lebensweise

des Papilio

feronia.

Dieser

Schmetterling ist nicht selten und hält sich meist in den Orangenhainen auf. stämmen

Obwohl er hoch fliegt, setzt er sich doch oft an Baum-

nieder.

Bei

diesen

Gelegenheiten

ist

der

Kopf

stets

abwärts gerichtet und die Flügel sind in einer horizontalen Ebene ausgebreitet, statt vertikal zusammengeklappt zu sein, wie es gewöhnlich der F a l l ist.

E s ist dies der einzige Schmetterling, bei dem ich

beobachtet habe, dass er seine Beine zum Laufen gebraucht.

D a ich

diese Thatsache nicht kannte, entging mir das Insekt mehr als einmal ;

wenn

hatte,

lief er auf die Seite, gerade wenn ich sie schliessen wollte.

ich

mich

vorsichtig

mit

der

Fangschere

genähert

A b e r noch eigenthümlicher ist der Umsfand, dass diese Spezies die Fähigkeit besitzt, ein Geräusch hervorzubringen.* Manchmal, wenn ein Paar, wahrscheinlich Männchen und Weibchen, einander im Zickzack jagten,

kamen sie bis auf wenige Meter in meine N ä h e ,

und ich

hörte dann deutlich ein knackendes Geräusch, ähnlich dem, das ein Zahnrad unter Federhemmung hervorbringt.

Das Geräusch wurde in

kurzen Zwischenräumen wiederholt und konnte auf ungefähr zwanzig Meter Entfernung vernommen werden; ich bin sicher, dass bei dieser Beobachtung kein Irrthum vorliegt. Ueber das allgemeine Bild Die Zahl

der

sehr kleinen

ordentlich gross**.

und

der Käferwelt war ich dunkelfarbigen K ä f e r

enttäuscht. ist

ausser-

Die Sammlungen in Europa können sich bisher

* Mr. D o u b l e d a y hat kürzlich (vor der Entomological S o c i e t y am 3. März 1845) eine

merkwürdige Bildung

an

den

Flügeln

dieses

Schmetterlinges

vermittelst deren e r dieses G e r ä u s c h hervorzubringen scheint.

beschrieben,

E r s a g t : „ E r zeich-

net sich dadurch aus, dass er an der Basis der Vorderflügel zwischen der Costal- und der S u b c o s t a l a d e r eine A r t von T r o m m e l f e l l hat.

Diese beiden A d e r n haben in ihrem

Inneren ausserdem ein eigenthümliches schraubenartiges D i a p h r a g m a oder G e f ä s s . " In L a n g s d o r f s R e i s e n (1803—07, p. 74) s t e h t , dass auf der Insel St. C a t h e r i n a an der K ü s t e von Brasilien ein S c h m e t t e r l i n g , F e b r u a H o f i m a n n s e g g i , beim

Fliegen

ein G e r ä u s c h w i e mit einer K l a p p e r hervorbringe. ** Ich e r w ä h n e als Durchschnittsmass für die Ausbeute eines T a g e s (33. Juni), an

dem

ich meine A u f m e r k s a m k e i t nicht besonders auf K ä f e r

richtete,

dass i c h

40

Zweites Kapitel

nur rühmen, die grösseren Arten aus den Tropen zu besitzen.

Es

könnte die Seelenruhe eines Entomologen stören, wenn er sich vorstellt, welchen Umfang dereinst ein vollständiges Verzeichniss haben wird.

Die

fleischfressenden

Käfer,

die Carabiden,

finden

äusserst geringer Anzahl zwischen den Wendekreisen; so merkwürdiger im Vergleich mit der Zahl der

sich

in

dies ist um

fleischfressenden

Säugethiere, welche in heissen Ländern so reich vertreten sind. Mich überraschte diese Beobachtung sowohl als ich nach Brasilien kam, als auch, da ich die vielen zierlichen und beweglichen Formen der Harpaliden auf den gemässigten Ebenen des La Plata wieder vorfand. Treten etwa die sehr zahlreichen Spinnen und die räuberischen Hymenopteren (Hautflügler) an die Stelle der fleischfressender Käfer? Die Aasfresser

und

die Brachelytren

(Kurzflügler)

sind

sehr

selten;

andererseits sind die Rüsselkäfer und Chrysomeliden, welche alle für ihren Unterhalt von der Pflanzenwelt abhängig sind, in überraschender Anzahl vorhanden. dener rade in die

Spezies, davon

den

Ich meine damit nicht die Zahl verschie-

sondern

hängt

der

verschiedenen

Ordnungen

(Wanzen),

der

die

der

einzelnen

auffallendste Ländern

Orthopteren

ab.

Individuen,

Charakter Besonders

(Geradflügler)

der

denn ge-

Insektenwelt

zahlreich und

sind

Hemipteren

so wie gleichfalls die mit einem Stachel versehene Ab-

theilung der Hymenopteren

mit Ausnahme vielleicht der Bienen.

W e r zum ersten Mal einen tropischen Wald betritt, erstaunt über die Arbeit

der Ameisen: ausgetretene Wege zweigen sich nach

jeder Richtung ab, auf denen man ein Heer unermüdlicher Fourageure sieht, die einen ausziehend, die anderen heimkehrend, häufig mit Stücken grüner Blätter beladen, die grösser als ihr eigener Körper sind. Eine kleine dunkelfarbige Ameise wandert bisweilen in zahllosen Schaaren.

Eines

Tages bemerkte ich in Bahia, dass viele

achtundsechzig Arten von dieser Ordnung fing. Unter diesen waren nur zwei Carabiden, vier Brachelytren, fünfzehn Rüsselkäfer, vierzehn Chrysomeliden. Siebenunddreissig Arten Spinnen, welche ich nach Hause brachte, dürften beweisen, dass ich der allgemein begünstigten Ordnung der Käfer nicht eine allsugrosse Beachtung schenkte.

41

A m e i s e n s c h warme (1833)

Spinnen ,

Asseln

und

andere

Insekten,

sowie

einige

Eidechsen

in höchster A u f r e g u n g über eine kahle Stelle des Erdbodens liefen. Etwas kleinen hatte,

weiter dahinter war jeder Stengel, Ameisen. theilte

diese W e i s e

er

Nachdem sich

wurden

und

viele

Tode

zu

jedes Blatt schwarz von

jene

eine alte

kahle

Mauer

geschickt

Stelle

Auf

eingeschlossen,

waren wunderbar.

Als

änderten sie die R i c h t u n g

schmalen Zügen wieder die Mauer hinauf.

passirt

herunter.

die armen kleinen Geschöpfe

entrinnen,

die Strasse erreichten,

lief

Zag

Insekten

die Anstrengungen, welche diesem

der

die

und

und

machten, Ameisen

krochen

in

Ich legte einen kleinen

Stein s o , dass er einen der Züge aufhalten musste;

die ganze A b -

theilung griff ihn sofort an und zog sich dann augenblicklich zurück. K u r z darauf versuchte eine andere Abtheilung den A n g r i f f , es ihr auch nicht g e l a n g ,

einen Eindruck zu machen,

Marschlinie gänzlich aufgegeben.

und da

wurde

diese

W e n n sie einen Zoll ausgewichen

wären, hätte die Colonne den Stein umgehen können, und das wäre jedenfalls geschehen, wenn der Stein ursprünglich dort gelegen, aber da sie angegriffen worden waren, wollten die löwenherzigen

kleinen

Krieger nichts vom Nachgeben wissen. Gewisse wespenartige Insekten, die in den Ecken der Verandas Lehmzellen für ihre Larven bauen, kommen häufig in der Umgegend von R i o vor. Diese Zellen füllen sie mit halbtodten Spinnen und Raupen, die sie wunderbarer W e i s e so zu stechen wissen, dass sie gelähmt sind, aber leben bleiben, bis die Eier ausgeschlüpft sind und die Larven sich von dieser entsetzlichen Masse wehrloser, halbtodter Opfer nähren können, ein A n b l i c k , den ein enthusiastischer Naturforscher würdig

und

Tages

einen

erfreulich" Kampf

nennt*.

auf Leben

Es interessirte und

Tod

„merk-

mich sehr,

zwischen

einer

eines Pepsis

(einer W e s p e ) und einer grossen Spinne aus der Gattung Lycosa zu beobachten.

Die W e s p e griff die Spinne plötzlich an und flog dann

w e g ; die Spinne war augenscheinlich verwundet, denn als sie zu ent* Mr. A b b o t (Manuscript

im British

Museum)

machte

diese

Beobachtung

in

G e o r g i a , siehe Mr. A . W h i t e ' s A b h a n d l u n g in A n n a i s of N a t . Hist. vol. II. p. 47a. Lieut. Hutton

beschreibt

im Journal

of

the

Asiatic

S p h e x in Indien, die ähnliche Gewohnheiten hat.

Society

vol. 1. p. 555

eine

42

Zweites Kapitel

fliehen suchte, rollte sie einen kleinen A b h a n g hinunter, hatte

aber

doch noch K r a f t genug, um in ein dichtes Büschel Gras zn kriechen. Bald

darauf kehrte die W e s p e zurück und schien überrascht,

ihr

Opfer nicht gleich zu finden. Dann stellte sie eine regelrechte Suche an, wie nur je ein Hund auf einen Fuchs;

sie nmflog

die Stelle in

kurzen halbkreisförmigen F l ü g e n , während ihre F l ü g e l und Fühler beständig vibrirten. sie doch

So gut sich die Spinne versteckt hatte, wurde

schnell gefunden, und die W e s p e ,

scheinlich vor

den K i e f e m

die sich noch augen-

ihrer Gegnerin fürchtete, versetzte

nach vielem Manövriren zwei Stiche

ihr

auf der Unserseite der Brust.

Nachdem sie mit ihren Fühlern dann sorgfältig die jetzt regungslose Spinne

untersucht

hatte,

Leichnam fortzuschleppen.

machte

sie sich

schliesslich

daran, den

Ich bemächtigte mich aber beider, de»

Tyrannen wie seines Opfers*. Die Zahl

der Spinnen im Verhältniss zu anderen Insekten ist

hier viel grösser als in E n g l a n d ,

vielleicht grösser als die irgend

einer anderen Abtheilung von Gliederthieren.

Die Mannichfaltigkeit

der Arten unter den Springspinnen scheint beinahe unendlich.

Die

Gattung oder vielmehr die Familie Epeira (Kreuzspinnen) ist in vielen charakteristischen Formen vertreten; einige Arten haben spitzige lederartige Panzer, andere verbreiterte und mit domigen Schienen.

Jeder

Pfad in den Wäldern wird durch starke gelbe Gewebe einer

Art

versperrt, die zu derselben Abtheilung gehört, wie Epeira claviceps von Fabricius; von dieser erzählte früher Sloane, dass sie in West-Indien Gewebe anfertige von solcher Stärke, dass sich V ö g e l darin fingen. Eine die lebt

kleine,

hübsche

Spinnenart

mit sehr

langen

Vorderbeinen,

zu einer noch nicht beschriebenen Gattung zu gehören scheint, als Schmarotzer fast auf jedem jener Gewebe.

Ich vermuthe,

dass sie zu unbedeutend ist, um von der grossen Epeira beachtet zu werden und

sich deshalb von den winzigen Insekten nähren darf,

* Don Felix Azara (vol. I. p. 175) erzählt, dass er einen Hautilügler (vermuthlich derselben Gattung) gesehen, der eine todte Spinne durch hohes Gras in gerader Linie nach seinem Neste trug, welches einhundertdreiundsechzig Schritte entfernt lag. Er setzt hinzu, dass die W e s p e , um den W e g zu finden, ab und zu »demi-tours d'environ trois paimes« machte.

Spinnen

welche

an

den Netzfäden

bleiben würden.

hängen

43

(1839)

bleiben

nnd

sonst

unbenutzt

W i r d diese kleine Spinne erschreckt, so stellt sie

sich entweder todt, indem sie die Vorderbeine von sich streckt, oder lässt sich plötzlich von dem Netz herunterfallen. Eine grosse Kreuzspinne, die zu derselben Abtheilung wie Epeira tuberculata und conica gehört, ist ausserordentlich häufig, besonders an trockenen Stellen. Ihr G e w e b e , welches gewöhnlich zwischen den grossen Blättern der gemeinen A g a v e angebracht ist, wird zuweilen in der Nähe des Mittelpunktes noch dadurch verstärkt, dass zwei oder selbst vier Zickzackbänder zwei nebeneinander liegende Strahlen verbinden.

"Wenn sich

irgend ein grosses I n s e k t , eine Heuschrecke oder eine W e s p e

ge-

fangen hat, so versetzt die Spinne es durch eine geschickte Bewegung in sehr schnelle Drehungen,

und indem

sie gleichzeitig von ihren

Sipnnwarzen ein Bündel Fäden ausgehen lässt, schliesst sie ihre Beute in eine Hülle

wie

in

ein Seidencocon

ein.

Dann

untersucht die

Spinne ihr wehrloses Opfer und versetzt ihm den tödtlichen Biss am hinteren Theil des Thorax, zieht sich darauf zurück und wartet geduldig, bis das Gift gewirkt hat.

Die

Heftigkeit des Giftes kann

man nach der Thatsache beurtheilen, dass als ich eine halbe Minute nach der Verwundung das Gespinnst öffnete, ich eine grosse W e s p e völlig leblos fand.

Diese Kreuzspinne sitzt immer mit abwärts ge-

richtetem K o p f nahe der Mitte des Netzes.

W e n n man sie stört, be-

nimmt sie sich verschieden, j e nach den Umständen; Gebüsch

unter ihr,

befindet sich

lässt sie sich plötzlich herunterfallen,

und ich

habe deutlich gesehen, dass das T h i e r , während es noch ganz still sass, den von den Spinnwarzen ausgehenden Faden verlängerte, als V o r bereitung für den Fall. Ist der Boden unter dem Netz unbedeckt, lässt sich die Epeira selten herabfallen, sondern läuft schnell durch einen Mittelgang von einer nach der anderen Seite.

Dauert die Störung

an, führt sie ein höchst merkwürdiges Manöver aus: in der Mitte stehend schüttelt sie das an biegsamen Zweigen befestigte

Gewebe

heftig, bis endlich das Ganze in eine so schnell schwingende Bewegung geräth, dass selbst die Umrisse des Spinnenkörpers undeutlich werden. E s ist bekannt, dass die meisten englischen Spinnen, wenn sich ein sehr grosses Insekt in ihrem Netz gefangen hat,

die Fäden zu

44

Zweites Kapitel

durchschneiden und ihre Beute zu befreien suchen, um ihr Gewebe vor gänzlicher Zerstörung zu retten. Doch habe ich einmal in einem Treibhanse in Shropshire gesehen, dass, als eine grosse weibliche Wespe sich in dem unregelmässigen Gewebe einer ganz kleinen Spinne gefangen hatte, diese mit grösster Ausdauer fortfuhr, den Körper und besonders die Flügel ihrer Beute einzuwickeln. Anfangs versuchte die Wespe noch, wenn auch vergebens, ihre kleine Gegnerin mit dem Stachel zu treffen. Mich dauerte die Wespe und nachdem ich sie sich länger als eine Stunde hatte wehren lassen, tödtetc ich sie und legte sie in das Netz zurück. Die Spinne kam bald wieder, und eine Stunde darauf war ich überrascht zu sehen, dass sie ihre Kiefern in die Oefihung gegraben hatte, durch welche die lebende Wespe ihren Stachel steckt. Ich vertrieb die Spinne ein paar mal, aber während der nächsten vierundzwanzig Stunden sah ich sie immer wieder an derselben Stelle saugend. Durch die Säfte ihrer Beute, die viele Male grösser als sie selbst war, schwoll die Spinne bedeutend auf. Ich will hier noch erwähnen, dass ich bei St. F i Bajada viele grosse schwarze Spinnen mit rubinfarbener Zeichnung auf dem Rücken fand, welche gesellig leben. Die Netze waren vertical angebracht, wie es bei der Gattung Epeira stets der Fall ist; von einander waren sie durch einen ungefähr zwei Fuss breiten Zwischenraum getrennt, aber sie waren sämmtlich an gewissen gemeinschaftlichen Fäden befestigt, welche von bedeutender Länge waren und sich nach allen Theilen der Gemeinde erstreckten. Auf diese Weise waren die Spitzen einiger grossen Büsche durch diese gemeinschaftlichen Netze umhüllt. Azara* hat eine gesellig lebende Spinne in Paraguay beschrieben, von der Walckenaer meint, dass sie ein Theridion sein müsse; wahrscheinlich aber ist es eine Epeira und vielleicht sogar dieselbe Art wie die meine. Doch erinnere ich mich nicht, ein Mittelnest von der Grösse eines Hutes gesehen zu haben, in welches im Herbst, wenn die Spinnen sterben, nach Azara's Bericht die Eier gelegt werden. Da alle Spinnen, die ich sah, von gleicher Grösse waren, müssen sie un* Azara; 3. Reise I, 313

45

Spinnen (1839)

gefähr von demselben Alter gewesen sein.

Diese gesellige Lebens-

weise bei einer so typischen Gattung wie Epeira, und zwar unter Insekten, die so blutdürstig und einsiedlerisch sind, dass selbst die beiden Geschlechter einander angreifen, ist eine sehr auffällige Thatsache. In einem Hochthal der Cordilleren, nahe Mendoza, fand ich eine andere Spinne mit einem eigenthümlich geformten Gewebe.

Starke

Fäden strahlten in vertikaler Ebene von einem gemeinsamen Mittelpunkte aus, wo die Spinne sass; aber nur zwei der Strahlen waren durch ein symmetrisches Maschenwerk verbunden, so dass das Netz statt wie gewöhnlich kreisförmig zu sein, aus einem keilförmigen Segment bestand.

Alle Netze waren auf diese A r t gebaut

DRITTES KAPITEL. Monte Video — Maldonado — Ausflug nach R. Polanco — Lazo und Bolas — Rebh ü h n e r — Baumlosigkeit — Hirsche — C a p y b a r a oder W a s s e r s c h w e i n — T u c u t u c o — Molothrus mit der Lebensweise des K u c k u c k — F l i e g e n f ä n g e r — Spottvogel — A a s f r e s s e n d e Raubvögel — D u r c h den Blitz g e b i l d e t e R ö h r e n — Ein vom Blitz getroffenes H a u s .

MALDONADO. 5. Juli 1832. — Am Morgen früh segelten wir aus dem prächtigen Hafen von Rio de Janeiro. Auf unserer Ueberfahrt nach dem La Plata sahen wir nichts Besonderes, ausser dass wir eines Tages einer grossen Heerde von Tümmlern (porpoises) begegneten, viele Hunderte an Zahl. Die ganze See war von ihnen durchfurcht und sie boten ein eigenthümliches Schauspiel dar, wie sie sich zu hunderten sprungweis, das Wasser durchschneidend, weiter bewegten, so dass der ganze Körper zu sehen war. Während das Schiff neun Knoten in der Stunde lief, vermochten diese Delfine dennoch mit der grössten Leichtigkeit vor dem Bug von einer auf die andere Seite zu kreuzen und dann in gerader Richtung vorwärts zu schiessen. Sobald wir das Mündungsgebiet des La Plata erreichten, wurde das Wetter unbeständig. In einer dunklen Nacht kamen zahlreiche Robben und Pinguine dicht an das Schiff und gaben so wunderliche Töne von sich, dass der wachthabende Offizier meldete, man höre vom Lande her Vieh brüllen. In einer anderen Nacht bot sich uns ein prachtvoller Anblick von natürlichem Feuerwerk dar; die Mastspitzen und die Enden der Raaen erglänzten in St. Elm's Feuer; man konnte sogar die Umrisse des Wimpels erkennen, als ob er mit Phosphor be-

Maldonado (183a)

strichen wäre.

47

Das Meer leuchtete so stark, dass sich

der Pinguine durch

die Fährten

einen feurig glänzenden Streifen abzeichneten,

und die Dunkelheit des Himmels wurde für Augenblicke durch ungemein helle Blitze gelichtet. A l s wir in der Mündung des Flusses waren, interessirte es mich zu beobachten, wie langsam sich die Gewässer des Meeres und des Stromes vermischten.

Letzteres trübe und schmutzig, trieb vermöge

seines geringeren spezifischen Gewichtes auf der Oberfläche des Salzwassers.

Dies zeigte sich sehr auffallend bei dem Kielwasser des

Schiffes, in dem sich ein Streifen blauen "Wassers in kleinen Strudeln mit dem umgebenden Elemente vermischte. 26. Juli.

— W i r gingen bei Monte Video vor Anker.

Während

der beiden folgenden Jahre war der „ B e a g l e " dazu in Anspruch genommen, die äussersten südlichen und östlichen Küsten von Amerika südwärts vom L a Plata aufzunehmen. Um überflüssige Wiederholungen zu vermeiden, will ich diejenigen Auszüge aus meinem Tagebuche mittheilen, die sich auf dieselben Orte beziehen, ohne Rücksicht auf die Reihenfolge, in der wir sie besucht haben. Maldonado liegt auf dem nördlichen Ufer des Plata, unweit des Meeresamies, zu dem er sich erweitert. E s ist ein ganz stilles, weltabgeschiedenes Städtchen von der landesüblichen Bauart, so dass die Strassen einander immer rechtwinkelig schneiden; und in der Mitte hat es eine grosse Plaza, einen Marktplatz, dessen Umfang die Spärlichkeit der Bevölkerung erst recht deutlich macht. E s treibt so gut wie gar keinen Handel und die Ausfuhr beschränkt sich auf etwas Häute und lebendes Vieh.

Die Einwohner sind fast alle Landbe-

sitzer, dazu noch ein paar Krämer und die notwendigsten Handwerker, wie Schmiede und Zimmerleute,

welche beinahe die ganze

Arbeit im Umkreis von fünfzig Meilen besorgen. Sandhügeln,

ungefähr eine Meile breit,

Eine Reihe von

trennt die Stadt von dem

Flusse; auf allen anderen Seiten ist sie von einer offenen, sanft.gewellten Ebene umgeben, die überall mit schönem grünen Rasen bedeckt ist, auf dem zahllose Heerden von Rindvieh, Pferden weiden. angebaut;

ein

Schafen und

Selbst in der Nähe der Stadt ist nur wenig Land paar

aus

Kaktus

und

Agaven

gebildete

Hecken

48

Drittes Kapitel

zeigen, wo etwas Weizen und Mais gebaut ist. Das Aassehen der Gegend am nördlichen Ufer des Plata entlang ist überall das nfimliche. Nur der Unterschied zeigt sich, dass die Granithügel hier etwas kühnere Formen annehmen. Die Landschaft ist sehr nilinteressant; sie wird kaum durch ein Haus, eingefriedigtes Feld oder auch nur durch einen Baum belebt. Nachdem man aber lange auf ein Schiff gebannt gewesen ist, gewährt die Vorstellung einen Reiz, frei über endlose Grasebenen schweifen zu können. Wenn ausserdem die Aussicht auf ein begrenztes Gebiet beschränkt ist, so findet man doch viele anziehende Gegenstände heraus. Einige der kleineren Vögel sind prächtig gefärbt, und der frisch grüne Rasen, der vom Vieh kurz abgeweidet wird, ist durch Zwergblumen geschmückt, unter denen eine, dem Gänseblümchen gleichende, uns wie eine Freundin anheimelte. Was wird ein Blumenfreund dazu sagen, dass ganze Strecken so dicht mit der Verbena melindres bestanden sind, dass sie selbst in der Entfernung prächtig scharlachroth leuchten? Ich verweilte zehn Wochen in Maldonado und brachte in dieser Zeit eine nahezu vollständige Sammlung von Säugethieren, Vögeln und Reptilien zusammen. Ehe ich einige darauf bezügliche Bemerkungen mache, will ich über einen kleinen Ausflug berichten, den ich bis an den Fluss Polanco unternahm, welcher ungefähr siebzig Meilen in nördlicher Richtung liegt. Als Beweis, wie wohlfeil Alles hier zu Lande ist, führe ich an, dass ich täglich nur zwei Dollars oder acht Schilling für zwei Männer mit einem Trupp von ungefähr zwölf Reitpferden bezahlte. Meine Gefährten waren mit Säbeln und Pistolen wohl bewaffnet, eine Vorsichtsmassregel, die mir ziemlich überflüssig schien; aber die erste Neuigkeit, die wir hörten, war, dass Tags zuvor ein Reisender ans Monte Video mit durchschnittener Kehle todt an der Strasse gefunden worden sei, und zwar in der Nähe eines Kreuzes, das von einer früheren Mordthat berichtete. Die erste Nacht schliefen wir in einem abgelegenen kleinen Landhause, und dort machte ich bald die Entdeckung, dass ich im Besitze einiger Gegenstände sei, die unbegrenztes Staunen erregten. In jedem Hause wurde ich gebeten, meinen Compass zu zeigen und mit seiner Hülfe, sowie mit einer Karte die Richtung verschiedener

Unwissenheit der Bevölkerung (1833)

Ortschaften

anzugeben.

Es

dass ich, ein ganz F r e m d e r ,

erregte

die

49

lebhafteste

Bewunderung,

den W e g kannte (denn Richtung und

W e g sind in diesem offenen Lande gleichbedeutend) nach Orten, in denen ich nie gewesen war.

In einem Hause liess mich eine kranke

junge Frau, die bettlägerig war, dringend ersuchen zu ihr zu kommen und ihr den Compass zu zeigen.

W a r ihr Erstaunen gross, so war

für mich die Ueberraschung noch grösser, derartige Unwissenheit bei Leuten zu finden, die Tausende von Rindern und grosse „Estancias" besassen.

Sie ist nur durch den Umstand zu erklären, dass Fremde

selten in diesen abgelegenen Theil des Landes kommen. mich, ob sich die Erde oder die Sonne b e w e g e ;

Man fragte

ob es im Norden

heisser oder kälter wäre; wo Spanien l ä g e ; und viele andere Dinge. Die Mehrzahl

der Bewohner meinten,

dass England,

Nordamerika verschiedene Bezeichnungen

London und

für denselben Ort

wären;

aber die Gebildeteren wussten, dass London und Nordamerika zwei verschiedene, aber dicht bei einander liegende Länder seien, und dass England

eine

grosse

Stadt

in London

wäre!

Ich führte

einige

Schnellzünder bei mir, die ich durch Beissen entzündete; man fand es so staunenswerth,

dass ein Mann mit seinen Zähnen Feuer an-

machen könne, dass sich gewöhnlich die ganze Familie versammelte, es mit anzusehen, und man mir einmal einen Dollar für einen einzigen Zünder bot. Dass ich mir Morgens das Gesicht wusch, erregte grosse Verwunderung im Dorfe L a s Minas, und ein angesehener Handelsmann forschte mich scharf aus wegen dieses sonderbaren Gebrauches und auch wesshalb wir auf dem Schiffe uns den Bart stehen liessen; denn er hatte von meinem Führer gehört, dass wir es thäten. sah mich

sehr misstrauisch

an;

vielleicht

Waschungen der Muhamedaner gehört,

Er

hatte er etwas von den

und da er wusste, dass ich

ein Ketzer wäre, zog er wahrscheinlich daraus den Schluss, dass alle K e t z e r Türken wären. Hause

E s ist allgemein Sitte, in dem ersten besten

um ein Nachtlager

zu bitten.

Die

Bewunderung,

die

der

Compass erregte und meine anderen Taschenspielerkünste kamen mir zu statten, denn mit ihnen, sowie mit den langen Geschichten, die meine Führer von mir erzählten: dass ich Steine klopfte, giftige von unschädlichen Schlangen unterscheiden könnte, Ungeziefer sammelte u. s. w., D a r w i n , Reise.

4

Drittes Kapitel

50

vergalten wir den Lenten ihre Gastfreundschaft. Dies klingt, als wäre ich unter Wilden im Inneren Afrikas gewesen. Banda Oriental* wird sich durch diesen Vergleich nicht geschmeichelt fühlen, aber mir war damals so zu Muth. Am nächsten Tage ritten wir nach dem Dorfe Las Minas. Das Land war etwas hügeliger, aber sonst dasselbe, doch würde ein Bewohner der Pampas gemeint haben, es besässe Hochgebirgscharakter. Das Land ist so dünn bevölkert, dass wir während des ganzen Tages kaum einem einzigen Menschen begegneten. Las Minas ist viel kleiner als selbst Maldonado. Es liegt in einer kleinen Ebene und ist von niedrigen Felsbergen umgeben. Die Bauart ist wie gewöhnlich symmetrisch, und sieht es mit der weissgetünchten Kirche in der Mitte ganz hübsch aus. Die aussenliegenden Häuser stiegen ohne Garten oder Hof aus der kahlen Ebene völlig isolirt auf. Das ist allgemein landesüblich; deshalb sehen aber auch alle Häuser ongemüthlich aus. Ueber Nacht blieben wir in einer Pulperia oder Schänke. Während des Abends stellte sich eine grosse Anzahl Gauchos ein, um Schnaps zu trinken und Cigarren zu rauchen, sehr charakteristische Gestalten, in der Mehrzahl hochgewachsen und hübsch, aber mit hochmüthigem und liederlichem Gesichtsausdruck. Meist tragen sie einen Schnurrbart, und das lange schwarze Haar wallt lockig über den Nacken. Den buntfarbigen Gewändern, den grossen Sporen, die an ihren Hacken klirren, den Messern, die wie Dolche im Gürtel stecken (und häutig in gleicher Weise gebraucht werden), entspricht der Name, den sie fuhren, keineswegs, denn Gauchos bedeutet nichts anderes als Landmann. Ihre Höflichkeit ist übertrieben; sie trinken nie ihren Branntwein ohne die Bitte auszusprechen, dass man ihn kosten möge; aber während sie sich auf das anmuthigste verneigen, scheinen sie ganz bereit, einem den Hals abzuschneiden, falls sich ihnen die Gelegenheit dazu bieten sollte. Am dritten Tage setzten wir unseren Weg, wenn auch mit Unterbrechungen, fort, da ich mich damit beschäftigte, einige Schichten Marmor zu untersuchen. Auf den schönen Grasebenen sahen wir * Alter Name für Uruguay.

51

Beobachtung von Förmlichkeiten (183a)

viele Strausse (Struthio rhea). Einige der Heerden enthielten zwanzig bis dreissig Stück. Wenn die Vögel auf den kleinen Bodenerhebungen standen und gegen den klaren Himmel gesehen wurden, machten sie einen sehr stattlichen Eindruck. Ich habe in keinem anderen Theile des Landes so zahme Strausse gefunden; man konnte bis auf kuize Entfernung an sie heran gallopiren, dann aber breiteten sie ihre Flügel aus, liefen wie mit aufgespanntem Segel vor dem Winde und liessen die Pferde bald hinter sich zurück. Gegen Abend erreichten wir das Haus des Don Juan Fuentes, eines reichen Grundbesitzers, der keinem meiner Gefährten persönlich bekannt war. Nähert man sich dem Hause eines Fremden, ist es Sitte, gewisse Förmlichkeiten zu beobachten: man reitet langsam vor die Thür, bietet a b Grass ein Ave Maria und ehe nicht Jemand herausgekommen ist und zum Absteigen aufgefordert hat, ist es nicht Sitte, auch nur vom Pferde zu steigen; die übliche Antwort des Hausherrn auf das Ave Maria ist: „sin pecado concebida", ohne Sünde empfangen. Hat man das Haus betreten, so wird einige Minuten ein allgemeines Gespräch geführt, ehe man um ein Nachtquartier bittet, das als etwas Selbstverständliches gewährt wird. Der Gast nimmt dann die Mahlzeiten mit der Familie ein, und ihm wird ein Zimmer angewiesen, wo er auf den zum Recado (Sattelzeug, das in den Pampas üblich ist) gehörigen Decken schläft. Es ist merkwürdig, wie gleiche Verhältnisse gleiche Sitten erzeugen. Am Cap der Guten Hoffnung wird ähnliche Gastfreundschaft geübt und beinahe dieselbe Förmlichkeit allgemein beobachtet. Der Unterschied zwischen dem Spanier und dem holländischen Boern zeigt sich indessen darin, das» der Spanier nie seinem Gast eine Frage stellt, welche auch nur im Mindesten gegen die feine Lebensart verstösst, während der biedere Holländer sich erkundigt, wo der Reisende herkommt, wo er hingeht, was er für ein Geschäft treibt und sogar wie viel Brüder, Schwestern oder Kinder er hat. Bald nach unserem Eintreffen in Don Juan's Haus wurde eine der grossen Viehheerden hereingetrieben und drei Thiere zum Schlachten für den eigenen Bedarf ausgewählt. Diese halbwilden Rinder sind sehr lebhaft, und da sie den verhängnissvollen Lazo ge-

4*

52

Drittes Kapitel

nau kennen, mussten die Pferde eine lange und mühselige Jagd auf sie machen. Nachdem wir den primitiven Reichthum an Rindvieh , Menschen und Pferden kennen gelernt, war Don Juan's elende Behausung sonderbar genug. Der Fussboden bestand aus festgestampfter Erde; die Fenster hatten keine Scheiben; im Wohnzimmer standen einige roh gearbeitete Stühle und Schemel und ein paar Tische. Obgleich verschiedene Fremde im Hause waren, bestand das Abendessen nur aus zwei vollgehäuften Schüsseln, die eine mit gebratenem, die andere mit gekochtem Rindfleisch, dazu ein paar Stücken Kürbis; ausserdem gab es kein Gemüse, nicht einmal ein Stück Brot. Die ganze Gesellschaft trank gemeinsam Wasser aus einem grossen irdenen Krug. Dabei besass dieser Mann mehrere Quadratmeilen Landes, das beinahe durchgängig für Getreidebau geeignet war und bei geringer Mühe alle gewöhnlichen Gemüse tragen würde. Wir verbrachten den Abend mit Rauchen, dazwischen wurde etwas zur Guitarre gesungen. Die Signoritas sassen alle in einer Ecke zusammen und speisten auch nicht mit den Männern. Es giebt schon so viele Beschreibungen jener Gegenden, dass es fast überflüssig ist, den Lazo oder die Bolas zu beschreiben. Der Lazo besteht aus einem sehr starken aber dünnen und sorgfältig aus ungegerbtem Leder geflochtenen Seil. Das eine Ende ist an dem breiten Sattelgurt befestigt, welcher das complicirte Geschirr des Recado (des in den Pampas üblichen Sattels) zusammenhält; das andere Ende läuft in einen kleinen Eisen- oder Messingring aus, vermittelst dessen eine Schlinge gebildet werden kann. Will der Gaucho den Lazo benutzen, hält er ein paar kurze Wickel des Seiles in der Zügelhand und in der anderen die lose Schlinge, welche sehr weit gemacht wird und meist einen Durchmesser von acht Fuss hat. Diese wirbelt er um seinen Kopf herum, die Schlinge durch eine geschickte Bewegung des Handgelenkes stets offen haltend. Schleudert er sie dann, so kann er damit jede beliebige Stelle treffen, die er zu erreichen beabsichtigt. Wird der Lazo nicht gebraucht, hängt er aufgerollt am Hintertheil des Sattels. Bolas oder Bälle giebt es zweierlei: die einfachste Sorte, die hauptsächlich für den Straussenfang verwendet wird, besteht aus zwei runden mit Leder

Das Schleudern der Bolas (183a)

bezogenen dünn

Steinen,

geflochtenen

die

durch

Lederriemen

weicht

nur insofern davon a b ,

einem

gemeinsamen Mittelpunkt

die

kleinste

der

drei K u g e l n

einen

nngefähr

verbunden dass in

acht Fuss

sind.

drei

Die

Kugeln

vereinigt sind.

anderen oftmals um seinen K o p f ;

53

der Hand

langen

andere

Art

mit Riemen

Der

Gaucho

und wirbelt

in hält

die

zwei

dann zielt er und schleudert sie

wie K e t t e n k u g e l n in drehender Bewegung durch die Luft.

Sobald

die K u g e l n ihr Ziel treffen, winden sich die Riemen herum, kreuzen einander

und

werden

fest verwickelt.

Die

Grösse und

Schwere

der K u g e l n wechselt, je nach dem Z w e c k , dem sie dienen sollen; sind sie aus Stein und selbst nicht grösser als ein A p f e l , haben sie K r a f t genug, das Bein eines Pferdes zu brechen.

Ich habe hölzerne

K u g e l n von dem Umfange einer Futterrübe gesehen, welche bestimmt waren, Pferde einzufangen, ohne sie zu beschädigen.

Zuweilen sind

die K u g e l n

aus Eisen angefertigt und diese können auf die weiteste

Entfernung

geschleudert

werden.

Die

Hauptschwierigkeit

beim

Gebrauch sowohl des Lazo als der Bolas besteht darin, so gut zu reiten, dass man im gestreckten Galopp und beim plötzlichen Umwenden sie immer so gleichmässig um den K o p f zu schwingen vermag, dass man zielen kann; schnell lernen. und

die K u g e l n

Kugel

zu Fuss könnte Jedermann den Kunstgriff

Eines Tages belustigte ich mich damit zu galoppiren über meinem K o p f e

zufällig an einen Busch stiess;

zu schwingen,

als die freie

da ihre drehende Bewegung

auf diese W e i s e unterbrochen wurde, fiel sie sofort zu Boden und hatte wie durch Hexerei gleich das Hinterbein meines Pferdes umschlungen ; die andere Kugel wurde mir dadurch aus der Hand gerissen und das Pferd völlig gefesselt. altes

erprobtes Thier

und

begriff,

Glücklicherweise war es ein

was

es zu bedeuten hatte;

im

anderen Falle würde es so lange ausgeschlagen haben, bis es an der Erde gelegen hätte.

Die Gauchos wieherten vor Lachen; sie riefen

mir zu, dass sie schon hätten alle A r t e n von Thieren fangen gesehen, aber noch nie, dass ein Mensch sich selbst gefangen hätte. Während der folgenden zwei Tage erreichte ich den entferntesten P u n k t , den ich kennen zu lernen wünschte.

Die Landschaft zeigte

den gleichen Charakter, bis mir zuletzt der schöne grüne Rasen lang-

54

Drittes Kapitel

weiliger wurde als eine staubige Landstrasse.

Ueberall sahen wir

grosse Mengen von Rebhühnern (Nothura major). Diese V ö g e l halten «ich aber nicht in Völkern zusammen, noch verbergen sie sich, wie die englischen.

E s scheint ein sehr einfältiger Vogel zu sein.

Wenn

ein Reiter sie umkreist oder vielmehr in einer Spirale umreitet,

so

dass er sich mit jeder Windung ihnen nähert, kann er ihrer so viele todtschlagen, wie er mag. Schlinge

A m häufigsten werden sie mit einer losen

(oder kleinem Lazo)

gefangen,

die aus dem Schaft

einer

Straussenfeder gemacht und an das Ende eines langen Stockes befestigt Ein Junge auf einem ruhigen alten Pferde kann auf diese W e i s e

ist.

dreissig bis Nordamerika

vierzig V ö g e l fangen

an einem

die Indianer*

Tage

fangen.

Im

den Schneehasen,

arktischen

wenn

er auf

seinem Lager sitzt, indem sie in einer Spirale um ihn herumgehen; die Mitte des T a g e s gilt für die beste Zeit,

wenn die Sonne hoch

steht, und der Schatten des Jägers nicht sehr lang ist. B e i der R ü c k k e h r nach Maldonado schlugen wir einen etwas anderen W e g ein.

In der Nähe von Pan de Acuzar, einem Punkt,

welcher allen denen wohlbekannt ist,

die den Plata hinaufgesegelt

sind, blieb ich einen T a g in dem Hause eines sehr gastfreien Spaniers.

Früh Morgens bestiegen wir die Sierra

de las

alten

Animas.

Im Lichte der aufgehenden Sonne sah die Landschaft fast malerisch aus.

Nach W e s t e n

dehnte

sich

die Aussicht über

unermessliches

Flachland bis an den Berg bei Monte Video aus und östlich über die kleinen Bodenerhebungen bei Maldonado.

A u f dem Gipfel des

Berges befanden sich mehrere kleine Steinhaufen, die augenscheinlich seit vielen Jahren dort gelegen hatten.

Mein Begleiter behauptete,

dass sie von den Indianern aus alter Zeit herrührten. waren denjenigen ähnlich, wenn in den Bergen von W a l e s findet.

Diese Haufen

auch viel kleiner, die man häufig Der W u n s c h ,

ein Ereigniss auf

dem höchsten Punkte der Umgegend zu bezeichnen, scheint ein allgemein menschlicher Trieb zu sein. In unseren Tagen giebt es nicht einen einzigen wilden oder civilisirten Indianer in diesem Theile der Provinz;

auch

ist mir nicht bekannt,

• H e a r n e ' s J o u r o e y p. 383.

dass die früheren Bewohner

Klima und V e g e t a t i o n (183a)

55

irgend welche andere Denkmäler als diese unbedeutenden Steinhaufen auf dem Gipfel der Sien-a de las A n i m a s zurückgelassen hätten. Die

allgemeine

und

beinah gänzliche Baumlosigkeit in Banda

Oriental ist bemerkenswerth. mit

dichtem

Ströme,

Buschwerk

Einige der Felshügel sind theilweise

bedeckt

und

an

den

besonders im Norden von L a s Minas,

nicht selten.

In der Nähe des A r r o y o

liegen,

eine

und

der

Gegend

von

und

die von

Palme Pan

von

den Spaniern

der grossen

sind Weidenbäume

Tapes soll ein Palmenhain

beträchtlicher

de A c u z a r

Ufern

(35

0

Grösse

südlicher

gepflanzten Bäume

sah

ich

Breite).

in

Diese

bilden die einzige

Ausnahme von dem allgemeinen Mangel an Baumwuchs.

Unter den

eingeführten Arten erwähne ich Pappeln, Oliven, Pfirsiche und andere Obstbäume.

Die Pfirsichbäume gedeihen so gut, dass sie den Haupt-

bedarf an Brennholz für die Stadt Buenos A y r e s liefern. gewöhnlich

flache

Länder,

wie

die

Pampas,

Baumwuchs

selten

günstig.

Dies wird

entweder

zeigen

Aussersich

W i n d e oder der Beschaffenheit der A b f l ü s s e zugeschrieben müsseD.

dem

der Gewalt

der

werden

In der Natur des Landes um Maldonado ist indessen kein

solcher Grund ersichtlich; die felsigen H ü g e l bieten geschützte Lagen, welche

sich

der verschiedenartigsten Bodenbeschaffenheit

erfreuen;

der Grund fast jeden Thaies wird von kleinen Wasseradern durchflössen,

und der lehmige Boden scheint geeignet, die Feuchtigkeit zu

bewahren. Allgemeinen

Man hat mit ziemlicher Sicherheit erwiesen*, dass die Stärke

der Bewaldung

im

von der jährlichen Menge

von Niederschlägen abhängt; jedoch in dieser Provinz fällt während des Winters reichlicher und starker R e g e n ;

und wenn der Sommer

auch trocken ist, so ist er es doch nicht in hohem Grade**. finden fast ganz Australien mit hohen Bäumen bewachsen, es

ein sehr viel

trockneres K l i m a

hat;

Wir

obwohl

deshalb müssen wir nach

anderen unbekannten Ursachen suchen. Beschränkten wir unsere Beobachtung auf Südamerika,

würden

wir geneigt sein zu glauben, dass Bäume nur in einem sehr feuchten * Maclaren, art. „America", Encyclop. Britann. ** Azara sagt: „Ich glaube, dass die alljährliche Regenmenge in allen Landern grösser als in Spanien ist".

diesea

56

Drittes Kapitel

K l i m a gediehen, denn die Grenze des Waldlandes folgt in auffälliger Weise

derjenigen der feuchten W i n d e .

Continents,

Im südlichen Theile

des

wo die durch den Stillen Ocean mit Feuchtigkeit

ge-

sättigten W e s t w i n d e vorherrschen, ist jede Insel der zerklüfteten W e s t küste vom 38. Grade bis an die dicht

mit

äusserste Spitze vom

undurchdringlichen W ä l d e r n

bedcckt.

Auf

Feuerlande der Ostseite

der Cordilleren, in denselben Breitegraden, wo blauer Himmel und angenehmes K l i m a beweisen, dass die Atmosphäre durch den Uebergang über das Gebirge ihrer Feuchtigkeit beraubt worden ist, bringen die dürren Ebenen Patagoniens nur spärlichen Pflanzenwuchs hervor. In dem mehr nördlichen Theile des Continents ist innerhalb der Grenzen des beständigen Südostpassatwindes die östliche Seite mit prächtigen Wäldern

geschmückt, während die Westseite von 4 0 südl. Br. bis

32" südl. Br. eine Wüste genannt werden kann.

Auf

dieser West-

küste, nördlich vom vierten Breitegrade, wo der Passatwind Regelmässigkeit

verliert

und zeitweise

fallen, nehmen die in Peru

heftige Regengüsse

seine nieder-

so öden Ufer des Stillen Meeres nahe

am Cap Blanco einen Charakter von Ueppigkeit an, welche Guayaquil und Panama so berühmt macht.

Es nehmen daher in den südlichen

und nördlichen Theilen des Continents die W ä l d e r

und die wüsten

Strecken in Bezug auf die Cordilleren gerade die umgekehrte Stellung ein, und dieses Verhältniss wird offenbar durch die Richtung herrschenden W i n d e bestimmt. es

einen

In der Mitte des Continents

breiten Zwischenstreifen,

der giebt

welcher das mittlere Chile und

die Provinzen von L a Plata umfasst, wo die regenbringenden W i n d e nicht über hohe Berge müssen, und wo das Land weder eine W ü s t e , noch mit Wäldern bedeckt i s t auf Südamerika deihen,

beschränkt,

A b e r wenn man die R e g e l selbst

dass Bäume

das durch regenbringende Winde

nur in einem K l i m a

ge-

feucht gemacht wird,

so

finden wir eine sehr scharf ausgesprochene Ausnahme davon auf den Falklandsinseln. land und haben

Diese Inseln, die in derselben Breite wie

nur zwei- bis

beinahe

geologischer

ein gleichartiges K l i m a bei fast

Bildung,

Feuer-

dreihundert Meilen davon entfernt liegen, bei

günstiger

Lage

übereinstimmender

und

dem

gleichen

torfreichen B o d e n , besitzen aber dennoch nur wenige Pflanzen, die

Maldonado (183a)

57

den Namen Sträucher verdienen, während es in Fenerland nicht möglich ist, auch nur einen Morgen Landes zu finden, der nicht von dichtestem Wald bedeckt ist. In diesem Falle sind sowohl die Richtung der starken Winde wie die Meeresströmungen der Ueberführung von Samen aus Feuerland günstig; das beweisen die Canoes und Baum* Stämme, welche von dort fortgetrieben und häufig an den Küsten von West - Falkland angespült werden. Daher kommt es vielleicht, dass viele Pflanzen beiden Ländern gemeinsam sind; nur in Bezug auf feuerländische Bäume sind selbst die Versuche, sie zu verpflanzen, missglückt. Während unseres Aufenthaltes in Maldonado sammelte ich mehrere Vierfüssler, achtzig Vogelarten und viele Reptilien, einschliesslich neun Arten Schlangen. Von den eingeborenen Säugethieren ist das einzige übriggebliebene, von ziemlicher Grösse, welches häufig vorkommt, der Cervus campestris. Dieser oft in kleinen Rudeln auftretende Hirsch findet sich in grosser Zahl in den Ländern am La Plata und im nördlichen Patagonien. Wenn Jemand dicht am Boden hinkriechend, sich langsam einem Rudel nähert, kommt der Hirsch häufig aus Neugierde dicht heran, um zu recognosciren. Ich habe auf diese Weise von demselben Fleck aus drei von dem nämlichen Rudel erlegt. Obgleich sie so zahm und neugierig sind, sind sie sich doch äusserst schcu , wenn man sich ihnen zu Pferde nähert. Dort zu Lande geht Niemand zu Fuss, deshalb kennt der Hirsch den Menschen als Feind nur, wenn dieser beritten und mit den Bolas bewaffnet ist. In Bahia Bianca, einer neuen Aniiedelung in Nordpatagonien, überraschte es mich zu beobachten, wie wenig sich der Hirsch um den Knall einer Flinte kümmerte; eines Tages schoss ich zehn Mal auf achtzig Schritt Entfernung auf dasselbe Thier, und es crschrak viel mehr über die Kugel, welche das Erdreich aufriss, als über den Knall des Gewehres. Da mein Pulver verschossen war, stand ich auf (ich muss es zu meiner Schande als Jäger bekennen, obwohl ich Vögel im Fluge zu schiessen vermag), und erst bei meinem Rufen lief der Hirsch davon. Die merkwürdigste Thatsache, die ich in Bezug auf diesen Hirsch

58

D r i t t e s Kapitel

berichten kann, ist der ungemein starke und widerwärtige Geruch, den das männliche Thier von sich giebt. Er ist ganz unbeschreiblich { mehrere Male, während ich das jetzt im zoologischen Museum ausgestellte Exemplar häutete, wurde ich dabei yon Ekel fast überwältigt. Ich band das Fell in ein seidenes Taschentuch und trug es so nach Hause; nachdem dies Tuch sorgfältig gewaschen war, brauchte ich es beständig, und es wurde deshalb immer wieder gewaschen; aber während eines Zeitraumes von einem Jahr und sieben Monaten spürte ich den Geruch immer noch deutlich, sobald ich es zuerst auseinander faltete. Dies scheint mir ein üben-aschendes Beispiel für die Dauerhaftigkeit einer Substanz, die dennoch ihrer Natur nach äusserst flüchtig und vergänglich sein muss. Oft, wenn ich eine halbe Meile weit vom Winde ab an einem Rudel vorbeikam, fand ich die ganze Luft durch diese Ausdünstung verpestet. Ich glaube,, dieser Geruch ist bei dem Hirsch am stärksten zu der Zeit, wenn das Geweih vollständig ausgebildet oder frei von der haarigen Haut ist. In diesem Zustande ist das Fleisch selbstverständlich nicht geniessbar, doch versichern die Gauchos, dass der Geruch verginge, wenn es eine Zeit lang in frischer Erde vergraben. Ich habe irgend wo gelesen, dass die Inselbewohner im Norden Schottlands das thranige Fleisch fischfressender Vögel auf dieselbe Weise behandelten. Die Ordnung der Nager ist reich vertreten; allein von Mäusen erhielt ich nicht weniger als acht Arten*. Das grösste Nagethier der W e l t , das Wasserschwein (Hydrochaerus capybara), kommt hier auch häufig vor. Eines, das ich in Monte Video schoss, wog achtundneunzig Pfund; die Länge betrug von der Schnauzenspitze bis zu dem Stummelschwanz drei Fuss zwei Zoll; der Umfaiig in der Breite drei Fuss acht Zoll. Diese grossen Nager besuchen zuweilen die Inseln in der Platamündung, wo das Wasser ganz salzig ist; viel * In Südamerika s a m m e l t e ich im Ganzen siebenundzwanzig A r t e n M ä u s e ; und n o c h dreizehn andere sind aus den W e r k e n von A z a r a und a n d e r e n S c h r i f t s t e l l e r n b e k a n n t . D i e von mir g e s a m m e l t e n sind von Nlr. W a t e r h o u s e in d e n S i t z u n g e n d e r Zoologischen G e s e l l s c h a f t benannt und beschrieben worden. Ich b e n u t z e d i e s e n A n l a s s Mr. W a t e r h o u s e m e i n e n herzlichsten D a n k a u s z u s p r e c h e n , sowie a u c h d e n a n d e r e n zu dieser G e s e l l s c h a f t g e h ö r e n d e n H e r r e n w e g e n ihrer mir bei j e d e r G e l e g e n h e i t bewiesenen g ü t i g e n und s e h r bereitwilligen Untersützung.

59

Capybara oder Wasserschwein (1839)

zahlreicher

aber

und Flüsse. oder

findet

man sie an den Ufern der

Süsswasserseen

In der Gegend von Maldonado leben gewöhnlich drei

vier zusammen.

Bei T a g e liegen

sie zwischen den Wasser-

pflanzen oder weiden dreist auf den grasreichen Ebenen.

Im Magen

und Zwölffingerdarm eines Capybara, den ich öffnete, fand ich eine grosse Menge einer dünnen gelblichen Flüssigkeit, in welcher kaum eine Faser zu unterscheiden war. Theil ein

K r ä h e n - Federkiel

Zähne

Mr. Owen theiit mir mit, dass ein

der Speiseröhre so beschaffen ist, dass kein Stück dicker als und

starken

passiren

Kiefern

kann.

dieses

Von

fem gesehen,

sind die

trefflich

breiten

geeignet,

die

es sich nährt, zu Brei zu

ver-

gleichen sie in Gang und Farbe

den

grossen Wasserpflanzen, von denen arbeiten.

Allerdings

Thieres

Schweinen; sitzen sie aber auf den Hinterbeinen und beobachten sie scharf mit einem Auge jeden Gegenstand, so nehmen sie etwas von der Erscheinung ihrer Verwandten, der Meerschweinchen und Kaninchen an.

Sowohl die Vorder- wie die Seitenansicht ihres

sieht wegen der Höhe ihrer Kinnladen sehr komisch aus. nado waren die Thiere wenig scheu.

Kopfes

In Maldo-

Durch vorsichtiges Anschleichen

kam ich bis auf drei Schritt an vier alte heran.

Diese Zahmheit er-

klärt sich vielleicht dadurch, dass der Jaguar dort seit einigen Jahren ausgerottet ist,

und die Gauchos es nicht der Mühe wert finden das

Wasserschwein zu jagen.

Als ich näher und naher herankam,

sie häufig ihr eigenthümliches Geräusch von sich,

gaben

ein leises, stoss-

weises Grunzen, das nicht viel wirklichen Ton besitzt,

und haupt-

sächlich durch das plötzliche Ausstossen der Luft entsteht: der einzige Ton, der ihm einigermassen ähnlich klingt, ist das erste heisere Bellen eines grossen Hundes.

Nachdem ich diese Vier beinah auf Armlänge

mehrere Minuten betrachtet hatte — und sie mich, — stürzten sie sich in vollem Galopp und mit grossem Ungestüm in das Wasser und bellten dabei. kamen

Nachdem sie eine kurze Strecke untergetaucht waren,

sie wieder

an die Oberfläche, zeigten aber nur gerade den

oberen Theil des Kopfes.

W e n n das Weibchen im Wasser schwimmt

und Junge hat, so sollen diese auf seinem Rücken sitzen.

Man kann

diese Thiere leicht in Mengen tödten, aber ihr Fell ist von geringem W e r t und das Fleisch geschmacklos.

Auf den Inseln im R i o Parana

60 ind

Drittes Kapitel

sie

sehr

häufig;

und

bilden

die

hauptsächliche

Beate

des

Jaguars. Der

Tucutuco

(Ctenomys

Brasiliensis)

ist

ein

merkwürdiges

Thierchen, das man kurz als einen Nager mit Maulwurfsgewohnheiten bezeichnen kann.

E r ist ausserordentlich zahlreich in einigen Theilen

des Landes; aber doch schwer zu erlegen; und er kommt, wie ich glaube, aus der Erde hervor.

An der Mündung seiner Höhlen wirft

es Hügel wie der Maulwurf auf, nur kleinere.

Beträchtliche Strecken

Landes sind durch diese Thiere so unterwühlt, dass die Pferde beim Darübergehen bis über die Hufen einsinken.

Die Tucutucos scheinen

gewissermassen gesellig zu leben; wenigstens halte der Mann, der mir Exemplare verschaffte, sechs zusammengefangen, und er sagte, das sei nicht ungewöhnlich.

Ihren Gewohnheiten nach sind sie Nachtthiere; ihre

Hauptnahrung besteht in Wurzeln, und um diese zu erlangen, wühlen sie ihre flachen aber weit ausgedehnten Höhlen.

Man

erkennt

das

Thier überall an einem eigenthümlichen Geräusch, das es unter Erde hervorbringt.

W e n n man es zuerst hört, wundert man sich sehr; denn

man vermag nicht zu sagen, woher es kommt, noch zu errathen, was für ein Thier es hervorbringt. aber nicht

rauhen,



Der Ton besteht in einem kurzen,

näselnden Grunzen,

in schneller Aufeinanderfolge des Thieres* Tucutuco

monoton

welches

ungefähr vier Mal

wiederholt wird:

der Name

ist eine Nachbildung des Klanges.

W o die

Thiere häufig vorkommen, kann man sie den ganzen T a g über hören, und manchmal Zimmer

so

geschickt;

dicht unter den eigenen Füssen.

bewegen es

scheint

sich dies

die

Tucutucos

eine

Folge

Hält man sie im

sowohl

der

langsam

als un-

Auswärtsstellung

ihrer

Hinterbeine zu sein; und weil der Gelenkpfanne ihres Schenkelknochens ein gewisses Band fehlt, sind sie nicht im Stande den kleinsten Sprung zu machen. • Am

Sie stellen sich sehr dumm an, wenn sie zu fliehen ver-

Rio

Negro

in Nordpatagonien

giebt

es

ein T h i e r

von denselben Ge-

wohnheiten, das w a h r s c h e i n l i c h einer verwandten Spezies a n g e h ö r t ; das ich indessen nie g e s e h e n habe. art v e r s c h i e d e n ;

D e r T o n , den sie von sich geben, er wird nur zweimal

ist von dem der Maldonado-

statt drei oder viermal wiederholt, und ist

deutlicher und t i e f e r ; aus der F e r n e g e h ö r t , klingt er ganz so als ob ein kleiner B a u m mit einer A x t g e f ä l l t wurde, dass ich zuweilen in Zweifel über den Ursprung des G e r ä u s c h e s

g e w e s e n bin.

61

Der Tucutuco (1831)

suchen, und wenn sie gereizt oder erschreckt werden, stossen sie ihr Tucutuco einige

aus.

Von

denen,

welche

schon am ersten Tage

ich am Leben erhielt,

ganz zahm

wurden

und versuchten weder zu

beissen noch davon zu laufen; andere waren etwas wilder. D e r Mann, welcher sie gefangen hatte, behauptete, dass man stets und in grosser Anzahl blinde Thiere darunter treffe. das

ich

in Spiritus aufbewahrt habe,

Ein Exemplar,

war in diesem Zustand;

und

Mr. R e i d meint, dass die Erblindung eine Folge der Entzündung der Nickhaut gewesen sei. meinen Finger Kopf,

A l s jenes Thier noch am Leben war, hielt ich

auf Entfernung

von

einem

halben Zoll

Zimmer seinen W e g beinahe so gut wie die anderen. der

von

seinem

ohne dass es im Geringsten darauf achtete: doch fand es im

durchaus

unterirdischen

so häufig auftretende

Lebensweise

Blindheit

In Anbetracht

des Tucutuco kann

diese

nicht für ein sehr ernstliches Uebel

gehalten werden; dennoch erscheint es wunderbar, dass ein Thier ein Organ besitzt, welches so leicht verletzt werden kann.

Wie

würde

Lamarck sich gefreut haben, hätte er diese Thalsache gewusst, als er seine Beobachtungen

(bei

dieser Gelegenheit wohl wahreren

als

ge-

wöhnlich) veröffentlichte über die a l l m ä h l i c h e r w o r b e n e

Blindheit

des Aspalax,

und

Proteus,

eines

unter

eines Reptils,

der Erde

lebenden Nagethieres

das in unterirdischen

mit Wasser

des

gefüllten

Höhlen lebt; bei beiden Thieren befindet sich das Auge in einem fast rudimentären Zustand der Haut bedeckt. ausserordentlich zweifeln,

und Bei

klein,

wird

dem aber

von einer sehnigen Membrane und

gewöhnlichen Maulwurf vollkommen,

obwohl

ist das A u g e

viele

Anatomen

ob es mit dem wirklichen Sehnerv in Zusammenhang steht;

allerdings muss sein Sehvermögen sehr unvollkommen sein, wenngleich es dem Thier wahrscheinlich von Nutzen ist, wenn es seine Höhle verlässt. fläche

Bei dem Tucutuco, der wie ich glaube, nie an die Erdober-

kommt,

ist das Auge an sich grösser, aber oft blind und un-

brauchbar, obwohl dies dem Thier anscheinend keine keiten verursacht.

Lamarck würde gewiss sagen,

Unbequemlich-

dass der Tucutuco

jetzt in den Zustand des Aspalax und Proteus übergeht.

* Philosoph. Zoolog, tom I. p. >41.

Drittes Kapitel

62

In den wellenförmigen Grasebeoen a m Maldonado giebt es ausserordentlich viele V ö g e l verschiedenster Arten.

Hier finden sich mehrere

Spezies einer in Gestalt und Benehmen mit tinserm Staar verwandten Familie,

von denen die eine (Molothrus niger) wegen ihrer Lebens-

gewohnheiten merkwürdig ist. dem auf

Rücken

einer

einer H e c k e

Kuh

Oft sieht man mehrere von ihnen auf

oder

eines

Pferdes;

und

während

sitzen und in der Sonne ihre Federn putzen,

suchen sie bisweilen zu singen oder vielmehr zu zischen. sehr eigenthümlicher T o n , welche

ähnlich dem Aufsprudeln

legt

dieser V o g e l

anderer V ö g e l . worden, mein

E s ist ein Luftblasen,

so schnell unter Wasser aus einer kleinen Mündung

treten, dass ein deutliches Geräusch entsteht. folge

von

dass

Assistent

Auch

wie

mir

der K u c k u c k

sie ver-

heraus-

Der A n g a b e Azara's zuseine Eier

in die Nester

ist verschiedentlich von Landleuten gesagt

es einen V o g e l giebt, im Sammeln,

ein

der diese Gewohnheit hat; und

sehr scharfer Beobachter,

fand ein

N e s t des dortigen Sperlings (Zonotrichia matutina), in dem ein E i lag, das grösser und von anderer Form und F a r b e wie die übrigen war. In Nordamerika giebt es noch eine Spezies von Molothrus (M. pecoris), die eine kuckucksartige Gewohnheit hat und der in jeder Hinsicht der Spezies vom L a Plata nahe verwandt ist, selbst in so unbedeutenden Zügen wie der Gewohnheit, auf dem R ü c k e n des Rindviehs zu sitzen; er unterscheidet sich nur dadurch, dass er ein wenig kleiner ist, und die Eier eine etwas andere Färbung haben.

Diese

grosse Ueberein-

stimmung in Gestalt und in den Gewohnheiten bei den Repräsentanten derselben

Spezies,

die

Continents herkommen,

aus

entgegengesetzten

Theilen

eines

grossen

erscheint stets interessant, wenn sie auch ein

gewöhnliches Vorkommniss ist. M r . Swainson Molothrus

hat

pecoris,

zu

richtig dem

bemerkt*, noch

der

dass

M.

mit Ausnahme

niger

hinzukommt,

K u c k u c k e die einzigen V ö g e l sind, welche man mit R e c h t nennen kann,

nämlich solche,

anderes lebendes

Thier

zum L e b e n bringt,

die

parasitisch

„ w e l c h e gewissermassen sich an

anheften,

des

ein

dessen K ö r p e r w ä r m e ihre Jungen

von dessen Futter

sie

* M a g a z i n e of Z o o l o g y and Botany, vol I. p. 317.

leben,

und

dessen

Tod

63

Mal donado (1839)

während der Zeit ihrer Kindheit den ihrigen zur Folge haben würde." E s ist merkwürdig, dass einige A r t e n , aber nicht alle, sowohl vom Kuckuck wie Tom Melothrus in dieser sonderbaren Gewohnheit ihrer parasitischen Fortpflanzung übereinstimmen, während sie sonst einander in fast jeder anderen Eigenschaft entgegengesetzt sind: der Molothrus ist wie unser Staar ein in hohem Grade geselliger Vogel,

der auf

offenen Ebenen ohne K u n s t oder Versteck lebt: der Kuckuck ist, wie Jeder weiss, ein auffallend scheuer Vogel, der abgelegenes Dickicht aufsucht und sich von Beeren und Raupen nährt. Auch im Körperbau sind diese beiden Gattungen weit von einander verschieden.

Man hat

vielerlei Theorien, sogar phrenologische vorgebracht, um den Ursprung der

Gewohnheit des Kuckucks zu erklären,

Vögel Nester zu legen. Beobachtungen*

seine Eier in

anderer

Nur Mr. Prévost, denke ich, hat durch seine

dieses Rätsel

erhellt: er

findet,

dass der weibliche

Kuckuck, der nach den meisten Beobachtern wenigstens vier bis sechs Eier legt, sich mit dem Männchen begatten muss, jedesmal nachdem er ein oder zwei Eier gelegt hat.

W e n n der weibliche Kuckuck auf

seinen eigenen Eiern sitzen müsste, so würde er entweder auf allen zusammen zu sitzen haben, und daher die zuerst gelegten so lange verlassen müssen, dass sie wahrscheinlich verderben würden, oder er würde jedes Ei oder je zwei Eier, sobald sie gelegt sind, einzeln auszubrüten haben; da aber der Kuckuck sich kürzere Zeit in unserm Lande aufhält, als jeder andere Zugvogel, würde

das Kuckucksweibchen

hinreichende Zeit für auf einanderfolgendes Brüten haben.

nicht

Deshalb

können wir in der Thatsache, dass sich der Kuckuck mehrere Male paart und seine Eier in Zwischenräumen legt, die Ursache dafür erkennen, dass das "Weibchen ihre Eier in andere Vogelnester legt und sie der Fürsorge der Pflegeeltern überlässt. Ich bin sehr geneigt, diese Auffassung für die richtige zu halten, weil ich, wie wir später sehen werden, unabhängig davon zu einem ähnlichen Schluss in Bezug auf den

südamerikanischen

Strauss

gekommen

bin,

dessen

Weibchen,

wenn ich mich so ausdrücken darf, unter einander schmarotzen;

jedes

Weibchen legt nämlich mehrere Eier in die Nester verschiedener anderer

* Vortrag in der Académie des Sciences gehalten, S. l'Institut 1834. p. 418.

Drittes Kapitel

64

Weibchen und der männliche Strauss übernimmt allein die Sorge des Brütens, wie die fremden Pflegeeltern bei dem Kuckuck. Ich will nur noch zwei andere sehr häufig vorkommende Vögel nennen, die durch ihre Gewohnheiten auffallen.

Der Saurophagus sul-

phuratus ist typisch für die grosse amerikanische Klasse der TyrannenFliegenfanger. In Gestalt nähert er sich durchaus den echten Würgern, in seiner Lebensweise lässt er sich aber mit vielen Vögeln vergleichen. Ich habe ihn oft beobachtet,

wie er ein Feld absuchte, über einer

Stelle nach der anderen wie ein Habicht schwebend, und dann weiter gleitend. Sieht man ihn so in der Luft schweben, könnte man ihn aus einiger Entfernung leicht für einen Raubvogel halten; beim

Nieder-

stossen hat er indessen viel weniger Kraft und Geschwindigkeit der Habicht.

wie

Zu anderen Zeiten sucht der Saurophagus die Nähe des

Wassers, und still wie ein Eisvogel lauernd, fängt er jeden kleinen Fisch,

der sich dem Uferrande nähert.

Diese Vögel werden nicht

selten in Käfigen oder auf Höfen mit verschnittenen Flügeln gehalten. Sie lassen sich leicht zähmen und sind sehr belustigend durch ihr drolliges und schlaues Benehmen, das man mir wie dasjenige einer gewöhnlichen Elster geschildert hat.

Der Flug ist wellenförmig,

denn

das Gewicht des Kopfes und des Schnabels erscheint zu schwer für den Körper.

Abends setzt sich der Saurophagus auf einen Busch, oft

dicht am Wege und wiederholt ununterbrochen seinen durchdringenden aber nicht unangenehmen R u f , der sich wie articulirte W o r t e anhört, und den die Spanier mit dem Ausdruck „Bien te veo" (Ich sehe dich wohl) wiedergegeben und den Vogel danach genannt haben. Ein Spottvogel (Minus orpheus) von den Einwohnern calandria genannt, ist bemerkenswert, weil sein Gesang dem aller anderen Vögel des Landes überlegen ist; er ist beinahe der einzige Vogel in Südamerika, bei dem ich beobachtet habe, dass er sich einen Platz wählt zum Zweck des Singens.

Sein Gesang kann dem der Grasmücke ver-

glichen werden, ist aber kräftiger; einige rauhe Töne und einige sehr hohe mischen sich jedoch in sein hübsches Singen. Gesang nur während

Man hört diesen

des Frühlings; zu den übrigen Zeiten ist die

Stimme rauh und durchaus nicht harmonisch.

In der N ä h e von Mal-

donado waren diese Vögel zahm und dreist; sie suchten beständig in

Maldonado (18321

65

grosser Zahl die Gehöfte heim, um an dem Fleisch zu picken, das an den Mauern oder Pfählen aufgehängt war; wollte irgend ein anderer kleiner Vogel gleichfalls an der Mahlzeit theilnehmen, vertrieben sie ihn schnell. Auf den weiten unbewohnten Ebenen von Patagonien lebt eine verwandte Spezies (Orpheus patagonicus d'Orbigny), welche die mit Dornbüschen bewachsenen Thäler bewohnt, scheu ist und auch eine etwas andere Stimme hat. Es scheint mir ein merkwürdiger Umstand zu sein, wie fein diese Unterschiede in den Lebensgewohnheiten sind, dass ich nach diesen allein urtheilend, als ich zuerst diese zweite A r t sah, meinte, sie sei von der Maldonadospezies verschieden. Nachdem ich mir später ein Exemplar verschafft und beide ohne besondere Sorgfalt mit einander verglichen hatte, erschienen sie mir so durchaus übereinstimmend, dass ich meine Meinung änderte; Mr. Gould aber erklärt jetzt, dass sie thatsächlich verschieden sind; ein Schluss, der mit der unbedeutenden Verschiedenheit der Lebensweise, die ihm indessen unbekannt war, übereinstimmt. Die Anzahl, Dreistigkeit und widerwärtigen Gewohnheiten der aasfressenden Raubvögel von Südamerika überrascht denjenigen, der nur die Vögel von Nordeuropa kennt. Zu diesen müssen wir auch zählen vier Spezies des Caracara oder Polyborus, den Truthahngeier, den Gallinazo und den Condor. Die Carnearas werden wegen ihrer Gestalt den Adlern zugerechnet: wir werden bald sehen, wie schlecht sie für einen so hohen Rang passen. In ihren Gewohnheiten ersetzen sie sehr gut unsere Aaskrähen, Elstern und Raben; Vögel, die sonst weit über die ganze übrige Welt verbreitet sind, die jedoch in Südamerika gänzlich fehlen. Um mit dem Polyborus Brasiliensis zu beginnen: so ist er ein gewöhnlicher Vogel und hat eine weite geographische Verbreitung; am häutigsten kommt er auf den grasreichen Savannen von La Plata vor. wo man ihn Garrancha nennt, und er ist auch in den unIruchtbaren Ebenen Patagoniens durchaus nicht selten. In der Einöde zwischen den Flüssen Negro und Colorado lauern Schaaren von ihnen beständig längs der Wege, um sich auf die Leichen der erschöpften Thiere zu stürzen, die da der Anstrengung und dem Durst erliegen. Sind sie schon häufig in dem dürren und offenen Lande und ebenso an dem unfruchtbaren Gestade des Stillen Meeres, so bewohnen sie doch gleich-

Darwin, Reise.

5

66

D r i t t e s Kapitel

falls die feuchten undurchdringlichen Wälder von Westpatagonien

und

Feuerland. In Gemeinschaft mit den Chimangos kommen die Carranchas zahlreich nach den Estancias und Schlachthäusern.

Verendet ein Thier

auf der Ebene, so beginnt der Gallinazo den Schmaus und dann nagen die beiden anderen Spezies des Polyborus die Knochen rein. Trotzdem diese Vögel zusammen demselben Frass nachgehen, sind sie keineswegs Gutfreund miteinander. Wenn der Carrancha ruhig auf einem Ast oder auf der Erde sitzt, umkreist ihn oft der Chimango eine lange Zeit, fliegt bald vorwärts, bald rückwärts,

herauf und herunter,

immer in

einem Halbkreis und sucht jedesmal am Ende des Bogens nach seinem grösseren Verwandten zu hacken.

Der Carrancha kehrt sich wenig daran,

ausgenommen dass er den Kopf aufwirft.

Obwohl sich die Can-anchas

öfters zu mehreren versammeln, leben sie doch nicht gesellig, und an einsamen Stellen sieht man sie einzeln, oder noch häufiger paarweise. Die Garranchas sollen sehr listig sein und eine grosse Anzahl Eier stehlen.

Auch versuchen sie ebenso wie der Chimango den Schorf von

den wunden Rücken der Pferde und Maulthierc abzupicken. Das arme Thier, das mit gesenkten Ohren und gekrümmtem Rücken dasteht, und der darüberschwebende Vogel,

der kaum einen Meter entfernt

den

eklen Bissen beäugelt, geben ein Bild, das Kapitän Head mit dem ihm eigentümlichen Humor und grosser Genauigkeit beschrieben hat.

Diese

falschen Adler tödteu nur selten ein lebendes Thier oder einen Vogel, und ihre geierartige aasfressende Eigenschaft wird Jedem deutlich, der einmal in den wüsten Ebenen Patagoniens eingeschlafen

ist.

Denn

wenn er aufwacht, sieht er auf jedem kleinen Hügel in der Nähe einen dieser Vögel sitzen, der ihn geduldig mit tückischem Blick beobachtet; dies ist ein charakteristischer Zug in dem Landschaftsbilde, dessen sich ein Jeder erinnern wird, der diese Gegenden durchwandert hat. Zieht eine Gesellschaft von .Männern und Hunden auf die Jagd, so werden ihnen tagüber mehrere jener Begleiter folgen. Hat der Vogel gefressen, so tritt der nackte Kropf vor; zu dieser Zeit und auch im Allgemeinen ist der Carrancha träge, zahm und furchtsam.

Sein Flug ist schwer

und langsam wie der der englischen Krähe. E r steigt selten hoch auf; ich habe aber zweimal einen in grosser Höhe mit Leichtigkeit durch die Luft gleiten sehen.

Er läuft — (als Gegensatz zum Hüpfen) —

Aasfressende Raubvögel (183a)

67

doch nicht ganz so flink wie manche seiner Verwandten. Zu Zeiten ist der Carrancha sehr lärmend, aber nicht für gewöhnlich; seine Stimme ist laut, harsch uud eigentümlich, und kann mit dem Ton des spanischen Kehllauts g verglichen werden, dem ein rauhes doppeltes rr folgt; wenn er so schreit, hebt er den Kopf höher und höher bis er zuletzt, den Schnabel weit geöffnet, mit dem zurückgebogenen Schädel hinten fast den Rücken berührt. Diese durchaus wahre Thatsache ist bezweifelt worden; ich habe die Carranchas mehrere Male mit zurückgebogenen Köpfen in einer völlig umgekehrten Stellung gesehen. Auf Azaras hohe Autorität ergänze ich diese Bemerkungen noch dahin, dass der Carrancha sich von Würmern, Muscheln, Schnecken, Grashüpfern und Fröschen nährt; dass er junge I .ämmer durch Zerreissen der Nabelschnur tödtet, und dass er den Gallinazo so lange verfolgt, bis dieser wieder das Aas von sich giebt. das er etwa kürzlich verschlungen hatte. Endlich giebt Azara an. dass sich mehrere Carranchas oft fünf bis sechs zusammenthun, um Jagd auf grosse Vögel, zum Beispiel auf Reiher, zu machen. Alle diese Thatsachen beweisen, dass der Vogel seine Lebensgewohnheiten verschiedenen Verhältnissen anpasst und auch viel Scharfsinn besitzt. Der Polyborus Chimango ist bedeutend kleiner als die zuletzt besprochene Spezies. Er ist thatsächlich ein Allesfresser und verschlingt sogar Brot; auch hat man mir versichert, dass er in Chiloe die Kartoffelfelder häufig beschädigt, indem er die Knollen aufwühlt, nachdem sie gepflanzt sind. Von allen Aasfressern pflegt er der letzte zu sein, der das Gerippe eines gefallenen Thieres verlässt und oftmals kann man ihn zwischen den Rippen einer Kuh oder eines Pferdes wie einen Vogel in einem Käfig sitzen sehen. Eine andere Spezies ist der Polyborus Novae Zelandiae, der auf den Falklandsinseln sehr /ahlreich vorkommt. In vieler Hinsicht gleichen diese Vögel den Carranchas. Sie leben von dem Fleisch todter Thiere und von Meereserzeugnissen, und auf den Ramirez-Felsinseln müssen sie ihre Nahrung ausschliesslich dem Meere entnehmen. Sie sind ausserordentlich dreist und furchtlos und kommen um der Abfalle willen bis dicht an die Häuser heran. Wenn eine Jagdgesellschaft ein Thier 5*

Drittes Kapitel

t¡8

erlegt hat, sammelt sich schnell eine Schaar dieser Vögel, und an allen Seiten auf der Erde sitzend warten sie geduldig,

l^ach dem

Frass geben ihnen die weit hervortretenden nackten Kröpfe ein widerwärtiges

Aussehen.

Sie

greifen

gern verwundete

Vögel a n ;

ein

Cormorán in diesem Zustand, der sich an das Ufer geflüchtet hatte, wurde sogleich von ihnen überfallen und sein Tod durch ihre Schnabclhiebe beschleunigt. Der ,,Beagle" war nur während des Sommers bei den Falklandsinseln, aber die Offiziere des „Adventure", welche den Winter

dort

zugebracht hatten,

berichten

Frechheit und Raubgier dieser Vögel.

viele Beispiele von

der

Sie waren sogar auf einen

schlafenden H u n d gestossen, der neben einem der Herrn gelegen halte und

die Jäger hatten

Mühe es zu hindern,

dass ihnen die ange-

schossenen Gänse vor ihren eigenen Augen fortgeholt wurden. sagt, dass mehrere Chimangos, die darin den Carranchas

Man

gleichen,

vor dem Schlupfloch eines Kaninchenbaues warten, und gemeinsam das Thier anfallen, wenn es herauskommt.

Sie kamen beständig an

Bord des Schiffs, während wir im Hafen lagen; und es war nöthig gut Acht zu geben, dass das Leder nicht von der Takellage, noch das Flcisch oder Wild vom Schiffsspiegel gerissen wurde.

Sie sind

tückisch und neugierig und nehmen alle möglichen Sachen vom Erdboden auf; so schleppten sie auch einen schwarzlackirten Hut beinah eine Meile weit fort, und gleichfalls ein paar von den schweren Wurfkugeln, die zum Einfangen des Viehes gebraucht werden.

Mr. Usborne

erlitt während der Vermessungen einen noch empfindlicheren Verlust; sie stahlen ihm einen kleinen Kater-Compass in rothem Lederkästchen, den

Femer

sind diese Vögel sehr

zänkisch und jähzornig und reissen vor W u t h

er nie wieder bekommen

oft das Gras mit ihren

Schnäbeln

maD sie nicht gesellig

aus.

hat.

Im eigentlichen Sinne kann

nennen; sie steigen nicht in die Höhe; ihr Flug ist schwer und ungeschickt; doch Fasanen.

auf der Erde laufen sie sehr schnell,

ähnlich

wie

Sie sind sehr laut und stossen verschiedene krächzende Töne

aus, der eine klingt wie der der englischen Krähe, deshalb nennen die Robbenfänger sie auch immer Krähen.

Es ist ein eigcnthümlicher

Umstand, dass sie beim Krächzen die Köpfe auf- und rückwärts werfen wie die Carranchas.

Sie horsten auf den Felsklippen der Seeküste,

69

Aasfresseude Raubvogel (1833)

aber nur auf den kleinen benachbarten Inselchen, nicht auf den beiden Hauptinseln;

eine merkwürdige Vorsicht bei einem so wenig scheuen

und furchtlosen Vogel.

Die Robbenfanger sagen, dass dieser Vogel

beim Kochen ganz weiss werde und sehr gut schmecke; es gehört aber Mut dazu, von einer solchen Speise zu kosten. W i r haben

nun nur noch

den Gallinazo zu nennen.

den Truthahngeier (Vultur aura) und

Ersterer ist überall zu finden, wo das Land

cinigermassen feucht ist von Cap Horn bis nach Nordamerika, und im Gegensatz zum Polyborus Brasiliensis und Chimango hat er auch den W e g auf die Falklandsinseln gefunden. sam, oder geht höchstens paarweise.

Der Truthahngeier

lebt

ein-

Man kann ihn schon auf grosse

Entfernung an seinem hohen Aufsteigen und seinem überaus eleganten Klug erkennen.

E r ist als echter Aasfresser bekannt.

A u f der West-

küste von Patagonien, auf den dichtbewaldeten Inselchen und dem zerklüfteten Lande nährt er sich ausschliesslich von dem, auswirft, und von todten Robben. aufhalten,

sieht

atratus) hat ein

man

auch

von dem

was die See

W o sich Robben auf den Klippen

diese vorigen

Geier.

Der

verschiedenes

Gallinazo

(Cathartes

Verbreitungsgebiet,

denn man findet ihn nie südlich des 41 0 S. Br. Azara berichtet, dass es der Ueberlieferung nach diese Vögel zur Zeit der Eroberung nicht in Monte Video gegeben hätte; dass sie aber später den Einwanderern von den nördlicheren Distrikten

hierher gefolgt wären.

Gegenwärtig

sind sie im Thal des Colorado häufig zu finden, das gerade dreihundert Es ist wahrscheinlich,

dass

diese weitere Wanderung seit der Zeit von Azara geschehen ist.

Meilen südlich von Monte Video liegt.

Der

(iallinazo zieht gewöhnlich ein feuchtes Klima vor oder wenigstens die Nähe frischen Wassers; deshalb begegnet man ihm so häufig in Brasilien und L a Plata, während man ihn nicht auf den wüsten dürren Ebenen von Nordpatagonien trifft, ausgenommen in der Nachbarschaft einiger Flüsse.

Diese Vögel verbreiten sich über die ganzen Pampas bis an

den Fuss der Cordilleren; doch habe ich nie einen von ihnen in Chile gesehen: in Peru schont man sie als Strassenreiniger. diese Geier mit Recht gesellig nennen, am Beieinandersein zu haben, samer Beule zu vereinigen.

Auch kann man

denn sie scheinen Vergnügen

und sich nicht nur zum Zweck gemeinA n schönen Tagen kann

man oft eine

70 Schaar von ihnen beobachten, von denen ein jeder Vogel in den anmuthigsten Wendungen beständig und ohne die Fliigel zu schliessen seine Kreise zieht. Dies geschieht offenbar aus Vergnügen an der Bewegung, oder mag mit ihren ehelichen Verbindungen zusammenhängen. Jetzt habe ich alle Aasfresser mit Ausnahme des Condors erwähnt, über den ein Bericht besser seine Stelle findet, wenn wir ein anderes Land besuchen, das seinen Lebensgewohnheiten mehr zusagt, als die Ebenen von La Plata.' In dem breiten Streifen von Sandhügeln, welche die Lagune del Potrero von den Ufem des Plata scheiden, einige Meilen von Maldonado entfernt, fand ich eine Gruppe jener verglasten Kieselröhren, welche dadurch gebildet werden, dass der Blitz in losen Sand fährt.

Diese

Röhren gleichen in allen Einzelheiten denen von Drigg in Cumberland, welche in den Geological Transactions beschrieben worden sind*.

Da

die Sandhügel von Maldonado nicht von Pflanzenwuchs geschützt werden, verändern sie fortwährend ihre Lage.

Aus dieser Ursache ragten die

Röhren über die Oberfläche heraus und zahlreiche in der Nähe liegende Bruchstücke zeigten, dass sie früher in grösserer Tiefe eingesenkt gewesen waren.

Vier solcher Röhren gingen senkrecht in den Sand

hinein; mit meinen Händen grabend, verfolgte ich eine derselben zwei Fuss tief; und wenn man einige Bruchstücke, die augenscheinlich zu derselben Röhre gehört hatten, hinzusetzte, so betrug ihre Länge fünf Fuss drei Zoll. Der Durchmesser der ganzen Röhre war beinah gleichmassig;

deshalb

lässt

sich

annehmen,

noch in viel grössere Tiefe erstreckt hat.

dass

sie

sich

ursprünglich

Diese Maasse sind indessen

klein im Vergleich zu den Röhren von Drigg, von denen eine nicht weniger als dreissig Fuss tief verfolgt wurde. Die innere Oberfläche ist vollkommen verglast, glänzend und glatt. Ein kleines Bruchstück unter dem Mikroskop untersucht, sah wegen der grossen Zahl kleiner eingeschlossener Luft- oder Dampfbläschen wie eine vor dem Löthrohr geschmolzene Metallprobe aus. * G e o l o g . T r a n s a c t i o n s Vol. p.

294.

hat

Dr.

Priestley

II. p. 528.

einige

schmolzenen Quarzstein b e s c h r i e b e n ,

Der Sand ist

In den Philosoph. T r a n s a c t i o n s

unvollkommene

Kieselröhren

die beim G r a b e n

und

in der E r d e

einen

1790 ge-

unter einem

Baum g e f u n d e n worden sind, wo ein Mann vom Blitz getödtet worden war.

71

Blitzröhren ( 1 8 3 2 I

durchaus oder zum grössten Theil kieselig; aber einige Körner sind von schwarzer Farbe und besitzen vermöge ihrer glänzenden Oberfläche ein metallisches Aussehen.

Die Dicke der Röhrenwände

wechselt

zwischen einem Dreissigstel bis einem Zwanzigstel Zoll und beträgt gelegentlich sogar einen Zehntel Zoll.

A n der Aussenseite sind die

Sandkörner gerundet und haben ein leicht glasiges Aussehen; konnte ich ein Zeichen von' Krystallisation erkennen.

nirgends

In ähnlicher

Weise wie die in den Geological Transactions beschriebenen sind die Röhren meist zusammengedrückt und besitzen

tiefe Längsfurchen,

so dass sie einem zusammengeschrumpften Pflanzenstengel oder der Rinde der Ulme oder der Korkeiche sehr ähnlich sind. Ihr Umfang beträgt ungefähr zwei Zoll, aber in einigen Bruchstücken, die cylindrisch und ohne Furchen sind, hat er sogar vier Zoll.

Der Druck

des umgebenden losen Sandes, welcher auf die Röhren einwirkte, so lange sie in Folge der intensiven Hitze noch weich waren, hat offenbar jene Fallen oder Furchen verursacht.

Xach den nicht zu-

sammengedrückten Bruchstücken zu urtheilen, muss der Durchmesser oder das Bohrloch des Blitzes, (wenn ein solcher Ausdruck statthaft ist) ungefähr einen und ein Viertel Zoll betragen haben.

In

Paris ist es M. Hachette und M. Beudant - gelungen, Röhren, welche in den meisten Beziehungen diesen Fulguriten ähnlich sind, zu machen, indem sie starke elektrische Schläge durch feinpulverisiertes Glas leiteten;

setzte man zur Erhöhung der Schmelzbarkeit Salz hinzu,

wurden die Röhren nach allen Dimensionen

grösser.

ihnen aber nicht mit gepulvertem Feldspath und Quarz. pulverisiertes Glas hergestellte Röhre

Iis

gelang

Eine durch

war beinah einen Zoll lang,

nämlich 0,982 und hatte einen inneren Durchmesser von 0,019 Zoll. Wenn wir hören, dass die stärkste Batterie in Paris verwendet wurde und dass ihre Wirkung auf eine Substanz von so leichter Schmelzbarkeit wie Glas nur so winzige Röhren hervorbrachte, müssen wir staunen über die K r a f t eines Blitzstrahls, der den Sand an verschiedenen Stellen treffend, in einem Fall Cylinder von wenigstens dreissig Fuss Länge erzeugt hat, welche an der Stelle, an der sie

* Annales de Chimie et (le Physique, Tom. X X X V I I p. 3 1 9 .

Drittes Kapitel

72 nicht zusammengepresst

sind, eine innere Höhlung von reichlich

einem und einem halben Zoll haben, und noch dazu in einem so schwer schmelzbaren Material wie Quarz! Die Röhren gehen, wie ich vorhin erwähnte, in fast senkrechter Richtung in den Sand.

Jedoch

eine, die weniger regelmässig als

die anderen geformt war, wich von der geraden Linie bei der beträchtlichsten Biegung bis zu dreiunddreissig Grad ab. Röhre

Diese selbe

hatte zwei kleine Zweige ungefähr einen Fuss von einander

entfernt, der eine mit abwärts, der andere mit aufwärts gerichteter Spitze.

Dieser letztere Kall ist merkwürdig, da der elektrische Strom

in einem

spitzen Winkel

von

sechsundzwanzig Grad

richtung sich zurückgewendet haben tnuss.

zur Haupt-

Ausser den vier Röhren,

welchc ich senkrecht stehend fand und unter die Oberfläche verfolgte, fanden sich verschiedene Gruppen von Bruchstücken vor, deren ursprüngliche Stelle zweifellos in der Nähe gewesen sein muss.

Alle

kamen auf einer Fläche von Triebsand vor, die sechzig Schritte lang und zwanzig breit war, zwischen hohen Sanddünen lag und ungefähr eine halbe Meile weit von einer vier- oder fünfhundert Fuss hohen Hügelkette

entfernt war.

Umstand in diesem F a l l ,

Meiner Meinung nach ist der auffälligste wie in dem von Drigg und einem von

Ribbentrop in Deutschland beschriebenen, die Anzahl von Röhren, welche

auf

einem so beschränkten Raum

gefunden wurden.

In

Drigg fand man auf einem Flächenraum von fünfzehn Schritt drei Röhren und ebenso viele kamen in Deutschland vor.

In dem von

mir beschriebenen Fall gab es sicherlich mehr als vier Röhren in einem Raum von sechzig und zwanzig Schritt.

Da es nicht wahr-

scheinlich ist, dass die Röhren durch aufeinander folgende einzelne Schläge hervorgebracht sind, müssen wir annehmen, dass der Blitz, kurz bevor er in die Erde eindringt, sich in verschiedene Zweige theilt. Die Umgebung des R i o Plata scheint elektrischen Erscheinungen besonders ausgesetzt zu sein. Im Jahre 1 7 9 3 * entlud sich eines der zerstörendsten Gewitter, von dem sich der Bericht erhalten hat, über Bueno> Ayres; der Blitz schlug an siebenunddreissig Stellen in der Stadt ein und * Azara':» Reise, Voyage, Vol. I, p. 36.

Fulguriten

tödtete neunzehn Menschen. Reisebeschreibungen Gewitter

an

den

(1832)

73

N a c h Berichten, welche in verschiedenen

vorkommen, bin ich Mündungen

grosser

geneigt zu vermuthen, dass Ströme

häufig

vorkommen.

W ä r e es nicht möglich, dass die Mischung v o n grossen Mengen süssen und salzigen W a s s e r s Selbst

während

das elektrische

Gleichgewicht

unserer gelegentlichen B e s u c h e

stören

könnte ?

in diesem Theil von

Südamerika hörten w i r , dass ein Schiff, zwei K i r c h e n und ein Haus vom Blitz getroffen wären. kurz

nachher;

Monte V i d e o .

letzteres

S o w o h l die K i r c h e wie das H a u s sah ich gehörte

dem

Einige der W i r k u n g e n

Generalconsul

Mr. H o o d

waren m e r k w ü r d i g :

die

in Ta-

pete war u n g e f ä h r einen F u s s breit zu jeder Seite der K l i n g e l d r ä h t e geschwärzt.

D a s M e t a l l war geschmolzen

und o b g l e i c h das Zimmer

gegen fünfzehn F u s s h o c h war, hatten die auf die Stühle und andern M ö b e l herabtropfenden M e t a l l k ü g e l c h e n gebohrt. und sie

die B r u c h s t ü c k e die

Rahmen

eine

R e i h e kleiner

Löcher

E i n T h e i l der Mauer w a r w i e durch Schiesspulver gesprengt, waren mit solcher K r a f t fortgeschleudert, dass

gegenüberliegende

Zimmerwand

durchlöchert

hatten.

Der

eines Spiegels war geschwärzt, und die V e r g o l d u n g musste

verflüchtigt worden sein, denn ein Riechfläschchen, w e l c h e s auf dem Kaminsims zogen,

stand, w a r mit glänzenden metallischen T h e i l c h e n über-

die so fest daran h a f t e t e n , als ob sie aufgeschmolzen wären.

VIERTES KAPITEL. Rio N e g r o



Estancias

von Indianern angegriffen —

Vom Rio N e g r o zum Rio Colorado

Salzseen — Flamingos —

—• Heiliger Baum —

Patagonischer Hase



Indianerfamilien — General Rosas — Weiterreise nach Bahia Bianca — Sanddünen — Negerlieutenant — Bahia Bianca — Salzincrustationen — Punta A l t a —

Zorillo.

VOM RIO N E G R O N A C H B A H I A B L A N C A . 24. Juli

1833.

am 3. August

Der „Beagle" segelte von Maldonado und kam

auf der Höhe der Rio-Negro-Mündung an.

Dies

ist der Hauptfluss auf der ganzen Küstenstrecke zwischen der Magellansstrasse und dem Plata.

Er fliesst in das Meer ungefähr drei-

hundert Meilen südlich von der Plata-Mündung.

Vor ungefähr fünf-

zig Jahren, unter der alten spanischen Herrschaft, hatte sich hier eine kleine Colonie gebildet, und noch immer ist es der südlichste Punkt (41 0 S. Br.) an dieser Küste von Amerika, der von civilisirten Menschen bewohnt wird. Das Land

in der Nähe der Flussmündung ist im höchsten

Grade öde ; nach Süden zu beginnt eine lange Reihe senkrechter Klippen, die einen Querschnitt der geologischen Bildung der Gegend zeigen.

Die Schichten sind von Sandstein, und eine derselben war

dadurch merkwürdig, dass sie aus einem festeementirten Conglomérat von Bimssteinstücken bestand, welche mehr als vierhundert Meilen von den Anden hergekommen sein müssen.

Die Oberfläche ist über-

all von einem dicken Kieslager bedeckt, das sich weit und breit über die Ebene erstreckt.

Wasser ist äusserst selten, und wo es

vorkommt, ist es fast ausnahmslos brackig.

Der Pflanzenwuchs ist

dürftig; und obwohl es Sträucher verschiedener Art giebt, sind doch

Rio N e g r o (1833)

75

alle mit furchtbaren D o r n e n besetzt, als wollten sie den F r e m d e n warnen, diese unwirtlichen Gegenden zu betreten. Die

Niederlassung

Die Strasse liche

folgt

Gehänge

liegt

achtzehn

Meilen

den F l u s s

der sanft abgedachten K l i p p e ,

des

vom

Rio

Negro

durchströmten

die

vor

einigen Jahren

waren.

Sie widerstanden

einem derselben gegenwärtig fall auf das lebendigste.

gewesen w a r ,

Die

bildet.

„Estancias"

von den Indianern zerstört

mehreren A n g r i f f e n .

nörd-

Thaies

Unterwegs kamen wir an den Trümmern einiger schönen vorbei,

aufwärts.

w e l c h e das

Ein M a n n ,

worden der bei

schilderte mir den V o r -

Bewohner hatten Zeit genug

gehabt,

alle R i n d e r und Pferde in den „ C o r r a l " * , welcher das H a u s umgiebt zu treiben, Indianer

und gleichfalls einige kleine K a n o n e n aufzufahren.

waren

Araucaner

aus

dem

Hundert an der Zahl und sehr gut sie

in zwei A b t h e i l u n g e n

sie

dort

abgesessen

Süden

von

diseiplinirt.

Chile;

Zuerst

erschienen

auf einem benachbarten H ü g e l ;

waren

und

ihre

gingen sie nackt zum A n g r i f f vor.

Pelzmäntel

Die

mehrere nachdem

abgelegt

hatten,

D i e einzige W a f f e der Indianer

ist ein sehr langer Bambus oder Chuzo, mit Straussenfedern verziert, der in eine scharfe Lanzenspitze

endet.

M e i n Berichterstatter schien

sich mit dem grössten Entsetzen an das S c h w i n g e n dieser Chuzos zu erinnern,

mit denen jene

damals anrückten.

Als

sie nahe herange-

k o m m e n , rief der Cazilte Pincheira den Belagerten zu,

sie

ihre W a f f e n ausliefern,

abschneiden.

oder er würde ihnen den H a l s

möchten

D a dies voraussichtlich unter allen Umständen bei ihrem Eindringen geschehen wäre, antwortete man ihnen mit einer Musketensalve. Indianer

wagten

zäunung des

sich

mit

Corrals vor.

grosser Hartnäckigkeit Aber

die Pfosten durch eiserne Nägel

bis

an die

zu ihrer U e b e r r a s c h u n g

Die Ein-

fanden sie

statt durch Lederriemen aneinander

befestigt, und versuchten natürlich vergebens dieselben mit ihren Messern zu durchschneiden.

Dies rettete das L e b e n der Christen: viele der ver-

wundeten

wurden

Indianer

von

ihren

Gefährten

da auch einer der Untercaziken verwundet

* D e r Corral

ist eine

war,

fortgetragen,

und

wurde endlich zum

aus hohen und starken Pfählen gemachte

jedes L a n d g u t oder Estancia besitzt einen solchen als Zubehör.

Einzäunung;

76

Viertes Kapitel

Rückzug geblasen. Sie gingen bis zu ihren Pferden zurück und schienen dort einen Kriegsrath zu halten. Es war eine fürchterliche Pause für die Spanier, da sie alle ihre Munition mit Ausnahmeeiniger weniger Patronen verschossen hatten. Doch plötzlich bestiegen die Indianer ihre Pferde und verschwanden im Galopp. Ein späterer Angriff wurde noch schneller zurückgcschlagen. Ein kaltblütiger Franzose bediente die Kanone; er liess die Indianer nahe herankommen und lichtete ihre Reihen dann mit Kartätschenkugcln; dadurch streckte er neununddreissig nieder, und ein solcher Verlust jagte die ganze Bande in die Flucht. Die Stadt wird sowohl EI Carmen als Patagoncs genannt. Sic ist auf der Höhe einer Klippe gebaut, welche gegen den Fluss liegt; und viele der Häuser sind sogar in den Sandstein gehauen. Der Fluss ist ungefähr zwei- bis dreihundert Meter breit, dabei tief und reissend. Die vielen mit Weidenbäumen bewachsenen Inseln, die flachen Höhenzüge, die sich einer hinter dem anderen an der nördlichen Grenze des breiten grünen Thals erheben, bieten im Licht der hellen Sonne einen ganz malerischen Anblick. Die Zahl der Einwohner übersteigt nicht ein paar Hundert. Diese spanischen Colonien tragen nicht wie unsere britischen die Elemente des Wachsthums in sich selbst. Viele Vollblutindianer wohnen hier, denn der Stamm des Caziken Lucanie hat beständig seine Toldos* dicht an den Grenzen der Stadt. Die Stadtverwaltung sorgt theilweise für ihren Unterhalt, indem sie ihnen die abgetriebenen Pferde giebt; auch verdienen sie etwas Geld durch Anfertigung von Pferdedecken und anderem Reitzeug. Man betrachtet diese Indianer als civilisiert, aber was ihr Charakter durch einen geringeren Grad von Wildheit gewonnen haben mag, wird beinah durch ihre gänzliche Immoralität wieder aufgewogen. Indessen ist bei einigen der jüngeren Männer eine Besserung zu merken; sie sind bereit zu arbeiten, und vor kurzer Zeit hat sich eine Anzahl von ihnen an einer Fahrt zur Robbenjagd betheiligt und sich gut aufgeführt. Sie genossen nun die Früchte

* Toldus werden die Hütten der Indianer genannt.

Patagones (1833)

77

ihrer Arbeit,

dadurch dass sie bunte reine Kleider trugen und sehr

faul waren.

Der Geschmack, den sie in ihrer Kleidung bewiesen,

war bewundernswürdig;

hätte man einen dieser jungen Indianer in

eine Bronzestatue verwandeln können, so würde seine Drapirung von vollendeter Anmuth gewesen sein. Eines Tages ritt ich nach einer Salina, einem grossen Salzsee, welcher fünfzehn Meilen von der Stadt entfernt ist.

Während des

Winters besteht er aus einer seichten Menge von Salzlake, welche sich im Sommer in ein Feld

schneeweissen Salzes verwandelt; in

der Nähe der Ränder ist diese Schicht vier bis fünf Zoll dick; aber gegen die Mitte nimmt die Dicke zu. eine halbe Meile lang und eine breit.

Dieser See war zwei und In der Gegend kommen noch

viel grössere vor, die einen zwei bis drei Fuss dicken Salzboden haben, selbst im Winter wenn Wasser darüber steht. glänzend weisse,

Ebene bietet ein seltsames Schauspiel dar. grosse Menge

Solch eine

glatte Fläche mitten in der braunen,

von Salz diesen

Salinas

trostlosen

E s wird alljährlich eine entnommen,

und

grosse

Haufen, einige hundert Tonnen an Gewicht, lagen zur Versendung bereit

Die Zeit der Arbeit in den Salinas ist gewissermassen die

Erntezeit für Patagones, Ortes ab.

denn

davon

hängt

der Wohlstand

des

Fast die ganze Bevölkerung lagert an dem Flussufer, und

die Leute sind beschäftigt das Salz auf Ochsenwagen fortzuschaffen. Dies Salz ist in grossen Würfeln crystallisirt und ganz merkwürdig rein.

Mr. Trenham Reeks hat die Freundlichkeit gehabt, etwas da-

von für mich zu analysiren: er findet darin nur 0,26 Gips und 0,22 erdige Substanz.

Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass es sich

/.uní Conserviren des Fleisches nicht so gut eignet, wie das Seesalz von den Cap Verdischen Inseln;

ein Kaufmann in Buenos Ayres

sagte mir, dass er es um fünfzig Prozent geringer als jenes schätze. Deshalb wird fortwährend Salz von den Cap Verdischen Inseln eingeführt und mit dem der Salinas vermischt.

Die Reinheit des pata-

gonischen Salzes oder vielmehr die Abwesenheit derjenigen anderen Salztheile, die in allem Meerwasser vorhanden sind, ist der einzige Grund, den man für jenen Mangel angeben kann.

Niemand würde

diesen Zusammenhang vermuthet haben, wäre er nicht kürzlich durch

V i e r t e s Kapitel

78 die

Thatsache

bestätigt

worden*,

dass

diejenigen Salze

sich

am

besten zur Conservirung von Käse eignen, welche die meisten lösbaren Chloride enthalten. Die Ufer des Sees sind aus Schlamm gebildet;

und in diesem

finden sich viele grosse Crystalle von Gips eingelagert, deren einige drei

Zoll

lang

sind,

während

auf

der

schwefelsaurem Natron verstreut liegen. Padre diese

del

sal,

und

Oberflache

die letztere die „Madre";

erzeugenden Salze

sie berichten,

immer an den Rändern

treten, wenn das Wasser zu verdunsten beginnt. schwarz und hat einen fauligen Geruch. Ursache davon nicht vorstellen;

Crystalle

aus

Die Gauchos nennen erstere: der

dass

Salinas

auf-

Der Schlamm ist

Zuerst konnte ich mir die

dann aber bemerkte ich,

dass der

Schaum, welchen der Wind auf das Ufer getrieben hatte, eine grüne Farbe

zeigte,

wie von Conferven herrührend;

ich versuchte etwas

von dieser grünen Substanz nach Hanse zu nehmen, doch durch ein zufälliges Missgeschick glückte es mir nicht.

Einige Theile des Sees

sahen aus der Entfernung rötlich gefärbt aus; vielleicht rührte dies von Infusionsthierchen durch

in

geworfen. leben

her.

An

vielen Stellen

grosser Anzahl auftretende Würmer Wie

zu

vermögen

einer

und dass sie zwischen Krystallen

wohnen

wenn festen

Schlamm auf-

merkwürdig ist e s , dass Geschöpfe in Salzlake zu

saurem Natron und K a l k herumkriechen! Würmern,

war der

oder Aneliden

während und

schwefel-

des langen Sommers die Oberfläche sich

Salzschicht

diesen See

und

Und was wird aus diesen

verhärtet?

brüten

Zahlreiche

hier;

Flamingos

durch ganz Patagonien,

beim

nördlichen Chile und auf den Galapagosinseln traf ich diese V ö g e l überall

an,

wo es solche Salzlachen gab.

Hier sah ich sie herum-

waten und nach Futter suchen, vermuthlich nach jenen den Schlamm aufwühlenden wieder

von

kleine

in

Würmern,

und

Infusorien und sich

Binnensalzsecn

abgeschlossene gemäss

ist.

diese

nähren

Conferven. Welt

von

So

sich haben

wahrscheinlich wir hier

Lebewesen,

die

eine

diesen

Ein winziges Krustenthier, (Cancer sa-

linus) soll in zahllosen Mengen die Salzpfannen von Lymington be-

* B e r i c h t der A g r i c u l t . Chem. Assoc. in der A g r i c u l t . G a z e t t e , 1845 p. 93.

V o m R i o N e g r o zum R i o Colorado (1833)

wohnen*,

doch

dunstung

einen

pfund S a l z haupten,

Dur diejenigen,

in welchen die Soole durch

hohen Grad von Stärke hat,

auf ein halbes Liter "Wasser. dass jeder

Theil

79

der W e l t

Ver-

nämlich ein Viertel-

Da dürfen wir wohl

bewohnbar

ist!

be-

Mögen

es

Seen v o n Salzlake sein,

oder jene unterirdischen unter den Vulkanen

liegenden

warme Mineralquellen

Gewässer





die weite

Aus-

dehnung nnd die Tiefen des Oceans — die höheren R e g i o n e n

der

Atmosphäre

alle

und

selbst die Oberfläche des ewigen Schnees —

gewähren organischen Wesen Unterhalt. Nördlich Gegend

bei

vom R i o X e g r o , Buenos A y r e s ,

Niederlassung, ist.

Die

die

zwischen

besitzen

vor Kurzem

ihm und der bewohnten

die Spanier nur eine

in Bahia Bianca

Entfernung nach Buenos Ayres

beinah fünfhundert englische Meilen.

errichtet

kleine worden

beträgt in gerader Linie

Da die wandernden Stämme be-

rittener Indianer, welche stets den grössten Theil dieser Länder besassen, in letzter Zeit die einzelnliegenden Estancias sehr belästigt hatten, war von der Regierung von Buenos A y r e s vor Kurzem ein Heer dem

Oberbefehl

Indianer

des

ausrotten

Generals Rosas

sollte.

Die

ausgerüstet

Truppen

lagerten

worden,

unter

das

damals an

die den

Ufern des R i o Colorado, ein Fluss ungefähr achtzig Meilen nördlich vom R i o Negro entfernt. murschirte Ebenen;

er

in

A l s General Rosas Buenos Ayres verliess,

gerader

Richtung

Hess er in

die

noch

unerforschten

grossen Zwischenräumen kleine Abtheilungen

daten, sowie einen Trupp Pferde

¥

durch

und weil das Land von Indianern ziemlich gesäubert war.

Linnaean Trans,

vol. X I

p. 205.

(eine posta) zurück,

K s ist merkwürdig, wie a l l e Umstände

13c/ug a u f die S a l z s e e n in Sibirien und P a t a g o n i e n übereinstimmen. wie P a t a g o n i e n

erst spät

In beiden L a n d e r n beiden I-andern

über den S p i e g e l

nehmen die S a l z l a c h e n

ist

der Schlamm

von Sol-

um eine un-

am U f e r

in

Sibirien scheint

des M e e r e s erhoben worden zu sein. flache

B e c k e n in den Steppen

schwarz

und ü b e l r i e c h e n d ;

ein:

in

unter der

Salzkruste kommt, unvollkommen krystallisirt, s c h w e f e l s a u r e s N a t r o n und s c h w e f e l saure M a g n e s i a mischt. und Ufer.

Die

vor

und

ist der

sibirischen Salzseen

Flamingos

(Edin. N e w .

D a diese anscheinend

schlammige werden

von

Philos. Jour. Jan.

Sand

mit K ö r n e r n

von G i p s

kleinen Krustenthieren X830.) b e s u c h e n

ver-

bewohnt;

gleichfalls

ihre

so g e r i n g f ü g i g e n Umstände in zwei entfernten Conti-

nenten vorkommen, können wir sicher sein, dass sie die notwendigen F o l g e n gemeinsamer U r s a c h e n sind.

Siehe Pallas's Reisen 1793 bis 1794 p. p. 1 2 9 — 1 3 4 .

80

Viertes Kapitel

unterbrochene Verbindung mit der Hauptstadt aufrecht erhalten zu können. Da der „Beagle* bei Bahia Bianca anlaufen wollte, beschloss ich zu Lande dorthin zu gehen und dehnte schliesslich meinen Plan dahin aus, dass ich den ganzen Weg nach Buenos Ayres von Posta zu Posta zurücklegte. 11. August. Ein in Patagones ansässiger Engländer, Mr. Harris, ein Führer und fünf Gauchos, die sich in Geschäften zur Armee begaben, waren meine Reisegefährten. Der Colorado ist, wie ich vorhin sagte, ungefähr achtzig Meilen entfernt, und da wir langsam reisten, waren wir zwei und einen halben Tag unterwegs. Die ganze Gegend verdient kaum anders als Wüste genannt zu werden. Wasser findet man nur in zwei kleinen Brunnen und man nennt es süss; doch selbst in dieser Jahreszeit, während der Regenzeit, war es ganz brackig. Im Sommer muss es ein trauriger W e g sein; schon jetzt war es recht trostlos. So breit das Thal des Rio Negro auch ist, ist es allein aus der Sandsteinebene ausgewaschen worden, denn unmittelbar über dem Ufer, auf dem die Stadt steht, fängt ein Flachland an , das nur durch wenige unbedeutende Thäler und Mulden unterbrochen ist. Ueberall hat die Landschaft denselben wüsten Charakter; auf dem dürren Kiesboden sieht man nur Büschel von braunem versengten Grase und hier und da niedriges Dorngestrüpp. Kurz nachdem wir an der ersten Quelle vorüber waren, erblickten wir einen berühmten Baum, den die Indianer als den Altar des Walleechu verehren. Er steht auf einem holten Theil der Ebene und ist dadurch eine auf grosse Entfernung hin sichtbare Landmarke. Sobald ihn ein Indianerstamm von fern her erblickt, bringen sie ihm durch lautes Geschrei ihre Verehrung dar. Der Baum selbst ist niedrig, weit verzweigt und dornig; dicht über der Wurzel hat er einen Durchmesser von drei Fuss. Er steht allein ohne einen Nachbar, und war allerdings der erste Baum, den wir sahen; nachher trafen wir noch auf einige derselben Art; aber sie waren durchaus nicht häufig. Da es Winter war, trugen diese Bäume kein Laub, aber dafür hatten sie zahlreiche Fäden, an welchen die verschiedenen Weihgeschenke, wie Cigarren, Brot, Fleisch, Stücken von Zeug u. s. w.

81

Vom Rio Negro zum Rio Colorado (1833)

aufgehängt waren.

A r m e Indianer, die nichts anderes zu geben haben,

ziehen nur einen Faden aus ihren Ponchos (Mantel) und binden ihn an den Baum. von T h e e )

Reichere Indianer pflegen Branntwein und Maté ( A r t

in ein gewisses Loch zu giessen, sowie den Tabaksrauch

aufwärts z u

blasen,

und

Wohlgefallen zu bereiten.

meinen dadurch dem Walleechu

grösstes

U m das Bild vollständig zu machen, war der

Baum von den gebleichten Knochen der Pferde umgeben, welche hier als Opfer geschlachtet worden waren.

A l l e Indianer jeglichen Alters und

Geschlechts bringen ihre Weihgeschenke dar; si? glauben, dass dann ihre Pferde nicht ermüden und dass sie selbst Glück haben werden. Der Gaucho, der mir dies erzählte, sagte,

dass er in Friedenszeiten

dies oft mit angesehen, und dass er und andere gewartet hätten, bis die Indianer abgezogen wären, um dem Walleechu die Weihgeschenke zu stehlen. Die Gauchos meinen, dass die Indianer den Baum für den Gott selbst halten; aber es ist viel wahrscheinlicher, dass sie in ihm den Altar sehen.

Die einzige Ursache, aus der ich mir diese W a h l er-

klären kann, ist, dass er als Landmarke auf einem gefährlichen W e g e dient.

Die Sierra de la Ventana ist aus ungeheuerer Ferne sichtbar;

und ein Gaucho erzählte mir, dass als er einst in Gesellschaft eines Indianers einige Meilen nördlich vom R i o Colorado selbe Geschrei ausstiess, das

anzuheben pflegen, dabei hob er die Hand zeigte

darauf

nach

ritt,

dieser das-

sie beim Anblick des fernen Baumes

der Richtung

nach

der Sienra.

dem Haupte

und

A u f die Frage nach

dem Grunde erwiderte der Indianer in gebrochenem Spanisch: erst

die Sierra

sehen".

würdigen Baum

Ungefähr

schlugen wir

sechs Meilen

unser

Nachtlager

von jenem auf; gleich

erspähten die luchsäugigen Gauchos eine unglückliche K u h , sofort nachsetzten,

sie wenige Minuten

heranschleppten und sie schlachteten. wendigen

Bedürfnisse

fiir

Fleisch und Brennholz.

darauf der sie

später mittels ihrer Lazos

Nun hatten wir die vier n o t -

das Leben

W e i d e für die Pferde, Wasser, —

,Zumerk-

,en

el campo",



nämlich

(freilich nur eine Schlammpfütze)

Die Gauchos

waren in bester Laune

alle

diese guten Gaben hier vorzufinden, und wir machten uns schnell an die Arbeit mit der armen K u h . D a r w i n , Reise.

Es war die erste Nacht, die ich 6

82

Viertes Kapitel

unter freiem Himmel zubrachte, nur die zum Pampassatte gehörigen Decken

als Bett.

Es liegt ein hoher Reiz in der Unabhängigkeit

des Gaucholebens; in jedem Augenblick im Stande zu sein, das Pferd anhalten und sagen zu können: Die

Todtenstille

der

Steppe,

zigeunerartig um das Feuer

„hier will ich zur Nacht rasten." die

Wacht

haltenden

gelagerten Gauchos

Hunde,

haben

in

die

meiner

Erinnerung ein lebhaftes Bild jener Nacht zurückgelassen, das ich nie vergessen werde. Am

nächsten Tage war

ähnlich.

die Gegend

der oben

beschriebenen

Sie wird nur von wenig Vögeln oder Säugethieren bewohnt.

Gelegentlich

sieht

man

Lama); aber der Aguti füssige Thier,

einen Hirsch,

oder

(Cavia Patagonica)

das in dieser Gegend

ein

Guanaco

unsere Hasen vertritt.

weicht es von jener Gattung in vielen wesentlichen zum Beispiel hat es nur drei Zehen

(wildes

ist das häufigste vierDoch

Punkten

an den Hinterfüssen.

ab;

Auch

wird der Aguti beinah doppelt so gross und wiegt zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Pfund. Steppe;

Der Aguti

es ist charakteristisch

drei schnell hintereinander hüpfen zu sehen.

ist ein treuer Freund

für die Landschaft, ihrer zwei

der oder

in gerader Linie durch diese Wildniss

Man findet sie nördlich bis an die Sierra Tapal-

guen (37 0 30' s. Br.), wo die Ebene plötzlich grüner und feuchter wird; die südliche Grenze ihres Vorkommens ist zwischen Port Desire und St. Julian, wo

indessen kein "Wechsel in der Natur der

Landschaft ist. Es ist eine bemerkenswerte Thatsache, dass obgleich der Aguti jetzt nicht mehr so südlich wie St. Julian vorkommt, Kapitän Wood

von

seiner Reise im Jahre

zahlreich wären.

1670 berichtet,

Welche Ursache kann in einem

dass sie dort so weiten, un-

bewohnten und selten besuchten Lande den Verbreitungskreis eines solchen

Thieres

beschränkt

haben ?

Nach

der

Anzahl,

welche

Kapitän W o o d an einem Tage in Port Desire geschossen hat, müssen sie damals auch viel zahlreicher Viscacha

an Orten, wie in Bahia Bianca, der Aguti

als jetzt gewesen sein.

Wo

die

lebt und ihre Höhlen gräbt, benutzt sie der A g u t i ; aber seine eigenen Höhlen.

wo es keine Viscachas giebt, gräbt Das gleiche sieht man bei der

kleinen Pampaseule (Athene cunicularia), von welcher so oft berichtet

Rio Colorado (1(33)

83

wird, das sie wie eine Schildwache an den Höhleneingängen der Viscachas stände; denn in Banda oriental, in der es keine Viscachas giebt, muss sie ihre eigenen Behausungen selbst aushöhlen. Als wir uns am nächsten Morgen dem Rio Colorado näherten, änderte sich das Aussehen der Landschaft; wir kamen bald auf eine grttne Grasfläche, welche durch ihre Blumen, den hohen Klee und die kleinen Eulen, den Pampas glich. Auch ritten wir an einem schlammigen Sumpf von beträchtlicher Ausdehnung vorüber, der im Sommer austrocknet, dann eine Kruste von verschiedenartigen Salzen erhält und deshalb ein Salitral genannt wird. ET war mit niedrigen Fettpflanzen bedeckt, von derselben Art, wie am Meeresgestade wachsen. Der Colorado war bei der Furt, an der wir ihn kreuzten, nur fünfzig Meter breit; im Allgemeinen muss er beinah doppelt so breit sein. Sein Lauf ist sehr gekrümmt und wird durch Weidenbäume und Rohr bezeichnet; in gerader Linie beträgt die Entfernung siebenundzwanzig Seemeilen, aber zu Wasser fünfundsiebzig. Unsere Ueberfahrt in einem Canoe wurde durch eine ungeheure Heerde von Stuten verzögert, die den Fluss durchschwammen, um einer Truppenabtheilung in das Innere zu folgen. Nie habe ich ein drolligeres Schauspiel gesehen, als diese Hunderte und Hunderte von Köpfen, die alle nach einer Seite gewendet waren, mit gespitzten Ohren, geöffneten und schnaubenden Küstern gerade aus dem Wasser hervorragten, wie eine grosse Schaar Amphibien. Stutenfleisch ist die einzige Nahrung, welche die Soldaten auf dem Marsch haben. In Folge dessen sind die Truppen sehr leicht beweglich, denn es ist erstaunlich, auf wie grosse Entfernungen hin die Pferde in diesen Ebenen getrieben werden können; man hat mich versichert, dass ein unbeladenes Pferd mehrere Tage hintereinander täglich hundert englische Meilen zurücklegen kann. Das Lager des General Rosas war dicht am Flusse und bestand aus einem durch Wagen, Geschütze, Strohhütten u. s. w. gebildeten Viereck. Die Truppen waren fast ausschliesslich Cavallerie, und mich dünkt, es ist noch nie so viel abscheuliches, banditenhaftes Gesindel zusammen gewesen. Die grösste Anzahl der Leute waren Mischlinge von Negern, Indianern und Spaniern. Ich weiss nicht, 6*

84

Vierte* Kapitel

woher es kommt, aber Menschen dieses Ursprungs haben selten einen guten Gesichtsausdnick. Um meinen Pass zu zeigen, suchte ich den Sekretär auf, der mich mit sehr wichtiger und gehcinmissvoller Miene auszufragen anfing. Glücklicherweise aber hatte ich einen Empfehlungsbrief von der Regierung von Buenos Ayres an den Commandanten in Patagones*. Dieser wurde dem General Rosas gebracht, der mir einen sehr verbindlichen Grass ausrichten liess, mit dem der Sekretär holdselig lächelnd und gnädig zurückkehrte. Wir nahmen nun Wohnung in dem Rancho oder Hütte eines merkwürdigen alten Spaniers, der unter Napoleon den Krieg gegen Russland mitgemacht hatte. Zwei Tage blieben wir am Colorado; ich hatte wenig zu thun ; denn das ganze umliegende Land war ein Sumpf, der im Sommer (Dezember), wenn der Schnee auf den Cordilleren schmilzt, vom Fluss überschwemmt wird. Mein Hauptvergnügen bestand darin, die Indianerfamilien zu beobachten, die in den von uns bewohnten Rancho kamen, um Kleinigkeiten zu kaufen. Man meinte, dass General Rosas gegen sechshundert indianische Verbündete habe. Die Männer waren ein grosser, stattlicher Menschenschlag, doch konnte man nachher leicht bei den feuerländischen Wilden sehen, wie hässlich dieselben Züge durch Kälte, Hunger und geringere (Zivilisation werden. Einige Schriftsteller haben bei der Beschreibung der verschiedenen Menschenrassen diese Indianer in zwei Klassen getheilt; das ist entschieden unrichtig. Unter den jungen Weibern, Chinas genannt, konnte man einige sogar fiir schön erklären. Ihr Haar war grob, aber glänzend und schwarz, und sie trugen es in zwei Zöpfen bis an die Hüften hängend. Ihre Farbe war sehr lebhaft und die Augen hatten funkelnden Glanz; Beine, Füsse und Arme waren klein und zierlich geformt, die Fussknöchel und zuweilen auch die Taille mit Ketten von blauen Glasperlen geschmückt. Einige dieser Familiengruppen waren in höchstem Grade interessant. Oft kam eine Mutter mit einer oder zwei Töchtern, alle auf demselben Pferde, nach unsenn Rancho geritten. Sic reiten wie Männer, nur die Kniee höher heraufgezogen, * Ich fühle mich verpflichtet, der Regierung von Buenos Ayres meinen leb härtesten Dank auszusprechen für die Gefälligkeit, mit welcher mir als Naturforscher des »Beagle« Passe nach allen Theilen des Landes ausgestellt worden sind.

Rio Colorado (1633)

85

eine Gewohnheit, die vielleicht daher rührt, dass sie beim Herumziehen auf den beladenen Lastthieren sitzen.

Ks ist das Geschäft der Frauen,

die Pferde auf- und abzupacken, die Zelte für die Nacht aufzuschlagen, kurz sie

sind

wie

die Frauen aller Wilden nützliche Sklaven.

Die

Männer kämpfen, jagen, sorgen für die Pferde und machen das Reitzeug.

Eine ihrer hauptsächlichsten hänslichen Beschäftigungen ist däs

Aneinanderschlagen von zwei Steinen, bis diese rund sind, um Botas daraus

zu

sein W i l d

machen.

Mit

dieser

Beim Kämpfen

versucht

hat,

ihn

das

er zuerst

Gegners zum Sturz zu bringen verwickelt

wichtigen W a f f e fängt der Indianer

und auch sein Pferd,

frei über die Ebene schweift.

mit den Bolas das Pferd seines

und, wenn dieser sich bei dem F a l l

mit dem Chuzo

zu tödten.

W e n n die K u g e l n

sich nur um den Hals oder Leib eines Thieres schwiegen, läuft es damit oft davon und sie gehen verloren. Tage

erfordert, ist

schäftigung. roth

bemalt;

Da das Abrunden der Steine zwei

die Anfertigung

dieser Kugeln eine häufige Be-

Bei vielen der Männer und Weiber waren die Gesichter aber ich habe

nie die horizontalen Streifen gesehen,

welche bei den Feuerländern so häufig sind. darin, Alles

aus Silber zu haben;

ich

Ihr Hauptstolz besteht

sah einen

Caziken,

dessen

Sporen, Steigbügel, Messergriff und Zaum aus diesem Metall gemacht war;

der Kopfzaum und die Zügel bestanden aus Silberdraht,

nicht

dicker wie eine Peitschenschnur, und ein feuriges Ross, das einem so dünnen Zügel gehorchte, Hess das Reiten ungemein elegant erscheinen* General Rosas äusserte den Wunsch mich zu sehen, ein Umstand, dessen ich mich später noch sehr zu freuen hatte.

Er ist ein Mann

von aussergewöhnlichem Charakter und geniesst im Lande

eines be-

deutenden Einflusses, dessen er sich auch wahrscheinlich zum Nutzen und Frommen desselben

bedienen

wird*.

E r soll Eigenthiimer

von

vierundsiebzig Quadratleagues Landes sein und gegen dreihunderttausend Stück Rindvieh besitzen.

Seine Besitzungen sind trefflich verwaltet und

tragen weit mehr Getreide als die übrigen.

Er wurde zuerst bekannt

durch die Gesetze, die er für seine eigenen Estancias erliess, und dadurch

dass er einige Hundert Leute

einexercirte,

so dass

sie den

* L e i d e r ist diese P r o p h e z e i u n g in keiner W e i s e in E r f ü l l u n g g e g a n g e n .

1845.

86

Viertes Kapitel

Angriffen der Indianer erfolgreich zu widerstehen vermochten. Es sind viele Geschichten in Umlauf über die Strenge, mit welcher er seine Gesetze handhabte. Eine derselben war, dass kein Mann, bei der Strafe in den Stock geschlossen zu werden, am Sonntag ein Messer tragen durfte, weil an diesem Tage gespielt und gezecht wurde, in Folge dessen häufig Streit entstand, der bei der allgemeinen Sitte, mit dem Messer zu kämpfen, oft einen tödtlichen Ausgang nahm. Eines Sonntags kam der Gouverneur in Gala, um die Estancia zu besuchen; General Rosas eilte ihm schnell vor die Thür entgegen und hatte wie gewöhnlich das Messer im Gürtel stecken. Der Hausmeister berührte seinen Arm und erinnerte ihn an das Verbot; darauf wandte der General sich an den Gouverneur und sagte, dass es ihm sehr leid thäte, aber er müsse sich zunächst in den Stock scbliessen lassen und, bis er wieder frei wäre, habe er selbst in seinem eigenen Hause keine Gewalt. Nach kurzer Zeit wurde der Hausmeister überredet, den Stock aufzuschliessen und ihn herauszulassen; doch kaum war dies geschehen, als er sich an den Hausmeister wandte und sagte : „Nun hast du die Gesetze übertreten nnd musst jetzt meine Stelle im Stock einnehmen." Eine solche Handlungsweise begeistert die Gauchos, welche alle eine hohe Meinung von ihrer Gleichberechtigung und Würde besitzen. General Rosas ist auch ein vollendeter Reiter — ein Vorzug von nicht geringer Bedeutung in einem Lande, in welchem eine versammelte Armee ihren General nach folgender Probe erwählte: Ein Trupp unzugerittener Pferde, die man in einen Corral (Gehege) getrieben hatte, wurde durch eine Pforte herausgelassen, über welcher sich ein Querbalken befand. Man war übereingekommen, dass wer von dem Balken auf eines der wild herausstürmenden Pferde springen und es ohne Sattel und Zügel nicht nur reiten, sondern auch an die Thür des Geheges zurückbringen könnte, ihr General sein sollte. Derjenige, dem dies Reiterstück glückte, wurde darauf erwählt und ist ohne Zweifel ein geeigneter Anführer für ein derartiges Heer gewesen. Auch Rosas hat diese ausserordentliche Kraftprobe abgelegt. Durch solche Mittel und indem er die Kleidung und Lebensweise der Gauchos annahm, hat er im Lande unbegrenzte Volkstümlichkeit

87

General Rosas (>633)

und

dadurch

despotische Gewalt erlangt.

versicherte mich, dass ein Mann, als

er

verhaftet

wurde,

Ein englischer Kaufmann

der einen anderen ermordet hatte,

und

nach

dem Beweggrund

zur Antwort

gab:

„Er

Rösas, deshalb habe ich ihn umgebracht." der Mörder auf freiem Fuss.

der Blutthat

sprach unehrerbietig

vom

gefragt General

Eine W o c h e darauf war

Das ist zweifellos durch die Partei des

Generals geschehen, nicht durch den General selbst. In der Unterhaltung ist er enthusiastisch, klug und sehr streng, ja er treibt diese Strenge sehr weit. reisser,

denn wie

Ich hörte einen seiner Possen-

die Barone in alter Zeit hält er sich deren zwei,

folgende Geschichte erzählen : , I c h wollte sehr gern ein bestimmtes Musikstück

spielen

hören,

deshalb

dem General und bat ihn darum. denn ich

habe

zu

thun."

ging ich zwei- oder dreimal zu

E r sagte a b e r : „Schere dich fort,

A l s ich das zweite Mal kam,

sagte e r :

,,Wenn du wiederkommst, lasse ich dich bestrafen." A l s ich ihn zum dritten Mal bat, spät;

lachte er.

Ich lief aus dem Zelt,

aber es war zu

er befahl zwei Soldaten mich zu greifen und zu pfählen.

Da

flehte ich ihn bei allen Heiligen des Himmels an, mich freizulassen, aber er wollte nicht; denn wenn der General lacht, schont er keinen, weder Weise noch Narren." klägliches Gesicht,

Der arme Tropf machte noch ein ganz

als er an das Pfählen dachte.

Es ist eine sehr

harte Strafe; vier Pfähle werden in die Erde getrieben, der Mensch dazwischen an Armen und Beinen horizontal aufgehängt, wo man ihn mehrere Stunden sich strecken lässt.

Die Idee dazu ist offenbar der

üblichen Methode, Häute zu trocknen, entlehnt.

Meine Audienz ging

ohne ein Lächeln a b ; ich erhielt einen Pass und Anweisung auf die Regierungs-Postpferde und das gab er mir in der verbindlichsten und zuvorkommendsten Weise. A m Morgen brachen wir nach Bahia Bianca auf, zwei Tagen erreichten.

Nachdem

das wir nach

wir das regelmässige Lager ver-

lassen hatten, kamen wir an den Toldos der Indianer vorüber.

Diese

sind rund wie Backöfen und mit Häuten bedeckt; vor dem Eingang eines jeden war ein spitziger Chuzo in die Erde gesteckt.

Die Tol-

dos waren in besondere Gruppen geschieden, welche zu den Stämmen

88

Vierte« Kapitel

der verschiedenen Caziken gehörten, und diese Gruppen waren wieder in Unterabtheilungen getheilt, je nach der Verwandtschaft der Eigent ü m e r . Mehrere Meilen weit zogen wir dnrch das Thal des Colorado. Die angeschwemmten Ebenen längs des Ufers sahen fruchtbar aus und sollen sich gut zum Getreidebau eignen. Als wir uns vom Flusse nach Norden wendeten, kamen wir bald in eine Gegend, die verschieden von den Ebenen südlich des Flusses war. Das Land blieb immer noch trocken und unfruchtbar, brachte jedoch viele verschiedenartige Pflanzen hervor; das allerdings braune und vertrocknete Gras war reichlicher und nicht soviel Dorngestrüpp vorhanden. Auf einer kurzen Strecke verschwand letzteres ganz und die Ebene besass kein Dickicht, um ihre Nacktheit zu bedecken. Dieser Wechsel in dem Pflanzenwuchs bezeichnet den Anfang der grossen Kalkthon-Ablagerung, welche das weite Gebiet der Pampas bildet und das die Granitfelsen von Banda oriental bedeckt. Von der Magellansstrasse bis zum Colorado auf eine Entfernung von ungefähr achthundert Meilen besteht die Oberfläche des Landes überall aus Geröll, dessen Stücke, meist Porphyr, ihren Ursprung wahrscheinlich den Felsen der Cordilleren verdanken. Nördlich vom Colorado wird diese Schicht dünner; die Geröllsteine sind ausserordentlich klein und hier hört die für Patagonien charakteristische Flora auf. Nachdem wir ungefähr fünfundzwanzig Meilen geritten waren, kamen wir an eine breite Kette von Sanddünen, die sich, so weit das Auge reicht, von Osten nach Westen erstreckt. Da die Sandhügel auf Thon ruhen, gestatten sie die Bildung von kleinen Wasserbecken und liefern in diesem trockenen Lande einen unschätzbaren Vorrath süssen Wassers. Die grossen Vortheile, welche aus den Senkungen und Hebungen des Bodens entstehen, werden uns selten so deutlich gemacht. Die zwei elenden Quellen auf dem langen Wege zwischen dem Rio Negro und dem Colorado wurden durch geringfügige Bodenerhebungen in der Ebene hervorgebracht; ohne diese würde dort auch nicht ein Tropfen Wasser zu finden sein. Die Kette von Sanddünen ist gegen acht Meilen lang, in einer früheren Epoche bildete sie wahrscheinlich den Rand eines grossen Meerbusens, wo jetzt der Colorado fliesst. In diesem Gebiet, in dem sich sichere Be-

89

Bahia Blanca (1833)

weise einer neueren Erhebung des Bodens vorfinden, kann sich Niemand derartigen Betrachtungen entziehen, auch wenn er nur die physikalische Geographie des Landes in Erwägung zieht.

Nachdem wir

den sandigen Landstrich passirt hatten, erreichten wir Abends eines der Posthäuser; und da frische Pferde ziemlich entfernt auf der Weide waren, beschlossen wir hier die Nacht zuzubringen. Das Haus lag unten an einem ein- bis zweihundert Fuss hohen Hügelrücken,

ein

seltenes Vorkommniss

in diesem Lande.

Diese

Posta war unter dem Commando eines in A f r i k a geborenen Negerlieutenants,

zu dessen Ehre ich anfuhren muss,

dass

Colorado und Buenos A y r e s keinen R a n c h o g a b , wie der seine gehalten war.

es

zwischen

der so ordentlich

E r hatte ein Fremdenstübchen und ein

kleines Gehege für Pferde, das aus Stangen und R o h r gemacht w a r ; auch hatte er einen Graben um das Haus gezogen zur Vertheidigung, im F a l l es angegriffen würde. genützt,

wenn

die

Indianer

Das A l l e s hätte ihm indessen wenig gekommen

Haupttrost in dem Gedanken zu l i e g e n , kaufen.

wären;

auch

schien

sein

sein L e b e n theuer zu ver-

V o r kurzer Zeit war eine Indianerbande Nachts in der Nähe

vorbeigekommen; hätten sie die Posta bemerkt, würde unser schwarzer Freund und seine vier Soldaten sicherlich gemordet worden sein. habe nirgends

einen

Ich

höflicheren und gefälligeren Mann wie diesen

Neger kennen gelernt; deshalb war es mir um so peinlicher, dass er sich nicht mit uns zusammensetzen und essen wollte. Sehr früh am Morgen Hessen wir uns die Pferde holen und erfrischten uns wieder durch einen scharfen Galopp.

W i r kamen an

der Cabeza del Bucy vorbei, ein alter Name, den man dem Endtheil eines grossen Sumpfes gegeben hat, der sich von Bahia Bianca bis hierher zieht. Hier wechselten wir die Pferde und ritten dann einige Stunden weit durch Moräste und salzige Sümpfe.

Wir

wechselten

zum letzten Mal die Pferde, und abermals fing das Waten durch den Schlamm

an.

Mein

Pferd

schwarzen Schmutz getaucht,

stürzte ein

und

ich

wurde

ganz

in

den

sehr verdriessliches Missgeschick,

wenn man keine Kleider zum Umziehen hat.

Einige Meilen

von

dem Fort begegneten wir einem Mann, der uns sagte, es wäre eine

Vierte* Kapitel

90

grosse Kanone abgefeuert worden; es ist das Signal, durch welches die Annäherung von Indianern verkündet wird.

Deshalb verliessen

wir sofort die Strasse, ritten am Rande eines Morastes hin, der, wenn man verfolgt wird, die besten Aussichten anf bietet

Entkommen

Wir waren froh innerhalb der Wälle angelangt zu sein und

hörten dort, dass es blinder Lärm gewesen, denn die Indianer hatten sich als freundlich gesinnte erwiesen, die sich zur Armee des General Rosas begeben wollten. Bahia Bianca verdient kaum den Namen eines Dorfes; ein paar Häuser und Baracken für die Truppen sind von einem tiefen Graben und einem befestigten Wall erst seit

umgeben.

Die Niederlassung

besteht

1828 und ihr Wachsthum ist oft gehindert worden.

Die

Regierung von Buenos Ayres hat den Grund und Boden mit ungerechter Gewalt fortgenommen, statt dem guten Beispiel der spanischen Vicekönige zu folgen, welche das Land in der Nähe der alten Niederlassung am R i o Negro den Indianern abkauften. Nothwendigkeit

einer Befestigung;

Daher die

daher die geringe Anzahl

der

Häuser und das wenig kultivirte Land ausserhalb des Festungskreises; selbst das Vieh ist nicht sicher vor den Räubereien der Indianer, wenn es sich über die Ebene hinaus wagt, auf der die Festung steht. Da der Theil des Hafens, in welchem der „Beagle" zu ankern beabsichtigte, fünfundzwanzig Meilen entfernt war, erhielt ich von dem Commandanten einen Führer und Pferde, um nachzusehen, Schiff angelangt sei.

ob das

Nachdem wir die grüne Rasenfläche verlassen

hatten, welche sich am Laufe eines kleinen Bachs hinzog, kamen wir gleich in eine weite flache Wüste, die entweder aus Sand, Salzsümpfen oder blossem Schlamme bestand. Einige Stellen waren mit niedrigem Buschwerk bewachsen,

andere mit jenen Fettpflanzen, die nur ge-

deihen, wo Salz reichlich vorhanden ist.

So schlecht das Land war,

gab es doch Strausse, Hirsche, Agutis und Gürtelthiere in grosser Menge.

Mein Führer erzählte mir, dass er vor zwei Monaten knapp

mit dem Leben davongekommen sei: er war mit zwei Freunden nicht sehr weit von hier auf der Jagd gewesen, als sie plötzlich auf In-

91

Bahia Blanca (1833)

dianer trafen, welche sie verfolgten, einholten und seine zwei Freunde tödteten.

Auch

die Beine seines eigenen Pferdes waren schon von

den Bolas gefangen, aber er sprang ab und durchschnitt die Riemen mit seinem Messer, doch war er dabei genöthigt, um sein Pferd herum zu kriechen Indianer.

und erhielt zwei schwere W u n d e n von den Chuzos der

In den Sattel springend, gelang es ihm, durch bewunderns-

würdiges Geschick

sich

eben

aus

dem Bereich der langen Speere

seiner Verfolger zu halten, die ihm bis nahe an das F o r t nachsetzten. Seit jener Zeit war ein Befehl erlassen, dass Niemand sich weit von der Ansiedlung

entfernen dürfe.

nichts von dieser Sache

und

Ich wusste bei unserm A u f b r u c h

wunderte

Führer einen Hirsch beobachtete,

mich,

wie

sorgfaltig

mein

der von einem entfernten Punkte

aus aufgescheucht zu sein schien. W i r fanden, dass der „ B e a g l e " noch nicht angelangt war, machten uns daher auf den R ü c k w e g ; müdeten, Morgen

mussten

wir

und

aber da die Pferde bald er-

die Nacht auf der Ebene verbringen.

hatten wir ein Gürtelthier gefangen,

das

Am

in seiner Schale

gebraten, zwar vortrefflich schmeckte, aber als Frühstück und Mittagbrod doch nicht genug für zwei hungrige Männer war. war

an der Stelle,

wo

Glaubersalz überzogen

wir

zur Nacht

blieben,

Der Erdboden

mit einer Schicht

und daher natürlich ohne Wasser.

Trotzdem

vermochten viele von den kleineren Nagethieren selbst hier zu leben, und während der halben Nacht hörte ich unter meinem K o p f wunderliche kurze Grunzen des Tucutuco. paar elende Gäule,

und

am

das

Unsere Pferde waren ein

nächsten Morgen

waren

sie

bald er-

schöpft, weil sie nichts zu trinken bekommen hatten; so wurden wir genöthigt

zu Fuss

zu

gehen.

Am

Mittag

fingen

die

Hunde

ein

Hirschkälbchen, das wir brieten; ich ass etwas davon, aber es machte mich unerträglich durstig.

Der Durst war um so quälender, da kürz-

lich gefallener Regen auf dem W e g e Tümpel klaren Wassers zurückgelassen hatte, von dem aber nicht ein Tropfen trinkbar war. hatte

kaum

zwanzig Stunden

nicht getrunken

Theil dieser Zeit starker Sonnenhitze machte mich der Durst sehr schwach.

ausgesetzt

und

war

gewesen,

Ich

nur einen dennoch

W i e Menschen es unter ähn-

lichen Umständen zwei bis drei Tage aushalten,

kann ich mir nicht

Viertes Kapitel

92

vorstellen ; ich muss allerdings zugeben, dass mein Fährer gar nicht darunter litt und sich wunderte, dass mir diese eintägige Entbehrung so beschwerlich fiel. Ich habe mehrfach erwähnt, dass die Oberfläche des Bodens mit Salz inkrustirt ist.

Diese Erscheinung ist von den Salinas ganz ver-

schieden und noch ausserordentlicher.

In vielen Theilen Südamerikas,

überall wo das Klima massig trocken ist, kommen diese Inkrustationen vor;

aber ich habe sie nirgends so zahlreich gesehen wie in der

Nähe von Bahía Blanca.

Das Salz besteht hier und in anderen

Theilen von Patagonien zum grössten Theil aus schwefelsaurem Natron mit etwas gewöhnlichem Salz.

So lange der Boden feucht ist in diesen

Salitrales (wie die Spanier sie unrichtig nennen, weil sie die Substanz irrthümlich für Salpeter halten), sieht man nichts als eine weite, aus schwarzem schlammigen Erdreich bestehende Ebene, welche zerstreut stehende Büschel von Fettpflanzen hervorbringt.

Kommt man dann

nach einer Woche heissen Wetters wieder an einer solchen Stelle vorbei, so ist man überrascht, das Land auf Quadratmeilen hin weiss zu sehen, als wäre leichter Schnee gefallen, der hier und da vom Winde etwas zusammen getrieben.

Diese letzte Erscheinung

wird

hauptsächlich dadurch verursacht, dass bei der langsamen Verdunstung der Feuchtigkeit sich die Salze um welke Grashalme, an Baumstümpfen und Erdschollen in die Höhe ziehen, statt auf dem Gründe der Wasserlachen zu crystallisiren.

Die Salitrales kommen entweder auf ebenen,

sich nur wenige Fuss über den Meeresspiegel erhebenden Flächen vor oder auf angeschwemmtem Lande an Flüssen.

Mr. Parchappe

hat gefunden, dass die Salzinkrustationen auf der Ebene, einige Meilen von der See entfernt, hauptsächlich aus schwefelsaurem Natron mit nur sieben Prozent gewöhnlichen Salzes bestehen, während näher nach der Küste hin das Kochsalz bis zu 37 Theilen auf 100 zunahm. Dieser Umstand könnte wohl zu dem Glauben führen, dass das schwefelsaure Natron in dem Boden aus dem Chlorid erzeugt wird, welchcs während der langsamen und späten Erhebung dieses trockcnen Landes an der Oberfläche zurückgeblieben war.

Dieses ganze Phä-

* D'Orbigny, Voyages dans l'Amcrique Merid. Part. Hist.

Tom. I, p. 664.

93

Bahia Blanca (1833) nomen

verdient die A u f m e r k s a m k e i t der Naturforscher.

saftigen, salzliebenden Pflanzen, von denen bekannt ist, Natron

enthalten,

der schwarze,

Haben

die

dass sie

viel

die Eigenschaft das Chlorid zu zersetzen ?

faulig riechende,

an organischer Substanz

Liefert

überTeiche

Schlamm den Schwefel und schliesslich die Schwefelsäure ? Zwei Tage

später

ritt

ich abermals nach

dem H a f e n ;

als

wir

nicht w e i t von unserm Ziele entfernt waren, entdeckte mein Begleiter, derselbe Mann wie zuvor, drei L e u t e zu P f e r d e jagend.

Sofort stieg er ab

beobachtete sie genau und s a g t e : „Sie reiten nicht wie Christen, und niemand

kann

das F o r t verlassen."

D i e drei J ä g e r

einander heran und stiegen gleichfalls ab.

ritten

auch an

Dann sass einer wieder

auf und ritt über den Hügel, so dass er unsem B l i c k e n entschwand. „Jetzt müssen wir aufsitzen," sagte mein Begleiter. P i s t o l e " und er sah nach seinem Säbel.

„ L a d e n Sie Ihre

„Sind es I n d i a n e r ? "

fragte

ich.

„Quien sabe ?' (wer weiss ?) „falls es nicht mehr wie drei sind,

thut

es

nichts !"

Es

schien

mir,

dass der hinter dem H ü g e l ver-

schwundene Mann den übrigen Stamm herbeihole. Begleiter

darauf

„Quien s a b e ! "

aufmerksam,

erhielt

aber

Dabei liess er niemals ab den

nau zu beobachten.

Ich

I c h machte meinen

nichts zur A n t w o r t

als:

fernen Horizont ge-

hielt seine ungemeine K a l t b l ü t i g k e i t

denn

doch für bedenklich und fragte ihn, warum er nicht umkehre.

Ich

war betroffen, als er antwortete: „ W i r sind auf dem R ü c k w e g , aber in einer Richtung, die uns in die N ä h e eines Morastes bringt, in den wir die P f e r d e so weit treiben können,

wie

dann vertrauen wir unsern eigenen Beinen,

sie

hinein

gehen,

und

daher ist keine Gefahr."

Ich war nicht ganz so zuversichtlich wie er und rieth unsere Schritte zu beschleunigen.

„Nein, nicht ehe sie es thun," versetzte er.

Aber

sobald uns eine kleine Bodensenkung ihren Blicken entzog, galoppirten wir;

sobald sie uns sehen konnten,

ritten

wir im Schritt.

Endlich

erreichten wir ein T h a l und uns nach links wendend galoppirten wir u.ich dem F u s s eines Hügels.

E r gab mir sein P f e r d zu halten, liess

die Hunde sich niederlegen und kroch auf Händen wärts,

um

zu

recognosciren.

brach er in Gelächter aus und kannte

in

ihnen die Gattin

und Füssen vor-

So blieb er eine W e i l e liegen, rief:

„Mugeres!" („Weiber!")

dann E r er-

und die Schwägerin von dem Sohn d e s

94

Viertes Kapitel

Major, welche Stransseneier suchten. Ich habe das Verhalten des Mannes geschildert, weil er des Glanbens war, dass es Indianer seien. Sobald sich dieser komische Inthum herausgestellt hatte, gab er mir hundert Gründe an, weshalb es keine Indianer sein könnten; aber zur Zeit hatte er an keinen derselben gedacht. Nun ritten wir in Frieden und Seelenruhe nach einem niedrigen Vorlande, das Punta Alta heisst, von wo wir fast die ganze Ausdehnung des grossen Hafens von Bahia Bianca übersehen konnten. Die weite Wasserfläche wird durch viele grosse Schlammbänke unterbrochen, welche die Einwohner Cangrejales (Krabbenbänke) nennen, nach der Unzahl kleiner Krabben, welche sie bevölkern. Der Schlamm ist so weich, dass man nicht darauf gehen kann, selbst nicht die kürzeste Strecke. Viele dieser Bänke sind mit hohen Binsen bewachsen, deren Spitzen bei der Fluth allein sichtbar sind. Einmal geriethen wir in einem Boot so weit zwischen diese seichten Stellen, dass wir kaum herauskommen konnten. Nichts war zu sehen als diese flachen Schlammbänke. Der Tag war nicht sehr hell und die Strahlenbrechung stark, oder wie die Matrosen sagten: „die Dinge schienen hoch." Der einzige Gegenstand im Gesichtskreis, der nicht flach erschien, war der Horizont; Binsen sahen wie in der Luft schwebende Büsche aus, Wasser wie Schlammbänke und Schlammbänke wie Wasser. Wir blieben die Nacht in Punta Alta und ich suchte dort nach fossilen Knochen; denn diese Stelle ist wie eine Katakombe für riesenhafte Thiere ausgestorbener Rassen. Der Abend war ganz still und klar; diese Eintönigkeit machte ihn reizvoll, obwohl sonst nur Schlammbänke, Möven, Dünen und einsam fliegende Geier zu sehen waren. Als wir am nächsten Morgen zurückritten, trafen wir auf die ganz frische Spur eines Puma, konnten ihn aber nicht finden. Wir sahen auch ein paar Zorillos oder Skunks (Stinkthiere), widerwärtige Geschöpfe, die aber durchaus nicht selten sind. In der allgemeinen Erscheinung gleicht der Zorillo einem Iltis, nur ist er grösser und verhältnissmässig viel dicker. Seiner Macht bewusst, streift er auch bei Tage über die offene Ebene und fürchtet weder Mensch noch Hund. Treibt man einen Hund zum

Zorillo» (1(33)

95

Angriff, so wird sein Math sofort durch ein paar Tropfen des stinkenden Oels gedämpft, das heftige Uebelkeit und Ausfluss aus der Nase hervorruft. Was einmal dadurch befleckt ist, wird für immer unbrauchbar. Azara sagt, dass man den Geruch auf eine Meile Entfernung wahrnehmen kann; mehr als einmal, als wir in den Hafen von Monte Video kamen und der Wind vom Ufer her stand, merkten wir an Bord des Beagle jenen Geruch. So viel ist gewiss, dass jedes Thier gern dem Zorillo ausweicht.

FÜNFTES KAPITEL. B a h i a B i a n c a — G e o l o g i e — Z a h l r e i c h e ausgestorbene

gigantische Säugethiere

Ihr E r l ö s c h e n in neueren Perioden — L a n g e L e b e n s d a u e r der Thierarten — T h i e r e bedürfen keiner üppigen V e g e t a t i o n — S ü d a f r i k a —



Grosse

Sibirische Fossilien

Z w e i S p e z i e s des Strausses — L e b e n s w e i s e des O f e n v o g e l s — Gürtelthiere —



Gift-

s c h l a n g e , Kröte, E i d e c h s e — W i n t e r s c h l a f der T h i e r e — L e b e n s w e i s e der S e e f e d e r — K r i e g e und Metzeleien der Indianer — P f e i l s p i t z e , ein U e b e r b l e i b s e l aus der Vorzeit.

BAHIA

BLANCA.

Der „Beagle"' traf hier am 24. August ein und eine W o c h e später segelte er nach dem P l a t a ; doch ich blieb mit Kapitän Fitz R o y ' s Einwilligung zurück, um zu Lande nach Buenos Ayres zu reisen.

Ich

will hier einige Beobachtungen mittheilen, welche ich während dieses Besuchs und bei einem früheren gemacht habe, als der „Beagle" mit der Aufnahme des Hafens beschäftigt war. Die Ebene einige Meilen landeinwärts

von der Küste gehört zu

der grossen Pampasformation, welche zum Theil aus einem röthlichen Thon, zum Theil aus einem in hohem Grade kalkhaltigen Mergel besteht.

Näher der Küste giebt es einige Flächen, welche aus Trüm-

mern der oberen Ebene bestehen, sowie aus Schlamm, Kies und Sand, die

das

Meer während

der langsamen

gespült hat; eine Erhebung, von Schalthieren streuten

noch

rundlichen

lebender Arten

Bimsteinkiesel

haben wir einen Querschnitt

Erhebung

des

Landes

an-

welche durch emporgehobene Schichten

einer

und

bewiesen dieser

durch

die

wird.

später

überall

ver-

In Punta

Alta

gebildeten

kleinen

Ebenen, welche wegen der grossen Zahl und der ungewöhnlichen A r t der darin eingebetteten Ucberreste ist.

riesenhafter

Landthiere interessant

Dieselben sind ausführlich von Professor Owen in dem zoologi-

schen Theil der Reise des „ B e a g l e " beschrieben worden und sind dem

Ausgestorbene Vierfussler (1833)

Museum des College of Surgeons einverleibt.

97

Ich will hier nur eine kurze

Skizze von der Natur dieser F u n d e geben. Erstlich, Theile von drei K ö p f e n und andere K n o c h e n gatherium,

gedrückt wird. Thier. von

Zweitens

den M e g a l o n y x ,

Drittens das S c e l i d o t h e r i u m ,

dem

des M e -

dessen ungeheuere Grösse schon durch den Namen ausein

grosses

verwandtes

auch ein verwandtes

ich ein beinah vollständiges Skelett

erhielt.

Es

Thier,

muss

so

gross w i e ein Rhinoceros gewesen sein: im Schädelbau nähert es sich nach M r . O w e n anderen

am

meisten dem Ameisenfresser vom C a p ,

Beziehungen

auch

Mylodon

Darwinii,

geringerer

Grösse.

Vierfüssler.

wieder

den Gürtelthieren.

doch in

Viertens

eine nahe verwandte Gattimg von nur

Fünftens

ein

anderer r i e s e n h a f t e r

den wenig

zahnloser

Sechstens ein g r o s s e s T h i e r mit einem knochigen abge-

theilten Panzer, sehr ähnlich wie der eines Gürtelthiers.

Siebentens eine

a u s g e s t o r b e n e P f e r d e r a s s e , auf die ich später zurückkommen werde. Achtens d e r Z a h n e i n e s D i c k h ä u t e r s ,

welcher wahrscheinlich mit

der Macrauchenia übereinstimmt, einem grossen Thier mit einem langen Halse wie ein K a m e e l , auf das ich auch wieder zurückkomme. lich der T o x o d o n ,

vielleicht

Schliess-

eines der wunderlichsten T h i e r e ,

das

man je entdeckt h a t ; an Grösse glich es dem Elefanten oder dem M e gatherium, aber M r . O w e n berichtet, dass der Bau seiner Zähne unwiderleglich

beweist,

dass

es

den Nagethieren

nahe

verwandt

war,

deren Ordnung gegenwärtig die meisten der kleinsten Vierfüssler umfasst;

in

vielen Einzelheiten ist es den Dickhäutern verwandt:

nach

der Stellung seiner A u g e n , Ohren und Nasenlöcher zu schliessen war es vermuthlich wie

der Dugong und Manatee ein Wasserthier, denen

es gleichfalls verwandt ist. Ordnungen,

Wie

wunderbar

sind

die

verschiedenen

die jetzt vollständig getrennt sind, in einzelnen Punkten

bei dem B a u des Toxodon mit einander verschmolzen! Die

Ueberbleibsel

einzelne K n o c h e n von

ungefähr

wir

zweihundert

würdiger U m s t a n d , gefunden

dieser

fanden

wurden,

maligen Bewohner D a r w i n , Reise.

dass und

es

neun

Meter

so

grossen

Vierfüssler

und

im Ufer eingebettet auf einem im

Quadrat.

Es

ist

viele verschiedene Spezies

ein

viele Raum merk-

bei einander

beweist, wie zahlreich an A r t e n die ehe-

dieses Landes

gewesen

sein

müssen.

Ungefähr 7

98

Fünftes Kapitel

dreissig Meilen von Punta Alta entfernt in einem Abhang von rother Erde fand ich gleichfalls verschiedene Bruchstücke von Knochen, einige von beträchtlicher Grösse. Zähne eines Nagers,

Unter diesen befanden sich die

an Grösse

und Form

ähnlich, (dessen Lebensgewohnheiten

denen des Capybara

ich schon früher beschrieben

habe), und deshalb wahrscheinlich ein Wasserthier.

Dann fand sich

auch ein Theil des Kopfes einer Ctenomys (Kammratte); die Spezies war von dem Tucutuco verschieden, grosse Aehnlichkeit mit ihm.

hatte

aber im Allgemeinen

Die rothe Erde,

in welcher jene

Ueben-este lagerten, enthält wie die der Pampas nach Professor Ehrenberg ein Salzwasser- und acht Süsswasser-Infusorien, sie ist deshalb wahrscheinlich die Ablagerung einer Flussmündung. Die Ueberreste von Punta Alta waren in geschichtetem K i e s und röthlichem Schlamm eingebettet, ganz so, wie das Meer sie noch heute auf ein flaches Gestade spülen könnte.

Sie waren unter-

mischt mit dreiundzwanzig Arten von Muscheln, von denen dreizehn noch leben und vier andere sehr nahe lebenden Formen verwandt sind*.

Aus dem Umstände, dass die Knochen des Scelidotherium

mit Einschluss der Kniescheibe

sich in ihrer richtigen Lage zu ein-

ander befanden, dann weil der Knochenpanzer

des grossen

dem

Gürtelthier ähnlichen Thiers so wohl erhalten war und mit den Knochen seines einen Beines

zusammengefunden

wurde,

können

wir

mit

Sicherheit darauf schliessen, dass diese Reste noch frisch und durch ihre

Bänder

zusammenhängend

waren,

als

sie

den Muscheln in den Kies eingebettet wurden**.

gemeinsam

mit

Wir haben daher

hier einen guten Beweis dafür, dass zu Lebzeiten der oben aufgezählten riesenhaften Vierfüssler,

die von denen der Jetztzeit ver-

* S e i t dies g e s c h r i e b e n w u r d e , hat Mr. A l c i d e d ' O r b i g n y die M u s c h e l n untersucht und sie a l l e fiir l e b e n d erklärt. * * Mr.

Aug.

Bravard

l ó g i c a s 1857) diese G e g e n d gestorbenen waschen,

Säugethiere

hat

in

einem

spanischen

Werk

(Observationes

Geo-

beschrieben und er glaubt, dass die K n o c h e n der ausaus

der

darunterliegenden

Pampasablagerung

und später mit den noch l e b e n d e n M u s c h e l n e i n g e b e t t e t w u r d e n ;

haben mich seine B e m e r k u n g e n nicht ü b e r z e u g t .

ausgedoch

Mr. B r a v a r d hält die g a n z e un-

g e h e u r e P a m p a s a b l a g e r u n g f ü r eine s u b a e r i a l e Formation wie die S a n d d ü n e n ; eine wie mir scheint unhaltbare T h e o r i e .

Bahia Blanca (1833)

99

schiedeDer sind als die ältesten der tertiären Vierfiissler Europas, das Meer von den meisten seiner gegenwärtigen Bewohner bevölkert war. Wir sehen hier die Bestätigung des merkwürdigen Gesetzes, auf welches Mr. Lyell so oft und so nachdrücklich hinweist; nämlich: dass die Langlebigkeit der Arten bei den Säugethieren im Allgemeinen geringer ist wie die bei den Schalthieren*. Die Grösse der Knochen der urweltlichen Riesenthiere, wie des Megatherium, Megalonyx, Scelidotherium und Mylodon, ist wahrhaft staunenswerth. Die Lebensgewohnheiten dieser Thiere waren den Naturforschern ein völliges Räthsel, bis Professor Owen das Problem mit merkwürdigem Scharfsinn löste **. Die Zähne zeigen durch ihren einfachen Bau, dass diese Megatheroiden von Pflanzenfutter gelebt haben, und vermuthlich von den Blättern und kleinen Zweigen der Bäume; ihre schweren Körper und grossen starken gekrümmten Klauen lassen sie so wenig geeignet für die Fortbewegung erscheinen, dass einige bedeutende Naturforscher wirklich geglaubt haben, dass sie wie die Faulthiere, denen sie nahe verwandt sind, mit abwärts gewendeten Rücken an den Bäumen gehangen hätten, um das Laub zu fressen. Es war eine kühne, um nicht zu sagen abgeschmackte Idee, sich sogar vorsündfluthliche Bäume vorzustellen, deren Zweige stark genug gewesen wären, um Thiere von Elefantengrösse zu tragen. Mit sehr viel grösserer Wahrscheinlichkeit glaubt Professor Owen, dass sie statt die Bäume zu erklettern, die Zweige herabrissen, oder kleinere Bäume entwurzelten und so zu den Blättern gelangten. Die ungeheure Breite und Wucht ihrer Hintertheile, die man sich kaum vorstellen kann, wenn man sie nicht gesehen hat, gereicht ihnen nach dieser Anschauung zu sichtlichem Vortheil, statt ihnen ein Hinderniss zu sein: ihre scheinbare Unbehülflichkeit verschwindet. Wenn sie ihren grossen Schwanz und ihre gewaltigen Fersen, wie einen Dreifuss fest auf den Boden stützten, konnten sie sich ungehindert und mit voller Kraft ihrer

* Principles of Geology vol. IV. p. 40. ** Mr. O w e n entwickelte diese T h e o r i e zuerst in der Zoology of the Voyage of the Beagle und spiiter in seiner A b h a n d l u n g über den Mylodon robustus.

7s

100

Fünftes Kapitel

überaus mächtigen Arme und Klauen bedienen. Festgewurzelt müsste allerdings der Baum gewesen sein, der einer solchen Gewalt hätte widerstehen können! Ausserdem war der Mylodon mit einer langen weit ausdehnbaren Zunge wie die Giraffe versehen, welche, vermöge einer jener schönen Einrichtungen der Natur, so mit Hülfe ihres langen Halses das Laubfutter zu erreichen vermag. Auch will ich erwähnen, dass nach Bruce's Angabe der Elefant in Abessinien bei denjenigen Bäumen, deren Zweige er nicht mit dem Rüssel erreichen kann, den Stamm mit seinen Stosszähnen rund herum von oben nach unten tief einritzt, bis er wackelig genug geworden ist, um ihn umbrechen zu können. Die Schichten, in denen jene fossilen Ueberreste eingebettet sind, liegen nur fünfzehn bis zwanzig Fuss über dem Hochwasserstande; deshalb muss die Erhebung des Landes gering gewesen sein (wenn wir nicht eine eingeschaltete Periode der Senkung annehmen, für die sich keine Beweise vorfinden), seit der Zeit, als jene riesenhaften Säugethiere durch die umliegenden Ebenen schweiften, und die äussere Gestaltung des Landes muss der jetzigen ziemlich gleich gewesen sein. Da liegt die Frage nahe, wie war der Pflanzenwuchs jener Periode beschaffen; war das Land ebenso jammervoll unfruchtbar wie heut zu Tage? Da so viele der miteingebetteten Muscheln mit denen übereinstimmen, welche jetzt in dem Meerbusen leben, war ich anfänglich geneigt anzunehmen, dass die frühere Vegetation der gegenwärtigen ähnlich gewesen sein dürfte; doch würde dies eine übereilte Schlussfolgerung gewesen sein; denn einige derselben Muscheln leben an der üppigen Küste von Brasilien; und im Ganzen ist der Charakter der Meeresbewohner nicht zu brauchen um als Führer bei der Beurtheilung des Charakters der Landbewohner zu dienen. Indessen glaube ich nach den folgenden Erwägungen nicht, dass die Thatsache des Vorkommens vieler riesenhafter Vierfüssler auf den Ebenen um Bahia Bianca an und für sich bewiese, dass die Gegend ehemals einen üppigen Pflanzenwuchs getragen hat; ich zweifle vielmehr nicht, dass das öde Land etwas südlicher nahe dem Rio Negro mit seinen verstreut stehenden stacheligen Bäumen viele und grosse Säugethiere nähren könnte.

Fr nährung der grossen Säugtthiere ^1833)

101

Dass grosse Thiere einer üppigen Vegetation bedürfen, war eine allgemein verbreitete A n n a h m e , die von einem Buch in das andere übergegangen

ist; doch

stehe ich nicht an zu behaupten, dass sie

ganz falsch ist, und dass sie in einigen sehr wesentlichen Punkten die Ansichten der Geologen in Bezug auf die Geschichte der Urwelt irregeleitet hat.

Wahrscheinlich rührt diese vorgefasste Meinung von

Indien und den indischen Inseln h e r , wo Elefantenheerden, herrliche W ä l d e r , undurchdringliche Jungles nach Jedermanns Vorstellung zusammen

gehören.

Schlagen

wir

dagegen

irgend

eine

Reisebe-

schreibung durch den südlichen Theil von Afrika auf, werden

wir

beinah auf jeder Seite den wüsten Charakter des Landes und

den

Reichthum an grossen Thieren erwähnt finden. wird

durch viele Abbildungen

schiedene Theile des Inneren „Beagle" in Capstadt w a r ,

Dieselbe Thatsache

augenfällig gemacht, die über ververöffentlicht worden sind.

Als der

machte ich einen mehrtägigen Ausflug in

das Land, der wenigstens genügte, um mir das, was ich gelesen hatte, noch verständlicher zu machen. Dr. Andrew Smith,

der

an der Spitze seiner kühnen Schaar

kürzlich den Wendekreis des Steinbocks überschritten hat, theilt mir mit, dass, wenn man den ganzen südlichen Theil von Afrika in Betracht zieht, man nicht anstehen kann, es ein unfruchtbares Land zu nennen.

Wohl

giebt es an der südlichen und südöstlichen

Küste

einige schöne W ä l d e r , aber diese ausgenommen, kann der Reisende tagelang durch weite Ebenen wandern, die mit einem kümmerlichen und geringen Pflanzenwuchs bedeckt sind.

Es ist schwer sich eine

genaue Vorstellung von dem Grade der Fruchtbarkeit

eines Landes

¡m Verhältniss zu einem anderen zu machen; aber man kann sicher sagen, dass die von England brachte Vegetation

vielleicht

in einer bestimmten Zeit*

hervorge-

um das Zehnfache die eines gleichen

Flächeninhalts in dem Inneren von Südafrika übertrifft.

Die That-

sache, dass mit Ausnahme der Küste Ochsenwagen nach jeder Richtung hin vorwärts zu kommen vermögen, ohne zeitweise länger als

* Ich will davon die Gesammtmasse ausschliessen, die während einer gegebenen Zeit nach einander hervorgebracht und verzehrt worden ist.

102

Fünftes Kapitel

eine halbe Stunde durch das Fällen von Buschwerk aufgehalten zu werden, giebt vielleicht einen noch deutlicheren Begriff von der Spärlichkeit der Vegetation. Vergegenwärtigen wir uns nun die Thiere, welche diese weiten Ebenen bewohnen, so sehen wir, dass sie ausserordentlich zahlreich und von grüsster Gestalt sind. Wir nennen den Elefanten, drei Arten des Rhinoceros, zu denen nach Dr. Smith wahrscheinlich noch zwei weitere kommen, das Flusspferd', die Giraffe, den Kafferbüffel (bos caffer), — so gross wie ein ausgewachsener Stier — das Elen, welches nur wenig kleiner ist, zwei Zebras, das Quagga, zwei Gnus und verschiedene Antilopen, welche jene Thiere noch an Grösse übertreffen. Man könnte meinen, dass wenn es auch zahlreiche Arten, es immer nur wenige Individuen jeder Spezies gäbe. Durch die Freundlichkeit von Dr. Smith bin ich im Stande zu zeigen, dass es sich ganz anders verhält. Er theilt mir mit, dass er unterm 24sten Breitegrade auf einem Tagesmarsch mit den Ochsenwagen, ohne sich von diesen nach irgend einer Seite weit zu entfernen, gegen hundert bis hundertfünfzig Rhinocerosse sah, die den drei Arten angehörten. Am selben Tage sah er verschiedene Giraffenheerden, zusammen gegen einhundert Thiere, und obwohl man an jenem Tage keinen Elefanten spürte, kommen sie doch auch in jenem Bezirk vor. Etwas über eine Stunde von ihrem Lagerplatze am vergangenen Tage entfernt, erlegte seine Gesellschaft an einer Stelle acht Flusspferde und sah deren noch viele mehr. In demselben Flusse gab es auch Krokodile. Selbstverständlich war es ein Ausnahmefall so viele grosse Thiere dicht bei einander zu sehen, aber es beweist immerhin klar, dass sie in grosser Anzahl vorhanden sein müssen. Dabei beschreibt Dr. Smith das an jenem Tage durchzogene Land als „spärlich bewachsen mit Gras und ungefähr vier Fuss hohen Büschen, dazwischen noch seltener einige Mimosenbäume." Die Wagen konnten beinah in gerader Linie fahren. Ausser diesen grossen Thieren, hat jeder, der nur ein wenig von der Naturgeschichte des Caplands weiss, von den Antilopenheerden gelesen, welche nur mit den Schwärmen von Zugvögeln verglichen werden können. Die grosse Zahl von Löwen, Panthern und Hyänen, sowie die Menge der Raubvögel spricht deutlich für den grossen

103

E r n ä h r u n g d e r Crossen S ä u g e t h i e r e (1833)

Reichthum

an kleineren Vierfusslem: an einem A b e n d

zählte

sieben L ö w e n , die um Dr. Smith's Lagerplatz schlichen.

man

W i e dieser

hervorragende Naturforscher gegen mich bemerkte, muss das Blutbad, dass

täglich in Südafrika angerichtet wird, wahrhaft entsetzlich sein!

Ich

gestehe,

dass es verwunderlich

ist,

wie

eine solche Zahl

von

Thieren in einem Lande bestehen kann, das so wenig Futter hervorbringt.

Die grösseren Vierfüssler schweifen ohne Zweifel durch weite

Gebiete, um es zu suchen, und ihre Nahrung besteht hauptsächlich in Unterholz, das wahrscheinlich viel Nährstoff in geringem Umfang enthält.

A u c h berichtet Dr. Smith, dass die Pflanzen rasch wachsen, so

schnell als ein Theil verzehrt wird, wird auch die Stelle durch Nachwuchs ausgefüllt.

Indessen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass

unsere "Vorstellungen von der Futtermenge, welche grosse Säugethiere zu ihrem Bestehen bedürfen, sehr übertriebene sind: man sollte sich daran erinnern, dass das Kameel, ein Thier von nicht geringer Grösse, stets für ein Sinnbild der Wüste gegolten h a t Der Glaube, dass w o es grosse Vierfüssler giebt, der Pflanzenwuchs notwendigerweise würdiger,

Mr. Burchell nichts

ein üppiger sein müsse, ist um so merk-

weil auch der Rückschluss durchaus nicht zutreffend ist. sagte

mir,

dass ihn bei seiner Ankunft in

so sehr in Erstaunen gesetzt

amerikanischen Vegetation

hätte,

im Vergleich

zur

dabei das Fehlen aller grossen Vierfüssler.

Brasilien

als die Pracht der südsüdafrikanischen,

und

In seinen Reisen* hat

er angegeben, dass, falls es genügende Berichte gäbe, der Vergleich des verschiedenen Gewichts einer gleichen Zahl der grössten pflanzenfressenden Vierfüssler jedes Landes ein ausserordentlich interessanter sein würde.

Nehmen wir einerseits den Elefanten**, das Flusspferd,

* T r a v e l s in the Interior of South A f r i c a , vol. II p. 007. ** Der

in E x e t e r

Change

getödtete

Elefant,

auf fiinf und eine halbe T o n n e (1 engl, ton = richtete

weibliche Elefant w o g ,

(in T h e i l e n

gewogen)

1016 Kilogr.) geschätzt.

wie man mir sagte, eine T o n n e w e n i g e r , so dass

wir fiinf Tonnen als Durchschnittsgewicht eines Elefanten annehmen können. s a g t e mir in den Surrey G a r d e n s ,

wurde

D e r abge-

dass ein in Stücken nach E n g l a n d

Man

geschicktes

F l u s s p f e r d , a u f drei und eine h a l b e T o n n e g e s c h ä t z t w o r d e n s e i ; nehmen w i r drei an.

H i e r n a c h können wir auf j e d e s der fünf R h i n o c e r o s s e ,

Tonne rechnen,

vielleicht eine T o n n e

drei

und eine

halbe

auf die G i r a f f e , und eine h a l b e ; T o n n e auf

den Kafferbüffel wie a u f das E l e n (ein g r o s s e r O c h s e wiegt zwischen l a o o — 1 5 0 0 Pfund.)

104

F ü n f t e s Kapitel

die Giraffe, den Kafferbüffel, das Elen,

und mindestens drei, wahr-

scheinlich fünf Spezies des Rhinoceros: und auf der amerikanischen Seite

zwei T a p i r e ,

Peccari und wenden,

den

Guanaco,

das Capybara,

um die Zahl

drei Hirsche,

die Vicuna,

das

(darnach müssen wir uns zu den Affen

zu erreichen),

und stellen wir diese beiden

Gruppen neben einander, kann man nicht leicht zwei Reihen von so verschiedenen Grössenverhältnissen Thatsachen

müssen

wir,

finden.

früheren

Nach den oben erwähnten

Anschauungen

wendigerweise zu dem Schluss kommen,

entgegen*,

noth-

dass bei den Säugethieren

kein naher Zusammenhang zwischen der Kürpergrüssc der Arten und der Menge

des Pflanzenwuchses

der von ihnen bewohnten Länder

besteht In Bezug auf die Anzahl grosser Vierfüssler giebt es gewiss keinen Thcil des Erdballs, den man mit Südafrika vergleichen kann. Nach den verschiedensten zuverlässigen Berichten kann an dem wüsten Charakter jener Länder

nicht gezweifelt werden.

In dem europäischen Theil

unserer Erde müssen wir auf die tertiären Epochen zurückgehen, um einen Zustand der Dinge unter den Säugethieren zu finden, der dem jetzt

am Cap

der

Guten Hoffnung herrschenden

entspricht.

Jene

tertiären Epochen, von denen wir geneigt sind anzunehmen, dass sie einen erstaunlichen Reichthum

an grossen Thieren besassen,

weil

wir die Ueberreste vieler Zeitalter an gewissen Stellen aufgespeichert linden, können schwerlich mehr grosse Vierfüssler gehabt haben als Südafrika gegenwärtig.

Wenn wir uns den Zustand der Flora jener

Dies giebt (nach obiger Schätzung) die

zehn

grössten

ein Durchschnittsgewicht

pflanzenfressenden Säugethiere

von 2,7 Tonne für

von Südafrika.

Wenn man in

Südamerika 1200 Pfund auf die zwei Tapire zusammenrechnet, 550 für den Guanaco und die V i c u n a ,

500 für die drei Hirsche,

300 auf Capybara, Peccari und einen

Affen rechnet, kommen wir auf ein Durchschnittsgewicht von 350 Pfund, das ich noch zu

hoch gegriffen glaube.

D a s Verhältniss

ist

daher wie 6048 zu 250, oder 24

zu 1 für die zehn grössten Thiere aus den beiden Continenten. * Nehmen wir den F a l l a n , dass ein Skelett eines grönländischen Walfisches in fossilem Zustande entdeckt worden wäre, ohne dass man von der Lebensweise eines einzigen Wales etwas gewusst hätte, welcher Naturforscher würde wohl an die Möglichkeit

gedacht

haben,

dass

der Leib

eines

so

riesenhaften Thieres

von

den winzigen Crustaceen und Mollusken ernährt w e r d e , die in den eisigen Meeren des höchsten Nordens wohnen.'

105

Sibirische Fossilien ( 1 8 3 3 )

Zeit vorstellen, sind wir wenigstens genöthigt die vorhandenen A n a logien in Betracht zu ziehen, und nicht als notbwendige Bedingung einen üppigen Pflanzenwuchs zu fordern, wenn wir sehen, dass am Cap der Guten Hoffnung gerade das Gegentheil der Fall ist. W i r wissen*,

dass

die äussersten Regionen

von

Nordamerika,

mehrere Grad jenseits der Zone, in welcher der Erdboden schon in der T i e f e von einigen F u s s beständig gefroren bleibt, von

dicken

und

hohen Bäumen

bedcckt

sind.

mit Wäldern

Desgleichen

sehen

wir in Sibirien Wälder von Birken, Fichten, E s p e n und Lärchen unter einem Breitegrad (64

wachsen, in dem die mittlere Temperatur

der L u f t unter dem Gefrierpunkt bleibt, und die Erde so stark gefroren ist, dass der darin eingebettete Leichnam eines Thieres vollständig wir

erhalten

zugeben,

Krage

bleibt.

dass

kommt,

In Anbetracht

soweit

dieser Thatsachen

die Quantität

die Mehrzahl

der Vegetation

müssen allein

in

der grossen Säugcthicre der späteren

Tertiärepochen in den meisten Ländern von Nord-Europa und -Asien an den Stellen gelebt haben können, an denen ihre Ueberreste jetzt gefunden werden.

Ich spreche hier nicht von der A r t des Pflanzen-

wuchses, der zu ihrer Ernährung nothwendig w a r ; denn da wir B e weise f ü r physische Veränderungen haben, und da jene Thiere ausgestorben

sind,

können

wir auch

annehmen,

dass die A r t e n

der

Pflanzen gleichfalls gewechselt haben. Diese möchte,

ich

hinzufügen

auf die sibirischen im Eise erhaltenen Thiere.

Erwägungen

beziehen

sich

direkt,

wie

Der feste

Glaube an die N o t w e n d i g k e i t , dass eine Vegetation von tropischer Ueppigkeit

dazu

gehört habe,

* Siehe „Zoological Remarks Er

sagt:

„Nördlich

vom

so grosse Thiere zu ernähren,

to Cpt. B a c k s E x p e d i t i o n

5 6 ° n. B. ist der U n t e r g r u n d

das A u f t h a u e n d r i n g t an der Küste

und

by Dr. Richardson"

beständig gefroren;

denn

nicht t i e f e r als drei F u s s , und am B ä r e n s e e

unterm 64. B r e i t e g r a d nicht tiefer als zwanzig Z o l l .

D i e s e r g e f r o r e n e U n t e r g r u n d zer-

stört an und f ü r s i c h den Pflanzenwuchs n i c h t ; denn in e i n i g e r E n t f e r n u n g von der Küste gedeihen Wälder. * * S i e h e Humboldts F r a g m e n s A s i a t i q u e s . p. 386. und Malte B r u n .

Barton's Pflanzengeographic

D e r letztere s a g t , dass die G r e n z e des B a u m w u c h s e s in Sibirien

a u f den 7 a 0 n. B . gesetzt w e r d e n kann.

106

Fünftes Kapitel

die Unmöglichkeit dies mit der Nähe des ewigen Frostes in Einklang zu bringen, war eine der Hauptursachen für die Aufstellung verschiedener Theorien von plötzlichen Revolutionen des Klimas und von ungeheuren Katastrophen, durch welche man ihren Untergang zu erklären suchte. Ich bin weit entfernt anzunehmen, dass das Klima sich nicht verändert hätte, seit der Zeit, in der jene Thicre lebten, die jetzt im Eis begraben liegen. Ich mächte hier nur beweisen, dass so weit die M e n g e der Nahrung a l l e i n in Frage kommt, die urweltlichen Rhinocerosse auch durch die Steppen des mittleren Sibiriens schweifen konnten (die nördlichen Theile waren wahrscheinlich unter Wasser), selbst in ihrer gegenwärtigen Beschaffenheit, so gut wie die gegenwärtigen Rhinocerosse und Elefanten die Kan-os von Südafrika bewohnen. Ich will nun Beobachtungen über die Lebensgewohnheiten einiger der interessantesten Vögel mittheilen, die auf den wüsten Ebenen Patagoniens vorkommen; und zunächst über den grössten von ihnen , den südamerikanischen Strauss. Seine gewöhnlichen Lebensgewohnheiten sind allgemein bekannt. Er nährt sich von Vegetabilien, wie Wurzeln und Gras; aber in Bahia Bianca habe ich zur Ebbezeit wiederholt drei oder vier von diesen Vögeln auf die ausgedehnten, dann trockenen Schlammbänke kommen sehen, um wie die Gauchos sagen, kleine Fische zu fangen. Ist auch der Strauss ein scheuer, vorsichtiger, die Einsamkeit suchender Vogel, und dabei schnellfüssig, wird er doch von den mit Bolas bewaffneten Indianern und Gauchos ohne Schwierigkeit gefangen. Es verwirrt ihn, wenn mehrere Reiter im Halbkreis erscheinen, und er weiss nicht, nach welcher Seite er entrinnen soll. Gewöhnlich zieht der Strauss vor, gegen den Wind zu laufen; doch breitet er zuerst die Flügel aus gleich einem Schiff, das alle Segel aufsetzt. An einem schönen heissen Tage sah ich mehrere Strausse in ein Dickicht von hohem Schilf dringen und sich dort niedergekauert verbergen, bis ich ihnen ganz nahe war. Es ist nicht allgemein bekannt, dass die Strausse leicht in das Wasser gehen. Mr. King theilt mir mit, dass er in der Bucht von San Blas, sowie bei Port Valdes in Patagonien, diese Vögel mehrere Male von Insel zu Insel schwimmen sah. Sie

107

D e r südamerikanische Strauss (1S33)

liefen in das W a s s e r ,

wenn man sie bis an einen bestimmten Punkt

verfolgt hatte oder auch freiwillig, wenn sie nicht erschreckt worden waren;

die

Schritt.

durclischwommene

Beim

Schwimmen

Strecke

mass

ist nur wenig

ungefähr

von

zweihundert

ihrem Körper

über

W a s s e r sichtbar; sie strecken den Hals ein wenig vor und kommen nur langsam vorwärts.

B e i zwei Gelegenheiten sah ich Strausse den

Santa Cruz-Fluss durchschwimmen, wo er gegen vierhundert Schritt breit und die Strömung reissend war. A l s Capitän Sturt den Murrumbidgee-Fluss in Australien hinabfuhr, sah er zwei schwimmende Emus. D i e Einwohner

unterscheiden

selbst

in der Entfernung

leicht

den männlichen von dem weiblichen V o g e l ; ersterer ist grösser und dunkler gefärbt*

und hat einen grösseren K o p f .

Der Strauss, wie

ich glaube der männliche, giebt gelegentlich einen eigenthümlichcn tiefen und

zischenden Ton

mitten

/wischen

von

sich; als ich ihn zuerst hörte und mich

den Sandhügeln

befand, meinte ich, er rührte von

einem wilden Thier her; denn man erkennt nicht leicht bei diesem Ton,

von wo

und wie weit

er herkommt.

A l s wir

uns

in

den

Monaten September und Oktober in Bahia Bianca aufhielten, wurden die Eier weder

in grosser Zahl über das ganze Land hin gefunden.

liegen

sie

nie

ausgebrütet

sie

sind

bildet.

in

einzeln und

einer

Von

verstreut,

von

flachen

den

vier

den

und

Spaniern

Erdgrube Nestern,

werden Huachos

gesammelt, die

in

ich

diesem

genannt;

welche

gesehen

EntFall oder

das

Nest

habe,

ent-

hielten drei je zweiundzwanzig Eier und das vierte siebenundzwanzig. Eines T a g e s jagten wir zu Pferde davon

befanden

sich

vierundvierzig

und fanden vierundsechzig Eier; in zwei

zwanzig

waren verstreute

Huachos.

Die

stimmig

und es liegt kein Grund vor,

Nestern,

Gauchos

die

übrigen

versichern

ein-

ihre A n g a b e n zu bezweifeln,

dass nur der männliche V o g e l die Eier ausbrütet und eine Zeit lang nachher die Jungen begleitet. duckt

* Ein G a u c h o v e r s i c h e r t e m i c h , eine

W e n n derselbe auf dem Neste sitzt,

er sich fest auf den Boden,

Albinovarietät,

wesen wäre.

gesehen

hätte,

dass und

so dass ich selbst beinah über

er einst einen s c h n e e w e i s s e n Strauss, dass

es

ein

sehr

schöner V o g e l

ge-

108

Fünftes Kapitel

einen

geritten bin.

sehr

böse

sind,

Man sagt,

und

sogar

dass sie in dieser Zeit

gefährlich

werden

gelegentlich

können,

dass

sie

Menschen zu Pferde angreifen, nach ihnen mit den Füssen schlagen und

auf sie zu springen

suchen.

Mein

Berichterstatter

zeigte

mir

einen alten Mann, den er einst in grosser Angst vor einem Strauss hatte

fliehen

folgende hatte, wäre

sehen.

Ich

Bemerkung:

finde

,Als

dessen Federn ein Nestvogel.

ich

in

Burchell's Reisen

einen

männlichen

schmutzig waren, Ich

höre auch,

in Südafrika

Strauss

getödtet

sagten die Hottentotten, es

dass der

männliche Emu im

Zoologischen Garten das Nest besorgt, und es scheint daher diese Gewohnheit in der Familie üblich zu sein." Die Strausse hätte

Gauchos

versichern

in ein Nest

beobachtet,

einstimmig,

legen.

Man hat

dass

mehrere

dass vier oder fünf derselben

in der Mitte

Tages nacheinander nach demselben Nest gegangen wären. wähne

nur noch,

dass

weibliche

mir bestimmt erzählt, man des

Ich er-

man auch in Afrika glaubt, dass zwei oder

mehr Strausse in dasselbe Nest legen*.

So seltsam zuerst diese Ge-

wohnheit erscheint, lässt sie sich meiner Meinung nach in sehr einfacher W e i s e erklären.

Die Zahl der Eier in einem Neste wechselt

zwischen zwanzig und vierzig und sogar fünfzig; nach Azara kommen zuweilen selbst siebzig und auch achtzig vor. der ausserordentlich

grossen Anzahl

der Eier

Obgleich es nun nach in

einer Gegend

im

Verhältniss zu den alten V ö g e l n und ebenfalls nach der Beschaffenheit des Eierstocks

des Weibchens

wahrscheinlich

ist, dass es während

der Legezeit sehr viele Eier legt, so muss doch die dazu erforderliche Zeit eine sehr lange sein.

Azara** berichtet, dass ein zahmes Weib-

chen siebzehn Eier gelegt hätte, jedes in einer Zwischenzeit von drei Tagen.

Müsste

der

weibliche

Vogel

seine

Eier selbst

ausbrüten,

würden ehe die letzten gelegt wären, die ersten wahrscheinlich verdorben sein; aber wenn ein jeder einige wenige Eier hintereinander in verschiedene Nester legte, und mehrere W e i b c h e n , wie behauptet wird, sich zusammenthäten,

so würden die Eier in einer Legestclle

* Burchell's T r a v e l s vol. I. p. 280. ** A z a r a vol. I V . p. 173.

109

Der Avestruz Petise (1833)

beinah

alle

von demselben Alter

Zahl der Eier in einem Nest

sein.

W e n n , wie ich glaube, die

im Allgemeinen

nicht grösser ist wie

die Durchschnittszahl, die ein Vogel während der Legezeit legt, muss es so viele Nester wie Weibchen geben und jedes Männchen seinen angemessenen Antheil an der Brütarbeit erhalten; -und zwar während einer Zeit, dem

in der

Legen

noch

die Weibchen nicht

nicht sitzen können, weil sie mit

fertig sind *.

Ich

habe

vorher

von

der

grossen Anzahl von Huachos oder verlassenen Eiern gesprochen, und dass

wir

bei

einer

eintägigen

Suche

zwanzig

derartige

gefunden

hätten.

Es erscheint auffallend, dass so viele auf diese Weise verloren

gehen.

Rührt

es nicht

von der Schwierigkeit

her,

dass sich erst

mehrere Weibchen vereinigen und ein Männchen finden müssen, das bereit ein

ist das Brutgeschäft zu übernehmen?

gewisser

Grad

von

Genossenschaft

Offenbar muss

zwischen

zuerst

mindestens

zwei

Weibchen bestehen, sonst würden die Eier auf den weiten Ebenen zerstreut bleiben und zwar in zu grossen Zwischenräumen, als dass sie das Männchen in ein Nest sammeln könnte. dass

die

verstreuten Eier gelegt wären,

Nahrung zu dienen. denn

wenn

Einige haben gemeint,

um den jungen V ö g e l n zur

In Amerika kann das schwerlich der Fall sein;

man die Huachos auch häufig in verdorbenem und ver-

faultem Zustande findet, sind sie gewöhnlich doch ganz. A l s ich am R i o Negro in Nordpatagonien Gauchos

von

einem

I'etise nannten.

sehr

seltenen V o g e l

war,

reden,

den

hörte

ich

die

sie Avestruz

Sie beschrieben ihn etwas kleiner als den gewöhn-

lichen Strauss

(der dort sehr häufig ist), aber demselben sehr ähn-

lich.

wie

Er

sei,

sie sagten dunkler und gefleckt, die Beine wären

kürzer und tiefer herab, wie bei dem gewöhnlichen Strauss, befiedert. Man fange ihn leichter mit den Bolas als die andere A r t : die wenigen Einwohner, welche beide Arten gesehen hatten, versicherten, dass sie

* Lichtenstein

behauptet

s i c h a u f das N e s t s e t z e n , dem

Legen

kommt chen

mir

sich

fortführen; sehr

und mit

Weibchen

sie zehn o d e r z w ö l f E i e r g e l e g t , und d a s s sie mit

zwar,

unwahrscheinlich

für das Brüten

d e s N a c h t s sitze.

d a g e g e n ( R e i s e n B d . II. p. 25), d a s s d i e

wenn

glaube

vor.

Er

ich,

in

ein

anderes

Nest.

Dies

behauptet, dass vier oder fünf Weib-

einem Männchen zusammenthäten,

und dass dieser

Fünftes Kapitel

110

dieselben aufweite Entfernung hin zu unterscheiden vermöchten. Indessen schienen die Eier dieser kleineren A r t besser als die Vögel bekannt zu sein;

und es erregte Erstannen, dass sie nur unbedeutend kleiner

wie die des Struthio Rhea waren, Form

mit

doch von etwas

einem leichten bläulichen Anhauch.

verschiedener

Diese Art

kommt

höchst selten auf den Ebenen längs des R i o Negro vor; aber anderthalb Grad südlicher sind sie ziemlich häufig. sire in Patagonien Strauss.

Ich

(48° s. B.) waren,

A l s wir in Port De-

schoss Mr. Martens

einen

sah ihn a n , dachte aber unbegreiflicherweise nicht an

den Avestruz Petise, sondern hielt ihn für einen noch nicht ausgewachsenen Vogel der gewöhnlichen Art.

E r wurde gekocht und ge-

gessen, ehe mir die Sache ins Gedächtniss zurückkam.

Glücklicher-

weise waren K o p f , Hals, Flügel, viele der grössten Federn und ein grosser Theil

der Haut bewahrt worden und aus diesen liess sich

ein nahezu vollständiges Exemplar zusammensetzen, dass sich jetzt im Museum der Zoologischen Gesellschaft in London befindet. hat bei Beschreibung

Mr. Gould

dieser neuen Spezies mir die Ehre

erwiesen

ihr meinen Namen beizulegen. Unter den patagonischen Indianern in der Magellanstrasse fanden wir einen Halbindianer, welcher seit mehreren Jahren

mit

diesem

Stamme lebte, aber aus den nördlichen Provinzen gebürtig war. fragte ihn, ob er je von dem Avestruz Petise gehört hätte?

Ich

Darauf

antwortete er: „Nun, es giebt gar keine anderen als solche in diesen südlichen Gegenden." Nestern

des Petise

Er berichtete, dass die Zahl der Eier in den sehr viel geringer,

als diejenigen der anderen

A r t wäre; durchschnittlich nicht mehr als fünfzehn; doch versicherte er, dass sie von mehr als einem Weibchen gelegt wären. Cruz sahen wir mehrere Vögel.

In Santa

Sie waren ausserordentlich scheu;

und ich glaube, sie vermochten den Menschen aus einer Entfernung zu erkennen,

aus der dieser

sie noch nicht unterscheiden konnte.

A l s wir den Fluss hinauffuhren, waren wenige zu erblicken; aber bei unserm

schnellen

und geräuschlosen

Herabfahren beobachteten

viele, theils paarweis, theils ihrer vier oder fünf zusammen. nns auf, dass

dieser Vogel nicht die Flügel

zuerst schnell zu laufen beginnt,

ausbreitet,

wir

E s fiel wenn

er

sowie es die nordliche A r t thut.

Bahia Blanca (1833)

111

Zum Schluss kann ich also sagen, dass der Struthio rhea das Gebiet von L a Plata bewohnt, bis ein wenig südlich über den R i o N e g r o ( 4 1 0 s. B.) und dass der Struthio Darwinii im südlichen Patagonien an seine Stelle tritt; das Land um den R i o Negro bildet gewissermassen ein neutrales Gebiet. seines Aurenthalts zu bekommen,

Mr. A . d'Orbigny* bat sich während

am R i o Negro sehr bemüht einen solchen V o g e l

ohne

dass es ihm jedoch geglückt ist.

Schon lange

vorher wusste Dobrizhoffer, dass es zwei Sorten Strausse gäbe. sagt:

Er

,Ferner müsst ihr wissen, dass die Emus in Grösse und Ge-

wohnheiten denn die,

in

verschiedenen

welche

Gegenden

von

einander

abweichen;

die Ebenen von Buenos A y r e s und Tucuman be-

wohnen, sind grösser, und haben schwarze, weisse und graue F e d e r n ; diejenigen nahe der Magellanstrasse ihre weissen Federn

endigen

sind kleiner und schöner, denn

in eine schwarze und ihre

schwarzen

ebenfalls in eine weisse Spitze." Ein hier

sehr

seltsamer

häufig; in

seiner

kleiner Vogel Lebensweise

Tinochorus

und

seinem

halb Wachtel, halb Schnepfe, so verschieden ander sind.

Man

findet

rumieivorus Aussehen

diese Beiden

ist

ist er

von ein-

den Tinochorus überall im südlichen Süd-

amerika, wo es unfruchtbare Ebenen oder offenes trockenes Weideland

giebt

Paarweise

oder in kleinen

Schwärmen

sucht

er

die

ödesten Gegenden auf, wo kaum ein anderes lebendes W e s e n existiren kann. Boden,

Nähert man sich ihnen, ducken sie sich dicht auf den

von dem sie sehr schwer zu unterscheiden sind.

W e n n sie

ihr Futter suchen, gehen sie langsam, mit weit gespreizten Beinen. A u f den W e g e n und sandigen Plätzen baden sie sich im Sande und suchen bestimmte Plätze auf, an denen man sie T a g für T a g finden kann; und wie Rebhühner

fliegen

sie nur gemeinsam auf.

In allen

diesen Hinsichten, in dem muskulösen Magen, der für Pflanzennahrung

* Bei lichen

meinem Aufenthalt

am Rio N e g r o

A r b e i t e n dieses Naturforschers.

Mr.

hörte

Alcide

ich

viel von den

d'Orbigny

hat

unermüd-

während

der

Jahre 1825—1833 verschiedene g r o s s e T h e i l c S ü d a m e r i k a ^ bereist und eine Sammlung zusammen g e b r a c h t ; er veröffentlicht j e t z t die Resultate seiner F o r s c h u n g e n mit einer G r o s s a r t i g k e i t ,

die

ihn sofort unter den A m e r i k a r e i s e n d e n in die erste

R e i h e und nur hinter Humboldt stellt.

112

Fünftes Kapitel

geschaffen ist, dem gewölbten Schnabel und den fleischigen Nasenlöchern , den kurzen Beinen und Tinochorus

dem Bau des F u s s e s , zeigt

eine nahe Verwandtschaft mit den Wachteln.

man jedoch

den Vogel

fliegen

sieht, ändert

der

Sobald

sich seine ganze Er-

scheinung; die langen spitzen von den Hühnervögeln so verschiedenen Flügel, der unregelmässige Flug, der klagende Laut, den er im Augenblick des Aufsteigens hören Schnepfe.

Die Jäger

auf

lässt, dem

erwecken die Vorstellung einer , Beagle"

insgesammt kurzschnäblige Schnepfe.

nannten

ihn

deshalb

Dieser Gattung, oder vielmehr

den Stelzvögeln ist er zugehörig, wie sein Skelett beweist. Der Vögeln

Tinochorus

ist

nahe verwandt.

noch

einigen

anderen

südamerikanischen

Zwei Spezies der Gattung Attagis gleichen

in fast jeder Hinsicht den Schneehühnern in ihren Gewohnheiten; die eine Art lebt im Feuerlande jenseits der Waldgrenze,

die

andere

dicht unter der Schneegrenze auf den Cordilleren des mittleren Chile. Ein Vogel von einer anderen nahe verwandten

Gattung,

Chionis

alba, ist ein Bewohner der südlichen Polargegenden; er nährt sich von Seetang und Muscheln auf den von der Flut bespülten Klippen. Obwohl er keine Schwimmfiisse h a t , unerklärlichen Gewohnheit

findet

man ihn in Folge einer

oft weit draussen auf See.

Diese kleine

Familie von Vögeln gehört zu denjenigen, welche durch ihre mannigfache Verwandtschaft mit anderen Familien dem systematischen Naturforscher gegenwärtig nur Schwierigkeiten bereiten, die jedoch schliesslich dazu beitragen können, den grossen Plan zu offenbaren, der den gegenwärtigen und vergangenen Zeiten gemeinsam ist, und nach dem alle organischen W e s e n geschaffen sind. Die Gattung Fumarius umfasst verschiedene Arten, lauter kleine Vögel, In

die am Boden

leben

ihrem Körperbau können

glichen werden.

Gegenden

bewohnen.

Die Ornithologen haben sie gewöhnlich den Baum-

läufern zugerechnet, gewohnheiten

und trockene

sie mit keiner europäischen Form ver-

obwohl

abweichen.

sie von jener Familie in allen Lebens-

Die am besten bekannte Spezies ist der

gewöhnliche Ofenvogel von La P l a t a ,

der Casara

oder Baumeister

der Spanier.

Das N e s t , von dem er seinen Namen hat, ist an den

am meisten

ausgesetzten

Stellen

angebracht,

wie z. B.

oben

auf

Der Ofenvogel (1833)

einem P f a h l ,

einem

113

nackten Felsblock oder einem Cactus.

E s ist

aus Schlamm und kleinen Stücken Stioh gebaut und hat starke dicke Mauern

in der Gestalt

gleicht

einem flachen Bienenkorb.

es durchaus

einem Backofen

oder

Die Oeffnung ist gross und gewölbt und

ihr gerade gegenüber in dem Nest steht eine Scheidewand, welche beinah bis an das D a c h reicht und einen

Gang oder Vorzimmer

zu

dem eigentlichen Nest bildet. Eine andere und kleinere Spezies des Furnarius (F. cunicularius) gleicht

dem

Gefieders, der

Ofenvogel

drolligen A r t

Aehnlichkeit meister,

in

der

allgemein

rüthlichen

Färbung

des

in dem eigenthümlich schrillen, wiederholten Schrei und in

kurzen A n s i t z e n

nennen

obwohl

die

Spanier

sein Nestbau

ihn

zu rennen. Casarita,

Wegen

dieser

kleinen

Bau-

ein durchaus verschiedener ist.

Der

Casarita baut sein Nest am Ende einer langen

den

cylindrischen Höhle,

welche sich horizontal fast sechs Fuss unter der Erde hinziehen soll. Mehrere Landleüte sagten mir, dass sie als Knaben versucht hätten die Nester auszugraben, es ihnen aber kaum je gelungen wäre, das linde

des Ganges

zu

erreichen.

Der V o g e l

wählt

dazu

niedrige

Böschungen von festem sandigen Erdreich an der Seite eines W e g e s oder eines Baches.

Hier

(in Bahia Bianca)

sind

die Mauern

um

die Häuser aus getrocknetem Schlamm erbaut, und mir fiel auf, dass eine, welche den Hof meiner W o h n u n g umgab, an mindestens zwanzig Stellen runde Löcher zeigte. A l s ich den Eigenthümer nach der Ursache fragte, klagte mehrere

er bitter

über den kleinen Casarita,

bei ihrer Arbeit

beobachtet habe.

von

denen

ich später

E s ist merkwürdig zu

sehen, wie unfähig diese Vögel sein müssen, einen BegrifT von Dicke zu bekommen, denn obwohl sie beständig über die niedrige Mauer tlogen,

fuhren

sie vergeblicherweise

fort, sie zu durchlöchern,

da

sie dieselbe für einen trefflichen A b h a n g zur A n l e g u n g eines Nestes hielten.

Ich

zweifle nicht,

der anderen Seite

der

dass jeder V o g e l , so oft er wieder an

durchbohrten Mauer

an das Tageslicht kam,

über dieses wunderbare Ereigniss höchst erstaunt war. Ich wähnt.

habe

schon alle in diesem Lande häufigen Säugethiere er-

V o n Gürtelthieren giebt es drei Arten, nämlich den Dasypus

minutus, hier Pichy genannt, den Dasypus villosus oder Peludo und D a r w i n , Reise.

8

114

Fünftes Kapitel

den Apar. Der erstere kommt zehn Grad weiter südlich vor, als die anderen Arten; eine vierte Spezies, die Mulita, kommt nicht so weit nach Süden wie Bahia Bianca. Die vier Spezies haben nahezu gleiche Lebensgewohnheiten; doch ist der Peludo ein Nachtthier, während die drei anderen bei Tage über die Steppen wandern und Käfer, Wurzeln, Larven und sogar kleine Schlangen fressen. Der Apar, gewöhnlich Mataco genannt, zeichnet sich dadurch aus, dass er nur drei bewegliche Gürtel hat; der Rest seines in Schilder getheilten Harnischs ist nahezu unbeweglich. Er vermag sich zu einer vollkommenen Kugel zusammenzurollen, wie eine Art der englischen Asseln. In diesem Zustand ist er vor allen Angriffen der Hunde sicher; denn da der Hund nicht im Stande ist, ihn ganz in das Maul zu nehmen, versucht er in die eine Seite zu beissen, und die Kugel entschlüpft ihm. Die glatte harte Schale des Mataco bietet eine noch bessere Schutzwehr als die spitzen Stacheln des Igels. Der Pichy bevorzugt einen sehr trockenen Boden. Die Sanddünen an der K ü s t e , wo er monatelang keinen Tropfen Wasser trinken kann, sind sein Lieblingsaufenthalt. Er sucht der Aufmerksamkeit zu entgehen, indem er sich dicht an den Boden schmiegt. Während einer Tagereise in der Nähe von Bahia Bianca sah man gewöhnlich mehrere zusammen. Doch so bald man sie bemerkte und sie fangen wollte, musste man beinahe vom Pferde stürzen, denn in lockerem Sande grub sich das Thier so schnell ein, dass die Hinterbeine schon verschwanden, ehe man abgestiegen war. Es ist fast schade, solche niedliche Thierchen zu tödten; denn wie ein Gaucho sagte, während er. sein Messer auf dem Rücken von einem Mataco wetzte: „Son tan mansos" („sie sind so sanft"). An Reptilien giebt es mancherlei Arten. Eine Schlange (ein Trigonocephalus oder Cophias)*, muss nach der Grösse des Kanals in ihren Giftzähnen sehr gefahrlich sein. Im Gegensatz zu anderen Naturforschem macht Cuvier sie zu einer Unterart der Klapperschlange und stellt sie zwischen letztere und die Viper. Zur Bestätigung dieser Ansicht führe ich eine Beobachtung an, die mir sehr * M. Bibron nennt sie T. crepitans.

115

Eine merkwürdige Kröte (1833)

merkwürdig und belehrend scheint, da sie zeigt, wie jede charakteristische Eigenschaft, obgleich sie in gewissem Grade von dem Bau unabhängig

sein kann,

ändern.

die Neigung hat sich ganz allmählich zu ver-

Der Schwanz dieser Schlange endet in eine nur wenig ver-

breiterte Spitze; während das Thier dahinschlüpft, bewegt es beständig das letzte Stück, und da dieses an das dürre Gras und Gestrüpp stösst, verursacht

es ein

raschelndes Geräusch,

sechs Fuss Entfernung vernehmen kann.

welches man deutlich auf S o oft man das Thier reizte

oder überraschte, schüttelte es den Schwanz und diese Schwingungen waren

ungemein

schnell.

Selbst so lange

der todte Körper noch

Reizbarkeit behielt, war die Neigung zu dieser gewohnheitsgemässen Bewegung erkennbar.

Dieser Trigonocephalus hat daher in mancher

Hinsicht den Bau einer Viper mit den Gewohnheiten einer Klapperschlange;

das Rasseln

werkstelligt.

wird

indessen auf eine einfachere Weise be-

Der Gesichtsausdruck dieser Schlange ist abschreckend

und boshaft; die Pupille besteht aus einem vertikalen Schlitz in einer fleckigen,

kupferfarbenen Iris; die Kiefer sind breit an der Basis und

die Nase habe

endet in einem

dreieckigen Vorsprung.

Ich glaube, ich

nie etwas Hässlicheres gesehen, ausgenommen vielleicht einige

Vampyrfledermäuse.

Dieser

abschreckende Eindruck kommt

meiner

Meinung nach daher, weil die einzelnen Gesichtstheile im Verhältniss zu einander etwas Menschenähnliches

haben und wir dadurch einen

Masstab für die Hässlichkeit gewinnen. Unter

den Froschlurchen (Batrachia)

fand ich nur eine

kleine

Kröte (Phryniscus nigricans), welche durch ihre Farbe sehr auffallend war.

Man

erhält

eine

richtige

Vorstellung

von ihrem

Aussehen,

wenn man sich denkt, sie wäre zuerst in schwärzeste Tinte getaucht und getrocknet worden, und dann über ein zinnoberrothes, frisch gestrichenes Brett gekrochen, so dass sie sich die Fussohlen und Theile des Unterleibes Spezies, richtige

roth beschmiert

hätte.

Wäre

sie eine unbenannte

sollte man sie Diabolicus nennen, denn sie schien mir das Thier, um Eva's Ohren

zu predigen.

Statt ein Nachtthier,

wie andere Kröten zu sein und sich in feucht - dunklen Löchern zu verbergen, kriecht sie bei der Tageshitze durch die trockenen Sanddünen und dürren Ebenen, in denen nicht ein Tropfen Wassers zu 8*

Fünftes Kapitel

116 finden ist.

Jedenfalls ist die Kröte zu ihrer Feuchterhaltung auf den

Thau angewiesen, der -wahrscheinlich durch die Haut aufgesogen wird; denn bekanntlich besitzt die Haut dieser Reptilien grosses Absorptionsvermögen.

In Maldonado fand ich eine an einem beinah so

trockenen Platze wie der Boden in Babia Bianca, und mit der A b sicht dem kleinen Xhierchen etwas Gutes zu thun, trug ich es nach einem Wassertümpel, aber nicht nur war es unfähig zu schwimmen, sondern wäre sogar ohne Hülfe bald ertrunken. Von Eidechsen gab es vielerlei Arten; tretus multimaculatus würdig.

ist

durch

doch nur ein Procto-

seine Lebensgewohnheiten

merk-

E r lebt auf dem kahlen Sand dicht an der Meeresküste,

und ist durch seine gemischte Färbung, denn die bräunlichen Schuppen sind mit Weiss,

gelblichem Roth und einem schmutzigen Blau ge-

tüpfelt, kaum von dem Erdreich zu unterscheiden.

Erschreckt man

ihn, so sucht er sich der Entdeckung zu entziehen, indem er sich todt stellt, die Beine ausstreckt, den Körper platt drückt und die Augen schliesst; wenn man ihn weiter beunruhigt, gräbt er sich schnell in den lockeren Sand.

Ihres abgeplatteten Körpers und der

kurzen Beine wegen kann diese Eidechse nicht schnell laufen. Ich will hier einige Bemerkungen über den Winterschlaf Thiere in diesem Theil von Südamerika beifügen.

der

A l s wir zuerst

in Bahia Bianca ankamen, am 7. September 1832, dachten wir, dass die Natur in diesem sandigen und trockenen Lande kaum ein einziges lebendes Wesen hervorgebracht hätte.

Doch fand man beim

Graben in der Erde verschiedene Insekten, grosse Spinnen und auch Eidechsen in halb erstarrtem Zustande.

A m fünfzehnten begannen

einige Thiere zu erscheinen und am achtzehnten, (drei Tage vor dem Aequinoctium),

zeigte Alles

den Beginn

des Frühlings

an.

Die

Ebenen schmückten sich mit den Blüthen eines rothen Sauerklees, von

wilden

Erbsen,

Oenotheren

fingen an Eier zu legen.

und

Geranien,

und

die

Vögel

Zahlreiche Insecten, Lamellicornen und

Heteromeren, letztere merkwürdig wegen ihres tief gefurchten Körpers, krochen langsam umher; während das Geschlecht der Eidechsen, die ständigen Bewohner des Sandbodens, überall herumhuschten.

Binnen

Bahia Blanca (1833)

der ersten

117

elf Tage, so lange die Natur noch schlief, betrug die

mittlere Temperatur nach Beobachtungen, die alle zwei Stunden an Bord des „Beagle*

1 0 0 C., und in der Mitte des

angestellt wurden

Tages stieg das Thermometer selten über -}- 1 3 0 C.

A n den elf

folgenden Tagen, an denen alle lebenden Geschöpfe zu neuem Dasein erwachten, betrug die mittlere Temperatur -(- 1 5 0 C., und schwankte in der Mitte des Tages zwischen 15 und 20

Hier genügte also

eine Steigerung von fünf Grad in der mittleren Temperatur und ein grösserer Unterschied von höchster Wärme, um die Lebensthätigkeit zu erwecken.

In Monte Video, das wir gerade verlassen hatten, war

die mittlere Temperatur in den dreiundzwanzig Tagen zwischen dem 26. Juli und dem 19. August nach 276 Beobachtungen -}- 1 5 ° C . , 1 8 0 C. und der kälteste - 4 - 8 ° .

der mittlere wärmste Tag

niedrigste Thermometerstand war 20 0 C.

stieg er zuweilen auf

Der

5 ° C., und während des Tages Trotz dieser hohen Temperatur

lagen fast alle Käfer, verschiedene Gattungen von Spinnen, Schnecken, Landschalthiere, Kröten und Eidechsen noch erstarrt unter den Steinen. Dennoch haben wir gesehen, dass in Bahia Bianca, welches nur vier Grad südlicher liegt und deshalb ein nur wenig kälteres Klima hat, dieselbe Temperatur mit einem etwas geringeren höchsten Wärmegrad hinreichte,

alle Gattungen lebender Wesen aufzuwecken.

Das

beweist, wie fein das Reizmittel zur Erweckung der Thiere aus dem Winterschlaf dem Klima

der Gegend angepasst ist,

nicht auf der absoluten Hitze beruht.

und dass es

Es ist wohl bekannt, dass inner-

halb der Tropen das Ueberwintern oder richtiger gesagt das Uebersommern der Thiere nicht durch die Temperatur, sondern durch die Zeiten der Dürre bedingt wird. mich zuerst,

Nahe bei R i o Janeiro wunderte ich

dass einige T a g e ,

nachdem kleine Niederungen

Wasserpfützen verwandelt worden waren,

in

ich diese von vielen aus-

gewachsenen Muscheln und Käfern belebt fand, die dort im Sommerschlaf gelegen haben mussten.

Humboldt erzählt die merkwürdige

Begebenheit, dass eine Hütte über einer Stelle errichtet worden war, an der ein junges Crocodil in dem verhärteten Schlamme eingebettet lag.

Er setzt hinzu:

„Die Indianer finden oft ungeheure Boas,

die

sie Uji oder Wasserschlangen nennen, in demselben totenähnlichen

118

Fünftes Kapitel

Zustand. Um sie wieder zu beleben, müssen sie gereizt oder mit Wasser benetzt werden.' Ich will nur noch ein anderes Thier erwähnen, einen Zoophyten, (ich glaube Virgularía Patagónica), eine Art von Seefeder. Es besteht aus einem dünnen, geraden, fleischigen Stamm mit abwechselnden Reihen von Polypen an jeder Seite, welcher eine elastische kalkige Achse von acht Zoll bis zu zwei Fuss Länge umgiebt. Dieser Stamm ist an dem einen Ende abgestumpft, aber an dem anderen endigt er in einem wurmförmigen fleischigen Anhang. Die kalkige Achse, welche dem Stamme Halt giebt, kann man an diesem Ende bis zu einem einfachen mit einer körnigen Masse angefüllten Gefäss verfolgen. Zur Ebbezeit konnte man hundert dieser Zoophyten mit ihrem abgestutzten Ende einige Zoll über die Oberfläche des schlammigen Sandes wie Stoppeln hervorragen sehen. Berührte man sie leise oder fasste man sie derb a n , zogen sie sich mit grosser Kraft zurück, so dass sie beinahe oder auch vollständig verschwanden. Hierbei muss die sehr elastische Achse, an dem unteren Ende, das von Natur leicht gekrümmt ist, gebogen werden, und ich glaube, es ist nur mittelst dieser Elasticität, dass der Zoophvt im Stande ist, wieder durch den Schlamm an die Oberfläche zu kommen. Jeder Polyp hat, trotzdem er dicht mit seinen Brüdern vereinigt ist, einen besonderen Mund, Körper und Fangarme. An einem grossen Exemplar muss es viele Tausende dieser Polypen geben, und dennoch sehen wir sie sich einheitlich bewegen; sie besitzen auch eine Centraiachse, die mit einem etwas unklaren Circulationssystem in Verbindung steht, und die Eier werden in einem von den einzelnen Individuen getrennten Organ erzeugt*. Da ist wohl die

* Die H o h l r ä u m e , in welche sich die fleischigen Abtheilungen d e s Stielendes fortsetzten, w a r e n mit einer gelben breiigen Masse a n g e f ü l l t , w e l c h e , u n t e r dem Mikroskop untersucht, eine ausserordentliche E r s c h e i n u n g darbot. D i e Masse bestand aus a b g e r u n d e t e n , h a l b durchsichtigen, u n r e g e l m ä s s i g e n K ö r n e r n , die zu T h e i l c h e n von verschiedener Grösse vereinigt waren. Alle solche T h e i l c h e n und die einzelnen K ö r n e r besassen das Vermögen schneller B e w e g u n g ; g e w ö h n l i c h b e w e g t e n sie sich um verschiedene A c h s e n , manchmal j e d o c h f o r t s c h r e i t e n d . D i e B e w e g u n g war schon bei schwacher Vergrösserung s i c h t b a r ; a b e r selbst bei d e r s t ä r k s t e n konnte ihre U r s a c h e nicht entdeckt werden. Sie war s e h r v e r s c h i e d e n

119

S c e f e d e r (1833)

Frage erlaubt, was ist ein Individuum?

E s ist immer interessant, den

Ursprung der wunderbaren Erzählungen der alten Reisenden aufzufinden;

ich zweifle nicht, dass die Eigenschaften der Virgularia

Erklärung

eines

solchen Falles

auf seiner Reise 1601

sind.

die

Capitän Lancaster berichtet

von der Insel Sombrero in Ostindien:

„Wir

fanden im Seesand einen kleinen Zweig,

der wie ein junger Banm

wuchs, und als wir ihn brechen wollten,

schrumpfte er

zusammen,

zog sich in die Erde und versank, wenn man ihn nicht sehr fest hielt.

Pflückt man ihn ab,

so findet man, dass ein grosser W u r m

seine W u r z e l ist, und j e mehr der Baum in die Höhe wächst, desto mehr verkleinert

sich

Baum

ist,

geworden

W e i s e gross. das

ich

ganz zum

er in der Erde und wird auf diese

Diese Umwandlung ist eines der seltsamsten Wunder,

auf allen

diesen Baum

der W u r m , und wenn der W u r m wurzelt

meinen Reisen

gesehen habe; denn wenn man

ausreisst, solange er noch jung

ist und

die

Blätter

und R i n d e abstreift, wird er ein harter Stein, der getrocknet ganz wie weisse Koralle aussieht:

so wird dieser W u r m zweimal in ver-

schiedene Naturen verwandelt. W i r sammelten ihrer viele und brachten sie nach Hause." Während ich in Bahia Bianca auf den „Bcagle" wartete, wurde der Ort beständig durch die Gerüchte von Kämpfen und Siegen der Truppen des General Rofas mit den wilden Indianern in Aufregung gehalten.

Eines

Tages

kam

die H e i d u n g ,

dass

eine kleine A b -

theilung, welche eine der Postas auf dem W e g e nach Buenos A y r e s bildete, ermordet worden sei.

A m nächsten Tage kamen dreihundert

Mann vom Colorado unter dem Befehl des Kommandanten Miranda. Ein grosser Theil davon waren Indianer, (mansos oder zahme), zum

Stamme

des

Caziken Bernantio

gehörten.

von dem U m l a u f der Flüssigkeit in den elastischen S a c k , A c h s e enthielt.

Sie

blieben

die über

der das dünne E n d e d e r

Bei anderen G e l e g e n h e i t e n , wenn ich k l e i n e S e e t h i e r e unter d e m

M i k r o s k o p untersuchte, habe ich T h e i l c h e n von breiiger Masse, oft von b e d e u t e n d e r (»rosse unmittelbar nach ihrer A b l ö s u n g eine drehende B e w e g u n g a n n e h m e n sehen. Ich habe g e g l a u b t , ich weiss n i c h t , ob mit R e c h t , dass diese k ö r n i g b r e i i g e M a s s e eben im B e g r i f f war, sich in E i e r umzubilden.

Sicherlich schien dies bei d e m vor-

l i e g e n d e n Z o o p h y t e n der Fall zu sein. * K e r r ' s Collection of V o y a g e s vol. VIII. p. 119.

120

Fünftes Kapitel

Nacht und man konnte sich kaum etwas Barbarischeres und Wilderes vorstellen als den A n b l i c k ihres Bivouacs.

Einige tranken Branntwein

bis zur Sinnlosigkeit, andere schluckten das wanne B l u t der für ihr Nachtessen voll

und

geschlachteten übel

Rinder

wieder von sich

herunter,

und

gaben es

über-

und waren mit Blut und Schmutz

beschmiert. Nam simul expletus dapibus, vinoque sepultus Cervicem inflexam posuit, jacuitque per antrum Immenstis, saniem eructaus, ac frusta cruenta Per somnum commixta mero. (Virgil, Aen. III.)

A m Morgen

brachen

sie nach dem Schauplatz des Mordes auf,

mit dem Befehl der „rastro* bis nach Chile führte. in die

oder Spur

zu folgen, selbst wenn sie

Später hörten w i r ,

grossen Fampas

entwichen

dass die wilden Indianer

seien, und die Spur aus irgend

einem Grunde nicht gefunden worden war. sagt diesen Leuten

eine ganze Geschichte.

Ein Blick auf die Spur Angenommen sie unter-

suchen die Spur von tausend Pferden, so errathen sie bald die Zahl der Reiter,

indem sie sehen,

wie

viele gallopiert haben; nach der

Tiefe der anderen Eindrücke beurtheilen sie, wie viele mit Lasten bepackt gewesen sind, an der Unregelmässigkeit der Hufspur, wie sehr sie ermüdet waren; an der Beschaffenheit der Kochstellen, ob

die

Verfolgten eilig gewesen sind, nach dem allgemeinen Aussehen, wie lange es her ist, seitdem sie die Stelle passirten.

Einen Rastro von

zehn bis vierzehn Tagen halten sie noch für ganz frisch genug um verfolgt zu werden.

"Wir hörten auch, dass Miranda von dem west-

lichen Ende der Sierra Ventana in direkter Linie auf die Insel Cholechel marschirt wäre, die siebzig Leagues (ca. 390 Kilometer) den R i o Negro aufwärts liegt;

das sind zwei- bis dreihundert englische

Meilen und zwar durch ein völlig unbekanntes Land. Truppen der W e l t sind so unabhängig?

Welche anderen

Mit der Sonne als Führer,

Stutenfleisch zur X a h r u n g , den Satteldecken als B e t t , würden diese Männer, so lange sie ein wenig W a s s e r haben, bis an das Ende der W e l t dringen. Ein

paar Tage

banditenmässig

später sah

aussehenden

ich eine andere Abtheilung dieser

Soldaten,

zu einer Expedition

gegen

Kriegszug gegen die Indianer (1833)

«inen

Iodianerstamm

Aufenthalt

an

den

kleinen Sahnas

durch einen gefangenen Caziken

121 ausrücken,

dessen

verrathen worden

war.

Der Spanier, welcher, den Befehl fiir diese Unternehmung brachte, war

ein

sehr

intelligenter

Mann.

Er

schilderte

angesteckt und unterhalten, um welche sich die Weiber und Kinder als Znschauer sammelten. Die Cacadu-Männer und König GeorgsMänner bildeten zwei gesonderte Parteien und tanzten gewöhnlich abwechselnd. Ihr Tanzen bestand darin, dass sie seitwärts oder im Gänsemarsch auf einem freien Platz herumliefen und heftig alle zugleich mit den Füssen stampften. Dies Stampfen begleiteten sie mit einer A r t von Grnnzen, mit dem Zusammenschlagen ihrer Keulen und Speere und mit verschiedenen anderen Geberden, wie Ausstrecken der

531

König Georgs Sund (1836)

Arme und Rumpfbeugungen.

E s war ein ganz wüstes barbarisches

Schauspiel und nach unseren Begriffen durchaus sinnlos; aber wir sahen, dass die schwarzen Weiber und Kinder ihm mit dem grössten Vergnügen zuschauten.

Vielleicht bedeuteten diese Tänze ursprünglich

bestimmte Handlungen, wie etwa Kriege und Siege; einer der Tänze wurde Emutanz genannt, weil dabei jeder Mann einen Arm gekrümmt wie den Hals jenes Vogels hochhielt.

Bei einem anderen Tanze ahmte

ein Mann die Bewegungen eines im Walde grasenden Känguruhs nach, während ein anderer herankroch und so that, als ob er jenen mit dem Speer ersteche.

Wenn beide Stämme zusammen tanztep, dröhnte der

Boden unter ihren schweren Tritten und die Luft hallte wider von ihrem wilden Geschrei.

Jeder von ihnen schien hocherfreut; und di«

fast nackten Gestalten, wie sie bei dem lodernden Feuerschein sich alle in schauderhaftem Einklänge bewegten, gaben ein vollkommenes Bild einer Festlichkeit unter den niedrigsten Barbaren.

In Feuerland

haben wir viele merkwürdige Ereignisse im Leben der Wilden mit angesehen; aber ich glaube, keines, bei dem die Eingeborenen so froh und unbesorgt waren.

Nachdem der Tanz vorüber war, setzten

sich alle in einem grossen Kreise auf die E r d e , und der gekochte Reis und Zucker wurden zur allgemeinen Freude vertheilt. Nach

mehreren

unliebsamen

Verzögerungen

durch

schlechtes

Wetter verliessen wir am 14. März froh darüber den König Georgs Sund und nahmen unseren Curs nach der Keeling-Insel.

Leb wohl,

Australien 1 Du bist ein viel versprechendes K i n d und wirst zweifellos eiDSt

als mächtige Fürstin im Süden herrschen; aber du bist zu gross

und ehrgeizig zur Liebe, und doch nicht gross genug zur Verehrung. Ich scheide ohne Schmerz oder Bedauern von deinen Gestaden,

34*

mmmmmmm ZWANZIGSTES KAPITEL. Die Keeling-Insel — Kigenthümliches Aussehen — Dürftige Flora — Anschwemmung von Samen — Vögel und Insekten — Quellen mit Ebbe und Fluth — Felder von todten Korallen — Steine durch Baumwurzeln fortgeführt — Grosse Krabbe — Stechende Korallen — Korallenfressender Fisch — Korallenbildungen — Laguneninseln oder Atolle — Tiefe, in welcher riffbildende Korallen leben können — Weite Gebiete, mit verstreuten niedrigen Koralleninseln — Senkung ihrer Grundlagen — BarrenrifiTe — Saumriffe — Verwandlung von Saumriffen in Barrenriffe und in Atolle — Beweise für Veränderungen der Höhenlage — Durchbrüche in den Barrenriffen — Maldiven-Atolle, ihr sonderbarer Bau — Todte und versunkene Riffe — Senkungsund Erhebungsgebiete — Lage der Vulkane — Langsames aber sehr beträchtliches Sinken.

DIE KEELING-INSEL: —

1. April.

KORALLENBILDUNGEN.

W i r kamen in Sicht von den Keeling- oder Cocos-

inseln, welche im Indischen Ocean und ungefähr 600 Meilen von der K ü s t e von Sumatra entfernt liegen. (oder Atolle)

von Korallen

Es sind dieses Laguneninseln

gebildet,

Niedrigen Archipel passirten.

ähnlich

denen,

die wir

im

A l s das Schiff in dem Einfahrtscanal

war, kam Mr. Liesk, ein dort wohnender Engländer, in seinem Boote heran.

Die Geschichte der Bewohner dieser Insel ist in möglichst

wenigen Worten folgende:

V o r ungefähr neun Jahren brachte Mr.

Hare, ein nichtsnutziger Mensch, von den ostindischen Inseln

eine

A n z a h l malayischer Sklaven hierher, die sich jetzt mit den Kindern auf mehr als einhundert vermehrt haben.

Bald darauf kam aus E n g -

land Kapitän R o s s hier an, der vorher mit seinem Kauffahrteischiffe diese Inseln besucht hatte, und brachte seine Familie und seine ganze Habe mit sich, um sich hier niederzulassen; mit ihm kam Mr. Liesk, welcher Steuermann auf seinem Schiffe gewesen war.

Die malayischen

K e e l i n g - Insel (1836)

533

Sklaven entliefen von dem kleinen Eiland, wo sich Mr. Hare an* gesiedelt hatte, und schlössen sich Kapitän Ross an. Schliesslich sah sich Mr. Hare genöthigt, das Land zu verlassen. Die Malayen sind jetzt dem Namen nach Freie und sind jedenfalls, vas ihre persönliche Behandlung angeht, nicht schlechter daran; sonst aber werden sie meist als Sklaven angesehen.

Wegen ihrer

Unzufriedenheit, wegen der wiederholten Umsiedelungen von Eiland zu Eiland und wohl auch wegen etwas ungeschickter Verwaltung wollen die Dinge hier zu keinem rechten Gedeihen kommen.

Ausser

dem Schwein giebt es auf der Insel kein vierfüssiges Hausthier, und das wichtigste Pflanzenproduct ist die Cocosnuss.

Der ganze Wohl-

stand hängt hier zu Lande von der Cocospalme ab: die einzigen Ausfuhrartikel sind Cocosöl und die Nüsse selbst, die nach Singapore und Mauritius versandt werden, wo sie meist gerieben zur Bereitung von Curry benutzt werden.

Auch die sehr fetten Schweine werden

fast nur mit Cocosnüssen gefüttert, ebenso die Enten und anderes Geflügel.

Sogar eine grosse Landkrabbe hat von der Natur das

Werkzeug mitbekommen, diese sehr nützliche Frucht zu öfinen und zu fressen. A u f dem ringförmigen Riff der Laguneninsel liegen fast fiberall in seiner ganzen Ausdehnung längliche Eilande.

A n der nördlichen,

oder windsicheren Seite ist eine Oeffnung, durch welche die Schiffe nach dem Ankerplatze innerhalb des Riffes gelangen können.

Als

wir dort einliefen, hatten wir einen seltsamen und recht hübschen Anblick, die Schönheit lag jedoch ganz in dem Farbenspiele des Wassers.

Das seichte, klare und stille Wasser der Lagune ruht zum

grössten Theile auf einem Grunde von weissem Sande und zeigt, wenn die senkrechte Sonne darauf scheint, die lebhafteste grüne Farbe. Dieser mehrere Meilen weite, glänzende Wasserspiegel ist überall abgegrenzt; auf der einen Seite von den dunkelen, wogenden Gewässern des Oceans durch eine schneeweisse Brandungslinie, und auf der anderen von dem blauen Himmelsgewölbe durch Streifen Landes, welches die flachen Kronen der Cocospalmen überragen.

W i e einzelne

weisse Wolken im Himmelsblau einen schönen Gegensatz bilden, so auch die dunkleren Korallenstreifen in dem smaragdgrünen Wasser

Zwanzigstes Kapitel

534 der Lagune.

A m nächsten Morgen, nachdem wir vor A n k e r gegangen,

begab ich mich an das Land der Direktionsinsel.

Der Streifen trockenen

Landes ist nur wenige Hundert Schritt breit; auf der Seite nach der Lagune ist ein weisser, kalkiger Strand, der in diesem, heissen K l i m a eine furchtbare Hitze ausstrahlt;

und an der Aussenküste dient

eis

fester, breiter und flacher Korallenfelsen dazu, die Gewalt des offenen Meeres zu brechen.

A u s s e r in der Nähe der Lagune, wo es

etwas

Sand giebt, besteht das L a n d ganz aas abgerundeten Korallenstücken. A o f solch einem losen, trockenen und steinigen Boden vermag allein das Tropenklima einen kräftigen Pflanzenwuchs hervorzubringen.

Man

konnte nichts Anmuthigeres sehen, als wie auf einigen der kleineren Eilande die

jungen

und ausgewachsenen Cocospalmen, ohne ihrem

Ebenmaass zu schaden, zusammen einen kleinen Wald bildeten.

Ein

Ufer von blendend weissem Sande fasste diese Feeninseln ein. Ich

will nun

einen Abriss

der

Naturgeschichte

dieser

Inseln

geben, welche gerade wegen ihrer Dürftigkeit ein besonderes Interesse besitzt.

Auf

den

ersten Blick

scheinen

alle

Bäume

Cocospalmen

zu sein, doch giebt es noch fünf oder sechs andere Arten.

Davon

erreicht e i n Baum eine sehr beträchtliche Grösse, ist jedoch wegen der Weichheit seines Holzes nicht zu gebrauchen; liefert treffliches Holz für den Schiffsbau. die Zahl der Pflanzen ausserordentlich aus unbedeutenden Kräutern.

ein anderer aber

Ausser den Bäumen

beschränkt

und besteht

ist nur

In meiner Sammlung, welche wohl so

ziemlich die ganze Flora umfasst, sind 20 Arten, ausser einem Moose, einer Flechte und einem Pilze.

Dazu müssen noch zwei Bäume ge-

rechnet werden, von denen der eine damals nicht blühte, und von dem anderen habe ich nur gehört. einziger Baum vorhanden

und

V o n letzterer A r t ist nur

wächst

er

nahe

am Strande;

Zweifel ist das Samenkorn von den Wellen dort angespült E i n e Guilandina wächst auch nur auf einem der Eilande.

ein ohne

worden.

In der ge-

nannten Anzahl sind das Zuckerrohr, die Banane, einige andere Gem ü s e , Obstbäume und eingeführte Grasarten nicht einbegriffen.

Da

die Inseln ganz aus K o r a l l e n bestehen und einst blosse vom W a s s e r bespülte R i f f e gewesen sein müssen, so können alle ihre Landerzeugnisse nur durch die Meereswellen hergeführt worden sein.

Dem ent-

Keeling-Insel (1836)

535

sprechend hat die kleine Flora ganz den Charakter von einem Asyl für Obdachlose: nach Professor Henslow's A n g a b e gehören von jenen 20 A r t e n 19 zu verschiedenen Gattungen, und diese zu nicht weniger als 16 F a m i l i e n ! * In Holman's ** Reisen findet sich von Mr. A. S. K e a t i n g ,

der

ein Jahr auf diesen Inseln weilte, herrührend ein Verzeichniss von verschiedenen weiss,

Samen

und anderen

Gegenständen,

von

dass sie an den Strand gespült worden sind:

denen

man

„Samen und

Pflanzen von Sumatra und Java sind durch die "Wellen auf der W i n d seite der Inseln angetrieben worden.

Darunter fanden sich Kimiri,

der auf Sumatra und der Halbinsel Malacca heimisch ist; Cocosnüsse von Balci,

die

man an ihrer Grösse und F o r m

erkennt;

Dadass,

welchen die Malayen mit dem Pfeiferwein zusammen pflanzen,

weil

letzterer sich um dessen Stamm schlingt und sich mit seinen Stacheln daran festhält; der Seifenbaum; die Ricinuspflanze; Stämme der Sagopalme, und verschiedene A r t e n von Samen, den malayischen Ansiedlem auf den Inseln unbekannt.

V o n allen diesen glaubt man, dass sie

von dem Nordwestmonsun an die K ü s t e

von Neuholland und von

dort durch den Südostpassat an diese Inseln getrieben worden sind. Grosse Mengen von javanischem Teakholz gleichfalls gefunden worden,

ausserdem

und von

riesige

Gelbholz

sind

Stämme der rothen

und weissen Ceder und des blauen Gummibaumes in vollkommen gesundem Zustande.

A l l e harten Samen, wie die der Schlinggewächse,

haben ihre Keimkraft behalten; aber die weicheren A r t e n , unter ihnen der Mangostin, sind unterwegs verdorben.

A u c h Fischercanoes, offen-

bar aus Java, sind bisweilen an den Strand getrieben worden." ist sehr interessant so zu entdecken,

Es

wie grosse Samenraengen aus

verschiedenen Ländern über den weiten Ocean geschwemmt

werden.

Nach Professor Henslow's Meinung sind fast alle Pflanzen, die ich von diesen Inseln mitbrachte, an den Küsten im ostindischen Archipel gewohnliche Arten.

Nach der Richtung der W i n d e und Strömungen

scheint es jedoch kaum möglich, dass die Samen auf directem W e g e

* Diese Pflanzen sind in den Annais of Nat. Hist. Vol. I, 1838, p. 337 beschrieben. »• Holman's Reisen, Vol. IV, p. 378.

Zwanzigstes Kapitel

536

hierher g e k o m m e n sein können.

W e n n sie nach Mr. K e a t i n g ' s sehr

wahrscheinlicher V e r m u t h u n g zuerst an die K o s t e gelangten

und

von

dort

von N e u - H o l l a n d

mit Erzeugnissen j e n e s Landes zusammen

wieder fortgeschwemmt wurden, so müssen die Samen, ehe sie keimten, eine R e i s e von 1800 bis 2400 Meilen gemacht haben. Chamisso*

bei

seiner Beschreibung

des R a d a c k - A r c h i p e l s ,

westlichen T h e i l e des Stillen O c e a n s , berichtet,

„dass das M e e r

im an

diese Inseln die S a m e n und Früchte vieler B ä u m e bringt, von denen die meisten hier noch nicht wachsen.

D e r grösste T h e i l dieser Samen

scheint noch nicht die K e i m k r a f t verloren zu haben.*

E s sollen auch

Palmen und Bambus, irgend woher ans der heissen Zone, und nordische Fichtenstämme an den Strand geschwemmt worden sein: diese F i c h t e n mussten

aus

ungeheuerer

höchst interessant

Ferne

kommen.

Diese

Thatsachen

sind

M a n kann nicht daran z w e i f e l n , dass, w e n n

es

dort L a n d v ö g e l g ä b e , welche die Samen a u f p i c k t e n , sobald sie angetrieben werden, und sie einen für ihr W a c h s t h u m geeigneteren B o d e n fänden,

als

Laguneninseln

die mit

losen K o r a l l e n b l ö c k e , der Zeit

auch

die

abgelegenste

eine sehr viel reichere F l o r a

der

besitzen

würde, als es jetzt der F a l l ist. D a s Verzeichniss der Landthiere ist sogar noch dürftiger, als das der Pflanzen.

Einige

der Eilande

sind

von R a t t e n

bewohnt,

die

durch ein gestrandetes Schiff von Mauritius hierher gebracht wurden. M r . W a t e r h o u s e hält diese Ratten für dieselbe A r t , wie die e n g l i s c h e ; sie sind aber kleiner und von hellerer F a r b e . lichen

Landvögel;

Phillipensis),

denn

obgleich

sie

eine

Schnepfe

ausschliesslich

Es

und in

giebt keine

eine dem

l e b e n , gehören zu der Ordnung der Sumpfvögel.

Ralle

trockenen

wirk-

(Rallus Grase

V ö g e l dieser Ord-

nung sollen auf verschiedenen der kleinen niedrigen Inseln im S t i l l e n Ocean vorkommen.

A u f Ascension,

w o es keinen Landvogel

giebt,

wurde eine R a l l e (Porphyrio simplex) nahe dem Gipfel eines B e r g e s geschossen; es war offenbar ein einzelner verirrter V o g e l .

A u f Tristan

da Cunha, w o nach Carmichael nur zwei L a n d v ö g e l sind, giebt es ein Wasserhuhn.

H i e m a c h glaube ich, dass die S u m p f v ö g e l , nächst d e n

* Kotzebue's Eiste Reise, Vol. III, p. 155.

K e e l i n g - I n s e l (1836)

537

unzähligen schwimmfüssigen Arten, gewöhnlich die ersten Kolonisten auf kleinen isolirten Eilanden sind.

Ich will hinzufügen, dass jedes»

mal, wenn ich Vögel, die keine Seevögel waren, weit draussen auf dem Meere sah, sie stets dieser Ordnung angehörten; und deshalb werden sie naturgemäss wohl die frühsten Kolonisten auf jedem entlegenen Stücke Landes sein. Von Reptilien sah ich nur eine kleine Eidechse. Mühe, alle Arten von Insekten zu sammeln. welche zahlreich waren, gab es 13 Spezies.*

Ich gab mir

Ausser den Spinnen, Darunter war nur ein

einziger Käfer, Von einer kleinen Ameise wimmelte es zu Tausenden unter den losen trockenen Korallenstücken, und war sie das einzige wirkliche Insekt, das zahlreich vorhanden.

Obwohl die Erzeugnisse

des Landes spärlich sind, so finden sich in den Gewässern des umgebenden Meeres organische Wesen in fast unendlicher Zahl.

Chamisso

hat eine Laguneninsel im Radack - Archipel naturgeschichtlich

be-

schrieben,** und es ist merkwürdig, wie sehr ihre Bewohner an Zahl und Art denen der Keeling - Insel gleichen.

Es

giebt dort eine

Eidechse und zwei Sumpfvögel, nemlich eine Schnepfe und einen Brachvogel.

Von Pflanzen finden sich 19 Arten,

eines Famkrauts;

mit Einschluss

und einige von ihnen sind dieselben, die hier

wachsen, obgleich jener Fleck so ungeheuer weit und in einem anderen Ocean liegt. Die langen Streifen Landes, welche die länglichen Eilande bilden, ragen nur so hoch, als die Brandung Stücke von Korallen werfen und der Wind kalkhaltigen Sand anhäufen kann.

Die feste Fläche

von Korallenfelsen an der Aussenseite bricht vermöge ihrer Breite das erste Ungestüm der Wellen, welche sonst in einem Tage diese Eilande und alle ihre Erzeugnisse fortspülen würden.

Meer und

Land scheinen hier um die Herrschaft zu kämpfen: und obwohl die terra firma hier Fuss gefasst hat, halten die Bewohner des Wassers * Die 13 Spezies gehören zu den folgenden Ordnungen: Zu den Coleóptera ein kleiner Elater; Orthoptcra ein Gryllus und eine Blatta; Hemiptera eine A r t ; Homoptera zwei; Neuroptera eine Chrysopa; Hymenoptera zwei Ameisen; Lepidoptera nocturna eine Diopaea und ein Pterophorus (?); Díptera zwei Arten. • * Kotzebue's Erste R e i s e , Vol. III, p. m .

538

Zwanzigstes Kapitel

ihr Anrecht für wenigstens ebenso gut. Ueberall begegnet man Einsiedlerkrebsen von mehr als einer Art, * auf dem Rücken die Muschelschalen tragend, die sie von dem benachbarten Strande gestohlen haben. Zu unseren Häuptern sitzen auf den Bäumen zahlreiche Tölpel, Fregattvögel und Seeschwalben; man kann das Gehölz wegen der vielen Nester und des üblen Geruchs einen Seevögelhorst nennen. Die Tölpel sitzen auf ihren kunstlosen Nestern und sehen einen mit dummen, doch ärgerlichen Blicken an. Die Noddys (Tröpfe) sind, wie ihr Name sagt, dumme Thierchen. Ein reizender Vogel ist aber die kleine schneeweisse Seeschwalbe, welche nur wenige Fuss über uns sanft dahinschwebt und mit ihren grossen schwarzen Augen uns ruhig forschend anblickt. Es gehört wenig Phantasie dazu, um bei diesem leichten und zierlichen Körper an eine verzauberte Märchengestalt zu denken. Sonntag 3. April. Nach dem Gottesdienste begleitete ich Kapitän Fitz Roy nach der Ansiedlung, welche einige Meilen entfernt an der Spitze eines Eilandes liegt, welches dicht mit hohen Cocospalmen bestanden ist. Kapitän Ross und Mr. Liesk wohnen in einem grossen scheunenartigen Hause, das an beiden Seiten offen und mit Matten aus geflochtener Baumrinde behangen ist. Die Häuser der Malayen liegen längs dem Ufer der Lagune. Der ganze Ort bot einen ziemlich traurigen Anblick, und keine Gärten zeugten von sorgfältiger Pflege und gedeihender Kultur. Die Malayen stammen von verschiedenen Inseln im Ostindischen Archipel, sprechen aber alle dieselbe Sprache: wir sahen Leute von Borneo, Celebes, Java und Sumatra. In der Farbe gleichen sie den Tahitianern, denen sie auch sonst ähnlich sind. Doch sahen einige der Frauen ganz chinesisch aus. Im allgemeinen gefielen mir sowohl ihre Gesichter als auch der Klang ihrer Stimmen. Sie schienen sehr arm, und in ihren Häusern

* Die grossen Klauen oder Scheeren einiger dieser Krebse sind auf das trefflichste so eingerichtet, dass sie beim Zunickziehen einen Deckel fiir die Schale bilden, der beinah so vollkommen ist wie der andere ursprünglich dazu gehörende des Muschelthiers. Man versicherte mir, und soweit meine Beobachtungen reichen, fand ich es bestätigt, dass gewisse Arten von Einsiedlerkrebsen stets gewisse Arten von Muscheln benutzen.

Keeling - Insel (1836)

fehlte alles Geräth;

539

ihre Kinder aber sahen rund und fett aus,

und

ist offenbar Kokosnuss und Seeschildkröte keine schlechte K o s t . A u f dieser Insel liegen die Brunnen, von denen die Schiffe "Wasser nehmen.

Zuerst erscheint es nicht wenig auffallend, dass dies süsse

Wasser regelmässig mit der Fluth steigt und sinkt, und hat man sogar gedacht, der Sand könne durch Filtriren das Salz aus dem Seewasser entfernen.

Solche Fluthquellen sind auf einigen der niedrigen Inseln

in Westindien häufig. Der feste Sand oder das poröse Korallengestein ist wie ein Schwamm von Salzwasser durchdrungen; doch der auf die Oberfläche fallende R e g e n sinkt ein bis zum Niveau des umgebenden Meeres, sammelt sich dort und verdrängt eine gleiche Menge Salzwasser. W i e das Wasser in dem unteren Xheile der grossen schwammartigen Korallenmasse

mit der Fluth steigt und sinkt, so auch

das

Wasser nahe der Oberfläche; und dieses bleibt süss, wenn die steinige Masse hinreichend dicht ist, um eine stärkere mechanische Vermischung zu verhindern;

wo aber der Boden aus grossen losen Blöcken mit

offenen Zwischenräumen besteht, ist das W a s s e r , wenn ein Brunnen gegraben wird, brackig. Nach dem Mittagessen blieben würdigen zuwohnen.

abergläubischen Handlung Ein

grosser

hölzerner

wir noch d a ,

um

einer

von malayischen Weibern Löffel,

dem

Kleider

merkbei-

angelegt

wurden, sollte, auf das Grab eines todten Mannes gebracht, bei Vollmond dort von einem Geist besessen werden, und dann tanzen und herumspringen.

Nach den erforderlichen Vorbereitungen fing der von

zwei W e i b e m

gehaltene Löffel zu zappeln an und tanzte im T a k t ,

während die Weiber und Kinder dazu sangen.

Es

war

ein

sehr

thörichtes Schauspiel, aber Mr. Liesk behauptete, dass viele Malayen an diese Geistererscheinung glaubten.

Dieser Spuk begann erst nach

Aufgang des Mondes, und es war wohl des Bleibens werth, zu sehen, wie die helle Scheibe so milde durch die langen Zweige der Cocospalmen, die der Abendwind leise bewegte, schien. Solche Empfindungen und Erlebnisse in den Tropen sind so entzückend, dass sie fast jenen uns theuereren heimischen gleichkommen, welche unsere besten Gefühle erregen. Den nächsten Tag beschäftigte ich mich damit, den sehr interessanten, doch einfachen Bau und Ursprung dieser Inseln zu unter-

540

Zwanzigstes Kapitel

suchen. Da das Wasser ungewöhnlich still war, watete ich über die äussere Fläche todten Gesteins bis zu den lebenden Korallenbänken, an denen sich die Wellen des offenen Oceans brechen. In einigen der Rinnen und Löcher gab es schöne grüne und andersfarbige Fische; auch die Formen und Farben Tieler Zoophyten waren wundervoll. Wohl kann man in Entzückung gerathen über die Unzahl organischer Wesen, von denen die tropischen Meere, so überreich an Leben, wimmeln; ich meine aber, dass jene Naturforscher, welche mit bekannten Worten die unterseeischen mit tausend Schönheiten geschmückten Grotten beschrieben haben, doch eine etwas übertriebene Sprache gebrauchten. 6. April. Ich begleitete Kapitän Fitz Roy nach einer Insel an dem entferntesten Theile der Lagune; der Kanal, der dorthin führte, war ausserordentlich schwierig und wand sich durch Felder zierlich verzweigter Korallen. Wir sahen mehrere Meerschildkröten, und zwei Boote waren mit ihrem Fange beschäftigt. Das Wasser war so klar und seicht, dass, wenn auch die Schildkröte zuerst schnell taucht und den Blicken entschwindet, doch in einem Canoe oder Segelboot die Verfolger nach nicht sehr langer Jagd nachkommen. Ein Mann, der am Bug bereit steht, stürzt dann augenblicklich durch das Wasser auf den Rücken der Schildkröte zu, klammert sich mit beiden Händen an die Schale am Nacken und lässt sich von ihr fortschleppen, bis das Thier erschöpft ist und gefangen wird. Es war sehr interessant der Jagd zuzuschauen, wie die Boote herumfuhren, und die Männer sich kopfüber in das Wasser stürzten, um ihre Beute zu fassen. Kapitän Moresby erzählte mir, dass im Chagos - Archipel, in diesem selben Ocean, die Eingeborenen durch ein schauderhaftes Verfahren die Schale vom Rücken der lebenden Schildkröte lösen. „Man bedeckt sie mit glühenden Holzkohlen, wodurch sich die äussere Schale aufwärts biegt; dann wird sie mit einem Messer gewaltsam losgeschnitten und, ehe sie erkaltet, zwischen Brettern glatt gepresst. Nach diesem barbarischen Verfahren lässt man das Thier wieder in sein heimisches Element, wo sich nach gewisser Zeit eine neue Schale bildet; doch ist dieselbe zu dünn, um von irgend welchem Nutzen zu sein, und das Thier bleibt immer matt und kränklich."

Keeling-Insel (1836)

541

Als wir am Ende der Lagune angekommen waren, überschritten wir ein schmales Eiland und fanden eine starke Brandung an der Windseite der Küste. Ich kann es kaum erklären, doch hat für mich der Aussenstrand dieser Laguneninseln eine ganz besondere Grossartigkeit. Es ist da eine Einfachheit in diesem dammartigen Strande, in dem Saume von grünen Büschen und hohen Cocospalmen, in der festen Fläche von todtem Korallengestein, die hier und da mit grossen losen Bruchstücken bestreut ist, und in dem Streifen tobender Sturzwellen, die durcheinander rasen. Der Ocean, der seine Wasser auf das breite Riff schleudert, erscheint wie ein unbesiegbarer allmächtiger Feind; dennoch sehen wir, dass ihm Widerstand geleistet und er sogar besiegt wird durch Mittel, die einem zuerst recht schwach nnd unwirksam scheinen. Nicht, dass der Ocean des Korallenfelsens schont; die grossen, über das Riff verstreuten Bruchstücke und die angehäuften am Strande, wo die hohen Cocospalmen aufwachsen, sprechen deutlich für die unnachgiebige Gewalt der Wellen. Noch werden irgend welche Ruhepausen gewährt. Die langen Wogen, die der sanft aber stetig in einer Richtung und weit her wehende Passatwind mit sich bringt, verursachen eine Brandung, welche an Gewalt fast der gleicht, die in gemässigten Regionen durch einen Sturm hervorgerufen wird, und welche nie zu toben aufhört. Es ist unmöglich diese Wogen zu sehen, ohne zu der Ueberzeugung zu kommen, dass jede Insel, auch aus dem härtesten Gestein, sei es Porphyr, Granit oder Quarz, zuletzt nicht widerstehen kann und von solcher Gewalt zertrümmert werden muss. Dennoch bleiben diese niedrigen, unscheinbaren Koralleneilande und sind siegreich; denn hier nimmt noch eine andere Macht als Widersacher am Kampfe theil. Die organischen Kräfte scheiden die Atome des kohlensauren Kalkes nach und nach aus den schäumenden Sturzwellen und vereinigen sie zu einem symmetrischen Bau. Mag der Sturm tausend grosse Bruchstücke losreissen, was bedeutet das gegenüber der vereinten Arbeit von Myriaden von Baumeistern, die Tag und Nacht, Monat um Monat bei der Arbeit sind? So sehen wir hier, dass der weiche gallertartige Körper eines Polypen durch die Wirkung der Lebensgesetze die grosse mechanische Kraft der Wogen eines Oceans besiegt, der weder die Kunst des Menschen,

542

Zwanzigstes Kapitel

noch die unbelebten Werke der Natur erfolgreich widerstehen können. Erst spät Abends kehrten wir wieder an Bord zurück; denn wir verweilten lange in der Lagune, um die Korallenfelder nnd die riesengrossen Muscheln der Chaîna ru untersuchen; wenn in letztere ein Mensch seine Hand hineinsteckte, würde er sie, so lange das Thier lebt, nicht wieder herausziehen können. Ich war sehr überrascht, am oberen Ende der Lagune eine weite Fläche, beträchtlich grösser als eine Quadratmeile, zu finden, welche mit einem Walde zierlich verzweigter Korallen bedeckt war, die zwar noch aufrecht standen, aber sämmtlich todt und brüchig waren. Zuerst konnte ich mir die Sache durchaus nicht erklären; dann kam ich darauf, dass es folgenden seltsamen Zusammenhang hatte. Es muss jedoch vorausgeschickt werden, dass die Korallen es nicht überleben können, auch nur für kurze Zeit im Sonnenschein der Luft ausgesetzt zu werden, deshalb wird die Grenze ihres Wachstums nach oben hin durch den niedrigsten Wasserstand bei Springfluthen bestimmt. Aus alten Seekarten geht hervor, dass die lange Insel auf der Windseite ehemals durch breite Kanäle in mehrere Eilande getheilt war, was auch durch den Umstand bestätigt wird, dass die Bäume an diesen Stellen jünger sind. Bei der früheren Beschaffenheit des Riffs trieb starker Wind mehr Wasser über die Barre und trug zur Hebung des Wasserspiegels in der Lagune bei. Jetzt ist die Wirkung aber gerade umgekehrt; denn das Wasser innerhalb der Lagune wird nicht nur nicht durch Zuflüsse vermehrt, sondern wird selbst durch die Stärke des Windes herausgetrieben. Daher kommt es, dass die Fluth am oberen Ende der Lagline bei starkem Winde nicht so hoch wie bei Windstille steigt. Diese Unterschiede des Niveaus, wenn sie zweifellos auch sehr gering sind, haben, meiner Meinung nach, das Absterben jener Korallenwälder verursacht, die bei der früheren offeneren Beschaffenheit des Riffs die höchstmögliche Grenze in ihrem Wachsthum nach oben erreicht hatten. Einige Meilen nördlich von Keeling liegt ein anderes kleines Atoll, dessen Lagune beinah ganz mit Korallenschlamm angefüllt ist. Kapitän Ross fand dort in dem Conglomérat an der äusseren Küste ein

543

Keeling - Insci (1836)

abgerundetes Stück Grünsteiii, Kopf;

etwas

grösser als

ein

menschlicher

er und seine Leute wunderten sich darüber so, dass sie es

mitnahmen und als Merkwürdigkeit aufbewahrten.

Das Vorkommen

dieses einzelnen Steines, wo sonst auch die kleinsten Theilchen nur kalkig sind,

ist jedenfalls sehr räthselhaft.

D i e Insel ist kaum j e

besucht worden, noch ist es wahrscheinlich, dass ein Schiff dort gescheitert.

In Ermangelung einer besseren Erklärung kam ich zu dem

Schlüsse, dass der Stein, in den Wurzeln eines grossen Baumes verwickelt, dorthin gekommen sein müsse;

bedachte ich indessen

die

grosse Entfernung von dem nächsten L a n d e , und wieviele Umstände dagegen waren,

dass ein Stein so fest umschlungen würde, ferner

wie der Baum vom Meere fortgerissen, so weit geschwemmt,

dann

sicher gelandet, und wie der Stein zuletzt so eingebettet worden sein rausste, dass er gefunden werden konnte, dann wurde mir fast bange, an eine offenbar so unwahrscheinliche A r t des Transportes zu glauben. E s war mir daher höchst interessant zu finden, dass Chamisso,

der

mit R e c h t geachtete Naturforscher, welcher Kotzebue begleitete, berichtet,

dass die Bewohner des R a d a c k -Archipels, einer Gruppe von

Laguneninseln

mitten im Stillen O c e a n ,

sich Steine

zum Schärfen

ihrer Werkzeuge verschafften, indem sie an den Wurzeln von Bäumen nachsuchten, welche an den Strand getrieben wurden.

Offenbar muss

dieses öfter vorgekommen sein, da es Gesetze gab, dass solche Steine dem Häuptling gehören, und dass ein Jeder bestraft werden

solle,

der sie zu stehlen suche.

dieser

In Anbetracht der isolirten L a g e

kleinen Inseln mitten im weiten Ocean — von jedem

anderen

Lande

(die

ihrer grossen Entfernung

Korallenbildungen

ausgenommen),

welche bestätigt wird durch die Werthschätzung eines jeglichen Steines seitens der Bewohner,

die so kühne Seefahrer sind,* —

sowie der

Langsamkeit der Strömungen im offenen Meere, erscheint das V o r kommen von so beförderten Steinen ganz wunderbar.

E s mögen Steine

oft so fortgetragen werden; und wenn die Insel, auf der sie stranden, noch aus anderen B e s t a n d t e i l e n als K o r a l l e n gebildet ist, werden sie

* Einige Eingeborene, die Kotzebue nach Kamtschatka gebracht hatte, sammelten dort Steine, um sie in ihre Heimath mitzunehmen.

544

Zwanzigstes Kapitel

kaum Aufmerksamkeit erregen noch ihren Ursprung jemals vermuthen lassen. Ausserdem mag diese Art der Beförderung lange der Entdeckung entgehen, da Bäume und besonders mit Steinen beladene gewöhnlich unter der Oberfläche schwimmen. In den Fjorden von Feuerland werden grosse Mengen Treibholz an den Strand geworfen; doch sieht man sehr selten einen Baum auf dem Wasser schwimmen. Diese Thatsachen können vielleicht etwas Licht auf das Vorkommen einzelner Steine, sowohl eckiger als abgerundeter, weifen, die man bisweilen in feinen Ablagerungsschichten eingebettet findet. An einem anderen Tage besuchte ich die Westinsel, auf welcher der Pflanzenwuchs vielleicht üppiger als auf irgend einer der anderen war. Gewöhnlich stehen die Cocospalmen einzeln; hier aber wuchsen die jungen dicht neben den hohen alten und bildeten mit ihren langen gebogenen Wedeln die schattigsten Lauben. Nur die es erlebt haben, wissen, wie herrlich es ist, in solchem Schatten zu sitzen und die kühle wohlschmeckende Cocosmilch zu trinken. Auf dieser Insel giebt es eine grosse buchtähnliche Fläche von feinstem weissen Sande; sie ist durchaus eben und wird nur bei Hochwasser von der Fluth bespült; von dieser grossen Bucht dringen kleinere Arme tief in die umgebenden Wälder ein. Diese glänzend weisse Fläche von Sand, anstatt Wasser, um deren Rand die Cocospalmen ihre schlanken, schwankenden Stämme erhoben, gewährte einen eigenthümlicheD und sehr hübschen Anblick. Ich habe schon vorher einer Krabbe erwähnt, die von Cocosnüssen lebt; sie ist auf allen Theilen des trockenen Landes sehr häufig und erreicht eine erstaunliche Grösse; sie ist nahe verwandt oder gleichartig mit Birgos latro. Das vordere Beinpaar endigt in sehr grosse und schwere Scheeren, und das letzte Paar ist mit anderen solchen versehen, die aber schwächer und viel schmaler sind. Man sollte es auf den ersten Blick für ganz unmöglich halten, dass eine Krabbe eine harte noch mit der Faserhülle bedeckte Cocosnuss zu öffnen vermag; aber Mr. Liesk versichert, dass er es öfters mit angesehen hat. Die Krabbe fangt damit an, dass sie Faser auf Faser von der Hülle abreisst und stets von dem Ende, an welchem sich die drei Augenlöcher befinden; ist dies geschehen, so beginnt sie mit ihren schweren Scheeren auf eines der drei Augenlöcher zu hämmern, bis

K e e l i n g «Insel (1836)

eine Oeffnung da ist.

545

Dann dreht sich die Krabbe um und holt mit

Hülfe der hinteren schmalen Scheeren die weisse albuminöse Substanz heraus.

Dies scheint mir der seltsamste Fall von Instinkt, von dem

ich je gehört habe, und gleichfalls von Anpassung in der Gestaltung zwischen zwei ihrer Natur nach offenbar so wenig zusammen passenden Geschöpfen, wie eine Krabbe und eine Cocosnuss.

Der Birgos ist

seinen Gewohnheiten nach ein Tagthier; doch soll er jede Nacht an die See gehen, zweifellos wohl um seine Kiemen anzufeuchten.

Die

Jungen werden auch am Ufer ausgebrütet und leben dort eine Zeit lang.

Diese Krabben wohnen in tiefen Löchern, welche sie unter den

Baumwurzeln graben, und wo sie erstaunliche Mengen von den losen Fasern der Cocosnusshülle anhäufen, auf denen sie wie auf einem Bette ruhen.

Die Malayen machen sich dies manchmal zu Nutzen

und sammeln die

faserige Masse, um sie zu Matten zu verwenden.

Diese Krabben schmecken sehr gut; ausserdem haben die grösseren unter ihrem Schwänze eine beträchtliche Menge Fett, das geschmolzen manchmal

soviel als eine Quartflasche voll von klarem Oele giebt.

Einige Schriftsteller haben behauptet,

der Birgos

klettere

auf die

Cocospalmen, um Nüsse zu stehlen; ich bezweifle stark die Möglichkeit; doch der Pandanus würde es eher können.*

Mr. Liesk sagte

mir, dass der Birgos auf diesen Inseln nur von den herabgefallenen Nüssen lebe. Kapitän Moresby theilte mir mit, dass diese Krabbe die Chagosund Seychellengruppe, aber nicht den diesen benachbarten MaldivenArchipel bewohne.

Ehemals war sie zahlreich auf Mauritius, jetzt

werden aber nur wenige und kleine dort gefunden.

Im Stillen Ocean

soll es diese oder eine ihr in der Lebensweise nahe verwandte A r t ** auf einer einzelnen Koralleninsel geben, die nördlich von den Gesellschaftsinseln liegt.

Zum Beweise für die ungemeine K r a f t des vor-

deren Scheerenpaares erwähne ich, dass Kapitän Moresby eine solche Krabbe in eine starke Blechbüchse sperrte,

die Zwieback enthalten

hatte, und den Deckel mit Draht fest machte; doch das Thier bog

* Siehe P r o c e e d i n g s of Z o o l o g i c a l S o c i e t y , 1832, p. 17. ** T y e r m a n and Bennett, V o y a g e etc., vol. II, p. 33. D a r w i n , Reise.

35

546

Zwanzigstes Kapitel

den Rand um und entschlüpfte. Beim Umbiegen hatte es wirklich viele kleine Löcher durch das Blech hindurchgestossen. Ich war sehr überrascht zwei Korallenarten von der Gattung Millepora zu finden (M. complanat» und M. alcicornis), welche stechen oder brennen konnten. Die steinigen Aeste oder Platten, wenn eben aus dem Wasser genommen, fühlen sich rauh an und sind nicht schleimig, haben aber einen starken und unangenehmen Geruch. Die stechende Eigenschaft scheint je nach den Stücken verschieden zu sein: rieb oder drückte man ein Stück auf die empfindliche Haut des Gesichtes oder Armes, so hatte man gewöhnlich ein stechendes Gefühl, das nach einer Sekunde kam und nur einige Minuten anhielt. Eines Tages jedoch, als ich mein Gesicht mit einem der Zweige nur leicht berührte, empfand ich den Schmerz sofort; er steigerte sich wie gewöhnlich nach einigen Sekunden, dauerte mehrere Minuten heftig an und war noch nach einer halben Stunde zu spüren. Die Empfindung war so stark wie die von einer BreDnnessel; glich aber mehr derjenigen, welche das Berühren der Physalia oder Seequalle verursacht. Auf der zarten Haut des Armes entstanden kleine rothe Flecke, welche aussahen, als ob sich wässerige Blasen bilden würden, aber das geschah nicht. Mr. Quoy erwähnt das Gleiche von der Millepora; und ich hörte von stechenden Korallen in Westindiea Viele Seethiere scheinen diese Eigenschaft des Stechens zu haben; ausser der Physalia noch viele Quallen und die Aplysia oder Seeschnecke der Cap Verdischen Inseln; in dem Bericht über die Reise der „Astrolabe" wird eine Actinie oder Seeanemone, sowie eine biegsame der Sertularia verwandte Koralline als im Besitze dieser Angriffsoder Vertheidigungsmittel genannt. Im Ostindischen Meere soll ein stechender Tang gefunden werden. Zwei Arten Fische von der Gattung Scarus, die hier häufig sind, nähren sich ausschliesslich von Korallen; beide sind von glänzend blaugrüner Farbe; der eine kommt nur in der Lagune vor, der andere in der äusseren Brandung. Mr. Liesk versicherte uns, er habe wiederholt gesehen, dass ganze Schwärme dieser Fische mit ihren starkknochigen Kiefern an den Spitzen der Korallenzweige knabberten: ich untersuchte die Eingeweide von mehreren und fand sie von einer

547

K e e l i n g - I n s c i (1836)

gelblichen, kalkigen und sandigen Masse aasgedehnt Die schleimigen widerwärtigen von

Holothurien

den chinesischen

nähren

sich,

nach

(unseren

Seesternen

Feinschmeckern

so

Dr. Allan's Angabe,

verwandt),

welche

geschätzt

werden'

hoch

grössten Theils

auch

von

K o r a l l e n ; und der Knochenapparat ihrer K ö r p e r scheint dazu w o h l geeignet.

Diese

muscheln

und

abgestorbener Erzeugung

Holothurien,

die

nereidenartigen Koralle

des

durchbohren,

feinen weissen

ähnlich

der im

sieht,

nassen

müssen

nach

zahlreichen jeden

sehr

Bohr-

Block

wirksam

beitragen,

bedeckt.

Zustande

bestand jedoch

die

welche

Schlammes

Boden und die Ufer der Lagune Schlamme,

Fische,

Würmer,

von

zu

der

welcher

den

Eine Probe von diesem

gestossener Professor

Kreide

auffallend

Ehrenberg's

Unter-

suchung theilweise aus kieselschaligen Infusorien.

12. April.

A m Morgen verliessen wir die Lagune, um nach Isle

de France (Mauritius) zu segeln.

Ich war froh, dass wir diese Inseln

besucht hatten: solche Bildungen nehmen zweifellos einen hohen R a n g unter den Wundern

dieser W e l t

ein.

Nur 2000 Meter vom Ufer

entfernt fand Kapitän Fitz R o y mit einer Lothleine von 7200 Fuss Länge keinen

Grund;

seeischen B e r g ,

diese

Insel bildet

dessen A b h ä n g e

vulkanischen K e g e l .

also einen hohen

unter-

steiler sind als die der steilsten

D e r tellerförmige Gipfel ist nahezu zehn Meilen

breit, und jedes einzelne Theilchen,* vom kleinsten bis zum grössten Felsstück in diesem grossen A u f b a u , der jedoch im Vergleich mit vielen anderen Laguneninseln klein ist, trägt den Stempel organischer Anordnung.

W i r staunen bei den Berichten von Reisenden über die

riesigen Verhältnisse der Pyramiden und anderer grosser Ruinen, aber wie furchtbar unbedeutend sind die grössten von ihnen im Vergleich zu

diesen

Steinbergen,

welche

durch

den

winziger und zarter Thierchen entstanden sind! das nicht

sofort

dem

körperlichen

Auge,

Betrieb

verschiedener

Dies ist ein Wunder,

wohl

aber

beim

Nach-

denken dem A u g e des Geistes offenbar wird. • Ich nehme natürlich die E r d e a u s , w e l c h e dorthin g e b r a c h t i s t , und getrieben haben.

a u c h einige S t ü c k e

zu Schiff von J a v a und M a l a c c a

von Bimsstein, den die W e l l e n an-

F e r n e r muss a u c h das eine Stück Grünstein v o n d e r nördlichen

Iosel ausgenommen w e r d e n .

35*

Zwanzigstes Kapitel

548

Ich will nun einen ganz kurzen Bericht über die drei grossen Klassen von Korallenriffen geben: nemlich, Atolle, Barrenriffe und Saumriffe, und will meine Ansichten* über ihre Bildung

erklären.

Fast jeder Reisende, der über den Stillen Ocean gefahren ist, hat sein unendliches Erstaunen über die Laguneninseln oder Atolle, wie ich sie hinfort mit ihrem indischen Kamen nennen werde, geäussert und einen Versuch ihrer Erklärung gemacht. 1605

stammt die Aeusserung

Schon aus dem Jahre

von Pyrard de Laval:

,C'est

une

meruille de voir chacun de ces atollons enuironni d'un grand banc de pierre tout autour, n'y ayant point d'artifice humain." beigegebene Abbildung

Die hier

der Pfingstinsel im Stillen Ocean, die der

trefflichen Reisebeschreibung des Kapitäns Beechey entnommen ist, giebt nur einen schwachen Begriff von dem eigenthümlichen sehen eines Atolls:

Aus-

es ist eines von kleinstem Umfang, und die

schmalen Eilande sind alle zu einem Ring vereint.

Die ungeheuere Weite des Oceans und das Toben der Brandung, im Gegensatz zu dem niedrigen Lande und dem glatten hellgrünen Wasser in der Lagune, kann sich kaum jemand vorstellen,

der es

nicht gesehen hat. Die Reisenden früherer Zeit meinten, dass die korallenbauenden Thiere instinktiv ihre grossen Kreise bauten,

um sich

in

ihrem

* Dieselben sind zuerst im Mai 1837 der Geologischen Gesellschaft vorgetragen, und seitdem zu einem besonderen Buche „Bau und Vertheilung der K o r a l l e n r i f f e " weiter ausgeführt worden.

Korallenbildungen

549

Inneren einen Schutz zu schaffen; dies entspricht aber so wenig der Wirklichkeit, dass vielmehr jene festen Arten, von deren Wachsthum an dem freiliegenden Aussenstrande gerade das Bestehen des R i f f s abhängt, in der Lagune selbst, wo andere zart verzweigte A r t e n gedeihen, schauung

nicht leben können. viele A r t e n ,

Ferner

welche

müssten sich bei

besonderen

dieser

An-

Gattungen und Familien

angehören, zu einem Zwecke vereinigen; und von einer solchen V e r einigung findet sich in der ganzen Natur kein einziges Beispiel. am

meisten

verbreitete

Annahme

ist,

dass

die

Atolle

auf

Die unter-

seeischen Kratern ruhen; bedenkt man aber die Gestalt und Grösse von einigen derselben, die A n z a h l , Nähe und gegenseitige Lage von anderen,

so verliert dieser Gedanke seine Wahrscheinlichkeit;

beispielsweise

hat

Richtung

geographische

44

das A t o l l

Suadiva

im

Meilen

und

Durchmesser 34

nach

denn

nach

einer

einer

anderen;

R i m s k y ist 54 und 20 Meilen lang und breit und hat einen sonderbar buchtigen R a n d ;

das B o w - A t o l l ist 30 Meilen lang und durch-

schnittlich nur sechs breit; das Menschikoff-Atoll besteht aus drei vereinigten

oder

Theorie

ganz unanwendbar

miteinander

verbundenen auf

die

Atollen.

Sodann

ist diese

nördlichen Maldiven-Atolle im

Indischen Ocean (von denen ein«£ 88 Meilen lang und zwischen

10

und 20 breit ist), denn sie sind nicht wie gewöhnliche Atolle von schmalen

Riffen umsäumt,

kleiner A t o l l e ;

und

sondern

von

einer

Unzahl

besonderer

andere kleine A t o l l e steigen aus den grossen,

lagunenartigen Wasserflächen in ihren Mitten auf.

E i n e dritte und

bessere Theorie ist von Chamisso aufgestellt worden, welcher dachte, weil die Korallen gegen das offene Meer hin am kräftigsten wachsen, — was zweifellos der F a l l ist, — dass die der

gemeinsamen

Grundfläche

aus

früher als

äusseren alle

Ränder

anderen

von

Theile

emporwüchsen,

und dass sich daraus die ring- oder schalenförmige

Gestalt erkläre.

A b e r wir werden sogleich sehen, dass diese sowie

die Kratertheorie einen sehr wichtigen Umstand ausser A c h t nemlich: worauf haben die

riffbildenden

lässt,

K o r a l l e n , welche in grosser

Tiefe nicht leben können, ihren festen Bau gegründet? Zahlreiche Tiefmessungen wurden von K a p i t ä n Fitz R o y an der steilen Aussenseite des Keeling-Atolls sorgfältig ausgeführt, und stets

Zwanzigstes Kapitel

550

fanden sich bis za einer Tiefe von zehn Faden* in dem präpariiten Talg unten am Senkblei Eindrücke von lebenden Korallen, doch war es sonst ganz rein, als ob es anf einen Rasenteppich gefallen wäre; mit zunehmender Tiefe nahmen die Eindrücke ab, aber die anhaftenden Sandtheilchen mehr und mehr zu, bis es zuletzt klar war, dass der Grund aus einer glatten Sandlage bestand; oder um den Vergleich mit dem Rasen weiterzuführen: die Grashalme wurden dünner und dünner, und der Boden zuletzt so unfruchtbar, dass nichts mehr darauf gedieh.

Nach diesen Beobachtungen, die durch viele andere

bestätigt werden, kann man mit Sicherheit folgern, dass die grösste Tiefe, in welcher Korallen Riffe bauen können, zwischen 20 und 30 Faden ist.

Nun giebt es ungeheuere Gebiete im Stillen und Indischen

Oceane, in denen eine jede Insel von Korallen gebildet ist und nicht höher aufragt, als die Wellen Bruchstücke schleudern und die Winde Sand aufhäufen können.

So ist die Gruppe der Radack-Atolle ein

unregelmässiges Viereck von 520 Meilen Länge und 240 Meilen Breite; der Niedrige Archipel ist eine Ellipse, 840 Meilen in seiner Längs- und 420 Meilen in seiner Queraxe; es giebt andere kleine Gruppen und einzelne niedrige Inseln zwischen beiden Archipelen, welche zusammen in der That einpn langgedehnten Meeresraum von mehr als 4000 Meilen einnehmen, in welchem nicht eine einzige Insel über die bezeichnete Höhe hinausragt.

Ferner giebt es im Indischen

Ocean eine Wasserfläche von 1500 Meilen Länge, welche drei Archipele umschliesst, in denen eine jede Insel niedrig und von Korallen gebildet ist.

Aus der Thatsache, dass die riffbildenden Korallen nicht

in grossen Tiefen leben können, geht mit unbedingter Sicherheit hervor, dass überall in jenen weiten Gebieten, wo jetzt ein Atoll ist, sich ursprünglich eine Grundlage, nicht tiefer als 20 bis 30 Faden unter der Oberfläche befunden haben muss. E s ist im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass breite, hohe, isolirte und steil abfallende Bänke von Ablagerungen, in Gruppen und Reihen (hunderte von Meilen lang) zusammen entstanden sein sollten dort in den centralen und tiefsten Theilen des Stillen und Indischen Oceans, in ungeheuerer Entfernung * Ein Faden =

1,83 Meter.

551

Korallenbildungen

von einem Festlande, wo das Wasser vollkommen klar ist.

Ebenso

unwahrscheinlich ist es, dass die unterirdischen K r ä f t e überall in obengenannten weiten Gebieten unzählige grosse Felsbänke bis zu einer Höhe von 20 bis 30 Faden (oder 120 his 180 Fuss) unter dem Meeresspiegel emporgehoben haben sollten und keine einzige Spitze darüber hinaus; denn wo auf der ganzen Erdoberfläche ist eine Gebirgskette zu finden, die auf einer L ä n g e von nur wenigen hundert Meilen ihre vielen Gipfel gleichmässig, bis auf einige Fuss, zu einer bestimmten H ö h e ansteigen lässt und auch nicht eine einzige Spitze darüber hinaus ?

W e n n also die Grundlagen, von denen die atollbildenden K o -

rallen aufwuchsen, nicht aus Ablagerungen bestanden, und wenn sie nicht zu der erforderlichen Höhe hochgehoben wurden, so müssen sie nothwendiger W e i s e dorthin gesunken sein; und damit ist die Schwierigkeit mit einem Male gelöst.

Denn wie Berg auf Berg und Insel auf

Insel langsam unter W a s s e r sank, entstanden auch nach einander neue Grundflächen für das Wachsthum der Korallen.

E s ist unmöglich,

hier auf alle nothwendigen Einzelheiten einzugehen, ich wage es aber, einen Jeden herauszufordern,* auf irgend eine andere Art zu erklären, wie es möglich ist, dass zahlreiche Inseln über weite Meeresflächen zerstreut sind — alle Inseln niedrig sind — alle von Korallen gebildet sind, welche unbedingt eine Grundlage in einer begrenzten Tiefe unter der Oberfläche erfordern. Ehe wir zu der Erklärung kommen, wie atollformige Riffe ihre eigenthümliche Gestalt erhalten, müssen wir nns zu der zweiten grossen K l a s s e , nemlich den Barrenriffen wenden.

Diese dehnen sich entweder

in geraden Linien gegenüber den U f e m eines Festlandes oder einer Insel aus oder umringen kleinere Inseln; in beiden Fällen sind sie von dem Lande durch einen breiten und ziemlich tiefen Wasserarm getrennt, welcher der Lagune innerhalb eines Atolls entspricht.

Es

ist merkwürdig, wie wenig Beachtung man diesen umringenden Barren-

* E s ist b e m e r k e n s w e r t h , dass Mr. L y e l l schon in der ersten A u s g a b e seiner „Principles of G e o l o g y " d e n Schluss z o g , dass im Stillen M e e r e die S e n k u n g Ter. hältnissraässig grösser als die E r h e b u n g g e w e s e n sein müsse, da das vorhandene L a n d im V e r g l e i c h e zu den a u f die Bildung desselben hinwirkenden K r ä f t e n , nemlich das W a c h s e n von K o r a l l e n und die v u l k a n i s c h e T h ä t i g k e i t , im G a n z e n k l e i n ist.

Zwanzigstes Kapitel

552

riffen geschenkt hat; und doch sind es wahre Wunderbauten.

Die

folgende Abbildung stellt einen Theil der Barre dar, welche die Insel Bolabola im Stillen Ocean umringt, von einem der spitzen Gipfel in ihrer Mitte aus gesehen.

In diesem Falle ist die ganze Linie des Riffes

zu Land geworden; gewöhnlich trennt aber ein schneeweisser Streifen von

starker Brandung,

nur

hier und dort

mit einem kleinen von

Cocospalmen bestandenen Eilande, die dunklen wogenden Gewässer des Oceans von der hellgrünen Fläche des Lagunenkanals.

Die stillen

W a s s e r dieses Kanals bespülen meistens einen Rand von niedrigem angeschwemmten Boden,

der

mit den

schönsten Erzeugnissen

der

Tropenwelt reich bedeckt ist und am Fusse der schroffen Felsberge der mittleren Insel liegt. Solche umringenden Barrenriffe giebt es in allen Grössen, von drei Meilen bis zu nicht weniger als 44 Meilen im Durchmesser; und dasjenige, das der einen Seite von Neu-Caledonien vorgelagert ist und dessen beide Enden umringt, ist 400 Meilen lang.

Jedes Riff schliesst

eine, zwei oder mehrere felsige Inseln von verschiedener H ö h e ein, in einem Falle sogar 12 einzelne Inseln.

Das R i f f läuft in grösserer

oder geringerer Entfernung von dem umschlossenen Lande herum; bei den Gesellschaftsinseln meistens in einer Entfernung von einer bis drei oder vier Meilen; aber bei Hogoleu liegt das Riff an der Südseite 20 Meilen von

und an der entgegengesetzten oder Nordseite 14 Meilen

den eingeschlossenen Inseln entfernt.

A u c h die Tiefe in dem

Lagunenkanal wechselt sehr; 10 bis 30 Faden können als Durchschnitt

553

Koralt enbi 1 düngen

gelten;

aber bei Vanikoro giebt es Stellen, die nicht weniger

56 Faden oder 363 Fuss tief sind.

als

Nach Innen fällt das R i f f sanft

in den Lagunenkanal a b , oder endigt in eine senkrechte Maaer,

die

manchmal 200 bis 300 Fuss tief unter das W a s s e r hinabreicht; an der Aussenseite

steigt das Riff wie ein A t o l l ganz ausserordentlich steil

aus den grössten Tiefen des Oceans auf.

W a s kann es seltsameres

als diese Gebilde geben ? W i r sehen eine Insel, welche sich mit einer Burg, auf einem hohen unterseeischen Berge gelegen, vergleichen lässt, geschützt durch eine hohe Korallenmauer, die immer nach aussen und bisweilen auch nach innen steil abfällt, oben einen breiten flachen R a n d hat und hier und da von engen Thoren durchbrochen ist, durch welche -die grössten Schiffe in den weiten und tiefen Ringgraben einfahren können. Was

das wirkliche

Korallenriff angeht,

so besteht

nicht

der

geringste Unterschied in der allgemeinen Grösse, dem Umriss, der Gruppirung zwischen

und

einem

selbst

in

ganz

Barrenriff und

geringen

Einzelheiten

einem Atoll.

des

Baus

Der Geograph

Balbi

hat treffend bemerkt, dass eine umringte Insel ein A t o l l ist, aus deren Lagunen hohes Land aufragt; entfernt man das L a n d aus der Mitte, so bleibt ein richtiges A t o l l . A b e r woher kommt es, dass diese R i f f e so weit entfernt von den Ufern der eingeschlossenen Inseln aufsteigen?

E s kann nicht sein,

-dass die Korallen nicht nahe am Lande wachsen; denn die Ufer in dem Lagunenkanale,

wenn

sie nicht von angeschwemmtem

Boden

umgeben sind, werden oft von lebenden Riffen umsäumt; und

wir

werden sogleich sehen, dass es eine ganze K l a s s e giebt, welche ich Saumriffe genannt habe wegen ihres dichten Anhaftens an den Ufern sowohl von Festlanden als Inseln. •die

riffbildenden

Wieder fragen wir, worauf haben

Korallen, die nicht in grossen Tiefen leben können,

ihre Ringbauten aufgeführt? Dies ist offenbar die grosse Schwierigkeit, ebenso wie bei den Atollen, welche gewöhnlich übersehen worden ist. Man wird das deutlicher beim Betrachten der folgenden Querschnitte erkennen,

welche wirkliche,

in

nordsüdlicher Richtung durch die

Inseln Vanikoro, Gambier, und Maurua mit ihren Barrenriffen gezogene sind;

dieselben

sind

sowohl in H ö h e als in seitlicher

Ausdehnung

Zwanzigstes Kapitel

554

nach demselben Maassstabe von einem viertel Zoll zn einer Meile gezeichnet. Bemerkt soll noch werden, dass man die Querschnitte auch in jeder anderen Richtung von diesen Inseln oder von vielen anderen umringten Inseln hätte machen können, und sie würden im Ganzen stets dasselbe Bild gegeben haben. Hält man jetzt fest, dass riffbildende Korallen nicht in einer grösseren Tiefe als von 20 bis 30 Faden leben können, und dass der Maassstab so klein ist, dass die an der rechten Seite gezeichneten Lothmasse eine Tiefe von 200 Faden anzeigen, worauf sind dann diese Banenriffe gegründet?

x. Vanikoro. a. Gambierinseln. 3. Maurua. Die horizontale Schrafftrung zeigt die Barrenrifle und die Lagunenkanäle an. Die schräge Schraffirung über dem Meeresspiegel ( A A ) zeigt die wirkliche Gestalt des Landes, die schräge Schraffirung unter dieser Linie ihre wahrscheinliche Fortsetzung unter Wasser.

Sollen wir annehmen, dass jede Insel von einem kragenartigen unterseischen Felsrande oder von einer grossen Bank von Sediment umgeben ist, welche plötzlich da endet, wo das Riff endet?

Hätte

das Meer früher die Inseln stark mitgenommen, ehe sie durch die Riffe geschützt waren, und so um dieselben in geringer Tiefe unter Wasser einen Absatz geschaffen, so würden die gegenwärtigen Ufer ohne Unterschied sehr steile Abhänge haben; aber das ist nur sehr selten der Fall.

Ausserdem ist es bei dieser Anschauung nicht möglich

Korallenbildungen

555

zu erklären, warum die Korallen wie eine Mauer auf dem alleräussersten Rande hochgewachsen sein sollten, wobei sie oft einen breiten Wasserraum frei Hessen, der zu tief für das Wachsthum der Korallen war.

Die Anhäufung von Ablagerungen in grosser Aus-

dehnung rings um diese Inseln, die gewöhnlich da am weitesten sind, wo die eingeschlossenen Inseln am kleinsten sind, ist in hohem Grade unwahrscheinlich, zumal bei ihrer ausgesetzten Lage in den mittleren und tiefsten Theilen des Oceans. Bei dem Barrenriff vonNeu-Caledonien, welches sich 150 Meilen über die Nordspitze der Insel in derselben geraden Linie hinaus erstreckt, in welcher es der Westküste vorgelagert ist, scheint es kaum glaublich, dass eine Bank von Ablagerungen sich in so gerader Richtung einer hohen Insel gegenüber bilden und über ihr Ende hinaus so weit in das offene Meer ragen sollte.

Wenn wir

schliesslich auf andere oceanische Inseln blicken von ungefähr derselben Höhe und ähnlicher geologischer Beschaffenheit, die aber nicht von Korallenriffen umringt sind, so können wir lange vergebens nach einer so geringen Tiefe wie 30 Faden in ihrer Umgebung suchen, ausgenommen ganz nahe am Ufer, denn das Land, das steil aus dem Wasser aufsteigt, wie es die meisten der umringten und nicht umringten oceanischen Inseln thun, fällt auch unter dem Wasser gewöhnlich steil ab.

Worauf, frage ich wieder, sind dann diese Barrenriffe ge-

gründet?

Warum liegen sie mit ihren breiten und tiefen Kanälen,

die Festungsgräben gleichen, so weit von dem eingeschlossenen Lande ? Wir werden bald sehen, wie leicht diese Schwierigkeiten verschwinden. Wir kommen jetzt zu unserer dritten Klasse, den Saumriffen, welche nur wenige Bemerkungen erfordern.

W o das Land unter

Wasser steil abfällt, sind diese Riffe nur wenige Meter breit und bilden nur ein Band oder einen Saum um das Ufer; wo das Land aber unter dem Wasser sanft abfällt, dehnt sich das Riff weiter aus, zuweilen bis zu einer Meile vom Lande, doch in solchen Fällen zeigen die Lothungen ausserhalb des Riffs immer, dass auch die unterseeische Fortsetzung des Landes sanft geneigt ist.

Thatsächlich erstrecken

sich die Riffe nur bis zu einer Entfernung vom Ufer, in welcher eine Grundlage in der erforderlichen Tiefe, nicht über 20 bis 30 Faden, gefunden wird.

Was das wirkliche Riff angeht, so unterscheidet es

556

Zwanrig»tes Kapitel

sich nicht wesentlich von dem, das eine Barre oder ein Atoll bildet; es ist indessen meist von geringerer Breite und haben sich daher selten Eilande darauf gebildet. Weil die Korallen kräftiger an der Aussenseite wachsen, und weil die nach innen gespülten Ablagerungen schädlich wirken, ist der Aussenrand des Riffes sein höchster Theil, und zwischen ihm und dem Lande befindet sich gewöhnlich ein seichter, sandiger, nur einige Fuss tiefer Kanal. "Wo sich Ablagerungen bis nahe an die Oberfläche aufgehäuft haben, wie in einigen Theilen von Westindien, werden sie manchmal von Korallen umsäumt, und gleichen solche Bildungen dann in gewisser Hinsicht den Laguneninseln oder Atollen, ebenso wie Saumriffe, welche sanft abfallende Inseln umgeben, bis zu einem gewissen Grade den Barrenriffen gleichen. Keine Theorie über die Bildung von Korallenriffen, welche nicht die drei grossen Klassen einbegreift, kann als genügend gelten. Wie wir gesehen haben, sind wir dazu genöthigt worden, an die Senkung jener weiten Gebiete zu glauben, welche übersäet sind mit niedrigen Inseln, von denen nicht eine über die Höhe hinaus ragt, bis zu welcher Winde und Wellen feste Gegenstände schleudern können, und die doch von Thieren aufgebaut worden sind, die eine Grundlage verlangen, und zwar eine in nicht grosser Tiefe. Nehmen wir dann «ine von Saumriffen umgebene Insel an, die in ihrem Baue keine Schwierigkeit bietet und lassen wir diese Insel mit ihrem Riffe (welche durch die ganzen Linien der folgenden Zeichnung dargestellt wird), langsam sinken. Jetzt während die Insel sinkt, entweder ein paar Fuss auf einmal oder ganz unmerklich, können wir mit Sicherheit folgern nach dem, was wir über die dem Wachsthum der Korallen günstigen Bedingungen wissen, dass die lebenden Korallenmassen, welche von den Wellen am Rande des Riffes überspült werden, bald wieder die Oberfläche erreichen werden. Doch ganz allmählich wird das Wasser über das Ufer vordringen, die Insel wird niedriger und kleiner werden und der Raum zwischen der Innenkante des Riffes und dem Strande entsprechend breiter. Ein Querschnitt des Riffes und der Insel in diesem Zustande, nach einer Senkung von einigen hundert Fuss, wird durch die punktirten Linien angegeben. Wir nehmen an,

557

Korallenbildungen

dass sich Koralleneilande auf dem R i f f e gebildet haben, und dass ein Schiff in dem Lagunenkanal ankert.

Dieser Kanal wird mehr oder

weniger tief sein, je nach dem Maasse der Senkung, nach der Menge der Ablagerungen und dem "Wachsthume der zart verzweigten Korallen, welche dort gedeihen. jeder Hinsicht

Der Querschnitt gleicht in diesem Zustande in

einem durch eine umringte Insel gezogenen:

in der

That ist es ein wirklicher Querschnitt (im Maassstabe von 0,517 Zoll zu einer Meile) von Bolabola,

einer Insel im Stillen Ocean.

Jetzt

können wir sogleich verstehen, warum umringende Barrenriffe so weit von den Ufern gegenüber abliegen.

W i r können auch wahrnehmen,

A A A u s s e n k a n t e n des Saumriffcs auf dem M e e r e s s p i e g e l . —

B 6 die U f e r der um-

säumten Insel. A ' A ' A u s s e n k a n t e n des R i f f e s nach periotle, j e t z t in eine

Barre

seinem A u f w a c h s e n während einer S e n k u n g s -

mit Eilanden v e r w a n d e l t . —

u m r i n g t e n Insel. — C C NB.

In dieser wie der f o l g e n d e n Z e i c h n u n g

B ' B ' die U f e r der j e t z t

Lagunenkanal. konnte

das Sinken des L a n d e s nur

durch eine scheinbare H e b u n g des M e e r e s s p i e g e l s dargestellt w e r d e n .

dass eine Linie,

senkrecht von der Aussenkante

des neuen R i f f e s

herabgezogen zu der Grundlage von festem Gesteine unter dem alten Saumriffe, jene geringe Tiefengrenze, bis zu welcher bauende Korallen leben können, um ebenso viele Fuss überschreiten wird, als die Senkung betragen hat: —

denn die kleinen Baumeister haben ihre wall-

artige Masse aufgebaut, während das Ganze sich senkte,

auf einem

Grunde, der aus anderen Korallen und deren verdichteten Ueberresten bestand.

So schwindet die Schwierigkeit über diesen wichtigen Punkt,

die so gross erschien. Hätten wir statt einer Insel das Ufer eines mit Riffen umsäumten Festlandes angenommen und uns vorgestellt, es sei gesunken, so würde

558

Zwanzigstes Kapitel

offenbar in Folge davon, wie bei Australien oder Neu-Caledonien, eine grosse, gerade, durch einen breiten und tiefen Kanal vom Lande getrennte Barre entstanden sein. Nehmen wir nun das neugebildete umringende Barrenriff, dessen Querschnitt in der nächsten Zeichnung mit ganzen Linien dargestellt ist, und welcher, wie ich schon gesagt habe, in Wirklichkeit der von der Insel Bolabola ist, und lassen wir es weiter sinken. So wie das Barrenriff langsam untersinkt, werden die Korallen sich kräftig weiter nach oben entwickeln; aber wie die Insel sinkt, wird das Wasser Zoll um Zoll am Ufer steigen — die einzelnen Berge werden zuerst Inseln innerhalb eines grossen Riffes bilden — und endlich wird auch

A ' A ' Aussenkanten des Barrenriffcs auf dem Meeresspiegel, mit Eilanden darauf. — B ' B ' die Ufer der eingeschlossenen Insel. — C C Lagunenkanal. A " A " Aussenkanten des jetzt in ein Atoll verwandelten Riffes. — C' die Lagune des neuen Atolls. NB. Nach dem richtigen Verhältnisse ist die Tiefe des Lagunenkanals und der Lagune sehr übertrieben.

die letzte und höchste Spitze verschwinden. In dem Augenblicke, in welchem dies geschieht, ist ein vollständiges Atoll da: ich habe gesagt, man nehm« das hohe Land aus der Mitte eines umringenden Barrenriffes, und man hat hier ein Atoll, und das Land ist fort. Wir können jetzt einsehen, woher es kommt, dass Atolle, welche aus umringenden Barrenriffen entstanden sind, diesen in der allgemeinen Grösse, Form und Art ihrer Gruppirung gleichen und auch nach ihrer Lage in einfachen oder doppelten Reihen; denn man kann sie ungefähre Umrisskarten der versunkenen Inseln nennen, Aber denen sie

Korallenbildungen

559

liegen. "Wir können ferner sehen, warum die Atolle in dem Stillen und Indischen Ocean sich in Linien ausdehnen, die der allgemein herrschenden Richtung der hohen Inseln und grossen Küstenlinien dieser Meere parallel laufen. Deshalb wage ich zu behaupten, dass durch die Theorie des Aufwärtswachsens der Korallen während des Sinkens des Landes* alle Hauptzüge jener wunderbaren Bildungen, der Laguneninseln oder Atolle, welche so lange die Aufmerksamkeit der Seefahrer erregten, wie auch der nicht weniger wunderbaren Barrenriffe, ob diese nun kleine Inseln umringen oder sich auf hunderte von Meilen vor die Ufer eines Festlandes lagern, so auf einfache "Weise erklärt sind. Man kann fragen, ob ich irgend einen direkten Beweis für das Sinken der Barrenriffe oder Atolle beibringen kann; aber man muss dabei bedenken, wie schwer es ist, überhaupt eine Bewegung zu erkennen, die darauf ausgeht, den betroffenen Theil unter dem Wasser zu verbergen. Nichtsdestoweniger bemerkte ich auf dem Keeling-Atoll überall an der Lagune alte Cocosbäume, welche unterhöhlt waren und umstürzten; an einer Stelle wurden die Grundpfähle eines Schuppens, von dem die Bewohner versicherten, dass er vor sieben Jahren gerade über der Hochwasser - Marke gestanden habe, jetzt täglich von jeder Fluth bespült: auf meine Erkundigung erfuhr ich, dass drei Erdbeben, von denen eines sehr stark gewesen, während der letzten zehn Jahre verspürt worden sind. Bei Vanikoro ist der Lagunenkanal auffallend tief; kaum irgend etwas alluvialer Boden hat sich am Fusse der hohen eingeschlossenen Berge angesammelt, und auffallend wenige Eilande sind durch Aufhäufung von Trümmern und Sand auf dem wallartigen Barrenriffe entstanden; diese und einige ähnliche Thatsachen bringen * Es gewährte mir eine grosse Befriedigung folgende Stelle in einer kleinen Schrift von Mr. Couthouy, einem der Naturforscher bei der grossen Antarktischen Expedition der Vereinigten Staaten, zu finden: „Nachdem ich persönlich eine grosse Zahl von Koralleninseln besucht und acht Monate auf solchen vulkanischen Inseln zugebracht habe, welche Strand- und theilweise umringende Riffe haben, darf ich mir erlauben auszusprechen, dass meine eigenen Beobachtungen mich von der Richtigkeit von Mr. Darwin's Theorie überzeugt haben." — Doch sind die Naturforscher dieser Expedition in einigen Punkten über die Korallenbildungen mit mir verschiedener Meinung.

560

Zwanzigstes Kapitel

mich zu dem Glauben, dass diese Insel sich kürzlich gesenkt haben und das Riff aufwärts gewachsen sein muss: hier sind ebenfalls Erdbeben häufig und sehr heftig. Bei den Gesellschaftsinseln dagegen, wo die Lagunenkanäle fast verschlammt sind, wo viel niedriges alluviale» Land angeschwemmt worden ist, und wo sich an manchen Stellen lange Eilande auf den Barrenriffen gebildet haben — lauter Vorgänge, welchebeweisen, dass die Inseln sich neuerdings nicht gesenkt haben —, werden nur sehr selten schwache Erdstösse verspürt. Bei diesen Korallenbildungen, wo Land und Wasser um die Herrschaft zu ringen scheinen, muss es immer schwer sein, zwischen den Wirkungen zu entscheiden, welche durch eine veränderte Richtung der eintretenden Fluth und welche durch eine geringe Senkung hervorgerufen werden. Dass viele dieser Riffe und Atolle mancherlei Veränderungen unterworfen sind, ist sicher; auf manchen Atollen scheinen sich die Eilande in neuerer Zeit sehr vergrössert zu haben; auf anderen sind sie theilweise oder ganz fortgewaschen worden. Die Bewohner einiger Xheile des Maldiven-Archipels kennen genau das Datum von dem ersten Entstehen mancher Eilande; in anderen Theilen sind jetzt auf überspülten Riffen Korallendickichte, und geben Löcher, die einst Gräber waren, Zeugniss von früher bewohntem Lande. Es ist schwer, an häufige Wechsel in den Fluthbewegungen eines offenen Oceans zu glauben; dagegen haben wir in den Erdbeben, von welchen die Eingeborenen auf einigen Atollen berichten, und in den grossen Spalten, die man auf anderen Atollen bemerkt hat, deutliche Beweise von Veränderungen und Störungen, die in den unterirdischen Regionen vor sich gehen. Es erhellt aus unserer Theorie, dass Küsten, die nur von Riffen umsäumt sind, nicht merklich gesunken sein können; und deshalb müssen sie, seit ihre Korallen gewachsen sind, entweder so geblieben oder gehoben worden sein. Nun ist es bemerkenswerth, wie allgemein man durch das Vorhandensein emporgehobener organischer Ueberreste beweisen kann, dass die umsäumten Inseln höher geworden sind: und insofern ist es ein indirektes Zeugniss zu Gunsten unserer Theorie. Dieses fiel mir besonders auf, als ich zu meinem Erstaunen bemerkte, dass die Beschreibungen, welche die Herren Quoy und Gaimard

561

Korallenbildungen

gegeben haben, nicht wie es von ihnen geschehen, auf Riffe im Allgemeinen angewandt werden können, sondern nur auf die Saumriffe. Doch wanderte ich mich nicht mehr, als ich später ersah, dass durch einen seltsamen Zufall alle die verschiedenen, von jenen ausgezeichneten Naturforschern besuchten Inseln, wie man aus ihren eigenen Angaben entnehmen kann, binnen einer neueren geologischen Epoche gehoben worden sind. Nicht nnr die grossartigen Erscheinungen im Bau der Barrenriffe und Atolle, und ihre Aehnlichkeit untereinander in Gestalt, Umfang und anderen Eigenthümlichkeiten lassen sich durch die Senkungstheorie erklären, — welche Theorie wir allein schon, gerade für die betreffenden Gebiete, gelten zu lassen gezwungen sind, aus der Notwendigkeit, Grundlagen in erforderlicher Tiefe für die Korallen zu finden — sondern auch viele Einzelheiten im Bau und Ausnahmefälle können so leicht erklärt werden. Ich will nur wenige Beispiele mittheilen: Bei den Barrenritfen hat man es längst mit Verwunderung bemerkt, dass die Durchfahrten durch das Riff genau Thälern auf dem eingeschlossenen Lande gegenüberliegen, selbst in Fällen, wo das Riff vom Lande durch einen Lagunenkanal getrennt ist, welcher viel breiter und tiefer als die eigentliche Durchfahrt ist, und es daher kaum möglich erscheint, dass die sehr geringen Mengen von Wasser oder Sediment, welche von dort herunter kommen, den Korallen an dem Riffe schaden können. Nun wird jedes Riff von der Klasse der Saumriffe stets durch eine schmale Gasse vor der Mündung des kleinsten Baches durchbrochen, auch wenn dieser während des grössten Theils des Jahres trocken ist; denn Schlamm, Sand und Kies, die gelegentlich heruntergeschwemmt werden, vernichten die Korallen, auf denen sie sich ablagern. Daher, wenn eine so umsäumte Insel sinkt, werden wohl die meisten jener engen Gassen durch das Wachsen der Korallen nach aussen und oben geschlossen werden, aber die, welche nicht zuwachsen (und einige müssen stets offen bleiben wegen des Sediments und des unreinen Wassers, das aus dem Lagunenkanal abfliesst), werden noch immer den oberen Theilen jener Thäler gerade gegenüber liegen, an deren Mündungen ursprünglich die Fundamental- und Saumriffe durchbrochen waren. D a r w i n , Reise.

36

562

Zwanzigstes Kapitel

"Wir können leicht verstehen,

wie eine Insel,

vor der nur an

einer Seite, oder solche, vor deren einer Seite and zugleich um ein Ende

oder um

beide Enden herum Barrenriffe liegen,

nach einer

lang andauernden Senkung entweder in ein einziges wallartiges Riff, oder in ein Atoll, von welchem ein grosser gerader Sporn vorspringt, oder in zwei oder drei Atolle, die durch geradlinige Riffe mit einander verbunden sind, verwandelt werden kann, — alle diese Ausnahmefälle kommen thatsächlich vor.

D a die riffbildenden Korallen Nahrung

bedürfen, da sie anderen Thieren zur Nahrung dienen, sie durch Sediment getödtet werden, sie auf lockerem Boden nicht zu haften vermögen und leicht in eine Tiefe hinabgerissen werden,

aus der sie

nicht hochwachsen können, dürfen wir uns nicht wundern,

dass die

R i f f e sowohl eines A t o l l s als einer Barre manchmal Lücken bekommen. So ist die grosse Barre von Neu-Caledonien lückenhaft und an vielen Stellen unterbrochen;

es würde daher dieses grosse Riff nach einer

lang andauernden Senkung nicht ein grosses 400 Meilen langes Atoll, sondern eine K e t t e oder einen Archipel von Atollen

hervorbringen,

von fast ganz gleicher Ausdehnung, wie die des Maldiven-Archipels. Ferner ist bei einem A t o l l , das einmal an gegenüberliegenden Seiten durchbrochen ist, wegen der wahrscheinlich durch die Lücken hindurchgehenden Meeres- und Fluthströmungen es äusserst unwahrscheinlich, dass die Korallen, besonders während anhaltender Senkung, je wieder im Stande sein sollten, den R a n d zu ergänzen;

geschieht das aber

nicht beim Sinken des Ganzen, so wird das eine A t o l l in zwei oder mehrere getheilt werden. Atolle,

Im Maldiven - Archipel giebt es bestimmte

so zu einander gelegen und durch unergründliche oder sehr

tiefe K a n ä l e von einander getrennt (der K a n a l zwischen dem R o s s und Ari-Atoll ist 150 F a d e n ,

und der zwischen den nördlichen und

südlichen Nillandoo-Atollen 200 F a d e n tief), dass man sie unmöglich auf einer Karte sehen kann, ohne zu glauben, dass sie einst in noch näherer Beziehung zu einander gestanden haben.

A u c h ist in eben

demselben Archipel das Mahlos-Mahdoo-Atoll durch einen gegabelten, 100 bis 132 Faden tiefen K a n a l in einer Weise getheilt, dass es kaum zu sagen ist, ob man es, genau genommen, als drei besondere A t o l l e oder ein grosses noch nicht völlig getheiltes A t o l l bezeichnen soll.

Korallenbildungen

563

Ich will nicht mehr auf viele Einzelheiten eingehen; ich muss nur noch bemerken, dass der merkwürdige Bau der nördlichen Maldiven-Atolle (wenn man den freien Zutritt des Meeres durch ihre durchbrochenen Ränder in Betracht zieht) eine einfache Erklärung erhält durch das nach oben und nach aussen "Wachsen der Korallen, welche ursprünglich sowohl auf kleinen abgesonderten Riffen in ihren Lagunen (wie solche in den meisten Atollen vorkommen)

als auch

auf abgebrochenen Xheilen der linienförmigen Randriffe (wie solche jedes Atoll gewöhnlicher Art begrenzen) ihre Grundlage hatten. kann nicht umhin,

noch einmal auf die Eigenthümlichkeit

Ich dieser

complicirten Gebilde hinzuweisen, —• eine grosse sandige, meist gehöhlte Scheibe steigt steil aus dem unergründlichen Ocean auf; ihre mittlere Fläche ist besetzt und ihr R a n d symmetrisch eingefasst mit ovalen Becken von Korallengestein, welche gerade bis an die Oberfläche des Meeres reichen, manchmal mit Pflanzenwuclis bedeckt sind und jedesmal einen See von klarem Wasser enthalten! Noch auf eines will ich näher eingehen: da von zwei benachbarten Inselmeeren die Korallen in dem einen gedeihen und in dem anderen nicht, und da so viele früher erwähnte Bedingungen ihr Dasein beeinflussen, würde es eine unerklärliche Erscheinung sein, wenn während der "Veränderungen, denen E r d e , Luft und Wasser unterworfen sind, die riff bildenden Korallen auf irgend einer Stelle oder einem Gebiet beständig weiter lebten.

Da nun nach unserer Theorie

die Gebiete, auf denen es Atolle und Barrenriffe giebt, sich senken, sollte man gelegentlich abgestorbene und unter dem Wasser befindliche Riffe finden. Auf allen Riffen ist, weil das Sediment aus dem Lagunenkanal nach der Leeseite oder der windgeschützten Seite hinausgeschwemmt wird, jene Seite dem dauernden kräftigen Wachsthum der Korallen am wenigsten günstig, weswegen an der Leeseite nicht selten im Riffe abgestorbene Strecken vorkommen; und wenn diese auch noch ihre eigenthümliche wallartige Gestalt behalten haben, sind sie jetzt in verschiedenen Fällen doch mehrere Faden unter die Oberfläche gesunken.

Die Chagosgruppe erscheint aus irgend einem Grunde, viel-

leicht weil die Senkung zu schnell gewesen ist, gegenwärtig dem Wüchse der Riffe sehr viel weniger günstig als früher: an einem Atoll 36*

564

Zwanzigstes Kapitel

ist eine Strecke seines RandrifFes von neun Meilen Länge todt und überfluthet; bei einem zweiten ragen nar einige wenige ganz kleine lebende Spitzen über die Oberfläche; ein drittes und viertes sind ganz todt und versunken; ein fünftes ist nur noch eine Ruine, deren frühere Gestalt kaum noch zu erkennen ist.

Auffallend ist, dass in allen

diesen Fällen die todten Riffe oder Teile von Riffen in nahezu derselben Tiefe liegen, nemlich sechs bis acht Faden unter dem Meeresspiegel, als ob sie durch eine einheitliche Bewegung hinabbefordert worden wären.

Eines dieser ,halb versunkenen Atolle", wie Kapitän

Moresby sie nennt (dem ich für viele unschätzbare Mittheilungen verpflichtet bin), ist von ungeheuerer Grösse, nemlich 90 Seemeilen im Durchmesser in einer und 70 Meilen in anderer Richtung, und ist in vieler Beziehung ausserordentlich merkwürdig.

Da aus unserer Theorie

hervorgeht, dass neue Atolle gewöhnlich in jedem neuen Senkungsgebiet entstehen, könnte man zwei gewichtige Einwände dagegen erheben; nemlich, dass die Atolle an Zahl unendlich zunehmen müssten und zweitens, dass in alten Senkungsgebieten jedes einzelne Atoll unendlich an Dicke zunehmen müsste, wenn keine Beweise für ihre gelegentliche Zerstörung

angeführt werden könnten.

So haben wir

die Geschichte dieser grossen R i n g e von Korallengestein von ihrem ersten Ursprung an verfolgt durch ihre regelmässigen Veränderungen und durch die gelegentlichen Unfälle, welche ihre Existenz bedrohen, bis zu ihrem Absterben und ihrer schliesslichen Vernichtung. Meinem Werke über „Korallenbildungen" habe ich eine Karte beigegeben, auf der ich alle Atolle dunkelblau, die Barrenriffe hellblau und die Saumriffe roth bezeichnet habe.

Diese letzteren R i f f e

sind gebildet worden, während das Land unverändert blieb, oder wie es nach dem häutigen Vorkommen emporgehobener organischer Ueberreste den Anschein hat, während es langsam aufstieg; Atolle und Barrenriffe sind andrerseits während der gerade

entgegengesetzten

Senkungsbewegung aufgewachsen, welche Bewegung sehr allmählich vor sich gegangen und bei den Atollen so gewaltig tiefgehend gewesen sein muss, dass in weiten Meeresräumen jeder Berggipfel untergegangen ist.

Nun sehen wir auf dieser Karte, dass die blass- und dunkelblau

bezeichneten Riffe, welche in Folge derselben Bewegung entstanden sind,

Korallenbildungen

565

im allgemeinen offenbar nahe bei einander liegen. Auch sehen wir, dass die beiden blauen Gebiete eine weite Ausdehnung haben und dass sie abseits von den langgedehnten rothfarbigen Küsten Hegen; diese beiden Umstände konnte man naturgemäss schon folgern aus der Theorie, dass die Natur der Riffe bestimmt worden ist durch die Natur der Erdbewegung. Es verdient Beachtung, dass in mehr als einem Falle, wo einzelne rothe und blaue Kreise sich einander nahe kommen, ich beweisen kann, dass Schwankungen der Oberfläche stattgefunden haben; denn in diesen Fällen sind die rothen oder umsäumten Kreise Atolle, welche ursprünglich nach unserer Theorie während einer Senkung gebildet, später aber wieder hochgehoben worden sind; und andrerseits bestehen einige der hellblauen oder umringten Inseln aus Korallengestein, das zu seiner gegenwärtigen Höbe befördert sein rauss, ehe jene Senkung, während der die bestehenden Barrenriffe aufwuchsen, stattfand. Andere Forscher haben mit Verwundem bemerkt, dass Atolle zwar über ungeheuere Strecken der Oceane hin die gewöhnlichsten Korallenbildungen sind, sie in anderen Meeren aber, wie in Westindien, gänzlich fehlen: wir können jetzt die Ursache davon gleich erkennen; denn wo es keine Senkung gegeben hat, können keine Atolle entstanden sein; und in dem Falle von Westindien und von einigen Theilen Ostindiens wissen wir, dass diese Strecken sich binnen der neueren Periode gehoben haben. Die grösseren rothen und blauen Gebiete sind sämmtlich lang gedehnt, und zwischen den beiden Farben ist ein gewisser Grad von Abwechselung, als ob das Steigen der einen das Sinken der anderen ausgeglichen hätte. Erwägt man die Beweise für neuere Erhebung sowohl an den umsäumten Küsten, als auch an einigen anderen (z. B. von Südamerika), wo keine Riffe sind, so kommen wir zu dem Schlüsse, dass die grossen Continente meistentheils Erhebungsgebiete sind: und dass, nach der Natur der Korallenriffe, die mittleren Theile der grossen Oceane Senkungsgebiete sind. Der ostindische Archipel, das zerrissenste Land der W e l t , ist in den meisten Theilen ein Erhebungsgebiet, wird aber umgeben und durchzogen, wahrscheinlich in mehr als einer Richtung, von schmalen Senkungsgebieten. Ich habe auf

566

Zwanzigstes Kapitel

derselben Karte die vielen bekannten thätigen Vulkane mit scharlachrothen Punkten bezeichnet. Ihr vollständiges Fehlen in jedem der grossen Senkungsgebiete, sowohl den dunkel- als den hellblauen, ist sehr auffallend; und nicht weniger so ist das Zusammentreffen der wichtigsten vulkanischen Bergketten mit den rothgefarbten Theilen, von denen wir Anlass haben zu glauben, dass sie entweder lange unverändert geblieben, oder häufiger noch in neuerer Zeit gehoben worden sind. Obgleich sich einige wenige scharlachrothe Punkte in keiner sehr grossen Entfernung von einzelnen blaufarbenen Kreisen finden, so liegt doch kein einziger thätiger Vulkan näher einem Inselmeer oder nur einer kleinen Gruppe von Atollen, als mehrere hundert Meilen. Es ist darum eine auffallende Erscheinung, dass auf den Freundschaftsinseln, die aus einer Gruppe emporgehobener und dann theilweise zerstörter Atolle bestehen, zwei Vulkane, und vielleicht auch mehr, wie historisch überliefert, in Thätigkeit gewesen sind. Andrerseits sind wohl die meisten Inseln im Stillen Ocean, welche von Barrenriffen umringt sind, vulkanischen Ursprungs, oft noch mit deutlich gebliebenen Kratern, aber bei keinem weiss man etwas von einem Ausbruch. Daher geht aus diesen Fällen hervor, dass an denselben Stellen Vulkane in Thätigkeit gerathen und erlöschen, je nachdem hebende oder senkende Bewegungen dort vorherrschen. Zahllose Thatsachen könnten angeführt werden, um zu beweisen, dass emporgehobene organische Ueberreste überall häufig vorkommen, wo es thätige Vulkane giebt; aber bevor man beweisen konnte, dass in Senkungsgebieten Vulkane entweder fehlten oder unthätig waren, wäre der an sich so wahrscheinliche Schluss, dass ihre Vertheilung von dem Steigen oder Sinken der Erdrinde abhinge, doch gewagt gewesen. Aber jetzt, denke ich, können wir diese wichtige Schlussfolgerung ohne weiteres zulassen. Werfen wir zum Schlüsse noch einen Blick auf die K a r t e und vergegenwärtigen wir uns die gemachten Angaben über die emporgehobenen organischen Ueberreste; wir müssen dann staunen über die ungeheuere Ausdehnung der Gebiete, welche binnen einer geologisch nicht fernen Periode Veränderungen ihrer Oberfläche nach oben oder unten erfahren haben. Auch ergiebt sich, dass die hebenden

Korallenbildungeo

567

und senkenden Bewegungen fast denselben Gesetzen folgen. Ueberall auf den mit Atollen übersäeten Gebieten, wo nicht ein einziger Berggipfel über dem Spiegel des Meeres zurückgeblieben ist, muss die Senkung eine ungeheuer grosse gewesen sein. Ausserdem muss das Sinken, gleichviel ob es andauernd oder mit Zwischenräumen geschah, die genügend lang für die Korallen waren, um ihre lebenden Bauten wieder bis zur Oberfläche aufzuführen, nothwendigerweise ausserordentlich langsam vor sich gegangen sein. Dieser Schluss ist wahrscheinlich der wichtigste, den man aus dem Studium der Korallenbildungen herleiten kann: und es ist schwer denkbar, wie man auf andere Weise je auf ihn gekommen sein würde. Ich kann auch nicht ganz übergehen, dass wahrscheinlich früher grosse Archipele mit bergigen Inseln da waren, wo jetzt nur Korallenringe kaum die weiten Meeresflächen unterbrechen: etwas Licht wird dadurch auf die Vertheilung der Bewohner von anderen hohen Inseln geworfen, die jetzt in so bedeutender Entfernung von einander inmitten grosser Oceane übrig geblieben sind. Die riffbauenden Korallen geben uns in der That wunderbare Kunde von unterirdischen Schwankungen; wir sehen in jedem Barrenriff einen Beweis, dass das Land sich dort gesenkt hat, und in jedem Atoll ein Denkmal von einer jetzt verschwundenen Insel. So können wir, gleich einem Geologen, der seine zehntausend Jahre gelebt und einen fortlaufenden Bericht über die vorkommenden Veränderungen geführt hat, eine Uebersicht gewinnen über die Vorgänge, durch welche die Oberfläche der Erdkugel umgestaltet, und Land und Wasser vertheilt worden ist.

EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL. Mauritius — Grosser kraterförmiger Ring von Bergen — Hindus — St. Helena — Geschichte der Veränderungen in der Vegetation — Ursache des Aussterbens der Landschalthiere — Ascension — Entartung der eingeführten Ratten — Vulkanische Bomben — Infusorienschichten — Bahia — Brasilien — Pracht der tropischen Landschaft — Pernambuco — E i g e n t ü m l i c h e s Riff — Sklaverei — Rückkehr nach England — Rückblick auf unsere Reise.

VON MAURITIUS NACH

29.

April.

A m Morgen

ENGLAND.

umsegelten

wir

die Nordspitze

von

Mauritius oder Isle de France.

Dieser erste Anblick der Insel entsprach

den Vorstellungen,

sich nach

den vielen bekannten

Be-

schreibungen von ihrer landschaftlichen Schönheit gemacht hatte.

Die

sanft

ansteigende

die

man

Ebene

der Pompelmusen

mit ihren

vereinzelten

Häusern und den hellgrün schimmernden grossen Feldern von Zuckerrohr bildete den Vordergrund. auf,

Das brillante Grün fiel um so mehr

da diese Farbe gewöhnlich nur aus sehr geringer

kenntlich ist.

Entfernung

Gegen die Mitte der Insel erhoben sich Gruppen be-

waldeter Berge aus der herrlich angebauten E b e n e ; ihre Gipfel waren, wie

es

so häufig bei

altem vulkanischen Gestein der F a l l ist, in

schärfste Spitzen ausgezackt.

W e i s s e "Wolkenmassen lagerten um diese

Zinnen, wie zum Gefallen der fremden Gäste.

Die Insel mit ihren

geneigten Küstenrändem und den Bergen in der Mitte, alles machte einen Eindruck von vollendeter A n m u t h ; die Anordnung war,

wenn

ich den Ausdruck gebrauchen darf, von schönstem Ebenmasse. Den grössten Theil des nächsten Tages verbrachte ich damit, dass ich in der Stadt herumging und verschiedene Leute besuchte.

Die

Stadt ist von beträchtlicher Grösse und soll 20000 Einwohner z ä h l e n ;

569

Mauritius (1836)

die Strassen sind sehr sauber und regelmässig.

Obwohl die Insel

seit so vielen Jahren unter englischer Herrschaft steht, ist der Charakter der Stadt ganz französisch; die Engländer sprechen französisch mit ihren Dienstboten, und die Läden sind alle französisch; ich glaube •wirklich, dass Calais oder Boulogne viel anglisirter sind.

Es giebt

dort ein sehr hübsches kleines Theater, in dem Opern ausgezeichnet gegeben werden.

Wir sahen auch zu unserm Verwundern grosse,

wohl versehene Buchläden — Musik und Bücher zeigten an, dass wir uns der alten civilisirten Welt näherten; denn in der That sind sowohl Australien wie Amerika neue Welten. Die verschiedenen Menschenrassen, welche sich in den Strassen bewegen, gewähren in Port Louis das interessanteste Schauspiel. Sträflinge aus Indien werden für Lebenszeit hierher verbannt; gegenwärtig sind ihrer gegen 800 hier und sie werden bei verschiedenen öffentlichen Arbeiten verwendet.

Ehe ich diese Leute sah, hatte ich

keine Ahnung, dass die Bewohner von Indien so vornehme Erscheinungen waren.

Ihre Haut ist ausserordentlich dunkel, und viele der älteren

Männer hatten grosse Schnurr- und andere Barte von schneeweisser Farbe; dieses und dazu noch das Feuer ihres Ausdrucks gab ihnen «in ganz achtunggebietendes Aussehen.

Die Mehrzahl war wegen

Mord und der schlimmsten Verbrechen verbannt; andere aus Ursachen, welche man kaum als sittliche Fehler ansehen kann, so wie Nichtbeachtung der englischen Gesetze aus abergläubischen Gründen.

Diese

Leute betragen sich gewöhnlich ruhig und anständig; nach ihrem Auftreten, ihrer Sauberkeit, der strengen Beobachtung ihrer eigenthümlichen religiösen Bräuche war es unmöglich, sie mit denselben Augen anzublicken wie unsere elenden Sträflinge in Neu-Süd-Wales. 1. Mai.

Sonntag.

Ich machte einen ruhigen Spaziergang längs

der Meeresküste im Norden der Stadt.

Die Ebene ist dort ganz un-

angebaut; sie besteht aus einem Feld von schwarzer Lava, dessen Unebenheiten durch grobes Gras und Gebüsch, letzteres meistens Mimosen, ausgeglichen werden.

Die Gegend könnte man ein Mittel-

ding zwischen den Galapagosinseln und Tahiti nennen, aber dies würde nur sehr wenigen Leuten eine deutliche Vorstellung geben. eine sehr angenehme Gegend.

Es ist

Doch besitzt sie weder die Reize von

570

Einundzwanzigstes K a p i t e l

Tahiti, noch die Grossartigkeit Brasiliens. A m nächsten Tage bestieg ich La Pouce, einen Berg, der nach einem daumenähnlichen Vorsprung so genannt wird, und welcher sich dicht hinter der Stadt zu einer Höhe von 2600 Fuss erhebt.

Die Mitte der Insel besteht aus einem

grossen Tafellande, das von alten basaltischen Bergen umgeben ist, deren Schichten sich dem Meere zuneigen. besteht

Die mittlere Plattform

aus verhältnissmässig neuen Lavaströmen, hat eine ovale

Gestalt und ist 13 geographische Meilen breit in ihrer kürzeren Axenlinie.

Die äusseren umgrenzenden Berge gehören zu der Klasse von

Gebilden, die man Erhebungskrater nennt, und die nicht wie gewöhnliche Krater, sondern durch eine grosse und plötzliche Erhebung entstanden sein sollen.

Mir scheinen ganz unüberwindliche Bedenken gegen diese

Ansicht zu bestehen; andererseits kann ich kaum glauben, dass hier und anderswo diese kraterförmigen Randberge

nur die Grundreste

ungeheuerer Vulkane sein sollen, deren Gipfel entweder fortgesprengt oder durch unterirdische Abgründe verschlungen worden sind. Von unserem hohen Standpunkte genossen wir eine vorzügliche Aussicht über die Insel.

Man sah auf dieser Seite recht gut angebautes

Land, das in Felder getheilt war, und auf dem viele Farmhäuser lagen. Es wurde mir jedoch versichert, dass von dem ganzen Lande bisher nichts mehr als die Hälfte nutzbar gemacht sei; ist dies der Fall, so wird, in Anbetracht der jetzt schon grossen Zuckerausfuhr, diese Insel in einer späteren Zeit, wenn sie dicht bevölkert ist, von grossem Werthe sein.

Seit England sie in Besitz hat, erst 25 Jahre soll sich

die Ausfuhr von Zucker um das fünfundsiebzigfache gesteigert haben. Eine Hauptursache Landstrassen.

ihres Gedeihens ist der treffliche Zustand

der

Auf der benachbarten Isle de Bourbon, die noch unter

französischer Herrschaft ist, sind die Strassen in demselben elenden Zustande, wie sie auch hier noch vor ein paar Jahren waren. die

französischen Bewohner

grossen Nutzen

von

dem

Obgleich steigenden

"Wohlstand ihrer Insel gehabt haben müssen, ist die englische Regierung doch keineswegs beliebt. 3. Mai.

Am Abend hatte Kapitän Lloyd, der Surveyor-General,

welcher durch seine Untersuchungen der Landenge von Panama bekannt ist, Mr. Stokes und mich nach seinem Landhause geladen, das am

Mauritius (1836)

571

Rande der Wilheim-Ebenen etwa sechs Meilen von Port Louis liegt. W i r blieben zwei Tage an diesem entzückenden Orte ; beinah 800 Fuss über dem Meere gelegen, war die L u f t kühl und frisch, und es gab nach allen Seiten hin wunderschöne Spaziergänge. Dicht dabei durchzog eine ungeheuere Schlucht bis zu einer Tiefe von 500 Fuss die Lavamassen ,

welche

in geringem

Gefalle von

der mittleren

Plattform

heruntergeflossen waren.

5. Mai. welche

Kapitän L l o y d

einige

Meilen

Korallenfelsen dorthin

brachte

südlicher

untersuchen

könnte.

durch hübsche Gärten

uns nach der Rivière

liegt,

damit

Wir

ich

kamen

einige auf

noire,

gehobene

dem

Wege

und schöne Felder von Zuckerrohr,

die zwischen den mächtigen Lavablöcken lagen.

Die W e g e waren

von Mimosenhecken eingefasst, und in der Nähe mancher Häuser gab es Alleen von Mangobäumen. Bisweilen hatten wir Aussichten, zugleich auf die zackigen Berge und auf das bebaute Land, die ausserordentlich malerisch waren, und wir fühlten uns beständig versucht, auszurufen: „ W i e schön, sein Leben an solch einem stillen Orte zuzubringen!" Kapitän L l o y d

besass einen Elephanten und hatte ihn uns für die

Hälfte des W e g e s mitgegeben, damit wir einen R i t t auf echt indische A r t machten.

A m meisten fiel mir dabei der ganz geräuschlose Tritt

des Thieres auf.

Dieser Elephant ist gegenwärtig der einzige auf der

Insel; aber es heisst, dass man mehrere kommen lassen will.

9. Mai.

W i r segelten von Port Louis a b , liefen beim Cap der

Guten Hoffnung an, und am 8. J u l i gelangten wir auf die Höhe von St. Helena.

Diese Insel,

deren wenig

einladender Anblick

so oft

beschrieben worden, steigt steil wie eine grosse schwarze Feste aus dem Meere auf.

In der Nähe der Stadt ist, um die natürliche Festung

noch zu verstärken, jede Lücke zwischen den schroffen F e l s e n mit kleinen Forts und Kanonen besetzt.

Die Stadt zieht sich ein flaches

und schmales Thal hinauf; die Häuser sehen ordentlich aus, und stehen zwischen ihnen hier und da einzelne grüne Bäume.

A l s wir uns dem

Ankerplatz näherten, hatten wir einen überraschenden Anblick:

ein

unregelmässiges Kastell krönte den Gipfel einer steilen Anhöhe und, von vereinzelten Fichten umgeben, ragte es kühn gen Himmel. A m nächsten Tage verschaffte ich mir eine Wohnung nur einen

572

Einundzwanxigstes K a p i t e l

Steinwurf weit von dem Grabe Napoleons,* sie war aasgezeichnet in der Mitte gelegen, und konnte ich mich allen Seiten hin Ausflüge machen.

W ä h r e n d der vier T a g e , die ich hier blieb, wanderte ich

von Morgen bis A b e n d auf der Insel umher und 'untersuchte ihre geologische Geschichte.

Meine Wohnung

lag ungefähr 2000 Fuss

hoch; das W e t t e r war kalt und stürmisch mit beständigen Regengüssen ; und ab und zu war die ganze Gegend durch dichte W o l k e n verschleiert. Nahe der K ü s t e ist die rauhe L a v a ganz kahl; in den mittleren und höheren Theilen ist durch die Zersetzung des Feldspathgesteins ein thoniger Boden entstanden, welcher, wo er nicht mit Pflanzenwuchs bedeckt ist, breite bunte Streifen zeigt.

In dieser Jahreszeit bringt

das von beständigen Regengüssen feuchte Land eine besonders lebhaft grüne W e i d e hervor, welche weiter nach unten allmählich abnimmt und zuletzt schwindet. Unter dem 16. Breitegrade und auf der geringen Höhe von 1 500 Fuss ist man erstaunt, eine Vegetation zu finden, die einen entschieden britischen Charakter hat.

Oben auf den H ü g e l n

stehen unregelmässige Gruppen von schottischen Fichten, und über die A b h ä n g e verstreut sind dichte Ginstergebüsche, mit hellgelben Blüthen bedeckt. die

Viele Trauerweiden sieht man an den Ufern der Bäche, und

Hecken

Früchten.

bestehen

aus Brombeerbüschen

mit

ihren

schwarzen

W e n n wir bedenken, dass die Zahl der Pflanzen, welche

jetzt auf der Insel gefunden werden, 746 beträgt, und dass von diesen nur 52

einheimische A r t e n ,

die anderen alle eingeführt sind,

und

davon die meisten aus England, so verstehen wir den Grund für den britischen Charakter der Vegetation.

Viele dieser englischen Pflanzen

scheinen hier besser als in ihrer Heimat zu gedeihen; auch manche von entgegengesetzten Himmelsstrichen, aus Australien, kommen sehr gut fort.

Die vielen eingeführten Species müssen mehrere heimische

A r t e n verdrängt haben; und nur auf den höchsten und steilsten Bergrücken ist jetzt die urheimische Flora vorherrschend. * N a c h den Bänden von Beredsamkeit, die über diesen G e g e n s t a n d v e r b r e i t e t w o r d e n s i n d , ist es g e f ä h r l i c h , das G r a b auch nur zu erwähnen.

Ein

moderner

S c h r i f t s t e l l e r häuft a u f die arme kleine Insel f o l g e n d e T i t e l : G r u f t , G r a b , P y r a m i d e , F r i e d h o f , Grabstätte, K a t a c o m b e , S a r c o p h a g , Minaret und M a u s o l e u m I

573

St. Helena (1836)

Zu

dem

englischen oder noch mehr welschen Charakter

der

Gegend tragen auch die zahlreichen Hütten und kleinen weissen Häuser bei, die bald tief unten in den Thälern, bald hoch oben auf den Bergen liegen.

Einige der Aussichten sind überraschend, zum Beispiel die in

der Nähe von Sir W . Doveton's Hause, wo die Spitze des Berges Lot kühn über einem dunklen Fichtenwalde hervorragt, und die rothen verwitterten Berge der Südkäste den Hintergrund bilden. Blickt man von einer Anhöhe auf die Insel, so fällt einem zuerst die Zahl der Strassen und Forts auf: die auf staatliche Anlagen verwandte Arbeit scheint, wenn man die Eigenschaft als Gefängniss ausser Acht lässt, ganz unverhältnissmässig zu der Grösse und dem Werthe der Insel. E s giebt so wenig ebenes oder nutzbares Land, dass man sich wundert, wie so viele Bewohner, gegen 5000, hier ihren Unterhalt finden könDen.

Die unteren Klassen oder die freigelassenen Sklaven, welche

wohl furchtbar arm sind, klagen über Mangel an Arbeit. Wegen der Verringerung der Beamtenzahl, seitdem die Insel von der Ostindischen Gesellschaft aufgegeben worden ist, und weil deshalb viele der wohlhabenderen Leute von hier fortgezogen sind, wird die Armuth wahrscheinlich noch zunehmen.

Das Hauptnahrungsmittel der Arbeiter-

Bevölkerung ist Reis mit etwas gesalzenem Fleisch; da aber die Insel keinen von diesen beiden Artikeln hervorbringt,

sondern dieselben

mit Geld bezahlt werden müssen, leiden die Armen schwer unter den niedrigen Löhnen.

Jetzt, da die Leute den Segen der Freiheit ge-

messen, ein Recht, das sie durchaus zu schätzen wissen, wird ihre Zahl wahrscheinlich schnell wachsen: was soll dann aus dem kleinen Staate St. Helena werden ? Mein Führer war ein ältlicher Mann, der in seiner Jugend Ziegenhirt gewesen war und jeden Steg zwischen den Felsen kannte.

Er

war von sehr gemischter Rasse, hatte aber trotz seiner dunklen Hautfarbe nicht den unangenehmen Ausdruck eines Mulatten. E r war sehr höflich und ruhig, und so scheinen die meisten Leute der unteren Klassen hier zu sein.

Mir klang es seltsam, einen fast weissen, an-

ständig gekleideten Mann mit Gleichmuth von den Zeiten sprechen zu hören, als er noch Sklave war.

Mit diesem Gefährten, der unser

Mittagsessen und ein Horn voll Wasser trug, was durchaus nöthig ist,

574

Einundzwanzigstes Kapitel

denn alles Wasser in den niederen Thälero ist salzig, machte ich täglich weite Ausfinge. Unterhalb des oberen

grünen Kreises

wilden Thäler ganz öde und unbewohnt.

in der Mitte sind die

Für den Geologen gab es

hier hochinteressante Ansichten, welche die aufeinander folgenden Veränderungen und mannigfaltigen Störungen zeigten.

Nach meiner

Meinung hat St. Helena als Insel schon seit sehr langen Zeiten bestanden:

indessen sind noch schwache Anzeichen für die Erhebung

des Landes vorhanden.

Ich glaube, dass die mittleren höchsten Gipfel

Randtheile eines grossen Kraters sind, dessen südlichere Hälfte ganz von den Meereswellen fortgerissen ist: ausserdem ist da ein äusserer Wall

von schwarzen basaltigen Felsen, ähnlich den Küstenbergen

von Mauritius, welche älter als die centralen vulkanischen Massen sind. Auf den höheren Theilen der Insel kommt eine Muschel zahlreich in dem Boden eingebettet vor, die man lange Zeit für eine Meerart hielt. Sie ist aber eine Cochlogena oder Landmuschel von sehr eigenthümlicher F o r m ; * mit ihr zusammen fand ich sechs andere Arten und an einer anderen Stelle eine achte Art.

E s ist merkwürdig, dass man

keine von ihnen jetzt lebend findet. Ihr Aussterben ist wahrscheinlich durch die gänzliche Vernichtung der Wälder verursacht, wodurch sie Nahrung und Schutz verloren, wie solches im Anfange des vorigen Jahrhunderts geschah.

Die Geschichte der Veränderungen, welche mit

den gehobenen Ebenen von Longwood und Deadwood vor sich gegangen sind, wie sie General Beatson's Bericht über die Insel angiebt, ist ausserordentlich seltsam. Beide Ebenen, heisst es, wären in früheren Zeiten bewaldet gewesen und wurden deshalb „das grosse Holz" genannt.

Noch im Jahre 1 7 1 6 gab es viele Bäume, aber 1724 waren

die alten Bäume meist gefallen, und da man die Ziegen und Schweine dort frei herumlaufen liess, waren auch alle jungen Bäume vernichtet worden.

Aus den amtlichen Berichten geht auch hervor, dass an

Stelle der Bäume dort unerwartet nach ein paar Jahren ein grobes * E s verdient B e a c h t u n g , dass alle diese vielen Muscheln, die ich an einer Stelle f a n d , sich als deutliche Varietäten von den gleichartigen an einer anderen Stelle gefundenen unterschieden.

St. Helena (1836)

575

Gras aufsprosste, das sich dann über die ganze Fläche verbreitete.* General Beatson fügt hinzu, „diese Ebene ist jetzt mit schönem Rasen bedeckt und das beste Weideland der Insel geworden". Der Flächenraum, der früher mit Wald bedeckt gewesen ist, wird auf nicht weniger als 2000 Morgen Landes angegeben; jetzt findet man dort kaum einen einzigen Baum.

E s heisst weiter, dass 1709 eine Menge abgestorbener

Bäume in Sandy Bay gewesen seien; diese Stelle ist jetzt so gänzlich wüst, dass nur ein so zuverlässiges Zeugniss mich glauben lassen kann, dass dort je Bäume gewachsen sind.

Die Xhatsache, dass die

Ziegen und Schweine alle jungen Bäume, die aufsprossten, vernichtet haben, und dass die alten, die vor ihren Angriffen sicher waren, im Laufe der Zeit vor Alter abgestorben sind, scheint klar erwiesen zu sein. Die Ziegen sind 1502 eingeführt worden; und man weiss, dass sie sechsundachtzig Jahre später zur Zeit von Cavendish ausserordentlich zahlreich waren.

Mehr als hundert Jahre später, im Jahr

1731,

als das Unheil schon vollständig und nicht wieder gut zu machen war, wurde ein Befehl erlassen, alle wild herumlaufenden Thiere zu tödten. Es ist sehr interessant so zu erfahren, dass die Einfuhrung der Thiere auf St. Helena im Jahre 1501 erst, nachdem zweihundert und zwanzig Jahre verstrichen waren, das ganze Aussehen der Insel veränderte: denn 1502 waren die Ziegen eingeführt, und 1724 heisst es, „die alten Bäume wären meist gefallen".

E s ist wohl zweifellos, dass dieser

grosse Wechsel in der Vegetation nicht nur bei den Landschalthieren ein Aussterben von acht Arten veranlasste, sondern ebenso auch auf eine Menge von Insekten wirkte. St. Helena, das so fern von jedem Continente mitten in einem grossen Oceane liegt, hat seine eigene Flora, und erregt besonderes Interesse. Die acht Landschalthiere, die zwar jetzt ausgestorben, und eine noch lebende Succinea sind hier eigenthümliche Arten, die man sonst nirgends findet. Nach Aussage von Mr. Cuming ist hier jedoch eine englische Helix gemein, deren Eier zweifellos mit einer der vielen eingeführten Pflanzen hergekommen sind.

Mr. Cuming sammelte an

der Küste sechzehn Arten von Seemuscheln, von denen sieben, so * Beatson's St. Helena.

Einleitung p. 4.

576

Einundzwanzigstes Kapitel

viel er weiss, auf diese Insel beschrankt sind. Vögel und Insekten* sind, wie man sich denken kann, wenig zahlreich; und ich glaube sogar, dass alle Vögel erst in den letzten Jahren eingeführt worden sind. Rebhühner und Fasanen sind ziemlich viele da: die Insel ist viel zu englisch, um nicht strengen Jagdgesetzen unterworfen zu sein. In einem Falle geschieht hier durch diese Verordnungen mehr Unrecht, als es wohl selbst in England vorkommt. Die armen Leute pflegten früher eine Pflanze zu verbrennen, die auf den Küstenfelsen wächst, und die aus ihrer Asche gewonnene Soda nach auswärts zu verkaufen; aber ein strenger Erlass verbot dieses Verfahren, und gab als Grund an, dass die Rebhühner sonst nirgends nisten könnten 1 * U n t e r diesen w e n i g e n Insekten fand ich zu meiner V e r w u n d e r u n g e i n e n kleinen Aphodius (nov. spec.) und einen O r y c t e s , welche beide unter Mist s e h r zahlreich waren. Als die Insel entdeckt w u r d e , besass sie sicherlich keinen Vierfussler, — mit A u s n a h m e vielleicht einer M a u s : es ist d a h e r schwer auszumachen, ob diese m i s t f r e s s e n d e n I n s e k t e n später durch Zufall e i n g e f ü h r t worden s i n d , o d e r w e n n sie urheimisch s i n d , wovon sie f r ü h e r lebten. An den U f e r n des P l a t a , wo von den unzähligen R i n d e r n und P f e r d e n die schönen Grasflächen reich g e d ü n g t s i n d , sucht man v e r g e b l i c h nach den vielen Arten von M i s t k ä f e r n , die in E u r o p a so h ä u f i g sind. Ich fand nur einen Oryctes (die Insekten dieser G a t t u n g leben in E u r o p a g e w ö h n l i c h von f a u l e n PflanzenstoiTen) und zwei Arten von P h a n a e u s , die an solchen Stellen vorkommen. Auf der e n t g e g e n g e s e t z t e n Seite d e r Cordilleren, in C h i l o e , ist eine a n d e r e A r t von P h a n a e u s ausserordentlich z a h l r e i c h , die d e n R i n d e r m i s t in grossen E r d k u g e l n im Boden vergräbt. Vermuthlich war es vor d e r E i n f ü h r u n g d e r R i n d e r m e n s c h l i c h e r K o t h , den die G a t t u n g P h a n a e u s beseitigte. In E u r o p a sind die K ä f e r , die von den Stoffen l e b e n , welche bereits zum Lebensu n t e r h a l t a n d e r e r und g r ö s s e r e r T h i e r e gedient haben, so zahlreich, dass es d a v o n weit über hundert v e r s c h i e d e n e A r t e n g e b e n muss. In A n b e t r a c h t d e s s e n , und d a ich w a h r g e n o m m e n h a b e , wie viel solcher Nährstoffe auf den E b e n e n von L a P l a t a verloren g e h e n , s c h i e n mir dies ein Beispiel d a v o n , dass der Mensch j e n e K e t t e u n t e r b r o c h e n hat, w o d u r c h so viele T h i e r e in ihrer H e i m a t h an e i n a n d e r g e b u n d e n sind. In Van D i e m e n ' s L a n d fand ich indessen vier Species von O n t h o p h a g u s , zwei von A p h o d i u s und eine v o n einer dritten G a t t u n g , m a s s e n h a f t im K u h m i s t ; d o c h g a b es R i n d v i e h daselbst erst seit zweiunddreissig J a h r e n . Vor dieser Zeit w a r e n das K ä n g u r u h und einige a n d e r e kleine T h i e r e die einzigen S ä u g e t h i e r e : und ihr D u n g ist s e h r verschieden von dem ihrer N a c h f o l g e r , die der M e n s c h e i n g e f ü h r t h a t . In E n g l a n d sind die meisten Mistkäfer in ihrer E r n ä h r u n g b e s c h r ä n k t , d a s h e i s s t : sie k ö n n e n nicht unterschiedslos die Spende j e d e s S ä u g e t h i e r s zu i h r e m Unterhalt g e b r a u c h e n . D i e V e r ä n d e r u n g in den G e w o h n h e i t e n , wie sie in V a n D i e m e n ' s L a n d s t a t t g e f u n d e n h a b e n muss, ist d a h e r h ö c h s t m e r k w ü r d i g . I c h bin dem R e v . F . W. H o p e , d e r mir hoffentlich g e s t a t t e t , ihn meinen L e h r e r in d e r Entomologie zu n e n n e n , s e h r v e r p f l i c h t e t , dass er mir die N a m e n o b i g e r I n s e k t e n gegeben hat.

St. Helena (1836)

577

Auf meinen Wanderungen kam ich mehr als einmal über die von tiefen Thälern begrenzte Grasebene, wo Longwood liegt. fern gesehen gleicht es einem stattlichen Landsitze.

Von

Davor liegen ein

paar angebaute Felder, dahinter sieht man einen glatten Hügel von buntem Felsgestein, welcher der Flagstaff heisst, und die schwarze eckige Masse des Barn. Im Ganzen war es ein ziemlich öder und uninteressanter Anblick. Die einzige Unbequemlichkeit, unter der ich auf meinen Spaziergängen zu leiden hatte, waren die ungestümen Winde. Eines Tages fiel mir ein merkwürdiger Umstand auf: ich stand am Rande einer Ebene, wo eine grosse Klippe etwa tausend Fuss tief steil abfiel, und sah in der Entfernung von wenigen Metern nach der Windseite eine Seeschwalbe, welche gegen eine sehr starke Brise ankämpfte, während die Luft dort, wo ich stand, ganz ruhig war.

Ich

näherte mich dem Rande da, wo der Luftstrom von der Klippenwand nach oben abgelenkt zu werden schien, streckte den Arm aus und fühlte sogleich die ganze Gewalt des Windes: eine unsichtbare, zwei Meter breite Scheidewand trennte vollkommen ruhige Luft von starkem Winde. Ich hatte so viel Freude an meinen Wanderungen zwischen den Bergen und Felsen von St. Helena, dass ich am Morgen des I4ten ungern in die Stadt herunterstieg.

Vor 1 2 Uhr war ich an Bord,

und der „Beagle" ging unter Segel. Am 19. Juli erreichten wir Ascension. Wer schon eine vulkanische Insel gesehen hat, die unter einem heissen Himmelsstrich liegt, wird sich leicht ein Bild von Ascension machen.

Man denke sich glatte

kegelförmige Berge von hellrother Färbung, mit meist abgestumpften Gipfeln, die einzeln aus einer ebenen Fläche von rauher schwarzer Lava aufsteigen. Ein Hauptberg in der Mitte der Insel sieht wie der Vater der kleineren Kegel aus.

E r heisst der Grüne Berg und hat

den Namen von einem leisen grünen Schimmer, welcher zu jener Jahreszeit von dem Ankerplatz kaum bemerkbar war.

Die schwarzen

Küstenfelsen, die von einer wilden und stürmischen See gepeitscht wurden, thaten das übrige zu der völligen Trostlosigkeit des Anblicks. Die Ansiedlung liegt nahe am Strande;

sie besteht aus ver-

schiedenen Häusern und Kasernen, die durcheinander liegen, aber D a r w i n , Reise.

37

Einundiwanzigstes Kapitel

578

gut ans weissen Quadersteinen gebaut sind.

Die einzigen Bewohner

sind englische Seesoldaten und einige von Sklavenschiffen befreite Neger, welche von der Regierung besoldet und beköstigt werden. E s lebt nicht eine Privatperson auf der Insel.

Viele der Seesoldaten

schienen mit ihrer Lage wohlzufrieden; es ist ihnen lieber, ihre 2 1 Jahre am Lande, wie es auch sei, als auf einem Schiffe zu dienen; und so würde ich als Seesoldat auch denken. A m nächsten Morgen bestieg ich den 2840 Fuss hohen Grünen Berg und wanderte von dort quer durch die Insel nach dem Vorgebirge an der Windseite.

Eine gute Fahrstrasse führt von der

Strandansiedlung nach den Häusern, Gärten und Feldern, welche nahe am Gipfel des mittleren Berges liegen.

Neben dem Wege stehen

Meilensteine, und sind da auch Cisternen, aus denen jeder durstige Wanderer gutes Wasser trinken kann.

Aehnliche Sorgfalt ist überall

in der Niederlassung angewendet, besonders auch hinsichtlich der Quellen, so dass kein einziger Tropfen Wasser verloren geht: die ganze Insel Iässt sich mit einem grossen Schiffe vergleichen, dass in vorzüglicher

Ordnung

gehalten

wird.

Ich

musste den

regen

Fleiss

bewundem, der mit solchen Mitteln solche Erfolge erzielt hatte, zugleich aber auch bedauern, dass er nicht besser verwendet worden war.

Mr. Lesson hat ganz Recht mit seiner Bemerkung, dass allein

Engländer daran denken konnten, die Insel Ascension nutzbar zu machen; jedes andere Volk würde sie nur als einen befestigten Platz im Weltmeere halten. Nahe dieser Küste wächst nichts; weiter landeinwärts sieht man hin und wieder eine grüne Ricinuspflanze und dann als echte Wüstenkinder einige Grashüpfer. In den höheren Gegenden der Mitte wächst stellenweise etwas Gras, und das Ganze hat viel Aehnlichkeit mit den unwirklichsten Gebirgsgegenden von Wales.

Aber so dürftig die

Weide erscheint, dennoch finden dort 600 Schafe, viele Ziegen, einige Kühe und Pferde ausreichendes Futter.

Von einheimischen Thieren

sind Landkrabben und Ratten in grosser Zahl vorhanden.

Ob die

Ratte wirklich urheimisch ist, kann allerdings bezweifelt werden; es giebt nach der Beschreibung von Mr. Waterhouse zwei Abarten: eine schwarze, mit schönem glänzenden Felle, lebt auf den grasigen Höhen;

Ascension (1836)

579

eine andere braune, weniger glänzend und mit längeren Haaren, lebt nahe der Ansiedlung an der Küste.

Diese beiden Varietäten sind um

ein Drittel kleiner als die gewöhnliche schwarze Ratte (Mus rattus), haben eine andere Farbe und ein anderes F e l l , unterscheiden sich aber sonst nicht wesentlich.

Ich zweifle kaum, dass diese Ratten

(wie die gemeine Maus, welche hier auch ausgeartet ist) eingeführt worden sind und sich, ebenso wie auf den Galapagosinseln, infolge der neuen Lebensbedingungen verändert haben; daher unterscheidet sich auch die Abart auf den Höhen der Insel von der am Strande. Einheimische V ö g e l giebt es nicht; doch das Perlhuhn, von den Cap Verdischen Inseln hierher gebracht, ist häufig, und auch das gewöhnliche Huhn,

das gleichfalls verwildert ist.

Einige Katzen,

die man ur-

sprünglich losgelassen hatte, um die Ratten und Mäuse zu vertilgen, haben sich so vermehrt, dass sie eine grosse Plage geworden sind. Die Insel ist ganz baumlos und steht auch sonst in jeder Hinsicht weit hinter St. Helena zurück. Einer meiner Ausflüge brachte mich an die südwestliche Spitze der Insel. aber

Der T a g

keineswegs

war klar und

heiss; dabei erschien die Insel

in lächelnder Schönheit,

nackter Hässlichkeit an.

sondern

starrte

Die Lavaströme sind mit kleinen

mich in Hügeln

bedeckt und sind von einer Rauheit, die sich geologisch nicht leicht erklären

lässt.

Die

Zwischenräume

werden

durch

Schichten

Bimsstein, A s c h e und vulkanischem Tufstein verdeckt.

von

A l s ich zur

See an dieser Seite der Insel vorbeifuhr, konnte ich mir nicht denken, was die weissen Flecke über die ganze Ebene hin sein könnten: ich fand nun, dass es Seevögel waren, die hier so unbesorgt schliefen, dass man selbst Mittags an sie herangehen und sie greifen konnte. Diese V ö g e l waren die einzigen lebenden Wesen, welche ich während des ganzen

Tages

sah.

Obwohl nur wenig W i n d war, tobte

am

Strande eine starke Brandung über die zertrümmerten Lavafelsen. Die Geologie dieser Insel ist in vieler Hinsicht interessant. verschiedenen Stellen

bemerkte

ich vulkanische B o m b e n :

An

das sind

Lavaklumpen, welche in flüssigem Zustande durch die L u f t geschleudert worden sind und dadurch eine kugelige oder birnförmige Gestalt angenommen haben.

Nicht nur ihre äussere Form, sondern mehrfach

37*

580

EinundzwanzigstesJKapitel

zeigt auch ihre innere Bildung in sehr seltsamer Weise, dass sie sich auf ihrer luftigen Bahn gedreht haben müssen. Die innere Bildung einer dieser Bomben wird ganz genau durch die Abbildung eines Bruchstückes hier wiedergegeben. Der Kern ist grobzellig, und nehmen die Zellen nach aussen hin an Grösse ab; diese Masse ist von einer Schale von einem drittel Zoll Dicke umgeben, welche aus festem Stein besteht und noch von einer äusseren Kruste feinzelliger Lava bedeckt wird. Ich denke, es kann da kein Zweifel sein, dass erstens die äussere Kruste sich schnell in dem Zustande abkühlte, in dem wir sie jetzt sehen; dass zweitens die noch flüssige Lava im Innern durch

die Centrifugalkraft, welche die Drehung der Kugel erzeugt hatte, gegen die äussere abgekühlte Kruste gedrängt wurde und so die feste Steinschale bildete, und dass endlich die Centrifugalkraft, indem sie den Druck in den mittleren Xheilen der Bombe verringerte, den erhitzten Dämpfen gestattete, ihre Zellen auszudehnen und so die grobzellige Masse in der Mitte zu bilden. Ein aus der älteren Reihe vulkanischer Gesteine gebildeter Berg, welcher irrthümlicherweise als Krater eines Vulkans angesehen worden,

581

Ascension (1836)

ist bemerkenswerth wegen seines breiten, etwas vertieften und runden Gipfets, der durch viele auf einander folgende Schichten von Asche und feinen Schlacken aufgefüllt worden ist.

Diese tellerförmigen

Schichten treten am Rande zu Tage und bilden vollkommene buntfarbige Ringe, welche dem Berggipfel ein sehr phantastisches Aussehen verleihen; einer dieser Ringe ist weiss und breit und gleicht einer Reitbahn, in welcher Pferde getummelt worden sind; darnach ist der Berg „des Teufels Reitschule" genannt worden.

Ich habe Stücke

aus einer dieser tuffartigen Schichten von rosa Färbung mitgebracht, und es ist eine sehr merkwürdige Thatsache, dass Professor Ehrenberg sie beinah ganz aus organischer Masse bestehend fand; er entdeckte darin einige kieselschalige Süsswasserinfusorien, und nicht weniger als 25 verschiedene Gräsern.

Arten

kieseliger Pflanzengewebe, namentlich

von

Wegen der Abwesenheit jedes kohlenstoffhaltigen Bestan-

des glaubt Professor Ehrenberg, * dass diese organischen Körper durch das vulkanische Feuer hindurch gegangen und in dem Zustande, in dem wir sie jetzt sehen, ausgeworfen worden seien.

Das Aussehen der

Schichten liess mich glauben, dass sie unter Wasser abgelagert worden, jedoch die ausserordentliche Trockenheit des Klimas nöthigte mich zu der Annahme, dass starke Regengüsse wahrscheinlich während eines grossen Ausbruchs gefallen waren und so einen zeitweisen See gebildet hatten, in den die Asche fiel. Doch man kann jetzt auch denken, dass dieser See nicht nur vorübergehend bestand.

Jedenfalls

können wir überzeugt sein, dass in einer früheren Epoche das Klima und die Erzeugnisse von Ascension sehr verschieden von dem waren, was sie jetzt sind.

W o finden wir auf dem ganzen Erdenrund eine

Stelle, an der wir bei genauem Nachforschen nicht Spuren jenes endlosen Kreislaufes von Veränderungen entdecken, denen diese Erde unterworfen war und ist und sein wird? Wir verliessen Ascension und segelten nach Bahia an der Küste von Brasilien, um die chronometrischen Messungen rund um die Erde zu vollenden.

Wir kamen dort am I. August an und blieben vier

Tage, während dessen ich verschiedene weite Spaziergänge machte. Zu meiner Freude empfand ich an der tropischen Landschaft ein ganz * Abhandlungen der Kgl. Akad. d. Wiss. zu Berlin.

April 1845.

582

Einundzwanzigstes Kapitel

unvermindertes Wohlgefallen, auch ohne den R e i z der Neuheit. Eindruck

eines

solchen Landschaftsbildes wird

Der

scheinbar durch

so

einfache Mittel hervorgerufen, dass es werth ist, näher darauf einzugehen, um zu zeigen, von wie geringen Umständen wunderbare NaturSchönheit abhängt. Das Land ist eine flache Ebene, etwa 300 Fuss über dem Meere, und ist überall von flachbodigen Thälern durchzogen.

Diese Bildung

ist bei einem granitischen Lande merkwürdig; aber sie findet sich fast durchgehend in allen jenen weicheren Formationen, aus denen Ebenen gewöhnlich bestehen.

Der Boden ist ganz mit verschiedenen Arten

stattlicher Bäume bedeckt; dazwischen liegen Flecke angebauten Landes, aus denen Wohnhäuser, K l ö s t e r und Kirchen aufragen.

In den

Tropen verliert sich die wilde Ueppigkeit der Natur selbst nicht in der nächsten Umgebung grosser Städte; denn der natürliche Pflanzenwuchs von den Hecken und an den Abhängen ist bei weitem grossartiger und malerischer, als was menschliche K u n s t geschaffen. an wenigen Stellen

zeigt

sich der

hellrothe Erdboden

im

Nur

starken

Gegensatze zu dem A l l e s bedeckenden grünen Pflanzenschmucke.

Am

Rande der Ebene hat man einen weiten Blick über den Ocean und über die grosse Bucht

mit ihren niedrig bewaldeten Ufern,

zahlreiche Boote und Canoes ihre weissen Segel zeigen. die Aussicht meist sehr beschränkt;

in der

Sonst

ist

folgt man den ebenen Pfaden,

so hat man nach beiden Seiten nur gelegentliche Durchblicke auf die bewaldeten Thäler unten.

Die Gebäude, vornehmlich die kirchlichen,

sind in einem eigenthümlich phantastischen Stil aufgeführt. sämmtlich weiss getüncht,

Sie sind

sodass sie im Schein der hellen Mittags-

sonne gegen den blassblauen Himmel am Horizont ganz gespenstisch aussahen. Solcher A r t ist ein tropisches Landschaftsbild, aber es ist aussichtslos, den allgemeinen Eindruck wiedergeben zu wollen.

Gelehrte

Naturforscher schildern diese Xropengegenden gewöhnlich, indem sie eine Menge Dinge nennen Z u g anführen.

und von jedem einen

charakteristischen

Gelehrte Reisende mögen vielleicht dadurch bestimmte

Begriffe bekommen; aber welcher andere Mensch, der eine Pflanze in einem Herbarium sieht, kann sich ihre Erscheinung vorstellen, wenn

Brasilien (1836)

583

sie in ihrem heimischen Boden wächst?

W e r kann, weil er aus-

erlesene Pflanzen in einem Treibhause gesehen hat, sich einige davon zu riesigen Waldbäumen vergrössert denken,

und dazu andere

einem undurchdringlichen Dickicht verflochten?

zu

W e r wird beim Be-

trachten bunter ausländischer Schmetterlinge und sonderbarer Cicaden in einer Insektensammlung mit diesen leblosen Körpern Vorstellungen verbinden von dem unaufhörlichen Gezirpe der letzteren und dem leisen Flattern der anderen? — und doch sind sie dieser Xropenwelt an den stillen, heissen Sonnentagen ein nothwendiges nie fehlendes Zubehör! Gerade wenn die Sonne am höchsten steht, bietet sich hier das wunderbarste Schauspiel; dann verbirgt das dichte prächtige Laub des Mango den Boden im dunkelsten Schatten, während die oberen Zweige durch die Lichtfülle in leuchtendem Grün erscheinen.

In den gemässigten

Zonen ist es anders — dort ist die Vegetation weder so dunkel noch so reich, und es sind die Strahlen der untergehenden Sonne, deren rother, purpurner oder gelber Schein die Schönheiten jener Himmelsstriche erhöht. A u f den schattigen Pfaden ruhig dahinwandelnd, wunderte ich immer neue Erscheinungen, nach Worten für meine Gefühle. um denen,

sah und be-

und vergeblich suchte ich

Jeder Ausdruck war zu schwach,

die keine Tropengegenden

gesehen,

den entzückenden Empfindungen zu geben.

einen Begriff von

Ich habe gesagt,

dass

die Pflanzen in einem Treibhause durchaus keine richtige Vorstellung von der Vegetation geben;

doch muss ich darauf zurück kommen.

Das ganze Land ist ein verwildertes und verwahrlostes, überwuchertes Riesentreibhaus,

das die Natur für sich geschaffen, das der Mensch

aber in Besitz genommen und es mit hübschen Häusern und regelmässigen Gärten verziert hat.

W i e sehr würde jeder Naturfreund

wünschen, wenn es möglich wäre, Planeten zu sehen!

die Landschaften eines anderen

Jedem Europäer aber kann man getrost sagen,

dass nur wenige Grade von seinem Heimathsboden ihm die Herrlichkeiten einer anderen W e l t offen stehen.

Bei meinem letzten Spazier-

gang blieb ich immer wieder stehen, um diese Schönheiten anzustaunen und mir die Eindrücke möglichst dauernd einzuprägen.

W o h l wird

die Gestalt des Orangenbaumes, der Palmen, des Mangobaumes, der

Einundzwanzigstcs Kapitel

584

Baumfarne und der Banane mir klar und bestimmt in der Erinnerung bleiben;

aber die tausend Schönheiten, welche sie zn einem Ganzen

vereinen,

werden schwinden;

Kindheit

ein unbestimmtes

6. August.

nur wie von einem Märchen aus der

wunderschönes Zauberbild wird bleiben.

A m Nachmittag gingen wir in See, um direkt nach

den Cap Verdischen Inseln zu segeln. aber,

und am

W i d r i g e W i n d e hinderten uns

12. A u g u s t liefen wir P e r n a m b u c o

an,

Stadt an der K ü s t e Brasiliens, unterm 8. Grad s. Br.

eine

grosse

W i r ankerten

ausserhalb des R i f f e s , doch bald kam ein Lootse an Bord und brachte uns in den inneren Hafen, wo wir dicht an der Stadt lagen. Pernambuco

ist auf einigen schmalen und niedrigen Sandbänken

erbaut, die von einander durch seichte Salzwasserkanäle getrennt sind. Die

drei Stadttheile

miteinander

sind

verbunden.

Strassen sind e n g , hoch und düster.

durch Die

zwei

Stadt

ist

schlecht gepflastert

lange

hölzerne

durchweg

Pfahlbrücken

abscheulich;

und schmutzig;

die

die Häuser

D i e Regenzeit war kaum vorüber, und deshalb war

die U m g e g e n d , die sich nur wenig über den Meeresspiegel erhebt, ganz überschwemmt,

und alle

meine V e r s u c h e ,

weitere Spaziergänge

zu

machen, missglückten. Das

flache

Sumpfland,

auf dem P e r n a m b u c o liegt,

ist

in der

Entfernung von einigen Meilen umgeben von einem Halbkreise driger H ü g e l oder vielmehr von dem R a n d e einer E b e n e , 200 F u s s über dem Meere liegt. einen E n d e dieses Halbkreises.

Die alte Stadt Olinda liegt an dem Eines T a g e s nahm ich ein B o o t und

fuhr auf einem der Kanäle dorthin, und schien

mir diese alte Stadt

ihrer L a g e nach angenehmer und sauberer als Pernambuco. erwähnen,

Ich muss

was mir hier zum ersten M a l e nach beinah fünfjährigem

Herumreisen weigerte

nie-

die etwa

begegnete,

nemlich

unhöfliches B e n e h m e n :

man

ver-

mir auf grobe A r t an zwei verschiedenen Häusern die Er-

laubniss, durch die Gärten nach einem unbebauten H ü g e l zu gehen, w o h i n ich der A u s s i c h t wegen wollte, und erst an einem dritten Hause wurde es mir ungern gestattet. Brasilianern geschah,

E s ist mir noch lieb, dass dies von

die ich nicht leiden m a g ; —

auch herrscht in

ihrem L a n d e Sklaverei, ein Zeichen sittlicher N i e d r i g k e i t hätte sich bei dem blossen Gedanken

geschämt,

eine

E i n Spanier solche

Bitte

Brasilien (1836)

585

abzuschlagen oder sich unhöflich g e g e n einen F r e m d e n zu

betragen.

D e r K a n a l , auf dem wir nach Olinda hin und von dort zurückfuhren, war a u f beiden Seiten von M a n g r o v e n u m g e b e n , im K l e i n e n

aus den fetten S c h l a m m b ä n k e n

Grün

dieser Büsche

beide

gedeihen

die wie ein W a l d

aufwuchsen.

Das

helle

erinnerte mich stets an üppiges K i r c h h o f s g r a s :

bei fauligen A u s d ü n s t u n g e n ;

dieses kündet den

er-

folgten T o d , jenes nur zu oft den erfolgenden. D a s Merkwürdigste, w a s ich in jener G e g e n d sah, w a r das R i f f , w e l c h e s den H a f e n bildet.

Ich b e z w e i f l e , ob es in der ganzen W e l t

eine andere natürliche Bildung giebt, die ein so künstliches A u s s e h e n hat.* Ufer

E s läuft mehrere Meilen l a n g in durchaus gerader L i n i e dem parallel

und

nicht weit d a v o n entfernt.

Es

wechselt in der

B r e i t e zwischen 3 0 und 60 Schritt, seine Oberfläche ist eben und glatt, und es besteht aus undeutlich geschichtetem harten Sandstein. Fluth

gehen die W e l l e n darüber h i n w e g ,

Bei

bei E b b e bleibt es

oben

t r o c k e n ; es gleicht einem von C y k l o p e n gebauten Schutzdamm. dieser K ü s t e

werden

durch

die Meeresströmungen

dem L a n d e schmale Streifen und B ä n k e von losem S a n d e und

An

beständig

längs

gebildet,

liegt auf einem solchen zum T h e i l die Stadt P e r n a m b u c o .

früheren

Zeiten

scheint

ein

langer

Durchsickern kalkhaltiger F l ü s s i g k e i t

Streifen

dieser

Art

durch

In das

gefestigt und später allmählich

gehoben worden zu sein; die äusseren loseren T h e i l e wurden während dieses P r o c e s s e s von den Meereswellen fortgewaschen, und der feste K e r n blieb zurück, so wie wir ihn jetzt sehen. gewühltem Bodensatz und N a c h t

gegen

die

beschwerten W o g e n steile Aussenseite

O b w o h l die mit auf-

des offenen Oceans dieses Steinwalls

Tag

wüthen,

wissen doch die ältesten Lootsen nicht, dass man j e eine V e r ä n d e r u n g daran bemerkt

hätte.

würdigste E r s c h e i n u n g

Diese Dauerhaftigkeit

ist weitaus die

in seiner G e s c h i c h t e :

sie wird b e d i n g t durch

eine zähe,

wenige Zoll dicke Schicht kalkiger M a s s e ,

entstanden

ist durch das aufeinander folgende A n w a c h s e n

merk-

welche und

ganz Ab-

sterben kleiner Serpulamuscheln, zusammen mit einigen w e n i g e n E n t e n -

* Ich habe diese Barre genau beschrieben im London and Edinb. Phil. Mag. vol. XIX (1841) p. 357.

586

Einundzvanzigstes Kapitel

muscheln und Nulliporen.

Diese Nulliporen sind harte, sehr einfach

organisirte Meerespflanzen und spielen eine entsprechend wichtige R o l l e bei der Beschützung der obersten Theile von Korallenriffen jenseits oder innerhalb der Brandung, wo die wirklichen Korallen bei dem nach aussen Wachsen der Hauptmasse absterben, weil ile der Sonne und Luft ausgesetzt werden. Diese unbedeutenden organischen Wesen, besonders die Serpulen, haben den Bewohnern von Pernambuco grosse Dienste geleistet, denn ohne ihren schützenden Beistand wäre die Sandsteinbarre unfehlbar längst fortgewaschen, und ohne Barre gäbe es keinen Hafen. A m 19. August verliessen wir endlich die Gestade Brasiliens, und ich will Gott danken, wenn ich nie wieder ein Sklavenland zu besuchen brauche.

Noch heutigen Tages, wenn ich einen fernen

Schrei höre, erinnert es mich mit schmerzlicher Lebhaftigkeit daran, wie ich beim Vorbeigehen an einem Hause bei Pernambuco herzzerreissende Klagelaute hörte; ich konnte nicht zweifeln, dass hier ein armer Sklave gemartert wurde; doch fühlte ich mich ohnmächtig wie ein Kind und durfte nicht einmal etwas dagegen sagen.

Ich

musste argwöhnen, dass diese Klagelaute von einem Sklaven kamen, weil ich in einem anderen Falle dessen sicher war. Nahe bei R i o de Janeiro wohnte ich einer alten Dame gegenüber, welche sich Daumenschrauben für die Finger ihrer Sklavinnen hielt

Ich wohnte in einem

anderen Hause, wo ein junger Mulattensklave in einer Weise täglich und stündlich geschimpft, geschlagen und gequält wurde, um selbst ein Thier zur Verzweifelung zu bringen.

Ich habe gesehen, wie ein

Knabe von sechs oder sieben Jahren (ehe ich es hindern konnte) dreimal mit einer Reitpeitsche über den blossen Kopf geschlagen wurde, weil er mir ein nicht ganz sauberes Glas Wasser gereicht hatte; und ich sah seinen Vater schon vor dem Blicke seines Herrn zittern.

Die letzteren Grausamkeiten erlebte ich in einer spanischen

Kolonie, wo die Sklaven, wie immer behauptet worden ist, besser behandelt

werden als von Portugiesen, Engländern oder

europäischen Völkern.

anderen

Ich habe in R i o de Janeiro gesehen, dass ein

sehr kräftiger Neger sich fürchtete, einen scheinbar nach Gesichte gezielten Schlag abzuwehren.

seinem

Ich war zngegen, wie ein gut-

Sklaverei

587

müthiger Mann gerade dabei war, die Männer, Frauen und Kinder vieler Familien für immer zu trennen, welche lange zusammen gelebt hatten.

Ich unterlasse es, die vielen grauenhaften Scheusslichkeiten

auch nur kurz anzuführen, die mir glaubwürdig berichtet sind, und würde ich obige empörende Einzelheiten nicht erwähnt haben, hätte ich nicht mehrmals Leute getroffen, welche sich durch den angeborenen Frohsinn des Negers so täuschen Hessen, dass sie die Sklaverei für ein erträgliches Uebel hielten.

Solche Leute haben meist nur die

Häuser der oberen Klassen besucht, wo die Haussklaven gewöhnlich gut behandelt werden, und haben nicht wie ich unter den niederen Klassen gelebt.

Sie fragen die Sklaven dann nach ihrer Lage, be-

achten aber nicht, dass es ein recht dummer Sklave sein muss, der nicht bedenkt,

dass seine Antwort wohl seinem Herrn zu Ohren

kommen mag. Man hat angeführt, dass eigenes Interesse übermässige Grausamkeit verhindere; als ob eigenes Interesse unsere Hausthiere schützte, welche viel unwahrscheinlicher als erniedrigte Sklaven den Zorn ihrer grausamen Herren erregen werden.

Dies ist eine Behauptung, welche

der ewig grosse Humboldt in edler Entrüstung mit schlagenden Beweisen widerlegt hat.

Man hat oft versucht, die Sklaverei zu ent-

schuldigen und die Lage der Sklaven mit der unserer ärmeren Landleute verglichen: wenn das Elend unserer Armen keine Naturnothwendigkeit, sondern eine Folge unserer Einrichtungen ist, so versündigen wir uns schwer; was das aber mit der Sklaverei zu thun hat, kann ich nicht verstehen; ebenso gut kann man den Gebrauch der Daumenschraube in einem Lande damit rechtfertigen, indem man darauf hinweist, dass in einem anderen die Leute an einer schrecklichen Krankheit gelitten haben.

W e r um den Sklavenbesitzer besorgt ist, aber kein Herz f ü r

den Sklaven h a t , scheint sich nie in die Lage des letzteren hineinzudenken : welch trostloses Dasein ohne jede Hoffnung auf ein Anderswerden!

Man stelle sich doch vor, was solch Schicksal bedeutet,

das einem beständig droht, das liebste zu rauben, — sein W e i b und seine Kinder, welche die Natur selbst einen Sklaven drängt, sein eigen zu nennen, von sich gerissen und wie Vieh an den ersten Bieter verkauft sehen zu müssen!

So etwas geschieht und wird entschuldigt

Einundzwaiuigstes Kapitel

588

von Menschen, welche ihren Nächsten wie sich selbst lieben wollen, die an Gott glauben und beten, dass sein Wille anf Erden geschehen möge.

Das Blut erstarrt einem in den Adern, denkt man daran, dass

wir Engländer und unsere amerikanischen Stammesgenossen mit ihrem Prahlen machen!

von Freiheit

sich so schuldig gemacht haben und noch

Ein tröstlicher Gedanke bleibt es nnr, dass wir wenigstens

grössere Opfer als andere Völker gebracht haben, um unser Unrecht zu sühnen. Am letzten Tage des August ankerten wir zum zweiten Male bei Porto Praya im Cap Verdischen Archipel; von da gingen wir weiter nach den Azoren, wo wir sechs Tage blieben.

A m 2. Oktober 1836 er-

reichten wir die heimischen Gestade und in Falmouth verliess ich den „Beagle", nachdem ich beinah fünf Jahre an Bord des guten kleinen Schiffes gelebt hatte. Unsere Reise ist beendet, und ich will eine kurze Rückschau auf die Vorzüge und Nachtheile, die Freuden und Leiden unserer Weltumsegelung halten.

Wenn mich Jemand um Rath fragen würde,

ehe er eine lange Seereise unternähme, würde meine Antwort sich darnach

richten,

ob

er eine bestimmte Neigung für irgend eine

Wissenschaft besässe, die auf diese Weise gefördert werden könnte. Ohne Zweifel gewährt es grosse Befriedigung, verschiedene Länder und die vielen Menschenrassen zu sehen; aber die Annehmlichkeiten wiegen die Unannehmlichkeiten nicht auf. Man muss noch auf anderen Gewinn, wenn auch späten, rechnen können, der nützliche Früchte bringt. Viele der Entbehrungen sind ganz offenbar; so fehlt der Verkehr mit alten Freunden und der Anblick der Orte, mit denen alle unsere liebsten Erinnerungen

auf

das engste verknüpft sind.

Allerdings

werden diese Verluste zeitweise ersetzt durch das unerschöpfliche Vergnügen, sich den langersehnten Tag der Rückkehr vorzustellen. Wenn, wie die Dichter sagen, das Leben ein Traum ist, so bin ich gewiss, dass es bei einer Seereise diese Traumgesichte sind, welche am besten helfen, die lange Nacht zu überwinden. Andere Entbehrungen, die man zuerst nicht empfindet, werden nach einiger Zeit sehr störend, besonders der Klangel an Raum, an Abgeschiedenheit und an Ruhe. Das ermüdende Gefühl beständiger E i l e ; das Entbehren aller kleinen

Rückblick

Bequemlichkeiten,

589

der Mangel an Familienverkehr, von Mnsik und

allen anderen geistigen Genüssen sind weitere Uebel.

Wenn ich so

Geringfügiges erwähne, so beweist es, dass wirkliche Beschwerden, ausser bei Unglücksfällen, im Seeleben nicht mehr vorhanden sind. In

den

letzten

Erleichterung

60 Jahren

sind

weiter Seereisen

erstaunliche

Fortschritte

gemacht worden.

Selbst

in

der

noch zu

Cook's Zeiten hatte ein Mann, der seinen häuslichen Herd verliess und solche Fahrt unternahm, harte Entbehrungen zu ertragen.

Jetzt

kann eine Yacht, mit allen Bequemlichkeiten des Lebens ausgestattet, die Erde

umsegeln.

Auch abgesehen von den bedeutenden Ver-

besserungen im Schiffbau und in den Hilfsmitteln der Schifffahrt: die ganze Westküste von Amerika, ist zugänglich und Australien ist das Haupt einer neuen Welt geworden.

W i e verschieden ist die

Lage eines Schiffbrüchigen im Stillen Ocean heutzutage von der Zeit Cook's!

Seit seiner Reise ist die civilisirte Welt um eine neue

Hemisphäre vermehrt worden. Wenn Jemand sehr an Seekrankheit leidet, so soll er dies nicht leicht nehmen. Ich spreche aus Erfahrung; es ist kein geringes Uebel, das etwa nach einer Woche überstanden ist.

Wer aber Freude an

der Seefahrtskunst hat, kann sicher seinen Wünschen in vollem Maasse genügen.

Aber man muss bedenken, wieviel Zeit bei einer weiten

Seereise auf dem Wasser zugebracht wird, im Verhältniss zu den Tagen im Hafen.

Und was sind die gerühmten Herrlichkeiten des

unbegrenzten Oceans? sagt.

Gewiss

Eine langweilige Wasserwüste, wie der Araber

hat man

zuweilen

entzückende

Schauspiele.

Eine

Mondnacht mit klarem Himmel und dem dunklen glänzenden Meere, die weissen Segel von der weichen Luft des sanft wehenden Passatwindes

geschwellt;

eine Windstille,

wenn

die

leise schwankende

Wasserfläche spiegelglatt ist, und alles still ist, und nur dann und wann die Segel anschlagen.

Wohl ist es werth, einmal eine Bö zu

sehen, wie sie kommt und an Wuth und Stärke zunimmt, oder einen schweren Sturm mit heulendem Wind und berghohen Wellen.

Ich

gestehe aber, dass ich mir unter einem rechten Sturm etwas noch Grossartigeres, Erschreckenderes gedacht hatte.

Ein unvergleichlich

schöneres Schauspiel ist ein Gewittersturm auf dem Lande: die schwanken-

590

Einundzwanzigstes Kapitel

den Bäume, die wilde Flucht der Vögel, der dunkle Schatten und das grelle Licht, das Prasseln des Regens, alles verkündet den Kampf der entfesselten Elemente. Auf dem Meere fliegt der Albatross und der kleine Sturmvogel, als ob der Sturm ihnen recht zu Gefallen wäre, die Wellen steigen und fallen, wie in Erfüllung ihrer gewohnten Thätigkeit, das Schiff allein mit seinen Insassen scheint der Gegenstand seiner Wuth zu sein. An einer entlegenen stürmischen Küste ist der Eindruck freilich sehr verschieden; aber dann sind es mehr Gefühle des Schreckens als staunender Bewunderung. Blicken wir nun auf die Lichtseiten des Erlebten. Die Freude an den schönen Gegenden und dem allgemeinen Aussehen der verschiedenen von uns besuchten Länder war zweifellos die dauerndste und beste Quelle des Genusses. Wahrscheinlich übertreffen manche Theile von Europa alles, was wir gesehen haben, an malerischer Schönheit. Doch es gewährt ein stets wachsendes Vergnügen, den Landschaftscharakter verschiedener Länder zu vergleichen, und das unterscheidet sich bis zu einem gewissen Grade von dem blossen Bewundern ihrer Schönheit. Es kommt dabei mehr auf das Erkennen einzelner Züge in jedem Landschaftsbilde an: mich dünkt, dass Jemand, der in der Musik jede Note kennt, wenn er auch das nöthige Gehör hat, eine Melodie vielmehr gemessen wird; und ebenso wird der, welcher in einer schönen Landschaft die einzelnen Theile prüft und erkennt, einen besseren und volleren Gesammteindruck haben. Deshalb sollte ein Reisender Botaniker sein; denn bei jeder Landschaft bilden Pflanzen die Hauptzierde. Grosse nackte Felsgruppen von eigenthümlichen und wilden Formen mögen wohl einen erhabenen Anblick gewähren, aber sie werden bald eintönig; sind sie glänzend und bunt gefärbt, wie in Nord-Chile, so erscheinen sie phantastisch; aber mit grüner Vegetation bekleidet, werden sie immer ein gefälliges, wenn nicht sehr schönes Bild geben. Wenn ich sagte, dass die landschaftliche Schönheit mancher Theile von Europa wahrscheinlich alles übertrifft, was wir gesehen haben, so nehme ich als etwas besonderes die tropischen Länder aus. Ein Vergleich ist nicht möglich, und habe ich mich schon öfters über die Grossartigkeit dieser Gegenden ausgelassen. Da die Stärke der

Rückblick

591

Eindrücke gewöhnlich von früheren "Vorstellungen abhängt, mag ich hinzufügen, „Humboldts

dass die meinigen von den lebhaften Schilderungen in Reisen

in die Aequinoctialgegenden"

herrührten,

die

bei weitem alles andere, was ich darüber gelesen habe, übertreffen. Aber trotz so hoher Erwartungen wurde ich auch nicht im geringsten enttäuscht, weder bei meinem ersten noch bei meinem letzten Landen an Brasiliens Küsten. Von allem, was ich gesehen habe, hat mir nichts einen so tiefen Eindruck

hinterlassen als jene mächtigen, von Menschenhand noch

nicht entstellten Urwälder; sowohl in Brasilien, wo die Lebenskraft überall und unendlich ist, als auch in Feuerland, wo Tod und Verfall herrscht.

Beide sind Tempel mit den mannigfachen Erzeugnissen von

Gottes Natur angefüllt;

Niemand kann in diesen Einsamkeiten un-

gerührt bleiben, und ohne zu empfinden, dass in dem Menschen noch mehr als nur der Odem

seines Körpers ist.

"Wenn ich an diese

vergangenen Erlebnisse zurückdenke, so steigen mir oft die Ebenen von Patagonien vor den Augen auf, und doch werden diese Ebenen von Allen traurig und öde genannt. Bezeichungen beschreiben:

Man kann sie nur mit negativen

ohne Wohnstätten,

ohne "Wasser, ohne

Bäume, ohne Berge, bringen sie nur wenige Zwergpflanzen hervor. Warum also, und es geht mir nicht allein so, bleiben diese trockenen Wüsten

einem so fest im Gedächtniss ?

Warum

haben

die noch

ebneren, aber grünen und fruchtbaren Pampas, die der Menschheit Nutzen bringen,

nicht den gleichen Eindruck gemacht?

Ich kann

diese Gefühle kaum erklären: aber es muss zum Theil daher kommen, dass sie der Phantasie

ein freies Feld lassen.

Die Ebenen

von

Patagonien sind grenzenlos, denn sie sind kaum passirbar, und daher unbekannt; man sieht es ihnen an, dass sie unverändert seit Jahrhunderten

so gewesen sind,

und scheint auch ihrem

Bestehen kein Ziel gesetzt zu sein.

zukünftigen

W e n n , wie die Alten glaubten,

der flache Erdkreis von einer unpassirbaren Wasserfläche oder von Wüsten

von unerträglicher Gluth umgeben wäre, wer würde nicht

auf diese dem menschlichen Wissen gesetzten äussersten Grenzen mit tiefen, aber unbestimmbaren Gefühlen hinblicken? Endlich sind von Naturschauspielen die Aussichten von hohen

592

Einundzwanzigstes Kapitel,

Bergen zwar in einem Sinne gewiss nicht schön, aber sehr eindrucksvoll. Wenn man von dem höchsten Kamme der Cordillera herabblickt, so staunt man, durch kleinliche Einzelheiten ungestört, über die gewaltigen Verhältnisse der umgebenden Massen. Von lebenden Wesen erregt vielleicht nichts so sicher Verwunderung, wie der erste Anblick eines Wilden in seiner heimischen Umgebung — des Menschen in seinem niedrigsten und ursprünglichsten Zustande. Man denkt viele Jahrhunderte zurück und fragt sich, können unsere Vorfahren Menschen wie diese gewesen sein? — Menschen, deren Geberden und Ausdruck uns weniger verständlich sind wie die der Hausthiere; Menschen, welche nicht den Instinkt dieser Thiere besitzen, noch menschliche Vernunft zeigen, oder nur Fertigkeiten, die eine Folge jener Vernunft sind. Ich halte es nicht für möglich, den Unterschied zwischen dem wilden und dem civilisirten Menschen zu beschreiben oder zu schildern. Es ist der Unterschied zwischen einem wilden und einem zahmen Thier — und unser Interesse an dem Anblick eines wilden Menschen ist zum Theil dasselbe —, weswegen Jedermann sehen möchte, wie der Löwe in der Wüste jagt, der Tiger seine Beute im Dickicht zerreisst, oder das Rhinoceros über die wilden Ebenen Afrikas trabt. Zu dem merkwürdigsten, was wir sonst gesehen haben, mag man rechnen das Kreuz des Südens, die Magellan's Wolke und andere Sternbilder der südlichen Hemisphäre, — die Wasserhose — die Gletscher mit ihren blauen Eisschichten, die über das Meer hinabhängen, — die Lagunen - Inseln mit den riffbildenden Korallen, — die Vulkane in Thätigkeit — und die grausigen Wirkungen eines heftigen Erdbebens. Diese letzten Erscheinungen besitzen vielleicht ein besonderes Interesse für mich, weil sie mit der geologischen Bildung des Erdballes eng zusammenhängen. Ein Erdbeben muss aber auf jeden Menschen einen gewaltigen Eindruck machen: die Erde, welche wir von Kindheit an für ein Sinnbild des Sicheren und Festen hielten, hat wie ein dünner Boden unter unseren Füssen geschwankt; wir sehen die mühsamen Menschenwerke in einem Augenblicke zerstört und fühlen die Armseligkeit unseres ganzen Könnens. Die Liebe zur Jagd soll dem Menschen angeboren sein — ein

Rückblick

Rest von instinktiver Neigung.

593

Wenn dem so ist, so bin ich sicher,

dass das Wohlgefallen an dem Leben im Freien, mit dem Himmel als Dach und der Erde als Tisch, auch daher rührt: es ist der Wilde, der zu seinen freien und ursprünglichen Gewohnheiten zurückkehrt. Ich blicke immer gern auf unsere Bootfahrten und meine Landreisen durch unbewohnte Gegenden zurück; sie gewährten mir grösstes Vergnügen, wie sie es in civilisirten Ländern nicht gethan hätten.

Ich

zweifle nicht, dass jeder Reisende sich des Wonnegefühls erinnert, als er zum ersten Male die Luft eines fernen Himmelstriches athmete, wo civilisirte Menschen selten oder noch nie gewesen waren. Man kann auf einer langen Seereise noch andere Quellen des Genusses finden, welche von einer vernünftigeren Art sind. Die Karte der Welt bekommt ein ganz anderes Aussehen: sie wird ein Bild mit sehr verschiedenen und lebenden Gestalten. Jeder Theil hat seine richtigen Verhältnisse; man sieht nicht Continente für Inseln an, oder Inseln, welche grösser als manche Königreiche in Europa sind, für blosse Flecke.

Afrika oder Nord- und Südamerika sind

wohlklingende,

leicht auszusprechende Namen; aber nicht ehe man wochenlang an verhältnissmässig kurzen Strecken ihrer Küste entlang gesegelt ist, bekommt man einen vollständigen Begriff, welche grossen Flächen in unserer weiten Welt diese Namen bezeichnen. Nach dem jetzigen Zustande ist es unmöglich, keine grossen Erwartungen von der Zukunft einer beinahe ganzen Hemisphäre zu hegen.

Die Fortschritte nach der Einführung des Christenthums in

der ganzen Südsee sind wahrscheinlich einzig in der Weltgeschichte. Um so mehr überrascht es, dass nur 60 Jahre früher Cook,

dessen

vortreffliches Urtheil Niemand bestreiten wird, zunächst keine Veränderung erwartete.

Diese Besserungen sind aber dann erfolgt durch

die menschenfreundliche Gesinnung der britischen Nation. In demselben Erdviertel erhebt sich, ja man kann sagen, hat sich Australien zu einem grossen Mittelpunkt der Civilisation erhoben, und wird in nicht ferner Zeit als Herrscherin über die südliche Hemisphäre walten.

Unmöglich kann ein Engländer auf jene fernen

Kolonien ohne grossen Stolz und Genugthuung hinblicken. Das Hissen D a r w i n , Reise.

38

Einundxwanrigstes Kapitel

594

der britischen Flagge scheint als sichere F o l g e Wohlstand, Gedeihen und Civilisatlon nach sich zu ziehen. Zum Schlüsse glaube ich, dass nichts für einen jungen Naturforscher so förderlich sein kann, als eine R e i s e in ferne Länder.

Sie

reizt und stillt zugleich zum Theil jenes Verlangen und jene Sehnsucht, die wie Sir J . Herschel sagt, ein Mann stets fühlt, auch wenn jeder

körperliche

Sinn

völlig befriedigt

ist.

Die Anregung

durch

neue Dinge und die Aussichten auf Erfolg treiben ihn zu vermehrter Thätigkeit.

D a femer eine R e i h e vereinzelter Thatsachen bald un-

interessant wird, leitet die Gewohnheit des Vergleichens zu allgemeinen Gesichtspunkten.

Andererseits aber, da der Reisende meist nur kurze

Zeit an jedem Orte bleibt, können seine Beschreibungen gewöhnlich nur

Skizzen,

nicht in

das

Einzelne

gehende Beobachtungen

sein.

Daher kommt, wie ich zu meinem Schaden erfahren habe, die beständige Neigung, die Lücken im Wissen durch ungenaue und oberflächliche Hypothesen auszufüllen. Doch ich habe zu viel Freude auf meiner Reise erlebt, dass ich nicht jedem Naturforscher rathen sollte (wenn er auch nicht erwarten darf, so angenehme Reisegefährten wie ich zu finden), jede Gelegenheit zu benutzen,

um

eine R e i s e anzutreten,

sonst aber auch eine lange Seefahrt.

womöglich zu Lande,

E r mag sicher sein,

dass er

keinen Schwierigkeiten und Gefahren begegnen wird, ausser in seltenen Fällen beinah so schlimmen, als er vorher befürchtete.

Auch W e l t -

weisheit sollte eine R e i s e ihm lehren: gutmüthige Geduld, Rücksicht auf Andere, Gewöhnung selbstständig zu handeln und jede Gelegenheit auszunutzen.

Kurz er sollte etwas von den charakteristischen Eigen-

schaften der meisten Seeleute annehmen. Das Reisen soll ihm auch Misstrauen lehren; aber er wird zu gleicher Zeit gewahr werden, wie viele wirklich wohlwollende Menschen es giebt,

mit denen er nie vorher

in Berührung gekommen ist oder später kommen wird, und die trotzdem bereit sind, ihm den uneigennützigsten Beistand zu leisten.

SACHREGISTER. D i e e i n g e k l a m m e r t e n Seitenzahlen beziehen sich auf d i e A n m e r k u n g e n . A a s g e i e r 65. 1 4 3 . 3 1 9 . Abrolhosinseln 17. A c o n c a g u a , V u l k a n 300. 345. A f f e n mit G r e i f s c h w ä n z e n 33. A f r i k a ist in d e n südlichen, wüsten T h e i l e n r e i c h an g r o s s e n T h i e r e n 1 0 1 . Aguti 8a. A l b e m a r l e - I n s e l 444. A l l u v i u m , g e s c h i c h t e t e s 373. — s a l z h a l t i g e s , bei P e r u 430. A l t w e i b e r s o m m e r 190. A m b l y r h y n c h u s cristatus 455. 467. — D e m a r l i i 458. A m e i s e n in B r a s i l i e n 40. — auf der K e e l i n g - I n s e l 537. A m e i s e n l ö w e (520). A n a s M a g e l l a n i c a 337. A n b l i c k der A n d e n 376. A n s c h w e m m u n g von Pflanzensamen a. d. G a l a p a g o s - I n s e l n 464. Ansteckungskrankheiten 5x3. A n s t r e n g u n g beim R e i t e n 233. A n t a r k t i s c h e Inseln 294. Antipoden 492. Apfelbäume von Valdivia 351. A p i r e s ( B e r g a r b e i t e r ) 403. A p l y s i a 7. A p t e n o d y t e s demersa 337. Armado, Fisch 16a. Ascension 5 7 7 . A s p a l a x , Blindheit desselben 6t. A t e m b e s c h w e r d e n hoch auf den Anden 380. A t h e n e c u m c u l a r i a 82. 149. A t o l l e 548 u. ff. Attagis n a . A u g e n des T u c u t u c o u. M a u l w u r f e s 6 1 .

A u s b u c h t u n g e n oder S c h l ü n d e in N . - S . Wales 515. A u s t e r , r i e s e n h a f t e 203. A u s s t e r b e n d e r E i n g e b o r e n e n in A u s t r a lien 5 1 a . 527. — der T h i e r e in A u s t r a l i e n 5 1 9 . — der M u s c h e l n a u f St. H e l e n a 574. — von T h i e r a r t e n 206—309. A u s t r a l i e n 508 u. ff. — B a r r e n r i f f e 558« A v a 484.

B a h i a (Brasilien) 1 4 . 5 8 1 . — Bianca 89—125. B a l d H e a d (S.-VV.-Australien) 530. B a l l e n a r in C h i l e 4 1 a . B a n d a Oriental 169. Banks* B e r g 250. B a r r e n r i f f e von K o r a l l e n 5 5 1 , 5 6 1 . B a s a l t p l a t e a u von P a t a g o n i e n 2 1 5 . Bathurst 5 2 1 . B ä u m e , a n g e s c h w e m m t e mit Steinen 543. — D a u e r i h r e s g ä n z l i c h e n V e r f a l l s 356. — versteinerte 392, 4 1 7 . B a u m f a r n e 289. 529. Baumlosigkeit der Pampas 55. B a u t e n , I n d i a n i s c h e , in den C o r d i l l e r e n 431 u. ff. B e a g l e c a n a l 358. Behringstrasse, Fossilien 157. B e k l e i d u n g der F e u e r l ä n d e r 3 5 3 . Bellender Vogel 341. B e m a l u n g der F e u e r l ä n d e r 263. B e n c h u c a 390. B e r g e von T a h i t i 481 u. ff. B e r g l e u t e 308. 3 1 4 . 400. 40t.

38*

596

Sachregister.

Bergwerke 307. 40z. 408. Berkeleysund 324. Beständigkeit der organischen T y p e n ao6. Bevölkerung von L a Plata 49. 186. Bewegung in einer körnigen Masse (118). „Bien te veo" 64. Birgos latro 544. Blaue Berge in N. S.-Wales 514. Blätter, ihr Fallen v. d. Bäumen (379). Blindheit des Tucutuco 60. Blitz, vom, gebildete Röhren 71. Blitzschläge 73. Blöcke, erratische 304. aas. 393. Bolabola, Insel 55a. 547. Bolas 53. 133. Bomben, vulkanische 580. Bramador 437. Brandung, starke, der See 349. Brasilien 14. 11—45. 583. Brücke, natürliche 395. Brunnen bei Iquiquc 430. — mit Ebbe und Fluth 539, Buchen 379. 333. Buenos A y r e s 144. Bulimus in der Wüste 410. Button, Jemmy 346.

Cacteen («96). 309 443. Cactornis 448. 467. Caliao 431. Calodera 149. Calosoma 188. Camarhynchus 449. 467. Campana 303. Canis antarcticus 230. — fulvipes 3 3 1 . Cannibalismus der Feuerländer 354. Cap Horn 351. Capybara 58. 340. — ein ihm ähnliches fossiles Nagethier 98. Capstadt 1 0 1 . Caracara oder Carrancha 65. Cardy 149. 176. Castro auf Chiloe 328. 347. Casuchas (Schutzhäuser) 396. Cathartcs 69. 220. 336. Cauquenes, heisse Quellen von, 3 1 1 . Cavia Patagonica 83. Cervus campestris 57. Ceryle Americana 164. Chacao auf Chiloe 325. Chagos-Atolle 563. Charakter der Organismen auf d. Galapagos-lnscln, amerikanisch 465.

Charlesinsel (Galapagos) 443. Cheucau 339, 340. Chile (Mittleres) 399 u. ff. — (Nördliches) 398 u. ff. Chiloe 388. 333 u. ff. 345 u. ff. Chionis isa. Chonos-Archipel 333. — Thierwelt 340. Cladonia 439. Cocosnuss, wichtigstes Product der Keeling-Insel 533. Colias edusa 188. Colonia del Sacramiento 1 7 1 . Concepción in Chile 357. Conferven, pelagische 18. Conglomerat in den Cordilleren 378. — v. d. S. Ventana 130. Conurus mur. 164. Copiapó, Stadt 419. — T h a l von 413. Coquimbo 404. Corcovado, Vulkan 344. — (Wolken) 33. Cordilleren, Anblick derselben 305. 336. 376. — bei Copiapó 436. — verschiedene Erzeugnisse an d. Ostund Westseite 386. — Flüsse 374. — Geologie 377. 393, — Pässe über die 371. — Thalbildung 373. Cormorán, Fische fangend 336. Corral, Schlachtplatz für Vieh zu Buenos A y r e s 144. Coseguina, Vulkan 345. Ctenomys Brasiliensis 60. — fossile 98. Cucao auf Chiloe 348. Cuentas, Sierra de las 177. Cumbre oder Wasserscheide der Cordilleren 396. Cynara 143.

D a c e l o Jagonesis 3. Dasypus, drei Arten 1 1 3 . Deinornis 504. Desmodus 36. Despoblado, Thal 419. Diodon 15. Disteln 1 4 1 . 147. 176. Doriseier (338). Dunst von den Wäldern 28. Dunstwolken nach dem R e g e n 28.

Sachregister. Durchbrüche in den Korallenriffen 561. Durchsichtigkeit der Luft 5. — der Luft in den Anden 385. Dürre, grosse, in den Pampas 157. Ebenen am Fusse der Anden von Chile3io. Eidechsen xi6. — weit verbreitet 452. Eier, kleine, im Meerwasser so. Eimeo, Insel 480. Eingeborene von Australien 5 1 1 — 5 3 1 . Einsiedlerkrebse 538. Eisberge schwimmende 223. 267. 292. Eisenoxyd an Felsen 15. Eissäulen 384. Eisvogel (Königsfischer) 2. 164. Elater 36. Electricität der Luft in den Anden 385. Elefant, sein Gewicht (103). St. Elm's Feuer 46. Entdeckung der Metalladern in d. Cordilleren 375. Entomologie v. Brasilien 39. — der Galapagos-Inseln 451. 463. — der Keeling-Insel 537. Entre Rios 153. Entstehung ganzer Gebirgsketten 368. Epeira 42. 44. Erdbeben von Callao 435. — von Concepción 357 u. ff. — bei Coquimbo 404. — auf der Keeling-, Vanikoro- und den Gesellschafts-Inseln 559. — an d. Südwestküste v. S. Amerika 291. — von Valdivia 356. — das Felsstücke umhergeschleudert 236. — Richtung der Bewegungen 363. — u. Vulkane 367. — ihre Wirkungen auf Felsgestein 304. — Wirkungen auf d. Meeresboden 362. — Wirkung auf Quellen 312. — und Wetter 415. Erdboden, gefrorener 105. 294. Erhebung der Cordilleren 374. 379. — des Erdbodens in neuerer Zeit 438. — des Küstenlandes vonBahiaBlancagÖ. — der chilenischen Küsten 301. 351. 363. 366. 399. 407. 422. — der Küste von Peru 436. — der Pampas 154. — von Patagonien 203. 438. — bei den Saumriffen von Korallen 560. Erhebungskrater 570. Erzmühlen 315. Estancia, Werth einer 172.

597

Falklandinseln 224—242. — Fehlen von Bäumen 56. — Klima 287. — Raubvögel 68. — Torf der 339. — Zahmheit der Vögel 473. Fauna der Galapagos-Inseln 447. Februa 39. Fenchel, wilder 142. Fett in Menge gegessen 140. Fernando Noronha 13. 442. Feuererzeugung 232. 483. Feuerland 243—298. — Klima und Erzeugnisse 287. Feuerländer 243—273. Fieber in Peru 431. Fisch, der Geräusch macht 162. Fische des Galapagos-Archipels 462. — Korallen fressende 546. Fläche, fast ebene, bei S. Fé 151. Flamingos 78. Flechten auf losem Sand 429. Fliegenfänger 64. Flöhe 408. Flora der Galapagosinseln 442. 464. 468. — der Keeling-Insel 534. — von St. Helena 572. Flussbett, erhöhtes 424. Flüsse in den Cordilleren 374. — ihre durchbrechende Kraft 215. 380. Fortbewegung v.Steinen durch Flüsse 215. Fortschaffung erratischer Blöcke 222.293. Fossile Säugethiere 96. 15z. 184. Fossile Töpferwaare 437. Freundschaftsinseln 566. Frio, Cap 22. Frömmigkeit der Tahitianer 485. Frosch, zirpender 34. Froschblase 453. Frösche und Kröten fehlen auf den oceanischen Inseln 451. Fuchs von Chiloe 331. Fuchs der Falklandinseln 230. Fuegia Basket 247. Furnarius 1 1 2 .

Galapagos-Inseln 440 u. ff. Gallegos, Fluss mit fossil. Knochen (205) Gallinazo 65. Gänse der Falklandinseln 237. Gauchos 50. 181. 185. — Fleischnahrung derselben 140. Gebirgsketten, Entstehung von 368. Gefrorener Erdboden 105.

598

Sachregister.

Geographische Verbreitung d.Thiere 1S5. Geologie v. Bahia Bianca 96. — von Brasilien 14. — der Cordilleren 377. 392. — der Pampas 1 5 3 . — von Patagonien 903. 314. — von St. J a g o 6. — der St. Pauls Felsen 9. Georgia 394. Geospiza 449. 467. Gerolle, geschichtetes 373. — weit vom Ursprung entfernt 1*9. Geröllschichten von Patagonien 88. 303. Geruchs vermögen der Aasgeier 320. Gesellschaftsinseln 560. Gesellschaftszustände in Australien 593. Gesundheitsverhältnisse in d. Tropen 432. Gewicht grosser Vierfüssler (103). Gewitter 7a. Gips, grosses L a g e r von 377. — im Salzsee 78. — ind. Tertiärschichten Patagoniens 203. — in Verbindung mit Salzbei Jquique 430. Gleichheit und Cmlisirung 372. Gletscher unterm 46° 50' s. Br. 393. — in den Cordilleren 384. — in Fcuerland 367. — und Schneegrenze in S.-Amerika 390. Glockenberg 303. Glühwürmer 34. Golderz 3 1 5 . Good-Successbay 243. Gottesdienst auf Tahiti 490. Granit der Cordilleren 378. Granitberge 335. Graspus 12. Grausamkeit gegen Thiere 180. Grünsteinmassen 304. Guanaco 197. — fossiler 305. Guantajaya, Salpeterwerke von 429. Guardia del Monte 141. Guasco 4 1 1 . Guasos von Chile 306. Guava in Tahiti 477. Gunnera scabra 3 3 1 . Gürtelthicre 1 1 3 . — fossile 154. 185.

Himantopus 136. Hirsche $7* x 5®* Hobart Town 535. Hochliegende Muscheln 303. Hogeleu, Barrenriff von $$3. Holothuriea, Korallen fressende 547. Huacas 435. 437. Hügel, brüllender, 437. Hungersnoth der Feuerländer 354. Hydrochaerus capybara 58. H y l a 34. Hymenophallus 38.

H a g e l w e t t e r 138. Haifisch von einem Diodon getodtet 17. Hängebrücken 3 1 1 . Heilmittel der Gauchos 152. Heuschrecken 389.

K ä f e r von Feuerland 383. — im Meere 189. — auf Pilzen 38. — der Tropen (39). Kaktusse 309. 443.

J a g u a r 160. Jajuel, Bergwerk 307. Jamesinsel (Galapagos) 445. Ibis 196. Incas-Brücke 395. 43t. Incrustationen an Küstenfelsen 1 1 . 13. Indianer, ihr Abnehmen 134. — Angriffe von 75. 90. 134. — der Pampas 1x9. 125. — wilde, nördlich von V a l d m a 353. Indianergräber 301. 333. Indianische Alterthümer in L a Plata 54. Infusorien auf Ascension 581. — in Korallenschlamm 547. — im Meer 19. 193. — in den Pampas 98. >54. — in Patagonien 303. — im Staub 5. — in weisser Farbe (363). Insekten von Feuerland 38a. — der Galapagos-Inseln 451. 463. 467. — der Keeling>Insel 537. — als erste Kolonisten auf Inseln 13. — im Meere 189. — Patagoniens 303. 387. — von St. Helena 576. Inselbucht (Bay of Islands) bei Neuseeland 493. Inseln, oceanische, vulkanische so. Instincte von Vögeln 1 1 3 . Jodsalze bei Iquique 43t. Iquique 437. J u a n Fernandez, Flora von 464. — Vulkan auf 366.

Sachregister. Kalk in K r y s t a l l e verwandelt 7. — schwefelsaurer 78. Kalkabgüsse von Baumrweigen 530. Kalkincrustationen auf Asceasion xo. Kameelartige fossile Thiere 205. Kaninchen, wildes, auf den Falklandinseln 299. Kannibalismus 354. Kartoffel, wilde 337. Käse, Salze rur Conservinmg von 78. Katers Pik 959. Katze, K r a u e n an Bäumen 1 6 1 . Katzen, verwilderte 143. 579. Katzenfleisch 139. Kaurifichte 503. Keeling-Insel 539 u. ff. 559. Kelp oder Seetang 983. Kieselröhren vom Blitz gebildet 70. Kiesmassen von Patagonien 903. Klapperschlange, eine ihr ähnliche Art 115Klarheit der Luft in den Anden von Chile 304. Klima der antarktischen Inseln 995. — von Feuerland und den Falklandinseln 287. — der Galapagosinseln 440. 446. Klimawechsel in Chile 433. Knochen als Brennmaterial 931. — des Guanaco zusammengehäuft 199. — fossile 97. «5*. 155. 184. — neuere in den Pampas 159. Kolibris in Chile 39z. — in Feuerland 988. — von Rio de Janeiro 37. Kondors 917. 9a 1. 319. König Georgs Sund 599. Korallen, todte 549. 563. Korallenbildungen 539 u. fT. Koralleninseln 475. Korallenriffe 548 u. ff. Korallinen 939. Krabbe auf dem St. Pauls Fels 1 9 . — die sich von Cocosnüssen nährt 544. Krankheiten, eingeschleppte 5 1 3 . Krater auf den Galapagosinseln 440. Kriegsliebe der Neuseeländer 495. Kröte 1 1 5 . Kröten fehlen auf den oceanischen Inseln 45»Krustenthiere des Meeres 199. Kuckuckähnliche Gewohnheiten des Melothrni 63.

599

L a g o s tomus 147. Laguneninseln 475. 533. 548 u. ff. Laich auf dem Meerwasser 20. Lama 197. Lampyris 35. Landarbeiter in Chile 316. Landmuscheln 410. 574. 575. Landschnecken 410. Langlebigkeit von Schalthieren 99. Lauch auf Neuseeland 504. Lazo 59. 189. 995. Leiche, gefrorene 295. Leichenfeier auf Neuseeland 506. Lepus Magellanicus 230. Leuchtkäfer 34. Lima 43«. 434. — Erhöhung eines Flussbettes bei 423. Limnaea in brakigem Wasser 95. LIanos 353. Lorenzo, San, Insel 436. Low's Hafen 337. Luftseglerspinnen 190. Luftströmungen, verschiedene, an der Magellanstrasse 974. Lund und Clausen über fossile Thiere Brasiliens 155. 906. Luxan 389. Lycosa 4z.

Bfacquarie, Fluss 59t. Macrauchenia 97. 905. Macrocystis pyrifera 983. Madrina (Leitmaulthier) 379. Magdalenencanal 985. Magellanstrasse 974. Maldiven-Atolle 549. 560. 563. Maldonado 47. M a s s e , körnige, Bewegung in derselben (>18). Mässigkeit der Tahitianer 386. Mastodon 151. 154. Maulthiere 372. Mauritius 568. Mäuse der Galapagos-Inseln 447. — Verbreitung von 340. — verschiedene an d. entgegengesetzten Seiten der Anden 385. — und Eidechsen als Wüstenbewohner 425Maypu, Fluss 374. Meer, offenes, seine Bewohner 193. Meerleuchten 193. Megalonix 97. 99, 156. Megatherium 97. 99. 156.

600

Sachregister.

Mendoza 389. 39t. Menschenfurcht derThiere ein alllmählich erworbener Instinct 474. Menschenrassen, ihr Alter in Südamerika 433— ihr Aussterben 519. Metalladern, ihre Entdeckung in den Cordilleren 375. Mexican. Hochebene 156. Miasma 431. Millepora 546. Mimosen 30. Mimus 64. 467. 471. Missionare auf Neuseeland 501. Mistkäfer (576). Molothrus 6a. Monte Video 47. 169. Mount Sarmiento 376. 986. Mount Tarn 978. Muscheln des Galapagos-Archipels 462. — auf St. Helena 574. — fossile, in den Cordiiieren 378. — hochliegende 98. 100. 153. 903. 301. 3 5 1 . 3 6 6 . 407. 436.

— tropische bei Feuerland 288. — Zersetzung von 436. Mylodon 97. 99. 156. 185. Myopotamus Coypus 340.

Nagethiere in Amerika 58. 9x3. — fossile 97. Nasenreiben 499. Natron, schwefelsaures 78. am Boden 92. Negerin mit einem Kröpfe 371. Negerlieutenant 89. Neu-Caledonien, Riffe von 55». 555. 562. Neuseeland 492 u. ff. Neu-Süd-Wales 509. Niata-Rinder 173. Niedriger Archipel 475. Nothura major 54. Notopoden 199. Nulliporen, ihnen ähnliche Gebilde xo. — riffschützende 586.

Obstbäume, ihre südliche Grenze 989. Octopus 8. Ofenvogel 1x2. Oeliger Ueberzug auf dem Meere 20. Olfersia 12. Opetiorhynchus 341. Opuntia Darwimi (196).

Opuntien 309. 449. Orangenbäume, selbstgesäete 143. Ornithorhynchus 590. Osorno, Vulkan 324. 396. 344. Otter 340. Oxyurus 981. 341.

P a l l a s ' Reise in Sibirien (79). Palmen in Chile 303. — in L a Plata 55. — ihre südliche Grenze 289. — ihr Fehlen auf den Galapagos-Inseln 444 Pampas, die, nicht ganz eben 1 4 8 . 1 5 0 . 1 7 1 . — Geologie derselben 153. X85. — ihre Südgrenze 88. — Veränderungen derselben 143. Pampaseule 82. 149. Pampaswanze 390. Papageien 164. 288. Papilio feronia 39. Paranastrom 150. 165. 175. — Inseln darin 160. Parlamentsversammlung auf Tahiti 490. Pas, Befestigungen der Neuseeländer 494. Passatwind 4. Pässe in den Cordilleren 394. Patagones 76. Patagonien's Fauna und Flora 196, 202. — Geologie 203. 388. Patagonier 275. Pelacanoides Berardi 343. Penas, Meerbusen von 292. Pepsis 41. Perlhühner 4. 579. Pemambuco 584. Peru 428 u. ff. Peuquenes-Kamm 378. Pfeilspitze, alte C24. 491. Pferd, fossiles 97. 154. Pferde» durch Dürre getödtet 159. — ihre Fähigkeit zu schwimmen 170. — der Häute wegen geschlachtet 183. — schwer zu treiben 1 3 1 . — Vermehrung d. südamerikanischen 276. — wilde, auf den Falklandinseln 997. Pferdebändiger 179. Pferdefleisch als Nahrungsmittel 120. Pferdemist) seinEinfluss auf den Pflanzen* wuchs X4X. Pfirsichbäume selbstgesäete 143. Pflanzen d. Galapagos-Inseln 442. 464.468. — auf der Keeling-Insel 534.

Sachregister. Pflanzen auf St.Helena 5 7 3 . Phonolith a. F. Noronha 1 3 . Phosphoresciren von Insecten und Seethieren 3 5 . — einer Koralline 3 4 1 . — des Meeres 1 9 3 . Ptryniscus 115. Pilz, essbarer 3 7 9 . Pinguin 3 3 7 . Planana 3 1 . Plata, la 4 6 . Polirte Felsen in Brasilien 1 5 . Polyborus Brasiliensts 6 5 . — : Chimango 6 7 . — Novae Zelandiae 6 7 . Polypen 3 3 9 . 3 4 0 . Ponsonbysund 3 6 3 . Port Desire J 9 5 . 2 0 2 . Fluss bei 1 3 7 . — Famine 3 7 6 . Port St. Julian 2 0 2 . Portillo-Kamm 3 7 8 . 3 8 3 . Porto Praya 3. Potrero Seco 4 1 3 . Prairien, ihr Pflanzenwuchs 1 4 0 . Procellaria gigantea 3 4 3 . Proctotretus xx6. Proteus, Blindheit desselben 6 1 . Protococcus nivalis 3 8 1 . Pteroptochos, zwei Arten 3 x 9 . Puffinus cinereus 3 4 9 . Puma i 6 x . 3 x 8 . 3 x 8 . Pumafleisch X39. Punta Alta 9 4 . 9 6 . — Gorda 1 5 4 . 4 3 0 . Pyrophorus luminosus 3 6 . ifcuarz auf den Falklandinseln 3 3 3 . — der Sierra Tapalguen 138. Quarzgestein von der Sierra V e n t a n a i 3 o . Quedius 13. Quellen, heisse, 3 1 z , Quillota 3 0 x. Quintero 3 0 1 . Quiriquina, Insel 3 5 7 .

Radack-Atolle 5 5 0 . Rana Mascariensis 4 5 2 . Ratte der Keeling-Insel 5 3 6 . — das einzige uretngeborene Thier auf Neuseeland 5 0 4 . — auf Ascension 5 7 8 . Raubvögel 6 5 .

601

Rebhühner 5 4 . Regen in Chile, früher reichlicher 4 3 3 . — bei Coquimbo 3 9 9 . 4 x 0 . 4 x 3 . — bei Rio de Janeiro 3 4 . — in Peru 4 3 0 . 4 3 1 . — seine Wirkung auf den Pflanzenwuchs 400. — und Erdbeben 4 x 5 . Regenpfeifer, langbeiniger X 3 6 . Regierung d. Feuerländer 3 5 6 . Reitkunst der Gauchos x 8 i . Religion der Feuerländer 2 5 5 . Reptilien, ihr Fehlen auf Feuerland und den Falklandinseln 3 8 3 . — der Galapagos-Inseln 4 5 t. Revolution in Buenos Ayres 1 6 6 . Rhinocerosse, gefrorene xo6. 2 9 6 . — in Steppengegenden xos. Rhynchops nigra 1 6 2 . Ribeira Grande 3 . Riesenpatagonier 3 7 5 . Riff von Pernambuco 5 8 3 . Rimsky-Atoll 5 4 9 . Rinder, schwer zu treiben 13X. — wilde, auf den Falklandinseln 2 2 5 — 2 3 8 . Rindvieh, sein Einfluss auf den Pflanzenwuchs 1 4 1 . — kennt sich unter einander 173. — merkwürdige Rasse 1 7 3 . — verschwenderischerVerbrauch vonx77. Rio Chupat 1 3 7 . — Colorado 8 3 . — de Janeiro 33. — Negro 7 4 . 1 7 7 . — Piata, Gewitter am 7 3 . — Salado X 4 0 . — Sauce 1 2 6 . — de las Vacas 3 9 4 . Rosas, General 8 3 . x s 3 . 1 6 6 . Rückblick auf die Reise 5 8 8 . Ruinen von Callao 4 3 5 . — Indianische, in den Cordilleren 4 2 1 . 4 3 5 . Salinas auf den Galapagosinseln 4 4 6 . — in Patagonien 7 7 . 303. Sali trai es 9 3 . Salpeterwerke 4 3 8 — 4 3 z . Salz und Pflanzenkost 1 3 1 . Salzincrustationen 9 2 . Salzkruste am Erdboden 4 3 0 1 Salzseen 7 7 . 2 0 2 . 4 4 6 . Samen vom Meere angeschwemmt 5 3 5 . San Carlos auf Chiloe 3 4 4 . San Pedro, Wälder von 3 3 2 .

38**

602

Sachregister.

Sanddüpen 88. Sandstein von Neu-Süd-Wales 5*4. Sandsteinriff von Pernambuco 583. Sand wich-Archipel, keine Frösche 452. Sandwich-Inseln 294. Santa Cruzfluss 2 1 1 . Sant Domingo (Cap Verd. Ins.) 4. St. F é 1 5 1 . St. Helena 571. Einführung von Branntwein 386. St. J a g o , am Cap Verde 1. 432. St. Maria, Insel, ihre Erhöhung 363. 366. St. Pauls Felsen 9. St. Salvador 14. Santiago in Chile 310. Sauerampfer a. Neuseeland 505. Saugethiere, fossile 96. 1 5 1 . 155. 184. 205. Saumriffe von, Korallen 555. Saurophagus sulphur. 64. Scarus, Korallen fressender 546. Scelidotherium 97. 99. Schäferhunde 178. Scheerenschnabel 162. Scheerenschwanz 164. Schildkröten 452. 466. 540. Schlamm, kreideähnlicher mit Infusorien 547Schlange, giftige «14. Schluchten auf Tahiti 481 u. ff. Schmetterlinge, die Geräusch hervorbringen 39. — in grossen Schwärmen 188. Schnabelthier 520. Schnee, rother 381. — Wirkung desselben auf Felsen 376. Schneegrenze und Gletscher in SüdAmerika 290. 381. 383. Schneehase 54. Schneesturm auf den Cordilleren 383.426. Scytalopus Magellanicus 281. 342. See, brakiger 25. — ein durch Erdbeben gebildeter 438. — mit schwimmenden Inseln 3x4. Seefeder xx8. 240. Seeeidechse 456. Seethiere, südliche 192. Senkung der chilenischen Küsten 407. — der Cordilleren 379. 393. — von Patagonien 205. — der Küste von Peru 436. Senkungs- und Erhebungsgebiete der ErdOberfläche 565. Serpulae, riffschützende 585. Sibirien, Thiere im Eise erhalten 296. — und Patagonien (79).

Sibiriens Zoologie im Vergleich mit der von Nord-America 157. Sibirische Thiere, ihre einstige Ernährung 105. Silurformation auf den Falklandinseln 233. Silurus 162. Sinken von Korallenriffen 551 u. ff. Sittlichkeit der Tahitianer 486. 488. Sklaverei 23. 27. 28. 586. Skorpion (197). Spinnen im Kampf mit Wespen 41—44. — auf der Keeling-Insel 537. — auf den St. Pauls Felsen 12. Spinnengewebe 190. Spottvogel 74. 467. 47X. Staub, feiner 5. Stech-Korallen 546. Steine, durchbohrte 177. 316. — in Baumwurzeln angeschwemmt 543. Steinströme auf den Falklandinseln 234. Stinkthiere 94. Sträflinge in Australien 524. — indische, auf Mauritius 569. Strausse 51. xo6. Strausseneier 135. Strongylus 38. Struthio Darwinii xxx. Strutio R h e a 51. 1 1 0 . Sturm in den Cordilleren 426. Stürme auf See 257. 258. 332. Sturmvögel 342. Suadiva-Atoll 549. Süsswasser im Meere 47. Syenitfelsen, polirte 15. Sydney 508,

Taguataguasee 314. Tahiti 476. Talcahuano bei Concepción 357. Tambillos, Ruinen von 421. Tapacolo und Turco 320. Tapalguen, Sierra, niedrige Quarzhügel X38._

Tasmanien 526. Tätowirung 477. 503. Temperatur von Feuerland 287. Tercero, Rio 1 5 1 . Terrassen (stufenförmige) bei Coquimbo 405. — in den Thälern der Cordilleren 373. — von Patagonien 204. 2x6. Tertiärformation in Chile 407. — der Pampas 96. 154. 184. — von Patagonien 203.

Sachregister. T e r u - T e r o 136. Testudo nigra 452. T h a l von St. Cruz 216. — trockenes, bei Copiapö 420. Thalausbuchtungen in N e u - S ü d - W a l e s 515T h a l e r in Chile 373. 419. — von T a h i t i 482. 487. T h e o r i e von der Bildung von Korallenriffen 556. Theristicus melanops 196. Thierkörper, gefrorene 105. T h i e r w e l t der Chonosinseln 340. Tinamus (134). Tinochorus 11 x. Tintenfisch 8. T o l l w u t h 417 u. ff. T ö p f e r w a a r e , fossile indianische 437. T o r f b i l d u n g 338. Toxodon 97. 151. 154. 184. Travertin mit A b d r ü c k e n von Baumblättern 528. T r e s Montes 333. Trichodesmium 17. Trigonocephalus 1x4. Tristan da Cunha 473. Trochilus 321. Trockenheit, atmosphärische 5. — der L u f t in den Cordilleren 385. Tropenlandschaft 582. T r ü b u n g des Meerwassers 17. Truthahngeier (Truthahnbussard) 69. 220. 336Tuamotuinseln 475. Tucutuco 60. — fossiler 98. Tuffkrater 440. Tupungato, B e r g g r u p p e 383. Turco 319. Tümmler (porpoises) 46. Tyrannus savana 164.

Ueberschwemmungen 159. Ueberwintern (Uebersommern der T h i e r e ) 117. Unkräuter, europäische auf Neuseeland .S04. Ureinwohner von Australien 5 x 1 — 5 3 1 . Ursachen des Aussterbens von Säugethieren 206. 207. 209. Uruguay, FIuss 163. — — von der V i s c a c h a nicht überschritten 148. 175. Uspallata-Pass 391.

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V a l d i v i a 351 u. ff. Valparaiso 299. 370. V a m p i r 26. V a n Diemen's Land 525 u. ff. Vanellus cayanus 136. V a n e s s a cardui 189. Vanikoro (Barrenriffe) 553. 554. 559« Vegetation auf den entgegengesetzten Seiten der Cordilleren 386. — von St. H e l e n a 575. — von Tahiti 479. 484. — üppige, nicht nöthig für den Unterhalt grosser T h i e r e XQI. Ventana, Sierra 127. Veränderungen in der Vegetation d e r Pampas 143. V e r b e n a melindres 48. Verbreitung der Frösche 452. — der Säugethiere in A m e r i k a 155. V e r m e h r u n g der P f e r d e in Süd-Amerika 276. Verschiedenheit der Landschaft an der Magellanstrasse 274. Vertheilung der Thierarten an den entg e g e n g e s e t z t e n Seiten d. A n d e n 322. Vertreibung der Eingeborenen von V a n Diemen's Land 526. Verwandtschaft zwischen fossilen und lebenden T h i e r e n 205. V i e h , durch die D ü r r e getödtet 158. X74. Vierfüssler, fossile 96. 151. 154. 184. 205. — grosse, verlangen keine üppige V e g e tation X03. ihr G e w i c h t (103). V i l l a Vicencio 391. Virgularía Patagónica 1x8, 240, V i s c a c h a 82. 147. V ö g e l des Chonos-Archipels 340 u. ff. — der Galapagos-Inseln 447. 467. 471. V u l k a n e 324. 344. 367. — ihr F e h l e n in Senkungsgebieten 566. V u l k a n i s c h e Inseln xo. V u l t u r aura 69. 220. 336.

W a i m a t e auf Neuseeland 497. 501. Waiomio auf Neuseeland 506. W ä l d e r auf Chiloe 332. 338. 347. — von Feuerland 249. 288. 338. — auf Neuseeland 503. — in Neu-Süd-Wales 510. — von V a l d i v i a 352. 356. — ihr F e h l e n in L a P l a t a 56. Walfische, hochspringende (266). Walfischthran auf dem Meerwasser 21.

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Sachregister.

Walleechu-Baum 80. Wassermangel zu Iquique 428. Wasserschwein 58. Wasservögel, ihre grosse Verbreitung 450. Wechsel in der Fauna von Amerika 206. — in der Vegetation auf St. Helena 575Weideland vom Rindvieh umgewandelt 141. Wellen von fallendem Eis verursacht 267. 291. — grosse, des Meeres bei Erdbeben 361. 365Wellenbrecher von Tang 284. Wellington, Mount 528. Werth der Bergwerke in Chile 409. Wespen, Spinnen tÖdtende 40—44. Westindien, Korallenriffe 556. 565. — Meeresboden 518. — Zoologie 157. Wetter und Erdbeben 415. Wigwambucht 252. Wind auf den Cordilleren 382. Wintersrinde 279. 332. Wogen von fallendem Eis verursacht 267. 291. Wolken auf dem Corcovado 33. — niedrig hängende 433. Woollya 263.

Wüsten in Chile 412. — in Peru 430.

Y a q u i l 314. Yeso, Valle del 377. York Minster 246. Zählen des Viehs 173. Zahmheit der Vögel 471. Zersetzung von Muscheln 436. Ziegen als Zerstörer des Pflanzenwuchses auf St. Helena 575. Ziegenknochen 199. Zonotrichia 62. Zoologie der Chonosinseln 340. — von Feuerland 280. — der Galapagos-Inseln 447. — von St. Helena 575. — der Keeling-Insel 536. Zoologische Provinzen von Amerika 156. Zoophyten 118. — der Falklandinseln 239. Zorillo oder Skunk 94, Zusammenhang zwischen Erdbeben und Wetter 415. Zusammentreffen, erstes, mit Wilden in Feuerland 244.

Druck von Oskar Bonde in Altenburg.